5378/J XX.GP

 

                                               ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten

 

betreffend Drogentests bei Pädak - Studierenden

 

 

Wie die Salzburger Nachrichten vom 4. Dezember 1998 berichten wurden an neu

aufzunehmenden Studierenden der Pädagogischen Akademie Ettenreichgasse in Wien

heimlich Drogentests durchgeführt. Genehmigt wurden diese Tests von Sektionschef Günter

Oberleitner mit Wissen von Kabinettschef Peter Mahringer, berichten die Salzburger

Nachrichten weiter. Die Urinabnahme wurde vom Schularzt Dr. Maher Damen - Barakat

durchgeführt.

 

Der Vorfall ist ein schwerer Eingriff in die Bürgerrechte, wie etwa in einem “Standard -

Kommentar” (Der Standard, Mittwoch, 9. Dezember 1998) von Alfred J. Noll nachzulesen

ist:

                (...) Wenn wir uns aber weiterhin solchen und anderen Tests stellen müssen, dann gibt es dafür zwei

                unverzichtbare Mindesterfordenisse: Freiwilligkeit der Untersuchung und absolute Transparenz der

                Testmethoden und - kriterien. (...)

 

                Wo es freilich darum geht, durch Tests Sachverhalte zu ermitteln, die man durch freiwillige Befragung

                und Auskunftserteilung von den Testpersonen nicht zu erhalten glaubt, begeht man eine Täuschung -

                nicht nur im landläufigen, sondern auch im strafrechtlichen Sinn (Paragraph 108 StGB): Die

                betreffenden (unfreiwilligen) Testpersonen haben deshalb die Möglichkeit, die für den Test

                verantwortlichen Personen (also hier den zuständigen Sektionschef und den Schularzt) durch eine

                Privatanklage vors Strafgericht zu bringen.

 

                Neben dem strafrechtlichen hat der Fall aber auch einen viel bedeutsameren menschenrechtlichen

                Aspekt: Die Testpersonen wurden durch den unfreiwilligen Drogentest in die Lage versetzt, selbst

                Beweismittel gegen sich zu liefern. Das widerspricht, auch wenn die Daten vielleicht anonymisiert

                wurden, eindeutig den rechtsstaatlichen Geboten eines fairen Verfahrens - zumindest in Ländern wie

                Österreich, in denen die Europäische Menschenrechtskonvention im Verfassungsrang steht. Im Sinne

                des Artikels 6 EMRK darf niemand gezwungen werden, gegen sich selbst Zeugnis abzulegen.

 

Und Bundesdrogenkoordinator Gerhard Litzka bestätigt, daß man “durch solche Tests mehr

oder weniger zum Kronzeugen gegen sich selbst” gemacht werde, was verfassungsrechtlich

verboten sei (Vgl. SN, 5.12.1998).

 

Genau deshalb wurde ein ähnliches Projekt des Bundesheeres, das Grundwehrdiener ohne

deren Wissen auf Drogen testen wollte, vor zwei Jahren nach einem negativen Gutachten

des Justizministeriums abgesagt.

 

Die Rechtfertigung von Sektionschef Oberleitner - wäre er nochmals in dieser Situation,

sagte er, wurde er die Studierenden vorher befragen, aber “die guten Ideen kommen einem

immer zu spät” - ist daher untragbar. Denn das Gutachten des Justizministeriums hätte dem

Unterrichtsministerium bekannt sein müssen oder es hätte ein solches anfordern müssen.

Der Schularzt Dr. Maher Damen - Barakat hat angeblich eine Assistentin oder Sekretärin

namens Gesine Oberleitner, die lt. Telefonbuch vermutlich dieselbe Wohnadresse wie SC

Oberleitner hat. Es scheint also indirekt auch private Verflechtungen zwischen dem

Schularzt und SC Oberleitner zu geben.

 

Zu hinterfragen ist schließlich auch, was man überhaupt mit den körperlichen Eignungstests

bezweckt.

 

Unterrichtsministerin Gehrer schlägt als “Lösung” am 16. Dezember 1998 in der “Presse”

vor, daß LehrerInnen unterschreiben sollen, daß sie keine Drogen nehmen. Diese

Unterschriffenleistung setzt u.U. die nach europäischen Rechtsnormen geltende

Unschuldsvermutung außer Kraft, offen ist weiters, was mit jenen LehrerInnen passiert, die

diese Unterschrift nicht leisten wollen, unklar ist weiters auch, ob die Unterrichtsministerin

mit Drogen auch die Volksdroge Alkohol meint.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

                                               ANFRAGE:

 

1) Laut § 121 SchOG “ist die körperliche Eignung für die Ausbildung an der

    Pädagogischen Akademie nachzuweisen”. Was wird bei diesem Eignungstest genau

    getestet? (Bitte genau anführen, was alles getestet wird!) Wer ist für die Durchführung

    dieser Tests jeweils zuständig?

 

2) Welche körperliche Mängel haben zur Folge, daß jemand nicht an der PÄDAK

    studieren kann?

 

3) Ist etwa ein Mensch, der im Rollstuhl sitzt oder hinkt nicht geeignet?

 

4) Werden die Studierenden vorher genau informiert, was getestet wird? Werden die

    Studierenden anschließend über die Ergebnisse informiert?

 

5) Bei der Aufnahme an Universitäten sind keine generellen, körperlichen Eignungstests

    zu absolvieren (abgesehen von den Sportstudierenden). Halten Sie die Abhaltung

    dieser Eignungstests noch für notwendig? Warum?

 

6) Gibt es außer bei der Aufnahme an die Pädagogischen Akademien im Bereich des

    Unterrichtsministeriums noch weitere (körperliche) Eignungstests? Wenn ja: Wo? Was

    wird dabei genau getestet? (Bitte genau anführen, was alles getestet wird!) Wer ist für

    die Durchführung dieser Tests zuständig? Werden die Betroffenen vorher genau

    informiert, was getestet wird? Werden die Betroffenen anschließend über die

    Ergebnisse informiert?

 

7) Zu welchem Zweck wurden an der Pädagogischen Akademie Ettenreichgasse in Wien

    geheime Drogentests durchgeführt?

 

8) An welchen pädagogischen Akademien wurden derartige geheime Drogentests

    vorgenommen?

9) Werden noch in anderen Bereichen des Unterrichtsministeriums derartige geheime

    Drogentests durchgeführt?

 

10) War seitens des Ministeriums daran gedacht, solche geheime Drogentests, wenn sie

    erfolgreich verlaufen wären, in Zukunft an allen Schulen durchzuführen?

 

11) Wieviele Studierende wurden ohne ihre Zustimmung diesen Tests unterzogen9

 

12) Die Proben seien zwar “doppelt anonymisiert” worden, rechtfertigt sich der

    Sektionschef, doch bei der Abgabe seien sie namentlich gekennzeichnet worden, wird

    berichtet. Können Sie hundertprozentig garantieren, daß die Anonymität der

    Studierenden gewahrt wurde oder sind Proben einzelnen Studierenden zuzuordnen?

 

13) Welches Ergebnis kam bei dieser Untersuchung heraus? Waren einzelne Drogentests

    positiv? Wenn ja: Wieviele? Was war die Folge? Wurde aufgrund eines positiven

    Tests Strafanzeige gegen Studierende erstattet? Wurden Studierende verurteilt?

 

14) Wurden im Rahmen dieser Untersuchung auch AIDS - Tests vorgenommen? Wurde

    zuvor die Zustimmung seitens der Betroffenen eingeholt? Wie wurde mit den

    Ergebnissen verfahren? Wurden die Betroffenen informiert?

 

15) Wurden durch diese Tests Bestimmungen des Datenschutzes verletzt?

 

16) Was passiert mit den Ergebnissen dieser Untersuchung? Werden sie vernichtet

    werden?

 

17) Wann hat die Ministerin erstmals von diesen Drogentests erfahren?

 

18) Ist es üblich, daß verfassungsrechtlich verbotene Vorhaben ohne das Wissen der

    Ministerin durchgeführt werden?

 

19) War das Gutachten des Justizministeriums der Ministerin bekannt? Seit wann?

 

20) Wenn das Gutachten nicht bekannt war: Warum wurde vor einem geplanten derartigen

    Test nicht, ähnlich wie vom Bundesheer, ein Gutachten seitens des Justizministeriums

    eingeholt, zumal gerade der Leiter der Rechtsabteilung so weit rechtskundig sein

    sollte, daß er wissen hätte müssen, daß ein derartiges Vorgehen verfassungsrechtlich

    zumindest bedenklich ist?

 

21) Wird es disziplinäre Konsequenzen für den zuständigen Sektionschef und den

    Kabinettschef geben, da sie trotz eines schon vorliegenden negativen Gutachtens des

    Justizministeriums diese Tests durchführen ließen? Genießen die beiden Herren noch

    das unvoreingenommene Vertrauen der Ministerin?

 

22) Wird SC Oberleitner umgehend als Vorlesender abgelöst werden, da er unter den

    Studierenden jegliches Vertrauen verloren hat?

 

23) Wird der Schularzt Dr. Maher Darnen - Barakat umgehend abgelöst werden, da er

    unter den Studierenden jegliches Vertrauen verloren hat?

24) Wird es Strafanzeige gegen die Beteiligten geben, da es sich bei diesen Tests u.U. um

    Körperverletzungen und einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte handelt?

 

25) Wenn SC Oberleitner sagt, ‚die guten Ideen kommen einem immer zu spät “, ist er

    dann überhaupt noch als Sektionschef tragbar, da er offenbar nach eigenem

    Eingeständnis gute Ideen immer zu spät hat?

 

26) Wozu werden an der PÄDAK Ettenreichgasse körperliche Eignungstests

    durchgeführt?

 

27) Seit wann werden den StudienanwärterInnen Urinproben abgenommen und zu

    welchem Zweck?

 

28) Wurden den StudienanwärterInnen bereits zu einem Zeitpunkt Urintests abgenommen,

    als Dr. Maher Damen - Barakat noch nicht Schularzt der PÄDAK Ettenreichgasse war?

 

29) Werden an allen pädagogischen Akademien vergleichbare körperliche Eignungstests

    mit Urinproben durchgeführt?

 

30) Ist es richtig, daß der Schularzt der PÄDAK Ettenreichgasse eine

    Sekretärin/Assistentin hat?

 

31) Wieviele Schulärzte pädagogischer Akademien haben SekretärInnen/AssistentInnen?

 

32) Stimmt es, daß die Sekretärin/AssistentIn des Schularztes die Ehefrau von

    Sektionschef Oberleitner ist, der die Drogentests genehmigt hat?

 

33) In welchem Labor wurden die Urintests vorgenommen?

 

34) Was hat bisher ein Urintest ohne Drogenuntersuchung gekostet und was kostet ein

    Urintest mit Drogenuntersuchung?

 

35) Wer bezahlt die Urintests und wer sollte für den Differenzbetrag aufkommen, der

    durch die Ausweitung der Untersuchung entstehen müßte?

 

36) Wie hoch sind die Gesamtkosten für die Urinproben aller BewerberInnen?

 

37) Was sollte mit der Auswertung der Tests ursprünglich geschehen?

 

38) In welchem Labor wurden die Urinproben untersucht? Entspricht es den Tatsachen,

    daß Dr. Maher Damen - Barakat Miteigentümer jenes Labors ist, in dem die

    Drogentests durchgeführt wurden?

 

39) SC Oberleitner liest an dieser Pädak “Schulrechtskunde". Ist es richtig, daß SC

    Oberleitner MDL für seine Vorlesung(en) MDL bekommt? Sind diese MDL aus Sicht

    des Ministeriums gerechtfertigt, zumal das Gerücht kursiert, daß der SC diese

    Vorlesungen während seiner Dienstzeit hält?

40) Unterrichtsministerin Gehrer schlägt vor, die LehrerInnen unterschreiben zu lassen, daß

    sie keine Drogen nehmen. Wird die Unterrichtsministerin, anders als bei den

    anonymen Tests, vorher mit dem Justizministerium abklären, ob dadurch nicht die

    Unschuldsvermutung außer Kraft gesetzt wird?

 

41) Was passiert, wenn diese Vorschläge umgesetzt werden, mit jenen LehrerInnen, die

    nicht unterschreiben wollen?

 

42) Versteht die Unterrichtsministerin unter Drogen auch die Volksdroge Alkohol, die nach

    Auffassung von internationalen Studien zu den härtesten Drogen zählt?