6600/J XX.GP
der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Puttinger, Dr. Günther Leiner, Georg Schwarzenberger
Lind Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend die Liberalisierung des österreichischen Schienenverkehrs
Durch das neue Schienenverkehrsmarkt - Regulierungsgesetz werden die Rahmenbedingungen
für einen fairen Wettbewerb im österreichischen Schienennetz geschaffen. Die in den letzten
Wochen und Monaten vorgenommenen Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage
bringen vor allem eine Stärkung der Kompetenzen des unabhängigen Rail - Regulators. Es
stellt sich nun die Frage, wie die Liberalisierung des österreichischen Schienenverkehrs
zukünftig konkret verwirklicht wird.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wissenschaft und
Verkehr folgende
Anfrage:
1. Halten Sie die von der EU - Kommission im Weißbuch betreffend Revitalisierung des
europäischen Eisenbahnverkehrs aufgezeigten Grundsätze für eine Liberalisierung des
Schienenverkehrs in Europa für richtig und notwendig?
2. Vertreten Sie nach wie vor - so wie in Ihrer Presseaussendung vom 27. März 1998 - die
Meinung, daß die Zukunft der EU - Eisenbahnen nur gesichert werden kann, wenn sie auf
ihren Monopolanspruch
verzichten?
3. Wie ist Ihre Haltung zum Änderungsvorschlag der Richtlinie 440/91, demzufolge die
Funktionen, die für einen gerechten und nicht diskriminierenden Zugang zur Infrastruktur
ausschlaggebend sind, auf eine unabhängige Stelle oder ein unabhängiges Unternehmen zu
übertragen sind?
4. Aus welchen Gründen sahen Sie sich veranlaßt, einen Schienenregulator zu
institutionalisieren?
5. Warum konnte die Schieneninfrastrukturfinanzierungs - Gesellschaft (SchIG) bisher nur
freie Zugtrassen vermitteln und nicht als unabhängige Vergabestelle aller Zugtrassen
eingerichtet werden?
6. Warum planten sie, der SCHIG nun gänzlich die Trassenvergabe aus der Hand zu nehmen
und den ÖBB zu überlassen?
7. Warum setzen Sie sich nicht für eine klare, nicht nur rechnerische, sondern auch
institutionelle Trennung zwischen Infrastruktur und Betrieb bei der Schiene ein?
8. Wie hoch ist der Gewinnentgang für vertikal integrierte Eisenbahnunternehmen, wenn ein
drittes Eisenbahnverkehrsunternehmen einen Güterzug, den bisher dieses vertikal
integrierte Eisenbahnunternehmen geführt hat, fährt?
9. Sollte der entgangene Gewinn größer als das Benützungsentgelt sein, ist es dann aus Sicht
des Eisenbahnunternehmens ökonomisch sinnvoll, Trassen an Dritte zu verkaufen?
10. Listen Sie bitte alle möglichen Leistungen und Anlagen die
Eisenbahnverkehrsunternehmen bei seinem Konkurrenten, den ÖBB, einkaufen muß,
(gegliedert nach Güterverkehr und Personenverkehr) auf.
11. Wie hoch schätzen Sie bei den in der Liste (Frage II) angeführten Leistungen und
Anlagen das Diskriminierungspotential ein?
12. Was kann der Rail - Regulator bei den
jeweiligen Diskriminierungspotentialen bewirken?
13. Welches ist Ihrer Meinung nach das wirkungsvollste Instrument des Regulators, um
Diskriminierungen vorzubeugen?
14. Welche konkreten Schritte bzw. Maßnahmen kann der Regulator bei erfolgten
Diskriminierungen setzen?
15. Durch welche Paragraphen und Verfahren des Schienenverkehrsmarkt -
Regulierungsgesetzes kann der Regulator präventiv aktiv werden, in welchen reaktiv?
16. Zeichnet es sich im Rahmen der Verhandlungen zum Infrastruktur - Paket in Brüssel nicht
ab, daß eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten für die Trassenvergabe durch eine unabhängige
Stelle ist? Welche Folgen würden sich daraus für Österreich ergeben?
17. Ist es richtig, daß das Infrastruktur - Paket der EU - Kommission möglicherweise noch dieses
Jahr beschlossen wird? Welche Auswirkungen erwarten Sie sich durch dieses Infrastruktur -
Paket auf den österreichischen und europäischen Schienenverkehr?
18. Warum ist der innerösterreichische Personenverkehr im Schienverkehrsmarkt -
Regulierungsgesetz von der Liberalisierung ausgenommen?
19. Warum enthielt Ihr Gesetzesentwurf zum Schienenverkehrsmarkt - Regulierungsgesetz
keine einzige asymmetrische Regelung, wo doch immer wieder der Vergleich mit dem
TKG (Telekommunikationsgesetz) angestrebt wird (im TKG sind 15 asymmetrische
Regelungen enthalten)?
20. Ein Teil der im neuen Gesetz vorgesehenen Tätigkeiten des Regulators wird bereits jetzt
von der SCHIG mbH wahrgenommen. Wäre es daher nicht zweckmäßiger und vor allem
kostengünstiger, diese bestehenden Ressourcen zu nützen und die SCHIG mbH als
Regulator einzusetzen? Wäre durch diese Vorgangsweise der Regulator nicht schneller
installiert?
21. Welche Gründe sprachen dezidiert
gegen die SCHIG mbH als Regulator?
22. Laut dem ÖBB - Projekt ,,Netzkonsolidierung II" wird es eine Vielzahl von B und C -
Strecken geben, die der ÖBB - Absatzbereich nicht mehr betreiben will. Ist es, Ihrer
Meinung nach, möglich, ohne liberalisierten Personenverkehr, diese B und C - Strecken
international auszuschreiben und langfristig zu halten?
23. Sind Sie gewillt, bei einer Infrastrukturausschreibung von Strecken einem Dritten
dieselben Infrastrukturmittel zur Verfügung zu stellen wie den ÖBB?