5775/J XX.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Pollet - Kammerlander, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundeskanzler

 

betreffend Verbleib der Projektgüter nach Albanien im Rahmen der Osthilfe

 

Im Rahmen der österreichischen Ost - Hilfe wurde zwischen 1993 und 1996 ein Projekt zur

Förderung der Bergbauern in Skapar (Albanien) durchgeführt. Dieses Projekt wurde mit

Mitte 1996 beendet. In dem, dem Projekt zugrunde liegenden Vertrag wurde vereinbart,

daß die verbleibenden Projektgüter in das Eigentum des Ministeriums für Landwirtschaft

und Ernährung der Republik Albanien übergehen. Diese wurden zu einem Großteil nach

Projektbeendigung von der durchführenden Firma “Austroprojekt” aus Wien dem albani -

schen Ministerium übergeben. Ein kleinerer Teil der Projektgüter war bis Februar 1996

noch in Verwahrung des Projektleiters der österreichischen Firma, da ursprünglich eine

Verlängerung des Projekts von einer Evaluierungskommission befürwortet wurde und auch

geplant war, dann jedoch nicht zustande kam.

Die verbleibenden Projektgüter wurden zu Beginn der Unruhen zu Jahresbeginn 1997 aus

Sicherheitsgründen rasch dem dortigen Ministerium übergeben.

 

Das österreichische Bundeskanzleramt verweigerte der durchführenden Firma in der Folge

die Ausbezahlung der noch offenen Rate in der Höhe des Wertes der Projektgüter mit der

Unterstellung, daß die Übernahmebestätigung durch das albanische Ministerium gefälscht

sein könnte. Nach dem Abklingen der Unruhen im späteren Frühjahr 97 ließ sich verifizie -

ren, daß die Übernahmebestätigungen korrekt waren und sich die Güter im Eigentum des

albanischen Ministeriums befanden. Nunmehr wurde die Auszahlung der offenen Rate mit

der Begründung verweigert, daß die Projektgüter nicht von der durchführenden Firma, son -

dern vom Österreichischen Büro für technische Zusammenarbeit (einer nachgeordneten

Struktur des BKA) zu übergeben wären. Das Ansinnen, die Übergabe im Ministerium (2

km vom Koordinationsbüro entfernt) zu vollziehen, wurde zurückgewiesen und verlangt,

daß die Projektgüter in das Büro zu verbringen wären.

 

In der Folge war es notwendig, daß ein Vertreter der österreichischen Firma nach Albanien

reiste, um die Gegenstände in das nahegelegene Österreichische Büro für technische Zu -

sammenarbeit zu verbringen. Diese Notwendigkeit war dem vertragsgemäßen neuen Eigen -

tümer (Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung, vertreten durch die Direktoren D. I.

Ismail Beka und D. I. Sali Methani) nur schwer begreiflich zu machen. Ihnen wurde vom

Vertreter der österreichischen Firma zugesichert, daß ihr Haus die Güter (die noch komplett

waren) wieder zurückbekommen werde, weil der österreichisch - albanische Vertrag dies

zwingend vorsehe. Nach der Übergabe an das Österreichische Büro für techn. Zusammen -

arbeit am 5. und 6. 9. 97 ist der weitere Verbleib der Projektgüter nicht mehr nachvollzieh -

bar, jedenfalls wurden sie nicht mehr an den rechtmäßigen Eigentümer (Ministerium für

LW und Ernährung, Tirana) ausgefolgt.

In der Folge kamen die sehr korrekten Beamten D. I. Methani und D. I. Beka hausintern

unter erheblichen Erklärungsnotstand dahingehend, warum sie das Eigentum des Ministe -

rium herausgegeben hätten. Auch der Vertreter der österreichischen Firma ist desavouiert,

weil er im Vertrauen darauf, daß die Republik Österreich Verträge einhält, zugesichert

hatte, daß die in Rede stehenden Güter wieder an das Ministerium retourniert würden. Ins -

gesamt hat der gesamte Vorgang dazu geführt, daß im (kleinen, überschaubaren) Ministe -

rium und darüber hinaus (es wurde darüber in albanischen Medien berichtet) die beiden kor -

rekten Beamten Methani und Beka in die Nähe von Inkompetenz, Korruption und Naivität

gestellt werden, weil sie sich korrekt verhalten haben und dem offensichtlich naiven Glau -

ben anhingen, die Republik Österreich hielte Verträge auch mit kleinen, wenig mächtigen

Ländern ein. Jedenfalls wurden die Projektgüter bis dato nicht wieder an das albanische

Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung in Tirana retourniert. Es ist zweifelhaft, ob

diese Projektgüter überhaupt noch existieren, ihr weiterer Verbleib ist ungeklärt.

 

Am 5. und 6. 9. 1997 wurden im Auftrage des österreichischen Bundeskanzleramtes aus dem

albanischen Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung in Tirana Projektgüter in das

Österreichische Büro für technische Zusammenarbeit in Tirana verbracht, und unter

Mißachtung des zwischenstaatlichen Abkommens zwischen der Republik Albanien und der

Republik Österreich nicht mehr dem vertragsgemäßen Eigentümer, dem Ministerium für

Landwirtschaft und Ernährung in Tirana, retourniert.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1. Entspricht der in der Einleitung dargestellte Sachverhalt auch dem Informationsstand

    im Bundeskanzleramt?

 

2. Wo befinden sich die Projektgüter gegenwärtig? Wann werden sie dem rechtmäßigen

    Eigentümer ausgehändigt?

 

3. Erachten Sie, Herr Bundeskanzler, zwischenstaatliche Vereinbarungen mit kleineren,

    ökonomisch wenig bedeutenden Ländern für wichtig?

 

4. Teilen Sie die Auffassung, daß es wesentlich ist, zwei korrekte Beamte in einem

    Land, welches ohnehin mit Korruption zu kämpfen hat, zu unterstützen?

 

5. Wie werden Sie, Herr Bundeskanzler, in Hinkunft sicherstellen, daß es nicht zu ähn -

    lichen Vorkommnissen wie den oben Geschilderten kommt? Wie wollen Sie

    sicherstellen, daß sich die Mentalität österreichischer Mitarbeiter der Ost - Zusammen -

    arbeit nicht der unterstellten Mentalität des Gastlandes annähert?

 

6. Sind Sie, Herr Bundeskanzler, der Meinung, daß das Verhalten des österreichischen

    Bundeskanzleramtes im gegenständlichen Fall keine nachteiligen Folgen auf Bezie -

    hungen zu Albanien haben könnte?

7. Sind Sie der Meinung, daß ein Verhalten wie dem hier dargestellten des österreichi -

    schen Bundeskanzleramtes, dazu angetan ist, in den Ländern Ost - und Mitteleuropas

    effiziente staatliche Strukturen entstehen zu lassen?