4897/J XX.GP
der Abgeordneten Dr. Khol, K. Horngacher, Dr. Lukesch, Dr. S. Moser, Platter
und Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend: Zeitrahmen für den Bau des Brennerbasistunnels
Am Dienstag, den 1. September 1998, nahm der Bundesminister für Wissenschaft
und Verkehr Dr. Einem am Verkehrsausschuß des Europäischen Parlaments in
Brüssel teil. Als derzeitiger Vorsitzender des EU - Verkehrsministerrates stellte
Bundesminister Dr. Einem den Abgeordneten des Europäischen Parlaments das
Arbeitsprogramm des Rates für die Zeit des Österreichischen Ratsvorsitzes vor.
Bei dieser Gelegenheit nahm Bundesminister Dr. Einem zum geplanten Bau des
Eisenbahntunnels durch den Brenner Stellung und erklärte, daß frühestens in
10 Jahren mit dem Bau der rund 50 Kilometer langen Tunnelröhre durch den
Alpenhauptkamm begonnen werde. Begründet hat Bundesminister Dr. Einem den
langen Zeitrahmen damit, daß im alpenquerenden Schienenverkehr noch
ausreichend Kapazitäten frei seien.
Kritik hat diese Äußerung nicht nur bei der Tiroler Bevölkerung, sondern auch bei den
bayrischen Nachbarn hervorgerufen. Die Süddeutsche Zeitung vom 4.9.1998
berichtet von einer verärgerten Reaktion des bayrischen Verkehrsministers Otto
Wisheu. “Die Auffassung von Herrn Einem ist falsch”, sagte Wiesheu gegenüber der
Süddeutschen Zeitung. Alle Zahlen belegen, daß die Nachfrage nach
Schienenverkehrsleistungen über die Alpen mit den vorhandenen Kapazitäten
“allenfalls mittelfristig” — das heiße nur noch vier oder fünf Jahre — bewältigt werden
könne.
Scharfe Kritik an der Position Einems äußerte laut Süddeutscher Zeitung auch der
schwäbische Europa - Abgeordnete und Verkehssprecher der CSU - Delegation im EU -
Parlament Markus Ferber. Österreich könne nicht auf der einen Seite den LKW -
Verkehr über den Brenner “verteufeln”, auf der anderen Seite aber keine Alternative
auf der Schiene anbieten.
Österreich und vor allem Tirol leiden immer mehr unter dem wachsenden
Transitverkehr über den Brenner. Die Verlagerung des Transitverkehrs von der
Straße auf die Schiene scheint die einzige effektive Maßnahme gegen die sich über
den Brenner wälzende Blechlawine zu sein.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für
Wissenschaft und Verkehr folgende
Anfrage:
1. Stehen Sie nach Ihren Äußerungen vor dem Verkehrsausschuß des
Europäischen Parlaments weiterhin zu Ihrem Vorhaben, den Transitverkehr von
der Straße auf die Schiene verlagern zu wollen?
2. Glauben Sie nicht, daß solche Äußerungen diesen Bestrebungen schaden?
3. Wie reagieren Sie auf die Kritik deutscher Spitzenpolitiker auf Ihre Äußerungen?
4. Welche Initiativen setzen Sie, um den Transitverkehr auf der Schiene attraktiver
zu machen?
5. Woraus begründet sich Ihre Sicherheit, daß noch ausreichend Kapazitäten im
alpenquerenden Schienenverkehr frei sind und diese auch noch in den nächsten
10 bis 15 Jahren frei sein werden?