4876/J XX.GP
der Abg. Aumayr, Mag. Schweitzer
und Kollegen
an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Konsumentenschutz
betreffend "gentechnikfrei" mit Augenzwinkern
Die Chance für Konsumenten und Biobauern, durch EU - weite lückenlose Kennzeich -
nung gentechnisch veränderter Lebensmittel wirkliche Transparenz bei der Erzeugung
und beim Kauf zu erhalten, ist anscheinend unwiederbringlich vertan.
Um z.B. Honig aus Pollen von gentechnisch verändertem Raps nicht gemäß Novel - Food -
Verordnung als gentechnisch verändert kennzeichnen zu müssen, argumentiert der
Präsident des Deutschen Imkerbundes, Honig werde nicht "hergestellt", sondern
"erzeugt", unterliege somit nicht der Novel Food Verordnung. Dies gelte seiner Rechts -
auffassung nach auch für andere gewachsene oder entstandene Produkte, z.B. Äpfel.
(DNB 8/98,S. 214)
Setzt sich diese Auffassung in Deutschland und anderen EU - Staaten durch, dann ist die
Novel - Food - Verordnung ein reiner Papiertiger der EU - Bürokratie, gentechnisch verän -
derte Erzeugnisse bleiben ungekennzeichnet.
In Österreich wird man voraussichtlich auf kompliziertere und kostspieligere Weise zu
ähnlichen Resultaten kommen: wie der nunmehr aufgeflammte Streit zwischen AMA
einerseits und Biosektor andererseits zeigt, werden die verschiedenen Arten der geplan -
ten "gentechnikfrei" - Pickerl höchst unterschiedliche Grade der Gentechnikfreiheit
aufweisen. Laut auspaktiertem Lebensmittelkodex sind z.B. gentechnisch behandelte
oder veränderte Zusatzstoffe, Vitamine
oder Medikamente kein Hindernis für die
Bezeichnung "gentechnikfrei". Auch die AMA ist inzwischen bereit einzulenken und ihr
Gütesiegel auch beim Einsatz gentechnisch veränderter Medikamente zu verleihen.
(Wirtschaftsblatt, 1.9.98)
Es wird also in Hinkunft in Österreich sowohl die Nichtkennzeichnung gentechnisch
veränderter Produkte als auch die "gentechnikfrei" - Kennzeichnung von Produkten mit
gentechnisch veränderten Komponenten geben. Dies steht im krassen Widerspruch zu
den Intentionen des Gesetzgebers und zum Willen der Unterzeichner des Gentechnik -
volksbegehrens.
Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für
Frauenangelegenheiten und Konsumentenschutz die nachstehende
Anfrage:
1. Teilen Sie die Rechtsauffassung des Präsidenten des Deutschen lmkerbundes,
wonach die Novel - Food - Verordnung nur für "hergestellte", nicht aber für
"erzeugte" Produkte gilt, gentechnisch veränderte Früchte und Honig also nicht
gekennzeichnet werden müssen?
2. Wenn ja: welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Kennzeichnung
gentechnisch veränderter Agrarprodukte inklusive Honig
a) aus Österreich,
b) aus anderen EU - Ländern,
c) aus Drittstaaten .
in Österreich?
3. Wenn nein: was werden Sie unternehmen, daß die Kennzeichnungspflicht gemäß
Novel - Food - Verordnung EU - weit konsequent
angewendet wird?
4. Welche Personen Ihres Ressorts waren am Zustandekommen des Abschnitts im
Lebensmittelkodex beteiligt, der die "gentechnikfrei" - Kennzeichnung auch erlaubt,
wenn das Produkt gentechnisch veränderte oder mittels Gentechnik hergestellte
Komponenten wie Vitamine, Zusatzstoffe oder Medikamente enthält?
5. Welche Bioverbände, NGOs und Vertreter der Pharma - und Lebensmittelbranche
waren an den Verhandlungen um dieses Kodexkapitel beteiligt?
6. Inwieweit ist außer Greenpeace auch Ihr Ressort kontrollierend tätig, um die zahl -
reichen nicht deklarierten Gentechnikprodukte in den Supermarktregalen aufzu -
spüren?
7. Was werden Sie unternehmen, um die bewußte Irreführung der Konsumenten,
nämlich die Vergabe von "gentechnikfrei" - Pickerln oder Gütesiegeln für Produkte,
die gentechnisch veränderte Komponenten enthalten, zu unterbinden?