6564/J XX.GP
der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde
an den Bundeskanzler
betreffend Euroteam
Im Rahmen der Ruster Regierungsklausur 1997 wurden die Grundlagen bzw.
Aufträge für die Lehrlingsoffensive" der Bundesregierung geschaffen. Die
Grünen hoben ihre Kritik an der milliardenschweren Subventionierung von
einigen tausend Lehrstellen, an der fehlenden Nachhaltigkeit dieser
Subventionen und der Ausbildungsprogramme im Rahmen des NAP und an
der fehlenden Koordinierung der verschiedenen Subventionsträger (AMS,
Bund. Länder, Gemeinden) schon des öfteren und sehr deutlich ausgeführt.
Nur kurzfristig ist es damit der Bundesregierung gelungen, Tausende
Jugendliche vor der drohenden Arbeitslosigkeit zu schützen. Schon heuer im
Herbst stellt sich neuerlich die Frage. ob der Rückgang bei der Beschäftigung
von Lehrlingen, der schon im Jahr 1998 wieder zu verzeichnen war, noch
einmal durch neuerliche Subventionierungen und durch neuerliche
Ausbildungsmaßnahmen aufgefangen werden kann bzw. was mit den
Jugendlichen, die in den letzten beiden Jahren derartige
Ausbildungsmaßnahmen absolviert haben, passieren soll.
Vor allem die Vorgänge rund um die millionenschweren Aufträge an
Euroteam", die Proklamation einer Lehrlingshotline, bei der die Jugendlichen
zunächst an die SPÖ, dann zwischen den verschiedenen mit Lehrlingsfragen
beschäftigten Stellen herumgereicht wurden, machen deutlich, daß die
Bundesregierung offensichtlich vom Rückgang bei der Lehrlingsbeschäftigung
bzw. der Gefahr der Jugendarbeitslosigkeit völlig überrascht worden ist und
mit hilflosen und in ihrer Konsequenz bei "Euroteam" sehr problematischen
Aufträgen Handlungsfähigkeit demonstrieren wollte, ohne sie tatsächlich zu
besitzen.
Mit den Aufträgen an "Euroteam" wurde eine Firma mit Millionenaufträgen
überhäuft, die bis zum heutigen Tag kein einziges öffentlich gefördertes
Projekt fertiggestellt bzw. korrekt abgewickelt hat. Ein besonders eklatantes
Beispiel stellt die im Jahr 1994 fertiggestellte "Studie" über den Vergleich von
EU - Berufsprofilen mit den entsprechenden österreichischen Berufen dar, die
zu 95 % aus Kopien von Amtsblättern der Europäischen Gemeinschaft
bestand.
ihre politische Verantwortung, Herr Bundeskanzler, besteht nach Ansicht der
Grünen in folgenden Punkten:
- die Auftragsvergaben an Euroteam - erfolgten an eine
Unternehmensgruppe, die mit Mitarbeitern Ihres Kabinetts engste
Verbindungen aufwies:
- die Auftragsvergaben erfolgten in zentralen Bereichen ohne die dafür
gebotene öffentliche Aussschreibung:
- das offensichtliche Versagen der ressortinternen Kontrolle ermöglichte es
- "Euroteam", ein Firmengeflecht zu errichten, das nahezu ausschließlich
von öffentlichen Aufträgen und Projekten lebt und diese zur Finanzierung
der übrigen Unternehmensaktivitäten nutzt;
- selbst der Mangel an ausgewiesenen Qualifikationen und die
offensichtlich gravierenden Mängel bei den Projekten haben nicht dazu
geführt, "Euroteam" von weiteren öffentlichen Aufträgen
auszuschließen.
Vor diesem Hintergrund drängt sich der Verdacht auf, daß einer
Unternehmensgruppe im Dunstkreis der SPÖ Millionenaufträge zugeschanzt
werden sollten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Sie haben In der ORF - Sendung "Zur Sache spezial" am 31.8.1997,
nachdem Sie einige Initiativen der Bundesregierung zur
Jugendbeschäftigung aufgezählt hatten, die Telefon - Nummer einer
" Lehrlings - Hotline" bekanntgegeben. Diese Telefon - Nummer, die vom
Aktionsbüro der SPÖ betrieben wurde, ist nach einigen Tagen durch eine
Telefon - Nummer von "Euroteam" ersetzt worden.
a) Warum haben Sie eine SPÖ - Hotline im Rahmen der Maßnahmen
der Bundesregierung angekündigt und beworben?
b) Wie lange wurde die SPÖ - Hotline verwendet und ab wann die
" Euroteam" - Hotline?
2. Im Rahmen der Lehrlingsoffensive wurde vom BUNDESKANZLERAMT ein
Rahmenvertrag mit L.S.B. abgeschlossen, der die Summe von 3.225.600,-
ATS umfaßte.
a) Warum erfolgte keine öffentliche Ausschreibung dieses Auftrags.
obwohl der Schwellenwert von 200.000 EURO überschritten wurde?
b) Der Auftrag im Rahmen der Lehrlingsoffensive 1 (Ruster Programm,
Punkt 5) erreichte eine Summe von 3.781.548,60 ATS. Warum erfolgte
auch bei diesem Auftrag keine Ausschreibung?
3. a) War Ihnen bzw. dem Bundeskanzleramt zum Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses mit Lukas Stuhlpfarrer bzw. der
L.S.BeratungsGmbH Im September 1997 bekannt. daß bei
"Euroteam" Ihr Sohn Jan Klima, die Mitarbeiter Ihres Kabinetts David
Mock und Thomas Drozda und der Mitarbeiter des SPÖ -
Aktionsbüros Reinhold Eckhardt tätig waren bzw. Funktionen
ausgeübt haben?
b) Haben David Mock und Thomas Drozda ihre Funktionen bzw.
Tätigkeiten bei "Euroteam" (Verein, GmbHs und AG) dem
Bundeskanzleramt gemeldet?
c) Haben David Mock und Thomas Drozda für Ihre Tätigkeiten bzw.
Funktionen bei "Euroteam" (Verein, GmbHs und AG) irgendeine
Geldleistung erholten bzw. diese dem Bundeskanzleramt gemeldet?
d) Haben Jene Mitarbeiter Ihres Kabinetts, die Funktionen in der
"Euroteam" - Gruppe ausgeübt haben, Sie bei Vertragsabschluß auf
diesen Umstand bzw. diese Interessenskollision hingewiesen?
e) Haben die genannten Mitarbeiter des Bundeskanzleramts durch ihr
Verhalten ihre Meldepflichten hinsichtlich Nebentätigkeiten
verletzt?
4. In einer Presseaussendung des Bundeskanzleramtes wird es als
"abenteuerliche Behauptung" des Europa - Abgeordneten
Voggenhuber dargestellt, daß Lukas Stuhlpfarrer Lehrlingsbeauftragter
der Bundesregierung sei: Es gebe gar keinen Lehrlingsbeauftragten der
Bundesregierung".
In der kurzen Auftragsbeschreibung durch das Bundeskanzleramt heißt es
dagegen über diese Tätigkeit: Projektleiter des Projektes Durchführung
des Projektmanagements Im Rahmen des Projekts Lehrlingsoffensive der
Bundesregierung.
In der Eigendarstellung des Unternehmens "Euroteam" wird Herr Lukas
Stuhlpfarrer als - "Beauftragter des Bundeskanzlers für die
Lehrlingsoffensive der Bundesregierung" bezeichnet.
Haben Sie eine Erklärung für die Divergenz zwischen der Eigendarstellung
Stuhlpfarrers einerseits und jener des Bundeskanzleramtes andererseits?
5. Die Firma L.S. BeratungsGmbH hat im Rahmen der Lehrlingsoffensive I für
einen Zeitraum von 10 Monaten 1.560 Stunden für die Projektleitung zu
650.- ATS mit dem Bundeskanzleramt abgerechnet, das ist im
Durchschnitt eine 40 Stunden Woche. Für die Projektleitung wurde Herr
Lukas Stuhlpfarrer nominiert.
a) Hat Herr Stuhlpfarrer eine entsprechende Stundenaufzeichnung
abgeliefert bzw. hat er ad personam alle Stunden geltend
gemacht?
b) Wann war Herr Stuhlpfarrer an der Ausübung seiner Projektleitung
durch die Tätigkeit In anderen Projekten bzw. durch Auslandsreisen
verhindert?
6. Die Fa. L.S. BeratungsGmbH hat im Rahmen ihrer Aufträge den Auftrag für
das Callcenter ausgeschrieben und unter vier BewerberInnen
offensichtlich die Fa. TBK als Billigst - und Bestbieterin ermittelt.
Warum wurde der Auftrag für das Callcenter durch "Euroteam"
vergeben und nicht über das Bundeskanzleramt bzw. das
Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales?
7. a) War Ihnen bzw. dem Bundeskanzleramt zum Zeitpunkt der Vergabe
des Auftrags "Callcenter" an die Firma TBK Salzburg im September
1997 bekannt, daß der Lehrlingsbeauftragte der Bundesregierung
bzw. Projektkoordinator Lukas Stuhlpfarrer wenige Tage vorher eine
gemeinsame Tochtergesellschaft von TBK und Euroteam, die TBK -
Euroteam Callcenter GmbH in Pöttsching im Burgenland, gegründet
hat bzw. diese Absicht den Medien gegenüber bekanntgegeben
hat (vgl. Wirtschaftsblatt, 17.9.97)?
b) Wurden Sie bzw. das BMAGS von "Euroteam" auf diesen Umstand
hingewiesen?
c) Hat es in dem Vertrag zwischen "Euroteam" und dem
Bundeskanzleramt bzw. dem BMAGS Vertragsbedingungen
betreffend den Auftrag Callcenter gegeben, um eine derartige
Vorgangsweise auszuschließen?
8. Ist es Ihrer Ansicht nach vereinbar, daß die ausschreibende Firma (L.S,B.)
jener Firma den Zuschlag für den Auftrag erteilt mit der sie wirtschaftliche
Beziehungen unterhält bzw. mit der sie unternehmensrechtlich
verbunden Ist?
9. Bei der Lehrlingsoffensive II hat die Fa. TBK den Auftrag ohne öffentliche
Ausschreibung erhalten, obwohl anscheinend die Vereinbarung
zwischen BMAGS bzw. BmwA vorsah, daß der Bestbieter den Auftrag
erhalten solle.
Warum hat TBK den Auftrag für das Callcenter im Rahmen der
Lehrlingsoffensive II ohne Ermittlung eines Bestbieters erhalten?
10. War Ihnen bzw. dem Bundeskanzleramt bekannt, daß im Rahmen der
Mediapläne 97 und 98 der Lehrlingsoffensive auffällig häufig Firmen
beworben wurden, die mit den Euroteam - Firmen in engster
wirtschaftlicher Beziehung stehen?
11. Welche Gründe waren dafür ausschlaggebend, daß in den
Inseratenschaltungen folgende Firmen bzw. Personen bewarben
wurden?
a) Dr. Winternitz (mit insgesamt 10 Schaltungen meistbeworbene
Person), ab 1998 Aufsichtsratsvorsitzender der Euroteam -
BeteiligungsVerwaltungs A.G.;
b) Maznetter von der Merkur Treuhand, die zumindest 1997 noch
Buchhaltung und Steuerberatung für Euroteam abwickelte;
c) Dr. Schloß, Wirtschaftsprüfer von Euroteam ab 1998;
d) G. Smetana / R. Kupka, Fa. Impuls - Reisen;
e) Oskar Obereder, Fa. Silver Server, Geschäftspartner von
"Euroteam"
f) Christian Hofbauer, Art & Joy, Grafik & Designstudio, Aufsichtsrat der
TBK - euroteam Callcenter GmbH;
g) Astrid Hofer, Fa. TBK.
12. a) Wer war für die Auswahl der Personen bzw. Firmen, die in Inseraten
für die Lehrlingsoffensive warben, verantwortlich?
b) War auch Lukas Stuhlpfarrer bei der Auswahl beteiligt und warum?
c) Hat die Fa. L.S.B. bzw. Herr Stuhlpfarrer Sie bzw. den
Entscheidungsträger auf die auffällige Häufung von "Euroteam" -
Geschäftspartnern bei den Inseraten hingewiesen?
13. War Ihnen bzw. dem Bundeskanzleramt bekannt, daß die Firma L.S.B.
/Euroteam schon
im Herbst 1997 durch das AMS Wien in einem
Zwischenbericht beim Projekt "Professionet" (GI Employment -
Youthstart) wegen Unregelmäßigkeiten kritisiert wurde?
14. War ihnen bzw. dem Bundeskanzleramt bekannt, daß das AMS Wien im
November 1998 beim Endbericht und der Endabrechnung des Projekts
"Professionet" schwerwiegende Mängel festgestellt und deswegen
auch eine Prüfung durch die Interne Revision des Bundesministeriums für
Arbeit und Soziales veranlaßt hat?
15. Im Rahmen des Projekts "Professionet“ wurden von "Euroteam"
- 349 Beratungsstunden über Fragen der Lehrlingsausbildung bei
jenem Rechtsanwaltsbüro geltend gemacht, das ab 1998 im
Aufsichtsrat von "Euroteam" (Beteiligungsverwaltungs A.G.) tätig
wurde;
- 243 Beratungsstunden über Lehrlingsausbildung bei der SPÖ Wien
verrechnet, obwohl die SPÖ Wien in einer Aussendung nur von 13
Mannstunden Beratung spricht.
a) Halten Sie es für glaubwürdig, daß ein Rechtsanwalt 349 Stunden für
Beratung in Fragen der Lehrlingsausbildung aufwendet?
b) Haben Sie auch in Ihrer Funktion als Parteivorsitzender der SPÖ eine
Erklärung für die Diskrepanz zwischen den Angaben Euroteams und
der SPÖ Wien?
c) Halten sie eine Beratung der SPÖ Wien in Fragen
Lehrlingsausbildung für notwendig?
In formeller Hinsicht wird unter Verweis auf § 93 Abs. 2 GOG die dringliche
Behandlung dieser Anfrage verlangt.