Stenographisches Protokoll

47. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 27., und Donnerstag, 28. November 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

47. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 27., und Donnerstag, 28. November 1996

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 27. November 1996: 11.02 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 28. November 1996: 0.00 – 1.23 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über das Strafrechtsänderungsgesetz 1996,

über den Antrag 79/A der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird,

über den Antrag 80/A der Abgeordneten Dr. Liane Höbinger-Lehrer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird,

über den Antrag 153/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, und

über den Antrag 282/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden

2. Punkt: Strafvollzugsgesetznovelle 1996

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1/A der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 2/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 11/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird

6. Punkt: Bericht über den Antrag 300/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch 1974 geändert wird


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47. Sitzung / Seite 2

7. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative Nr. 3 betreffend die rechtliche und soziale Gleichstellung homosexueller Menschen

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz, die Zivilprozeßordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden

9. Punkt: 4. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien

10. Punkt: Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG

11. Punkt: Bericht über den Antrag 321/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, die Änderung des Postsparkassengesetzes 1969, des Bankwesengesetzes und die Errichtung des Staatsschuldenausschusses

12. Punkt: Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz – WAG) und über die Änderung des Bankwesengesetzes, des Börsegesetzes 1989, des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Investmentfondsgesetzes

13. Punkt: Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZG)

14. Punkt: Bundesgesetz über die Errichtung des Bundespensionsamtes (BPA-Gesetz), mit dem auch das Dorotheumsgesetz, das Staatsdruckereigesetz, das Ausschreibungsgesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Bundespflegegeldgesetz und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Bundesgesetz, mit dem Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz 1994 vorgesehen werden, geändert werden

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Beihilfen im Gesundheits- und Sozialbereich geregelt (Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz) und das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Punzierungsgesetz geändert wird

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundeszuschuß an das Land Burgenland aus Anlaß der 75jährigen Zugehörigkeit zu Österreich gewährt wird

21. Punkt: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

22. Punkt: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

23. Punkt: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

24. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Notenwechsel und Verständigungsprotokoll


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47. Sitzung / Seite 3

25. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung weiterer Beiträge zur Weltbank Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR) für die Jahre 1996 bis 1998

26. Punkt: Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD)

27. Punkt: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 7. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VII)

28. Punkt: Erste Lesung des Antrages 252/A der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird

29. Punkt: Erste Lesung des Antrages 313/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Josef Trenk und Hans Schöll 21

Angelobung der Abgeordneten Mag. Erich L. Schreiner und Wolfgang Jung 21

Personalien

Verhinderung 21

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkungen nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 41

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmun-
gen 95, 97, 99, 101, 103, 106

Unterbrechungen der Sitzung 95, 97, 100, 102, 104, 104, 105, 107

Aktuelle Stunde (8.)

Thema: "Budgetäre, finanzpolitische und steuerrechtliche Vorkehrungen für eine sozial ausdifferenzierte Reform der Familienförderung"

Redner:

Dr. Volker Kier 22

Bundesminister Mag. Viktor Klima 24

Dr. Hans Peter Haselsteiner 26

Dr. Ilse Mertel 27

Dr. Michael Spindelegger 29

Edith Haller 30

Karl Öllinger 31

Klara Motter 33

Mag. Herbert Kaufmann 34


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47. Sitzung / Seite 4

Katharina Horngacher 35

Hermann Böhacker 36

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 37

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 21, 93

Ausschüsse

Zuweisungen 40, 176, 179

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (33. d. B.): Strafrechtsänderungsgesetz 1996,

über den Antrag 79/A der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird,

über den Antrag 80/A der Abgeordneten Dr. Liane Höbinger-Lehrer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird,

über den Antrag 153/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, und

über den Antrag 282/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (409 d. B.) 41

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (317 d. B.): Strafvollzugsgesetznovelle 1996 (410 d. B.) 41

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1/A der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (452 d. B.) 41

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (453 d. B.) 42

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 11/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (454 d. B.) 42

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 300/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch 1974 geändert wird (455 d. B.)42

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Bürgerinitiative Nr. 3 betreffend die rechtliche und soziale Gleichstellung homosexueller Menschen (456 d. B.) 42


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47. Sitzung / Seite 5

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (253 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz, die Zivilprozeßordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (408 d. B.) 42

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (373 d. B.): 4. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien (451 d. B.) 42

Redner:

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 43

Dr. Willi Fuhrmann 45

Dr. Harald Ofner 48

Mag. Dr. Heide Schmidt 51

Mag. Terezija Stoisits 53

Dr. Willi Fuhrmann (tatsächliche Berichtigung) 57

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 57

Mag. Dr. Josef Trinkl 60

Dr. Elisabeth Hlavac 61

Dr. Michael Krüger 63

Mag. Thomas Barmüller 65

Mag. Doris Kammerlander 68

Dkfm. Holger Bauer 70

Josef Schrefel 73

Dr. Volker Kier 74

Dr. Franz Löschnak 77

Theresia Haidlmayr 78

Dr. Walter Schwimmer 79

Dr. Wolfgang Riedler 80

Mag. Helmut Kukacka 82

Dr. Irmtraut Karlsson 85

Dr. Günther Kräuter 87

Mag. Gisela Wurm 87

Dr. Brigitte Povysil 88

Mag. Johann Maier 90

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 92

Annahme der Gesetzentwürfe in 409, 410, 408 und 451 d. B. 93

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 452, 453, 454, 455 und 456 d. B. 109

Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann, Mag. Dr. Heide Schmidt, Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend die Streichung des § 209 Strafgesetzbuch – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 46, 95

Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend § 209 Strafgesetzbuch – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 64, 97

Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend § 209 Strafgesetzbuch – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 84, 99

Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann, Mag. Dr. Heide Schmidt, Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Streichung des § 220 Strafgesetzbuch – Annahme (namentliche Abstimmung) 46, 101

Abänderungsanträge der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen sowie der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genos


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47. Sitzung / Seite 6

sen betreffend § 220a Strafgesetzbuch – Annahme (namentliche Abstimmung) 72, 84, 103

Abänderungsanträge der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann, Mag. Dr. Heide Schmidt, Mag. Terezija Stoisits und Genossen sowie der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend die Streichung des § 221 Strafgesetzbuch – Annahme (namentliche Abstimmung) 46, 64, 106

10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (252 d. B.): Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG (407 d. B.) 110

Redner:

Dr. Harald Ofner 110

Dr. Willi Fuhrmann 113

Dr. Michael Krüger 114

Rosemarie Bauer 115

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 116

Bundesministerin Dr. Helga Konrad 117

Edith Haller 118

Maria Schaffenrath 119

Franz Lafer 121

Mag. Doris Kammerlander 122

Dr. Ilse Mertel 123

Johann Schuster 125

Doris Bures 127

Mag. Gisela Wurm 127

Annahme des Gesetzentwurfes in 407 d. B. 128


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47. Sitzung / Seite 7

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 321/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, die Änderung des Postsparkassengesetzes 1969, des Bankwesengesetzes und die Errichtung des Staatsschuldenausschusses (474 d. B.) 130

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (369 d. B.): Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz – WAG) und über die Änderung des Bankwesengesetzes, des Börsegesetzes 1989, des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Investmentfondsgesetzes (473 d. B.) 130

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 130

Bundesminister Mag. Viktor Klima 134

Anna Huber 135

Dr. Alexander Van der Bellen 136

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 137

Peter Rosenstingl 138

Mag. Herbert Kaufmann 139

Dr. Hans Peter Haselsteiner 141

Rudolf Parnigoni 143

Annahme der Gesetzentwürfe in 474 und 473 d. B. 144

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (397 d. B.): Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZG) (477 d. B.) 145

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (398 d. B.): Bundesgesetz über die Errichtung des Bundespensionsamtes (BPA-Gesetz), mit dem auch das Dorotheumsgesetz, das Staatsdruckereigesetz, das Ausschreibungsgesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Bundespflegegeldgesetz und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (478 d. B.) 145

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 145

Dr. Hans Peter Haselsteiner 146

Dr. Alexander Van der Bellen 147

Bundesminister Mag. Viktor Klima 148

Annahme der Gesetzentwürfe in 477 und 478 d. B. 149

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (370 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (464 d. B.) 149

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (396 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Bundesgesetz, mit dem Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz 1994 vorgesehen werden, geändert werden (475 d. B.) 150

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (395 d. B.): Bundesgesetz, mit dem Beihilfen im Gesundheits- und Sozialbereich geregelt (Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz) und das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (476 d. B.) 150

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (368 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird (479 d. B.) 150

19. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (406 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Punzierungsgesetz geändert wird (480 d. B.) 150

Redner:

Hermann Böhacker 150

Karl Gerfried Müller 152

Dr. Hans Peter Haselsteiner 152

Mag. Dr. Josef Höchtl 155

Mag. Gilbert Trattner 156

Bundesminister Mag. Viktor Klima 156

Dr. Alexander Van der Bellen 157

Mag. Gilbert Trattner (tatsächliche Berichtigung) 158

Mag. Erich L. Schreiner 158

Arnold Grabner 159

Dkfm. Kurt Ruthofer 160

Jakob Auer 161


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47. Sitzung / Seite 8

Mag. Cordula Frieser 16
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47. Sitzung / Seite 9

2

Wolfgang Großruck 163

Hermann Kröll 164

Annahme der Gesetzentwürfe in 464, 475, 476, 479 und 480 d. B. 165

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (393 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundeszuschuß an das Land Burgenland aus Anlaß der 75jährigen Zugehörigkeit zu Österreich gewährt wird (481 d. B.) 167

21. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (371 d. B.): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (482 d. B.) 167

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (372 d. B.): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (483 d. B.) 167

23. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (392 d. B.): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (484 d. B.) 167

24. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (213 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Notenwechsel und Verständigungsprotokoll (485 d. B.) 167

25. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (333 d. B.): Bundesgesetz über die Leistung weiterer Beiträge zur Weltbank Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR) für die Jahre 1996 bis 1998 (486 d. B.) 167

26. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (334 d. B.): Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) (487 d. B.) 167

27. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (350 d. B.): Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 7. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VII) (488 d. B.) 167

Redner:

Mag. Erich L. Schreiner 168

Ernst Fink 168

Dr. Martina Gredler 169

Dr. Alexander Van der Bellen 170

Hermann Böhacker 170

Mag. Franz Steindl 171

Matthias Achs 171

Dr. Stefan Salzl 172

Annahme der Gesetzentwürfe in 481, 482, 483, 484, 486, 487 und 488 d. B. 172

Genehmigung des Staatsvertrages in 485 d. B. 173

28. Punkt: Erste Lesung des Antrages 252/A der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird 173

Redner:

Dr. Martin Graf 174

Dr. Hans Peter Haselsteiner 175

Dr. Alexander Van der Bellen 175

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 176

Zuweisung des Antrages 252/A an den Finanzausschuß 176

29. Punkt: Erste Lesung des Antrages 313/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird 176

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 177

Mag. Dr. Heide Schmidt 178

Dr. Alexander Van der Bellen 179

Zuweisung des Antrages 313/A an den Geschäftsordnungsausschuß 179

Eingebracht wurden

Petitionen 40

Petition betreffend "Berücksichtigung Osttirols (pol. Bezirk Lienz) bei der Ausschreibung der Regionalradiolizenzen" (Ordnungsnummer 17) (überreicht von der Abgeordneten Brigitte Tegischer )

Petition betreffend "Wider die Parkplatzsteuer" (Ordnungsnummer 18) (überreicht von dem Abgeordneten Mag. Johann Maier )

Bürgerinitiative 40

Bürgerinitiative betreffend "Freiheit für das Gewissen!" (Ordnungsnummer 9)

Regierungsvorlagen 39

399: Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Organisationsgesetz (UOG 1993) geändert wird

400: Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle Deponien)

424: Bundesstraßengesetznovelle 1996

425: Bundesgesetz über die Errichtung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m. b. H.

428: Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996

457: Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden


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47. Sitzung / Seite 10

458: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird (ZDG-Novelle 1996)

461: Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Mutterschutzgesetz 1979 geändert werden

462: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

472: Bundesgesetz, mit dem die als Bundesgesetz geltende Verordnung über die Errichtung und den Betrieb von Rundfunk- und Fernsehrundfunk-Empfangsanlagen geändert wird

499: Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird

500: Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz

Berichte 40

III-44: Energiebericht 1996; Bundesregierung

Zu III-58: Bericht gemäß § 9 Abs. 7 des Volksgruppengesetzes über die Volksgruppenförderung im Jahre 1995 – (Ersetzt den Bericht III-58 d. B.); Bundesregierung

III-59: Bericht über die Preisgestaltung auf dem Medikamenten(Heilmittel-)sektor in Österreich unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Aufgaben und Maßnahmen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (Teil I) und über die von Organen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchgeführte Untersuchung betreffend die Vergabepraxis des Hauptverbandes und der Krankenversicherungsträger im Bereich Heilbehelfe und Hilfsmittel (Teil II) aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 13. Juni 1996, E 12-NR/XX.GP; BM f. Arbeit und Soziales

III-61: 12. Sportbericht 1995; Bundeskanzleramt

Vorlage 16 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 3. Quartal 1996; BM f. Finanzen

Antrag der Abgeordneten

Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend Vorlage eines Nahverkehrsfinanzierungsgesetzes (325/A) (E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend Fütterungsverbot für Tier- und Knochenmehl in der Lebensmittelproduktion (157/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Umsetzung der EU-Richtlinie 96/19/EG (Öffnung der alternativen Netze) (1458/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend "die unvollständige Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie


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47. Sitzung / Seite 11

(90/314/EWG) durch die Reisebürosicherungsverordnung des Wirtschaftsministers" (1459/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend die notwendige Novellierung der Reisebürosicherungsverordnung aufgrund "der unvollständigen Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie (90/314/EWG) durch den Wirtschaftsminister" (1460/J)

Kurt Wallner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend das Projekt "ÖBB-Knoten Obersteiermark – Eisenbahntunnel Traidersberg" (1461/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Bericht des europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher Behandlung oder Strafe (CPT) infolge des Besuches in Österreich vom 26. 9. bis 7. 10. 1994 (1462/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bericht des europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher Behandlung oder Strafe (CPT) infolge des Besuches in Österreich vom 26. 9. bis 7. 10. 1994 (1463/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Umstrukturierungen bei der Post (1464/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend den Friedensprozeß von Dayton und österreichische IFOR-Soldaten in Bosnien (1465/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend den Friedensprozeß von Dayton und österreichische IFOR-Soldaten in Bosnien (1466/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend vollständige Aufklärung über ein (mit einer Deix-Karikatur bedrucktes) T-Shirt (und den Sinn ins Gegenteil verkehrte) bei einer österreichischen IFOR-Einheit und der Fortsetzung des Mandats von AUSLOG II unter diesen Bedingungen (1467/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Semmering-Basistunnel – aktuelle Entwicklungen (1468/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Busspuren am Pannenstreifen von Stadtautobahnen (1469/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Ausbildungsstopp bei den Hebammen (1470/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Bericht des europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher Behandlung oder Strafe (CPT) infolge des Besuches in Österreich vom 26. 9. bis 7. 10. 1994 (1471/J)

Dr. Wolfgang Riedler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Geiselnahme in der Justizanstalt Graz-Karlau (1472/J)


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47. Sitzung / Seite 12

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Kerosinablassungen über dem TÜPL Allentsteig (1473/J)

Dr. Wolfgang Riedler und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend das Tragen von T-Shirts mit rassistischem Aufdruck durch österreichische IFOR-Soldaten (1474/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Truppenübungsplatz Allentsteig (1475/J)

Karl Gerfried Müller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend die Mülltrennung auf Autobahnrastplätzen (1476/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einsparungsmaßnahmen bei den steirischen Finanzämtern (1477/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Abschluß eines "Sicherheitsabkommens" mit der WEU (1478/J)

Georg Oberhaidinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Neuordnung der Elektrizitätswirtschaft (1479/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Aussagen des leitenden Staatsanwaltes Dr. Heimo Lambauer im Expertenhearing des Unterausschusses des Justizausschusses zu den neuen Ermittlungsmethoden (1480/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Maßnahmen zum Schutz für Kinder vor Werbetricks (1481/J)

Klara Motter und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Maßnahmen zum Schutz für Kinder vor Werbetricks (1482/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einnahmeausfälle durch Umgehung der Straßenbenützungsabgabepflicht (1483/J)

Karl Freund und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend freien Verkauf von Air-soft-Pistolen (1484/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend die Entwicklung der Pachtflächen in der Landwirtschaft seit dem EU-Beitritt (1485/J)

Karl Freund und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend den Stand der Planungen, insbesondere den zeitlichen Fahrplan, zur Realisierung des dringend notwendigen Ausbaues der Innkreisbahn als relativ kostengünstige und ökologische Entlastungsmaßnahme für den prognostizierten starken Zuwachs im West-Ost-Transit auf Straße und Bahn (1486/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Demontage von Fußgängerüberführungen bei der sogenannten Verbindungsbahn im Bereich des Wiener Gemeindebezirks Hietzing (1487/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesregierung betreffend Willkür der Bundesregierung bei der Gewährung von Publizistikförderung (1488/J)


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47. Sitzung / Seite 13

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Auswirkungen des Jahrtausendwechsels auf die EDV-Infrastruktur der österreichischen Sozialversicherungsträger (1489/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Datenschutz bei Bankkrediten (1490/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend finanz- und verkehrspolitische Sinnhaftigkeit der Mautvignette (1491/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Beeinträchtigung und Gefährdung der Bevölkerung der Gemeinde Trajštof (Trausdorf) durch andauernde Lande- und Startmanöver des Bundesheeres abseits von Flugplätzen (1492/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend sachlich nicht gerechtfertigte Privilegien im Bereich des Subventionsbetriebes Österreichische Bundesbahnen (1493/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Frauenforschungsprojekte (1494/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten betreffend Frauenforschungsprojekte (1495/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Frauenforschungsprojekte (1496/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Frauenforschungsprojekte (1497/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Frauenforschungsprojekte (1498/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Frauenforschungsprojekte (1499/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Frauenforschungsprojekte (1500/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Frauenforschungsprojekte (1501/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Frauenforschungsprojekte (1502/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Frauenforschungsprojekte (1503/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Frauenforschungsprojekte (1504/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Frauenforschungsprojekte (1505/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Frauenforschungsprojekte (1506/J)


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47. Sitzung / Seite 14

Josef Meisinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend gefährliches Nadelöhr für Schiffahrt in Mauthausen (1507/J)

Josef Meisinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend gefährliches Nadelöhr für Schiffahrt in Mauthausen (1508/J)

Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Stimmabgabe im Ausland (1509/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Medienberichterstattung über von der Justiz eingeleitete Verfahren, bevor die zuständige Staatsanwaltschaft darüber informiert respektive den betroffenen Personen entsprechende Benachrichtigungen zugestellt wurden (1510/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Goldeck (1511/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schulleiterbestellung an der HBLVA für Textilindustrie, Spengergasse 20, 1050 Wien (1512/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Euro-Werbekampagne der Bundesregierung (1513/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend KFZ-Beschaffung bei Polizei und Gendarmerie für das Jahr 1996 (1514/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Unterkunft und Personalstand des Gendarmeriepostens Traiskirchen (1515/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend geplanten Eintritt Österreichs in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion am 1. 1. 1999 (1516/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend geplanten Eintritt Österreichs in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion am 1. 1. 1999 (1517/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend geplanten Eintritt Österreichs in die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion am 1. 1. 1999 (1518/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Saisonnierbewilligungen (1519/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Leistungen der Arbeitslosenversicherung für Nebenerwerbsbauern (1520/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auflassung des Gendarmeriepostens Haiming (1521/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Probleme mit den Kraftfahrlinienkonzessionen (1522/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Einberufung von Herwig Matzka zum Wehrdienst (Zu 1431/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Dr. Harald Ofner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Festkommers im Festsaal der Wr. Hofburg von deutschen Burschenschaften am 30. November 1996 in Wien (Zu 1327/J) (1441/J)


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47. Sitzung / Seite 15

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (1177/AB zu 1212/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1178/AB zu 1215/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1179/AB zu 1245/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (1180/AB zu 1200/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (1181/AB zu 1204/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (1182/AB zu 1221/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1183/AB zu 1328/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1184/AB zu 1354/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (1185/AB zu /1309J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen (1186/AB zu 1270/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (1187/AB zu 1268/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (1188/AB zu 1206/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (1189/AB zu 1219/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (1190/AB zu 1326/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1191/AB zu 1338/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen (1192/AB zu 1272/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (1193/AB zu 1274/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1194/AB zu 1261/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Günter Kiermaier und Genossen (1195/AB zu 1230/J)


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47. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (1196/AB zu 1201/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (1197/AB zu 1202/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1198/AB zu 1249/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1199/AB zu 1251/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (1200/AB zu 1203/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (1201/AB zu 1218/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (1202/AB zu 1225/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (1203/AB zu 1226/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (1204/AB zu 1228/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1205/AB zu 1246/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1206/AB zu 1250/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1207/AB zu 1262/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (1208/AB zu 1265/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (1209/AB zu 1273/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Horngacher und Genossen (1210/AB zu 1277/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1211/AB zu 1303/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (1212/AB zu 1318/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (1213/AB zu 1332/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1214/AB zu 1342/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Genossen (1215/AB zu 1355/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (1216/AB zu 1369/J)


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47. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (1217/AB zu 1207/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (1218/AB zu 1208/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1219/AB zu 1216/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (1220/AB zu 1234/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1221/AB zu 1237/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1222/AB zu 1241/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1223/AB zu 1243/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1224/AB zu 1260/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1225/AB zu 1343/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1226/AB zu 1210/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (1227/AB zu 1211/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (1228/AB zu 1213/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (1229/AB zu 1220/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Salzl und Genossen (1230/AB zu 1223/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1231/AB zu 1238/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1232/AB zu 1239/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1233/AB zu 1240/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1234/AB zu 1255/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Elmecker und Genossen (1235/AB zu 1263/J)


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47. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (1236/AB zu 1209/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (1237/AB zu 1214/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1238/AB zu 1247/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1239/AB zu 1254/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (1240/AB zu 1275/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (1241/AB zu 1205/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Genossen (1242/AB zu 1264/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1243/AB zu 1276/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (1244/AB zu 1269/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (1245/AB zu 1278/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (1246/AB zu 1280/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (1247/AB zu 1389/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1248/AB zu 1244/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1249/AB zu 1248/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1250/AB zu 1256/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (1251/AB zu 1279/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (1252/AB zu 1227/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (1253/AB zu 1314/J)

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1254/AB zu 1236/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1255/AB zu 1258/J)


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47. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1256/AB zu 1252/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1257/AB zu 1217/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Mentil und Genossen (1258/AB zu 1222/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1259/AB zu 1259/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (1260/AB zu 1267/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (1261/AB zu 1266/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Elmecker und Genossen (1262/AB zu 1235/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (1263/AB zu 1253/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Verena Dunst und Genossen (1264/AB zu 1352/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen (1265/AB zu 1231/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen (1266/AB zu 1232/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen (1267/AB zu 1233/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1268/AB zu 1242/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1269/AB zu 1257/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen (1270/AB zu 1376/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1271/AB zu 1294/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (1272/AB zu 1319 /J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Dietachmayr und Genossen (1273/AB zu 1333/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (1274/AB zu 1315/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (1275/AB zu 1335/J)


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47. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1276/AB zu 1339/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (1277/AB zu 1357/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (1278/AB zu 1358/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (6/ABPR zu 7/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (7/ABPR zu 6/JPR)


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47. Sitzung / Seite 21

Beginn der Sitzung: 11.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie alle herzlich begrüßen und bitten, die Plätze einzunehmen.

Ich eröffne hiemit die 47. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 43., 44., 45. und der 46. Sitzung sind aufgelegen und unbeeinsprucht geblieben; sie gelten damit als genehmigt.

Als verhindert gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Preisinger.

Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, daß den Abgeordneten Mag. Schreiner und Wolfgang Jung die Mandate, die sie aus Anlaß ihrer Entsendung als Mitglieder des Europäischen Parlaments zurückgelegt hatten, erneut zugewiesen wurden. Dadurch scheiden die Abgeordneten Josef Trenk und Hans Schöll aus dem Nationalrat aus.

Da die Wahlscheine der Abgeordneten Mag. Erich Schreiner und Wolfgang Jung vorliegen und die Genannten im Hause anwesend sind, werde ich sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel und über Namensaufruf durch die Frau Schriftführerin werden die Mandatare ihre Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten haben.

Ich darf Sie bitten, sich von den Sitzen zu erheben, und ich ersuche Frau Schriftführerin Abgeordnete Apfelbeck um die Verlesung der Gelöbnisformel und den Aufruf beider Namen.

Schriftführerin Ute Apfelbeck: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

(Die Abgeordneten Wolfgang Jung und Mag. Erich L. Schreiner leisten ihre Angelobung mit den Worten "Ich gelobe".)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße beide Kollegen sehr herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung des Nationalrates hat das Bundeskanzleramt über Entschließungen des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung wie folgt Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Dr. Wolfgang Schüssel wird durch Bundesminister Mag. Molterer vertreten. Der Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Fasslabend wird durch Herrn Bundesminister Dr. Bartenstein vertreten. – Ich bitte um Kenntnisnahme.


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47. Sitzung / Seite 22

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde, für die folgendes Thema vorgeschlagen wurde:

"Budgetäre, finanzpolitische und steuerrechtliche Vorkehrungen für eine sozial ausdifferenzierte Reform der Familienförderung"

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kier. Seine Redezeit beträgt nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung 10 Minuten.

11.05

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde, die wir heute dazu nützen wollen, um mit dem Herrn Bundesminister für Finanzen wesentliche Aspekte einer Reform im Bereich der Familienbeihilfen zu diskutieren, sollte uns bewußt machen, daß es sich hiebei in erster Linie um eine sozialpolitische Aufgabe handelt.

Aus Sicht der Liberalen ist nämlich das Feld der Familienpolitik wesentlich größer als der Teilbereich "Familienbeihilfen". Wir setzen unter dem Titel "Familienpolitik" viele Maßnahmen, unter anderem auch im Bereich der Schule und im Bereich des Wohnungsbaus. Ich will das jetzt nicht aufzählen, sondern bewußt machen, daß die Familienbeihilfe nicht das einzige und ausschließliche Mittel ist, Familienpolitik zu machen.

Aus unserer Sicht ist die Familienbeihilfe in erster Linie ein Instrument der Sozialpolitik. Sie ist in erster Linie darauf zu orientieren, daß kein Kind in unserem Land in Armut leben muß und in seiner Existenz nicht abgesichert ist.

Was ist jetzt das Problem, und warum haben wir den Herrn Bundesminister für Finanzen um Stellungnahme gebeten? – Das Problem ist einerseits die Struktur der Finanzierung dieses Instruments und andererseits die damit verbundenen Implikationen in bezug auf Steuerrecht und auch in bezug auf anhängige Verfahren bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes, insbesondere dem Verfassungsgerichtshof.

Machen wir uns daher einen ganz wichtigen Gesichtspunkt bewußt: Der Familienlastenausgleichsfonds, der letztlich Hauptträger der Familienbeihilfen ist, wird in erster Linie aus Dienstgeberbeiträgen gespeist und ist daher in erster Linie auf Lohnnebenkosten im klassischen Sinn gestützt. Wenn man die letzten Jahre betrachtet, sieht man, daß diese Beträge von 1993 bis 1996 deutlich steigende Tendenz aufweisen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Bundesminister Mag. Klima spricht mit Abg. Kopf. )

Herr Bundesminister! Ich würde Sie und Kollegen Kopf um Aufmerksamkeit bitten, weil ich meine, wir sollten diese Aktuelle Stunde wirklich für eine sachliche Diskussion nützen, ich möchte Sie daher nicht abgelenkt wissen.

Diese einnahmenseitige Betrachtung des Fonds zeigt deutlich, daß von 1993 bis 1996 bei den Zuflüssen unter dem Titel "Lohnnebenkosten" eine Steigerung von 35 Milliarden Schilling auf fast 39 Milliarden Schilling zu verzeichnen ist. Gleichzeitig aber ist das Volumen, das zwischendurch einmal kurz angestiegen ist – man vergleiche 1993 und 1996 –, nur um 1 Milliarde different. Mit anderen Worten: Die Zuflüsse aus dem Titel Lohnnebenkosten – damit sind sie durchaus negativ arbeitsplatzwirksam – nehmen bei der Finanzierung der Familienbeihilfen mehr und mehr Raum ein. Ich stelle das deswegen an die Spitze, weil es wichtig ist, das zu betrachten.

Wie strukturieren sich nun die Ausgabenelemente, die wir Familienbeihilfe nennen? – Im Jahre 1996 lautet der Befund, daß wir damit rechnen müssen, daß zwischen 32 und 33 Milliarden Schilling in Form von Familienbeihilfen direkt aus dem Fonds fließen werden, und daß wir über die Steuerabsetzbeträge budgetwirksam Effekte erwarten dürfen, die in einer Größenordnung von rund 12 Milliarden Schilling liegen. Die Problematik ist daher eindeutig ersichtlich.


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Herr Bundesminister, ich weiß, daß das eines Ihrer zentralen Argumente ist, deswegen konzentriere ich mich auf die befürchteten Positionen des EuGH: Es sei der horizontalen Gerechtigkeit nicht dienlich, wenn wir sozial gestaffelte Auszahlungsformen einführen, das ist schon von der Wurzel der Finanzierung her falsch. Denn wenn es tatsächlich um horizontale Gerechtigkeit ginge, dann könnte man nicht die Hauptlast der Finanzierung ausschließlich auf Lohnnebenkosten stützen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Was die Zuflüsse in den Fonds anlangt, lassen Sie damit nämlich alle sonstigen Erwerbseinkommen in der prinzipiellen Säule der Finanzierung gänzlich außer Betracht. Ich stelle das nicht deswegen an die Spitze, weil es das Anliegen unseres Modells ist, sondern weil ich weiß, daß sich der Bundesminister für Finanzen zuviel Sorgen macht, was die Verfassungskonformität einer Neugestaltung anlangt, die auf soziale Gerechtigkeit abzielt.

Jetzt wende ich mich den Reformzielen zu. Herr Bundesminister! Wir haben ein Modell entwickelt, das folgende wesentliche Ziele im Auge hat: Wir wollen soziale Ausgewogenheit bei finanziellen Zuwendungen für Kinder. Wir wollen ein subsidiäres System, das heißt, wir wollen die unterhaltspflichtigen Eltern nicht aus ihrer Pflicht entlassen, sondern sie im Ausmaß ihrer Leistungsfähigkeit dazu heranziehen. Wir sind der Meinung, es ist ein wesentliches Element der Eigenverantwortung, daß man, wenn man Kinder in die Welt setzt, auch weiß, welche Pflichten man damit auf sich nimmt. Solange diese Pflichten im Rahmen einer bestimmten Leistungsfähigkeit auch geleistet werden können, so lange sind die Eltern in die Pflicht zu nehmen.

Wenn aber Unterhaltspflichtige aufgrund ihrer eigenen wirtschaftlichen und sozialen Situation nicht in der Lage sind, einen auskömmlichen Unterhalt für ihre Kinder aufzubringen, dann ist die Solidarität aller gefordert, dann ist mit Familienbeihilfen, die die Kinder unterstützen sollen, einzuspringen.

Ein weiteres wesentliches Reformziel: Wir dürfen keiner Reform zustimmen, die den Grundsatz der Individualbesteuerung aufgibt. Dies zu tun, wäre ein ganz billiger und leichter Weg für jene Mitbürgerinnen und Mitbürger, die über angemessene und hohe Einkommen verfügen, das Problem zur Gänze zu eliminieren. Und das würde gleichzeitig bedeuten, daß dort, wo soziale Probleme herrschen, wo auch das Familieneinkommen, selbst wenn man es addiert, trotzdem noch sehr klein und übersichtlich bleibt, erst recht wieder keine Wirkung erzielt würde. Außerdem hätten wir einen schweren antiemanzipatorischen Fehler gemacht. Wir würden nämlich eine Besteuerung einführen, die letztlich bedeutet: Frauen zurück an den Herd! Ein solches Modell ist allein aus diesem Grund nicht akzeptabel. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn man sich jetzt die Argumentation rund um die angebliche Verfassungswidrigkeit eines sozial ausgewogenen Familienbeihilfenmodelles, das die Kinder in den Mittelpunkt stellt, ansieht, merkt man, daß die Wurzel der Argumentation unser konservatives Unterhaltsrecht ist, und zwar in seiner Philosophie aus dem 19. Jahrhundert.

Wir müssen einfach begreifen, daß wir die Kinder, wenn wir sie wirklich in den Mittelpunkt stellen, nicht hilflos in der Situation zurücklassen dürfen, in der sie sich zufällig befinden. Kinder sind naturgemäß hilflos: Sie werden nämlich in einen sozialen Zusammenhang hineingeboren, den sie sich nicht selber aussuchen, sondern den ihre Eltern bestimmen.

Daher meinen wir Liberalen, daß das Unterhaltsrecht jener Bereich ist, in dem Reformen notwendig sind. Wir müssen begreifen, daß die horizontale Gerechtigkeit in erster Linie durch dieses Gesamtsystem unserer Familienpolitik zu leisten ist.

Es ist auch wichtig anzumerken, daß es Waisenkinder gibt, für die – und das ist etwas, was die Konservativen nicht begreifen – horizontale Gerechtigkeit überhaupt nicht existiert: Ein Waisenkind hat nichts davon, daß irgend jemand etwas steuerlich absetzen kann. Für ein Waisenkind ist niemand unterhaltspflichtig. In unserem Modell aber wäre ein Waisenkind voll in der Existenz – über die Beihilfen eben – abgesichert.

Ein weiterer Vorteil unserer Überlegungen wäre – Herr Bundesminister, ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen –, daß – und das wäre administrativ viel einfacher, wir könnten alles über die


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Finanzbehörden abwickeln – die Bemessungsgrundlage das Nettoeinkommen der Eltern wäre, das ja über die allgemeine Veranlagung feststeht.

Glauben Sie mir: Es braucht nicht mehr als zwei Programmierzeilen in den Computern der Finanzbehörden, um dieses Modell abzuwickeln. Wir würden außerdem, wenn wir die Finanzierung neu ordnen, sinkende Lohnnebenkosten ermöglichen. Das heißt, wir könnten auch noch arbeitsplatzwirksame Elemente einbringen. Das halte ich nur der Vollständigkeit halber fest.

Zum Schluß möchte ich noch betonen, daß unser Modell mit demselben Volumen, wahrscheinlich sogar mit geringeren Mitteln auskommen kann, sodaß wir die Möglichkeit haben, umzugestalten und die Stipendien ersetzende Wirkung unserer Familienbeihilfen anzudiskutieren. Das ist, glaube ich, ein Benefiz, der zeigt: Ganzheitlicher Liberalismus denkt nicht nur an die Ausgaben-, sondern auch an die Einnahmenseite und versucht, ein gerechtes ausgewogenes Modell zu finden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Mag. Klima zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

11.15

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme mit Herrn Abgeordneten Kier völlig überein – es heißt ja auch im Titel der Aktuellen Stunde "Familienförderung" und nicht nur "Familienbeihilfe" –, daß in Österreich die Familienförderung im internationalen Vergleich hervorragend ausgebildet ist. Österreich zählt im internationalen Vergleich mit anderen OECD-Ländern – neben Island, Luxemburg und Belgien – zu den vier besten im Bereich der hochentwickelten Industriestaaten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Laut der kürzlich vorgelegten Verteilungsstudie des Wirtschaftsforschungsinstitutes, die Sie ja kennen und die wir schon behandelt haben, sind öffentliche Leistungen im Ausmaß von mehr als 10 Prozent des Volkseinkommens – das sind mehr als 200 Milliarden Schilling – im weitesten Sinne familienpolitisch motiviert – und so soll es auch bleiben.

Die Familienförderung umfaßt im wesentlichen die direkten Geldleistungen, zum Beispiel in Form der altersgestaffelten Familienbeihilfe und der nach der Kinderzahl gestaffelten Kinderabsetzbeträge. Diesbezüglich eine kurze Anmerkung, Herr Abgeordneter Kier: Es ist so, daß bereits nahezu ein Drittel des Familienlastenausgleichsfonds aus Steuermitteln finanziert wird – aus Kapitalertragsteuer, Körperschaftsteuer und veranlagter Einkommensteuer – und daß nur mehr zwei Drittel aus diesen von Ihnen zitierten Dienstgeberbeiträgen stammen.

Im Sinne einer fairen Betrachtung muß man aber auch den Alleinverdienerabsetzbetrag, den Karenzurlaub, die Familienzuschüsse für Eltern mit niedrigem Einkommen, diverse Sachleistungen, kostenlose Mitversicherung der Familienangehörigen bei der Krankenversicherung, Stipendien für Kinder einkommensschwacher Eltern, Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der Pensionsversicherung, öffentliche Mittel für Kinderbetreuungseinrichtungen und im weitesten Sinne auch die kostenlose Inanspruchnahmen von Schulen und Universitäten, inklusive Hinterbliebenenvorsorge in der Pensionsversicherung sowie die Pflegesicherung der Familienförderung hinzurechnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es zeigt uns ein OECD-Vergleich – und auch da liegt Österreich im Spitzenfeld –, daß insgesamt 17 Prozent des Einkommens eines durchschnittlichen Industriearbeiters mit zwei Kindern, also für eine vierköpfige Familie, aus der Familienförderung kommen, wobei Österreich ab dem Jahr 1992 doch sehr starke Maßnahmen zur Verbesserung dieser Familienförderung gesetzt hat.

Herr Abgeordneter Kier hat völlig recht, wenn er meint, daß dieses System der Familienförderung auch künftig finanzierbar sein muß. Wir müssen daher danach trachten, aus einer Kombination von Geldtransfers, Sachleistungen und Infrastruktur eine moderne Familienförderung


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schwerpunktmäßig weiter auszubauen. Die Konsolidierungsmaßnahmen und Anpassungen sind auch im Interesse der Familien, denn hohe Budgetdefizite gingen sicherlich wieder in erster Linie zu Lasten der Familien.

Haben wir einmal die Chance, mehr Mittel für die Familienförderung zur Verfügung zu stellen, so sollten diese unserer Ansicht nach gezielt dort eingesetzt werden, wo dringender Bedarf besteht, zum Beispiel im Bereich der Kinderbetreuungseinrichtungen, aber auch im Bereich der Unterstützung der Kinder ärmerer Familien. Allfällige Umschichtungen innerhalb des gegebenen Fördervolumens dürfen keinesfalls zur Abkehr von dem Prinzip führen, daß Familienförderung für Kinder armer Eltern zumindest ebenso hoch sein muß wie jene für Kinder einkommensstarker Eltern. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Reaktion auf eine allfällige Entscheidung des VfGH darf auf keinen Fall dazu führen, daß wir als Schluß eine einseitige Begünstigung und Förderung von Kindern einkommensstärkerer Eltern daraus ziehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen das Prinzip der Individualbesteuerung wahren. Es kann und darf nicht sein – und das ist unbestritten –, daß die Frau in der Familie, die auch berufstätig ist, steuerlich betrachtet zu einem Anhängsel des Mannes und damit nur als Steuerabsetzposten betrachtet wird. Das heißt, das Prinzip der Individualbesteuerung ist unumstritten und darf nicht verletzt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben deshalb von der grundsätzlichen Richtung her ein System zu wählen, das staatliche Unterstützung für Kinder nicht so vorsieht, daß Kinder reicherer Familien bevorzugt werden. (Beifall bei der SPÖ.) Das wäre aber jedenfalls so, wenn es sich um die Anerkennung eines Steuerfreibetrages gemäß Unterhaltsrecht oder ähnliches handelte. Ich glaube, daß innerhalb der Regierung weitestgehend Einvernehmen darüber besteht, daß wir nicht Maßnahmen setzen wollen ... (Abg. Dr. Khol: Glaube ich nicht!) Mit Kollegen Bartenstein zumindest ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. ) Ich zeige Ihnen ein Dokument; vielleicht ist das ein internes Abstimmungsproblem. Kollege Bartenstein hat klar und deutlich erklärt, daß es ihm nicht darum geht, reichere Familien zu bevorzugen. (Abg. Dr. Khol: Das ist richtig!) Dazu muß es eine klare und gemeinsame Position in diesem Parlament geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir reagieren heute auf den Umstand, ob eine Familie Kinder hat oder nicht, dadurch, daß wir die Existenzsicherung seitens des Staates durch Kinderabsetzbetrag und Familienbeihilfe für die beiden Gruppen unterschiedlich gewähren. Das heißt, eine Familie, die keine Kinder hat, erhält selbstverständlich keine Existenzabsicherung für Kinder, eine Familie mit Kindern bekommt die Existenzabsicherung in Form des Kinderabsetzbetrages und der Kinderbeihilfe/Familienbeihilfe. Das ist ein ausgewähltes System. (Abg. Dr. Khol: Der Verfassungsgerichtshof will aber einen verschiedenen Steuertarif, Herr Minister!) Herr Kollege! Wenn Sie schon wissen, was der VfGH will, wird er sich freuen (Abg. Dr. Khol: Hat er 1993 entschieden!) , denn dann braucht er darüber nicht zu entscheiden. (Abg. Dr. Khol: Er hat 1993 schon so entschieden – das wissen Sie!)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Khol! Ich reagiere ungern auf Zwischenrufe, aber da ich Sie schätze (Abg. Dr. Khol: Da bin ich aber froh!) , tue ich es und sage Ihnen, was der VfGH im Jahre 1991 entschieden hat: Der VfGH hat den Standpunkt der Differenzierung zwischen Nicht-Kinder-Familien und Familien mit Kindern durch das System vertreten, so wie es die Bundesregierung im Jahre 1993 einvernehmlich beschlossen und dieser Nationalrat auch umgesetzt hat – ich hoffe, in dem Wissen und der Absicht, daß es verfassungskonform sei.

Herr Abgeordneter Khol! Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie damals ein Gesetz beschlossen und gemeint haben, daß es ohnehin nicht verfassungskonform sei. (Beifall bei der SPÖ.) Ich hoffe, daß wir damals alle der Meinung waren, daß es verfassungskonform ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich rede jetzt vom System, nicht von Beträgen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zusammenfassend folgendes klipp und klar sagen:


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Erstens: Es soll und darf kein Abgehen vom Prinzip der Individualbesteuerung geben.

Zweitens: Wir wollen kein System wählen, das Kinder reicherer Eltern zusätzlich fördert, eine einseitige Förderung durchführt. In Zeiten des Sparpakets scheint mir das nicht gerechtfertigt zu sein.

Drittens: Ich warne davor – da bin ich ein bißchen vorsichtig hinsichtlich Ihrer Vorschläge, sehr geehrter Herr Abgeordneter Kier –, daß wir in irgendeiner Form in den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch eingreifen. Ich halte das in der Diskussion für sehr problematisch. In jedem Unterhaltsanspruchsverfahren wird Zivilrecht angewendet, das meiner Meinung nach anerkannt werden soll. Wir dürfen alleinerziehende Väter oder Mütter in ihrem Unterhaltsanspruch gegenüber dem Partner nicht beschneiden. Das ginge in die genau entgegengesetzte Richtung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß wir hier im Parlament die Linie, die wir vor knapp drei Jahren beschlossen haben, auch in Zukunft gemeinsam verfolgen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. Die Redezeiten im Verlauf der weiteren Debatte betragen maximal 5 Minuten. – Bitte sehr.

11.25

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Aktualität dieser Frage und dieses Fragenkomplexes ergibt sich nicht nur aus der "Pressestunde" des Herrn Bundeskanzlers vom letzten Sonntag, in der er deutlich gemacht hat, daß es ihm ein Anliegen sei, über dieses Thema nachzudenken und Entscheidungen herbeizuführen. Das ist auch schon vorher mehrfach eingemahnt worden.

Zunächst muß es unser Ziel sein, die Finanzierbarkeit der bestehenden Systeme der sozialen Sicherung und der Familienförderung auch langfristig zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen wir uns jedoch eingestehen, daß Reformen einzuleiten und fortzusetzen sind, die dieses System den Bedürfnissen der sich strukturell ändernden Gesellschaft und Volkswirtschaft anpassen. – Das ist aber nicht geschehen.

Meine Damen und Herren! Damit habe ich etwas zitiert, was nicht ich erfunden habe, sondern was Herr Finanzminister Lacina in seiner Budgetrede am 9. März 1995 gesagt hat. Inzwischen sind fast zwei Jahre vergangen, eine neue Legislaturperiode hat begonnen, aber die hier angesprochenen Reformnotwendigkeiten sind unbeantwortet geblieben; selbst Ansätze zur Lösung sind unterblieben.

Herr Bundesminister! Es nützt uns nichts, wenn der Herr Bundeskanzler vollmundig erklärt, das sei ein Anliegen, wenn andererseits nicht einmal eine Diskussion darüber ernsthaft in Gang gekommen ist.

Wenn sie nun in Gang kommt, wäre jede Reform – das gestehen wir ein –, die in Richtung einer erhöhten Einkommensabhängigkeit von Transferleistungen diskutiert wird, immer auch in Beziehung zum Steuersystem zu bringen. "Nur die Zusammenschau des Steuer- und des Transfersystems kann zu sinnvollen Einschätzungen führen." – Auch dies ist, Herr Bundesminister Klima, ein Zitat aus der Budgetrede des Herrn Ministers Lacina.

Wir stimmen dem zu, und uns allen ist, glaube ich – bei allem Mißverständnis hinsichtlich der verschiedenen Wortwahl oder Semantik –, klar, daß das der Quadratur des Kreises gleichkommt. Es ist schwierig, diese Zusammenschau herzustellen, sie gleichzeitig sozial treffsicher und dem Verfassungsgerichtshoferkenntnis entsprechend zu gestalten und punktgenau das zu erreichen, was wir wollen.


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Herr Bundesminister! Ich bitte Sie noch einmal, unserem Transfermodell wenigstens kurz die Aufmerksamkeit zu schenken, Sie werden dann nämlich draufkommen, daß wir darin nicht, wie Sie glauben, die Förderung armer und reicher Familien vermischen. Das ist eine Folge, weil Sie Familienförderung auch über das Steuersystem beziehungsweise den Steuertarif betreiben. Wir wollen keinen Freibetrag, der an Unterhaltspflichten oder an der Unterhalts-Leistungsfähigkeit gemessen wird. Das ist nicht unsere Absicht. Wir wollen selbstverständlich an der Individualbesteuerung festhalten und haben noch nie Familiensplitting oder ähnlichen Modellen das Wort geredet. All das, Herr Bundesminister, sind Mißverständnisse.

Aber wir glauben, daß Sie das Steuersystem von familienpolitischen Überlegungen zu befreien haben, daß wir nur dann einen Schritt weiterkommen, wenn wir die beiden Dinge trennen, nämlich ein gerechtes Steuersystem und familienpolitische Leistungen, die der Staat als Förderung für diese Familien zu erbringen hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Sie sagen es ja selbst: Den 58 Milliarden des Familienlastenausgleichsfonds stehen über 200 Milliarden Schilling im familienpolitischen Paket im Staatshaushalt insgesamt gegenüber. Wir reden also sozusagen nur von einem Viertel davon, nämlich dem Familienlastenausgleichsfonds. Es gibt sehr viele Wege – über den Wohnungsmarkt, Kindergärten, Bildungskosten und anderes –, wie familienpolitisch wirksam geholfen und das Förderungsziel, daß die steigende Zahl der Familien an der Armutsgrenze verringert oder vermieden wird, erreicht werden kann.

Herr Bundesminister! Ich glaube nach wie vor, daß wir in diesem Bereich umzudenken haben, da wir feststellen müssen, daß die Zahl der armutsgefährdeten Familien trotz Ihres Systems steigt, da es uns trotz unserer Rekordposition innerhalb Europas nicht gelungen ist, diesem Phänomen Herr zu werden. Wir bitten Sie daher, die besagten Reformen einzuleiten.

Herr Bundesminister! Ich meine, daß das Anknüpfen an den Unterhaltsanspruch des Kindes tatsächlich eine erstklassige und neue Idee ist. Ich habe Herrn Kollegen Kier schon oft dazu gratuliert, daß ihm das eingefallen, daß ihm dieses Licht aufgegangen ist.

Ich bitte Sie, das nicht mit dem zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch zu vermischen, sondern es vom Grundgedanken her zu sehen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Noch einen Schlußsatz – wenn Sie gestatten, Herr Präsident –: Die Liberalen sind der Meinung, daß Familienförderung beziehungsweise das neue System nicht gerecht und nicht fair wäre, wenn wir die Vermögensverhältnisse der Betroffenen nicht in die Überlegungen miteinbeziehen. Damit reden wir nicht der Wiedereinführung der Vermögensteuer das Wort, aber es sollte ein kluges Modell gefunden werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte sehr.

11.31

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich könnte meine Rede erheblich kürzen, indem ich sagte: Ich stimme den Ausführungen des Herrn Finanzministers vollinhaltlich zu!, aber fünf Minuten sind fünf Minuten. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) Ich werde es wiederholen, es ist ja meine Redezeit.

Die SPÖ wurde initiativ – ich darf das in Erinnerung bringen –, sie hat eine Studie über die Verteilungswirkungen initiiert, Herr Kier – Sie haben ja die Verteilung angesprochen –, und zwar mit dem Entschließungsantrag vom 22. März 1991. Diese Studie wurde vom Finanzminister in Auftrag gegeben, wurde vorgelegt und vor kurzem hier debattiert. Sie ist die Grundlage für Überlegungen in Richtung weiterer Reformen, denn – ich räume das ein und sage es hier schon seit 1993 – es besteht Reform- und Regelungsbedarf gerade im Familienbereich. Ich bin überzeugt davon, daß eine aktive Verteilungspolitik durch die öffentlichen Haushalte eine gesellschaftspolitische Notwendigkeit ist.


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Aber die Verteilungsfrage darf nicht nur auf Gruppen der unselbständig Erwerbstätigen reduziert werden, da das Einkommen aus Besitz und Vermögen wesentlich stärker ansteigt als das Erwerbseinkommen. Wir müssen daher die Bezieher niedrigster Einkommen berücksichtigen, denn im Zentrum unserer Überlegungen müssen deren Kinder stehen – und nicht Überlegungen, wie Kinder von reicheren Familien zu mehr Steuerersparnis beitragen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Trotz aller Reformerfordernisse: Es sind die Leistungen, die einer Familie zur Verfügung stehen, in einer Gesamtschau und umfassend zu sehen. – Herr Kier, ich gebe Ihnen in diesem Punkt recht, aber trotzdem stellen Sie in Ihrem Modell nur die Reform der Familienbeihilfe dar – wenn ich es richtig verstanden habe. Finanzpolitisch relevante Maßnahmen sind also in der Gesamtschau von 200 Milliarden Schilling zu sehen, und es sind daher neben den steuerlichen Maßnahmen und den Transferleistungen sämtliche Leistungen der Sozialversicherung, die für die Familie relevant sind, in die Reformüberlegungen miteinzubeziehen.

Keine – das ist für die SPÖ wichtig – einseitige Orientierung in Richtung Geldleistungen, denn gerade die Sachleistungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Familienpolitik und kommen – laut Wifo-Studie – den unteren Einkommensschichten zu.

Eine Anmerkung aus budgetärer Sicht: Eine Ausweitung der Mittel kommt nicht in Frage. Aus meiner Sicht kann Reform aber auch nicht als Synonym für Streichungen und Mehrbelastungen der Bevölkerung stehen – auch wenn manche einwenden, daß wir uns in einer Topsituation befinden, was die Quantität der Familienförderung betrifft.

Unser Ziel muß es sein, soziale Ausgewogenheit und einen effizienten Einsatz der Mittel zu erreichen.

Was die Armutsgefährdung betrifft, Herr Abgeordneter Haselsteiner, muß man deren Ursachen betrachten, nämlich primär das Einkommen.

Wir wollen eine arbeitnehmerorientierte Familienpolitik – man muß nur schauen, wie der FLAF gespeist wird. Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – Kinderbetreuungseinrichtungen. Wir wollen aber auch die Schaffung von sicheren Arbeitsplätzen, unter anderem auch deshalb, weil die Finanzierung des FLAF beschäftigungsabhängig ist.

Ich meine, daß Veränderungen, daß neue Regelungen nicht durch eine Ho-ruck-Aktion herbeigeführt werden sollen. Die Lösung muß im Interesse aller Familien sein, vor allem aber der Kinder.

Der Standpunkt der SPÖ ist in den vergangenen Wochen und Monaten in aller Öffentlichkeit klargestellt worden. Im Zentrum unserer Überlegungen stehen die Kinder und jene Familien, die es besonders schwer haben und zu den Schwachen in unserem Land zählen, nämlich AlleinerzieherInnen und Mehrkinderfamilien mit niedrigem Einkommen.

Selbstverständlich – das wurde heute ja schon betont – hat das Prinzip der Individualbesteuerung unangetastet zu bleiben.

Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte, aber auch des Aspektes der Finanzierbarkeit der Maßnahmen ist ein zukunftsorientierter Umbau vorzunehmen. Es geht also nicht darum, neue Unterstützungen einzuführen, sondern es ist der Konsolidierungskurs fortzusetzen; dies ist ja schlußendlich auch im Interesse der Familien.

Es geht daher nicht darum, Kürzungen zu Lasten der Familien vorzunehmen. Es geht aber– das möchte ich betonen – um eine ausgewogene Arbeitsmarktpolitik für Frauen und Männer; um eine Arbeitsmarktpolitik, die auch den Frauen Vorteile bringt: durch qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze, Wiedereinstiegshilfen, flexiblere Arbeitszeiten. Und es geht um eine ausreichende Zahl von Kinderbetreuungseinrichtungen mit bedarfsorientierten Öffnungszeiten und natürlich – das möchte ich nicht verschweigen – um Betriebskindergärten. Die Wirtschaft ist aufgerufen,


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diesbezügliche Modelle zu entwickeln, Kooperationsmodelle, die praxisgerecht sind. (Beifall bei der SPÖ.)

11.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Er hat das Wort.

11.37

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten am Beginn einer solchen Diskussion zunächst drei Tatsachen ins Auge blicken.

Tatsache eins: Familien mit mehreren Kindern geraten in Österreich zunehmend in materielle Probleme.

Vergegenwärtigen wir uns die Zahlen: Wenn es schon 100 000 Familien sind, die an die Armutsgrenze geraten, so ist dies, würde ich sagen, Österreichs nicht würdig.

Tatsache zwei: Heute wurde gefragt, ob wir wollen, daß die Frauen wieder an den Herd zurückgedrängt werden. (Abg. Parnigoni: Sagen Sie einfach ja!) Tatsache ist doch, daß Familien mit mehreren Kindern tendenziell dazu neigen müssen, daß ein Ehepartner zu Hause bleibt. (Abg. Dr. Mertel: Welcher?) Meine Damen und Herren! Wie anders soll jemand, der mehr als zwei Kinder hat, gewährleisten, daß die Erziehung und die Betreuung seiner Kinder wirklich ordentlich sind, so wie er sich eine Familie vorstellt? (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsache drei: Wer heute als Alleinverdiener einer Mehrkinderfamilie eine solche erhalten soll, muß sich gut überlegen, wie er mit einem Familieneinkommen bei etwa drei Kindern auskommen soll.

Aufgrund dieser Tatsachen glaube ich, daß man ein Instrument entwickeln muß. Und dieses Instrument unterscheidet sich unserer Ansicht nach von Ihren Instrumenten. Denn wir sehen Familienpolitik nicht als einen Teil der Sozialpolitik. Wir sehen Familienpolitik als Ausgleich zwischen jenen, die Kinder haben, und jenen, die keine Kinder haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Genau so ist es!)

Unser Modell lautet daher: Es soll ein steuerfreies Existenzminimum für jedes Familienmitglied geben. Ich glaube, daß das ein sehr gerechter horizontaler Ausgleich wäre, wie er durchaus auch durch den Verfassungsgerichtshof in seinem bisherigen Erkenntnis, aber auch – wie wir hören – in seinem zukünftigen Erkenntnis angedeutet wird. Alles andere – das sage ich dazu – wäre auch ein Bruch unserer Verfassung, mit dem wir nicht einverstanden sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch etwas aus der Studie bringen, die Sie selbst immer zitieren. Sie sagen: Das heutige System bevorzugt die Reichen. Ich möchte aus dieser Studie des Wifo zitieren, die klar ergibt, daß es diesen vertikalen Ausgleich, den Sie ja haben wollen, in Wirklichkeit schon gibt.

Es heißt in dieser Studie: Das obere Einkommensdrittel der Gesamtbevölkerung bezahlt 68,7 Prozent in den Familienlastenausgleichsfonds, aber nur 42 Prozent der Leistungen des Familienlastenausgleichsfonds werden dieser Gruppe zugewiesen.

Schaue ich mir das untere Einkommensdrittel an, zeigt sich: 5,6 Prozent der Einzahlungen in den Familienlastenausgleichsfonds, 18,6 Prozent der Auszahlungen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) – Das ist ein vertikaler Ausgleich, meine Damen und Herren, Sie haben ihn heute ... (Abg. Dr. Nowotny: Und was ist die Schlußfolgerung?) Ich komme schon zu meiner Schlußfolgerung, Herr Abgeordneter Nowotny, ich hoffe, Sie können sich gedulden.

Unsere Antwort darauf lautet daher: Wir wollen in Zukunft einen horizontalen Ausgleich (Abg. Dr. Mertel: Er existiert! Er ist laut Studie da!) , der ein Existenzminimum für jedes Familienmitglied


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vorsieht, denn wir glauben, daß damit der Steuergerechtigkeit für Familien im Sinne der Verfassungslage am ehesten entsprochen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen daher zum Schluß noch sagen: Bei realistischer Betrachtung der Möglichkeiten wissen wir, daß wir in einer nächsten Steuerreform wenige, aber doch gezielte Punkte einer Neuordnung bewerkstelligen können. Für uns von der Österreichischen Volkspartei ist der Punkt, daß wir zu Chancengerechtigkeit, zu Verteilungsgerechtigkeit in der Form kommen, wie wir sie haben wollen, nämlich mit dem Existenzminimum für jedes Familienmitglied. (Beifall bei der ÖVP.)

Alles andere würde meiner Ansicht nach, meine Damen und Herren, ein Almosengeben an die Familien bedeuten. – Und dafür bin ich nicht zu haben! (Beifall bei der ÖVP.)

11.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Edith Haller. – Bitte sehr.

11.42

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dieses Thema ist wichtig, denn 70 Prozent der Österreicher sehen ein intaktes Familienleben als ihr persönliches Ziel an. Es ist auch volkswirtschaftlich gesehen sehr wichtig, denn gesunde Familien sichern wirtschaftlichen Erfolg und gesellschaftliche Stabilität.

Wenn sich nun, wie dies auch heute wieder passiert ist, der Herr Finanzminister brüstet, daß wir in Österreich ein effektives Familienförderungssystem haben, dann stellt sich für mich schon die Frage: Warum ist Familienarmut immer mehr kein Randgruppenproblem mehr? Vor allem Mehrkinderfamilien und Alleinerzieher sind immer häufiger davon betroffen. Dazu werden noch die Auswirkungen der Sparpakete kommen, die insgesamt zu einer 20prozentigen Leistungskürzung führen werden.

Auffallend ist auch, daß die Einkommensdisparitäten zwischen Kindererziehenden und Kinderlosen in letzter Zeit immer größer geworden sind. Das bedeutet, daß das duale System der Familienförderung, wie wir es in Österreich haben, nicht mehr intakt ist. Das hat das Höchstgericht bereits 1991 so entschieden, und auch jetzt steht wieder eine Entscheidung in dieser Richtung bevor.

Ich sage Ihnen folgendes: Wir Freiheitlichen werden kein Partner für Sie – für niemanden hier im Hohen Haus – sein, wenn es um weitere Einschränkungen der Leistungen für Familien gehen soll! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen stehen – im Gegensatz dazu – zu einer fiskal- und gesellschaftspolitischen Aufwertung der Familie. Wie mir scheint, sind wir nun wirklich die einzigen echten Vertreter von Familieninteressen.

Ich komme jetzt auf die Diskussion betreffend die soziale Gerechtigkeit und die finanzielle Tragbarkeit von Transferleistungen, um die es heute geht, zu sprechen. Ich möchte der ÖVP und auch dem Herrn Finanzminister durch einen Ausspruch des ehemaligen Finanzministers Dr. Schmitz einen Spiegel vorhalten. Er sagte:

Die gegenwärtige Diskussion über die soziale Gerechtigkeit und finanzielle Tragbarkeit gleicher Transferzahlungen für alle Familienerhalter ist dadurch entstanden, daß diese aus der Logik des Steuerstaates in die ganz anders orientierte Logik des Wohlfahrtsstaates abgedrängt worden ist. – Zitatende.

Der Herr Finanzminister hat heute auch wieder versucht, uns genau das zu dokumentieren.

Bei einem dualen System wäre es logisch, vor allem einmal Steuergerechtigkeit herzustellen und durch die Steuergerechtigkeit die eklatante Diskriminierung von Familienerhaltern zu beseitigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Daß das allein mit steuerlichen Mitteln nicht geht, ist ganz klar. Deswegen haben wir ja ein duales System gehabt – und haben es immer noch.


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Wir Freiheitlichen forcieren und bleiben bei unserem Modell des Familiensteuersplittings, weil dieses auch von Fachleuten als sehr taugliche Maßnahme zur Herstellung von Steuergerechtigkeit angesehen wird. Auch Herr Familienminister Bartenstein hat unser Modell als sehr steuergerecht bezeichnet.

Wenn jetzt der Herr Finanzminister und auch meine Vorredner der Individualbesteuerung das Wort reden und sie als einen Tribut an die Frauen bezeichnen, kann ich nur sagen: Das ist widersinnig und falsch! Das kann höchstens ein Tribut an kinderlose Frauen sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man über Familienförderung im Zusammenhang mit Steuergerechtigkeit spricht, dann ist das einfach absurd, Herr Finanzminister, denn die Wegnahme von Eigentum kann doch nicht Förderung sein – auch in Österreich nicht! Auch wenn Sie uns das immer wieder einreden wollen.

Bei unserem System der Familienbesteuerung sind natürlich die Transferleistungen – Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, der auch nur eine Transferleistung ist – miteinbezogen, man hat somit automatisch eine soziale Staffelung. Wir wollen aber weiters: den Ausbau der Mehrkinderstaffelung; den Kinderbetreuungsscheck, der andere Transferleistungen, bisherige Transferleistungen wie Notstandshilfe, Karenzgeld (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – ich komme gleich zum Ende –, Wochenhilfe und ähnliches in die Einkommensbesteuerung miteinbezieht und subsumiert.

Die Voraussetzung für Steuergerechtigkeit ist selbstverständlich ein steuerfreies Existenzminimum, zu dem wir stehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Edith Haller (fortsetzend): Zur Finanzierung für die von uns geforderten Maßnahmen ist natürlich eine Neuordnung des Familienlastenausgleichsfonds notwendig. Das wird von uns auch schon seit vielen Jahren verlangt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Er hat das Wort.

11.48

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Von einigen meiner Vorredner ist hier sehr deutlich die heile Familie beschworen worden, die es zu fördern und zu erhalten gilt. Ich möchte dem entgegenstellen, daß es vielfach gerade die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umstände gewesen sind, die dazu geführt haben, daß in den letzten Jahrzehnten diese "heile Familie" – unter Anführungszeichen – nicht mehr existiert, sondern daß Familien, vor allem Familien mit Kindern, einem sehr hohen Druck ausgesetzt sind – nicht nur in materieller Hinsicht, sondern auch dann, wenn es zum Beispiel darum geht, gemeinsam mit den Kindern Zeit zu verbringen, mit den Kindern etwas zu erleben. Das ist doch das Problem.

Damit komme ich auf Punkte in der Familienförderung, die Sie noch nicht angesprochen haben, auch auf Arbeitszeitmodelle, die das ermöglichen. Es geht auch um ein Recht auf Kinderbetreuung, darum, daß wir hier im Hohen Haus die Verpflichtung haben, Kinderbetreuung für diese Personen zu organisieren.

Es geht auch darum, daß beispielsweise alleinerziehende Mütter und Väter durch das Arbeitslosenversicherungsrecht daran gehindert werden, bei ihren Kindern zu bleiben, daß ihnen die Notstandshilfe gestrichen wird, weil sie eben "nur" – unter Anführungszeichen – Teilzeitarbeit leisten können. – Das sind doch die Umstände, die dazu führen, daß Familien oft sehr zerrüttet sind, daß wir heute wirklich Probleme in der Familienpolitik haben, die nicht allein mit etwas mehr Geld gekittet werden können.


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Ich meine schon, es ist notwendig, Familienbeihilfe und Familienförderung auch auf materieller Ebene zu betreiben. Ich meine schon, daß es wichtig ist, die Geldleistungen zu erhöhen. Ich bin mit dem Liberalen Forum und mit einigen meiner Vorredner derselben Meinung, wenn es darum geht, daß das Steuerrecht von der Familienpolitik, von der Familienförderung zu trennen ist. Gerade das ist der Hintergrund, vor dem wir das diskutieren im Hinblick auf das bevorstehende Erkennntnis des Verfassungsgerichtshofes.

Aber ich habe ein Problem, wenn ich mir ganz konkret das Familienmodell des Liberalen Forums anschaue – zumindest das, das mir bekannt ist –, das ist nämlich ein Sparmodell, ein Sparpaketmodell.

Ich habe ein Problem damit, wenn die Familienförderung an das Unterhaltsrecht gebunden wird; da sind schon einige Argumente gefallen. Das verstärkt natürlich die Tendenz, würde ich meinen, daß der Gesetzgeber beziehungsweise der Verfassungsgerichtshof diese Unterhaltsverpflichtung mit steuerrechtlichen Begünstigungen für Besserverdienende koppelt. – Das ist doch die reale Situation, mit der wir umzugehen haben!

Und es kann meiner Meinung nach – da treffe ich mich wieder mit Ihnen – nicht herauskommen, daß wir unter dem Vorwand der Förderung von Familien hier Steuerfreibeträge einführen, durch die ausgerechnet die Besserverdienenden, die tatsächlich viel Geld haben, noch mehr Geld herausbekommen, als das bei bestehenden Modellen der Fall ist.

Ich habe ein Problem damit, wenn die Familienförderung an das Unterhaltsrecht gebunden wird. Ich würde vorschlagen: Schaffen wir doch endlich auf der Beitragsseite, wenn es um den Familienlastenausgleich geht, Gerechtigkeit! Sehen wir doch, daß die Situation nach wie vor so ist, daß Beamte, Selbständige, Gewerbetreibende, aber auch Politiker keinen Groschen in den Familienlastenausgleichsfonds einzahlen. Teilweise, wie etwa die Beamten, erhalten sie nicht die vollständigen Leistungen daraus – das ist mir klar –, teilweise aber schon.

Ich meine, es wäre notwendig, hier einmal Beitragsgerechtigkeit herzustellen! Das habe ich gegenüber dem Herrn Finanzminister schon mehrmals betont. Warum soll es nicht möglich sein, daß andere Gruppen, die auch von den Leistungen profitieren, tatsächlich auch in den Familienlastenausgleichsfonds einzahlen? Es kann nicht so sein, daß Bürgermeister Häupl – weil er offensichtlich nicht weiß, daß er in den Familienlastenausgleichsfonds nicht einzahlt – einfach sagt: Ich kann es mir bei meiner Einkommenssituation schon leisten, auf die Schulbücher zu verzichten! – Ich hätte lieber, daß Bürgermeister Häupl – sowie alle anderen Politiker – einmal einzahlt in den Familienlastenausgleichsfonds. Das würde ich mir wünschen!

Ich würde mir wünschen, daß man etwas mehr die reale Situation berücksichtigt, in der sich Familien tatsächlich befinden. Ich würde mir wünschen, daß wir nicht über ein steuerfreies Existenzminimum diskutieren, sondern über eine Grundsicherung für Kinder und Familien. Und eine Grundsicherung muß mehr beinhalten als nur die Geldleistung, die auch – das sei mir gestattet zu sagen, Herr Finanzminister – zu niedrig ist und jetzt schon wieder durch den Mutter-Kind-Paß-Bonus gekürzt wurde. Das war ja realpolitisch eine Kürzung.

Wir wollen ein Recht auf Kinderbetreuung, genauso wie wir eine Verpflichtung des Staates wollen, diese Kinderbetreuung zu organisieren. Es soll der Staat über Steuern steuern und die Familientransferleistungen nach Möglichkeit in Ruhe lassen. Er soll gleiche Bedingungen für alle herstellen und nicht versuchen, Defizite auf Kosten der Familien und ohne Diskussion über die weit darüber hinausgehenden Aspekte, wie eben zum Beispiel Arbeitszeiten, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... wie eben zum Beispiel die Arbeitslosensituation, die Situation von Alleinerziehenden, zu beheben. Das wäre echte Familienförderung! (Beifall bei den Grünen.)


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11.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte sehr.

11.53

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Spindelegger, es ist nicht richtig, wenn Sie unsere Aussagen so interpretieren, als ob wir Familienpolitik als reine Sozialpolitik sehen würden. Das stimmt nicht! Auch wir bekennen uns zur Familienpolitik, auch wir bekennen uns zu den 200 Milliarden Schilling, die zum Beispiel für Kinderbetreuungseinrichtungen, das Gesundheitswesen, die Bildung und so weiter ausgegeben werden. Allerdings bekennen wir uns, was das Bargeld betrifft, das die Familien bekommen, zu einer echten sozial gestaffelten Förderung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wie wir wissen, ist Österreich das neuntreichste Land der Welt. Dennoch sind nach Umfragen und neuesten Daten im sogenannten reichen Land Österreich 270 000 Kinder von der Armut gefährdet. Unverständlich sind für mich diese Daten, wenn man weiß, daß Österreich international gesehen eine einzigartig hohe Familienförderung hat, denn eine indirekte Förderung von 10 Prozent des Volkseinkommens wird an die Familien in unserem Land umverteilt.

Meine Damen und Herren! Der Grund für diese Armutsgefährdung wird allerdings klarer, wenn man sich über die Aufteilung der Gelder aus dem Lastenausgleich informiert. Denn 18 Milliarden Schilling gehen an die Familien mit höherem oder hohem Einkommen, und nur 5,6 Milliarden Schilling an die weniger gut verdienenden. Verursacht wird dies durch verschiedene Faktoren, wie zum Beispiel die hohen Lohnunterschiede, die fehlende Mindestsicherung, etwa für Arbeitslose, und die niedrige Frauenerwerbsquote, die wiederum auf einen gravierenden, allzubekannten Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen und Teilzeitjobs zurückzuführen ist. Frau Kollegin Mertel – sie ist nicht hier –, ich bin mit Ihnen da voll einer Meinung!

Diese Situation wird durch die zurzeit bestehenden Transferleistungen nur wenig gemildert, da der horizontale Lastenausgleich gegenüber der Bedürftigkeit dominiert. Herr Minister! Das sind Fakten, und ich glaube, diese Probleme müßten ehestens gelöst werden.

Und wie sieht dies in der Praxis aus? – Die Familienförderung geht überproportional stark an bessergestellte Familien. So nimmt ein Drittel der Haushalte mit dem höchsten Einkommen 43 Prozent der Leistungen in Anspruch. Auch die Selbständigen profitieren überproportional von der Familienförderung, nämlich mit 13,5 Prozent. Familien mit Kindern erhielten 15,5 Prozent an Förderung. Diese Differenz zwischen 13,5 Prozent und 15,5 Prozent sollte man überdenken. Am schlechtesten schneidet das unterste Drittel der Gefährdeten mit niedrigem Einkommen ab, welches nur 10 Prozent der gesamten Leistungen erhält.

Meine Damen und Herren! Zurückzuführen ist der hohe Anteil der Förderungen bei den besser verdienenden Haushalten auf zwei Faktoren:

Erstens gibt es in dieser Gruppe überdurchschnittlich viele Familien mit Kindern. Und das ist auch gut so.

Zweitens gehen die Kinder aus diesen Familien auf die Universitäten, wodurch die Leistungen auch länger gezahlt werden. – Womit wir auch schon wieder beim Thema Bildung wären, wo es bis heute noch keine Chancengleichheit gibt, obwohl der Besuch von Bildungseinrichtungen für alle Kinder frei ist.

Darüber hinaus kommen laut Wifo-Studie 49,5 Prozent oder 21 Milliarden Schilling aller Bildungsausgaben jenem Drittel der Haushalte zugute, die das höchste Einkommen haben. Die Mittelschicht profitiert mit 35,2 Prozent oder 16 Milliarden Schilling. Dem ärmsten Drittel kommen lediglich 15,3 Prozent oder 7 Milliarden Schilling zu. Aber auch im Bereich der Hochschulen findet eine massive Umverteilung zu den Gutverdienenden statt. Denn vor allem Studenten und Studentinnen aus den obersten Einkommensschichten sind stark vertreten, sodaß ein Viertel der Hochschulausgaben den obersten 10 Prozent der Einkommensverteilung zuzurechnen ist.

Wir kennen die Studie "Ob arm, reich – für alle gleich", und aus dieser Studie der Gewerkschaft der Privatangestellten geht ganz klar hervor, daß die familienpolitischen Leistungen nicht sozial


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ausgewogen sind und daß daher die Gepflogenheit des Gießkannenprinzips im Bereich der Familienförderung nicht mehr beibehalten werden kann.

Meine Damen und Herren! Allein aufgrund dieser Fakten, die durch Studien und Untersuchungen belegt sind, halten wir unser Tansfermodell für zielführend. Das heißt: Abschied zu nehmen vom Gießkannenprinzip und, statt staatliche Beihilfen in gleicher Höhe an alle auszuschütten, Transferzahlungen künftig nur mehr nach finanzieller Leistungsfähigkeit gestaffelt auszubezahlen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. – Bitte sehr.

11.59

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es geht heute nicht darum, daß wir diskutieren, wie derzeit bestehende Leistungen gekürzt werden können, sondern es geht darum, daß wir alle mehr Gerechtigkeit im System anstreben. Das Problem besteht darin, daß alle unter Gerechtigkeit offensichtlich etwas anderes verstehen.

Wir haben schon über das zu erwartende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gesprochen. Es sollte jedenfalls nicht das Ergebnis sein, daß reichere Familien höhere Unterhaltsleistungen zugestanden bekommen und diese dann noch über Freibeträge berücksichtigen können. Die Folge ist, daß reichere Familien höhere Freibeträge und durch die Progression noch einen zusätzlichen Vorteil haben und es dadurch zu einer gigantischen Umverteilung von unten nach oben kommt.

Herr Dr. Spindelegger! Wenn man Ihrer Argumentation folgt, so muß man sagen: Sie birgt diese Gefahr absolut in sich. Wir Sozialdemokraten wollen jedenfalls, daß jedes Kind, gestaffelt nach Alter und Kinderanzahl, dem Staat gleich viel wert ist, daß es da keine Differenzierung gibt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat diese Verteilungsstudie gegeben, die sehr klar nachweist, daß die horizontale Verteilung, also die Verteilung zwischen kinderlosen Familien und Familien mit mehreren Kindern in der gleichen Einkommenshierarchie, absolut funktioniert. Sie funktioniert vor allem deswegen, weil es die Mitversicherung gibt. Diese Studie zeigt aber auch, daß es insbesondere Probleme bei der vertikalen Umverteilung gibt, daß es mehr Umverteilung von oben nach unten geben muß.

Wenn wir über die soziale Staffelung von Transferleistungen reden, so müssen wir einiges mitberücksichtigen. Erstens: Welche Einkommen sollen erfaßt werden? Es geht sicher auch darum, daß Zinsen und Dividenden miterfaßt werden, was derzeit wegen des Systems der Endbesteuerung nicht möglich ist. Da gehört das System umgestellt.

Zweiter Punkt: Es müssen natürlich auch die Vermögen mitberücksichtigt werden und nicht nur die Einkommen.

Dritter Punkt: Wir wollen beim System der Individualbesteuerung bleiben. Es darf keine Annäherung an die Haushaltsbesteuerung geben – eben aus den genannten Gründen.

Vierter Punkt: Wenn man sich überlegt, wo die soziale Staffelung beginnt, so muß man berücksichtigen, daß jene Lohnsteuerpflichtigen, die zwischen 20 000 S und 50 000 S verdienen, durch den Allgemeinen Absetzbetrag und durch die Reduzierung der Sonderausgaben ohnehin belastet sind. In diesem Bereich wird man keine zusätzlichen Streichungen vornehmen können. Das heißt: Wenn man hinter dieser Einkommenskategorie beginnt, muß man wissen, daß das, was zu verteilen ist, relativ gering ist – wiewohl auch diese Maßnahme absolut sinnvoll wäre.


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Die letzte Frage ist – fünftens –: Wie räumt man die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der Verfassungskonformität bei der Familienförderung aus? – Indem man eben auch die horizontale Verteilung mitberücksichtigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei jeder Diskussion über Verteilungsfragen will ich aber schon auch mitberücksichtigen, daß es ganz andere Probleme im Verteilungsprozeß gibt als jene, die wir hier diskutieren. Wenn wir der Meinung sind, daß der Sozialstaat nicht um-, sondern abgebaut gehört – Präsident Maderthaner: erster Krankenstandstag soll ein Urlaubstag sein! –, wenn wir der Meinung sind, daß Arbeitszeitflexibilisierung nur zur Lasten der Arbeitnehmer gehen kann und es keine kollektivvertragliche Absicherung gibt, wenn wir der Meinung sind, daß unsere Wettbewerbsfähigkeit nur durch Lohnverzicht erhalten werden kann, dann wird die Verteilungsdiskussion in die absolut falsche Richtung gehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine letzte Anmerkung zum Liberalen Forum und zu den Ausführungen des Abgeordneten Kier: Im wesentlichen führt dieser Vorschlag ja auch in Richtung Grundsicherung. Man kann über die Grundsicherung absolut ernsthaft diskutieren. Nur: Einer Unterlage des LIF ist zu entnehmen – ich lese das vor –: Grundsicherung kann ein Weg aus der drohenden Zweidrittelgesellschaft sein. – Mag auch richtig sein. Ich will nur nicht damit unterstellen, daß Sie den Kampf gegen die Zweidrittelgesellschaft schon aufgegeben haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte den Schlußsatz!

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (fortsetzend) : Wir müssen mit der gleichen Intensität gegen diese Zweidrittelgesellschaft kämpfen, sonst wird sich diese Gesellschaft auch kein Grundeinkommen leisten können. (Beifall bei der SPÖ.)

12.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Horngacher. – Bitte.

12.05

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Erstes Ziel jeder Politik muß es sein, für die Menschen im Staate gerechte Lebensbedingungen zu schaffen. Der wichtigste Teil eines Volkes sind seine Kinder, denn diese sind seine Zukunft. Alle Maßnahmen müssen daher aus diesem Blickwinkel heraus genau betrachtet werden.

In Österreich geht die Kinderzahl stetig zurück. Familien mit mehreren Kindern sind armutsgefährdet, wie folgendes Beispiel zeigt: Wenn beide Elternteile einem Beruf nachgehen und ein Kind haben, teilen sich zwei Verdienste auf drei Personen auf. Wenn nun in einer Familie vier Kinder sind, dann wird natürlich die Mutter diese Kinder selbst betreuen, dann leben eben sechs Personen von einem Verdienst. – Uns ist jedes Kind gleich viel Wert – nur die Kosten sind andere. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher brauchen wir eine horizontale Verteilung zwischen den Familien mit mehreren Kindern und jenen, die keine Kinder haben. Wir brauchen eine Steuerfreistellung des Existenzminimums für alle im Haushalt zu versorgenden Personen, besonders aber Niedrigverdienenden muß dieses Existenzminimum als eine Art Sonderleistung ausbezahlt werden. Denn es gibt genug Familien, bei denen diese Steuerfreistellung nicht greift. Dies soll nun durch ein Bündel von Maßnahmen erreicht werden.

In einer Zeit der Entsolidarisierung und des Egoismus muß man besonders darauf achten, daß die Schwächsten der Gesellschaft nicht zu kurz kommen. Wenn wir die Familien besserstellen wollen, dann wäre auch endlich eine Chancengleichheit gegeben, nämlich insofern, als jene Mütter, die ihre Kinder selbst betreuen wollen, dies auch tun können. (Abg. Dr. Mertel: Betreuungsscheck! Fragezeichen?)

Ich bin der Ansicht, daß es sehr wertvoll ist, wenn eine Mutter ihre Kinder selbst betreut – besonders in den ersten Jahren. Mir tun immer jene jungen Mütter leid, die am Morgen bereits ihre Kinder in eine Betreuungsanstalt geben müssen (Abg. Dr. Petrovic: Die Väter tun Ihnen


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nicht leid? Warum machen es nicht die Väter?), diese dann nach ihrer Arbeitszeit abholen und müde nach Hause kommen. Ich habe diesen Streß nicht gehabt, ich habe zu Hause bleiben können bei meinen Kindern. Und es sind nach einer Studie 70 Prozent der Eltern, die das wollen. Und man sollte es den Eltern überlassen, was sie tun wollen. Wir sollten aber Chancengleichheit bieten.

Es müssen dann selbstverständlich die Möglichkeiten verbessert werden, damit Frauen nach dieser Kinderpause in den Beruf wiedereinsteigen können. Unsere jungen Mädchen haben heute durchwegs einen guten Beruf gelernt und wollen diesen auch ausüben.

Wenn das Liberale Forum glaubt, Besserverdiener bräuchten diese Leistungen wie Familienbeihilfe und dergleichen eigentlich nicht, so muß ich schon sagen: Es gibt Umverteilungen auf anderen Wegen. 25 Prozent verdienen mehr als 30 000 S und bezahlen 75 Prozent unserer Steuereinnahmen.

Zu den Besserverdienenden: In meiner Nachbarschaft wohnt ein Schuldirektor, ich würde ihn schon in unserer Gegend zu den Besserverdienenden zählen. (Abg. Dr. Mertel: Verdient er soviel wie Sie?) Er hat fünf Kinder, vier davon studieren. Er bekommt natürlich keine Studienbeihilfe, er muß jetzt auch die Fahrtkosten für die Kinder in die Universitätsstadt bezahlen. Glauben Sie mir: Diese Familie muß auch sehr sparen, denn sieben Personen müssen von einem Gehalt leben.

Ich bin der Ansicht, daß wir auch die Familien mit mehreren Kindern brauchen und daß diese besonders gefördert werden müssen, weil sie für die Gesellschaft wichtig und ein stabiles Element sind. Ich möchte aber auch daran erinnern, daß Kinder in diesen Debatten oft nur als Last gesehen werden, aber Kinder bedeuten auch Lebenserfüllung und Freude. (Beifall bei der ÖVP.)

12.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hermann Böhacker. Er hat das Wort.

12.10

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Angesichts der heute schon mehrfach genannten Zahlen – 100 000 Familien leben unter der Armutsgrenze, weitere 50 000 bis 70 000 Familien leben hart an der Armutsgrenze, und täglich rutschen mehr Familien unter die Armutsgrenze, dies aufgrund der verfehlten Politik von Rot und Schwarz –, also angesichts dieser Tatsachen sollte eine rasche Abkehr vom derzeitigen familienfeindlichen Steuersystem ein Anliegen aller Parteien sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren! Bei der ÖVP orte ich bereits eine Umkehr in ihrer Denkungsweise.

Es ist absolut unzumutbar und verfassungsrechtlich bedenklich, daß in Österreich alle Einkommen gleich besteuert werden – unabhängig davon, wie viele Personen in einer Familie von dem Einkommen leben müssen. Das gehört unbedingt geändert. Denn es ist gerade diese Steuersystematik, die nachweislich dazu beiträgt, daß die Armutsgefährdung bei Mehrkinderfamilien, bei Alleinerziehern, bei Alleinverdienern immer größer wird.

Wir Freiheitlichen haben daher gemeinsam mit Experten aus dem Familien- und Steuerbereich bereits im Jahre 1994 ein Familiensteuersplitting ausgearbeitet, ein Modell, das es wirklich wert wäre, umgesetzt zu werden. Mit diesem Familiensteuersplitting-Modell würde nämlich die immer wieder aufgestellte Forderung nach der Schaffung eines steuerfreien Existenzminimums für alle Familienmitglieder – egal, ob sie ein Erwerbseinkommen haben oder nicht – verwirklicht werden.

Meine Damen und Herren! Wie funktioniert nun dieses freiheitliche Modell? – Zunächst wird das gesamte Familieneinkommen einschließlich aller staatlichen Transferleistungen errechnet. Diese Summe wird durch den Steuersplittingfaktor geteilt, auf das geteilte Einkommen die entsprechende Steuer berechnet und vorgeschrieben.


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Mit diesem freiheitlichen Modell bleibt das vom Institut für empirische Sozialforschung festgestellte Existenzminimum steuerfrei, das heißt, es bleibt für jedes Familienmitglied – egal, ob es ein Einkommen bezieht oder nicht – ein steuerfreies Existenzminimum gegeben. Darüber hinaus werden alle staatlichen Transferleistungen sozial und damit gerecht gestaffelt.

Folgendes kommt noch dazu: Durch dieses Steuersplitting-Modell würde die unsinnige Auswirkung der kalten Progression, durch welche der Herr Finanzminister vom Jahre 1998 an rund 50 Milliarden Schilling an Mehreinnahmen haben wird, entsprechend gemildert.

Geradezu reflexartig kam aber von der linken Seite dieses Hauses die Ablehnung dieses Modells. Frauenfeindlichkeit, Frau-zurück-zum-Herd-Mentalität wurden diesem Modell unterstellt. Aber wer das behauptet, hat dieses freiheitliche Modell nicht gelesen – oder nicht verstanden.

Gerade dieses freiheitliche Steuersplitting-Modell bedeutet ja nur eine Option, eine Wahlmöglichkeit zwischen Individualbesteuerung oder Familiensplitting – und keine Zwangsbeglückung à la Sozialdemokratie!

Ich kann mir nicht vorstellen, meine Damen und Herren – vor allem jene von der linken Seite dieses Hauses –, daß es auch nur eine Frau gibt, die sich benachteiligt fühlt, wenn das Familiennettoeinkommen höher wird. Ich kann mir das wirklich nicht vorstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Petrovic: Doch!)

Gerade in einer Zeit, in der aufgrund steigender Arbeitslosigkeit – und bedauerlicherweise sind davon vor allem die Frauen betroffen – die Frauen zwangsweise zu Hause bleiben, kann ich mir nicht vorstellen, daß ein höheres Nettoeinkommen in der Familie den Frauen zum Nachteil gereichen würde.

Nun zu dem Vorwurf, unser Modell habe zuviel Bürokratie zur Folge: Auch das ist unrichtig! Im Rahmen der Einkommensteuerverhandlungen, aber auch im Rahmen der Arbeitnehmerverhandlungen ist es ohne weiteres möglich, allein durch das Ankreuzen eines Kasterls plus zwei Unterschriften dieses Familiensplitting-Modell einzufordern.

Auch der Vorwurf der Umverteilung von unten nach oben stimmt nicht! (Abg. Öllinger: Ja, das stimmt schon!) Das Modell von uns Freiheitlichen sieht eine Deckelung vor. Nur bis zu einem gewissen Einkommen kann dieses Splittingmodell angewandt werden. Für kleine und Kleinsteinkommen ist in diesem Modell eine Negativsteuer vorgesehen.

Zusammenfassend: Das freiheitliche Familiensteuersplitting-Modell würde die Steuerbefreiung für das Existenzminimum für alle Familienangehörigen sichern, das Nettoeinkommen der Familien erhöhen, und es entspricht den Vorstellungen des Verfassungsgerichtshofes. Weitere Vorteile: Es beinhaltet eine soziale und gerechte Staffelung der Transferleistungen, ist leicht vollziehbar und schafft für den mündigen Steuerbürger in Österreich die Option, zwischen Individualbesteuerung und Familiensplitting zu wählen. Das ist im Sinne einer gerechten Familienpolitik in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, begrüße ich unseren Gast in der Loge, den Präsidenten des Palästinensischen Volksrates, Herrn Ahmed Korei Abu Ala, der sich mit seiner Delegation zu einem offiziellen Besuch in Österreich aufhält. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zum Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Petrovic als letzte Rednerin in der Aktuellen Stunde. Wir werden dann zur Tagesordnung übergehen. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.16

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind jetzt gehörige Portionen einer wirklich teilweise ultrakonservativen Ideologie aufgetischt worden. Was ich immer sehr bedauere, ist der


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Umstand, daß die Anregungen zu derartigen Debatten immer ganz stark von seiten der Liberalen kommen. Und das ist ein Umstand, den ich eigentlich nicht wirklich verstehen kann.

Das größte Manko an der Familienförderung ist, daß wir eine Familienförderung haben und keine Kinderförderung, keine Jugendförderung, keine Förderung einzelner Menschen, die gesellschaftliche Solidarität brauchen. Der Begriff "Familienförderung" und das, was Sie daraus gemacht haben, indem Sie Verschlechterungen im Bereich der Karenzregelungen und Verschlechterungen im Bereich des Kindergeldes eingeführt haben, ist Ausdruck jener Ideologie, die einzelne Menschen in ihrer Bedeutung herabsetzt, patriarchalische Abhängigkeiten verstärkt und sich von einem modernen sozialrechtlichen Prinzip, bei dem wir fragen, welcher Mensch die gesellschaftliche Solidarität braucht, abkehrt.

Es sind nicht Familien arm oder reich, es haben nicht Familien ein hohes Einkommen oder ein hohes Vermögen, und es studieren auch keine Familien, sondern meistens sind es Männer in Familien, die reich sind, die viel Vermögen haben, und es sind Kinder, die studieren. Aber durch diesen schwammigen Begriff "Familie" wird alles in einen Topf geworfen, und die einen haben zuviel und die anderen bekommen zuwenig. Das ist der Ausdruck dieses ideologischen Gebildes. (Beifall bei den Grünen.)

Warum läuft es immer nur auf eine Unterdrückung junger Menschen hinaus? Warum sollen diese immer vom Einkommen ihrer Eltern abhängig etwas bekommen – oder eben nicht? Ist es nicht so, daß praktisch alle Schülerinnen und Schüler kein eigenes Einkommen haben können? Ist es nicht so, daß die meisten Studierenden – wenn überhaupt – nur schlecht bezahlte Jobs annehmen können? Sie sind daher förderungswürdig. Gerade wir sollten doch Interesse daran haben, daß möglichst viele junge Menschen eine gute Ausbildung erhalten.

Frau Abgeordnete Motter! Es ist nicht zutreffend, daß der freie Hochschulzugang umverteilend von unten nach oben wirkt. Das Gegenteil ist der Fall! Ich gebe Ihnen dann gerne die entsprechenden detaillierten Unterlagen.

Meine Damen und Herren! Wer käme auf die Idee, einem alten Menschen die Ausgleichszulage streitig zu machen, nur weil er oder sie gut verdienende Kinder hat? Wer käme auf die Idee, einem behinderten Menschen das Pflegegeld streitig zu machen, nur weil er oder sie relativ gutgestellte Angehörige hat? – Nur: Bei den Kindern kommen Sie aber auf diese Idee. (Abg. Mag. Stadler: Die Regierung kommt auf diese Idee!) Ja, die Regierung kommt auf so manche schlechte Idee. – Bei den Kindern heißt es immer: Kann sich die Familie das leisten oder nicht? – Meine Damen und Herren! Die Kinder können sich das nicht leisten, daß wir Ihnen keine Solidarität geben. Nicht der Herr Vater oder die Frau Mutter braucht die Solidarität in erster Linie, sondern die Kinder brauchen diese. Daher sind Ansätze, wie sie etwa von den Liberalen kommen, bei welchen das Einkommen der biologischen Eltern zusammengerechnet wird, letztlich patriarchalische Modelle. Diese Modelle bedeuten einen gesellschaftspolitischen Rückschritt, denn sie basieren auf der Unterhaltspflicht, die wir letztlich eher in Frage stellen sollten. Wir sollten uns vielmehr einsetzen für einen eigenständigen Anspruch junger Menschen. (Zwischenruf der Abg. Motter. )

Junge Menschen, Frau Abgeordnete Motter, sind diskriminiert. Wir sollten sie fördern – und nicht ihre Eltern. Gerechtigkeit können Sie nur über das Steuersystem erzielen. Derartige Anträge sind ein Feigenblatt dafür, daß wir eine sehr ungerechte Besteuerung haben.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen erstens eine Ökologisierung im Steuersystem, und wir brauchen zweitens endlich eine gerechte Besteuerung der wirklich rapide, explosionsartig anwachsenden Vermögenseinkünfte; damit meine ich nicht das kleine Sparbuch, damit meine ich nicht die selbstbewohnte Eigentumswohnung oder den kleinen landwirtschaftlichen Besitz, sondern damit meine ich die großen, spekulativ gehaltenen Kapitalien, die in Österreich – auch gegenüber dem benachbarten Ausland – extrem privilegiert sind. Da sollten Sie Gerechtigkeit walten lassen – und nicht durch ein Zusammenrechnen von Menschen in einem sehr nebulosen Familienbegriff.


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Die beste Familienförderung ist die Förderung einzelner Menschen, insbesondere junger Menschen, die noch in Ausbildung stehen – und nicht Privilegien an gut verdienende Männer. (Beifall bei den Grünen.)

12.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit erkläre ich die Aktuelle Stunde für beendet. – Ich danke dem Herrn Finanzminister.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung darf ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1458/J bis 1477/J,

Beilage zur Anfrage: Zu 1431/J,

Zurückziehung: 1441/J.

2. Anfragebeantwortungen: 1177/AB bis 1278/AB.

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates):

6/ABPR und 7/ABPR.

3. Initiativanträge:

Zurückziehung: 157/A (E).

4. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Organisationsgesetz (UOG 1993) geändert wird (399 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle Deponien) (400 der Beilagen),

Bundesstraßengesetznovelle 1996 (424 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Errichtung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H. (425 der Beilagen),

Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996 (428 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (457 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird (ZDG-Novelle 1996) (458 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Mutterschutzgesetz 1979 geändert werden (461 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (462 der Beilagen),


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Bundesgesetz, mit dem die als Bundesgesetz geltende Verordnung über die Errichtung und den Betrieb von Rundfunk- und Fernsehrundfunk-Empfangsanlagen geändert wird (472 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (499 der Beilagen),

Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz (500 der Beilagen).

5. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Bericht der Bundesregierung gemäß § 9 Abs. 7 des Volksgruppengesetzes über die Volksgruppenförderung im Jahre 1995 (Zu III-58 der Beilagen) – (Ersetzt den Bericht III-58 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 3. Quartal 1996 (Vorlage 16 BA);

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 17 betreffend "Berücksichtigung Osttirols (pol. Bezirk Lienz) bei der Ausschreibung der Regionalradiolizenzen", überreicht von der Abgeordneten Brigitte Tegischer,

Petition Nr. 18 betreffend "Wider die Parkplatzsteuer", überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier,

Bürgerinitiative Nr. 9 betreffend "Freiheit für das Gewissen!".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Erledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Preisgestaltung auf dem Medikamenten(Heilmittel-)sektor in Österreich unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Aufgaben und Maßnahmen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (Teil I) und über die von Organen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchgeführte Untersuchung betreffend die Vergabepraxis des Hauptverbandes und der Krankenversicherungsträger im Bereich Heilbehelfe und Hilfsmittel (Teil II) aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 13. Juni 1996, E 12-NR/XX. GP (III-59 der Beilagen);

Verfassungsausschuß:

12. Sportbericht 1995 (III-61 der Beilagen);

Wirtschaftsausschuß:

Energiebericht 1996 der österreichischen Bundesregierung (III-44 der Beilagen).

*****


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47. Sitzung / Seite 41

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die heutige Tagesordnung betrifft, ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 9, 11 und 12, 13 und 14, 15 bis 19 sowie 20 bis 27 zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Redezeitbeschränkungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Es wurde für alle Debatten eine Blockredezeit von insgesamt 8 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 120 Minuten, ÖVP 112 Minuten, Freiheitliche 104 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten.

Darüber hinaus wurde vereinbart, daß für die Justizvorlagen von allen Fraktionen eine Redezeit von höchstens 4 "Wiener Stunden" in Anspruch genommen wird. Auch über diesen Vorschlag haben wir in der Präsidialkonferenz Konsens erzielt.

Wir stimmen ab in der Form, daß ich frage: Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das einstimmig so beschlossen, und wir werden so vorgehen.

1. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (33 der Beilagen): Strafrechtsänderungsgesetz 1996,

über den Antrag 79/A der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird,

über den Antrag 80/A der Abgeordneten Dr. Liane Höbinger-Lehrer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975 geändert wird,

über den Antrag 153/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, und

über den Antrag 282/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (409 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (317 der Beilagen): Strafvollzugsgesetznovelle 1996 (410 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1/A der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (452 der Beilagen)


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4. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 2/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (453 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 11/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (454 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 300/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch 1974 geändert wird (455 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Bürgerinitiative Nr. 3 betreffend die rechtliche und soziale Gleichstellung homosexueller Menschen (456 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (253 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz, die Zivilprozeßordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (408 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (373 der Beilagen): 4. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien (451 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 9 der heutigen Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es sind dies die Berichte des Justizausschusses über die Regierungsvorlage betreffend das Strafrechtsänderungsgesetz 1996, den Antrag 79/A der Abgeordneten Dr. Ofner und Genossen, den Antrag 80/A der Abgeordneten Dr. Höbinger-Lehrer und Genossen sowie den Antrag 153/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird, und den Antrag 282/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert werden (409 der Beilagen), weiters über die Regierungsvorlage 317 der Beilagen: Strafvollzugsgesetznovelle 1996, der Antrag 1/A der Abgeordneten Dr. Fuhrmann und Genossen, der Antrag 2/A der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen, der Antrag 11/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen und der Antrag 300/A der Abgeordneten Dr. Fekter und Genossen, alle betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetz geändert wird, weiters über die Bürgerinitiative Nr. 3 betreffend die rechtliche und soziale Gleichstellung homosexueller Menschen in 456 der Beilagen sowie die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz, die Zivilprozeßordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden, in 408 der Beilagen, und schließlich die Regierungsvorlage 373 der Beilagen: 4. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien in 451 der Beilagen.


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47. Sitzung / Seite 43

Liegen Vorschläge für mündliche Berichterstattungen vor? – Das ist nicht der Fall. Damit erübrigt sich die mündliche Berichterstattung zu diesen Punkten.

Die Redezeiten sind bekannt.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Ich wurde gebeten, eine freiwillige Redezeit von 12 Minuten einzustellen. Ist das richtig? (Abg. Dr. Fekter – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja!) – Gut.

12.24

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Hohes Haus! Das Strafrechtsänderungsgesetz 1996 hatte mehrere Jahre Vorlaufzeit bis zu dessen Beschlußfassung, und es ging ihr auch eine intensive parlamentarische Behandlung in einem eigenen Unterausschuß voraus.

Für uns von der Österreichischen Volkspartei hat das Strafrecht besondere Bedeutung, weil damit einerseits die Werteordnung einer Gesellschaft festgelegt wird und gleichzeitig die Prioritäten dieser Werte festgelegt werden und in zweiter Linie die Prävention erfolgen soll, das heißt, vorbeugend Straftaten abgewehrt werden sollen.

Zur Werteordnung möchte ich sagen: Wir können nicht permanent bedauern, daß wir einen Werteverlust in der Gesellschaft haben, gleichzeitig aber jene Ordnung, die diese Werte festlegt, permanent aushöhlen und unterminieren wollen. Wir haben daher im Ausschuß den Anträgen der Liberalen auf Abschaffung der Blasphemie nicht zugestimmt. Gotteslästerung ist für uns etwas, was auch in Hinkunft strafbar bleiben muß. (Beifall bei der ÖVP.)

Ausdruck der Werteordnung sind auch jene Paragraphen, die die Homosexualität in Österreich regeln, und wir haben auch deren Abschaffung nicht die Zustimmung im Ausschuß erteilt, weil wir glauben, daß da der Schutz der Jugendlichen eindeutig im Vordergrund zu stehen hat und Priorität genießt. (Beifall bei der ÖVP.)

Dem präventiven Charakter im Strafgesetz messe ich besondere Bedeutung bei – bei all den Paragraphen, die wir zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität schaffen. Wir haben die Abschöpfung der Bereicherung neu eingeführt. Wie Sie wissen, wird international danach getrachtet, die Drogengelder abzuschöpfen.

Wir haben weiters eine Neudefinition der organisierten Kriminalität geschaffen. Und ich bedanke mich sehr herzlich beim Justizministerium für diese, wie mir scheint, sehr gelungene Legaldefinition, die wir nicht nur im Strafgesetzbuch für die Abschöpfung der Bereicherung brauchen, sondern auch für die neuen Ermittlungsmethoden. (Beifall bei der ÖVP.)

Der im Jahre 1993 eingeführte Tatbestand der organisierten Kriminalität hat ja bedauerlicherweise nicht so gegriffen, wie wir uns das gewünscht hatten, und jetzt ist eine neue Definition gefunden worden, die international mit Sicherheit Bedeutung erlangen wird, weil noch keine derartige Legaldefinition in anderen Ländern vorliegt. Österreich übt da eine Vorreiterrolle aus.

Ich bedauere sehr, daß wir mit den Verhandlungen über die neuen Ermittlungsmethoden nicht rechtzeitig fertig geworden sind, ich hätte mir gewünscht, daß wir diese gleichzeitig mit der Strafrechtsänderungsgesetznovelle beschließen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin aber zuversichtlich, daß wir die Arbeiten über die Einführung neuer Ermittlungsmethoden im Frühjahr abschließen können, damit wir dann dem organisierten Verbrechen effizient entgegentreten können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Umsetzung der Basler Konvention finden sich im STRÄG 1996 auch Umweltstraftatbestände, insbesondere vorsätzliches umweltgefährdendes Behandeln und Verbringen von Abfällen; das widerrechtliche Betreiben von Anlagen ist in Österreich in Hinkunft strafbar, und zwar auch nach Kriminalstrafrecht, nicht nur nach Verwaltungsstrafrecht.


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So sehr ich auch zu einem Umweltstrafrecht stehe, möchte ich aber nicht verhehlen, daß gerade die Basler Konvention für Österreich insofern eine Ungleichbehandlung bringt, als die Basler Konvention nicht von allen Nationen unterfertigt worden ist und es daher keine Gleichbehandlung gleicher Tatbestände innerhalb des Europäischen Binnenmarktes gibt. Unsere Wertehaltung rechtfertigt Umweltstrafbestimmungen. Ich bitte Sie aber, Herr Minister, darauf zu drängen, daß so bald wie möglich in ganz Europa ähnliches Recht gilt, damit nicht weiterhin Ungleichbehandlungen im Falle grenzüberschreitender Aktivitäten stattfinden. (Beifall bei der ÖVP.)

Große Bedeutung im Hinblick auf die präventive Wirkung von Strafbestimmungen messe ich der Erweiterung um all jene Tatbestände zu, die wir nunmehr neu ins Gesetz aufgenommen haben, um der Gewalt in der Familie, der Kinderpornographie und dem Sextourismus eine wirksame Maßnahme entgegensetzen zu können, denn gerade die sexuelle Ausbeutung von Kindern hat bedauerlicherweise seit dem Sommer durch die Vorkommnisse in Belgien – aber, wie wir beim Fall der Kinderpornos gesehen haben, auch bei uns in Österreich – in Europa an Aktualität gewonnen.

Ich begrüße es, daß wir die Strafbestimmungen hiefür angehoben haben. Ich begrüße es auch, daß wir neue Strafbestimmungen aufgenommen haben, insbesondere meine ich dabei jene, die den Sextourismus mit Minderjährigen im Ausland betreffen.

Auch bei Gewalt in der Familie stehen wir eindeutig auf der Seite des Opfers! (Beifall bei der ÖVP.) Mit Hilfe des neu geschaffenen Wegweiserechtes können wir nunmehr den Gewalttäter aus der gemeinsamen Wohnung weisen. (Abg. Dr. Schmidt: Zur Sache! Das gehört zum Tagesordnungspunkt 10! Jetzt sprechen wir zu den Punkten 1 bis 9!)

Frau Kollegin Schmidt! Lassen Sie mich darauf hinweisen. Ich bin nämlich davon überzeugt, daß auch Herr Kollege Ofner in seiner Rede zum Wegweiserecht Stellung nehmen wird, weil es da auch um den Konflikt zwischen dem Schutz des Eigentums und dem Schutz vor Gewalt geht. Wir von der ÖVP stehen aber auf der Seite des Opfers, Frau Kollegin, und aus diesem Grund begrüße ich das Wegweiserecht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Schmidt: Zur Sache! Das ist Tagesordnungspunkt 10! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Schmidt! Weil Sie "zur Sache" sagen: Lassen Sie mich noch zwei Sätze zu den Homosexuellen-Paragraphen sagen. Ich hoffe, daß die Vernunft hier siegen wird. (Abg. Dr. Graf: Das ist überhaupt nicht auf der Tagesordnung!)

Im Ausschuß hat keiner der Anträge eine Mehrheit erhalten. Unter Umständen kann es auch hier im Plenum ähnliche Abstimmungsverhältnisse geben. Das würde allerdings bedeuten, daß die Rechtslage so bliebe, wie sie jetzt ist. Ich meine aber, daß unser Antrag die derzeitige Rechtslage verbessern würde. Das heißt, ich ersuche die linke Hälfte dieses Plenums, sich gut zu überlegen, ob sie wirklich will, daß die Rechtslage so bleibt, wie sie ist. Wenn sie das nicht will, dann möge sie unserem Antrag die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte noch darauf hinweisen, daß im Zuge der Strafrechtsdebatte auch die Strafrelationen zwischen Vermögensdelikten und Gewaltdelikten angesprochen wurden. Ich sage hier klar und deutlich, daß für die ÖVP die Vermögensdelikte unserer Auffassung nach, unserer Wertehaltung entsprechend derzeit nicht zu hoch bestraft werden. Für uns von der ÖVP ist es wichtig, mein und dein auseinanderzuhalten. Wir wollen Österreich nicht zu einer Art Selbstbedienungsladen machen, und bei den Vermögensdelikten können wir einer Selbstbedienungsphilosophie nicht das Wort reden. Daher spreche ich mich entschieden dagegen aus, das Strafausmaß für Vermögensdelikte herabzusetzen. Ich kann mir aber sehr wohl vorstellen, daß bei gewissen Gewaltdelikten unter Umständen eine Anhebung gerechtfertigt wäre.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber das österreichische Strafrecht auch mit der Verhältnismäßigkeit unseres Verwaltungsstrafrechtes diskutiert wissen. Ich möchte auch prüfen, ob unser Verwaltungsstrafrecht überhaupt menschenrechtskonform ist. Denn insbesondere die Überprüfung von Verwaltungsstrafen durch unabhängige Gerichte ist in Österreich nicht wirklich gewährleistet, solange es möglich ist, daß Richter der unabhängigen Verwaltungssenate Entscheidungen der weisungsgebundenen Verwaltungsbehörden korrigieren und dafür abgesetzt


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werden. Ich hoffe daher, daß wir diesen Bereich des Strafrechts in seiner Verhältnismäßigkeit gesamthaft diskutieren.

Als letzten Punkt möchte ich noch die ÖVP-Haltung zur Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz darlegen. Wir bekennen uns zur Vollgerichtsbarkeit und begrüßen die gegenständliche Neuorganisation in Wien. Das Handelsgericht aber ist in seiner derzeitigen Organisationsform – es befindet sich nämlich auch die erste Instanz in der Riemergasse – voll akzeptiert und hat hohe Sachkompetenz, daher wollen wir diese Organisationsform auch in Zukunft nicht ändern. Die jetzige Novelle schafft eine neue Bezirksgerichtsorganisation in Wien – ausgenommen das Handelsgericht in der Riemergasse und die Jugendgerichtsbarkeit.

Die Bezirksgerichtsorganisation in den Ländern steht heute nicht zur Debatte. Ich hoffe, daß mit den Bundesländern einvernehmliche Lösungen getroffen werden können, bevor wir diese Sache hier im Hohen Hause neu debattieren.

Die interne Revision im Strafvollzug hat durch die Vorkommnisse in der Karlau Aktualität erlangt. Ich hoffe, daß das Instrument der Dienstaufsicht besser greift und daß Vorkommnisse, wie sie in der Karlau vor wenigen Wochen stattgefunden haben, in Hinkunft nicht mehr passieren. (Beifall bei der ÖVP.)

12.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fuhrmann. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 15 Minuten. – Bitte.

12.38

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich befasse mich mit dem Strafrechtsänderungsgesetz und kündige an, daß sich mit den anderen zur Debatte stehenden Punkten noch andere Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion befassen werden.

Was das Strafrechtsänderungsgesetz anlangt, ist meiner Vorrednerin beizupflichten, daß Strafrecht, strafrechtliche Regelungen, Signalcharakter in einer Gesellschaft haben. Daher ist hervorzuheben, daß mit diesem Strafrechtsänderungsgesetz, das wahrlich lange genug diskutiert worden ist, einige Signale in Österreich gegeben werden.

Zum einen wird durch die Schaffung einer neuen Sanktion gegen die organisierte Kriminalität, durch die Möglichkeit zur Abschöpfung der Bereicherung, ein Signal in Richtung krimineller Organisationen gegeben. Ferner wird ein Signal in Richtung jener gegeben, die dazu tendieren, Konflikte, die sie mit sich selbst oder mit anderen haben, durch Gewaltanwendung auszutragen, also ein Signal in Richtung Gewalttäter, und zwar durch die Verdoppelung der Grundstrafdrohung bei der Körperverletzung und durch die Ausdehnung des Tatbestandes des Raufhandels.

Wir setzen mit diesem Strafrechtsänderungsgesetz weiters ein Stoppsignal in Richtung der kriminellen Menschenhändler, weil wir darin eine neue Strafbestimmung gegen Menschenschlepperei einführen.

Es wird ferner gegen Umweltgaunereien ein starkes Signal gesetzt, weil wir nach Beschlußfassung dieses Strafrechtsänderungsgesetzes den sogenannten Mülltourismus direkt bestrafen werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird noch ein weiteres, wichtiges Signal an die österreichische Bevölkerung gesetzt, und zwar eine Maßnahme gegen jene Kriminelle, die versuchen, die Bevölkerung im großen Stile "abzuzocken", indem sie Ketten- und Pyramidenspiele betreiben. Mit diesem Strafrechtsänderungsgesetz führen wir nun eine eigene Strafrechtsbestimmung ein, wonach solche Spiele verboten sind und unter Strafe gestellt werden. Ich bin sehr froh darüber, daß uns das gelungen ist und daß es dazu die entsprechende Zustimmung nicht nur im Justizausschuß, sondern auch hier im Plenum geben wird! (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darüber hinaus wird mit diesem Strafrechtsänderungsgesetz auch ein klares und unmißverständliches Signal gegen Kinderschänder und für den Schutz der Kinder gesetzt, und zwar dadurch, daß eine strengere Bestrafung der sexuellen Ausbeutung von Kindern vorgesehen ist und eine Bestrafung von Sextouristen eingeführt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Bestimmungen des Strafrechtes ist dies eine durchaus auch im Sinne der von der Abgeordneten Fekter angesprochenen Generalprävention ganz wichtige und sehr zu begrüßende Maßnahme.

Es ist schade, daß ein weiteres Signal dieses Strafrechtsänderungsgesetzes nicht an die österreichische Bevölkerung gelangen kann, und zwar deswegen, weil der Gesetzgeber der Republik Österreich die Aufhebung der Diskriminierung einer Gruppe von österreichischen Mitbürgern durch die Streichung der diskriminierenden Paragraphen – es sind dies die berühmt-berüchtigten §§ 209, 220 und 221 – nicht ebenfalls im Einvernehmen und einhellig in diesem Hohen Hause beschließen wird können, weil es im Justizausschuß dafür – Frau Abgeordnete Fekter hat schon darauf hingewiesen – keine Mehrheit gegeben hat.

Damit diese Frage aber auch hier im Plenum ordnungsgemäß mit in Verhandlung stehen kann, bringe ich, bevor ich mich weiter mit dieser Frage befasse, formell folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann, Mag. Dr. Heide Schmidt, Mag. Terezija Stoisits und Genossen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Gesetzesantrag im Bericht des Justizausschusses (409 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

In Art. I wird nach Z 26a eine neue Z 26b eingefügt, welche lautet:

"26b. Die §§ 209, 220 und 221 entfallen."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, in der mir zur Verfügung stehenden, wahrlich nicht sehr langen Zeit den Versuch zu unternehmen, diesen Abänderungsantrag seitens meiner Fraktion wie folgt zu begründen.

Ich beginne mit den §§ 220 und 221 und erlaube mir, hiezu Herrn Bundesminister Dr. Michalek zu zitieren, der in der Sitzung des Unterausschusses im Oktober 1995 dazu ausgeführt hat, daß in der Strafrechtspraxis diese beiden Paragraphen nur wenig Bedeutung hätten, nur wenige Fälle dazu vorgekommen seien – es sei zum Beispiel einmal eine Aids-Aufklärungsbroschüre eingezogen worden –, daß diese beiden Paragraphen eine Einschränkung der Grundrechte der Meinungsäußerungs- und Vereinigungsfreiheit darstellten und daß es zu diesen beiden Paragraphen im internationalen Vergleich kein Gegenstück gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, mehr ist zu diesen beiden Paragraphen und zu der von uns beantragten Streichung nicht hinzuzufügen. Ich werbe dafür, daß eine entsprechende Mehrheit dieses Nationalrates für diesen Antrag stimmt!

Nun komme ich zu der von uns beantragten Streichung des § 209 und möchte dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst einmal etwas Historisches sagen. Es gibt in Österreich seit dem 19. Jahrhundert eine grundsätzliche Regelung des Schutzalters im Sexualbereich, die seit dem 19. Jahrhundert beim 14. Lebensjahr angesiedelt ist. Dabei ist für die heutige Rechtslage zu erwähnen, daß dieses sogenannte Schutzalter von 14 Jahren in Österreich nur bei


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heterosexuellen und bei lesbischen Sexualkontakten gilt, und daß bei männlicher Homosexualität ein Schutzalter von 18 Jahren normiert ist. Umgekehrt heißt das, daß sich ein Erwachsener, der mit einem unter 18jährigen jungen Mann sexuelle Kontakte aufnimmt, in Gefahr begibt, eine Strafe zu bekommen, wobei die Strafdrohung von maximal fünf Jahren ja nicht gerade gering ist.

Nun haben wir im Vorfeld – unter anderem auch im Unterausschuß und im Hearing, das dieser Unterausschuß aufgrund der drei Anträge der drei Fraktionen veranstaltet hat – sehr ausführlich mit den Expertinnen und Experten darüber diskutiert, ob die Diskriminierung dieser angesprochenen Gruppe deshalb gesellschaftlich und daher auch vom Gesetzgeber akzeptabel sein könne, weil es notwendig sei, die Gruppe der 14- bis 18jährigen jungen Männer vor solchen homosexuellen Sexualkontakten zu schützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es uns nicht leichtgemacht, sondern mit großer Ernsthaftigkeit diese Frage mit den Experten diskutiert. Ich werde jetzt, wenn Sie erlauben, einige Aussagen aus diesem Expertenhearing zitieren.

Wir haben zum Beispiel in diesem Unterausschuß Herrn Universitätsprofessor Dr. Max Friedrich gehört, der gesagt hat, daß er seine Stellungnahme sowohl als biologisch orientierter Arzt als auch als gerichtlich beeideter Sachverständiger in Fragen der Kinder- und Jugendpsychiatrie abgibt. All jene, die auf diesem Gebiet tätig sind, wissen, daß Herr Professor Friedrich ein ernstzunehmender, ernsthafter Experte ist, der für die Kinder, für die Jugendlichen da ist und auf ihrer Seite steht.

Professor Friedrich hat folgendes dazu gesagt: Die Ausnützung einer Zwangslage oder der Autorität, Gewalt gegen Unreife und Ausnützung von Unreifen werden ohnehin entsprechend geahndet. Es gebe im Gesetz genug Schutzparagraphen außerhalb des § 209. Er sei gegen die Diskriminierung und dafür, daß man den § 209 streicht.

Dazu füge ich in Parenthese folgendes an, um Mißverständnisse oder andere absichtlich oder unabsichtlich in diese Diskussion gebrachte Unrichtigkeiten zu widerlegen: Ich halte fest, daß im Falle der Streichung des § 209 selbstverständlich so wie bisher der Mißbrauch von Autoritätsverhältnissen, die Kuppelei, die sexuelle Nötigung und Vergewaltigung unverändert strafbar bleiben. Ich meine, es wäre fair und im Sinne der Sache, wenn alle, die dieses Thema diskutieren, das auch in ihren Argumenten akzeptieren würden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Des weiteren möchte ich eine Aussage der Präsidentin des Österreichischen Aids-Komitees zitieren. Frau Dr. Judith Hutterer sagte unter anderem: Aufklärung und Information können nur in einem vertrauensvollen, offenen Verhältnis stattfinden. Mit Kriminalisierung schafft man nur Angst. Der § 209 ist vom rein medizinischen und epidemiologischen Standpunkt her schädlich.

Der evangelische Theologe Universitätsprofessor Dr. Kurt Lüthi bringt seinen Wunsch zum Ausdruck, daß Österreich die europäischen Standards endlich erreichen möge. Sexueller Mißbrauch werde durch das Strafrecht ohnedies weiterhin entsprechend geahndet. Die Synoden und Gemeindevertretungen der evangelischen Kirche haben sich die Aufgabe gestellt, zu einer größeren Toleranz gegenüber Homosexualität zu finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich füge hinzu: Wenn Universitätsprofessor Dr. Lüthi seinem Wunsch Ausdruck verliehen hat, daß Österreich die europäischen Standards endlich erreichen möge, so hat uns Universitätsprofessor Dr. Manfred Nowak, der ein Völkerrechtler ist, im Hearing im Unterausschuß erläutert, es gehe nicht nur darum, daß schon seit dem Jahre 1981 mehrere Resolutionen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates existieren, in denen die Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, das Mindestschutzalter für heterosexuelle und homosexuelle Sexualkontakte gleichzusetzen, sondern darüber hinaus auch um verbindliche Rechtsstandards. Dieser anerkannte Völkerrechtler hat uns in diesem Hearing weiters erklärt, es gehe auch um die Europäische Menschenrechtskonvention und um ähnliche Konventionen. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist verbindliches Verfassungsrecht in Österreich, und diese drei hier diskutierten Paragraphen widersprechen den Bestimmungen


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der Artikel 8, 10 und 11 in Verbindung mit Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wir in Österreich eine solche Rechtslage haben – auch wenn Herr Kollege Kukacka den Kopf schüttelt; er braucht ja nur die diesbezügliche Auszugsweise Darstellung nachzulesen – und da wir jede Menge von Jugendpsychologen, jede Menge von Experten haben, die uns sagen, die Verführungstheorie, die Prägungstheorie sei in jenem Alter, um das es gehe, in Wirklichkeit überholte wissenschaftliche Lehre, das stimme so nicht, kann ich nur mit allem gebotenen Ernst und im Bewußtsein der Tatsache, daß ich selber Großvater von fünf Enkelsöhnen bin und mir natürlich auch deren Wohl und Wehe jetzt und in der Zukunft am Herzen liegt, an alle Damen und Herren dieses Hohen Hauses appellieren: Gehen Sie bitte mit uns mit, die wir diesen Abänderungsantrag eingebracht haben, stimmen Sie diesem Abänderungsantrag zu! Setzen Sie mit uns ein Signal gegen die Diskriminierung einer Gruppe österreichischer Mitbürger! Streichen Sie mit uns diese Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch!

Ich bin der festen Überzeugung und möchte Sie wirklich bitten, sich das auch dahin gehend zu überlegen, daß Sie damit keinen Schaden für Jugendliche in diesem Land herbeiführen, sondern – ganz im Gegenteil – den Jugendlichen dieses Landes, die sich, aus welchen Gründen immer, für eine homosexuelle Lebensform entschieden haben, dadurch nützen, indem Sie ihnen das Recht geben, in Menschenwürde ihre Sexualität zu leben und ihre Liebe auszuleben, so wie sie es für richtig halten, ohne daß ihnen das Strafrecht droht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

12.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen zu den §§ 209, 220 und 221 entspricht den Bestimmungen der Geschäftsordnung und steht in Verhandlung.

Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Ofner.

12.54

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Strafrechtsänderungsgesetz: nichts Weltbewegendes, sondern ein Vorgang, der sich alle paar Jahre wiederholt, weil wir in einer schnellebigen Zeit unsere Tage verbringen und daher immer wieder Lücken im Strafrecht zu schließen sind und auch Reparaturversuche unternommen werden müssen. Es ist dies ein Gesetz, das den Stempel auch der Freiheitlichen trägt. Der entscheidende Abänderungsantrag trägt auch meine Unterschrift. Es ist also einstimmig zustande gekommen.

Das Strafrechtsänderungsgesetz in seinem Kern ist ein neuer Anlauf, die Abschöpfung der Bereicherung, präziser ausgedrückt, der kriminellen Bereicherung, in den Griff zu bekommen.

Ein Versuch in diese Richtung, vor etwa zehn Jahren in die Wege geleitet, ist mißglückt. Die damaligen Regelungen zur Abschöpfung der kriminellen Bereicherung sind totes Recht geblieben.

Es wird jetzt ein zweiter Anlauf unternommen. Auch bei ihm wird es schwierig sein – ich getraue mich, das vorauszusagen –, seine Intention durchzusetzen, doch sollte es zumindest gelingen, dort, wo organisierte Kriminalität nachgewiesen oder zumindest stichhaltig vermutet werden kann, an die Beträge, die es irgendwo gibt und die sich vielleicht sogar als "herrenlos" darstellen, heranzukommen.

Tatsächlich wird es sehr schwierig werden, überall dort, wo Eigentumskriminalität vorliegt, zu einer Abschöpfung dessen, was gestohlen, veruntreut oder durch Betrug an sich gebracht worden ist, zu gelangen, denn der österreichische Durchschnittskriminelle ist ja in der Regel nicht vermögend und legt das Geld nicht auf die Seite, sondern wenn ihn die Behörde erwischt, hat er meistens nichts mehr außer Schulden, die er schon Jahre oder Jahrzehnte mit sich schleppt und die durch die jüngsten strafbaren Handlungen nur noch größer geworden sind.


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Aber doch hoffe ich und hoffen wir alle, daß dieser neue Versuch, an auf kriminelle Weise erworbene Beträge heranzukommen, erfolgreicher sein wird als jener, den es aus der Zeit Harald Ofners gibt und der totes Recht geblieben ist.

Lücken werden geschlossen bei Tatbeständen, die man als modern bezeichnen könnte, und zwar wichtigere, überzeugendere und weniger wichtige, weniger überzeugende: Ausbeuterische Schlepperei etwa ist sicher ein Bereich, der es verdient, Aufmerksamkeit von seiten des Strafgesetzgebers, aber auch der Justizbehörden zugewendet zu bekommen. Ketten- oder Pyramidenspiele sind ganz aktuell. Ein Versuch, das in den Griff zu bekommen, ist sicher nicht unwichtig. Weniger bedeutungsvoll wird das Unterstrafestellen der Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen sein. Aktueller wäre vielleicht schon wieder der unerlaubte Umgang mit Kernmaterial oder mit radioaktiven Stoffen. Wir wissen alle aus den Zeitungen, aber auch aus dem Rechtsleben, daß es doch hin und wieder den Versuch oder auch die Tat gibt, solches Material nach Österreich zu bringen beziehungsweise durch Österreich zu transportieren.

Das heißt, das Strafrechtsänderungsgesetz im engeren Sinn ist ein Sammelsurium von zum einen Bestandteilen, die dringend aktuell sind, die wir alle benötigen, und von zum anderen eher in die Zukunft reichenden Bemühungen, Tatbestände zusammenzustellen, die vielleicht einmal aktuell werden könnten.

Ein Nebenbereich ist die Problematik der Anhebung der Pauschalkosten im Strafverfahren. Hier gibt es einen freiheitlichen Antrag, der darauf abgezielt hat, die Pauschalkosten in ihren Höchstbeträgen zu verzehnfachen. Ich darf das erläutern; es ist dies von dieser Stelle aus schon einmal geschehen.

Die Strafrechtspflege kostet viel Geld. Häufig kommt es zu Verurteilungen, und ebenso häufig haben Verurteilte doch auch Geld. Es kommt auf die Delikte an. Aber die Pauschalkosten, die als Beitrag zu den Kosten des jeweiligen Strafverfahrens geleistet werden müssen, bewegen sich in aller Regel im Bereich von wenigen tausend Schilling. Es wird ein Prozeß abgewickelt, der vielleicht Tage dauert, und am Schluß werden die Pauschalkosten mit 4 000 S oder 5 000 S bestimmt, obwohl das Gesamtverfahren ein Vermögen gekostet hat. Ich frage Sie, wie der Steuerzahler dazu kommt, dem Straffälliggewordenen, dem Verurteilten die Kosten des ihn betreffenden Gerichtsverfahrens zu ersetzen.

Da haben wir Freiheitlichen uns vorgestellt, daß man ordentlich valorisiert, daß man so weit erhöht, daß zumindest annähernd die wirklichen Kosten des Verfahrens ersetzt werden. Wir sind etwas enttäuscht darüber, daß sich das Justizministerium und die Regierungsparteien nur zu einer Verdoppelung dieser Beträge aufgerafft haben, die Niederschlag im Gesetz finden wird, die aber einer Valorisierung nicht einmal annähernd entspricht. Ich glaube, daß wir auf die Dauer dazu finden werden müssen, daß auch in der Strafrechtspflege – auch im Verwaltungsstrafrecht ist das fällig – das Verursacherprinzip entsprechend zum Ausdruck kommt.

Es gibt auch eine Detailregelung im Vollzugsbereich. Es wird den Justizwachebeamten die Möglichkeit eingeräumt, ausgefeiltere Überwachungsmethoden anzuwenden und auch flüchtige Häftlinge zu verfolgen, was sie bisher eigentlich eher der Polizei oder der Gendarmerie überlassen haben müssen. Man bemüht sich, damit Lücken zu schließen, die sich im Laufe der Praxis im Strafvollzug ergeben haben. All das hat eine gewisse Aktualität durch die Problematik in der Justizanstalt Graz oder, wie sie im Volksmund heißt, Karlau bekommen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte aber doch auch einen Aspekt der Ereignisse in der Justizanstalt Graz darstellen, der bisher viel zuwenig Eingang in die Diskussion in der Öffentlichkeit und in die Medien gefunden hat:

Eine Justizanstalt stellt eine Unterbringungsmöglichkeit für eine große Anzahl von schwierigen Menschen – um das einmal vorsichtig auszudrücken – dar. Das heißt, einige hundert, oft an die tausend, mitunter über tausend, straffällig gewordene – ich sage es noch einmal – schwierige Menschen leben unter einem Dach unter für alle Beteiligten nicht ganz einfachen Bedingungen.


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Wir erfahren aus den Medien, wenn wir am Abend das Fernsehen aufdrehen, wenn wir die Zeitungen aufschlagen, immer wieder, daß es in vielen Ländern der Welt Häftlingsrevolten mit Geiselnahmen, einer großen Anzahl von Geiseln, mit Mord, Totschlag und brennenden Zellentrakten, mit Häftlingen auf dem Dach und Maschinengewehren im Einsatz gibt. Daß so etwas in Österreich nicht stattfindet, hat seine Ursache darin, daß man bei uns die zumindest theoretische, dem einzelnen die subjektive Hoffnung lassende Möglichkeit hat, irgendwann einmal bedingt entlassen zu werden. Natürlich kann nicht jeder bedingt entlassen werden, und das ist auch gut so, aber theoretisch hat jeder Strafhäftling in Österreich die Chance, sich zu sagen: Wenn ich mich ordentlich aufführe, wenn von mir aus in meiner Haftzeit nichts Besonderes passiert, habe ich theoretisch die Möglichkeit, früher herauszukommen, als es dem Strafende entspräche.

Dieses Instrument der bedingten Entlassung wird in Österreich auch tatsächlich von nahezu allen Vollzugsgerichten angewendet, nur von einem einzigen nicht, von Graz. In Graz, das heißt, in dem zuständigen Bereich, in den die Karlau gehört, wird nicht bedingt entlassen. Nicht weniger, sondern praktisch nicht! Insider wissen, in Innsbruck wird am häufigsten bedingt entlassen, dann staffelt sich das herunter über Suben und Garsten bis Wien, aber in Graz gibt es auf diesem Sektor nichts.

Das führte so weit, daß sich im Rahmen der Festveranstaltung anläßlich der Eröffnung der diesjährigen Tagung der Anstaltsleiter der Justizanstalten in Graz vor einigen Monaten unter den Festrednern eine verbale Auseinandersetzung entwickelt hat, auf der einen Seite der Vollzug, auf der anderen Seite die Richterschaft, weil die These vertreten wird – und das wird sogar schon bei Festveranstaltungen artikuliert –, es brodelt in der Karlau, denn wenn keine theoretische Chance auf bedingte Entlassung besteht, dann passiert einmal etwas. Jeder hat darauf gewartet, daß gerade in der Karlau etwas passiert – und es ist etwas passiert, meine Damen und Herren!

Das muß man offen aussprechen, und ich benütze die Gelegenheit, dies heute hier zu machen. Man soll jetzt nicht so tun, als ob der Justizwachebeamte zuwenig aufgepaßt hätte oder als ob – was stimmen mag – die Ausführungen zum Einkauf nicht den Vorschriften entsprechend getätigt worden seien. In Wahrheit haben alle gefürchtet, daß ausgerechnet dort etwas passieren wird. Das hat – ich wiederhole es – bis zu verbalen Kontroversen in Festansprachen aus Anlaß der heurigen Eröffnung des Treffens der Fachleute, der Anstaltsleiter, in Graz geführt.

Das muß man sagen, und da muß man sich auch entsprechend danach richten, denn es kann nicht sein, daß im wesentlichen ein einzelner Richter, dessen Namen ich nennen könnte, es in der Hand hat, auf diesem Sektor so maßgeblich auf die Dinge einzuwirken, daß dann wirklich einmal eine Geiselnahme passiert, was in Österreich ja sehr selten ist.

Einen Satz noch zur Problematik Gerichtsorganisation in Wien: Ich glaube, daß man zwei Möglichkeiten für die Gerichtsorganisation in großen Städten hat. Die Möglichkeit Nummer eins ist das Münchner System: ein oder zwei riesige Gerichte irgendwo am Stadtrand, in denen alles stattfindet, vom Eingangsgericht bis zum Höchstgericht. Es mag sein, daß diese Konzentration Vorteile hat, dem österreichischen Wesen und dem österreichischen Rechtsleben entspricht sie nicht. Wir haben den Weg gewählt – auch nicht schon immer, erst seit etwa zehn Jahren wird er begangen –, daß wir eine auch geographisch bürgernahe Justiz haben wollen, die dem Bürger auch der Distanz nach entgegenkommt, und wir haben daher den Weg der Vollgerichte beschritten, also Gerichte, in denen alles stattfindet, Straf-, Zivil-, Exekutionsrecht et cetera, in die einzelnen Bezirke zu bringen. Ich halte diesen Weg, der schon sehr weit vorgeschritten ist, für den richtigen, und ich freue mich, daß mit dem Bezirksgericht Meidling ein weiterer Meilenstein – schon sieht man das Licht am Ende des Tunnels – erreicht ist.

Soviel zu der heutigen Vorlage in dem Bereich, in dem ich mich dazu "vernehmen" lassen wollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.06


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte, Sie haben das Wort. 20 Minuten Redezeit.

13.06

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin furchtbar enttäuscht, wenn ich mir die Anwesenheit der Abgeordneten hier im Plenum anschaue. Es ist ja immer so mit der Anwesenheit im Plenum, und jeder weiß, warum das so ist, aber es gibt bestimmte Situationen, in denen man sich darüber einig ist, trotz unterschiedlicher Auffassungen in der Sache, daß eine Angelegenheit von besonderer Bedeutung ist. Das hatten wir zum Beispiel, als es um den Beitritt zur Europäischen Union ging, als es dann um die Begleitgesetze ging, und es gibt immer wieder solche Gelegenheiten. Meistens geht es um wirtschaftspolitische Dinge.

Offensichtlich wird nicht erkannt, worüber wir heute hier abstimmen werden und welche Dimension die Entscheidung der Abgeordneten, und zwar jedes einzelnen Abgeordneten, wie jeder weiß, für eine Reihe von Menschen hat. Und das ist für mich die eigentliche Enttäuschung, denn mit der spärlichen Anwesenheit in diesen Reihen hier, ob das bei der SPÖ, bei der ÖVP oder bei den Freiheitlichen ist, wird zum Ausdruck gebracht, daß man das offensichtlich nicht begreift. Es ist daher meine Sorge, wie diese Abstimmung ausgehen wird.

Ich möchte mich, was diese Vorlage und was die Tagesordnungspunkte 1 bis 9 angeht, auf einen einzigen Aspekt beschränken, nämlich auf jenen, der Bestimmungen bezüglich homosexueller Menschen betrifft.

Es wird wohl niemanden in diesem Haus geben, dem der Schutz der Jugend kein Anliegen ist. Das setze ich jetzt einmal voraus. Es gibt auch niemanden in diesem Haus, der nicht sagt, daß ihm die Gewährleistung von Menschenrechten ein Anliegen sei, und trotzdem gibt es bei beiden Aspekten so große Divergenzen zwischen den jeweiligen Fraktionen.

Deswegen habe ich mir gewünscht, daß diese Debatte hier der Argumentation dienen möge, daß man versucht, einander – ich sage durchaus "einander" – inhaltlich zu überzeugen, und daß letztlich jeder versteht und jeder empfindet, daß es an ihm liegt, wie diese Entscheidung heute ausgehen wird.

Ich möchte mich, wenn ich vom Schutz der Jugend spreche – das wurde ja heute schon von Kollegen angesprochen –, mit dem Inhalt, und zwar nach unserem Verständnis, auseinandersetzen. Da gibt es zwei Begriffe, die man durchleuchten muß: das eine ist der Begriff des Schutzes, das andere ist der Begriff der Jugend. Und erst dann, wenn wir für uns entschieden haben, welchen Begriffsinhalt das hat, können wir dazu kommen, welche Regelungen auf staatlicher Ebene dafür notwendig sind.

Ich möchte mit dem Begriff der Jugend beginnen. Es geht darum – das ist der Abänderungsantrag, der von Fuhrmann, Schmidt und Stoisits gestellt wurde –, das Alter, ab dem sexuelle Kontakte nicht strafbar sein sollen, einheitlich auf 14 Jahre zu senken.

Dieses 14. Lebensjahr ist für viele Bereiche in unserer Gesellschaft ein Markstein. Was man ab dem 14. Lebensjahr alles darf, darüber gibt es eine wunderbare Zusammenstellung, die die Homosexuellen selbst gemacht haben, weil auch sie nämlich versuchen, mit Argumenten zu überzeugen. Daher muß ich sagen: Tiefer Respekt für die Arbeit, die hier geleistet wurde, für die Überzeugungsarbeit, die in den letzten Jahren geleistet wurde! Ich hoffe, sie war nicht umsonst. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei den Grünen.)

In dieser Zusammenstellung ist aufgelistet, was ein Mensch ab dem 14. Lebensjahr schon alles tun darf. Ich möchte nur einige Punkte herausgreifen: Der Jugendliche ist strafmündig, deliktfähig, testierfähig, kann bereits Privatstrafanklagen erheben. Er kann seine Religion eigenständig bestimmen. Das ist so, ich kann Ihnen auch die zugehörigen Paragraphen nennen. Es gibt eine Reihe von Bereichen, in denen ohne Zustimmung eines jungen Menschen, sobald er


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14 Jahre alt ist, nichts mehr geht. Das sind alles Dinge, die das Leben des einzelnen, seine höchstpersönlichen subjektiven Rechte, seine Persönlichkeitsentwicklung betreffen.

Wir haben eine Grenze gesetzt: Ab dem 14. Lebensjahr ist der junge Mensch eigenverantwortlich. Einen einzigen Bereich haben wir ausgespart: jenen der homosexuellen Männer, die sich sexuell nicht selbst bestimmen dürfen.

Nun frage ich Sie: Können Sie widersprechen, wenn ich behaupte, daß die Sexualität das wohl Ureigenste einer Persönlichkeit ist? Sie machen die Menschen strafmündig, deliktfähig, testierfähig und vieles mehr – ihre Sexualität aber lassen Sie sie nicht selbst bestimmen.

Ich weiß schon, daß das Argument kommt, man könne verführt werden. Ich will ja gar nicht allen Unredlichkeit in der Argumentation unterstellen. Es sind sogar viele, die diesen Antrag stellen, auch davon überzeugt, daß das richtig ist. Ich würde mir deshalb wünschen, daß jene, die sich schon damit auseinandergesetzt haben, auch jetzt darüber nachdenken, welche Argumente für sie schwerer wiegen. Verführung ist etwas – das ist wissenschaftlich erwiesen –, das nicht gegen etwas passieren kann, was nicht in einem selbst schon enthalten ist. Das heißt, wenn die entsprechende Orientierung nicht vorhanden ist, kann nicht dazu verführt werden.

Ein weiteres Argument, das immer wieder Verwendung findet, ist das Argument des Zeitpunktes. Wenn Sie sagen, ein Mensch weiß es halt mit 14 Jahren noch nicht, aber mit 16 oder 18 Jahren weiß er es – Sie nicken, Kollegin Ridi Steibl –, dann frage ich Sie: Welchen Sinn soll es haben, verhindern zu wollen, daß jemand schon früher weiß, wie er sexuell orientiert ist? Welchen Sinn macht es, daß der Staat Menschen daran hindern will, früher ihre Identität zu erkennen? – Das ist doch der eigentliche Punkt der Angelegenheit. Wollen wir nicht eine Gesellschaft, in der die Menschen gemäß ihrer Identität leben können?

Es ist erwiesen, daß Menschen ihre Identität nicht mehr verändern. Die einzige noch offene Frage ist, ob die sexuelle Orientierung eine fixe Veranlagung ist oder ob sie in den frühesten Kindesjahren erfolgt. Daß sexuelle Orientierung aber nicht später erfolgt, ist erwiesen. Es geht also nur noch um das Erkennen der eigenen Orientierung.

Wollen Sie das tatsächlich verhindern? Wissen Sie, welche Gesellschaft Sie damit schaffen? Haben Sie sich mit diesen Menschen einmal auseinandergesetzt, damit, welches Leben diese Menschen in einer Gesellschaft führen müssen, in der ihnen oktroyiert wird, daß das etwas Falsches sei, in der sie glauben, sie müssen eine andere Identität leben als die, die eigentlich in ihnen drinnen ist? Wissen Sie, was das für einen Menschen bedeutet? – Genau darum geht es, nur darum! (Beifall beim Liberalen Forum, bei Abgeordneten der SPÖ und bei den Grünen.)

Kollege Kukacka! Wir alle wollen einen Schutz aufbauen gegen Nötigung, gegen Vereinnahmung, gegen Gewalt. Dafür haben wir Bestimmungen, und wir brauchen sie. Ich werde nicht einen Finger rühren, um an diesen Bestimmungen etwas zu ändern, denn sie sind notwendig, Sie aber wollen das Erkennen der eigenen Identität so weit wie möglich hinausschieben!

Ich möchte nun einen Priester zitieren – ein, wie ich meine, sehr kluges Zitat – und gehe damit über vom Begriff des Jugendlichen zum Schutzbedürfnis. Bevor wir die Bestimmungen festlegen, müssen wir zuerst einmal wissen, wovor wir schützen wollen. Und zu diesem Schutzbedürfnis ein Wort: Glauben Sie wirklich, daß man Menschen vor Homosexualität schützen muß? Meinen Sie das wirklich? – Nichts anderes drücken Sie damit aus. (Abg. Mag. Kukacka: Vor sexuellen Übergriffen!)

Nun das Zitat, das ich bringen wollte: "Für die Zukunft der Gesellschaft ist es von entscheidender Bedeutung, die Fähigkeit zur Intimität zu fördern." Dieser Meinung bin auch ich. Ich glaube, wenn wir über den Zustand dieser Gesellschaft jammern, muß man beim Individuum beginnen, dort, wie dieses Individuum zu sich selbst findet, um auch Verantwortung für andere übernehmen zu können. Nur dann funktioniert das. Alles andere sind Regeln, die auf dem Papier stehen und nie mit Leben erfüllt werden können. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie den Menschen Gelegenheit dazu geben, so zu leben, wie sie selbst orientiert sind und ihre eigene Identität empfinden.


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Wenn wir daher von Schutz sprechen, dann muß man auch wissen, daß in dieser Gesellschaft, und nicht nur in dieser Gesellschaft, sondern vor allem im Staat, "vor etwas zu schützen" bedeutet, daß das, wovor man schützt – das hat auch Kollegin Fekter gemeint, als sie davon sprach, daß ein Strafgesetz eine Art Werteordnung sei, und zu einem Teil gebe ich ihr recht –, schlecht ist. Man braucht niemanden vor etwas zu schützen, was nicht schlecht ist. Wenn es in Ordnung ist, dann gibt es kein Schutzbedürfnis. Wir schützen daher zum Beispiel davor, daß jemand unter Alkoholeinfluß jemand anderen niederführt oder was auch immer. Schutzbedürfnis besteht nur dort, wo man von jemandem etwas Schlechtes fernhalten will.

Wenn Sie also für das Alter von Menschen, die sexuelle Kontakte pflegen, bezüglich der Strafbarkeit eine unterschiedliche Regelung treffen – ich spreche bewußt von einer unterschiedlichen Regelung –, dann drücken Sie damit aus, daß dort, wo ein höheres Schutzbedürfnis besteht, die Sache selbst schlecht ist. Nichts anderes sagen Sie damit. Eine Strafbestimmung kann nicht anders empfunden werden.

Damit – und das ist das Schlimme daran – belasten Sie nicht nur jene Menschen, die so leben müssen und wollen, sondern Sie manifestieren auch jene Vorurteile in der Gesellschaft, die lauten: Das ist etwas Abartiges, das ist etwas Abnormes, das wir halt gerade nicht diskriminieren wollen, denn so zivilisiert sind wir ja, aber es ist schlecht. Nichts anderes drücken Sie mit einer solchen gesetzlichen Bestimmung aus! Und das muß man einfach wissen, wenn man dazu seine Stimme abgibt, wenn man den Zettel abgibt, worauf "Ja" oder "Nein" zu den einzelnen Vorlagen steht.

Daher meine Bitte an jene, die sich damit auseinandergesetzt haben – das sind leider nicht alle –: Denken Sie darüber noch einmal nach und überlegen Sie, was Sie damit tun, wenn Sie einem Antrag zustimmen, der diese unterschiedliche Regelung im Strafgesetz aufrechterhält! Überlegen Sie, was es für die betroffenen Menschen bedeutet, mit dem fertigzuwerden, was Sie ihnen psychisch damit auferlegen, mit etwas von der Gesellschaft Unerwünschtem leben zu müssen – denn nichts anderes sagen Sie ihnen damit. Bedenken Sie, in welche Konflikte Sie diese Menschen stürzen, was Sie diesen Menschen antun!

Überlegen Sie aber auch, welches Signal Sie andererseits dieser Gesellschaft geben! Für die Gesellschaft geben Sie das Signal: Das ist unerwünscht! Alle Vorurteile, wie wir sie in der übelsten Ausformung erleben, haben damit eine Berechtigung, eine Legitimität bekommen. Sie können sich darauf berufen und sagen: Von der langen Diskussion, die geführt wurde, war das Ergebnis, daß die Homosexualität jedenfalls etwas ist, wovor man die Menschen schützen muß. – Das ist das Signal, das Sie heute geben, wenn Sie einer unterschiedlichen Regelung zustimmen. Doch dieses Signal dürfen Sie dieser Gesellschaft nicht geben! Das ist es, weswegen ich an Sie appelliere! (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Wenn Sie im Parlament immer davon reden, daß die Menschen sich treu bleiben sollen, dann geben Sie ihnen doch Gelegenheit, zu sich finden zu dürfen, dann stellen Sie sie nicht an den Rand! Ich bitte Sie daher – viele, die ich meine, haben leider nicht zugehört, obwohl sie im Saal sind –, bei dieser Gelegenheit die Verantwortung des freien Mandats zu empfinden und zu wissen, was Sie für die Betroffenen tun und was Sie für die Gesellschaft tun, denn an Ihnen wird es liegen! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei den Grünen.)

13.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

13.19

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Die Plattform für die Abschaffung strafrechtlicher Tatbestände, die homosexuelle Männer in Österreich diskriminieren, hat in einer Aussendung beziehungsweise eigentlich in einem Brief an alle Abgeordnete zum Nationalrat geschrieben: "An der Schwelle zum dritten Jahrtausend muß Österreich, das einst als erstes Land der Welt die Todesstrafe für Homosexualität aufgehoben hat, in dieser Frage endlich wieder den Anschluß an die zivilisierte Welt finden."


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Den Anschluß an die zivilisierte Welt zu finden, betrifft in diesem Fall eine – man kann es so sehen – rein juristische Frage, nämlich die Gleichbehandlung von Menschen, die Gleichbehandlung von Männern und Frauen, denn dieser Strafrechtstatbestand des § 209 diskriminiert schwule Männer, nicht aber lesbische Frauen gegenüber Heterosexuellen. Für mich ist es immer schon – nicht erst, seit ich Abgeordnete zum Nationalrat bin – ein Zeichen der Mißachtung weiblicher Sexualität gewesen, daß es diese unterschiedlichen Schutzbestimmungen, wie es die einen nennen, oder Diskriminierungsbestimmungen, wie ich es nennen würde, als Bestandteil des österreichischen Strafgesetzbuches gibt, denn was ist weibliche Sexualität schon wert? Jedenfalls nicht so viel, daß man sie als gefährlich ansehen würde.

Da kann ich mich jetzt den Worten von Frau Dr. Schmidt, meiner Vorrednerin, anschließen. Weibliche Sexualität ist bis heute nicht etwas, was als gefährlich dargestellt werden kann, wird oder wurde, weibliche Sexualität ist nicht etwa eine Sache, für die es in diesem Land in den letzten Jahren eine Massenbewegung gegeben hätte, wo gesagt worden wäre, hier werde verführt, hier werden Kinder "verzaht". Niemand hat sich diesem Thema gewidmet. Es ging immer um die Schwulen, um schwule Männer, die andere schwule Männer lieben.

Das Wort "Liebe" ist für mich in diesem Zusammenhang entscheidend, denn nach den noch gültigen Bestimmungen des Strafgesetzbuches wird in Österreich Liebe zwischen Menschen verfolgt und mit gerichtlicher Strafe geahndet. Wenn das, was ich für das Natürlichste der Welt halte, nämlich daß zwei Menschen einander lieben, tatsächlich passiert, gibt es in dieser Republik die Strafdrohung des Gefängnisses.

Wenn jetzt nicht nur die Betroffenen allein, sondern auch Menschen, die einfach den Anschluß Österreichs an die zivilisierte Welt wollen, meinen, daß damit im Jahr 1996 Schluß sein sollte, so kann man dieser Frage vom juristischen Standpunkt her ganz emotionslos gegenüberstehen und feststellen, wie wenig rechtens sie ist, denn sonst müßten nämlich alle anderen mit einer enormen, mit einer unglaublichen Vehemenz die Gleichbehandlung aller – heterosexueller, lesbischer und schwuler – Menschen fordern. – Dem ist aber nicht so.

Ich wende mich hier nicht an alle, denn in dieser Frage, mit der sich der Nationalrat in einer wirklich seriösen und sachlichen Art und Weise schon so viele Jahre beschäftigt – da möchte ich allen Beteiligten meine Hochachtung aussprechen, sowohl den Damen und Herren, die sich als Experten im Unterausschuß zur Verfügung gestellt haben, als auch den Kolleginnen und Kollegen, die an den Diskussionen teilgenommen haben; es war eine vorbildliche Debatte, auch wenn sie mir, Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich das sage, viel zu lang gedauert hat, denn eigentlich hätte das, was am heutigen Tag geschieht, unabhängig vom Ergebnis, schon längst stattfinden können –, geht es jetzt um ein paar Menschen, um ein paar weibliche und männliche Abgeordnete in der Fraktion der ÖVP und der FPÖ, die die Möglichkeit haben, diesem Land zum Anschluß an die zivilisierte Welt zu verhelfen. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist eine Frechheit! – Abg. Dr. Graf: In der SPÖ tragen das auch nicht alle mit! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Glauben Sie, daß das eine echte Liebe ist zwischen den 14jährigen und den 16jährigen?)

Herr Kollege Kukacka! Ich möchte wissen, was da eine Frechheit ist. Menschen kommen dafür, daß sie einander lieben, ins Gefängnis. Ich wende mich nicht an Sie, das ist Ihre Sichtweise. Sie sind für mich ein Unbelehrbarer. Ich habe Sie in diesen Jahren kennengelernt. Ich werbe nicht um Ihr Verständnis, Sie haben sich in der Öffentlichkeit so eindeutig geäußert, daß es völlig sinnlos ist. Sie gehören zu einem bestimmten Teil der österreichischen Bevölkerung – dazu gehören auch prominente Bischöfe –, dessen Meinung ich respektiere, die ich aber nicht für richtig halte, weil sie diskriminiert, weil sie eine bestimmte Gruppe, deren sexuelle Orientierung nicht die Ihre zu sein scheint, die auch nicht die meine ist, abwertet und diese Gruppe in letzter Konsequenz ins Gefängnis schickt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber das Alter müssen Sie schon erwähnen!)

Ich wende mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, an jene, die immer wieder eines im Mund führen, nämlich den Schutz der Jugendlichen. Ich bin keine Expertin für Jugendschutz (Abg. Dr. Graf: Das merkt man!), ich bin Abgeordnete zum Nationalrat – auch Herr Dr. Graf ist ganz sicher kein Experte für Jugendschutz (Abg. Dr. Graf: Ich habe drei Kinder, wieviel haben


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Sie?) –, aber hier geht in erster Linie darum, daß man auch über die fälschlichen Beurteilungen des Gegenstandes, mit dem wir uns heute beschäftigen, aufklärt. Die österreichischen Kinder- und Jugendanwälte, deren Profession es ist, den Schutz der Jugendlichen und der Kinder in ihrer täglichen Arbeit umzusetzen, haben eine eindeutige Meinung zur Abschaffung des § 209 abgegeben. Sie haben sich damit an alle Abgeordneten zum Nationalrat gewandt und eindeutig festgestellt, daß sie für eine einheitliche Festsetzung des Schutzalters für Burschen und Mädchen auf 16 Jahre eintreten. Sie haben genauso eindeutig festgestellt, daß sie eine Umsetzung dieses einheitlichen Schutzalters im Einklang mit der UN-Konvention für die Rechte des Kindes für möglich halten, und diese UN-Konvention für die Rechte des Kindes hat der Nationalrat vor zwei Jahren – es war in der XVIII. GP – einstimmig beschlossen.

Die österreichischen Kinder- und Jugendanwälte haben auch eindeutig festgestellt, daß es im § 209 in erster Linie um das Recht auf Selbstbeteiligung und Selbstbestimmung geht und daß mit dem Begriff "Schutzalter" suggeriert wird, daß der § 209 auf den Schutz Jugendlicher vor sexuellen Übergriffen ausgerichtet ist. Das ist aber nicht der Fall! Der § 209, so wie er heute noch Recht ist, schränkt die Selbstbestimmung von Jugendlichen ein. Ich führe das nicht genauer aus, Frau Dr. Schmidt hat das schon sehr ausführlich getan. Es geht nicht um die subjektive Meinung von 183 Abgeordneten, es geht um die Einstellung, wie man die Autonomie – in diesem Fall geht es eben um männliche Jugendliche – in der Wahl der Liebes- und Lebenspartner durch einen Strafrechtstatbestand wesentlich beeinträchtigt. – Darum geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Im selben Atemzug müssen wir feststellen, daß in Österreich der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Ausbeutung und Gewalt im österreichischen Strafgesetzbuch normiert ist. Manche tun geradezu so, als würde im Falle der Abschaffung des § 209 morgen der Wildwuchs herrschen. Es gibt aber den Schutz vor Zwang und Gewalt, festgeschrieben in etlichen Normen des Strafgesetzbuches und – der überwiegenden Meinung des Nationalrats entsprechend – auch ausreichend. Wäre es nicht so, würde es zu noch größeren Änderungen im Rahmen des Strafrechtsänderungsgesetzes 1996 gekommen sein.

Es gibt kleine – in unseren Augen positive, weshalb diese auch unsere Zustimmung bekommen werden – Änderungen, den Schutz von Kindern und Jugendlichen betreffend, und zwar alles unter dem – auch wieder fälschlichen – Titel "Kinderpornographie" zusammengefaßt, aber hier geht es um das Recht von Jugendlichen auf Privatleben, hier geht um Nichtdiskriminierung.

Jene Kolleginnen und Kollegen, die keine ideologisch ausgerichtete und zum Teil massiv vorurteilsbehaftete Meinung zu dieser Problematik haben – es ist kaum eine Frage in den letzten Monaten und Jahren so ideologisiert worden wie diese, und zwar von den Betreibern des Weiterbestands der Diskriminierung –, jene, die dies ähnlich sehen wie die Einbringer des Abänderungsantrages – also die SPÖ, die Liberalen und die grüne Fraktion –, möchte ich auch noch einmal darauf aufmerksam machen, daß es hierbei um Partnerwahl, um Liebe und sexuelle Selbstbestimmung geht und nicht – wie fälschlicherweise argumentiert wird – um Schutz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat Herr Dr. Fuhrmann ganz kursorisch auf den Entwicklungsprozeß hingewiesen, der in der österreichischen Öffentlichkeit zum Thema Homosexualität stattgefunden hat. Ich habe es sehr, sehr positiv vermerkt, daß es heute eine ganz andere öffentliche Diskussion zu diesem Thema gibt als in den letzten Jahren – eine weit offenere, weit liberalere, weit weniger vorurteilsbehaftete als vielleicht noch vor vier, fünf Jahren.

Aus dieser Beobachtung nährt sich aber auch mein Verdacht beziehungsweise meine Angst, daß dann, wenn es heute nicht zur Abschaffung dieser diskriminierenden Tatbestände kommt, sozusagen das Imperium zurückschlägt, um es drastisch zu formulieren, und Repression und Druck einzelner Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, aber auch des Boulevards und des Biertisches die Oberhand gewinnen mit ihren Argumenten und durch die Entscheidung des Nationalrates in ihrer Meinung bestärkt werden: Aha, jetzt können wir wieder ein Schäuferl drauflegen, jetzt können wir Schwule und Lesben in diesem Land wieder spüren lassen, was wir von ihrer sexuellen Orientierung halten. – Das ist meine große Angst. (Abg. Dr. Graf: Das ist eine unbegründete Angst!)


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Es ist dies nicht nur eine Frage von drei Strafrechtstatbeständen, die nicht heterosexuell orientierten Menschen in diesem Land das Leben schwermachen, sondern es gibt eine Fülle von Bestimmungen im österreichischen Recht, wonach es Diskriminierung, Ungleichbehandlung oder unterschiedliche Behandlung gibt. Ich knüpfe an die heutige Entscheidung die Hoffnung, daß wir uns auch mit all diesen Punkten auseinandersetzen und daß jene zivilrechtlichen Bestimmungen, die zwecks Reform auf der Tagesordnung stehen müßten, endlich reformiert werden. Wenn die Strafrechtstatbestände aufgrund der heutigen Entscheidung weiter bestehen bleiben, dann sehe ich diesbezüglich schwarz. Das ist ein Umstand, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Sie mit bedenken sollten! (Beifall bei den Grünen, dem Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das STRÄG 1996, das uns Mitgliedern des Justizausschusses ja schon als STRÄG 1992 bekannt ist – kein anderes Gesetz wurde so lange und so intensiv im Nationalrat behandelt wie dieses –, ist ein Gesetzeswerk, dessen Novellierungsbedarf außer Streit steht. Es muß auf neue, veränderte Erscheinungsformen von Kriminalität eingegangen werden, und es muß eine Reaktion des Staates und des Nationalrates darauf erfolgen.

Ich habe nicht mehr die Zeit, das alles im Detail zu erläutern, aber ich möchte Ihnen sagen, daß der Justizausschuß und Sie, meine Damen und Herren, abgesehen von den Strafrechtstatbeständen, die Homosexuelle diskriminieren, die Möglichkeit hätten, einige kleine Korrekturen anzubringen.

Im großen und ganzen findet das, was heute beschlossen werden soll, meine Zustimmung, aber im Detail finden sich ein paar Absurditäten, die ich geradezu haarsträubend finde.

Kolleginnen und Kollegen! Ist Ihnen die Tatsache bekannt, daß es im österreichischen Strafgesetzbuch einen Paragraphen gibt – und ein Abänderungsantrag meinerseits bezieht sich auf die Abschaffung dieses Paragraphen –, der die Entführung einer wehr- und willenlosen Frau sanktioniert? Wer nämlich eine Frau, die geisteskrank ist oder sich in einem Zustand befindet, der sie zum Widerstand unfähig macht, entführt oder sie sexuell mißbraucht, der wird in Österreich bestraft. – So weit, so gut. Aber das bezieht sich nur auf Frauen. Das österreichische Strafgesetzbuch suggeriert, was heißt, suggeriert, es ist ganz offensichtlich von dem Gedanken bestimmt, daß die Frau dem Manne untertan zu sein hat, denn umgekehrt gibt es diese Bestimmung nicht. Es ist für das österreichische Strafgesetz offensichtlich nicht vorstellbar, daß ein Mann so willenlos ist, daß er zu sexuellen Handlungen verführt wird, die er selber nicht möchte.

Was würde Sie daran hindern, diesem Paragraphen eine geschlechtsneutrale Fassung zu geben? – Also ich halte es für einen Irrtum Ihrerseits, wenn Sie dies weiterhin so aufrechterhalten. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) – 3 Minuten noch, bitte.

Aber, meine Damen und Herren, es geht ja noch weiter. Das österreichische Strafgesetzbuch, das diesen Umstand sanktioniert, entschuldigt dieses Verhalten, wenn es zu einer nachfolgenden Hochzeit kommt. Wer also eine Frau entführt und vergewaltigt und sie später heiratet, der geht leer aus – leer im Sinne von ohne Bestrafung. Das ist doch wirklich unglaublich!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was haben solche Bestimmungen im österreichischen Strafgesetzbuch verloren? – Darum mein Vorschlag – und dieser wird von mir in Form eines Abänderungsantrages eingebracht werden –, diese Bestimmung zu streichen.

Dasselbe gilt für die Tatsache, daß die Verjährungsfrist unterschiedlich zu Deutschland ist in bezug auf den sexuellen Mißbrauch von Kindern. Eine alte Forderung ist – und das ist etwas, was tatsächlich den Schutz der Integrität von Menschen bedeuten würde –, daß die Verjährungsfrist auf das vollendete 18. Lebensjahr des Opfers abgestellt wird. Das insbesondere deshalb, weil diese Dinge aufgrund von Abhängigkeitsverhältnissen zwischen Tätern und Opfern – solche Sachen spielen sich sehr, sehr oft im Abhängigkeitsbereich, im Familienbereich ab – einfach nicht ans Licht kommen, was die Strafbehandlung der Täter verunmöglicht. Zudem ist es häufig so, daß gerade bei Sexualdelikten und bei sexuellem Mißbrauch von Kindern die Erinnerungen erst viel später wiederkehren – in der Regel bei Therapien – und dann eine Verfolgung nicht mehr möglich ist. Daher haben wir auch dazu einen Abänderungsantrag vorbereitet, der den


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Eintritt in die Verjährung erst ab dem vollendeten 18. Lebensjahr der mißbrauchten Person herbeiführen soll.

Der dritte Punkt, der mir ein großes Anliegen ist, ist die Tatsache, daß es in Österreich immer noch einen Blasphemieparagraphen gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Österreich ist es durchaus so, daß die Störung einer Religionsausübung sanktioniert wird – die Behinderung der Religionsausübung ist schwerst unter Strafe gestellt –, aber völlig unverständlich ist für mich die Tatsache, daß seit Jahren Kulturschaffende aufgrund des § 188 in ihrer Arbeit behindert werden. Kulturschaffende werden verurteilt, Filme, Theaterstücke werden zensuriert, kulturelle Tätigkeit wird in einem nicht unerheblichen Maße eingeschränkt – und das in einer Zeit, in der wir berechtigterweise und hoffentlich alle unisono Schriftsteller wie Salman Rushdie vor einem Tatbestand schützen, der, in unsere Rechtsordnung transferiert, nichts anderes als Blasphemie nach § 188 StGB darstellen würde.

Deshalb der Antrag auf ersatzlose Streichung des § 188 und Aufrechterhaltung des Paragraphen zur Störung der Religionsausübung. – Wir werden den Abänderungsantrag später zur Verlesung bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch einmal mein Appell an Sie: Bedenken Sie, daß es bei der heutigen Entscheidung nicht um politisches Kleingeld geht und nicht um Taktik, sondern daß es um Liebe zwischen Menschen geht, in dem Fall um Liebe zwischen Männern! (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) So wie die Liebe zwischen Mann und Frau, die noch frei ist in dieser Republik, sollte Liebe zwischen Männern ebenso vorbehaltlos möglich sein. (Beifall bei den Grünen, dem Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich nunmehr Abgeordneter Dr. Fuhrmann zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie kennen ja die Geschäftsordnung. Bitte, beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

13.43

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Präsident! Ich wollte Frau Kollegin Stoisits nicht durch einen Zwischenruf in ihren Ausführungen stören. (Abg. Dr. Khol: Das ist keine Berichtigung!) Sie hat sich geirrt, als sie uns gesagt hat, die Ständige Konferenz der Kinder- und Jugendanwälte hätte sich für eine Festsetzung des Schutzalters für Burschen und Mädchen auf 16 Jahre ausgesprochen.

Für das Protokoll möchte ich richtigstellen, daß sich die Ständige Konferenz der Kinder- und Jugendanwälte im zweiten Absatz des Briefes, den wir alle bekommen haben, selbstverständlich für die einheitliche Festsetzung des Schutzalters für Burschen und Mädchen auf 14 Jahre ausgesprochen hat. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei der SPÖ, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

13.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist nunmehr der Herr Bundesminister für Justiz gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

13.44

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das heute zur Beschlußfassung vorliegende Strafrechtsänderungsgesetz 1996, das ja eine Wiederauflage mehrerer Anläufe ist, markiert eine neue Schwerpunktsetzung im strafrechtlichen Reaktionensystem in Richtung Verbrechensgewinn, in Richtung illegale Gewinne. Deren Konfiskation soll – neben der Strafverfolgung der Täter – zum besonderen Anliegen der Strafjustiz werden, sei es zur Sicherung der Schadenersatzansprüche des Opfers, sei es als selbständige Maßnahme. Damit reagiert die Rechtsordnung auf die zunehmende Profitorientierung mancher Bereiche kriminellen Geschehens, vor allem solcher mit planmäßiger und organisierter Begehensweise.


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Der gesetzliche Kontrapunkt der Abschöpfung der Bereicherung und des Verfalls der Vermögenswerte einer kriminellen Organisation soll dabei nicht nur auf kriminelles Handeln demotivierend einwirken, sondern zugleich auch die Reinvestition krimineller Gewinne in die Planung und Begehung neuer Straftaten, aber auch deren Einsickern in die legalen Wirtschaftsstrukturen verhindern oder zumindest erschweren.

Die Abschöpfung der Bereicherung und der Verfall neuen Typs als eigenständige strafrechtliche Reaktionen lösen sich von den strengen Voraussetzungen einer strafrechtlichen Sanktion im engeren Sinne, indem sie unter bestimmten Voraussetzungen eine partielle Umkehr der Beweislast vorsehen, auch die Vermögenswerte bereicherter Dritter erfassen und auch bei Abwesenheit des Täters zur Anwendung gelangen können.

Die Erweiterung der strafrechtlichen Reaktionspalette durch Bereicherungsabschöpfung und Verfall verdeutlicht einmal mehr, daß die Bekämpfung der Kriminalität im allgemeinen und der organisierten Kriminalitätsformen im besonderen keine eindimensionale Aufgabe ist. Neben die klassische Reaktion der Verfolgung und Bestrafung einzelner Personen müssen andere Maßnahmen der Reaktion, vor allem aber auch der Prävention sowie der internationalen Zusammenarbeit treten. Nur dann kann es uns gelingen, den Aufbau krimineller grenzüberschreitender Netzwerke zu verhindern oder zu stören beziehungsweise solchen Netzwerken und Strukturen den Nährboden zu entziehen.

Mit der Beschlußfassung des Strafrechtsänderungsgesetzes 1996 am heutigen Tage setzt der österreichische Gesetzgeber einen wichtigen Schritt auf diesem mühevollen Weg, dem auch in Zukunft – nicht zuletzt auch durch die Schaffung von Rechtsgrundlagen für besondere polizeiliche Ermittlungsinstrumente – unsere volle Aufmerksamkeit gewidmet sein muß.

In den Rahmen der Bemühungen zur effizienteren Bekämpfung organisierter Kriminalität gehören auch die im Strafrechtsänderungsgesetz enthaltene, heute schon erwähnte Neugestaltung des Tatbildes der kriminellen Organisation sowie die Schaffung von neuen Straftatbeständen gegen ausbeuterische Schlepperei, gegen den unerlaubten Umgang mit Kernmaterial und radioaktiven Stoffen, gegen die Herstellung und Verbreitung von ABC-Waffen oder gegen den illegalen Export gefährlicher Abfälle, den Mülltourismus.

Aus dem prozeßrechtlichen Teil des Strafrechtsänderungsgesetzes möchte ich nur einen Punkt hervorheben: den neuen Rechtsbehelf der Erneuerung des Strafverfahrens, mit dem Österreich im Bereiche der Umsetzung von Entscheidungen der Straßburger Rechtsschutzinstanzen auch aus internationaler Sicht Neuland betritt.

Meine Damen und Herren! Das Strafrechtsänderungsgesetz 1996 stellt nach jenem aus dem Jahre 1987 die umfangreichste Änderung des Strafgesetzbuches seit der großen Strafrechtsreform der siebziger Jahre dar. Es geht dabei vor allem um eine Anpassung an neue Ausprägungen kriminellen Verhaltens ebenso wie an geänderte gesellschaftliche Auffassungen, sei es durch Entkriminalisierungen wie etwa beim Tatbestand des Ehebruchs, sei es durch Schaffung oder Verschärfung von Straftatbeständen wie etwa – über die schon erwähnten Beispiele hinaus – im Bereich des Umweltstrafrechts, der Kinderpornographie, Gewalthandlungen oder fremdenfeindlich motivierter Straftaten.

Abgesehen von den nunmehrigen Neuregelungen werden aber auch manche andere Teile unseres Strafrechts als überarbeitungsbedürftig empfunden, so vor allem die in der Konzeption aus den sechziger Jahren stammenden Tatbestände des Sexualstrafrechts. Dies ist anhand der Diskussion der letzten Monate über das entsetzliche Phänomen der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen besonders deutlich geworden. Ich habe daher, wie von hier aus seinerzeit angekündigt, eine multidisziplinäre Arbeitsgruppe zur Revision dieser Strafbestimmungen eingesetzt, und ich lade auch die Parlamentsklubs des Hohen Hauses ein, an den Arbeiten dieses Gremiums teilzunehmen.

Entscheidungsreif, meine Damen und Herren, erscheint mir aber die Frage der besonderen Sexualstraftatbestände im homosexuellen Bereich. Seit dem Ministerialentwurf des Strafrechtsänderungsgesetzes 1994, in dem vom Bundesministerium für Justiz die Streichung der §§ 220


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und 221 StGB vorgeschlagen und die Bestimmung des § 209 zur Diskussion gestellt wurde, hat es eine breite rechtspolitische Debatte zur Frage der Notwendigkeit besonderer Strafbestimmungen im Bereich der Homosexualität gegeben. Nicht zuletzt durch das in der XIX. Legislaturperiode stattgefundene, höchstrangig besetzte Expertenhearing im Unterausschuß des Justizausschusses wurde eine ausgezeichnete Grundlage für eine nüchterne und sachliche Beurteilung der heute anstehenden Fragen geschaffen.

Im Mittelpunkt der Diskussion steht zweifellos § 209 StGB. Hiezu möchte ich zunächst auch meinerseits nochmals darauf hinweisen, daß bei einer Streichung des § 209 StGB die Strafandrohung gegen den Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses, also die Ausnützung der Stellung als Erziehungs-, Ausbildungs- oder Aufsichtsberechtigter eines Minderjährigen zu sexuellen Handlungen, bestehenbleibt – selbstverständlich auch die unveränderte Strafbarkeit aller Tatbestände, bei denen Gewalt oder Nötigung im Spiel ist.

Auch soll nicht übersehen werden, daß die Beibehaltung eines unterschiedlichen Schutzalters für hetero- und homosexuelle Handlungen durchaus nicht mehr dem europäischen Rechtsstandard entspricht. Schon vor einigen Jahren haben sich sowohl die Parlamentarische Versammlung des Europarats als auch das Europäische Parlament dafür ausgesprochen, für homosexuelle Handlungen dasselbe Schutzalter wie für heterosexuelle vorzusehen. Dieser Aufforderung sind in den letzten Jahren mehrere europäische Staaten, die noch ein unterschiedliches Schutzalter vorsahen, gefolgt.

Im übrigen dürfen wir bei internationalen Vergleichen nicht unberücksichtigt lassen, daß aufgrund unseres strengen Legalitätsprinzips die Festsetzung von Altersgrenzen und Tatbestandsumschreibungen eine in höherem Maße die Strafverfolgung präjudizierende und abschließend determinierende Wirkung hat als in Ländern, in denen bei der Strafverfolgung das Opportunitätsprinzip gilt.

Hohes Haus! Wir sollten in Österreich bei der sehr spezifischen Diskussion über die Erfordernisse des strafrechtlichen Schutzes männlicher Jugendlicher nicht aus den Augen verlieren, daß die anstehende Entscheidung auch eine sehr grundsätzliche rechts- und demokratiepolitische Bedeutung hat. Nicht nur von den durch diese Strafbestimmungen Betroffenen wird deren Beibehaltung oder Abschaffung ein hoher Symbolwert und eine gewisse Signalwirkung über den Umgang mit einer – in diesem Fall durch ihre sexuelle Orientierung definierten – Minderheit zugemessen.

Ich meine, daß die Diskussionen seit der Regierungsvorlage des Strafrechtsänderungsgesetzes 1994 keine Ergebnisse gezeitigt haben, die ein Abgehen von dem damaligen Vorschlag der Bundesregierung, die §§ 220 und 221 StGB ersatzlos zu streichen, nahelegen, und das Expertenhearing im parlamentarischen Unterausschuß gute Gründe dafür aufgezeigt hat, auch § 209 StGB zu streichen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Zur Beschlußfassung steht heute auch die Strafvollzugsgesetznovelle 1996. Mit ihr wird die mit der Strafvollzugsgesetznovelle 1993 begonnene Reform des Strafvollzuges unter den Gesichtspunkten Modernisierung, Effizienzsteigerung, Erhöhung der Sicherheit fortgesetzt. Schwerpunkte dieser Novelle sind einerseits die gesetzliche Verankerung einer nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ausgerichteten Innenrevision, die auch zur Initiierung notwendiger Verbesserungen im Strafvollzug beitragen soll, andererseits die Präzisierung und Erweiterung der Befugnisse der Strafvollzugsbediensteten.

Dieses Vorhaben stellt einen weiteren wesentlichen Punkt in einer ganzen Reihe von in den letzten Jahren gesetzten Maßnahmen dar, die Sicherheit im Strafvollzug zu optimieren. Dies haben wir in der Überzeugung getan, daß die Gewährleistung der Sicherheit im Strafvollzug prioritäres Ziel zu sein hat. Daß mit der Sicherheit im Strafvollzug aber auch das Vollzugsklima und die Entlassungsperspektiven gewichtig zu tun haben, hat Herr Abgeordneter Dr. Ofner zu Recht herausgestellt, und ich teile die Meinung, daß in diesem Zusammenhang auch einer nicht unnötig restriktiven Handhabung der Möglichkeiten bedingter Entlassung, die im übrigen auch Auflagen für die Probezeit vorsehen, große Bedeutung zukommt.


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Meine Damen und Herren! Wie die heute zur Beschlußfassung anstehenden Gesetzesvorlagen zeigen, kann es – bei aller grundsätzlicher Zurückhaltung gegenüber der Schaffung immer neuer Normen – auf dem für die Gesellschaft so grundsätzlich bedeutsamen Gebiet des Straf- und Strafvollzugsrechts keinen Stillstand geben. Das gilt in besonderem Maße auch für das Strafprozeßrecht. Hier geht es nicht nur um die Schaffung rechtsstaatlich ausgewogener Grundlagen für neue polizeiliche Ermittlungsmethoden, wie sie derzeit im parlamentarischen Unterausschuß beraten werden, sondern überhaupt um die Neugestaltung des gesamten Vorverfahrens. Insbesondere in einer zeitgemäßen Regelung der kriminalpolizeilichen Ermittlungen im Dienste der Strafrechtspflege sehe ich eine Hauptaufgabe der laufenden Gesetzgebungsperiode. Wir arbeiten derzeit an einem Entwurf, der sich an der seinerzeit auch den Mitgliedern des Justizausschusses übersandten Punktation orientiert, und werden die Arbeiten in enger Kooperation mit dem Innenressort mit Hochdruck fortsetzen.

Darüber hinaus arbeiten wir an einer umfassenden Regelung der sogenannten Diversion, einschließlich des außergerichtlichen Tatausgleichs im Erwachsenenstrafrecht. Dieser Entwurf wird zu Jahresbeginn zur allgemeinen Begutachtung versendet werden.

Mit diesem Ausblick möchte ich schließen und mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

13.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Mir wurde eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 7 Minuten bekanntgegeben. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.57

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das vorliegende Strafrechtsänderungsgesetz ist ein wichtiger Schritt zu mehr Sicherheit in Österreich, und ich brauche auf die einzelnen Bestimmungen, sei es die Abschöpfung der Bereicherung oder seien es auch neue Tatbestände gegen das Schlepperunwesen oder überhaupt die Definition der kriminellen Organisation, nicht näher einzugehen.

Auf diesem Weg müssen aber noch weitere Schritte folgen, die zu mehr Sicherheit in Österreich führen. Will man der grenzüberschreitenden Kriminalität auch entsprechend begegnen können, so müssen wir unseren Sicherheitsbehörden die notwendigen Instrumente und Methoden zur Verfügung stellen, damit sie diesen Kampf auch erfolgreich gewinnen können. Ich bin sehr zuversichtlich, daß in den nächsten Tagen und Wochen darüber Einvernehmen hergestellt werden kann und daß es endlich zur Verwirklichung dieser notwendigen weiteren Methoden kommen wird.

Meine Damen und Herren! Der Österreicher hat Sehnsucht nach Sicherheit, und ich glaube, die Österreicher haben auch ein Recht auf diese Sicherheit. Darum ist es für die Volkspartei so wichtig, den klaren Weg des Opferschutzes vor dem Täterschutz immer zu unterstreichen und eindeutig aufzuzeigen.

Persönlich freue ich mich – das ist meine letzte Bemerkung zum allgemeinen Teil des Strafrechtsänderungsgesetzes –, daß es gelungen ist, auch was die Frage des Betreibens umweltgefährlicher Anlagen betrifft, eine einvernehmlich Lösung zu finden. Ich glaube, hier konnte eine griffige Formulierung gefunden werden, die zwar das Problem hintanhält, aber den Wirtschaftsstandort Österreich nicht gefährdet.

Meine Damen und Herren! Der Wandel einer Gesellschaft verlangt tatsächlich, daß wir die Normen, die diese Gesellschaft regeln, ständig überdenken. Es wird von uns aber auch verlangt, die Werte, die hinter diesen Normen stehen, ebenso zu überdenken und dort, wo sie uns nach wie vor wichtig sind, auch zu bewahren.


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Das Strafgesetzbuch gibt die Wertvorstellungen der Gesellschaft am ehesten wieder. Unter Schutz gestellt werden soll das, was uns tatsächlich wichtig ist. Ich konzediere Frau Kollegin Schmidt, daß die Sicht dessen tatsächlich eine unterschiedliche sein kann.

Frau Kollegin Stoisits hat mich mit ihrer Rede sehr beeindruckt. Sie ist jetzt leider schon gegangen. Wenn sie tatsächlich Liebe mit sexuellen Handlungen gleichsetzt, dann muß ich sagen, man kann ihren Standpunkt noch verstehen. Es gibt aber auch viele Menschen in Österreich, die das nicht tun, die den Begriff der Liebe umfassender sehen und ihn nicht nur auf die sexuelle Handlung reduziert haben möchten. Gerade diese Leute, so glaube ich, müssen wir in dieser Debatte genauso berücksichtigen.

Für uns von der Volkspartei sind die Institute der Ehe und der Familie eben weiterhin von hohem Wert, und wir legen daher den Maßstab dort an: Diese Werte müssen geschützt werden, wodurch diese Instrumente auch in Zukunft die entsprechende Unterstützung erfahren werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Darin unterscheiden wir uns von einigen Fraktionen in diesem Hause. Es ist daher notwendig, noch zu einigen Anträgen Stellung zu nehmen. Heute haben Frau Kollegin Stoisits, aber auch das Liberale Forum den Antrag eingebracht, den § 188, die Herabwürdigung religiöser Lehren betreffend, ersatzlos zu streichen. Ich möchte festhalten: Dieser Antrag tut vielen gläubigen Menschen in Österreich weh. Immer noch fühlt sich die Mehrheit der Österreicher einem Religionsbekenntnis verbunden. Dabei geht es überhaupt nicht darum, jemanden, der diesen Tatbestand erfüllt, zu bestrafen, sondern diesen Leuten geht es um den Wert, der hinter dieser Norm steht. Es geht darum, daß religiöse Werte mehr als schützenswert sind. Sie sind lebenswert und – ich bitte, das zu berücksichtigen – für viele Österreicher lebensnotwendig. Eine Religion, um welche immer es sich handeln mag, darf in dieser Welt und darf in diesem Staat nicht Gegenstand von Spott und Hohn werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ähnlich sehen wir auch die Bemühungen, die Strafandrohung bei Verletzung der Unterhaltspflicht zu entfernen. Ich bitte Sie, mit jenen Frauen zu reden, die ihren "entfleuchten" Männern und dem Geld für ihre Kinder nachrennen. Wenn diese Strafandrohung wegfällt, so wird gutes Zureden allein, so fürchte ich, nicht zum Erfolg führen.

Meine Damen und Herren! Wir haben hier in diesem Haus die Verpflichtung, den Menschen Sicherheit zu geben. Wir haben die Verpflichtung, Werte, die in dieser Gesellschaft etwas wert sein sollen, zu erhalten, und wir haben die Verpflichtung, Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen und Bedrängte zu schützen. Das jetzige Strafrechtsänderungsgesetz ist ein guter Schritt in diese Richtung, nur eines sollte uns klar sein: Durch das Aushöhlen des Strafrechtes höhlt man auch die Werte aus, und das möchte die Österreichische Volkspartei nicht mittragen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort. Mögliche Redezeit: 20 Minuten.

14.04

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich wieder dem § 209 zuwenden und das unterstreichen, was bereits von einigen Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt worden ist. Ich möchte aber eine Frage noch vertiefen, nämlich die Frage des Jugendschutzes und die Frage, ob mit dem § 209 die Jugend tatsächlich geschützt wird.

Bei der geplanten Streichung des § 209, so wie wir sie anstreben, geht es nicht um das Recht Erwachsener auf Sexualität mit Jugendlichen, sondern um das Recht von mündigen 14- bis 18jährigen männlichen Jugendlichen, ihre Sexualpartner selbst zu bestimmen. Homosexuelle Jugendliche sind gegenüber heterosexuellen in mehrfacher Hinsicht gesellschaftlich benachteiligt. Die Streichung der §§ 209, 220 und 221 würde diese Diskriminierung zwar mindern, jedoch nicht beseitigen.


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Das Jugendalter ist generell eine komplexe und schwierige Phase. Die Jugendlichen müssen sich von ihrem Elternhaus lösen, sie müssen lernen, Beziehungen, auch intime Beziehungen, zu entwickeln. Sie müssen ihre Identität formen. Dieser Prozeß ist für homosexuelle Jugendliche mit besonderen Belastungen verbunden.

Homosexuelle Burschen und Mädchen scheinen die einzigen Jugendlichen ohne eine Gruppe von Altersgenossen zu sein, mit denen sie sich identifizieren können und von denen sie Unterstützung erhalten, denn auch die anderen homosexuellen Jugendlichen leben zumeist versteckt, und das führt zu einer extremen Isolation.

Die Jugendlichen leben oft in dem Gefühl, mit niemandem über ihre Probleme, Sehnsüchte und Gefühle sprechen zu können. Die einzigen Bilder von Homosexuellen, die ihnen die Gesellschaft als Rollenmodelle anbietet, sind Stereotype, die homosexuelle Menschen als neurotisch, unglücklich und selbstzerstörerisch darstellen. Sie kommen auch oft auf den Witzseiten vor.

Gerade in dieser Situation, die für diese Jugendlichen extrem bedrückend ist, bedürfen homosexuelle Jugendliche der Kontakte zu anderen, zu anderen Homosexuellen, sowohl gleichaltrigen als auch erwachsenen, die es gelernt haben, im Einklang mit ihrer homosexuellen Orientierung zu leben.

Mangels entsprechender Rollenmodelle lernen homosexuelle Jugendliche aber nicht, wie man intime Beziehungen aufbaut und diese dann auch aufrechterhält. Sie erhalten kaum soziale Unterstützung und Hilfe bei den Frustrationen, Enttäuschungen und Konflikten, die typischerweise in jeder Beziehung mit der Zeit entstehen. Ihre Beziehungen stehen daher von vornherein unter einem schlechten Vorzeichen.

Die Diskriminierung verschärft diese Situation, und die Diskriminierung wirkt auch einer geglückten Entwicklung der Jugendlichen entgegen, weil es für sie so schwierig ist, stabile und dauerhafte Beziehungen einzugehen. Die Jugendlichen suchen, mit oder ohne Strafrecht, ihre Partner, und das ist ihr gutes Recht. Das ist hier schon gesagt worden. Die Rechtsordnung kann die Bedingungen gestalten, unter denen dies geschieht, und sie kann die Bedingungen extrem verschlechtern, wie das in diesem Fall eindeutig geschieht.

Die Diskriminierung und der mit ihr verbundene Zwang zur Heimlichkeit treiben die Jugendlichen in ungünstige soziale Milieus, in Bahnhöfe, Parks, öffentliche WC-Anlagen und so weiter, wo sie dann anonyme Kontakte eingehen, die im allgemeinen einem geringeren Entdeckungsrisiko ausgesetzt sind – jedenfalls einem wesentlich geringeren als bei echten, persönlichen Beziehungen.

Dementsprechend hat auch die Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft in ihrer Stellungnahme zum Entwurf 1991 darauf verwiesen, daß – ich zitiere – "viele schwule und bisexuelle Jugendliche keinen anderen Ort, wo sie ihre Sexualität leben können, haben, als die allseits bekannten WCs, Parks und Bahnhöfe. Dort besteht dann die Gefahr, daß sie mit Prostitution in Berührung kommen. In ihrer gewohnten, sozialen Umgebung ist es ihnen unmöglich, und von homosexuellen Organisationen und Lokalen wissen sie meist nichts, oder sie trauen sich wegen der Eindeutigkeit der Umgebung nicht hin. Oft verdrängen Jugendliche auch ihre eigenen homosexuellen Anteile so sehr, daß sie zur Rechtfertigung ihrer homosexuellen Handlungen der Bezahlung bedürfen. Dieser Zusammenhang von Tabuisierung und Diskriminierung von Homosexualität und Jugendprostitution ist evident." – Ende des Zitats.

Schließlich bestätigen die Homosexuellen, die die Jugendlichen in ihrem Straßenleben treffen, zumeist auch jene negativen Bilder von Homosexuellen, die sie von der Gesellschaft vermittelt bekommen. Auf diese Weise bleiben ihnen positive Lebensstile, die ihnen auch offenstünden, verborgen. Es gibt eine große amerikanische Studie zum Thema homosexuelle Jugendliche. Die Haupttodesursache bei homosexuellen Jugendlichen in den USA ist der Selbstmord, das ist kein Zufall.

Wir müssen, wenn wir vom Jugendschutz reden, die extreme Isolation und die extremen Probleme, die diese Jugendlichen haben, bedenken. Erst kürzlich bin ich mit dem Fall eines 16jähri


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gen konfrontiert worden, der mit einem erwachsenen Mann, der Ende Zwanzig ist, ertappt wurde. Er ist über vier Stunden von der Polizei einvernommen worden und hat dann schließlich den Namen dieses Mannes preisgegeben.

Der Kontakt war auf Initiative des Jugendlichen zustande gekommen, ist also kein Fall von Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses, von Nötigung, Drohung oder sonst irgendeines Verbrechens. Es ist ein Verstoß gegen den § 209. Der betreffende Mann wird vor Gericht kommen und verurteilt werden, er wird möglicherweise in seiner Existenz bedroht sein. Für den Jugendlichen ist es ein schweres Trauma. Ich frage mich, ob dieser § 209 wirklich irgend jemanden schützen kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Herr Abgeordneter! Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

14.11

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heutige Tag im österreichischen Parlamentarismus ist ein sehr wichtiger Tag, denn heute geht es um die Entscheidung, ob Österreich im Sexualstrafrecht im Mittelalter verbleibt oder den Sprung in die Neuzeit schafft. Im Bestreben um die Auffindung einer Lösung, im Bestreben, einen für alle Seiten tragbaren Kompromißvorschlag einzubringen, hat sich meine Fraktion am gestrigen Tag zu einer gemeinsamen, tragbaren und mehrheitsfähigen Lösung entschlossen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube jeder, der einer Liberalisierung der Homosexuellenparagraphen das Wort redet, müßte diesem unseren Antrag, der zugegebenermaßen ein Kompromiß ist, aber ein tragfähiger, mehrheitsfähiger, seine Zustimmung erteilen. Worin besteht dieser Kompromiß? – Dieser Kompromiß besteht darin, daß bei der Bestimmung des § 209 StGB das Schutzalter von 18 Jahren auf 16 Jahre gesenkt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird, so glaube ich, kaum vernünftige Gründe geben, die hier im Hohen Haus jemanden veranlassen könnten, diesem Kompromißvorschlag nicht zuzustimmen. Man darf nicht vergessen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß heute in Österreich, in den einzelnen Bundesländern, schon darüber diskutiert wird, ob das Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt werden soll. Es wird darüber diskutiert, ob der Jugend mehr Rechte als bisher eingeräumt werden sollen. Wer sich diesem richtigen Trend nicht verschließt, der ist heute aufgerufen – und wird vermutlich die Stimme auch in diesem Sinn abgeben –, der Herabsetzung des Schutzalters auf 16 Jahre die Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es war für uns Freiheitliche auch durchaus erfreulich, als wir heute vormittag aus einer APA-Mitteilung ableiten konnten, daß SPÖ und ÖVP überlegen, einen gemeinsamen Antrag einzubringen, der inhaltlich unserem entspricht, um nicht in die Verlegenheit kommen zu müssen, unserem Antrag zuzustimmen.

Ob dieser Antrag nun von Ihnen eingebracht wird oder nicht, entzieht sich meiner Kenntnis und der Kenntnis meiner Fraktion – die Zeit dafür wäre ausreichend. Aber ich meine, schon dieses Bekenntnis von SPÖ und ÖVP, einen gemeinsamen Antrag, der dieser "Mittellösung", diesem vernünftigen Kompromiß entspricht, einzubringen, zeigt sehr deutlich die Vernünftigkeit unseres Antrages, das Schutzalter auf 16 Jahre zu senken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun kann der eine oder andere dagegen einwenden, daß damit der Gleichheitsgrundsatz verletzt würde. Ich vertrete die Auffassung, daß das nicht der Fall ist, denn der Verfassungsgerichtshof läßt dort eine Ungleichheit zu, wo verschiedene Sachverhalte auch ungleich in der Sache beurteilt werden können.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich ja bekanntlich mit der Frage des ungleichen Schutzalters für Heterosexuelle und für Homosexuelle nach der derzeitigen Gesetzeslage, nämlich 14 Jahre


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und 18 Jahre, schon befaßt und ist im Jahr 1989 zu dem Ergebnis gekommen, daß eine sachlich begründete Ungleichheit vorliegt.

Wir gehen davon aus, daß sich auch sozialpolitisch und in der Entwicklung etwas getan hat. Aber wenn der Verfassungsgerichtshof im Jahr 1989 die Ungleichheit zwischen 14 und 18 Jahren als sachlich gerechtfertigt erachtet hat, dann wird er nicht im Jahr 1996 eine Annäherung auf 16 Jahre als ungleich empfinden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Rossmann zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Bewährungshilfegesetz, das Tilgungsgesetz, das Strafregistergesetz, das Suchtgiftgesetz, das Lebensmittelgesetz und das Sicherheitskontrollgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 1996; 33 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (409 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

In Artikel I werden nach Ziffer 26a folgende Ziffern eingefügt:

"26b. § 209 samt Überschrift lautet:

,Gleichgeschlechtliche Handlungen mit Personen unter sechzehn Jahren

§ 209. Eine Person männlichen Geschlechts, die nach Vollendung des neunzehnten Lebensjahres an einer Person, die das vierzehnte, aber noch nicht das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat, gleichgeschlechtliche Handlungen vornimmt oder von dieser an sich vornehmen läßt, ist mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.‘

26e. § 221 entfällt."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hier die historische Chance, dieser Liberalisierung im Sexualstrafrecht zuzustimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich appelliere hier sehr eindringlich insbesondere an die Abgeordneten der SPÖ, der Grünen und des Liberalen Forums: Wer für eine Totalliberalisierung ist, wie er Ihrem Antrag entspricht, der muß auch für eine Teilliberalisierung sein, wenn die Gesamtliberalisierung nicht durchgeht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Alles andere wäre ein Akt der Unglaubwürdigkeit. Nur aus einer Bestemmpolitik heraus gegen diesen vernünftigen Kompromißvorschlag einzutreten, nur weil von uns Freiheitlichen ein doch, wie ich glaube, allseits geschätzter, mehrheitsfähiger Antrag eingebracht wurde, bei dem SPÖ und auch ÖVP signalisieren, daß sie sich damit inhaltlich anfreunden können, ist meines Erachtens verantwortungslos.

Ich ersuche Sie daher und lade alle Damen und Herren von allen Parteien ein, diesen tragfähigen Kompromiß mitzutragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.19


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Der von Herrn Abgeordneten Dr. Krüger soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Als nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Maximale Redezeit: 20 Minuten.

14.19

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich auf die Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Trinkl eingehen, den ich zwar jetzt im Saal nicht sehe, aber vielleicht hört er es an einem Lautsprecher. Ich teile seine Auffassung, daß man schützen muß, was uns wertvoll ist, und daß das auch im Rahmen des Strafgesetzbuches geschehen muß. Ich halte aber an dieser Stelle unmißverständlich fest, meine Damen und Herren, daß homosexuelle Menschen für die Liberalen genauso wertvoll sind wie heterosexuelle und daß sie daher vor ungerechtfertigter, unsachlicher Verfolgung durch strafgesetzliche Bestimmungen zu schützen sind. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Konsequenz daraus kann nur sein, daß wir die §§ 209, 220 und 221 des Strafgesetzbuches heute ersatzlos streichen. Herr Abgeordneter Lukesch! Wir haben diese Paragraphen schon viel zu lange.

Ich möchte, da es in diesem ganzen Komplex, über den wir reden, auch um andere Dinge geht, auch noch einen kurzen Abstecher zu den Ausführungen von Herrn Abgeordneten Trinkl machen, der gemeint hat, es sei völlig falsch, die Verletzung der Unterhaltspflicht in Zukunft nicht mehr unter strafrechtliche Sanktion stellen zu wollen. Er hat gemeint, wir sollten einmal mit jenen Frauen reden, die ihren unterhaltspflichtigen Männern wegen fehlender Zahlungen nachlaufen müssen.

Herr Abgeordneter Trinkl! Es stimmt: Diese Frauen laufen den Männern nach, und wenn diese Männer erst einmal im Häfen sitzen, dann brauchen sie ihnen nicht mehr nachzulaufen. Diese Frauen bekommen aber trotzdem kein Geld von den unterhaltspflichtigen Männern, denn wenn jemand im Häfen sitzt, kann er nicht arbeiten und erst recht nichts zahlen. Daher ist das nicht sinnvoll. Es ist keine sinnvolle Bestimmung im Hinblick darauf, was insgesamt erreicht werden soll.

Meine Damen und Herren! Bezüglich der Herabwürdigung religiöser Lehren hat Frau Abgeordnete Fekter nicht ausgeführt, daß im Justizausschuß von unserer Seite klargemacht worden ist, daß es uns in diesem Zusammenhang nicht darum geht, religiöse Lehren geringzuschätzen oder einfach das Tor dafür aufzumachen, sondern es geht uns darum, zu verhindern, daß diese Bestimmung in zunehmendem Maße dazu herangezogen wird, um die Kunstfreiheit einzuschränken. Das ist bereits ein Problem, und es wird zunehmend zu einem größeren Problem. Wir meinen, daß, wenn es um Menschenrechte und solche strafrechtlichen Bestimmungen geht, die Menschenrechte den Vorzug vor den strafrechtlichen Bestimmungen genießen sollen. Deshalb sind wir für eine Streichung dieser Bestimmung eingetreten! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Abgeordnete Fekter! Sie haben auch nicht ausgeführt, daß wir angeregt haben, man möge doch das Kapitel 10 im Strafgesetzbuch in Zukunft nicht damit übertiteln, daß es sich um Delikte gegen die Sittlichkeit handelt. Wenn es um strafrechtliche Verfolgung von Vergewaltigung, von Sklavenhandel und vielen anderen sehr schwerwiegenden Verbrechen geht, dann, so haben wir vorgeschlagen, sollten wir sagen: Es geht dabei darum, daß das Delikte gegen die Menschenwürde sind. Sie haben nicht gesagt, daß Sie nicht dieser Ansicht waren, sondern daß Sie sie nur für Sittlichkeitsdelikte halten.

Gerade an diesem Beispiel kann man sehen, daß wir bei der Bewertung des Verhältnisses von strafrechtlichen Sanktionen zu menschenrechtlichen Einschränkungen einfach total unterschiedlicher Auffassung sind. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es so wichtig, daß heute


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über die gesellschaftspolitisch so eminent zentrale Frage der Abschaffung der §§ 209, 220 und 221 Strafgesetzbuch geredet wird.

Ich möchte mich im folgenden nur noch damit auseinandersetzen, denn wir stimmen den anderen Bestimmungen zu. Das wirklich zentrale Thema ist heute: Wie gehen wir mit diesen Verhältnissen, die wir in Österreich in bezug auf diese – zugegebenermaßen kleine – Gruppe haben, um?

Es wird hier als Gegenargument immer wieder angeführt, daß es doch um den Schutz von Jugendlichen geht und deshalb der § 209 Strafgesetzbuch unverzichtbar ist. Es ist sowohl vom Herrn Justizminister als auch von meinen Vorrednern pauschal schon angeschnitten worden, daß es dafür andere Schutzbestimmungen gibt. Ich möchte Ihnen der Vollständigkeit halber nur sagen, welche anderen Bestimmungen das sind.

Es ist nicht so, daß nur irgendwo versteckt ein Halbsatz existiert, mit dem man diesen Schutz gewährleistet, sondern es gibt zum Schutz von weiblichen und männlichen Jugendlichen vor sexueller Belästigung den § 201 Strafgesetzbuch, in dem es um die Vergewaltigung geht, es gibt den § 202, in dem es um die geschlechtliche Nötigung geht, den § 205, in dem es um die Schändung geht, den § 206, in dem es um den Beischlaf mit Unmündigen geht, den § 207, in dem es um die Unzucht mit Unmündigen geht, den § 212, in dem es um den Mißbrauch eines Autoritätsverhältnisses geht, und den § 213, in dem es um Kuppelei geht.

Da geht es um Strafandrohungen, meine Damen und Herren, die kein Klacks sind. Das geht von 3 Jahren über 10, 15, ja sogar bis 20 Jahre. Ich meine daher, es ist einfach sachlich nicht richtig, zu sagen, daß der Schutz von Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen, vor sexueller Belästigung ausschließlich am § 209 Strafgesetzbuch hängt. Dieser Schutz hängt nicht einmal mehr im mindesten daran, sondern das ist eine Sonderbestimmung, die für männliche Homosexuelle gemacht worden ist.

Eigentlich muß man, wenn man fair über diese Problematik diskutiert, auch noch darüber reden, warum man bisher den Frauen diesen angeblich notwendigen Schutz, den Sie, Frau Abgeordnete Fekter, offensichtlich gemeint haben, nicht zuerkannt hat. Frauen werden in ihrer Sexualität anscheinend nicht ernst genommen, Frauen sind anscheinend ab 14 Jahren nicht zu schützen, sie sind – das sage ich jetzt bewußt polemisch – Freiwild. – So kann es doch nicht sein!

Daher glaube ich, daß wir uns ganz einfach dem Umstand stellen müssen, daß es hier wirklich um Fragen der gesellschaftlichen Akzeptanz, schlicht und einfach um Fragen der Gleichberechtigung geht.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch ein bereits angesprochenes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zitieren. Es ist am 3. Oktober 1989 gefaßt worden. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Begründung sehr klar und deutlich ausgeführt, daß "bei der Beurteilung dieser Schutzbedürftigkeit" – von der wir die ganze Zeit jetzt reden – "von einer weithin bestehenden, deutlichen und vielfältigen gesellschaftlichen Diskriminierung von Homosexuellen auszugehen ist, die aufgrund der in der Gesellschaft vorherrschenden Wertvorstellungen für die Betroffenen zu einer Vielzahl von Schwierigkeiten und Konflikten führen muß."

Meine Damen und Herren! Eine der Folgen dieser Mißachtung von homosexuellen Menschen in Österreich ist, daß es unter homosexuellen Jugendlichen eine besonders hohe Selbstmordrate gibt. Die Abschaffung des § 209 soll verhindern, daß sich Jugendliche in Zukunft für unwert halten, weil sie – ich sage das ganz bewußt – homosexuell lieben, daß sie sich als unwert, vielleicht sogar als nutzlos oder abartig empfinden und vielleicht deshalb auf den völlig abstrusen Gedanken kommen, ihrem Leben ein Ende zu setzen, weil sie ihre Lage einfach als aussichtslos betrachten, weil sie nicht mehr wissen, was sie tun sollen, und weil sie sich auch an niemanden wenden können. In Wahrheit treiben wir damit Menschen an den Rand der Gesellschaft, wir drängen sie an die Wand, wir bringen sie dazu, Handlungen zu setzen, die niemand – wirklich niemand! – in diesem Hause wünschen kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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Meine Damen und Herren! Ich sage das deshalb, weil man die von mir vorher schon angesprochene und hier noch einmal wiederholte Feststellung, daß homosexuelle Jugendliche, homosexuelle Männer genauso wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft sind wie heterosexuelle Jugendliche, wie heterosexuelle Männer, auch aussprechen können muß. Man muß es persönlich aussprechen können, und man muß es vom Gesetz her auch aussprechen dürfen .

Es muß in Zukunft, Frau Abgeordnete Fekter, Herr Abgeordneter Lukesch, möglich sein, sich hinzustellen und zu sagen: Ja, das sind wertvolle Menschen in unserer Gesellschaft! (Abg. Dr. Fekter: Das bestreitet doch niemand!) Doch! Ich sage Ihnen auch, wo. (Abg. Dr. Fekter: Das ist eine Unterstellung!)

Ich habe mir gedacht, Frau Abgeordnete Fekter, daß Sie dem widersprechen werden. Ich sage das deshalb in dieser Ausführlichkeit, weil es Ihr Antrag ist, Frau Abgeordnete Fekter, den Sie zum Strafrechtsänderungsgesetz eingebracht haben, der besagt, daß es in Zukunft ein öffentliches Eintreten für Homosexualität nicht geben darf, daß das strafrechtlich zu verpönen ist. Das verlangen Sie mit Ihrem Antrag!

Ich zitiere aus Ihrer Begründung, Frau Abgeordnete Fekter, in der Sie sich auf jene Kriterien beziehen, die vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur entwickelt worden sind. Da heißt es nach einer längeren Ausführung – ich zitiere –: Unter Anwendung dieser Kriterien kann eindeutig festgestellt werden, daß die öffentliche Darstellung gleichgeschlechtlicher Kontakte und das öffentliche Eintreten und Werben für gleichgeschlechtliche Liebe die guten Sitten verletzen.

Das ist die Definition dafür, daß es ein öffentliches Ärgernis darstellt, und das ist der Grund, der dann Ihrer Meinung nach ... (Abg. Dr. Fekter: Wenn es ein öffentliches Ärgernis ist!) Nein, Frau Abgeordnete!

Ich sage Ihnen noch etwas: ... (Abg. Dr. Fekter: Lesen Sie den Antrag!) Ja, ich lese ihn, und ich lese Ihnen noch einen Satz aus Ihrer Begründung vor, in der es heißt: "Es ist nicht erforderlich, daß die Werbung tatsächlich von vielen wahrgenommen wurde." – Es geht also nur darum, daß das objektiv besteht, daß es gemacht worden ist. Es muß nicht "tatsächlich von vielen wahrgenommen worden sein". Wenn es gemacht worden ist, dann ist das schon öffentliches Ärgernis, und wenn es öffentliches Ärgernis ist, dann ist es – nach Ihrem Antrag – in Zukunft strafbar. (Abg. Dr. Fekter: Daß es ein öffentliches Ärgernis ist!)

Meine Damen und Herren! Wir haben nun das Problem, daß diese Wertvorstellungen im Strafgesetzbuch weiter festgeschrieben werden sollen, und wir haben das Problem, daß laut Ihrem Antrag die unterschiedlichen Altersgrenzen auch weiterhin aufrechtbleiben sollen. Es gibt einige kleine Änderungen darin, aber die unterschiedlichen Altersgrenzen sollen weiter aufrechtbleiben.

Meine Damen und Herren! Genau das ist es aber, was dann dazu führen wird, daß Männer und Jugendliche, die homosexuell empfinden, die homosexuell lieben, auch in Zukunft sozial geächtet werden, weil im Strafgesetzbuch steht, daß das nicht okay ist.

Meine Damen und Herren! Das bedeutet, daß homosexuelle Jugendliche in Zukunft weiter allein gelassen werden, so wie es heute schon der Fall ist, daß sie keine Gelegenheit haben, sich auszusprechen, ihr Selbstwertgefühl zu bilden und sich als wertvolle Menschen in unserer Gesellschaft zu empfinden.

Meine Damen und Herren! Diese Jugendlichen werden auch in Zukunft weiterhin der erniedrigenden Behandlung im Zusammenhang mit dem Verfahren nach § 209 ausgesetzt werden, denn sie wissen, daß es einen Verfolgten gibt und daß es auch einen Zeugen geben muß. Da es also jeweils nur zwei Menschen sind, die davon betroffen sind, wird es so sein – und ist jetzt auch schon so –, daß diese Bestimmung in hohem Maße dafür genutzt werden wird, homosexuelle Jugendliche unter Druck zu setzen. Und das ist etwas, was doch niemand wollen kann! (Beifall beim Liberalen Forum.)


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Meine Damen und Herren! Diese von mir umrissene Problematik gilt – ich sage das gerade in Richtung des Abgeordneten Krüger – für jeden Antrag, der eine unterschiedliche altersmäßige Behandlung über 14 Jahren vorsieht. – Herr Abgeordneter Krüger! Ich möchte für die Liberalen hier ganz klar festhalten: Ihr Antrag mit der unterschiedlichen Altersgrenze – er ist jetzt gemildert; diese unterschiedliche Altersgrenze setzt bei Ihnen bei 16 Jahren an – ist kein Kompromiß, weil es nämlich in Fragen der Menschenrechte, in Fragen der Gleichbehandlung keinen Kompromiß geben darf! (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Dunst. )

Herr Abgeordneter Krüger! Ich war vorhin und auch früher, als es bei anderen Gelegenheiten um dieses Thema ging, von Ihren Ausführungen und vor allem auch von der Klarheit Ihrer Ausführungen beeindruckt. Ich nehme an, daß Sie sich genauso wie ich daran erinnern.

In Wahrheit, meine Damen und Herren, kann die Schlußfolgerung aus all dem, was schon jahrelang auch hier im Hause von uns diskutiert worden ist, nur sein – und dem kann sich eigentlich niemand (Abg. Dr. Graf: Wenn man nicht Ihrer Meinung ist, dann kritisieren Sie das!), Herr Abgeordneter Graf, niemand!, mit einigermaßen vorhandenem Verstand, der jedem hier im Hause zu eigen ist, aber auch niemand mit einigermaßen vorhandener Herzensbildung verschließen –: Die §§ 209, 220 und 221 Strafgesetzbuch sind abzuschaffen! Tun Sie bitte das Ihre dazu, damit das geschieht! Alles andere, Herr Abgeordneter Graf, Herr Abgeordneter Krüger, Herr Abgeordneter Ofner, Frau Abgeordnete Steibl, alles andere als diese Entscheidung wäre grausam und unverständlich! (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Ing. Langthaler. – Beifall auf der Galerie.)

14.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren auf dem Balkon und auf der Galerie! Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß es nicht üblich ist, vom Balkon oder von der Galerie aus die Debatten mit Beifalls- oder Mißfallenskundgebungen zu begleiten. Ich bitte Sie, das in Zukunft zu unterlassen.

Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

14.33

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Während ich der Debatte zugehört habe, habe ich mir manchmal gedacht, ich könnte meinen Beitrag einerseits deswegen kurz halten, weil ja eigentlich – und nicht nur heute – die wesentlichsten Punkte schon genannt wurden, was jenen Teil der Strafrechtsänderung betrifft, der sich mit dem Schutzalter befaßt, und andererseits auch deswegen, weil das ja eine Materie ist, über die wir schon seit langem debattieren, über die vor allem auch öffentlich schon seit langem diskutiert wird, sodaß ich mir denke, nach so langer Zeit sind eigentlich alle Argumente auf dem Tisch und müßten doch einleuchten.

Aber wie man sieht, leuchtet es noch immer nicht ein beziehungsweise ist es noch immer nicht soweit. Das eigentlich Betrübliche oder Bestürzende daran ist, daß wir hinsichtlich einer Gleichstellung europaweit Schlußlicht sind und daß es offensichtlich, so wie es jetzt aussieht, auch heute wieder am Erfolg hapern könnte, wenn sich nicht der eine oder andere oder die eine oder andere Abgeordnete in den Reihen der FPÖ und der ÖVP noch einen Ruck gibt und sich überlegt, wofür oder wogegen man da stimmt, wenn man nur dem – angeblich nicht vorhandenen – Fraktionszwang gehorcht.

Wir haben nachgeblättert. Es hat schon 1867 den Entwurf eines Strafgesetzes gegeben. Es war zwar nur ein Entwurf, denn es ist nicht so beschlossen worden, aber das Erstaunliche daran ist, daß sich die Rechtsgelehrten, also die Experten, schon damals in einem einig waren, in einem Punkt übereingestimmt haben, wie in den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Frage der Regelung des Schutzalters oder der Regelung von Liebesbeziehungen unter Menschen nachzulesen ist. Darin heißt es, daß – die Einwilligung der handelnden Personen, also die Freiwilligkeit, vorausgesetzt – die Strafgesetzgebung keinen Anlaß zum Einschreiten hat, weil niemandes Recht verletzt wird und weil es jedem überlassen bleiben muß, vor sich selbst zu verantworten, mit wem er sich sozusagen einläßt – ich kürze das jetzt ab –, ob mit Frau oder mit Mann.


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Um dieses Thema ging es nämlich schon damals, 1867. Und für mich ist es erstaunlich, daß die Rechtswissenschaftler schon damals genau diese Meinung vertreten haben: Da gibt es nichts, was der Staat zu regeln hat – absolut nichts!

Dort, wo es um Schutzbestimmungen und um den Schutz von Kindern und Jugendlichen geht – das ist heute schon mehrmals gesagt worden –, gibt es im Strafgesetz andere Normen, die den Schutz vor Mißbrauch gewährleisten. Aber wir brauchen keine Regelung, die ein Liebesverhältnis oder Liebesbeziehungen unter Menschen in irgendeiner Weise einschränkt.

Herr Kollege Krüger! Wenn Sie heute, sozusagen fünf vor zwölf, einen Antrag der Freiheitlichen präsentieren und ihn dann auch noch als Kompromiß darstellen, dann frage ich mich, was Sie sich allein bei der Wortwahl gedacht haben. Denn: Worin besteht denn dieser Kompromiß, wenn in Ihrem Antrag weder die Ungleichheit noch die Diskriminierung beseitigt wird? – Beides wird weiter aufrechterhalten. Auch wenn Sie von 18 Jahren auf 16 Jahre für Männer in ihren gleichgeschlechtlichen Liebesbeziehungen zurückgehen, ist noch immer die Ungleichheit zu Frauen und zu den heterosexuellen Beziehungen gegeben, und auch die Diskriminierung ist weiter vorhanden. Das ist kein Kompromiß! Das ist nur der Versuch, sozusagen machtpolitisch hier irgendwie zu lavieren.

Würden Sie es mit Ihrem Ansinnen wirklich ernst meinen und sagen, da hat der Staat nichts zu regeln, da hat der Staat nichts zu bestimmen, dann könnten Sie ja wohl dem gemeinsamen Antrag der SPÖ, der Grünen und Liberalen zustimmen und müßten hier nicht noch im letzten Augenblick eine solche Sonderkonstruktion einbringen. (Abg. Scheibner: Das ist überhaupt keine Sonderkonstruktion!) Na schon, denn sie beseitigt weder Ungleichheit noch Diskriminierung (Abg. Scheibner: Das ist eine sinnvolle Differenzierung!) , und das ist ja ein wesentliches Faktum! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Graf: Sie erfassen nicht, daß hier differenziert wird!)

Ich weiß schon, daß Sie natürlich davon ausgehen, daß ein Teil der Jugendlichen damit erfaßt ist, nämlich jener Teil, der älter als 16 oder gerade 16 Jahre alt ist. Aber es ist eben nur ein Teil, und – noch einmal: – das beseitigt nicht den Zustand, den wir haben, das beseitigt nicht die Situation, daß Menschen aufgrund ihrer sexuellen Neigung diskriminiert werden. (Abg. Scheibner: Das ist ja nicht wahr! Es geht um den Schutz von Jugendlichen!)

Wenn wir schon dabei sind: Da ist noch etwas, was mich wundert. Außenminister Schüssel hat erst vor kurzem, nämlich Anfang Oktober, gemeinsam mit Italien eine Initiative präsentiert, in der es um einen Grundrechtskatalog (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) – ich brauche mit meiner Rede ein bißchen länger – der Menschenrechte geht. Besonders hervorgehoben wird in diesem Grundrechtskatalog, der schon vorhanden ist und jetzt auch als österreichisch-italienische Initiative in die Europäische Union hineingetragen werden soll, daß es keine Diskriminierung geben kann und darf aufgrund der Rasse, aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Geschlechts und unter anderem auch aufgrund der sexuellen Neigung.

Wenn aber Außenminister und ÖVP-Parteiobmann Schüssel das ernst meint und sogar als Initiative in die Europäische Union einbringt, wo bleibt denn dann bitte, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, Ihre Initiative hier im Haus, wo bleibt denn dann Ihre Überzeugung? Ist Ihre Überzeugung irgendwie gespalten zwischen den Entscheidungen hier im Haus und jenen auf der europäischen Ebene? Wie sollen wir diese Initiative interpretieren? Hat Minister Schüssel nicht gewußt, was er da gemeinsam mit Italien initiiert und für die Europäische Union vorbereitet?

Der Jugendschutz ist geregelt. Der Jugendschutz ist im Strafgesetz ausreichend geregelt und braucht keine weiteren Definitionen und Regelungen. Es ist höchst an der Zeit – wir sind wirklich das Schlußlicht in Europa –, daß das abgeschafft wird.

Noch einmal: Schauen Sie sich das an! Schauen Sie sich bitte die Initiative an, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, die Ihr Parteiobmann auf der europäischen Ebene einbringt und vorbringt. Und dann frage ich Sie, wie Sie es verantworten können, daß Sie heute hier in diesem


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Haus einer Initiative die Zustimmung verwehren, die genau dasselbe ausdrückt und meint – genau dasselbe! (Beifall bei den Grünen.)

Zuletzt möchte ich noch der Ordnung halber den Antrag, den meine Kollegin Stoisits eingebracht, aber nicht verlesen hat, verlesen, damit er auch zur Verhandlung zugelassen wird.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Bewährungshilfegesetz, das Tilgungsgesetz, das Strafregistergesetz, das Suchtgiftgesetz, das Lebensmittelgesetz und das Sicherheitskontrollgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 1996) (33 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Punkt 15 wird wie folgt abgeändert und lautet:

"15. § 57 Abs. 4 wird wie folgt abgeändert und folgender Abs. 5 angefügt:

,(4) Mit dem Eintritt der Verjährung werden auch die Abschöpfung der Bereicherung, der Verfall und vorbeugende Maßnahmen unzulässig.

(5) Die Verjährungsfrist bei strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit (insbesondere §§ 206, 207, 208 und 212) beginnt erst mit der Volljährigkeit der mißbrauchten Personen zu laufen.‘"

2. Punkt 20 wird wie folgt abgeändert und lautet:

"Die Änderung des § 91 entfällt; § 100 samt Überschrift wird wie folgt geändert und lautet:

,Entführung einer willenlosen oder wehrlosen Person

§ 100. Wer eine Person, die geisteskrank ist oder sich in einem Zustand befindet, der sie zum Widerstand unfähig macht, entführt, um sie sexuell zu mißbrauchen oder sexuellen Handlungen zuzuführen, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen‘".

3. Nach Punkt 24 wird folgender Punkt 24a eingefügt:

"24a. § 188 samt der Überschrift ,Herabwürdigung religiöser Lehren‘ entfällt."

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Mag. Kammerlander soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Als nächster hat sich Herr Abgeordneter Dkfm. Bauer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

14.42

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine werten Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Ich habe an Sie zuerst einmal eine bescheidene und höfliche Bitte: Nehmen Sie mir bitte ab, daß ich mir die Frage einer weiteren Liberalisierung der strafrechtlichen Bestimmungen bezüglich der Homosexualität nicht leichtgemacht habe! Ich habe


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getan, was ich tun konnte. Ich habe das Gespräch mit Betroffenen gesucht, mit deren Vertretern und ich habe in einschlägigen Publikationen nachgelesen – pro und kontra.

Es ist mir dabei eines – vielleicht auch nur neuerlich – klargeworden: daß ein Teil gerade auch unserer jüngeren Mitbürgerinnen und Mitbürger – ich betone: ein Teil – zunächst einmal sexuell ambivalent veranlagt ist. In diesem Zusammenhang bin ich Herrn Abgeordneten Dr. Fuhrmann für einen Halbsatz sehr dankbar, den er in der Begründung für den Antrag seiner Fraktion verwendet hat und in dem er – ich zitiere wörtlich – von Menschen gesprochen hat, die sich für Homosexualität entschieden haben. – Ende des Zitats.

Ich bin dir, Willi – wenn ich dich auch hier so ansprechen darf –, deswegen dankbar, weil das doch mit ausdrückt, daß es zumindest für einen Teil – ich schränke hier schon mehr ein, als du es getan hast – dieser jungen Menschen eine Entscheidungs- oder eine Wahlmöglichkeit gibt, denn sonst könntest du nicht sagen: Menschen, die sich für die Homosexualität entschieden haben. Und wenn das jemand sagt, der an sich ein sehr engagierter Befürworter der völligen Liberalisierung ist, dann hat das mehr Gewicht, als wenn das vielleicht ein prinzipieller Gegner sagt, der damit von vornherein etwas unterstellen möchte.

Genau aus diesem Grund, Hohes Haus, bin ich persönlich für die Beibehaltung eines möglichst restriktiven Schutzalters für Jugendliche, denn die endgültige Prägung oder – um Dr. Fuhrmann zu zitieren – die endgültige Entscheidung findet, wie in anderen Bereichen auch, vielfach und gerade in jungen Jahren statt.

Und genau aus demselben Grund bin ich auch gegen die Aufhebung des Werbeverbots für Homosexualität. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich möchte nämlich, daß möglichst wenige der zu prägenden Jugendlichen oder – um noch einmal Willi Fuhrmann zu zitieren – jener Jugendlichen, die sich noch nicht entschieden haben, in diese Richtung gelenkt werden. Das möchte ich, und ich will – das sage ich auch ganz offen – auch aus diesem Grund kein Zeichen setzen, aus dem man ableiten könnte, daß es unserer Gesellschaft, unserer Gemeinschaft, unserem Staat – oder welches Vokabel auch immer Sie hier verwenden wollen –, daß es also dieser Gesellschaft, dieser Gemeinschaft oder diesem Staat völlig egal ist oder völlig egal sein kann, in welche Richtung Sexualität geprägt wird – dort, wo sie prägbar ist. Ich weiß schon, daß man diese Einschränkung machen muß.

Es kann dieser Gesellschaft, dieser Gemeinschaft, diesem Staat oder auch diesem Volk, wenn Sie so wollen – aber dieses Wort verwende ich nicht, denn das hat für manche so eine Art Faßgeruch –, es kann also dieser Gesellschaft nicht egal sein, in welche Richtung Sexualität geprägt wird und in welche nicht. Diese Gesellschaft oder Gemeinschaft beruht nämlich nach wie vor – und wird es wohl auch noch sehr lange, wenn nicht in alle Ewigkeit – existentiell auf Familien und Kindern (Beifall bei den Freiheitlichen) , und – ich sagte es schon – sie wird es auch in Zukunft wohl tun müssen – ob das nun gewissen Kreisen paßt oder nicht –, wenn sie sich nicht à la longue selbst abschaffen will.

Daher, Frau Kollegin Kammerlander, hat hier die Gesellschaft, die Gemeinschaft, der Staat oder die Mehrheit, wenn Sie wollen, sehr wohl etwas mitzureden! Hier steht halt einmal größtmögliche individuelle Freiheit des einzelnen gegen die Interessen, die Lebensinteressen, die existentiellen Interessen der größeren Gemeinschaft, der größeren Gesellschaft, in die dieses Einzelindividuum ja eingebettet ist und eingebettet sein will!

Daher muß man hier eine Rechtsgüterabwägung zwischen größtmöglicher individueller Freiheit auf der einen Seite und dem berechtigten Mitspracherecht auf der anderen Seite vornehmen. Und daraus leite ich das Recht ab, hier sehr wohl ein Mitspracherecht zu besitzen – nicht ich persönlich, sondern der Staat, die Gemeinschaft und die Mehrheit in diesem Staat, in dieser Gesellschaft.

Hohes Haus! Ich möchte aber an das, was ich bisher gesagt habe, mit möglichst gleichem Nachdruck und mit möglichst gleicher Überzeugungskraft – die Überzeugung habe ich in mir – folgendes persönliche Bekenntnis dazulegen: Für mich und meine Fraktion kann und darf es


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keine generelle oder gar grundsätzliche Verfolgung oder auch nur Ächtung von homosexuell veranlagten Menschen geben!

Sie müssen als Minderheit – man kann auch sagen: als Randgruppe; ich würde im Zusammenhang mit Homosexuellen aber eher das Wort "Minderheit" bevorzugen – auf die Toleranz der Mehrheit zählen können, aber sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, daß sie eine Minderheit sind. – So ist das halt einmal.

Hohes Haus! Es geht meiner Fraktion und mir auf der einen Seite um den Schutz der Jugend in dem Sinn und in dem Bestreben, daß möglichst wenige der noch prägbaren, der sich noch nicht entschieden habenden Jugendlichen in die Richtung der Homosexualität gelenkt werden, und auf der anderen Seite um Toleranz und Verständnis gegenüber denjenigen, die eindeutig homosexuell geprägt sind. Diesem Ziel einerseits und dieser Toleranz und dem Verständnis für homosexuelle Erwachsene andererseits sind unsere Anträge zugeordnet. Wenn Sie sich ernsthaft damit auseinandersetzen, dann werden Sie zugeben, daß unsere Anträge versuchen, diese beiden Dinge gleichermaßen zu berücksichtigen. Einen davon habe ich namens meiner Fraktion hier einzubringen.

Eines noch vorweg zum besseren Verständnis: Es geht in diesem freiheitlichen Antrag um eine Trennung der Werbung für Unzucht mit Tieren auf der einen Seite und der Werbung für gleichgeschlechtliche Handlungen auf der anderen Seite und – daraus in Konsequenz abgeleitet – um ein unterschiedliches Strafausmaß bei grundsätzlicher Beibehaltung des Werbeverbots an sich. – Es gibt halt einen Unterschied, wie wir glauben.

Dieser Abänderungsantrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Rossmann und Genossen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Bewährungshilfegesetz, das Tilgungsgesetz, das Strafregistergesetz, das Suchtgiftgesetz, das Lebensmittelgesetz und das Sicherheitskontrollgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 1996) (33 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (409 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

In Artikel I werden nach Z 26a folgende Ziffern eingefügt:

"26c. § 220 samt Überschrift lautet:

,Werbung für gleichgeschlechtliche Handlungen

§ 220. Wer in einem Druckwerk, in einem Laufbild oder sonst öffentlich in einer Art, die geeignet ist, öffentliches Ärgernis zu erregen, zu gleichgeschlechtlichen Handlungen auffordert oder sie in einer Art gutheißt, die geeignet ist, solche Handlungen nahezulegen, ist, sofern er nicht als Beteiligter (§ 12) mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.‘

26d. Nach § 220 wird folgender § 220a eingefügt:

,Werbung für Unzucht mit Tieren

§ 220a. Wer in einem Druckwerk, in einem Laufbild oder sonst öffentlich zur Unzucht mit Tieren auffordert oder sie in einer Art gutheißt, die geeignet ist, solche Unzuchtshandlungen nahezu


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legen, ist, sofern er nicht als Beteiligter (§ 12) mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.‘"

*****

Ich danke Ihnen vielmals. (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vorgetragene Abänderungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Es hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Schrefel zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten.

14.54

Abgeordneter Josef Schrefel (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine geschätzten Damen und Herren! Der Antrag zur Abschaffung der §§ 209, 220 und 221 erweckt in unserer Gesellschaft und in den Medien reges Interesse. Die Abstimmung im Hohen Haus wird sicher mit Spannung erwartet und dürfte ein "Abstimmungskrimi" werden.

Die beabsichtigten Strafrechtsänderungen stehen mit der gesellschaftspolitischen Haltung zur Familie und mit der Verantwortung gegenüber Kindern beziehungsweise Jugendlichen in einem konkreten Zusammenhang. 90 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher haben kein Verständnis dafür, daß der Vorrang des Jugendschutzes derartigen Randgruppenveranlagungen geopfert werden soll.

In elf anderen europäischen Staaten liegt das Schutzalter gleich hoch oder höher als derzeit in Österreich. Der Vorwurf, die derzeitigen rechtlichen Regelungen seien überholt und müßten der Zeit und der Entwicklung angepaßt werden, ist eine Leerformel. Der Verweis auf Fortschritt oder Zeit ist meiner Meinung nach inhaltsleer und daher nichtssagend. Hat man nicht auch Umweltzerstörung seit jeher im Namen des Fortschrittes in Kauf genommen?

Zur angeblichen Diskriminierung von Homosexuellen, die Sie immer betonen, muß gesagt werden, daß eine rechtliche Diskriminierung nicht vorliegt, da derartige Handlungen unter Erwachsenen der Privatsphäre zuzurechnen und keiner Beschränkung unterworfen sind.

Der Zugriff erwachsener Männer auf Jugendliche ist jedoch unserer Auffassung nach anders zu beurteilen. In Wahrheit geht es dabei nämlich nicht um Homosexualität, sondern um sexuelle Zuneigung Erwachsener zu Kindern oder Jugendlichen beiderlei Geschlechtes, was bedeutet, daß sich diese Erwachsenen in die labile Entwicklungsphase heranwachsender Jugendlicher ab 14 Jahren hineindrängen.

Es geht in Wahrheit auch nicht darum, ob ein 19jähriger, der mit einem 17jährigen verkehrt, kriminalisiert werden soll. Wir verwahren uns vielmehr gegen die verharmlosende Darstellung der gravierenden gesundheitlichen Gefährdung durch Homosexualität. Gerade der letzte Quartalsbericht des Robert-Koch-Institutes in Berlin für Deutschland verweist darauf, daß bei Neuinfektionen der Infektionsweg über homosexuelle Kontakte einen Anteil von 66 Prozent ausmacht.

Dazu muß gesagt werden, daß im vergangenen Hearing des Justizausschusses weder die Unklarheit und Unerforschtheit des Gesamtphänomens und seine Ursachen noch alle damit zusammenhängenden Gesundheitsprobleme zur Sprache kamen.

Die beabsichtigte Streichung der Paragraphen kann nicht nur das faktische Problem sicher nicht lösen, sondern hätte auch andere, rechtspolitisch bedenkliche Signalwirkungen gegenüber Jugendschutz, Erziehungspflicht und -recht der Eltern, der Stellung von Ehe und Familie und so weiter zur Folge. (Zwischenrufe der Abg. Dr. Fuhrmann und Mag. Barmüller. )


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Entscheidend ist die rechtspolitische Bedeutung. Sogar bei der letzten Strafrechtsreform unter dem damaligen Minister Broda wurde diese Bedeutung seinerzeit bestätigt und eine entsprechende Regelung beschlossen. Dazu kommt eine wichtige generalpräventive Wirkung.

Meine geschätzten Damen und Herren von der Sozialistischen Partei! Wenn man draußen in den Gemeinden mit den Bürgern, auch mit durchaus ernst zu nehmenden Mitgliedern und Funktionären Ihrer Partei, über dieses Thema spricht, dann merkt man, daß viele nicht verstehen können und auch nicht glauben wollen, daß gerade Ihre Partei das Schutzalter auf 14 Jahre senken will.

Auch die Ausführungen der Frau Kollegin Gabriele Binder, die als Familiensprecherin der SPÖ und als Vertreterin einer Kinderorganisation gestern dazu Stellung genommen hat, waren meiner Ansicht nach sehr unseriös. Es wurde dabei nämlich das Mindestalter für Homosexuelle mit dem Thema Kinderschutz vermischt und in der Folge festgestellt, daß freiwillige Handlungen zwischen zwei jungen Menschen nicht kriminalisiert werden dürfen. – Wer den derzeitigen gesetzlichen Schutz abschaffen will, soll sich dazu bekennen, aber nicht versuchen, Fakten zu verdrehen oder zu verniedlichen.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß Sie in dieser Frage sehr verantwortungsbewußt entscheiden werden und sowohl die gesellschaftspolitischen Weichenstellungen als auch die realen Konsequenzen für unsere Jugendlichen über einzelne Parteiinteressen hinweg gebührend im Auge behalten werden.

Wir sind überzeugt davon, daß die Beibehaltung der strafrechtlichen Bestimmungen nicht nur dem Willen, sondern auch dem Wohl der Bevölkerung in ganz Österreich entspricht! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Redezeit: 20 Minuten.

14.59

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte ist – so hoffe ich wenigstens – von ausschlaggebender Bedeutung für die Meinungsbildung jener Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus, die jetzt ihre Redlichkeit unter Beweis stellen können. Einige dieser Kolleginnen und Kollegen waren tatsächlich – ich weiß das aus vielen Gesprächen – in ihrem Inneren unsicher, wie sie sich in diesem Fall entscheiden sollen. Ich hoffe, daß sie sich dessen bewußt sind, daß es bei der Wahrnehmung eines politischen Mandates nicht immer oder ausschließlich – eigentlich sollte das der seltenere Fall sein – darauf ankommt, wie sich die Fraktion positioniert hat, sondern wie man sich persönlich positioniert.

Wenn unser Mandat in diesem Haus eine Rechtfertigung hat, dann liegt diese auch darin, daß wir unserem Gewissen und selbstverständlich auch der Republik Österreich verpflichtet sind, aber daß zwischen unserem Gewissen und der Republik Österreich keine taktischen Fraktionsinteressen stehen dürfen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aus meiner Sicht und aus Sicht der Liberalen insgesamt geht es auch nicht, daß wir in dem Themenfeld, das mich hier vordergründig interessiert – es stehen ja andere Materien auch noch auf der Tagesordnung, denen ich mich nicht zuwenden werde –, das Strafgesetzbuch zwischen Menschen stellen, die sich in Zuneigung verbunden fühlen.

Es ist nicht Aufgabe des Strafgesetzgebers, Regeln aufzustellen, die die Zuneigung zwischen Menschen dann, wenn sie sich in körperlicher Nähe ausdrückt, unter Strafe stellen.

Es wird da, so glaube ich, teilweise eine Sprachverwirrung betrieben. Wenn vom Schutz und vom Schutzalter gesprochen wird, dann wird die sprachliche Unschärfe evident. Das wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, wie es im vorliegenden Fall ist.


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Meine Klubobfrau, Frau Schmidt, hat darauf schon in ihrer Rede hingewiesen, aber ich möchte es noch einmal aufgreifen, weil ich befürchte, daß es nicht von allen so verstanden wurde.

Wenn ich jemanden schützen will, dann muß ich mich fragen, wovor. Selbstverständlich – und diesbezüglich, glaube ich, gibt es überhaupt keinen Konflikt unter den Kollegen und Kolleginnen in diesem Hohen Haus – ist es unsere Pflicht, vor Nötigung, Gewalt und dem Ausnützen von Abhängigkeiten zu schützen. Das ist unsere Pflicht, und das ist auch in unserem Strafgesetzbuch ausdrücklich verankert.

Der Herr Bundesminister hat in seinen Ausführungen darauf hingewiesen, daß diese Rechtsfelder unberührt bleiben. Diese Rechtsfelder sind auch nicht von irgendeinem Alter abhängig. Möglicherweise steigt das Schutzbedürfnis mit sinkendem Alter, aber ich bin der Meinung, daß Nötigung, Gewalt und das Ausnützen von Abhängigkeiten auch gegenüber Erwachsenen, Volljährigen – oder wie alt auch immer einer sein mag – nicht erlaubt sein dürfen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Durch die sprachliche Unschärfe, die hier Platz gegriffen hat, indem man die Altersgrenze, unter der sexuelle Beziehungen zwischen Menschen, wenn beide männlich sind, unter Strafe gestellt werden, anders ansetzt, als wenn das nicht der Fall ist, wird eine Wertung ausdrückt, die einfach unerträglich ist.

Es wird hier letztlich eine moralisierende Position eingebracht, die bestimmte Annahmen voraussetzt, um zuzutreffen, daß nämlich die Liebe zwischen Männern, wenn sie in einer bestimmten Alterszone stattfindet, etwas zu Bestrafendes ist, etwas ist, was man unter Strafe stellen muß, was man pönalisieren muß, weil es der Gesellschaft nicht zuträglich sei.

Damit werden aber Tür und Tor dem Ansatz geöffnet, daß moralisierende Positionen dafür verwendet werden können, Strafrechtstatbestände zu rechtfertigen. Und das ist ein ganz, ganz schwerer Fehler, weil es überhaupt keinen auch wie immer gearteten Hinweis gibt, daß es sich dabei tatsächlich um ein richtiges Argument handelt.

Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß wir hier einen Zirkelschluß benützen, um einfach eine Position festhalten zu können, von der wir wissen, daß sie im vergangenen Jahrhundert letztlich aus ganz anderen Gründen in die europäischen Rechtssysteme aufgenommen worden war. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich frage Sie jetzt: Warum ist es im Feld der Zuneigung zwischen Menschen, im Feld der Liebe anders als zum Beispiel beim Übertritt von einer Religionsgemeinschaft zur anderen, bei dem, wie auch meine Klubobfrau schon vorgetragen hat, einheitliche Altersgrenzen für Buben und Mädchen um 14 Jahre herum bestehen? Warum glauben wir, daß wir da eine differenzierte Altersgrenze brauchen?

Ich hoffe, daß wenigstens manchen von Ihnen diese Überlegung bei Ihrer eigenen Meinungsbildung hilft, daß Sie erkennen, daß es überhaupt keinen Grund gibt, da mit einer differenzierten Altersgrenze vorzugehen.

Noch ein wichtiger Gesichtspunkt zum Zirkelschluß: Die Ansicht, die hinter dem Bedürfnis derer steht, die die Altersgrenze, über die wir hier diskutieren, hoch angesetzt belassen wollen, die Ansicht, daß Homosexualität prinzipiell pathologisch sei, wird in einer geradezu perfiden Art verstärkt, indem man Menschen in einer bestimmten Entwicklungsphase unter schweren seelischen Druck stellt und daher gelegentlich ihre Entwicklung psychopathologisch negativ beeinflußt. Wenn dann diese Menschen, die unter Druck oder unter Strafrechtsdrohung gehalten wurden, wodurch sie dann eben keine positive emanzipatorische Entwicklung durchlaufen konnten, gelegentlich Schwierigkeiten hatten, das aufzuarbeiten, und daher manchmal eben Probleme hatten, wird das als Beweis dafür verwendet, daß es richtig war, sie vorher zu unterdrücken, sie seelisch zu mißstalten.


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Das ist, glaube ich, eine Rechtsvorschrift, die – und im Unterausschuß war das, so habe ich mir berichten lassen, bei den Expertenhearings eindeutig erkennbar – zur Folge hat, daß es zu einer psychischen Deformation der Betroffenen kommen kann, und sie ist damit eine Strafbestimmung, die menschenrechtswidrig ist. Wir machen uns meiner Meinung nach selber zu Tätern, wenn wir diese Bestimmung nicht abschaffen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich will den Kolleginnen und Kollegen, die da in ihrer Meinungsbildung noch schwanken, die meinen, man müsse den Status quo aufrechterhalten, keine böse Absicht unterstellen, aber offenbar sind doch viel zu viele dazu bereit, das in Kauf zu nehmen. Aber wenn wir wissen, daß es so ist, und es in Kauf nehmen, dann machen wir uns letztlich mitschuldig. Da können wir nicht sagen: Ich war nicht dabei!, und da können wir nicht sagen: Ich habe nicht gewußt, welche Folgen das hat!

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie wirklich, auch zu überlegen, was es bedeutet, wenn ein Regierungsmitglied wie Bundesminister Michalek, der nicht im Verdacht steht, ein Radikalreformer zu sein, der Ausgewogenheit in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellt und der gelegentlich sogar aus unserer Sicht etwas zu langsam vorwärtsschreitet, wenn so jemand von dieser Regierungsbank aus ganz klar und sachlich und ruhig zum Ausdruck bringt, es gebe für ihn eigentlich keine erkennbaren Argumente, warum das nicht so sein sollte, wie es im Antrag der Abgeordneten Fuhrmann, Schmidt und Stoisits, der heute eingebracht wurde, gefordert wird.

Der Herr Bundesminister kann aus seiner Verantwortung – und er ist ja für diesen Bereich zuständig – nicht erkennen, warum diese Reform nicht kommen sollte. – Das ist eine sehr höfliche, sehr zurückhaltende, aber unmißverständliche Form, auszudrücken, daß der zuständige Bundesminister der Meinung ist, er würde sich diese Reform wünschen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich meine, das sollte vielleicht allen Kolleginnen und Kollegen, die noch schwanken, wie sie sich entscheiden sollen, die Entscheidung erleichtern, diesem Antrag ihre Zustimmung zu geben. Das individuelle Heranreifen eines einzelnen Menschen kann man nämlich über keine – wie auch immer angesetzte – Altersgrenze gestalten.

Wir alle wissen, daß Altersgrenzen – 14, 12, 10 Jahre –, die wir gelegentlich brauchen, im Schulorganisationsbereich, im Bereich der Strafmündigkeit, in all diesen Bereichen, die höchstpersönlichen Einzelfälle nicht abdecken können. Es gibt Menschen, die sich schneller entwickeln, andere entwickeln sich langsamer. Aber wir müssen uns zu irgendeinem Alter bekennen, und 14 ist ein sehr probates Alter. Das hat auch meine Klubobfrau schon dargelegt.

Natürlich ist jede dieser Altersgrenzen, auch die Großjährigkeitsaltersgrenze, letztlich eine mutwillige, eine aus der Lebenserfahrung gebildete. Aber es gibt 25jährige Menschen, die noch recht unreif sind. Daher: Klammern Sie sich nicht an Einzelfälle, die Ihnen vielleicht berichtet wurden, wo es mit der Altersgrenze nicht "hingehaut" hätte. Es geht um den Großteil, und wir wissen, daß sich unsere heranwachsende Jugend heute wesentlich schneller und früher emanzipiert, als das noch vor 100 Jahren der Fall war.

Denken Sie doch nur daran, wie selbstbewußt, wie ausdrucksstark und wie emanzipiert heute Kinder schon sind, wenn sie das 14. Lebensjahr überschritten haben, mit welcher Selbstverständlichkeit wir erwarten, daß sie an einem Lehrplatz Aufgaben mit zunehmender Selbständigkeit übernehmen. Oder denken Sie daran, mit welcher Selbständigkeit sie sich in den Schulen zu Arbeitsgruppen zusammenschließen und arbeiten, sich in Jugendvereinen organisieren, an Sportveranstaltungen teilnehmen, in bestimmten Bereichen teilweise schon Spitzenleistungen erbringen, und all das viel früher als noch vor 100 Jahren.

In unserer Gesellschaft hat sich die Emanzipation beschleunigt. Das ist ein wichtiger Aspekt, denn all diese Phänomene sind für eine Überlegung, welche Altersgrenze wofür sinnvoll ist, wichtig.

Daher bitte ich Sie noch einmal: Überlegen Sie redlich, bedenken Sie, daß das, was heute hier in diesem Hohen Hause beschlossen wird, für viele, viele Menschen bedeutet, daß sie von


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einem Diskriminierungs- und Leidensdruck befreit werden, und daß dabei niemand zu Schaden kommt. Zu Schaden kommen Menschen dann, wenn Gewalt, wenn Nötigung, wenn Abhängigkeit ausgenützt wird. Genau diese Bereiche bleiben völlig unberührt.

Ich kann nur hoffen, daß wir heute hier insofern eine doppelte Sternstunde erleben, als nicht nur eine sachliche Diskussion zu einer echten Abstimmung geführt hat, sondern auch Österreich endlich in diesem Bereich die Menschenrechtsstandards, bei denen unser Land wirklich nachhängt, erfüllt. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum, bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

15.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordneter Dr. Löschnak. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.11

Abgeordneter Dr. Franz Löschnak (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Bei aller Wertigkeit der bisherigen Diskussionsbeiträge zum vorliegenden Justizpaket möchte ich jenen Teil davon ansprechen, der für die Bevölkerung wirklich sehr wichtig war, ist und sein wird, weil er den Zugang zum Recht enthält. Ich meine damit die 4. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien.

Herr Bundesminister! Ich halte die in dieser Novelle vorgenommenen Änderungen für einen ganz wesentlichen Schritt in die richtige Richtung. Ich halte es wirklich für erfreulich und positiv, daß mit dieser Novelle für den Raum Wien eine Angleichung bezüglich der Kompetenzen der Bezirksgerichte in den anderen Bundesländern vorgenommen wird. Das ist gut, erfreulich und positiv.

Ich halte die sich daraus ergebende Konsequenz ebenfalls für gut, erfreulich und positiv, weil es darum geht beziehungsweise gehen wird, auch die Einrichtung der Gerichtsstätten und die Adaptierung der Gebäude entsprechend vorzunehmen. Das sind Vorteile, die sowohl für die Bürger als auch für die Bediensteten zu Buche schlagen werden.

Aber ich habe mich nicht nur deshalb zu Wort gemeldet, um das Positive hervorzuheben, sondern auch deswegen, um Sie gleichzeitig zu bestärken, diese Anpassung, die in Wien vorgenommen wird, österreichweit vorzunehmen. Es ist mir schon klar, daß es da eine Reihe von Schwierigkeiten geben wird, insbesondere politische Schwierigkeiten, weil ja die Landeshauptleute bei Änderungen in der Gerichtsorganisation angehört werden müssen und darüber, daß es tatsächlich zu einer Straffung der Bezirksgerichte kommen soll, kein Landeshauptmann Freude empfindet.

Ich glaube, daß die politische Lage nach einem allfälligen Zustandekommen des Konsultationsmechanismus zwischen dem Bund und den Ländern eine positive sein wird und daß die Zeit reif ist, diese Anpassung österreichweit fortzusetzen.

Herr Justizminister! Sie haben die entsprechenden Unterstützungserklärungen im Verfassungsausschuß erhalten. Ich glaube daher, daß man diese Anpassung auch dann in Angriff nehmen sollte beziehungsweise fortsetzen müßte, wenn Veränderungen, die sich aus solchen Anpassungen ergeben, gegenwärtig nicht nur begrüßt werden.

Es geht um die künftige Konstruktion, und in Hinkunft muß sich eine solche Anpassung ganz einfach positiv auswirken, weil sie eine bessere Angebotspalette bringen wird und weil mit dieser Verbesserung im Angebot eine höhere Qualität für den rechtsuchenden Bürger erreicht werden wird.

Daher nochmals: Diese 4. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien ist ein erfreulicher Ansatz für Wien. Sie sollte darüber hinaus ein Ansatz für eine österreichweite Erweiterung sein.


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Meine Fraktion, Herr Justizminister, wird Sie bei diesem weiteren Vorhaben gerne unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.16

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zu den Debattenbeiträgen jener, die nach wie vor glauben, daß der § 209 aufrechterhalten werden muß, möchte ich feststellen, daß ich der Meinung bin, daß diese Menschen völlig in Unkenntnis darüber sind, was sich wirklich in unserer Gesellschaft abspielt und was Menschen mit homosexuellen Neigungen brauchen.

Meine Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ! Homosexualität ist keine Krankheit, wie Sie festgestellt haben. Das müßten Sie bereits wissen, wenn Sie sich auch nur einen Teil der Unterlagen, die es darüber im Gesundheitsbereich gibt, zu Gemüte geführt hätten. Schon allein Ihre Definition zeigt, daß Sie überhaupt keine Ahnung haben und daß Sie versuchen, sich mit Händen und Füßen dagegen zu wehren, daß homosexuelle Männer in der Gesellschaft als gleichwertige Partner angesehen werden.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen sagen, daß Sie mit einer Verhinderung der Streichung des § 209 nur erreichen beziehungsweise weiter aufrechterhalten, daß junge Männer gezwungen sind, ihre sexuelle Orientierung weiterhin so auszuleben, wie es für einen Heterosexuellen unzumutbar wäre.

Homosexuelle Männer haben das Recht auf Liebe und Partnerschaft. Dieses Recht darf von niemandem eingeschränkt werden. Es geht um Gleichberechtigung, es geht um Gleichbehandlung. Wenn Sie Männer nicht mit Frauen gleichstellen, dann ist es keine Gleichberechtigung. Es ist nicht mehr aufrechtzuerhalten, zu sagen, Männer im Alter von 14 Jahren seien noch nicht reif genug, um zu wissen, welche sexuelle Neigung sie haben, während Sie das bei Mädchen sehr wohl annehmen.

Ich möchte Ihnen sagen, daß die Tatsache, ob ein Mann homosexuell ist oder nicht, keine Frage der Entscheidung ist, sondern daß es ausschließlich darum geht, ob er es ist oder nicht. Behinderte Menschen können sich auch nicht für oder gegen eine Behinderung entscheiden, sondern sie werden so geboren. Ich habe auch nicht 14 Jahre Zeit gehabt, für mich klarzustellen, ob ich behindert sein will oder nicht. Ich bin behindert, und homosexuelle Männer sind homosexuell.

Auch wenn Sie immer wieder davon sprechen, daß Sie die Jugend schützen wollen, nimmt Ihnen das trotzdem kein Mensch mehr ab. Denn wenn Sie wirklich die Jugend schützen wollten, dann müßten Sie bereit sein, homosexuelle Männer zwischen 14 und 18 Jahren nicht weiterhin zu diskriminieren und Männer, die über 18 Jahre alt sind und mit Minderjährigen Kontakte haben, nicht weiterhin zu kriminalisieren.

Ihnen geht es absolut nicht um den Jugendschutz, sondern Ihnen geht es nach wie vor um die Aufrechterhaltung Ihrer falschen moralischen Einstellung – und diese gehört geändert!

Wenn Sie weiterhin verhindern wollen, daß homosexuelle Männer so leben können, wie es nicht-homosexuelle Männer auch tun, dann verursachen Sie bei diesen Menschen wirklich großen Schaden. Ich glaube, es ist Ihnen nicht unbekannt, daß gerade junge Menschen, wenn sie nicht die Chance haben, ihre sexuelle Orientierung zu leben, große psychische Schäden erleiden können, weil sie sich jahrelang verstecken müssen. Und das muß in Zukunft verhindert werden!


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Geben Sie allen Menschen das Recht, so zu lieben, wie sie wollen, und jene zu lieben, die sie wollen – ohne Einschränkungen! (Beifall bei den Grünen, bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

15.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten.

15.22

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An sich möchte ich – wie mein Vorredner Dr. Löschnak – als Wiener zur 4. Novelle des Bezirksgerichts-Organisationsgesetzes für Wien sprechen. Einige Bemerkungen meiner Vorredner zur Causa prima dieser Justizdebatte veranlassen mich jedoch, einige sehr klare Worte zu sagen.

Ich verwahre mich hier persönlich, aber auch für die Abgeordneten der ÖVP dagegen, daß wir die Diskriminierung einer Menschengruppe wollen. Niemand will die Diskriminierung von Homosexuellen! – Um das klar zu sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird eine Art Legende in den Raum gestellt – die Vorrednerin hat das soeben auch wieder getan –, daß es 14- bis 18jährigen homosexuellen männlichen Jugendlichen verboten sei, homosexuelle Kontakte zu haben. – Es ist die homosexuelle Betätigung unter Erwachsenen genauso straffrei wie die homosexuelle Betätigung unter gleichaltrigen Jugendlichen. Und daß sich die sexuelle Zuneigung eines Jugendlichen – egal, ob heterosexuell oder homosexuell – eher einer gleichaltrigen oder ein wenig älteren als einer viel älteren Person zuwendet, wird, glaube ich, jedem von uns aus der eigenen Lebenserfahrung bekannt sein. Also da geht es in keiner Weise um eine Diskriminierung, sondern es geht – und dazu stehen wir – um die Frage des Jugendschutzes. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! In der heutigen Ausgabe der Zeitung "Die Presse" ist ein Gastkommentar veröffentlicht, in dem gesagt wird, jede Kultur, die scharf zwischen Homosexuellen und Normalen trennt, verrate damit eine enge Auffassung von der menschlichen Natur und sei blind gegenüber der wirklichen Vielfalt und damit den Abstufungen und Nuancen menschlichen Sexualverhaltens. Dazu muß ich sagen: Das trifft mindestens in gleicher Weise auf jene Haltung zu, bei der man meint, mit einer Senkung des Schutzalters von 18 Jahren auf 16 oder auf 14 Jahre nehme man auf die Vielfalt, auf die Abstufungen und Nuancen menschlichen Sexualverhaltens Bedacht. – Das ist einfach nicht der Fall!

Der Satz, der mehrfach gesagt wurde, daß sich dann, wenn Einverständnis vorliege, wenn keine Abhängigkeit ausgenützt werde, das Strafgesetz nicht einmischen darf, ist ein gefährlicher Satz. Das wird einem klar, wenn man ihn weiterdenkt. Denn infolge dessen ist die pädophile Veranlagung natürlich auch keineswegs mehr vom Strafgesetz zu sanktionieren. Und es wird ja auch im Zusammenhang mit dem § 209 – die Grenzen sind ja gerade da fließend – darauf Bezug genommen.

Meine Damen und Herren! Es werden auch viele von Ihnen einen anonymen Brief eines Betroffenen bekommen haben, der Klage darüber führt, was ihm nicht gestattet ist. Vor allem die Eltern haben es dann verhindert, daß er in einer Liebesbeziehung zu einem 13jährigen bosnischen Buben lebt. Der Bub war einverstanden. In welcher Form er aber einverstanden war ... (Abg. Schieder: Wer weiß, ob der Brief echt war!) Der Brief war an sich menschlich sehr berührend; ich kann mir durchaus vorstellen, daß er echt gewesen ist.

Ein Sprecher der Homosexuellen hat uns beim Hearing im Justizausschuß vorgeworfen – Herr Kollege Schieder, ich will jetzt hier den Namen nicht nennen, obwohl er sich dazu bekannt hat –, welch unmenschliches Verhalten wir an den Tag legen. Er hat aus seiner eigenen Jugend erzählt, wie er sich als 13jähriger in den Turnlehrer verliebt hat – und ihm das Ausleben dieser Neigung verboten war. Nun, das wäre ihm auch bei der Aufhebung des § 209 verboten gewesen, und zwar aus zwei Gründen: wegen des Abhängigkeitsverhältnisses zum Lehrer und wegen des Schutzalters von 14 Jahren, das ja auch Sie beibehalten möchten. Die Grenzen sind


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da fließend, und der Abstufung und den Nuancen menschlichen Sexualverhaltens wird keineswegs Rechnung getragen.

Es wird behauptet, daß das Ausnützen von Abhängigkeit durch das Strafgesetz ausreichend sanktioniert werde. Nehmen wir an, der 13jährige bosnische Bub wäre nicht 13 Jahre, sondern 14 Jahre und einen Tag alt gewesen und Ihr Antrag wäre angenommen worden. Wenn jemand eine wirklich schlimme Kindheit hinter sich hat, in sehr schlechten finanziellen Verhältnissen in Österreich leben muß und sieht, daß es anderen viel besser geht, und ihm dann jemand eine wesentlich bessere Situation anbietet, so ist dies auch das Aufbauen einer Abhängigkeit. Gerade in der Homosexualität und im Verhältnis zu männlichen Jugendlichen wird sehr oft das Fehlen väterlicher Zuneigung ausgenützt, wird zuerst einmal diese Zuneigung aufgebaut oder auch nur vorgespielt – der Jugendliche merkt das unter Umständen gar nicht –, und erst dann kommt die Sexualität ins Spiel.

Diese Umstände – alle aus dem Blickwinkel der Abhängigkeit – können vom Strafgesetz überhaupt nicht erfaßt werden, und daher müssen wir bei unserer klaren Haltung bleiben: Jugendschutz hat Vorrang vor irgendwelchen Experimenten. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zur 4. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien. Ich meine, daß die Maßnahmen, die nun getroffen werden, wirklich sehr gut und im Interesse der rechtsuchenden Bürger gelegen sind. Die gegenwärtige Kompetenzzersplitterung, die wir in Wien haben, war für Rechtsuchende kaum durchschaubar, ja selbst für Rechtskundige war sie oft undurchschaubar, und die Zuständigkeiten im Bezirksgerichtsbereich waren eigentlich kaum erklärbar. Daher halte ich es für durchaus richtig – und ich begrüße das auch –, daß das Exekutionsgericht und das Strafbezirksgericht Wien aufgelöst werden.

Ich begrüße es aber genauso, daß man den ziemlich einhelligen Protesten – sowohl der betroffenen Rechtsuchenden als auch der Anwälte als auch der Richter – Rechnung getragen hat und das Bezirksgericht für Handelssachen Wien, das ein sehr kompetentes Sachgericht ist, weiterhin bestehen bleibt.

Für richtig halte ich auch die weitere Entwicklung im Bereich der örtlichen Zuständigkeit der Wiener Bezirksgerichte. Ich hoffe, daß der nächste, noch offene Schritt – und das sage ich vor allem als Vertreter des Wahlkreises Leopoldstadt und Brigittenau –, nämlich die Schaffung eines Bezirksgerichtes für den 2. und 20. Bezirk und die Schaffung eines Bezirksgerichtes Landstraße für den 3. und 11. Bezirk, sehr bald folgen wird, den ich meine, daß es für die rechtsuchende Bevölkerung dort sehr wichtig ist, ein Bezirksgericht ihres Vertrauens in ihrer Nähe zu haben. Ich meine, das ist eine Stärke, die unsere Bezirksgerichte zu Recht haben, daß sie eben das Vertrauen der Rechtsuchenden genießen. Und das soll nicht nur so bleiben, sondern in Zukunft auch ausgebaut werden. (Beifall bei der ÖVP .)

15.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Riedler. – Bitte.

15.30

Abgeordneter Dr. Wolfgang Riedler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich glaube, es lohnt sich, auf die Ausführungen des Abgeordneten Schwimmer kurz einzugehen. Herr Abgeordneter! Sie haben ein Beispiel genannt und als Illustration für Ihre politische Haltung verwendet. Das war das Beispiel eines 13jährigen jungen Mannes, der von seinem Turnlehrer verführt wird oder der seinen Turnlehrer verführt – wie auch immer. Herr Kollege Schwimmer! Sie wissen als alter Hase in diesem Haus, daß das natürlich auch nach dieser Novelle strafbar wäre, weil es das Ausnützen eines Autoritätsverhältnisses wäre und ... (Abg. Dr. Schwimmer: Das habe ich auch gesagt! Sie haben nicht zugehört! Das Beispiel hat ein Vertreter der Homosexuellen-Initiativen im Ausschuß gebracht – als Zeichen der Diskriminierung! Das Beispiel ist nicht von mir!)

Jaja, ich sage Ihnen nur, daß sich daran natürlich überhaupt nichts ändern würde. Und das wird ja nicht nur von Ihnen gebracht, sondern es kommen immer wieder solche Beispiele. (Abg. Ing.


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Reichhold: Das haben die Homosexuellen-Initiativen selber gebracht! Haben Sie das nicht kapiert?) – Hören Sie zu, Herr Kollege, regen Sie sich nicht gleich so auf! Ich komme auf Sie ohnehin gleich zu sprechen. – Das sind immer wieder jene Beispiele, die gebracht werden, um in Wirklichkeit diese beabsichtigte Gesetzesnovelle zu diskreditieren, die ich im übrigen für sehr vernünftig halte.

Meine Damen und Herren! Kollege Schwimmer hat ja unter anderem auch gesagt, es gehe nicht darum, jemanden zu diskriminieren. Und jetzt frage ich Sie ganz direkt, Herr Kollege Schwimmer: Der Abgeordnete Schrefel, dem ich sehr genau zugehört habe, hat hier ungefähr folgendes gesagt: Manche Befürworter sagen immer wieder, es gehe dabei um eine Frage des Fortschritts, und das wäre vergleichbar mit dem Beispiel, daß wir den technischen Fortschritt immer wieder gefordert und gleichzeitig übersehen haben, daß Umweltverschmutzung damit einhergeht.

Ja, meine Damen und Herren, wo sind wir denn, wenn es möglich geworden ist, hier an diesem Platz das Problem der Homosexualität mit der Umweltverschmutzung zu vergleichen! Das ist ja absurd, meine Damen und Herren! Und das ist diskriminierend! Natürlich wird hier versucht, zu diskriminieren, und ich glaube, man kann das gar nicht deutlich genug sagen. (Beifall bei der SPÖ, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

Meine lieben Kollegen von der FPÖ! Ich möchte gerne Zitate sprechen lassen, weil ich davon sehr viel halte, daß man nicht nur die eigene Meinung bringt, sondern auch zeigt, was sonst noch gedacht und gesagt wird. Ich darf kurz zitieren:

Ich trete für die ersatzlose Streichung sämtlicher noch verbliebener Homosexuelle betreffende Ausnahmebestimmungen im Strafgesetzbuch ein. Dies vor allem aus zwei Gründen: einerseits deshalb, weil ihre Aufrechterhaltung im Vergleich mit der Situation in nahezu allen anderen europäischen Ländern kaum mehr vertretbar erscheint, andererseits aber auch, weil jede strafrechtliche Drohung dazu beiträgt, Homosexuelle sozusagen in den Untergrund zu drängen. Im Zeitalter von AIDS und im Interesse der Bekämpfung dieser Krankheit erscheinen aber größtmögliche Offenheit und Transparenz in diesem Bereich dringend geboten. Reserviert stehe ich den Forderungen der Homosexuellen gegenüber, die andere Rechtsgebiete, wie etwa Sozialversicherungsrecht, Mietrecht, Erbrecht, Pflichtteilsrecht, betreffen. Hier handelt es sich sowohl qualitativ als auch quantitativ um einen deutlichen Forderungssprung.

Im Nationalrat sollte, wenn es um die Abschaffung der noch verbliebenen Strafbestimmungen für Homosexuelle geht, die Abstimmung völlig frei erfolgen. In allen Fraktionen, auch in der freiheitlichen, wird es sowohl Pro- als auch Gegenstimmen geben.

Das hat Nationalratsabgeordneter Dr. Harald Ofner, der Herr Bundesminister außer Dienst, als Mitglied des Justizausschusses im Jahr 1992 gesagt.

Die Verschiebung täte ihm leid, hat Ihr Parteiobmann Haider gesagt. Seine Präferenz für die Aufhebung des Schutzalters hat Haider übrigens schon am 11. Dezember 1995 brieflich dokumentiert. Und er hat dann noch einmal in einem Schreiben, das mir vorliegt, ausdrücklich darauf verwiesen, daß er für die Aufhebung dieser Strafbestimmungen ist.

Die "Plattform gegen den § 209" hat in den letzten Monaten auch mit "F"- und VP-Abgeordneten intensive Gespräche geführt. Von der ÖVP haben sich zumindest Morak, Steibl und Brinek für die Abschaffung ausgesprochen. Von den "F" versicherten sechs Abgeordnete definitiv, für die Abschaffung zu stimmen: Haider, Krüger, Meischberger, Ofner, Schweitzer und Trenk.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß das ein sehr deutliches Zeichen wäre und zumindest die Hoffnung gibt, daß die verschütteten liberalen Wurzeln in der FPÖ da und dort doch wieder zum Durchbruch kommen. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, und ich hoffe immer noch, daß es zu einer Abstimmung kommt, bei der wir eine Mehrheit für diese von mir unterstützten und ausdrücklich anerkannten Überzeugungen zustande bringen. – Ich ersuche Sie darum, meine Herren! (Beifall bei der SPÖ, dem Liberalen Forum und den Grünen.)

15.35


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. – Bitte, Herr Abgeordneter. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

15.35

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Wenn man die heutige Debatte verfolgt und vor allem auch das, was sich im Vorfeld dieser Debatte bereits abgespielt hat, in Betracht zieht, dann wird einem klar, daß die Aufgeregtheit in diesem Zusammenhang diametral zu den tatsächlichen Problemen der Mehrheit der Österreicher steht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Denn die Mehrheit der Österreicher weiß sehr wohl, daß Österreich größere Probleme hat, als das Schutzalter für Jugendliche bei homosexuellen Übergriffen zu senken.

Wir sind jedenfalls der Meinung, daß kein Anlaß besteht, dieses Schutzalter zu senken, und wir protestieren dagegen, daß deswegen von Diskriminierung oder von Ausgrenzung von Minderheiten gesprochen wird, und wir verwahren uns auch gegen jede Unterstellung, daß unsere Position eine Diskriminierung von Minderheiten oder von Homosexuellen oder von Schwulen wäre. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Genau das ist es! Was sonst?)

Es geht, meine Damen und Herren, nicht um Ausgrenzung – nehmen Sie das zur Kenntnis! –, es geht nicht um Diskriminierung, sondern es geht ausschließlich darum, ob der Schutz der Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen reduziert werden soll und ob eine mögliche Hemmschwelle weiter gesenkt werden soll. Darum geht es und um nichts anderes! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Warum werden dann die jungen Frauen nicht geschützt?)

Ich halte es für entlarvend, mit welcher Penetranz die Schwulen- und Lesbenbewegung hier öffentlich Druck gemacht hat: durch Briefaktionen, durch Pressekonferenzen, durch Aussendungen. Es wurde versucht, durch die Veröffentlichung von Namen von Abgeordneten diese auch gleichzeitig zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten zu veranlassen. (Abg. Mag. Kammerlander: Das ist gelebte Demokratie!) Das ging bis hin zu dem degoutanten Bischofs-Outing, mit dem man nichts anderes im Sinn hatte, als alle jene Institutionen und Personen zu diskreditieren und abzuwerten, die eine andere Werthaltung in diesem Zusammenhang vertreten. Die genannten Bischöfe sollten denunziert werden, sie sollten abgewertet werden, sie sollten ins reaktionäre Eck gestellt werden. Das war die Strategie, die klar erkennbar war. Diese Haltung, meine Damen und Herren, fällt aber letztlich auf jene zurück ... (Abg. Mag. Stoisits: Herr Kollege Kukacka! Sie sind ja schon im reaktionären Eck! Sie kann man dorthin gar nicht mehr stellen!)

Bei mir ist die Position klar, und ich bin dankbar dafür, daß ich nicht auf derselben Seite der Barrikade stehe wie Sie in diesem Zusammenhang! Das möchte ich auch hier klar gesagt haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Jedenfalls, meine Damen und Herren, läßt Ihre Haltung und läßt die Haltung der Lesben- und Schwulenbewegung nichts Gutes ahnen, vor allem nichts Gutes von jenem Geist der Fairneß und Toleranz, der so lautstark immer von Ihnen eingefordert wird, den Sie selbst aber nicht einzuhalten bereit sind. Auch das haben die Ereignisse der letzten Wochen gezeigt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Das ist nicht sehr tolerant, wenn man Leute einsperrt!)

Meine Damen und Herren! Für uns ist klar: Das derzeit geltende Verbot des gleichgeschlechtlichen Verkehrs zwischen Erwachsenen und männlichen Personen unter 18 Jahren, also mit Minderjährigen, soll diesen Minderjährigen in der Phase der sexuellen Reife den notwendigen Schutz vor allfälligen Fehlentwicklungen und vor allem vor Übergriffen homosexueller Erwachsener bieten. (Abg. Dr. Petrovic: Und wie ist das bei den Frauen?)

Unserer Meinung nach hat der Staat sehr wohl die Aufgabe, ja die Pflicht, männlichen Jugendlichen Schutz vor sexuellen Übergriffen Erwachsener zu gewähren. (Abg. Dr. Petrovic: Den weiblichen Jugendlichen nicht?) Das ist Aufgabe und Pflicht des Staates! (Beifall bei der ÖVP.) Und so sehen wir auch die Homosexuellen-Paragraphen als Schutzparagraphen für die Jugend in diesem Lande. (Abg. Dr. Riedler: Lesen Sie den Entwurf, bevor Sie reden!)


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Meine Damen und Herren! Unbestritten muß sein – und das Hearing hat das, glaube ich, auch bewiesen –, daß homosexuelle wie überhaupt alle sexuellen Übergriffe im jugendlichen Alter sehr schwierig zu verarbeiten und deshalb auch besonders schädlich sind.

Ich will mich hier gar nicht auf die Theorien über die Entstehung der Homosexualität einlassen. Es gibt eine Vielzahl von Verursachertheorien, von denen jedenfalls bisher keine für sich in Anspruch nehmen konnte, die endgültig richtige zu sein: genetischer Faktor, hormonelle Bedingtheit, gelernte Präferenz, familiäre Faktoren. All diese Beispiele sind genannt worden.

Fest steht aber, daß bisher kein abschließendes Urteil gefällt werden konnte und daß es keinen wissenschaftlichen Befund gibt, der klarlegen würde, daß die eine oder die andere Ursache ausschlaggebend wäre.

Eines ist jedenfalls sicher: Anders als bisweilen in der veröffentlichten Meinung oft angenommen und auch von der Schwulen- und Lesbenbewegung propagiert, gibt es jedenfalls keine Studie, die nachweisen würde, daß es eine genetische oder biologische Bedingtheit der Homosexualität gibt. (Abg. Dr. Petrovic: Na und? Deswegen muß man sie einsperren?)

Überhaupt nicht! Sie treten nur auf und sagen: Das ist genetisch bedingt, der Mensch ist festgelegt, hier kann überhaupt nichts geändert werden! (Abg. Dr. Petrovic: Warum wollen Sie es denn ändern?)

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen, daß Sie hier im Widerspruch zu Ihrer sonstigen Argumentation stehen, denn im Fall der Homosexualität berufen Sie sich gerne – und Frau Kollegin Schmidt hat das ganz konkret getan – auf Biologie und auf genetische Festlegung. (Abg. Ing. Langthaler: Das hat niemand gemacht!) Sonst sind Ihnen aber dieser Biologismus und die darauf aufbauende vergleichende Verhaltensforschung immer ein politisches Greuel, denn das steht im Gegensatz zu Ihrem sonstigen politischen Behaviorismus, der bekanntlich die Schuld für alle Übel dieser Welt immer in den gesellschaftlichen Verhältnissen sieht.

Nur in diesem Fall soll es einmal umgekehrt sein, meine Damen und Herren. Wir haben nichts dagegen. Wir haben kein Problem mit dieser Theorie, aber Sie sehen, daß Ihre Argumentation hier sehr wackelt, und Sie müssen hier einmal zu etwas Zuflucht nehmen, das Sie sonst immer als Begründung für Ihre eigene Argumentation verwenden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Grund dafür, daß wir so konsequent für das Schutzalter eintreten, liegt auch darin, daß wir Jugendliche und Kinder schützen wollen vor jenen Erwachsenen, die an sexuellen Kontakten vor allem mit der jungen Altersgruppe Interesse haben, vor sogenannten pädophilen Erwachsenen, die mit ihrer Sexualstörung, mit ihrer Sexualneurose auch nicht vor Übergriffen auf Jugendliche zurückschrecken. (Abg. Wabl: Das einzige Problem ist, daß der Khol den Amon und den Morak in dieser Frage verführt hat!)

Meine Damen und Herren! Wir wissen doch auch – und auch das hat doch ganz klar und eindeutig die Enquete beziehungsweise das Hearing bewiesen –, daß es den Kinder- und Jugendlichenstrich auch im Zusammenhang mit Pädophilie und mit Homosexualität gibt. Niemand wird bestreiten können, daß es diesen jugendlichen Strich gibt und daß er überdurchschnittlich von älteren Männern und Homosexuellen frequentiert wird. Auch das ist längst durch entsprechende Studien erwiesen. (Abg. Dr. Petrovic: Und wie ist das bei den Frauen?)

Die Senkung, meine Damen und Herren, des Schutzalters auf 14 bedeutet doch auch, daß erwachsene Männer das sogenannte Recht bekommen, mit 14jährigen Buben Geschlechtsverkehr zu haben. Das kann doch niemand wollen. Wir jedenfalls wollen das ganz sicher nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb halten wir auch das, was im Ampel-Antrag vorgesehen ist, nämlich die Senkung des Schutzalters auf 14 Jahre, für eindeutig zu niedrig. Wir wissen uns da einer Meinung mit Helmut Zilk, der in der "Kronen Zeitung" dafür plädiert hat, Minderjährige weiterhin strafrechtlich vor Verführung durch Erwachsene zu schützen. Über eine Senkung des Schutzalters auf 14 Jahre könne man jedenfalls nicht diskutieren, so Helmut Zilk. Und wenn Sie schon uns nicht glauben,


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meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, dann glauben Sie doch wenigstens Helmut Zilk! (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP.)

Weil hier immer davon gesprochen wurde, daß der Verfassungsgerichtshof oder gar die Europäische Menschenrechtskommission gegen unsere Bestimmungen wäre: Dazu ist eindeutig festzuhalten, daß der Verfassungsgerichtshof den § 209 als verfassungskonform erachtet hat und gegen diese Bestimmung auch keine auf den Gleichheitsgrundsatz gestützte Bedenken gefunden hat. Gleiches gilt für ein Urteil der Europäischen Menschenrechtskommission aufgrund einer österreichischen Beschwerde, die ebenfalls im unterschiedlichen Schutzalter keine diskriminierende Behandlung feststellen konnte.

Meine Damen und Herren! Dieser Paragraph verstößt also nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Das ist klar und eindeutig durch ein entsprechendes Urteil festgelegt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Im Sinne meiner Ausführungen möchte ich auch festhalten, daß wir es nicht als zielführend ansehen, einen Kompromiß in dieser Frage einzugehen, so wie er heute vorgeschlagen wurde.

Wir sind der Meinung, daß 18 Jahre das richtige Alter ist. Die Volkspartei wird daher nicht von ihrer Position abweichen, und das hat Herr Klubobmann Khol auch klar und eindeutig festgehalten. Deshalb hat die ÖVP einen Abänderungsantrag eingebracht, und unser Antrag beläßt es aus den angeführten Gründen beim derzeitigen Schutzalter. Und der im Strafgesetzbuch bisher enthaltene Begriff "gleichgeschlechtliche Unzucht", der ja nicht mehr dem Sprachgebrauch entspricht, soll durch den Begriff "gleichgeschlechtliche Handlung" ersetzt werden.

Es soll weiters eine Toleranzgrenze eingeführt werden im Sinne echter Liebesbeziehung zwischen Jugendlichen. Homosexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen und Minderjährigen sollen dann nicht strafbar sein, wenn der Altersunterschied weniger als zwei Jahre ausmacht. Weiters soll Sodomie – damit homosexuelle Kontakte nicht in einer Bestimmung mit Sodomie genannt werden – aus den Homosexuellen-Paragraphen herausgelöst und als eigener Tatbestand erfaßt werden.

Bestehen bleiben soll aber auch das Werbe- und Vereinsbildungsverbot, strafbar aber nur dann, wenn öffentliches Ärgernis erregt wird.

In diesem Sinne darf ich, meine Damen und Herren, folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Mag. Kukacka und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (409 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (33 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Bewährungshilfegesetz, das Tilgungsgesetz, das Strafregistergesetz, das Suchtgiftgesetz, das Lebensmittelgesetz und das Sicherheitskontrollgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 1996)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

In Art. I des Strafrechtsänderungsgesetzes in der Fassung des Ausschußberichtes (409 der Beilagen) werden nach Z 26a folgende Ziffern 26b bis 26e eingefügt:

"26b. § 209 samt Überschrift lautet:

Gleichgeschlechtliche Handlungen mit Personen unter achtzehn Jahren

209. (1) Eine Person männlichen Geschlechts, die nach Vollendung des 19. Lebensjahres an einer Person, die das 14., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, gleichgeschlecht


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liche Handlungen vornimmt oder von dieser an sich vornehmen läßt, ist mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren zu bestrafen."

(2) Übersteigt das Alter des Täters das Alter des Jugendlichen nicht um mehr als zwei Jahre, so ist der Täter nicht zu bestrafen."

"26c § 220 samt Überschrift lautet:

Werbung für gleichgeschlechtliche Handlungen

§ 220. Wer in einem Druckwerk, in einem Laufbild oder sonst öffentlich in einer Art, die geeignet ist, öffentliches Ärgernis zu erregen, zu gleichgeschlechtlichen Handlungen auffordert oder sie in einer Art gutheißt, die geeignet ist, solche Handlungen nahezulegen, ist, sofern er nicht als Beteiligter (§ 12) mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."

"26d. Nach § 220 wird folgender § 220a eingefügt:

Werbung für Unzucht mit Tieren

§ 220a. Wer in einem Druckwerk, in einem Laufbild oder sonst öffentlich zur Unzucht mit Tieren auffordert oder sie in einer Art gutheißt, die geeignet ist, solche Unzuchtshandlungen nahezulegen, ist, sofern er nicht als Beteiligter (§ 12) mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."

"26e. § 221 samt Überschrift lautet:

Verbindungen zur Begünstigung gleichgeschlechtlicher Handlungen

§221. (1) Wer eine Verbindung einer größeren Zahl von Personen gründet, deren, wenn auch nicht ausschließlicher Zweck es ist, gleichgeschlechtliche Handlungen zu begünstigen, und die geeignet ist, öffentliches Ärgernis zu erregen, ferner, wer für eine solche Verbindung Werbung betreibt, die ebenfalls geeignet ist, öffentliches Ärgernis zu erregen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für eine solche Verbindung anwirbt."

*****

Ich ersuche Sie alle in diesem Hohen Haus, unserem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.50

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Zunächst einmal möchte ich mich ganz entschieden gegen die Argumentationsweise, die unter anderen auch mein Vorredner hier angewandt hat, verwahren. Vor jeder mehr oder minder kontroversiellen Sache, über die hier in diesem Hause abgestimmt wird, bekommen wir in unserer Eigenschaft als Abgeordnete Briefe von Interessenvertretungen, von verschiedenen Gruppierungen, von kirchlichen Organisationen, in welchen wir gefragt werden, wie wir in der betreffenden Sache abstimmen werden. Das ist legitim. Aber dieses legitime Recht haben auch die Lesben- und Schwulenbewegungen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ist daher auch legitim, daß sie die Antworten, die ihnen – vor allem in Vorwahlzeiten – gegeben werden, dann auch veröffentlichen. Nicht mehr und nicht weniger haben diese Organisationen getan – wie so viele andere auch, wie es beispielsweise kirchliche Organisationen in


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Fragen des Schwangerschaftsabbruches beziehungsweise bei dessen damaliger Legalisierung auch getan haben. Noch einmal: Ich verwahre mich gegen diese Argumentation, die jetzt schon ein paarmal von Ihrer Seite (die Rednerin blickt in Richtung ÖVP) gekommen ist.

Zweiter Punkt: Ich bin eine der wenigen hier in diesem Haus, die als politisch Aktive, nämlich als junge Studentenfunktionärin, die Argumentation und Auseinandersetzung um die erste, die kleine Strafrechtsreform mitgemacht hat; Abgeordneter Ofner ist auch einer jener. Damals, vor 30 Jahren, wurden beim Regierungsentwurf 1966 folgende Schreckbilder an die Wand gemalt:

Erstens: Bei der Freigabe der sogenannten einfachen Homosexualität unter Erwachsenen wird es zu Konvertikelbildungen von Homosexuellen, zu Cliquen kommen, die den österreichischen Staat und die österreichische Verwaltung unterminieren werden.

Zweitens: Homosexualität wird Mode werden, und es werden Jugendliche in einem derartigen Ausmaß verführt werden und die Öffentlichkeit wird in einem derartigen Ausmaß korrumpiert werden, daß heterosexuelle Verbindungen und Ehen nur so zurückgehen werden.

Keines dieser Argumente beziehungsweise Schreckgespenste hat sich in den nun 30 Jahren seit 1966, als wir diese Reform gemacht haben, bewahrheitet. Aber das Verführungsargument kommt jetzt unverändert wieder in der Diskussion vor.

Drittes Argument: Wie glaubwürdig sind wir? – Ich habe hier eine Stellungnahme, die im Gegensatz zu dem, was Herr Abgeordneter Kukacka vorhin hier vorgelesen hat, steht. Zitat: Die im § 209 noch verankerte, rechtlich unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau in bezug auf gleichgeschlechtliche Handlungen erscheint nach dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz – Artikel 7 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, aber auch Artikel 7 Bundesverfassung – nicht vertretbar. Ferner ist auch dieser Bereich der Privatsphäre dem Artikel 8 der MRK zuzuordnen. – Diese Stellungnahme stammt von der Österreichischen Liga für Menschenrechte, und der Vorsitzende dieser Liga ist Herr Abgeordneter Höchtl. Da frage ich mich schon: Wo ist da die Glaubwürdigkeit, wenn man draußen so redet und hier herinnen anders abstimmt? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das paßt recht gut zu – der Herr Außenminister ist leider nicht da. (Rufe: Er ist da!) Er ist da. Es freut mich, daß Sie da sind, Herr Außenminister. Sie haben sich in hervorragender Weise – und Sie sind ja unser aller Außenminister, Österreichs Außenminister – in Luxemburg bei einer Pressekonferenz zusammen mit Ihrem Kollegen Dini dafür ausgesprochen, daß die Menschenrechte und unter anderem explizit das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Neigung in der EU auch mit Sanktionen behaftet werden sollen. Es gibt ein Zitat aus dieser Pressekonferenz von Ihnen, das besagt, daß Beitrittswerber, die diese Punkte nicht unterschreiben, in die EU nicht aufgenommen werden sollen. Das habe ich voll unterstützt. Daher frage ich mich, warum Ihre Fraktion hier ganz anders vorgeht, nämlich diskriminierenden Bestimmungen zustimmt. Aber vielleicht ändern Sie noch Ihre Meinung.

Auch dieses Mal wurde wie beim Namensrecht das Argument vorgebracht: Habt ihr nicht andere Sorgen, es gibt so viele andere Probleme zu lösen? Diese Frage betrifft ja nur ganz wenige! – Bei dieser Strafbestimmung, bei der es wirklich um den Vorschlaghammer des Strafrechts geht, ist es noch viel, viel ärger, weil da Menschen Leid zugefügt wird, das vermeidbar wäre. Auch für diese Gruppe, auch wenn es nur eine kleine Gruppe ist, sind wir zuständig. Auch in diesem Fall haben wir menschliche Gesetze zu beschließen. Wir dürfen nicht nach dem Gesichtspunkt handeln, wie viele Menschen ein Gesetz betrifft, sondern danach, in welcher Hinsicht es sie betrifft.

Ich meine, daß es für eine Fraktion, die für ein Europa ist, das einig ist, das stark ist, schon sehr merkwürdig ist, daß es Strafbestimmungen aufrechterhalten will, aufgrund welcher jemand, der beispielsweise in Dänemark oder in Deutschland ein ehrbarer Bürger ist, in Österreich zum Verbrecher wird. Wir sind auf jeden Fall dagegen. Daher bitte ich Sie, diese Strafbestimmungen mit unserem Antrag aufzuheben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

15.57


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.57

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Nach der treffsicheren Argumentation meiner Vorrednerin kurz zu einem anderen Thema. Ich möchte nämlich die 4. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien nicht vorüberziehen lassen, ohne wieder einmal – zum wiederholten Male – die Reform der Bezirksgerichte in den Bundesländern Salzburg, Oberösterreich und Steiermark einzumahnen. Es geht dabei um Kleinstbezirksgerichte, bei denen weniger als eine Richterstelle systemisiert ist beziehungsweise zwischen denen die Entfernungen sehr gering sind.

Der Weg dieser Reform ist klar, er geht über eine Änderung des Übergangsgesetzes 1920, und zwar ist die dort verankerte Zustimmung der Landesregierung in eine Anhörung umzuwandeln, nämlich in eine Anhörung der Landesregierung, wenn es um eine Sprengeländerung bei Bezirksgerichten geht. Der Verfassungsausschuß ist sich schon seit März dieses Jahres klar. Allerdings sind auf dem Weg vom Verfassungsausschuß hierher ins Plenum Fallen aufgetaucht, Hürden aufgetaucht, Blockaden entstanden.

Meine Damen und Herren! Ich fordere, daß die Verwaltungsreform im Gerichtsbereich noch in diesem Jahr fortgesetzt wird. Ich fordere, daß sich dieses Thema noch heuer auf der Tagesordnung des Nationalrates findet. Es wäre vom Bundesgesetzgeber grob fahrlässig, im nächsten Jahr ein Justizbudget zu beschließen, sehenden Auges, daß da Verschwendung von Ressourcen betrieben wird, daß da öffentliche Gelder unzweckmäßig eingesetzt werden.

Machen wir also den Weg frei für eine effiziente, sparsame Gerichtsorganisation – sowohl in Salzburg als auch in Oberösterreich als auch in der Steiermark! Unterstützen wir da den Herrn Justizminister! Herr Klubobmann Khol, helfen Sie mit, machen Sie wenigstens in diesem Justizbereich das Richtige! (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

15.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.59

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Minister! Hohes Haus! Ob Zufall oder auch nicht, ich bin eher Anhängerin der These, daß es keine Zufälle gibt, daher kommt es vielleicht doch nicht von ungefähr, daß sich ausgerechnet in dieser Woche, in der auch international die Tage der Gewalt gegen Frauen ausgerufen wurden, das Parlament in mehreren Anträgen mit diesem Themenkomplex befaßt.

Auch im vorgelegten Strafrechtsänderungsgesetz 1996 wird direkt und auch indirekt darauf Bezug genommen. So soll im besonderen Teil, im § 83 StGB, die Verdoppelung der Grundstrafandrohung für Körperverletzung ganz allgemein ein Signal gegen Gewalthandlungen setzen.

In der gültigen Fassung des § 195 betreffend Kindesentziehung ging der Gesetzgeber davon aus, daß für das Wohl des Minderjährigen dann am besten gesorgt sei, wenn ihn der Erziehungsberechtigte selbst erzieht oder die Erziehung überwacht. Dafür erhielt der Erziehungsberechtigte sehr viel Macht in die Hand, ohne daß dabei berücksichtigt wurde, daß auch Erziehungsberechtigte schon lange, bevor die Behörden davon Kenntnis erlangt haben, zum Täter werden können.

Wenn nun durch ein kritischeres Bewußtsein in der Öffentlichkeit und auch durch die Berichterstattung in den Medien immer mehr Kindesmißhandlungen in der Öffentlichkeit bekannt werden, dann ist es höchste Zeit, daß in der vorgeschlagenen Fassung des § 195 endlich das Wohl des Kindes als vorrangiges Ziel in den Mittelpunkt gerückt wird. So läßt die Neuformulierung für couragiertes Verhalten, das durch das Naheverhältnis im Familien- und Freundeskreis meist


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nicht sehr ausgeprägt ist, weit mehr Möglichkeiten offen, um physisches und psychisches Leid von Kindern und auch von Jugendlichen abzuwenden.

Ganz nebenbei bemerkt: Es ist nun das Kuriosum, daß nämlich einzig und allein die Eheschließung eines Tatbeteiligten einen Strafaufhebungsgrund darstellt, beseitigt.

Auch die Änderung der Strafprozeßordnung in den §§ 13, 221 und 300 hat oft mit Gewalt in der Familie zu tun. Die meisten Vergewaltigungen finden bekanntlich im Familien-, Bekannten- und Freundeskreis statt. Wenn bisher das Opfer all das mit Schrecken Erlebte vor einem nicht selten ausnahmslos andersgeschlechtlichen Gerichtskörper nochmals schildern mußte, und das oft bis hin zu traumatisierenden Details, so hat es dies subjektiv sehr häufig als erneute Erniedrigung durch das andere Geschlecht empfunden. Die nun vorgeschlagene Bestimmung, daß als Mindeststandard in einem Schöffengericht mindestens ein Richter oder Schöffe und in einem Geschworenengericht mindestens zwei Geschworene dem Geschlecht des Opfers angehören müssen, hilft sicher, dieses Erniedrigungsempfinden zu lindern oder bestenfalls zu beseitigen.

Manchmal, meine Damen und Herren, schaut Österreich schon ziemlich veraltet aus. Es mutet nahezu skurril an, daß der Seitensprung immer noch ein Fall für den Staatsanwalt sein kann. Denn: Wer seine oder eine fremde Ehe bricht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder 360 Tagsätzen zu bestrafen. – So heißt es im § 194. Die Strafbarkeit des Ehebruchs ist europaweit ein Unikum.

Österreich ist abgesehen von der Türkei das einzige Land unter den Europaratsstaaten, in dem Ehebruch noch strafrechtlich verfolgt wird. Auch wenn es im Jahre 1994 nur noch vier Verurteilungen gegeben hat, ist es höchst an der Zeit, daß mit der vorliegenden Strafrechtsänderung dieses unzeitgemäße Gesetz ersatzlos gestrichen wird. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger. )

Viele Österreicherinnen und Österreicher sind sich dieses Delikts ja gar nicht mehr bewußt. Ich bin mir sicher, daß nicht wenige durch die ersatzlose Streichung dieses Tatbestandes entkriminalisiert werden. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und Beifall der Abg. Mag. Schaffenrath. )

Eine andere, von der grünen Abgeordneten Terezija Stoisits schon angesprochene antiquierte Bestimmung, die im § 100 Strafgesetzbuch verankert ist, nämlich die Entführung einer willenlosen oder wehrlosen Frau, wird leider noch weiterhin bestehenbleiben. Wir sind aber nicht dafür, daß dem Antrag in der eingebrachten Fassung zugestimmt wird, sondern wir sind der Meinung, daß das zukünftigen Reformen und Reformern vorbehalten bleiben soll. Ich bin dafür, daß dieser Paragraph dann ersatzlos gestrichen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Im übrigen bin ich der Meinung, daß Homosexuelle nicht weiterhin diskriminiert werden dürfen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

16.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.05

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Minister! Meine Damen und Herren! Wir behandeln heute hier ein sehr emotionsgeladenes Thema, ein Thema, das die Menschen auch sehr interessiert, denn ich habe noch nie so viele Zuhörer auf der Galerie gesehen wie heute nachmittag. Ich möchte zum Abschluß dieser Debatte dieses Thema von zwei anderen Seiten beleuchten, nämlich aus der praktischen Sicht einer Ärztin, die in einem Kinderspital arbeitet, dem eine große Entwicklungspsychologie und Kinderpsychiatrie angeschlossen ist, und aus der Sicht einer Mutter eines zehnjährigen Buben.

Die Meinungen über die Entstehung der Homosexualität sind sehr kontroversiell und verwaschen. Es gibt kontroversielle Gutachten und Äußerungen dazu. Faktum ist aber, daß es keine nachweisbare genetische Determination bei der Entstehung der Homosexualität und keine nachweisbare vorpubertäre Prägung gibt. Sämtliche diesbezüglichen Aussagen sind wiederum


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durch andere widerlegbar. Die sexuelle Prägung entsteht, wie halt ein Weltbild überhaupt entsteht: durch Beobachten des Vorlebens und durch das Erleben an sich. Und dieser Prozeß ist mit 14 Jahren mit Sicherheit noch nicht abgeschlossen, allenfalls mit 16 Jahren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt einen Unterschied zwischen Buben und Mädchen – das wissen wir alle –, und es gibt auch einen Unterschied in der gleichgeschlechtlichen Liebe zwischen Buben und Mädchen, nämlich jenen, daß bei frühen homosexuellen Kontakten die weitere homosexuelle Prägung bei Burschen eine viel stärkere ist als die bei gleichgeschlechtlicher Liebe zwischen Mädchen oder bei heterosexueller Liebe. (Abg. Mag. Stoisits: Woher wissen Sie das? – Heftiger Widerspruch bei der SPÖ.) 50 Prozent der Erstkontakte in der Liebe entstehen zwischen Gleichgeschlechtlichen, und 50 Prozent sind solche mit älteren Personen. Stellen Sie sich das vor: 50 Prozent sind solche mit älteren Personen! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und bei den Grünen.) Und schützen wir nun unsere Kinder nicht vor einschlägigen homosexuellen Erfahrungen, dann ist ihre erste Liebesbekanntschaft halt eine homosexuelle, dann ist halt das, was sie unter erster Liebe verstehen, das Schöne, das Wertvolle, das, was ihnen Freude macht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kammerlander: Na und! – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und bei den Grünen.) – Hören Sie mir einmal zu!

Das ist das, was sie unter Liebe verstehen. (Abg. Mag. Stoisits: Na und!) Und sie versuchen gar nicht mehr, weitere heterosexuelle Kontakte zu schließen. Sie versuchen es gar nicht mehr, und zwar deswegen, weil – und das wissen wir alle hier, die wir Kinder haben – Buben auch schüchtern sind. Es ist manchmal viel leichter, zu einem Mann Kontakt zu finden als zu einem Heterosexuellen, also zu einem Mädchen. (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ und bei den Grünen.) Das heißt, man raubt dem Kind eine Möglichkeit, man raubt ihm die Möglichkeit der Vielfalt des sexuellen Erlebens und des Experimentierens mit Mädchen, was ganz natürlich und ganz normal ist. Das heißt, man raubt ihm die Entscheidungsmöglichkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Noch etwas in diesem Zusammenhang: Ich habe einen zehnjährigen Buben. Das ist ein sportlicher junger Mann, der in einen Sportverein geht. Seine Idolfigur ist zurzeit sein Trainer. Na, das darf ja sein, das ist ja ganz natürlich in diesem Alter. In diesem Alter ist die Schwärmerei für einen Trainer oder für einen Lehrer ganz natürlich – solange es bei der Schwärmerei bleibt. Die Jugendlichen sehen in ihrer ersten sexuellen Begegnung ja gar nicht die Sexualität, sondern zuerst einmal die Intimität in seelischer Hinsicht. Sie schwärmen halt für eine Person, für einen Lehrer oder für einen Trainer.

Nehmen wir einmal an, daß dieser Trainer ein Homosexueller ist, homosexuelle Neigungen hat, und der verliebt sich jetzt in einen Buben und tauscht mit ihm Zärtlichkeiten aus. Natürlich wird dieser Bub, für den dieser Mann ja ein Idol ist, mitgehen, mitmachen, und es wird für ihn seine erste sexuelle Prägung sein. Das ist eine reine Verehrung von seiner Seite. Ich meine aber, daß man ihm die Möglichkeit geben muß, auch seine heterosexuellen Kontakte auszuleben, und ihn wenigstens bis zu seinem 16. Lebensjahr vor einer einseitigen sexuellen Entwicklung schützen muß. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht überhaupt nicht um Diskriminierung! Es ist meine persönliche Einstellung und mein Grundsatz im Leben, daß jeder sein Leben so leben soll, wie er es für richtig hält, solange er keinem anderen schadet und solange er keinen anderen in seiner Entscheidungsmöglichkeit einschränkt. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen.)

Daher fordere ich: Schützen wir doch unsere Kinder in ihrer Entwicklungsphase! Geben wir ihnen doch die Chance zu ihrer Identitätsfindung! Vielleicht gibt es einen Jugendlichen, der mit 16 Jahren schon genau weiß, wie seine sexuelle Orientierung ist und auch immer sein wird. Eines ist jedoch sicher: Es gibt eine noch viel größere Gruppe, die erst auf der Suche nach ihrer sexuellen Identität ist. Geben wir diesen jungen Menschen doch eine Chance, auszureifen! Lassen wir sie doch in Ruhe, damit sie herausfinden können, wohin sie wirklich gehören! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

16.11


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, bringe ich in Erinnerung, daß der erste Block um 16.24 Uhr endet.

Zum Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.12

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte heute zu drei Aspekten Stellung nehmen: zum einen zu Fragen des Strafrechtsänderungsgesetzes und zum anderen zur Causa prima, zur Frage des Schutzalters.

Wir haben heute unter anderem das Strafrechtsänderungsgesetz in Behandlung, das sowohl wesentliche Änderungen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität auf der einen Seite als auch eine klare Schutzbestimmung für die österreichischen Konsumenten auf der anderen Seite mit sich bringt. Zu ersterem verweise ich insbesondere auf die Bestimmungen, die die Abschöpfung der Bereicherung regeln, wodurch Vermögensvorteile, die durch kriminelle Handlungen erlangt wurden, abgeschöpft werden können. Zum anderen verweise ich auf das Verbot der Gewinn- und Pyramidenspiele.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion bekennt sich vollinhaltlich zu den Regelungen der Abschöpfung der Bereicherung. Ich erlaube mir jedoch, auf ein Problem aufmerksam zu machen. Dieses Problem liegt im geltenden Finanzstrafgesetz. Darin ist nämlich die Frage des Ausschlusses der Öffentlichkeit geregelt. Nach § 213 dieses Gesetzes kann der Ausschluß der Öffentlichkeit jederzeit beantragt werden. Dieser Ausschluß erstreckt sich auf die Akteneinsicht genauso wie auf den Inhalt des Urteils. Das heißt, dieses Material darf dann auch in Verfahren der Abschöpfung nicht verwendet werden. Ich meine daher, daß diese Bestimmung ersatzlos gestrichen werden soll, damit die Bereicherungsabschöpfung tatsächlich und effektiv durchgeführt werden kann.

Die Konsumentenschutzbestimmung, über die wir wirklich sehr froh sind, befindet sich im § 168a des Strafrechtsänderungsgesetzes und sieht ein Verbot von Ketten- und Pyramidenspielen vor.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Verein für Konsumenteninformation und die Arbeiterkammern Österreichs sind seit Jahrzehnten mit den Problemen von Pyramidenspielen befaßt. Uns sind in etwa 200 Spiele bekannt, bei denen das System darin besteht, neue Mitglieder anzuwerben, die an jene, die mit dem Spiel begonnen haben, die entsprechenden finanziellen Einlagen zahlen sollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erinnere an den European Kings Club: Heute findet in Frankfurt am Main der Prozeß statt, bei dem es um 7 bis 14 Milliarden Schilling geht. Rund 94 000 Personen in Europa sind davon betroffen, davon zirka 32 000 in der BRD und 20 000 in Österreich. Da geht es nicht um ein paar tausend Schilling, da geht es um organisierte Kriminalität in Milliardenhöhe!

Ich erinnere an die bekannten Klubs LCI und MCI, die nun in dem Verein Sarmani aufgegangen sind, wo ebenfalls nach dem gleichen Muster gearbeitet wird.

Das eigentliche Geschäft und die Gewinne werden von den Mitarbeitern zum einen nach dem Schneeballsystem und zum anderen durch gezielte Marketingstrategien erwirtschaftet. Jedes Mitglied dieses Vereins hat die Möglichkeit, seinen Einsatz dadurch retourniert zu bekommen beziehungsweise den Einsatz übersteigende Gewinne zu erzielen, indem es neue Teilnehmer anwirbt, die ihrerseits wieder neue Teilnehmer anwerben müssen und so fort.

"TITAN" nennt sich ein Pyramidenspiel aus Deutschland, das im Wiener und niederösterreichischen Raum bekannt geworden ist. Aber man darf auch die internationale Seite nicht vergessen. Da gibt es beispielsweise das MSB-Megastar Business-Spiel aus der Bundesrepublik, das


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derzeit von der Schweiz nach Österreich kommt. Oder aus der Schweiz das "Plejadische Selbsthilfe – Projekt Erde", mit dem die Veranstalter ebenfalls groß "abzocken" wollen.

Nun hat der Oberste Gerichtshof in einer grundsätzlichen Entscheidung festgestellt, daß Pyramidenspiele verbotene Glücksspiele sind. Daher war auch eine gesetzliche Regelung im strafrechtlichen Bereich notwendig. Diese Regelung findet sich nun im § 168a des Strafrechtsänderungsgesetzes. Ich behaupte, daß dies ein konsumentenpolitischer Erfolg ist, den wir in der Öffentlichkeit auch entsprechend vertreten sollten.

Ich verhehle aber nicht – und das darf ich hier sehr kritisch anmerken –, daß das nur dann zu einem konsumentenpolitischen Erfolg wird, wenn diese Gesetzesbestimmung durch die Staatsanwälte entsprechend angewendet wird. Ich appelliere daher an Sie, Herr Bundesminister Michalek, sicherzustellen, daß diese Bestimmung tatsächlich zum Schutze der österreichischen Konsumenten angewandt wird.

Nun zur Causa prima, zur Frage des Schutzalters. Die Argumente meiner Vorredner haben Sie gehört. Ich möchte dabei darauf verweisen, daß es für unseren Antrag eine große Zahl von Mitstreitern gibt.

Es liegt mir zum Beispiel die Erklärung österreichischer Rechtslehrer vor. Ich möchte kurz daraus zitieren: "Unserer Ansicht nach sind die gesamten Sonderstrafbestimmungen zur Homosexualität, vor allem zum § 209, im Einklang mit der überwiegenden Zahl der medizinischen und psychologischen Expertenmeinungen und im Lichte der internationalen Rechtsentwicklung überflüssig geworden. Diese nicht mehr zeitgemäße Diskriminierung der sexuellen Orientierung einer gesellschaftlichen Minderheit durch das Strafrecht sollte beendet werden, da weder ein wissenschaftliches noch kriminalpolitisches Interesse am Weiterbestand dieser Straftatbestände besteht."

Ich persönlich schließe mich dieser Meinung vollinhaltlich an.

Ich habe mir vorgenommen, auch aus einem Brief zu zitieren, den ich von der Katholischen Männerbewegung in Salzburg erhalten habe, die ebenfalls vorbehaltlos für die Aufhebung dieser Diskriminierung homosexueller Menschen eintritt. Ich möchte daraus an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP nur den letzten Absatz vorlesen: "Wir unterstützen jene Parteien, die sich bereits für die Aufhebung der genannten Paragraphen eingesetzt haben, und ermutigen insbesondere die ÖVP, dem Gesetzesantrag in der neuen Legislaturperiode zuzustimmen. Wir hoffen, daß es zu einer Gesetzesänderung im Sinne dieser Ausführungen kommt."

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diesem Satz der Katholischen Männerbewegung Salzburg ist von meiner Seite nichts mehr hinzuzufügen.

Abschließend noch folgende Feststellung: Die österreichische Strafrechtspolitik, wie die Rechtspolitik insgesamt, muß bestrebt sein, auf neue gesellschaftliche Probleme und Bedürfnisse zu reagieren und beispielsweise auch mit neuen Instrumenten, zum Beispiel in Form der Diversion, eine adäquate Antwort zu finden. Das ist und bleibt Aufgabe der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion.

Ich appelliere abschließend daher an alle Abgeordneten dieses Hauses, bei der anstehenden Abstimmung nach ihrem Gewissen zu entscheiden und für ein gemeinsames Schutzalter im Sinne des Abänderungsantrages der Kollegen Fuhrmann, Schmidt und Stoisits einzutreten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Die §§ 209, 220 und 221 sind ersatzlos zu streichen. Menschenrechte sind nicht teilbar! Die Diskriminierung homosexueller Menschen ist heute durch dieses Parlament zu beseitigen! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Haidlmayr. )

16.20


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47. Sitzung / Seite 92

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zum Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.20

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Es sind in dieser Debatte viele Argumente erwähnt worden, es gab auch viel Polemik. Ich will doch noch auf einige Argumente, die ich durchaus ernst nehme, eingehen.

Es kamen von seiten der Redner und Rednerinnen der ÖVP auch Argumente, die mit der christlichen Werthaltung und mit der Orientierung an Ehe und Familie zu tun haben. Meine Damen und Herren von der ÖVP! Ich finde trotz intensiven Studiums in der Bibel keinen einzigen Hinweis auf eine Diskriminierung homosexueller Menschen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich finde auch kein einziges Zitat aus dem Munde des Gründers dieser Religion, und ich denke mir, man sollte doch sehr vorsichtig sein, wenn man glaubt, christlicher als Christus selbst sein zu können! (Beifall bei den Grünen.)

Es stellt sich außerdem die Frage: Nützt es, fördert es Ehe und Familie, wenn man homosexuelle Menschen, wenn man Schwule und Lesben diskriminiert? – Wir haben diese Frage auch im Vorarlberger Landtag eingebracht. Herr Landesrat Dr. Hans Peter Bischof hat uns geantwortet: Es stehen aus den EU-Staaten, in denen es keine Diskriminierungen mehr gibt, keinerlei Daten zur Verfügung, die darauf hinweisen, daß aus der Aufhebung der Strafbarkeit der Homosexualität irgendeine Bedrohung von Ehe und Familie hervorgeht.

Eines ist allerdings richtig: Es stehen viele Ehen tatsächlich unter Druck. Es stehen vor allem sehr viele Frauen unter Druck! Wissen Sie, was diese Frauen brauchen? – Sie brauchen eine bessere soziale Absicherung, eine bessere Arbeitsmarktpolitik, eine bessere Vereinbarkeit von Kindern und Beruf! Was diesen Frauen aber überhaupt nichts nützt, ist irgendeine Diskriminierung von Homosexuellen! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Eines noch, vor allem an jene, die vielleicht doch noch schwanken, wie sie abstimmen sollen: Es gibt sehr viele Scheinheiligkeiten in dieser Debatte! Es stört offenbar sehr viele nicht, daß zwar sexuelle Kontakte mit Männern unter 16 Jahren strafbar sein sollen, aber in diversen Medien, sogar in Tageszeitungen, barbusige 15jährige Mädchen, junge Frauen, regelmäßig abgebildet sind. Es stört manche auch nicht, wenn sie sexuelle Verbrechen an Kindern und jungen Menschen in einem Atemzug mit Homosexualität und Liebe nennen. Das eine hat doch mit dem anderen überhaupt nichts zu tun!

Ich bitte Sie, bedenken Sie noch eines: 14 Jahre, das ist eine Grenze, auch in unserer Rechtsordnung. Mit 14 Jahren sind junge Menschen in der Lage, zu arbeiten, einem Beruf nachzugehen, sie sind straf- und zivilrechtlich verantwortlich für ihr Tun. Sie sind – oftmals sogar noch jünger – Objekte der Werbung. Geschäftstüchtige Unternehmer wenden sich zum Zwecke der Werbung an diese jungen Menschen. Aber offenbar sollen sie nicht alt genug sein, um zu lieben!

Ich kann diese Diskriminierungen nicht verstehen, und ich sehe vor allem nicht, wo die Bedrohungen liegen. Und ich sehe vor allem nicht ein, weshalb es Ende des 20. Jahrhunderts noch möglich sein soll, Bestimmungen aufrechtzuerhalten, die eindeutig zwischen Männern und Frauen differenzieren und diskriminieren!

Wenn Sie, Frau Dr. Povysil, einen Unterschied zwischen jungen Männern und Frauen sehen, indem Sie davon ausgehen, daß es so etwas wie Verführung gibt, dann liegt genau darin die Diskriminierung. Offenbar stört es Sie viel weniger, wenn eine 14jährige junge Frau von einem vielleicht viel älteren Mann – unter Anführungszeichen – "verführt" und dabei vielleicht in einer Art und Weise geprägt wird, wie sie sich sonst nicht entwickelt hätte. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Ich sage Ihnen noch eines: Ich gehe davon aus, daß 14jährige – ich betone: 14jährige junge Männer und Frauen – sehr wohl in der Lage sind, über ihre sexuelle Orientierung zu entscheiden, und ich sehe es nicht als schlechter an, wenn sie sich in eine homosexuelle Richtung orientieren statt in eine heterosexuelle. – Das heißt nicht differenzieren, wenn man die Entscheidung des jungen Menschen wirklich ernst nimmt.

Ich habe nur vor einer Art der Verführung Angst, nämlich wenn hier Abgeordnete unter dem Eindruck von Klubzwang, Taktik oder Strategie dazu verführt werden sollen, gegen ihr Gewissen zu stimmen! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

16.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bevor wir nun in die Abstimmungen eingehen, teile ich mit, daß soeben folgende Mitteilungen des Bundeskanzleramtes über Entschließungen des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung eingelangt sind:

Herr Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst Dr. Rudolf Scholten wird durch Herrn Bundesminister Dr. Caspar Einem, Herr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner durch Herrn Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek vertreten.

*****

Wir treten nunmehr in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, Platz zu nehmen, und die anderen Personen, das Plenum zu verlassen.

Ich werde die Abstimmung über jeden Ausschußantrag getrennt vornehmen.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Strafrechtsänderungsgesetz 1996 samt Titel und Eingang in 409 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen einen Abänderungsantrag sowie einen Zusatzantrag vorgelegt.

Sodann haben die Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen Zusatzanträge eingebracht.

Schließlich haben die Abgeordneten Mag. Dr. Fekter und Genossen Zusatzanträge eingebracht.

Außerdem liegen mehrere Verlangen auf namentliche Abstimmung vor.

Ich werde daher über die erwähnten Abänderungsanträge beziehungsweise Zusatzanträge jeweils in der Reihenfolge der betroffenen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der Verlangen auf namentliche Abstimmung sowie schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Hinsichtlich der eingebrachten Zusatzanträge betreffend die §§ 209, 220, 220a sowie 221 Strafgesetzbuch werde ich die Reihung dieser Anträge vor den entsprechenden Abstimmungen noch im Detail bekanntgeben.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffer 15 bezieht.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 94

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über Artikel I Ziffer 15 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen weiteren Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 20 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Daher gelangen wir sogleich zur Abstimmung über Artikel I Ziffer 20 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte bei Annahme um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 24a in Artikel I betreffend den Entfall des § 188 bezieht.

Jene Damen und Herren, die für diesen Zusatzantrag eintreten wollen, ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Es liegt mir nun ein Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen betreffend die Streichung der §§ 209, 220 und 221 Strafgesetzbuch vor.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen einen Zusatzantrag betreffend den § 209 Strafgesetzbuch eingebracht, der eine Senkung des Schutzalters auf 16 Jahre vorsieht.

Hinsichtlich des § 220 wurde von den Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen beantragt, das Ausmaß der Freiheitsstrafe beziehungsweise der Geldstrafe zu reduzieren. Ein neuer § 220a Strafgesetzbuch regelt die Werbung für Unzucht mit Tieren.

Schließlich beantragen die Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen ebenfalls die Streichung des § 221 Strafgesetzbuch.

Hinsichtlich der genannten Paragraphen haben die Abgeordneten Mag. Dr. Fekter und Genossen ebenfalls Zusatzanträge eingebracht.

Hinsichtlich des § 209 Strafgesetzbuch sieht der erwähnte Zusatzantrag im wesentlichen eine Beibehaltung der bestehenden Rechtslage vor. Für den Fall, daß das Alter des Täters das Alter des Jugendlichen um nicht mehr als zwei Jahre übersteigt, ist jedoch Straffreiheit vorgesehen.

Der Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Fekter und Genossen betreffend § 220 StGB behält im wesentlichen die bestehende Rechtslage bei. Ein neuer § 220a betrifft eine Regelung betreffend Werbung für Unzucht mit Tieren und ist mit dem Antrag der freiheitlichen Fraktion identisch.

Der Zusatzantrag betreffend § 221 Strafgesetzbuch sieht dessen Novellierung vor.

Es ist, wie auch in der Präsidialkonferenz zusätzlich übereinstimmend festgestellt wurde, bei der Abstimmung jener Antrag als der weitergehende zu betrachten, der am weitesten von der bestehenden Rechtslage abweicht.

Hinsichtlich der nun erläuterten Zusatzanträge würde ich folgende Reihung der Abstimmungen vornehmen:


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Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 95

Zuerst zum § 209 Strafgesetzbuch: Erstens: Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen. Bei Ablehnung danach Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen und bei Ablehnung schließlich Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Fekter und Genossen.

Zum § 220 Strafgesetzbuch: Zuerst Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen. Bei Ablehnung Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen und auch wieder bei Ablehnung schließlich Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Fekter und Genossen.

Zum § 220a Strafgesetzbuch: Die Anträge der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen sowie der Abgeordneten Mag. Dr. Fekter und Genossen werde ich unter einem abstimmen lassen, da sie inhaltlich völlig identisch sind.

Zum § 221 Strafgesetzbuch: Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen sowie Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen, da auch diese inhaltlich identisch sind. Danach Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Fekter und Genossen.

Ich frage das Hohe Haus, ob es gegen diese Vorgangsweise Einwände gibt. – Das ist nicht der Fall. Ich gehe daher wie beschrieben vor.

Die Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Streichung des § 209 Strafgesetzbuch eingebracht.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Dieses Verlangen wurde von 20 Abgeordneten gestellt. Es ist daher die namentliche Abstimmung durchzuführen.

Ich lasse sie nach bewährtem Verfahren mittels Abgabe der Stimmzettel durchführen. Die Stimmzettel, die dazu benützt werden, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen sind, "Ja"-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein"-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr die Frau Schriftführerin, Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Sie wird später von Abgeordneter Apfelbeck abgelöst werden.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Apfelbeck werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 96

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich bitte nun die damit beauftragten Bediensteten des Hauses, unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vorzunehmen. Zu diesem Zweck unterbreche ich die Sitzung für kurze Zeit.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 16.41 Uhr unterbrochen und um 17.01 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Abgegeben wurden 182 Stimmen, davon "Ja"-Stimmen: 91, "Nein"-Stimmen: 91.

Der Antrag hat damit keine Mehrheit gefunden und ist abgelehnt.

Ich bitte wieder die Besucher auf der Galerie, von Kundgebungen abzusehen. Es widerspricht der Geschäftsordnung und der Hausordnung.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Anschober, Antoni;

Barmüller, Bauer Sophie, Binder, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dunst;

Eder, Ederer, Edler, Elmecker;

Fischer, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gartlehner, Grabner, Gradwohl, Gredler, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Haselsteiner, Heindl, Hlavac, Hostasch, Huber;

Jäger;

Kaipel, Kammerlander, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Kier, Kiermaier, Koppler, Kostelka, Kräuter, Kummerer;

Lackner, Langthaler, Leikam, Löschnak;

Maier, Marizzi, Mertel, Morak, Moser Hans Helmut, Motter, Müller;

Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Ofner, Öllinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Peter, Petrovic, Pittermann, Posch;

Rada, Reitsamer, Riedler, Riepl;

Schaffenrath, Schieder, Schmidt, Schwemlein, Seidinger, Sigl, Silhavy, Stippel, Stoisits;

Tegischer, Tychtl;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wabl, Wallner, Wimmer, Wurm.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Apfelbeck, Auer, Aumayr;

Bauer Holger, Bauer Rosemarie, Blünegger, Böhacker, Brauneder, Brinek;


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 97

Dolinschek, Donabauer;

Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Freund, Frieser;

Gatterer, Graf, Grollitsch, Großruck;

Haider, Haigermoser, Haller, Haupt, Höchtl, Hofmann, Horngacher;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Koller, König, Kopf, Kröll, Krüger, Kukacka, Kurzbauer;

Lafer, Leiner, Lukesch;

Maderthaner, Madl, Maitz, Meischberger, Meisinger, Mentil, Mock, Moser Sonja, Mühlbachler, Murauer;

Neisser, Nußbaumer;

Partik-Pablé, Platter, Povysil, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Rauch-Kallat, Reichhold, Rosenstingl, Rossmann, Ruthofer;

Salzl, Sauer, Scheibner, Schöggl, Schrefel, Schreiner, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweitzer, Schwimmer, Spindelegger, Stadler, Stampler, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tichy-Schreder, Trattner, Trinkl;

Wenitsch, Wurmitzer;

Zweytick.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Wir gelangen als nächstes zur Abstimmung über § 209 Strafgesetzbuch in der Fassung des Zusatzantrages der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen.

Auch hiezu ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden, das Verlangen ist ausreichend unterstützt, es wird daher so vorgegangen. – Die Vorgangsweise ist bekannt.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen stimmen, "Ja"-Stimmzettel abzugeben, jene, die dagegen stimmen, ersuche ich, "Nein"-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte Frau Schriftführerin Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Apfelbeck wird sie ablösen. – Bitte, Frau Schriftführerin.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Apfelbeck werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Alle haben die Stimmzettel abgegeben. Ich stelle daher fest, daß die Stimmabgabe beendet ist.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden unter Aufsicht der Schriftführerinnen die Stimmenzählung vornehmen. Zu diesem Zwecke unterbreche ich die Sitzung für die erforderliche Dauer.

Die Sitzung ist unterbrochen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 98

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.09 Uhr unterbrochen und um 17.16 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.

Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Abgegeben wurden 179 Stimmen, davon "Ja"-Stimmen: 41, "Nein"-Stimmen: 138.

Der Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend § 209 StGB ist somit abgelehnt.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Apfelbeck, Aumayr;

Bauer Holger, Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger;

Graf, Grollitsch;

Haider, Haigermoser, Haller, Haupt, Hofmann;

Jung;

Koller, Krüger;

Lafer;

Madl, Meischberger, Meisinger, Mentil;

Nußbaumer;

Ofner;

Partik-Pablé, Povysil, Prinzhorn, Pumberger;

Reichhold, Rosenstingl, Rossmann, Ruthofer;

Salzl, Scheibner, Schöggl, Schreiner, Schweitzer, Stadler;

Trattner;

Wenitsch.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Anschober, Antoni, Auer;

Barmüller, Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Donabauer, Dunst;

Eder, Ederer, Edler, Ellmauer, Elmecker;


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 99

Fekter, Feurstein, Fink, Fischer, Freund, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gartlehner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Gredler, Großruck, Guggenberger; Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Haselsteiner, Heindl, Hlavac, Höchtl, Horngacher, Hostasch, Huber;

Jäger;

Kaipel, Kammerlander, Kampichler, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kier, Kiermaier, Kiss, König, Kopf, Koppler, Kostelka, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;

Lackner, Langthaler, Leikam, Leiner, Löschnak, Lukesch;

Maderthaner, Maier, Maitz, Marizzi, Mertel, Mock, Moser Hans Helmut, Moser Sonja, Motter, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neisser, Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Peter, Petrovic, Pittermann, Platter, Posch, Puttinger;

Rada, Rasinger, Rauch-Kallat, Reitsamer, Riedler, Riepl;

Sauer, Schaffenrath, Schieder, Schmidt, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Silhavy, Spindelegger, Stampler, Steindl, Stippel, Stoisits, Stummvoll;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wabl, Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen als nächstes zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fekter und Genossen betreffend § 209.

Auch hiezu ist namentliche Abstimmung verlangt worden, und zwar mit ausreichender Unterstützung.

Wir haben in der Präsidialsitzung vereinbart, daß die namentlichen Abstimmungen dann, wenn die Abstimmungsergebnisse besonders knapp ausfallen dürften, mit Stimmkarte vorgenommen werden. Es wurde mir jetzt signalisiert, daß bei dieser Abstimmung kein Einwand bestünde, mit dem etwas schnelleren Namensaufruf vorzugehen.

Ich frage aber trotzdem, ob alle Mitglieder der Präsidialkonferenz einverstanden sind? – Gut. Dann werden wir mit der Stimmkarte abstimmen. Wir sind auf beides vorbereitet.

Ich ersuche bei der Abstimmung mit Stimmkarte jene Damen und Herren, die für den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fekter und Genossen stimmen, "Ja"-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein"-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Apfelbeck wird sie ablösen. – Bitte, Frau Schriftführerin.


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Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 100

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Apfelbeck werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich bitte, die Stimmen in gewohnter Weise auszuzählen, und unterbreche die Sitzung zu diesem Zweck.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.24 Uhr unterbrochen und um 17.29 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Es wurden 179 Stimmen gültig abgegeben, davon "Ja"-Stimmen: 48, "Nein"-Stimmen: 131.

Der Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fekter und Genossen betreffend § 209 Strafgesetzbuch ist damit abgelehnt.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Auer;

Bauer Rosemarie;

Donabauer;

Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fink, Freund;

Gatterer, Großruck;

Höchtl, Horngacher;

Kampichler, Khol, Kiss, König, Kopf, Kröll, Kukacka, Kurzbauer;

Leiner, Lukesch;

Maderthaner, Maitz, Mock, Moser Sonja, Mühlbachler, Murauer;

Neisser;

Platter, Puttinger;

Rasinger, Rauch-Kallat;

Sauer, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwimmer, Spindelegger, Stampler, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tichy-Schreder, Trinkl;

Wurmitzer;

Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Anschober, Antoni, Apfelbeck, Aumayr;


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 101

Barmüller, Bauer Holger, Bauer Sophie, Binder, Blünegger, Böhacker, Brauneder, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dolinschek, Dunst;

Eder, Ederer, Edler, Elmecker;

Firlinger, Fischer, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gartlehner, Grabner, Gradwohl, Graf, Gredler, Grollitsch, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haider, Haidlmayr, Haigermoser, Haller, Haselsteiner, Haupt, Heindl, Hlavac, Hofmann, Hostasch, Huber;

Jäger, Jung;

Kaipel, Kammerlander, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Kier, Kiermaier, Koller, Koppler, Kostelka, Kräuter, Krüger, Kummerer;

Lackner, Lafer, Langthaler, Leikam, Löschnak;

Madl, Maier, Marizzi, Meischberger, Meisinger, Mentil, Mertel, Moser Hans Helmut, Motter, Müller;

Niederwieser, Nowotny, Nürnberger, Nußbaumer;

Oberhaidinger, Ofner, Öllinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Partik-Pablé, Peter, Petrovic, Pittermann, Posch, Povysil, Pumberger;

Rada, Reichhold, Reitsamer, Riedler, Riepl, Rosenstingl, Rossmann, Ruthofer;

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schieder, Schmidt, Schöggl, Schreiner, Schweitzer, Schwemlein, Seidinger, Sigl, Silhavy, Stadler, Stippel, Stoisits;

Tegischer, Trattner, Tychtl;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wabl, Wallner, Wenitsch, Wimmer, Wurm.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gelangen wir zu den Abstimmungen über die Anträge zu § 220 des Strafgesetzbuches.

Ich lasse zunächst über den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen betreffend § 220 Strafgesetzbuch abstimmen.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen stimmen, "Ja"-Stimmzettel, jene, die dagegen sind, "Nein"-Stimmzettel abzugeben.

Frau Schriftführerin Reitsamer wird mit dem Namensaufruf beginnen, Frau Schriftführerin Apfelbeck wird fortsetzen. – Bitte.


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Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 102

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Apfelbeck werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Stimmenabgabe ist beendet.

Ich ersuche die Bediensteten des Hauses, die Stimmenzählung vorzunehmen. Ich bitte, dies besonders sorgfältig zu machen und unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung für einige Minuten.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.36 Uhr unterbrochen und um 17.51 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte, die Plätze einzunehmen, und nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: abgegebene Stimmen: 179, davon "Ja"-Stimmen: 90, "Nein"-Stimmen: 89.

Der Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen betreffend § 220 Strafgesetzbuch ist somit angenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Anschober, Antoni;

Barmüller, Bauer Sophie, Binder, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dunst;

Eder, Ederer, Edler, Elmecker;

Fischer, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gartlehner, Grabner, Gradwohl, Gredler, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Haselsteiner, Heindl, Hlavac, Hostasch, Huber;

Jäger;

Kaipel, Kammerlander, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Kier, Kiermaier, Koppler, Kostelka, Kräuter, Kummerer;

Lackner, Langthaler, Leikam, Löschnak;

Maier, Marizzi, Mertel, Moser Hans Helmut, Motter, Müller;

Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Ofner, Öllinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Peter, Petrovic, Pittermann, Posch;

Rada, Reitsamer, Riedler, Riepl;

Schaffenrath, Schieder, Schmidt, Schwemlein, Seidinger, Sigl, Silhavy, Stippel, Stoisits;

Tegischer, Tychtl;


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Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 103

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wabl, Wallner, Wimmer, Wurm.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Apfelbeck, Auer, Aumayr;

Bauer Holger, Bauer Rosemarie, Blünegger, Böhacker, Brinek;

Dolinschek, Donabauer;

Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Freund, Frieser;

Gatterer, Graf, Grollitsch, Großruck;

Haider, Haigermoser, Haller, Haupt, Höchtl, Hofmann, Horngacher;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Koller, König, Kopf, Kröll, Krüger, Kukacka, Kurzbauer;

Lafer, Leiner, Lukesch;

Maderthaner, Madl, Maitz, Meischberger, Meisinger, Mentil, Mock, Moser Sonja, Mühlbachler, Murauer;

Neisser, Nußbaumer;

Partik-Pablé, Platter, Povysil, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Rauch-Kallat, Reichhold, Rosenstingl, Rossmann, Ruthofer;

Salzl, Sauer, Scheibner, Schöggl, Schrefel, Schreiner, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweitzer, Schwimmer, Spindelegger, Stadler, Stampler, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tichy-Schreder, Trattner, Trinkl;

Wenitsch, Wurmitzer;

Zweytick.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Durch die Annahme dieses Antrages erübrigt sich die Abstimmung über die von den Abgeordneten Mag. Schweitzer sowie von den Abgeordneten Dr. Fekter und Genossen zu § 220 Strafgesetzbuch eingebrachten Zusatzanträge. Damit entfallen diese Abstimmungen.

Wir gelangen zur Abstimmung über die Anträge, die § 220a Strafgesetzbuch betreffen.

Ich lasse über § 220a Strafgesetzbuch in der Fassung der Zusatzanträge der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen sowie der Abgeordneten Dr. Fekter und Genossen abstimmen, die inhaltlich identisch sind.

Es ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden. Das Verlangen ist von 20 Abgeordneten unterfertigt, daher werde ich so vorgehen.


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47. Sitzung / Seite 104

Ich unterbreche kurz die Sitzung, um eine Frage, die an mich herangetragen wurde, betreffend die weitere Abfolge der Abstimmungen in Ruhe zu klären und keinen Fehler zu machen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 17.53 Uhr unterbrochen und um 17.57 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf, um bekanntzugeben, daß ich die Damen und Herren, die an der Präsidialsitzung teilnehmen, für 18 Uhr zu einer Präsidialsitzung in mein Büro bitte. Ich glaube, wir können uns keine komplizierten Probleme einwirtschaften, die wir hier im Plenum diskutieren. Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 17.58 Uhr unterbrochen und um 20.02 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.

Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir haben in der Präsidialsitzung jene Rechtsfragen, die aufgeworfen wurden und zur Sitzungsunterbrechung geführt haben, erörtert. Das Ergebnis, nach dem sich das Präsidium richten wird, lautet letztlich, daß wir nach Annahme des Antrages der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen zu § 220 Strafgesetzbuch so vorgehen werden, wie es auch im Croquis vorgesehen war, nämlich über weitere Anträge zu § 220 Strafgesetzbuch nicht abzustimmen, wohl aber über § 220a Strafgesetzbuch, zu dem Zusatzanträge der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Dr. Fekter vorliegen, die identisch sind und über die gemeinsam abgestimmt wird.

Ich bitte nun Herrn Präsidenten Dr. Neisser, den Vorsitz zu übernehmen und die Abstimmung über diesen Paragraphen durchzuführen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser (den Vorsitz übernehmend): Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun ab über die den § 220a Strafgesetzbuch betreffenden Anträge.

Ich lasse über § 220a Strafgesetzbuch in der Fassung der Zusatzanträge der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen sowie der Abgeordneten Dr. Fekter und Genossen abstimmen. Diese Anträge sind inhaltlich identisch.

Es ist von 20 Abgeordneten namentliche Abstimmung verlangt worden, die Abstimmung ist daher in dieser Weise durchzuführen. – Die Vorgangsweise ist Ihnen bekannt.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die Zusatzanträge der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen sowie der Abgeordneten Dr. Fekter und Genossen stimmen, "Ja"-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein"-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich ersuche zunächst Frau Schriftführerin Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Apfelbeck wird sie ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Apfelbeck werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich bitte nun, die Stimmenzählung vorzunehmen, und unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung. (Abg. Mag. Wurm möchte ihren Stimmzettel noch in die Urne werfen. – Proteste bei den Freiheitlichen.) – Frau Abgeordnete! Es geht nicht mehr. Ich habe gesagt: "Die Stimmabgabe ist beendet." (Abg. Schieder: Sie war im Saal und ist heruntergegangen! Sie ist die letzte! – Wei


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47. Sitzung / Seite 105

tere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Bitte, werfen Sie Ihren Stimmzettel in die Urne! (Abg. Mag. Wurm wirft ihren Stimmzettel in die Urne. – Rufe bei den Freiheitlichen: Das ist unglaublich! – Abg. Schieder: Sie ist in der letzten Reihe weggegangen! – Abg. Mag. Haupt: Der Präsident hat gesagt: "Die Stimmabgabe ist beendet."! – Ruf bei den Freiheitlichen: Patentdemokrat! – Abg. Haigermoser: Superdemokrat! – Abg. Schieder: Sie hat keinen Fehler gemacht! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das hätte einer von uns sein sollen! – Abg. Schieder: Red nicht, denk!)

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.13 Uhr unterbrochen und um 20.20 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Es wurden 182 Stimmen abgegeben, davon "Ja"-Stimmen: 93, "Nein"-Stimmen: 89.

Die inhaltlich identischen Zusatzanträge der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen sowie der Abgeordneten Mag. Dr. Fekter und Genossen betreffend § 220a Strafgesetzbuch sind somit angenommen.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Apfelbeck, Auer, Aumayr;

Bauer Holger, Bauer Rosemarie, Blünegger, Böhacker, Brauneder, Brinek;

Dolinschek, Donabauer;

Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fink, Firlinger, Freund, Frieser;

Gatterer, Graf, Grollitsch, Großruck;

Haider, Haigermoser, Haller, Haupt, Höchtl, Hofmann, Horngacher;

Jung;

Kampichler, Khol, Kiss, Koller, König, Kopf, Kröll, Krüger, Kukacka, Kurzbauer;

Lafer, Leiner, Lukesch;

Maderthaner, Madl, Maitz, Meischberger, Meisinger, Mentil, Mock, Morak, Moser Sonja, Mühlbachler, Murauer;

Neisser, Nußbaumer;

Ofner;

Partik-Pablé, Platter, Povysil, Prinzhorn, Pumberger, Puttinger;

Rasinger, Rauch-Kallat, Reichhold, Rosenstingl, Rossmann, Ruthofer;

Salzl, Sauer, Scheibner, Schöggl, Schrefel, Schreiner, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schweitzer, Schwimmer, Spindelegger, Stadler, Stampler, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tichy-Schreder, Trattner, Trinkl;


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
47. Sitzung / Seite 106

Wenitsch, Wurmitzer;

Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Anschober, Antoni;

Barmüller, Bauer Sophie, Binder, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dunst;

Eder, Ederer, Edler, Elmecker;

Fischer, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gartlehner, Grabner, Gradwohl, Gredler, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Haselsteiner, Heindl, Hlavac, Hostasch, Huber;

Jäger;

Kaipel, Kammerlander, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Kier, Kiermaier, Koppler, Kostelka, Kräuter, Kummerer;

Lackner, Langthaler, Leikam, Löschnak;

Maier, Marizzi, Mertel, Moser Hans Helmut, Motter, Müller;

Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Peter, Petrovic, Pittermann, Posch;

Rada, Reitsamer, Riedler, Riepl;

Schaffenrath, Schieder, Schmidt, Schwemlein, Seidinger, Sigl, Silhavy, Stippel, Stoisits;

Tegischer, Tychtl;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wabl, Wallner, Wimmer, Wurm.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zu den entsprechenden Abstimmungen über § 221 Strafgesetzbuch.

Hiezu liegen inhaltlich identische Zusatzanträge der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen sowie der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Streichung des § 221 des Strafgesetzbuches vor.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Dieses Verlangen ist ausreichend unterstützt. Die Abstimmung ist daher so durchzuführen. – Die Vorgangsweise ist Ihnen bekannt.


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47. Sitzung / Seite 107

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die Zusatzanträge der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen sowie der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen stimmen, "Ja"-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein"-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen, und Frau Abgeordnete Apfelbeck, fortzusetzen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Apfelbeck werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich bitte, die Stimmenzählung vorzunehmen, und unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 20.28 Uhr unterbrochen und um 20.34 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Es wurden 180 Stimmen abgegeben, davon "Ja"-Stimmen: 128, "Nein"-Stimmen: 52.

Die inhaltlich identischen Zusatzanträge der Abgeordneten Dr. Fuhrmann, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits und Genossen sowie der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend § 221 StGB sind somit angenommen.

Die Namen der Abgeordneten werden unter Angabe ihres Stimmverhaltens im Stenographischen Protokoll verzeichnet werden.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Anschober, Antoni, Apfelbeck;

Barmüller, Bauer Holger, Bauer Sophie, Binder, Blünegger, Böhacker, Brauneder, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Dolinschek, Dunst;

Eder, Ederer, Edler, Elmecker;

Firlinger, Fischer, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gartlehner, Grabner, Gradwohl, Gredler, Grollitsch, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haider, Haidlmayr, Haigermoser, Haller, Haselsteiner, Haupt, Heindl, Hlavac, Hofmann, Hostasch, Huber;

Jäger, Jung;

Kaipel, Kammerlander, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Kier, Koller, Koppler, Kostelka, Kräuter, Krüger, Kummerer;

Lackner, Lafer, Langthaler, Leikam, Löschnak;

Madl, Maier, Marizzi, Meischberger, Meisinger, Mentil, Mertel, Morak, Moser Hans Helmut, Motter, Müller;


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47. Sitzung / Seite 108

Niederwieser, Nowotny, Nürnberger, Nußbaumer;

Oberhaidinger, Ofner, Öllinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Partik-Pablé, Peter, Petrovic, Pittermann, Posch, Povysil, Prinzhorn, Pumberger;

Rada, Reichhold, Reitsamer, Riedler, Riepl, Rosenstingl, Rossmann, Ruthofer;

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schieder, Schmidt, Schöggl, Schreiner, Schweitzer, Schwemlein, Seidinger, Sigl, Silhavy, Stadler, Stippel, Stoisits;

Tegischer, Trattner, Tychtl;

Van der Bellen, Verzetnitsch;

Wabl, Wallner, Wenitsch, Wimmer, Wurm.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Amon, Auer;

Bauer Rosemarie, Brinek;

Donabauer;

Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fink, Freund, Frieser;

Gatterer, Graf, Großruck;

Höchtl, Horngacher;

Kampichler, Khol, Kiss, König, Kopf, Kröll, Kukacka, Kurzbauer;

Leiner, Lukesch;

Maderthaner, Maitz, Mock, Moser Sonja, Mühlbachler, Murauer;

Neisser;

Platter, Puttinger;

Rasinger, Rauch-Kallat;

Sauer, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwimmer, Spindelegger, Stampler, Steibl, Steindl, Stummvoll;

Tichy-Schreder, Trinkl;

Wurmitzer;

Zweytick.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Durch diese Abstimmung erübrigt sich eine Abstimmung über den von den Abgeordneten Dr. Fekter und Genossen zu § 221 Strafgesetzbuch eingebrachten Zusatzantrag.


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47. Sitzung / Seite 109

Ich komme nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Diese Beschlußfassung erfolgte einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch diese Beschlußfassung erfolgt einstimmig. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Strafvollzugsgesetznovelle 1996 samt Titel und Eingang in 317 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 452 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Berichtes ...

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung) : Die Enunziation ist unvollständig, Herr Präsident. Ich möchte wissen, um welchen Antrag es sich ursprünglich dabei handelt. (Abg. Dr. Khol: 1/A!) Diese Teile des Croquis wurden uns nicht übermittelt, Herr Präsident. (Abg. Mag. Stadler: Uns auch nicht! Das hat niemand!)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich fahre jetzt doch in der Abstimmung fort. Herr Abgeordneter, ich werde das sofort feststellen, nämlich: 452 der Beilagen ist der Bericht des Justizausschusses über den Antrag 1/A der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird. Das ist in der Tagesordnung als 452 der Beilagen ausgewiesen. Das ist Gegenstand der Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Bericht ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 453 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. – Besteht Klarheit darüber, was dieser Bericht ist? – Ja.

Ich bitte jene, die diesem Bericht ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieser Bericht ist mit Mehrheit angenommen.


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47. Sitzung / Seite 110

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 454 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 455 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Ich lasse nunmehr abstimmen über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 456 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit . Angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz, die Zivilprozeßordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden, samt Titel und Eingang in 408 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Herr Kollege Parnigoni! Stimmen Sie nicht mit? – Dann müssen Sie aufstehen! Nach der Geschäftsordnung heißt es: aufstehen oder sitzenbleiben. (Allgemeine Heiterkeit.) Ich knüpfe an dieses Verhalten verschiedene Konsequenzen. – Ich bitte um Entschuldigung, daß ich Ihnen das in Erinnerung gerufen habe.

Also: Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend die 4. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien samt Titel und Eingang in 373 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Dieser Entwurf ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sofort zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

10. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (252 der Beilagen): Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG (407 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zum 10. Punkt der Tagesordnung: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (252 der Beilagen): Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie (407 der Beilagen).

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als erster hat sich Herr Abgeordneter Dr. Ofner zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

20.42

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich werde mich sehr kurz fassen, denn die Redezeit, die uns zur Verfügung steht, ist nicht mehr sehr ausgiebig.

Wir Freiheitlichen teilen das Anliegen, das in diesem Vorhaben zum Ausdruck kommt, nämlich das Anliegen betreffend die Bekämpfung der Gewalt in der Familie. Wir halten die Vorlage aber für nicht ausreichend durchdacht. Würde sie in dieser Form Gesetz werden, würde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden.

Wir können uns nicht vorstellen, daß alle, die vorhaben, dieser Vorlage heute zuzustimmen, diese auch wirklich gelesen beziehungsweise – mehr als das – studiert haben. Denn die Mög


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47. Sitzung / Seite 111

lichkeiten, die diese Vorlage bietet, sind so abenteuerlich, daß sie zu "Bekämpfung der Gewalt in der Familie" einfach nicht passen, sondern weit über dieses Vorhaben hinausgehen.

Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, daß sich wirklich etwa folgendes zuträgt: Eine Frau heiratet. Sie nimmt ihren Ehemann in ihr Haus auf. Der Bruder des Ehemanns zieht nach. Die Frau verträgt sich nicht mit dem Bruder ihres Ehemannes. Sie droht ihm eines Tages – aus welchem Grund auch immer – eine Ohrfeige an. Der Bruder ihres Mannes zieht aus dem Haus aus. Zwei Monate später setzt er gegen den Willen des Ehemannes durch, daß dessen Frau, also seine Schwägerin, aus ihrem eigenen Haus gewiesen wird.Ich kann mir das nicht vorstellen! So steht es aber in der Gesetzesvorlage! (Abg. Mag. Peter: Furchtbar!)

Stell dir vor, das ereignet sich im "Weißen Rössl": Deine Frau nimmt einen Verwandten auf. Du verträgst dich mit diesem Verwandten nicht, und dieser läßt dich gegen den Willen deiner Frau aus dem Haus hinauswerfen. – Das habe ich jetzt gesagt, damit du es dir leichter vorstellen kannst! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine andere Variante: Ein fünfzigjähriger Sohn verträgt sich nicht mit seinem siebzigjährigen, etwas schrullig gewordenen Vater. Im Zuge der Auseinandersetzung droht der Sohn dem Vater, er werde ihm eine runterhauen – oder auch umgekehrt; Sie können es spielen, wie Sie wollen. Und dann läßt zum Beispiel der Sohn den Vater gegen den Willen der Mutter aus der Wohnung weisen. – Das muß man sich vorstellen!

Was hat das wirklich mit dem Anliegen zu tun, dem wir uns alle verschrieben haben, nämlich Bekämpfung der Gewalt in der Familie? Das geht einfach zu weit, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich lasse mir nicht einreden, daß Sie alle das wirklich so haben wollen. Ich meine, daß diese Vorlage eines entsprechenden Studiums bedarf. (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson. )

Frau Kollegin! Wie verhält es sich denn, wenn jemand aus der Wohnung gewiesen wird, mit den Mietrechten? Der einzige Hauptmieter wird hinausgeworfen, der Hausherr kann ihn mangels Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses hinauswerfen! – Daran hat auch niemand gedacht.

Ich lasse mir einreden, daß Sie die Vorlage nicht gelesen haben. Wenn Sie sie jedoch gelesen haben, dann tut es mir wirklich leid.

Wir Freiheitlichen sind dafür, daß der Gewalt in der Familie Einhalt geboten wird. Wir sind aber auch dafür, die Kirche im Dorf zu lassen. Wir glauben, daß es für Sanktionen nicht genügen soll, wenn jemand einem anderen Gewalt androht, etwa in der Form, daß er sagt: Du bekommst eine Ohrfeige. Wir glauben, daß ein gewisses Mindestmaß an Gewalt in diesem Zusammenhang erforderlich sein soll.

Wir sind auch der Ansicht, daß die jeweiligen Partner, also Ehemann, Ehefrau, Lebensgefährte, Lebensgefährtin, und eventuell auch Verwandte in auf- und absteigender Linie, also Eltern, Kinder, Pflegeeltern, Pflegekinder, Adoptiveltern, Adoptivkinder, eine entsprechende Möglichkeit haben sollen, aber nicht die Seitenverwandten. Es sollen nicht etwa die Schwägerin und der Schwager gegen den Willen des Ehegatten den Hauseigentümer aus seinem eigenen Haus oder den Mieter aus der eigenen Wohnung werfen lassen können.

Wir Freiheitlichen haben daher einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Krüger, Haller und Genossen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, der Exekutionsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG) (252 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (407 der Beilagen)


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47. Sitzung / Seite 112

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Art. II Z. 5 wird im Einleitungssatz von § 382b Abs. 1 und Abs. 2 jeweils vor dem Wort "körperlichen" das Wort "schwerwiegenden" eingefügt.

2. In Art. II Z. 5 lautet § 382b Abs. 3:

"(3) Nahe Angehörige im Sinn der Abs. 1 und 2 sind:

1. Ehegatten und Lebensgefährten sowie Verwandte in gerader Linie, einschließlich der Wahl- und Pflegekinder sowie der Wahl- und Pflegeeltern,

2. Verwandte in gerader Linie, einschließlich der Wahl- und Pflegekinder sowie der Wahl- und Pflegeeltern, des Ehegatten oder Lebensgefährten, in aufsteigender Linie Verwandte nur dann, wenn der Ehegatte oder Lebensgefährte dem Antrag ausdrücklich zustimmt,"

Dazu eine Bemerkung: Es soll ja nicht einer hinausgeworfen werden können, weil ein Seitenverwandter es will, obwohl der Ehegatte durchaus möchte, daß alles so bleibt, wie es ist.

Weiter im Antrag:

"wenn sie mit dem Antragsteller seit mindestens drei Monaten in häuslicher Gemeinschaft leben."

Auch dazu etwas: Die Vorlage will es umgekehrt. Da soll jemand einen Antrag stellen dürfen, wenn er nicht mehr als drei Monate schon ausgezogen ist. – Es soll doch vielmehr so sein, daß er zumindest eine gewisse Zeit in der Wohnung oder in dem Haus leben soll!

Ich lese den Antrag weiter vor:

3. In Art. III § 38a Abs. 6 wird die Zahl "48" durch "24" ersetzt.

Eine Bemerkung dazu: Damit sind die Stunden gemeint, die vergehen dürfen, bevor bei der Wegweisung durch Sicherheitsbeamte etwas unternommen wird.

Weiter im Antrag:

4. In Art. III lautet § 38a Abs. 7:

"(7) Das Rückkehrverbot endet um 12.00 Uhr am zweiten seiner Anordnung folgenden Werktag; es endet in jenen Fällen, in denen das Gericht die Sicherheitsbehörde von einem ohne unnötigen Aufschub eingebrachten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO in Kenntnis gesetzt hat, mit dem vom Gericht bekanntgegebenen Tag der Entscheidung, spätestens jedoch nach acht Tagen."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)


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20.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vom Abgeordneten Dr. Ofner soeben vorgetragene Abänderungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Fuhrmann. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

20.48

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Aufgrund der relativ knappen Zeit, die meiner Fraktion noch zur Verfügung steht, und aufgrund der vorgeschrittenen Stunde kann ich leider nicht im Detail auf die Ausführungen meines Vorredners eingehen, sondern nur mit ein paar Sätzen.

Wir haben das schon im Justizausschuß diskutiert. Wir konnten das nach unserer Auffassung auch schon im Justizausschuß als nicht richtig widerlegen. Jeder mag seine Meinung haben, aber ich finde es schade, Kollege Ofner, daß Ihre Fraktion diesem Bundesgesetz deshalb nicht zustimmt. Denn ich meine, wir könnten uns auch mit der "F"-Fraktion darin einig sein, daß jede Form von Gewalt ein sehr schwerwiegendes gesellschaftliches und gesundheitliches Problem darstellt.

Gewalt greift negativ in das Leben der Opfer ein und führt zu massiven unmittelbaren und nachhaltigen physischen und psychischen Schäden der Opfer mit weitreichenden unerwünschten sozialen Folgen. Und das ganz besonders, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn das Phänomen Gewalt in der Familie vorkommt, weil dabei ein besonderes Vertrauensverhältnis durch den Gewalttäter geschädigt wird.

Ich bin daher sehr froh darüber, daß wir das vorliegende Gesetzesvorhaben heute beschließen können, weil damit ein großer Schritt – ich beeile mich, hinzuzufügen: nach meiner Auffassung und jener meiner Fraktion nicht der letzte Schritt – im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen und Kinder gesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Schade, Harald Ofner, daß ihr dieses wesentliche Thema auf einem solchen Level abhandeln wollt! Aber das ist eure Sache und euer gutes Recht! (Abg. Dr. Ofner: Das ist in dem Gesetz nicht definiert!)

Ich möchte die wesentlichen Punkte des Gesetzesvorhabens hervorheben, die da sind:

Erstens: Den Sicherheitsbehörden und Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes werden durch die Einräumung zusätzlicher Kompetenzen beim Einschreiten bei Gewalt in der Familie mehr Möglichkeiten gegeben, den Angegriffenen zu helfen, und zwar nicht mehr nur dann, wie dies bisher war, wenn schon eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt. Das ist sehr wichtig.

Im Zusammenhang mit dem Institut der einstweiligen Verfügung ist es richtig – dies erkennt man, wenn einem bewußt ist, was sich in solchen Familien abspielen kann –, daß diese auf einen größeren Personenkreis ausgeweitet wird. Ich stehe dazu. Die Voraussetzungen werden entschärft, und die Durchsetzung wird erleichtert.

Die Befugnisse betreffend Ausweisung aus der und Rückkehrverbot in die Wohnung bei Gewalt werden im Interesse der Opfer verbessert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es im Interesse der Opfer geboten ist, die Schritte, die wir uns für heute vorgenommen haben, zu setzen, dann ist das ein Gesetz, dem jede und jeder in diesem Haus mit gutem Gewissen und froh zustimmen kann. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte hinzufügen, daß uns noch mehr vorgeschwebt ist. Dann hätte die FPÖ vielleicht mit noch mehr Überzeugung dagegen stimmen können. Ich möchte daher schon ankündigen, daß nach Auffassung meiner Kolleginnen und Kollegen die heutige Beschlußfassung nicht das Ende der Diskussion sein kann und wird. (Abg. Mag. Stadler: Der Minister ist schon erschrocken!) Denn wir werden noch über die Errichtung von Interventionsstellen und die Verankerung dieser Interventionsstellen im Gesetz diskutieren müssen. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden im Interesse der betroffenen Opfer weiter darüber diskutieren müssen. Meine Fraktion steht auf dem Standpunkt, daß es vernünftig wäre,


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Spezialabteilungen für Gewaltdelikte im Familienbereich bei Gerichten und Staatsanwaltschaften einzuführen. Wir haben ja auch schon Familiengerichte im Außerstreitbereich. Ich halte es nach wie vor für richtig, bei einschlägigen schweren Delikten im Familienkreis wie zum Beispiel gefährlicher Drohung und Vergewaltigung davon abzugehen, diese weiterhin als Ermächtigungsdelikte, wie dies jetzt der Fall ist, im Gesetz zu behandeln. Diese sollten vielmehr auch als Offizialdelikte normiert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, daß das in diesem Hohen Haus noch nicht mehrheitsfähig ist. Daher werden wir es heute nicht beschließen können. Wir werden der Vorlage sehr gerne zustimmen, und Sie können uns nicht böse sein, wenn wir diese Dinge, die wir auch noch gerne in das Gesetz aufgenommen hätten, in der weiteren politischen Diskussion am Leben erhalten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Stadler: Sie können mit uns reden, wenn Sie etwas Vernünftiges bringen!)

20.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

20.54

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das vorgesehene und heute zur Beschlußfassung im Hohen Haus anstehende Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie sieht auch eine Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes vor. Danach wird es dem einschreitenden Gendarmeriebeamten oder Polizeibeamten in Hinkunft möglich sein, bei Gefahr im Verzug oder bei drohender Gefahr mit einem Wegweisebefehl gegen den jeweiligen Ehegatten oder denjenigen, der ein renitentes Verhalten an den Tag gelegt hat, vorzugehen.

Weiters sieht die Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes über dieses Wegweiserecht hinaus vor, daß der einzelne Exekutivbeamte ein Rückkehrverbot aussprechen kann, welches normalerweise spätestens nach 7 Tagen endet, in jedem Fall aber nach 14 Tagen, und welches innerhalb von 24 Stunden von der Sicherheitsbehörde zu überprüfen ist.

Wir hatten diesbezüglich im Ausschuß eine sehr lebhafte Debatte, und ich bin nicht glücklich über die Art der Diskussion.

Es wurde von unserem Justizsprecher Harald Ofner auch schon mehrfach deponiert, daß wir dem Gedanken des Gesetzes vollinhaltlich beitreten, daß wir aber die Methodik zur Durchsetzung für verfassungsrechtlich bedenklich erachten. Denn ein Exekutivorgan, das einen Wegweisebefehl erlassen beziehungsweise ein Rückkehrverbot aussprechen kann, das sehr weitgehend ist, greift zweifellos sehr massiv in die Privatsphäre und in die Eigentumsrechte des Betroffenen ein.

Im Zuge dieser Debatte sind verfassungsrechtliche Bedenken aufgetaucht, weil eine Materie, bei der es typischerweise den Zivilgerichten zusteht, Entscheidungen zu treffen, in die Verantwortung des einzelnen Exekutivbeamten übertragen wird. Wir wissen aus Gesprächen mit der Exekutive, daß die Damen und Herren der Exekutive nicht sehr glücklich darüber sind, weil sie besonders hohe Verantwortung trifft. Es ist ja keine Kleinigkeit, daß man eine Wegweisung verfügt und darüber hinaus der einzelne noch abzuwägen hat, ob er ein Rückkehrverbot aussprechen soll oder nicht.

Wir haben daher, da wir, wie gesagt, mit der Intention des Gesetzes vollinhaltlich konform gehen, einen Abänderungsantrag eingebracht, der die verfassungsrechtlichen Bedenken zwar nicht zur Gänze ausräumt – das gestehe ich zu –, aber abschwächt. Denn das Rückkehrverbot soll nach der Version in unserem Abänderungsantrag bereits um 12 Uhr am zweiten seiner Anordnung folgenden Werktag enden, spätestens jedoch, wenn ein Antrag auf einstweilige Verfügung in der Zwischenzeit eingebracht worden ist, nach acht Tagen.


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Wir glauben nämlich, daß der Ehegatte oder Lebensgefährte, der bedroht wurde, durch eine Antragstellung auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung die Initiative ergreifen müßte und es dem Gericht vorbehalten sein sollte, ob eine Ausweisung verfügt wird oder nicht.

Wir glauben, daß dieser Abänderungsantrag zumindest zum Teil diesen Bedenken Rechnung trägt, und laden Sie sehr herzlich ein, diesem zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. – Bitte, Sie haben das Wort. Redezeitbeschränkung: 7 Minuten.

20.58

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wer von uns ist nicht über Meldungen von Gewalttaten, ja von Morden innerhalb der Familie, die fast jede Woche durch Fernsehen, Zeitungen und Radio gehen, erschüttert? – Wir haben in diesem Hohen Haus schon sehr viel über unsere diesbezügliche Sorge geäußert, und ich bin sehr froh darüber, daß wir dieses Wegweisungsrecht heute beschließen können.

Herr Kollege Ofner! Nur ein Satz: Mir geht Opferschutz vor Täterschutz! – Und Ihr Beispiel ist derart konstruiert, daß ich es nicht nachvollziehen kann. (Abg. Dr. Ofner: Schau dir das Gesetz an, Rosemarie! Das ergibt sich aus dem Text!) Meine Sorge gilt nicht dem Mißbrauch des Gesetzes, sondern wirklich dem Leben der betroffenen Frauen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Kann man nicht beides unterbringen?)

Wir wissen, daß die Exekutivbeamten derzeit oft unverrichteter Dinge, nachdem sie auf den Aggressor beruhigend eingewirkt haben, abziehen müssen und keine Möglichkeit zur Handlung und zum Schutz der Frauen haben. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Nach der derzeitigen Regelung müssen meist Frau und Kinder die Wohnung verlassen und flüchten, in Frauenhäuser ziehen, die Kinder müssen in andere Kindergärten oder Schulen gehen, Frau und Kinder müssen faktisch ihren bisherigen Lebensmittelpunkt verlassen. Der Aggressor hingegen bleibt an seinem Platz! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: So ist es!)

Damit habe ich nie übereingestimmt, das kann ich nicht nachvollziehen. Hingegen war die Wegweisung schon immer unsere Forderung, und dabei muß es auch bleiben. Gott sei Dank haben wir heute dieses Wegweiserecht vor der Beschlußfassung, das besagt: Die aggressive Person muß weg, wir schützen das oder die Opfer. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich gebe Ihnen recht, aber sehr gescheit ist es nicht gelöst!)

Nach einer neuen Umfrage erlebt jede fünfte Frau im familiären Umfeld Gewalt, egal, in welcher Lebensform sie lebt, ob in Ehe oder in Lebensgemeinschaft. (Abg. Dr. Ofner: Der Schwager!) Besonders arm sind dabei die Kinder, das ist besonders tragisch.

Wir sollten uns auch nicht nur damit, was wir staatlich regeln können, auseinandersetzen, sondern müssen auch darüber nachdenken, wie man Gewalt von vornherein pönalisiert und als abschreckendes Beispiel darstellt, um sozusagen präventiv zu wirken. Wir im Hohen Haus können nur mit Maßnahmen abschrecken, das muß man sehr deutlich machen. Es ist jeder aufgerufen, uns dabei zu unterstützen.

Es wäre auch wichtig, noch viel tiefer anzusetzen. Gewalttäter haben als Kind in den meisten Fällen in ihren Familien selbst Gewalt erlebt. Sie geben diese Gewalt wie eine Infektion weiter, aus geschlagenen Söhnen werden schlagende Männer. Natürlich kann das auch bei Frauen passieren (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber selten!) , aber schlagende Männer sind in der Mehrheit. Alkohol und Drogen sind auch oft im Spiel: dies wirkt noch verstärkend.

Es muß daher ein Bündel von Hilfsmaßnahmen geben. Die vorhandenen Strukturen der Hilfestellung müssen ausgebaut werden. Ich meine dabei nicht nur Kriseninterventionsstellen, son


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dern zum Beispiel auch Familienberatungsstellen und ähnliche Einrichtungen. Es gibt gerade auch im ländlichen Bereich eine Menge von Einrichtungen, die man exzessiv nutzen müßte.

Letztendlich wird man auch nicht darum herumkommen, sich in den verschiedensten Bereichen mit der Prävention zu beschäftigen. So wird man etwa Frauen und Kindern erklären müssen, daß nicht sie die Schuldigen sind! Die Opfer der Gewalt haben ja meistens Schuldgefühle und glauben oft lange Zeit, daß sie schuld sind und den Aggressor gereizt haben, und erkennen oft nicht, was eigentlich passiert ist. Die psychische Gewalt ist eine Begleiterscheinung, die nur sehr schwer zu fassen ist.

Ich muß sagen: Wer mit solchen Frauen und Kindern in Frauenhäusern redet, der hat so viele Sorgen, soviel Kummer und ist dermaßen deprimiert, lieber Harald Ofner, daß er auf ein so künstlich zugespitztes Beispiel überhaupt nicht kommt, und zwar deshalb, weil die Ursachen viel einfacher sind. (Abg. Dr. Ofner: Vom Schwager! Davon habe ich geredet!)

Ganz kurz noch zu einer anderen Maßnahme, die wir heute treffen. Wir haben uns in letzter Zeit sehr bemüht, den sexuellen Mißbrauch von Kindern noch strenger zu bestrafen. Heute gehen wir mit der Beschlußfassung weiter. Wir unterbinden den im Ausland verübten sexuellen Mißbrauch von Minderjährigen, den sogenannten Sextourismus, insofern, als ein Täter, ein Österreicher, sich auch hinsichtlich im Ausland begangener Straftaten der österreichischen Strafbarkeit nicht entziehen kann, sondern in Österreich für alles, was bei uns strafbar ist, nach österreichischem Recht verurteilt wird. (Abg. Dr. Ofner: Vielleicht sollte man das zum Anlaß nehmen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Da muß ich Ihnen recht geben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, das sind zwei sehr wichtige Maßnahmen. Ich weiß, das Haus ist leer. Das Interesse war einem ganz anderen Punkt gewidmet, und das tut mir leid. Gestatten Sie mir dennoch, zu sagen, daß ich meine, daß allein diese zwei Punkte viel wichtiger sind als das, worum wir jetzt stundenlang gerungen haben. (Beifall bei der ÖVP.) Ich würde mir wünschen, daß sie in der Öffentlichkeit mindestens genauso viel Aufmerksamkeit erreichen könnten, weil man damit der Öffentlichkeit zeigen würde: Diese Dinge sind gesellschaftlich einfach nicht wünschenswert, und daher stellen wir sie unter Strafe! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Homosexuellen sind "interessant"!)

Ich hoffe und bin davon überzeugt, daß diese Regelung – besonders auch aufgrund des Rückkehrverbots beziehungsweise der Lösung innerhalb von zwei Wochen – vielen Frauen das Leben retten wird. Ich meine auch, daß sie in der Vergangenheit vielen Frauen das Leben gerettet hätte! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kiss: Jetzt sieht man keinen Journalisten!)

21.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Michalek. – Bitte, Herr Bundesminister.

21.04

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Klären Sie das mit dem Schwager, Herr Minister!) Verantwortungsvolle Politik muß der Gewalt, wie auch anderen sozialen Übeln unserer Gesellschaft, in umfassender Weise mit allen der Demokratie zur Verfügung stehenden Möglichkeiten entgegentreten. Zu diesen Möglichkeiten gehören vor allem die Mittel und Methoden der Meinungs- und Bewußtseinsbildung, der Pädagogik und der Erziehung zu Gewaltlosigkeit und Toleranz. Aber auch die Rechtsordnung muß mit ihren Instrumentarien entschlossen gegen Gewalt auftreten. Die Ihnen heute zur Beschlußfassung vorliegende Gesetzesmaterie ist in diesem Sinn ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung von Gewalt in der Familie.

Dieser Beitrag ist das Ergebnis – ich möchte das ausdrücklich festhalten – einer intensiven gesellschafts- und rechtspolitischen Diskussion sowie gründlicher legislativer Vorarbeiten, an denen auch Experten der verschiedenen in Betracht kommenden Fachgebiete und der zuständigen Ressorts teilgenommen haben. Der vorliegende Gesetzentwurf will der Gewalt in der Familie durch eine verstärkte Zusammenarbeit von Sicherheitsorganen und Familiengerichten begegnen. Er enthält neben den schon erwähnten Schwerpunkten – sicherheitspolizeiliches


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Wegweiserecht, allenfalls verbunden mit einem Rückkehrverbot, Verbesserung der gerichtlichen einstweiligen Verfügung durch Senkung der Voraussetzung, Erweiterung des Anwendungsbereiches beziehungsweise auch Verbesserung der Vollstreckung – als weiteren Schwerpunkt die Sicherstellung eines angemessenen Schadenersatzes für die Opfer von sexuellem Mißbrauch.

Die im Justizausschuß im Rahmen der Beratungen des Gesetzentwurfs auf meinen Vorschlag hin in das Vorhaben aufgenommene Bestimmung des § 1328 ABGB soll sicherstellen, daß bei Beeinträchtigung der geschlechtlichen Selbstbestimmung angemessener, insbesondere auch immaterieller Schadenersatz verlangt werden kann. Diese Bestimmung wird nicht nur den durch Gewalt, Täuschung oder ähnliche Handlungen in ihrer sexuellen Würde verletzten Frauen und Männern zugute kommen, sondern schafft auch die nach der bisherigen Rechtslage fehlende Voraussetzung zur Geltendmachung immateriellen Schadenersatzes für die bedauernswerten Opfer sexuellen Mißbrauchs von Kindern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns bei unseren Bemühungen um eine sachgerechte Lösung sehr wohl dessen bewußt gewesen, daß die vorgeschlagenen Regelungen in einem Spannungsverhältnis zwischen einem möglichst wirksamen Schutz vor Gewalt im häuslichen Bereich auf der einen Seite und dem Eingriff in sensible Grundrechte auf der anderen Seite stehen.

Ich meine aber, daß die klaren und adäquaten Voraussetzungen des Gesetzes – sowohl für die polizeiliche Wegweisung bei aus bestimmten Umständen ergebender Drohung eines gefährlichen Angriffs als auch für die Erlassung einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung bei sich auf bestimmte, im Gesetz genannte Umstände stützender Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens – ausreichend präzise Kriterien dafür sind, daß der Staat nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der Umstände des Einzelfalles in den durch das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre und des Familienlebens geschützten Bereich eindringt, um dem in Not befindlichen Opfer Hilfe zu bringen.

An diesem Gesetzentwurf ist auch Kritik geübt worden. Die Abgeordneten Ofner und Krüger haben dazu vorhin – allerdings meiner Meinung nach nicht stichhaltige beziehungsweise von mir nicht nachvollziehbare – Beiträge geleistet. Diese Kritik ist jedoch im wesentlichen widersprüchlich: Während die eine Seite bemängelt, daß das Gesetz den Bogen der möglichen Maßnahmen zu weit spanne, wird von der anderen Seite kritisiert, daß der Schutz nicht weit genug gehe.

Die Widersprüchlichkeit der Kritik, aber auch die breite Diskussion des Gesetzesvorhabens und dessen gründliche Vorbereitungen stärken mich in der Überzeugung, daß das vorliegende Gesetz ein wohlausgewogenes Instrument dazu ist, der Gewalt in den Familien wirksam entgegenzutreten. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr hat sich Frau Bundesministerin Dr. Konrad zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

21.10

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten Dr. Helga Konrad: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Aus Sicht der Frauen möchte ich dieses Gesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie begrüßen. Mit dem Wegweiserecht, dem Rückkehrverbot und der Neuregelung der einstweiligen Verfügung sind wichtige, effiziente Maßnahmen gesetzt worden, die es Frauen und Kindern erleichtern, im Gewaltfall Hilfe zu erlangen. Der Täter bleibt nicht mehr in der Wohnung, es sind nicht mehr die Opfer, die die Wohnung verlassen und irgendwo Zuflucht suchen müssen, sondern der Täter wird weggewiesen.

Ich möchte Sie bitten, Herr Abgeordneter Ofner, hier nicht krampfhaft irgendwelche Fälle zu konstruieren. (Abg. Dr. Ofner: Ich habe vom Schwager geredet, der da drinnen steht, vom Bruder des Lebensgefährten!)


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Die Basisarbeit für dieses Gesetz ist von Praktikerinnen gemacht worden, von Frauen, die sich seit mehr als einem Vierteljahrhundert in der Praxis, in Frauenhäusern, Notrufstellen und Beratungsstellen mit den Betroffenen befaßt und Hilfe angeboten haben, weshalb dieses Gesetz auch einen wirklichen Erfolg darstellt. Die Erfahrungen der Praktikerinnen wurden gehört und sind auch eingeflossen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Warum gehen Sie nicht auf meine Einwände ein? Warum sprechen Sie von etwas anderem?) Ich möchte daher, was ohnedies viel zu selten geschieht, diesen Frauen, den Expertinnen, die dabei mitgearbeitet haben, aber auch jenen, die in der interministeriellen Arbeitsgruppe mit dabei waren und eigentlich die Grundlage dafür gelegt haben, daß dieses Gesetz heute überhaupt beschlossen werden kann, ganz besonders herzlich danken! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich verhehle nicht, daß wir – damit meine ich vor allem die Frauen – weitergehende Vorstellungen gehabt haben; Abgeordneter Fuhrmann hat es angesprochen. Für uns ist die Diskussion zu diesem Gesetz noch nicht beendet, es gibt noch viele einzubringende Überlegungen und Maßnahmen, und wir werden diese Diskussion noch weiterführen.

Es wurde schon erwähnt, daß das Gesetz überhaupt nur dann effizient funktionieren kann, wenn wir die Interventionsstellen gegen Gewalt einrichten. Diese Stellen sind keine Konkurrenz zu anderen Hilfseinrichtungen, ganz und gar nicht, sondern sollen in einem Gewaltfall als Drehscheibe zwischen dem Opfer, der Polizei, der Justiz und den Hilfseinrichtungen, die zur ausreichenden Betreuung der Opfer unbedingt notwendig sind, fungieren.

Diese Interventionsstellen sind besonders wichtig. Wir streben eine klare gesetzliche Verankerung an, worin wir auch festschreiben wollen, welche Rechte und Pflichten und welchen Aufgabenbereich diese Interventionsstellen haben. Dies bedeutet auch, daß sie finanziell abgesichert sein müssen. Wenn wir uns gegen Gewalt bekennen, dann muß uns auch klar sein, daß das ohne Geld nicht geht, daß wir dafür finanzielle Mittel zur Verfügung stellen müssen.

Wir wissen, daß Frauenhäuser, Notruf- und Beratungsstellen oft nicht ausreichend abgesichert sind und immer wieder ums Überleben kämpfen müssen, daß es nicht genug Einrichtungen gibt, viele Frauen daher abgewiesen werden müssen und daß es noch immer Bundesländer ohne Frauenhaus gibt. In dieser Richtung wollen wir aktiv sein, und ich hoffe, daß wir, wenn wir diese Vorhaben einbringen, dafür breiteste Zustimmung finden werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Schaffenrath. )

Noch ein Wort zu den Interventionsstellen. Sie sind notwendig, und ihre Einrichtung wird nicht auf die lange Bank geschoben, auch wenn die entsprechende gesetzliche Verankerung noch nicht erfolgt ist. Der Innenminister und ich haben vereinbart, daß wir bereits jetzt einige Modellprojekte weiter finanzieren und fördern werden. Es gibt bereits Vorhaben in Wien und Graz, nämlich konkrete Projektbüros, die schon eingerichtet sind. Es läuft bereits eine Pilotphase zur Interventionsstelle in Innsbruck. In Linz und in Salzburg werden dafür gerade die Vorbereitungen getroffen. Auch für die Bundesländer ersuche ich um Unterstützung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Rosemarie Bauer. )

21.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haller. – Bitte, Frau Abgeordnete. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

21.15

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich halte es hier mit Rosemarie Bauer: Der Problemkomplex ist brennend und die Tendenz steigend – was allen in der Freiheitlichen Partei bewußt ist. Wir sind nicht die Partei der gewalttätigen Männer, als die man uns gestern seitens der SPÖ hingestellt hat. Ich werde zwar für diese Gesetzesvorlage stimmen, aber nicht deshalb, weil das Gesetz so gut ist.

Es ist in seinen Konsequenzen nicht genügend durchdacht. Wir haben versucht, mit einem Abänderungsantrag unsere Bedenken vorzubringen, und ich möchte Sie nochmals ersuchen, auf die Einwände des Kollegen Ofner einzugehen.


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Auch ich finde ich es in gewisser Weise unverantwortlich, Sicherheitsbehörden so umfangreiche Kompetenzen zu geben. Ich würde es lieber sehen, wenn statt dessen Richter entscheiden könnten, und zwar auch in der Nacht und am Wochenende. Ich weiß, daß das schwierig ist, aber die Probleme ergeben sich großteils in der Nacht und am Wochenende. Es gibt doch auch Journaldienste bei Untersuchungsrichtern! Wäre das nicht auch im Familienbereich möglich?

Die Eingriffe sind massiv, und wir Freiheitlichen hätten es lieber, wenn dabei richterliche Kontrolle möglich wäre – dies nicht deshalb, weil wir den Sicherheitsbeamten mißtrauen, sondern deswegen, weil es gegen unsere freiheitliche rechtsstaatliche Auffassung ist. Sieben Tage Wegweisung sind auch meiner Meinung nach zu lang. Denn wohin mit dem Missetäter, wenn er randaliert? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das soll er sich vorher überlegen! – Abg. Dr. Fuhrmann: Dann soll er nicht hinhauen!)

Medizinische Kontrollen sind ebenfalls wichtig. Wir müssen uns aber angesichts der Tatsache, daß Frauen oft blutig geschlagen ins Krankenhaus kommen, dann behaupten, sie seien die Kellerstiege hinuntergefallen, und die Ärzte das einfach so gelten lassen, allerdings fragen, ob diese Kontrolle auch wirklich funktioniert.

Ich glaube, daß bessere Querverbindungen aufgebaut werden sollten, wobei ich nicht nur Interventionsstellen haben, sondern auch die Familienberatungsstellen und Familienrichter mit eingebunden wissen möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zusammenfassend: Die angestrebten Maßnahmen finde ich grundsätzlich sinnvoll und werde deshalb zustimmen. Allerdings gehen sie aber auch mir einerseits zu weit und bleiben andererseits auf halbem Weg stehen, was der Herr Justizminister selbst schon gesagt hat.

Die Maßnahmen sind nur als Sofortmaßnahmen wirksam. Sie bringen keine mittelfristigen Problemlösungen, welche aber unbedingt notwendig wären.

Ich wiederhole auch: Ungeschulten Sicherheitsbeamten wird zuviel Macht gegeben, was unserem freiheitlichen Rechtsdenken widerspricht. Für mich geht aber Opferschutz vor Rechtsstaatlichkeit, weshalb meine Zustimmung ein Signal für den wirklich brennenden Handlungsbedarf sein soll. Der Ansatz stimmt, aber das Ergebnis darf uns keinesfalls befriedigen.

Herr Bundesminister! Ich habe vernommen, daß man daran denkt, diesen Nachdenkprozeß weiterzuführen. Ich möchte Sie dazu eindringlich auffordern sowie auch dazu, die notwendigen Korrekturen dieses Gesetzentwurfes und die von mir angeschnittenen notwendigen Erweiterungen vorzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.19

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es ist schon darüber gesprochen worden, wie vielfältig Gewalt ist und daß sie in allen Gesellschaftschichten vorkommt. Aber in besonderem Maße sind die Frauen davon betroffen.

Auch ich halte dieses Gesetz für einen sehr wichtigen und großen Schritt und gebe ihm gerne meine Zustimmung. Das Wegweiserecht, das Rückkehrverbot und die Neuregelung der einstweiligen Verfügung sind tatsächlich die einzige Möglichkeit, Opfer zumindest für eine bestimmte Zeit vor Gewalt zu schützen.

Frau Ministerin! Sie selbst haben gesagt, daß das Gesetz noch nicht genug sei. Ich teile die Meinung von Ihnen und Kollegen Fuhrmann, daß eine gesetzliche Verankerung von Interventionsstellen ebenso wie eine Verbesserung des Zugangs zum Recht für Frauen unbedingt notwendig sind.


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Parallel dazu muß unbedingt der Ausbau von Frauenberatungsstellen vorangetrieben werden. Gerade in ländlichen Regionen sind die Frauen drastisch unterversorgt, und die Möglichkeit einer anonymen Beratung, einer anonymen Hilfe wäre von äußerster Wichtigkeit, weil Frauen mit der Offenlegung von Gewalt sozial ausgegrenzt werden und gleichzeitig ein sozialer Abstieg für sie beginnt.

In diesem Zusammenhang ist auch der Ausbau der Frauenhäuser sehr wichtig. In Tirol gibt es nur ein Frauenhaus! Die ländlichen Bereiche sind völlig unterversorgt, aber die Entfernung eines Frauenhauses vom Ort der Tat spielt eine wesentliche Rolle für die Möglichkeit der Inanspruchnahme. Die drastische Unterversorgung wird durch jene Zahlen belegt, die besagen, daß mehr als 300 Frauen wegen Überbelegung überhaupt nicht aufgenommen werden konnten. Diese Frauenhäuser sind ein notwendiger Schutz für die Frauen und stellen eine wichtige Sofortmaßnahme dar.

Mehr als ein Drittel der in Frauenhäusern aufgenommenen Frauen kehrt aber letztlich zum Gewalttäter zurück, und auch die Gewalttäter können nach einer bestimmten Zeit wieder zurück zur Familie kommen. Frauen mit Kindern können sich, obwohl sie sich eigentlich trauen würden, aus dieser Gewaltsituation vielfach deshalb nicht befreien, weil sie es sich finanziell nicht leisten können, in hohem Maß abhängig sind oder nach vielen Jahren der Ehe ohne jegliche sozialrechtliche Absicherung dastehen. Sie haben schlechte Chancen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt. Vor allem dann, wenn sie Kinder haben, wird ihre Situation auf dem Arbeitsmarkt, wie auch Studien beweisen, noch schwieriger.

Ich glaube, daß die "Heim an den Herd"-Strategie die Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalten soll. Im Rahmen der heutigen Aktuellen Stunde wurde das im Zusammenhang mit den Familientransfers, bei den Themen Familienbesteuerung und Kinderbetreuungsscheck wieder besonders deutlich. Die Frauen stünden dann aber wieder ohne eigenen Erwerb und ohne eigene sozialrechtliche Absicherung da, wodurch sie sich unter bestimmten Umständen auch weniger leicht aus Gewaltsituationen befreien können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte es deshalb als Begleitmaßnahme für unbedingt erforderlich, eine offensive Arbeitsmarktpolitik für Frauen zu verfolgen und selbstverständlich auch jene Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen, die Frauen so lange dringend brauchen, solange der traurige gesellschaftliche Befund lautet, daß Betreuungsarbeit fast ausschließlich Frauenarbeit ist.

Darüber hinaus ist eine Bildungsoffensive dringend notwendig, um Gewalt auch als Gewalt zu entlarven und Gefahren aufzuzeigen. Die Schule hätte da einen großen Aufgabenbereich zu bewältigen!

Es sollte aber auch eine ganz spezifische Bildungsoffensive für Frauen im allgemeinen eingeleitet werden. Wir haben nach wie vor eine hohe Diskriminierungsrate, und jede vierte bis fünfte Frau hat keinen über die Pflichtschule hinausgehenden Schulabschluß. Die erstellten Statistiken zeigen deutlich, daß gerade Frauen mit niedrigerem Bildungsgrad in Frauenhäusern deutlich überrepräsentiert sind. Das bedeutet natürlich nicht, daß Bildung Frauen vor Gewalt bewahrt, aber gut ausgebildete Frauen haben zumindest bessere Instrumente, um mit einer solchen Situation umgehen zu können.

Lassen Sie mich zum Abschluß auf eine Gruppe von Frauen hinweisen, für welche diese Situation besonders schwierig ist: Ich spreche von Migrantinnen, die Gewalt erleiden. Diese sind wirtschaftlich und traditionell abhängig. Existenzbedrohend kommt hinzu, daß sie ihr Aufenthaltsrecht verlieren, falls sie eine Scheidung einreichen, sich von ihrem Mann trennen, in ein Frauenhaus gehen oder soziale Hilfe in Anspruch nehmen.

Gerade für Migrantinnen müssen Sofortmaßnahmen gesetzt werden. Es ist daher dringend erforderlich, für diese Frauen ein eigenes Kontingent an Beschäftigungsbewilligungen sowie einen ausreichenden, gerichtlich festgesetzten Unterhalt für die Dauer ihres Aufenthalts zu schaffen, da diese Frauen sonst keine andere Wahl haben als die, Gewalt erleiden zu müssen. – Dieses Gesetz reicht aber nicht aus, diese ihre Situation zu entschärfen.


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Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich teile Ihre Meinung, daß es mehr braucht als Lippenbekenntnisse gegen Gewalt. Es müssen endlich jene finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die benötigt werden, um weitere wirksame Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen und Kindern setzen zu können und um den betroffenen Frauen die notwendige Hilfe bei der Wohnungssuche und auf dem Arbeitsmarkt gewähren zu können. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lafer. – Herr Abgeordneter! Sie haben gesagt, Sie kommen mit 4 Minuten aus. – Bitte.

21.27

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte gleich zu Beginn meiner Ausführungen feststellen, daß die Freiheitlichen gegen jede Art und Form der Gewalt in der Familie sind. Auch wir sind für das Opfer und nicht für den Täter – eine klare Feststellung, weil immer wieder behauptet wird, wir würden eher den Täter schützen als das Opfer. (Abg. Dr. Fuhrmann: Eure Argumentation lautet aber so!)

Herr Kollege Dr. Fuhrmann! Sie lautet nicht so! Ich betrachte das unter dem Gesichtspunkt, daß ich als Exekutivbeamter das Gesetz vollziehen muß. Wenn ich mir aber das Gesetz anschaue, dann muß ich Ihnen sagen, daß für mich das Gesetz ein bißchen zu weit geht, daß es zu weitreichend ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein Beispiel dazu: Wenn es beispielsweise auf einem Bauernhof zwischen Eheleuten eine Auseinandersetzung gibt und infolge dessen der Gatte vom Hof gewiesen wird, dann kann er nicht mehr auf seinen Arbeitsplatz zurück. (Abg. Dr. Fuhrmann: Was machen Sie, wenn Sie wo hinkommen und schon was passiert ist? Haben die Exekutivbeamten nicht diese Möglichkeit? – Weiterer Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Die Möglichkeit, sich selbst zu helfen, hat es auf privatrechtlichem Weg schon immer gegeben.

Zweites Beispiel: Was passiert, wenn ich mit meiner Lebensgefährtin in einem Haus wohne und darin zugleich mein Büro habe und wenn mich meine Lebensgefährtin anzeigt und ich aus meiner Wohnung oder aus meinem Haus gewiesen werde? – Dann verliere die Möglichkeit, dort weiterhin meine Tätigkeit zu betreiben, was heißt, daß ich nicht arbeiten kann! (Abg. Dr. Fuhrmann: Man muß ja nicht gleich hinhauen! Dann werden Sie es sich vielleicht vorher überlegen, was Sie mit den Frauen tun! – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Ferner regelt das Gesetz das Wegweiserecht. Die Frauen haben die Möglichkeit, in Frauenhäusern unterzukommen. Ich habe vor ein paar Tagen im Radio gehört, daß es in der Steiermark nur ein einziges Frauenhaus gibt, nämlich in Graz. Die Möglichkeit des Zugangs zu solchen Einrichtungen müßte also erweitert werden.

Was passiert aber mit den Männern, die wir nicht unterbringen können? – Es wird wahrscheinlich so weit kommen, daß diese Männer dann unter der Brücke schlafen müssen, weil man sie sonst nirgendwo unterbringen kann. (Abg. Dr. Fuhrmann: Dann sollen sie unter der Brücke schlafen! Sollen sie eben vorher nicht hinhauen! – Abg. Dr. Khol: Männer gehen in die Meldemannstraße!)

Ein weiterer gravierender Punkt die Exekutive betreffend: Das Gesetz stellt nichts bezüglich der Eingriffe in die Grundrechte des Betroffenen, in das Hausrecht oder Eigentumsrecht fest. (Abg. Dr. Fuhrmann: Und der Eingriff in das Grundrecht der Unversehrtheit des Körpers?! – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Die Exekutive ist jene Instanz, die bei Gefahr im Verzug vor Ort einzuschreiten hat. Sie muß augenblicklich feststellen, was vorliegt. Der Exekutivbeamte wird vom Gesetzgeber genötigt, in diesem Augenblick eine Entscheidung zu treffen, die über das Schicksal der Familie entscheiden kann.


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Außerdem gibt es in der Praxis eine Vielzahl von Fällen, bei denen aufgrund der Beweisführung nicht endgültig eine Anzeige erstattet werden kann, wobei es immer wieder zu Unregelmäßigkeiten kommen kann. (Abg. Dr. Fuhrmann: Ich hoffe, daß Sie aufgrund Ihrer Abgeordnetentätigkeit dienstfreigestellt sind!) Ich bin froh, daß ich nicht dienstfreigestellt bin. Denn so kann ich etwas mehr von der Praxis erzählen, sehr geehrter Herr Dr. Fuhrmann, und muß mich nicht immer nur auf die Theorie beziehen, so wie Sie, glaube ich, hier Gesetze machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.31

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ist uns der Herr Minister abhanden gekommen? (Abg. Dr. Khol: Er ist da!) Da ist er ja! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Als ich meinem Vorredner zugehört habe, habe ich mir gedacht: Natürlich kann es konkrete Situationen geben, in denen Exekutivbeamte überfordert sind. Okay. Das ist sozusagen eine Aufgabe für die Exekutive. Aber man kann nicht von der persönlichen Überforderung ausgehen und versuchen, das Pferd sozusagen von hinten aufzuzäumen, sondern man muß das Problem sehen, das darin besteht, daß Frauen geschlagen werden und es leider ein sehr großes Ausmaß an Gewalt in der Familie gibt.

Ich brauche das hier gar nicht näher auszuführen. Wir kennen all die Mechanismen, die dann zum Tragen kommen, zur Genüge: Frauen werden überredet, Anklagen oder Klagen zurückzuziehen, es wird ihnen, auch vom jeweiligen Ehemann oder Lebensgefährten, gut zugeredet, es doch noch einmal zu probieren, und so weiter. Derartige Lebensgeschichten könnten vermutlich Bücher füllen. Es spielen sich regelrechte Dramen ab.

Aus diesem Grund sind wir sehr froh darüber, daß es dieses Gesetz gibt. Denn die wesentliche Handhabe hat bisher gefehlt, nämlich daß bei Gewalt in der Familie, gegen Kinder oder gegen die Ehefrau, endlich auch die Möglichkeiten der Wegweisung beziehungsweise der Äußerung eines Rückkehrverbotes und damit gekoppelt auch eines Fristenlaufs für die gerichtliche einstweilige Verfügung bestehen.

Jetzt komme ich zu einem Aber: Die Fristen, die im Gesetz vorgesehen sind, sind uns zu kurz und an der Praxis vorbei gegriffen. Das muß beachtet werden. – Wir haben Gespräche mit Betreuerinnen und mit jenen Frauen geführt, die in Frauenhäusern arbeiten und entsprechende Erfahrungen haben. Sie sagen, daß den Betroffenen mit dem Rückkehrverbot von sieben Tagen insofern nicht geholfen wird, als Gerichte innerhalb der Frist von sieben beziehungsweise 14 Tagen oft die entsprechende Entscheidung nicht treffen. Das heißt, es besteht daher die große Gefahr, daß der prügelnde Mann oder Lebensgefährte zurückkehrt und seine Familie beziehungsweise seine Frau wieder dem Terror aussetzt.

Eine weitere Frist, die uns zu kurz ist, ist jene von drei Monaten. Drei Monate Entscheidungsfrist bei der einstweiligen Verfügung ist deswegen zu kurz, weil Frauen nicht in Scheidungsverfahren gedrängt werden sollen. Denn das sind ja sehr sensible Entscheidungen für die betroffenen Frauen, bei denen es auch um den weiteren Unterhalt und die weitere Versorgung von Kindern, wenn Kinder vorhanden sind, geht. Wenn Frauen aufgrund dieser Fristsetzung in Entscheidungen gedrängt werden, so ist das nach den Erfahrungen jener, die in diesen Bereichen arbeiten, nicht zum Vorteil der Frauen.

Die Intentionen dieses Gesetzes sind wirklich wichtig, gut und richtig. Daher ist es für mich unverständlich, daß Sie von der ÖVP und von der SPÖ sich nicht dazu durchringen konnten, die Fristen so zu setzen, daß den Intentionen wirklich Rechnung getragen werden kann.

Wir bringen daher einen Abänderungsantrag ein, der diese beiden Bereiche verändert und vorsieht, daß zum einen die einstweilige gerichtliche Verfügung mindestens zwölf Monate gelten soll und zum anderen die Entscheidungsfrist betreffend die Gültigkeitsdauer des Wegweiserechtes durch die Sicherheitspolizei mit dem Inkrafttreten der einstweiligen Verfügung ge


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koppelt sein soll, sodaß die Gefahr, daß der prügelnde Mann oder Lebensgefährte zurückkehrt, nicht gegeben ist. (Zwischenruf des Abg. Mentil. ) Ich verstehe Ihre Emotionen überhaupt nicht, Herr Kollege Mentil! Ich habe mich jetzt sehr zurückgehalten, weil es nichts bringt, um diese Zeit und bei diesem Thema Emotionen spüren zu lassen. Denn es ist Tatsache, daß die Dunkelziffer betreffend Männer, die Frauen und Kinder schlagen und Gewalt in der Familie ausüben, sehr hoch ist. Daher ist es meiner Meinung nach völlig fehl am Platz, wenn Sie solche Zwischenrufe machen. Man sollte sich eher überlegen, wie man diesem Problem Herr beziehungsweise im wahrsten Sinne des Wortes Frau werden kann.

Mein Abänderungsantrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über Änderungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, der Exekutionsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie, GeSchG) soll wie folgt abgeändert werden:

1. Art. II Z. 5:

In § 382b Abs. 4 wird im letzten Halbsatz die Wortfolge "drei Monate" durch "zwölf Monate" ersetzt.

2. Art. III Z. 1:

In § 38a Abs. 7 wird der letzte Halbsatz wie folgt abgeändert und lautet:

"§ 38a...

(7) ...

... spätestens mit dem vom Gericht bekanntgegebenen Tag der Entscheidung."

*****

Meine Begründung habe ich abgegeben. Wenn Sie, vor allem die Kolleginnen von der ÖVP und von der SPÖ, dieses Anliegen wirklich ernst nehmen, dann müßten Sie diesem Abänderungsantrag zustimmen. Denn nur durch die Fristenverlängerung beziehungsweise Koppelung der Fristen wird wirklich verhindert – was auch Ihr Ziel ist –, daß gewalttätige Männer nicht mehr in die Wohnungen zurückkehren können beziehungsweise daß Frauen nicht in vorschnelle Entscheidungen gedrängt werden. Ich appelliere daher an Sie, dieser Abänderung zuzustimmen! Ansonsten sind die Gefahren, die wir eigentlich mit diesem Gesetz beseitigen wollen, wieder gegeben. Vor allem die Notwendigkeit von vorschnellen Entscheidungen, möglichst rasch in eine Scheidung einzuwilligen, die viele Nachteile bringt, ist für die Betroffenen dann wieder gegeben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Mag. Kammerlander vorgetragene, geschäftsordnungsgemäß unterstützte Abänderungsantrag wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Zu Wort gemeldet ist jetzt Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte.

21.38

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir einen kurzen Rückblick: Der Ausgangs


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punkt für die heutige Vorlage war eine Initiative von Bundeskanzler Vranitzky und der damaligen Frauenministerin Johanna Dohnal. Es wurde eine umfangreiche Studie über die Ursachen und Folgen der Gewaltanwendung initiiert, Projektleiter waren Universitätsprofessor Dr. Ringel und Professor Rosenmayer. Diese Studie wurde 1992 vorgestellt. Selbstverständlich gab es im Zeitraum 1991 bis 1992 noch zahlreiche andere Studien zu diesem Thema. Und diese Studien waren auch Grundlage für eine parlamentarischen Enquete, die am 3. November 1993 abgehalten wurde, und zwar auf Initiative des Familienausschusses gemeinsam mit dem Justizausschuß. (Abg. Dr. Graf: Sie gönnen der Frauenministerin überhaupt keinen Erfolg!) Warten Sie ein bißchen! Vielleicht wird Sie das auch wieder stören! Ich kenne Ihre Wortmeldungen! Sie hören leider nie das, was Sie selbst sprechen, aber vielleicht ist das für Sie ein Glück!

In diesen Studien wird im internationalen Vergleich hervorgehoben, daß das effizienteste Mittel im Kampf gegen die Gewalt an Frauen und Kindern die Wegweisung, das Rückkehrverbot und die einstweilige Verfügung sind.

Meine Damen und Herren! Aufgrund der genannten wissenschaftlichen Untersuchungen haben wir in der Enquete erkennen müssen, daß Gewalt in der Familie ein gesellschaftliches Phänomen ist, in unterschiedlichsten Ausprägungen in Erscheinung tritt und alle Gesellschaftsschichten und Altersschichten erfaßt. Weder Täter noch Opfer weisen eindeutige Merkmalszüge auf.

Der Familienausschuß hat aber darüber hinaus auch Maßnahmen gegen die Gewalt an Kindern gefordert, und zwar in einem umfangreichen Entschließungsantrag 1994. Frau Haller! Wenn Sie sagen, daß die Eingriffe, die wir vornehmen, hart sind, dann muß ich darauf erwidern: Die Angriffe der Täter sind Verbrechen und sind noch härter. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Wenn Herr Lafer als Exekutivbeamter sagt, was er alles nicht machen kann, dann muß ich sagen, daß die Exekutivbeamten die Tatsache, daß sie nicht eingreifen können, immer damit begründet haben, daß ihnen verschiedene Rechte fehlen. Sie geraten jetzt also in einen Argumentationsnotstand. Aber sie decken mit ihren Ausführungen auf, daß ihr Rollenbild noch so verhaftet ist, daß sie es als Kavaliersdelikt akzeptieren, wenn Frauen angegriffen werden. Neulich wurde bei einer Veranstaltung hier im Haus gesagt, daß Frauen meistens geschlagen werden, weil der Mann das Gefühl hat, er müsse sie wegen Ungehorsams strafen.

Schlußendlich kann man feststellen: Daß es heute zu diesem Beschluß kommen kann, ist das Ergebnis der Kampagne des Bundeskanzlers, der Bemühungen der damaligen Frauenministerin Dohnal und der jetzigen Frauenministerin Konrad, zahlreicher Fraueninitiativen und auch das Ergebnis der Arbeiten der Mitarbeiter im Innen-, im Justiz- und im Familienministerium.

Ich glaube, daß das heute ein wichtiger Erfolg ist. Aber Wesentliches muß noch folgen, nämlich – was schon wiederholt erwähnt wurde – die derzeit noch fehlenden und im Gesetz nicht verankerten Interventionsstellen und Familienberatungsstellen. Ich bin dafür, daß man sich vorhandener Ressourcen bedient. Diese würden aber nicht ausreichen, denn die Mitarbeiterinnen müssen bestmöglich geschulte Personen sein, die über langjährige Erfahrungen in der Arbeit mit Opfern verfügen. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Immerhin wurde erreicht, daß es bereits Modellprojekte gibt. Es ist aber für die Zukunft wichtig, daß man sich effizient gegen Gewalt einsetzt, indem man für die gesetzliche Verankerung der Interventionsstellen eintritt.

In diesem Zusammenhang erachte ich es für wichtig, darauf hinzuweisen, daß schwere Straftaten wie Vergewaltigung und gefährliche Drohung nach wie vor nicht als Offizialdelikte normiert sind, nur weil sie im Familienkreis geschehen. Wir wissen, daß es auch aufgrund der jetzigen Rechtslage den Tätern möglich ist, Opfer unter massiven Druck zu setzen, sodaß es schlußendlich trotz schwerer Straftaten zu keiner Strafverfolgung kommt. In diesem Bereich müssen Gesetzesänderungen erfolgen. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)


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Weiters bin ich dafür, daß bei Gerichten und Staatsanwaltschaften eigene Spezialabteilungen für Gewaltdelikte im Familienbereich eingerichtet werden. Konzentriertes Know-how wäre da wichtig. Es hat sich nämlich bereits erwiesen, daß diese Form der Spezialisierung richtig und wichtig ist, und zwar bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität.

Herr Minister! Wichtig für das Opfer wäre auch, daß es von der bevorstehenden Entlassung des Täters aus der Strafhaft oder aus der Untersuchungshaft verständigt wird.

Ich habe nur die wichtigsten weiterführenden Maßnahmen erwähnt, deren Verwirklichung wir uns bereits ab morgen widmen müssen. Die bisher vorgebrachten Argumente von Herrn Lafer ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Zeitgeist!) Das ist nicht Zeitgeist, sondern "Schlaggeist"! Die Argumente, warum Sie der heutigen Regelung nicht zustimmen, sind nicht einsichtig und an den Haaren herbeigezogen. Wer dem nicht zustimmt, unterwirft sich zu Recht dem Verdacht und dem Vorwurf, daß für ihn Gewalt gegen Frauen und Kinder im Familienbereich höchstens Kavaliersdelikte sind und daß er die Täter schützen will und nicht die Opfer. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Dazu ein paar Zahlen: Im Frauenhaus haben bisher 942 Frauen Schutz gesucht, 304 wurden wegen Platzmangels abgewiesen. Jede fünfte Frau ist Opfer von Gewalt. Es haben auch 1 060 Kinder Schutz in Frauenhäusern gesucht. Allein diese Zahlen, Herr Ofner, müßten Sie doch wirklich beeindrucken! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Ich bin seit 40 Jahren Anwalt, ich weiß, wovon ich rede!)

Wahrscheinlich haben Sie immer die Täter verteidigt, es ist ja möglich, daß Ihr Spezialgebiet die Verteidigung solcher Täter ist!

Es ist auf jeden Fall erfreulich, daß eine klare Mehrheit in diesem Haus der Gewalt gegen die Schwächeren in unserer Gesellschaft einen Riegel vorschieben will und diesem Gesetz zustimmen wird. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

21.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schuster. – Bitte, Herr Abgeordneter. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

21.45

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Im Art. 1 der Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen steht folgender Satz: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren." Aber obwohl dies dort niedergeschrieben steht, ist der Alltag ganz anders. Es geschieht viel Unrecht, und es wird viel Gewalt ausgeübt.

Meine Damen und Herren! Das heute zu beschließende Bundesgesetz gibt uns jedoch die Chance, uns zu diesem Thema zu äußern und einen Schritt in Richtung Schutz der Ärmsten, nämlich jener, die Gewalt ertragen müssen, zu setzen. Nach § 382a wird neu § 382b (1) eingefügt. Darin geht es – wie einige Vorrednerinnen und Vorredner bereits betont haben – um das sogenannte Wegweiserecht.

Meine Damen und Herren! Wer kann beziehungsweise darf bei Gericht Antragsteller sein? – Es steht in der Vorlage: ein naher Angehöriger, ob Ehegatte, Lebensgefährte, Geschwister, Wahl- oder Pflegekinder; sie alle dürfen Antragsteller sein. Ziel dieser Bestimmung ist es, daß eine Person, welche körperlichen Angriffen ausgesetzt ist oder bei der ein für die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten das weitere Zusammenleben unzumutbar macht, einen Antrag auf Verlassen der Wohnung beziehungsweise auf Verbot einer Rückkehr in dieselbe stellen kann.

Meine Damen und Herren! Welche sind eigentlich die Problembereiche, die zu Gewalt in der Familie überhaupt führen? – An erster Stelle steht unbestritten der innerfamiliäre Konflikt. Hohes Haus! Bis zum Jahre 1975 – das war das Jahr der Verabschiedung der Familienrechtsreform – galt die Ehe als möglichst dauerhaftes Versorgungsinstitut für Kinder und Frauen. Diese Fami


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lienrechtsreform ersetzte die Vorrangstellung des männlichen Oberhauptes der Familie durch die Partnerschaft der Eheleute.

Nun stellt sich freilich eine andere Frage: Wie hält es unsere Gesellschaft mit Gewalt und mit Macht? Wem dient diese Macht überhaupt? – Eines sei klar gesagt: Erwachsene können aus der Verantwortung für ihr eigenes Handeln nicht entlassen werden. Es gibt kein diesbezügliches Gesetz, und es wird niemals ein solches geben. Es ist allerdings noch schwieriger, die Anwendung psychischer Gewalt zu erfassen als körperliche Mißhandlungen.

Es ist traurige Realität: Obwohl sich die meisten Frauen und Kinder außerhalb ihrer Wohnung unsicherer fühlen als in ihrer Wohnung, gibt es doch oft in der Wohnung, dem Sitz von Familien, Gewalt. Das Wegweiserecht stellt zwar eine wesentliche Verbesserung zum Schutz der Opfer dar, doch Prävention muß einen ebenso großen Stellenwert haben.

Warum entsteht Gewalt? Gewalt hat viele Ursachen: Der eine übt Gewalt aufgrund einer Notsituation, der andere aus Angst, der dritte wegen Arbeitslosigkeit oder wegen Problemen mit Alkohol oder Drogen.

Meine Damen und Herren! Um gegen Gewalt in Familie und Partnerschaft wirksam vorgehen zu können, bedarf es eines gesellschaftlichen Bewußtseinsbildungsprozesses, der insbesondere jene Berufsgruppen und Gesellschaftsbereiche einbindet, die häufig mit Gewalt und ihren Auswirkungen konfrontiert sind. Dabei käme dem medizinischen System und den Ärzten eine entscheidende Rolle zu. In Österreich wurde bislang von offizieller Stelle kein breit angelegter Versuch unternommen. Nur Bundesminister Bartenstein hat diesbezüglich eine Aktivität gesetzt. Er hat ein Modellprojekt zur Vernetzung von Krankengeschichten von Kindern, die in Unfallabteilungen behandelt werden, zur Aufdeckung von physischer oder sexueller Mißhandlung ins Leben gerufen. Dieses Projekt läuft gut, und es wird in den nächsten Monaten darüber viel berichtet werden. Für diese Aktivität möchte ich unserem Bundesminister Dr. Bartenstein ein aufrichtiges Dankeschön sagen! (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Dr. Mertel. )

Ich bringe jetzt einen Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Maria Fekter, Dr. Fuhrmann und Genossen zum Bericht des Justizausschusses (407 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (252 der Beilagen) eines Bundesgesetzes über Änderungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, der Exekutionsordnung und des Sicherheitspolizeigesetzes (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Art. II Z 7 lautet:

"7. In § 390 Abs. 4 wird das Zitat ,dem § 382 Abs. 1 Z. 8 lit. a oder dem § 382a‘ durch das Zitat ,§ 382 Abs. 1 Z 8 lit. a, § 382a oder § 382b‘ ersetzt."

*****

Ich ersuche den Präsidenten, bei der Abstimmung diesen Abänderungsantrag auch berücksichtigen zu wollen.

Meine Damen und Herren! Eine Gesellschaft soll nicht daran gemessen werden, wie sie es mit den Starken und den Mächtigen hält, sondern daran, wie sie es mit den Schwachen, mit jenen, die Gewalt erleiden müssen, hält. Letztere sind in vielen Fällen Kinder und Frauen. Wenn daher heute ein Gesetz zu Beschlußfassung steht, das diesbezüglich wenigstens in einigen Bereichen Abhilfe schaffen kann, dann meine ich, daß wir diesem Gesetz ruhig die Zustimmung geben können! – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie beim Liberalen Forum.)

21.53


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Der Abänderungsantrag, den Abgeordneter Schuster soeben verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Bures. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.53

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Wir wissen, daß Gewalt in der Familie weit verbreitet ist, weiter, als es einige oft wahrhaben wollen. Wir wissen auch, daß die diesbezügliche Dunkelziffer sehr hoch ist. Wir wissen aber auch, vor allem seit der Sensibilisierung und öffentlichen Diskussion dieses Themas, daß jede fünfte in einer Beziehung lebende Frau von Gewalt in der Familie betroffen ist und daß zwei Drittel aller Kinder, die in Österreich leben, von Gewalt in der Familie betroffen sind.

54 Prozent aller Morde werden im Familienkreis begangen! In 90 Prozent sind die Opfer Frauen und Kinder. Schätzungen der Verantwortlichen der Frauenhäuser besagen, daß es sich tatsächlich um rund 150 000 bis 300 000 Gewaltopfer – Frauen und Kinder – handelt. Hinter diesen Zahlen stehen verletzte Menschen, für die wir heute, um diesem Problem Herr zu werden, entsprechende Maßnahmen setzen müssen.

Es geht bei dieser Vorlage nicht darum, zu verhindern, daß ein Bauer seinen Arbeitsplatz oder jemand das Büro in seiner Wohnung erreichen kann, sondern es geht vielmehr darum, zu verhindern, daß Männer Frauen und Kinder vergewaltigen, schlagen, mißhandeln und demütigen. Um solche Maßnahmen geht es heute! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich teile die Auffassung, daß die heutigen gesetzlichen Regelungen ein erster Schritt sind, mit dem wir dokumentieren, daß wir an diese Fragen und an diese Problematik wirklich ernsthaft herangehen. Es war die Frauenbewegung und es waren engagierte Frauenpolitikerinnen, die dieses Thema in den letzten 20 Jahren enttabuisiert und analysiert haben. Die Analyse, wie diese Form der Gewalt überhaupt entsteht, ergab, daß es sich hiebei um die Frage der Verteilung von Macht handelt. Die einzige Chance, dieses Problem zu bewältigen und neben konkreten Maßnahmen, wenn es schon Opfer gibt, auch präventive Maßnahmen zu setzen, besteht darin, die Machtverteilung zu analysieren, das Rollenbild von Frauen und Männern zu ändern und dafür zu sorgen, daß es zu einer gleichmäßigen Machtverteilung kommt. Bei diesem Problemkreis geht es nicht um körperliche Kraft oder Stärke, die man zeigen kann, sondern ausschließlich um die Rolle, die die Familie und die Frauen in dieser Gesellschaft einnehmen.

Es ist gelungen, daß sich heute alle verantwortungsvollen Politiker dieses Themas annehmen und hinsichtlich des Problems Gewalt gegenüber Frauen und Kindern sensibilisiert wurden. Ich begrüße die Maßnahmen, die wir heute beschließen. Damit, daß das Instrument der einstweiligen Verfügung deutlich verbessert wird und daß Sicherheitsbehörden zusätzliche Kompetenzen beim Einschreiten bei Gewalt gegen Frauen und Kinder bekommen, erhöhen wir den Opferschutz. Dieser wird wesentlich verbessert. Wir gehen außerdem von dem Prinzip ab, daß im Gewaltfall immer die Opfer – in der Regel die Frauen und Kinder – die Wohnung und das Heim verlassen müssen.

Wir haben mit diesem ersten Schritt unsere konsequente Haltung auch gegenüber privater Gewalt dokumentiert. Wir müssen für bedingungslose Verurteilung und Ächtung von Gewalt in unserer Gesellschaft – insbesondere innerhalb der eigenen vier Wände – eintreten! (Beifall bei der SPÖ.)

21.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.57

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Die Gesetzesänderungen, die wir jetzt diskutieren, haben Signalwirkung


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und sind als Kampfansage gegen Gewalt in der Familie zu werten. Mit diesem Maßnahmenkatalog soll ein friedliches Zusammenleben in der Familie frei von Angst erreicht werden.

Zusätzlich muß sich allerdings auch die Einstellung der Bevölkerung ändern. Denn oft wird immer noch nach dem Motto gehandelt: Was in der Wohnung meines Nachbarn passiert, das geht mich nichts an! – Familie wird immer noch als Ort der Privatheit betrachtet. Die Grenze muß jedoch dort gezogen werden, wo Gewalt ihren Anfang nimmt. Wenn es also beim Nachbarn kracht, darf Wegschauen und Weghören nicht mehr oberstes Prinzip sein. Die Sicherheit vieler prügelnder Männer, daß sie ohnedies ungestraft davonkommen, darf nicht mehr länger geduldet werden. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Gewalt gibt es in allen Gesellschaftsschichten. Dort, wo im Lebensumfeld aber zusätzliche Streßfaktoren wie zu kleine Wohnungen, mangelnde Kinderbetreuungseinrichtungen, ungewollte Schwangerschaften, aber auch chronische Krankheiten von Familienangehörigen dazukommen, wird die Gewaltbereitschaft erhöht, wie auch namhafte WissenschafterInnen jüngst bei einer Veranstaltung im Parlament zu diesem Thema darlegten.

Weitere wesentliche Gründe zuzuschlagen sind: Verlustangst, Eifersucht und – man höre und staune!; Abgeordnete Mertel hat es auch schon erwähnt – vermeintlicher Ungehorsam. Das Martyrium vieler Frauen beträgt mehr als zehn Jahre, bis sie endlich aus einer Gewaltbeziehung aussteigen. In Anbetracht dessen müssen staatliche Schutzmaßnahmen geschaffen werden, daß die Angebote zur sozialen Unterstützung der Opfer familiärer Gewalt so attraktiv gestaltet werden, daß das Opfer an eine grundlegende Veränderung seiner Lebensverhältnisse glauben kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Die ersten Schritte in diese Richtung sind mit dem vorliegenden Gesetzentwurf getan. Auf die genaueren Gesetzesbestimmungen möchte ich nicht eingehen, das haben ja schon die Vorrednerinnen und Vorredner getan.

Einen besonders wichtigen Punkt möchte ich aber hervorheben, und das ist die Einrichtung von Interventionsstellen, die für die Durchführung dieses Gesetzes eine wichtige Voraussetzung sind. Diese Interventionsstellen sollen die Frauen beraten, sollen im Gewaltfall koordinieren. Damit dieses Gesetz die entsprechende Durchschlagskraft erhalten kann, ist die Installierung dieser Interventionsstellen wichtig. Es sind schon drei geplant: eine in Graz, eine in Wien und eine, wie ich hoffe, auch in Innsbruck.

Zum Abschluß: Ein Wermutstropfen – so empfinde ich es – ist, daß das Strafrecht in diesem Zusammenhang überhaupt nicht behandelt wird, was meiner Meinung nach nicht auf die geringere Bedeutung häuslicher Gewalt hinweisen soll, sondern auf besondere Schwierigkeiten hindeutet, die sich auf diesem Rechtsgebiet stellen. Daher sehe ich es als eine der nächsten großen Herausforderungen für die Gesetzgebung, diese Schwierigkeiten zu überwinden, damit niemand in dieser Republik auf die abwegige Idee kommen kann, daß Übergriffe im häuslichen Bereich, im geschützten Rahmen von Lebensgemeinschaften von geringerem Unrechtsgehalt wären als außerhalb. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

22.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 407 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Ofner und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Fuhrmann und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.


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Ferner haben die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile, und zwar der Systematik des Gesetzentwurfes nach, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Ofner und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel II § 382b Absätze 1 und 2 sowie 3 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Artikel II Z 5 § 382b Absätze 1 bis 3 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel II Z 5 § 382b Abs. 4 bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Artikel II Z 5 § 382b Abs. 4 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Fuhrmann und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel II Z 7 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Ofner und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel III Z 1 § 38a Abs. 6 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse nun sogleich über Artikel III Z 1 § 38a Abs. 6 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte im Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Ofner und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel III Z 1 § 38a Abs. 7 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel III Z 1 § 38a Abs. 7 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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Ich lasse daher über Artikel III Z 1 § 38a Abs. 7 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte Sie im Falle der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte um ein entsprechendes Zeichen im Falle Ihrer Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

11. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 321/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, die Änderung des Postsparkassengesetzes 1969, des Bankwesengesetzes und die Errichtung des Staatsschuldenausschusses (474 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (369 der Beilagen): Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz – WAG) und über die Änderung des Bankwesengesetzes, des Börsegesetzes 1989, des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Investmentfondsgesetzes (473 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 und 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. Es sind dies Berichte des Finanzausschusses über den Antrag 321/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, die Änderung des Postsparkassengesetzes 1969, des Bankwesengesetzes und die Errichtung des Staatsschuldenausschusses (474 der Beilagen) sowie die Regierungsvorlage (369 der Beilagen): Wertpapieraufsichtsgesetz und weitere Gesetze (473 der Beilagen).

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als erster Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

22.06

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zum Wertpapieraufsichtsgesetz Stellung beziehen; zum Thema Postsparkasse wird sich Kollege Rosenstingl noch äußern.

Herr Bundesminister! So sehr ich mir die Einführung einer funktionierenden Wertpapieraufsicht gewünscht habe, mit allem, was dazugehört, so enttäuscht bin ich über das, was Sie mit Ihrer Regierungsvorlage produziert haben. Sie trägt Ihre Handschrift – die ÖVP scheint relativ tatenlos


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zugeschaut zu haben –, und sie beinhaltet eine ganze Menge gravierender Mängel – Mängel, die Sie kennen, Herr Bundesminister, und wo Sie wider besseres Wissen gehandelt haben.

Wir Freiheitlichen haben deshalb einen umfangreichen Abänderungsantrag formuliert. Ich habe, weil er so umfangreich ist, Herrn Präsidenten Neisser gebeten, diesen im Saal verteilen zu lassen. – Das ist bisher nicht erfolgt. Wenn das zeitlich nicht mehr möglich ist, bitte ich, diesen Abänderungsantrag im Anschluß verlesen zu lassen.

Die zentralen Kritikpunkte kommen darin klar zum Ausdruck. Es hat ja in puncto Wertpapieraufsicht auch in der öffentlichen Diskussion eine ganze Reihe von Kritikpunkten gegeben. Das ist alles ohne irgendwelche Reaktionen am Finanzminister abgeprallt. Ich erlaube mir daher, einzelne dieser Kritikpunkte herauszugreifen und sie hier trotz der späten Stunde zu thematisieren.

Ein ganz wesentlicher Punkt, meine Damen und Herren, wo eigentlich ein Aufschrei durch Österreich gehen müßte, ist die klammheimliche Aufhebung des Bankgeheimnisses, die Sie betreiben, nämlich konkret in § 2 Abs. 1 Z 4, in dem das Recht der Bundeswertpapieraufsicht festgelegt ist, bei lose formulierten Verdachtsmomenten hinsichtlich Insiderhandel jede Menge von Befragungen durchzuführen. Ich halte das für einen weiteren Anschlag auf das österreichische Bankgeheimnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Ich hätte mir eigentlich erwartet, daß die Regierung Maßnahmen zur Verbesserung des Bankgeheimnisses und nicht zur systematischen Demontage setzt. Das muß ich schon sagen. – Das Gegenteil ist passiert.

Zweiter Punkt: Sie haben eine ganze Gruppe von Personen, die im Erwerbsleben stehen, ausgegrenzt. 5 000 Vermögensberater müssen sich in Zukunft einer hoch angesetzten Kapitaldecke unterwerfen, und zwar in der Weise, daß von ihnen eine Mindestkapitalausstattung von 630 000 S für bloß beratende Dienste und 1,7 Millionen Schilling für verwaltende Wertpapierdienstleister gefordert wird. Sie haben im Ausschuß selbst zugegeben, Herr Bundesminister, daß das nicht notwendig gewesen wäre, weil die EU uns nicht vorschreibt, daß auch die Vermögensberater in dieses Gesetz mit einbezogen werden. Das schreibt niemand vor. Und die Deutschen, Herr Bundesminister – Sie werden jetzt sagen, das stimmt nicht, aber ich garantiere Ihnen das –, werden einen anderen Weg gehen. Sie werden nämlich beratende und verwaltende Vermögensberater keineswegs in die entsprechende nationale Umsetzung einbeziehen.

Herr Bundesminister! Sie üben sich in Fleißaufgaben. Sie wollen als Musterschüler dastehen, und ich sage Ihnen auch, warum. Sie haben den Österreicherinnen und Österreichern versprochen, daß das anonyme Sparbuch erhalten bleibt. Das haben Sie und die gesamte Regierung, auch der Herr Bundeskanzler, in Zeiten von Wahlkampf und in anderen parlamentarischen Auseinandersetzungen immer wieder gesagt. – Jetzt sehen Sie, es wird eng mit dem anonymen Sparbuch. Die EU leistet Widerstand, und Sie müssen mit einer Klage des Europäischen Gerichtshofes rechnen. Sie gehen also her und machen ein besonders restriktives Wertpapieraufsichtsgesetz, Sie wollen als EU-Musterschüler in der Hoffnung dastehen, daß dann die europäischen Behörden sagen werden: Gut, Herr Minister Klima hat in Österreich ein mustergültiges Gesetz im Parlament durchgeboxt, also drücken wir beim anonymen Sparbuch ein Auge zu.

Herr Bundesminister! Ich garantiere Ihnen heute von dieser Stelle aus: Diese Rechnung wird nicht aufgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ihr Glaubwürdigkeitsverlust ist vorprogrammiert und nicht aufzuhalten. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein weiterer Kritikpunkt, meine Damen und Herren: Diese Richtlinie, die hier umgesetzt werden soll, entspricht auch nicht dem Grundgedanken einer EU-weiten Harmonisierung. Warum? – Das, was hier verabschiedet werden soll, ist eine Lex Bank Austria.

Herr Bundesminister! Sie wollen gar nicht, daß die österreichische Wirtschaft den entsprechenden Zugang zum Eigenkapitalmarkt bekommt. Sie wollen so weitertun wie bisher, daß die Großbanken – die Bank Austria und etliche andere – weiterhin bevorzugt mit geförderten,


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zweifellos auch billigen Krediten arbeiten. Aber Sie wollen nicht, daß es endlich zu einer vernünftigen Eigenkapitalfinanzierung der österreichischen Wirtschaft kommt, weil sich die österreichische Wirtschaft dann ja von der Umklammerung der Banken befreien könnte. Und das ist manchen ein Dorn im Auge. Daher kann ich mir auch vorstellen, daß die Banken als mächtige Sektion in der österreichischen Wirtschaftskammer dem Kollegen Stummvoll die Türe eingetreten und entsprechenden Wirbel gemacht haben.

Es gibt eine ganze Menge. Kostenschlüssel – darüber müßte man ernsthaft diskutieren. Ich habe leider jetzt die Zeit nicht dazu. Ein sozialpartnerschaftlich besetzter Beirat wird eingerichtet. – Da bekomme ich schon einen Lachanfall, wenn ich mir den Gesetzestext vor Augen führe: sozialpartnerschaftlich besetzt mit Wirtschaftskammer, Nationalbank, Arbeiterkammer und zwei Beamten aus dem Finanzministerium, die sachkundig sein müssen.

Herr Minister! Heißt das, daß die anderen nicht sachkundig sein müssen? Ich frage mich wirklich, was da für ein Unsinn gemacht wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich komme zum Schluß, die Redezeit ist leider aus. Es gäbe noch eine ganze Menge zu sagen. Wichtigster Kritikpunkt ist für mich neben der Ausgrenzung einer Berufsgruppe, die sich mit enormen negativen Folgen niederschlagen wird, die Aufhebung des Bankgeheimnisses. Herr Bundesminister, seien Sie versichert, das werden Sie von uns noch oft hören. Und Sie werden sehen, genauso wie bei den Werkverträgen wird es irgendwann in gar nicht so langer Zeit zu einem Reparaturgesetz kommen, Sie werden Ihre Fehler eingestehen müssen. Es wird eine Fortsetzung dieser Pfuschgesetze à la Werkvertragsregelung sein.

Für mich habe ich abschließend die zusammenfassende Beurteilung parat: Das ist und bleibt ein Pfusch zum Quadrat. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben von Herrn Abgeordneten Mag. Firlinger in wesentlichen Punkten referierte Antrag wurde schriftlich überreicht, genügend unterstützt, geschäftsordnungsgemäß vervielfältigt und zur Verteilung gebracht. Im übrigen wird er dem Stenographischen Protokoll beigedruckt.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Firlinger, Böhacker und Kollegen zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz – WAG) und über die Änderung des Bankwesengesetzes, des Börsegesetzes 1989, des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Investmentfondsgesetzes (369 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. § 2 Abs. 1 Z 4 hat zu lauten:

"4. um dem Mißbrauch von Insiderinformationen gemäß § 48 BörseG entgegenzuwirken und zur Aufklärung und Verfolgung von Mißbrauchsfällen dadurch beizutragen, daß sie alle zur Konkretisierung eines Verdachtes einer gemäß § 48a BörseG strafbaren Handlung erforderlichen Ermittlungen mit den Maßnahmen des BörseG und gemäß diesem Bundesgesetz aus eigenem durchführt; dazu kann sie Auskünfte von

a) Emittenten, die meldepflichtige Instrumente (§ 10 Abs. 2) begeben haben,

b) natürlichen und juristischen Personen, die Aufträge in bezug auf meldepflichtige Instrumente erteilt haben,


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c) Angestellten und Vertretern der in lit. a) und b) genannten Personen

einholen."

2. § 2 Abs. 2 hat zu lauten:

"(2) Zur Erteilung von Auskünften nach Abs. 1 Z 4 haben die auskunftspflichtigen Personen (Abs. 1 Z 4 lit. a bis c):

1. Vorladungen der BWA nachzukommen,

2. der BWA die geforderten mündlichen Auskünfte zu erteilen und

3. der BWA die geforderten schriftlichen Unterlagen und Datenträger vorzulegen."

3. § 7 Abs. 1 hat zu lauten:

"(1) 80 vH des Personal- und Sachaufwandes der BWA (Kosten der Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen) sind dem Bund von den meldepflichtigen Instituten und den Emittenten mit einer Gebühr zu erstatten. Unter Beachtung des Verursacherprinzips und des volkswirtschaftlichen Interesses an einer funktionsfähigen Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen sind die Aufsichtskosten demnach wie folgt aufzuteilen:

1. meldepflichtige Institute 70 vH

2. Bund 20 vH

3. Emittenten 10 vH

4. § 12 Abs. 3 entfällt.

5. § 19 Abs. 1 hat zu lauten:

"§ 19. (1) Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist, wer

1. eine oder mehrere der Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 19 BWG gewerblich erbringt,

2. kein Kreditinstitut gemäß § 1 Abs. 1 BWG ist und

3. seine Berechtigung zur Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 19 nicht auf die §§ 9 ff BWG gründet.

Ein Unternehmen gilt nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen, wenn es seine Kapitalanleger bei der Veranlagung berät und bei der Anlage- oder Abschlußvermittlung nicht befugt ist, sich bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen, und welches nicht auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handelt.

Ein Unternehmen gilt nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen, wenn es die Anlagen- oder Abschlußvermittlung ausschließlich für Rechnung und unter der Haftung eines Kreditinstitutes oder Wertpapierhandelsunternehmens mit Sitz im Inland oder einem anderen EU-Mitgliedstaat oder unter der gesamtschuldnerischen Haftung solcher Institute oder Unternehmen ausübt, ohne andere Finanzdienstleistungen zu erbringen, und wenn dies der Bundeswertpapieraufsicht von einem dieser haftenden Unternehmen angezeigt wird. Eine solche Tätigkeit ist jenen Instituten oder Unternehmen zuzurechnen, für deren Rechnung und unter deren Haftung es tätig wird. Ändern sich die von den haftenden Unternehmen angezeigten Verhältnisse, sind die neuen Verhältnisse unverzüglich der BWA anzuzeigen.

6. § 20 Abs. 1 Z 2 hat zu lauten:

"2. das Wertpapierdienstleistungsunternehmen den Nachweis über den Abschluß einer ausreichenden Haftpflichtversicherung gemäß § 22 erbringt."


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7. § 20 Abs. 1 Z 5 entfällt.

8. § 20 Abs. 2 und 3 entfallen.

9. Zwischen § 21 und § 22 ist das Wort "Eigenkapital" durch das Wort "Haftpflichtversicherung" zu ersetzen.

10. § 22 hat zu lauten:

" § 22. Um den Kunden einen entsprechenden Schutz gegen Veranlagungs- und Dispositionsfehler zu ermöglichen, hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, deren Deckungssumme sich nach der Höhe des Nominalwertes aller verwalteten und mit Verfügungsvollmacht ausgestatteten Portefeuilles richtet. Die Deckungssumme hat bis zu einem Nominalwert von 100 Millionen Schilling 25 vH des Nominalwertes, für darüber hinaus reichende Portefeuille-Nominalwerte 5 vH, jedoch mindestens 5 Millionen Schilling zu betragen."

11. § 30 Abs. 1 Z 6 hat zu lauten:

"6. Deckungssumme aus Haftpflichtversicherung"

12. § 32 Z 5 und Z 6 entfallen; Z 7 wird nunmehr Z 5.

*****

Zu Wort gemeldet ist nun der Herr Bundesminister. – Bitte.

22.15

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden verstehen, daß ich nicht auf die Vorausschau beziehungsweise auf die Horoskope des Kollegen Firlinger eingehe, auch nicht auf die selbsterstellten Rechnungen, die sich nicht ausgehen werden.

Ich möchte nur auf die beiden inhaltlichen Kritikpunkte eingehen – alles andere war eigentlich nicht kommentarwürdig –, und zwar zunächst auf die Aushöhlung des Bankgeheimnisses.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Firlinger! Sind Sie der Meinung, daß es in Analogie zur Bankenaufsicht dringendst notwendig ist, eine Wertpapieraufsicht zu konstruieren? (Abg. Mag. Firlinger: Selbstverständlich! Das habe ich auch gesagt!) – Gut. Sind Sie der Meinung, daß die Wertpapieraufsicht dieselben Rechte und Pflichten haben muß wie die Bankenaufsicht? – Auch gut. Dann sage ich Ihnen hier ganz klar, daß die Wertpapieraufsicht um kein Jota mehr Rechte hat als die Bankenaufsicht, sehr geehrter Herr Firlinger. Und da können Sie sagen, was Sie wollen. Alles, was die Wertpapieraufsicht in Richtung Bankgeheimnis darf, darf selbstverständlich auch die Bankenaufsicht als Behörde, in ihrer Funktion als staatliche Aufsicht, zum Schutz gegen Insidergeschäfte, die den österreichischen Kapitalmarkt kaputtmachen, und zum Schutz der Konsumenten. (Abg. Rossmann: Wo war die Bankenaufsicht bei der BHI?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben sich selbst ad absurdum geführt. Die Bankenaufsicht, die seit Jahrzehnten existiert, darf genau dasselbe wie die Wertpapieraufsicht. Und plötzlich soll mit diesem Gesetz die Zerstörung des Bankgeheimnisses betrieben werden? – Also Ihre Analogie verstehe ich nicht. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Freund. ) Ich will sachlich argumentieren; vielleicht überlegen Sie es sich noch und stimmen zu.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Firlinger! Zum zweiten, zur Frage der Vermögensberater und -vermittler. Wir wissen, daß es in diesem Bereich – leider zum Schaden des Vertrauens der österreichischen Anleger – in den letzten Jahren immer wieder Probleme gegeben hat. Und daher, sehr geehrter Herr Abgeordneter Firlinger, ist es für mich wichtig, daß die Vermögensberater unter die Bestimmungen der Wertpapieraufsicht fallen. Für Sie auch? – Gut. Und wenn es so ist, dann – das wissen Sie ganz genau – gibt es keine andere Möglichkeit aufgrund der Richtlinie der Europäischen Union als eine Kapitaldeckung ... (Abg. Mag. Firlinger: Sie können sie


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rausstreichen!) Schwindeln Sie nicht! Ich habe ja gesagt, wir können sie entweder ganz draußen lassen aus der Wertpapieraufsicht, was wir nicht empfehlen würden ... (Abg. Mag. Firlinger: Warum machen Sie es nicht so wie in Deutschland?)

Hören Sie einmal zu! Versuchen wir gemeinsam, einen logischen Prozeß zu erarbeiten. Ich habe geglaubt, wir hätten Einvernehmen im Hinblick darauf erzielt, daß es wichtig ist, daß sie auch der Aufsicht unterliegen und daher in die Wertpapieraufsicht miteinbezogen werden können. Einverstanden? – Gut. Und wenn wir uns dazu bekennen, dann müssen wir die gesetzlich vorgeschriebenen Regeln genau anwenden – alles andere ist eine Täuschung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Koppler: Firlinger, der Trattner versteht das!)

22.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Huber. – Bitte.

22.19

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Auch ich werde mich in meinem Redebeitrag aus zeitökonomischen Gründen nur auf das Wertpapieraufsichtsgesetz beschränken. Mit dem Postgesetz wird sich mein Kollege Parnigoni beschäftigen.

Im Gegensatz zu Kollegen Firlinger meine ich, daß wir heute Gott sei Dank sehr, sehr wichtige Verbesserungen für den Schutz von Anlegern beschließen. Diese werden einen einheitlichen Markt für Wertpapierdienstleistungen und damit auch faire Wettbewerbsbedingungen für alle Anbieter bringen.

Wenn Sie, Herr Kollege Firlinger, den Herrn Finanzminister abfällig als Musterschüler der EU bezeichnet haben (Abg. Mag. Stadler: Was ist daran abfällig?), dann muß ich sagen: Ich möchte ihm dafür danken. Er ist ein Musterschüler, was den Schutz von Konsumenten anlangt, und das ist ihm sehr, sehr hoch anzurechnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann es eigentlich nur sehr schwer nachvollziehen, warum die Interessengruppen der Vermögensberater so scharf gegen die Schutzbestimmungen für die Anleger wettern. Ich möchte an dieser Stelle – und der Herr Minister hat es bereits angesprochen – ganz kurz auf die Beldomo AG verweisen, die seit Monaten Konsumentenschützer, Gerichte und Medien gleichermaßen beschäftigen. Das sind unseriöse Vermögensberater, die österreichweit 2 000 Anleger gelinkt haben. Immerhin ist es da um eine Schadenssumme von 200 Millionen Schilling gegangen.

Dieser Gesetzentwurf soll mithelfen, Schadensfälle in diesem Ausmaß künftig zu verhindern. Und das müßte doch wohl, würde ich meinen, im Interesse der Berufsvertretung liegen. Aufgrund dieses Gesetzes werden Vermögensberater und -verwalter der Wertpapieraufsicht unterstellt, und dadurch ist eben eine effiziente Kontrolle in der Branche in Zukunft möglich. Ich sehe überhaupt nicht ein, daß nur für den Bereich der Vermögensberater und -verwalter die Wertpapieraufsicht unter Umständen irgendwelchen Einschränkungen unterliegen sollte.

Die zwingende Verpflichtung zur Gründung einer Kapitalgesellschaft, die Sie so bekrittelt haben, Herr Kollege Firlinger, ist für mich eine sehr wesentliche Voraussetzung für die finanzielle Basis, die Eigenmittel der Vermögensberater und Vermögensverwalter, und das ist auch ein Sicherheitsfaktor für die Anleger. (Abg. Mag. Firlinger: Euch waren die Selbständigen noch nie ein Anliegen!) Wir werden, so hoffe ich, doch unterschiedliche Positionen einnehmen.

Von zentraler Bedeutung ist aber die Schaffung des Rücktrittsrechtes. Auch wenn der Konsument das Geschäft angebahnt hat, wird es in Zukunft eine Woche lang die Möglichkeit geben, aus dem Vertrag wieder auszusteigen.

Künftig haftet – und das halte ich für sehr wichtig und wesentlich – der Unternehmer auch für die Einhaltung aller Bestimmungen zur Information des Anlegers. Das Blaue vom Himmel kann jetzt nicht mehr so ohne weiteres versprochen werden.


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Eines kann ich mir als Mitarbeiterin eines Geldinstitutes einfach nicht verkneifen, und zwar einen Appell trotz dieses, wie ich hoffe, sehr guten Gesetzes an die Konsumenten: Lassen Sie sich nicht von märchenhaften Gewinn- und Erfolgsaussichten blenden, sondern überlegen Sie einmal, zweimal, dreimal und noch einmal, wo Sie Ihr Geld anlegen und wem Sie Ihr Geld anvertrauen. (Abg. Meisinger: Dann müssen Sie aus der Sozialdemokratischen Partei austreten!)

Ich hoffe sehr, daß mit diesem Wertpapieraufsichtsgesetz jene schwarzen Schafe verhindert werden können, die im Mäntelchen des scheinbar seriösen Anlageberaters finanzielle Desaster verursacht und teilweise zum finanziellen Ruin der Anleger geführt haben. Meine Fraktion wird daher diesem Wertpapieraufsichtsgesetz sehr gerne die Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte, Herr Kollege.

22.24

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst zur Wertpapieraufsicht. Seit langem ist die Wiener Börse nicht gerade bekannt für überbordende Dynamik. Das behindert unter anderem auch die Eigenkapitalaufbringung, das wissen wir alle.

Eine der Ursachen dieses Problems ist, daß die Aufsicht im Wertpapierhandel internationalen Standards bisher nicht genügt hat. Und deswegen soll die Bundeswertpapieraufsicht eingerichtet werden – ein Vorhaben, das ich absolut unterstütze, sofern diese Anstalt ihrer Aufgabe tatsächlich gerecht werden wird, nämlich zu verhindern, daß Insiderinformationen verwertet werden. Das ist etwas, was die Entwicklung der Wiener Börse bisher in ganz besonderem Maße behindert hat.

Um diesem Zweck gerecht zu werden, muß die BWA – diese Aufsichtsbehörde – natürlich erhebliche Informations- und Auskunftsrechte erhalten. Und ich muß sagen, die Bedenken, Herr Kollege Firlinger, die Sie erwähnt haben, teile ich nicht. Ohne solch umfassende Auskunftsrechte brauchen wir erst gar keine Wertpapieraufsicht einzurichten.

Es stört mich allerdings – was auch Herr Kollege Firlinger erwähnt hat –, daß es keine unabhängige Behörde im angelsächsischen Sinn sein wird, sondern ein Amt im österreichischen Sinn, so irgendwie neben und unter der Aufsicht des Finanzministeriums. Herr Minister Klima hat ja im Ausschuß gesagt, diese Behörde soll unabhängig von den Banken sein, aber nicht unabhängig vom Ministerium. Das ist österreichische Tradition, aber das ist nicht das, was man etwa im amerikanischen, im angelsächsischen Raum unter einer Regulierungbehörde verstehen würde. Ich weiß schon, es gibt hier in Österreich verfassungspolitische Probleme, aber mich stört auch die konkrete Gestaltung des Beirats. Ich sehe auf Dauer nicht ein, wieso die Sozialpartner ein Monopol haben für die Entsendung in solche Beiräte (Beifall des Abg. Meisinger ) – es sind wieder die Wirtschaftskammer, die Bundesarbeitskammer und zwei andere Institutionen. Ohne das Vertrauen der Sozialpartner geht offenbar in Österreich nach wie vor nichts. Ich bin bekannt als Freund der Sozialpartner dort, wo sie am Platze sind. Aber sie müssen nicht überall alles dominieren. (Abg. Mag. Peter: Angenehm ist es schon!) Und das ist, meine ich, so ein Punkt.

Dieses Vorhaben findet also unsere Zustimmung. Hinsichtlich Postsparkasse sind mir derzeit einfach zu viele Dinge offen – ich wiederhole jetzt nicht im einzelnen, um was es hier geht. Der Bund betreibt unter anderem die gleiche Politik, wie sie Frankreich – wenn auch in viel größerem Maßstab – betrieben hat, nämlich sich einen Betrag von der PSK für Pensionsrückstellungen überweisen zu lassen. Dafür übernimmt der Bund die Pensionen. Das betreibt Frankreich mit großem Erfolg – bei uns sind es 3,5 Milliarden, in Frankreich sind es 75 Milliarden Schilling – und senkt auf diese Weise das Maastricht-Defizit. Leider ist es vom Europäischen Statistischen Amt akzeptiert worden. Aber die "Financial Times" hat über diese Geschichte berichtet unter Überschriften wie: "Lies, damned Lies", "Statistical Lies", "Creative Accounting" und ähnlich schmeichelhaften Ausdrücken.


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Die Teilprivatisierung der PSK, so steht es im Gesetz, ist in absehbarer Zeit zu erwarten. Herr Dr. Ditz von der Post hat schon der Presse bekanntgegeben, er möchte 25 Prozent haben. Dagegen ist im Prinzip gar nichts einzuwenden. Nur, was wird hier eigentlich privatisiert? Was ist mit den Geschäftsfeldern der PSK? – Wenn ich das Gesetz nicht falsch gelesen habe, dann wird ja im § 5 des Postsparkassengesetzes zunächst jedenfalls nichts geändert. Das ist aber die Zentralfrage der ganzen Behandlung der PSK.

Ich verstehe schon, daß sich der Raiffeisensektor natürlich gegen die Ausweitung der Konkurrenz im ländlichen Raum wehrt, und ich verstehe auch, daß Handel und Gewerbe, die ja tendenziell einen Vorteil von der Verschärfung des Wettbewerbs unter den Banken im ländlichen Raum hätten, nicht gerade die Kernklientel der SPÖ sind. Aber heißt das, daß die PSK so bleibt, wie sie ist, und so privatisiert wird, wie sie ist, oder machen wir eine neue Bank auf? Das würde mich schon interessieren. Es ist nämlich auch im Interesse von Landwirtschaft, Handel und Gewerbe speziell im ländlichen Raum, zu erfahren, wie es da auf Dauer weitergehen wird.

Aber was mich wirklich erbost bei diesem Gesetz, das ist der sogenannte Staatsschuldenausschuß, der in Wahrheit gar nichts anderes ist als die Fortschreibung des alten Verwaltungsrates der Postsparkasse ohne jede Kompetenz. Er darf analysieren und berichten, hat aber keinerlei eigene sozusagen gestaltende Kraft. Er ist auch nicht als Überwachungsinstrument für die Bundesfinanzierungsagentur eingerichtet, die immerhin jährlich Kreditaufnahmen in der Größenordnung von 300 Milliarden Schilling bewegt. Er wird dieses Gremium so wie das bisherige ein zahnloses Gremium sein.

Wer beschickt dieses Gremium? – Natürlich die Sozialpartner: Die Landwirtschaftskammer stellt mit der Wirtschaftskammer fünf Mitglieder, die Bundesarbeitskammer weitere fünf und die Bundesregierung sage und schreibe drei. – Was hat die Staatsschuldengestaltung, die Analyse der Staatsschuld mit der Sozialpartnerschaft zu tun? Herr Dr. Stummvoll! Das ist einfach eine Fortschreibung der bisherigen schlechten Tradition. Für die Bestellung der Mitglieder des Staatsschuldenausschusses ist nicht einmal ein Hearing vor dem Parlament oder vor dem zuständigen Ausschuß vorgesehen.

All das spielt sich sozusagen im privaten Rahmen zwischen Staat und Kammerorganisationen ab. Derartigen Regelungen werden wir unsere Zustimmung nicht erteilen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

22.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

22.30

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu vorgeschrittener Stunde mache ich nur einige wenige Bemerkungen zu Wertpapieraufsicht und PSK.

Zum Wertpapieraufsichtsgesetz möchte ich offen sagen, daß wir sehr froh sind, daß wir mit diesem heutigen Beschluß nach internationalem Vorbild jetzt eine solche Wertpapieraufsicht erhalten. Ich bin überzeugt davon, daß mit diesem Gesetz auch ein Beitrag dazu geleistet wird, den Börsenplatz Wien – wie schon gesagt wurde – entsprechend attraktiv zu gestalten. Es ist auch deshalb dringend notwendig, daß wir dieses Gesetz betreffend die Wertpapieraufsicht heute beschließen, da es ab dem Zeitpunkt, zu dem wir der Europäischen Währungsunion angehören, auch eine Konkurrenz der Börsenplätze geben wird.

Ich bin nicht der Meinung des Kollegen Firlinger, daß bisher ein dramatischer Eingriff in die Bankgeheimnisse erfolgt ist. Ich schließe mich vielmehr den Worten des Herrn Ministers an. Im Grunde sind es die gleichen Kompetenzen, wie wir sie auch heute schon bei der Bankenaufsicht haben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Ich verstehe natürlich die Kritik der Opposition an den im Beirat vertretenen Sozialpartnern. Ich kenne diese zeitgeistige Strömung, gar keine Frage. Aber glauben Sie mir – das geht auch aus Meinungsumfragen hervor –: Die Sozialpartner haben immer noch mehrheitlich das große Ver


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trauen der Bevölkerung! Herr Kollege Van der Bellen! Die Sozialpartner leisten mit ihrer Einkommenspolitik sehr wesentliche Beiträge auch zur Stabilitätspolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es besteht da sehr wohl ein Zusammenhang etwa mit dem Staatsschuldenausschuß, weil die Sozialpartner in hohem Ausmaß mit ihrer Politik Stabilitätspolitik betreiben. Herr Kollege Van der Bellen! Bei aller Wissenschaftlichkeit Ihrer Ausführungen sollte man, glaube ich, realitätsbewußt anerkennen, daß diesbezüglich ein Sachzusammenhang besteht und es daher richtig ist, daß die Sozialpartner etwa im Staatsschuldenausschuß auch künftig vertreten sein werden.

Zur Postsparkasse, meine Damen und Herren, möchte ich nur sagen: In den letzten Tagen und Wochen ist der Ausdruck "Turbo" plötzlich in der Politik aufgetaucht. Dieser mag zwar – das gebe ich gerne zu – nicht für alle Teilbereiche der Politik zutreffen. Aber wenn wir uns anschauen, was innerhalb weniger Tage im Bereich der Ausgliederungs- und Privatisierungsstrategien geschieht, dann können wir sagen: In diesem Bereich ist der Turbo voll eingeschaltet! (Abg. Mag. Stadler: Ja, der Trabi-Turbo!)

Wir haben heute die Ausgliederung der Postsparkasse vorgenommen, wir haben heute die Ausgliederung des ganzen Datenverarbeitungsbereiches des Bundesrechenamtes in die Bundesrechenzentrum Ges.m.b.H. vorgenommen. Wir haben, Herr Minister, mit Freude vernommen, daß gestern im Ministerrat die Ausgliederung der Staatsdruckerei beschlossen wurde. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Es geht jetzt ja wirklich Schlag auf Schlag. Nennen Sie mir einen Bereich, in dem so rasch hintereinander Reformvorhaben durchgeführt werden! Ich muß Ihnen, Herr Finanzminister, meine Anerkennung ausdrücken, daß Reformvorhaben wirklich offensichtlich mit Hochdruck durchgezogen werden. Und noch so viele Zwischenrufe der Opposition können nichts an der Richtigkeit dieses Weges ändern! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Ich möchte Sie nur an die Bundeswirtschaftskammer erinnern! Uns rennen die Kämmerer die Tür ein!) Das ist an sich eine strategisch richtige Maßnahme. Ich bin auch durchaus dafür. Obwohl ich ein großer Anhänger der Privatisierung bin, Herr Kollege Stadler, bin ich dafür, daß diese Einrichtung, bei der Daten verarbeitet werden, die unter das Steuergeheimnis fallen, ausnahmsweise zu 100 Prozent in Bundesbesitz bleibt. Ich glaube, so ehrlich muß man sein, anzuerkennen, daß im Zusammenhang mit Datenmaterial, das teilweise die Intimsphäre der Staatsbürger betrifft, die Marktgesetze nicht gelten sollen. In diesem Fall bekenne ich mich dazu, daß diese ausgegliederte Ges.m.b.H. in hundertprozentigem Bundesbesitz bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich halte es deshalb für so wichtig, daß wir heute diese Gesetze beschließen, weil es erstens ordnungspolitisch richtig ist, den nicht hoheitlichen Bereich möglichst aus der Bundesverwaltung auszugliedern. Wir haben ja im Regierungsabkommen diesen strategischen Kurs festgelegt. Es ist ferner budgetpolitisch richtig. Denn wir haben das Problem des überbordenden Staatsapparats, der größenordnungsmäßig vom Personalaufwand her fast 60 Prozent der Nettosteuereinnahmen ausmacht. Drittens ist es der richtige Weg im Hinblick auf die Flexibilität der Unternehmensführung, denn das relativ starre Korsett der Notwendigkeit, sich im Rahmen des Bundeshaushaltsrechts zu bewegen, wird damit abgelegt. Viertens meine ich, daß es für die engagierten und tüchtigen Mitarbeiter der Postsparkasse gut ist, wenn sie sich von diesem Korsett befreien können und letztlich mehr Flexibilität ermöglicht wird.

Daher sagen wir ein grundsätzliches Ja zu diesen Strategien der Ausgliederung. Ich bin als einer, der jahrelang dafür eingetreten ist, sehr froh darüber. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Rosenstingl. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Beschränkung: 4 Minuten.

22.36

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Stummvoll! Wenn Sie so begeistert von der "Turbo"-Politik sprechen, dann kann ich mich dem nicht ganz anschließen. (Abg. Dr. Stummvoll: Ich habe von der Opposition erwartet, daß sie so etwas sagen wird!) Denn ich glaube, daß es kein gutes Mittel


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der Politik ist, wenn man sagt: Ich starte, aber ich weiß nicht, wohin! (Abg. Dr. Stummvoll: Das hat der Qualtinger besser beherrscht als Sie!) Nach diesem Grundsatz machen Sie jedoch Ihre Regierungspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Stummvoll! Die Postausgliederung ist ein gutes Beispiel dafür. Wichtige Vorfragen wurden wie immer bei Ausgliederungen durch diese Regierungskoalition nicht geklärt. Dabei handelt es sich hiebei um Kriterien, die gerade bei der Ausgliederung der PSK die Wettbewerbssituation im Bankensektor wesentlich beeinflussen werden.

Herr Bundesminister! Es genügt mir nicht, wenn Sie im Ausschuß erklären: Wir werden schon sehen, was mit der Konzession für die Privatkreditvergabe sein wird. Wir werden halt schauen, ob diese Postsparkasse einen Antrag stellt. – Das ist zu wenig! Ich glaube, daß das auch für ihre Verantwortung zu wenig ist. Sie wissen ganz genau, daß die Postsparkasse einen Wettbewerbsvorteil hat. Jedes Postamt ist sozusagen Bankfiliale. Die Postsparkasse hat dadurch, soweit ich informiert bin, das größte Filialnetz im Bankenbereich. Es wird kaum eine Bank geben, die so viele Filialen aufmachen kann oder bereits hat.

Herr Bundesminister! Es könnte daher diese Wettbewerbsverzerrung einen massiven Personalabbau bei allen anderen Banken bewirken, aber nicht, weil es ein besseres Service gibt oder die Geschäftspolitik der Postsparkasse als AG wesentlich besser sein wird als bei den anderen Banken, sondern nur deswegen, weil Sie einen staatlichen Wettbewerbsvorteil schaffen! Ich glaube, das sollte vorher geklärt werden.

Wir sollten auch die Entscheidungsgrundlagen kennen. Im Gesetz ist der Kooperationsvertrag der Postsparkasse mit der Telekom angeführt. Auch dieser Kooperationsvertrag könnte einen Wettbewerbsvorteil mit sich bringen oder den Wettbewerbsvorteil etwas beeinflussen und rückgängig machen. Aber dieser Kooperationsvertrag liegt uns als Entscheidungsgrundlage nicht vor, und Sie haben im Ausschuß signalisiert, daß Sie gar nicht bereit sind, diesen den Abgeordneten zukommen zu lassen.

Eine Wettbewerbsverzerrung liegt auch deswegen vor, weil die Postsparkasse die Konten der Finanzbehörde führt. Die Finanzbehörde ist ein großer Kunde. Es würden sich viele Banken freuen, wenn sie so einen großen Girokonto-Kunden hätten. Bis heute haben wir keine Antwort bekommen, wie sich das entwickeln soll, ob das der Postsparkasse entzogen wird und andere Banken auch etwas bekommen. Auch dafür gibt es bis heute keine Lösung.

Die zukünftige Bezahlung des Personals ist ebenfalls ungeklärt. Es werden Absichtserklärungen gefordert, dann wird angekündigt, daß es eine Absichtserklärung bis zum Ausschußtermin geben wird, wie es mit dem Personal weitergehen soll. Aber auch diese Absichtserklärung liegt bis heute nicht vor.

Ich bin zwar der Meinung, daß eine Ausgliederung der PSK sinnvoll sein kann, und ich bin natürlich der Meinung, daß die Voraussetzungen für private Beteiligungen geschaffen werden müssen, Herr Bundesminister. Die Regierungsparteien hätten aber die Verpflichtung gehabt, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, daß es eine klare Zukunft der PSK gibt. Diese Rahmenbedingungen sind jedoch nicht vorhanden. Wir haben keine klaren Grundlagen für die Entscheidung in diesem Haus.

Herr Bundesminister! Sie sind Ihrer Pflicht aus unserer Sicht nicht nachgekommen. Wir Freiheitliche können daher unter diesen chaotischen Voraussetzungen der Einbringung der Postsparkasse in eine AG nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.40

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich beziehe mich wieder auf das Wertpapieraufsichtsgesetz. Die PSK-Fragen wird für unsere Fraktion Kollege Parnigoni behandeln.


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Zum Wertpapieraufsichtsgesetz ist klar zu sagen, daß es seine Intention ist, den Finanzplatz Wien aufzuwerten, den Schutz für die Anleger zu verbessern, insbesondere Insidergeschäfte zu verhindern. Instrumentarium dazu ist die Wertpapieraufsicht.

Herr Abgeordneter Firlinger! Ich kann nicht erkennen, wie eine solche Wertpapieraufsicht tätig sein könnte, ohne daß die entsprechenden Informationsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, zumal diese Informationsmöglichkeiten, wie der Herr Minister ausgeführt hat, ohnehin in der Bankenaufsicht auch gegeben sind.

Zweiter Punkt: Mir war – Abgeordneter Firlinger ist jetzt leider nicht da – auch die Argumentation völlig schleierhaft, daß dann, wenn man einen Börsenplatz, also letzten Endes den Zugang zum Eigenkapital stärkt, gleichzeitig die Eigenkapitalbildung verhindert wird. Und um das Ganze spinnt man dann die krause Idee, daß in Wahrheit damit nur Banken, die Kredite geben, geschützt werden sollen. Ich glaube, daß da ein fundamentaler Irrtum vorliegt.

Drittens: Herr Generalsekretär Stummvoll hat schon sehr genau ausgeführt, daß die Einbindung der Sozialpartner in die Beiräte absolut sinnvoll ist. Sie vertreten ja legitimerweise Interessen, in diesem Fall jene der Wirtschaftstreibenden und der Anleger, also in diesem Sinn der Konsumenten. Und das Problem, daß es in diesem Bereich mangelndes Expertenwissen gegeben hätte, ist überhaupt noch nie aufgetreten, weil dieses Expertenwissen in sehr, sehr hohem Maße bei den österreichischen Sozialpartnern vorhanden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wertpapieraufsichtsgesetz, das wir heute beschließen, bedeutet auch einen großen Fortschritt für Konsumenten, wie überhaupt der heutige Tag für die Konsumenten ein riesiger Schritt vorwärts ist. Wir haben schon am Nachmittag mit dem Strafrechtsänderungsgesetz das Verbot der Pyramiden- und Kettenspiele verankert. In diesem Wertpapieraufsichtsgesetz wird in § 11 verankert, daß es ein Rücktrittsrecht für Konsumenten bei Abschluß von Veranlagungsgeschäften auch dann gibt, wenn der Konsument selbst die Anbahnung verursacht hat. Das bedeutet eine weitere Absicherung der Konsumenten in Österreich, denn aufgrund dieser Frage sind viele Prozesse bisher gescheitert.

Diese Möglichkeit des Rücktritts wird vor allem zur weiteren Eindämmung der Strukturvertriebe beitragen. Es haben sich leider in Österreich, wie in anderen Ländern, sehr, sehr viele Strukturvertriebe etabliert, die mit wirklich aggressiven Vertriebsmethoden arbeiten und die mittlerweile im Bereich der Kapitalveranlagung Schaden in Milliardenhöhe in Österreich verursacht haben. Wir haben allein im Rahmen der niederösterreichischen Arbeiterkammer zumindest 3 000 – das ist bereits eine etwas ältere Zahl – Beschwerdefälle: Einzelne Kunden, die eine Veranlagung gesucht haben, fühlten sich durch derartige Strukturvertriebe hinters Licht geführt.

Ich möchte einige Beispiele nennen. Die Fälle sind alle bekannt. So wurden etwa von der IMMAG – das ist ein etwas älterer Fall – ohne irgendeinen Hinweis auf das damit verbundene Risiko Immobilienanteilsscheine verkauft. Es wurden etwa auch Residenzaktien vor einiger Zeit durch Strukturvertriebe verkauft. Es handelte sich hiebei überhaupt um eine dubiose Geschäftskombination. Es wurde nämlich versprochen, daß mit Krediten finanzierte Residenzaktien gekauft werden und daß die Kursveränderung so hoch sein werde, daß man auf der einen Seite den Kredit tilgen, die Zinsen zahlen und darüber hinaus noch eine Lebensversicherung bedienen kann. – Das Ganze ist in sich zusammengebrochen. Wir konnten im Kulanzweg respektive Interventionsweg noch sehr viel für Konsumenten erreichen können. Aber letzten Endes muß man versuchen, dieses Problem an der Wurzel zu bekämpfen.

Ich nenne weiters den Fall "Herkules": Es handelte sich um eine Art Pensionsvorsorge, bei der eine Lebensversicherung wieder mit Immobilienfonds kombiniert war. Allein in Niederösterreich gab es 3 000 Betroffene, die jeweils 130 000 S einbezahlt haben.

Jetzt gibt es den Fall "Beldomo AG": Beldomo-Aktien werden durch 20 Strukturvertriebsfirmen verkauft, und man arbeitet mit Argumenten wie: Das ist wie ein Bausparvertrag, nur mit höheren Zinsen. 10 bis 12 Prozent Zinsen sind garantiert. Der Rechnungshof prüft die Firma et cetera. – 550 Anleger haben sich bereits bei uns beschwert.


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Uns geht es darum, daß der einzelne Kunde Zeit haben soll, sich zu überlegen, ob und was er eigentlich abschließen will. Er hat nun eine Woche Zeit. Er kann die Konsumentenberatung etwa der Bundesarbeitskammer in Anspruch nehmen. Wir werden uns auch darauf vorbereiten, daß wir entsprechende Informationen durch Einblick in die Prospekte et cetera geben können.

Ganz besonders wichtig sind auch die Verhaltensregeln für sogenannte Wertpapierdienstleister in diesem Wertpapieraufsichtsgesetz. Sie müssen nun auch in Kapitalgesellschaften organisiert sein, und es ist eine Mindesteinlage – wie schon erwähnt und kritisiert – von 650 000 S für Berater und von 1 750 000 S für jene, die Portfolios verwalten, vorgesehen.

Meine Damen und Herren! Es geht in diesem Fall nicht darum, EU-Musterschüler zu sein, sondern darum, daß uns diese Art von Zugangsbeschränkung ein Anliegen ist. Wir wollen das für den österreichischen Markt, völlig unabhängig davon, wie die EU-Regeln sind, weil es wirklich notwendig ist, in einem Markt, wo sehr viel Unfug getrieben wird, eine Zugangsbeschränkung einzuführen. Wir können also auch von der Warte des Konsumentenschutzes mit diesem Wertpapieraufsichtsgesetz sehr zufrieden sein.

Wie immer werden nicht alle Wünsche erfüllt. Die neue Forderung wird insbesondere die Erweiterung der Prospekthaftung betreffen. Es muß unterbunden werden, daß jemand etwas in einen Prospekt schreibt, was dann nicht erfüllt wird und sich als unwahr herausstellt. Es darf nicht nur dann eine Haftung geben, wenn grob fahrlässiges Handeln oder Vorsatz vorliegt, sondern es müßte eigentlich leichte Fahrlässigkeit auch schon genügen. Denn der Kunde verläßt sich ja auf den Prospekt.

Außerdem sollte bei vielen Veranlagungsgeschäften, insbesondere bei Kombinationen, sogenannte "Ratings" geben, wie das im angelsächsischen Bereich der Fall ist.

Ich glaube, daß wir in einem funktionierenden Kapitalmarkt auch den kleinen Anlegern – und es geht prinzipiell um die Veranlagungsformen, es geht nicht nur um Aktien, sondern immer um Kombinationen – letzten Endes Vertrauen geben müssen. Mit diesem Gesetz wird ein großer Schritt in diese Richtung getan. Ein paar kleine Schritte, Herr Minister, fehlen noch. Diese werden aber, wie ich hoffe, folgen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

22.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.48

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache einige kurze Bemerkungen zu den zwei Vorlagen.

Zur Postsparkassen AG: Herr Bundesminister! Ich glaube, wir sind uns darüber einig, daß wir in diesem Zusammenhang von einer Ausgliederung sprechen, nicht von einer Privatisierung. Sie selbst haben in einer Ausschußfeststellung festgehalten, daß Sie nicht daran denken, den Bundesanteil auf 150 Prozent sinken zu lassen, und ich verstehe im Grunde auch Ihre Motivation.

Ich erwarte aber von Ihnen, daß Sie uns verstehen, daß wir allein aufgrund dieser Ihrer Aussage diesem Gesetz nicht zustimmen können. Denn wenn wir eine privatrechtlich organisierte Rechtsform wählen, dann selbstverständlich die der Privatisierung.

Herr Bundesminister! Andererseits dürfte Ihre Vorgangsweise schon allein deshalb die Zustimmung dieses Hauses nicht finden, weil Sie einen Teil der Hoheitsverwaltung quasi in eine privatrechtliche Organisation entlassen, ohne zu wissen, wie diese in ihrem Statut gestaltet sein wird. Wenn es zukünftige Aufgabe der Post und Telekom-Beteiligungs GesmbH sein soll, diese Gestaltung zu bestimmen, und das Parlament bei dieser Gestaltung nicht mitreden kann – so ist es vorgesehen –, dann ist diese Vorgangsweise nach meinem Dafürhalten wenn schon nicht verantwortungslos, dann zumindest sinnwidrig. Denn einen Betrieb in die Unabhängigkeit zu


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entlassen beziehungsweise auszugliedern – um nicht zu sagen: privatisieren, denn es ist ja außer Streit, daß es das auch nicht sein soll – und nicht zu wissen, was das Ergebnis dieser Ausgliederung sein soll, scheint mir in höchstem Maße bedenklich zu sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich bitte daher Sie, Herr Bundesminister, um Verständnis dafür, daß wir dieser Ausgliederung nicht zustimmen können.

Noch eine weitere Bemerkung: Sie selbst haben angekündigt, daß sich um diese Ausgliederung noch ein großes Politikum ranken wird, und zwar das Match Raiffeisen gegen PSK. Ich muß sagen, Herr Bundesminister: Wenn das Parlament nicht in diese Entscheidung eingeweiht oder nicht eingebunden sein soll, wenn hier nicht eine Willensbildung stattfinden soll, daß man nämlich mittels eines Statuts, das man vorschlägt, die entscheidenden Fragen sowohl betreffend den Wert der ausgegliederten Unternehmung als auch ihre Zukunftsaussichten in einem kompetitiven Markt, festlegt, dann verstehe ich das nicht. Ich bedaure das als Parlamentarier, wundere mich aber in der Zwischenzeit nach zweijähriger Erfahrung in diesem Haus nicht sonderlich darüber. Das wird wohl die österreichische Realität sein! (Bundesminister Mag. Klima: Sollen wir die Satzungen einer AG hier beschließen?)

Herr Bundesminister! Ich würde das nicht für abwegig erachten. Herr Bundesminister! Sie sollten die Ausgliederung unter Beilage einer Satzung beschließen lassen. Es ist mir bewußt, daß Sie die Satzung von Ihrer Post- und Telegraphenbeteiligungs-AG dann auch ändern lassen könnten. Aber es wäre eine andere Hygiene, als ein Unternehmen zu entlassen und zu sagen: Werdet selbständig! Werdet zur Aktiengesellschaft! Ich weiß allerdings nicht einmal, wie das Statut ausschaut.

Vielleicht steht dann irgendwann einmal im Statut: Der Vorstand besteht aus zwei Personen, eine ist von der ÖVP und eine von der SPÖ zu nominieren. Das könnte ja auch im Statut stehen. (Abg. Mag. Peter: Damit rechnen wir eigentlich!) Ich überzeichne das jetzt, Herr Bundesminister! Ich bin davon überzeugt, daß Sie subtilere Wege finden werden, genau dasselbe zu erreichen. Es wird nur bedauerlicherweise nicht im Statut stehen. Erlauben Sie mir trotzdem, auf die Sinnwidrigkeit einer solchen Ausgliederung hinzuweisen.

Herr Präsident! Ich bitte darum, mir noch drei Minuten zu gewähren und dann erst das rote Licht einzuschalten!

Zum zweiten – Wertpapieraufsichtsgesetz: Ich glaube, wir hätten eine große Chance und auch die Notwendigkeit gehabt, wenn wir den Börsenplatz Österreich wiederbeleben wollen – und ich glaube, man muß in diesem Zusammenhang auch von einer Wiederbelebung reden –, ein wirklich modernes Gesetz nicht zu erfinden oder nach österreichischer Manier mit Sozialpartnereinwirkung, wie Herr Kaufmann es stolz verkündet hat, zu stricken, sondern es schlicht und ergreifend zu kupfern. Es gibt internationale Börsen, die ganz hervorragend funktionieren. Wir hätten es dort eigentlich nur abschreiben und vielleicht das eine oder andere ergänzen müssen.

Herr Kaufmann! Sie sagen, daß es gut ist, wenn die Sozialpartner eingebunden sind. – Es handelt sich hiebei um eine hochkomplizierte Materie. Dieselben Sozialpartner sind jedoch nicht einmal in der Lage, die Ladenschlußzeiten zu regeln! Was sagen Sie dazu? Die Sozialpartner sollten sich einmal auf die kleinen Aufgaben konzentrieren und sich erst dann an etwas so Komplexes und Kompliziertes wie die österreichische Börse heranwagen! Denn daß sie wichtig ist, Herr Kaufmann, konzediere ich Ihnen.

Es gibt einige Kritikpunkte, etwa die Kostentragung für die Bediensteten. Das wissen Sie, Herr Minister: 90 Prozent auf die anderen abzuwälzen, selbst aber 90 Prozent des Einflusses zu behalten, ist nach meinem Dafürhalten unredlich. Daß Sie keinen Instanzenzug vorgesehen haben, ist nach meinem Dafürhalten auch bedenklich. Das Weisungsrecht des Ministers ist insbesondere im Hinblick auf die Aufhebung des Bankgeheimnisses – wir haben ja heute noch eine erste Lesung – mehr als bedenklich, wenn ich mich auch dafür bedanken möchte, daß Sie sich bereit erklärt haben, diese Weisungen wenigstens schriftlich zu dokumentieren, damit ein


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Mißbrauch oder ein Mißverständnis – ich unterstelle Ihnen natürlich keinen Mißbrauch – ausgeschaltet ist. Für dieses Entgegenkommen bedanke ich mich. Das ist wenigstens ein kleiner Teil.

Noch einmal zu den Vermögensberatern: Meine Vorredner von der freiheitlichen Fraktion haben in diesem Punkt absolut recht: Sie nehmen Marktbeschränkungen vor, dienen aber nicht dem Schutz des Konsumenten. Das wäre ausschließlich mit einer Haftpflichtlösung möglich gewesen. Herr Kaufmann! Sie müssen doch wissen, daß 650 000 S oder 1,7 Millionen für dieses Geschäft schlicht und ergreifend ein Klacks sind. Das ist doch lächerlich!

Wenn Sie 17 Millionen sagen und noch dazu sagen: Dollar, dann würde ich sagen: Jawohl, das wäre eine entsprechende Deckung. Das Problem des Konsumentenschutzes oder Marktteilnehmerschutzes können Sie nur in den Griff bekommen, wenn Sie es über eine Haftpflichtversicherung lösen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich bitte daher, Herr Minister, zur Kenntnis zu nehmen, daß wir bei Anerkennung einigen guten Willens beide Vorlagen ablehnen werden. Ich bitte, das im sportlichen Ehrgeiz zu sehen. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.56

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Van der Bellen hat hier dem Staatsschuldenausschuß mehr oder weniger seine Berechtigung abgesprochen. Ich denke aber doch, Kollege Van der Bellen, daß sich in all den Jahren gerade dieses Gremium als ein durchaus nicht unwichtiges Beratungsogan für den Finanzminister erwiesen hat. Ich glaube daher, daß im besonderen die Sozialpartner in diesem Bereich – Kollege Stummvoll hat das ja auch deutlich gemacht, und ich unterstütze das – eine Möglichkeit haben, sich mit einzubringen. Gerade in Fragen der Schuldenproblematik sollten auch die Sozialpartner mitreden können. Ich glaube, daß das auf alle Fälle gescheiter und einsichtiger für die Bevölkerung ist, als wenn das – entschuldigen Sie, wenn ich das so ausdrücke – etwa einige Einzelpersonen wie Steuerberater oder Wissenschafter tun. Letztere mögen zwar durchaus auch ihre Verdienste haben, aber ich denke doch, daß die Sozialpartner in diesem Fall repräsentativ sind.

Ich möchte auch ein paar Bemerkungen zum PSK-Gesetz 1969 machen, das verändert wird: Ich betrachte die Überführung der PSK in eine Aktiengesellschaft als einen wichtigen Schritt. Es ist wichtig für die tausend Beschäftigten in diesem Institut, daß sie nicht mehr der Budgethoheit unterstellt sind und als Aktiengesellschaft entsprechende Möglichkeiten haben, ihre Zukunft flexibel zu gestalten und auf die Marktentwicklungen zu reagieren.

Ferner halte ich auch die Übertragung der Aktien auf die Post-Holding für wichtig. Das sichert die Zusammenarbeit zwischen der PSK und der Post-AG. Mit der entsprechenden Gestaltung des Postgesetzes werden Universaldienste etwa im Briefbereich und damit auch die Finanzdienstleistungen in den Regionen wie Sparen oder der Giro-Verkehr sichergestellt, und das scheint mir wichtig zu sein.

Daher noch zwei Bemerkungen zu den Satzungen – sie wurden ja schon angesprochen –, die erlassen werden müssen und die auch sehr wichtig für das Funktionieren dieser Ausgliederung, nach der Diktion des Kollegen Haselsteiner, sind. Ich trete selbstverständlich dafür ein, daß die PSK die Möglichkeit bekommt, Privatkredite zu vergeben. Das wird eine ganz zentrale Frage sein, um die von mir schon angesprochene Kooperation zwischen Post und PSK in einer neuen Kooperation auch wirksam werden zu lassen. Es könnten neue Aufgaben für die Postämter auf dem Lande entstehen. Regionale Strukturen könnten abgesichert werden. Ich meine, gerade die Österreichische Volkspartei, die immer wieder von Föderalismus, Länderkompetenz und Stärkung der Gemeinden spricht, muß ein hohes Interesse daran haben, uns dabei zu unterstützen.


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Ferner meine ich, daß man offen aussprechen muß, daß es auch notwendig ist, in diesen Satzungen sicherzustellen, daß die Übermacht einer gewissen Bankgenossenschaft aus Wettbewerbsgründen eingeschränkt oder zumindest begrenzt werden muß. Es muß einen echten Wettbewerb zu dieser derzeit übermächtigen Bankgenossenschaft auch im ländlichen Raum geben. Ich möchte dabei noch erwähnen, daß mir bei der Erfüllung der EU-Richtlinien und -Bestimmungen auch daran liegt, daß die PSK auch bei EU-Gebietskörperschaften, also in Gemeinden, Ländern oder auch anderen Bereichen von EU-Mitgliedstaaten, Kredite vergeben kann.

Kurz noch zur Eigentümerschaft. Es ist vom Minister bereits klargestellt worden, daß 51 Prozent in öffentlicher Hand bleiben sollen. Ich meine, das ist eine richtige Entscheidung. Bei den anderen 49 Prozent trete ich dafür ein, daß etwa die Mitarbeiter der PSK, die sich nunmehr in einem neuen Wettbewerbsumfeld profilieren und ihre Chancen wahrnehmen müssen, unter Umständen die Möglichkeit erhalten sollten, begünstigt Aktien zu erwerben.

Ich trete auch für eine breite Streuung dieser Aktien ein, um einerseits die Eigenständigkeit des Instituts und andererseits die notwendige Flexibilität für die zukünftige Entwicklung dieses wichtigen Geldinstitutes sicherzustellen. Ich meine, daß die richtigen Schritte eingeleitet worden sind. Wir Sozialdemokraten werden deshalb dieser Novelle unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll. )

23.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter das Schlußwort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Zuerst lasse ich abstimmen über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 474 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Entwurf die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte abermals jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit . Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 473 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und sodann über die noch nicht abgestimmten restlichen Teile abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I § 2 Abs. 1 Ziffer 4, § 2 Abs. 2, § 7 Abs. 1, § 12 Abs. 3, § 19 Abs. 1, § 20, die Überschrift zu § 22 sowie § 22, § 30 Abs. 1 Ziffer 6 und § 32 Ziffern 5 und 6 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Abänderungsantrag aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Abänderungsantrag ist damit abgelehnt.

Ich lasse daher sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes abstimmen, und zwar in der Fassung des Ausschußberichtes.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Da die restlichen Teile des Gesetzentwurfes eine Verfassungsbestimmung enthalten und zur Änderung des § 38 des Bankwesengesetzes ein erhöhtes Beschlußquorum erforderlich ist, stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen nun zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit . Der Antrag ist mehrheitlich angenommen . Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

13. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (397 der Beilagen): Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZG) (477 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (398 der Beilagen): Bundesgesetz über die Errichtung des Bundespensionsamtes (BPA-Gesetz), mit dem auch das Dorotheumsgesetz, das Staatsdruckereigesetz, das Ausschreibungsgesetz, das Parlamentsmitarbeitergesetz, das Bundespflegegeldgesetz und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (478 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 und 14 der heutigen Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. Es sind dies Berichte des Finanzausschusses über die Regierungsvorlagen 397 und 398 der Beilagen.

Berichterstatterin zu Punkt 13 ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Ich ersuche sie, die Debatte zu eröffnen und den Bericht zu geben. – Auf die Berichterstattung wird in diesem Fall verzichtet.

Berichterstatter zu Punkt 14 ist Herr Abgeordneter Fink. Ich bitte um seinen Bericht. – Dieser Bericht unterbleibt ebenfalls.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

23.05

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! In aller Kürze ein paar Anmerkungen. Wir Freiheitlichen stehen grundsätzlich zu Privatisierungen und zu Budgetausgliederungen.

Herr Finanzminister! Wenn wir uns aber die Budgets der letzten vier, fünf Jahre anschauen, dann müssen wir Sie fragen: Wie haben denn die bisherigen "Privatisierungserfolge" ausgesehen? – 10 Milliarden Schilling wurden im Budget dafür veranschlagt, davon sind aber bestenfalls zwischen 1 Milliarde und 3 Milliarden Schilling realisiert worden. Aufgrund dieser bisherigen Erfahrungen haben wir zu den Privatisierungsvorschlägen der Bundesregierung kein Vertrauen mehr.


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Sie wissen, daß die CA seit fünf Jahren privatisiert werden soll. – Der Erfolg war, außer einer Menge Diskussionen, die für die Bank nicht gut waren, bis jetzt gleich Null.

Herr Finanzminister! Zu den Budgetausgliederungen: Ausgliederungen bitte ja, aber nur wenn sie effizient sind. Wir haben unsere Bedenken hinsichtlich der Effizienz der Ausgliederung des Bundesrechenzentrums.

Wie kommt die FGG innerhalb so kurzer Zeit aufgrund der Unterlagen, die Sie im Finanzministerium ausgearbeitet haben, zu diesen Ergebnissen? – Das ist wirklich ein Papier, das etwas schwer zu entziffern ist. Ich weiß nicht, ob Sie mir das erklären können: Der bisherige Sach- und Personalaufwand wird über das Kostendeckungsprinzip für Leistungen des Bundes ersetzt, und die anderen Leistungen holt man sich außerhalb dieses Bereiches. Einerseits werden Einnahmen in der Größenordnung von 14 Millionen Schilling dargestellt, andererseits weisen Sie aber ein Betriebsergebnis, inklusive der Körperschaftsteuer, von 15 Millionen Schilling aus. – Wie soll das bitte gehen?

Ich denke, daß diese Regierungsvorlage halbherzig und im Husch-Pfusch-Verfahren vorbereitet wurde, weshalb wir unsere Zustimmung hiezu auf keinen Fall geben können.

Herr Finanzminister! Eine Planrechnung für die nächsten Jahre muß natürlich, außer den Kostenersätzen für den Bund, schon beinhalten, welche Ziele diese neue Gesellschaft erreichen, was sie realisieren, welche Kunden sie ansprechen will und welche Erträge sie prognostiziert. All das ist in dieser Regierungsvorlage nicht vorhanden. Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen: Dieses Papier, diese taxative Aufstellung von Zahlen ist schlampig, ist nicht nachvollziehbar! Außerdem werden diese Unterlagen beziehungsweise Abschlüsse in Zukunft der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Wir Freiheitlichen können dem daher keinesfalls unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben vorhin gehört, wie die Zusammensetzung des Aufsichtsrates beziehungsweise Beirates aussieht. Der Aufsichtsrat des Bundesrechenzentrums besteht aus sechs Personen, wovon vier Personen vom Finanzministerium und zwei vom Betriebsrat gestellt werden. Das ist, bitte, eine "Inzuchtveranstaltung"! Sie sollten das dem Hohen Haus wirklich nicht zumuten und nicht darauf vertrauen, daß die Oppositionspartei dazu ihre Zustimmung geben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.09

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Immer wieder kommt es insbesondere im Zusammenhang mit Budgeterstellung und Budgetvollzug dazu, daß man sinnvolle Teile der Hoheitsverwaltung ausgliedert, einen eigenen Rechnungskreis bildet und somit Teilrechtsfähigkeit oder Rechtsfähigkeit gewährt. Man gelangt damit zu etwas, was leider in der Hoheitsverwaltung nicht möglich ist, nämlich zu den Begriffen "Soll und Haben" und "Gewinn und Verlust".

Herr Bundesminister! So gesehen müßte ich jubilieren und sagen: Das Bundesrechenzentrum ist eine solche Einheit, eine vielleicht sogar durchaus logische Einheit, die ausgegliedert beziehungsweise in diesem Sinne autonom gestaltet wurde und es uns ermöglichen könnte, in einem ganz kleinen, schmalen Abschnitt bessere Transparenz zu erreichen.

Warum ich trotzdem diesem Gesetz nicht zustimmen kann, hat folgende Gründe: Es ist mir bewußt, daß Sie in diesem Fall ausgliedern und nicht privatisieren wollen – vielleicht nicht einmal privatisieren können. Dazu bedürfte es einiger Debatten.

Ich würde es allerdings nicht so strikt sehen. Ich meine, daß das Wort "Outsourcing" natürlich auch für eine Republik gelten könnte, mit einem dazugehörigen Regelwerk, um den notwen


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digen Schutz, die Vertraulichkeit, den Datenschutz et cetera – was immer Sie unter Verhinderungsgründe subsumieren – sicherzustellen. Das ließe sich lösen.

Ich kann aber deshalb einfach nicht zustimmen, weil Sie die Privatisierung von vornherein – und das tun Sie hier – ausschließen und sagen: Das ist gar nicht meine Absicht! Wenn aber nicht einmal später, irgendwann einmal, letztendlich eine Entlassung in die Privatisierung vorgesehen ist, dann ist ein liberaler Abgeordneter nicht dafür zu gewinnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Ich bin glücklich darüber, daß Sie in den Ausschußverhandlungen einer maßgeblichen Änderung zugestimmt haben, indem Sie nämlich trotz dieser Ausgliederung, die definitionsgemäß zu 100 Prozent im Bundeseigentum bleiben soll, das Interpellationsrecht des Hohen Hauses nicht eingeschränkt haben. Dafür möchte ich mich bedanken, denn dieses Interpellationsrecht soll aufrecht bleiben.

Ich möchte aber noch einen anderen Aspekt in die Diskussion bringen. Herr Bundesminister! Sie haben sich im Ausschuß dahin gehend geäußert – ich habe das nachgelesen –, daß nicht geplant sei, dieses ausgegliederte Bundesrechenzentrum am Markt – im Sinne eines Wettbewerbes – teilnehmen zu lassen. – Herr Bundesminister! Dies widerspricht aber dem Unternehmensgegenstand. Ich glaube auch nicht, daß Sie auf Dauer zwischen privaten und anderen Kunden unterscheiden können.

Diese Gesellschaft wird hoffentlich gute, ehrgeizige und tüchtige Geschäftsführer haben, die einmal sagen werden: Der Markt ist groß, wir wollen uns bewähren. Ich wüßte auch keinen Grund, warum wir ihnen das verwehren sollten. Sie, Herr Minister, wissen aber – und wir alle sollten es wissen –, daß damit für einschlägige Berufsstände eine übermächtige, nicht zu bezwingende Konkurrenz entsteht. Ich rede dabei nicht der Vermeidung des Wettbewerbs das Wort, glaube aber, daß Wettbewerb durch Kartellrecht und andere sinnvolle Maßnahmen gezügelt und gelenkt, nicht aber wie im "Wilden Westen" mit ungleichen Waffen ausgetragen werden sollte.

Wenn dieses ausgegliederte Bundesrechenzentrum in den Finanzdienstleistungsmarkt eindringt, dann fürchte ich um viele Hunderte, Tausende kleine und kleinste individuelle Unternehmungen. Daher werden wir auch dieser Vorlage nicht zustimmen können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

23.13

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es ist keine Frage, daß diese Ausgliederung des Bundesrechenzentrums ein ehrgeiziges Unternehmen ist. Ich sympathisiere zwar mit vielen Äußerungen meines Vorredners Kollege Haselsteiner, bin aber per saldo doch dafür, das Experiment zu wagen.

Die Ausgliederung des Bundesrechenzentrums hat eine lange Vorgeschichte. Ich glaube, diese Frage wurde schon vor sieben oder acht Jahren von Finanzminister Lacina geprüft, aber aufgrund negativer Gutachten von verschiedenen Seiten wieder fallengelassen. – Soweit ich das nachvollziehen kann, sind die damaligen Hauptbedenken inzwischen ausgeräumt.

In der Erläuterung wird auch ein Gutachten der FGG zitiert. Herr Minister! Für Abgeordnete ist es immer etwas unangenehm, wenn in solchen Gesetzestexten positive Gutachten zitiert werden, die den Abgeordneten jedoch nicht vorliegen. Vielleicht könnte man, wenn ein ähnlicher Fall auftritt, solche Unterlagen nachliefern.

Minister Klima hat im Ausschuß gesagt, daß er von dieser Ausgliederung im wesentlichen eine bessere Organisation der Ergebnisverantwortung und der Kostenrechnung erhofft. Das sind freilich Ziele, die Kollege Haselsteiner und ich nachvollziehen können und auch für richtig halten – gewisse Zweifel bleiben aber bestehen.


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Diese Zweifel beruhen hauptsächlich darauf, daß eine Ausgliederung immer von einer gewissen marktwirtschaftlichen Einbettung des Unternehmens begleitet sein muß. Die Ausgliederung allein bewirkt ja noch wenig – abgesehen davon, daß die haushaltsrechtlichen Restriktionen, der Dienstpostenplan als Beschränkung, die Restriktionen des Dienstrechtes und so weiter entfallen. Das ist zwar alles schön und gut, wenn aber nicht gleichzeitig auch die Risiken des Marktes wirksam werden, wenn die Firma, die hier ausgegliedert wird, nicht gleichzeitig auch den Anreizen und Sanktionen des Marktes unterworfen wird, dann kann das gründlich schiefgehen.

Rechnungshofberichte, beispielsweise über die früheren Straßenbau-Sondergesellschaften, bieten genug Anschauungsmaterial dafür, daß die Ausgliederung allein nichts Positives bewirken muß.

Ob das künftige Bundesrechenzentrum diesen Grundprinzipien ausreichend gerecht wird, dafür gibt es einen gewissen Interpretationsspielraum. Ich bin mir vor allem darüber unsicher, was die zukünftige Tätigkeit dieser Gesellschaft betrifft – Kollege Haselsteiner hat es schon angedeutet.

Es wird einen Bereich geben – wenn ich mich nicht täusche, ist davon in § 2 Abs. 3 bis 6 die Rede –, in dem die klassischen bisherigen Aufgaben, also die gesetzlich übertragenen Aufgaben, weiter erfüllt werden. Es gibt aber auch einen völlig offenen Paragraphen, nämlich § 2 Absatz 7, der die Möglichkeit eröffnet, in weitere Geschäftsfelder einzudringen. – Die Frage ist nur, ob und unter welchen Bedingungen es dabei einen fairen Wettbewerb geben wird.

Soweit ich in Gesprächen mit zuständigen Beamten gehört habe, ist zunächst daran gedacht, daß das Bundesrechenzentrum nur in Wettbewerb um zusätzliche öffentliche Aufträge eintreten wird, nicht aber in den freien Wettbewerb um private Aufträge, beispielsweise von großen Banken, Industriefirmen und dergleichen. Im Prinzip wäre das möglich, das Know-how ist ja vorhanden.

All das ist aber im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, es läßt nur sozusagen die Tür dazu offen, dorthin zu gehen. Wann, wie und unter welchen Bedingungen das geschehen soll, wird eine Angelegenheit des Unternehmenskonzepts oder des Statuts sein, das mit dem Finanzminister zu verhandeln sein wird.

Zusammenfassend: Es gibt Risiken, das ist gar keine Frage. Ich verstehe die Bedenken der Freiheitlichen sowie die des Kollegen Haselsteiner. Wenn das Experiment aber gelingt, dann wird es sehr interessant ... (Abg. Dr. Khol gibt dem Redner ein Zeichen.) – Ich bin in zehn Sekunden fertig, Herr Kollege Khol. Ich bin nicht schuld daran, daß die Präsidiale zwei Stunden lang über einer bestimmten Frage gebrütet hat! (Abg. Dr. Haselsteiner: Über eine unsinnige!) Sie, Herr Kollege Khol, vielleicht auch nicht, ich aber mit Sicherheit nicht, weswegen es auf diese zehn Sekunden, die ich jetzt schon "verbraten" habe, nicht ankommen wird.

Wenn das Experiment gelingt, dann kann das einen sehr wichtigen Impuls für weitere flexible Organisationsformen im öffentlichen Sektor geben, weshalb wir trotz all dieser Bedenken dafür sind, dieses Experiment zu wagen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zum Wort gelangt nun Herr Bundesminister Mag. Klima. – Bitte, Herr Bundesminister.

23.19

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal versuchen, jene, die guten Willens sind, zu überzeugen.

Es handelt sich hiebei um ein Rechenzentrum, in dem über 400 höchst engagierte, höchst qualifizierte Mitarbeiter im Bereich des Software-Engineerings, des Netzwerk-Aufbaus und der Informationstechnologien tätig sind, Mitarbeiter, die hervorragende Software- und Hardware-Konstruktionen sowie österreichweit ein Corporate Network geschaffen haben. Es sind hervorra


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gende Mitarbeiter, die aufgrund der Tatsache, daß sie in die Kameralistik, in das Bundessystem eingebunden sind, ihre Leistungen zum Beispiel nicht auf Landes- und Gemeindeebene anbieten können.

Diese Mitarbeiter sollen durch die Verselbständigung des Unternehmens die Chance erhalten, im öffentlichen Bereich – und nur das ist beabsichtigt –, in Bundesländern und Gemeinden, aber auch in ausländischen öffentlichen Bereichen, ihre hervorragenden Produkte anbieten und vermarkten und damit Deckungsbeiträge erwirtschaften zu können.

Besonders erfreulich ist – und das spricht zusätzlich für die Qualität dieser Mitarbeiter –, daß sich in einer Betriebsversammlung von 414 Mitarbeitern 400 Mitarbeiter für die Verselbständigung ihres Unternehmens ausgesprochen haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Mitarbeiter werden zeigen, daß in einer klaren auftrags- und angebotsorientierten Struktur in Relation zu den anderen Ministerien der Bundesverwaltung Ergebnisverantwortung einziehen wird. Ich bin überzeugt davon, daß das eines der guten Beispiele einer Verselbständigung darstellen wird, nämlich in dem Sinne, daß wir damit mehr Arbeit und mehr Arbeitsplätze schaffen können. – Ich bitte Sie deshalb um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.2


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1

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung. Ich werde über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen lassen.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Bundesrechenzentrum GmbH samt Titel und Eingang in 477 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Ich schließe sogleich die dritte Lesung an.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist abermals mehrheitlich der Fall. Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung angenommen .

Wir kommen ferner zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 398 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, der Antrag ist angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist gleichfalls die Mehrheit . Der Gesetzentwurf ist damit auch in dritter Lesung angenommen.

15. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (370 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (464 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (396 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Bundesgesetz, mit dem Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz 1994 vorgesehen werden, geändert werden (475 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (395 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem Beihilfen im Gesundheits- und Sozialbereich geregelt (Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz) und das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (476 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (368 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird (479 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (406 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Punzierungsgesetz geändert wird (480 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 15 bis 19 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstatter zu den Punkten 15 und 17 ist Herr Abgeordneter Auer. Ich ersuche ihn, allenfalls die Debatte zu eröffnen und die Berichte zu geben. – Auf die Berichterstattung wird verzichtet.

Berichterstatter zu Punkt 16 wäre Frau Abgeordnete Huber. Ich bitte allenfalls um einen Bericht. – Dieser Bericht unterbleibt.

Berichterstatterin zu Punkt 18 ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Ich bitte allenfalls um einen Bericht. – Auch dies unterbleibt.

Berichterstatter zu Punkt 19 ist Herr Abgeordneter Fink. Ich bitte allenfalls um den Bericht. – Auch auf diese Berichterstattung wird verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

23.24

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte mich in meinem Debattenbeitrag mit zwei Materien beschäftigen, und zwar mit dem Pensionskassengesetz und der Novelle zum Einkommensteuergesetz 1988 beziehungsweise mit dem Umsatzsteuergesetz und den Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz.

Herr Bundesminister! Die Novelle zum Umsatzsteuergesetz beschäftigt sich im wesentlichen mit der Umsetzung der zweiten Vereinfachungsrichtlinie. Diese Richtlinie wäre bereits mit 1. Jänner 1996 umzusetzen gewesen, was aber durch die Neuwahlen, die mutwillig vom Zaun gebrochen wurden, nicht möglich war. Es entstand daher in Österreich die groteske Situation, daß jemand, der gegen das Umsatzsteuergesetz verstößt, sich aber gleichzeitig auf die zweite Vereinfachungsrichtlinie beruft, recht bekommt – ein Rechtszustand, Herr Bundesminister, der der Rechtssicherheit absolut nicht dient und in Zukunft möglichst verhindert werden sollte! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Die Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz beschäftigen sich mit der Problematik im Sozial- und Gesundheitsbereich. Durch die Einführung der unechten Umsatzsteuerbefreiung ab 1. Jänner 1997 wäre es zu einer Vorsteuerrückverrechnung nach § 12 Abs. 10 Umsatzsteuergesetz gekommen. Nun wird in diesen Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz normiert, daß diese Umsatzsteuerrückverrechnung beziehungsweise die Vorsteuerrückverrechnung entfällt.

Herr Bundesminister! Dazu gibt es verfassungsrechtliche Bedenken. Der Entfall der Vorsteuerkorrektur nach § 12 Abs. 10 ist verfassungsrechtlich bedenklich. Ich beziehe mich dabei auf eine Verlautbarung in der "Österreichischen Steuerzeitung", vom "Umsatzsteuer-Papst" des Finanzministeriums, Herrn Ministerialrat Michael Scheiner, verfaßt, der schreibt – ich zitiere –: Auf diese Vorsteuerberichtigung kann aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verzichtet werden.

Herr Finanzminister! Sie haben im Ausschuß gemeint, durch die Einführung einer Rückvergütung der Vorsteuer in den Folgejahren könne man diese Bedenken entkräften. – Man kann darüber diskutieren, ob das so ist, aber eines bleibt auf jeden Fall, nämlich die Diskriminierung all jener Steuerpflichtigen, die nach wie vor § 12 Abs. 10 zu berücksichtigen haben. Ich gehe jedenfalls davon aus, daß das eindeutig verfassungsrechtlich bedenklich ist.

Herr Bundesminister! Sie werden damit rechnen müssen, daß es zu einer diesbezüglichen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof kommt. Es ist nämlich unzumutbar, daß alle anderen Steuerpflichtigen diese Vorsteuerkorrektur zu tätigen haben, nur jene aus dem Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens nicht.

Nun zur Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988. Im Finanzausschuß habe ich bereits einen entsprechenden Antrag betreffend § 3 Abs. 3 Ziffer 30 zur Abschaffung der sogenannten Parkplatzsteuer eingebracht. Ich darf diesen Antrag zur Verlesung bringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Böhacker, Haigermoser und Kollegen zur Regierungsvorlage 370 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes 464 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die genannte Vorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

§ 3 Abs. 3 Ziffer 30 lautet:

"30. Die freiwillige, ohne Rechtsanspruch gewährte Möglichkeit des Arbeitnehmers, das von ihm für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzte Kraftfahrzeug während der Arbeitszeit und damit im Interesse des Arbeitgebers auf einem Abstell- oder Garagenplatz des Arbeitgebers abzustellen."

*****

Begründet ist dieser Antrag damit, daß im Jahre 1975 ein Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen ergangen ist, der genau diese Rechtsansicht teilt.

Meine Damen und Herren! Im Sinne der Kontinuität im Steuerrecht ersuche ich um Zustimmung zu diesem Antrag.

Herr Bundesminister! Ich darf Ihnen auch in Erinnerung rufen, daß Ihr Parteikollege Johann Maier, genannt SPÖ-Rebell, in Salzburg rund 10 000 Unterschriften gesammelt und angekündigt hat, daß er am 21. November im Finanzausschuß einen entsprechenden Antrag einbringen wird. Leider vergaß er, was er versprochen hat. Ich aber habe die Ausfallhaftung für diese 10 000 Bürgerinnen und Bürger in Salzburg übernommen und diesen Antrag eingebracht.


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Wir werden sehr genau beobachten, wie vor allem die SPÖ-Fraktion sowie speziell die Gewerkschafter dieser Fraktion zu diesem freiheitlichen Antrag stimmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Müller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.29

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Die Harmonisierung im Gesundheits- und Sozialbereich ab 1. Jänner 1997 als Folge der EU-Beitrittsverhandlungen hat auch gesetzliche Änderungen des Umsatzsteuergesetzes notwendig gemacht.

Auswirkungen haben diese unter anderem auf Träger der Sozialversicherungen und Fürsorgeeinrichtungen. Sie bewirken einen Übergang von der echten zur unechten Umsatzsteuerbefreiung. Gleichzeitig bedeutet diese Änderung die Anpassung unseres Mehrwertsteuersystems im Gesundheits- und Sozialbereich an jenes anderer EU-Mitgliedstaaten. Diese Systemumstellung hätte mangels Vorsteuerabzugsberechtigung ab 1. Jänner 1997 für diese Bereiche beziehungsweise deren Rechtsträger einen erheblichen finanziellen Mehraufwand bedeutet.

Gäbe es keinen Ausgleich, dann hätte dem mit einer Beitragserhöhung im Gesundheitsbereich und weitreichenden Kostensteigungen im Sozialbereich begegnet werden müssen. Ich bin froh darüber, daß sich die Finanzausgleichspartner mit dem Finanzminister geeinigt haben und dieser den Mehraufwand aus dem Umsatzsteuermehraufkommen refundiert. Dieser Ausgleich wird mit dem vorliegenden Beihilfenmodell geschaffen, dem unserer Meinung nach keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wie sie Herr Kollege Böhacker vor mir geäußert hat, entgegenstehen.

Diese Regelung bewirkt aber auch, daß die betroffenen Einrichtungen durch die unechte Steuerbefreiung administrative und verwaltungsmäßige Vorteile nutzen können. Ganz besonders wichtig ist es mir auch, zu erwähnen, daß für jene sozialen Einrichtungen, für die eine Beihilfenregelung nicht vorgesehen ist, ein Optionsrecht möglich ist, um Wettbewerbsverzerrungen hintanzuhalten. Das heißt, daß auf Antrag die bestehende Rechtslage weiterhin angewendet werden kann und die Einnahmen weiterhin dem begünstigten 10prozentigen Steuersatz bei gleichzeitiger Vorsteuerabzugsberechtigung unterliegen.

Meine Damen und Herren! Die gleichzeitige Änderung des Finanzausgleichsgesetzes ist insbesondere auch im Zusammenhang mit der Neuordnung der Krankenanstaltenfinanzierung zu sehen. Bekanntlich wird der bisherige KRAZAF durch neun Länderfonds ersetzt, für welche die Dotierung nach denselben Grundsätzen wie beim KRAZAF erfolgen wird. – Da diesem Gesetzentwurf ein einvernehmliches Verhandlungsergebnis mit den Finanzausgleichspartnern zugrunde liegt, werden wir dieser Vorlage unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

23.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.32

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Frage der Pensionsregelung der zweiten Säule oder einer dritten Säule ist sicherlich eines der wesentlichen Themen im Zusammenhang mit der Zukunftssicherung beziehungsweise der Altersvorsorge unserer Mitbürger.

Ich glaube, daß das ein ganz zentrales Anliegen berührt. Ich glaube darüber hinaus, daß wir mit einem Pensionskassengesetz seinerzeit einen Quantensprung an Qualität verursacht und den richtigen Weg beschritten haben.


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Ich erinnere mich noch gut daran, daß das, als die Krisen bei der VOEST-Alpine aber auch bei anderen großen, auch privaten Unternehmungen zutage getreten sind, unter anderem ein Thema war, daß viele, jahrelang dienende Mitarbeiter, die Pensionszusagen hatten, auf einmal vor die Wahl gestellt wurden, sich sozusagen mit einem Bettel zu begnügen oder überhaupt ihre Altersvorsorge zu gefährden. Ich glaube daher, daß diese Pensionskassenmöglichkeit eine wirkliche Qualitätsverbesserung darstellt.

Diese Novelle, die nun zur Diskussion steht, die darauf abzielt, zu unterscheiden, ob die Pensionszulagen leistungs- oder beitragsorientiert sind, verstehe ich nicht beziehungsweise kann sie nur so interpretieren: Wir wollen tendenziell die leistungsorientierten Zusagen favorisieren und die beitragsbezogenen zurücknehmen. (Zwischenruf des Bundesministers Mag. Klima. )

Herr Bundesminister! Das ist meine Interpretation. Ich habe das studiert und habe versucht, es zu verstehen. (Bundesminister Mag. Klima: Wir wollten eine Möglichkeit schaffen!)

Ich weiß, Herr Bundesminister, das ist die Möglichkeit! Aber die Möglichkeit könnten Sie auch auf eine andere Art und Weise schaffen, nämlich dadurch, daß Sie unserem Abänderungsantrag zustimmen, den ich gleich verlesen werde. Danach erkennen wir zwar an, daß der Betrag von 10 Prozent für leistungsorientierte Zusagen nicht ausreicht, aber das ist kein ausreichender Grund für eine unterschiedliche Behandlung von Beitrags- und Leistungsorientierung.

Ich meine, es sollte dem Unternehmer überlassen bleiben, zwischen den beiden Grundmodellen zu wählen. Ich für meine Person würde mich für den beitragsorientierten Lösungsansatz entscheiden, weil er meiner Ansicht nach größere Sicherheit bietet, und zwar nicht nur mir als Unternehmer, sondern selbstverständlich auch meinen Mitarbeitern als den zukünftigen Begünstigten. Daher verstehe ich diese unterschiedliche Betrachtung nicht ganz – auch dann nicht, Herr Bundesminister, wenn die Umstiegshilfe gemeint ist. – Ich glaube, das ließe sich anders lösen.

Da wir der Meinung sind, daß dieser Unterschied nicht gerechtfertigt ist, beantragen wir in einem Abänderungsantrag folgendes:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Haselsteiner und PartnerInnen betreffend die Regierungsvorlage 370 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (370 der Beilagen) über ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und das Einkommensteuergesetz geändert werden, wird wie folgt geändert:

Im Art. II Änderung des Einkommensteuergesetzes wird die Ziffer 1 wie folgt geändert. § 4 Abs. 4 Ziffer 2 lit.a lit. cc lautet:

cc) Bei beitrags- und leistungsorientierten Zusagen in Veranlagungs- und Risikogemeinschaften dürfen die Beiträge 20 Prozent der Lohn- und Gehaltssumme der Anwartschaftberechtigten nicht übersteigen.

Im Art. II Änderung des Einkommensteuergesetzes wird die Ziffer 1 wie folgt geändert. § 4 Abs. 4 Ziffer 2 lit. a lit. dd lautet:

Bei Zusagen mit Beitragsanpassungen (§ 15 Abs. 3. Ziffer 5 des Pensionskassengesetzes) darf der in lit. cc genannte Grenzwert überschritten werden, solange der Arbeitgeber vorübergehend höhere Beiträge zum Schließen einer unvorhergesehenen Deckungslücke leisten muß.

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47. Sitzung / Seite 154

Herr Bundesminister! Wenn wir den Rahmen weit genug stecken – meiner Überzeugung nach ist die Mißbrauchsmöglichkeit nicht gegeben –, würden wir den Unternehmern auf diese Weise einen größeren Spielraum einräumen, ohne daß sie befürchten müßten, daß diese Änderung mißbräuchlich zur Vermeidung – insbesondere in bestimmten Perioden – des Einkommensteuer- oder des Körperschaftsteueraufkommens benützt werden könnte.

Ich weiß, das ist ein Abänderungsantrag in letzter Minute. Ich habe gerade vorhin argumentiert, daß man etwas nicht gutheißen kann, solange man es nicht gelesen und auch wirklich studiert hat. Trotzdem bitte ich die Kollegen, darüber nachzudenken.

Herr Bundesminister! Zweitens: Wir haben nun eine EU-Anpassung im Bereich der Umsatzsteuer. Wir glauben, daß das selbstverständlich der richtige Weg ist. Wir verstehen folgendes aber nicht: Wenn Sie nun darauf abzielen, Ärzten und anderen, die einen Kassenvertrag haben, diese Möglichkeit zu gewähren, dann empfinden wir es nicht nur unter Umständen, sondern vor allem aus einer gewissen Logik heraus als sogar verfassungsrechtlich bedenklich und als nicht verständlich, daß Sie andere im gleichen Berufsfeld arbeitende Menschen – Unternehmer oder Freiberufler – davon ausschließen. Ich nehme an, daß die davon Betroffenen – Wahlärzte, Psychotherapeuten und andere – von der Bevölkerungsgruppe her keine wesentliche Anzahl ausmachen. (Bundesminister Mag. Klima: Es sind die dabei, die einen Kassenvertrag haben!) Diejenigen, die einen Kassenvertrag haben, sind dabei.

Meine Kollegin Martina Gredler hat mir aber ausdrücklich aufgetragen, zu erwähnen, daß es auch praktische Ärzte ohne Kassenvertrag gibt, die, um überhaupt im Beruf bleiben zu können, zu Krankenkassentarifen oder knapp darüber arbeiten müssen. Denn auch auf diesen Gebieten gibt es leider Gottes einen Wettwerb, mag man ihn auf diesem Gebiet nun gutheißen oder nicht. Diese im Gesundheitswesen Tätigen werden wirklich diskriminiert. Wir sehen das nicht ein, und daher glauben wir, Herr Bundesminister, daß wir einen Abänderungsantrag ins Auge fassen sollten. Ich erlaube mir, diesen nun einzubringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Haselsteiner, Dr. Van der Bellen, Freunde und FreundInnen zur Regierungsvorlage 395 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage, mit der ein Bundesgesetz, mit dem Beihilfen im Gesundheits- und Sozialbereich geregelt (Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz) und das Finanzausgleichsgesetz 1997 und das Katastrophengesetz 1996 geändert werden (395 der Beilagen), in der Fassung des Ausschußberichtes (476 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. Artikel I § 3 Abs. 1 wird folgender neuer Abs. 2 hinzugefügt.

"(2) Psychotherapeuten, Hebammen und freiberuflich Tätige im Sinne des § 52 Abs. 4 des Bundesgesetzes betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes, der medizinisch-technischen Dienste, der Sanitätshilfsdienste, BGBl. Nr. 102/1961 in der Fassung des BGBl. 872/92 und des § 7 Abs. 3 des MTD-Gesetzes (BGBl. Nr. 460/92) sowie jene Ärzte, die aufgrund des in § 131a ASVG und § 131b ASVG verankerten Wahlrechtes in Anspruch genommen werden können, haben gleichfalls Anspruch auf einen Ausgleich, der sich nach den von den Sozialversicherungsträgern, den Krankenkassenfürsorgeeinrichtungen und den Trägern des öffentlichen Fürsorgewesens gezahlten Leistungsentgelten, Kostenerstattungen beziehungsweise Zuschüssen richtet."

2. Artikel I § 3 Abs. 2 und 3 werden zu § 3 Abs. 3 und 4.

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Ich glaube, Herr Bundesminister, daß die Frage offengelassen wird, wie Sie das bedecken. Man könnte ohne weiteres eine Regelung finden. Herr Höchtl, auch wenn es nur wenige sind, verdienen sie unseren Respekt. Sie werden vielleicht auch in einem Notfall in Obhut genommen werden müssen und werden dankbar sein, wenn Sie wissen, daß Sie diese Menschen hier im Parlament als Abgeordneter gut behandelt haben.

Ich bitte daher, diese beiden Abänderungsanträge wohlwollend in Erwägung zu ziehen. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die beiden soeben verlesenen Abänderungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.40

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einige Anmerkungen zu einem Gesetz machen, das wir heute novellieren, nämlich zum Glücksspielgesetz. Wir wissen, daß dieser Bereich in Österreich seit einigen Jahrzehnten sehr gut geregelt ist. Es handelt sich hiebei um einen international sehr sensiblen Bereich. Dieser konnte einer Ordnung zugeführt werden, die nicht nur in Österreich akzeptiert ist. Das Know-how, das diesbezüglich in Österreich geschaffen wurde, ist meiner Auffassung nach auch international anerkannt. Nicht nur die Finanzminister sind immer sehr glücklich darüber, daß bedeutende Steuereinnahmen erzielt werden, sondern auch die anderen davon Betroffenen, etwa Sportverbände sind glücklich, wenn sie einen Teil dieser Einnahmen erhalten, um das Geld für die Nachwuchsförderung, für Sportaktivitäten oder für größere Wettkämpfe verwenden zu können.

Diese sensible Materie ist gut geregelt. Es wird allerdings von Zeit zu Zeit auch aufgrund technischer Veränderungen notwendig, daß man diesen relativ frühzeitig begegnet und versucht, neue Regelungen einzuführen und Barrieren einzuziehen, um Mißbräuche zu vermeiden. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung und Vernetzung ist es für manche Glücksritter relativ leicht möglich, in diese Netze hineinzukommen und mit wenig Geld zu hohen Einnahmen zu kommen. Ferner besteht so gegebenenfalls für Ausländer die Möglichkeit, Steuern nicht in Österreich zu zahlen, sondern das Geld ins Ausland zu transferieren. Vielleicht wäre außerdem auch der Spielerschutz damit nicht unbedingt gewährleistet.

Wir haben daher mit dieser Novelle versucht, solchen Gefahren zu begegnen und neue Regelungen zu treffen. Ich bin froh darüber, daß es im Zuge verschiedener Gespräche möglich war, einen Konsens darüber zu erzielen, und ich glaube, daß die Verantwortlichen immer für konsensuale Lösungen stehen sollten. Aufgrund eines Konsenses besteht auch die beste Chance, eine Weiterentwicklung in diesem sensiblen Spielmarkt zu erzielen.

Es sind diverse Maßnahmen vorgesehen, die beispielsweise gemäß §56a bis zu einer Betriebsschließung gehen können. Wir haben das im Ausschuß diskutiert und haben uns zu der Ausschußfeststellung entschlossen, wonach eine derartige Betriebsschließung wirklich nur eine Ultima ratio sein sollte. Es sollten erst alle anderen möglichen Maßnahmen gesetzt werden, bevor man zu einer dermaßen drakonischen Maßnahme greift.

Wir von der Volkspartei glauben, daß die Regelungen, die gefunden wurden, gut sind. Wir bekennen uns zu dem Konsens, der im Ausschuß erzielt wurde, und wir sagen mit Überzeugung ja dazu, weil wir der Überzeugung sind, daß dieser die weitere Entwicklung eines geordneten Glücksspielmarktes in Österreich ermöglicht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Trattner vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.


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47. Sitzung / Seite 156

23.45

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz ein paar Bemerkungen zur Änderung des Pensionskassengesetzes machen. Einerseits betrifft meine Kritik die Überregulierung durch dieses Gesetz, andererseits möchte ich kritisieren, daß nicht systemkonform gehandelt wird.

Ich habe es Ihnen bereits im Ausschuß gesagt: Es wäre vernünftig, wenn man die Beiträge der Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend machen und sie dann bei späterem Bezug als Pension versteuern könnte. Es ist mir schon klar, Herr Finanzminister, daß das für Sie in Anbetracht Ihrer budgetären Nöte sehr schwer möglich ist. Aber das, was sich hier abspielt, ist nicht systemkonform.

Dazu kommt noch – obwohl wir immer wieder von einer privaten Pensionsvorsorge und auch von einer betrieblichen Pensionsvorsorge sprechen – die Streichung der Sonderausgaben von 50 Prozent auf 25 Prozent, wobei alle Einkommen über 700 000 S davon ausgenommen sind. Nur diesen kleinen Anteil als Sonderausgabe geltend zu machen, ist wirklich zu wenig, um einen besonderen Anreiz für ein betriebliches Pensionskassensystem beziehungsweise ein überbetriebliches Pensionskassensystem zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Kritik kommt nicht nur von den Freiheitlichen, sondern auch von der Börsenkammer, von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, von der Industriellenvereinigung und so weiter.

Ich möchte jetzt ganz kurz auf einen Punkt betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird, eingehen. Kollege Höchtl hat schon gelobt, daß die Casino Austria in diesem Bereich sehr gute Arbeit vor allem im Imagebereich geleistet hat und international sehr erfolgreich ist. Aber was mich gerade im internationalen Geschäft sehr stört, ist die Verquickung Ihres Beamten, des Herrn Sektionschefs Stanzel im Finanzministerium, mit der Tochtergesellschaft in Australien. Herr Finanzminister Klima! Ihr Vorgänger hat das offensichtlich geduldet. Herr Direktor Wallner hat in einem Interview in der "WirtschaftsWoche" glaubhaft gesagt, daß er damit nichts zu tun habe. Das sei ein Wunsch der Australier gewesen. Ihr Vorgänger Dr. Staribacher hat diesem Treiben aber zugeschaut. Sie waren damals in derselben Regierung. Sie hatten damals Handlungsbedarf – und Sie haben jetzt Handlungsbedarf. Es ist nämlich wirklich unvereinbar, Herr Finanzminister, daß ein Sektionschef, dessen Sektion Aufsichtsbehörde der Casino Austria AG ist, gleichzeitig an einem solchen Unternehmen nicht nur eine Beteiligung hat, sondern aus diesem Engagement auch noch ein Einkommen in der Größenordnung von 40 000 Dollar bezieht. Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen: Es tut dem Image der Casino Austria ganz sicherlich nicht gut, wenn man da zuschaut und nicht reagiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es stellt sich ganz eindeutig die Frage – der Aktienkurs ist ja seit dem Kauf der Aktien bis zum jetzigen Zeitpunkt um mehr als 50 Prozent zurückgegangen –: Wer kommt für den Kursverlust auf? Kommt Herr Sektionschef Stanzel dafür auf? Wer kauft die Aktien? Werden sie über dem Wert gekauft? – Ich glaube, das Hohe Haus hat ein Anrecht darauf, daß Sie, Herr Minister, auf diese Fragen eine offene und ehrliche Antwort geben, denn derartige Vorkommnisse schaden dem Image unserer Casinos, das mit sehr viel Fleiß und Engagement aufgebaut wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Klima. – Bitte, Herr Minister.

23.49

Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mich viel lieber mit dem, wie ich glaube, ziemlich vorbildhaften Gesetz betreffend die Umsatzsteuer und die daraus resultierende Unterstützung von nahezu 17 Milliarden Schilling für das Gesundheitswesen durch die Abgeltung des Vorsteuerentfalles beschäftigt. Ich hätte mich viel lieber mit dem Pensionskassengesetz beschäftigt, das nun die Chance gibt, 40 statt 30 Prozent des Veranlagungsvermögens in Aktienkapital zu veranlagen. (Abg. Mag. Trattner: So geht es nicht!)


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47. Sitzung / Seite 157

Es tut mir leid, sehr geehrter Herr Abgeordneter Trattner, daß ich mich nun mit dem von Ihnen angesprochenen Fall beschäftigen muß. Ich finde es ein bißchen unfair, gestatten Sie mir diese Bemerkung, daß Sie diesen Fall, den ich Ihnen persönlich ... (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner. ) Herr Kollege Trattner! Hören Sie mir bitte zu! Ich habe Ihnen auch zugehört!

Ich finde es unfair, daß Sie einen Fall, den ich Ihnen persönlich erläutert und dessen Lösung ich Ihnen auch persönlich dargelegt habe (Abg. Mag. Trattner: Sie mir?)  – ja, ich Ihnen persönlich! –, hier und heute neuerlich bringen.

Ich sehe mich daher veranlaßt, folgendes festzustellen: Erstens: Herr Sektionschef Stanzel hat keine wie auch immer geartete rechtliche Verfehlung begangen. Es ist alles durch die Innenrevision meines Ressorts geprüft und festgestellt worden, daß das vom zuständigen Bundesminister für Finanzen im Jahre 1995 genehmigt wurde. Es hat hier keinerlei rechtliche Verfehlung gegeben.

Ich möchte aber noch hinzufügen, daß Herr Sektionschef Stanzel nach einem Gespräch mit mir eine Lösung angeboten und gefunden hat, die sicherstellt, daß er nicht in den Insider-Verdacht kommt. Er wird nach der Legung der Bilanz über das Jahr 1996 seine Aktien abgeben und anschließend in der Hauptversammlung nach Absprache mit den Rechtsanwälten im australischen Bereich seinen Aufsichtsratssitz zurücklegen. – Das müssen Sie jedoch schon wissen, denn das habe ich Ihnen erzählt. Wie gesagt: Ich finde Ihre Verhaltensweise nicht sehr fair. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Scheibner: Das stimmt nicht! Stellen Sie das richtig, Herr Minister! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

23.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

23.52

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Ich möchte nur einige Worte zum Beihilfengesetz und zur Umsatzsteuergesetz-Novelle sagen:

Die Ursachen dafür sind in beiden Fällen die EU-Richtlinien, was mich einmal mehr zu der Vorbemerkung verleitet, daß sich die EU leider auf die falschen Steuerharmonisierungen kapriziert. Überall dort, wo es tatsächlich notwendig wäre, nämlich im Bereich der Kapitalertragsteuerharmonisierung oder auch im Bereich der Körperschaftsteuer und in ähnlichen Fällen, ist die EU mit der Harmonisierung in Verzug, während dort, wo es nicht unbedingt oder gar nicht notwendig wäre, energische Richtlinien zur Harmonisierung gesetzt werden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Aber die Lage ist nun einmal so, und das Beihilfengesetz schafft jetzt einen gewissen Ausgleich für jene Berufsgruppen, die besonders betroffen sind, also alle medizinischen Berufe, Krankenanstalten und so weiter.

Herr Dr. Haselsteiner ist schon ausführlich auf die Frage eingegangen, warum bestimmte Berufsgruppen davon ausgenommen sein sollen – das leuchtet auch mir nicht ein –: sogenannte Wahlärzte, freiberuflich Tätige, Physiotherapeuten, Psychotherapeuten, Hebammen und so weiter, soweit sie keinen Kassenvertrag haben. Bei diesen Gruppen unterstellen offenbar der Finanzminister beziehungsweise die Bundesregierung, daß die in dieser Gruppe Tätigen geringe – sehr geringe! – Vorleistungen in ihrem Umsatz aufzuweisen haben. – Das mag in der Regel der Fall sein, ist aber zum Beispiel bei Ordinationsneugründungen eine eher zweifelhafte Annahme.

Zudem wird angenommen, daß diese Berufsgruppen durch den Wegfall der Mehrwertsteuer einen Spielraum für Honorarerhöhungen haben, ohne daß es zu einer zusätzlichen effektiven Belastung des Patienten käme. Rein ökonomisch betrachtet ist die letztere Überlegung natürlich grundsätzlich richtig, aber meinen Gesprächen mit Vertretern der Psychotherapeuten, Physiotherapeuten und Hebammen mußte ich entnehmen, daß die Realität bei der Psychologie von Preiserhöhungen eben nicht immer dem Lehrbuch folgt. Es ist durchaus möglich, daß sich in


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47. Sitzung / Seite 158

einer Reihe von Fällen der Patient am Nettopreis ausrichtet und sagt: Bisher habe ich 700 S pro Stunde plus 20 Prozent Mehrwertsteuer bezahlt. Jetzt fällt die Mehrwertsteuer weg, also zahle ich 700 S. – Die 20 Prozent Preiserhöhungsspielraum sind natürlich theoretisch vorhanden – ob sie der Patient aber akzeptiert, steht auf einem anderen Blatt, vor allem, in welcher Frist er sie akzeptiert.

Wie dem auch sei: Ich glaube, daß in bestimmten Fällen bei einer Kombination unglücklicher Umstände sehr wohl Probleme auftreten – noch dazu, weil die Freiberufler in diesem Bereich aufgrund der Zusagen des Finanzministeriums – als es nicht Minister Klima, sondern seinen Vorgängern unterstand – glauben konnten und mußten, der Gleichbehandlung in diesem Bereich zu unterliegen.

Ich bitte Sie daher, den Abänderungsantrag von Kollegen Haselsteiner und mir zu unterstützen.

Nun noch ganz kurz zur Umsatzsteuergesetz-Novelle: Es liegt nun die x-te Novelle unter dem Titel "Zweite Vereinfachungsrichtlinie der EU" vor, ich weiß nicht, die wievielte es ist. – Ich muß Ihnen ehrlich sagen: Ich weiß nicht, wie viele in diesem Raum sich diese Umsatzsteuergesetz-Novelle angeschaut haben. (Abg. Böhacker: Ich habe Sie angeschaut!) Sie sind also Experte!

Ich kann nur sagen: Wenn das Umsatzsteuerrecht schon bisher zu den kompliziertesten Materien überhaupt gezählt hat: Nach dieser Vereinfachung wird es sicherlich noch weniger Fachleute geben, die sich in dieser Materie auskennen.

Auf die einzelnen Gustostückerln möchte ich jetzt gar nicht eingehen. Ich persönlich kann nur sagen: Beim gänzlich gescheiterten Versuch, noch zum Umsatzsteuerexperten zu werden, habe ich mein Vorhaben schließlich mit der Hoffnung beendet, daß uns der Herrgott oder sonst eine höhere Gewalt vor der nächsten Vereinfachungsrichtlinie der EU bewahren mögen. (Abg. Mag. Ederer: Sie sind ja noch ein junger Mensch!) So jung, liebe Gitti Ederer, bin ich dann auch nicht mehr.

Wir stimmen trotzdem auch dieser Umsatzsteuergesetz-Novelle zu, weil im Artikel II die leidige Vorsteuergeschichte bezüglich der Pflegeanstalten, Blindenheime, Kuranstalten und so weiter hoffentlich geregelt wird. – Ganz durchschaue ich das zwar nicht, aber ich gehe davon aus, daß die Sache mit dem sozusagen rückwirkend entfallenden Vorsteuerabzug bei den Krankenanstalten jetzt wirklich geregelt ist. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum.)

23.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt gibt es eine tatsächliche Berichtigung, aber nicht zu der Behauptung, daß Professor Van der Bellen ein junger Mensch ist. (Abg. Grabner: So alt ist er auch wieder nicht!) Herr Abgeordneter Trattner hat das Wort.

23.58

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Ich berichtige tatsächlich: Ich habe mit Ihnen über den Fall Casinobeteiligung Australien hier bei der Regierungsbank nie ein Wort gesprochen. Sie müssen mich mit jemandem verwechseln! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schreiner. – Die Redezeit ist auf 4 Minuten eingestellt.

23.59

Abgeordneter Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! An sich möchte ich jetzt über die Novelle des Punzierungsgesetzes sprechen, aber jetzt würde mich schon interessieren: Was ist da wirklich wahr daran? – Da gibt es einen Sektionschef, der Aufsichtsorgan und gleichzeitig beteiligt ist. Sie haben das Abgeordnetem Trattner angeblich in einem Vieraugengespräch erklärt. Uns würde interessieren: Was ist jetzt wirklich wahr daran?


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47. Sitzung / Seite 159

Das ist, Herr Bundesminister, bereits zeitungskundig gewesen! (Abg. Böhacker: Er hört nicht zu!) Etwas kann ich mir aber nicht vorstellen: Können Sie sich, Herr Bundesminister, vielleicht vorstellen, daß in einer Wirtschaftstreuhandkanzlei der Leiter der Großbetriebsprüfung auf einmal als Beteiligter und auch Lukrierender von Gewinnen aufscheint oder daß zum Beispiel der Bundessteuerinspektor auch gleichzeitig Teilhaber einer Steueranwaltskanzlei ist, und zwar ohne daß Sie das wissen oder vielleicht sogar gutheißen? Herr Bundesminister! Wir ersuchen Sie, der Öffentlichkeit und dem Parlament dazu eine Aufklärung zu geben! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Er hat nicht aufgepaßt!) Wir können auch eine schriftliche Anfrage einbringen.

Herr Bundesminister! Nun zum Punzierungsgesetz. Ich habe bereits im Ausschuß dazu Stellung genommen. Ich bin der Meinung, daß wir uns bei dieser Regelung, die nun eine EU-konforme Regelung darstellt und uns als weitere Novelle des Punzierungsgesetzes heute vorliegt, doch einmal überlegen sollten, ob ein Bundespunzierungsamt wirklich noch zeitgemäß ist – oder ob wir nicht doch die Goldschmiede und die Juweliere durch Zertifikat und durch Beeidung dazu bringen, daß sie den Wert ihrer Geschmeide, nämlich den Gold-Feinheitsgehalt, bestätigen und durch ein Gutachten festschreiben.

Ich glaube, daß es viel wichtiger wäre, einmal einen Schritt nach vorne zu machen und Gutachter darüber befinden zu lassen, welche Legierung vorliegt. Es gibt nämlich viele höherwertige Metalle – Palladium, Wolfram –, die ein Vielfaches von Gold kosten und wo das Gutachter machen. Wir würden uns ein Bundespunzierungsamt ersparen – wir könnten es ersatzlos auflassen –, und es wäre dies für Goldschmiede und Juweliere eine weitere Betätigung neben ihrer Arbeit. Ich glaube, daß das eine mögliche Vereinfachung wäre.

Im Bericht des Finanzausschusses steht, daß das Bundespunzierungsgesetz auch die Übersendung von Geschmeiden auf dem Postweg ermöglicht. Das heißt, bis jetzt war das überhaupt unterbunden, bis jetzt hat man mit diesen Goldstücken über weite Strecken fahren müssen. Ich will gar nicht verhehlen, daß das natürlich auch ein Problem der Versicherung war, und auf dem Postweg wird das wahrscheinlich ebenfalls so sein. Lassen wir das in Hinkunft beeidete Fachleute machen und schaffen wir dieses Bundespunzierungsamt ersatzlos ab! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Hat der Habsburg sein Diadem auch punzieren lassen?)

0.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grabner. Er hat das Wort.

0.02

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Einige Worte zur Novellierung des Glücksspielgesetzes.

Der Glücksspielsektor hat in Österreich bereits einen beachtlichen Stellenwert erreicht. Seine überdurchschnittlich hohen Steuerleistungen sowie die Beiträge zur Einkommens- und Beschäftigungsicherung unterstreichen die gesamtwirtschaftliche Bedeutung. Neben dem Fiskusinteresse des Bundes sind insbesondere ordnungspolitische Zielsetzungen Grundlage für die Novellierung einzelner Bestimmungen zum Schutz des Glücksspielmonopols.

In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, hat der Europäische Gerichtshof im Jahre 1994 in der Rechtssache Schindler festgestellt, daß nationale Bestimmungen zum Schutz der Glücksspielmonopole der Mitgliedstaaten gemeinschaftskonform sind. Auf dieser Grundlage halten die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ihre Monopole im Bereiche des Glücksspieles aufrecht.

Die Entscheidung des österreichischen Gesetzgebers, im Casino- sowie im Lotteriebereich jeweils Alleinkonzessionäre einzusetzen, hat sich in der Vergangenheit als im Interesse des Bundes sowohl in fiskal- als auch ordnungspolitischer Hinsicht am besten bewährt. (Beifall bei der SPÖ.)


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Durch diese Novelle soll daher für diejenigen Anbieter, die auf dem Glücksspielmarkt durch die verstärkte Nutzung neuer Technologien und unter Außerachtlassung bestehender gesetzlicher Regelungen Glücksspiele anbieten, das Angebot ihrer Produkte unmöglich gemacht werden.

Nationale wie internationale Erfahrungen zeigen, daß eine Einbeziehung von Materien im Bereich des Ordnungsrechtes regelmäßig eine bessere Überwachungsmöglichkeit für die staatliche Aufsichtsbehörde wie auch eine entsprechende Seriosität bei der Veranstaltung und Abwicklung der durch den Bund kontrollierten Tätigkeiten garantiert. Ein Beispiel dafür, meine Damen und Herren, ist insbesondere die vom Gesetzgeber mit Novellierung des Glücksspielgesetzes 1962 getätigte Neueinführung des Lottos "6 aus 45", welche eine erfolgreiche Ausweitung des Glücksspielmonopols darstellte und wodurch in hohem Maße der Abgang von Spielkapital ins Ausland verhindert und die Veranstaltung von Glücksspielen in der Illegalität hintangehalten wurde.

Berücksichtigt man insbesondere sowohl die neuen Technologien, die es auch ausländischen Glücksspielveranstaltern ermöglichen würden, in Österreich Glücksspiele anzubieten, als auch die Höhe des erforderlichen Investitionsvolumens sowie die daraus resultierenden Umsatzerwartungen, so erscheinen Strafandrohungen wie die erhöhte Beugestrafe des neuen § 52a von 300 000 S notwendig.

Meine Damen und Herren! Der Konzessionär Casinos Austria AG hat seit der Konzessionsübernahme im Jahre 1968 eine Steuerleistung in der Höhe von 20 Milliarden Schilling, der Konzessionär Österreichische Lotterien seit der Unternehmungsgründung eine Steuerleistung von 34 Milliarden Schilling erbracht. Insgesamt wurden 54 Milliarden Schilling an den österreichischen Staat bezahlt.

Der österreichische Sport erhielt durch die Sportförderung im selben Zeitraum einen Betrag von 3,2 Milliarden Schilling – und da muß man als einer der Verantwortlichen für den Sport herzlichst danke schön sagen. Ich kann mich meinem Freund Höchtl in dieser Angelegenheit natürlich nur anschließen.

Ich sage es ganz offen: Herr Generaldirektor Wallner und Herr Dipl.-Ing. Stickler garantieren die gute Führung dieser Betriebe und auch die Unterstützung des Sports in Österreich, den dieser so dringend benötigt. Ich ersuche daher um Ihre Zustimmung zu dieser Novellierung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

0.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Dkfm. Ruthofer. Redezeit: 4 Minuten.

0.07

Abgeordneter Dkfm. Kurt Ruthofer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde mich kurz mit dem Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfenfondsgesetz befassen.

Die durch den EU-Beitritt Österreichs notwendig gewordenen Gesetzesanpassungen bringen ab 1. Jänner 1997 für den Gesundheitsbereich eine einschneidende finanzielle Änderung. Ab diesem Stichtag kommt es zu einer unechten Befreiung von der Umsatzsteuer. Eine unechte Umsatzsteuerbefreiung liegt dann vor, wenn jemand keine Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen braucht, jedoch auch nicht berechtigt ist, die Vorsteuer abzuziehen.

Da eine Vielzahl von Vorleistungen, aber auch die Investitionen mit Vorsteuern belegt sind, entstehen für Ärzte, Krankenfürsorgeeinrichtungen, für Krankenanstalten mit öffentlich-rechtlichem oder mit gemeinnützigem Träger, für den Krankentransport sowie andere Gesundheitsberufe Mehrbelastungen in Höhe der künftig nicht mehr abziehbaren Vorsteuer. Diese Mehrbelastungen sollen durch sogenannte Ausgleichszahlungen abgegolten werden. Praktische Ärzte, Zahnärzte, Dentisten und sonstige Vertragspartner haben Anspruch auf einen Ausgleich.

Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales per Verordnung die Ausgleichssätze aufgrund von Erfahrungen über die wirtschaft


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lichen Verhältnisse bei der jeweiligen Gruppe von Unternehmen festgesetzt. Laut Antwort auf meine Anfrage an den Finanzminister im Finanzausschuß werden diese Ausgleichssätze 3,4 Prozent für die Praktiker und 4,8 Prozent für die Zahnärzte betragen. So gesehen hat man für diese Berufsgruppen eine zufriedenstellende Lösung gefunden.

Es gibt aber andere Berufsgruppen – nämlich Psychotherapeuten, das ist heute schon mehrmals angeklungen, Hebammen sowie freiberuflich Tätige –, die ab 1. Jänner 1997 ebenfalls steuerfreie Umsätze bewirken, für die aber keine Ausgleichszahlungen vorgesehen sind. Begründet wird dies damit, daß bei diesen Berufsgruppen mehrwertsteuerbelastete Vorleistungen in viel geringerem Umfang anfallen.

Eine Schlechterstellung erfahren auch die Wahlärzte und deren Patienten. Nach Einführung des 20 prozentigen Selbstbehaltes verloren zum Beispiel Kärntens Wahlärzte ein Drittel der Patienten.

Uns geht die Luft aus, sagt der Sprecher der Wahlärzte, Dr. Robert Schmiedhofer, in einem Artikel in der "Kleinen Zeitung" vom 23. November 1996. Vor allem junge Mediziner, die hohe Summen in ihre Praxis investieren, wie etwa die freien Zahnärzte, seien in ihrer Existenz gefährdet. Doch es gehe nicht nur um das Wohl des Arztes, sondern auch um das des Patienten. Mit der Demontage des Wahlarztsystems werde das Grundrecht der freien Arztwahl brachial mit Füßen getreten, kritisiert Schmiedhofer.

Nicht erfaßt in diesem Gesetz sind die Rückersätze der Krankenkassen an die Patienten bei der Inanspruchnahme von Wahlärzten. In den §§ 3 und 10 wird nur auf den Anspruch der Ärzte und Dentisten auf Beihilfen und nicht auf jenen der Patienten bei den Kostenrückerstattungssystemen eingegangen.

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger lehnt eine Einbeziehung der Kostenerstattung für wahlärztliche Leistungen in das Beihilfesystem zum Schaden der Versicherten ab. Es geht dabei um eine sehr große Zahl von Patienten, die laufend die etwa 5 500 niedergelassenen Ärzte ohne Kassenvertrag – also Wahlärzte – in Anspruch nehmen. Es geht vor allem um jene Bereiche, in denen sich hauptberuflich niedergelassene Wahlärzte weitgehend bei der Honorarerstellung an den Rückersatzansprüchen der Patienten orientieren, damit deren Selbstbehalt eben so gering wie möglich ausfällt. Der Ausschluß der Patienten aus dem Ausgleichsanspruch für die Kostenerstattung durch die Krankenkasse dürfte verfassungsrechtlich bedenklich sein, meint die Österreichische Ärztekammer.

Im großen und ganzen ist dieses Gesetz positiv zu beurteilen, wenn man von diesen benachteiligten Berufsgruppen und Wahlarztpatienten absieht. Daher werden wir diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung erteilen. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. Er hat das Wort.

0.11

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Novellierung des Umsatzsteuergesetzes möchte ich zum Anlaß nehmen, um die Vereinbarung der Regierungsparteien im Europaübereinkommen in Erinnerung zu rufen, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die die Angemessenheit der Vorsteuer für pauschalierte Landwirte im Lichte der infolge des EU-Beitritts eingetretenen Preisentwicklung überprüfen wird.

Herr Bundesminister! Laut Wifo haben sich die Prognosen hinsichtlich der Preisentwicklung bestätigt. Die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte sanken 1995 im Schnitt um genau 22 Prozent. Der Rohertrag und damit die Bemessungsgrundlage für das Vorsteuerpauschale ging um 20 Prozent im Vergleich zum Jahre 1994 zurück.

Die Folgen für die Bauern sind: Sie haben für Investitionen beim Zukauf betrieblicher Notwendigkeiten weit mehr Umsatzsteuer bezahlt, als sie mit dem Verkauf ihrer Erzeugnisse verdient haben. Das Wifo quantifiziert diese Verluste für 1995 mit 1,2 Milliarden Schilling an system


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widrigem Verlust. Zum Ausgleich errechnete das Wifo ein Vorsteuerpauschale von rund 12 Prozent.

Herr Bundesminister! Die Pauschalierung für Zwecke der Umsatzsteuer soll, wie bekannt ist, Härten und nicht angemessenen Verwaltungsaufwand vermeiden helfen. Eine Begünstigung oder auch Belastung der pauschalierten Betriebe ist im Gesetz nicht vorgesehen und wäre systemwidrig. Um eine solch systemwidrige Stützung oder Belastung zu vermeiden, muß das Vorsteuerpauschale in einer neutralen Höhe festgelegt und regelmäßig auf Angemessenheit hin überprüft werden.

Das Vorsteuerpauschale ist dann neutral, wenn die pauschalierenden Betriebe als Gruppe genommen beim Verkauf ihrer Erzeugnisse einschließlich Eigenverbrauch genausoviel an Umsatzsteuer einnehmen, wie sie für den Zukauf von Betriebsmitteln und Dienstleistungen entrichtet haben. Die Umsatzsteuer wird so auch für pauschalierte Betriebe zum Durchlaufposten, der sie weder begünstigt noch belastet, und die Herstellung dieser Gerechtigkeit, dieses Ausgleichs, meine Damen und Herren, ist in Erinnerung zu rufen, weil sie weder eine Begünstigung noch einen Vorteil darstellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch danke sagen für das Verständnis, das im Ausschuß den Abänderungsanträgen Auer, Hagenhofer und Auer, Nowotny entgegengebracht wurde – vor allem jenem Abänderungsantrag, der den Bauern hohe Nachzahlungen beim Ausstieg aus der Regelbesteuerung erspart hat. Sie hätten sich nämlich für fünf Jahre verpflichten müssen, wenn sie optieren, wenn sie zurückkehren in die Pauschalierung. Und gerade, so meine ich, diese breite Zustimmung im Ausschuß ist ein richtiges Zeichen in einer schwierigen Zeit.

Nochmals sei, Herr Bundesminister, die Herstellung des gerechten Ausgleiches von 10 auf 12 Prozent in Erinnerung gerufen. Ansonsten ist diese Novellierung des Umsatzsteuergesetzes, so glaube ich, eine sehr positive Regelung, der wir alle aus guten Gründen die Zustimmung geben können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Heindl. )

0.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Frieser. Sie hat das Wort.

0.16

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich werde in aller Kürze auf die zweite Vereinfachungsrichtlinie des Umsatzsteuergesetzes eingehen.

Rückblickend hat das Umsatzsteuergesetz 1994 – und da gebe ich Ihnen recht, Herr Professor Van der Bellen – wirklich einige Umstellung gebracht. Es ist nicht zu verhehlen: Auch aus Sicht der Steuerberater war das einigermaßen kompliziert, wenn man bedenkt, daß der Begriff des Unternehmers – nämlich der umsatzsteuerrechtliche Begriff – gerade für sogenannte Kleinunternehmer wie Journalisten oder sonstige Werkvertragsnehmer einige Belastungen mit sich gebracht hat.

Ich glaube aber, daß die zweijährige Übergangsfrist für die unechte Befreiung, die wir mit dem Umsatzsteuergesetz 1994 beschlossen haben, eine durchaus angemessene Frist war und daß sich die Betroffenen danach richten konnten. Es war allerdings ein budgetärer Gewaltakt der Regierung, die Vorsteuerentlastung mit 17 Milliarden Schilling zu finanzieren. Das, glaube ich, können wir unisono feststellen.

In materieller Hinsicht möchte ich noch den Wegfall des Tatbestandes des Eigenverbrauchs bei verdeckter Gewinnausschüttung positiv hervorheben. Gerade bei Betriebsprüfungen hat das oft zu unliebsamen Überraschungen und Nachbelastungen geführt.

Aber noch ein besonderes Anliegen liegt mir am Herzen, Herr Bundesminister – vielleicht kann man diesbezüglich eine dritte Vereinfachungsrichtlinie schaffen. Ein besonderer bürokratischer


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Aufwand ist es, von Unternehmen im Ausland entrichtete Umsatzsteuer als sogenannten Vorsteuerabzug wieder refundiert zu bekommen. Man muß lange Listen ausfüllen, in denen jeder Einzelbetrag angeführt wird, es müssen auch die Originalbelege mitgeliefert werden. Das halte ich für problematisch im Hinblick auf die Belegaufbewahrungspflicht: Oft gibt es die Originale nicht mehr, und Fotokopien müssen nicht immer anerkannt werden. Dazu kommt, daß die Refundierung unendlich lange Zeit in Anspruch nimmt. Ich darf Sie also insbesondere im Sinne der kleinen Unternehmer bitten, hier einen bürokratischen Abbau zu vollziehen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

0.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. Er hat das Wort.

0.19

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Mit der Beschlußfassung über das Pensionskassengesetz beziehungsweise Betriebspensionsgesetz ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung hin zur zweiten Säule der Pensionsvorsorge, nämlich der betrieblichen, gemacht worden.

Es sind aber die Erwartungen, die man an die Wirkung dieses Gesetzes geknüpft hat, nicht erfüllt worden: Zum Zeitpunkt der Beschlußfassung sind Pensionskassen wie die Schwammerln aus dem Boden geschossen. Viele sind wieder liquidiert worden, weil die Attraktivität, betrieblich vorzusorgen, einfach noch nicht gegeben ist.

Es wird mit dieser Novellierung des Pensionskassengesetzes eine Schraube gedreht – eine kleine Schraube –, um die Attraktivität zu steigern.

Das erste ist, daß der Unternehmer selbst in diesen Vertrag einsteigen kann, aber mit dem Nachteil, daß er seine Beiträge, die er zahlt, nicht steuerlich lukrieren kann. Das ist sicherlich eine Schwäche, die behoben werden muß.

Das zweite: Die Veranlagungskriterien, aus denen die Pensionskassen höhere Erträge lukrieren können, indem die Aktienveranlagung von 30 auf 40 Prozent angehoben wird und vor allem in ausländische Aktien nicht mehr mit 15 Prozent, sondern in Zukunft mit 25 Prozent veranlagt werden kann, bergen die Möglichkeit, höhere Erträge und Dividenden zu erzielen, aber genauso die Gefahr, ein höheres Risiko einzugehen.

Aber, meine Damen und Herren, was Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner im Antrag des Liberalen Forums gefordert hat, nämlich 20 Prozent der Lohn- und Gehaltssumme investieren zu können, sehe ich derzeit eher als Wunsch an das Christkind an, denn wenn wie bisher in der Masse der österreichischen Firmen nicht einmal 10 Prozent ausgeschöpft werden, dann werden wahrscheinlich auch 20 Prozent nicht genützt werden. Das ist ein Schritt, der in der vierten oder fünften Änderung folgen kann.

Ich gebe Ihnen recht: Jeder seriöse Fachmann empfiehlt die beitragsorientierte Pensionsversicherung, denn diese ist berechenbar. Man kann die beitragsorientierte Pensionszahlung berechnen, aber nicht die leistungsorientierte, denn diese ist ja an einen Index gebunden – egal, ob das die Gehaltsanpassung ist oder ein anderer Index –, damit derjenige, der in Pension geht, die entsprechende Pension wertgesichert ausbezahlt bekommt.

Mir gefällt – das sage ich auch hier – der Vorschlag, den Herr Mag. Trattner gemacht hat. Darüber wird man anläßlich einer nächsten Novelle sprechen müssen. Um das ganze System attraktiver zu machen, wäre es sinnvoll und richtig, die Beitragszahlungen überhaupt steuerlich zu entlasten und erst die zu bezahlenden Pensionen zu versteuern. – Ich weiß, in Zeiten, in denen es eng ist, in Zeiten des Sparpaketes ist das nicht möglich, aber ich glaube, man sollte bei weiteren Änderungen, um die Attraktivität zu steigern, auch in diese Richtung Überlegungen anstellen, damit wirklich auch die zweite Säule der Pensionsvorsorge, nämlich die betriebliche,


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entsprechend eingebaut und abgesichert werden kann. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Heindl. )

0.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hermann Kröll. Er hat das Wort.

0.23

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Kollegen Höchtl und Grabner haben bereits die wesentlichen Inhalte der Novelle des Glücksspielgesetzes dargelegt, sodaß ich mich wirklich ganz kurz fassen kann.

Die vorliegende Novelle zum Glücksspielgesetz stellt eine der wesentlichen Voraussetzungen zur Absicherung der fiskalischen Einnahmen aus dem österreichischen Glücksspielmonopol dar, das angesichts des rasanten technologischen Fortschrittes den unterschiedlichsten Bedrohungen durch illegale beziehungsweise durch ausländische Anbieter ausgesetzt ist.

Wie aus den Erläuternden Bemerkungen der Vorlage ersichtlich, ist die Aufrechterhaltung beziehungsweise die Festigung nationaler Glücksspielmonopole auch mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Europäischen Union vereinbar.

In der Vergangenheit hat sich in Österreich stets gezeigt, daß die Art der Ausübung des Glücksspielmonopols unter Beiziehung zweier Alleinkonzessionäre, und zwar der Casinos Austria AG für den Bereich der Casino-Spiele und der Österreichischen Lotteriegesellschaft mbH für den Bereich der dezentralen Massenglücksspiele, eine optimale Lösung darstellt. Dies betrifft besonders auch die Fiskaleinnahmen, auf die schon hingewiesen wurde, die für den österreichischen Staat im Wege des Bundesministeriums für Finanzen allein im letzten Fiskaljahr 6,6 Milliarden Schilling betrugen.

Darüber hinaus kann nur in einem Szenario mit Alleinkonzessionären der im Glücksspielgesetz verankerte Spielerschutz verwirklicht werden – auf dieses Argument möchte ich besonders hinweisen –, der im wesentlichen darin besteht, gefährdeten Spielern den Zutritt ganz oder teilweise zu verwehren. Meine Damen und Herren, wenn es aber verschiedene Konkurrenzbetriebe gäbe, die diese Spieler aufsuchen könnten, wäre dies nicht möglich.

Alleinkonzessionäre haben noch einen weiteren Vorteil, und das ist der eigentliche Grund meiner Wortmeldung: Nur durch sie können verschiedene Leistungen für die Allgemeinheit, sei es auf sozialem, kulturellem oder auf sportlichem Sektor, erbracht werden. Müßten die Konzessionäre unter Konkurrenzdruck anbieten, so würden diese Mittel, die der Allgemeinheit so wohltuend zur Verfügung gestellt werden, für aggressive Verkehrswerbung und für Vertriebs- und Verkaufswerbung verwendet werden. Damit die Maßnahmen weiterhin greifen, ist diese Novelle von großer Bedeutung.

Als Beispiele solcher Leistungen für die Allgemeinheit sei nur auf die umfangreiche Sportförderung der Österreichischen Lotteriegesellschaft und der Casinos Austria AG im Rahmen von Weltmeisterschaften, von Olympiaden oder anderen Großereignissen hingewiesen. Daß natürlich der Generaldirektor mit seinen Mitarbeitern auch in seiner Funktion als Präsident des Olympischen Komitees Österreichs eine große Rolle spielt, sei dankbar vermerkt.

Meine Damen und Herren! Aber auch die Sonderaktionen für Randsportarten möchte ich hervorheben, für den Behindertensport im besonderen, ob es die Paraolympics wie gerade in Atlanta oder die Special Olympics Weltspiele waren, in Salzburg und in Schladming oder ähnlichen Regionen. Ich weiß, wovon ich rede, das ist von allgemeiner Bedeutung für die Volkswirtschaft. Für die Öffentlichkeit ist diese Einrichtung von besonderer Bedeutung. In meiner Eigenschaft als Sprecher für Special Olympics Österreich darf ich daher im Namen der Betroffenen, der geistig behinderten Menschen, dies dankbar hier zur Kenntnis bringen.

Aber auch die Gemeinden wissen, was sie am Partner Casinos Austria haben. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Werbung ist verboten im Parlament!) Durch viele Kooperationen in verschiedensten


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Bereichen ist es den Gemeinden möglich, in regionalen Bezügen kulturell, wirtschaftlich, touristisch und sportlich für Leistungssport, aber auch für Behindertensport zusammenzuarbeiten. In diesem Sinne stimme auch ich – und ich hoffe, Sie alle – gerne dieser Novelle zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über jeden Ausschußantrag getrennt durchgeführt werden.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pensionskassengesetz und des Einkommensteuergesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 370 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Böhacker und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Haselsteiner und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher über die von den erwähnten Anträgen betroffenen Teile der Vorlage der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wie erwähnt, haben die Abgeordneten Böhacker und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf eine Regelung des § 3 Abs. 3 Z 30 in Artikel 2 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Zusatzantrag Böhacker ihre Zustimmung erteilen, ein Zeichen zu geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Haselsteiner und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel II Z 1 § 4 Abs. 4 Z 2 lit. a und literae cc und dd eingebracht, und ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit.

Ich lasse sogleich über diese Teile in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen, und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Ich komme daher zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Diese Teile sind mit Mehrheit angenommen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß sich jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, von den Sitzen erheben. – Ich stelle fest, daß der Gesetzentwurf in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Bundesgesetz, mit dem Begleitmaßnahmen zum Umsatzsteuergesetz vorgesehen werden, geändert werden, samt Titel und Eingang in 475 der Beilagen.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in 475 der Beilagen ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die zweite Lesung hat soeben stattgefunden.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Die Vorlage ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Beihilfen im Gesundheits- und Sozialbereich geregelt und das Finanzausgleichsgesetz sowie das Katastrophenfondsgesetz geändert werden (476 der Beilagen).

Es liegt ein Zusatzantrag von Dr. Haselsteiner und Dr. Van der Bellen vor. Ich werde zunächst über diesen Zusatzantrag und sodann über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Zur Abstimmung steht der Zusatzantrag Dr. Haselsteiner, Dr. Van der Bellen, der die Einfügung eines Abs. 2 in Artikel I § 3 zum Inhalt hat.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Antrag Haselsteiner, Van der Bellen zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Damit erübrigt sich auch eine Abstimmung über die beantragte Änderung der Absatzbezeichnungen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird (368 der Beilagen).

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Herr Kollege Haselsteiner, das ist eine Gegenstimme? Ja? – Die Vorlage ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß der Antrag in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen ist.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Punzierungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 406 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorlage zum Punzierungsgesetz ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.


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Ich darf bitten, daß jene Mitglieder des Hohen Hauses, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, dies bekunden. – Die Vorlage ist in dritter Lesung einstimmig beschlossen.

Damit haben wir diese Punkte der Tagesordnung erledigt.

20. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (393 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundeszuschuß an das Land Burgenland aus Anlaß der 75jährigen Zugehörigkeit zu Österreich gewährt wird (481 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (371 der Beilagen): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (482 der Beilagen)

22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (372 der Beilagen): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (483 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (392 der Beilagen): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (484 der Beilagen)

24. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (213 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Notenwechsel und Verständigungsprotokoll (485 der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (333 der Beilagen): Bundesgesetz über die Leistung weiterer Beiträge zur Weltbank Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung (CGIAR) für die Jahre 1996 bis 1998 (486 der Beilagen)

26. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (334 der Beilagen): Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) (487 der Beilagen)

27. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (350 der Beilagen): Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 7. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VII) (488 der Beilagen)


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Wir kommen jetzt zu den Punkten 20 bis 27 der heutigen Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Vorschläge, die darauf abzielen, eine mündliche Berichterstattung durchzuführen, liegen mir nicht vor. Daher können wir uns gleich der Debatte zuwenden.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Schreiner. – Bitte.

0.36

Abgeordneter Mag. Erich. L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich kurz mit dem Wiederauffüllen der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds befassen.

Der Bundesminister für Finanzen hat uns im Finanzausschuß liebenswürdigerweise mitgeteilt, daß sehr lange Verhandlungen darüber geführt worden sind, ob man sich daran beteiligen sollte. Es geht insgesamt um 199 Millionen Schilling. Ich weiß, daß es sehr viele Einwände gibt, diese Beträge in diesen Fonds einzuzahlen. Es gibt Einwände dagegen, und es gibt positive Stimmen. Die positiven Stimmen beziehen sich immer darauf, daß wir im OECD-Bericht bereits sehr stark kritisiert werden, daß wir insgesamt zuwenig Mittel für die Entwicklungshilfe bereitstellen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte Ihnen nicht vorenthalten, daß es auch sehr massive Kritik betreffend die Frage der Treffsicherheit bei diesen Entwicklungshilfezahlungen gibt. Es geht diesfalls um 39 Länder in Afrika.

Es gibt Rechnungshofberichte der Europäischen Union, die besagen, daß eine Treffsicherheit von 8 Prozent gegeben wäre. Meine Damen und Herren! Ich bin wirklich nicht der Meinung, daß wir in Zeiten eines Sparpaketes, in Zeiten von Belastungen hier in Österreich für Familien, für Kleinverdiener und für viele, viele Gewerbetreibende, darunter viele Kleingewerbetreibende, rund 200 Millionen Schilling in diesen Fonds einzahlen sollen, ohne uns darüber im klaren zu sein, daß wir praktisch bei einer Treffsicherheit von 8 Prozent 16 Millionen an die wirklich Bedürftigen geben, während 184 Millionen Schilling mehr oder weniger versickern.

Wir von der freiheitlichen Fraktion werden daher dieser Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds genauso wie der Zeichnung von Kapitalanteilen bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und auch den Beiträgen zur Weltbank nicht die Zustimmung erteilen. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. – Bitte.

0.38

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beschäftige mich kurz mit dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

Die Heranziehung des gleichen Besteuerungsgegenstandes zu einer gleichen Steuer in verschiedenen Staaten bezüglich ein und derselben Person für den gleichen Zeitraum führt zu einer Doppelbesteuerung. Die Folge dieser Doppelbesteuerung ist vielfach wirtschaftlich untragbar und vor allem auch ungerecht.

Die mehrfache Besteuerung in den verschiedenen Staaten führt zu einem Übereinandergreifen der Besteuerungsrechte der einzelnen Staaten und damit zu einer Kollision der Steuersysteme. Aus dieser Tatsache ergibt sich die Notwendigkeit, durch zwischenstaatliche Maßnahmen diese Doppelbesteuerung zu verhindern. Diese sind völkerrechtlich verbindlich und werden durch die entsprechenden verfassungsmäßigen Genehmigungen Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung.


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Die gegenständliche Regierungsvorlage regelt die steuerlichen Beziehungen zwischen Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika neu und ersetzt das gegenwärtige Abkommen aus dem Jahre 1956. Dieses Abkommen entspricht nicht mehr den heute international anerkannten Grundsätzen. Eine umfassende Anpassung des Abkommens an den heutigen Entwicklungsstand des internationalen Abkommenrechtes erfordert daher eine Gesamtrevision des Doppelbesteuerungsabkommens.

Das gegenständliche Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika ist ein gesetzesändernder Staatsvertrag und enthält weder verfassungsändernde noch verfassungsergänzende Bestimmungen. Durch das neue Abkommen wird die aufgrund der Überschneidung der nationalen Steuerrechte Österreichs und der Vereinigten Staaten vom Amerika bewirkte Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Einkommensteuern in einer den Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens entsprechenden Weise beseitigt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Dr. Gredler vor. – Bitte.

0.41

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mich zu Wort melden, um den Bundeszuschuß an das Land Burgenland aus Anlaß der 75jährigen Zugehörigkeit zu Österreich zu kommentieren.

Natürlich ist ein runder oder "eckiger" Geburtstag ein Anlaß zu feiern. Das Burgenland ist jedoch keine Person. Ich glaube, wir haben derzeit keine Geschenke zu verteilen, haben wir doch heute mehrmals gehört, daß es zig Familien gibt, die an der Armutsgrenze leben. Ich nehme an, daß man mit den zur Debatte stehenden 25 Millionen Schilling 50 bis 100 solcher Familien aus ihrer mißlichen Lage befreien könnte.

Es ist meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt, Geschenke zu verteilen, zumal wir so etwas schon einmal miterlebt haben, und zwar letztes Jahr. 1995 gab es eine Volksabstimmungsspende für Kärnten. Was ist daraus geworden? – Es wurden die Volksschulen in Eisenkappel und Ebriach saniert, die Straße in Sittersdorf wurde asphaltiert, ein Sportplatz in Galizien wurde saniert. In Globasnitz wurde eine Heizungsanlage in einem Kindergarten eingebaut. In Neuhaus wurden gefährliche Straßenabschnitte beseitigt, in Köttmansdorf wurde der Friedhof vergrößert, in Finkenstein wurde die Instandhaltung der Fuß- und Radwege vorgenommen.

Ich frage mich, was das mit einer Volksabstimmungsspende zu tun hat, zumal die Gelder wirklich nicht den Betroffenen im Sinne einer Verbesserung des Zusammenlebens zugute gekommen sind. Aus diesem Grund wird meine Fraktion diesem Vorhaben nicht zustimmen.

Herr Bundesminister! Zweitens möchte ich die Aufstockung zur EBRD kommentieren. Sie wissen genau, daß die Europäischen Union vorhat, zwei Atomkraftwerke in der Ukraine mitzufinanzieren, und zwar Atomkraftwerke vom RBMK-Typ. Das ist der Typ, der in Mochovce bereits besteht und aus österreichischer Sicht abgelehnt werden muß. Der Herr Bundeskanzler hat mir vor einigen Monaten versichert, daß die Beamten angewiesen wurden, dieses Vorhaben nicht zu unterstützen. Jetzt frage ich Sie, ob Sie tätig geworden sind, um anderen Ländern klarzumachen, daß wir dieses Vorhaben verhindern und daß wir die energetischen Probleme, die in der Ukraine bestehen, auf andere Weise lösen müssen. Es gibt Lösungsvorschläge, die ausgearbeitet wurden und noch dazu in ökonomischer Hinsicht wesentlich besser sind als RBMK-Reaktoren. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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47. Sitzung / Seite 170

0.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Er hat das Wort.

0.44

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich nehme nur kurz Stellung zu den Beiträgen zu den drei internationalen Institutionen.

Die Grünen unterstützen den Beitrag für die Weltbank betreffend Forschung, den Beitrag für den Afrikanischen Entwicklungsfonds. Wie Sie wissen, waren wir nach der Diskussion im Ausschuß ein bißchen skeptisch bezüglich des Beitrages an die European Bank for Reconstruction and Development, weil – wie Kollegin Gredler schon gesagt hat – derzeit Verhandlungen über die Finanzierung dieser beiden Tschernobylblöcke Rowno und Chmelnitzky laufen.

Nun hat aber inzwischen der Bundesminister reagiert und mir einen Brief geschrieben, dem einige Fotokopien angeschlossen waren. Ich will Ihnen darüber jetzt nicht im Detail berichten, sondern nur auszugsweise etwas über die Politik der EBRD zitieren. Bundesminister Klima schreibt mir:

"Diese Bedingungen werden in der Praxis so restriktiv gehandhabt, daß es bis dato zu keinerlei Finanzierungen nuklearer Kraftwerke kam. So ist auch der österreichische Vertreter in der Bank angewiesen, Finanzierungen keinesfalls zuzustimmen, die eine Verlängerung der Lebensdauer von AKWs auch im Wege erhöhter Sicherheitsstandards mit sich bringen könnten.

Bezüglich einer allfälligen Finanzierung zweier Blocks von Tschernobyl liegt ein entsprechendes Ersuchen der G 7 vor. Die Bank hat versichert, ihre allgemeinen Prinzipien unter besonderer Berücksichtigung des Umweltaspektes ebenso strikt wie in der Vergangenheit zur Anwendung zu bringen.

Die österreichischen Vertreter, nicht nur in der Bank, sondern auch in anderen Gremien, wo dieses Thema eventuell behandelt werden könnte, sind strikte angewiesen, nur bei Schließung von Tschernobyl einer entsprechenden Finanzierung der Schließungskosten zuzustimmen." – Zitatende.

Unter diesen Voraussetzungen sind wir bereit, dem Beitrag zur Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen für die EBRD zuzustimmen. Ich verweise auch darauf, daß sich das österreichische Parlament in dieser Beziehung vor einem Jahr durch eine in meinen Augen für solche diplomatischen Demarchen ungewöhnlich scharf formulierte Resolution selbst gebunden hat, wonach Österreich erwägen würde, sich aus der EBRD zurückzuziehen, falls es zur Finanzierung von Atomkraftwerken käme.

In diesem Sinne hoffe ich, daß all diese Zusagen halten und daß sich auch das österreichische Parlament an die Resolution von 1995 hält.

Wir sind bereit, all diesen Punkten zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

0.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. Er hat das Wort.

0.47

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es ist begrüßenswert, wenn für Bundeszwecke entbehrliche Liegenschaften, Anlagen und Rechte verkauft werden und der Erlös in das Bundesbudget überführt wird.

Etwas anders stellt sich die Situation dar, wenn aus Wirtschaftsbetrieben Teile verkauft werden, etwa wenn die Bundesforste das Kraftwerk Blühnbach in Salzburg verkaufen. Diese 135 Millionen Schilling Verkaufserlös sollten nicht in den Zahlen des Budgets verschwinden, sondern im Unternehmen verbleiben, damit die entsprechende Eigenkapitalausstattung auch in Zukunft gesichert wird.


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Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie dringend, diese 135 Millionen Schilling Verkaufserlös, den die Bundesforste lukrieren, im Unternehmen zu belassen und nicht ins Budget zu übernehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Er hat das Wort.

0.48

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! An und für sich habe ich eine Rede vorbereitet gehabt. Ich verzichte jedoch darauf, diese zu halten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte nur auf das replizieren, was Frau Gredler gesagt hat. Frau Gredler! Ich kann als Burgenländer nur eines sagen: Am besten wäre es gewesen, Sie wären im Europaparlament geblieben! (Beifall bei der ÖVP. – Bravoruf des Abg. Dr. Khol. )

Ich glaube, so etwas hat sich das Burgenland nicht verdient. Es geht hiebei gar nicht um irgendwelche Leistungen, sondern um eine symbolische Geste. Zu "75 Jahre Burgenland" gäbe es sehr viel zu sagen. Ich möchte jetzt nicht darauf eingehen. Ich kann nur versprechen: Wir werden uns bemühen, dieses Geld so einzusetzen, daß es langfristig wirkt, nämlich zum Beispiel zur Schaffung eines Jugendbeschäftigungsfonds.

Ich will auch dazu nicht mehr sagen, weil Kollege Achs nach mir ohnedies für die Burgenländer reden wird und ich ihm auch noch etwas übriglassen möchte. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

0.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Achs. Er hat das Wort.

0.50

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Burgenland hat heuer seine 75jährige Zugehörigkeit zu Österreich gefeiert und bedankt sich für den aus diesem Anlaß gewährten Bundeszuschuß in der Höhe von 25 Millionen Schilling.

Als das Burgenland 1921 zu Österreich kam, herrschten im jüngsten Bundesland Österreichs sehr triste wirtschaftliche und soziale Verhältnisse. Es gab weder eine Landeshauptstadt noch eine intakte Infrastruktur, geschweige denn genügend Arbeit. Diese Umstände haben dazu beigetragen, daß der Trend der Burgenländer, auszuwandern, sich verstärkt fortsetzte. Viele Landsleute fanden in den Vereinigten Staaten von Amerika Arbeit und eine neue Heimat. Trotz dieser Umstände haben die Burgenländer an ihr Land geglaubt und hart und ehrlich an der Weiterentwicklung gearbeitet.

1938 wurde das Burgenland aufgelöst, und unsere gemeinsame Geschichte ging zu Ende. 1945 wiedererstanden, gelang es uns ziemlich rasch, das Burgenland an den Wohlstand der übrigen Bundesländer heranzuführen. Fleiß, Ausdauer und Zähigkeit, verbunden mit einer geschickten Landespolitik, haben dies möglich gemacht. Wir hatten das unerhörte Glück, an der Spitze des Landes Politiker zu haben, die eine gute Hand für die Führung des Landes hatten und haben, angefangen von Landeshauptmann Lorenz Karall über Theodor Kery bis hin zu Karl Stix, wobei Letztgenannter eine sehr starke Wirtschaftskompetenz besitzt und das Land klug und erfolgreich führt.

Es ist uns in diesen 75 Jahren gelungen, dem Burgenland Identität zu geben, wobei jede Gemeinde ihre Eigenheit und Reize bewahrt hat. Es ist uns aber auch gelungen, das Land im wirtschaftlichen Bereich an die anderen Bundesländer heranzuführen.


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Natürlich haben wir uns immer auf die Unterstützung des Bundes verlassen, und wir freuen uns, Herr Bundesminister, auf diesen einmaligen Zweckzuschuß. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. Er hat das Wort.

0.53

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie meine Vorredner, Herr Abgeordneter Steindl und Herr Abgeordneter Achs, bereits ausgeführt haben, ist die Tatsache, daß das Burgenland 75 Jahre Zugehörigkeit zu Österreich begeht, sicherlich ein Grund zu feiern. Gerade Burgenland als strukturschwaches Gebiet, als Ziel 1-Gebiet, braucht jede mögliche Hilfe seitens des Bundes. Als burgenländischer Abgeordneter bedanke ich mich ganz, ganz herzlich für den einstimmigen Beschluß des Finanzausschusses. Ich bin überzeugt davon, daß das Burgenland dieses Geld zweckgemäß und gut verwenden wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundeszuschuß an das Land Burgenland aus Anlaß der 75jährigen Zugehörigkeit zu Österreich gewährt wird, samt Titel und Eingang in 393 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen, samt Titel und Eingang in 371 der Beilagen.

Auch hier darf ich jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ein Zeichen bitten. – Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen ersuchen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir stimmen ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen in 372 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in zweiter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Die Vorlage ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Dritte Lesung:

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Die Vorlage ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.


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Die nächste Vorlage betrifft ein Bundesgesetz über für die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen samt Titel und Eingang in 392 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die der Vorlage zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Einstimmige Beschlußfassung in zweiter Lesung.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Dieser Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nunmehr stimmen wir ab über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluß des Staatsvertrages: Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen samt Notenwechsel und Verständigungsprotokoll, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Der Antrag des Finanzausschusses ist einstimmig angenommen.

Ferner wird abgestimmt über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung weiterer Beiträge zur Weltbank Konsultativgruppe für internationale landwirtschaftliche Forschung für die Jahre 1996 bis 1998 samt Titel und Eingang in 333 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein Zeichen. – Die Vorlage ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitten jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Zeichnung von zusätzlichen Kapitalanteilen bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung samt Titel und Eingang in 334 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf zustimmen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Dieser Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Schließlich stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 7. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds samt Titel und Eingang in 350 der Beilagen.

Im Falle der Zustimmung darf ich bitten, sich von den Sitzen zu erheben. – Die Vorlage ist in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen wollen, dies zum Ausdruck zu bringen. – Die Vorlage ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

28. Punkt

Erste Lesung des Antrages 252/A der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der nächste Punkt der Tagesordnung ist die erste Lesung des Antrages 252/A der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der Antragsteller gelangt als erster zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Graf.

1.00

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Minister! Das Bankwesengesetz beziehungsweise die derzeitige Lage schreit förmlich nach einer Änderung. Das hohe Image des Bankgeheimnisses, das es in Österreich – unter Anführungszeichen – "genießt", ist ein unverdienterweise zustande gekommenes Image und rührt nur daher, daß es in Österreich ein in der Anonymität von Spareinlagen oder sonstigen Geldern, die angelegt wurden, begründetes Spezifikum gibt.

In der Vergangenheit mußten wir durch europäische, aber auch internationale Zwänge erkennen, daß diese Anonymität durchbrochen wird. Bei der Eröffnung eines Sparbuches wurde die Anonymität, zumindest gegenüber dem Kreditinstitut, durchbrochen, indem ab einer Einlagenhöhe von 200 000 S eine Legitimationspflicht eingeführt wurde. Die Anonymität der Wertpapierkonten ist jüngst gefallen.

Ich erinnere mich deutlich daran, daß Herr Abgeordneter Khol, heute Klubobmann, im Zuge des Beitritts zur Europäischen Union bei Wahlveranstaltungen vor großem Publikum – ich war persönlich anwesend und habe ihm gesagt, daß ich ihn immer daran erinnern werde – die Anonymität der Spareinlagen in Österreich garantiert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde ihm das immer wieder sagen, weil er dafür einstehen muß, wenn diese Anonymität verlorengeht. (Abg. Rosemarie Bauer: Seien Sie froh, daß Sie nicht für das, was der Haider gesagt hat, einstehen müssen!)

Die Anonymität jedoch macht das Bankgeheimnis und die Qualität eines diesbezüglichen Schutzes des Sparers beziehungsweise des Kunden nicht aus. Der internationale Finanzplatz Österreich müßte durch eine Verstärkung des österreichischen Bankgeheimnisses sichergestellt werden, weil dieses durch den Verlust der Anonymität bereits scheibchenweise – nach österreichischer Lösung – aufgeweicht wird.

Der Schutz des Sparers muß aber nicht nur gegenüber der Finanz oder sonstigen Institutionen gewährleistet sein, sondern auch gegenüber dem Kreditinstitut, weshalb wir diesen Abänderungsantrag eingebracht haben, der im Kern das Wesentliche trifft und das Bankgeheimnis auf Schweizer Niveau zu bringen vermag. Der Antrag ist gut und richtig, um den Finanzplatz Österreich für die Zukunft sicherzustellen.

Das Bankgeheimnis soll lediglich hinsichtlich gerichtlich strafbarer Tatbestände durchbrochen werden können und damit ein internationaler Standard erreicht werden. Ein weiteres Unikum in Österreich ist, daß Finanzbehörden nahezu unbeschränkt und ohne Kontrolle Einblick in sensible Daten geschützter Kunden nehmen können. Auch die fahrlässige Verletzung des Bankgeheimnisses sowie bereits der Versuch zur Anstiftung dazu sollen strafbar sein und darüber hinaus die Verletzung des Bankgeheimnisses von Amts wegen verfolgt werden können – alles in Einklang mit internationalen Standards.

Sehr wesentlich dabei ist, daß zum Schutz der Konsumenten eine Beweislastumkehr eingeführt wird, die es ermöglicht, daß der Konsument gegenüber seinem Kreditinstitut Verletzungen des Bankgeheimnisses wirkungsvoll bekämpfen kann. Daß aufgrund der Endbesteuerung von Sparguthaben verschiedene Bestimmungen des derzeitigen Bankwesengesetzes obsolet sind, sei nur nebenbei erwähnt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß es – im Rahmen der ersten Lesung allgemein betrachtet – not tut, Österreich diesbezüglich international wettbewerbsfähig zu er


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halten, beziehungsweise daß man hier Tritt faßt. Ich ersuche Sie deshalb, in eine konstruktive Diskussion diesbezüglich zum Wohle nicht nur der Kreditwirtschaft, sondern auch der Konsumenten und Sparer einzutreten, und lade Sie ein, diesem Gesetzesvorschlag zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

1.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. Er hat das Wort.

1.04

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ermattete Kollegen und Kolleginnen! – Herr Bundesminister! Zweifelsohne ist die Frage der Anonymität im Zusammenhang mit dem Beitritt zur Europäischen Union nach meinem Dafürhalten ein trauriges Schauspiel. Jedem muß bewußt gewesen sein, daß die Anonymität mit den europäischen Rechtsvorschriften nicht vereinbar ist. Es wäre daher klug gewesen, die Bevölkerung darauf vorzubereiten, weil wir ja wissen, daß ein Volk, das in drei Generationen zwei Währungsreformen hinter sich gebracht und aufgrund anderer Ereignisse sein Erspartes verloren hat, traumatisch und erblich belastet ist.

Ich glaube, es wäre auch möglich gewesen, nicht nur zu erklären, warum die Anonymität tatsächlich obsolet ist, sondern auch, daß es dafür einen wirkungsvollen Ersatz gibt. Sie haben ihn ja selbst gesetzt, weil im letzten großen Steuerreformwerk mit der Einführung der Endbesteuerung der Hauptgrund für die Anonymität, nämlich der Entzug vom Ertrag des Ersparten, weggefallen ist.

Es wäre nur ein kleiner Schritt gewesen, der Bevölkerung zu erklären, daß es nicht gefährlich ist, wenn die Anonymität aufgegeben wird. Allerdings – so glauben auch wir – hätte dies mit einer wesentlichen Verschärfung und Verbesserung des Bankgeheimnisses einhergehen müssen, was wir öfter eingefordert haben.

Herr Bundesminister! Das Wertpapieraufsichtsgesetz beziehungsweise die Wertpapieraufsichtsbehörde, die geschaffen werden soll, offenbart im Zusammenhang mit Ihrem Weisungsrecht – das Sie dankenswerter Weise ausüben werden, das Ihnen aber die Möglichkeit gibt, anläßlich eines Verdachtsfalls in das Bankgeheimnis einzudringen – diese Schizophrenie. Auf der einen Seite wollen wir den Börsenplatz und Finanzmarkt Österreich retten, auf der anderen Seite trauen wir uns nicht, die Maßnahmen auf den Tisch zu legen.

Herr Bundesminister! Es ist mir – ich bin davon überzeugt, auch Ihnen und Ihren Beamten – klar: Ohne einer gemeinsamen europäischen Vorgangsweise, insbesondere was die steuerliche Behandlung der Kapitalerträge betrifft – das muß synchronisiert sein, wenn wir nicht große Verwerfungen riskieren wollen –, ist es schwierig. Ich glaube aber trotzdem, daß das Ziel, nämlich die Verschärfung des Bankgeheimnisses, ein Gebot der Stunde ist, und ich bin überzeugt davon, daß wir – von unserer Seite zumindest – diese Gespräche im Ausschuß sehr offen und sachlich führen werden. Ich appelliere an Herrn Dr. Stummvoll und Herrn Professor Nowotny, offen in diese Gespräche zu gehen, und glaube, daß wir von der Auffassung her wenig Differenzen haben werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

1.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Van der Bellen. Er hat das Wort.

1.08

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Ich bin völlig einer Meinung mit Herrn Dr. Haselsteiner. Es war längst abzusehen, daß die Anonymität nicht aufrechterhalten wird und nicht aufrechterhalten werden kann, und ich halte es für völlig verfehlt, das der Bevölkerung nicht klarzumachen, sondern – im Gegenteil – die Schuld auf Brüssel oder auf den EuGH abzuwälzen.


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Diese Anonymität ist ein altmodisches Konstrukt. Wenn sie aber fällt, dann müssen wir darüber nachdenken, ob im Bereich des Bankgeheimnisses etwas geändert werden soll oder nicht. – Ich glaube schon, daß es hier einen Reformbedarf gibt. Insofern finde ich den Antrag in Ordnung. (Abg. Dr. Graf: Schließen Sie sich dem Antrag an!)

Ich würde allerdings gerne über die Reform des Bankgeheimnisses diskutieren – nicht nur aufgrund des freiheitlichen Antrages –, und ich würde mir auch gerne die Vorschläge des Bankenverbandes, des Sparkassenverbandes und so weiter anhören und die internationalen Regelungen dazu anschauen.

Verehrte Kollegen von den Freiheitlichen! Nur ein Punkt: Wie Sie in Ihrer Begründung auf Seite vier ganz unten darauf kommen, daß aufgrund der Endbesteuerung der Sparguthaben die Aufrechterhaltung der Ziffer 3 und Ziffer 8 des Absatz 2 in § 38 des Bankwesengesetzes nicht mehr notwendig ist, ist mir rätselhaft. Es stimmt, daß Zinsen aus Sparbuchguthaben der Endbesteuerung unterliegen. Das ist aber auch das einzige, denn viele andere Dinge unterliegen der Endbesteuerung nicht und bleiben insoferne durchaus relevant. (Abg. Dr. Graf: Da geht es um die Bekanntgabe an den Notar!) Sicher. Das soll auch, bis Sie mir das besser beweisen können, aufrechterhalten bleiben. Das ist ja gerade das Problem der Anonymität, nicht nur wegen der Steuerhinterziehung und ähnlichem. Bei einem Todesfall zum Beispiel können die Erben wegen der Anonymität um ihr Erbe umfallen, weil sie davon gar nichts wissen. – Und das wollen Sie ersatzlos abschaffen? Das verstehe ich überhaupt nicht. (Abg. Dr. Graf: Wenn ein Sparbuch anonym ist, dann wird man es auch im Todesfall nicht herausbekommen!)

Herr Kollege! Die Ziffern 3 und 8, auf die Sie sich beziehen, betreffen nicht speziell Sparbücher, sie gelten generell, und Sie greifen einen ganz bestimmten Punkt, die Sparbücher, heraus. Das hat nur bedingt etwas mit Ziffer 3 und 8 zu tun hat, aber Sie werden mir das im Ausschuß schon erklären.

Herr Kollege Khol schläft schon. Ich schließe hiemit. – Danke schön. (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei den Grünen, bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Khol meldet sich darauf zu einer tatsächlichen Berichtigung.)

1.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das ist eine korrekte Meldung. – Bitte, Herr Dr. Khol, Sie haben das Wort zur tatsächlichen Berichtigung. Ich bitte Sie, die Bestimmungen der Geschäftsordnung zu beachten und insbesondere die Redezeit von 2 Minuten einzuhalten.

1.12

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Ich berichtige die Feststellung des Abgeordneten Van der Bellen, daß Abgeordneter Khol schon schläft. Richtig ist vielmehr: Er hofft, bald schlafen zu können. (Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

1.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich frage, ob es weitere Wortmeldungen in der ersten Lesung dieser Vorlage gibt? – Dies ist nicht der Fall. Dann ist die Debatte geschlossen.

Ich weise den soeben diskutieren Antrag 252/A dem Finanzausschuß zu.

29. Punkt

Erste Lesung des Antrages 313/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der 29. Punkt der Tagesordnung ist die erste Lesung des Antrages 313/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird.

Wir gehen in die Debatte ein. Es liegen Wortmeldungen vor.


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Die Redezeiten, die noch zur Verfügung stehen, sind bei den Freiheitlichen: 5 Minuten, bei den Liberalen: 2 Minuten, bei den Grünen: 6 Minuten.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Redezeit: 5 Minuten.

1.12

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst einmal möchte ich mich bei Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, dafür bedanken, daß Sie in einem Zeitungsartikel in der Tagespresse der vergangenen Woche die Klubobleute der beiden Regierungsparteien in die Schranken gewiesen haben. Es betraf die Rechte des Hohen Hauses, welche jetzt durch einen weiteren massiven Anschlag in Form einer Geschäftsordnungsreform geschmälert werden und komplett zur Regierungsgesetzgebung mutieren sollen.

Herr Präsident! Sie haben daher völlig richtig gehandelt, wenn Sie diesen beiden Klubobleuten via Medien ausgerichtet haben, daß das nicht gehen wird und einige Verfassungsgrundsätze auch in einer Koalition – die noch zugegebenermaßen über eine Verfassungsmehrheit im Hohen Haus verfügt – zu gelten haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was ist geplant? – Ein – zugegebenermaßen – sehr dünnes Paktum, das man mit den Ländern und Gemeinden abschließt, das als Konsultationsmechanismus die Qualität des Perchtoldsdorfer Paktums hat, von dem wir heute wissen, daß sich dafür nicht einmal mehr das "Salzamt" als zuständig erachtet. Niemand mehr – auch die Österreichische Volkspartei nicht – redet von diesem Paktum und dessen unrühmlichem Ende. Hin und wieder kommt noch Landeshauptmann Purtscher mit diesem Kalauer, weil er weiß, daß man das den Vorarlberger Wählern vor der EU-Volksabstimmung ins Schaufenster gestellt hat.

Es handelt sich um ein Paktum, das den Ländern garantiert, daß der Bund in Zukunft keine Gesetze mehr beschließen wird, die Länder und Gemeinden belasten. Man wolle die Maastrichter Kriterien erlangen.

Ein Klubobmann hat uns daraufhin in der Präsidialkonferenz ausgerichtet: Wir müßten die Geschäftsordnung ändern, weil sonst die Koalition bei den Ländern und Gemeinden in den Verdacht geraten würde, Gesetze zu Lasten der Finanzen der Länder und Gemeinden ohne Begutachtungsverfahren zu beschließen, sondern dies im Wege von Initiativanträgen zu tun. Vereinfacht ausgedrückt: Die Koalition will eine Geschäftsordnungsreform beschließen, um sich selbst davon abzuhalten, daß sie selbst die Länder mißbräuchlich entgegen einem Paktum und einem mit den Ländern abgeschlossenen Vertrag behandeln wolle. Man schützt sich also vor sich selbst durch eine Reform der Geschäftsordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Hintergrund ist aber ein ganz anderer, nämlich daß völlig im Einklang mit dem Gesetz in Zukunft jede Initiative, insbesondere der Oppositionsfraktionen, schubladisiert werden kann bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. In Zukunft entscheidet im Ausschuß die Mehrheit darüber, ob die Regierung ein Gutachten erstellt, ob der Antrag, den eine Fraktion im Hohen Haus eingebracht und der Ausschuß in Beratung genommen hat, überhaupt weiter zu behandeln ist oder nicht.

Das ist Regierungsgesetzgebung pur: Die Regierung sagt uns, was wir in Zukunft im Parlament beraten und beschließen dürfen. Außerdem wird der Regierung noch eine "angemessene Frist" gesetzt – man kann sich vorstellen, was als angemessene Fristen für Anträge der Oppositionsfraktionen gelten wird, wenn die Regierung ein Gutachten erstellen soll, ob man sich mit diesen Anträgen überhaupt weiter herumschlägt im Hohen Haus oder nicht. – Das alles unter dem Prätext: Konsultationsmechanismus mit den Ländern.

Meine Damen und Herren! Das ist Roßtäuscherei! Herr Präsident Fischer hat völlig zu Recht gesagt – er mußte sich dann am nächsten Tag unqualifizierte Schelte gefallen lassen –, daß das nicht geht, daß das nicht übers Knie gebrochen wird, daß das im Hohen Haus nicht stattfinden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Sehr geehrter Herr Präsident! Ich hoffe, daß Sie sich dem Druck der Klubobleute der beiden Regierungsfraktionen nicht beugen werden und weiterhin dazu bereit sind, die Rechte dieses Hauses zu verteidigen. Wenn die Länder eine Vertretung benötigen, dann brauchen sie kein so lächerliches Paktum wie das Perchtoldsdorfer, welches nicht das Papier wert ist, auf dem es geschrieben steht, und auch durch die Unterschrift des Bundeskanzlers nicht mehr wert sein wird.

Sie müßten endlich den Bundesrat aufwerten. Entweder nimmt der Bundesrat die Länderinteressen wahr – oder wir schaffen ihn ab: 65 Politiker weniger, 65 Pensionsbezieher weniger und 65 Spesenritter weniger in dem Land! Schaffen wir ihn ab! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn der Bundesrat nicht in der Lage ist, die Rechte der Länder wahrzunehmen, wofür brauchen Sie dann einen Konsultationsmechanismus? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn der Bundesrat nicht mehr in der Lage ist, Gesetzesbeschlüsse zu verhindern, die zu Lasten der Länder und Gemeinden gehen, dann schaffen Sie diesen Bundesrat ab! – Von uns werden Sie sonst jedenfalls nichts anderes zu hören bekommen.

Dieser Antrag beweist nur, daß Sie versuchen, in Zukunft die Oppositionsfraktionen dieses Hauses einer Regierungsgesetzgebung völlig anheimzustellen und damit dieses Parlament zu einem verlängerten Arm der Bundesregierung zu machen und das Schattendasein des Bundesrates zu verlängern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

1.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Schmidt.

1.18

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich nehme mit Interesse zur Kenntnis, daß Herr Abgeordneter Stadler hier offen zugegeben hat, daß die 13 oder 14 Bundesräte der freiheitlichen Fraktion Spesenritter sind. Es ist gut, daß das im Protokoll vermerkt ist. (Beifall beim Liberalem Forum und bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Sie waren auch einmal Bundesrätin von uns!) Nur war ich keine Spesenritterin! (Abg. Mag. Stadler: Sie wollten auch einen Lippenstift absetzen, habe ich gehört! – Abg. Dr. Graf: Sie sind ja noch immer eine Spesenritterin!)

Ich habe nur zwei Minuten! – Ich möchte aber jetzt zur Sache kommen, aber nicht konkret zum Konsultationsmechanismus sprechen, weil er nicht Gegenstand dieser Geschäftsordnung ist, sondern mich mit jenem Papier auseinandersetzen – in den zwei Minuten, die mir zur Verfügung stehen –, das zur Debatte steht. Über den Konsultationsmechanismus, den ich für ein Übel halte und von dem ich hoffe, daß er nicht in dieser Form vorgelegt wird, werden wir uns ein anderes Mal unterhalten.

Erster Punkt: Sie wollen in § 28 Abs. 3 festlegen, daß Selbständige Anträge und Abänderungsanträge eine Darstellung der Kosten zu enthalten haben. Ich glaube, daß das nichts anderes bezweckt, als die Opposition zu domestizieren, weil jeder weiß, daß derartige Möglichkeiten, eine detaillierte Kostenangabe zu machen, für die Opposition nicht zur Verfügung stehen. Es kommt noch dazu, daß Sie von gültigen Berechnungsvorschriften reden, die es noch gar nicht gibt. Das ist auch die Chuzpe, derer sich die Koalition immer öfter bedient, nämlich daß sie immer irgendwelche Regelungen auf noch nicht vorhandenen Grundlagen trifft. Die gültigen Berechnungsvorschriften wurden x-mal versprochen, bis heute gibt es sie nicht.

Nächster Punkt ist – und der ist gar nicht schlecht –, daß die Beurteilung der finanziellen Auswirkungen von Gesetzesvorschlägen auch dem Budgetausschuß obliegen. Dazu brauchen wir keine eigene Bestimmung, es ist aber nicht schlecht, wenn es drinsteht. Das eigentliche Übel aber ist der § 40a, in dem festgeschrieben steht, daß der Finanzminister Gutachten erstellen soll.

Dazu muß ich erstens sagen: Der Begriff "Gutachten" sollte zumindest die Fiktion unterstellen, daß hiemit eine unbefangene Stelle beauftragt wird, was man vom Finanzminister mit Sicherheit nicht sagen kann. Ich glaube, daß Sie damit ganz bewußt den Bock zum Gärtner machen.


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Zweitens: Sie wollen einen Verstoß gegen die Gewaltenteilung legistisch festhalten wollen, der die Verfassung ... (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Die Feststellung, daß hier die Gewaltenteilung aufgehoben wird, daß der Bock zum Gärtner gemacht wird und offensichtlich nichts weiter beabsichtigt ist, als die Opposition zu domestizieren, wird dazu führen, daß wir dieser Gesetzesmaterie, auch wenn sie ins Plenum oder in den Ausschuß kommt, ablehnen werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

1.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen.

1.21

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die Geschäftsordnungsgesetz-Novelle auf der Enquete zum Thema Kostentransparenz und Einrichtung eines Haushaltsausschußes beruht, die dieses Jahr stattgefunden hat, dann haben Sie nicht ganz verstanden, was auf dieser Enquete vorgegangen ist und was dabei die verschiedenen Fachleute gesagt haben.

Ich selbst habe das schon in einer Pressekonferenz vom 13. November dieses Jahres gesagt. Ich will Sie jetzt nicht länger damit aufhalten.

Es gibt die Problematik des Gutachtens: Wer macht das Gutachten? – Frau Dr. Schmidt hat es schon gesagt. Weiters gibt es die Problematik: Wer beschließt über die Einholung? Die Mehrheit – das hätte sie immer schon beschließen können.

Interessant wird es dann, wenn es ein Minderheitsrecht wird, solche Gutachten und Stellungnahmen einzuholen. Ich bin gespannt auf die Diskussion im Ausschuß. – Danke Ihnen vielmals für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Khol. )

1.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 313/A dem Geschäftsordnungsausschuß zur Verhandlung zu.

Damit haben wir die Tagesordnung erledigt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß in der heutigen Sitzung der Antrag 325/A eingelangt ist.

Ferner sind die Anfragen 1478/J bis 1522/J eingelangt.

Die nächste Sitzung des Nationalrats berufe ich für heute, Donnerstag, den 28. November, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist jener Mitteilung zu entnehmen, die schriftlich verteilt wurde. Am Beginn der Sitzung wird eine Fragestunde stattfinden.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 1.23 Uhr