5567/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Madl, Mag. Schweitzer
und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Mitwirkungsrechte der Personalvertretung bei der Erstellung der
Diensteinteilung für Schulveranstaltungen
Das Bundeskanzleramt hat mit Erlaß vom 15. November 1995, GZ 920.250/8-IIA/6/95,
zu im Zusammenhang mit der Teilnahme von Lehrern an mehrtägigen
Schulveranstaltungen aufgeworfenen Rechtsfragen des Personalvertretungsrechtes wie
folgt Stellung genommen:
“1. Der Rechtsansicht des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle
Angelegenheiten wird beigepflichtet, daß die Einteilung der an einer einwöchigen
Schulveranstaltung als Begleitpersonen teilnehmenden Lehrer als Diensteinteilung im
Sinne des § 9 Abs. 2 lit. b PVG anzusehen ist und daher darüber das Einvernehmen mit
der Personalvertretung herzustellen ist.
2. Kommt in Angelegenheiten des § 9 Abs. 2 PVG ein Einvernehmen auf der
Dienststellenebene nicht zustande, bewirkt der Vorlageantrag des
Personalvertretungsorganes gemäß § 10 Abs. 5 PVG, daß der Dienststellenleiter die von
ihm geplante Maßnahme bis zu einer Entscheidung durch die (eine) übergeordnete
Dienststelle nicht setzen darf. Es ist daher angezeigt, bereits bei der Planung und
Vorbereitung von Maßnahmen nach § 9 Abs. 2 PVG, auf die mit einem allfälligen
Vorlageverfahren üblicherweise verbundene Verfahrensdauer Bedacht zu nehmen.
3. Das Erfordernis, das Einvernehmen mit dem Personalvertretungsorgan
herzustellen, entfällt gemäß § 10 Abs, 3 dritter Satz PVG bei Maßnahmen, die sofort
getroffen werden müssen. Das Personalvertretungsorgan ist hier jedoch unverzüglich
von der getroffenen Maßnahme zu
verständigen.
Unter solchen sofort zu treffenden Maßnahmen führt das Gesetz die Fälle drohender
Gefahr, Katastrophen sowie Alarm und Einsatzübungen an. Bei der Beurteilung, ob eine
Maßnahme sofort getroffen werden muß, ist daher an Hand dieser Beispielsfälle ein
strenger Maßstab anzulegen. Ob daher eine Schulveranstaltung zu den sofort zu
treffenden Maßnahmen gehört, bei denen die Durchführung des vom PVG
vorgesehenen Verfahrens das öffentliche Wohl (§ 2 Abs. 2 PVG) gefährdet würde, wird
sich jeweils nach der der Dienstgeberseite für die Vorbereitung dieser
termingebundenen Veranstaltung einschließlich Beteiligung der Personalvertretung zur
Verfügung stehenden Zeit richten.
Zu bedenken ist weiters, daß § 10 Abs. 3 PVG bei Maßnahmen, die keinen Aufschub
erleiden dürfen, eine Verkürzung der Frist für die Information des
Personalvertretungsorganes vorsieht. Nur wenn auch die mit einer Verkürzung der Frist
verbundene Verzögerung der Maßnahmen das öffentliche Wohl gefährdete, darf die
vorgängige Information der Personalvertretung zur Gänze entfallen. Hat der
Dienststellenleiter das Personalvertretungsorgan mit verkürzter Frist informiert, so kann
das Personalvertretungsorgan Einwendungen erheben. Die Dringlichkeit der Maßnahme
kann aber in weiterer Folge wiederum Abweichungen vom normalen Verfahrensablauf
rechtfertigen. Der Dienststellenleiter kann daher eine Maßnahme, die sofort getroffen
werden muß, trotz der von der Personalvertretung erhobenen Einwendungen und des
aufgrund des Vorlageverlangens anhängigen Verfahrens bei der übergeordneten
Dienststelle oder Zentralstelle durchführen.
Zu den im do. Schreiben angesprochenen allfälligen davon ausgehenden nachteiligen
Auswirkungen auf die innerbetriebliche Zusammenarbeit an der Schule wird darauf
hingewiesen, daß der Gesetzgeber dem öffentlichen Wohl den Vorrang gegenüber der
Aufgabe der Interessensvertretung und -wahrung der Bediensteten bei Maßnahmen die
keinen Aufschub erleiden dürfen bzw. sofort getroffen werden müssen, eingeräumt hat.
Im übrigen hat auch die Personalvertretung nach § 2 Abs. 2 PVG bei der Erfüllung ihrer
Aufgaben auf das öffentliche Wohl und die Erfordernisse eines geordneten,
zweckmäßigen und wirtschaftlichen Dienstbetriebes Rücksicht zu nehmen.”
Im Zuge der Diskussion über die unzulängliche Regelung der
Mehrdienstleistungsvergütungen hat
nunmehr das Bundesministerium für Unterricht
und kulturelle Angelegenheiten (Abteilung III/A/4) folgende, davon abweichende
Haltung eingenommen:
“Die Umsetzung eines SGA - Beschlusses über eine mehrtägige Schulveranstaltung
beinhaltet insbesondere folgende Maßnahmen:
1. die Bestellung eines Leiters der Veranstaltung (dabei muß es sich um einen fachlich
geeigneten Lehrer der Schule handeln);
2. die Bestellung weiterer geeigneter Personen als Begleitpersonen (das können z. B.
auch Erziehungsberechtigte oder ,,außerschulische” Personen sein; der Bund
übernimmt in Schadensfällen gemäß § 44a SchUG die Haftung);
3. die Erstellung einer geänderten Diensteinteilung (für die zur Teilnahme verpflichteten
Lehrer). Diese Änderung der Diensteinteilung bedarf des Einvernehmens mit dem
Dienststellenausschuß (DA) gemäß § 9 Abs. 2 lit. b des Bundes-
Personalvertretungsgesetzes (B - PVG). Kann das Einvernehmen mit dem DA nicht
hergestellt werden, hat dies auf die Umsetzung des rechtmäßig
zustandegekommenen SGA - Beschlusses keine Auswirkungen. Die Änderung der
Diensteinteilung fällt nicht unter jene in § 10 Abs. 5 B - PVG taxativ angeführten
Maßnahmen, welche auszusetzen sind, bis darüber endgültig abgesprochen ist. Die
Angelegenheit ist allerdings vom Schulleiter der sachlich übergeordneten
Dienststelle, bei der ein für die Angelegenheit zuständiger Fachausschuß eingerichtet
ist, vorzulegen.
4. Sollte der Schulleiter den Beschluß über die Durchführung der Schulveranstaltung für
organisatorisch nicht durchführbar halten, hat er diesen auszusetzen und die
Weisung der Schulbehörde erster Instanz einzuholen.”
Die Haltung des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zielt
darauf ab, die Rechte der gesetzlichen Personalvertretung in autoritärer Weise
einzuschränken.
Da nunmehr das Bundesministerium für Finanzen gemäß Teil 2 Abschnitt E Z 9a der
Anlage zu § 2 des
Bundesministeriengesetzes für allgemeine Angelegenheiten der
beruflichen Vertretung von öffentlich Bediensteten zuständig ist, erscheint eine klärende
Auslegung der maßgebenden Bestimmungen des PVG durch den Bundesminister für
Finanzen erforderlich.
Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen
nachstehende
ANFRAGE
1. Ist Ihnen das Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 15. November 1995 bekannt?
2. Teilen Sie die darin geäußerte Auffassung zu Rechtsfragen des
Personalvertretungsrechtes?
Wenn nein, warum nicht?
3. Ist Ihnen die dargestellte Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Unterricht
und kulturelle Angelegenheiten bekannt?
4. Hat das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Ihr Ressort
mit den gegenständlichen Rechtsfragen befaßt?
5. Teilen Sie die darin geäußerte Rechtsauffassung?
Wenn nein, welche Veranlassungen werden Sie treffen um Ihre Rechtsauffassung
durchzusetzen?
6. Wie ist Ihre Haltung zum aufschiebenden Vetorecht einer Personalvertretung anhand
der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 1971 nach § 9 Abs. 1 PVG?
7. Teilen Sie die Auffassung, daß das aufschiebende Vetorecht auch in den Fällen des §
9 Abs. 2 PVG Anwendung zu finden hat?