6482/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson
und Genossen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend eine Anklageschrift in der Causa Dr. Heinrich Gross
Die objektive und historisch exakte Aufarbeitung der Verbrechen der NS - Zeit gehört zu jenen
Aufgaben, die erfüllt sein müssen, ehe man einen ehrlichen Schlußstrich unter dieses düstere
Kapitel der jüngeren Geschichte unseres Landes ziehen kann. Daher wurde in
Zusammenarbeit zwischen dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler, dem Präsidenten und dem
Zweiten Präsidenten des Nationalrates sowie dem Präsidenten des Bundesrates die Einsetzung
einer Historikerkommission herbeigeführt, deren Aufgabe es ist, den gesamten Komplex
„Vermögensentzug auf dem Gebiet der Republik Österreich während der NS - Zeit sowie
Rückstellungen bzw. Entschädigungen (sowie wirtschaftliche und soziale Leistungen) der
Republik Österreich ab 1945“ zu erforschen und zu berichten.
In gleicher Weise hat der Nationalrat einstimmig die Errichtung eines Nationalfonds für die
Opfer des Nationalsozialismus beschlossen, dessen Tätigkeit aus öffentlichen Mitteln
unterstützt wird.
Eine wichtige Rolle bei der Aufklärung von Verbrechen aus der NS - Zeit spielt auch das
Bemühen, Klarheit über die Tätigkeit des Arztes Dr. Heinrich Gross zu schaffen, dem
vorgeworfen wird, während der NS - Zeit an sogenannten Euthanasie - Tötungen beteiligt
gewesen zu sein. Nachdem das Justizministerium eine Anklageschrift gegen Dr. Heinrich
Gross erarbeitet hat, bemühte sich ein Mitglied des Kuratoriums des Nationalfonds für die
Opfer des Nationalsozialismus im Zusammenhang mit den eingangs erwähnten Tätigkeiten
über den Inhalt dieser Anklageschrift informiert zu werden bzw. ein Exemplar der
Anklageschrift zur persönlichen Einsichtnahme zu erhalten, nachdem der Text oder zumindest
Teile des Textes bereits in einer Zeitschrift
veröffentlicht wurden.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Herrn Bundesminister für Justiz die
nachstehenden
Anfrage:
1. Sind die Zitate aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien gegen Dr. Heinrich
Gross, die in der Zeitschrift NEWS 15/99 veröffentlicht wurden, authentisch?
Wenn nein, was hat das Bundesministerium für Justiz dagegen unternommen, daß in
einer Zeitschrift ein Text mit dem Hinweis, es handle sich um die Anklageschrift gegen
Dr. Heinrich Gross, veröffentlicht wurde, obwohl es sich nicht um einen authentischen
Text handelt?
Wenn ja, wieso ist es möglich, daß die Zeitschrift NEWS diesen Text veröffentlichen
kann und wie ist es insbesondere möglich, daß der Text einer Anklageschrift dem
Vorsitzenden des Kuratoriums des Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus
vorenthalten wird, gleichzeitig aber in einer Zeitschrift zur Veröffentlichung gelangt?
2. Wann wird das Verfahren gegen Primarius Dr. Heinrich Gross voraussichtlich
beginnen?