5101/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Haider, Dolinschek
und Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend Tauglichkeitsprüfungen für den Fahrdienst
Das damalige Bundesministerium für Verkehr hat mit Bescheid vom 30. November 1960,
Zl. 23 367 - 1/6 - 60, gemäß § 21 Abs. 3 des Eisenbahngesetzes 1957
Tauglichkeitsbestimmungen für Wagenführer der Straßenbahnen genehmigt. Diese
Tauglichkeitsbestimmungen, die seit nahezu 40 Jahre unverändert geblieben sind,
gelten für eine Reihe von Verkehrsbetrieben darunter auch die Wiener Stadtwerke -
Verkehrsbetriebe.
Nach diesen Tauglichkeitsbestimmungen sind von der Verwendung im Fahrdienst
jedenfalls Bewerber ausgeschlossen, wenn Krankheiten oder Gebrechen festgestellt
werden, die eine Behinderung des Fahrdienstes bewirken oder erwarten lassen. Bei
Zweifel über die Auswirkung der genannten Ausschließungsgründe auf die Eignung des
zu Untersuchenden ist ein fachärztliches Gutachten, erforderlichenfalls ein
psychologisches Gutachten einzuholen.
Weiters sind Bewerber nicht geeignet, wenn Folgeerscheinungen nach Operationen,
Unfällen oder Kriegsverletzungen vorliegen, die eine wesentliche Behinderung im
Fahrer - und Schaffnerdienst bewirken oder erwarten lassen, ferner Bewerber, bei denen
eine verminderte Erwerbsfähigkeit von mehr als 30 v.H. durch einen Rentenbescheid
eines Landesinvalidenamtes oder einer Unfallversicherungsanstalt (oder einer
gleichartigen Institution) festgestellt wurde.
Bei der zuletzt genannten Personengruppe ist somit nicht entscheidend, ob eine
Behinderung des Fahrdienstes zu erwarten ist, sondern es erfolgt eine pauschale
Ausgrenzung aller Bewerber, die eine verminderte Erwerbsfähigkeit von mehr als 30 %
aufweisen (nunmehr Grad der Behinderung von
mehr als 30 %).
Diese Begründung, die bloß auf einen Grad der Behinderung abstellt, ohne tatsächlich
über die Befähigung zur Ausübung eines bestimmten Dienstes eine Aussage zu treffen,
kann nicht ohne weiteres akzeptiert werden. Dies um so mehr, da die erfolgreiche
Integration der Behinderten in möglichst viele Bereiche des Berufsleben ein
gesellschaftspolitisches Anliegen erster Ordnung darstellt.
Da kann es einfach nicht hingenommen werden, Menschen pauschal unter
Heranziehung von angeblichen Tauglichkeitsbestimmungen aus dem Jahre 1960
auszugrenzen. Fs ist wohl unbestritten, daß sich der Umgang mit Behinderungen aller
Art und den davon betroffenen Menschen seit 1960 in entscheidender Weise geändert
hat.
Die unterfertigten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Wissenschaft und
Verkehr die nachstehende Anfrage
ANFRAGE
1. Teilen Sie die Auffassung, daß die seinerzeit im Jahre 1960 genehmigten
Tauglichkeitsbestimmungen in weiten Bereichen überholt sind und neu gefaßt
werden müßten?
Wenn nein, warum nicht?
2. Stimmen Sie der Auffassung zu, daß eine pauschale Ausgrenzung einer
Personengruppe, die einen Grad der Behinderung von mehr als 30 % aufweist, wie
sie in den Tauglichkeitsbestimmungen verfügt wird, keinesfalls vertretbar ist?
Wenn nein, warum nicht?
3. Sind Sie der Auffassung, daß eine derartige pauschale Ausgrenzung im Interesse der
Sicherheit des Personenverkehrs tatsächlich erforderlich und zielführend ist?
Wenn ja, auf Grund welcher Erwägungen?
Werden Sie Veranlassungen treffen, um eine Überprüfung und zeitgemäße
Anpassung der Tauglichkeitsbestimmungen herbeizuführen?
Wenn ja, wann und welche konkreten Veranlassungen werden Sie treffen?