6283/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Petrovic, Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit & Soziales
betreffend geschlechtsspezifische Auswirkungen von Leistungen der Krankenkassen
Die Krankenkassen übernehmen nur jene Krankenbehandlungen zur Gänze, bei denen
zwischen ihnen und der Gruppe der behandelnden Personen eine entsprechende
Vereinbarung existiert (Gesamtvertrag). Mit bestimmten Gruppen bestehen solche
Gesamtverträge derzeit nicht, was bedeutet, dass die Kosten für deren Behandlungen den
Versicherten nicht oder nur zu einem geringen Teil von der Krankenkasse rückerstattet
werden. Dies betrifft insbesondere die Gruppe der PsychotherapeutInnen. Nichtdestotrotz
sind diese Behandlungen Krankenbehandlungen im Sinne des ASVG, das heißt, sie dienen
der Behebung eines „regelwidrigen Körper - oder Geisteszustandes“ (Definition der
Krankheit in § 120 Abs. 1 Z. 1 ASVG), sind zweckmäßig und im Rahmen des
Notwendigen. Gerade diese Krankenbehandlungen werden in überwiegendem Maße von
Frauen in Anspruch genommen.
Durch die 50. ASVG - Novelle 1991 wurde die psychotherapeutisch Behandlung sogar vom
Gesetzgeber ausdrücklich der ärztlichen gleichgestellt und somit der Auftrag zum Abschluss
eines Gesamtvertrages erteilt. Dieser existiert jedoch bis heute nicht.
Auch die behandelnden Personen in den genannten Bereichen sind in der überwiegenden
Anzahl Frauen. Durch das Nichtbestehen eines Gesamtvertrages mit den Krankenkassen
sind sie in einer prekären beruflichen Situation.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wieviele Personen - getrennt nach Geschlecht - haben in den Jahren 95, 96, 97 und 98
um Ersatz für psychotherapeutische Behandlung bei der Krankenkasse angesucht?
Wieviele Einheiten Psychotherapie haben sie pro Jahr - wieder getrennt nach
Geschlecht - in Anspruch genommen und wieviel davon wurde von der Krankenkasse
zurückerstattet?
2. Ausgehend von Frage 1: Wieviel Geld mussten diese Personen (getrennt nach
Geschlecht) für Psychotherapie in den genannten Jahren aus der eigenen Tasche
bezahlen?
3. Ist in Ihren Augen Psychotherapie eine vollwertige Krankenbehandlung im Sinne des
ASVG? Wenn ja, warum werden die Kosten für psychotherapeutische Behandlung bis
heute nicht komplett von den Krankenkassen getragen?
4. Wie erklären Sie den Sozialversicherten, dass ihre Krankenversicherung, für die jede/r
Versicherte Beiträge bezahlt, notwendige psychotherapeutische Krankenbehandlungen,
obwohl bereits seit Jahren als solche gesetzlich anerkannt, nicht übernimmt?
5. Finden Sie es in Ordnung, dass psychotherapeutische Krankenbehandlung in
Österreich eine Frage der finanziellen Möglichkeiten ist und daher nur von sozial
Privilegierten in Anspruch genommen werden kann?
6. Wie hoch ist der freiwillige Zuschuss der Krankenkassen für
Psychotherapiebehandlungen? Wird hier danach differenziert, ob der/die behandelnde
TherapeutIn im Grundberuf Arzt/Ärztin ist oder nicht?
7. Im Psychotherapiegesetz ist die Qualifikation der TherapeutInnen ausdrücklich
gesetzlich geregelt. Wieso fordern die Krankenkassen darüberhinausgehende
Qualifikationen für PsychotherapeutInnen, um die von ihnen durchgeführten
Krankenbehandlungen finanziell zu übernehmen?
8. In den einzelnen Bundesländern sind die Zuschüsse zur psychotherapeutischen
Behandlung unterschiedlich hoch. Wie hoch ist der Zuschuss in jedem Bundesland und
welcher Erklärung gibt es für diese Unterschiede?
9. Wieviele eingetragene Psychotherapeuten (Männer) und Psychotherapeutinnen
(Frauen) gibt es derzeit?
10. Woran liegt es genau, dass zwischen den Sozialversicherungsträgern und den
PsychotherapeutInnen kein Gesamtvertrag existiert?
11. Vom ÖBVP (Österr. Bundesverband für Psychotherapie) wurde im Dezember 1998
ein Kompromissvorschlag für einen Gesamtvertrag vorgelegt, der die meisten
Kriterien der Krankenkassen anerkennt. Wieso reagierte der Hauptverband nicht auf
diesen Vorschlag?
12. 1992 wurden die Sozialversicherungsbeiträge erhöht, um die Mehrausgaben für die
(damals in Kürze erwarteten) Kosten für psychotherapeutische Behandlungen abdecken
zu können. Zu diesen Ausgaben ist es aber - mangels Gesamtvertrag mit den
PsychotherapeutInnen - bis heute nicht gekommen. Wo ist dieses Geld hingeflossen?