6287/J XX.GP
der Abgeordneten Langthaler, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
betreffend Schulwettbewerb Biotechnologie und Gentechnik
Das Forum Biotechnologie startete unter anderem in Kooperation mit der ARGE Biolehrer
(der Bundesländer Niederösterreich, Burgenland, Kärnten, Steiermark und Salzburg) ein
Schulprojekt „In die Zukunft mit Biotechnologie & Gentechnik“. Als Begründung für dieses
Projekt wird das Ziel der umfassenden und sachlichen Information angegeben, um das
Verständnis und die Akzeptanz für die Anwendung der Bio - und Gentechnologie zu
erhöhen. Die Initiative „Forum Biotechnologie“ wird von den Unternehmen AgrEvo,
Monsanto, Novartis und Pioneer sowie dem Fachverband der Nahrungs - und
Genußmittelindustrie getragen.
Betrachtet man die Unterlagen der Gentech - Industrie zu diesem Schulprojekt etwas genauer,
so findet man darin keine kritische bzw. kontroversielle Auseinandersetzung mit diesem
Thema. Im Gegenteil es werden fortlaufend nur die Vorteile und die Zukunftschancen der
Gentechnik angepriesen. Aus Sicht der Grünen ist es unverantwortlich, daß die Schulen als
Tummelwiese für Getechniklobbyisten mißbraucht werden!
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Ist Ihnen dieser Schulwettbewerb des Forum Biotechnologie "In die Zukunft mit
Biotechnologie&Gentechnik“ bekannt und kennen Sie deren wesentlichen Inhalte?
2. Wie stehen Sie als zuständige Ministerin zu einer derartigen Initiative eines
europaweit umstrittenen Industriezweiges, der offensichtlich und ohne
Geheimniskrämerei Werbung an den österreichischen Schulen für Gentechnik machen
möchte?
3. Ist Ihnen das Forum Biotechnologie bekannt und wie würden Sie diesen
Zusammenschluß bezeichnen?
4. Verstehen Sie unter dem Forum Biotechnologie eine unabhängige, keine Interessen
vertretende Organisation?
5. Wie können Sie sicherstellen, daß im Zuge dieses Projektes keine einseitige
Beeinflussung der
Schülerinnen und Schüler an Österreichs Schulen erfolgen wird?
6. Aus einem Inserat im „Standard“ vom 13. April dieses Jahres ist zu entnehmen, daß
die Veranstaltungen zum Schulprojekt in den betreffenden Bundesländern von Herrn
Prof. Erwin Heberle - Bors durchgeführt werden. Prof. Heberle - Bors ist aufgrund der
Gentechnikdebatte den letzten Jahren als einer der heftigsten Befürworter des
Einsatzes der Gentechnik auch in den Bereichen Landwirtschaft und
Lebensmittelherstellung aufgetreten. Prof. Heberle - Bors hat sich in diesem
Zusammenhang immer wieder mit Industrielobbyisten als Speerspitze der
Gentechnikbefürworter präsentiert. Die zahlreichen Veranstaltungen und die darin
getätigten Äußerungen, haben Prof. Heberle - Bors in den letzten Jahren als äußerst
unkritischen Befürworter der Gentechnik erscheinen lassen. Prof. Heberle - Bors ist aus
unserer Sicht ebenfalls kein unabhängiger Experte, der wertfrei oder sachlich neutral
Schülerinnen und Schüler über Risiken und Nutzen der Gentechnik informieren wird.
Wie vertreten Sie, daß ein Experte, der sich immer wieder defacto als
Gentechniklobbyist betätigt hat Schülerinnen und Schüler über den Einsatz der
Gentechnik informiert?
7. Wie stehen Sie zu folgenden „ausgewogenen“ Aussagen aus den Materialien zu
diesem Schulprojekt (dabei handelt es sich wirklich nur um eine kleine Auswahl von
Zitaten):
Seite 12:
„Wir stehen heute an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter. Die Bio - und
Gentechnologie gilt heute als Schlüsseltechnologie zum Erhalt und zur Sicherung
unserer Lebensgrundlagen. Während die USA als Vorreiter der neuen Technologie
gilt, war die kommerzielle Anwendung in Österreich noch nicht möglich. Die
Gentechnik ist heute schon Alltag und wird sowohl im medizinischen als auch im
landwirtschaftlichen Bereich bereits zum Wohle des Menschen und zum Nutzen der
Umwelt eingesetzt.
Seite 17:
„In den letzten 70 Jahren hat es drastische Veränderungen im Bereich unserer
Ernährung gegeben. Heute können Lebensmitteln neue, erwünschte Eigenschaften
mitgegeben werden. Die Biotechnologie und die Gentechnik bieten hier eine große
Zahl von Möglichkeiten.“
Seite 19:
„Viele Verbraucher sind heute erstaunt und auch erschreckt, wenn sie erfahren, wie
Lebensmittel heute hergestellt werden, und dies auch ganz ohne Gentechnik. Obwohl
es gerade die Hochtechnologie ist, die erst die ganzjährige und preiswerte
Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger und sicherer Lebensmittel möglich macht.
Hierzu zählt besonders der Einsatz von Enzymen und Mikroorganismen in
fermentierten Lebensmitteln, wie z. B. in Sauermilchprodukten, alkoholischen
Getränken,
Backwaren, etc..“
Seite 21:
„Von der Anwendung der bio- und gentechnologischen Methoden in der Tierzucht
erhofft man sich eine Reihe von positiven Auswirkungen. Dazu zählen die
Verbesserungen im Umweltschutz sowie ökonomische Vorteile der Landwirte. Nicht
zuletzt wird damit auch ein Beitrag zur Bekämpfung des Hungers in der Welt
geleistet.“
Seite 24:
„In der Tierzucht könnten mittels Gentransfer vor allem auf den Gebieten Qualitäts -
verbesserung tierischer Produkte und Krankheitsresistenz Fortschritte erzielt werden.
Die gentechnischen Methoden verändern die Zuchtarbeit grundsätzlich. Mit diesen
Methoden wird versucht, genauso wie bei der klassischen Zucht, die Eigenschaften
der Tiere nach den Wünschen der Züchter und zum Nutzen der Verbraucher zu
beeinflussen.“
Seite 29:
„Die Methoden der Biotechnologie einschließlich der Gentechnik sind eine ideale
Ergänzung zur klassischen Pflanzenzüchtung. Die „indirekte“ Lind die „direkte“
Genübertragung sind die beiden prinzipiell verschiedenen gentechnischen Methoden,
die heute in der Pflanzenzucht verwendet werden. Sie ermöglichen, durch gezielte und
systematische Arbeit direkt an der Erbinformation der Pflanzen, den
Züchtungsfortschritt erheblich zu beschleunigen.“
Seite 30:
„Der gentechnisch veränderte Bauplan einer Pflanzenzelle sorgt dafür, daß Pflanzen
gegen Unkrautvernichtungsmittel, Viren, Bakterien, Pilze sowie Schädlinge resistent
sind, nicht zu faulen beginnen oder besonders gesundheitsfördernde Stoffe enthalten.
Aber auch zur qualitativen Verbesserung von Pflanzen und Mikroorganismen durch
Steigerung des Gehalts oder durch Veränderung von Inhaltsstoffen wie Proteinen oder
Fettsäuren, wird die Gentechnik eingesetzt. Außerdem können neue diätische
Lebensmittel entwickelt sowie mikrobielle Risiken vermindert werden.“
„Die Gentechnik mit all ihren Teilgebieten kann in Zukunft einen wichtigen Beitrag
zur Okologisierung der Landwirtschaft leisten. Der Einsatz der Gentechnik verdient
deshalb in der Pflanzenzüchtung die gleiche breite Akzeptanz wie in der Medizin.“
Seite 37:
„Der Nutzen und Schutz für den Konsumenten:
Noch steht der Nutzen für den Landwirt im Vordergrund, langfristig ist aber mit
innovativen Produkten und neuem Food - Design zu rechnen. Gentechnisch veränderte
Lebensmittel und deren landwirtschaftliche Vorprodukte unterliegen mehrstufigen
Prüfungsverfahren. Die nach konkreter Einzelprüfung zugelassenen genmodifizierten
Pflanzen und Produkte können mit der nötigen Sicherheit als für den Konsumenten
unbedenkliche Lebensmittel gelten.“
Seite 39:
„Die heute und auf nähere Sicht in der EU zugelassenen genmodifizierten Produkte
(vorwiegend mit
Resistenzen ausgestattete, konventionelle Pflanzen) ergeben in den
daraus hergestellten Lebensmitteln zunächst keine greifbaren Produktvorteile für den
Konsumenten“
Etwaige Kosten - und Preisvorteile wären ebenfalls erst zu realisieren. Auch auf der
Ebene Lebensmitteltechnologie und Zusatzstoffe ergeben sich mit wenigen
Ausnahmen (,,Vegetarian“cheese in UK) noch keine markanten
Produktveränderungen.
Nach einer ersten Entwicklungsphase der Gentechnik, in der Applikationen im
agrotechnischen Bereich im Vordergrund stehen, wird es jedoch zu weiteren Schritten
kommen, die konkrete Verbesserungen im Bereich der Endprodukte
(Zusammensetzung, Nährstoffgehalte, Anwendungseigenschaften, etc.) ermöglichen.
Selbst mit vorsichtigem Optimismus kann man davon ausgehen, daß damit einige
Innovationen möglich sein werden. Diese werden auch dem Konsumenten
unterschiedliche Vorteile bringen.“
Seite 40:
„Daraus ergibt sich, daß der Konsument bei gentechnisch veränderten Lebensmitteln
besonders sicher sein kann, weil diese Produkte vor der Zulassung spezifischen und
strengen Prüfungen unterliegen.“
„Von gentechnischen Methoden sind im Gegenteil sogar Beiträge zur Vermeidung von
Lebensmittelallergien zu erwarten, da Allergene mittels Gentechnik inaktiviert oder
entfernt werden können. Erfolgreich wurde dies z. B. beim Reis durchgeführt, der ein
Eiweiß enthält, das bei sensibilisierten Japanern eine allergische Reaktion auslöst.“
8. In wievielen und welchen Schulen wurden und werden wieviele Veranstaltungen
durchgeführt?
9. Gibt es seitens Ihres Ressorts eine Kostenbeteiligung an diesem Schulprojekt?
10. Werden Lehrerinnen und Lehrer für diese Veranstaltungen freigestellt bzw. eigens
„unterrichtet"?
11. Wurden diese Veranstaltungen seitens Ihres Ressorts bzw. von den
Landesschulbehörden beworben oder speziell angekündigt?
12. Sind Sie grundsätzlich an einer ausgewogenen Information an Österreichs Schulen
interessiert? Wenn ja, wie wollen Sie dies sicherstellen?
13. Werden Sie dafür sorgen, daß in dieses Projekt auch Gentechnik - KritikerInnen
eingebunden werden?