4875/J XX.GP

 

der Abg. Aumayr, Mag. Schweitzer

an den Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft

betreffend "gentechnikfrei" mit Augenzwinkern

 

Die Chance für Konsumenten und Biobauern, durch EU - weite

lückenlose Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebens -

mittel wirkliche Transparenz bei der Erzeugung und beim

Kauf zu erhalten, ist anscheinend unwiederbringlich vertan.

 

Um z.B. Honig aus Pollen von gentechnisch verändertem Raps

nicht gemäß Novel - Food - Verordnung als gentechnisch verändert

kennzeichnen zu müssen, argumentiert der Präsident des

Deutschen Imkerbundes, Honig werde nicht "hergestellt",

sondern "erzeugt", unterliege somit nicht der Novel Food

Verordnung. Dies gelte seiner Rechtsauffassung nach auch

für andere gewachsene oder entstandene Produkte, z.B. Äpfel.

(DNB 8/98, S. 214)

 

Setzt sich diese Auffassung in Deutschland und anderen EU -

Staaten durch, dann ist die Novel - Food - Verordnung ein reiner

Papiertiger der EU - Bürokratie, gentechnisch veränderte

Erzeugnisse bleiben ungekennzeichnet.

 

In Österreich wird man voraussichtlich auf kompliziertere und

kostspieligere Weise zu ähnlichen Resultaten kommen: wie der

nunmehr aufgeflammte Streit zwischen AMA einerseits und

Biosektor andererseits zeigt, werden die verschiedenen Arten

der geplanten "gentechnikfrei" - Pickerl höchst unterschiedliche

Grade der Gentechnikfreiheit aufweisen. Laut auspaktiertem

Lebensmittelkodex sind z.B. gentechnisch behandelte oder

veränderte Zusatzstoffe, Vitamine oder Medikamente kein

Hindernis für die Bezeichnung "gentechnikfrei".

Auch die AMA ist inzwischen bereit einzulenken und ihr Güte -

siegel auch beim Einsatz gentechnisch veränderter Medikamente

zu verleihen. (Wirtschaftsblatt, 1.9.98)

 

Es wird also in Hinkunft in Österreich sowohl die Nicht -

kennzeichnung gentechnisch veränderter Produkte als auch

die "gentechnikfrei" - Kennzeichnung von Produkten mit geh -

technisch veränderten Komponenten geben. Dies steht im

krassen Widerspruch zu den Intentionen des Gesetzgebers

und zum Willen der Unterzeichner des Gentechnik - Volksbegehrens.

 

Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn

Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft die nachstehende

                                   A n f r a g e

 

1. Teilen Sie die Rechtsauffassung des Präsidenten des

Deutschen Imkerbundes, wonach die Novel - Food - Verordnung

nur für "hergestellte" , nicht aber für "erzeugte"

Produkte gilt, gentechnisch veränderte Früchte und

Honig also nicht gekennzeichnet werden müssen ?

 

2. Wenn ja: welche Konsequenzen ergeben sich daraus für

die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Agrarprodukte

a) aus Österreich,

b) aus anderen EU - Ländern,

c) aus Drittstaaten

in Österreich ?

 

3. Wenn nein: was werden Sie unternehmen, daß die Kennzeich -

nungspflicht gemäß Novel - Food - Verordnung EU - weit konsequent

angewendet wird ?

 

4. Inwieweit war Ihr Ressort am Zustandekommen des Abschnitts

im Lebensmittelkodex beteiligt, der die "gentechnikfrei" -

Kennzeichnung auch erlaubt, wenn das Produkt gentechnisch

veränderte oder mittels Gentechnik hergestellte Komponenten

wie Vitamine, - Zusatzstoffe oder Medikamente enthält ?

 

5. Was hat die AMA bewogen, bei der Vergabe ihres "gentechnik -

frei"- bzw. "bio" Richtung einer Aufweichung

der Kriterien, ähnlich wie beim auspaktierten Lebensmittel -

kodex einzulenken ?

 

6. Was werden Sie unternehmen, um diese bewußte Irreführung

der Konsumenten, nämlich die Vergabe von "gentechnikfrei"

Pickerln oder Gütesiegeln für Produkte, die gentechnisch

veränderte Komponenten enthalten, zu unterbinden ?