6263/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Volker Kier, Klara Motter und PartnerInnen
an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales
betreffend Psychotherapie auf Krankenschein
1991 hat der Nationalrat mit der 50. ASVG - Novelle beschlossen, daß die
psychotherapeutische Hilfe der ärztlichen gleichgestellt wird. Seit 1992 haben die
Krankenkassen den gesetzlichen Versorgungsauftrag, die Psychotherapie für
Anspruchsberechtigte zugänglich zu machen. Gleichzeitig mit der 50. ASVG - Novelle wurde
der Beitragssatz angehoben und damit den Sozialversicherungsträgern die nötigen Mittel zur
Verfügung gestellt. Nach 8 Jahren Verhandlungen erfüllen die Krankenkassen diese
Verantwortung noch immer nicht.
Anstelle der in der 50. ASVG - Novelle veranschlagten 600 Millionen Schilling pro Jahr
werden tatsächlich nur 250 Millionen Schilling zur psychotherapeutischen
Krankenbehandlung ausgegeben. Dagegen betragen die Kosten für Psychopharmaka bereits
eine Milliarde Schilling, mit Steigerungsraten bis zu 20 Prozent jährlich. Durch rechtzeitige
psychotherapeutische Behandlung - viele Krankheiten entwickeln sich langfristig - könnten
Ausgaben für ÄrztInnen, Spitalsaufenthalte und Medikamente gespart werden. Die Kosten für
eine flächendeckende psychotherapeutische Versorgung werden auf 600 bis 800 Millionen
Schilling pro Jahr geschätzt.
Statt dessen bekommt jeder Patient und jede Patientin, der/die einen der österreichweit etwa
1500 bis 1800 niedergelassenen PsychotherapeutInnen aufsucht, einen Zuschuß der
Krankenkasse von nur 300 Schilling, den die Kassen nach eigenem Ermessen festgelegt
haben. Dies ist juristisch umstritten. Dieser Zuschuß deckt etwa nur 40 Prozent der
tatsächlichen Kosten für den/die PatientIn. Die Folge ist, daß dem Großteil der Menschen, die
eine Psychotherapie bräuchten, sie sich aber nicht leisten können, diese Behandlung verwehrt
bleibt.
Seit der Festlegung eines Zuschusses von 300 Schilling pro Behandlung durch die
Krankenkassen im Jahr 1992 haben sich die Behandlungskosten für PatientInnen praktisch
ständig erhöht, weil keine Anpassung dieses Zuschusses an die Inflation erfolgte.
Psychotherapie - PatientInnen, die versichert sind, haben von beiden Aspekten einer
Krankenversicherung den Nachteil: Sie sind zwangsversichert und haben dennoch nicht den
Zugang zu einer optimalen Behandlung.
Nach den uns vorliegenden Rechtsauskünften ist die derzeit gültige Zuschußregelung unter
den gegebenen Umständen insgesamt fragwürdig. Bei der bevorstehenden Tagung
„Psychotherapie und Recht“ in Salzburg (7./8. Mai 1999) wird diese Frage eingehender
diskutiert werden. Die Antragsteller erwarten daher, daß die Ergebnisse bei der
Anfragebeantwortung berücksichtigt werden.
Andererseits leisten teilweise Länderkrankenkassen (z.B. in Salzburg) einen nicht der 50.
ASVG - Novelle entsprechenden höheren „Zuschuß“ für ähnliche allerdings nicht den im
Gesetz vorgesehenen Qualitätskriterien für Psychotherapie unterworfenen - Leistungen von
Ärzten (Psy III Diplome), was - abgesehen von der immer noch ungeklärten Frage der
Gleichwertigkeit von gesetzlicher Psychotherapieausbildung und PSY III Diplomen - auf alle
Fälle eine
deutliche Ungleichbehandlung darstellt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang an die Bundesministerin
für Arbeit, Gesundheit und Soziales folgende
ANFRAGE
1. Wie werden die ca. 250 Millionen Schilling für die psychotherapeutische
Krankenbehandlung von den Kassen ausgegeben (Aufschlüsselung nach Bundesländern
sowie Zuschüssen an PatientInnen sowie Vereinen, bitte nennen Sie die Vereine
namentlich und die Höhe der Zuschüsse)?
2. Wie wird ihr Einsatz für psychotherapeutische Krankenbehandlung von den
Krankenkassen kontrolliert (Zweckwidmung)?
3. Verlangen die Krankenkassen von den PsychotherapeutInnen, die in den Vereinen die
psychotherapeutische Krankenbehandlung durchführen, spezielle Zusatzqualifikationen,
zum Beispiel spezielle psychiatrische Erfahrungen? Wenn ja, welche?
4. Im Jahr 1994 wurden die Krankenkassenbeiträge unter anderem mit dem Argument,
Psychotherapie auf Krankenschein bezahlen zu müssen, angehoben. Die
Berechnungsbasis waren die 600 Millionen Schilling pro Jahr Ihres Ministeriums. Was ist
seither mit diesem Geld (immerhin insgesamt ca. 2 Milliarden Schilling), soweit es nicht
in die psychotherapeutische Krankenbehandlung (ca. 250 Millionen Schilling pro Jahr)
geflossen ist, geschehen?
5. Wieviel Anträge auf Rückerstattung von Psychotherapiekosten wurden seit 1992 gestellt?
6. Wie gliedern sich diese Kosten nach a) Bundesland, b) Jahren 1992 - 1999, c)
Diagnosegruppen nach ICD 9?
7. Wieviele Anträge wurden abgelehnt und mit welcher Begründung (inklusive der
Kodierung nach ICD 9)?