6026/J XX.GP

 

                                                               ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Brauneder, Dr. Grollitsch und Kollegen

an den Bundesminister für Landesverteidigung

betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform.

 

Die Einführung der neuen deutschen Rechtschreibung mit 1. August 1998 beruht auf einer

politischen Absichtserklärung der bundesdeutschen Kultusminister, der österreichischen

Unterrichtsministerin und anderer Repräsentanten des deutschen Sprachraumes; sie ist -

zumindest in Österreich - gesetzlich nicht verankert. Nach dem im Art 18 B-VG festgelegten

„Legalitätsprinzip“ darf die „gesamte staatliche Verwaltung ... nur aufgrund der Gesetze

ausgeübt werden“. Die Rechtsverbindlichkeit des neuen Regelwerkes im Bereich der

staatlichen Verwaltung beruht aber ausschließlich auf Verordnungen einzelner Ministerien in

und für deren Wirkungsbereich. Es erhebt sich somit die Frage, welches Gesetz mit diesen

Verordnungen vollzogen werden soll.

 

Die neue Rechtschreibung ist zudem höchst umstritten - die angesehene Deutsche Akademie

für Sprache und Dichtung in Darmstadt etwa ortet „unnötige Widersprüchlichkeiten“ und

„evidente Dummheiten“ im neuen Regelwerk. Es gibt, je nach Verlag, verschiedene

Auslegungen des Reformwerkes. Entsprechend groß ist die Verunsicherung nicht nur

innerhalb der Bevölkerung, sondern auch unter Lehrenden und Lernenden der deutschen

Sprache im Ausland. Die mangelnde Akzeptanz und der Widerstand sind so groß, daß in

einigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland - z. B. in Schleswig Holstein - erfolgreiche

Volksentscheide die Reform außer Kraft gesetzt haben.

 

Die deutsche Sprache ist in Österreich nach Art 8 B-VG verfassungsrechtlich bundesweit als

Staatssprache und somit als Amtssprache festgelegt. Aufgrund der zitierten

Auslegungsunterschiede herrscht seit der Einführung der neuen deutschen Rechtschreibung

Unklarheit bzw. keine Einigung darüber, was denn nun die deutsche Sprache sei. Der Vollzug

des neuen Regelwerkes ist somit nicht gleichbedeutend mit der deutschen Sprache, so daß die

Frage im Raum steht, ob die entsprechenden Verordnungen verfassungskonform sind gemäß

Art 8 B-VG.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Landesverteidigung

folgende

 

 

                                                                              Anfrage

 

1.   Gibt es Verordnungen zur rechtsverbindlichen Einführung der neuen Rechtschreibung?

      Wenn ja, welche?

 

2.   Welches Gesetz wird gemäß Art. 18 B-VG ("Legalitätsprinzip") durch diese vollzogen?

 

3.   Was bedeutet „deutsche Sprache“ im Sinne des Art. 8 B-VG?

4.   Ist „deutsche Sprache“ im Sinne des Art. 8 B-VG mit der neuen Rechtschreibung

      vereinbar?

 

5.   Sehen Sie im Zusammenhang mit der Inkraftsetzung der Rechtschreibreform per

      Verordnung für den amtlichen Verkehr eine Mißachtung des „Legalitätsprinzips“ im Sinne

      des Art 18 B-VG?

      Wenn ja, gedenken Sie diesen rechtswidrigen Zustand zu beenden?

      Wenn nein, weiche Rechtsmeinung vertreten Sie?

 

6.   Läßt sich das neue Regelwerk mit der „in der Sprachgemeinschaft gewachsenen und von

      der Bevölkerung allgemein anerkannten traditionellen Rechtschreibung“ vereinbaren?

      Wenn ja, inwiefern?

 

7.   Es gibt, je nach Verlag, verschiedene Auslegungen des Reformwerkes.

      Welche Auslegung durch welchen Verlag ist für den amtlichen Verkehr rechtsverbindlich?

 

8.   Sind Sie bereit, die Rechtschreibreform gesetzlich zu verankern?

      Wenn ja, mit oder ohne Berücksichtigung der umfassenden Kritik am Regelwerk?

      Wenn nein, warum nicht?

 

9.   Gibt es statistische Untersuchungen über die Akzeptanz der neuen Rechtschreibreform

      innerhalb der österreichischen Bevölkerung?

      Wenn ja, wie sind sie ausgefallen?

 

10. Sind Ihrem Ressort schriftliche oder mündliche Beschwerden betreffend die Anwendung

      der Rechtschreibreform im amtlichen Schriftverkehr bekannt?

      Wenn ja, welchen Inhalt haben sie?

 

11. Ist Ihnen die Kritik der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt an

      „unnötigen Widersprüchlichkeiten“ und „evidenten Dummheiten“ der Rechtschreibreform

      bekannt?

      Wenn ja, wie stehen Sie zu diesen?

 

12. Besagte Akademie für Sprache und Dichtung spricht auch von „brauchbaren Ansätzen“ in

      der neuen Rechtschreibung.

      Sind Sie bereit, mit den Kritikern und Experten in einen konstruktiven Dialog zu treten

      und eine neuerliche Diskussion über sinnvolle Änderungen bzw. Adaptionen zu führen?

      Wenn ja, mit wem und in welcher Weise?

      Wenn nein, warum nicht?

 

13. Sind Sie bereit, vor einer gesetzlichen Verankerung der Rechtschreibreform solche

      Änderungen bzw. Anpassungen zu berücksichtigen?