5823/J XX.GP
gemäß § 93 Abs. 1 GOG
der Abgeordneten Volker Kier, Maria Schaffenrath und PartnerInnen
an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales
betreffend Fehlstart für "NEW START”:
Debakel der großkoalitionären Beschäftigungspolitik aufgrund jahrelanger
Erst vor wenigen Tagen wurden in der Öffentlichkeit Existenz und Inhalt der "BVS - Analyse”
des AMS Arbeitsmarktservice Österreich bekannt. Die dafür beauftragte St. Gallener
Consulting - Firma “Fokus” äußert in der fast 200 Seiten starken Studie schwere Kritik an der
Organisationsstruktur, der Effizienz, aber auch der politischen Abhängigkeit des AMS und rät
zu einer grundlegenden Reorganisation der Arbeitsmarktverwaltung. Damit legt die
unabhängige Schweizer Consultinggruppe erstmals detailliert jene Schwächen bloß, die in
den vergangenen Monaten zu heftigen, öffentlich geführten Auseinandersetzungen geführt
hatten. Während die Schweizer Studie jedoch vor allem strukturelle Mängel offenlegt, haben
die Regierungsparteien, allen voran Bundeskanzler, Sozialministerin, aber auch der Wiener
Landeshauptmann sich in erster Linie darauf beschränkt, eine Personaldebatte rund um den
Landesgeschäftsführer des Wiener AMS, Klaus Werner, zu führen.
Die Tatsache, daß die Bundesregierung seit Monaten versucht, mittels beinahe
allwöchentlicher Ankündigungen diverser Aktionsprogramme, der Glättung von
Arbeitslosenstatistiken sowie einer von den Sachfragen ablenkenden Personaldiskussion,
ihre langjährigen Reformversäumnisse zu verschleiern, verdient eine eingehendere
Betrachtung. Besonders signifikant schlägt sich dieses Versagen der Regierungspolitik in der
mangelnden Aussagekraft der veröffentlichten statistischen Daten zur Arbeitslosigkeit nieder.
• Versteckte Arbeitslosigkeit: Ziemlich unbemerkt ist der Bericht der EU - Kommission über
“Unterbeschäftigung in der Europäischen Union 1997” geblieben. Dort kommt die
Kommission zu dem Schluß,
daß die Arbeitslosenrate in Österreich statt 7,1%
mindestens 10,3%, wenn nicht gar 10,8% beträgt. Hierin sind jedoch nicht einfach die
(1997) 206.000 Frühpensionisten enthalten, sondern (alle Zahlen aus 1997):
Lehrstellensuchende: 5.855
SchulungsteilnehmerInnen 22.211
Karenzgeldbezieherinnen ohne
bestehendes Arbeitsverhältnis 36.236
Sondernotstandshilfe 9.292
Pensionsvorschuß 13.538
Sonderunterstützung 9.057
Vorzeitiger Ruhestand wegen
Arbeitslosigkeit 21.014
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Gesamt 117.248 = 10,3%
Rechnete man die sogenannten Entmutigten (19.533) hinzu, käme man auf eine Quote von
10,8% Wie gesagt, sind die Frühpensionisten aufgrund ausreichender Versicherungszeiten
hier nicht zugezählt.
• Ein weiterer Beleg ist darin zu erblicken, daß bisher die Fähigkeit zur Erreichung des
Zieles “Arbeitslose in Arbeit zu bringen”. ohne Differenzierung nach dem Kriterium einer
Wiedereinstellungszusage anläßlich der Beendigung eines zuletzt innegehabten
Arbeitsverhältnisses (Saisonbeschäftigte) oder einer fehlenden derartigen Zusage
vorgenommen wurde. Dies hat zu nicht unwesentlichen Verzerrungen bei der
Erfolgskontrolle sowie zu Fehlinterpretationen bei der strukturellen Qualitätsanalyse
geführt, ein Faktum, das nicht zuletzt durch die ,,Fokus” - Studie aufgezeigt wurde.
Verzichtet man bei der Messung der genannten Zielerreichung darauf, auch Saisonniers
(mit Wiedereinstellungszusage) als durch AMS - Vermittlungstätigkeit Wiederbeschäftigte
mitzurechnen, wird das Ranking der einzelnen Bundesländer und damit auch der
Landesgeschäftstellen des AMS geradezu auf den Kopf gestellt. Es darf zweifelsfrei
angenommen werden, daß dieses Faktum den Beamtinnen des BMAGS kraft eigener
Expertise bekannt war und ist, daß
• Schlußlichter die Bundesländer Tirol und Burgenland sind und
• Nur Vorarlberg und Wien über dem Bundesschnitt liegen.
Im Sommer 1998 wurden dem Liberalen Forum erstmals Pläne des AMS Wien bekannt,
angeblich zur besseren Vermittlungstätigkeit Langzeitarbeitsloser Psychoscreenings an
einem privaten Testinstitut durchführen zu lassen. Die daraufhin ausgelöste Protestwelle
führte einerseits zur vorübergehenden Einstellung bereits laufender Psychotests durch das
Rote Kreuz, andererseits zur ersten
Ankündigung von Sozialministerin Lore Hostasch,
angesichts der katastrophalen Entwicklung auf dem Wiener Arbeitsmarkt, den Leiter des
AMS Wien durch AMS - Bundesgeschäftsführer Herbert Buchinger zu ersetzen.
Die allseits geäußerte Kritik an der Wiener Arbeitsmarktsituation betraf in erster Linie die
hohe Zahl an Langzeitarbeitslosen, die weit über dem Bundesdurchschnitt liegt. So haben in
Wien die Aufwendungen für Notstandshilfe - BezieherInnen (= überwiegend
Langzeitarbeitslose) bereits 1996 die Aufwendungen für Arbeitslosengeld - BezieherInnen (=
Kurzzeitarbeitslose) deutlich überschritten.
Betrachtet man den Bundestrend, so zeigt sich eine ähnliche, wenngleich etwas verspätet
eintretende Entwicklung: Hat die Zahl der Notstandshilfe - BezieherInnen bis 1994 weit
weniger als die Hälfte ausgemacht (1990: 44.118 NH - BezieherInnen: 97.912 AL - Geld -
Bezieherinnen), so dürfte sich heuer deren Zahl beinahe angleichen: Die letzten verfügbaren
Zahlen (Oktober 1998) zeigen, daß zu diesem Zeitpunkt 106.369 BezieherInnen von
Arbeitslosengeld bereits 91.471 Notstandshilfe - BezieherInnen gegenüber standen.
Es ist leider schon beinahe überflüssig festzustellen, daß von der negativen Entwicklung
überwiegend Frauen betroffen sind: So lag der Zuwachs bei den Frauen - Arbeitslosenraten
kontinuierlich zwischen zwei und drei Prozent über dem der Männer; Frauen weisen
außerdem eine um ein Drittel längere Arbeitslosigkeitsdauer auf. Verschlechtert werden die
schwierigen Bedingungen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt durch die rückwärtsgewandte
Politik der ÖVP - Konservativen, die unter dem Deckmantel ,,Karenzgeld für alle” in
Wirklichkeit Frauen aus dem Arbeitsmarkt möglichst eliminieren wollen - eine Politik, die in
ihrer Unaufrichtigkeit nur noch von den sogenannten Beschäftigungsprogrammen des
Bundeskanzlers und seiner Sozialministerin übertroffen wird.
Der rapide Anstieg der Langzeitarbeitslosen binnen weniger Jahre um mehr als hundert
Prozent beweist vor allem, daß weder Regierung noch AMS imstande sind, das Phänomen
steigender und bleibender (dauerhafter) Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Dabei
manifestiert sich das Versäumnis der Regierung unter dem ,,Beschäftigungskanzler” Viktor
Klima in zwei Schwerpunkten: im Versagen bei einer Reform des AMS sowie in jenen,
nurmehr als virtuell zu bezeichnenden "beschäftigungspolitischen” Maßnahmen, wie sie
zuletzt im Ausseer Punkteprogramm erneut
vorgeführt wurden.
1. Untätigkeit bei der Reform des AMS:
Im Jahre 1994 wurde die damalige Arbeitsmarktverwaltung in Arbeitsmarktservice
umbenannt und als solches aus der unmittelbaren Verwaltung des Arbeits- und
Sozialministeriums ausgegliedert. An die Stelle der Ministerialbürokratie trat eine
ausgeklügelt sozialpartnerschaftlich besetzte Verwaltungseinheit, in der sich heute der
Proporz bis in die kleinsten regionalen Geschäftsstellen hinunterzieht Die Kompetenz der
zuständigen Bundesministerin Lore Hostasch beschränkt sich ausschließlich auf ihre
Tätigkeit als Aufsichtsbehörde, was bedeutet, daß das AMS in den Händen von
demokratisch nicht legitimierten Kammer - und Gewerkschaftsfunktionären ruht und
weitgehend der parlamentarischen Kontrolle durch den Nationalrat entzogen ist.
Dies meint auch der Bericht der schweizerischen Consultinggruppe “Fokus”, wenn er lapidar
feststellt. daß das AMS “nach wie vor stark dem politischen Einfluß unterliegt” (..Management
Summary (1)”). Im folgenden werden in der Analyse grob die folgenden “nachhaltigen
Schwächen" skizziert:
• Ineffiziente Doppelgleisigkeiten zwischen AMS - Bundes - und Landesebene
• Projekt - und Themenduplizität: Statt Konzentration auf das Beratungs- und
Vermittlungsservice werden gleichartige Themen von unterschiedlichen Stellen
gleichzeitig behandelt.
• Überdimensionierung und Bindung der personellen Kapazität bei Steuerungsaufgaben
• Fehlende Koordination bei der Umsetzung der Projekte
• Auftretende Über- und Unterkapazitäten vor Ort aufgrund des Fehlens eines
dynamischen Verteilungsschlüssels
• Geringer “Wertschöpfungsanteil”: nur 47% der Arbeitszeit der Berater werden für den
Kundenkontakt aufgewandt, überhaupt nur 10% der Arbeitszeit, und damit bloß 15 - 30
Minuten pro Fall. gehen in die direkte Beratung.
• Die schlechte Organisationsstruktur bindet zusätzlich Zeit für
Abstimmungsnotwendigkeiten, hinzu kommt eine mangelhaft ausgerüstete EDV.
• Die BeraterInnen sind für die Anforderungen durch ihr Jobprofil nicht ausreichend
qualifiziert, es gibt keine Qualitäts- und Betreuungsstandards für die unterschiedlichen
Zielgruppen unter den Arbeitsuchenden.
"Der größte Hebel liegt (...) In der Lösung der Schnittstellenprobleme” - damit meint die
Studie das im AMS nicht gelöste aufbau- und ablauforganisatorische Problem der kaum
vernetzten Sparten für Arbeitsuchende,
für die Auszahlung der Versicherungsleistungen
sowie für die Beratungsstelle von Unternehmen - Sparten, die überdies häufig disloziert an
unterschiedlichen Orten bestehen.
Für Arbeitsuchende nimmt das AMS zwei unterschiedliche und nach Meinung der Liberalen
unvereinbare Aufgaben wahr: die Stellenvermittlung einerseits sowie die Auszahlung der
Versicherungsleistung andererseits, was AMS - Chef Herbert Buchinger einmal mit dem
“Kampf" umschrieb, "auf der einen Seite die helfende und auf der anderen Seite die
strafende Hand zu sein (vgl. Kurier, 5.9.1998). In seiner Vermittlungstätigkeit tritt das AMS
jedoch quasi als Monopol auf, was mittlerweile sogar beim Generalsekretär der
Wirtschaftskammer Stummvoll die Erkenntnis reifen ließ, die starren Strukturen und
Barrieren für private Arbeitsvermittler seien aus dem Weg zu räumen (vgl. SN 11.2.1999).
Eine überbürokratische und wettbewerbsverhindernde Gesetzeslage macht es derzeit
nämlich unmöglich, daß private Arbeitsvermittler im größeren Rahmen ihre Dienste anbieten
können.
Die Partikularinteressen der einzelnen Fachgewerkschaften (Angestellte, Bau - Holz,
Bekleidung, Lebensmittel u.a.) haben bisher verhindert, daß in Wien - im Gegensatz zu allen
anderen Bundesländern - die branchenspezifischen Facharbeitsämter in regionalisierte
Geschäftsstellen umgewandelt worden wären. Dies führt dazu, daß Arbeitsuchende in Wien
häufig aufgrund von Kompetenzunklarheiten sowie Zuordnungsschwierigkeiten zwischen
den verschiedenen Facharbeitsämtern mehrmals hin und her geschickt werden.
Bemerkenswerterweise hatte der Wiener AMS - Chef Werner bereits 1996 eine "Langfristige
Standort- und Organisationsplanung" für das AMS Wien vorgelegt, welche eine endgültige
Auflösung der branchenspezifischen Arbeitsämter und deren Regionalisierung vorsieht: Für
alle Geschäftsstellen ist in dem Papier ein "integriertes Leistungsangebot” vorgesehen, das
heißt Arbeitsvermittlung, Auszahlung der Versicherungsleistung und Unternehmerservice an
einer Stelle. Aufgrund massiver Proteste der Fachgewerkschaften, die um den drohenden
Verlust ihres Einflusses wußten, verschwand dieses Konzept in den Schubladen. Zugleich
erzeugte dieses Reformpapier einen Konflikt zwischen Landesgeschäftsführung Wien und
den im entscheidenden Landesdirektorium sitzenden Gewerkschaftsfunktionären, - eine
Machtprobe, von der das oberste AMS - Gremium, der Verwaltungsrat, und selbstverständlich
auch die Bundesministerin als oberstes Aufsichtsorgan
Bescheid wissen mußten.
Während dem zuständigen Sozialressort die Fachgewerkschaften als blockierende
Hauptakteure für eine Reorganisation des AMS Wien bekannt waren, äußerte die
Sozialministerin im August 1998 öffentlich ihr Vorhaben, den Landesgeschäftsführer Klaus
Werner durch den Bundesgeschäftsführer Herbert Buchinger zu ersetzen, ein Ansinnen, das
nicht anders zu interpretieren ist, als den Fachgewerkschaften den Rücken zu stärken und
die wahren strukturellen Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu verschleiern und deren Heilung
zu verhindern. Noch deutlicher äußerte sich zuletzt der Wiener Bürgermeister Michael Häupl,
der noch nach der Bestätigung Werners in seinem Amt am 16.2.1999, auf dessen sofortige
Absetzung drängte (APA, 18.2.1999). Abgesehen von den unsachlichen und fehlinformierten
Äußerungen des ÖVP - Klubobmanns Andreas Khol erweisen sich die SozialdemokratInnen
mit ihrem Kniefall vor den Gewerkschaften erneut als die eigentlichen Bremser für eine
Reform der Arbeitsmarktpolitik.
Wie wenig die Gewerkschaftsfunktionäre tatsächlich bereit sind, eine Reorganisation des
AMS Wien mitzutragen, zeigt sich in einem gemeinsamen internen Schreiben von ÖGB und
Arbeiterkammer vom 29.1.1999, in welchem sich die Arbeitnehmervertreter im AMS Wien
ausdrücklich vom Reformkonzept der Landesgeschäftsführung distanzieren und die
Beibehaltung der Fachstruktur einfordern. Damit ist ernsthaft zu befürchten, daß es erst recht
wieder zu keiner Strukturreform des AMS Wien kommen wird. Dies macht nach Ansicht der
unterfertigten liberalen Abgeordneten den Erklärungsbedarf seitens der Sozialministerin
dringlich.
2. Die virtuelle Beschäftigungspolitik der Bundesregierung
“Ich will Beschäftigungskanzler sein”. Mit diesen Worten charakterisierte sich Viktor Klima am
1. Mai 1998, dem Tag der Arbeit, vor dem Wiener Rathaus. Die darauffolgenden Monate
waren jedoch vor allem durch bloße Beschäftigungs - Ankündigungen gekennzeichnet.
Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang
• der fehlgeschlagene Aktionismus der Bundesregierung in der Europäischen
Beschäftigungspotitik während der Zeit der österreichischen Ratspräsidentschaft,
• die Kurzzeitmaßnahmen im Bereich Lehrlingsbeschäftigung sowie
• die zuletzt
angekündigten Programme im Gefolge der Regierungsklausur in Bad Aussee.
Vor Beginn der österreichischen Ratspräsidentschaft hatte der Bundeskanzler noch erklärt,
das vordringlichste Ziel seines Vorsitzes wäre die Beschäftigungspolitik sowie die
Evaluierung der NAP's der einzelnen Mitgliedsländer. Noch knapp vor Beginn des Wiener
Gipfels hatte die Bundesregierung einen vergeblichen Versuch unternommen, einige wenige
Impulse für die Beschäftigungs - Leitlinien 1999 zu setzen. Zur großen Verwunderung vieler,
aber ohne das Scheitern einzugestehen, blieb das Ergebnis des Gipfels dann alles schuldig,
was über ein halbes Jahr lang vom Bundeskanzler versprochen worden war:
• Weder gibt es neue "Beschäftigungspolitische Leitlinien 1999" - sondern die alten von
1998 wurden verlängert,
• noch wurden die NAP‘s der Mitgliedsländer evaluiert. Die Behandlung des
diesbezüglichen Berichts der Kommission wurde vielmehr auf Herbst 1999 verschoben,
vielleicht auch deshalb, weil die Kommission selbst Bedenken an der Aussagekraft des
Berichtes geäußert hatte, da die darin enthaltenen Daten und Statistiken nicht
harmonisiert waren und eine Aussagekraft daher kaum gegeben war.
• Nichts hatte der vor einem Jahr erstellte österreichische NAP ausgesagt über den dafür
notwendigen Weg, nichts über die Zielvorgaben oder die kosten, außer der
Ankündigung, 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze bis 2001 zu schaffen: Peinlicherweise
aber hatte das WIFO zu Jahresanfang 1998 - Monate vor dem NAP - eine Studie mit
dem Titel "Szenario für das Jahr 2001” verfaßt, in welcher die Autoren aufgrund der zu
erwartenden Wirtschaftsentwicklung von 100.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen für
denselben Zeitraum ausgegangen waren - ohne die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht
definierten “Maßnahmen” des NAP berücksichtigen zu können.
• Der NAP hat auch nichts an der Tatsache geändert, daß Österreich unter den EU -
Ländern eines der Schlußlichter ist, was die Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik
betrifft: Nicht einmal 0,5% des BIP werden für diese Aufgabe aufgewandt, die außerdem
nur knapp 10% aller Arbeitslosen überhaupt zugute kommt (Deutschland: 1,5% des BIP).
• Keine konkreten Pläne finden sich im NAP für eine größere Flexibilität der
Arbeitsorganisation, durch Entbürokratisierung gerade bei Klein- und Mittelbetrieben oder
durch die Förderung von Investitionen mit privatem Kapital und Wettbewerb - alles
Vorhaben, die sich andererseits in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 29.
Jänner 1997 durchaus finden.
• Der Anteil der Selbständigen bleibt mit nur 6,6% (EU - Durchschnitt 12,7%) der
niedrigste in der EU,
• die Frauenbeschäftigungsquote stagniert
auf ihrem niedrigen Niveau (bei rund 61%),
• die Arbeitslosenrate von Frauen ist wesentlich höher als jene der Männer und im
Gegensatz zu diesen gestiegen (7,5% gegenüber 6,9%),
• Frauen sind länger und in jüngeren Jahren von Arbeitslosigkeit betroffen.
Der fromme Wunsch der Bundesregierung im NAP, die Arbeitslosenrate (derzeit 4,5% bzw.
7,2%) auf 3,5% bis 2001 zu senken, wurde von Experten wie Karl Pichelmann vom IHS “mit
dem Ziel eines Achtjährigen verglichen, der sagt, er möchte Olympiasieger werden”.
Lehrlingsbeschäftigung:
Im nachhinein machte die Regierung “zusätzliche” 1,8 Mrd S für die Lehrlings - Auffangnetze
locker (Klima: "Nationale Kraftanstrengung”), allerdings auf Kosten vieler Maßnahmen im
Bereich arbeitsloser Frauen oder Langzeitarbeitsloser, deren Programme vielfach
flächendeckend eingestellt wurden. Insgesamt hatte die "Nationale Kraftanstrengung
Lehrlingsoffensive” zur Folge, daß dem AMS bereits im März des Vorjahres die Luft ausging.
Nicht zuletzt wegen der zweckentfremdeten (bereits ATS 7 Mrd.) Milliarden, die jährlich an
die Pensionskassen überwiesen werden, aber auch wegen der für die Lehrlingsförderung
“abgezweigten” Mittel war in fast allen Bundesländern bereits das gesamte Budget vorzeitig
erschöpft. Durch diese Maßnahmen (Lehrgänge und Lehrlingsstiftungen) konnte die Zahl der
Lehrstellensuchenden zwar auf derzeit rund 2.600 Personen gedrückt werden. Keinerlei
Überlegungen wurden aber seitens der Koalition angestellt, was nach Auslaufen dieser
(Not-)Programme in zwei Jahren mit jenen Lehrlingen passiert, die aus den vorübergehend
eingerichteten Lehrgängen ausscheiden, ohne inzwischen eine geeignete Lehrstelle
gefunden zu haben, ganz zu schweigen von den Neuzugängen, die alljährlich den
Lehrstellenmarkt betreten.
Im Ausseer Papier finden sich unter den knapp hundert Vorhaben, deren Umsetzung die
Regierung für die Zeit noch vor den Wahlen ankündigte, 20 Punkte unter dem Titel
"Arbeitslosigkeit bekämpfen”. Damit soll - nachdem 1998 den "Jungen” gegolten hatte - der
Wunsch des Beschäftigungskanzlers erfüllt werden, nunmehr das Jahr 1999 den älteren
Arbeitslosen zu widmen. Obwohl der Bundeskanzler nach eigenen Aussagen nicht
“saldenfixiert, sondern auf Menschen fixiert” ist, seien zwei Prognose - Zahlen des WIFO für
das Jahr 1999 vorausgeschickt:
BIP - Wachstumsrate: 2,3% (wurde bereits nach unten revidiert)
Arbeitslosenquote:
7,1% (wurde im Dezember nach oben revidiert)
Namhafte Experten wie Norbert Geldner vom WIFO werden daher nicht müde zu betonen,
daß die Entscheidung über die Entwicklung des Arbeitsmarkts außerhalb des
Gestaltungsbereichs der Arbeitsmarktpolitik fällt. Trotz der günstigen Entwicklung beim
Beschäftigungszuwachs wird demnach die Arbeitslosigkeit auch 1999 nicht zurückgehen. Da
der Trend zu unkonventionellen Dienstverhältnissen anhalten wird (Geldner), wird es
zusätzlicher Flexibilisierung und einer grundlegenden Anpassung des Sozialsystems
bedürfen, statt neuer Regulierungen, wie von der Regierung in Aussee beabsichtigt:
• Come back - Das Ausmaß der Zahlung von Lohnsubventionen an Betriebe wird erhöht:
Dieses Programm verbraucht enorm hohe Zuwendungen aus der ausschließlich
lohnnebenkostenfinanzierten Arbeitslosenversicherung und überläßt die vorübergehend
Beschäftigten nach Ablauf der Sonderaktion einer ungewissen Zukunft.
• Ähnliches gilt für die “Neuerfindung” der alten Dallinger - "Aktion 8000” (damals für die
Integration 8.000 Beschäftigungsloser in den Arbeitsmarkt eingerichtet) durch Ministerin
Hostasch - nimmt sich als - Aktion 800” allerdings wesentlich bescheidener aus, bekam
dafür allerdings den klingenden Namen NEW START verpaßt.
• “Job - Coaching - Programm” für 40.000 ,,Kurzzeitarbeitslose”, auch das “Klima -
Zusatzprogramm” genannt:
Eine Variation des “Trick 17” des oberösterreichischen AMS - Landesgeschäftsführers
Roman Obrovski, der damit zum Musterschüler bei der Senkung der Zahl der in der
Mindestdauer der Schulungsmaßnahmen auf 29 Tage: Dadurch lassen sich einerseits
mehr Beschäftigungslose in Maßnahmen unterbringen (statistische Schönung der
Arbeitslosendaten), andererseits wird nach 29 Tagen “in einer Maßnahme” jeder
Arbeitslose als Neuzugang gezählt, wodurch in Oberösterreich die Langzeitarbeitslosen -
Rate “erfolgreich” gedrückt werden konnte.
Das “neue” Job - Coaching - Programm fügt sich nahtlos an die Klima - Ankündigung von der
Verdoppelung der KursteilnehmerInnen an (siehe “Trick 17”) und stellt zugleich den
sozialdemokratischen Kotau vor der vom Bürgerblock rund um Andreas Khol und Jörg
Haider stets beargwöhnten “Sozialen Hängematte” dar: Diese Schulungen (350 Mb S
jährlich) werden verpflichtend sein - eine Ankündigung, die angesichts der
unrealistischen Größe von 40.000 Personen (derzeit sind bundesweit pro Jahr 20.000
Menschen in Schulung) bei den Verantwortlichen im AMS bloß Kopfschütteln auslöst.
Immerhin hat der Bschäftigungskanzler damit einen weiteren Nachweis erbracht, daß er
nicht zahlenfixiert ist.
• Frauen: Beihilfen zur Kinderbetreuung wurden angekündigt, um die Wiedereingliederung
zu erleichtern. Derzeit
stellt das AMS für die von der Sozialministerin so propagierte
(aber kaum rezipierte) "Bildungskarenz” jedoch keinerlei Kinderbetreuungseinrichtungen
zur Verfügung - einer der vielen Gründe, weshalb die Regierungsmaßnahmen zur
freiwilligen Arbeitszeitreduzierung nicht gegriffen haben.
• Andere Vorhaben wie der "Pakt für ältere Arbeitnehmer" (geförderte Teilzeitarbeit bei
Aufrechterhaltung des vollen Abfertigungsanspruchs) oder der leichtere Zugang in die
Gleitpension zeichnen sich rundweg dadurch aus, daß kein struktureller Reformgehalt zu
erkennen ist. Vielmehr werden komplizierte und nutzlose Regelungen (Bonus - Malus -
System, Bildungskarenz etc.) weiter verkompliziert, wodurch neben den zusätzlichen
Verwaltungskosten in Betrieben und Behörden ein verständliches Arbeits- und
Sozialrecht ohnedies längst Schimäre geworden ist.
Anstatt sinnvolle Vorschläge aufzugreifen, wie Arbeitskräfte - Pools nach niederländischem
Vorbild gerade für ältere Arbeitnehmer zu schaffen, werden weiterhin öffentliche Budgetmittel
für nutzlose Aktionen ausgegeben. Der einzige Erfolg ist die Verschleierung der wahren
Arbeitsmarkt - Verhältnisse (nach Berechnung der EU - Kommission 3,2% verdeckte
Arbeitslosigkeit), womit sich die SPÖ/ÖVP - Koalition über die Wahlen retten will. Wie wäre es
anders zu erklären, daß nicht nur die "nationale Kraftanstrengung Lehrlingsoffensive”,
sondern auch das "Sonderprogramm zur Absenkung der Arbeitslosigkeit in Wien” eine
Laufzeit von Mai bis Oktober 1999 aufweist, mit dem Ziel, die Arbeitslosigkeit um 5.000
Personen gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres abzusenken.
Der größte Hemmschuh neben dem aus gewerkschaftlichen Partikularinteressen heraus für
Reformen blockierten AMS sind die Sozialversicherungsträger aufgrund der über Jahrzehnte
fehlgelaufenen Sozialgesetzgebung durch die regierungsverantwortlichen Parteien SPÖ und
ÖVP. Neben politischen Willkürakten wie beispielsweise der Schaffung von bereits fünf
verschiedenen Werkvertragsreglungen innerhalb der vergangenen dreieinhalb Jahre sind es
wiederum die entgegenlaufenden Machtinteressen in den ausschließlich proporzbesetzten
Gremien des Sozialversicherungs - Verbandes, die für den Strukturkonservativismus
verantwortlich zeichnen. In dieser Situation verblieb der Verfassungsgerichtshof in jüngster
Zeit als einzige Instanz, um den panikartigen und unbedachten Gesetzeswerken der
Koalitionsregierung einen Riegel vorzuschieben (Teilaufhebung der Werkvertragsregelung,
Aufhebung der Notstandshilfe - Regelung für AusländerInnen - in beiden Fällen sind
allerdings neuerliche Verfahren beim VfGH wegen Gleichheits- und Verfasungswidrigkeit
anhängig).
In diesem nach Ansicht der liberalen Abgeordneten demokratiepolitisch gefährlichen Spiel
mit hohen Erwartungshaltungen in der
Bevölkerung hat die Sozialministerin eine
entscheidende Rolle gespielt. Im Gegensatz zu der bisher geschätzten Bemühung Frau
Hostaschs, im schwierigen Spagat zwischen sozialpartnerschaftlichen Partikularinteressen
und den von wenig sozialer und wirtschaftlicher Kompetenz getragenen Vorschlägen des
kleinen Koalitionspartners ÖVP wenigstens einige sinnvolle Akzente zu setzen, hat die
Bundesministerin in den vergangenen Monaten versagt, dem populistischen Aktionismus des
Bundeskanzlers einen von Kompetenz und Augenmaß getragenen, fachgerechten
Widerstand entgegenzusetzen.
Weiters und vielmehr zeigen die Vorgänge rund um die Reorganisation des AMS,
insbesonders des Wiener AMS, daß die Bundesministerin im Machtstreit zwischen
Strukturreform und gewerkschaftlichen Interessen ihre Funktion als oberstes Ausichtsorgan
nicht wahrgenommen hat, wenn nicht sogar der Blockade seitens der Fachgewerkschaften
durch das Anheizen einer Personaldebatte Vorschub geleistet hat. In dieser Situation und
angesichts der weiterhin besorgniserregenden Arbeitsmarktbefunde stellen die unterfertigten
Abgeordneten daher nachstehende
1. Wieweit sehen Sie sich noch imstande, Ihrer Position als oberstes Aufsichtsorgan des
AMS gerecht zu werden, nachdem Sie im vergangenen November die Ablöse Klaus
Werners durch Herbert Buchinger angekündigt hatten und diese Ankündigung wieder
zurücknehmen mußten, nachdem der in Ihrem Ressort angesiedelte Verwaltungsrat "jetzt
personellen Veränderungen nicht Vorrang” eingeräumt hatte, und welche Schlüsse
ziehen Sie daraus?
2. Wie beurteilen Sie die bisherige Arbeit des Landesgeschäftsführers des AMS Wien
beziehungsweise halten Sie diese für geeignet, das zumindest auf dem Papier
beschlossene Reorganisationsprogramm für das AMS Wien durchzuführen?
3. Welches Gewicht und welche Bedeutung hat es für Sie als oberstes Aufsichtsorgan des
AMS, wenn der Wiener Landeshauptmann die “sofortige Ablösung” des Wiener AMS -
Landesgeschäftsführers fordert - zwei Tage nach dessen Bestätigung durch den in
Ihrem Ressort angesiedelten Verwaltungsrat?
4. Welches Gewicht und welche Bedeutung hat es für Sie als oberstes Aufsichtsorgan des
AMS und als Regierungsmitglied, wenn ihr Regierungskollege Wolfgang Schüssel das
AMS als “Altorganisation” bezeichnet, der Klubobmann Ihres Koalitionspartners Andreas
Khol das AMS als “Spielball sozialistischer und gewerkschaftlicher Interessen”
charakterisiert und Sie auffordert, “Ordnung zu schaffen”? Teilen Sie die Ansicht Khols,
daß im Wiener AMS “arbeitsunfähige und -unwillige Langzeitarbeitslose” vorsätzlich im
Versichertenkreis der Notstandshilfe - BezieherInnen gehalten würden?
5. Wie stehen Sie zu den oftmals geäußerten Überlegungen des Liberalen Forums nach
einer Ausgliederung der Notstandshilfe aus der Arbeitslosenversicherung und deren
Umwandlung in eine grundsicherungsförmige “Bundessozialhilfe”, - durchaus ergänzt
durch die bestehenden Landessozialhilfen?
6. Laut Beschlußantrag für die Reform des AMS Wien, eingebracht in der
Landesdirektoriumssitzung am 26. Jänner 1999, stellt die Dezentralisierung des AMS nur
einen ersten Schritt
zur Kundenorientierung des AMS dar. Weshalb wurden derartige
Maßnahmen nicht schon früher gesetzt, nachdem eine Reihe von Vorschlägen aus Ihrem
Hause und dem AMS bereits vorgelegen sind?
7. Wie stehen Sie in diesem vorgenannten Zusammenhang (Frage 6) zum Konzept Klaus
Werners Langfristige Standort- und Organisationsplanung” vom August 1996 sowie zu
dessen Analyse- und Konzeptbericht von 1998, welche sämtlich seitens Ihrer
KollegInnen aus der Gewerkschaft abgelehnt worden waren?
8. Die Ergebnisse aus der Analyse von “Fokus” decken sich mit der im März 1998 im AMS
Wien präsentierten Schnittstellenanalyse sowie einem neuerlichen, im Mai 1998
vorgelegten Reorganisationskonzept. Vor zwei Tagen hatten Sie indes noch im “Kurier”
geäußert, Sie hätten die Schweizer Studie noch nicht gelesen, obwohl der 186 - seitige
Zwischenbericht das Datum 21. Dezember 1998 trägt. Ist Ihnen die ,,Fokus” - BVS - Analyse
mittlerweile bekannt? Wenn ja, seit wann (Datum und Kalenderwoche) und wie beurteilen
Sie diese und welche Schlußfolgerungen für Ihre politische Arbeit ziehen Sie daraus?
9. Sind Sie für eine Beibehaltung der “Positiven Elemente der Fachstruktur”, also der
Facharbeitsämter auch in einem “reformierten” AMS Wien, wie dies die Gewerkschaften
und die Arbeiterkammer verlangen? Wenn ja, warum; - und weshalb benötigen die
restlichen acht Landes - AMS eine derartige fachgewerkschaftliche Struktur bereits seit
über 20 Jahren nicht mehr?
10.Teilen Sie die Meinung der Gewerkschaften und der Arbeiterkammer, daß
Fachstrukturen erforderlich sind, weil “Wien eben anders” sei? Wie beurteilen Sie in
dieser Hinsicht die Aussage der “Fokus” - Analyse: “Wien ist nicht anders, nur größer”?
11.Was sind nach Ihrer Ansicht die Gründe für die jahrelange Verzögerung von
Reformmaßnahmen im AMS Wien? Gibt es im Bereich der Bundesgeschäftsstelle
ähnliche Vorarbeiten, wie sie bereits seit Jahren in der Landesgeschäftsführung Wien
existieren?
12.Wie viele der neun Landesgeschäftsführer (plus dem Bundesgeschäftssführer) sind
Mitglieder einer politischen Fraktion innerhalb der Gewerkschaft? Stellt es nach Ihrer
Ansicht ein Hindernis für die Fortsetzung einer AMS - Geschäftsführertätigkeit dar, wenn
ein
Landesgeschäftsführer seine Fraktionsmitgliedschaft zurücklegt?
13. Wie stehen Sie zur Förderung jener ÖVP - nahen Arbeitgebervertreter im AMS, die den im
kommenden Jahr frei werdenden Posten des Tiroler Landesgeschäftsführers explizit mit
einem Christgewerkschafter bzw. ÖVP - Mitglied besetzen wollen?
14. Der private Arbeitsvermittler "Social Act” gab erst dieser Tage öffentlich bekannt, daß er
im Land Vorarlberg bereits seit 1 1/2 Monaten einen Hilfsarbeiter suche (Vorarlberg: 8.285
Arbeitslose, Stand Jänner 99). Bereits seit Jahren klagen private Vermittler, daß sie von
Informationsflüssen abgeschirmt seien und es keine Kooperation seitens des AMS gebe.
Gedenken Sie gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister die bürokratischen Hindernisse
für diesen Berufsstand abzubauen (Exklusiv - Gewerbe, Prüfungen beim BMAGS für alle
MitarbeiterInnen, Verbot des Arbeitsverleihs etc.) sowie sich beim AMS für eine
weitreichende Zusammenarbeit mit den privaten Anbietern einzusetzen?
15. Wie stehen Sie zu den einzelnen Maßnahmen, die der Bundeskanzler in den
vergangenen Monaten angekündigt hat:
• Job - Coaching - Programm (verpflichtende Sofortschulungen für 40.000 Arbeitslose)
• Verdoppelung der Schulungsmaßnahmen
• Maßnahmen für ältere Arbeitslose,
und halten Sie diese Maßnahmen für realistisch und vom AMS, bzw. Ihrem Ressort
leistbar?
16. Wie viele Arbeitslose befinden sich gegenwärtig jeweils nach Bundesland aufgegliedert in
Schulungsmaßnahmen, und wie viele dieser Maßnahmen haben eine Laufzeit zwischen
29 und 45 Tagen?
17. In den vergangenen Monaten entstand zunehmend der Eindruck, daß Ankündigungen
diverser Beschäftigungsaktionen durch den Bundeskanzler bisweilen unkoordiniert mit
Ihrem Ressort und einseitig aus dem Bundeskanzleramt oder überhaupt gleich aus der
Feder des Bundesgeschäftsführers der SPÖ Andreas Rudas stammen. Läuft die
Informations-, Fakten- und Saldenbeschaffung für das Bundeskanzleramt nach wie vor
über Ihr Ressort, oder erfolgt die Konzeption neuer Beschäftigungsprogramme im
Bundeskanzleramt weitgehend unabhängig?
18. Bei medialen Auftritten stellen Sie immer wieder die Beschäftigung von Frauen in den
Vordergrund. Die "Job - Offensive für Frauen” soll 16.000 Frauen einen Arbeitsplatz
aufgrund von
AMS - Qualifizierungsmaßnahmen bringen. Nach welchen Kriterien wird die
Umsetzung erfolgen? Welche Zwischenschritte können Sie konkret nennen? In welchem
Zeitraum ist mit der Erfüllung der Ankündigung zu rechnen?
19. Neben der Joboffensive für Frauen ist auch die Lehrlingsoffensive eines der Beispiele
des Ankündigungspopulismus der Regierung. Insbesondere weibliche
Lehrstellensuchende sind von fehlenden strukturellen Weichenstellungen betroffen.
Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um junge Frauen für nicht - traditionelle
Lehrberufe zu motivieren? Welche Unterstützungsmöglichkeiten planen Sie für Betriebe,
um auch diese verstärkt nicht nur zu motivieren, sondern auch Schwierigkeiten während
der Lehre für beide Beteiligte auszuräumen - der Gleichbehandlungsbericht listet auf,
daß in 77 Betrieben interveniert werden mußte - ?
20. Welche Maßnahmen planen Sie, um dem von Wirtschaftsforschungsinstituten
aufgezeigten Widerspruch zwischen den Maßnahmen für spezielle Zielgruppen -
Lehrlinge, Frauen, ältere Arbeitskräfte - entgegenzuwirken?
21. Frauenprojekte, wie "Mira" oder "Kassandra", klagen über Mittelkürzungen und
Streichungen aufgrund des Lehrlingsschwerpunktes der Regierung. Welche
frauenpolitischen Gegenstrategien planen Sie in den künftigen Regierungssitzungen
durchzusetzen?
22. Mangelnde Qualifikation und fehlende Kinderbetreuung sind die Hauptgründe für
Beschäftigungslosigkeit von Frauen, insbesondere für Wiedereinsteigerinnen nach einer
Betreuungspause. Die Möglichkeit der Bildungskarenz kann ebenfalls aufgrund fehlender
Kinderbetreuungsangebote nicht genutzt werden. Welche Maßnahmen sind seitens Ihres
Ressorts vorstellbar, um die Bildungskarenz auch für Frauen mit Betreuungspflichten zu
ermöglichen?
23. Gemeinsam mit Ministerin Prammer haben Sie angekündigt, Frauen, die sich selbständig
machen wollen, zu unterstützen. Sie haben weiters ein Gründerinnenprogramm des AMS
vorgestellt - ein Programm, das jedoch ausschließlich registrierten Arbeitslosen
offensteht. Weiters wurde die Einrichtung und der Ausbau von speziellen
Gründerinnenberatungsstellen versprochen - statt zusätzliche Beratungsstellen zu
schaffen, müssen tatsächlich jedoch die bestehenden um ihr Überleben kämpfen.
Welche Schritte
planen Sie, um Frauen den Weg in die Selbständigkeit zu ermöglichen?
24. Kurz vor dem Ausseer - Gipfel hatte die SPÖ medial verkündet, Ministerien sollten nur
noch Aufträge an Firmen vergeben, die frauenfreundlich und frauenfördernd sind. Nach
der Klausur war davon nichts mehr zu hören. Wurde diese Forderung schubladisiert oder
ist mit einer modifizierten Fassung zu rechnen?
25. Alle Punkte aus dem sogenannten ‚kleinen Familienpaket‘ - Flexibilisierung der
Karenzzeit und der Meldefristen, eigenständiger Anspruch des Vaters, erhöhtes
Karenzgeld für Alleinerzieherinnen auch ohne Angabe des Vaters, Teitzeitkarenz - sind
bislang nicht verwirklicht. Bis zu welchem Zeitpunkt ist mit der Umsetzung zu rechnen?
Werden Sie sich persönlich dafür einsetzen, diese - übrigens bereits von den Liberalen
in Antragsform eingebrachten Forderungen auch ohne Mitwirkung des
Koalitionspartners noch in dieser Legislaturperiode einzubringen?
26. Wie stehen Sie heute zu Ihrem Vorschlag, berufstätigen Großmüttern und Großvätern die
Möglichkeit zu geben, sich zur Betreuung ihrer Enkelkinder drei Monate karenzieren zu
lassen? Halten Sie diesen Vorschlag nach wie vor für ein geeignetes Instrument? Für
welche Maßnahmen werden Sie persönlich eintreten, damit die Betreuungssituation
insbesondere in den Bundesländern durch ein verbessertes und flexibleres Angebot
Kinderbetreuungseinrichtungen entschärft wird?
27. Den MitarbeiterInnen des AMS wird von Betroffenen immer wieder vorgeworfen, in
frauenspezifischen Anliegen nicht ausreichend geschult zu sein. Sehen Sie ebenfalls die
dringende Notwendigkeit für eine Qualifikationssteigerung im Bereich Beratung für
Arbeitsuchende durch BeraterInnen - Schulungen des AMS?
28. Die mit der Durchführung von psychologischen und fachlichen Tests beauftragte Firma
Ratio GmbH hat trotz heftiger Proteste, die auch Gegenstand einer parlamentarischen
Initiative des Liberalen Forum waren, am 1.1.1999 den Betrieb ihres Testinstituts
aufgenommen. Laut Ihren eigenen Aussagen wurde der psychologische Teil jedoch bis
zur Zustimmung der Datenschutzkommission sistiert.
a) Sind die psychologischen Testungen nach wie vor sistiert oder ist eine derartige
Zustimmung mittlerweile erfolgt bzw. hat die Datenschutzkommission hinsichtlich der
Psycho - Tests Bedenken geäußert - wenn ja, wie lauten diese?
b) Sie selbst haben derartige psychologische Testungen als nützlich bezeichnet (vgl.
4619/AB). Sollte eine Zustimmung der Datenschutzkommission noch nicht erfolgt
sein, kann die Firma Ratio seit nunmehr zwei Monaten einen guten Teil der an sie
gestellten Aufgaben nicht erfüllen.
i) Wieviele Testungen wurden seit dem 1.1.1999 von der Firma Ratio durchgeführt?
ii) Wie beurteilen Sie den Nutzen dieser Tests, sofern der psychologische Teil nach
wie vor nicht durchgeführt werden sollte?
iii) Bleibt der finanzielle Gesamtaufwand an das Testinstitut unverändert mit ATS
14,154.000,- (EUR 1,028.611,-) budgetiert?
29. Angesichts einer allgemein geforderten Transparenz der Arbeitsmarktdaten: Wie erklären
Sie trotz der Möglichkeiten elektronischer Erfassung den Umstand, daß in den AMS -
Arbeitsmarktdaten vom Jänner 1999 zwar eine aktuelle Zahl der gemeldeten
Arbeitslosen vorliegt (300.612), allerdings im selben Bericht alle wesentlichen Daten über
die Zahl der Leistungsbezieher vom Oktober des Vorjahres stammen (197.840)?
In formaler Hinsicht wird vor Eingang in die Tagesordnung die Durchführung der Debatte
zum frühestmöglichen Zeitpunkt verlangt.