5445/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Puttinger, Dr. Günther Leiner, Georg Schwarzenberger
Dr. Dieter Lukesch und Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend europäische Schienenliberalisierung
Zur Bewältigung des Güterverkehrs in Europa müssen künftighin auch die Eisenbahnen einen
wesentlichen Beitrag leisten, in dem sie endlich ihren Systemvorteil im Güterfernverkehr ins
Spiel bringen. Die EU hat daher in ihrem Weißbuch “Eine Strategie zur Revitalisierung der
Eisenbahn in der Gemeinschaft” eine Reihe von Grundsätzen vorgegeben, die zu mehr
Marktöffnung und Wettbewerb im Schienenverkehr führen sollen. Die Freigabe des
Schienennetzes für Dritte, somit Wettbewerb, ist ein wichtiger Weg, um rasch die Reform der
nicht mehr zeitgemäßen Eisenbahnstrukturen in Europa herbeizuführen.
Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr als Vertreter der Republik Österreich, die
Alleineigentümerin der ÖBB ist, könnte schon derzeit auf die ÖBB Einfluß nehmen, daß auf
Basis der vorhandenen rechtlichen Grundlagen Wettbewerb auf der Schiene zugelassen wird
und Behinderungen bei der Trassenvergabe, bei der Zulassung des rollenden Materials und bei
der Berechnung des Benützungsentgeltes hintangehalten werden.
Wettbewerb auf der Schiene wird, ähnlich wie im Bereich der Telekom und des Flugverkehrs,
zu preisgünstigen und kundenorientierten Angeboten führen und letztlich die Straßen
entlasten.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wissenschaft und
Verkehr folgende
Anfrage:
1. Sind Sie grundsätzlich dafür, daß Wettbewerb auf der Schiene sinnvoll und notwendig ist,
um alte Strukturen zu verändern und das Leistungsangebot zu verbessern?
2. Wann wird die von Ihnen im März dieses Jahres angekündigte unabhängige Regulierungs-
bzw. Kontrollbehörde für die Überwachung der Trassenvergabe und Entgeltberechnung
eingerichtet?
3. Welche genauen Aufgaben wird diese Kontrollbehörde haben?
4. Sie haben angekündigt, die Bahnliberalisierung zum verkehrspolitischen Thema bei
Österreichs EU - Vorsitz zu machen.
a) Welche Schwerpunkte konnten Sie diesbezüglich setzen?
b) Welche Ergebnisse konnten zu dieser Thematik während des EU - Vorsitzes erreicht
werden?
5. Vor allem Frankreich und Belgien haben Vorbehalte zur europäischen Bahnliberalisierung
angemeldet. Konnten diese ausgeräumt werden?
6. Die Schieneninfrastrukturfinanzierungs - Gesellschaft darf derzeit Bahntrassen vermitteln,
aber nicht vergeben. Werden Sie dafür eintreten, daß die Schieneninfrastruktur-
finanzierungs - Gesellschaft allein zuständig gemacht wird für die Vergabe von
Bahntrassen?
a) Wenn ja, bis wann ist mit einer Änderung der gesetzlichen Bestimmungen zu rechnen?
b) Wenn nein, warum nicht?
7. Sind Sie dafür, daß Newcomern der Einstieg in den Schienenverkehr erleichtert wird?
Sind sie bereit,
dafür spezielle Förderaktionen ins Leben zu rufen?
8. Welche Maßnahmen sehen Sie vor, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit
zwischen den traditionellen nationalen Bahngesellschaften zu verbessern?
9. Ist es richtig, daß die EDV - Anlagen von DB und ÖBB nicht kompatibel sind und daher
eine grenzüberschreitende Sendungsverfolgung nur mit unverhältnismaßig hohem
Aufwand möglich ist?
10. Ist es richtig, daß an den nationalen Grenzen das Zugpersonal nach wie vor gewechselt
wird? Wann ist auf diesem Gebiet mit einer grenzüberschreitenden Kooperation zu
rechnen?
11. Ist es richtig, daß ein deutscher ICE - Triebwagenführer österreichische Strecken nicht
befahren darf? Wieviele österreichische Triebwagenführer mußten für den ICE gesondert
ausgebildet werden?
12. Ist es richtig, daß auf den österreichischen Anteilen der europäischen Freewaystrecken bis
dato noch keine ausländische nationale oder private Bahngesellschaft gefahren ist?
13. Was gedenken Sie zu tun, damit wenigstens auf diesen Strecken Wettbewerb zugelassen
wird und der europäische Güterfernverkehr sich mehr auf der Schiene als auf der Straße
abspielt?
14. Welche technischen Harmonisierungen müssen zwischen den EU - Mitgliedsstaaten
vorgenommen werden, um die Bahnliberalisierung voranzutreiben?
15. Bis wann ist mit dieser Harmonisierung zu rechnen?
16. Welche technischen Anpassungen wird Österreich für die europäische Bahnliberalisierung
vornehmen müssen?