Stenographisches Protokoll

52. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 12., und Freitag, 13. Dezember 1996

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

52. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Donnerstag, 12., und Freitag, 13. Dezember 1996

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 12. Dezember 1996: 9.00 – 24.00 Uhr

Freitag, 13. Dezember 1996: 0.00 – 2.45 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird

2. Punkt: Bericht über den Antrag 6/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 (BGBl. 1992/50) aufgehoben wird

3. Punkt: Gewerberechtsnovelle 1996

4. Punkt: Schutzzertifikatsgesetz 1996 – SchZG 1996

5. Punkt: Bericht über den Antrag 198/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich, Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit Österreichs und der Reduktion der Arbeitslosigkeit

6. Punkt: Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 312/A (E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Georg Oberhaidinger und Genossen betreffend Nachfolgeregelung zur Förderung erneuerbarer Energieträger zur Stromerzeugung

11. Punkt: Bericht über den Antrag 317/A (E) der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Durchführung einer wissenschaftlichen Untersuchung über Optionen für die Neuorganisation der österreichischen Energiewirtschaft unter besonderer Berücksichtigung der Elektrizitätswirtschaft


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52. Sitzung / Seite 2

12. Punkt: Bericht über den Antrag 318/A (E) der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Angebote der Verbundgesellschaft über kostengünstige Stromlieferungen an die Landesversorger OKA und EVN als Ersatz für den Bau der Kraftwerke Lambach und Theiß

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird (ZDG-Novelle 1996)

14. Punkt: Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu den Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an gemeinsamen Grenzen, in der Fassung der Protokolle vom 27. November 1990, 25. Juni 1991 und 6. November 1992 über den jeweiligen Beitritt der Regierungen der Italienischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik sowie der Griechischen Republik

15. Punkt: Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Republik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, dem die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik jeweils mit dem Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und dem 6. November 1992 beigetreten sind, samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden

17. Punkt: Bericht über den Antrag 163/A der Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson, Werner Amon und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen

18. Punkt: Erste Lesung des Antrages 301/A der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird

19. Punkt: Erste Lesung des Antrages 310/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird

20. Punkt: Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" (Bundesforstegesetz 1996), über Änderungen des Landes- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetzes und des Bundesfinanzgesetzes 1997 sowie Bundesgesetz, mit dem eine Überschreitung eines Ausgabenansatzes der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1996 bewilligt wird (Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996)

21. Punkt: Bundesgesetz über die Errichtung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m. b. H.

22. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird


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52. Sitzung / Seite 3

23. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird

24. Punkt: Bericht über den Antrag 294/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Privatisierung der Österreichischen Bundesforste

25. Punkt: Bericht über den Antrag 296/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend ökologische Reform der Österreichischen Bundesforste

26. Punkt: Bericht über den Antrag 179/A der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (Forstgesetz-Novelle 1996)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 16

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1337/AB gemäß § 92 der Geschäftsordnung 32

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 147

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 148

Staatssekretär Mag. Karl Schlögl 150

Dr. Willi Fuhrmann 152

Mag. Cordula Frieser 153

Dr. Harald Ofner 153

Dr. Volker Kier 154

Karl Öllinger 155

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 32

Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen, die Regierungsvorlage 458 d. B.: Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird (ZDG-Novelle 1996), in der Fassung des Ausschußberichtes 544 d. B., gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuß für innere Angelegenheiten rückzuverweisen – Ablehnung 167, 167

Verlangen gemäß § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Auszählung der Stimmen 169

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend Auszählung der Stimmen:

Mag. Johann Ewald Stadler 170

Dr. Peter Kostelka 170


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52. Sitzung / Seite 4

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser in diesem Zusammenhang 170, 170

Feststellungen der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé während ihrer Rede zu den Tagesordnungspunkten 14 und 15 betreffend Auszählung der Stimmen 172

Unterbrechungen der Sitzung 173, 174, 174

Anordnung einer namentlichen Abstimmung durch Präsidenten Dr. Heinrich Neisser 173

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend die Anwesenheit von Abgeordneten:

Dr. Jörg Haider 173

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 174

Antrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen, die Regierungsvorlage 496 d. B.: Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, in der Fassung der Protokolle vom 27. November 1990, 25. Juni 1991 und 6. November 1992 über den jeweiligen Beitritt der Regierungen der Italienischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik sowie der Griechischen Republik, in der Fassung des Ausschußberichtes 541 d. B., gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuß für innere Angelegenheiten rückzuverweisen – Ablehnung 177, 194

Antrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen, die Regierungsvorlage 501 d. B.: Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, dem die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik jeweils mit den Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und vom 6. November 1992 beigetreten sind, samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich, in der Fassung des Ausschußberichtes 542 d. B., gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuß für innere Angelegenheiten rückzuverweisen – Ablehnung 177, 195

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler betreffend Druckfehlerberichtigung 211

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer in diesem Zusammenhang 211

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler betreffend Einbringung eines Abänderungsantrages 212

Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander betreffend einen von ihr eingebrachten Abänderungsantrag 225

Antrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen, die Regierungsvorlage 428 d. B.: Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" (Bundesforstegesetz 1996), über Änderungen des Land- und Forstarbeiter-Dienstrechts


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52. Sitzung / Seite 5

gesetzes und des Bundesfinanzgesetzes 1997 sowie Bundesgesetz, mit dem eine Überschreitung eines Ausgabenansatzes der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1996 bewilligt wird (Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996), in der Fassung des Ausschußberichtes 506 d. B., gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft rückzuverweisen – Ablehnung 242, 252

Fragestunde (10.)

Landesverteidigung 16

Anton Gaál (78/M); Wolfgang Jung, Willi Sauer, Mag. Doris Kammerlander, Hans Helmut Moser

Hans Helmut Moser (77/M); Dr. Dieter Antoni, Dipl.-Ing. Leopold Schöggl, Mag. Dr. Josef Trinkl, Andreas Wabl

Walter Murauer (73/M); Andreas Wabl, Hans Helmut Moser, Karl Gerfried Müller, Herbert Scheibner

Andreas Wabl (82/M); Mag. Helmut Peter, Günter Kiermaier, Dr. Harald Ofner, Dr. Michael Spindelegger

Marianne Hagenhofer (79/M); Herbert Scheibner, Werner Amon, Andreas Wabl, Hans Helmut Moser

Dr. Karl Maitz (74/M); Mag. Doris Kammerlander, Mag. Helmut Peter, Ing. Gerald Tychtl, Herbert Scheibner

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 16

Ausschüsse

Zuweisungen 31, 229, 229

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend negative Entwicklung der Tourismuswirtschaft in Österreich (1617/J) 107

Begründung: Mag. Helmut Peter 113

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 117

Debatte:

Dr. Hans Peter Haselsteiner 122

Rudolf Parnigoni 124

Dr. Hans Peter Haselsteiner (tatsächliche Berichtigung) 126

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 126

Mares Rossmann 128

Ing. Monika Langthaler 131

Maria Schaffenrath 132

Günter Kiermaier 134

Matthias Ellmauer 136

Helmut Haigermoser 137

Josef Schrefel 139

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 141


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Mag. Reinhard Firlinger 141

Brigitte Tegischer 143

Mag. Dr. Udo Grollitsch 14


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52. Sitzung / Seite 7

4

Anton Leikam 146

Mag. Helmut Peter 146

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft – Ablehnung 142, 147

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft – Ablehnung 145, 147

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (375 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird (533 d. B.) 33

2. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 6/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Öffnungszeitengesetz 1991 (BGBl. 1992/50) aufgehoben wird (534 d. B.) 33

Redner:

Helmut Haigermoser 33

Ingrid Tichy-Schreder 35

Mag. Helmut Peter 37

Eleonora Hostasch 41

Ing. Monika Langthaler 44

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 46

Anton Blünegger 47

Helmut Dietachmayr 48

Maria Schaffenrath 49

Rudolf Parnigoni 51

Karl Öllinger 52

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 54

Annahme des Gesetzentwurfes in 533 d. B. 55

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 534 d. B. 56

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Genossen betreffend Förderung der Nahversorgung – Annahme (E 35) 37, 55

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend die ökologischen Folgekosten der Ladenöffnungszeiten – Ablehnung 53, 56

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend verstärkte Kontrollmaßnahmen durch Arbeitsinspektorate und Gewerbebehörde – Ablehnung 54, 56

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (47 d. B.): Gewerberechtsnovelle 1996 (529 d. B.) 56

4. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (335 d. B.): Schutzzertifikatsgesetz 1996 – SchZG 1996 (528 d. B.) 56

5. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 198/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich, Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit Österreichs und Reduktion der Arbeitslosigkeit (535 d. B.) 56

Redner:

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 56

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 58

Ing. Monika Langthaler 59

Dr. Kurt Heindl 60

Peter Rosenstingl 61

Mag. Helmut Peter 61

Helmut Haigermoser 62

Günter Kiermaier 63

Mares Rossmann 64

Mag. Thomas Barmüller 65

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 67

Annahme der Gesetzentwürfe in 529 und 528 d. B. 67

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 535 d. B. 68

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (324 d. B.): Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 (524 d. B.) 68

7. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (346 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (525 d. B.) 68

8. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (366 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird (526 d. B.) 68

9. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (367 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird (527 d. B.) 68

Redner:

Ingrid Tichy-Schreder 68

Kurt Wallner 72

Ing. Wolfgang Nußbaumer 73

Mag. Helmut Peter 74

Annahme der Gesetzentwürfe in 524, 525, 526 und 527 d. B. 75

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 312/A (E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Georg Oberhaidinger und Genossen betreffend Nachfolgeregelung zur Förderung erneuerbarer Energieträger zur Stromerzeugung (530 d. B.) 77

11. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 317/A (E) der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Durchführung einer wissenschaftlichen Untersuchung der Optionen für die Neuor


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52. Sitzung / Seite 8

ganisation der österreichischen Energiewirtschaft unter besonderer Berücksichtigung der Elektrizitätswirtschaft (531 d. B.) 77

12. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 318/A (E) der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Angebote der Verbundgesellschaft über kostengünstige Stromlieferungen an die Landesversorger OKA und EVN als Ersatz für den Bau der Kraftwerke Lambach und Theiß (532 d. B.) 77

Redner:

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn 78

Karlheinz Kopf 79

Mag. Thomas Barmüller 81

Georg Oberhaidinger 82

Ing. Monika Langthaler 83

Mag. Franz Steindl 86

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 87

Peter Marizzi 88

Dr. Volker Kier 90

Georg Wurmitzer 91

Rudolf Anschober 93

Mag. Helmut Kukacka 94

Dr. Volker Kier (tatsächliche Berichtigung) 95

Hermann Mentil 95

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 530, 531 und 532 d. B. 96

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 530 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Nachfolgeregelung zur Förderung erneuerbarer Energieträger zur Stromerzeugung (E 36)96

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (458 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird (ZDG-Novelle 1996) (544 d. B.) 97

Redner:

Herbert Scheibner 97

Anton Gaál 99

Hans Helmut Moser 100

Dr. Karl Maitz 102

Theresia Haidlmayr 104

Emmerich Schwemlein 157

Bundesminister Dr. Caspar Einem 158

Wolfgang Jung 159

Paul Kiss 160

Dr. Martina Gredler 161

Sonja Ablinger 162

Andreas Wabl 163

Dr. Wolfgang Riedler 165

Mag. Doris Kammerlander 165

Annahme des Gesetzentwurfes in 544 d. B. (namentliche Abstimmung in zweiter Lesung) 168, 174

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (496 d. B.): Protokoll über den Beitritt der Regierung der


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52. Sitzung / Seite 9

Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, in der Fassung der Protokolle vom 27. November 1990, 25. Juni 1991 und 6. November 1992 über den jeweiligen Beitritt der Regierungen der Italienischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik sowie der Griechischen Republik (541 d. B.) 171, 176

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (501 d. B.): Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, dem die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik jeweils mit dem Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und vom 6. November 1992 beigetreten sind, samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich (542 d. B.) 171, 176

Redner:

Dr. Helene Partik-Pablé 172, 177

Anton Leikam 179

Rudolf Anschober 180

Walter Murauer 183

Herbert Scheibner 185

Hans Helmut Moser 187

Bundesminister Dr. Caspar Einem 188

Mag. Doris Kammerlander 190

Matthias Achs 191

Dkfm. DDr. Friedrich König 192

Dr. Martina Gredler 193

Genehmigung der Staatsverträge in 541 und 542 d. B. 194

Beschlußfassungen im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 194

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Kontrolle des Nationalrates im Zuge der Durchführung des Schengener Vertragswerkes – Ablehnung 182, 195

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (457 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (543 d. B.) 195

Redner:

Franz Lafer 195

Robert Elmecker 197

Hans Helmut Moser 199

Günther Platter 200

Dr. Harald Ofner 202

Bundesminister Dr. Caspar Einem 204

Rudolf Anschober 205

Dr. Elisabeth Hlavac 206


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52. Sitzung / Seite 10

Karl Freund 207

Ludmilla Parfuss 208

Annahme des Gesetzentwurfes in 543 d. B. 209

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 163/A der Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson, Werner Amon und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen (540 d. B.) 210

Berichterstatter: Emmerich Schwemlein 210

Redner:

Herbert Scheibner 211

Dr. Irmtraut Karlsson 213

Wolfgang Jung 214

Dr. Irmtraut Karlsson (tatsächliche Berichtigung) 216

Werner Amon 216

Hans Helmut Moser 217

Mag. Doris Kammerlander 219

Maria Rauch-Kallat 221

Dr. Martina Gredler 221

Dr. Harald Ofner 222

Annahme des Gesetzentwurfes in 540 d. B. 224

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, Dr. Irmtraut Karlsson und Genossen betreffend Maßnahmen der Bundesregierung zur Hintanhaltung der Umwandlung von "Richtsplitterladungen" in Anti-Personen-Minen – Annahme (E 37) 217, 226

18. Punkt: Erste Lesung des Antrages 301/A der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird 226

Redner:

Wolfgang Großruck 226

Dr. Elisabeth Hlavac 227

Dr. Volker Kier 228

Zuweisung des Antrages 301/A an den Ausschuß für innere Angelegenheiten 229

19. Punkt: Erste Lesung des Antrages 310/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird 229

Redner:

Dr. Volker Kier 229

Zuweisung des Antrages 310/A an den Ausschuß für innere Angelegenheiten 229

Gemeinsame Beratung über

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (428 d. B.): Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" (Bundesforstegesetz 1996), über Änderungen des Land- und Forstarbeiter-


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52. Sitzung / Seite 11

Dienstrechtsgesetzes und des Bundesfinanzgesetzes 1997 sowie Bundesgesetz, mit dem eine Überschreitung eines Ausgabenansatzes der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1996 bewilligt wird (Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996) (506 d. B.) 230

21. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (425 d. B.): Bundesgesetz über die Errichtung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaftlichen Gesellschaft m. b. H. (511 d. B.) 230

22. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird (507 und Zu 507 d. B.) 230

23. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird (508 d. B.) 230

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 294/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Privatisierung der Österreichischen Bundesforste (509 d. B.) 230

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 296/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend ökologische Reform der Österreichischen Bundesforste (510 d. B.) 230

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 179/A der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (Forstgesetz-Novelle 1996) (512 d. B.) 230

Redner:

Ing. Mathias Reichhold 231

Georg Schwarzenberger 233

Mag. Thomas Barmüller 235

Heinz Gradwohl 237

Andreas Wabl 239

Katharina Horngacher 242

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 243

Mag. Reinhard Firlinger 243

Otmar Brix 244

Robert Wenitsch 245

Willi Sauer 246

Mag. Karl Schweitzer 246

Arnold Grabner 247

Jakob Auer 247

Rainer Wimmer 248

Hermann Kröll 248

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 249

Mag. Dr. Udo Grollitsch 250

Matthias Achs 251

Sophie Bauer 251

Emmerich Schwemlein 252

Annahme der Gesetzentwürfe in 506, 511, 507 und Zu 507 sowie 508 d. B. 252

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 509, 510 und 512 d. B. 254


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52. Sitzung / Seite 12

Entschließungsantrag der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen betreffend Vorkehrungen beim Verkauf von Flächen der Österreichischen Bundesforste zugunsten des bäuerlichen Eigentums – Ablehnung 245, 253

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative 31

Bürgerinitiative betreffend § 97 StGB, Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs – Schutz der ungeborenen Kinder (Ordnungsnummer 10)

Berichte 32

III-63: Kulturbericht 1995; Bundesregierung

III-68: Bericht über die soziale Lage 1995; BM f. Arbeit und Soziales

Anträge der Abgeordneten

Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Schutz und die Förderung der Familie und die Achtung des Elternrechtes (352/A)

Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Entwicklung des ländlichen Raumes (353/A)

Rudolf Anschober und Genossen betreffend Umsetzung einer österreichischen Anti-Temelin-Offensive (354/A) (E)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Schutz und die Förderung der Familie und die Achtung des Elternrechtes (355/A)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Entwicklung des ländlichen Raumes (356/A)

Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend nationale Aufstockung der EU-BSE-Kompensation (357/A) (E)

Dr. Stefan Salzl und Genossen betreffend Einbeziehung der Schafhalter in die BSE-Kompensation (358/A) (E)

Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend Frühvermarktungsprämie (359/A) (E)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Zurücknahme des ÖPUL-Einstiegsstopps (360/A) (E)

Zurückgezogen wurden die Anträge der Abgeordneten

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über den Schutz und die Förderung der Familie und die Achtung des Elternrechtes (350/A) (Zu 350/A)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Entwicklung des ländlichen Raumes (351/A) (Zu 351/A)


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52. Sitzung / Seite 13

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend negative Entwicklung der Tourismuswirtschaft in Österreich (1617/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verbrechensentwicklung an der Grenze (1618/J)

Mag. Franz Steindl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einreise nach Ungarn mit Europapaß (1619/J)

Klara Motter und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Länder-Budgetmittel zur Vollziehung des Jugendwohlfahrtsgesetzes 1989 (1620/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die "Ausübung des Wahlrechts von Pfleglingen in Heil- und Pflegeanstalten" (1621/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Anwendung von § 15 Kapitalmarktgesetz (1622/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die notwendige Novellierung der Reisebüroversicherungsverordnung aufgrund "der unvollständigen Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie (90/314/EWG) durch den Wirtschaftsminister" (1623/J)


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52. Sitzung / Seite 14

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Ökobahn statt Tunnelwahn (1624/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Finanzierung des Nationalfonds für besondere Hilfe für behinderte Menschen im Jahr 1997 (1625/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Nationale Enquete "Rio+5" (1626/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Vergabe einer dritten Mobilfunklizenz (1627/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Verbreitung neonazistischer und rassistischer Propaganda im Internet (1628/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Werkvertragsregelung (1629/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend sachlich nicht gerechtfertigte Privilegien im Bereich des Subventionsbetriebes Österreichische Bundesbahnen (1630/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend landwirtschaftliche Nutzungsbeschränkungen zum Schutz des Grundwassers in Oberösterreich (1631/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Umsetzung der Richtlinie 91/414/EWG (1632/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Servicebahn statt Tunnelwahn; Handy-Frotzelei der BahnkundInnen (1633/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Aktivitäten zur Schließung des Kernkraftwerkes Krško (1634/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend ein Finanzstrafverfahren gegen Herrn Karl Habsburg (1635/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Probleme mit der Anbringung der Mautvignette (1636/J)

Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Insolvenzen in Österreich (1637/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Absage einer Ordensverleihung durch drei Südtiroler SVP-Politiker (1638/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Affäre um einen Geheimdienstbericht über den Gesamttiroler Schützenbund (1639/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Vergabe der Errichtung des Ökopunkte-Kontrollsystems (1640/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Probleme mit der Mautvignette (1641/J)

Anton Blünegger und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Beteiligung an und Unterstützung der Kampagne gegen die demokratische Veranstaltung der Deutschen Burschenschaft ("Burschenschafterkommers") anläßlich "1000 Jahre Österreich" durch die Wiener Arbeiterkammer und Aufruf zum Verfassungsbruch (1642/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend die Dienstreisen des Obmannes der AUVA, Wolfgang Haunsberger (1643/J)

Wolfgang Großruck und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Fall Holzinger" (1644/J)

Dr. Stefan Salzl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Hochleistungsstrecke Parndorf-Kittsee-Petrzalka (1645/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend den Verein Österreichische Kinderfreunde (1646/J)

Dr. Dieter Antoni und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Pädagogische Akademien, Berufspädagogische Akademien und Pädagogische Institute (1647/J)

Elfriede Madl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Klage eines Forsthausmieters gegen die Österreichischen Bundesforste (ÖBF) (1648/J)


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52. Sitzung / Seite 15

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachung des Fernmeldeverkehrs (1649/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Überwachung des Fernmeldeverkehrs (1650/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Überwachung des Fernmeldeverkehrs (1651/J)

 

 


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52. Sitzung / Seite 16

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist 9 Uhr. Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen und eröffne die 52. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Preisinger, Reitsamer und Dkfm. Bauer.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Bundeskanzleramt hat für diese Sitzung über Entschließungen des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung wie folgt Mitteilung gemacht:

Herr Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Schüssel wird durch Frau Bundesministerin Gehrer vertreten.

Herr Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky wird infolge gleichzeitiger Verhinderung des Herrn Vizekanzlers, wie soeben bekanntgegeben, durch Herrn Bundesminister Dr. Caspar Einem vertreten, der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Bartenstein durch Herrn Bundesminister Molterer, der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst Dr. Scholten durch Herrn Bundesminister Hums und Herr Finanzminister Mag. Klima durch Herrn Bundesminister Dr. Michalek.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen jetzt zur Fragestunde, und ich beginne um 9.02 Uhr mit dem Aufruf der Fragen.

Bundesministerium für Landesverteidigung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die erste Frage stellt Herr Abgeordneter Gaál an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung.

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Bundesminister! Die geänderten sicherheitspolitischen Anforderungen ergeben auch geänderte Aufgabenstellungen des Bundesheeres, zum Beispiel verstärkte ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Verlesung der schriftlich vorliegenden Anfrage.

Abgeordneter Anton Gaál (fortsetzend): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

78/M

Welche Maßnahmen wurden durch das Bundesheer getroffen, um eine rasche Verfügbarkeit von Einheiten für die Teilnahme an friedenssichernden und humanitären Missionen sicherzustellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Das österreichische Bundesheer hat sich bereits seit über 30 Jahren an internationalen friedens


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52. Sitzung / Seite 17

sichernden Einsätzen beteiligt, und zwar mit großem Erfolg. Wir haben aufgrund der veränderten sicherheitspolitischen Lage 1993 einen Beschluß des Ministerrates über weitergehende Maßnahmen herbeigeführt, der ein Konzept für vorbereitende Einheiten zum Inhalt hat, und sind dabei, dieses Konzept zu realisieren, beziehungsweise kann man durchaus sagen, es befindet sich so weit im Realisierungsstadium, daß ein großer Teil der Arbeiten abgeschlossen ist und jetzt die notwendigen Ausrüstungen zufließen.

Wir haben ein Konzept der vorbereiteten Einheiten, das vorsieht, daß wir in Zukunft auf der einen Seite Bataillone zur Verfügung haben, die mit gepanzerten Mannschaftstransportwagen ausgestattet sind, auf der anderen Seite ein gebirgstaugliches Bataillon, eine Einheit in der Stärke einer Kompanie für die Versorgung, die jetzt gerade in Bosnien bereits zum Einsatz gelangt ist. Wir haben zusätzlich auch ein Feldspital, eine Katastrophenschutzeinheit und auch eine Hubschraubereinheit vorgesehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Jung, bitte.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie sprechen davon, daß Bataillone dafür zur Verfügung stehen werden. Nun haben wir nicht geringe Probleme, allein den Grenzschutz, der auch noch verstärkt werden soll, personell abzudecken. Wie wollen Sie das personell, materiell und finanziell über die Runden bringen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.


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52. Sitzung / Seite 18

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend:
Nach Plan, sehr geehrter Herr Abgeordneter! (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP.) Wenn ich ergänzend dazu noch ausführen darf: Wie Sie wissen, haben wir ein Bataillon in Zypern und ein Bataillon am Golan stehen und eben eine Versorgungskompanie in Bosnien im Einsatz. Zusätzlich sind bestimmte Verbände des Bundesheeres beauftragt, Einheiten so weit vorzubereiten, daß sie dann auch relativ kurzfristig in den Einsatz gehen können. Wie Sie wissen, ist dem Jägerregiment 5 in Straß das erste Kontingent der gepanzerten Mannschaftstransportwagen zugeführt worden, weil dieses dafür verantwortlich ist. Ähnliches gilt für das Jägerregiment 6, was das gebirgstaugliche Bataillon betrifft, ähnliches gilt etwa für das Aufklärungsbataillon 3 in Mistelbach, was eben eine weitere Einheit mit gepanzerten Mannschaftstransportwagen betrifft, et cetera.

Das heißt, es sind bestimmte Einheiten und Verbände damit beauftragt, diese Vorbereitungsarbeiten durchzuführen. Letztendlich wird der konkrete Einsatz dann immer mit Freiwilligen aufgefüllt. Wie Sie wissen, haben wir ja eine Liste von 7 500 Freiwilligen, die grundsätzlich bereit sind, in den Auslandseinsatz zu gehen. Selbstverständlich heißt das nicht, in jeden x-beliebigen Einsatz, sondern das muß dann jeweils noch konkretisiert werden.

Ich verhehle nicht die Tatsache, daß es zweifellos bei sehr kurzfristigen Einsätzen für die Zukunft notwendig sein wird, noch mehr Personal bereitstehend zu haben, und das wird sich im wesentlichen auch auf eine stärkere Berufskomponente abstützen müssen. Die Vorbereitungen dazu werden in dem Sinne getroffen, daß bei Einheiten mit einem ganz großen Zeitsoldatenanteil zurzeit Kompanien gebildet werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Herr Abgeordneter Willi Sauer, bitte.

Abgeordneter Willi Sauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie haben ja gewisse Erfahrungen im Rahmen des IFOR- und SFOR-Einsatzes im ehemaligen Jugoslawien gemacht. Wieweit sind die Sicherheitsmaßnahmen für unsere Soldaten gewährleistet? Und wenn im Eventualfall dieser Einsatz in Zaire zustande kommt, wieweit können wir davon ausgehen, daß das Sicherheitspotential unserer Soldaten gewährleistet ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Sicherheitsfrage für die eingesetzten Soldaten ist uns ein ganz besonderes Anliegen, denn ich glaube, daß das Verständnis der Bevölkerung für derartige Einsätze nur dann gegeben ist, wenn ausreichende Sicherheitsmaßnahmen für unsere Soldaten gewährleistet sind.

Wir haben daher ein Programm durchgeführt, das über die Vorbereitungen anderer Staaten und Nationen bei weitem hinausgeht, und haben etwa die eingesetzten LKWs, die eingesetzten Fahrzeuge in Bosnien einer Extrapanzerung zugeführt, sodaß ein maximaler Schutz für die Leute gegeben ist.

Das zweite ist, daß wir dort nicht alleine agieren, sondern in Zusammenarbeit mit anderen Nationen. Es sind drei NATO-Staaten, die gleichzeitig mit Österreich in der sogenannten BELUGA-Gruppe tätig sind, nämlich Belgien, Luxemburg und Griechenland, und darüber hinaus gibt es einfach auch die Schutzfunktion, die das übergeordnete Kommando hat. Das heißt, dieses verfügt dann je nach der Gefährlichkeit eines bestimmten Einsatzgebietes, ob dafür ein spezieller Schutz herangezogen wird oder nicht.

Darüber hinaus sehen wir in unserem Konzept auch vor, daß selbstverständlich bei schwierigeren Einsätzen auch ein entsprechender Schutz in der Zukunft gegeben sein muß, in einer ähnlichen Form, wie es etwa das dänische Auslandskontingent, die sogenannten Rapid erection forces, vorsieht, nämlich daß man auch mit schwereren Waffen in einen derartigen Einsatz geht, um eine entsprechende Abhaltewirkung zu haben.

Es ist durchaus eine gängige Hypothese, daß etwa die Schwierigkeiten, die im Bereich des holländischen Kontingents aufgetreten sind, wahrscheinlich im Falle der abhaltenden Wirkung von schweren Waffen gar nicht zum Tragen gekommen wären.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Frau Abgeordnete Kammerlander, bitte.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Bundesminister! Erachten Sie den Einsatz österreichischer Bundesheersoldaten in Ostzaire auch für friedensdurchsetzende Maßnahmen, also Kapitel-7-Maßnahmen nach der UN-Satzung, nach den jüngsten internationalen Entwicklungen noch für zweckmäßig und aus neutralitätspolitischer Sicht für vertretbar?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Lagebeurteilung hat sich in den letzten Wochen rapide verändert durch die Tatsache, daß fast eine halbe Million Flüchtlinge ihre Flüchtlingsquartiere verlassen haben und wieder in ihre angestammten Wohngebiete zurückgegangen sind, sodaß die derzeitige internationale Einschätzung darauf hinausläuft, daß es nicht ein friedensstiftender Einsatz sein soll. Wenn es überhaupt zu einem Einsatz österreichischer Soldaten in Ostzaire oder in Ruanda kommen sollte, dann zur Unterstützung von Non Governmental Organizations, das heißt von zivilen Organisationen, die dort humanitäre Aufgaben durchführen.

Das österreichische Bundesheer hat darüber hinaus von vornherein einen Einsatz geplant gehabt, der als wesentliches Element eine Wasseraufbereitungsanlage vorgesehen hat, die zum Zwecke gehabt hat, zumindest 50 000 Menschen laufend mit sauberem Wasser zu versorgen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Wir haben noch eine Zusatzfrage von Kollegen Moser. – Bitte.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Das Bundesheer hat in der Vergangenheit sehr erfolgreich an Auslandseinsätzen teilgenommen, insbesondere an Einsätzen der Katastrophenhilfe. Eine Erfahrung war, daß die Notwendigkeit bestanden hat, eine


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52. Sitzung / Seite 19

eigene Transportkapazität zu haben. Was werden Sie tun, um diese eigene Transportkapazität aufzubauen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es wäre aus der Sicht des Heeres sicherlich wünschenswert, über eine eigene Transportkapazität zu verfügen. Angesichts der knappen Mittel muß es allerdings eine Prioritätenreihung geben, und da in der überwiegenden Anzahl der Fälle Transportkapazität zugekauft werden kann, haben wir uns bis dato entschieden, anderen Projekten und Programmen in der Prioritätenreihung den Vorrang zu geben, sodaß andere Anschaffungen vorgezogen wurden und die Anschaffung eines Transportflugzeuges hintangereiht wurde.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Damit ist der erste Komplex erledigt.

Ich bitte jetzt Herrn Abgeordneten Moser um Verlesung der zweiten eingereichten Anfrage.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

77/M

Welche Maßnahmen werden Sie treffen, damit die jahrelangen Bemühungen der Theresianischen Militärakademie auf Zuerkennung des Fachhochschulstatus endlich erfolgreich abgeschlossen werden können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es ist das eine sehr wichtige Angelegenheit für das österreichische Bundesheer. Ich habe bereits ein Jahr nach meinem Amtsantritt, nämlich im Dezember 1991, den Auftrag gegeben, die Offiziersausbildung auf neue Grundlagen zu stellen, und zwar in der Hinsicht, daß es nicht nur einen höheren Anteil an pädagogischen Elementen geben soll, sondern daß insbesondere eine stärkere einsatzorientierte Ausbildung erfolgen soll und daß sie gleichzeitig auch international kompatibel sein soll, das heißt, daß sie in ihrer Wertigkeit auf Hochschulniveau ausgerichtet werden soll.

Es haben dann entsprechende Überlegungen eingesetzt, und seit 1992 wird das Projekt verfolgt, der Militärakademie auch Fachhochschulstatus einzuräumen. Als Fachhochschule selbst kann sie ja nach unserer Gesetzeslage nicht anerkannt werden, sondern als Fachhochschullehrgang, weil für eine Fachhochschule mindestens zwei Lehrgänge und eine Mindeststudentenanzahl von 1 000 erforderlich wären, was bei der Militärakademie nicht gegeben ist.

Die Vorbereitungsarbeiten dazu wurden insofern aufgenommen und durchgeführt, als wir das komplette Offiziersstudium umgebildet haben, sodaß es allen Anforderungen eines Fachhochschulstudiums entspricht. Gleichzeitig haben wir es von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich evaluieren lassen und dort auch die beste Beurteilung für das Ausbildungsprogramm, die überhaupt möglich ist, erzielt. Daher haben wir im Jahre 1995 den diesbezüglichen Antrag beim Fachhochschulrat eingereicht, und ein Jahr später, nämlich im Juni dieses Jahres, haben wir einen verbesserten Antrag, nämlich aufgrund von Anregungen des Fachhochschulrates, eingebracht. Dieser Antrag war auch auf der Tagesordnung des letzten Fachhochschulrates, ist allerdings aufgrund der Fülle von Anträgen nicht behandelt worden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Meine Zusatzfrage: Was werden Sie tun, damit es ehestens zu einer entsprechenden Entscheidung kommt? Denn ich meine, es ist eine vorrangige Angelegenheit, und es wäre daher höchste Zeit, den


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52. Sitzung / Seite 20

international anerkannten hohen Ausbildungsstand der österreichischen Offiziere auch in Österreich durch einen entsprechenden Status zu berücksichtigen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.


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52. Sitzung / Seite 21

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend:
Ich werde dieses Projekt mit hoher Intensität verfolgen, so wie ich alle Projekte, die mir wichtig sind, mit hoher Intensität verfolge. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Kollege Antoni.

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Denken Sie daran, den soeben angesprochenen Fachhochschullehrgang organisatorisch, aber vor allem ausbildungsdidaktisch so zu gestalten, wie dies etwas in den Bundeswehrhochschulen in der Bundesrepublik Deutschland der Fall ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir haben die inhaltlichen Elemente der Offiziersausbildung bereits darauf abgestimmt. Das Ganze hat folgenden Sinn: Es sind fast alle Offiziersausbildungen in Europa – mit Ausnahme der britischen – zumindest im Bereich der Naturwissenschaften und der Sozialwissenschaften auf Hochschulniveau, und es ist daher, um die österreichische Offiziersausbildung nicht anderen internationalen Offiziersausbildungen nachzureihen, sondern sie auf dem gleichen Standard einreihen zu können, in Zukunft erforderlich, eben diesen Status zu erreichen. Selbstverständlich war dazu die von Ihnen angesprochene umfassende Änderung des Studienkatalogs erforderlich, die insbesondere in den einsatzorientierten und pädagogischen Elementen ganz deutlich neue Akzente erfahren hat.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Schöggl, bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Faktum ist, daß sich die Anerkennung der Offiziersausbildung als Fachhochschullehrgang verzögert. Ist eine der Ursachen dafür die derzeitige Funktionsunfähigkeit des Fachhochschulrates, der noch nicht nachbesetzt ist, oder ist eine der Ursachen die Junktimierung mit der sozialdemokratischen Forderung nach einer noch nicht bestehenden Sicherheitsakademie?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Tatsache ist, daß die Fülle der Anträge alle ursprünglichen Erwartungen übertroffen hat und daß es deshalb sicherlich auch eine gewisse Zeit dauert, bis alle Anträge entsprechend behandelt sind.

Was die Frage der Zusammensetzung oder Funktionsfähigkeit des Fachhochschulrates betrifft, ist der zuständige Minister – das ist der Wissenschaftsminister – derjenige, der Ihnen sicherlich die beste Auskunft geben kann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Zusatzfrage: Abgeordneter Dr. Trinkl, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Bundesminister! Ich entnehme einer Presseaussendung, daß dieser Fachhochschulrat mit 1. Oktober hätte besetzt sein sollen. Hat das irgendwelche Auswirkungen auf den kommenden Jahrgang der Theresianischen Militärakademie?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das hat meines Wissens keine Auswirkungen, wenn die Beschlüsse rechtzeitig erfolgen können. Ich werde meinen Regierungskollegen bei der nächsten Ministerratssitzung auf die Terminfrage ansprechen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Werden Sie sich auch dafür einsetzen, daß das Friedensforschungsinstitut in Schlaining zu einer Fachhochschule umgewandelt und als solche anerkannt wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es wird mein Bestreben sein, daß die Militärakademie eine Fachhochschule wird. Ich glaube, daß die erste Priorität dort liegen sollte, weil alle Grundlagen erfüllt sind und es daher sicherlich notwendig ist, jetzt auch den entsprechenden rechtlichen Status herbeizuführen. Ich werde, wenn es mir sinnvoll erscheint, sicherlich gerne auch andere Projekte unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Die Frage 73/M verliest Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.


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52. Sitzung / Seite 22

Abgeordneter Walter Murauer
(ÖVP): Herr Bundesminister! Als oberösterreichischer Abgeordneter aus dem Raum Steyr interessiert mich folgendes:

73/M

Welche konkreten Maßnahmen für die Modernisierung der Ausrüstung des österreichischen Bundesheeres haben Sie bereits gesetzt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.


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52. Sitzung / Seite 23

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend:
Eine Fülle von Maßnahmen, die auf den jeweiligen Stand der Ausrüstung Bezug genommen haben. Es war nach meinem Amtsantritt meine wichtigste Aufgabe, die Ausrüstung des Bundesheeres mit Lenkwaffen durchzuführen, weil wir zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich die einzige Armee der Welt waren, die über keine Lenkwaffen verfügt hat. Wir haben das Programm der Boden-Boden-Lenkwaffen abgeschlossen, haben zusätzlich den Beschluß gefaßt und auch durchgeführt, Boden-Luft-Lenkwaffen anzuschaffen, ebenso Luft-Luft-Lenkwaffen in der kurzen Reichweite. Wir haben damit einen Meilenstein, was die Bewaffnung des österreichischen Bundesheeres betrifft, gesetzt.

Gleichzeitig haben wir die Kampfkraft erhöht. Durch den Ankauf von zusätzlicher Artillerie M 109 haben wir die Kampfkraft auf das Vier- bis Fünffache in diesem Bereich erhöht. Und insbesondere haben wir die Führungsfähigkeit des Bundesheeres durch die Computerausstattung, die ein wesentlicher Programmbestandteil in der ersten Hälfte der neunziger Jahre war, wesentlich verbessert.

Der wesentliche nächste Schritt erfolgt jetzt im mechanisierten Bereich. Der Landesverteidigungsrat hat ja in dieser Woche diesbezüglich bedeutende Beschlüsse gefaßt, nämlich zur Beschaffung von Kampfpanzern, Kampfschützenpanzern, gepanzerten Mannschaftstransportwagen und auch von Panzern der Type "Jaguar", die ein Panzerabwehrlenkwaffensystem tragen sollen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Zusatzfrage, bitte.

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Die österreichische Wertschöpfung spielt natürlich bei der Beschaffung eine besondere Rolle. Können Sie uns sagen, in welchem Ausmaß wir bei der kommenden Panzerbeschaffung eine österreichische Wertschöpfung haben werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Wir können davon ausgehen, daß bei den in Österreich zu erzeugenden Produkten, nämlich bei den Typen "Ascod" und "Pandur", das heißt beim Radschützenpanzer und beim Kampfschützenpanzer, eine Wertschöpfung in der Größenordnung von zirka zwei Dritteln zu erwarten ist, eine Wertschöpfung, die sich unmittelbar auf Österreich bezieht.

Darüber hinaus muß allerdings eine weitergehende Wertschöpfung angenommen werden, weil bereits der erste Auftrag, den das Bundesheer an die Firma Steyr in Form der 68 Stück "Pandur" erteilt hat, dazu geführt hat, daß damit ein österreichisches Unternehmen auch international angebotsfähig geworden ist, daß es bereits in einem Fall einen Zuschlag erteilt bekommen hat und sich in einem weiteren Fall in höchst aussichtsreicher Position befindet. Dadurch wurde diese Firma in die Lage versetzt, in einem hohen Ausmaß internationale Aufträge nach Österreich hereinzubringen, wodurch nicht nur Hunderte, sondern Tausende Arbeitsplätze gesichert werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Abgeordneter Wabl, bitte.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Abgesehen von diesem unglaublichen Versuch, die Rüstungsindustrie wieder zu stärken, würde mich interessieren, warum der M-60-Kampfpanzer in den USA und in Israel sehr wohl noch fünf bis zehn Jahre in Einsatz sein soll, während hier die Offziersgesellschaft und Sie die Meinung vertreten, daß diese Panzertypen bereits schrottreif seien und der Wiederverwertung anheimgestellt werden sollen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe zu dieser Frage bereits wiederholt Stellung genommen und tue es gerne ein weiteres Mal. Wir vertreten diese Auffassung deshalb, weil sich nach den Erprobungen, die aufgrund der Ereignisse von 1989 möglich waren, herausgestellt hat, daß der M 60 nicht mehr kompetitiv ist im Vergleich zu anderen, insbesondere in Osteuropa üblichen Panzertypen, sodaß weitere Investitionen in diesen Panzertyp nicht mehr sinnvoll erschienen.

Wir haben daher ab 1993 die ursprünglich durchaus in Ihrem Sinne angedachte Kampfwertsteigerung für den M 60 zurückgestellt, haben die geplante Nachtsichtfähigkeit nicht mehr herbeigeführt, weil das eine Verschwendung von Steuergeldern gewesen wäre, und haben uns ab diesem Zeitpunkt mit der Beschaffung eines neuen, auf dem Stand der Technik befindlichen Panzertyps beschäftigt und auseinandergesetzt. Das Ergebnis ist, daß wir jetzt zur Anschaffung des Kampfpanzers "Leopard" gelangt sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Abgeordneter Moser.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Der hohe beschäftigungspolitische Effekt der jüngsten Entscheidung des Landesverteidigungsrates in bezug auf die Modernisierung des Bundesheeres ist ja bereits angesprochen worden. Was werden Sie tun, Herr Bundesminister, um diese Entscheidung des Landesverteidigungsrates zur Beschaffung von "Ascod" und "Pandur" der Firma Steyr sehr rasch in die Tat umzusetzen, und wie sieht der Zeitplan aus?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe unmittelbar nach der Entscheidung des Landesverteidigungsrates dem Rüstungschef des österreichischen Bundesheeres den Auftrag gegeben, die Verhandlungen unverzüglich aufzunehmen und in möglichst kurzer Zeit durchzuführen, wobei man sicherlich anmerken muß, daß das nicht eine Frage von einigen wenigen Tagen oder Wochen ist, sondern dadurch, daß es sich um ein umfangreiches Typenprogramm in einer sehr komplexen technischen Natur handelt, zweifellos eine Frage ist, die einige Monate in Anspruch nehmen wird.

Beide Teile haben großes Interesse daran, daß dieser Vertrag entsprechend rasch zustande kommt, und ich werde auch persönlich darüber wachen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Müller.

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Herr Bundesminister! In welchem finanziellen Umfang und für welche Rüstungsgüter planen Sie in den nächsten zehn Jahren Investitionen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das wird von den jeweiligen Budgetbeschlüssen abhängig sein, und zwar deshalb, weil wir zurzeit aufgrund der Budgetrestriktionen beziehungsweise auch der Erfordernisse aus dem Budget noch nicht mit Sicherheit sagen können, welche Mittel zur Verfügung stehen. Und selbstverständlich geht es ja nicht darum, irgendeine Wunschplanung durchzuführen, sondern eine Planung durchzuführen, die mit den Realitäten übereinstimmt. Insofern kann darüber jetzt noch keine konkrete Aussage gemacht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Scheibner.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Die mechanisierte Truppe des österreichischen Bundesheeres befindet sich in einem katastrophalen Zustand. Nach zehn Jahren Verteidigungsminister Fasslabend spricht eine heeresinterne Studie von minimalen Überlebenschancen der österreichischen Panzergrenadiere. Das jetzige Beschaffungspaket wird ja hier nur in Teilbereichen Abhilfe schaffen.

Herr Bundesminister! Halten Sie es beim derzeitigen Zustand des Gerätes des österreichischen Bundesheeres für verantwortbar, Soldaten in einen Einsatz zu schicken?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe aufgrund der Erfordernisse für eine Modernisierung und für einen ausreichenden Schutz unserer Soldaten ein umfangreiches Beschaffungsprogramm vorgelegt, das vom Landesverteidigungsrat genehmigt worden ist. Dieses setzt sich besonders intensiv mit der mechanisierten Truppe auseinander, weil drei der vorgesehenen Typen insbesondere für die mechanisierte Truppe vorgesehen sind, nämlich der Kampfpanzer, der Kampfschützenpanzer und auch der "Jaguar", während der sogenannte Radpanzer, das gepanzerte Mannschaftstransportfahrzeug, insbesondere den infanteristischen Truppen, das heißt den Jägerregimentern, zur Verfügung stehen wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Ich darf nunmehr Herrn Abgeordneten Wabl um Verlesung der eingebrachten Frage 


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82/M ersuchen.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Ich hätte fast "Herr Panzerminister" gesagt. Meine Frage lautet:

82/M

Sind Sie der Auffassung, daß die De-facto-Abschaffung des Aufschubrechtes für Wehrpflichtige in der Regierungsvorlage zum Wehr- und Zivildienstgesetz die Attraktivität der Landesverteidigung bei den betroffenen Jugendlichen steigern wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich glaube, daß die Attraktivität der Landesverteidigung bei den Jugendlichen recht hoch ist, wenn ich davon ausgehen kann, daß sich zirka 88 Prozent der tauglichen Jugendlichen in Österreich für den Wehrdienst entscheiden. Und das ist auch notwendig, um die Sicherheit unseres Landes gewährleisten zu können.

Ich gehe davon aus, daß diese Maßnahme nicht zur Erhöhung der Attraktivität des Bundesheeres gedacht ist, sondern eine zweckmäßige Maßnahme ist, um unmittelbar nach der Ausbildung den Jugendlichen zu ermöglichen, auch den Wehrdienst hinter sich zu bringen und dann ihr Studium in Ruhe zu absolvieren.

Es hat nebenbei auch noch einen positiven budgetären Effekt, nämlich jenen, daß sich sowohl im Bereich des Zivildienstes als auch im Bereich des Militärdienstes Einsparungen von jeweils ungefähr 150 Millionen Schilling, also somit von insgesamt zirka 300 Millionen Schilling ergeben, was gerade in der jetzigen Zeit sehr notwendig ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Zusatzfrage, wie ich annehme.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Werden Sie in Zukunft auch mit Gewissensverweigerern so umgehen, daß diese Menschen wieder hinter Gitter müssen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich habe es nicht verstanden, aber wenn Sie es verstanden haben, Herr Minister, genügt es.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe es verstanden. Es hat in Österreich jeder junge Österreicher, der sich aus Gewissensgründen nicht für den Wehrdienst, der eigentlich seine Pflicht ist, entscheiden kann, die Möglichkeit, sich für den Zivildienst zu melden. Und dort hat er sogar noch die Möglichkeit, sich für bestimmte Interessengebiete sozusagen anzumelden. Ob er dann dafür auch effektiv eingeteilt wird, dafür kann es keine Garantie geben.

Das heißt, diese Möglichkeit einer Gewissensentscheidung besteht für jeden Österreicher, und insofern kann ich den Sinn oder den "Hintersinn" Ihrer Frage nicht ganz erkennen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Herr Abgeordneter Peter ist der nächste Fragesteller.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Sie haben eben gesagt, daß noch 88 Prozent eines Jahrgangs mit der Waffe einrücken. In unserer Verfassung ist die Wehrpflicht festgeschrieben. Wenn nun immer weniger junge Menschen durch Zivildienstaufschübe oder Untauglichkeit einrücken: Wie hoch ist der Mindestprozentsatz, den Sie brauchen, um Ihren Verpflichtungen als Verteidigungsminister nachzukommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich muß die Aussage beziehungsweise die Fragestellung in der Form korrigierend beantworten, daß es nicht immer mehr werden, sondern daß wir in den letzten drei Jahren eine ziemlich konstante Anzahl von Zivildienstmeldungen gehabt haben, und zwar in einer Größenordnung von knapp 6 000


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Meldungen pro Jahr, woraus sich, wenn man von den Fehlmeldungen absieht, eine Größenordnung zwischen 5 500 und 6 000 real ergeben hat. Die Anzahl ist zumindest nicht signifikant steigend.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Kiermaier, bitte.

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Bundesminister! Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die Anzahl der im Bundesheer zur Systemerhaltung eingesetzten Grundwehrdiener, die aus meiner Sicht und nach meinen persönlichen Erfahrungen zu hoch ist, herabzusetzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich habe bereits mit der HG-Neu die Anzahl der Funktionssoldaten ganz entscheidend verringert, nämlich auf 40 Prozent des vorherigen Solls. Diese Maßnahme war auch notwendig, um die entsprechende Anzahl von Kampfsoldaten, wenn man sie so bezeichnen kann, zur Verfügung zu haben. Selbstverständlich gibt es eine natürliche Grenze, weil andererseits dieser Ausfall durch Zivilbedienstete beziehungsweise sonstige angestellte Heeresbedienstete ersetzt werden müßte, was auf der Kostenseite natürlich bedeuten würde, daß die Personalkosten wesentlich höher wären, als sie es derzeit sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Herr Abgeordneter Dr. Ofner, bitte.

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Das Thema von einer anderen Warte aus betrachtet: Nach der aktuellen gültigen Heeresgliederung-Neu braucht das Heer pro Jahr 34 000 Grundwehrdiener. Es gelingt aber nur, 29 000 zusammenzukratzen. Was werden Sie tun, um dieses Manko, das von Jahr zu Jahr mehr ins Gewicht fällt, weil es sich ja addiert, halbwegs auszugleichen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Ich weiß es zwar jetzt nicht genau auswendig, aber wir haben seit der Heeresgliederung-Neu in den Jahren 1993 bis 1996 im Durchschnitt knapp über 35 000 Soldaten eingesetzt gehabt und damit auch die Planzahl entsprechend erfüllt. Wir werden auch für die Zukunft, da das Gesamtaufkommen aufgrund der verringerten Stellungsjahrgänge geringer wird, man also davon ausgehen muß, daß jetzt pro Geburtsjahrgang wesentlich weniger Leute vorhanden sind, als das in der Vergangenheit der Fall war, relativ knapp planen. Das heißt, wir werden in Zukunft von einer Größenordnung von zirka 32 000 sehr vorsichtig geplant ausgehen. (Abg. Dr. Ofner: Es gibt nur 29 000!)

Darf ich Ihnen das genaue Ergebnis mitteilen ich kann es Ihnen sogar ganz genau sagen : Zwischen 1993 und 1995/1996 waren im Durchschnitt über 35 000 Soldaten eingesetzt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Phantasiezahlen!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger.

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Bundesminister! Den Wehrdienst aufzuschieben heißt ja nicht, ihn aufzuheben. Meine Frage an Sie lautet: Welche Erfahrungen haben Sie denn mit Wehrdienern gemacht, die tatsächlich den Wehrdienst aufgeschoben haben und erst nach ihrem Studium oder mitten in ihrer Berufsausübung zum Bundesheer gekommen sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Tatsache ist, daß sich bei denjenigen, die ihren Wehrdienst aufgeschoben haben, im Anschluß an das Studium sowohl


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körperlich als auch was die Mentalität betrifft wesentlich mehr Probleme ergeben als vorher, was die Bereitschaft betrifft, entweder den Wehrdienst oder den Zivildienst abzuleisten. Es sind einerseits vermehrt Gesundheitsmängel festzustellen, andererseits aber auch eine verminderte Bereitschaft was durchaus verständlich ist, weil im Gegensatz zu einem 20jährigen ein 25- bis 26jähriger nach Absolvierung des Studiums oft bereits familiäre Verpflichtungen hat und andererseits sozusagen nach einem langen Studium das Bedürfnis, jetzt endgültig einen Beruf ergreifen zu können, sicherlich bereits wesentlich ausgeprägter ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Frage: Frau Abgeordnete Marianne Hagenhofer. – Bitte sehr.

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

79/M

Welche Auswirkungen haben die Planungen des Verteidigungsministeriums zur Straffung der Heeresorganisation auf den Bereich der Militärkommanden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Es ist einer der nächsten geplanten Schritte, daß wir den Rationalisierungsprozeß fortsetzen, und wir werden dabei insbesondere auch in den Militärkommanden einen Straffungsprozeß einleiten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ist eine Zusatzfrage gewünscht? – Nein.

Dann stellt die nächste Zusatzfrage Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Wenn man Ihre Antworten hört, könnte man glauben, daß alles in Ordnung sei im Bereich des Bundesheeres. Wir hören aber gerade in diesem Bereich der Planungen und Umgliederungen von Gerüchten, daß es wieder zu massiven Reduzierungen und Zusammenlegungen von Truppenkörpern kommen soll. Das führt zu großer Verunsicherung innerhalb der Truppe.

Herr Bundesminister! Können Sie heute ausschließen, daß es zu derartigen Reduzierungen und Umgliederungen kommt, bevor die Grundsatzentscheidung der österreichischen Sicherheitspolitik – allein zu bleiben oder gemeinsam mit anderen Staaten Sicherheitspolitik zu machen – getroffen wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Zum Unterschied von manchen anderen orientiere ich mich nicht an Gerüchten, sondern an Fakten. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Scheibner: Aber Sie streuen ja diese Gerüchte aus!)

Zweitens orientiere ich mich auch an den bereits getroffenen Beschlüssen. Ein getroffener Beschluß, was die Heeresorganisation-Neu betrifft, war es, daß wir nach Einnahme dieser Heeresorganisation auch eine entsprechende Durchsicht vornehmen werden, weil wir davon ausgegangen sind, daß alle eingesetzten Verbände auch eine Entwicklungsmöglichkeit haben sollten, und wir müssen jetzt abschätzen, wie hoch diese Entwicklungsfähigkeit tatsächlich ist. Es hat sich ja der Personalbedarf in den einzelnen Regimentern beziehungsweise Bataillonen teilweise auf das Doppelte erhöht, sodaß man jetzt absehen kann, ob langfristig dann auch Lebensfähigkeit, Entwicklungsfähigkeit gegeben ist oder nicht.

Wir werden selbstverständlich nicht auf irgendeinen bestimmten Zeitpunkt warten, sondern zielorientiert einen laufenden Anpassungsprozeß mit klaren Anfangs- und Endterminen vornehmen. Wir sind jetzt dabei, die Heeresorganisation-Neu zu überprüfen. Wir können von vornherein sagen, daß sie sich in allen Funktionen bestens bewährt hat. Wir haben daher auch keinen Anlaß, eine sogenannte HG-Neu neu durchzuführen, wie das auch immer wieder gerüchteweise


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kolportiert wird, sondern wir werden einen ganz normalen Anpassungsprozeß, wie er in jedem Unternehmen, in jedem Ministerium unerläßlich ist, durchführen, und dafür lege ich meine Hand ins Feuer. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Seien Sie vorsichtig!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Nächste Zusatzfrage: Abgeordneter Amon. – Bitte.

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Herr Bundesminister! Möglicherweise hätte die Beteiligung von Frauen am Militärdienst eine positive Auswirkung auf die Straffung der Heeresorganisation. Daher meine Frage: Wann werden Frauen die Möglichkeit bekommen, einen Militärdienst zu leisten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Das Koalitionsübereinkommen zwischen der Sozialdemokratischen Partei und der Österreichischen Volkspartei sieht vor, daß bis März nächsten Jahres eine diesbezüglich ausgehandelte Stellungnahme des Bundesministeriums für Landesverteidigung und des Frauenministeriums vorliegen wird. Die Gespräche darüber sind eingeleitet worden, die Fakten werden ausdiskutiert. Ich kann aufgrund der bisherigen Gespräche sagen, daß sich keine wesentlichen Differenzen ergeben werden, sodaß ich eigentlich keine Verzögerung dieses Berichtes und einer entsprechenden Beschlußfassung erwarte.

Ich gehe davon aus, daß wir, wenn wir bis spätestens März diesen Bericht gelegt haben, ihn im Anschluß daran einer parlamentarischen Beschlußfassung zuführen können und mit 1. Jänner 1998, so wie das von uns immer geplant war, auch den Frauen die Möglichkeit geben können, freiwillig zum Heer zu gehen.

Es eröffnet das sicherlich eine ganze Reihe von neuen Berufschancen, zum Teil in Feldern, wo es bis jetzt absolut unverständlich war, daß es diese Berufschance nicht gibt. Denken Sie etwa nur daran, daß es im gesamten Sanitätsdienst im zivilen Bereich mehr als 90 Prozent weibliche Beschäftigte gibt, es den Frauen aber bisher verwehrt war, auch nur in den Sanitätsdienst des Bundesheeres einzutreten.

Ich glaube, daß wir hier den gleichen Schritt machen sollten wie fast alle anderen europäischen Staaten, nämlich das Heer auch für Frauen, die sich freiwillig dafür melden, zu öffnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Wabl. Bitte sehr.

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Bundesminister! Der Budgetanteil Personal ist mit 62 Prozent international gesehen der höchste Wert. Wird nach Ihrer Strukturreform dieser Anteil sinken oder steigen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Habe Sie sich einmal angesehen, wie hoch der Gesamtprozentanteil des Heeres ist?

Was fehlt, das ist ein höherer Rüstungsanteil, und ich freue mich, daß Sie das aufgezeigt haben. Das ist etwas, was von seiten des Heeres immer wieder reklamiert wurde, und wenn jetzt auch die Fraktion der Grünen dafür eintritt, daß die notwendigen Sachbeschaffungen erfolgen sollten, würde ich mich darüber ganz besonders freuen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Wabl. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundesminister darf auch einmal eine Anwort in Form einer Frage geben.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr


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Abgeordneter Hans Helmut Moser.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Faktum ist doch, daß die Aufwendungen für den Verwaltungsbereich überproportional hoch sind und es daher notwendig ist, gewisse Umschichtungen zugunsten des Ausbildungsbereiches, zugunsten der Truppe, zugunsten der Investitionen zu tätigen. Was wollen Sie tun, um den Verwaltungsbereich abzuspecken und zu diesen Umschichtungen zu kommen?


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52. Sitzung / Seite 29

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter! Tatsache ist, daß wir im Vergleich zu fast allen Nachbarländern eine sehr geringe Anzahl von Bediensteten beim österreichischen Bundesheer haben. Denken Sie beispielsweise nur daran, daß allein die tschechische Luftwaffe einen höheren Personalstand aufweist als das gesamte österreichische Bundesheer – und das ist durchaus eine vergleichbare Relation.

Trotzdem ist es selbstverständlich auch in diesem Personalrahmen mein Bestreben, das Personal zunehmend aus administrativen Tätigkeiten im Hinblick auf Kampffunktionen umzugruppieren. Wir haben diesbezüglich bereits eine sehr einschneidende Maßnahme durchgeführt. Es war das Bundesministerium für Landesverteidigung das erste Ressort, das in den neunziger Jahren – freiwillig, nicht auf Auftrag oder weil es ein Sparpaket gegeben hat – ein Rationalisierungsprogramm eingeleitet hat. Wir haben seither bis 1997 über 2 000 Planstellen eingespart (Abg. Scheibner: Aber die hat es ja gar nicht gegeben!) , real eingespart, nicht nur auf dem Papier, und haben gleichzeitig mit der HG-Neu beschlossen, daß wir einen geringen Teil davon, nämlich 200 Planstellen, aus dem administrativen Teil in den Bereich der Truppe hinüber verlagern. Und das wird auch in der Zukunft fortgesetzt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte Herrn Abgeordneten Maitz um Verlesung seiner Frage 74/M.

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

74/M

Wie stellt sich heute aus Ihrer Sicht die sicherheitspolitische Situation in Europa dar?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir befinden uns nach dem Ende des kalten Krieges nach wie vor im größten Transformationsprozeß, der sicherheitspolitisch in Europa in den letzten Jahrhunderten zu verzeichnen war, und sind mit den Auswirkungen nach wie vor in hohem Maße konfrontiert, und zwar im Sinne einer größeren Wahrscheinlichkeit für regionale und lokale Konflikte bei Absenz einer Gesamtbedrohung. Gleichzeitig sehen wir, daß es intensive Stabilisierungsbemühungen für Europa gibt, die höchst erfolgversprechend sind, und zwar deshalb, weil man davon ausgehen muß, daß die einzige Möglichkeit, um Kriege in Zukunft zu verhindern, eben eine Stabilisierung nach Programm ist.

Wenn man davon ausgeht, welche theoretischen Möglichkeiten es gibt, so sind es nach meiner Ansicht insgesamt drei: Das eine ist die Stabilisierung durch die Dominanz einer oder mehrerer Mächte – das ist etwas, was niemand will –, das zweite wäre theoretisch ein Gleichgewicht von Kräften – das ist faktisch eine Unmöglichkeit, weil die Potentiale in den einzelnen Ländern so unterschiedlich sind, daß dauerhaft ein Gleichgewicht der Kräfte nicht hergestellt werden kann –, aber de facto bleibt nur eine einzige wirklich reale Möglichkeit, um in Zukunft Kriege in Europa zu verhindern, und das ist die Integration. Und die Organisation, die das höchste Integrationspotential hat, ist auf politischer Ebene zweifellos die EU, das ist auf sicherheitspolitischer Ebene zweifellos die NATO und in Verbindung zwischen diesen beiden die Westeuropäische Union. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) In allen drei Organisationen gibt es starke Bemühungen, diese Integration auch tatsächlich auf ganz Europa auszudehnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Maitz, bitte.

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Spätestens seit dem Beschluß des Nordatlantikrates in Rom aus dem Jahre 1991 fußt die NATO-Sicherheitspolitik auf drei zentralen Elementen, nämlich Dialog, Kooperation und Verteidigung. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der NATO in diesen Jahren seit 1991, seit den Beschlüssen von Rom?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die NATO ist zweifellos die effizienteste Sicherheitsorganisation der Welt, die es nicht nur als erste verstanden hat, einen Schritt in Richtung des ehemaligen Gegenüber nach dem Ende des kalten Krieges zu machen, sondern die ein umfassendes Programm der Kooperation ausgearbeitet und durchgeführt hat, nämlich in Form der NATO-Partnerschaft für den Frieden. Dabei wird auf der einen Seite eine Partnerschaft mit Rußland angestrebt und auf der anderen Seite auch eine Integration neuer Staaten in die NATO, wodurch es letztendlich gelingen soll, ganz Europa so miteinander zu integrieren, daß in Zukunft Kriege in ganz Europa ebenso unmöglich sind, wie das jetzt etwa zwischen Deutschland und Frankreich der Fall ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Kammerlander.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Ihren Worten habe ich jetzt entnommen, daß Sie entgegen den Aussagen des Bundeskanzlers der Meinung sind, daß der sicherheitspolitische Weg Österreichs über die NATO und die WEU nach Europa führt. Halten Sie die Neutralität für keine friedenspolitische Perspektive Österreichs?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Die Neutralität war eine Institution, die Österreich einen großen Schritt ermöglicht hat, nämlich den Staatsvertrag im Jahre 1955. Sie war gleichzeitig auch ein wesentlicher Baustein der europäischen Friedensordnung zur Zeit des kalten Krieges. Nach dem Ende des kalten Krieges hat sich die Funktion zweifellos wesentlich verändert, und zwar im Sinne einer Reduktion.

Sicherlich ist gerade durch die Integration, die in Europa heute stattfindet, eine ganz andere Ausgangssituation für die Zukunft vorhanden. Es ist zu erwarten, daß im nächsten Jahr drei unserer Nachbarstaaten in die NATO aufgenommen werden, nämlich Tschechien, Ungarn und Slowenien. Darüber hinaus ist eben durch die Mitgliedschaft von Deutschland und Italien dann eine Situation gegeben, angesichts derer auch Österreich ernsthafte Überlegungen wird anstellen müssen, inwieweit ein Draußenbleiben oder eine Mitgestaltungsmöglichkeit für uns vorteilhafter ist. Und es spricht eigentlich alles dafür, daß ein Mitgestalten vorteilhafter ist.

Inwiefern dadurch auch formal eine Aufhebung des österreichischen Neutralitätsgesetzes notwendig ist oder nicht, darüber gehen die Meinungen – wie das üblicherweise der Fall ist – auseinander. Da gibt es durchaus die sehr interessante Studie von Pahr/Cede, die etwa besagt, daß auch eine Integration Österreichs möglich ist, ohne daß das Neutralitätsgesetz sofort formal aufgehoben werden müßte.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Hans Helmut Peter. (Abg. Dr. Schmidt : Ohne "Hans"!) – Bitte, da ist folgendes passiert: "Hans Helmut Moser" ist hier gestanden, und dann ist "Peter" drübergeschrieben worden. Das bedeutet aber nicht, daß das jetzt ein Hans Helmut Peter ist. Es ist der Abgeordnete Peter.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Ich heiße auch "Paul Gottfried", Herr Präsident. (Heiterkeit.)

Herr Bundesminister! Die Westeuropäische Union ist ein Militärbündnis und meines Wissens daher nicht mit der Neutralität vereinbar. Was werden Sie als Bundesverteidigungsminister tun,


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um die Österreicher darüber aufzuklären, daß die Neutralität heute eine Fiktion ist und keinerlei sicherheitspolitische Relevanz mehr besitzt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, ich versuche seit geraumer Zeit, Bewußtsein dafür zu schaffen, daß das in Österreich notwendig ist. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich auch von Ihrer Seite entsprechende Unterstützung bekäme. Ich werde Ihnen gerne alle Veröffentlichungen, die zu diesem Thema von mir oder über meine Aussagen erfolgt sind, zukommen lassen, um Ihre eigene Aussagekraft auf diesem Gebiet wesentlich zu stärken. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Tychtl.

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben jetzt einige Aussagen von Ihnen zur Sicherheitsfrage in Europa selbst gehört. Ich darf an Sie die Frage richten, ob Sie auch dafür eintreten, daß sich Österreich bei Teilnahme an einem Sicherheitssystem von Fall zu Fall das Recht vorbehalten können muß , an gemeinsamen Aktionen teilzunehmen oder nicht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Das ist für mich ein wesentlicher Bestandteil aller Sicherheitssysteme, die vorliegen. Sie werden vielleicht, wenn Sie die bisherigen Aktivitäten durchsehen, erkennen können, daß es bis jetzt im Bereich der NATO noch keine einzige Aktivität gegeben hat, an der alle NATO-Mitglieder teilgenommen haben, sondern selbstverständlich ist es letztendlich immer das Recht des jeweiligen Staates, darüber zu verfügen, ob er seine eigene Truppen zu einem bestimmten Einsatz entsendet oder nicht. Das wird sich auf Sicht gesehen wahrscheinlich auch kein Staat nehmen lassen, und dazu stehe ich voll und ganz.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Abgeordneter Scheibner, bitte.

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie haben jetzt die NATO als wichtiges Sicherheitsinstrument in Europa gelobt und auch die Wichtigkeit betont, daß Österreich am Aufbau eines derartigen Sicherheitssystems mitarbeitet. Tatsache ist aber, daß Österreich als Beobachter keine Möglichkeit der Mitarbeit hat, während Staaten wie Albanien, ja selbst Rußland durch Assoziierungsstatus in diese Entwicklungen eingebunden sind.

Warum, Herr Bundesminister, haben Sie als verantwortlicher Ressortminister und auch der Außenminister, der ja Ihrer Partei angehört, es bisher nicht geschafft und nicht verlangt, daß Österreich als Vollmitglied in die Organisationen NATO und WEU eingebunden ist und damit aktiv am Aufbau einer europäischen Friedensordnung mitarbeiten kann?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Deshalb, weil politische Prozesse, besonders dann, wenn sie grundlegende Entscheidungen eines Staates betreffen und möglicherweise auch verfassungsändernden Charakter haben können, eine breite Meinung hinter sich haben müssen. Es muß daher zweifellos unser aller Ziel sein, darüber einen Diskussionsprozeß nicht nur in Gang zu halten, sondern auch weiter zu verstärken, der die österreichische Bevölkerung darauf aufmerksam macht, daß sich das sicherheitspolitische Umfeld so wesentlich geändert hat, daß wir unsere sicherheitspolitischen Interessen in Zukunft nur dann werden voll und ganz wahrnehmen können, wenn wir auch als Vollmitglied in internationalen Sicherheitsorganisationen tätig sind und damit die Möglichkeit haben, von allem Anfang an am Entscheidungs- und Vorbereitungsprozeß teilzunehmen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, für wie wichtig ich das halte, denn wenn Österreich etwa bereits Ende der achtziger Jahre – was allerdings aufgrund des Andauerns des


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kalten Krieges bis zu diesem Zeitpunkt nicht der Fall war – Mitglied einer dieser Organisationen gewesen wäre, dann hätte vielleicht das Unglück in Exjugoslawien verhindert werden können. Es wäre durchaus möglich gewesen, durch eine rasche Maßnahme auf internationaler Ebene einen Krieg in Bosnien gar nicht erst entstehen zu lassen.

Erst jüngst haben uns namhafte Vertreter des serbischen Militärs erklärt, daß es im Falle einer Anwesenheit von nur 6 000 Mann internationaler Truppen wahrscheinlich nie zu einem Krieg in Bosnien gekommen wäre. Heute haben wir fast das zehnfache Truppenkontingent dort stehen, allerdings erst nach einem Krieg, der fast vier Jahre gedauert hat und der Hunderttausende Tote und Millionen Vertriebene gefordert hat.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Fragestunde ist beendet. – Danke, Herr Bundesminister.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 10 betreffend § 97 StGB, Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruches – Schutz der ungeborenen Kinder.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:


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Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Antrag 345/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend jährlicher Armuts- und Reichtumsbericht,

Antrag 346/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Forschungsschwerpunkt Armut für das Jahr 1997;

Außenpolitischer Ausschuß:

Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (504 der Beilagen);

Verfassungsausschuß:

Antrag 349/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Möglichkeit des Stimmensplittings bei Landtagswahlen;

Verkehrsausschuß:

Antrag 348/A (E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Maßnahmenpaket für mehr Sicherheit auf heimischen Straßen;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die soziale Lage 1995 (III-68 der Beilagen);

Kulturausschuß:

Kulturbericht 1995 der Bundesregierung (III-63 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Liberale Forum hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 1617/J der Abgeordneten Peter, Partnerinnen und Partner an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zur negativen Entwicklung der Tourismuswirtschaft in Österreich dringlich zu behandeln.

Ich werde den Aufruf dieser Dringlichen Anfrage für 15 Uhr in Aussicht nehmen.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1337/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, daß das gemäß § 92 GOG gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 1337/AB der Anfrage der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen betreffend in der NS-Zeit gestohlenes, entwendetes, arisiertes oder unter Zwang unter dem tatsächlichen Wert von den Opfern des Nationalsozialismus erworbenes Vermögen beziehungsweise den materiellen Schaden der NS-Opfer insgesamt abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage soeben angekündigt wurde, wird diese kurze Debatte im Anschluß an die Dringliche Anfrage stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die heutige Tagesordnung betrifft, ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 bis 5, 6 bis 9, 10 bis 12, 14 und 15 sowie 20 bis 26 zusammenzufassen.

Wird gegen diese Zusammenfassung ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Es wurde in der Präsidialkonferenz Einvernehmen über die Dauer der Debatten wie folgt erzielt:

Es ist eine Tagesblockzeit von zehn "Wiener Stunden" vorgesehen, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 150 Minuten, ÖVP 140 Minuten, Freiheitliche 130 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 90 Minuten.

Das Hohe Haus hat darüber zu entscheiden, und ich frage: Gibt es gegen diesen Vorschlag betreffend Tagesblockzeit Einwendungen? – Wenn das nicht der Fall ist, dann ist das so beschlossen.


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1. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (375 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird (533 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 6/A der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 (BGBl. 1992/50) aufgehoben wird (534 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der heutigen Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem stattfindet.

Ein Verlangen auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Die Redezeiten sind bekannt, wir können daher sofort mit der Debatte beginnen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Haigermoser. Ich erteile es ihm.

9.57

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Präsident! Die unendliche Geschichte des Ladenschlusses oder der Ladenöffnung, wie immer Sie es nennen wollen, steht heute wieder zur Debatte und gelangt zu einem "vorläufigen" Abschluß.

Aufgrund verschiedener Ereignisse in den Nachbarländern war Österreich jetzt angehalten, einen Akt der "Liberalisierung" – das sage ich jetzt einmal unter Anführungszeichen – zu setzen. Da gibt es ganz interessante Stimmen aus dem benachbarten Ausland. Im Vorlauf zu den deutschen Ereignissen sagte Bundeswirtschaftsminister Rexrodt: "Ein verlängerter Ladenschluß schafft mehr Arbeitsplätze und bringt mehr Umsatz." Demgegenüber sagte der Vorsitzende der Deutschen Angestelltengewerkschaft: "Nur für eine Minderheit gutverdienender Yuppies sollen Verkäuferinnen abends nicht länger im Laden stehen." – Das sind die zwei Positionen, die sich im Vorfeld abgezeichnet haben, die in der Bundesrepublik diskutiert wurden.

Ich meine, daß keine dieser beiden Anmerkungen in der Endformulierung stimmt, denn erstere Aussage, jene Rexrodts, wird konterkariert durch die jüngsten Ereignisse in der Bundesrepublik, wo eben schon die verlängerten Ladenöffnungszeiten Platz gegriffen haben. Dort ist nach einer Untersuchung des deutschen Einzelhandels der Umsatz im November dieses Jahres um 10 Prozent zurückgegangen. Man beginnt also in der Bundesrepublik bereits – aus verschiedensten Gründen – Arbeitsplätze im Handel abzubauen.

Die andere Sichtweise: Es ist auch nicht nur das Anliegen gutverdienender Yuppies, welche zwischen zwei Handy-Telefonaten schnell um 22 Uhr einen Kaschmirmantel kaufen wollen, daß die Ladenöffnungszeiten verlängert werden sollen.

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitliche sagen demgegenüber, hier liegt die Wahrheit einmal mehr in der Mitte. Daher sind und waren wir für eine Regionalisierung und eine entsprechend flexible Gestaltung der Öffnungszeiten mit Augenmaß (Beifall bei den Freiheitlichen), mit jenem Augenmaß, das die Betroffenen verdient haben und verdienen, nämlich die mehr als 250 000 Mitarbeiter im Handelsbereich und auch die klein- und mittelständische Wirtschaft zuvörderst, meine Damen und Herren.

Die Gründe, warum auch in Österreich das Weihnachtsgeschäft nicht so gut läuft, sind bereits diskutiert worden. Es gibt einen Kaufkraftabfluß nach Tschechien und Slowenien aufgrund des Preisgefälles und natürlich auch in die Bundesrepublik aufgrund verschiedener anderer Umstände. Mithin gehen heuer also 31 Milliarden Schilling an Kaufkraftabfluß ins Ausland.

Nun meint man, nur mit einer Verlängerung der Ladenöffnungszeiten sollte hier eine Besserung einkehren. Das kann natürlich allein gesehen nicht so sein, denn Sie, Herr Bundesminister, sind –


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und ich werde den Beweis dafür noch erbringen –, auch wenn Sie erst kurz im Amt sind, dafür verantwortlich, daß eine ausufernde Bürokratie die klein- und mittelständischen Handelsbetriebe immer mehr drangsaliert und daher die Konkurrenzfähigkeit zurückgeht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Beispiele sind, wie gesagt, beweisbar: Das Arbeitnehmerschutzgesetz war Bürokratie pur, sodaß Sie es jetzt schon, bevor es in Kraft getreten ist, novellieren mußten; rückwirkende Steuergesetze wurden gestern von Böhacker auf den Tisch gelegt; exorbitante Belastungen; ein untaugliches Kartellgesetz, das jetzt wieder zu mehr Marktmacht führt, und Öffnungszeiten, die nicht mit den Arbeitszeitgesetzen korrespondieren.

Sie haben es also – zusammengefaßt festgestellt – von Schüssel bis Ditz, jetzt bis Farnleitner, von Vranitzky bis Klima verabsäumt, Steuerharmonisierungen, die Sie vor dem Beitritt zur Europäischen Union versprochen haben, zu finalisieren. Und das ist eine der Hauptursachen dafür, daß der mittelständische Handel jetzt in Bedrängnis geraten ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Es ist daher notwendig, das im Zuge der Debatte über die Ladenöffnungszeiten einmal mehr auf den Tisch zu legen.

Im Ansatz ist dieser Ihr Gesetzesvorschlag, Herr Bundesminister, jener der sozialistischen Koalition, positiv zu bewerten, aufgrund mangelnder Ausfeilung und vor allem dilettantischer Legistik, Frau Vorsitzende des Ausschusses Tichy-Schreder, ist er aber abzulehnen.

Dieses Gesetz birgt, wenn Sie es heute so beschließen, den Weg zum Verfassungsgerichtshof schon in sich. Sie haben heute hier einen gesetzmäßigen Pfusch vorgelegt, meine Damen und Herren, dem wir Freiheitliche nie und nimmer zustimmen können und werden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. )

Frau Kollegin Fekter! Es ist nicht ganz Österreich eine Schottergrube. (Abg. Dr. Fekter: Sind Sie jetzt dafür oder sind Sie jetzt dagegen?) Es gibt auch noch etwas anderes, Frau Kollegin, andere Wirtschaftstreibende, die sich Sorgen machen und denen Sie versprochen haben, daß sie auf dem Weg nach Europa Begleitschutz erhalten, aber das ist nicht eingetreten. – Das ist das Problem, das wir haben.

Herr Bundesminister Farnleitner! Sie haben den 250 000 Mitarbeitern im Handel, den 25 000 Lehrlingen, die im Jahr 1995 dort ausgebildet wurden, und den Gewerbetreibenden mit Brief und Siegel, mit Handschlag als ehemaliger Kämmerer versprochen, daß entsprechende Begleitmaßnahmen, nämlich ein Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis, und entsprechende gesetzliche Maßnahmen betreffend die Saisonschlußverkaufsregelung nach bundesdeutschem Muster hier in diesem Parlament beschlossen werden. – Das haben Sie versprochen! Aber: Ehe der Hahn einmal krähte, hatten Sie die Wirtschaft dreimal verraten, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Damit haben Sie, Herr Bundesminister – das muß ich Ihnen ins Stammbuch schreiben –, ein für allemal die Handschlagfähigkeit gegenüber der Wirtschaft verloren, solange Sie nicht das Gegenteil beweisen!

"Dilettantische Legistik" habe ich festgestellt. Diese Anmerkung läßt sich anhand jener Ausschußfeststellung beweisen, die Sie, Frau Tichy-Schreder, quasi als das Ei des Kolumbus bezeichnet haben und die genau das Gegenteil für jene erreichen wird, die in einer Übergangsphase schützend begleitet hätten werden sollen, nämlich die Mehrzahl der Nahversorger.

Damit sind all Ihre Lippenbekenntnisse in die Richtung, daß Sie sich – bildlich gesprochen – für die Nahversorger auf die Schienen werfen würden, einmal mehr aufgedeckt, denn mit der in der Ausschußfeststellung festgehaltenen sogenannten Ortskernregelung verhelfen Sie den großen Zentren auf der grünen Wiese dazu, im Konkurrenzkampf gegen die Kleinen ein weiteres Mal zu obsiegen, indem sie über das normale Ausmaß von 66 Stunden hinaus aufsperren können.

Daher ist diese Ausschußfeststellung, meine Damen und Herren, ein Bumerang, und wir werden ihr aus den erklärten Gründen ebenfalls nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Nun zur Sozialdemokratie, Frau Kollegin Hostasch, und den Sonntagsöffnungszeiten – ohne das zu bewerten. Sie haben gesagt, dem wurde nie und nimmer zugestimmt. Farnleitner hat gesagt, jetzt kann man dann auch an Sonntagen aufsperren. Ich bewerte das jetzt nicht.

Ich sage Ihnen: Wenn ein Betroffener aufgrund des Gesetzestextes, den Sie beschließen werden, zum Verfassungsgerichtshof geht, werden als erste auch die Großen an Sonntagen aufsperren. Damit ist jedoch die Vernichtung Tausender Qualitätsganztagsarbeitsplätze und vielleicht die Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen für Arbeitnehmer, die auf Abruf bereitzustehen haben, verbunden. Und das entspricht nicht jener sozialen Auffassung, die wir Freiheitliche haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend sei festgestellt: Wir Freiheitliche meinen daher, daß es Liberalisierung geben muß, aber mit Augenmaß, mit begleitenden Gesetzen und nicht mit Versprechungen, die Sie, Frau Tichy-Schreder, gestern und heute wieder gemacht haben. Sie haben vor Jahresfrist Versprechungen gemacht, sind aber nicht bereit, sie hier einzulösen, und verschieben diese Dinge auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Wir sind für Nägel mit Köpfen, nämlich: für die Klein- und Mittelständler, für deren Mitarbeiter, für die Lehrlinge und nicht für die Großkonzerne! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. – Freiwillige Redezeit: 10 Minuten.

10.06

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ladenöffnungszeitendebatten hier im Parlament werden immer von starker Medienöffentlichkeit begleitet, denn an diesem Thema sind die Einzelhandelsbetriebe genauso interessiert wie die Mitarbeiter im Einzelhandel und natürlich auch die Kunden beziehungsweise Konsumenten.

Vor fünfeinhalb Jahren fühlten sich die Handelsangestellten von einer Liberalisierung bedroht – heuer waren es die Händler. Kritische Konsumenten wieder können eine Beschränkung der Öffnungszeiten überhaupt nicht verstehen, wie der Antrag des Liberalen Forums zeigt, da doch in Ländern rund um Österreich längere Öffnungszeiten bestehen. – In allen vorgebrachten Argumenten steckt ein Körnchen Wahrheit, aber eben nur ein Körnchen Wahrheit.

Zum besseren Verständnis der Sorgen und Nöte der Betroffenen habe ich versucht, einige Basisdaten zu recherchieren. Um auch Ihnen dieses Wissen zugänglich zu machen, werde ich im Anschluß an meine Rede entsprechende Unterlagen und Material an Sie verteilen. Es ist nämlich wichtig, daß auch Sie wissen, worum es in dieser Branche geht.

Die Handelsbetriebe beklagten die nunmehr festgelegten längeren Öffnungszeiten – wir werden heute eine Ausweitung von 60 auf 66 Stunden beschließen –, und ihr Argument dagegen lautet: Längere Öffnungszeiten bedeuten keine Umsatzsteigerungen, aber höhere Kosten.

Meine Damen und Herren! Dieses Argument basiert auf Zahlen. Der Absatz pro Verkaufsfläche lag 1983/84 bei 52 500 S, 1993/94 lag der Absatz pro Verkaufsfläche bei 48 300 S. Das bedeutet ein Minus von 4 200 S innerhalb von zehn Jahren.

Die Gesamtkosten lagen 1983/84 bei 28,4 Prozent bei einer Handelsspanne von 29 Prozent. 1993/94 lagen die Gesamtkosten bei 33,5 Prozent und die Handelsspanne bei 32,2 Prozent.

Das betriebswirtschaftliche Ergebnis verkehrte sich von einem leichten Plus von 0,6 Prozent in ein Minus von 1,3 Prozent – und das innerhalb von zehn Jahren.

Die Handelsangestellten wiederum klagen darüber, gerade im Einzelhandel besonders niedrige Gehälter zu haben – was im Vergleich zu anderen Berufsgruppen auch verständlich ist.


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Darüber hinaus – und das soll man auch sehen – waren 1988 im Einzelhandel noch 253 000 Personen beschäftigt, 1995 nur noch 252 339.

Die Handelsbetriebe beziehungsweise die Wirtschaftskammer mauere sich ein, sei versteinert, wird behauptet. Ich sage: Das stimmt nicht, sondern sie stehen unter ganz besonderem Wettbewerbsdruck. Dieser Wettbewerbsdruck ist so stark, daß es in 10 Prozent aller Gemeinden Österreichs – in Österreich gibt es 2 353 Gemeinden – kein Lebensmittelgeschäft mehr gibt. In 44 Prozent der Gemeinden gibt es keinen Bäcker mehr, in 47 Prozent der Gemeinden keinen Fleischer. In den letzten fünf Jahren verringerte sich die Zahl der Schuhhändler um 14,4 Prozent, jene der Lebensmittelhändler um 15,6 Prozent, jene der Textilhändler um 16 Prozent, jene der Papierhändler um 28,9 Prozent und jene der Parfümeriehändler um 33,7 Prozent.

Manche werden sagen: Das ist ein Strukturwandel in der Wirtschaft! (Abg. Mag. Peter: Sie haben sie zu Tode geschützt!) Herr Mag. Peter! Versuchen Sie einmal, meiner Argumentation zu folgen, vielleicht kann ich Ihrer Tourismusargumentation etwas entgegenhalten. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was haben Sie dagegen getan, Frau Kollegin?)

Dem Argument Strukturwandel stimme ich selbstverständlich auch zum Teil zu, aber eben nur zum Teil (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nur jammern nützt nichts!), denn diesen Zahlen ist einiges entgegenzuhalten, Frau Dr. Partik-Pablé, und zwar zunächst einmal die exorbitante Verkaufsflächenausweitung im Einzelhandel. (Abg. Haigermoser: Was soll denn diese Sonntagsrede?! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Im Jahr 1976 gab es eine Verkaufsfläche von rund 5 Millionen Quadratmetern, heute sind es rund 12 Millionen Quadratmeter. Das ist eine Steigerung von 140 Prozent. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was haben Sie denn getan, Frau Tichy-Schreder?)

Dazu gibt es aber noch weitere interessante Detailzahlen: Kleinbetriebe mit bis zu 10 Beschäftigten weiteten die Verkaufsfläche in diesen 20 Jahren um 35 Prozent aus, mittlere Betriebe mit 10 bis 100 Beschäftigten um 200 Prozent (Abg. Haigermoser: Diese Statistik kennen wir! Das ist ja nicht das Statistische Zentralamt, das ist das Parlament!) und Großbetriebe mit über 100 Beschäftigten um 265 Prozent. – Wird Ihnen durch diese Zahlen einiges klar?

Die Spitzenreiter unter den Bundesländern hinsichtlich der Flächensteigerung sind Niederösterreich mit 201 Prozent, Tirol mit 165 Prozent und Oberösterreich mit 163 Prozent. Wien ist mit einer Steigerung von 100 Prozent das Schlußlicht, und dennoch finden sich in den Geschäftsstraßen Wiens unzählige leere Geschäfte.

Der Zuwachs der Verkaufsflächen war sehr ungleich verteilt. Großflächen rentieren sich erst ab einer bestimmten Ortsgröße. In kleineren Gemeinden wurde die örtliche Handelsinfrastruktur durch die Konkurrenz in der Nachbarschaft und im Zuge stark gestiegener Konsumentenmobilität in Mitleidenschaft gezogen. Der Verkehrsklub Österreich hat – auf Basis der Verkehrsdaten des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung für Handelsbetriebe im Raum Linz und auf Basis der Kostendaten der EU-Generaldirektion Verkehr – die externen Kosten des Einkaufsverkehrs in österreichischen Schillingen pro Einkauf ermittelt. Dabei wurden das Bus- und Bahndefizit, Lärm-, Abgas-, externe Unfallkosten und Staukosten herangezogen. Es stellte sich heraus, daß bei einem Einkauf in einem Einkaufszentrum am Stadtrand die Kosten pro Einkauf bei 10 S liegen, in einem Einkaufszentrum im Stadtgebiet bei 4 S und in einem Lebensmittelnahversorgungsbetrieb bei 1 S.

Meine Damen und Herren! Was bedeutet das? – Erstens: Eine Ausweitung der Verkaufsflächen bedeutet im Handel generell einen stärkeren Verdrängungswettbewerb.

Zweitens: Es kommt im Prinzip zu keiner Ausweitung des Angebotes für den Konsumenten, im Gegenteil, das Angebot wird für den Konsumenten geringer.

Drittens: Verkaufsflächen am Stadtrand schädigen die Umwelt und den Steuerzahler.

Viertens: Orts- und Stadtkerne veröden und verslumen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )


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Mehr Verkaufsflächen bedeuten nicht mehr Beschäftigte. Höhere Umsätze pro Mitarbeiter sind generell nur schwer zu erzielen – und damit auch höhere Einkommen für die Handelsangestellten. Die Konzentration der Großen wird stärker, dies bedeutet für die Lebensmittelindustrie eine Verdrängung der Kleinen, und die Produktvielfalt wird geringer, meine Damen und Herren! Mangels Kundenfrequenz können die kleinen Händler ihr spezifisches Angebot auch in hochwertiger Qualität nicht kostendeckend absetzen.

Auch wenn sich das Verhalten der Konsumenten stets ändert, muß ... (Abg. Haigermoser: Ich habe den Verdacht, diese Rede haben Sie selbst geschrieben!) Herr Abgeordneter Haigermoser! Ich versuche – im Gegensatz zu Ihren Platitüden –, Fakten aufzuzählen. (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Dr. Mertel. )

Meine Damen und Herren! Die Politik muß im Interesse der Konsumenten Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb setzen. Das Rahmenöffnungszeitengesetz ist ein Teil dieser Voraussetzungen, der erste Schritt. Der zweite Schritt muß die Beachtung der Verkaufsflächen sein.

Meine Damen und Herren! Die Verkaufsflächen, die Raumordnungen der Länder betreffend bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Kollegen betreffend Förderung der Nahversorgung, eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (375 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird (533 der Beilagen)

Während die Verkaufsflächen im Einzelhandel von 1976 bis heute von 5 Millionen Quadratmetern auf 12 Millionen Quadratmeter angestiegen sind und gleichzeitig in 10 Prozent aller österreichischen Gemeinden (2353) kein Lebensmittelgeschäft, in 44 Prozent aller Gemeinden keine Bäckerei, in 47 Prozent aller Gemeinden keine Fleischerei existiert, wird deutlich, daß die Nahversorgung der Bevölkerung gefährdet ist.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, zur Förderung der örtlichen Nahversorgung und zur Unterstützung des kleinen und mittelständischen Handels dem Parlament bis zum Sommer des kommenden Jahres geeignete Maßnahmen im Rahmen des Betriebsanlagenrechtes der Gewerbeordnung vorzulegen, wobei die externen Kosten des Einkaufsverkehrs Berücksichtigung finden sollen.

*****

Meine Damen und Herren! Es geht darum, dem Handel, dem Konsumenten und dem Tourismus durch eine Redimensionierung von Verkaufsflächen wieder Chancen zu geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag entspricht den Bestimmungen der Geschäftsordnung und steht daher in Verhandlung.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte sehr.

10.16


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Abgeordneter Mag. Helmut Peter
(Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Lassen Sie mich einen Brief an das Christkind verlesen. (Abg. Schwarzenberger: In der Weihnachtszeit dürfen Sie das!) Ich zitiere wörtlich ein Originaltextservice. (Abg. Dr. Lukesch: Nicht das Christkind zitieren!) Ich muß leider ein Originaltextservice vom 28. September 1995 wörtlich zitieren, das vom ÖGB zur Ladenöffnung publiziert wurde. Es beginnt also so:

Liebes Christkind! Ich möchte Dir im Namen von Tausenden Verkäuferinnen dafür danken, daß wir jetzt die Geschäfte bis spät in die Nacht offenhalten dürfen. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, welch interessante Kunden man zu später Stunde kennenlernen kann.

Da ist zum Beispiel die alte Dame, die jeden Montag gegen 21 Uhr kommt und 17 Paar Schuhe probiert. Kaufen tut sie nichts, aber sie sagt: Am Montag abend ist das Fernsehprogramm so öde, da probiert sie lieber Schuhe. So sind wir Verkäuferinnen gleichzeitig auch die Psychiaterinnen der Nation.

Oder: Da ist im Sommer der Mann, der sich im Nachbargeschäft immer dann, wenn es schwül ist, Kühlschränke vorführen läßt. Bei jedem Modell sagt er: Ah, jetzt wird es schon viel kühler! Ich vermute, der Mann hat keine Dusche in der Wohnung, und so sind wir Verkäuferinnen auch die Kühlboxen der Nation.

Und da sind natürlich auch noch die Fremden. Kommt ein Mann in das Geschäft und fragt, wo er Briefmarken kaufen kann, und wir Schuhverkäuferinnen rufen im Chor "Tabacchi, Tabacchi!", so sind wir Verkäuferinnen auch die Dolmetscherinnen der Nation.

Oder: Eine Gruppe von Japanern stürzt herein, deutet auf einen Stadtplan und fragt: "Wo bitte Glinzing?" Da verteilen wir selbstgezeichnete Straßenrouten und sind sehr stolz, denn jetzt sind wir auch die Fremdenführerinnen der Nation. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler. )

Meine Damen und Herren! Da treffen Welten aufeinander: Auf der einen Seite steht der Kunde als Störenfried, der Verkäuferinnen belästigt. Er probiert, er sucht Kontakt, er fragt auch noch blöd und möchte Hilfe haben. – Wir müssen diese Verkäuferinnen wahrlich vor den Kunden schützen. Die sollen doch dann einkaufen, wenn wir aufsperren, möglichst Schlange stehen, nicht fragen und bar bezahlen. (Abg. Riepl: Polemik ist das!) – Sie haben recht, Herr Kollege, diese Presseaussendung ist grenzenlos dumm. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. )

Meiner Meinung nach müssen wir verstehen – Sie werden es auch irgendwann verstehen; es wird vielleicht noch lange dauern, aber irgendwann wird es in Ihren Schädel hineingehen –, daß nur Kunden Umsatz bringen, daß nur Kunden Wertschöpfung bringen und daß nur Kunden Beschäftigung bringen. Das ganze Gerede von Beschäftigungspolitik muß bei den Kunden und bei den Märkten beginnen. Das werden Sie von den Sozialdemokraten sehr bald lernen müssen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich bin der Meinung, daß der österreichische Bedienungshandel bereits genug Beschäftigung verloren hat. Frau Tichy-Schreder hat nachgewiesen, wie sehr die Beschäftigung im Einzelhandel zurückgegangen ist. Substitutionskonkurrenz durch den Versandhandel – weil man sich den Kunden verweigert hat (Zwischenruf der Abg. Silhavy ) ; Kaufkraftabfluß von 31 Milliarden Schilling – weil man sich den Kunden verweigert hat; Milliardenbeträge an Kaufkraft von Gästen, die nicht für Beschäftigung genutzt werden konnten – weil man sich den Kunden verweigert hat; frei verfügbare Kaufkraft geht verloren – weil man sich den Kunden verweigert hat! – Das ist die Realität.

Meine Damen und Herren! Nehmen Sie zur Kenntnis: Wir leben in einer Dienstleistungsgesellschaft mit offenem Wettbewerb, in der unsere dienende Rolle die Qualität unseres Lebens in der herrschenden Rolle bestimmt. Wenn Sie sich in Ihrer dienenden Rolle laufend verweigern, werden Sie nie zu einer Dienstleistungsgesellschaft kommen. Dann sind Sie dort, wo wir heute im öffentlichen Dienst sind, wo Sie sich beim Amt anstellen und man Ihnen vielleicht um 12 Uhr die Tür vor der Nase zumacht. Das sind die Probleme! (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Riepl. ) – Ja, ich glaube, Sie träumen, das stimmt.


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Über 500 000 Menschen in Österreich arbeiten bereits außerhalb der Zeiten des "kollektiven Glücks". Es ist daher wohl an der Zeit, sich über eine neue Zeitordnung unserer Gesellschaft den Kopf zu zerbrechen, über eine Zeitordnung, die auf die Dienstleistung, die wir den anderen Mitgliedern unserer Gesellschaft bieten, ausgerichtet ist, denn das ist gleichzeitig die Lebensqualität unserer herrschenden Rolle.

Wir werden selbstverständlich den Sieben-Tage-Rhythmus beibehalten, selbstverständlich die Wochenendregelung über mindestens zwei Tage, vielleicht sogar über drei bei neueren, flexibleren Arbeitszeiten.

Wir werden aber vor allem eines, und zwar in unseren Köpfen, machen müssen: Wir müssen endlich die Betriebszeiten und Öffnungszeiten von den Arbeitszeiten entkoppeln und völlig neue Modelle der Mitarbeiterbeschäftigung finden. Nur ein selbstbestimmter Mitarbeiter kann ein guter Verkäufer sein. Ein zwangsverschickter Mitarbeiter ist als Verkäufer so unfreundlich, daß er den Kunden verjagt und zu keinem Umsatz beiträgt.

Die innerbetriebliche Mitbestimmung, die Aufwertung der Betriebsverfassung, das Vertrauen in diese Regelungsmechanismen zeigen den Weg in die Zukunft. Und darauf, meine Damen und Herren, basiert der Antrag des Liberalen Forums, der beinhaltet, daß es keiner Regelung der Öffnungszeiten, aber sehr wohl eines Schutzes der Mitarbeiter bedarf.

Ich beeile mich aber, hinzuzufügen: Auch die Leistungen der öffentlichen Hand haben sich an deren Kunden zu orientieren, denn die Verkäuferin oder der Verkäufer, der spätabends nach Hause fahren will, ist ein Kunde des öffentlichen Personennahverkehrs. Auch dort muß man sich an den Kunden orientieren.

Auch die Kinderbetreuungseinrichtungen, eine staatliche Dienstleistung (Abg. Edler: Wer zahlt das?) , haben sich nach den Bedürfnissen der Kunden, der Frauen mit Kindern, und nicht nach irgendwelchen Öffnungszeiten der Gewerkschaft der Kindergärtnerinnen zu orientieren.

Das Problem, Herr Kollege, ist nämlich: Sie beißen sich pausenlos in den eigenen Schwanz, weil Sie eine Reglementierung nach der anderen schaffen und dabei keinen Schritt weiterkommen. (Abg. Riepl : Sie kennen sich nur in einem Hotel aus, aber sonst haben Sie in der Wirtschaft keine Ahnung! – Was Sie da daherreden!) – Erstaunlicherweise ist es so, daß die Intelligenz Ihrer Zwischenrufe nicht mit der Lautstärke harmoniert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte Sie, von persönlichen Beleidigungen Abstand zu nehmen.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Die Regierungsparteien gehen den Weg der Reglementierung.

Zunächst einmal das Positive: Der Herr Bundesminister hat es mit sehr viel Mühe geschafft – wozu ich ihm gratuliere –, eine Liberalisierung der Öffnungszeiten zustande zu bringen. Dafür, Herr Bundesminister, mein Kompliment. – Die Frage ist nur, zu welchem Preis Sie es erreicht haben.

Obwohl Sie der Überzeugung sind, daß wir zuviel Bürokratie haben und entbürokratisieren müssen – diese Überzeugung haben Sie richtigerweise mehrfach zum Ausdruck gebracht –, haben Sie den Weg einer neuen Reglementierung, einer neuen Bürokratisierung gewählt.

Jetzt weiß ich nicht, was nun zählt: der absolute Wille zur Entbürokratisierung, den ich von allen Fraktionen dieses Hohen Hauses hier vermerke, oder das Schaffen immer neuer Reglementierungen, die neue Kontrollen und noch mehr Bürokratie erzeugen? Sie müssen doch endlich einmal wissen, was Sie wollen. Wollen Sie Entbürokratisierung? – Dann deregulieren Sie! Oder wollen Sie mehr Bürokratie? – Dann regulieren Sie weiter. – Das ist der Pyrrhussieg, den Sie bei dieser Öffnungszeitendebatte errungen haben.


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Wenn ich mir Ihren Vorschlag zur Sonntagsöffnung mit der Familienbetriebsverordnung, die der Landeshauptmann auf Basis des Öffnungszeitengesetzes erlassen muß, und einer dazu noch notwendigen Verordnung zum Betriebszeitengesetz und so weiter anschaue, wird mir klar, daß all das in Wirklichkeit doch nicht administrierbar ist. Es wird den Händler A geben, der am Sonntag geschlossen hat, und den Händler B, der innovativ ist und aufsperrt, weil er Kunden erwartet. Dann wird der Händler A den Händler B bei der Wirtschaftskammer vernadern und so weiter und so fort.

Meine Damen und Herren! Es nützt nichts, wenn wir nicht den Mut haben, das Reglementierungsprinzip durch das Vertrauensprinzip zu ersetzen. Wir müssen klare, einfache Rahmen schaffen und feststellen, wer für die Einhaltung der Rahmen verantwortlich ist, und das Vertrauensprinzip anwenden und sagen, hier werden die Kontrollen einsetzen. Das Reglementierungsprinzip bis ins Detail jedoch führt zu einer Vielzahl an Bürokratie.

Dazu kommt noch, daß Sie die Kosten der Arbeitgeber für die Arbeit außerhalb des "kollektiven Glücks" – offensichtlich gibt es ein solches – verteuert haben, und zwar gemeinsam mit Ihrem Kollektivvertragspartner, denn dem müssen ja die Wirtschaftskämmerer zugestimmt haben. Das heißt, wir setzen jenen innovativen Unternehmen, die mit ihren Mitarbeitern bereit sind, im Sinne von mehr Beschäftigung, mehr Wertschöpfung neue Kundenbedürfnisse zu befriedigen, ein Kostenbild in Form von Mehrdienstleistungszuschlägen in der Normalarbeitszeit entgegen, das letztlich jede Innovation bremst.

Herr Bundesminister! Sie können Liberalisierungsvorschläge im Parlament einbringen, wir können sie hier beschließen, solange aber die Kollektivvertragspartner um die Ecke herum die Mehrdienstleistungszuschläge in der Normalarbeitszeit in einem Ausmaß erhöhen, daß die Öffnungszeit nicht mehr attraktiv sein kann, wird Liberalisierung nicht stattfinden.

Einen Satz zur Frage der Einzelhändler und der Kleinbetriebe. (Abg. Verzetnitsch : Liberalisierung zum Nulltarif!) Was heißt hier "Nulltarif", Herr Präsident? Sie können in einem Betrieb, wie Sie ja wissen, nur die Summe der Wertschöpfung, die Sie in diesem Betrieb haben, verteilen. Davon bekommt der Staat einen Teil an Steuern, die Mitarbeiter ihren Anteil als Gehalt, und das, was übrigbleibt, ist der Gewinn, und wenn nichts übrigbleibt, gibt es einen Verlust.

Wenn Sie heute mit Zuschlägen arbeiten, bedeutet das, daß Sie die Wertschöpfung (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch ) – Moment, hören Sie mir zu! – neu verteilen, daß die Grundlöhne sinken müssen, weil ein größerer Anteil der Wertschöpfung an die Zuschläge geht. Das ist doch relativ einfach. Aber durch Kundenverweigerung verringern Sie nur die Wertschöpfung, haben dadurch weniger zu verteilen und weniger Beschäftigung. So einfach ist die Ökonomie! (Beifall beim Liberalen Forum. – Weiterer Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. )

40 Jahre lang hat man versucht, Kleinbetriebe zu schützen, mit dem Ergebnis, daß sie eingegangen sind. Die großen Fische fressen die kleinen, aber nur die langsamen. Wenn man die Kleinbetriebe daran hindert, schnell zu sein, indem man bürokratische Hürden aufbaut, werden sie den Wettbewerb gegen die großen nicht schaffen. Beim Preis können sie nicht konkurrieren. Aber sie können bei der Qualität der Kundenbetreuung, in der Sortimentspolitik und bei ganz klaren, emotionalen Faktoren den Kunden gegenüber konkurrieren.

Wenn Sie Kleinbetriebe hinsichtlich der Öffnung behindern, wenn Sie sie "schützen" – so wie die Wirtschaftskammer immer vorgibt, es zu tun –, dann bringen Sie Kleinbetriebe um ihre einzige Chance, die sie wirklich haben.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Wunsch an die Koalitionsregierung zusammenfassen: Wenden Sie sich ab vom Reglementierungsprinzip, schaffen Sie weniger Bürokratie und gehen Sie auf das Verantwortungsprinzip über! – Sehen wir Einkaufen nicht als lästige Versorgungspflicht, sondern als Einkaufserlebnis. Kommen Sie von der reglementierten zur selbstbestimmten Arbeitswelt, die durch Betriebsräte, durch ein neues Betriebsverfassungsrecht und durch eine neue Unternehmenskultur geschützt wird! Vom Angestellten zum Mitarbeiter und Kundenbetreuer! Es ist eine Frage der Unternehmenskultur, wie man mit Mitarbeitern umgeht. Von der geschützten Werkstatt zur Dienstleistungsgesellschaft! Statt Kreativitätshem


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mung und Verhinderung von Kundenorientierung Gewerbe- und Öffnungsfreiheit. Nur das wird uns in Österreich weiterbringen! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hostasch. – Bitte. – Die Redezeit ist auf 20 Minuten eingestellt. (Abg. Hostasch: Die werde ich nicht brauchen! – Abg. Haigermoser: Für die Sonntagsöffnung allein wird sie 10 Minuten brauchen!)

10.28

Abgeordnete Eleonora Hostasch (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Peter, bei allem Respekt: Auch Sie werden noch einiges lernen müssen! Auch Sie werden zur Kenntnis nehmen müssen, daß sich die Wirtschaft auch nach den Bedürfnissen der Menschen zu richten hat (Beifall bei der SPÖ und demonstrativer Beifall des Abg. Mag. Peter ), nach den Bedürfnissen der dort Beschäftigten, danach, daß eine Gesellschaft dann menschengerecht ist, wenn man mit Toleranz, gegenseitigem Verständnis und entsprechendem Respekt vor dem einzelnen und dessen Interessen handelt. (Beifall bei der SPÖ sowie demonstrativer Beifall und Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Herr Kollege Peter! Ich gestehe Ihnen zu, daß Sie Ihre Branche sehr gut kennen. Ich gestehe Ihnen auch zu, daß Sie zu Ihren Mitarbeitern ein gutes Verhältnis haben, aber von der Situation im Handel scheinen Sie überhaupt nichts zu verstehen. Sie wissen nicht, wie es dort ist, unter welchem Druck man dort arbeiten muß, wie sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser Branche bemühen, sich für die Kunden einzusetzen, für die Kunden zur Verfügung zu stehen und dafür zu sorgen, daß diese Branche eine entsprechende Wertschöpfung hat. Reden Sie bitte von jenen Bereichen, die Sie aus eigener Erfahrung besser kennen (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter ), und behaupten Sie nicht, daß hier Selbstbestimmung der Maßstab sein kann! (Beifall bei der SPÖ.)

Das sind hohle Versprechungen, die für die Mitarbeiter wirklich nur leere Worthülsen sind. Wir können nicht mit leeren Worthülsen arbeiten. Wir müssen Fakten setzen und für die Mitarbeiter im Kollektivvertrag und im Gesetz auch entsprechende Rechtsansprüche absichern. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich nur eine Bemerkung von Ihnen hier erwähnen darf, die ich vielleicht etwas übersensibel aufgenommen habe, als Sie nämlich – ich habe das ein bißchen ironisch verstanden – gemeint haben: Kollektives Glück – was soll denn das? Ich meine, sehr geschätzte Damen und Herren, es ist etwas ganz Entscheidendes, auch in der Berufstätigkeit Glück zu empfinden, zufrieden zu sein, aber Berufstätigkeit und Familie, Berufstätigkeit und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben miteinander zu verbinden. Auch das ist kollektives Glück. Dafür haben wir zu sorgen – und nicht für eine totale Liberalisierung ohne entsprechende Schutznormen. (Beifall bei der SPÖ sowie demonstrativer Beifall des Abg. Mag. Peter. )

Lassen Sie mich, sehr geschätzte Damen und Herren, einen kurzen Blick auf die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzentwurfes werfen. Es war Wirtschaftsminister Ditz, der Vorstellungen von Öffnungszeiten bis 22 Uhr, von einer Samstag-Arbeitszeit bis 20 Uhr entwickelte. Er meinte zwar, daß es zu keinen Verschlechterungen für Beschäftigte kommen dürfe, hatte jedoch de facto ein Konzept auf dem Tisch, das deutliche Abstriche von bisherigen Ansprüchen beinhaltete.

Wir hatten mit dem jetzigen Wirtschaftsminister und mit den Sozialpartnern lange und schwierige Verhandlungen. Es wurde schon auf die kontroversiellen Positionen verwiesen, wobei unterschiedlichste Interessenlagen aufeinanderprallen, und zwar sowohl in der Wirtschaft als auch bei den Betroffenen. Und in diesen langen Verhandlungen ist es uns gelungen – ich sage das in vollem Bewußtsein dessen, daß hier ein Versprechen abgegeben wird –, eine neue Qualität für die Beschäftigung im Handel zu sichern. (Beifall bei der SPÖ.)

Was verstehe ich darunter? – Es gilt, sehr geschätzte Damen und Herren, mit der heutigen Beschlußfassung des Öffnungszeitengesetzes den dritten Schritt für eine Gesamtlösung zu


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beschließen, die darin besteht, daß im Arbeitsruhegesetz die sozialen Ansprüche, insbesondere was den freien Samstag betrifft, für die Handelsbeschäftigten abgesichert werden. Mit diesem Öffnungszeitengesetz bieten wir sozusagen die Rahmenbedingungen für flexiblere Möglichkeiten bei der Gestaltung der Öffnungszeiten an. Darüber hinaus sollen – dieser Teil ist unverzichtbar – mit der Unterfertigung des Kollektivvertrages auch jene Zuschlagsregelungen und jene Detailnormen verbindlich festgelegt werden, die den Unternehmen die Berechnungsgrundlagen liefern, aber den Kolleginnen und Kollegen im Handel natürlich auch die entsprechenden Ansprüche sichern.

Ich bin sehr stolz darauf, daß es bei diesen Kollektivvertragsverhandlungen im gemeinsamen sozialpartnerschaftlichen Verständnis gelungen ist, Zuschlagsregelungen auszuhandeln, sodaß es für Angestellte in dieser Branche auch weiterhin attraktiv ist, dort beschäftigt zu sein. Und ich bin auch stolz darauf, daß es uns gelungen ist, materielle Anreize für die Beschäftigten zu sichern. (Abg. Haigermoser: Frau Kollegin, eine Frage: Warum waren Sie dann gegen den unlauteren Wettbewerb, um auch auf der Arbeitgeberseite etwas zu machen?)

Herr Kollege Haigermoser! Wir haben bereits über den unlauteren Wettbewerb diskutiert. Sie werden aber, wenn Sie sich die ursprünglichen Formulierungen, sowohl was das Ankündigungsverbot von Ausverkäufen (Abg. Haigermoser: "Schlußverkauf", nicht "Ausverkauf"! "Ausverkauf" ist etwas anderes!) als auch das Verkaufen unter dem Einstandspreis betrifft, durchlesen, sehen, daß das schon einmal vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde, und zweitens hätte das unserer Überzeugung nach in dieser Textierung nicht jene Wirkung, die politisch beabsichtigt ist. Daher haben wir uns gegen diese Form ausgesprochen. Wir wollen Nägel mit Köpfen machen – und nicht hohle Beschlüsse fassen, die nicht wirklich Substanz haben. (Abg. Haigermoser: Das wäre bei der Werkvertragsregelung auch gut gewesen, wenn Sie das gedacht hätten!) Herr Kollege Haigermoser! Wir wollen nicht den Eindruck entstehen lassen, ein Problem sei gelöst, obwohl das in keiner Weise der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte nun jene Kernpunkte dieses Gesamtpaketes behandeln, die meiner Überzeugung nach ganz entscheidende Bestandteile für die im Handel Beschäftigten darstellen.

Sie werden sich vielleicht daran erinnern, daß wir im Jahre 1991 mit der Änderung des Öffnungszeitengesetzes auch beschlossen haben, daß unter der Woche eine Öffnungszeit bis 21 Uhr möglich ist. Es war dies eine Bestimmung, die für die Angestellten mit ungeheuer großen Belastungen verbunden war, andererseits aber von den Kunden nicht wirklich angenommen wurde. Alle Pilotversuche, die dazu gemacht wurden, haben nicht wirklich jenen zusätzlichen geschäftlichen Erfolg gebracht, den man sich davon versprochen hatte.

Ich bin daher sehr froh darüber, daß wir diese extrem belastende Bestimmung für die Beschäftigten aus dem Öffnungszeitengesetz herausnehmen konnten und nun zu einer einheitlichen möglichen Öffnungszeit bis 19.30 Uhr gekommen sind.

Zum zweiten, sehr geschätzte Damen und Herren, war ursprünglich beabsichtigt, am 24. und 31. Dezember, wenn diese Tage auf einen Samstag fallen, die langen Öffnungszeiten unbeeinflußt zu lassen. Es war für uns sehr wichtig, zu erreichen, daß im Gesetz – mit ergänzender Möglichkeit durch den Landeshauptmann – auch für die im Handel Beschäftigten familiengerechtere Beschäftigungszeiten vorgesehen sind, auch wenn jetzt beabsichtigt ist, daß am 24. und 31. Dezember, wenn diese Tage auf einen Samstag fallen, 13 Uhr als gesetzlicher Rahmen vorgesehen ist.

Da ich die Worte "Landeshauptmann" beziehungsweise "Flexibilität" und "Gestaltungsmöglichkeit" verwendet habe: Ich betrachte es als richtig, daß den Landeshauptleuten im Rahmen der Öffnungszeiten entsprechender Spielraum gegeben wird, um eben regionalen, touristischen und auch zeitlich befristeten Situationen Rechnung tragen zu können. Ich erwarte aber auch, daß die Landeshauptleute mit dieser gesetzlichen Kompetenz sehr verantwortungsbewußt umgehen und dafür Sorge tragen, daß die Gesamtinteressen – eben jene der Beschäftigten, der Konsumenten und der Wirtschaft – berücksichtigt werden.


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Sehr geschätzte Damen und Herren! Auf einen ganz elementaren Punkt möchte ich besonders zu sprechen kommen, einen Punkt, den in den Verhandlungen durchzusetzen uns gelungen ist. Sie wissen, daß ein freies Wochenende für Handelsangestellte ein bisher nicht erreichbares Ziel war. Es hat kaum Beschäftigte im Handel gegeben, die mit ihren Familien einmal wirklich ein ganzes freies Wochenende, sprich einen Samstag und Sonntag, verbringen konnten. Es war für uns daher ganz entscheidend, zu erreichen, daß es diese Freizeitqualität auch für im Handel Beschäftigte gibt, und es war für uns ganz wichtig, daß wir dies nicht nur durch kollektivvertragliche Rahmenbedingungen, sondern auch durch den gesetzlich abgesicherten Anspruch im Arbeitsruhegesetz durchgesetzt haben.

Dieses Gesetz, das vom Hohen Haus bereits beschlossen wurde, sieht vor, daß, wenn ein Angestellter, eine Angestellte an einem langen Samstag arbeitet, der nächste Samstag ein arbeitsfreier Samstag zu sein hat. Auch da haben wir auf Kleinbetriebe Rücksicht genommen und entsprechend flexiblere Möglichkeiten des Arbeitseinsatzes vereinbart. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wer je mit im Handel beschäftigten Damen und Herren verheiratet oder befreundet war oder gesellschaftlichen Umgang hatte, weiß, was es bedeutet, nie ein gemeinsames Wochenende verbringen zu können, und kann sicherlich auch abschätzen, daß die Chance auf ein freies Wochenende eine ganz neue Qualität für den einzelnen und für die einzelne mit sich bringt.

Wir bewirken mit dieser Regelung aber auch – es gibt ja dann noch Zusatzbestimmungen, wonach auch Freizeitblöcke angespart werden können –, daß nicht nur ein freies Wochenende, sondern durch Mehrleistung oder auch durch Leistung in der Normalarbeitszeit noch ergänzende Tage erreicht werden können. Damit wird für die im Handel Beschäftigten eine komplett neue Qualität erzeugt, werden völlig neue Wege beschritten. Ich möchte das übertiteln mit einer politischen Vorgabe, die lautet: Deregulierung mit sozialer Regulierung.

Es war für mich kein Widerspruch, wie Dr. Stummvoll es bei seiner letzten Rede hier im Hohen Haus bezeichnet hat, aber ich bedaure das Verhalten der Wirtschaftsvertreter – auch wenn das hier zu begründen versucht wurde –, die dem Arbeitsruhegesetz nicht zugestimmt haben, weil das ein integrierter Teil des Gesamtpaketes gewesen ist. Ich sehe darin eine falsche Reaktion, was den Respekt vor den Wünschen und Ansprüchen der Mitarbeiter betrifft.

Ich habe, ganz ehrlich gesagt, die Haltung unseres Sozialpartners in diesem Zusammenhang nicht verstanden. Für mich kommt eine Liberalisierung nur dann in Frage, wenn auch soziale Schutzmechanismen mit eingeführt werden. Das gilt nicht nur für das Öffnungszeitengesetz, sondern grundsätzlich auch für andere Themen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß es uns noch nicht wirklich gelungen ist, jenen Damen und Herren, die im Handel beschäftigt sind, diese neue Qualität verständlich zu machen, weil sie sie auch noch nicht erlebt haben. Wir stoßen daher nach wie vor auf große Skepsis, ob die heutige Beschlußfassung zum Öffnungszeitengesetz tatsächlich ein großer Fortschritt auch aus der Sicht der Beschäftigten ist. Es ist daher unsere Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, daß die im Handel Beschäftigten diese neue Qualität tatsächlich erleben, daß sie jene gesetzlichen Möglichkeiten, die wir geschaffen haben, auch in Anspruch nehmen.

Ich möchte daher Erwartungen sowohl an die Wirtschaft als auch an die Länder formulieren. Die Wirtschaft soll sich uneingeschränkt zu jenen Bestimmungen bekennen und sie auch einhalten, die sowohl im Kollektivvertrag als auch in den beiden hier ausgearbeiteten Gesetzen formuliert wurden, und sie soll insbesondere darauf Rücksicht nehmen, daß es im Kollektivvertrag auch Entschlagungsbestimmungen gibt, wenn aus familiären, aus persönlichen Gründen manche Arbeitszeitformen nicht akzeptiert werden können.

Von den Ländern erwarte ich aber, daß sie ihrer Verantwortung nachkommen und den entsprechenden Ausbau von familienergänzenden Einrichtungen vornehmen sowie weiters die geänderten Bestimmungen auch bei der Fahrplangestaltung der öffentlichen Verkehrsmittel be


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rücksichtigen, was besonders für die im Handel Beschäftigten, aber auch für andere Arbeitnehmergruppen mit atypischen Arbeitsverhältnissen und Arbeitszeiten gilt. (Beifall bei der SPÖ. )

Sehr geschätzte Damen und Herren! Zum Schluß möchte ich doch noch einen persönlichen Appell an Sie richten, und zwar an jene, die in diesem Raum sind und meinen, daß das, was wir heute beschließen werden, noch immer nicht ausreicht, und ich möchte auch einen Appell an jene richten, die Journalisten recht geben, die meinen, das reicht noch immer nicht, sperren wir also rund um die Uhr auf! – Sie mögen sich doch einmal in die Lage der Betroffenen versetzen – egal, ob dies jetzt der Unternehmer, die Unternehmerin selbst sind, die im eigenen Geschäft stehen, ob es die kleinen Betriebe mit wenigen Angestellten oder die Angestellten in den großen Unternehmungen sind – und dann überlegen, ob sie tatsächlich eine noch weitergehende Veränderung anstreben. Ich glaube, sie würden, wenn sie sich selbst in dieser Rolle sehen, anders reagieren. – Ich möchte Sie bitten, das auch in Ihrer politischen Argumentation zu diesem Thema immer wieder zu berücksichtigen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Da Herr Kollege Peter hier bereits einen "Brief an das Christkind" verlesen hat, lassen Sie auch mich ergänzend zu dem, was ich an Wünschen bereits formuliert habe, noch einige Wünsche anbringen. Zum einen müssen wir – das möchte ich noch einmal unterstreichen – den im Handel Beschäftigten jene Wertschätzung zuteil werden lassen, die sie verdienen, weil sie sich in den Dienst der Kunden stellen und daher auch entsprechendes Qualitätsverständnis in diesem gegenseitigen Verhältnis vorhanden sein muß, wir müssen aber auch dafür Sorge tragen, daß die im Handel Beschäftigten für ihre eigenen Rechte entsprechend eintreten, daß sie sich durch eigene Betriebsvertretungen selbst organisieren. Und ich würde mir auch wünschen, daß durch die Beschlußfassung dieses Gesetzes die Handelsangestellten erkennen, wie wichtig es ist, mit gewerkschaftlicher Kraft einen Erfolg zu erzielen, daß sie erkennen, wie wichtig der Kollektivvertrag ist, und daß sie sich auch zu einer Mitgliedschaft bei der Gewerkschaft bekennen.

Ich denke, daß die Gewerkschaft mit diesem Gesamtpaket, mit dem Kollektivvertrag und dieser neuen Arbeitszeitqualität Mut zu neuen Wegen gezeigt hat und daß wir damit auch eine Weichenstellung für neue Chancen im Handel vornehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht zuletzt, meine sehr geschätzten Damen und Herren, wünsche ich mir, daß die Öffnungszeiten auf lange Sicht kein Thema mehr in diesem Hohen Haus hier sind. (Beifall bei der SPÖ.)

10.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Monika Langthaler. – Die Uhr ist auf 7 Minuten gestellt.

10.45

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Beim Abgeordneten Peter hat man sehr deutlich gemerkt: Kaum ein Thema wird so emotional diskutiert und betrachtet wie das der Ladenöffnungszeiten. Wir haben das in diversen Medienberichten gesehen, wir haben das auch bei der Diskussion im Ausschuß erlebt, und es lohnt sich schon, noch einmal die Frage danach zu stellen, warum gerade dieses Thema so enorme Emotionen auf verschiedenen Seiten auslöst.

Dabei ist ein wichtiger Punkt zu berücksichtigen: Es handelt sich hier um eine Branche, in der Frustration, Verunsicherung und Druck auf die Beschäftigten enorm groß sind, die Bezahlung hingegen nicht übermäßig hoch ist. Dieser Druck und diese Frustration entladen sich ganz besonders bei diesem speziellen Thema Ladenöffnungszeit, selbst wenn es sich dabei nur um eine Novelle handelt.

Diese große Aufregung um die Liberalisierung scheint nicht gerechtfertigt, wenn man sich im Detail anschaut, um wieviel länger jetzt offengehalten werden darf verglichen mit der bisherigen Regelung. Da ist ja kein so großer Unterschied. Schon nach der bisherigen gesetzlichen Regelung war es möglich, bis 19.30 Uhr offenzuhalten, einmal in der Woche bis 21 Uhr, einmal am Samstag bis 17 Uhr. Die Verlängerung auf 66 Stunden für alle Branchen scheint daher den


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enormen Aufschrei, den es seitens der Beschäftigten, aber auch vieler Einzelhändler gegeben hat, nicht zu rechtfertigen.

Der Grund dafür wird aber verständlich, wenn man mit den Betroffenen spricht. Das ist eben der enorme Druck, die enorme Verunsicherung, die es in dieser Branche bereits gibt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch ein geändertes Konsumentenverhalten, es gibt andere Bedürfnisse, und es gibt aus meiner Sicht tatsächlich auch die Notwendigkeit, mehr Flexibilisierung zuzulassen.

Nur eines stört mich bei der Debatte, und zwar sowohl im Ausschuß als auch hier und heute: Es wird so getan, als könne man die Probleme des Einzelhandels, als könne man die gesamten Probleme der im Handel Beschäftigten mit einem singulären Gesetz lösen. Das ist einfach falsch! Die Frage, wie es den Beschäftigten geht, mit welchen Bedürfnissen sie überhaupt nicht mehr zurechtkommen, welche Notwendigkeiten es insgesamt für die Branche gibt, und die Frage der Förderung der kleineren Betriebe – das ist doch vielfältiger zu lösen. Da geht es um die Frage der Raumordnung, da geht es darum, endlich mehr Kinderbetreuungsplätze zu schaffen, denn gerade die Frauen leiden unter diesen Bedingungen, gerade sie sind die Betroffenen, wenn es um längere Öffnungszeiten im Einzelhandel beziehungsweise im Handel insgesamt geht. Und da sehe ich nach wie vor kein wirklich forsches Auftreten der Frau Kollegin Hostasch, ich vermisse ihr Einsetzen gerade für diese Rahmenbedingungen, seien es höhere Löhne in dieser Branche, sei es vor allem die Sicherstellung entsprechender Kinderbetreuungsplätze.

Auch wenn Sie, Frau Kollegin Hostasch, hier herunten von den tatsächlich notwendigen Unterstützungen für die Beschäftigten sprechen, gerade auch für die Frauen in diesem Bereich, erkenne ich keine Initiativen Ihrerseits, das konkret umzusetzen.

Wir haben bereits im Ausschuß festgestellt – ein bißchen weniger merkt man das heute hier bei den Reden –, daß es in Wirklichkeit bei allen Fraktionen dieses Hauses so etwas wie einen Riß oder zumindest unterschiedliche Argumentationslinien gibt.

Wenn Abgeordneter Haigermoser von der FPÖ heute von einer "Liberalisierung mit Augenmaß" gesprochen hat, so stellt er sich darunter – jedenfalls habe ich das im Ausschuß bemerkt – wahrscheinlich etwas anderes vor als sein Kollege Prinzhorn. Vor allem würde mich interessieren, was "Liberalisierung mit Augenmaß" konkret heißt. Die FPÖ tritt für eine flexible Gestaltung der Öffnungszeiten ein, aber eine Antwort darauf, wie das genau aussehen soll, ist sie eigentlich schuldig geblieben.

Deshalb war es – wie ich mir vorstellen kann – sowohl für den Wirtschaftsminister als auch für die anderen Beteiligten eine Gratwanderung, und es war schwierig, ein Gesetz zu finden, das offensichtlich alle zufriedenstellen sollte. Das ist immer ein Problem bei einer solchen Art von Kompromissen: Wenn man alle zufriedenstellen will, passiert es einem oft, daß man zwischen alle Stühle fällt. – Und ein bißchen ist das dem Wirtschaftsminister bei diesem Gesetz passiert.

Die Grünen werden bei diesem Gesetz differenziert abstimmen, weil einige von uns sehen, daß es auf der einen Seite notwendig ist, hier flexiblere Lösungen zu schaffen, und weil es auf der anderen Seite notwendig und wichtig ist, sich mit dem jetzt schon enormen Druck auf die Beschäftigten zu befassen, und weil es notwendig ist, noch andere Rahmenbedingungen und andere Systeme zu entwickeln.

Ganz kurz noch zum Abgeordneten Peter und zu der völligen Liberalisierung: Ihre Philosophie, die Tüchtigen, die Fleißigen, die Schnellen schaffen es schon, und man soll sie doch endlich von diesen ordnungspolitischen Fesseln befreien, ist schon eine etwas simple Weltanschauung, denn sie vernachlässigt völlig, daß es einfach – wie im konkreten Fall – für eine Verkäuferin mit zwei Kindern etwas schwierig ist, immer schnell, tüchtig, fleißig und alles auf einmal zu sein und die Freiheiten, so wie Sie sie möglicherweise meinen, in vollem Ausmaß zu nutzen. Im Zweifelsfall stelle ich mich lieber auf die Seite derjenigen, die tatsächlich noch entsprechenden Schutz brauchen, die entsprechende soziale Rahmenbedingungen dringend benötigen, um andere Freiheiten, für die sie möglicherweise viel mehr eintreten, dann auch wirklich genießen zu können.


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In diesem Sinne glaube ich, daß die Regelung ein kleiner Schritt in eine richtige Richtung ist, aber noch zuwenig für eine gute Lösung für die Beschäftigten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Puttinger. – Bitte sehr.

10.51

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Selten noch hat ein Wirtschaftsthema die Medien derart beherrscht wie in den letzten Wochen diese Frage der Ladenöffnungszeiten.

Es liegt nun eine Novelle des Öffnungszeitengesetzes vor, die einerseits den Flexibilisierungswünschen Rechnung trägt und andererseits positive Maßnahmen insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe enthält. Wichtig und richtig sind nicht nur die Lösungen für Weihnachten, für Silvester, für die Einkaufssamstage, für die Bäckereibetriebe, sondern auch – das möchte ich hier besonders betonen – die Ermächtigung der Landeshauptleute bezüglich der Samstagöffnung, bezüglich der Pendler, bezüglich der Verkaufsstellen in Stadt- und Ortskernen, bezüglich des Tourismus oder auch die Lösung für die Familienbetriebe.

Es sind dies Liberalisierungen, die sinnvoll sind, aber nur dann, wenn auch die entsprechende Liberalisierung auf anderen Seiten erfolgen würde, wie zum Beispiel beim Arbeitsruhegesetz, beim unlauteren Wettbewerb, beim Verkauf unter dem Einstandspreis, aber auch – was uns Parlamentarier in Wirklichkeit ja nicht betrifft – bei den Lohnzuschlägen für Arbeit in der Normalarbeitszeit.

Die Behandlung all dieser Problemkreise war als Paket gedacht und vereinbart, wurde aber leider nicht in dieser komprimierten Form, die sinnvoll gewesen wäre, beschlossen.

Ich habe vor fast zwei Wochen hier im Parlament aus inhaltlichen Gründen, aber auch aufgrund des Zeitpunktes, zu dem es beschlossen worden ist, gegen das Arbeitsruhegesetz gestimmt. Auf die zeitliche Komponente bin ich ja schon eingegangen. Inhaltlich weise ich aber darauf hin, daß die Novellierung des Arbeitsruhegesetzes das genaue Gegenteil einer Flexibilisierung im Arbeitszeitbereich darstellt und im Zusammenhang mit der Ladenöffnung nur eine weitere Regulierung zu Lasten der kleinen Handelsbetriebe mit sich bringt.

Meine Damen und Herren! Es ist ja wohl einleuchtend, daß aufgrund des Zwanges, jeden zweiten Samstag freizugeben, wenn am Samstag nach 13 Uhr gearbeitet wird, mit dem halben Personal doch nur die halbe Dienstleistung erbracht werden kann. Ich glaube, das ist keine konsumentenfreundliche Haltung – nicht in einer Zeit der Dienstleistung, über die heute schon so viel gesprochen worden ist.

Es leuchtet aber auch ein, daß Liberalisierung nicht durch eine Einbetonierung in Arbeitszeitfragen erreicht werden kann. Es leuchtet wohl ein, daß es letzten Endes auch nicht so sein kann, daß am Beginn einer Liberalisierung Reglementierungen stehen. Liberalisierung ja, aber es müssen zusätzlich Schritte gesetzt werden, daß die klein- und mittelbetriebliche Struktur auch im Interesse der Nahversorgung erhalten bleibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Vielleicht müssen wir als Parlamentarier auch einmal deutliche Schritte in der Raumordnung, die ja im Prinzip Landessache ist, setzen, um das ungebremste Wachstum der Riesen am Stadtrand einzudämmen und die Nahversorgung auf dem Land zu sichern. Das gleiche gilt auch, wenn es darum geht, die Stadtkerne nicht zu entvölkern und nicht veröden zu lassen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Überlegen Sie bitte in diesem Zusammenhang, wie sehr eingeschränkte Regelungen Neuerungen im Bereiche der Flexibilisierung in Wirklichkeit erschweren! Wenn ich daran denke, daß im Handel Zuschläge innerhalb der Normalarbeitszeit zu gewähren sind, so paßt das einfach nicht mehr in ein liberales System, so paßt das einfach


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nicht in unsere Systematik, die wir, glaube ich, in der Zukunft zu vertreten haben. Hier gehört umgedacht! Das spricht gegen jede Flexibilisierung. Und wenn Kollektivvertragsbestimmungen nicht – und das sage ich hier ganz bewußt – auf kollektivvertraglicher Ebene geregelt werden können, dann müssen wir uns überlegen, ob wir als Parlamentarier nicht aufgefordert sind, hier ebenfalls Handlungen zu setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe es schon gesagt: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann kann man voll liberalisieren. Liberalisieren darf man jedoch nicht so interpretieren, alle Schranken der Öffnungszeiten niederzureißen. Eine völlige Freigabe der Ladenöffnungszeiten würde nämlich nur unsichere und viele billigere Arbeitsplätze mit sich bringen. Niemand könnte sich letzten Endes bei der bestehenden Konkurrenz teures Personal in diesem Ausmaß leisten. Wir brauchen nicht schlecht bezahlte oder unsichere Arbeitsplätze oder gefährdete Unternehmen, sondern wir brauchen mehr Arbeit zu den richtigen Rahmenbedingungen, damit es sichere Arbeitsplätze in gesunden Unternehmungen gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Das neue Öffnungszeitengesetz ist richtig und gut. Es geht in die richtige Richtung. Wir sollten den gesamten Problemkreis in der gleichen Art und Weise, nämlich positiv, sehen, positiv bewerten und positive Ergebnisse in allen Bereichen erreichen – im Interesse der Unternehmer, der Arbeitnehmer und der Konsumenten! (Beifall bei der ÖVP.)

10.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Blünegger. Er hat das Wort.

10.57

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren Abgeordneten! Das Thema Öffnungszeitengesetz ist ein brisantes Thema, aber es darf nicht nur zu Lasten der Arbeitnehmer beschlossen werden. Wenn jetzt über das Öffnungszeitengesetz hier in diesem Hohen Haus abgestimmt wird, dann ist dies wohl einmal ein erster Schritt, wir Freiheitliche werden aber unter den gegebenen Voraussetzungen sicher nicht die Zustimmung geben, weil der Arbeitnehmer bezüglich der Arbeitszeit keine entsprechenden Sicherheiten bekommt.

Aber es ist ein richtiger Schritt, Herr Bundesminister, daß Sie sich mit diesem Gesetz endlich aus der Bevormundung der Sozialpartnerschaft gelöst haben. Und es ist sicher richtig, daß Österreich ein konsumentenfreundliches Öffnungszeitengesetz braucht, denn auf diesem Gebiet sind wir noch ein Entwicklungsland.

Trotz Ihrer Vorlage bezüglich der Änderung des Ladenschlußgesetzes brauchen Sie aber weiterhin etwas, Herr Bundesminister: Sie werden weiterhin eine Stoppuhr brauchen, Sie werden weiterhin einen Strafzettel brauchen, und Sie werden weiterhin eine Ladenschlußpolizei brauchen. Ich glaube, hier besteht noch ein großer Reformbedarf.

Das Motto der SP/VP-Regierung lautete bisher: Was für die Wirtschaft und für den Bürger gut ist, entscheidet der Monarch. Einige "Monarchen" sind hier herinnen. Es sind dies die Sozialpartner, die Bundeswirtschaftskammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund. Und da, sehr geschätzter Herr Bundesminister Farnleitner, erreichen Sie wenigstens erstmals in einigen Teilbereichen internationale Standards, und diese Entwicklung ist sicher erfreulich. Mit diesem Gesetz kann es gelingen, dem Kaufkraftabfluß aus Österreich ein wenig Einhalt zu gebieten. Aber es ist hier noch sehr viel zu tun.

Wir werden nicht zulassen, daß diese Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten gegen die Interessen der Handelsangestellten erfolgt, meine sehr geschätzten Damen und Herren. Zu Lasten der 436 000 Handelsangestellten im Einzel- und im Großhandel darf dieses Gesetz nicht beschlossen werden! (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Hier sind meine freiheitlichen Forderungen: Wir fordern eine volle Lohnabgeltung bei Mehrarbeit. Man darf das Problem der Mehrleistungen nicht vor sich herschieben, sondern Mehrleistungen sind entsprechend abzugelten. Wir verlangen die Schaffung einer Verkehrsinfrastruktur, um den


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Handelsangestellten und den Einpendlern zu ermöglichen, in einem vertretbaren Zeitraum zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen.

Dem Antrag des Abgeordneten Peter vom Liberalen Forum, über den heute auch abgestimmt wird, werden wir Freiheitlichen nicht die Zustimmung geben. Die Regelung der Arbeitszeit und der Arbeitsmöglichkeiten nur auf die Betriebsebene zu verlagern, ist nicht der richtige Weg, sondern es ist auch dem Kollektivvertrag der entsprechende Stellenwert einzuräumen.

Wir Freiheitlichen fordern weiters die Einrichtung dringend benötigter Kinderbetreuungsplätze. Ich weiß, daß die Erfüllung dieser Forderung notwendig ist, um den Handelsangestellten zumindest in einem Bereich ihre Verantwortung abzunehmen. Ich weiß, daß auf diesem Gebiet etwas gemacht werden muß.

Geschätzte Damen und Herren von der Koalition! Den Scherbenhaufen, den das Sparpaket verursacht hat, müssen Sie schon selber aufräumen. Wir sagen zwar ja zu den Ladenöffnungszeiten, aber nicht auf dem Rücken der Handelsangestellten! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir werden diesem Öffnungszeitengesetz nicht die Zustimmung geben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

11.02

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! "Heftiges Tauziehen um das neue Öffnungszeitengesetz" und ähnliche Sätze beherrschten in den vergangenen Wochen die Schlagzeilen der Medien.

"Handel im Wandel" – unter diesem Motto stand schon vor mehr als einem Jahrzehnt eine Betriebsrätekonferenz der Handelsangestellten der Gewerkschaft der Privatangestellten in Oberösterreich. Zentrales Thema damals waren die Einführung von Warenwirtschaftssystemen und die zunehmende Flexibilisierung von Arbeitszeiten. Befürchtet wurden damals in erster Linie ein Qualitätsverlust des Berufes durch Wegfall von Arbeitsinhalten und der Einsatz von Arbeitszeitorganisationen als Rationalisierungsinstrument.

Die damalige Einschätzung wurde durch die tatsächliche Entwicklung leider bestätigt. In Österreich wird die Handelslandschaft mittlerweile nur mehr von wenigen Unternehmen dominiert. Dazu kommt, daß diese marktbeherrschenden Unternehmungen aufgrund von Kapitalverflechtungen eigentlich nur mehr Konzernentscheidungen nachzuvollziehen haben, die oft im Ausland gefällt werden.

Der Expansionsdrang der Großunternehmen wird nicht nur über den Preis, sondern auch, wie wir jetzt sehen, über die Öffnungszeitenpolitik betrieben. Was letzteres betrifft, wurden immer wieder volkswirtschaftliche Argumente wie Kaufkraftabfluß und die Bedürfnisse der Konsumenten als Begründung für eine Änderung der Ladenöffnungszeiten ins Treffen geführt. Tatsächlich ist die Liberalisierung bei den Öffnungszeiten als Instrument des Verdrängungswettbewerbes zu sehen, aber auch als eine Konzession an veränderte gesellschaftliche Strukturen.

Leidtragende dieser Entwicklung, meine Damen und Herren, sind zunächst die Beschäftigten im Einzelhandel und deren Familien. Diese Betroffenheit wird künftig, so glaube ich, nicht auf die Beschäftigten im Einzelhandel beschränkt bleiben.

Es gibt sie ja kaum mehr, diese klassischen Verkäuferinnen und Verkäufer. Es gibt sie vielleicht noch im typischen Fachhandel, im gehobenen Textilhandel und ähnlichem. Der Versorgungshandel spielt sich ja heute nur mehr auf Selbstbedienungsbasis ab, genauso wie es die unterschiedlichen Fachmärkte für Parfümeriewaren, Schuhe et cetera gibt.

In den vergangenen Jahren ist es gelungen, eine Vielzahl von Tätigkeiten auf die Konsumenten überzuwälzen. Denken Sie nur an die Selbstbedienung mit Einkaufswagen, mit Pfand und so


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weiter. Charakteristisch für die Qualifikation der Angestellten im sogenannten Versorgungshandel ist, daß praktisch keine kaufmännische Ausbildung mehr erforderlich ist. Regalbetreuung bedeutet lediglich, daß die Waren auf vorher von der Verkaufsleitung festgelegte Art präsentiert und dann laufend ergänzt werden.

Immer weniger Betriebe im Einzelhandel rekrutieren ihre Angestellten aus der eigenen Lehrlingsausbildung. Kennzeichnend dafür ist, daß die Zahl der Lehrlinge im Beruf des Einzelhandelskaufmannes zurückgegangen ist. Das heißt weiters, daß hier berufliche Perspektiven fehlen.

Die stärkste Belastung für die Beschäftigten im Handel stellt die immer unattraktiver werdende Arbeitszeit dar. Dafür lassen sich auch mehrere Begründungen anführen. Arbeitszeit und Öffnungszeit sind weitgehend entkoppelt. Im Einzelhandel gibt es einen besonders hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigten, der fast ausschließlich aus Frauen besteht. Es sind sehr viele Alleinerziehende darunter. Der Anteil der Geschiedenen ist überdurchschnittlich hoch. Daraus resultiert ein besonders starkes wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis, das von den Arbeitgebern vielfach auch rücksichtslos als Druckmittel angewendet wird.

Daher ziehe ich den Schluß: Die Probleme der Beschäftigten im Zusammenhang mit der Flexibilisierung der Arbeitszeit im Handel werden durch die Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten weiter verschärft.

Mit der Problematik der Handelsangestellten hat sich auch das Institut für Sozial- und Wirtschaftwissenschaften in Linz in einer Studie beschäftigt. Die Ergebnisse brachten genau jene Probleme zutage, die heute auch diskutiert werden.

Meine Schlußfolgerungen sind daher: Trotz der durch die Öffnungszeiten im Konkurrenzdruck gegebenen Voraussetzungen lassen sich für die Beschäftigten im Handel akzeptable Lösungen finden, was aber vor allem von folgenden Rahmenbedingungen abhängt: wenn eine längerfristige Planbarkeit zwischen Arbeitszeit und Freizeit möglich ist; wenn im Betrieb beziehungsweise in der Abteilung ein gutes Klima zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern herrscht; wenn es in gewissem Maße möglich ist, die Arbeitszeit nach den eigenen Bedürfnissen zu gestalten; wenn letztendlich der Betrieb bei der Vereinbarung von Arbeitszeiten auch auf die Lebensumstände der Beschäftigten Rücksicht nimmt.

Ob die beschlossene Regelung im Arbeitsruhegesetz, wonach jeder zweite Samstag als Ausgleich für die Arbeit am Samstag nach 13 Uhr freizugeben ist, von den Unternehmen auch tatsächlich umgesetzt wird, wird die Praxis zeigen. Die zuständigen Behörden sind aufgefordert, mit begleitender Kontrolle auf die Einhaltung hinzuwirken.

Auch die Ankündigung der Aufnahme zusätzlicher Beschäftigter wird zu beachten sein, denn die bisherige Praxis mit verlängerten Öffnungszeiten zeigte deutlich, daß in den meisten Fällen nur eine Verdünnung der Besetzung ohne tatsächliche Personalaufstockung erfolgte.

Meine Damen und Herren! Die Praxis wird zeigen, was der "Wandel im Handel" tatsächlich bringt. (Beifall bei der SPÖ.)

11.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Sie sind am Wort.

11.08

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auf die grundlegende Bedeutung der Aufhebung der Ladenschlußzeiten ist mein Kollege Peter ja schon eingegangen, und viele meiner Vorredner haben hier bereits die Notwendigkeit des Handelns beschrieben. Es ist einfach – lassen Sie mich das nur mehr in einem Satz zusammenfassen – unbedingt notwendig, endlich die Möglichkeit zu schaffen, daß Unternehmer die Bedürfnisse der Kunden dann decken können oder dürfen – wir meinen ja nicht "müssen" –, wenn diese Bedürfnisse auch entstehen.


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Für Tirol kann ich hier sagen, daß es dem Handel gerade in der letzten Zeit, bedingt durch das grenznahe Ausland, weniger gutgegangen ist, daß er in Bedrängnis geraten ist, daß er nicht mehr in jenem Maße wettbewerbsfähig war, wie wir das gewünscht hätten. Durch eine Liberalisierung dieser Öffnungszeiten erwarten wir uns jedenfalls eine Arbeitsmarktbelebung, die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen zum Ausgleich für jene Arbeitsplätze, die in der Zwischenzeit leider schon verlorengingen, und ich sehe hier durchaus auch Chancen für mehr Frauenarbeitsplätze. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist leider eine traurige und beschämende Tatsache für Österreich, daß die Erwerbsquote der Frauen sinkt. Die Frauenarbeitslosigkeit wird während der nächsten Jahre – so wurde das bereits prognostiziert – um etwa 25 Prozent anwachsen. Wenn wir hier in diesem Hause gestern eine Diskussion über die Armut geführt und in deren Verlauf festgestellt haben, daß in vielen Bereichen gerade Frauen in besonderem Maße von dieser Armut betroffen sind, dann sollte uns das auch heute im Rahmen dieser Diskussion zu denken geben. Vielfach sind gerade jene Frauen betroffen, die keinen Arbeitsplatz haben. Es sind insbesondere die älteren Frauen betroffen, die wegen mangelnder Versicherungszeiten und wegen so gut wie gar keiner Chancen mehr auf dem Arbeitsmarkt besondere Nachteile erleiden. Ich glaube, daß sich gerade durch eine Ausweitung, eine Liberalisierung der Öffnungszeiten für ältere Arbeitnehmerinnen, die keine Betreuungspflichten mehr haben, die bereits flexibler in ihrem Zeitmanagement sind, neue Chancen ergeben, Chancen, die Sie durch Ihr Bonus-Malus-System gerade für ältere Arbeitnehmerinnen ohnehin schon eingeschränkt hatten.

Meine Damen und Herren! Wenn heute hier im Rahmen der Diskussion von mangelnder Wertschätzung gegenüber den Handelsangestellten, von der schlechten Bezahlung dieser typischen Frauenarbeitsplätze und von mangelnden Rahmenbedingungen in dieser Branche die Rede war, dann muß ich einfach diesen Vorwurf an die Arbeitnehmervertreter zurückgeben. Das ist keine Frage von liberalen Öffnungszeiten, das ist eine Frage von Versäumnissen!

Uns Liberalen ist der Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutz wirklich ein wichtiges Anliegen (Beifall beim Liberalen Forum) , aber restriktive Öffnungszeiten können nicht das Instrument für Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschutz sein, und restriktive Öffnungszeiten schützen auch nicht vor arbeitsrechtlichen Verletzungen. Was wir wirklich brauchen, sind gute Schutzbestimmungen und auf jeden Fall eine Ausweitung, eine Verbesserung und eine Stärkung der innerbetrieblichen Mitbestimmung. (Neuerlicher Beifall beim Liberalen Forum.)

Hier könnten Sie sich als Arbeitnehmervertreter gerade bei kleinen Betrieben, in denen es keine ... (Abg. Koppler – auf die Bankreihen zur Rechten weisend –: Schauen Sie da rüber!) – Na ja, ich muß schon auch ein bißchen da hinüberschauen, denn nach wie vor sind ja Sie diejenigen, die sich in diesem Bereich sehr stark machen. Ich denke schon, daß gerade von gewerkschaftlicher Seite in kleineren Betrieben, in denen es keine Betriebsvertretung gibt, sinnvolle Hilfe geleistet werden könnte.

Wenn immer wieder die Problematik der Alleinerzieherinnen, der Frauen mit Kindern hier in Diskussion gebracht wird, dann muß ich sagen, das ist eine grundsätzliche, aber keine neue Problematik, also keine Problematik, die im Zusammenhang mit liberaleren Öffnungszeiten jetzt neu ins Spiel gebracht werden müßte, sondern da gibt es bereits in der Vergangenheit große Versäumnisse zu beklagen. Frauen mit Betreuungspflichten hatten bisher bereits diese Probleme. Insbesondere in ländlichen Regionen waren sie so gut wie ausgeschlossen von jeder Erwerbstätigkeit.

Wenn wir uns in Österreich die Kinderbetreuungsbilanz anschauen, wenn wir die Kinderbetreuungssituation in Österreich in einen Vergleich zum übrigen Europa setzen, dann müssen wir feststellen: Wir haben hier wirklich eine Bilanz der Versäumnisse vorzuweisen. Es ist die Aussage der SPÖ, daß rund 250 000 Kinderbetreuungsplätze fehlen. Es ist eine Tatsache, daß bei den Zweijährigen der Bedarf nur zu 0,6 Prozent gedeckt ist. Es ist eine Tatsache, daß wir große Defizite im Bereich flexibler und ganztägiger Kinderbetreuung haben. Wenn sich heute die SPÖ sosehr für die Alleinerzieherinnen und für deren Probleme einsetzt, dann frage ich Sie wirklich: Wie konnten Sie im Wissen um diese Kinderbetreuungssituation mit Ihren Stimmen die


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De-facto-Kürzung der Karenzzeit beschließen? Und wieso lassen Sie in diesem Wissen zu, daß zum Beispiel die Arbeitslosenunterstützung für Frauen, die mangels Kinderbetreuung dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, in einer restriktiven Auslegung über Ihren Sozialminister Hums eingestellt wird?

Sehr geehrte Damen und Herren! Den Frauen wurde in der Vergangenheit, wenn es um Kinderbetreuung ging, viel versprochen. Die Diskussion um die Kindergarten-Milliarde ist dafür ja ein deutliches Beispiel. Es sind daraus 600 Millionen Schilling geworden, sozusagen ein frauenpolitisches Zuckerl, um den Frauen die diskriminierenden Maßnahmen des Sparpaketes zu versüßen.

Aber nicht erst seit der Liberalisierung der Öffnungszeiten ist dieses Problem akut. Ich frage Sie: Welche Initiativen haben Sie bisher gesetzt? Welche Anreize haben Sie geschaffen, um zum Beispiel die Einrichtung von Betriebskindergärten zu initiieren? Was haben Sie getan, um für private Kinderbetreuungseinrichtungen, die nicht nur wirtschaftlicher arbeiten, sondern auch flexibler agieren können, jene Voraussetzungen zu schaffen, die diese auch wettbewerbsfähig machen? Gibt es irgendwelche neuen Ansätze, um ein durchaus bewährtes Au-Pair-System auch auf Interessentinnen aus den Ostländern auszuweiten? – Hier haben Sie bisher wenig Kreativität bewiesen.

Auch die Diskussion um diese 600 Millionen Schilling für die dringend notwendige Kinderbetreuung ist eine traurige. Mehr als ein Jahr hat es gedauert, bis überhaupt Anträge gestellt werden konnten. Erst im zweiten Halbjahr 1997 wird es zu ersten Auszahlungen kommen. Also es gab viele große Versprechungen, aber wenig wurde bisher umgesetzt. Letztendlich geht auch das zu Lasten aller Handelsangestellten, geht auch das zu Lasten aller berufstätigen Frauen.

Zur ÖVP, weil wir von diesen Kinderbetreuungsmillionen sprechen: Ich finde es traurig und bezeichnend zugleich, daß diese Mittel auch für Tagesmütter ohne sozialrechtliche Absicherung eingesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liberale Öffnungszeiten bieten Chancen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Was wir brauchen – aber das haben wir immer schon gebraucht –, sind Rahmenbedingungen, sind entsprechende Kinderbetreuungseinrichtungen. Aber diese Verantwortung liegt bei den Koalitionsparteien. Wenn ich mir das Ergebnis so anschaue, dann möchte ich fast sagen: Sie haben diese Verantwortung schon zu lange gehabt! (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

11.18

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ladenöffnungszeiten haben sich immer wieder als ein Nachteil für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft herausgestellt. Die Wirtschaft hat das immer beklagt. Vor allem im Städtetourismus, aber auch in tourismusintensiven Gemeinden konnte das Wertschöpfungspotential nicht ausgenutzt werden.

Wir liegen etwa bei den Ausgaben pro Tag und pro Tourist im internationalen Vergleich weit zurück. Ich glaube daher, daß durch die Liberalisierung der Öffnungszeiten, vor allem durch das Offenhalten am Samstag bis 17 Uhr, positive Auswirkungen zu erwarten sind.

Hohes Haus! Mit dem Gesamtpaket Öffnungszeitenregelung, Arbeitsruhegesetz und dem Kollektivvertrag, der die Abgeltung der Überstundenleistungen regelt, ist eine ausgewogene Lösung in der seit Jahren stattfindenden Ladenöffnungsdebatte gefunden worden.

Probleme ergeben sich für mich im ländlichen Raum. Ich habe Bedenken, daß vor allem jene Frauen in den Regionen, wo die Dienstpläne ohne Mitspracherecht der Arbeitnehmer zustande kommen, und jene Frauen, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, die in der


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Peripherie oft nur lückenhaft verkehren, unter Druck kommen. Bei einer Dienstzeit etwa von 7 bis 12 Uhr und/oder von 16 bis 19 Uhr – das sind auch acht Arbeitsstunden – besteht das Problem, daß die Beschäftigte dann vier Stunden nicht zu Hause sein kann und daher die Gesamtzeit, in der sie sich nicht zu Hause befindet, also der Arbeit im weitesten Sinne zur Verfügung steht, sehr, sehr lange ist. Und das ist sicher eine unzumutbare Situation.

Ich möchte daher, meine Damen und Herren, den Appell an die Arbeitgeber richten, daß sie die Arbeitszeitregelungen und die Dienstzeitpläne mit den Arbeitnehmern abstimmen. Denn ich glaube, daß nur motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Qualität erbringen und damit Umsatz schaffen und den Verkaufserfolg des Unternehmens sichern können. Es ist wichtig, daß die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Berücksichtigung finden, denn, meine Damen und Herren, sowohl im Handel als auch im Tourismus ist es so, daß flexiblere Arbeitszeiten natürlich den Kunden, aber auch den Arbeitnehmern und den Betrieben Nutzen bringen müssen, denn nur dann sind sie qualitäts- und umsatzsteigernd.

Mit dem Beschluß des Arbeitsruhegesetzes ist schon ein wegweisender Schritt zur Absicherung der Rolle der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Handel gelungen. Damit ist per Gesetz geregelt, daß die Arbeitnehmer nach einem langen Samstag einen ganzen Samstag frei haben müssen.

Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Erschütternd ist für mich, daß die Vertreter der Wirtschaft, etwa Herr Präsident Maderthaner und Herr Generalsekretär Stummvoll, gegen dieses Gesetz gestimmt haben, obwohl die Sozialpartner dafür eingetreten sind. Der Umgang mit Ihren Mitarbeitern, Herr Präsident, Herr Generalsekretär, mit den ArbeitnehmerInnen dieses Landes erscheint mehr als bedenklich.

Die Weihnachtswünsche, die Sie den Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmern übermitteln, nämlich Lohnkürzungen, Urlaubsgeldkürzungen, Krankengeld ist gleich Urlaub, Urlaub für den Kuraufenthalt, die Abschaffung eines Feiertages, Selbstbehalt für ASVG-Versicherte, obwohl sie am meisten in das System einzahlen, die Verachtung für die Lehrlinge, indem Sie ihnen – Herr Präsident, Herr Generalsekretär, ich hoffe, Sie hören mir zu (Abg. Aumayr: Sie sind beide nicht da!) – das Krankengeld, das Arbeitslosengeld und auch noch die Pensionszeiten wegnehmen wollen, sind wirklich ein Skandal. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Art und Weise, wie Sie mit ArbeitnehmerInnen umgehen, diese motivieren kann, daß sie die entsprechende Leistung erbringen, daß sie die freundlichen Mitarbeiter im Unternehmen sind und daß die Umsätze, die Sie sich wünschen, erzielt werden können. (Abg. Moser: Sie müssen die Rede wiederholen, Kollege Maderthaner ist nicht da!) Ihre Vorstellungen sind auch nicht weit davon entfernt. Gestern hat Herr Abgeordneter Rosenstingl genau das hier auch gesagt und ist von Präsident Maderthaner unterstützt worden. Es sind die gleichen Forderungen, die Sie ebenfalls erheben.

Hohes Haus! Ob die neuen Ladenöffnungszeiten irgendwann einmal sichtbare Vorteile für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft bringen werden, wird sich noch herausstellen. Fest steht, daß diese Maßnahme allein nicht die Probleme dieser Branche lösen kann. Wir werden heute noch die Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren. Herr Bundesminister! Wir Sozialdemokraten werden dieser Ladenöffnungszeitregelung zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. 5 Minuten Redezeitbeschränkung.

11.23

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Danke. – Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte über die Ladenöffnungszeiten verweist meiner Ansicht nach auf die offenen Fragen der Gesellschaft. Es gibt da die Interessen der Angestellten – sie sind heute beschrieben und definiert worden –, die der Kleinhändler, die der Ladenketten, die der Einkaufszentren und die der Kunden.


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Man hat in den einzelnen Redebeiträgen gemerkt, daß verschiedene Interessen dargestellt wurden. Die Frage ist nur, ob wir uns unter den Bedingungen dieser Gesellschaft, die sich immer mehr auseinanderentwickelt, noch auf einen gemeinsamen Nenner einigen können.

Die Ladenöffnungsdebatte ist für mich symptomatisch dafür, daß es immer weniger gelingt, Konsens in dieser Gesellschaft zu erringen. Ich glaube, das ist die eigentliche Frage im Hintergrund, die uns beschäftigen sollte und die mir auch Sorgen macht. Ist es wirklich so, daß die wirtschaftlichen Interessen dominieren und alle anderen diesen untergeordnet werden sollen? Ist es wirklich so, daß die Interessen der Kunden – vor allem welcher Kunden, es gibt ja verschiedene Kundengruppen – den anderen Interessen untergeordnet werden sollen, oder gibt es nicht auch andere Interessen, die es in dieser Debatte zu verteidigen gilt?

Ich erinnere daran, daß es im Zusammenhang mit diesem Vorschlag von Ihnen, Herr Minister, eigentlich keine Debatte bezüglich Sonntag gegeben hat. Ist uns der Sonntag noch wichtig – oder nicht? Ich schätze Ihre Haltung, Herr Minister, weil Sie für eine sehr moderate Öffnung eingetreten sind, also auch für eine Regulierung der Öffnungszeiten eintreten – das kann man Ihren Positionen entnehmen –, aber ich frage mich, ob es bei dieser Debatte über Ladenöffnung und Interessen der Kunden nicht wichtiger und richtiger gewesen wäre, sich zum Beispiel anzusehen, was mit der nicht erfolgten Nachtöffnung geschehen ist.

Ich frage das deswegen, weil es Tankstellenshops gibt, die einen bestimmten Teil dieses Geschäfts an sich ziehen, und das nicht unbedingt der Einkaufstourismus ist, den wir fördern wollen. Ich frage das auch deshalb, weil ich es für wichtiger halte, zum Beispiel in der Nacht eine kontrollierte Öffnung zu machen, mit einem Konzept von Night-Shops oder was auch immer, als beispielsweise umstandslos, auch wenn das jetzt nur für Kleinhändler geschieht, den Sonntag freizugeben, ohne daß man sich Gedanken darüber macht, welche Auswirkungen die Sonntagsöffnung auf die Familien der Kleinhändler hat. Ich weiß schon, da sind jetzt die Gewerkschaften und die Arbeitnehmervertretungen aus dem Schneider, denn es geht nicht mehr um ihre Beschäftigten, aber es geht sehr wohl um die Interessen der Familien derer, die im Kleinhandel beschäftigt sind, die diese Kleinhandelsfirmen führen und die es natürlich zerreißt, denn eines ist schon klar: Die Öffnungszeiten auch am Sonntag werden keine positiven Auswirkungen auf die familiäre Situation der Personen haben, die die Arbeit in diesen kleinen Betrieben machen müssen.

Es stört mich, daß darüber nicht diskutiert wird und daß hier unter dem Aspekt, Kundenbedürfnissen nachgeben zu müssen, einer Deregulierung das Wort geredet wird, von der nicht erkennbar ist, wohin sie uns führen wird. Ich glaube nicht, daß das der Endpunkt ist und daß wir jetzt, so wie es Kollegin Hostasch meint und hofft, auf lange Zeit hinaus die letzte Debatte über diese Thematik geführt haben werden. Ich nehme eher an, daß wir sehr bald wieder eine Debatte führen werden, weil natürlich die Interessen derer, die Sie mit diesem Vorschlag nicht befriedigen können, sehr massiv in die Debatte eingebracht werden und sehr bald die Vertreter meinetwegen der Supermarktzentren und der Großeinkaufszentren bei Ihnen ihre Interessen anmelden werden.

Ich möchte zum Abschluß zwei Entschließungsanträge einbringen, die für uns vor allem in der Debatte über die Nachtöffnung sehr wichtig sind. Ich verweise auf das, was ich zu den Tankstellenshops gesagt habe.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Ing. Monika Langthaler, Freundinnen und Freunde betreffend die ökologischen Folgekosten der Ladenöffnungszeiten

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, die ökologischen Konsequenzen der vorgeschlagenen Änderung der Ladenöffnungszeiten im Hinblick auf vermehrten Energieverbrauch beziehungsweise erhöhter Inanspruchnahme des motorisierten Individualverkehrs zu prüfen und Möglichkeiten der Aufwertung der Nahversorgung durch entsprechende Gestaltung der Ladenöffnungszeiten zu untersuchen. Weiters wird der Bundesminister für


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wirtschaftliche Angelegenheiten ersucht, die Ergebnisse dieser Prüfung dem Nationalrat in Form eines Berichtes bis Juli 1997 zu übermitteln.

*****

Der zweite Entschließungsantrag betrifft verstärkte Kontrollmaßnahmen durch Arbeitsinspektorate und Gewerbebehörde.

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend verstärkte Kontrollmaßnahmen durch Arbeitsinspektorate und Gewerbebehörde

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und der Bundesminister für Arbeit und Soziales werden ersucht, folgende Maßnahmen umzusetzen:

1. Verstärkte und regelmäßige Überprüfung von seiten der Arbeitsinspektorate hinsichtlich der Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen bei gleichzeitiger Gewährleistung der dafür notwendigen Personalausstattung,

2. verstärkte und regelmäßige Überprüfung von seiten der Gewerbebehörde hinsichtlich der Einhaltung der relevanten gewerberechtlichen Bestimmungen, insbesondere der Einhaltung der Öffnungszeiten bei gleichzeitiger Gewährleistung der dafür notwendigen Personalausstattung,

3. eine Neugestaltung der relevanten Strafbestimmungen im Rahmen der anstehenden Novellierung der Gewerbeordnung mit dem Ziel, finanzielle Anreize in Richtung Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu verankern.

*****

Herr Bundesminister! Ich hoffe, daß Sie unsere Anliegen unterstützen. Ich hoffe, daß wir nicht bald wieder über Ladenöffnungzeiten debattieren, und ich hoffe, daß Sie die eine oder andere Anregung, die von uns Grünen im Rahmen dieser Debatte gebracht wurde – nicht nur über die ökologischen, sondern auch über die sozialen Auswirkungen –, ernst nehmen und wir gemeinsam, meine sehr geehrten Damen und Herren, dazu beitragen, daß es zu einer sozial und ökologisch einigermaßen verträglichen Auswirkung der neuen Ladenöffnungszeiten kommt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die beiden Entschließungsanträge, die Herr Abgeordneter Öllinger soeben vorgetragen hat, sind gemäß der Geschäftsordnung eingebracht worden und werden in die Verhandlungen miteinbezogen.

Zu Wort hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dr. Farnleitner gemeldet. – Bitte, Herr Minister, Sie haben das Wort.

11.30

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Jede Auseinandersetzung um Ladenöffnung ist nur ein Aspekt der tiefgreifenden Diskussion über moderne Distributionsstrukturen und deren soziale Konsequenzen für Konsumenten wie auch für Arbeitnehmer.

Ich erinnere daran, daß es so etwas wie eine eherne ökonomische Gesetzmäßigkeit gibt, daß mit steigendem Wohlstand die Zahl der Einzelhändler beziehungsweise der Distributionsstellen zurückgeht und daß wir praktisch in allen OECD-Ländern einen deutlichen Trend zu hoher Konzentration haben. Diese hohe Konzentration im Handel geht mit starker Konditionensplittung einher und auch mit der Ausdünnung von Strukturen.


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Nächster Punkt: Wir haben immer mobilere, bewußtere Konsumenten, und schlußendlich haben wir eine Raumexplosion im Bedienungsangebot.

Wir haben darüber hinaus eine Diskussion darüber – das wird jetzt deutlich –, wo denn nun das Ziel der Wirtschaftspolitik in diesem Bereich liegt.

In den Vereinigten Staaten etwa stand über Jahrzehnte hinweg ausschließlich the consumers benefit – das Interesse der Konsumenten – im Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik, und in der derzeitigen Entwicklung steht the shareholder’s value – das Interesse des Kapitaleigentümers – ausschließlich im Mittelpunkt.

Ich glaube, daß wir in dieser Diskussion – das ist heute auch herausgekommen – wohl alle Facetten, auch eine hier in dieser Diskussion noch nicht erwähnte, nämlich das Schicksal der in den Sektoren jeweils Beschäftigten – Arbeitnehmer wie Unternehmer –, mit zu diskutieren haben.

Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Hohes Haus! Dieses Gesetz ist nur ein Signal in die Richtung einer begleitenden wirtschaftspolitischen Unternehmung über die Frage moderner Distribution. Ich darf Ihnen daher in diesem Zusammenhang sagen, daß wir für Jänner und Februar zwei Enqueten anberaumt haben, in denen es um folgende Problembereiche gehen wird:

Erstens Raumordnung: Wir dürfen nicht darüber hinwegsehen, daß die Raumexplosion in Österreich weitergeht und die bisherigen Instrumente offenbar nicht gegriffen haben.

Zweitens: Wir werden uns damit befassen müssen, welchen gewerberechtlichen Umfang jene verbliebenen Kleinunternehmer im ländlichen Raum haben müssen, um in der Distribution eine Multifunktion wahrnehmen zu können und auch überlebensfähig zu sein. Wir werden prüfen müssen, ob unser Instrumentarium von noch bestehenden, aber zum Teil unzureichend in Anspruch genommenen Förderungseinrichtungen dazu beitragen kann, eine andere Art der Strukturgestaltung fortschreiben zu können. Ich erinnere daran, daß etwa schon in den siebziger Jahren in diesem Hohen Haus diskutiert wurde, daß ein Händler mit unter 200 Quadratmetern Verkaufsfläche kaum leben kann. Wir werden uns auch mit dem Beratungs- und Serviceumfang beschäftigen müssen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Bundesminister.

Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Ich lasse über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Öffnungszeitengesetz 1991 geändert wird, samt Titel und Eingang in 533 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf auch in dritter Lesung sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen .

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen betreffend Förderung der Nahversorgung.


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Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Entschließungsantrag ist mehrheitlich angenommen . (E 35.)

Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend die ökologischen Folgekosten der Ladenöffnungszeiten.

Wer für den Entschließungsantrag Öllinger ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag wurde nicht angenommen.

Wir stimmen ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend verstärkte Kontrollmaßnahmen durch Arbeitsinspektorate und Gewerbebehörde.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist nicht angenommen .

Wir stimmen ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 534 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist angenommen.

3. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (47 der Beilagen): Gewerberechtsnovelle 1996 (529 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (335 der Beilagen): Schutzzertifikatsgesetz 1996 – SchZG 1996 (528 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 198/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich, Sicherung der internationalen Konkurrenzfähigkeit Österreichs und Reduktion der Arbeitslosigkeit (535 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zu den Punkten 3 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir können sofort in die Debatte eingehen.

Ich erteile als erstem Redner Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn das Wort. – Herr Abgeordneter, mir wurde mitgeteilt, daß Sie mit 7 Minuten Redezeit das Auslangen finden wollen.

11.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Minister Farnleitner kommt gerade aus Singapur zurück und bringt von der WTO sicher eine Menge gute Ideen für den Wirtschaftsstandort Österreich mit. Aber er ist auch viel in Europa unterwegs, und ich meine, wir zahlen nicht nur Milliardenbeträge in die EU ein, sondern wir bekommen von dort auch Beispiele, wie man einen Wirtschaftsstandort stärkt, wie man Beschäftigung schafft.

Meine Damen und Herren! Ich bitte, nicht gleich am Anfang gegen uns Freiheitliche eine Neurose zu entwickeln. Ich lese Ihnen nichts von mir vor, sondern nur aus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" von dieser Woche. Da steht:


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In Österreich zeigt sich die Wirtschaftslage unerfreulich: aufgestauter Reformbedarf, Ende der Gemütlichkeit. – Handfeste Daten allerdings, nämlich zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, wird es derzeit nicht geben, weil das Statistische Zentralamt, ÖSTAT, seit Jänner 1995 diese nicht ausreichend liefert.

Wir Freiheitliche haben seit Jahresbeginn für den Wirtschaftsstandort Österreich Initiativen nach Initiativen gesetzt. Wir haben zum Beispiel gesagt, daß Steuersenkung nicht unbedingt eine Minderung des Steueraufkommens bedeuten muß, Steuersenkungen – das zeigen viele Wirtschaften auf der Welt – können auch mit einem Steuerzusatzaufkommen verbunden sein. Umgekehrt ist es aber ganz sicher nicht so, daß Steuerhöhungen unbedingt zu Mehreinnahmen führen.

All das ist Stand der Technik in den Volkswirtschaften, wenn ich so sagen darf, aber Herr Abgeordneter Höchtl hat unlängst gefragt: Eine Steuersenkung – wie soll denn das drinnen sein? – Es wird nicht die Frage sein, wie das drinnen sein kann, sondern es wird drinnen sein müssen, wenn wir im Wettbewerb bestehen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister Farnleitner versteht das, aber er ist natürlich aufgrund seines großen Bruders hier sehr befangen und kann diese volkswirtschaftlich, marktwirtschaftlich hundertfach erprobten Tatsachen nur schwer von sich geben. Aber wir Freiheitliche versuchen, Ihnen, Herr Minister, Mut zu machen.

Abgeordneter Puttinger bringt manchmal sogar unsere Anträge hier vor. Fällt euch denn gar nichts Gescheites ein zu Gewerbeordnung, Lehrlingsausbildung, Arbeitszeitgesetz, Privatisierung? Es ist schon eine Gewohnheit, daß die freiheitliche Opposition Ihren Anträgen vorwegläuft. Wir machen im tiefen Schnee die Spur für Sie. Wir werden aber bald genug davon haben, denn Sie sollten selbst initiativ werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vor so viel Gemeinsamkeit fürchtet sich natürlich Ihr Herr Klubobmann Khol und sagt, wir stünden außerhalb des Verfassungsbogens und wir hätten einen Kampf auf Leben und Tod zu befürchten. – Wie originell! Pfui Teufel, kann ich nur sagen, Herr Khol!

Im Wirtschaftsausschuß nennt Frau Abgeordnete Fekter unsere Anträge gar oberflächlich und unseriös. Solche Entschließungsanträge, die so selbstverständlich sind, kann man natürlich nicht unterstützen, auch wenn man selbst in all diesen Dingen säumig war. Dieser Jargon aus der Tiefe der Schottergrube, möchte ich Ihnen, Frau Abgeordnete, sagen, hat mit Höhen der internationalen Wirtschaftspolitik wirklich gar nichts zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unsere Vorschläge für Beschäftigungsinitiativen, Bürokratieabbau und vieles mehr stoßen auf Spiegelbilder in der Regierung. Auch Herr Bundeskanzler Vranitzky hat letzte Woche anläßlich der Dringlichen zu sehr vielen Dingen, die wir seit Jahren monieren, gesagt, das seien auch plakative Überschriften der Regierung – nur die Inhalte fehlen. Ob es um Forschung und Entwicklung geht oder anderes, ganz egal: Es wird alles im Schneckentempo gemacht, mit, wie es in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" so schön heißt, "Gletschergeschwindigkeit".

In Österreich bewegen sich die Dinge derzeit mit Gletschergeschwindigkeit, doch die internationalen Konzerne, Herr Minister, und der globale Markt werden sich um die Ängste österreichischer Kämmerer und Politiker wenig kümmern. Das Ende der Gemütlichkeit ist angesagt.

Ich meine auch, daß die Privatisierung im Telekom-Bereich unter Ihrem Fachmann Dr. Ditz ein wirkliches Schlußlicht Österreichs darstellt. Er ist zwar derzeit bemüht, Eröffnungsbilanzen für die Post AG zu machen, er hat aber schon wieder ein Problem mit der Gewinn- und Verlustrechnung. Da sind schon wieder 5 bis 6 Milliarden jährlich an Konzessionsabgaben für den Herrn Finanzminister notwendig. – So werden wir in diesem Jahrtausend die Post nicht privatisieren.

Wenn man dem Vorstand dieser Gesellschaften ständig Maulkörbe umhängt, wie das Herr Minister Scholten und Herr Bundeskanzler Vranitzky in den letzten Tagen gemacht haben, und


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sagt, die Tarifgestaltung sei eine Sache der Politik der öffentlichen Hand, dann kann ich dazu nur sagen: Na gute Nacht!

Der Personalabbau in diesem Sektor wird 20 Prozent betragen. Wir werden Beschäftigte verlieren, 12 000 Leute, ein Drittel im Telekom-, zwei Drittel im Postbereich. Das ist die Folge.

Das Kuriosum, Herr Minister, ist, daß das Wachstumsgebiet der Post, nämlich die Herold Verlagsgesellschaft, die mit den gelben Seiten und CD-ROM beachtliche Gewinne erzielt, ausgelagert wurde. Mittlerweile gehört sie der schwedischen Post, die damit große Gewinne macht. Großartig, Herr Minister, wirklich gut gemacht, kann ich nur sagen! Das ist die Wirtschaftspolitik, die wir derzeit bei Ihnen vorfinden.

Aber das ist alles nur ein Scherz im Vergleich zur CA. Die Sozialisten unterschätzen ihren Einfluß auf die Wirtschaft. Die negative Beispielwirkung, die sie mit dieser "Verstaatlichung" respektive "Kommunalisierung" setzen – denn eine Privatisierung ist das nicht –, ist wirklich ein Witz.

Ich kann immer wieder nur sagen, Herr Minister: Die ÖVP hat sich derselben Leute bedient, als es darum gegangen ist, gemeinsam mit dem Nationalrat Helbich und dem Rechtsanwalt Weninger den "Kurier" Raiffeisen zuzuschanzen. Jetzt machen es halt die anderen. Wissen Sie, Beispiel folgt Gegenbeispiel. Jetzt haben Sie dieselben Leute wieder, die dasselbe mit CA und Bank Austria machen.

Das Investitionsklima ist daher verheerend, und ich kann Ihnen nur sagen: Setzen Sie alles daran, daß das nicht stattfindet! Das ist die Nagelprobe. Ansonsten werden Sie mit dem Verkauf der freien Wirtschaft an sozialistische Kreditgeber ganz sicherlich den dritten Platz in diesem Land einnehmen, aber mit großem Abstand hinter uns. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Fekter. – Bitte, Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

11.43

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich erlaube mir, zur Gewerberechtsnovelle einiges zu sagen, die diese Bezeichnung eigentlich nicht verdient – dieser Name ist unglücklich gewählt –, denn das Kernstück dieser Gewerberechtsnovelle 1996 ist die Schaffung des Gewerberegisters. Das heißt, es wird in Hinkunft in Österreich ein zentrales Gewerberegister geben, das beim Wirtschaftsministerium angesiedelt ist, und ein dezentrales Gewerberegister bei den Bezirkshauptmannschaften.

Das ist insofern erfreulich, als sich die Bezirkshauptmannschaften in mittelbarer Bundesverwaltung doch auf eine einheitliche Vorgangsweise in der Erfassung der Daten bezüglich der Gewerbeberechtigungen haben einigen können.

Sie sind untereinander vernetzt, und das zentrale Gewerberegister ist auch mit der Bundespolizei vernetzt. Das heißt, die Bundespolizei kann in Hinkunft Gewerbeberechtigungen, Gewerbedaten in ihre Recherchen mit einbeziehen. Es ist das eine öffentliche Datei, die auch bei den modernen Ermittlungsmethoden in Hinkunft Verwendung finden kann.

Es ist für mich erfreulich, daß die Bundesländer trotz anfänglicher Schwierigkeiten an einem Strang ziehen, und ich gratuliere dem Wirtschaftsministerium, daß dies in langen Verhandlungen geschafft wurde.

Grundsätzlich ist das Gewerberegister öffentlich, und Auskünfte dürfen jedermann erteilt werden. Ausgenommen sind Insolvenzvermerke und Entziehungsgründe; diese dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden.

Die Gewerberechtsnovelle 1996 beinhaltet aber neben dem Gewerberegister auch eine wesentliche Anpassung an das WTO-Abkommen. Das heißt, befugte Ausländer dürfen in Hinkunft


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auch im Inland ihr Gewerbe ausüben, und zwar unter denselben Bedingungen wie Inländer, sofern es sich nicht um gebundene oder bewilligungspflichtige Gewerbe handelt.

Wenn schon das Wort von gebundenen oder bewilligungspflichtigen Gewerben gefallen ist, dann lassen Sie mich einiges zur künftigen Gewerbeordnungsnovelle sagen. Ich gehöre zu denjenigen, die für eine Liberalisierung sind, die dafür sind, daß es möglich sein muß, über den derzeit relativ eng gefaßten Befähigungsrahmen hinaus in nachbarrechtlichen Gefilden zu arbeiten. Ich bin dafür, daß man diese Nachbarrechte entscheidend ausweitet. Ich bin auch dafür, daß man Teilberechtigungen schafft, nämlich dort, wo jemand nicht gleich den gesamten Umfang einer Meisterprüfung für seine selbständige Tätigkeit braucht. Ich bin dafür, daß man sehr nahe Gewerbe zusammenfaßt und die Gewerbeliste insgesamt strafft.

Ich habe aber große Bedenken, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir unter dem Schlagwort "Liberalisierung der Gewerbeordnung" eine der Säulen der Lehrlingsausbildung stark ins Wanken bringen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Wenn eine Künstlerin Seidenmalerei betreibt und aus ihren seidenbemalten Tüchern Blusen näht, braucht sie derzeit eine Schneidermeisterei. Ich bin dafür, daß sie, wenn sie Abnehmer für ihre Kunstwerke oder für ihre Textilien findet, sowohl nähen als auch verkaufen dürfen und sich selbständig am Markt bewegen können soll, ohne daß sie die Meisterprüfung für das Schneiderhandwerk machen muß. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir solche lockeren Zugänge schaffen, dürfen wir es aber nicht gestatten, daß diejenigen, die selber nie das Handwerk gelernt haben, die Lehrlingsausbildung für dieses Handwerk übernehmen. Denn jemand, der selber nie das Schneiderhandwerk gelernt hat, kann natürlich auch keine Schneidermeisterlehrlinge ausbilden. – So weit, so gut, da würden mir viele hier zustimmen.

Nur die Wirkung – mittelfristig gesehen – wird sein, daß wir wahrscheinlich in zehn Jahren nur mehr 20 Prozent Meisterbetriebe haben werden und 80 Prozent andere, freiere Zugänge. Und wer, meine Damen und Herren, bildet dann unsere Lehrlinge aus? – Das heißt, die Lehrlingsausbildung abgekoppelt von einer Liberalisierungsdebatte zu sehen, halte ich für grob fahrlässig. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir müssen, wenn wir die Lehrlingsausbildung ernst nehmen, bei der Liberalisierung der Gewerbeordnung darauf achten, daß nicht Rahmenbedingungen geschaffen werden, die unser exzellentes duales System ins Wanken bringen. Und die Lösung, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann nicht sein, daß anstelle der Ausbildung in Betrieben die jungen Leute alle in zentrale Lehrwerkstätten oder Schulen geschickt werden. Das ist kein richtiger Ansatz. (Beifall bei der ÖVP. )

Das heißt, es ist mir ein besonderes Anliegen, bei der Liberalisierung der Gewerbeordnung, zu der ich mich bekenne, mitzudiskutieren und darauf hinzuweisen, daß wir unser Lehrlingsausbildungssystem in der guten Qualität, wie es derzeit der Fall ist, erhalten sollen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen das Wort. Sie wollen mit 2 Minuten auskommen. Soll ich 2 Minuten einstellen? – Okay.

11.50

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Ich will nicht, ich muß leider mit 2 Minuten auskommen. Die heutige Tagesordnung erlaubt es der Opposition nicht, länger zu sprechen.

Deshalb in aller Kürze: Es wird 1997 eine große Gewerberechtsnovelle geben, wobei ich bereits jetzt begrüße, daß es überhaupt eine Novelle gibt. Ich werde es auch sehr begrüßen, wenn es einen Unterausschuß und eine ordentliche Behandlung dieser wichtigen Materie gibt.


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Wir haben im Ausschuß moniert, daß es uns lieber gewesen wäre, diese jetzigen Regelungen auch mit diesen neuen Novellierungsbedürfnissen zu kombinieren und das insgesamt zu verhandeln. Wir stimmen heute dieser Novelle deshalb nicht zu und hoffen, daß vor allem im Bereich des Anlagenrechts sich weder die Position der Frau Abgeordneten Fekter durchsetzt noch die von vielen anderen, die für eine breite Liberalisierung eintreten und damit wirklich bestehende Nachbarrechte ganz drastisch einschränken wollen. Im ursprünglichen Entwurf gab es diesbezüglich absurde Konstruktionen. Ich hoffe da sehr auf die neuen Vorlagen und daß sich dieses Haus dann wirklich sehr intensiv mit dieser wichtigen Gesetzesmaterie beschäftigt.

Zum zweiten in aller Kürze: Wir haben hier als Grüne vor über einem Jahr einen Entschließungsantrag gestellt, daß bei der nächsten Gewerbeordnungsnovelle die Titel und Funktionsbezeichnungen im Rahmen der Gewerbeordnung geschlechtsspezifisch geregelt werden, sodaß zum Beispiel auch "Tischlermeisterinnen" festgelegt werden. Es ist dies einer der wenigen Entschließungsanträge der Grünen, die hier die Mehrheit bekommen haben – er ist einstimmig verabschiedet worden –, er findet aber leider keinen Niederschlag in dem heute zu beschließenden Gesetz.

Deshalb an die Kolleginnen und Kollegen hier meine erneute Bitte: Nehmen Sie sich selbst ein bißchen ernster! Sie haben dem zugestimmt, und es ist jetzt nicht in der Novelle enthalten, obwohl es einen einstimmig angenommenen Entschließungsantrag mit der Aufforderung an den damaligen Wirtschaftsminister gegeben hat.

Dem jetzigen Wirtschaftsminister überreiche ich diesen Entschließungsantrag mit der Bitte, daß man 1997 wirklich nicht darauf vergessen möge, sondern auch die geschlechtsspezifischen Agenden endlich in das Gesetz integriert. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

11.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte, Herr Abgeordneter. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

11.52

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Ich habe vor einem halben beziehungsweise dreiviertel Jahr versprochen, daß ein Unterausschuß zur Gewerbeordnungsreform eingerichtet werden wird, weil wir uns bemühen wollen, alle Fraktionen dieses Hauses in diese große, wichtige Reform einzubinden. Diesbezüglich stimme ich mit Kollegen Prinzhorn völlig überein. Es geht nicht nur darum, daß wir den Zugang zum Gewerbe erleichtern, es geht nicht nur darum, daß wir neue Wege gehen, sondern es geht auch um die Signalwirkung, daß in Österreich eine völlige Änderung in dem so wichtigen Bereich des Gewerberechts möglich ist.

Das heißt, heute beschließen wir die notwendigen Anpassungen, die sich aufgrund der Bestimmungen der EU und der WTO ergeben. Das ist notwendig, wir hätten das schon vor ein paar Monaten machen sollen, das ist richtig. Wir haben den Unterausschuß beschlossen, der eben eine weitreichende Diskussion ermöglichen soll. Wir werden, damit wir rascher vorankommen – wir haben uns zum Ziel gesetzt, mit 1. Juli diese umfassende Reform der Gewerbeordnung durchzubringen –, zunächst einmal das Anlagenrecht im Unterausschuß bearbeiten.

Bundesminister Farnleitner hat mir zugesagt, daß die neue Fassung der Gewerbeordnung noch vor Weihnachten in Begutachtung gehen wird, sodaß wir damit rechnen können, daß das gesamte Paket "Gewerbeordnung", welches auch das Betriebsanlagenrecht und die Lehrlingsausbildung umfassen soll, spätestens im Feber zur Diskussion stehen wird.

Kollegin Fekter hat die Lehrlingsfrage angesprochen. Dazu kann ich nur sagen: Selbstverständlich, für uns ist das ein Paket – ob es nun das Anlagenrecht betrifft, ob die Gewerbeordnung, ob die Lehrlingsfrage –, das ist ein Gesamtpaket und gehört auch gemeinsam behandelt.

Zusammenfassend: Die heutige Thematik enthält neben der Anpassung die so wichtige Frage des zentralen Gewerberegisters. Das haben wir schon lange beschlossen, jetzt ist es endlich in


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die Phase der Umsetzung eingetreten. Die Detailfragen zum Fremdenverkehrsbereich beziehungsweise Gastwirtschaftsbereich wird noch mein Kollege Kiermaier behandeln.

Insgesamt wurde heute der erste Schritt gesetzt, es wurde sichtbar gemacht, in welche Richtung der Zug in Zukunft fahren wird: Wir wollen bis spätestens 1. Juli nächsten Jahres eine umfassende Reform durchsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Rosenstingl. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

11.55

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann der Frau Kollegin Fekter nur recht geben, wenn sie sagt, diese Gewerbeordnungsnovelle verdient die Bezeichnung gar nicht. Das ist richtig. Ich sehe zwar ein, daß es notwendig ist, die Änderungen im Gewerberegister durchzuführen, daß aber die Chance nicht genutzt wurde, hier eine umfassende Gewerbeordnungsnovelle zu beschließen, zeigt, glaube ich, die säumige Haltung der Regierungsparteien.

Kurz zum Gewerberegister: Ich bin gespannt, ob das – insbesondere im dezentralen Bereich, bei den Bezirksverwaltungsbehörden – wirklich so funktionieren kann, wie es vorgesehen ist. Leider konnte auf meine Frage im Ausschuß, wie diese Datenweitergabe erfolgen wird, wenn das Register bei den einzelnen Bezirkshauptmannschaften noch nicht so eingerichtet ist, keine befriedigende Antwort gegeben werden.

Die wenigen Änderungen in den anderen Bereichen zeigen aber auf, daß es höchste Zeit wäre, wirklich umfassende Änderungen durchzuführen, nämlich den Zugang zum Gewerbe zu erleichtern. Die Bürokratie muß abgebaut werden, die Ausbildung muß verbessert werden, aber es muß gut ausgebildeten Lehrlingen auch die Möglichkeit gegeben werden, sich wirklich selbständig zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Nur das kann eine Gründungswelle in Österreich auslösen, von der alle sprechen, wofür aber die Regierung keine Handlungen setzt.

Ich glaube, die Verschiebung der Diskussion auf das Jahr 1997 ist nicht gut. Ich kann nur hoffen und bitte die Regierungsparteien, daß die Verhandlungen schon im Jänner aufgenommen werden. Arbeiten Sie über Weihnachten, bringen Sie auch Ideen ein, dann können wir im Jänner über eine umfassende Gewerbeordnungsnovelle sprechen. Es wäre im Interesse Österreichs, es wäre im Interesse der österreichischen Wirtschaft, bereits im Jänner umfassende Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.57

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Gerne stimmen wir Liberalen der Gewerberechtsnovelle 1996 zu, weil wir sie für einen notwendigen Schritt zur Verbesserung des Gewerberegisters in Richtung EU-Anpassungen halten, aber, Herr Bundesminister, es ist sicherlich nicht die große Novelle.

Wir haben einen Unterausschuß gegründet. Die Frau Vorsitzende hat uns versprochen, ihn baldmöglichst zu konstituieren, und wir sehen konstruktiven und intensiven Beratungen in diesem Unterausschuß mit Freude entgegen.

Frau Dr. Fekter! Sie sind einem klassischen Irrtum aufgesessen. Mich drückt die Frage der Lehrlingsausbildung genauso wie Sie, nur ist es ein Irrtum, zu meinen, daß man nicht die Gewerbeordnung liberalisieren und gleichzeitig die Meisterprüfung als Voraussetzung für die Ausbildung aufrechterhalten könne. Was tun heutzutage zukunftsträchtige, kreative Unternehmer? – Sie schulen sich laufend weiter, und ich glaube, in einer liberalisierten Gewerbeordnung wird der Begriff "Meisterbetrieb" ein Marktvorteil dem Kunden gegenüber sein.


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Es geht nicht darum, die Meisterprüfung abzuschaffen. Es geht darum, ihr die zwangsweise Voraussetzung zum Gewerbeantritt zu nehmen, sie bleibt jedoch eine wünschenswerte Weiter- und Fortbildung nicht nur in der Qualität der Dienstleistung am Kunden, sondern auch in der der Lehrlingsausbildung.

In der Lehrlingsausbildung selbst werden wir nur dann einen Schritt weiterkommen, wenn wir den Mut haben, die Zeit, während der der Lehrling im Betrieb ist, und die Schulzeit zu entkoppeln und zu sagen, die Schulzeit des Lehrlings ist ein Teil der sekundären Bildungsstufe.

Darüber sollten die Koalitionsparteien Verhandlungen aufnehmen. Wir sind gerne bereit, in dieser Richtung mitzuarbeiten, denn so, wie die Lehrlingsausbildung heute läuft, wird sie sich weiter reduzieren, und ich bedaure das, weil das auch ein großes Problem hinsichtlich der Jugendarbeitslosigkeit ist.

Zum Schutzzertifikatsgesetz gibt es wenig zu sagen. Wir werden zustimmen. Der Antrag des Herrn Abgeordneten Prinzhorn wurde im Ausschuß von ihm selbst geringfügig abgeändert. Wir glauben, ihm zustimmen zu können, weil wir meinen, daß dieser Antrag von Herrn Prinzhorn aus Sorge um den wirtschaftlichen Rückfall Österreichs gestellt wurde.

Meine Damen und Herren! Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß wir, was das Wirtschaftswachstum betrifft, an letzter Stelle der Europäischen Union stehen. Wir sollten aufhören, die Realität nicht zur Kenntnis zu nehmen. Wir haben alle Probleme, aber auch alle Chancen dieser Welt, der Wandel der Märkte ist jedoch schneller als der Wandel unserer Reformen. Und das macht betroffen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Haigermoser. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

12.00

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Helmut Peter hat jetzt den Antrag Prinzhorn ins Gespräch gebracht. Ich meine, es ist wichtig, in dieser Richtung nachzudenken, denn die wirtschaftspolitischen Zahlen sprechen ja Bände, nämlich dergestalt, daß zum Beispiel das Handelsbilanzdefizit der ersten drei Quartale des laufenden Jahres 57,3 Milliarden beträgt, also eine – unter Anführungszeichen – "ordentliche" Zahl. Da müßten die Alarmglocken schrillen.

Darüber hinaus ist anzumerken, daß ein schwindendes Vertrauen der österreichischen Bürger in den Wirtschaftsstandort Österreich festzustellen ist, denn der Überschuß in der Kapitalverkehrsbilanz hat sich von 37, 7 Milliarden im Vorjahr deutlich auf 32,8 Milliarden verringert. Das ist eine Folge davon, daß die Österreicher ihre Käufe langfristiger ausländischer Wertpapiere verdreifacht haben. Das heißt, es ist eine Fluchtbewegung vom Wirtschaftsstandort Österreich in das Ausland feststellbar, und damit wird auch signalisiert, daß sich der schleichende Krebsgang der österreichischen Wirtschaft durchgesprochen hat.

Meine Damen und Herren! Das sind jetzt nicht die bösartigen Feststellungen der Opposition, sondern in einem der seriösesten ausländischen Printmedien, in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 2. Dezember 1996, wird unter dem Titel: "In Österreich zeigt sich die Wirtschaftslage unerfreulich" festgestellt: Schleppende Konjunktur und aufgestauter Reformbedarf – Stichwort Gewerbeordnung –, das Ende der Gemütlichkeit.

Dieses Ende der Gemütlichkeit hat sich leider Gottes noch nicht überall herumgesprochen, interessanterweise ist man in der Sozialpartnerschaft wieder auf Geldsuche, man will neue Belastungen erfinden. Kein Geringerer als der Sozialversicherungspräsident Leutner sagt zum Beispiel im Streit um die Chipkartenfinanzierung: Betriebe sollen zahlen. – Das ist eine einfache Rechnung, die Betriebe sollen zahlen, damit ist das Problem gelöst. – Mitnichten, meine Damen und Herren! Das Problem ist nicht gelöst.


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Das ist diese alte sozialpartnerschaftliche Vorgangsweise, die sich ausdrückt, indem man sagt: Na ja, irgendwer wird schon zahlen, wir werden dann das Geld ausgeben. Das heißt, mit dieser heutigen Vorgangsweise schafft man keine Arbeitsplätze, sondern man vernichtet diese nur. Daher sollte man, bevor man über neue Belastungen nachdenkt, zum Beispiel die Zusammenlegung der 28 Sozialversicherungsträger vornehmen, um entsprechend zu rationalisieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vielleicht zu guter Letzt noch aus diesem Artikel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zitiert, der von außen gesehen eine Fundgrube betreffend die Situation der österreichischen Wirtschaft und der Sozialpartnerschaft ist. Ich zitiere wörtlich: Der nahtlos aus dem Ständestaat der Vorkriegszeit hervorgegangene österreichische Kammerstaat mit seiner Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer hat zum Wiederaufbau beigetragen und lange den sozialen Frieden garantiert. – So weit, so gut. Doch: Heute sind die beiden Kammern verkrustet, unfähig, ihre vielseitigen Interessen zum Wohle des Landes unter einen Hut zu bringen. Spötter nennen sie daher Bleikammern, Herr Kollege – in Anspielung auf die nicht gerade gesundheitsförderlichen Bleikammern im einstigen Venedig unter den Dogen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) In diesem Satz ist alles drinnen.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" richtet Ihnen das aus, und Sie stecken den Kopf in den Sand und fragen: Ja dürfen’s denn das überhaupt? (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Meine Damen und Herren, ich darf also aus diesem Behufe schließen, in Österreich bewegen sich die Dinge derzeit in Gletschergeschwindigkeit, Herr Kollege Parnigoni. Doch die internationalen Konzerne und der globale Markt werden sich um die Ängste österreichischer Kämmerer oder Politiker wenig scheren. Das Ende der Gemütlichkeit ist angesagt.

Wachen Sie also endlich auf, stimmen Sie dem Antrag der Freiheitlichen zu, in welchem die Sorge um den Wirtschaftsstandort Österreich zum Ausdruck gebracht wird und welcher glaubwürdige Inhalte zur Verbesserung der Situation in Österreich beinhaltet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Kiermaier. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Gleichfalls 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

12.04

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin nicht der Meinung, daß diese Gewerberechtsnovelle nicht den Anforderungen entspricht beziehungsweise nicht notwendig ist. Sie ist zumindest ein wichtiges Detail.

Herr Kollege Rosenstingl! Ich möchte zum Ausbau der zentralen und dezentralen Gewerberegister kurz etwas sagen. Sie haben die Befürchtung geäußert, die ich auch geteilt habe, daß die Register eigentlich nicht vorhanden sind. Ich habe soeben mit meinem Bezirkshauptmann in Amstetten telefoniert, der hat mir gesagt, daß in Niederösterreich das Gewerberegister bereits in allen Bezirkshauptmannschaften flächendeckend funktioniert. Das war für mich auch interessant, ich möchte es auf diesem Wege Ihnen auch sagen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gewerberegister ist wichtig, denn wenn man im Betrieb arbeitet, wenn man Ausschreibungen macht, wenn man geschäftliche Verbindungen eingeht, soll man ja wissen, mit wem man es zu tun hat. Irgendwelche Gaukler oder unseriöse Kollegen werden damit mehr oder weniger entlarvt, und man weiß, daß man kein unnötiges Risiko eingeht. Aus diesem Grund sehe ich das sehr positiv.

Noch eine wichtige Sache: die Erleichterung bei der Übergabe von Betrieben an die Nachfolger. Sehr oft gibt es da – auch im Tourismus – große Probleme, da junge Unternehmer eine Last auferlegt bekommen, die sie einfach nicht tragen können. Da oft in den Betrieben schon lange nichts mehr gemacht wurde, müßte in vielen Fällen in einer Größenordnung investiert werden, die für viele Jungunternehmer uninteressant ist. Sie lehnen das Angebot des Vaters dankend ab


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und sagen: Danke schön, das tue ich mir nicht an. Den Betrieb kannst du verkaufen oder behalten, ich übernehme ihn nicht.

Es gab auch oft die Situation, daß junge Sachverständige bei der Bezirkshauptmannschaft oder beim Magistrat tätig geworden sind, die sich einfach nicht um die Finanzierung gekümmert haben: 17, 18, 20 Punkte Auflagen quer durch die Palette, egal, was es kostet – das haben sich natürlich viele junge Leute nicht mehr angetan. Daher ist es wichtig, daß man da dementsprechend agiert.

Es ist jetzt möglich, daß der Betrieb einmal übernommen werden kann, daß die sogenannte Eignungsfeststellung später und human erfolgt, daß man die Punktation so macht, daß der Jungunternehmer einmal einen Teil dieser Auflagen erfüllen kann, was auch kostenmäßig vertretbar ist, und dann erst später die wirklich kostenintensiven Dinge erledigen muß. Ich glaube, diese Toleranz der Behörden, der Magistrate, der Bezirkshauptmannschaften ist wichtig.

War es bis jetzt zum Großteil eine Goodwill-Sache, war man auf die Art und Weise angewiesen, wie der jeweilige Beamte agiert hat, so ist es jetzt mehr oder weniger niedergeschrieben. Damit haben wir eine Garantie, daß die Betriebe dadurch erhalten werden, was nicht unwesentlich ist, denn dadurch können auch die Arbeitsplätze weiter gesichert werden. Daher ist das sicherlich eine notwendige Korrektur.

Daher glaube ich, daß diese Novelle nicht unnötig war, wobei ich festhalten möchte, daß die wirklich große Novelle erst kommen muß. Für diese werden wir uns sehr anstrengen, und wir freuen uns schon, wenn sie dementsprechend aktiv wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die nächste Wortmeldung ist von Frau Abgeordneter Rossmann. – Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten.

12.08

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! – Herr Bundesminister, ich trage Ihnen eine alltägliche Situation eines Unternehmers in Österreich vor:

Herr Christian H. hat von seinen Eltern einen Gasthof geerbt, der schon 150 Jahre in Familienbesitz ist. Mit viel Schwung und Elan baute der Jungwirt um, modernisierte seinen Betrieb. Abgesehen von den Strafen, die er zahlen mußte, verdonnerte ihn die Gemeinde zu einem neuen Betriebsgenehmigungsverfahren, das sich mittlerweile schon über ein Jahr hinzieht. Darauf sagt der arme, geplagte Unternehmer: Da vergeht dir alles, da verlierst du eigentlich jegliche Lust, etwas zu unternehmen. Christian H. überlegt, zu verkaufen und ins Ausland zu gehen. Was glauben Sie, was er im Ausland machen will? – Er sucht sich eine Stelle als Koch oder Kellner.

Herr Minister! Sie kennen das, das ist die alltägliche Situation in Österreich, wenn Betriebe übernommen werden – ob das jetzt den eigenen Familienbetrieb betrifft oder Betriebe anderer Unternehmer.

Deshalb gab es viele Intentionen auch von seiten der ÖVP in Richtung Bürokratieabbau, auch von Ihren Vorgängern, um endlich eine Vereinfachung des Betriebsanlagenverfahrens zu schaffen, um endlich dem neuen Unternehmer bei Betriebsübernahme einen möglichst unbürokratischen Zugang zu einem neuen Betrieb zu gewährleisten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es herrscht eine ständige Unsicherheit in rechtlichen und finanziellen Fragen, es ist jeglicher behördlicher Willkür Tür und Tor geöffnet, jeglicher behördlicher Willkür in bezug auf Behinderung wird Vorschub geleistet.

Ein Unternehmer will investieren – und er wird nur behindert. Er wird bei der Investition behindert, er wird bei der Innovation behindert, und er wird daran gehindert, neue Arbeitsplätze zu schaffen, er wird auch daran gehindert, Arbeitsplätze wenigstens zu erhalten, denn durch neue


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Investitionen kann man Arbeitsplätze erhalten. Um anscheinend dem Unternehmer das Leben möglichst zu erschweren, gibt es in Österreich diese unsinnigen Betriebsanlagenverfahren.

Herr Minister, es war wirklich von Ihrer Seite bei diversen Veranstaltungen immer wieder zu hören: Da muß unbürokratisch vorgegangen werden, da muß es eine Lösung geben. Aber was jetzt passiert, ist keine Lösung. Kollegin Fekter hat es wörtlich als Fragment bezeichnet, als Notlösung, und nichts anderes ist es. Ich sage, das ist nicht einmal ein Fragment, das ist eine reine Scheinlösung, um den Unternehmern irgend etwas zu präsentieren und zu sagen: Seht her, da gibt es jetzt eine Erleichterung. Diese sieht so aus, daß bei Anmeldung des Gewerbes das Betriebsanlagenverfahren noch nicht abgeschlossen sein muß. Dieses "noch nicht" beinhaltet, daß in Zukunft die Bürokratie noch leichter arbeiten wird, weil es heißt ja "noch nicht", das heißt, er kann aufsperren, und später können ihm dann finanzielle Auflagen und sonstige Schikanen aufgebürdet werden.

Das heißt, die Rechtsunsicherheit hat sich auch in finanzieller Hinsicht noch verschlimmert. Deshalb bringen wir nochmals den Abänderungsantrag ein, ich habe ihn im Ausschuß bereits eingebracht, er wurde mit Koalitionsmehrheit niedergeschmettert. Ich werde aber nicht müde werden, ihn immer wieder einzubringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Rossmann, Haigermoser, Dipl.-Ing. Prinzhorn und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Firmenbuchgesetz geändert werden (47 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (529 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Dem § 153 wird folgender Abs. 5 angefügt:

,(5) Die für die Führung eines Gastgewerbebetriebes erforderliche Genehmigung der Betriebsanlage nach § 174 muß bei Anmeldung des Gewerbes nicht vorliegen, wenn für diesen Standort während der letzten drei Jahre vor der Gewerbeanmeldung eine Gewerbeberechtigung überwiegend bestanden hat, die der angemeldeten entspricht.’"

*****

Ich ersuche Sie, Herr Minister, das weiter im Auge zu behalten. Wir setzen Hoffnung in Sie, daß es vielleicht in Zukunft doch noch zu einer wirklichen Lösung und nicht nur zu einem Fragment kommt. Ich werde Sie immer wieder daran erinnern, wie geplagt die Unternehmer in diesem Österreich sind, und ich werde Sie auch daran erinnern und Ihnen die Liste heute noch vorlegen, wie viele Unternehmer bereits in Konkurs gegangen sind oder aus Österreich abwandern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von der Frau Abgeordneten Rossmann vorgetragene Abänderungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Zu Wort ist nunmehr Abgeordneter Mag. Barmüller gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.13

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein Aspekt, der bei dem einheitlichen Gewerberegister von der Frau Abgeordneten Fekter genannt worden ist, ist nur so en passant hier vorgekommen, und mich wundert, daß bei all diesen Maßnahmen nicht auch klar hervorgehoben wird, daß es in Wahrheit schon Vorleistungen für alle neuen Ermittlungsmethoden und insbesondere für die Rasterfahndung sind. Es wird ein großes Augenmerk darauf zu richten sein, inwieweit die


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Österreicherinnen und Österreicher in Zukunft in einem elektronischen Netz mit all ihren Eigenschaften oder Uneigenschaften registriert sein werden, um sie nur möglichst gut diesen elektronischen Mitteln unterwerfen zu können. (Abg. Dr. Fekter: Die Geschäfte der Mafia müssen wir aber schon kennen!) – Ja, ich weiß, Frau Abgeordnete: Die Geschäfte der Mafia müssen Sie kennen, und die werden dann im Gewerberegister drinstehen, nicht wahr? Dort werden Sie sie dann abfragen. Ich glaube, das ist etwas realitätsfremd. Da werden Sie mir zustimmen. (Abg. Dr. Fekter: Oder die Geschäftsführer!)

Frau Abgeordnete! Mir geht es angesichts der kurzen Redezeit, die uns allen zur Verfügung steht, vor allem darum, aufzuzeigen, welcher Wildwuchs mittlerweile im Verwaltungsbereich besteht. Denn daß Sie, Frau Abgeordnete Fekter, es so loben, daß man sich einigen konnte, wie man in Zukunft die Daten erfaßt, daß man sie einheitlich erfassen wird, zeigt doch, wie viel an Reibungsverlusten im konkreten verwaltungstechnischen Ablauf bei solchen Verfahren gegeben ist.

Daß Sie, Herr Abgeordneter Kiermaier, gesagt haben: Wunderbar, in Niederösterreich funktioniert das elektronische Gewerberegister schon flächendeckend!, das macht mir eher Sorge: Daß in Niederösterreich einiges ohne gesetzliche Grundlage läuft, war mir bekannt, daß aber bisher ein solches elektronisches Gewerberegister noch nicht beschlossen ist, offenbar bei Ihnen in Niederösterreich jedoch schon flächendeckend funktioniert, zeigt, wie stark sich der Wildwuchs bereits ausgebreitet hat und wie wenig im Bereich der Verwaltung aufgrund der Gesetze agiert wird. – Und das ist aber immer noch etwas, was bei uns in der Verfassung verlangt wird.

Es ist anscheinend so, daß hier im Hause die Entwicklungen völlig verschlafen werden und daß man sich in den Verwaltungsbehörden gar nicht mehr anders zu helfen weiß, als ohne Beachtung der Gesetze Maßnahmen zu ergreifen, da das Ganze sonst nicht mehr administrierbar wäre. Ich glaube, daß das der wesentliche Aspekt ist, und ich meine, daß es eine Verantwortung ist, die den Koalitionsparteien angelastet werden muß. Denn wenn Sie sich anschauen, wie viel an Zeit bei den Verfahren allein dadurch aufgeht, daß etwa nicht alle Unterlagen vorgelegt werden – es gibt von den Behörden keine Checklisten, was denn bei den einzelnen Verfahren vorzulegen ist –, dann wird klar, daß sehr wohl im gesetzlichen Bereich Maßnahmen ergriffen werden müssen, aber auf der anderen Seite ein modernes Verfahrenmanagement in Österreich einfach nicht betrieben wird.

Es gibt rühmliche Ausnahmen: Vorarlberg, Salzburg, ich nenne auch ganz konkret die Stadt Linz. Man hat sich darüber Gedanken gemacht und war in der Lage, die Bewilligungszeiten, die Verfahrenszeiten sehr stark zu reduzieren. Wir müssen uns überlegen, ob es in Zukunft bei solchen Anlagegenehmigungen nicht Leitverfahren geben soll, etwa auf das Baurecht oder auf das Wasserrecht bezogen. Das wären Möglichkeiten, um die Verfahren wirklich stark zu verkürzen, und dann, Herr Bundesminister – und das ist mein eigentlicher Punkt in diesem Zusammenhang –, ist es gar nicht notwendig, so tiefgehende Eingriffe ins Nachbarrecht und beim Umweltschutz zu machen wie mit dieser Novelle, die für das nächste Frühjahr geplant ist, weil nämlich die Reibungsverluste in der konkreten Abwicklung der Verfahren ganz, ganz gravierend sind. Das ist leicht abzustellen, man muß aber auch das Augenmerk darauf richten.

Mir, meine Damen und Herren, ist das vor allem deshalb wichtig, weil ich meine, wir müssen uns in Zukunft auch überlegen, ob das Baurecht nicht aus dem Bereich der Gemeinden herausgelöst und den Bezirksverwaltungsbehörden untergeordnet werden kann. Das ist eine Idee, die diskutiert werden muß. Sie wissen, in Vorarlberg ist das bereits so, in Salzburg auch. Es ist durchaus möglich, wesentlich stärker auf diese Aspekte Rücksicht zu nehmen und damit die Bewilligungszeiten zu kürzen.

Ich meine, daß durch ein Verfahrensmanagement die Gelegenheit für die Behörde nach wie vor gegeben sein wird, daß sie einen Interessenausgleich in diesen Betriebsanlagenverfahren wirklich gewährleisten kann. Das ist auch notwendig, wenn man nicht dann irgendwelche außerrechtlichen Instrumente haben will, mit denen Betriebsgründungen oder Umbaumaßnahmen blockiert werden.


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Wenn die Gewerberechtsnovelle dahin geht, daß den Behörden die Möglichkeit genommen wird, Interessenausgleich zu betreiben, dann ist sie der falsche Weg. Ich bitte, das bei den Diskussionen zu berücksichtigen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr hat sich Herr Bundesminister Dr. Farnleitner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

12.18

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Zu den im Zusammenhang mit der Vorgangsweise der kommenden neuen Gewerbeordnung aufgeworfenen Fragen: Es wird im nächsten Ministerrat der Entwurf eines neuen Betriebsanlagenrechtes behandelt und dem Hohen Haus zugeleitet werden. In der Frage Gewerbeordnung selbst, was den weiteren Bereich betrifft, wird es noch vor Weihnachten zu einem Begutachtungsverfahren kommen.

Zu den Fragen, die die Abgeordneten Kiermaier und Rossmann aufgeworfen haben, darf ich vorgreifend darauf verweisen, daß in dieser Novelle festgestellt wird, daß Gastgewerbekonzessionen, die aufgrund der alten Konzessionsprüfung erworben wurden, keine Neuverfahren brauchen, und zweitens, daß bei allfällig notwendig gewordenen Investitionen eine Übergangsregelung von bis zu fünf Jahren vorgesehen werden kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen .

Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen über die Ausschußanträge getrennt ab.

Zuerst stimmen wir ab über den Entwurf betreffend Gewerberechtsnovelle 1996 samt Titel und Eingang in 47 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Rossmann, Haigermoser, Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht. Ferner hat der Abgeordnete Dipl.-Ing. Prinzhorn ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich Artikel I Z 41 gestellt.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag beziehungsweise vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Rossmann, Haigermoser, Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Z 23 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über Artikel I Z 23 in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Diese Gesetzesstelle ist in der Fassung der Regierungsvorlage mit Mehrheit beschlossen worden.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Artikel I Z 41 in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Artikel I Z 41 in der Fassung der Regierungsvorlage ist mit Mehrheit angenommen worden.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist mit Mehrheit angenommen worden.


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Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung stimmen, dies durch ein Zeichen kundzutun. – Dieser Entwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Schutzzertifikatsgesetz 1996 samt Titel und Eingang in 335 der Beilagen.

Wer für diesen Entwurf ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Dieser Entwurf ist einstimmig angenommen worden.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung für diesen Entwurf ist, möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen worden.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 535 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Die Kenntnisnahme ist mit Mehrheit erfolgt. Mehrheitlich angenommen.

6. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (324 der Beilagen): Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 (524 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (346 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (525 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (366 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird (526 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (367 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird (527 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 6 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet, sodaß wir sogleich in die Debatte eingehen.

Ich erteile als erster Rednerin der Frau Abgeordneten Tichy-Schreder das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.23

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei diesen Regierungsvorlagen geht es um Versorgungssiche


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rungsgesetze, die wir immer auf zwei Jahre befristen und die wieder einer Verlängerung um zwei Jahre bedürfen.

Wir hatten im Ausschuß eine Diskussion darüber, ob es notwendig ist, Lenkungsmaßnahmen für Krisenfälle – um diese geht es – in diesem Ausmaß zu normieren. Der Herr Bundesminister war bereit, im kommenden Jahr ein Gespräch mit allen Fraktionsvorsitzenden darüber zu führen, wie wir diese Gesetze in Zukunft gestalten sollen.

Meine Damen und Herren! Der Grund für meine heutige Wortmeldung liegt darin, daß wir ein Bundesverfassungsgesetz verabschiedet haben, in dem es neue Normierungen gibt, und dieses Bundesverfassungsgesetz hat auch Auswirkungen auf die vorliegenden Lenkungsgesetze.

Aus diesem Grund bringe ich drei Abänderungsanträge ein. Es geht nämlich darum, daß bestimmte Teile des Gesetzes, die unter "Verfassungsbestimmung" gestanden sind, jetzt nicht mehr unter "Verfassungsbestimmung" stehen. Sehr wohl bleibt aber eine Verfassungsbestimmung erhalten. Im Rahmen der Novelle des Bundes-Verfassungsgesetzes hat aber der Hauptausschuß eine neue Bedeutung bekommen, und dies wurde in anderen Artikeln hier eingefügt.

Das konnten wir auch im Ausschuß nicht behandeln, da zum Zeitpunkt der Ausschußsitzung das Bundesverfassungsgesetz noch nicht verabschiedet war. Daher bringe ich es hier zur zweiten Lesung ein.

Der erste Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Kollegen zum Bericht des Wirtschaftsausschusses (524 der Beilagen) betreffend die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Produktion und der Versorgung mit Lebensmitteln (Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997) (324 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Art. I lautet:

"Artikel I

(Verfassungsbestimmung)

(1) Die Erlassung und Aufhebung von Vorschriften, wie sie im Art. II dieses Gesetzes enthalten sind, sowie die Vollziehung dieser Vorschriften sind bis zum Ablauf des 31. Dezember 1998 auch in den Belangen Bundessache, hinsichtlich derer das Bundes-Verfassungsgesetz etwas anderes vorsieht. Die in diesen Vorschriften geregelten Angelegenheiten können unmittelbar von Bundesbehörden versehen werden.

(2) Dieser Artikel tritt mit 1. Jänner 1997 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft.

(3) Mit der Vollziehung dieses Artikels ist die Bundesregierung betraut."

2. In Art. II werden dem § 1 folgende Abs. 4 und 5 angefügt:

"(4) Verordnungen gemäß Abs. 1 und 2 bedürfen, soweit derartige Verordnungen nicht ausschließlich die gänzliche oder teilweise Aufhebung von Lenkungsmaßnahmen zum Gegenstand haben, der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates.

(5) Bei Gefahr im Verzug sind Verordnungen, die der Zustimmung des Hauptausschusses nach Abs. 4 bedürfen, gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung der Zustimmung des Hauptausschus


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ses des Nationalrates zu erlassen. Verordnungen, deren Erlassung die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates nicht vorangegangen ist, sind unverzüglich aufzuheben, wenn der Hauptausschuß des Nationalrates ihrer Erlassung nicht oder nicht innerhalb der dem Einlangen des Antrages folgenden Woche zustimmt."

3. In Art. II wird vor § 23 folgende Überschrift eingefügt:

"Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes"

*****

Der zweite Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Kollegen zum Bericht des Wirtschaftsausschusses (525 der Beilagen) betreffend die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (346 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In Z 1 lautet Art. I:

"Artikel I

(Verfassungsbestimmung)

(1) Die Erlassung und Aufhebung von Vorschriften, wie sie im Art. II des Versorgungssicherungsgesetzes – VerssG 1992, BGBl. Nr. 380/1992, und in den Z 2 bis 8 des Bundesgesetzes, mit dem das VerssG 1992 geändert wird, BGBl. Nr. 836/1995, enthalten sind, sowie die Vollziehung dieser Vorschriften sind bis zum Ablauf des 31. Dezember 1998 auch in den Belangen Bundessache, hinsichtlich derer das Bundes-Verfassungsgesetz etwas anderes vorsieht. Die in diesen Vorschriften geregelten Angelegenheiten können – unbeschadet der Stellung des Landeshauptmannes gemäß Art. 102 Abs. 1 B-VG – nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 von Einrichtungen der gesetzlichen Interessenvertretungen und nach Maßgabe des § 5 Abs.1 von juristischen Personen im übertragenen Wirkungsbereich als Bundesbehörden unmittelbar versehen werden.

(2) Dieser Artikel tritt mit 1. Jänner 1997 in Kraft.

(3) Mit der Vollziehung dieses Artikels ist die Bundesregierung betraut."

2. Nach Z 1 wird als neue Z 2 eingefügt:

"2. Dem § 1 werden folgende Abs. 4 und 5 angefügt:

(4) Verordnungen gemäß Abs. 1 und 2 bedürfen, soweit derartige Verordnungen nicht ausschließlich die gänzliche oder teilweise Aufhebung von Lenkungsmaßnahmen zum Gegenstand haben, der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates.

(5) Bei Gefahr im Verzug sind Verordnungen, die der Zustimmung des Hauptausschusses nach Abs. 4 bedürfen, gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates zu erlassen. Verordnungen, deren Erlassung die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates nicht vorangegangen ist, sind unverzüglich aufzuheben, wenn der Hauptausschuß des Nationalrates ihrer Erlassung nicht oder nicht innerhalb der dem Einlangen des Antrages folgenden Woche zustimmt."

3. die bisherigen Z 2 bis 4 werden als Z 3 bis 5 bezeichnet.

*****


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52. Sitzung / Seite 71

Der dritte Abänderungsantrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Kurt Heindl und Kollegen zum Bericht des Wirtschaftsausschusses (526 der Beilagen) betreffend die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird (366 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Die Z 1 lautet:

"1. (Verfassungsbestimmung) Art. I lautet:

"Artikel I

(Verfassungsbestimmung)

(1) Die Erlassung und Aufhebung von Vorschriften, wie sie im Art. II des Energielenkungsgesetzes 1982, BGBl. Nr. 545, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 267/1984, BGBl. Nr. 336/1988, BGBl. Nr. 382/1992 und BGBl. Nr. 834/1995 und der Z 1a bis 8 des Bundesgesetzes, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird, BGBl. Nr. xxx/1996, enthalten sind, sowie die Vollziehung dieser Vorschriften sind bis zum Ablauf des 31. Dezember 1998 auch in den Belangen Bundessache, hinsichtlich derer das Bundes-Verfassungsgesetz etwas anderes vorsieht. Die in diesen Vorschriften geregelten Angelegenheiten können – unbeschadet der Stellung des Landeshauptmannes gemäß Art. 102 Abs. 1 B-VG – nach Maßgabe des § 9 von Einrichtungen der gesetzlichen Interessenvertretungen im übertragenen Wirkungsbereich und nach Maßgabe des § 15 von Landeslastverteilern als Bundesbehörden unmittelbar versehen werden.

(2) Dieser Artikel tritt mit 1. Jänner 1997 in Kraft.

(3) Mit der Vollziehung dieses Artikels ist die Bundesregierung betraut."

2. Als Z 1a wird eingefügt:

"1a. Art. II § 2 Abs. 1 bis 3 lauten:

,§ 2. (1) Lenkungsmaßnahmen sind durch Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vorzusehen. Solche Verordnungen bedürfen, soweit derartige Verordnungen nicht ausschließlich die gänzliche oder teilweise Aufhebung von Lenkungsmaßnahmen zum Gegenstand haben, der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates. Die Verordnungen haben jedenfalls getrennt für Lenkungsmaßnahmen für Energieträger und für Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Elektrizitätsversorgung zu ergehen.

(2) Bei Gefahr im Verzug sind Verordnungen, die der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates bedürfen, gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates zu erlassen. Verordnungen, deren Erlassung die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates nicht vorangegangen ist, sind unverzüglich aufzuheben, wenn der Hauptausschuß des Nationalrates ihrer Erlassung nicht oder nicht innerhalb der dem Einlangen des Antrages folgenden Woche zustimmt.

(3) Lenkungsmaßnahmen dürfen nur für die Dauer von sechs Monaten ergriffen werden. Im Fall einer bereits eingetretenen Störung der Energieversorgung ist eine Verlängerung über die Dauer von sechs Monaten mit Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates möglich. Nach Wegfall der sie begründenden Umstände sind die Verordnungen unverzüglich aufzuheben.’"


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52. Sitzung / Seite 72

3. Als Z 6a wird eingefügt:

"6a. Art. II § 34 Abs. 2 Z 1 entfällt."

*****

Meine Damen und Herren! Der Hauptausschuß wird aufgewertet, und ich ersuche, diesen Abänderungsanträgen die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Alle drei Abänderungsanträge, die Frau Abgeordnete Tichy-Schreder zur Gänze verlesen hat, tragen die erforderliche Zahl von Unterschriften und werden in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Wallner. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

12.33

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Wirtschaftslenkungsgesetze stehen auf unserer heutigen Tagesordnung. Man könnte die Frage stellen, welchen Sinn diese Wirtschaftslenkungsgesetze haben. Der Sinn all dieser Gesetze ist es, für den Ernstfall, für den Krisenfall vorbereitet zu sein. Nun könnte man sich fragen: Welcher Krisenfall könnte in Österreich, das seit geraumer Zeit der Europäischen Union angehört, schon eintreten? – Dazu muß ich sagen, es gibt auch in der jüngsten Vergangenheit einige Beispiele, anhand derer man sehen kann, wie wichtig diese Wirtschaftslenkungsgesetze im Ernstfall, im Krisenfall sein können. Denken wir zum Beispiel an den Reaktorunfall in Tschernobyl im Jahr 1986!

Es gibt auch Atomkraftwerke an Österreichs Grenzen, in Slowenien, in der Slowakei und in Tschechien. Wenn es dort zu einem ähnlichen Reaktorunfall käme, dann hätte das fatale Folgen für die österreichische Landwirtschaft und überdies auch für die europäische Landwirtschaft. In solchen Fällen braucht man ein Wirtschaftslenkungsgesetz, nämlich das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz.

Oder: Denken wir an den Ölpreisschock der siebziger Jahre oder an die Krise im benachbarten ehemaligen Jugoslawien, wo es auch einige Tage nach Ausbruch des Krieges so ausgesehen hat, als ob dieser Konflikt auf österreichisches Hoheitsgebiet überschwappen könnte.

Welche Wirtschaftslenkungsgesetze gibt es? – Es gibt das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz, das Energielenkungsgesetz, das Versorgungssicherungsgesetz und das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz.

Kurz zum Erdöl-Bevorratungsgesetz aus 1982. Dies ist ein Ausführungsgesetz des IEP-Übereinkommens, das Österreich verpflichtet, Erdölreserven in dem Umfang anzulegen, daß ein Auskommen von mindestens 90 Tagen ohne Ölimport gesichert ist. Zu diesem Zweck werden alle Importeure von Erdöl und Erdölprodukten zur Haltung von Reserven im Ausmaß von 25 Prozent des Vorjahrsimportes verpflichtet.

In der Praxis hat man gesehen, daß diese Bevorratung natürlich zu hohen Kosten für die Importeure führt. Viele Importeure haben daher versucht, diese Bestimmungen zu umgehen. Die hier vorliegende Novelle sieht eine Reparatur dieser Schlupflöcher vor.

Natürlich ist es mit Kosten verbunden, wenn man so umfangreiche Reserven lagern muß. Denken wir etwa an die Lagerkosten. Im Winter muß das Erdöl zum Beispiel erwärmt werden, es muß ständig in Bewegung gehalten und umgerührt werden. In diesem Fall ist eine Novellierung notwendig, damit keine Umgehung mehr möglich ist.

Ganz kurz noch zum Versorgungssicherungsgesetz: Es ist interessant, welche Bereiche im genannten Krisenfall davon betroffen wären: zum Beispiel Tabak, mineralische Stoffe, Erzeugnisse der chemischen Industrie, Kunststoffe, Häute und Felle jeder Art. 


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52. Sitzung / Seite 73

Zum Energielenkungsgesetz: Davon sind natürlich Erdöl, gasförmige und feste Brennstoffe und Strom betroffen.

Zum Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz: Davon sind vor allen Dingen Lebensmittel, aber auch Trinkwasser, Tiere, die man zu Lebensmitteln verarbeiten kann, Düngemittel, Pflanzenschutzmittel und vieles andere mehr betroffen.

Ich glaube, daß diese Wirtschaftslenkungsgesetze sehr wichtig für unser Land sind, daher sind eine Verlängerung und Novellierung unbedingt notwendig. Ich wünsche uns allen und der Bevölkerung, daß der Fall, daß wir diese Gesetze brauchen, niemals eintreten wird! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

12.37

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Vorgangsweise der Einbringung dreier Abänderungsanträge, die jetzt knapp zu Beginn dieser Besprechung erfolgt ist, zeigt sehr deutlich auf, was man vom Parlamentarismus hier im Hohen Hause halten muß.

Im Ausschuß wurde klar festgehalten, daß wir – da die jetzigen Wirtschaftslenkungsgesetze überholt und nicht mehr brauchbar sind – die nächsten zwei Jahre dazu nutzen sollen, neue Verordnungen, neue Gesetze zu machen.

Ich habe vorhin sehr aufmerksam versucht, die Abänderungsanträge mitzulesen. Es wurde aber in zwei Fällen ein anderer Text vorgelesen als der, der mir vorliegt. Das ist eine Vorgangsweise, die einfach inakzeptabel ist! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tichy-Schreder: Sie haben mir nicht zugehört!) Doch, ich habe sehr genau zugehört. Ich habe sogar mitgelesen, und ich habe es danach noch einmal gelesen. (Abg. Tichy-Schreder: Sie haben die Begründung nicht gehört, warum ich diese Anträge hier eingebracht habe! Das Bundesverfassungsgesetz war noch nicht beschlossen, daher konnten sie im Ausschuß nicht behandelt werden!) Das ist eine fadenscheinige Begründung, die eher nicht zählt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tichy-Schreder: Mit diesem Beitrag sind Sie nicht ernst zu nehmen!)

Wir wollten an sich diesen Wirtschaftslenkungsgesetzen zustimmen, und zwar nicht deshalb, weil wir den Inhalt gutgeheißen hätten. Vor allem im Krisenfall sind die derzeitigen Bestimmungen mit großer Wahrscheinlichkeit als organisatorisch nicht funktionierend anzusehen. Die Misere in Wien im vergangenen Jahr hinsichtlich der Versorgung mit Milchprodukten war ein eindeutiger Hinweis auf diese vorhandene Schwäche.

Angesichts dieser Vorgangsweise werden wir den vorliegenden Gesetzen allerdings nicht zustimmen. Wir hätten zugestimmt, weil im Ausschuß Einhelligkeit darüber bestanden hat, daß diese Gesetze in zwei Jahren durch neue ersetzt werden und die Materie hiezu frühzeitig vorbereitet und vor allem auf parlamentarischer Ebene entsprechend abgehandelt wird.

Herr Minister! Ich würde Sie bitten, dafür Sorge zu tragen, daß die Vorschläge tatsächlich frühzeitig eingebracht und dem Parlament zugeleitet werden. Soweit ich diese Abänderungsanträge in diesen zwei Minuten jetzt durchlesen konnte, habe ich gesehen, daß auch sie keineswegs die vereinbarte inhaltliche Verbesserung dieser Gesetze bringen. Herr Minister! Ich bitte Sie in diesem Zusammenhang auch: Seien Sie nicht zu stolz, den im letzten Jahr von unserer Fraktion eingebrachten, aber abgelehnten Entwurf zum Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz dabei auch mitzuverwerten!

Ich möchte noch kurz auf die einzelnen Novellen eingehen und bleibe zunächst beim Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz. Dieses Gesetz ist auch novelliert in der vorliegenden Form nicht mehr brauchbar, weil die Versorgungssicherheit vor allem durch legistische Probleme, aber auch in Abgeltungsfragen nicht mehr hunderprozentig gegeben ist.


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52. Sitzung / Seite 74

Ich habe bereits darauf hingewiesen: Die letztjährige Misere in Wien bei der Versorgung mit Milchprodukten hat deutlich gemacht, daß trotz technischen Fortschritts einfache Transporte und Produktionen unter Druck einfach nicht funktionieren. Auch wenn das Problem hauptsächlich bei einer Firma lag, fordert die Einbindung der AMA in diesen Prozeß – die Novelle sieht dies ebenfalls vor – solche Probleme nämlich geradezu heraus (Beifall bei den Freiheitlichen), denn die Zwischenschaltung von unflexiblen, trägen Organisationen verhindert immer schnelles und effizientes Handeln. Jedenfalls darf in einem neuen Gesetz der Name AMA nicht mehr aufscheinen, Herr Minister, weil sonst die Versorgungssicherheit ganz sicher nicht gewährleistet wäre! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vielleicht gibt es in zwei Jahren die AMA gar nicht mehr, aber wenn es sie noch gibt, wird diese Organisation international gesehen einen derartigen Rückstand haben, daß sie, auch wenn sie nur beigezogen wird, eine Versorgungsgarantie nicht wird einhalten können.

Einige Worte zur Erdöl-Bevorratung. Ich möchte die Causa Lannach in der Steiermark nicht mehr aufwärmen, wenngleich bis heute die Rechnungshofkritik wegen seinerzeitiger Finanzierungsungereimtheiten nicht restlos aufgeklärt oder durch einen Bericht abgeschlossen ist.

Herr Minister! Aus dem damaligen Vorfall müssen wir hinsichtlich eines neuen Erdölbevorratungsgesetzes lernen, daß die Multis stärker zur Bevorratung herangezogen und zu einer stärkeren Mitfinanzierung verpflichtet werden müssen. Nur so können Preisschwankungen und Preissprünge abgefedert werden. Vor allem wird dadurch der Verdacht der Preismanipulation gar nicht erst entstehen können – eine Erkenntnis übrigens, die im Ausschuß von allen geteilt worden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Berechtigung zur Novellierung des Versorgungssicherungsgesetzes und zu dessen Aufrechterhaltung wurde im Entwurf allein damit begründet, daß es als Ergänzung zum Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz und Energielenkungsgesetz dient und allfällige, von der Europäischen Union beschlossene Lenkungsmaßnahmen mittels Verordnung erlassen werden können. – Ich glaube nicht, Herr Minister, daß diese Argumente allein die Aufrechterhaltung dieser Novelle für die nächsten zwei Jahre rechtfertigen beziehungsweise dieses Gesetz rechtfertigen.

Zum Energielenkungsgesetz möchte ich nicht wiederholen, was die Freiheitlichen bereits im letzten Jahr festgestellt haben. Ich möchte betonen, daß die bedeutendste Veränderung in dieser Novelle in der Möglichkeit der Beschlagnahme von Energieträgern, an denen zuvor von dritten Personen ein Pfandrecht begründet wurde, liegt. – Meine Damen und Herren! Das ist doch wohl zuwenig, um das Energielenkungsgesetz zu modernisieren.

Daher nochmals: All diese Gesetze müssen bis zum nächsten Verlängerungstermin in zwei Jahren grundlegend überarbeitet werden. Dies muß früh genug und auf parlamentarischer Ebene geschehen. Mit den eingebrachten Abänderungsanträgen können wir uns in dieser kurzen Zeit nicht mehr befassen und werden daher all diese Gesetze ablehnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Er hat das Wort.

12.45

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist nicht verwunderlich, wenn wir Liberalen uns gegen Reglementierungen aussprechen. In diesem konkreten Fall aber begrüßen wir sie sogar, weil es so etwas wie Marktversagen zu Krisenzeiten gibt, wodurch die Versorgungssicherheit nicht mehr gegeben ist und Monopole entstehen können. Daher halten wir die Wirtschaftslenkungsgesetze für den Krisenfall prinzipiell für gut. Wir werden ihnen auch in der Fassung des Abänderungsantrags zustimmen.

Ich möchte aber unterstreichen, daß uns die Forderung des Ausschusses, rechtzeitig vor der neuen Beschlußfassung diese Gesetze im Ausschuß zu überarbeiten, wichtig ist, und wir bedanken uns für Ihre Zusage.


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Im Auftrag von Frau Langthaler darf ich dem Hohen Haus die Grüße und die Zustimmung der grünen Fraktion übermitteln, die mangels Redezeit dies nicht selbst dartun kann. – Danke schön. (Beifall und Heiterkeit beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

12.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Abgeordneter.

Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Auf ein Schlußwort des Berichterstatters wird verzichtet.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, weil wir nun zu einigen Abstimmungen kommen, bei denen auch das verfassungsmäßige Quorum eine Rolle spielt.

Ich lasse über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 samt Titel und Eingang in 324 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von dem Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Absatz 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung von neuen Absätzen 4 und 5 in Artikel II § 1 sowie die Einfügung einer Überschrift vor Artikel II § 23 zum Inhalt hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Zusatzantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Mehrheitlich angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I (Verfassungsbestimmung) eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen worden. Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich komme ich nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Die restlichen Teile sind mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit , wobei ich abermals ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit feststelle.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 346 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen einen Zusatz- sowie Abänderungsantrag eingebracht.


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52. Sitzung / Seite 76

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Anträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Entwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst wiederum die Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Ziffer 2 zum Inhalt hat.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Zusatzantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Damit erhalten die bisherigen Ziffern 2 bis 4 die Bezeichnung 3 bis 5.

Ferner haben die Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 1 Artikel I (Verfassungsbestimmung) eingebracht.

Wer für dieses Abänderungsantrag ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, wobei ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit feststelle.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Diese Teile sind mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung angenommen worden. Ich stelle abermals die verfassungsmäßig vorgesehene Zweidrittelmehrheit fest.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird, samt Titel und Eingang in 366 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen einen Zusatz- sowie einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Anträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Der vorliegende Entwurf enthält eine Verfassungsbestimmung, so daß ich abermals die verfassungsmäßig vorgesehene Anzahl der Abgeordneten, die in diesem Saale anwesend ist, festhalte.

Die Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung neuer Ziffern 1a sowie 6a zum Inhalt hat.

Wer für diesen Zusatzantrag ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffer 1 Artikel I (Verfassungsbestimmung) eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Dieser Abänderungsantrag wurde mehrheitlich angenommen, und zwar mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit.


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52. Sitzung / Seite 77

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit , wobei auch hier festzustellen ist, daß die verfassungsmäßig erforderliche Anzahl von zwei Dritteln der Abgeordneten dafür gestimmt hat.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 367 der Beilagen.

Dieser Entwurf enthält auch eine Verfassungsbestimmung. Ich stelle somit zunächst die Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Gesetzentwurf ist mehrheitlich angenommen worden, und zwar auch mit der laut Verfassung erforderlichen Zweidrittelmehrheit.

Wir kommen jetzt zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit . Der Entwurf ist in dritter Lesung bei gegebenem verfassungsmäßigem Quorum angenommen worden.

10. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 312/A (E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Georg Oberhaidinger und Genossen betreffend Nachfolgeregelung zur Förderung erneuerbarer Energieträger zur Stromerzeugung (530 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 317/A (E) der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Durchführung einer wissenschaftlichen Untersuchung über Optionen für die Neuorganisation der österreichischen Energiewirtschaft unter besonderer Berücksichtigung der Elektrizitätswirtschaft (531 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 318/A (E) der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Angebote der Verbundgesellschaft über kostengünstige Stromlieferungen an die Landesversorger OKA und EVN als Ersatz für den Bau der Kraftwerke Lambach und Theiß (532 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangen wir zu den Punkten 10 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sofort in die Debatte ein.


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52. Sitzung / Seite 78

Als erster Redner hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Prinzhorn zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort und höre, daß Sie eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 6 Minuten haben.

12.56

Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liberalisierung der E-Wirtschaft ist der Retter für die einen, ist aber gleichzeitig ein Schreckgespenst für die anderen. Daß ausgerechnet diese Regierung – in der EU als außerordentlich liberalisierungsfeindlich gesehen – jetzt von der EU in diesen Tagen die Liberalisierung des Strommarktes auf den Tisch des Hauses bekommt, ist eine der vielen Kontradiktionen, denen Sie sich ständig gegenübersehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Während Sie im Jahr 1995 koordinierte Planung für das Jahr 2005 machen – Projekte bei der TIWAG, diverse Speicher, 300 MW, oder bei der KELAG, 56 MW, Großprojekte bei SAFE, 106 MW; kein Mensch weiß, wofür man das braucht –, findet ein Investitionswettlauf der Länder statt, was der volkswirtschaftlichen Effizienz schadet.

Der Stromverbrauch stagniert, beziehungsweise es sind Einsparungen auf der einen Seite und brachliegende Einspeispotentiale auf der anderen Seite ausreichend vorhanden. Der Verbund läßt von Booz-Allen ein Gutachten machen. Da steht ganz genau drinnen: 30, 40 Prozent Kosteneinsparungen, Sondergesellschaften in hehrer Zahl, all das haben Sie hier an Einsparungsmöglichkeiten. Daneben gibt es noch in Österreich die mit Abstand niedrigsten Einspeistarife in ganz Europa, damit sich möglichst wenige privatwirtschaftliche Stromerzeuger in Österreich entwickeln können. Das ist Ihre Proporzpolitik auf dem Stromsektor! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber ich kann Sie beunruhigen, meine Damen und Herren, die Folge dieser Privilegien im Verbund, ob Arbeitsvereinbarungen, Ruhevereinbarungen oder Abfertigungen, sind ein Faß ohne Boden.

Die Länder wollen Kraftwerke weiterbauen, hydraulisch, kalorisch, einen 70-, 80prozentigen Zuwachs der Kapazität bis 2005, Projekte auch entgegen EU-Richtlinien, wo doch dort ganz klar vorgeschlagen wird, was die Länder und was der Bund tun sollen.

Aber in Österreich ist es egal: Der Strompreis deckt die Kosten. Basta! Wasserkraft sauber. Gut, gut! Ob Lambach, Freudenau, die Kosten sind Ihnen egal. Sie sind – das behaupte ich – an hohen Strompreisen interessiert, und zwar letztlich zum Schaden der Volkswirtschaft und nicht nur der Wirtschaft.

Andere extreme Kraftwerksgegner haben natürlich auch eine Idee. Die sagen, Lambach ist teuer, Einspeistarife – na ja, für Wind ganz hinauf, denn Wind ist gut. Und damit ist das Problem wieder für diese Gruppe gelöst.

Meine Damen und Herren! Die Erkenntnis daraus ist folgende: Der Stromverbrauchszuwachs kann durch effiziente Kraft-Wärme-Kopplungen in Österreich abgedeckt werden. Die Investition in stromsparende Geräte ist zehnmal gescheiter. Ich glaube, im Haushalt liegt wirklich noch ein großes Potential.

Punkt zwei: Kleine Heizwerke mit bevorzugt regenerativer Energie sind für Österreich die Lösung. Gehen Sie in das kalte Tamsweg, dort sehen Sie bereits das erste Heizkraftwerk, eine hervorragend funktionierende Anlage. Die Energieverwertungsagentur sagt ganz klar: Mit 25 000 Heizkraftwerken könnte das Problem flächendeckend gelöst werden. – Das sind alles die Studien, die Sie auch in Auftrag gegeben haben. Aber Sie verräumen sie rasch, da sie natürlich nicht in die große Gesellschaft der verstaatlichten Proporzenergieunternehmungen passen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auf dem Haushaltssektor gibt es auch noch genügend Einsparungsmöglichkeiten: 300 Kilowattstunden pro Quadratmeter Haushaltsfläche derzeit. Das Ziel in der EU – manche leben es Ihnen bereits vor – liegt bei 150 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Frau Langthaler, Sie kennen


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52. Sitzung / Seite 79

das, alle haben Ihnen das schon hundertmal vorgebetet: Wärmedämmung, Ökoinstitut, Freiburg – es geschieht allerdings nichts.

Punkt vier: Neue Einspeistarifregelungen sind im Moment sicherlich die effizienteste, umweltfreundlichste Geschichte, um brachliegende Potentiale endlich zum Leben zu erwecken.

Fünftens: Es muß ein Stromerzeugerpool geschaffen werden, und zwar bei den Ländern. Dort ist der Erzeugerpool anzusetzen, und dort dürfen Sie nicht jedes politische Problem wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. Nicht erst dann, wenn die Verluste da sind, sondern jetzt müssen Sie sich aus der Politik rausbewegen, rein in privatwirtschaftliche Gesellschaften. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Schließlich: Die Verbundgesellschaft soll als Logistik- und Handelsunternehmen gesehen werden. Es sind Milliardeneinsparungen möglich. 32 Prozent Personalkosten haben Sie beim Verbund. Die sparsamen Schwaben haben 16 Prozent Personalkosten bei ihrer Verbundgesellschaft. Die Personalkosten um 16 Prozent senken heißt somit die Möglichkeit haben, die Preise um 16 Prozent zu senken. Aber beim Verbund gibt es Einkommen in der Höhe von 1,2 Millionen Schilling pro Verbundbeschäftigten. Die Bayern-Werke haben 0,6 Millionen pro Kopf, also etwa die Hälfte, wenn ich richtig rechnen kann. Aber bei uns wird immer einem roten Gehalt ein schwarzer Gehalt dazugerechnet und umgekehrt, sagt der Generaldirektor der Bayern-Werke – nach Dienstschluß, denn vor Dienstschluß kauft er die österreichische Energiewirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

13.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Abgeordnetem Kopf vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

13.01

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns unsere energiepolitischen Zielsetzungen, vor drei Jahren von der Bundesregierung verabschiedet, vor kurzem im Energiebericht wieder bekräftigt, noch einmal vor Augen führen, die da lauten: hohe Versorgungssicherheit, hohes Maß an Wirtschaftlichkeit, soziale Verträglichkeit und auch Umweltverträglichkeit, und das der realen Situation in Österreich gegenüberstellen, dann können wir gesamthaft gesehen – ich komme dann noch zu den Einzelheiten – eine durchaus positive Bilanz der Situation, vor allem dieses Soll-Ist-Vergleiches ziehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Thema Versorgungssicherheit: Ich glaube, in kaum einem anderen Land ist das Maß an Versorgungssicherheit, nämlich an Eigenaufkommen, so hoch wie bei uns. Wir sind in einem hohen Maße autark, also dieses Ziel kann durchaus als erreicht und erfüllt angesehen werden.

Zum Thema Wirtschaftlichkeit sind einige kritische Worte, betrachtet man einzelne Unternehmen, durchaus angebracht. Aber die Entwicklung in den einzelnen Unternehmen, die dort eingeleitet wurde, und das Ergebnis sind durchaus positiv. Gerade der letzte Rechnungshofbericht über die Verbundgesellschaft, bei der es noch einiges zu kritisieren und einiges zu verbessern gibt im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, auf Effizienz, hat bestätigt, daß der Weg, der dort gegangen wird – das gilt auch für andere EVUs –, durchaus der richtige ist.

Zur sozialen Verträglichkeit, glaube ich, ist festzuhalten, daß diese nicht allein im Endverbraucherpreis zu sehen ist. Sie ist ein Mix aus Versorgungssicherheit und Qualität, ebenso aus Preisbildung und – nicht zu vergessen – auch Umweltverträglichkeit. Ich glaube, gerade die Volksabstimmung über Zwentendorf hat gezeigt, daß die Bevölkerung – ist gleich Konsument – die soziale Verträglichkeit nicht nur in einem möglichst niedrigen Preis sieht, den wir natürlich alle wollen, obwohl man damals auch versucht hat, der Bevölkerung dieses Projekt auch unter dem Aspekt Preissenkung zu verkaufen.

Noch ganz kurz zum Thema Umweltverträglichkeit. Es wird uns weltweit bestätigt, daß wir pro Kopf eine sehr geringe CO2-Emission haben – gerade im Bereich der Energieerzeugung liegen wir deutlich unter dem EU-Durchschnitt –, daß wir eine äußerst günstige Relation zwischen Ge


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samtenergieverbrauch und CO2-Emissionen im gesamten OECD-Vergleich vorzuweisen haben. Daß wir ein hohes Maß an Effizienz im Energieeinsatz haben, bestätigt uns zum Beispiel die Internationale Energieagentur. Ich verstehe also nicht ganz die Kritik des Kollegen Prinzhorn, die in diese Richtung geht. Allerdings muß man sehr wohl betonen, daß diesem Bereich auch für die Zukunft höchste Priorität zukommen muß. Vor allen anderen Maßnahmen muß weiterhin die Effizienzsteigerung im Energieeinsatz Priorität haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Von der Natur begünstigt verfügen wir in Österreich über einen sehr, sehr hohen Anteil an erneuerbaren Energieträgern, unter anderem bei der Stromerzeugung, aber auch generell beim Energieaufkommen und beim Energieverbrauch. Immerhin 24 Prozent des gesamten Energieverbrauches kommen aus erneuerbaren Energieträgern. Bei der Stromerzeugung sind es sogar um die 70 Prozent.

Zum Thema erneuerbare Energieträger. Wir sollten den Einsatz auch bei der Stromerzeugung, aber nicht nur dort, sondern auch bei der direkten Energienutzung, weiter steigern, weiter fördern. Wir schaffen damit nicht nur einen Beitrag zur Emissionsreduktion, sondern wir schaffen damit (Zwischenruf des Abg. Dr. Haselsteiner ) – ich komme gleich dazu, Kollege – auch einen Beitrag zur Technologieentwicklung, der sehr, sehr wichtig ist, aber eben nicht auf dem Rücken und zu Lasten der Energieversorger und mit direkter Auswirkung auf die Preise.

Was wir brauchen, ist ein hohes Maß an Effizienz in der Förderung dieser neuen Technologien. Was wir brauchen, ist eine Sicherstellung des Einsatzes des neuesten Standes der Technik. Was wir brauchen, um das erreichen zu können, ist ein hohes Maß an Wettbewerb dieser Technologien untereinander und auch eine Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen, nämlich für die Energieversorger und Energieverkäufer auf der einen Seite, aber auch zwischen den einzelnen Energieträgern auf der anderen Seite. Erreichbar ist das durch eine intelligentere Form der Technologieförderung, als wir sie bisher betrieben haben mit der Zuzahlung zu Einspeisetarifen. Notwendig wäre eine Investitionsförderung, die genau diesen Aspekten Rechnung trägt, die eben den Wettbewerb zwischen einzelnen Technologien, einzelnen Projekten erzeugt und diesen Wettbewerb sogar ankurbelt und daraus resultierend auch den Einsatz neuer Technologien fördert.

Noch kurz zurück zum Thema Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit. Durch die Binnenmarktrichtlinie kommt einiges an Herausforderungen auf uns zu. Die schrittweise Marktöffnung wird sicher gerade angesichts der sehr hohen Strompreise vor allem für die industriellen Verbraucher – das müssen wir leider zugeben – eine große Herausforderung für uns bedeuten. Man könnte jetzt im ersten Moment meinen, die sehr dezentrale Struktur unserer E-Wirtschaft wäre ein Nachteil. Ich bin nicht unbedingt dieser Meinung. Ich glaube, daß wir es schaffen können, auf Basis dieser Eigentumsverhältnisse, natürlich verbunden mit einem weiteren Schub an Privatisierung, auf konsensualer Basis ein Modell zu erarbeiten, wonach die schon aus wirtschaftlichen Gründen notwendige Kooperation auch im Sinne eines Risk-Sharing zwischen den einzelnen Unternehmen zwangsläufig ein hohes Maß an Wirtschaftlichkeit bringen wird, auch in Richtung Ausbauplanung, Koordination, was vorher schon angesprochen worden ist. Das könnten wir durchaus in einem konsensualen Vorgehen dieser Unternehmen erreichen, wobei wir die gegebene Eigentümerstruktur akzeptieren.

Ein Satz noch zum Thema Lambach und Theiß, eingeschlossen Freudenau. Ich glaube, daß, wenn wir das Ziel ernst nehmen, ein hohes Maß an Eigenversorgung zu erreichen, und auch die anderen energiepolitischen Ziele ernst nehmen, Projekte wie Lambach oder auch jetzt der Umbau von Theiß, nämlich in Richtung viel mehr Ökologie – in Theiß wurde die modernste Rauchgasreinigungsanlage installiert, was jetzt wieder kritisiert wird –, nur vordergründig teuer sein können. Es finden nämlich auf der anderen Seite bei all den anderen Energieformen, die auch im Ausland zum Teil eingesetzt werden – Stichwort Atomenergie –, vor allem die externen Kosten, die verursacht werden oder werden können, leider keine Berücksichtigung. Ich glaube, daß wir gesamthaft gesehen mit unserer Struktur und auch mit unseren Zielsetzungen auf dem richtigen Wege sind. Wir werden jedenfalls diesen Weg sicher weitergehen, und ich bitte Sie in diesem Sinne auch um Unterstützung unseres Entschließungsantrages zur Förderung der erneuerbaren Energieträger. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.09


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.09

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich kann dem Herrn Abgeordneten Kopf leider nicht sagen, daß die Liberalen dem Entschließungsantrag ihre Zustimmung geben werden, und zwar deshalb nicht, weil der Entschließungsantrag nach unserem Dafürhalten zwei wesentliche Mängel hat. Er berücksichtigt nicht, daß auch mit den Interessenvertretungen wie etwa der IG-Windkraft oder dem Biomasseverband Verhandlungen geführt werden sollten, wenn es um eine solche Einspeiseregelung oder Förderung, in welcher Weise immer, geht. – Das ist der eine Punkt.

Zum anderen: Der Entschließungsantrag enthält überhaupt keine zeitliche Grenze, wann das gewährleistet werden soll. Ich habe das bereits vor drei Jahren kritisiert und meine, daß diese Kritik auch heute noch berechtigt ist. Ein entscheidender Nachteil jener Lösung, die damals von Herrn Bundesminister Schüssel gefunden wurde, ist, daß sie ausschließlich so quasi eine Goodwill-Lösung ist und keinen Rechtsanspruch auf Einspeisung in das öffentliche Netz für erneuerbare Energieträger beinhaltet und daß die Tarife nicht langfristig zugesichert sind.

Das sind keine Voraussetzungen, unter denen Sie echte Investitionsentscheidungen treffen können, und genau darin liegt der Mangel und, wie ich meine, auch der politisch gewollte Mangel, den man hier fabriziert hat, weil er Abhängigkeit für all jene bedeutet, die investieren wollen, und zwar durchaus im Einklang, Herr Abgeordneter Kopf, wie Sie gesagt haben, mit den Prinzipien, die in vielen Berichten – vom nationalen Umweltplan über einzelne Energieberichte bis hin zu Entschließungsanträgen – hier im Haus immer wieder nachzulesen sind. All jene, die solche Investitionen machen wollen, können sich nicht darauf verlassen, daß sie im nächsten Jahr noch dieselben Bedingungen vorfinden werden. Das muß geändert werden.

Meine Damen und Herren! Ich wiederhole ausdrücklich, daß es den Liberalen nicht darum geht, bei solchen Anlagen, wo wir besonders erneuerbare Energieträger für unsere Energieversorgung nutzen wollen, durch Förderungsmaßnahmen letztlich zu geförderten Gewinnen zu kommen. Nein, ganz im Gegenteil. Wir sind der Meinung, daß Fördergrenzen eingezogen werden können, aber Faktum ist, daß wir endlich jene Basis schaffen müssen, mit der gewährleistet ist, daß erneuerbare Energieträger in Österreich nicht nur einen Beitrag zur Umwelt leisten können – sprich zur CO2-Reduzierung –, sondern es geht auch darum, daß wir mit diesen Technologien eine industriepolitische Option wahren können müssen.

Ich verweise noch einmal darauf, daß etwa mit dem Einspeisegesetz in Deutschland, das 1990 beschlossen worden ist, im Bereich der Windkraft-Industrie 15 000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. Wenn man das mit der nuklearen Option vergleicht, dann muß man sagen: In ganz Deutschland findet man im Bereich der nuklearen Industrie nur 7 500 beschäftigte Personen. Man hat also allein durch ein solches Einspeisegesetz das Doppelte an neuen Arbeitsplätzen und damit an Beschäftigungssicherung im nationalen Bereich erreichen können als mit anderen nichterneuerbaren Optionen. Und das ist etwas, was generell bei uns vernachlässigt wird.

Herr Abgeordneter Kopf! Da es politisch bisher in diesem Land nicht möglich war, zu einer auch berechenbaren gesetzlichen Grundlage für die Nutzung erneuerbarer Energieträger zu kommen, sind wir dabei, im Bereich der Biomasse unseren Technologievorsprung gegenüber den skandinavischen Ländern zu verlieren. Wir verlieren damit aber auch eine industriepolitische Option. Wir verlieren damit auch die Möglichkeit, diese Technologie zu exportieren, und wir begeben uns der Möglichkeiten, etwa gerade im bäuerlichen Bereich, zusätzliche Einkommen zu schaffen. Warum? – Weil die Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Energieversorgungsunternehmen Widerstand leisten gegen neue Konkurrenten in diesem Bereich.

Meine Damen und Herren! Es ist auch so, daß mit der Einführung der Elektrizitätsabgabe durch das Strukturanpassungsgesetz erneuerbare Energieträger nicht ausgenommen worden sind, obwohl das in ganz Europa so gehandhabt wird. Das ist in Österreich nicht gemacht worden.


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Obwohl es etwa auch im Nationalen Umweltplan heißt, daß die Kraft-Wärme-Kopplung bevorzugt gehört – das ist richtig, es ist gut, daß es drinsteht –, gibt es bei der Erdgasabgabe keine Ausnahme: Wenn bei einem kalorischen Kraftwerk, bei dem mit Erdgas Strom erzeugt wird, nur ein 40prozentiger Wirkungsgrad gegeben ist und mit 60 Prozent Energieäquivalenz die Donau geheizt wird, wird letztlich nur der Strom besteuert, nicht aber das Erdgas. Sobald Sie aber nicht mehr diese Abwärme in die Umwelt hinauslassen, wo sie garantiert nichts zu suchen hat, sondern versuchen, sie kaskadisch zu nutzen, eine Nahwärme aufzuziehen oder sie in das Fernwärmenetz einzuspeisen, dann wird es auf einmal wieder besteuert.

Faktum ist, daß durch die Besteuerung in diesem Moment jede Erneuerungsmaßnahme finanziell benachteiligt und eher nicht gemacht wird. Faktum ist, daß damit die Umweltbelastungen bleiben und ein umweltgerechtes Verhalten nicht begünstigt wird.

Meine Damen und Herren! Das sind die tatsächlichen Auswirkungen, die es neben den Beteuerungen, erneuerbare Energieträger zu fördern, in Österreich gibt. Das wird durch diesen Antrag, den wir hier verhandeln, nicht abgeschafft.

Ich meine daher, daß der Antrag der Grünen, der von der Abgeordneten Langthaler noch eingebracht werden wird, eine sinnvolle Ergänzung wäre und daß diese beiden Anträge gemeinsam für den Herrn Bundesminister jene Grundlage für die Verhandlungen bieten, die die erneuerbaren Energieträger in Österreich brauchen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

13.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt vom Abgeordneten Oberhaidinger vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

13.15

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Zurückkommend auf die Wortmeldung des Abgeordneten Prinzhorn, der uns im besonderen Liberalisierungsfeindlichkeit in Österreich vorgeworfen hat, möchte ich darauf hinweisen, daß auch die übrigen EU-Mitgliedstaaten nicht gerade liberalisierungsfreundlich gewesen sind, sonst hätte es nicht so lange gedauert, bis diese Richtlinie verabschiedet werden konnte.

Ich möchte unterstreichen, was mein Vorredner, Kollege Kopf, bereits gesagt hat: Sowohl im Verbund als auch in den weiteren Landesgesellschaften ist man bereits darangegangen, sich auf den liberalisierten Strommarkt einzustellen. Die Unternehmen werden zunehmend schlanker, was immer man darunter verstehen mag.

Ich möchte darauf hinweisen, daß es Österreich trotz der so vielkritisierten Energiepolitik möglich war, was die Nutzung der erneuerbaren Energieträger anlangt, einen Weltspitzenrang zu erreichen. Dies wurde vor kurzem vom österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut und von der Energieverwertungsagentur attestiert. Aber auch Experten der UNIPEDE, der international tätigen Vereinigung der Elektrizitätswerke, bestätigen uns unseren Spitzenrang, und zwar nicht nur in Europa, sondern auch darüber hinaus. Ich glaube, wir sollten nicht immer nur kritisieren, wir sollten auch anerkennen, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten auf diesem Sektor in Österreich erreicht werden konnte. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Barmüller! Sie haben gemeint, Sie können nicht zustimmen, weil die Förderungswerber nicht in die Verhandlungen miteinbezogen werden. Ich glaube, alle Fraktionen haben bereits viele Gespräche mit Förderungswerbern geführt, wir werden sie auch weiterhin führen. Aber es ist nirgendwo Usus, daß die Förderungswerber danach gefragt werden, ob ihnen die Förderung jetzt so oder so genehm ist. Die Entscheidung darüber werden die Politik, das Ministerium und im Anschluß wir im Parlament fällen müssen.

Ich habe bereits mehrmals in diesem Hohen Haus unsere Vorstellungen zur Einspeiseregelung kundgetan. Ich habe ein Fonds-Modell vorgestellt, habe auch dazugesagt, wie es finanziert werden sollte. Uns geht es vor allem darum, daß mit dieser Einspeiseregelung keine Leibrenten


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geschaffen werden. Es sollten aber auch nicht unerfüllte oder spät erfüllte Kinderträume gefördert werden, und dies vor allem nicht zu Lasten der Haushalte, die immerhin 50 Prozent unseres Stromaufkommens beziehen. (Abg. Mag. Barmüller: Die Leibrenten werden derzeit von den EVUs bezahlt und von den Landeshauptleuten abgesegnet!)

Wir wissen, daß Verhandlungen mit den EVUs, mit den Ländern erforderlich sind. Dies wird eine gewisse Zeit dauern. Daher haben wir in einem Entschließungsantrag dazu aufgefordert, zu verhandeln, wir haben aufgefordert, rasch zu handeln. Bis dahin sollte das Generalübereinkommen, das bisher Bestand hatte, weiter bestehen.

Wir diskutieren weiters über einen Antrag der Frau Kollegin Langthaler, die eine wissenschaftliche Untersuchung zum Thema Neuorganisation Elektrizitätswirtschaft für Österreich einfordert. Ich möchte wie bereits im Ausschuß auf folgendes verweisen: Der Wirtschaftsminister hat die Binnenmarktrichtlinie in Brüssel wesentlich mitverhandelt. Es ist ihm gelungen, in Brüssel den Stellenwert der erneuerbaren Energieträger mit in der Binnenmarktrichtlinie auszuverhandeln. Daher bin ich der Meinung, daß sehr viel an Information bereits vorhanden ist, daß die handelnden Personen mit den zu erwartenden Veränderungen bestens vertraut sind.

Die E-Wirtschaft beschäftigt sich seit einigen Jahren mit der künftigen Liberalisierung. Auch da gibt es ganz konkrete Vorstellungen. Die Energieverwertungsagentur und andere namhafte Einrichtungen in unserem Land haben eine Reihe von Vorschlägen und Aufsätzen dazu verfaßt. Auch meine Fraktion hat sich sehr umfassend mit der Energieorganisation-Neu auseinandergesetzt. Wir haben versucht, alle Interessengruppen miteinzubeziehen.

Meine Damen und Herren! Es gibt ausreichend Material, es gibt genügend Entscheidungsgrundlagen. Das Wirtschaftsministerium ist jetzt gefordert, seine Vorstellungen auf den Tisch zu legen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß im Anschluß daran ein hochqualifiziert besetztes Hearing stattfindet. Dann sind wir hier im Haus gefordert, eine zukunftsweisende gesetzliche Grundlage für die Energiewirtschaft inklusive aller vorhersehbaren internationalen und nationalen Veränderungen zu diskutieren und letztendlich zu beschließen.

Zum Tagesordnungspunkt 12: Wie im Ausschuß verweise ich auch hier darauf, daß bei einer Gesellschaft, die nach dem Aktienrecht geführt wird, die Politik nicht eingreifen kann – dies gilt für die EVN genauso wie für die OKA. Daher können wir diesem Antrag ebensowenig zustimmen wie dem vorhergehenden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung werden angezeigt.

13.21

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir verhandeln hier drei verschiedene Anträge. Der erste ist ein Antrag der Regierungsparteien bezüglich der Förderung erneuerbarer Energieträger zur Stromerzeugung. Das klingt schön, ist aber in der Sache, vor allem wie es abgelaufen ist, wirklich sehr ärgerlich.

Vor über drei Jahren hat dieses Hohe Haus einen ähnlichen Entschließungsantrag beschlossen. Der damalige Wirtschaftsminister hat diesen Entschließungsantrag nie in dem Maße umgesetzt, wie das Parlament das wollte. Damals war der einstimmige Wille des Parlaments, daß erneuerbare Energieträger, also Strom, der aus Windkraft, Strom, der aus Biomasseanlagen, und Strom, der aus Solaranlagen gewonnen wird, gefördert werden, und zwar ohne Vorgabe einer entsprechenden zeitlichen Befristung und ohne Vorgabe eines entsprechenden Leistungsumfanges, der nur befristet gefördert wird.

Der Wirtschaftsminister hat damals Verhandlungen mit dem Verband der Elektrizitätswerke geführt. Die einzelnen Landes-EVUs waren damals und sind heute naturgemäß überhaupt nicht an der Förderung erneuerbarer Energieträger interessiert, weil sie einfach die Konkurrenz fürchten. Bis heute vermisse ich auch gerade von seiten der ÖVP, die sonst doch immer so für Wettbewerb und mehr Marktwirtschaft ist, einen Hinweis darauf, daß man kleinere Unterneh


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men – auch Windkraftanlagen und deren Betreiber sind Unternehmen – entsprechend fördern und begünstigen soll. Und bis heute vermisse ich von beiden Parteien, daß man endlich erkennt, daß diese Bereiche ganz spannende Technologieförderungen wären, die nur mehr wenige Jahre brauchen – besonders der Bereich der Windkraft –, bis sie marktwirtschaftlich so weit sind, daß sie in der Lage sind, auch ohne Förderungen zu bestehen.

Für Österreich wäre dies einer der wenigen Bereiche, in denen wir wirklich eine große Chance hätten, Marktführer zu werden, und wo es nur mehr darum ginge, eine wirklich gar nicht so große Anzahl von Millionen zu investieren, um dann nicht nur entsprechend gesunde Technologien exportieren zu können, sondern auch wirklich einen sehr, sehr wichtigen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen zu leisten.

Drei Jahre lang hat man dieses Generalübereinkommen, das schließlich vom Wirtschaftsministerium mit den Landes-EVUs abgeschlossen wurde, so dahintreiben lassen. Es haben sich tatsächlich einige Betreiber gefunden, die aufgrund dieser Förderungen investiert haben, die uns aber immer wieder in den letzten Jahren gesagt haben, daß die Regelung, so wie sie jetzt besteht, einfach unzureichend ist. Konkret gibt es zwei Windkraftanlagen in Niederösterreich, die kurz vor dem Konkurs stehen, weil sie mit dem bisherigen Reglement einfach nicht auskommen können.

Das haben wir immer wieder in den Verhandlungen eingebracht, und seit März haben wir versucht, eine entsprechende Neuregelung zu finden. Alle wissen, mit Ende dieses Jahres laufen die bisherigen Förderungen ab. Jetzt haben wir Dezember, und mit den eigentlichen Verhandlungen hat man überhaupt erst im November begonnen. Man hat sich also das ganze Jahr über nicht darum gekümmert und hat dann am Schluß immer wieder darauf hingewiesen, daß man jetzt unter diesem zeitlichen Druck halt keine umfassende Regelung mehr machen könne und man eben das bestehende Generalübereinkommen einfach verlängern solle.

Das ist eine klassische Unfähigkeit, die Sie in diesem Bereich gezeigt haben, eine Nichtbereitschaft, zu erkennen, wie wichtig dieser Bereich nicht nur im ökologischen Sinn ist, nämlich hinsichtlich einer konkreten Reduzierung der CO2-Emissionen. Alle Regierungsverantwortlichen und auch die Umweltsprecher der Regierungsparteien sprechen von der Notwendigkeit der Erreichung des Toronto-Ziels, von der Nutzung erneuerbarer Energieträger, aber wenn es konkret wird – und wir hatten eine Reihe ganz konkreter Fälle –, dann zeigen Sie, daß es Ihnen damit wirklich nicht sehr ernst ist.

Wir haben immer wieder darauf hinzuweisen versucht, daß es gerade die zeitliche Befristung ist, die stört, und daß es hier vor allem darum geht, eine Planungssicherheit für die Investoren zu schaffen, und daß es wirklich gerade auch darum ginge, die Biomasse entsprechend zu unterstützen, denn in diesem Bereich hatten wir in Österreich eine Vorreiterrolle und haben sie eigentlich relativ leichtfertig verspielt.

Das haben Ihnen die verschiedenen Interessenvertreter in den Verhandlungen immer wieder gesagt, und ich habe es so empfunden, daß seitens aller fünf Parteien im Haus eine sehr, sehr hohe Bereitschaft bestanden hatte, eine gemeinsame Lösung zu finden und ein gutes Fördermodell zu entwickeln. Es ist dann – so wie ich das interpretiere – eigentlich in erster Linie am Widerstand der Landesenergieversorger gescheitert, und es ist einfach unglaublich, wie stark deren Einfluß ist, sodaß sich die Abgeordneten der Regierungsparteien nicht trauen, eine mutige Lösung zu machen. (Abg. Wurmitzer: Aber geh, hör auf!) Sie haben Angst, denn in den entsprechenden Landesenergieversorgungsunternehmen sitzen von den Landeshauptleuten eingesetzte Leute mit Einfluß, und die regieren hier ins Parlament herein. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Also wenn ich mir Ihre Wortmeldungen in den informellen Verhandlungen angehört habe, dann muß ich sagen, Sie müßten dem, was heute hier in dieser Form vorliegt, selber nicht zustimmen können. Ich kann doch wirklich nicht annehmen, daß das, was Sie heute hier abstimmen, wirklich dem entspricht, was Sie möchten. Sie müssen doch sehen – Sie haben das in den Verhandlungen auch immer wieder von den Betreibern gehört –, daß es mit der jetzigen Regelung


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einfach nicht gelingt, die Windenergie so zu fördern, daß sie einmal einen signifikanten Anteil – was heißt signifikant?, wir liegen derzeit im 0,04-Prozent-Bereich –, daß sie irgendwann einmal einen Anteil an der Stromgewinnung erreicht, der an die 1-Prozent-Marke herankommt. (Abg. Oberhaidinger: Woran gemessen?)

Wir haben ein konkretes Einspeisegesetz vorgeschlagen, das sehr ähnlich der deutschen Regelung ist. Wir haben gesehen, daß es in Deutschland nach fünf Jahren Erfahrung eine Versiebenfachung der Anlagen gibt, wir haben gesehen, daß es in Dänemark durch eine Tarifförderung zu einer Vervielfachung der Anlagen gekommen ist. Das hat nicht nur zu einem konkreten Beitrag zur Stromproduktion geführt, sondern auch zu einer Technologieentwicklung.

Mir ist es nach wie vor unerklärlich, warum nicht wenigstens hier vom Parlament aus eine entsprechende Initiative gesetzt wurde, wissend, daß nicht einmal der letzte Entschließungsantrag, der viel weitreichender war als der heute zu beschließende, vom damaligen Wirtschaftsminister entsprechend umgesetzt wurde. Und ich befürchte sogar, daß möglicherweise nicht einmal dieses Minimum, daß heute hier beschlossen werden wird, vom Wirtschaftsministerium entsprechend umgesetzt werden wird. (Abg. Oberhaidinger: Das vielgerühmte Deutschland hat 1,8 Prozent!)

Wir haben einen Zusatzantrag dazu formuliert, den ich verlesen möchte und muß und über den hier abgestimmt werden wird. Darin geht es vor allem darum, die Interessenvertreter in die Verhandlungen einzubinden und eine zeitliche Befristung der Verhandlungen auszusprechen.

Zusatzantrag

der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler, Freundinnen und Freunde betreffend Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, die Verhandlungen über die Fördermodalitäten einer Nachfolgeregelung zur Förderung erneuerbarer Energieträger zur Stromerzeugung auch mit der Interessengemeinschaft Windkraft sowie dem österreichischen Biomasse-Verband zu führen. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird zudem ersucht, die Nachfolgeregelung so zu gestalten, daß sie eine kontinuierliche Markteinführung dieser alternativen Energieerzeugungsprojekte sicherstellt und mittelfristig die Erreichung eines Marktanteils von etwa 1 Prozent an der österreichischen Stromerzeugung zum Ziel hat. Weiters wird der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ersucht, die Verhandlungen über die Nachfolgeregelung nach Möglichkeit bis 31. März 1997 abzuschließen."

*****

Ich glaube, wir vergeben heute eine Chance, obwohl genug Zeit gewesen wäre, wirklich ein klares, eindeutiges Signal für die Förderung erneuerbarer Energieträger zu setzen. Sie haben diese Chance mit dem heutigen Reglement nicht genutzt. Wir werden nicht nachlassen und das im nächsten Jahr weiter betreiben und hoffen, daß es vielleicht irgendwann einmal auf fruchtbaren Boden fällt. (Beifall bei den Grünen.)

Nun zum zweiten Bereich. Der zweite Entschließungsantrag, den wir schon vor langem in die Verhandlungen eingebracht haben, zielt darauf ab, daß es im nächsten und in den nächsten zwei, drei Jahren spürbar es zu einer völligen Umstrukturierung der E-Wirtschaft in Österreich kommen muß – auch dank einer Richtlinie der Europäischen Union, die ich in diesem Fall für äußerst richtig halte, und zwar in dem Sinne, daß es in Österreich endlich dazu kommen muß, daß diese neun Landesgesellschaften mit ihrem unerträglichen Proporzsystem und ihrem unerträglichen Investitionssystem endlich gezwungen werden, sich zu verändern.

Ich bin nach wie vor der Meinung, daß es in Österreich nur eine Kraftwerksgesellschaft geben soll, und zwar mit einem Kraftwerkspool, in den die anderen neun Landesgesellschaften die


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Kraftwerke einbringen sollen. Damit wäre gewährleistet, daß es ein gesundes, starkes österreichisches Unternehmen gibt und nicht neun Gesellschaften, in denen dann jeweils Mehrheitseigentümer aus Frankreich, Deutschland oder von sonstwo sitzen. (Abg. Kopf: Sonst sind Sie immer gegen Machtkonzentration, gegen Handelsketten und so weiter!)

Was Sie nämlich bis heute nicht begriffen haben – vor allem Sie von der ÖVP –, ist, daß die jetzigen Landesenergieversorger nicht überlebensfähig sein werden in dem Wettbewerb, der auf Österreich zukommen wird. (Abg. Kopf: Das werden wir dann per Gesetz regeln!) Und da können die EVN, die OKA und wie sie alle heißen noch so glauben, daß sie super sind, das mögen sie in Österreich sein, aber im europäischen Wettbewerb sind sie überhaupt nicht konkurrenzfähig.

Mir tut es wirklich in der Seele weh, wenn man zusehen muß, wie die Chance, die bestehen würde, eine vernünftige österreichische Lösung mit zum Teil sehr gesunden Unternehmen zu finden, leichtfertig verspielt wird, weil es einfach Eifersüchteleien zwischen den einzelnen Landesversorgern und den einzelnen Landeshauptleuten gibt, weil einfach Vorstände drinnen sitzen, die an nichts anderes denken als daran, ihre Amterln zu schützen, und die glauben, daß sie dieser europäischen Entwicklung entfliehen können.

Es ist notwendig, daß man eine mutige Lösung findet. Ich muß gestehen, daß ich hier einiges Vertrauen in den Wirtschaftsminister setze, denn ich meine, daß er einer der ganz wenigen ist, die den Ernst der Lage erkannt haben, und ich meine, daß er einer der wenigen ist, die auch der Idee eines Unbundling positiv gegenüberstehen. Wir werden ihn da sehr nachhaltig unterstützen.

Umso trauriger sind wir, daß Sie unseren Entschließungsantrag ablehnen, der lediglich möglich machen würde, auch Unterlagen für dieses Hohe Haus hier zu schaffen. Sie werfen mir und uns allen immer vor, wir argumentieren unseriös (Abg. Wurmitzer: Völlig richtig! Komplett unseriös!) , verweigern aber gleichzeitig, daß entsprechende Unterlagen von Fachleuten beschafft werden, die wir hier beraten können. Ich beziehe mich auf Unterlagen, die es bereits gibt, und zwar vom Wifo, von der Energieverwertungsagentur und von vielen anderen Universitätsstellen, aber Sie sind nicht bereit, daß man das in ein Gesamtwerk einfließen läßt und dann auf einer ordentlichen Grundlage hier im Parlament diskutiert.

Wir wollten das mit unserem Entschließungsantrag ermöglichen. Sie wollen nicht, daß das Parlament in dieser Weise eine Rolle spielt, sondern verlagern alles in das Ministerium. Ein Beispiel mehr, daß das Parlament nicht bereit ist, im Bereich der Energiepolitik eine Initiative zu ergreifen und wirklich zu versuchen, in eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Richtung zu arbeiten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

13.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Antrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Steindl. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeit: 5 Minuten.

13.32

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Kollegin Langthaler! Ich habe Ihnen jetzt sehr aufmerksam zugehört, und ich habe Sie auch im Ausschuß argumentieren gehört. Im Ausschuß waren sehr vernünftige Ansätze zu vernehmen, jetzt im Plenum war das ein bißchen polemisch aufbereitet, das muß ich Ihnen schon sagen. Ich habe jetzt – wenn ich das zusammenfassen darf – Schlagwörter herausgehört wie Monopolisierung, Verstaatlichung, Verbürokratisierung und Marktregelung per Gesetz. Das wollen Sie – wir wollen das auf jeden Fall nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn wir über Energiepolitik sprechen, dann haben wir selbstverständlich Sparsamkeit, Nachhaltigkeit und damit auch Umweltfreundlichkeit vor Augen, und das sind nun einmal auch für uns die Grundpfeiler der zukünftigen Energiepolitik.


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Wir haben uns gemäß der Konferenz von Toronto 1988 auch zum Ziel gesetzt, in Österreich eine 20prozentige Reduktion der CO2-Emissionen bis zum Jahre 2005 zu erreichen. Seither sind etliche Jahre vergangen, und ich kann Ihnen sagen, wir werden dieses Ziel auch erreichen.

Vielleicht zum Entschließungsantrag selbst. Ich möchte hier nur ganz kurz darauf eingehen, denn Kollege Kopf hat das schon erörtert. Dieser Entschließungsantrag zielt darauf ab, die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern auch in Zukunft finanziell zu unterstützen, egal, mit welcher Lösung. Der Herr Minister hat im Ausschuß auch gesagt, ihm ist jede Lösung recht, es muß nicht unbedingt eine Fondslösung sein, sondern es könnte auch eine andere Lösung sein, die weiterhilft.

Eines muß gesagt werden, weil das hier im Raum stehengeblieben ist: Bis diese Lösung kommt, ist auf jeden Fall die alte Regelung gesichert, das heißt, auch wenn wir Jänner, Februar oder März 1997 schreiben, ist diese alte Regelung gesichert. Dazu muß noch gesagt werden, daß diese Regelung bisher von Freiwilligkeit getragen war. Das muß man auch betonen, weil Sie die Länder immer so hinstellen, als würden sie da nicht mittun wollen.

Mein Beitrag aber geht darüber hinaus und beinhaltet etwas Grundsätzliches, weil wir gerade im Burgenland die Energiepolitik sehr diskutieren; das ist Thema Nummer eins. Wir haben leider Gottes – das ist vielleicht geschichtlich erklärbar – zwei Energieversorgungsunternehmen, aber wir sind auf dem besten Wege – das ist unsere Politik –, als Ziel-1-Gebiet die Chancen zu nützen, um einen Neubeginn zu starten. Wir streben eine Umstrukturierung, eine Zusammenführung beider Unternehmen an, und diese Unternehmen sollen auch andere Aufgaben erhalten. Über einen Energieleitplan wollen wir gerade in die Bereiche noch mehr vorstoßen, die wir in unserem Antrag formuliert haben, und stärker auf erneuerbare Energieträger setzen.

Auf diesem Gebiet ist das Burgenland gegenüber Gesamtösterreich noch unterrepräsentiert. Hier ergeben sich meiner Meinung nach gerade für die Landwirtschaft sehr viele Chancen. Gott sei Dank haben wir im Burgenland sehr viele Kleininitiativen, die wir allesamt auch dementsprechend ausbauen und fördern wollen. Wir sind Ziel-1-Gebiet bis zum Ende des Jahres 1999 und haben darüber hinaus – das ist unser Vorteil gegenüber anderen Bundesländern – die Möglichkeit, auch EU-Förderungstöpfe in Anspruch zu nehmen.

Ich glaube, wir haben mit Herrn Minister Farnleitner einen guten Minister, der ganz genau weiß, wohin die zukünftige Energiepolitik dieses Landes gehen soll. Daher werden wir dem Antrag, der von Kollegen Kopf eingebracht wurde, auch die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Oberhaidinger. )

13.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt vor von Abgeordnetem Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

13.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag Kopf/Oberhaidinger liest sich soweit ganz gut, Tatsache ist aber, daß hier einmal mehr ein – wie ich meine – Versäumnis der Regierungsparteien vorliegt. Auch wenn vorgegeben wird, sich entsprechend für die Förderung erneuerbarer Energieträger einzusetzen, so ist das nach meinem Dafürhalten tatsächlich eine Täuschung. Denn, sehr geehrte Damen und Herren, wie sieht es tatsächlich aus mit dieser von Kollegen Steindl angesprochenen freiwilligen Regelung, bei der die Länder mitmachen, nämlich der Einspeisevergütungsregelung, die mit Ende dieses Jahres auslaufen wird? – Es besteht ein großes Maß an Unsicherheit bei all jenen, die bereit sind, ihren Einsatz im Bereich der erneuerbaren Energie zu leisten.

Man gibt vor, das Rad noch einmal erfinden zu müssen, aber in der Bundesrepublik Deutschland hat man beispielsweise eine Lösung. Es wird immer ein Vergleich angestellt, ein Kostenvergleich der Arbeitskosten für Energie aus erneuerbaren Energieträgern gegenüber herkömmlichen Energieträgern. Man vergißt jedoch, darauf hinzuweisen, daß wir bislang in diesem Bereich nach wie vor keine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung haben, die dann, würde sie ange


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stellt werden, sicherlich zu Gunsten der erneuerbaren Energieträger ausfallen würde; Kosten, die allerdings der Bürger, der Stromkunde sehr wohl – wenn auch auf andere Art und Weise und über Umwege – zu bezahlen hat.

Ich stelle fest, daß ein Interesse an erneuerbaren Energieträgern, auch wenn es seitens der Regierungskoalition vorgegeben wird, aufgrund der Verzögerungstaktik nicht gegeben ist. Es besteht keine Investitionssicherheit.

Und da diese Freiwilligkeit der Länder angesprochen wurde: Sehr geehrte Damen und Herren! Welchen Sinn macht es, wenn beispielsweise – ich stelle hier nur zwei Vergleiche an – das Land Oberösterreich, um zeigen zu können, daß es in diesem Bereich auch aufgeschlossen und innovativ ist, Einspeisevergütungen für den Zeitraum von 15 Jahren gewährt, auf der anderen Seite jedoch eine Leistungsbegrenzung durchführt, sodaß beispielsweise nicht mehr als 4 Megawatt an Leistung aus Windkraftanlagen erreicht werden dürfen. Demgegenüber gewährt Niederösterreich – gemäß einer anderen, auch freiwilligen Regelung – eine Einspeisevergütung für drei Jahre ohne Leistungsbegrenzung.

Jeder weiß, daß es problematisch ist, mit diesen Vorgaben tatsächlich das erforderliche Maß an Investitionssicherheit zu haben. Hier geht es um ganz andere Dinge, und das ist der Grund, warum in diesem Bereich nichts geschieht. Diese geschützte verstaatlichte Proporzenergiewirtschaft soll offensichtlich – auf welche Art und Weise auch immer – beibehalten werden. Wen wundert es – hier möchte ich nur ein Beispiel anführen –, daß dann so eigenartige Verträge abgeschlossen werden wie jener mit dem Herrn Giljum vor nicht allzulanger Zeit, der als Direktor der Verbundplan eingesetzt wird, 1,68 Millionen Schilling Bruttojahresbezug hat, dazu 280 000 S Wohnbeihilfe, dazu ein Investitionspauschale von 200 000 S, dazu eine Remuneration, die für das Jahr 1995 mit 860 000 S festgelegt wurde, während für die kommenden Jahre eine Remuneration vertraglich fixiert wurde, die jeweils zu Beginn des Jahres einvernehmlich mit ihm in Höhe bis zu 100 Prozent des Bruttojahresbezuges festgelegt wird.

Dies, sehr geehrte Damen und Herren, versteht niemand, zumindest nicht der Bürger, das verstehen nur Sie, die Sie offensichtlich diese geschützten Bereiche in dieser Form beibehalten wollen. (Abg. Hans Helmut Moser: Österreich-Werbung!)

Zum Abschluß kommend: Im Zusammenhang mit Lambach verweise ich darauf, daß im Zuge einer Energieenquete, die im November in Linz stattgefunden hat, Herr Dr. Mair von der OKA, der für die Unternehmensentwicklung zuständig ist, geäußert hat, er hätte bis zum heutigen Zeitpunkt kein Angebot der Verbundgesellschaft erhalten. Demgegenüber äußert sich ein Vertreter der Verbundgesellschaft, Herr Dkfm. Leydolf, und sagt: Wir drängen uns nicht auf. Das Angebot wurde gemacht. Dr. Hans Haider hat sich im Rechnungshofausschuß diesbezüglich geäußert. Das ist wieder einmal mehr ein Beispiel dafür, daß man nicht ernsthaft daran interessiert ist, wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu machen.

Der Verbund hat ein Angebot gemacht. Wenn es ernsthaft ist, dann kann und sollte dieses Angebot selbstverständlich vom Vorstand der OKA eingefordert werden, und wenn der nicht dazu in der Lage ist, dann ist der Eigentümervertreter, Landeshauptmann Pühringer, aufgerufen, dies zu tun.

Die Vorbereitung auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer Landesgesellschaften läuft in eine komplett falsche Richtung. Die OKA kann aus der Portokasse der Bayernwerke gekauft werden, aber ich möchte die staatliche Abhängigkeit, die wir in diesem Bereich haben, nicht in eine ausländische staatliche Abhängigkeit verändert wissen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Da hat er recht! Da sind wir einer Meinung!)

13.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

13.43

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Hofmann! Da Sie das Thema Deutschland strapaziert haben, kann ich


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Ihnen sagen: In Deutschland beträgt der Anteil an alternativer Energieerzeugung 1,8 Prozent, in Österreich beträgt er 24,9 Prozent. So schlecht liegen wir also nicht. Das Beispiel Deutschland hinkt schon ein bißchen. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Das bezieht sich auf die alten Wasserkraftwerke!)

Man muß sich auch fragen, wenn wir so gute Werte haben – das haben Kollege Kopf und Kollege Oberhaidinger herausgestrichen, und ich möchte es noch ergänzen –, ob wir diesen Spitzenplatz eigentlich wegen oder trotz der Grünen haben, denn so besonders wasserkraftfreundlich waren die Grünen ja eigentlich noch nie, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Man braucht sich nur die Zahlen anzuschauen, um zu sehen, daß wir bei der Stromerzeugung einen Trend von den fossilen zu den erneuerbaren Energieträgern haben. Diesbezüglich haben wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Weltspitzenrang für Österreich erreicht. (Abg. Kopf: Dazu kann man gratulieren!) Man braucht sich nur die Relation von 28,2 Prozent zu 71,8 Prozent anzuschauen. Das ist ein Spitzenrang vor Dänemark, das immer so als Umweltmusterland strapaziert wird. Auf diese Energiepolitik – das kann man auch von dieser Stelle aus einmal sagen –, meine sehr geehrten Damen und Herren, können wir stolz sein in diesem Hohen Haus. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn man sich die CO2-Emissionen ansieht, die Frau Kollegin Langthaler angesprochen hat, dann sieht man, daß wir auch diesbezüglich pro Kopf der Bevölkerung nicht schlecht liegen. Vergleichen sollten wir uns natürlich nicht – das müssen wir sehr deutlich sagen – mit Ländern mit hoher Atomstromproduktion, wie zum Beispiel Frankreich, oder mit Ländern mit hohen Stromimporten wie Italien.

Wenn wir uns die Maßnahmen ansehen, die wir 1993 als Vorgabe festgelegt und für die Erreichung des Ziels bis 2005 hinsichtlich Reduktion des Energieeinsatzes, der CO2-Emission und so weiter formuliert haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, so sind diese teilweise umgesetzt oder werden zurzeit realisiert. Das heißt also, wir liegen weit über dem Plan.

Trotz dieser guten Ausgangslage haben sich die Sozialpartner, die Bundesregierung und die Koalition darüber geeinigt, dem Fondsmodell in der nächsten Zeit die Zustimmung zu geben. Ich glaube, es ist auch richtig, Investitionen und nicht Betriebskosten zu fördern. Aber über dieses Modell wurde heute schon ausführlich diskutiert, daher brauche ich das jetzt nicht mehr zu wiederholen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, man sollte auch einige Zahlen erwähnen, weil immer wieder von seiten der Grünen, der Liberalen und auch der Freiheitlichen gesagt wird, daß nichts getan wird. Ich kann betonen, daß 270 Millionen Schilling allein vom Umweltministerium – das wissen Sie wahrscheinlich nicht, darum sage ich es Ihnen jetzt – zur Steigerung der Energieeffizienz und für erneuerbare Energieträger zur Verfügung gestellt worden sind. Das ist ein herzeigbares Modell, Herr Kollege Graf, und ich glaube, das werden Sie auch in Simmering sehr stark vertreten können. (Abg. Dr. Graf: Ich bin aus Donaustadt und nicht aus Simmering!) Ich kann mir auch vorstellen, daß Sie Ihren Kollegen von den Freiheitlichen sagen können, daß man – das ist auch mein Wunsch an die ÖVP – von 28,5 Milliarden Schilling Agrarförderung vielleicht 200 Millionen zur Förderung der Biomasse abzweigen sollte.

Ein Satz noch zu den Liberalen. Mir gefällt das natürlich sehr, wenn man immer meint, man sollte alles liberalisieren, deregulieren, entstaatlichen. Aber das verlangen Sie nur dann, wenn es Ihnen in die politische Kiste paßt – der Kollege Kier spricht ja dann nach mir –, denn auf der anderen Seite, wo gefördert wird, soll wieder der Staat einspringen, soll man wieder verstaatlichen, wieder fördern und so weiter. (Abg. Dr. Haselsteiner: Nein, nein! So meinen wir das nicht! Da haben Sie nicht zugehört!)

Wenn ich mir anschaue, daß wir für eine mittels Photovoltaik gewonnene Kilowattstunde 14 S zahlen sollen, dann glaube ich, daß dieses Modell, das die Koalition jetzt vorschlägt, ein sehr gutes Modell ist, und ich bin für die Weiterverfolgung dieses Modells. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Der Schluß war ein bisserl verunglückt!)

13.47


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.47

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte gleich einmal unmittelbar auf den Kollegen Marizzi eingehen. Herr Kollege Marizzi, die Energiewirtschaft ist ein etwas komplexeres Feld, als Sie es hier dargestellt haben. Wenn man da Äpfel mit Birnen verwechselt, dann ist das ein echter Fehler, denn alternative Energie und regenerierbare Energie zu verwechseln, das ist wirklich unangenehm. (Abg. Dr. Graf: Zur Ehrenrettung des Kollegen Marizzi: Er hatte nur 4 Minuten Zeit!) Und wenn Sie uns außerdem energiestatistisch einen hohen alternativen Anteil in Österreich zurechnen und die Wasserkraft dazunehmen, dann ist das eben ein Denkfehler (Abg. Marizzi: Nein!) , denn die Wasserkraft ist eine erneuerbare Energie, zählt aber in der Terminologie der Energiewirtschaft nicht zu den alternativen Energien. Glauben Sie mir das, bitte, ich habe selber lange genug in diesem Bereich gearbeitet, ich weiß das.

Es ist daher legitim, daß man sagt, wir haben einen hohen erneuerbaren Anteil – da würde ich Ihnen ja gar nicht widersprechen –, aber wenn Sie Windenergie und Photovoltaik mit Wasserkraft in ein Bündel schnüren, um einen hohen Prozentsatz darzustellen, dann machen Sie einen Fehler, denn die Wasserkrafttechnologie ist überhaupt nicht innovativ. Das ist eine sehr alte Technologie; schon die Eisenhämmer waren mit Wasserkraft betrieben. (Abg. Marizzi: Na schlecht?)

Wir haben natürlich inzwischen sehr viel Entwicklungsarbeit geleistet und waren teilweise Pioniere im Kraftwerksbau und auch im Turbinenbau – das bestreite ich gar nicht –, aber alternativ ist das nicht. Das ist ausgereifte Technik, es ist Stand der Technik, Wasser zu nutzen, aber es ist nichts, was mit diesen Entschließungsanträgen gemeint ist, die sich in diesem Feld bewegen. Ich wollte das einmal ausdrücklich klarstellen.

Wenn man für den Marktzutritt bestimmter alternativer Energieformen ist, die sonst unter dem Angebotsdruck der großen Monopole leiden, wenn man will, daß das aufgebrochen wird, dann ist das liberale Marktwirtschaft und nicht Förderungspolitik, Herr Kollege Marizzi! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Denn Markt setzt Mitspieler voraus, die sich einigermaßen gegeneinander positionieren können. Und genau das haben wir in diesem Feld nicht.

Und deswegen sind wir der Auffassung, daß hier etwas geschehen muß, und wir wissen ja auch, daß man das im Haus des Herrn Bundesministers annähernd ähnlich sieht. Das Problem liegt ganz woanders, nämlich bei den etablierten, auf das Monopol gestützten Unternehmen, die keine Freude haben, wenn sich das System dezentralisiert. Insofern meine ich, wir sollten hier eher vom Parlament aus auch die Position der Stromkonsumenten einnehmen und nicht nur die Position der Stromerzeuger und der großen Monopoleinheiten. – Soviel zu dem.

Damit wende ich mich gleich dem Entschließungsantrag der Kollegin Langthaler betreffend Neuorganisation der Energiewirtschaft zu. Dieser ist nämlich sozusagen der zentrale Antrag dieser drei Anträge, denn hinter diesem Antrag stecken alle diese Probleme verborgen.

Wenn hier empfohlen wird, daß wir eine umfassende Studie entwickeln sollen, dann hat das viele Gründe. Es ist nicht so, daß es nicht auch den Sachverstand in diesem Haus gibt. Die Energiesprecher der Fraktionen, die ich kenne, sind diskussionsfähig in dem Bereich, aber wir haben ein anderes Visavis. Wir haben das Visavis der Unternehmen der Energiewirtschaft, die überhaupt nicht daran interessiert sind, daß sich etwas ändert. Nur im Mindestmaß sind sie vielleicht zu Änderungen bereit.

Diese EU-Richtlinie, die ja schon lange Zeit diskutiert wird, ist zwar jetzt erst reif geworden, aber was hier auf uns zukommt, wissen wir schon seit vielen Jahren. Und seit vielen Jahren war die Politik des Verbandes der E-Werke ausschließlich darauf gerichtet, wie man alles so lassen kann, wie es ist, wenn diese Richtlinie doch einmal kommen sollte. Und genau deswegen sind diese Fachleute – das sind Fachleute – keine redlichen Gesprächspartner in der Diskussion, und deswegen brauchen wir eine wissenschaftlich gestützte Unterlage, damit wir hier den Primat


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der Politik durchsetzen können, damit nicht die Energiewirtschaft bestimmt, was wir hier zu beschließen haben, sondern damit wir nach einer ehrlichen Diskussion – wir werden nicht immer einer Meinung sein – zu einem Beschluß kommen können, der für die Energiewirtschaft, die Elektrizitätswirtschaft gut ist, aber nicht das ist, was sie selbst wollen. (Beifall beim Liberalen Forum und den Grünen.)

Insbesondere deswegen, so meine ich, ist so eine Studie wichtig, weil sie die Diskussion versachlichen und uns auch Stoff in die Hand geben würde, aus dem wir mit den Mitteln der Politik ein neues Organisationsgesetz kneten könnten.

Und da wende ich mich jetzt dem dritten Entschließungsantrag zu. Der ist übrigens ein Beweis für die Dringlichkeit der Reform. Natürlich ist es richtig, was der Kollege Oberhaidinger gesagt hat, daß in diesen Aktiengesellschaften die Vorstände bestimmen und nicht die Eigentümer. Nur in Oberösterreich ist das bestimmt nicht so, denn wenn der Landeshauptmann vor die Kamera tritt und sagt: Meine OKA wird das machen!, und daneben steht der Generaldirektor und sagt: Jawohl!, dann ist er kein Vorstand, der von seinem weisungsfreien Mandat Gebrauch macht, sondern dann ist er der Erfüllungsgehilfe des Landeshauptmannes. (Zwischenruf des Abg. Großruck .) Ja, das ist seine Eigenverantwortung. Er kann das machen, wie er will. Weisungsfreiheit heißt ja nicht, daß man davon unbedingt Gebrauch machen muß. Er demonstriert uns, daß er unter Weisungsfreiheit versteht, das zu tun, was der Eigentümer, das Land Oberösterreich beziehungsweise Pühringer sagt. (Abg. Dr. Haselsteiner: Und das gefällt mir nicht!) Und das gefällt mir nicht! Richtig. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das ist nämlich der Grund, warum die Bezüge unproportional hoch sind. (Abg. Großruck: Reden Sie nicht von Oberösterreich, da kennen Sie sich nicht aus!) Herr Kollege! Das ist der Grund, warum die Bevölkerung verdrießlich ist, denn wenn ich jemanden habe, der Vorstand eines EVU ist, der eine hohe Verantwortung trägt, der hochbezahlt ist, aber von der Verantwortung keinen Gebrauch macht, weil er nur Erfüllungsgehilfe ist, dann ist der Bezug zu hoch und der Posten falsch besetzt. (Abg. Mag. Kukacka: Alles durch Beschlüsse des Landes gedeckt!)

Und deswegen brauchen wir eine Reform. Sonst würde eine Investition wie Lambach gar nicht stattfinden; in einem betriebswirtschaftlich geführten Unternehmen würde der Aufsichtsrat den Vorstand davonjagen! Davonjagen würde man ihn, fristlos – und mit einer Schadenersatzklage bedenken! (Beifall beim Liberalen Forum.) Denn da werden Hunderte Millionen in den Sand gesetzt, die lassen sich nie mehr verdienen.

Ich sage Ihnen: Wenn es uns nicht gelingt, in angemessener Frist eine Reform der österreichischen Elektrizitätswirtschaft einzuleiten, dann wird die Konkursordnung das Instrument der Reform sein. Wollen Sie wirklich, daß einer der wichtigsten Infrastrukturbereiche der Republik sich durch Konkurse in der Struktur bereinigt und die Haupt-Assets von außen herausgekauft werden? – Die Bayernwerke brauchen nur die Portokassa aufzumachen und stecken die EVN in die linke Tasche. Nur der Herr Gruber weiß das nicht!

Deswegen müssen wir hier den Primat der Politik ergreifen. Ich bitte Sie wirklich herzlich ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich kann Ihnen auch einen anderen nennen, der Gruber ist nur ein hochkarätiges Symbol dafür. Und der Bundesminister weiß das alles ganz genau. Wir müssen hier dafür sorgen, daß unsere Infrastruktur im Bereich der Elektrizitätswirtschaft nicht vor die Hunde geht, denn das ist maßgeblich für den Wirtschaftsstandort Österreich – glauben Sie mir das! Denn wenn der Bundeslastverteiler in Stuttgart oder in München sitzt, dann können wir hier auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft keine Strukturpolitik mehr machen. – Dann ist der Ofen aus! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Freiheitlichen.)

13.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

13.55

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben heute hier aus dem Munde der Frau Abgeordneten Langthaler und des Herrn Abgeordneten Dr.


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Kier ein Paradebeispiel für unseriöse Rechnungen und Denkweisen erfahren müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wird hier behauptet, die Landesgesellschaften seien nicht mehr konkurrenzfähig. Im gleichen Atemzug verlangt man aber, daß diese Landesgesellschaften, die angeblich nicht mehr konkurrenzfähig sind, Einspeisetarife akzeptieren, die deutlich über dem Endverkaufspreis liegen. Wenn Sie glauben, daß Sie damit die Konkurrenzfähigkeit der Landesgesellschaften erhöhen, dann sind Sie absolut unseriös. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. )

Sie verlangen von uns auch, daß wir uns eine wissenschaftliche Studie vorlegen lassen. Meine Damen und Herren von der Opposition! Diese wissenschaftliche Studie liegt vor. Es ist dies der Nationale Umweltplan, der dem Umweltausschuß am 14. November 1996 von Herrn Universitätsprofessor Stefan Schleicher vorgelegt wurde. Und dieser Nationale Umweltplan hat eine einzige entscheidende und zentrale Aussage, und die lautet: Österreich ist in der Lage, das Toronto-Ziel bis zum Jahr 2005 zu erreichen. – Ein höheres Lob von seiten der Experten kann Österreich nicht bekommen.

Es stehen auch die Voraussetzungen drinnen, unter welchen das geschehen kann. Wenn nämlich der Primärenergieeinsatz um 11 Prozent reduziert wird – im Vergleich zum Jahr 1990 –, ist dies möglich. Ich darf feststellen: Österreich ist mit diesen Daten in einer hervorragenden Position. Die Vereinigten Staaten von Amerika mit ihrem Ölverbrauch von 20 Litern pro Kopf und Tag werden dieses hochgesteckte Toronto-Ziel niemals erreichen.

Natürlich geschieht auch in der Energiepolitik nichts von selbst. Es sind massive Anstrengungen notwendig. Auch diese Maßnahmen sind im Nationalen Umweltplan enthalten, und ich darf sie hier aufführen:

Zum ersten ist die Erhöhung des Wirkungsgrades des Energieeinsatzes insgesamt notwendig. Derzeit beträgt der Wirkungsgrad im Durchschnitt 43 Prozent, das ist relativ niedrig. Wir könnten allein dadurch den Primärenergieeinsatz langfristig halbieren.

Zweitens: Vorrang für den Einsatz erneuerbarer Energieträger, wie Biomasse, Wind und Sonne.

Zum dritten: forcierte Nutzung der Solarenergie. Es ist erfreulich, daß bis zum Frühjahr 1996 bereits 183 kW installierte Leistung durch die Republik Österreich gefördert wurden.

Das, was ich für besonders entscheidend halte, ist ein Energiemanagement in allen Städten und Gemeinden Österreichs. Wir müssen dazu beitragen, daß jede Gemeinde lokale beziehungsweise regionale Energiepläne vorlegt. Gerade in einem Land, in welchem das Holz praktisch zum Fenster hereinwächst, ist es nicht sinnvoll, für die Wärmeversorgung kleiner Einheiten Holz, Öl oder Gas aus über 5 000 Kilometer Entfernung heranzuschaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was noch notwendig ist, sind Energiesparmaßnahmen im Bereich des Hochbaues. Hier hat die öffentliche Hand eine Vorbildwirkung, sie muß sie haben. Ich würde mir wünschen, daß es systematische Maßnahmen zur Wärmesanierung der öffentlichen Bauten in Österreich gäbe.

Der vorletzte Punkt ist die kaskadische Nutzung von Energie, insbesondere von Wärme, zum Beispiel in den Krankenanstalten. Und schließlich soll Österreich auch Nutzen ziehen aus der forcierten Weiterentwicklung aller Technologien, welche das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Energiewirtschaft realisieren.

Insgesamt sind diese Maßnahmen nur in enger Kooperation mit den vorhandenen Energieversorgungsunternehmen umsetzbar, und deshalb bekennt sich die Österreichische Volkspartei zur Verlängerung des Generalübereinkommens, und deshalb werden wir diesem Antrag auch mit Überzeugung zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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14.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Anschober. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

14.00

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wären jetzt sicher mehr als vier Minuten notwendig, um auf den Kollegen Wurmitzer zu reagieren beziehungsweise auf das, was vorhin die Debatte ausgezeichnet hat. Aber ich glaube, das können wir uns sparen. Das war jetzt das Vortragen eines Wunschbriefes an das energiepolitische Christkind. Die ersten drei Viertel waren ja durchaus in Ordnung – aber wo bleibt dann die konsequente Umsetzung jener Wünsche, die Sie jetzt ausgesprochen und vorgetragen haben? – Das, was Sie hier heute beschließen, ist es auf jeden Fall nicht. Das ist es mit Sicherheit nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor einigen Wochen gab es – einige werden sich wahrscheinlich daran erinnern können – im Rechnungshofausschuß eine Befragung des Verbundchefs Haider. Dabei ist so wunderbar deutlich geworden, was eines der zentralen Themen der Energiewirtschaft in Österreich derzeit ist, nämlich unter anderem dieses unglückselige "Schrebergartendenken" der einzelnen Landesgesellschaften und der einzelnen Regionen. Statt österreichisch zu denken, statt volkswirtschaftlich und ökologisch sinnvoll zu denken, wird in einer Schrebergartenmentalität gedacht.

Der Herr Verbundchef Haider hat deutlich gemacht, daß derzeit der Verbundkonzern keinerlei Bedarf an neuen Kraftwerken hat. Im Gegenteil: Der Verbundkonzern befindet sich derzeit in einer massiven Überschußsituation, er hat einen Stromberg, der mit sehr fragwürdigen Mitteln – vor allem mit wirtschaftlichen Verlusten – international abgesetzt werden muß, unter anderem auf internationalen Spotmärkten.

Bei dieser Befragung ist es zur hochinteressanten Aussage gekommen, daß selbstverständlich der Verbund jederzeit bereit und in der Lage wäre, aus diesem Überschuß-Stromberg Lieferungen an einzelne Landes-EVUs zu übernehmen, um bevorstehende, drohende, völlig kontraproduktive neue Kraftwerksbauten in diesen Bereichen zu verhindern und zu substituieren.

Verbundchef Haider ist sogar so weit gegangen, daß er gesagt hat, wir können etwa Theiß und auch Lambach langfristig durch billige Lieferungen des Verbundkonzerns ersetzen, die deutlich unter den Produktionskosten, die es in Theiß oder Lambach geben würde, liegen würden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Es hat auf diese Aussagen hin eine massive öffentliche Debatte unter anderem in Oberösterreich gegeben, denn das war ja ein vernünftiger Vorschlag, ein volkswirtschaftliches Denken, so wie wir es uns wünschen: weg vom Schrebergartenblick hin zu einer gesamtösterreichischen volkswirtschaftlichen und ökologischen Betrachtungsweise. Die Reaktionen waren, daß Grüne, Liberale, Freiheitliche und auch die SPÖ in Oberösterreich diesen Vorschlag vehement begrüßt haben. Kollege Oberhaidinger! Ich zitiere wörtlich die Aussage deines Landesparteivorsitzenden Fritz Hochmair in Oberösterreich, der nach der Darstellung von Verbundchef Haider im Rechnungshofausschuß gemeint hat, das sei ein hochpositiver Vorschlag, und die SPÖ würde das vollinhaltlich unterstützen. Jetzt verstehe ich nicht ... (Abg. Oberhaidinger: Ich habe damit kein Problem! Nur kann ich die Minister nicht dazu verpflichten!)

Kollege Oberhaidinger! Du weißt genausogut wie ich, daß unser Antrag darauf abzielt, jetzt auf den Wirtschaftsminister einzuwirken, damit es zu Gesprächen in Richtung einer Konkretisierung dieses Angebots kommt, damit es möglicherweise auch zu Gesprächen in Richtung Abschluß dieses Angebots kommt. Das ist natürlich keine Verpflichtung. Das ist absolut vereinbar mit dem Aktienrecht, vor allem mit dem Aktienrecht, wie es die ÖVP in ihren Landes-EVUs versteht – Stichwort: Wir von der OKA!, wie der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich meint. Das ist nur eine Aufforderung, diese Verhandlungen durchzuführen, auf den Verbundkonzern und auf die OKA willensbildungsmäßig einzuwirken, um tatsächlich zu konkretisieren. Diese Konkretisierung und konkrete Stromlieferungen wären eine Chance, in einem wesentlichen Bereich tatsächlich zu einer sinnvollen Lösung zu kommen.

Und was machen die Sozialdemokraten heute? – Sie hängen am Gängelband der ÖVP. Aber ich habe mir von ihnen nichts anderes erwartet. Da ist der Betonierer Pühringer fest am Drücker.


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Aber die Sozialdemokraten fallen wieder einmal der eigenen Landesorganisation in Oberösterreich in den Rücken, da muß ich den Fritz Hochmair fest verteidigen. Er wäre auf der richtigen Linie gewesen – gemeinsam mit den Grünen. Sein Klub im Parlament läßt ihn im Stich, und das ist bedauerlich. Das ist höchst bedauerlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, denn damit wird eine historische Chance, diese Schrebergartenmentalität in Österreich an einem Fallbeispiel einmal zu überwinden und den Kraftwerkskonflikt Lambach zu lösen, verspielt. Das ist höchst bedauerlich. (Beifall bei den Grünen.)

14.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Freiwillige Redezeit: 5 Minuten.

14.05

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich nur festhalten, daß das, was Herr Kollege Kier zum Thema OKA und Aufsichtsratspräsident (der Redner stockt – Rufe: Pühringer! Pühringer!) Pühringer gesagt hat, schon einmal deshalb nicht stimmt, weil der Herr Landeshauptmann Pühringer gar nicht Aufsichtsratspräsident ist. Sie haben das offensichtlich nicht gewußt, Herr Kollege. (Abg. Dr. Kier: Ich habe gesagt: Eigentümer!)

Der Herr Landeshauptmann hat ausdrücklich als Eigentümervertreter gesprochen. Und alles, was er hier gesagt hat, hat er im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat gesagt, denn zu all diesen Maßnahmen gibt es einstimmige Beschlüsse des Aufsichtsrates. Das möchte ich klar und eindeutig festhalten.

Das, was Sie hier von sich gegeben haben, ist eine billige Polemik. Aber mit billiger Polemik werden wir die Probleme der Energiewirtschaft sicherlich nicht lösen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Damit bin ich auch beim Kollegen Anschober. – Herr Kollege Anschober! Zuerst halte ich einmal fest: Dieses Angebot des Verbundes hat es in dieser Form überhaupt nicht gegeben. Das haben Sie so hineininterpretiert. Das hätten Sie gerne so gehabt. Deshalb besteht für uns in Oberösterreich zum Beispiel überhaupt kein Anlaß, auf das Kraftwerk Lambach zu verzichten, weil wir davon überzeugt sind, daß es volkswirtschaftlich und umweltpolitisch ein sinnvolles Kraftwerk ist, und es sprechen auch alle Daten eindeutig dafür. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Es ist in der Errichtung günstiger als vergleichbare Kraftwerke. Es liefert 100 Jahre lang billigen Strom aus der Wasserkraft. Zu diesem Angebot des Verbundes ist zu sagen: Der Verbundstrom wird heute fast doppelt so teuer erzeugt wie der Strom der OKA, nämlich zu 80 Groschen pro kW-Stunde auf der einen Seite und zu 42 Groschen auf der anderen Seite.

Der Verbundstrom, meine Damen und Herren, Herr Kollege Kier, besteht zu 12 Prozent aus Atomstrom, zu 40 Prozent aus Strom von Kraftwerken früherer osteuropäischer Länder, und nur der Rest stammt aus inländischer Erzeugung. Daraus kann man glasklar erkennen: Der OKA-Strom ist in seiner Produktion billiger, und er wird auch wesentlich umweltfreundlicher erzeugt als etwa der Verbundstrom. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Jedes Wort ist falsch!)

Da die OKA 50 Prozent ihres Strombedarfes selbst produziert, war es ihr auch möglich, die massive Strompreiserhöhung des Verbundes, die in den letzten 5 Jahren rund 33 Prozent betragen hat, abzufangen, und sie brauchte sie nicht an ihre eigenen Kunden weiterzugeben. Das soll unserer Meinung nach auch in Zukunft so bleiben. Deshalb bekennen wir uns zum Ausbau der langfristig billigsten und umweltfreundlichsten Energie, nämlich der Wasserkraft, auch wenn Sie das nicht gerne hören. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das sage ich gerade in Richtung der Grünen: Wir bekennen uns auch deswegen zur Wasserkraft, um Atomstrom zu verhindern und um kalorische Kraftwerke weiter zu substituieren.


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Daß Grüne und alle Umweltbewegten diese sinnvolle und logische Politik nicht mitmachen, das ist eine ganz große Widersprüchlichkeit und eine ganz große Chuzpe Ihrer Energiepolitik, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb wird die OKA dieses Wasserkraftwerk bauen. Es wird 100 Jahre lang billige Energie zur Verfügung stellen. Meine Damen und Herren! Nehmen Sie die jetzige Pause beim Bau auch zum Anlaß, über Ihre eigene Position nachzudenken! Geben Sie Ihren unberechtigten Widerstand auf, denn er ist weder energiepolitisch noch umweltpolitisch sinnvoll! (Beifall bei der ÖVP.)

14.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Kier hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Maximal 2 Minuten. Auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung wird hingewiesen.

14.10

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Ich berichtige den Abgeordneten Kukacka tatsächlich. Er hat gesagt, ich hätte hier von diesem Pult aus behauptet, Landeshauptmann Pühringer hätte als Aufsichtsratspräsident dem Herrn Generaldirektor Windtner Weisungen geben.

Ich habe hier ausdrücklich gesagt: Als Eigentümer hat er diese Weisungen gegeben. Ich lege wirklich Wert darauf, weil als Eigentümer ist er nicht einmal ein zuständiges Organ in diesem Fall. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mentil. Es ist mir eine freiwillige Redezeit von 4 Minuten gemeldet worden.

14.11

Abgeordneter Hermann Mentil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Marizzi! Ihre Vorgangsweise finde ich wirklich lustig: Wir nehmen 11,8 Prozent Wasserkraft her, zählen 11,8 Prozent sonstige Energieträger dazu, und dann addieren wir und haben in Summe die Alternativenergielösung, so wie Sie es gemacht haben. Also diese Vorgangsweise kann man so nicht gelten und im Raum stehenlassen.

Ich glaube, daß die Glorifizierung der Energiewirtschaft seitens der Regierungsrepräsentanten nicht gerechtfertigt ist. Sie bräuchten ja nur die Zeitungen herzunehmen und nachzulesen, was da alles von sachkundigen Energiewirtschaftern von sich gegeben wird: "Einzigartige Steuer auf alternative Energie" liest man da beispielsweise in der "WirtschaftsWoche". Oder: "Energiekonzept 1996 – keine konkreten Zeitpläne – viel heiße Luft". Oder: "Mageres Programm! In punkto Energie und Umwelt fällt das Regierungsprogramm dürftig aus. Wohl finden sich hehre Ziele wie nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz, doch konkrete Maßnahmen zur Umsetzung fehlen."

Also die Berichterstattung sieht das nicht so wie Sie, Herr Kollege Kukacka und Herr Marizzi. Mich würde ja interessieren, wie der Kollege Kukacka zum Wasserkraftwerk in Hainburg steht, wie er das sieht, ob er dafür auch so voller Euphorie eintritt wie für das Kraftwerk Lambach. – Aber das hat er uns ja noch nicht beantwortet; das wird sicher noch kommen. (Abg. Mag. Kukacka: Das gibt es ja nicht!)

Ich komme jetzt zu Ihrem Entschließungsantrag. Herr Minister! Dieser Entschließungsantrag ist wirklich eine peinliche Lösung. Er ist deshalb eine peinliche Lösung, weil Sie mit diesem Entschließungsantrag, der von den Repräsentanten der Koalitionisregierung eingebracht worden ist, wieder einmal die Untätigkeit dieser Regierung beziehungsweise der Koalitionsrepräsentanten, was die Energiewirtschaft betrifft, hier im Hohen Haus dokumentieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie dürften noch immer nicht begriffen haben, welchen Schaden, welche Verunsicherung Sie bei den Investoren ausgelöst haben. Sie dürften das noch nicht mitgekriegt haben. Sie dürften auch


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nicht mitgekriegt haben, daß es Tausende Projekte gibt, die in Planung sind, Tausende Projekte, in allen Bereichen – nicht nur Windgeneratoren, nicht nur Photovoltaik-Fassaden – Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Sie überhaupt wissen, was das ist! (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP) –, nicht nur Photovoltaik-Dachziegelanlagen! Dachziegelanlagen könnten wir heute schon montieren und installieren! Gar nicht zu reden von den Biomasseanlagen!

Milliardeninvestitionsmöglichkeiten liegen darnieder, aber Sie sind nicht fähig, sind nicht in der Lage, die Weichen zu stellen. Sie sind nicht in der Lage, eine zukunftsträchtige Energiepolitik zu machen. Das ist Ihr Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie interessiert das nicht! Sie schaffen keine klaren Richtlinien, Sie entwickeln die energiewirtschaftlichen Konzepte nicht weiter, Sie prolongieren mit diesem Entschließungsantrag, den Sie heute vorgelegt haben, eine nicht zufriedenstellende Lösung.

Auch die Arbeitsplätze, von denen Sie immer reden, kommen da nicht vor. Die fallen Ihnen in diesem Zusammenhang anscheinend nicht mehr ein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eines möchte ich Sie bitten, meine Herrschaften aus dem geschützten Bereich – 70 Prozent der hier amtierenden Kollegen aus den Koalitionsfraktionen kommen ja aus dem geschützten Bereich –: Arbeiten Sie doch endlich wie die Arbeiter, wie die Angestellten, wie die Gewerbetreibenden, wie die Freiberuflichen in der Privatwirtschaft! Machen Sie Tempo! Machen Sie Druck! Erledigen Sie das! Tun Sie nicht immer prolongieren und verlängern und entschließen und wieder verlängern! Schauen Sie, daß es wenigstens zu Fristen kommt! Setzen Sie wenigstens Fristen! Bringen Sie noch schnell einen Fristsetzungsantrag ein – das wäre etwas ganz Wunderbares! Die Investoren warten auf diese Lösung, würden sich freuen, wenn sie wüßten, daß Sie vielleicht bis August eine zeitgemäße, zukunftsträchtige Lösung zusammenbringen. Ich hoffe, es gelingt Ihnen noch.

Ich hoffe, daß Sie mit guten Vorsätzen in das energiewirtschaftliche Jahr 1997 gehen, daß Sie irgend etwas auf die Beine stellen und sich 1997 zu einer Energiepolitik aufraffen, die der Situation Rechnung trägt und die am 31. Dezember 1997 alle Österreicherinnen und Österreicher aufatmen läßt, weil Sie endlich etwas gearbeitet haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen werden.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht in 530 der Beilagen der Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Ausschußbericht des Wirtschaftsausschusses zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 530 beigedruckte Entschließung.

Dazu hat die Frau Abgeordnete Ing. Langthaler einen Zusatzantrag eingebracht. Ich werde zunächst über diesen Zusatzantrag Langthaler und schließlich über die dem Ausschußbericht beigedruckte Entschließung abstimmen lassen.

Ich ersuche also jene Damen und Herren, die dem Zusatzantrag Langthaler ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Zusatzantrag hat keine Mehrheit gefunden.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht beigedruckte Entschließung.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die dieser Entschließung zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so beschlossen. (E 36.)

Weiters stimmen wir ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht 531 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch da darf ich bitten, daß jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Dieser Bericht ist mit Mehrheit beschlossen worden.

Schließlich stimmen wir ab über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, seinen Bericht (532 der Beilagen) zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf auch hier im Falle der Zustimmung um ein Zeichen ersuchen. – Ich stelle fest, daß auch dieser Bericht 532 der Beilagen mit Mehrheit angenommen wurde.

Damit haben wir diesen Punkt der Tagesordnung erledigt.

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (458 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird (ZDG-Novelle 1996) (544 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen als nächstes zum 13. Punkt der Tagesordnung der heutigen Sitzung.

Eine mündliche Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Somit gehen wir gleich in die Debatte ein.

Der erste Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Es wird wunschgemäß die Uhr auf 6 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.20

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, mit diesem von Ihnen hier vorgelegten Antrag soll die unendliche Geschichte der Zivildienstreformen der letzten Jahre zumindest vorläufig beendet werden. Zuerst haben wir immerhin in Zwei-Jahres-Abständen, später sogar jedes Jahr hier im Hohen Haus das Trauerspiel dieser Zivildienstdiskussionen und dann auch von provisorischen Reformen gehabt.

Ich erinnere nur an das vorige Jahr, als sich in diesem Interregnum nach dem Bruch der Koalition die beiden Regierungsparteien gegenseitig neutralisiert haben und es nur den Freiheitlichen zu verdanken gewesen ist, daß die jetzige Regelung noch einmal um ein Jahr verlängert wurde, um die Zivildienstkommission zu verhindern.

Aber, Herr Bundesminister und meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie haben leider all die Jahre die Gelegenheit, eine Gesamtreform im Bereich des Zivildienstes umzusetzen, nicht genützt. Sie haben wieder einmal zwischen den einzelnen Interessen der verschiedenen Fraktionen einen faulen Kompromiß geschlossen, mit einer ganzen Reihe von Widersprüchlichkeiten, anstatt den Zivildienst in einen Zivil- und Katastrophenschutzdienst umzugestalten, um in diesem Bereich große Defizite zu beheben. Das haben Sie nicht geschafft, da haben Sie sich nicht drübergetraut, und daran wird deutlich, daß Sie es nicht schaffen, in den wichtigen Bereichen in Österreich auch die notwendigen Reformen umzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist ja, wenn man vom Zivil- und Katastrophenschutz spricht, interessant, daß im Ausschuß dann, auch von Ihnen, Herr Minister, auf unsere Anregung und unsere Frage, ob denn die Zivildiener im Ernstfall auch zu Katastrophenschutzeinsätzen, etwa bei Schneekatastrophen,


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herangezogen würden, gesagt wurde, mit solchen sinnwidrigen Tätigkeiten sollte man die Zivildiener nicht belasten, das würde sie an der Ausübung ihrer Arbeit hindern.

Herr Bundesminister, das kann doch nicht Sinn einer derartigen Regelung sein, daß Sie sagen, Einsatz im Katastrophenschutz, im Zivilschutz, in einem Bereich ureigenster umfassender Landesverteidigung sei sinnwidrig und würde den normalen Dienst der Zivildiener stören. Ich würde es mir wünschen, daß bei Schneekatastrophen und Unwettern die Zivildiener Seite an Seite mit unseren Soldaten und Grundwehrdienern an der Behebung dieser Mißstände arbeiten. Das wären sinnvolle Tätigkeiten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! In diesem Kompromiß gehen Sie von einer ganzen Reihe systemwidriger Regelungen aus. Sie gehen von Fiktionen aus und sind bei der Regelung dieser Fiktionen noch inkonsequent, etwa was die Frage der in der Verfassung festgehaltenen allgemeinen Wehrpflicht angeht. Die österreichische Bundesverfassung normiert, daß grundsätzlich für alle wehrtauglichen männlichen Staatsbürger allgemeine Wehrpflicht besteht und nur in Ausnahmefällen ein Wehrersatzdienst abgeleistet werden kann. Ein Wehrersatzdienst, Herr Bundesminister, kann aber nur dann geleistet werden, wenn der Betreffende Gewissensgründe glaubhaft machen kann, die ihm den Dienst mit der Waffe unmöglich machen.

In Wahrheit, Herr Bundesminister, haben wir schon seit der Abschaffung der Gewissenskommission, der Gewissensprüfung – und wir alle begrüßen diese Abschaffung, weil die Arbeit dieser Gewissenskommission sicherlich untauglich gewesen ist –, keine allgemeine Wehrpflicht mehr, sondern die allgemeine Wehrpflicht ist in eine allgemeine Dienstpflicht umgewandelt worden. Der Zivildienst ist kein Wehrersatzdienst mehr, sondern ein Alternativdienst, und jeder kann sich frei entscheiden, ob er Dienst mit der Waffe oder ohne Waffe machen will.

Die Verfassung und auch das Zivildienstgesetz schreiben vor, daß Gewissensgründe glaubhaft gemacht werden müssen, die den Dienst mit der Waffe verhindern. Merkwürdigerweise haben Sie aber bei den Ausschließungsgründen für die Zivildienstausübung im Gesetz nur den Fall einer gerichtlichen Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung mit Waffengewalt vorgesehen, nicht aber sonstige gewalttätige Handlungen, Herr Bundesminister. Es kann also jeder Raufereien, Gewalttätigkeiten der übelsten Art vollführen, für die er vielleicht sogar strafrechtlich verurteilt wird, aber Zivildienst kann er machen, wenn er behauptet, er könne aus Gewissensgründen den Dienst beim Bundesheer nicht ableisten.

Weiters ist vorgeschrieben, daß Zivildiener nur im Bereich der umfassenden Landesverteidigung eingesetzt werden sollen. Herr Bundesminister, erklären Sie mir, wie der Einsatz bei verschiedenen privaten Organisationen, für Verwaltungstätigkeiten im Bereich der Justizverwaltung und in der Sicherheitswache als Schutzwegregler mit dieser Anforderung der umfassenden Landesverteidigung in Verbindung zu bringen ist.

Auch wenn es immer wieder heißt, daß das Sozialsystem zusammenbrechen würde, wenn man die Zivildiener nicht in dieser Art und Weise hätte, meine Damen und Herren, halte ich dem entgegen: Als seinerzeit noch die Kommission tätig war, hat man nur 2 000 Zivildienstplätze gehabt, und nichts ist zusammengebrochen. Jetzt aber glaubt man, daß 8 000 unbedingt notwendig sind, um das ganze System aufrechtzuerhalten.

Man könnte auch noch weitere Widersprüchlichkeiten anführen, etwa bezüglich der Zivildienstdauer, Herr Bundesminister. Die ÖVP hat gesagt: 12 Monate, die SPÖ hat gesagt: 11 Monate, die Liberalen sprechen interessanterweise überhaupt nur von 10 Monaten. Jetzt hat man wieder einen Kompromiß geschlossen: 12 Monate, aber zwei Wochen Urlaub. Interessanterweise gibt es diesen Urlaub nicht nur für jene, die 12 Monate machen, sondern auch für jene, die noch die Zivildienstkommission absolviert haben und nur acht Monate Zivildienst machen müssen. Die bekommen jetzt auch eine Woche Urlaub.

Wunderbare Regelungen sind das also, nur versteht sie keiner, weil das alles sinnwidrig und widersprüchlich ist, meine Damen und Herren.

Disziplinarrecht, die Frage der Tauglichkeit – all das sind Dinge, die in diesem Zusammenhang anzusprechen sind. Warum kann jemand Zivildienst nur dann ableisten, wenn er für den


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Wehrdienst tauglich ist? Warum kann jemand, der theologische Studien absolviert hat und damit klarerweise nicht für den Wehrdienst in Frage kommt, keinen Zivildienst ableisten, obwohl das genau in seinem Sinne sein sollte?

Herr Bundesminister! Wir wollen nicht Grundwehrdiener und Zivildiener gegeneinander ausspielen. Zivildiener, die wirklich aus Überzeugung handeln, leisten in überwiegender Zahl auch einen wichtigen Dienst für die Gemeinschaft. Man kann jedoch diese Dienste nicht miteinander vergleichen, denn im Ernstfall, Herr Bundesminister, muß der Soldat sein Leben dafür geben, daß die Sicherheit und die Unabhängigkeit Österreichs gewährleistet ist, und das ist wohl mit keinem anderen Dienst vergleichbar.

Herr Bundesminister! Sie haben es verabsäumt, eine Gesamtreform in diesem Bereich umzusetzen. Wir hätten uns gewünscht, daß man diese vielen Jahre der Kompromisse dazu genützt hätte, sowohl beim Grundwehrdienst als auch beim Zivildienst eine Gesamtreform zu machen – im Rahmen einer allgemeinen Dienstpflicht, im Prinzip auf Freiwilligkeit abgestellt, die die notwendigen Funktionen definiert hätte und für diesen Bereich des Zivildienstes einen ordentlichen Zivil- und Katastrophenschutz eingerichtet hätte. Das wäre ein wichtiger Dienst für die Gesellschaft und auch für das Ansehen der Zivildiener sehr positiv gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. Er hat das Wort.

14.27

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, das heute hier zur Beschlußfassung vorliegende Zivildienstgesetz ist ein Kompromiß, ein, wie ich meine, guter Kompromiß, mit dem es sich sehr gut leben läßt. Mit der vorliegenden Neuregelung haben wir nämlich sowohl den Erfordernissen der Landesverteidigung als auch den Interessen derjenigen, die die Ableistung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen ablehnen, Rechnung getragen.

Nach jahrelangem Tauziehen, mit der ungeliebten Gewissensprüfung im Hinterkopf, sind wir heute in der Lage, ein unbefristetes Zivildienstgesetz vorzulegen.

Wir haben mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, einen wichtigen Teil des Koalitionsübereinkommens verwirklicht. Es wird damit die erforderliche personelle Basis für unseren Wehrdienst und unser Wehrsystem abgesichert und auch allgemein mehr Rechtssicherheit geschaffen.

Wie Sie wissen, haben wir Sozialdemokraten uns in den letzten Jahren vehement für die Abschaffung der Zivildienstkommission, der Gewissensprüfung eingesetzt, weil wir der Meinung sind, daß sich das Gewissen einfach nicht prüfen läßt. Wir wollen aber den jungen Menschen, die aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe ablehnen, die Möglichkeit geben, einen Ersatzdienst zu leisten – Kollege Scheibner, da bin ich Ihrer Meinung, daß wir dafür sorgen müssen, daß es ein echter Ersatzdienst bleibt und kein Alternativdienst ist –, ohne daß seine persönlichen und subjektiven Gründe von einer Kommission geprüft werden. Mit der vorliegenden Gesetzesnovelle ist die Gewissensprüfung endgültig Geschichte.

Meine Damen und Herren! Auch das muß gesagt werden, um der Wahrheit die Ehre zu geben: Die Zivildiener haben einen festen Platz im System der sozialen Versorgung. Sie leisten einen sehr wertvollen Dienst an der Gesellschaft. Der Großteil von ihnen ist ja im Bereich der Rettungsorganisationen tätig, in den Krankenhäusern, im Rahmen der Sozialhilfe, und der Zivildienst ist zu einem wichtigen Bestandteil unseres Systems, nämlich des Systems der sozialen Dienstleistungen geworden.

Diese Dienstleistungsbereiche werden nun erweitert, hinein in den Bereich der Gesundheitsvorsorge, in die Justizanstalten, zur Betreuung von Menschen in der Schubhaft. Damit wird es möglich sein, Zivildiener relativ rasch zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zuzuweisen.


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Dennoch müssen wir uns bemühen und alles daransetzen, daß – das Gesetz schafft ja die Voraussetzung – der Zivildienst die Ausnahme von der Regel Wehrdienst bleiben muß. Meine Damen und Herren! Wir bekennen uns zur österreichischen Landesverteidigung, aber auch zur Institution Zivildienst. Wir haben deshalb auf Basis der gesetzlichen Bestimmungen einen gesellschaftspolitisch vertretbaren Ausgleich zwischen Heer und Zivildienst gefunden, der einerseits die für die Landesverteidigung erforderliche Zahl von Grundwehrdienern sicherstellt, gleichzeitig aber den wichtigen Beitrag, den die Zivildiener für die Gesellschaft leisten, anerkennt.

Die Zulassung zum Zivildienst erfolgt weiterhin über die Abgabe einer Zivildiensterklärung. Der Zugang wird in dieser Form geregelt sein, wobei der zeitliche Rahmen für die Abgabe der Erklärung von bisher vier Wochen ab Musterung auf einen Zeitpunkt bis zwei Tage vor der Einberufung auf mindestens sechs Monate erstreckt wird. Auch nach der vollständigen Ableistung des Grundwehrdienstes wird im Falle einer Einstellungsänderung des Präsenzdieners noch eine Zivildiensterklärung möglich sein. Eine derartige nachträgliche Erklärung kann drei Jahre nach der Einberufung erfolgen. Damit wird einer sogenannten Gewissensnachreifung Rechnung getragen, aber natürlich auch auf die erforderliche Planungssicherheit für die Militärbehörden Rücksicht genommen.

Meine Damen und Herren! Durch die neuen Bestimmungen bezüglich der Aufschubmöglichkeiten wird es zu einer Kostensenkung kommen. Es wird in diesem Bereich Einsparungen in Millionenhöhe geben. Das ist angesichts des Sparpaketes, in Zeiten des Sparens sicherlich keine unbedeutende Summe. Es ist natürlich auch eine erwiesene Tatsache, daß die Leistung des Wehr- und des Zivildienstes in jüngeren Jahren sicher leichterfällt als später, etwa nach einer Familiengründung.

Noch eine Bemerkung zu der oft kritisierten Dauer des Zivildienstes. Mit der Festlegung der Zivildienstdauer von zwölf Monaten, in der erstmals der Anspruch auf zwei Wochen Urlaub enthalten ist, ist der Lastenausgleich zum Präsenzdiener sichergestellt, denn dieser ist durch die Kasernierung, durch die militärische Ausbildung, durch die Übungen und durch den Wachdienst et cetera einer Mehrbelastung ausgesetzt, die zu berücksichtigen war.

Meine Damen und Herren! Wir haben mit dieser Regelung auch die unterschiedlich lange Zivildienstdauer abgeschafft und damit dem Zivildiener für die Zukunft eine planbare Größe vorgegeben.

Wir haben durch dieses Gesetz auch – und das soll nicht unerwähnt bleiben, meine Damen und Herren – eine Sicherstellung für den Zivildiener erreicht, gleichzeitig aber auch die Voraussetzung dafür geschaffen – und das möchte ich wirklich betonen –, daß in den kommenden Jahren genug Präsenzdiener für die militärische Landesverteidigung bereitstehen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Moser. – Er hat das Wort.

14.34

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute über eine Novelle zum Zivildienstgesetz. Einer meiner Vorredner hat gesagt, mit dieser Novelle werde die unendliche Geschichte des Zivildienstes prolongiert. Ich möchte dem noch hinzufügen: Es wird das Trauerspiel um den Zivildienst fortgesetzt.

Wir haben bisher ein Provisorium nach dem anderen gehabt und ich bedauere es, daß es auch jetzt dieser rot-schwarzen Koalitionsregierung wiederum nicht gelungen ist, einen großen Wurf zu machen. Wir haben wieder nur eine halbe Lösung.

Ich bedauere ein wenig den Kollegen Gaál. Er tut mir wirklich leid, daß er hier am Rednerpult eine derartige Lösung begründen mußte, daß er noch dazu positiv darüber sprechen mußte.


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Meine Damen und Herren! Es wäre wichtig gewesen, eine ehrliche, eine faire Regelung für den Zivildienst zu finden, denn damit hätte man auch dem Bundesheer Gutes getan. Es wäre notwendig gewesen, auch alle offenen Fragen, die noch immer ungelöst sind, entsprechend zu regeln, zumindest so lange, als wir noch die allgemeine Wehrpflicht und daher noch den Zivildienst als Wehrersatzdienst haben. Daher werden wir Liberale diese Novelle zum Zivildienstgesetz ablehnen.

Meine Damen und Herren! Ich verschweige nicht, daß mit der Neuregelung durchaus einige positive Aspekte verbunden sind. Der einzig wirklich positive Aspekt ist, daß die Regelung der Gewissensprüfung mit der Zivildienstkommission endgültig der Vergangenheit angehört. Diese Regelung war meiner Meinung nach eine total verunglückte, und sie war eigentlich durch nichts wirklich zu begründen. Daher ist es höchste Zeit, daß diese Regelung nun fallen wird.

Ich meine, es werden durchaus noch weitere Verbesserungen beschlossen werden, nur insgesamt, nach Abwägen der Vorteile und der Nachteile, meine Damen und Herren, muß man sagen, das ist eine schlechte Regelung. Das ist eine Regelung, die weder dem Bundesheer noch den Zivildienern hilft. Daher meine ich, daß es recht und billig ist, eine derartige Novelle abzulehnen.

Meine Damen und Herren! Weil gestern abend aufgrund eines entsprechenden Antrages der Grünen über die Absetzung dieses Punktes von der Tagesordnung diskutiert wurde, noch eine kurze Anmerkung dazu. Es war richtig und notwendig, das heute zu diskutieren, weil eben mit der heute zu beschließenden Novelle – und das ist, wie gesagt, der einzig wirklich positive Aspekt an dieser Novelle – die Zivildienstkommission endgültig fällt. Hätten wir das nicht getan, dann wäre die Zivildienstkommission wieder reaktiviert worden, und das wollen wir nicht.

Nun möchte ich anhand einiger Punkten erklären, warum ich meine, daß diese Zivildienstregelung, diese Neuregelung eine schlechte ist. Meine Damen und Herren! Ein wichtiger Punkt aus meiner Sicht ist die Dauer des Zivildienstes. Bisher gab es die sogenannte Ziehharmonikaregelung: elf oder zwölf Monate. Es hat – und das hat auch der Herr Verteidigungsminister in der Fragestunde klar zum Ausdruck gebracht – bisher kein Anlaß bestanden, von der 11-Monate-Regelung wegzugehen, weil Grundwehrdiener dem Bundesheer in ausreichender Zahl zur Verfügung gestanden sind. Daher bestand überhaupt kein Anlaß, die Dauer des Zivildienstes plötzlich mit zwölf Monaten festzulegen. Das ist eine willkürliche Regelung, und ich meine daher, daß sie deshalb abzulehnen ist. (Abg. Scheibner: Also wie lange soll der dauern?)

Es wäre eine faire Regelung gewesen, Kollege Scheibner, wenn wir zehn Monate für den Zivildienst festgelegt hätten. Ich weiß, Kollege Scheibner, du kommst jetzt mit den 16 Monaten daher. Wir haben schon einmal darüber debattiert. Ich habe einmal darauf hingewiesen, daß, wenn die Dauer des Zivildienstes als Instrument eingesetzt und verwendet werden soll, den Zugang zum Zivildienst entsprechend zu begrenzen, das nur dann sinnvoll ist, wenn sie länger als zwölf Monate beträgt. Wenn jedoch nicht einmal der Verteidigungsminister selbst eine längere Zivildienstdauer als zehn oder zwölf Monate will, wer soll dann 16 Monate verlangen? (Abg. Scheibner: Wir, aus Überzeugung!)

Meine Damen und Herren! Noch etwas: Es hat sich herausgestellt, daß eine Verlängerung des Zivildienstes nicht notwendig ist, weil es genügend Grundwehrdiener für das Bundesheer gibt. Der Verteidigungsminister hat das heute auch klar und eindeutig gesagt. (Abg. Scheibner: Wir wissen aber, daß er zu wenige hat! Wir wissen doch, daß das nicht stimmt, was er sagt!)

Noch etwas, Herr Kollege Scheibner: Eine um zirka 20 bis 25 Prozent längere Dauer des Zivildienstes gegenüber dem Wehrdienst ist international üblich. Ich glaube daher, daß die Festsetzung der Dauer des Zivildienstes auf zehn Monate – wie wir Liberale es uns vorstellen – eine sinnvolle, faire Regelung für den Zivildienst wäre.

Zum zweiten, meine Damen und Herren: Der Zugang zum Zivildienst ist nach wie vor verfassungswidrig. Ich darf Sie an einen Spruch des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahre 1979 erinnern, der festlegt, daß der Zugang zum Zivildienst durch Fristen nicht eingeschränkt werden


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darf. Wir haben mit dieser Regelung neuerlich die Einschränkung des Zuganges zum Zivildienst durch Fristen festgeschrieben, wiewohl es gegenüber der ursprünglichen Regelung eine Verbesserung geben wird. Es bleibt nach wie vor, meine Damen und Herren, das Faktum bestehen, daß der Zugang und damit die Gewissensfreiheit beschränkt wird. Daher ist diese Regelung verfassungswidrig, und es ist für mich unverständlich, daß Sie, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, einer derartigen Regelung die Zustimmung geben wollen. Ich meine, es wäre fair, nach Absolvierung des Grundwehrdienstes die Möglichkeit, Zivildienst zu leisten, wieder aufleben zu lassen.

Ein dritter Punkt, warum wir diese Regelung, diese Novelle ablehnen, sind die Änderungen der Aufschubbestimmungen. Die bisherigen Regelungen betreffend Aufschub beim Wehrdienst oder Zivildienst waren unserer Meinung nach völlig ausreichend. Die neue Regelung ist durch nichts gerechtfertigt. Man hätte nur vom Verteidigungsministerium mehr Mut und auch eine klare Regelung verlangen sollen, wann aus militärischer Rücksicht ein Aufschub nicht mehr gewährt werden kann. Das hat man sich nicht getraut, daher hat man eine Neuregelung versucht, die aus meiner Sicht einen massiven Eingriff in die Lebensplanung der jungen Leute darstellt und daher von uns abgelehnt wird.

Ein letzter Punkt ist der § 76. Meine Damen und Herren, auch diese Regelung ist verfassungswidrig. Sie stellt nämlich eine eklatante Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes dar, wenn jetzt normiert wird, daß Leute, die nach dem 1. 1. 94 als tauglich befunden worden sind, nunmehr die Möglichkeit haben, neuerlich einen Antrag auf Zivildienst zu stellen, und zwar mit einer Fünfjahresfrist. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Das heißt, all diejenigen, die nach dem 1. 1. 92 bis zum 1. 1. 94 für tauglich befunden wurden, haben diese Möglichkeit nicht, Herr Kollege Kiss, und das ist ungerecht, das ist ein klarer Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ich verstehe nicht, daß Sie als Parlamentarier eine derartige Regelung begrüßen, daß Sie einer derartigen Regelung die Zustimmung geben wollen.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluß. Herr Bundesminister! Wir hätten uns gewünscht, daß es mit dieser Neuregelung des Zivildienstes wirklich zu einer umfassenden Neuregelung gekommen wäre, zu einer Regelung, die auch all die offenen Fragen berücksichtigt hätte, wie beispielsweise die Frage der Totalverweigerer – diesbezüglich hat das Justizministerium einen klaren Vorschlag gemacht – oder auch die schon angesprochene Befreiung der Theologen vom Wehrdienst; auch das wäre notwendig gewesen.

Herr Bundesminister! Mit der Vorlage einer derartigen Zivildienstgesetz-Novelle haben Sie uns zutiefst enttäuscht. Sie haben unsere Erwartungen nicht erfüllt, und daher werden wir Liberale diesen Entwurf auch ablehnen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist als nächster Herr Abgeordneter Maitz. – Bitte sehr.

14.43

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Luft ist draußen, man sieht es an der Beteiligung der Damen und Herren hier im Plenum.

Es ist weder ein Trauerspiel, lieber Kollege Moser, noch ein fauler Kompromiß, wie gestern die Grünen, die heute nicht mehr da sind (Abg. Mag. Kammerlander: Sind Sie blind?) , behauptet haben, sondern es ist ein goldener Mittelweg, eine ordentliche Lösung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hans Helmut Moser : Wie man eine verfassungswidrige Regelung als Kompromiß bezeichnen kann, das ist ein Trauerspiel!)

Dieser Kompromiß schafft in vier Bereichen vollkommene Klarheit: Erstens bleibt der Grundsatz aufrecht, daß der Zivildienst ein Wehrersatzdienst ist. Das ist wichtig. Zweitens wird eine fixe Dauer des Zivildienstes normiert, die nicht willkürlich ist, Kollege Moser, sondern dem internationalen Standard entspricht und schon 1955 als sogenannter Dienst ohne Waffe mit zwölf Mo


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naten vorhanden war. (Abg. Scheibner: Jetzt sind es nur elf Monate!) – Mit 14 Tagen Dienstfreistellung, wie du weißt, verehrter Kollege.

Das endgültige Aus für die Gewissensprüfungskommission ist ein ganz, ganz wesentlicher Sicherheitsfaktor für alle jungen Wehrpflichtigen.

Dritter Punkt: Die zeitliche Erweiterung des Rechtes auf Abgabe einer Zivildiensterklärung und die Möglichkeit, sich bei einem Gewissenswandel zu einem späteren Zeitpunkt neuerdings entscheiden zu können, ist eine positive, fortschrittliche Entscheidung für die Zivildienstwilligen. Die Ausrichtung der Aufschubmöglichkeiten im Zivildienstgesetz und im Wehrgesetz richtet sich nun nach den tatsächlichen Bedürfnissen der Wehrpflichtigen und – und das betone ich – nach den Bedürfnissen der Allgemeinheit.

Zum Thema, das vor allem grüne Mandatare immer wieder ansprechen: Gleichbehandlung. – Gleichbehandlung! Gleiches Recht für alle. – Kann man wirklich von Gleichbehandlung sprechen, wenn über 80 Prozent der jungen Männer ihren Dienst mit etwa 19 Jahren absolvieren, ob Wehr- oder Zivildienst, während andere, die die Chance haben, ein Hochschulstudium zu absolvieren und dadurch eine bessere Karriere- und Verdienstmöglichkeit für ihr Leben zu erwerben, selbstverständlich und zu Recht ohne besondere Kosten, für diese Chance dann fünf, sechs, sieben oder acht Jahre später einrücken, möglicherweise mit Familie und einem ordentlichen eigenen Wohnsitz? Sie bekommen somit vom Staat nicht nur das Studium finanziert, sondern auch noch den ihnen rechtlich selbstverständlich zustehenden Ersatz für die Familie und die Wohnkosten. Sie gewinnen also zweimal, jene, die sich bisher haben aufschieben lassen. Daher bin ich gegen die automatische Aufschiebung von Studierenden, sondern für einen tatsächlich begründeten Aufschub. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Zusammenhang mit der Gleichbehandlung ist auch immer wieder der Bargeldersatz in Diskussion, den Zivildiener und Wehrdiener bekommen. Die Wehrdiener bekommen etwas mehr, im Monat etwa 800 S. Das ist auch richtig so. Warum? – Überlegen Sie sich bitte – und ich halte es in diesem Fall wie der Kollege Scheibner; ich will den einen Dienst nicht gegen den anderen ausspielen –: Es gibt in beiden Bereichen anspruchsvollste Dienste, aber es gibt in beiden Bereichen auch leichtere Dienste. Nur eines ist gewiß: Ausschließlich der Soldat hat im Ernstfall, im Einsatzfall, auch in internationalen Einsätzen, sein Leben für die Allgemeinheit einzusetzen. (Zwischenruf des Abg. Wabl. ) Zweitens ist die Chance eines Zivildieners, am Wohnort oder wohnortnahe eingesetzt zu werden – Kollege Wabl, sollten Sie bereit sein, einmal zuzuhören, wäre das sehr nett von Ihnen –, zehn- bis 15mal so groß wie für den Wehrdiener, denn es gibt nun einmal nur 160 Garnisonsorte in Österreich, aber fast 2 000 Orte mit Zivildiensteinrichtungen. Und jeder, der weiß, was es heißt, Wochenpendler zu sein, weiß, was das für ein Nachteil ist.

Es besteht also auch in dieser Hinsicht eine wesentliche Bevorzugung der Zivildiener, und deshalb bekommt der Wehrdiener etwas mehr monatliches Entgelt. Das können Sie nicht wegdiskutieren. Daher appelliere ich an alle Stellungspflichtigen, an alle jungen Männer in Österreich, den Zivildienst oder – Gott sei Dank sind das über 80 Prozent – den ordentlichen Grundwehrdienst beim Bundesheer unmittelbar nach Abschluß ihrer Berufsausbildung oder unmittelbar nach Abschluß ihrer Allgemeinbildung anzutreten. Das ist für die Betroffenen besser, weil damit der geringstmögliche Eingriff in ihre Lebensplanung, in ihre Karriereplanung und ihre Familienplanung geschieht.

Das ist auch für das Bundesheer oder die Zivildiensteinrichtung besser, weil damit junge, unbelastete Männer diese wichtigen Dienste – das gilt für beide, Kollege Wabl, Grundwehrdienst und Zivildienst – für die Allgemeinheit erbringen. (Abg. Wabl: "Junge, unbelastete Männer"!) Das ist aber auch für den Steuerzahler besser, denn die Leistungen für Familienunterhalt und die Wohnkostenbeihilfe für die Wehrdiener oder Zivildiener, die sich lange aufschieben lassen, kosten sehr, sehr viel Geld. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Das ist für den Steuerzahler besser, weil mittelfristig pro Jahr zwischen 200 und 250 Millionen Schilling Steuergelder weniger ausgegeben werden müssen. Und das ist in diesen Zeiten auch ein wesentliches Argument für den Steuerzahler.


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Weil Sie von den Grünen gelacht und gefragt haben, wieviel denn das sei, sage ich es Ihnen gleich für das Jahr 1995: Im Jahr 1995 haben wir für 2 800 Grundwehrdiener, die später eingerückt sind und daher schon Familie und Wohnung hatten, als sie eingerückt sind, 156 Millionen Schilling für Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe ausgezahlt. Für etwa 900 Zivildiener, die allem Anschein nach noch viel später erst ihren Dienst absolviert haben, denn sonst könnten sie nicht so hohe Kosten verursachen, haben wir 139,5 Millionen Schilling ausgegeben. – Ich habe Ihnen gesagt, es ist für alle drei Bereiche besser und verantwortbarer, wenn die verpflichteten Personen den Dienst gleich nach der Berufsausbildung oder nach ihrer Allgemeinbildung antreten.

Ich freue mich, daß es gelungen ist, zwar kein perfektes – fast nichts ist perfekt auf der Welt –, aber ein optimales System für Grundwehrdiener und Zivildiener in diesem neuen Gesetzeswerk zu verankern. Dem Kollegen Moser sage ich folgendes: Selbstverständlich haben auch jene, die Sie genannt haben, die vom 1. 1. 1992 bis zum 1. 1. 1994 bei der Stellung waren, zwei- bis dreimal die Gelegenheit gehabt, sich für den Zivildienst zu entscheiden, und es liegt somit keinerlei verfassungsrechtliche Ungleichheit vor. Die Regelung ist völlig verfassungskonform, und wir stimmen dieser Regelung gerne zu. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kammerlander: Das ist einfach nicht richtig, was Sie sagen!)

14.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich freue mich, daß durch Ihre Disziplin alle fünf Fraktionen Gelegenheit haben, noch vor 15 Uhr kurz ihren Standpunkt darzustellen.

Frau Abgeordnete Haidlmayr gelangt zu Wort. – Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt.

14.53

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich jetzt Herrn Maitz so zugehört habe, dann krampft sich mir wirklich alles zusammen.

Herr Maitz! Sie haben ganz sicher Ihre Fähigkeiten, Ihre Kompetenzen, aber im Zivildienstbereich haben Sie diese eindeutig nicht. Wenn Sie behaupten, daß dieses Zivildienstgesetz gut sei, so kann ich Ihnen bereits anhand weniger Punkte belegen, in welchem Irrtum Sie sich noch immer befinden.

Sie müßten doch wissen, daß heute dadurch, daß es keinen Aufschub mehr gibt, eine eklatante Schlechterstellung für die Zivildiener beschlossen wird. (Abg. Dr. Maitz: Es gibt den Aufschub ja!)

Sie wissen, daß aufgrund dieser neuen Novellierung Zivildiener, die älter als 23 Jahre sind und aus Gewissensgründen nicht zum Bundesheer gehen wollen, kriminalisiert werden.

Sie wissen, daß der Zivildienst auf zwölf Monate verlängert wurde, obwohl es jedes Arbeitszeitgesetz verbietet, daß heute jemand elfeinhalb Monate ohne Unterbrechung durcharbeitet. (Abg. Scheibner: Das gilt aber für die Grundwehrdiener dann auch!)

Sie wissen, daß es im Bereich von Umwelt-, Friedens- und Jugendorganisationen nach wie vor keine Zivildienstplätze gibt, obwohl diese dringend nötig wären, und Sie wissen auch, daß es keine Interessenvertretungen für Zivildiener geben wird.

Und was Sie auch noch wissen sollten, ist, daß die Information durch die Stellungskommission an die zukünftigen Wehrdiener oder Zivildiener in der Form, wie sie hier in diesem Papier steht, absolut nicht ausreichend ist.

Auch wenn Sie jetzt noch nicht kapiert haben – ich glaube, ich werde Sie aber wohl nie überzeugen können –, daß dieses Gesetz nicht einmal das wert ist, was es schwer ist, und wirklich kein Grund besteht, es hochzujubeln, verstehe ich trotzdem nicht, wie Sie sich so weitab der


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Realität hierherstellen und dieses Gesetz gutheißen können. (Abg. Dr. Maitz: Ich weiß, daß Sie etwas gegen das Bundesheer haben!)

Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ! Sie wissen ganz genau, daß der § 76 eine eklatante Ungleichstellung der Zivildiener beinhaltet. Sie wissen, weil es bereits im Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben ist, und Sie müßten auch wissen, wenn Sie sich Artikel 7 der Bundesverfassung anschauen, daß dies eine eklatante Ungleichstellung ist, die niemals halten wird und bei der heute schon feststeht, daß es zu vielen berechtigten Beschwerden kommen wird und daß wir spätestens in einem Jahr wieder hier sitzen und die Fehler, die dieses Gesetz beinhaltet, ausmerzen werden müssen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch noch darauf hinweisen, daß Österreich im Verhältnis zu anderen Ländern die längste Zivildienstdauer hat. (Abg. Dr. Maitz – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Auch das ist falsch!) Sie wissen auch, daß dieses Zivildienstgesetz in seiner derzeitigen Form niemals dazu beitragen kann, den Sozialbereich, in dem Zivildiener so wichtig sind, aufrechtzuerhalten. Es kann niemand elfeinhalb Monate ohne Unterbrechung arbeiten. Die Krankenstandsraten werden sich entsprechend erhöhen, weil es eine Zumutung ist, was Sie den Zivildienern aufbürden, und weil es einfach für Menschen unmöglich ist, elfeinhalb Monate ununterbrochen zu arbeiten, ohne Schäden zu bekommen, ohne Krankheitssymptome zu bekommen (Abg. Dr. Maitz: Um Gottes willen!) , noch dazu, wenn dies in einem Bereich wie dem Sozialbereich geschieht, wo es sicher kein einfaches und lockeres Arbeiten gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich und wir Grünen können es nicht auf uns sitzen lassen, daß junge Männer, die bereit sind, Zivildienst zu machen, eklatant schlechtergestellt werden. Wir können das nicht zulassen! Deshalb bringen wir einen Abänderungsantrag ein, der beinhaltet, daß es zu keiner Ungleichstellung von Zivildienern kommen darf, egal, wie alt sie sind, und egal, wann sie sich entschieden haben, ihr Gewissen zu prüfen, um festzustellen, daß sie absolut nicht zum Bundesheer gehen wollen und auch nicht können, weil ihr Menschsein nicht zuläßt, daß sie den Sozialbereich vernachlässigen und stattdessen Sandkastenspiele machen und in der Erde herumbuddeln. (Abg. Scheibner: Frau Kollegin! Das war aber jetzt sehr unsachlich!)

Ich bin stolz auf die Zivildiener und auf alle, die es noch werden wollen. Oben auf der Galerie sitzen einige davon, und ich sage heute schon allen danke schön dafür, daß sie den Zivildienstbereich unterstützen wollen, und danke allen, die bereits Zivildienst geleistet haben, für die so positive Arbeit. Ihre Arbeit ist durch nichts zu ersetzen, noch dazu in einem Sozialsystem, das so schlecht ist wie unseres in Österreich, wo es ohnehin keine Arbeitsplätze für Menschen im Sozialbereich gibt. (Protestrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte auch noch einen zweiten Abänderungsantrag einbringen, der zum Inhalt hat, daß es zu einer Zurücknahme des Beschlusses bezüglich der elfeinhalb beziehungsweise zwölf Monate Zivildienst kommt. Wir stellen den Antrag, daß der Zivildienst nur acht Monate dauern darf, denn nur so ist sichergestellt, daß ein zukünftiger Zivildiener ordentliche, qualifzierte, hochwertige Arbeit im Rahmen seines Zivildienstes leisten kann. Das müßte doch für alle, die hier sind und heute mitstimmen werden, wesentlich sein.

Wir werden dieses Zivildienstgesetz ablehnen, weil es nicht das wert ist, was ihm zugeschrieben wird. Und wir können auch deshalb niemals zustimmen, weil es uns wichtig ist, daß die jungen Männer, die zukünftigen Zivildiener, unter guten Arbeitsbedingungen und ordentlichen Verhältnissen ihre Arbeit leisten können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der von der Frau Abgeordneten Haidlmayr in seinen Kernpunkten beschriebene Antrag ist ausreichend unterstützt. Aufgrund seines Umfanges wird er gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigt und schriftlich an alle Mitglieder des Hohen Hauses verteilt.


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Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Innenausschusses (544 d. B.) über die Regierungsvorlage (458 d. B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 und das Wehrgesetz 1990 geändert werden sowie die ZDG-Novelle 1994 aufgehoben wird:

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Art. I. Z. 17 wird wie folgt geändert und lautet:

"§ 14 lautet:

§ 14. Zivildienstpflichtige, die

1. Schüler der beiden obersten Jahrgänge einer öffentlichen höheren Schule oder einer höheren Schule mit Öffentlichkeitsrecht sind, sowie Zivildienstpflichtige, die sonst in einer Berufsvorbereitung stehen und durch eine Unterbrechung dieser Vorbereitungszeit bedeutenden Nachteil erleiden würden oder die andere rücksichtswürdige Umstände nachweisen,

2. einem Hochschulstudium obliegen oder sich nach dessen Abschluß auf eine zugehörige Prüfung vorbereiten oder

3. Ärzte im Sinne des § 2 Abs. 3 ÄrzteG, BGBl. Nr. 373/1984, sind,

ist – sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen – auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes längstens bis zum Ablauf des 30. September des Kalenderjahres, (BGBl. Nr. 187/1994, Art. II. Z 13) in dem die in Z. 1 Genannten das 25. Lebensjahr, die in Z. 2 Genannten das 28. Lebensjahr und die in Z. 3 Genannten das 30. Lebensjahr vollenden, aufzuschieben."

2. Art. I Z. 33 entfällt.

3. Nach der Z. 28a (Art. I) wird folgende Z. 28b eingefügt:

Nach § 37e. (Art. I) wird folgender § 37f. eingefügt:

"§ 37f. (1) Die Zivildienstpflichtigen, die in einem Bundesland ordentlichen Zivildienst leisten, haben aus den zuletzt in diesem Bundesland Zivildienst leistenden Vertrauensmännern (Stellvertretern) einen Landesvertrauensmann und dessen Stellvertreter zu wählen; sind in einem Bundesland mehr als 250 Zivildienstleistende zugewiesen, sind jedoch zwei Stellvertreter, bei mehr als 1 000 Zivildienstleistenden drei Stellvertreter zu wählen.

(2) Die gewählten Landesvertrauensmänner und deren Stellvertreter wählen aus ihrer Mitte den Bundessprecher und bilden mit diesem die Bundesvertretung der Zivildienstleistenden. Der Landesvertrauensmann und dessen Stellvertreter bilden die Landesvertretung der Zivildienstleistenden. Die Bundesvertretung und die Landesvertretungen der Zivildienstleistenden werden vom Bundessprecher und vom jeweiligen Landesvertrauensmann nach außen vertreten.

(3) Der Landesvertrauensmann hat die Interessen der von ihm vertretenen Zivildienstleistenden gegenüber den zuständigen Überwachungsbehörden, Grundlehrgangsleitungen und gegenüber dem Bundesminister für Inneres zu wahren und zu fördern. Die §§ 37b Abs. 4 und 37c Abs. 3 Z. 1 lit. b und Z. 2 sowie Abs. 4 gelten. Mitglieder einer Landesvertretung dürfen nur innerhalb desselben Bundeslandes versetzt werden.

(4) Die Überwachungsbehörden, Grundlehrgangsleitungen und der Bundesminister für Inneres haben dafür Sorge zu tragen, daß Vorhaben, die Zivildienstleistende betreffen, und nicht nur


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lokale Auswirkungen haben, der zuständigen Landesvertretung rechtzeitig zur Kenntnis gelangen. Der Bundesminister für Inneres hat Anliegen, über die bei der jeweiligen Landesvertretung Einvernehmen besteht, über deren Verlangen mit dieser zu erörtern.

(5) Anliegen von überregionaler Auswirkung, hat der Bundesminister für Inneres mit der Bundesvertretung zu erörtern, sofern die Mehrheit ihrer Mitglieder dies verlangt. Sofern zu Akten genereller Rechtssetzung ein Begutachtungsverfahren stattfindet, ist die Bundesvertretung zur Abgabe einer Stellungnahme aufzufordern. Außerdem hat der Bundesminister für Inneres die Bundesvertretung jährlich mindestens dreimal zu einer Vollversammlung einzuberufen.

(6) Für die Wahl der Landesvertrauensmänner gilt 37d mit Ausnahme des Abs. 4 Z. 5 und 6. Der Landeshauptmann hat bei der Erstellung des Wahlvorschlages und der Bekanntgabe der Wahlergebnisse mitzuwirken."

4. Art. III. Z. 3 wird wie folgt geändert und lautet:

"36a Abs. 3 WG lautet:

§ 36a (3) Tauglichen Wehrpflichtigen, die

1. Schüler der beiden obersten Jahrgänge einer öffentlichen höheren Schule oder einer höheren Schule mit Öffentlichkeitsrecht sind, oder

2. sonst in einer Berufsvorbereitung stehen und durch Unterbrechung dieser Vorbereitungszeit einen bedeutenden Nachteil erleiden würden oder die andere rücksichtswürdige Umstände nachweisen, oder

3. ein Hochschulstudium betreiben oder sich nach dessen Abschluß auf eine zugehörige Prüfung vorbereiten oder

4. Turnusärzte nach § 2 Abs. 3 des Ärztegesetzes 1984 (ÄrzteG), BGBl. Nr. 373, sind, ist sofern militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, auf ihren Antrag vom zuständigen Militärkommando der Antritt des Grundwehrdienstes oder von Truppen- oder Kaderübungen aufzuschieben."

5. Art. III Z. 5 entfällt.

*****

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend negative Entwicklung der Tourismuswirtschaft in Österreich (1617/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche jetzt, um 15 Uhr, die Debatte über den Tagesordnungspunkt Zivildienstgesetz und beginne mit der Behandlung der heute vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachten Dringlichen Anfrage. Diese ist bereits schriftlich verteilt worden und somit allen Abgeordneten zugegangen. Es handelt sich um die Anfrage 1617/J.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Nach vierzigjährigem ungebrochenen Wachstum hat der österreichische Tourismus 1992 eine Bruchlinie seiner Entwicklung durchlaufen. Ein vorläufiger dramatischer Tiefpunkt wurde 1996 erreicht.

Diese Entwicklung der Jahre 1992 bis 1996 war durchgehend negativ, sodaß mit wenigen erfolgreichen regionalen und betrieblichen Ausnahmen die wirtschaftliche Lage der Betriebe eine


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dramatische Verschlechterung erfahren hat, was sich an den folgenden Zahlen leicht ablesen läßt:

 

1992

1996

(geschätzte Werte)

Nächtigungen in Mio.

130,5

112,0

Deviseneinnahmen in Mrd. Schilling

Nominell

Anteil an BIP

Leistungsbilanz in Mrd. Schilling

 

160,0

8,4%

-1,6

 

140,0

6%

- 50

Beschäftigung im Juli

161.000

155.000

Gesamtbetten in Österreich

1.234.627

1.220.000

Schuldenstände Hotellerie & Gastronomie in Mrd. Schilling

105

125

Jahresauslastung 4* /5* -Betriebe

44%

41%

Anzahl der 4* /5* -Betriebe

1.500

1.650

Anzahl der Betten in 4* /5* -Betrieben

157.000

175.000

Anzahl der Nächtigungen 4* /5* -Betriebe in Mio.

25,3

26,0

 

Die Zahlen belegen: Es besteht akuter Handlungsbedarf. Voraussetzung für die Erstellung politischer Lösungskonzepte und deren Umsetzung ist aber eine seriöse Analyse der zum Teil nachfrageseitigen aber auch angebotsseitigen Ursachen.

So sieht sich die österreichische Tourismuswirtschaft einem Trend zur Massennachfrage nach voll oder bausteinartig organisierten Produkten gegenüber, welche die gewachsenen Strukturen der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft vor schwer lösbare Aufgaben stellt. Dazu kommen Kaufkraftverluste durch kompetitive Abwertungen. Der Wettbewerb ist durch fallende Flugpreise längst zu einem weltweiten geworden. Darüber hinaus ist der Sektor von Spartrends in den Herkunftsländern besonders betroffen. Die Folgen sind sinkende Reisetätigkeit und verringerte Ausgabefreudigkeit der Gäste im Urlaub. Schließlich muß in diesem Zusammenhang auch der Trend zur kurzfristigen Buchung erwähnt werden, der zusehends Faktoren wie den Preis (Spätbucher) oder auch den Wetterbericht ins Zentrum der Konsumentscheidung rückt. Auch der wachsende Anteil des Erlebnistourismus, der sich nach Inhalten, aber weniger an Destinationen orientiert, stellt die Tourismuswirtschaft vor völlig neue Herausforderungen.

All diese Ursachen dürfen ebensowenig geleugnet werden, wie als Ausrede dienen. Es sind Rahmenbedingungen zu schaffen, die es dem Sektor ermöglichen, sich den Herausforderungen erfolgreich zu stellen. Der überwiegende Anteil der Ursachen für die Krise der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft ist aber hausgemacht bzw. angebotsseitig.

Ein wesentlicher Wettbewerbsnachteil erwächst aus dem hohen Kostenniveau des Wirtschaftsstandortes Österreich, vor allem in den Bereichen Arbeits- und Bürokratiekosten. Überdies


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führen Überreglementierungen im Bereich des Arbeits- und Sozialrechts dazu, das gästeorientierte Dienstleistungen teilweise verunmöglicht, ja bestraft werden. Auch muß in diesem Zusammenhang die wettbewerbsverzerrende Höhe der indirekten Steuern, vor allem der Mehrwertsteuer und der Getränkesteuer als Hemmnis erwähnt werden.

Zum Vergleich: die Mehrwertsteuersätze auf Logis liegen

in der Schweiz bei 3%

auf den Kanarischen Inseln bei 4%,

in Portugal bei 4%,

in Frankreich bei 5,5%,

in Spanien bei 7%,

in Griechenland bei 8%

und auf Zypern bei 8%.

Nur in Italien und Malta gilt wie Österreich ein Mehrwertsteuersatz von 10%. Darüber liegen, von der Türkei abgesehen (15%, weiche Währung), nur touristische Herkunftsländer. Auch sollte dem Beispiel Kanadas folgend, eine Mehrwertsteuerrückvergütung auf Logisumsätze an Ausländer außerhalb der EU erwogen werden. Situationsverschärfend wirkt auch der weitgehende Verlust von Investitionsspielräumen durch falsche Finanzierungsformen angeheizt durch eine rein auf Fremdkapital ausgerichtete Förderpolitik. Auch im Bereich der Tourismuswirtschaft wirkt sich das Fehlen eines Risikokapitalmarktes negativ aus. Bürokratische Schranken führen überdies zu wachsenden Schwierigkeiten, innovative Projekte im Verfahrenswege durchzubringen.

Die Reorganisation der Österreich-Werbung erfolgte viel zu spät, und es wurde wieder an der unglücklichen Vereinsstruktur festgehalten. Es fehlt das Bekenntnis zum bestehenden Image Österreichs in der Welt und eine konsequente Markenpolitik. Die neue Geschäftsführung der ÖW hat hier richtungsweisende Reformen nach drei schmerzhaften Jahren der Stagnation eingeleitet. Erschwert wird der Verkauf aber nach wie vor durch die zu geringe Vernetzung mit den weltweiten Reservierungssystemen, die fehlende Internationalisierung im Nationenmix der Herkunftsländer und den regional zu geringen Anteil des indirekten Vertriebsweges mit der Reisebürowirtschaft.

Durch falsche Förderungspolitik von Bund und Ländern sind noch in den Neunziger Jahren zusätzliche Kapazitäten entstanden, die heute bei sinkender Auslastung den Preiswettbewerb weiter anheizen. Da sich das Kostenbild der Tourismuswirtschaft weiter deutlich verschlechtern wird, und der Markt in zunehmendem Maße nicht bereit ist, diese Kosten in den Preisen abzubilden, wird sich die schmerzliche Konsolidierungsphase bei unveränderten Rahmenbedingungen fortsetzen. Bei einem für das Jahr 2000 prognostizierten Nächtigungsvolumen von rund 100 Millionen, wird bei einer Mindestauslastung von nur einem Drittel der Jahreskapazität das österreichische Bettenangebot um ein Drittel sinken müssen. Rund 400.000 Betten werden vom Markt nicht mehr angenommen.

Vor diesem Hintergrund wirkt sich dann die praktische Unmöglichkeit des geordneten Rückzuges der Unternehmungen aus dem Markt durch volle Besteuerung der Veräußerungsgewinne besonders fatal aus. Insbesondere eine überhebliche Raumordnungspolitik im Hinblick auf den Ausländergrundverkehr und die Flächenwidmung stört sinnvolle Ausstiege durch Umwidmung empfindlich.

Es ist eine Bringschuld der politischen Entscheidungsträger, die Augen vor dieser Entwicklung nicht länger zu verschließen. Die Auswirkungen auf Leistungsbilanz und Beschäftigung zwingen genauso zum Handeln, wie die regionalpolitischen Auswirkungen vor allem auf jene Gegenden, die überwiegend vom Tourismus leben.


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Die Tourismuswirtschaft kann und muß ihre Marktchancen nutzen, denn Österreich liegt inmitten der wohlhabendsten Region Europas. Die Vollendung des Schengener Raumes und die Einbeziehung Österreichs in die Wirtschafts- und Währungsunion werden die Bedeutung unseres Landes als Freizeitregion Europas stärken. Die Öffnung der Reformstaaten schafft schrittweise, aber bereits spürbar, neue Märkte.

Die Kulturdestination Österreich ist ein starker Angebotsfaktor vor allem im internationalen Tourismus, was beispielsweise die Erfolge der Stadt Wien beweisen. Die touristische Infrastruktur und Suprastruktur Österreichs ist in ihrer Dichte weltweit ungeschlagen und noch intakt. Saubere Umwelt sowie Sicherheit und Stabilität im Inneren zeichnen Österreich gegenüber anderen Tourismusnationen aus. Eine als Gastgeber erfahrene Bevölkerung und der hohe Ausbildungsstand in der Branche sind ein Wettbewerbsvorteil der Zukunft.

Ein breites arbeitskostenloses Angebot an Ferienwohnungen, Privatvermietung und Urlaub am Bauernhof kann bei der Preiskonkurrenz mithalten. Demgegenüber müssen aber die Rahmenbedingungen für das dienstleistungsintensive und damit arbeitskostenintensive Hotelprodukt so sorgfältig verbessert werden, daß dieses seine Chancen im weltweiten Qualitätswettbewerb effizient nutzen kann.

Der Strukturwandel zwingt insbesondere die betriebliche Ebene zur absoluten Kundenorientierung. Nur die unbedingte Ausrichtung der Unternehmensphilosophie auf die Wünsche der Gäste führt, wie erfolgreiche Betriebe zeigen, zur notwendigen Auslastung. Die Qualität der Leistungen muß im gleichen Maße steigen, wie die weltweite Konkurrenz durch Kosten- und Währungsvorteile preiswerter wird. Durch kompromißloses Kostenmanagement muß auch bei geringeren Erlösen erfolgreich gewirtschaftet werden.

Diese Herausforderung werden nur Teile der Branche meistern können. So sehr das persönliche Schicksal betroffen macht, werden die vom Markt nicht mehr angenommenen Betriebe ausscheiden müssen. Es ist daher auch Aufgabe der Gemeinden (durch Umwidmungen), der Länder (durch Änderungen der Grundverkehrsgesetze) und des Bundes (durch Senkung der Besteuerung der Buchgewinne bei Betriebsauflösungen oder Änderung der Einkommensart), diesen Ausstieg auch ohne Konkurs zu ermöglichen. Nur wenn durch erweiterte Verwendungsmöglichkeiten der Gebäude und Liegenschaften der ausscheidenden Betriebe diese einen neuen Marktwert erhalten, ist die vom Markt diktierte Schrumpfung der Bettenkapazitäten einigermaßen friktionsfrei möglich.

Darüber hinaus müssen die örtlichen und regionalen Tourismusverbände ihre Aufgabengebiete neu definieren und die Rolle regionaler Produktmanager übernehmen. Die Erkenntnis, daß einzelne Angebote unverkäuflich sind und erst durch ihre Kombination und Abstimmung zu verkäuflichen Produkten werden, ist noch ungenügend umgesetzt. Kooperation auf allen Ebenen ist das Gebot der Stunde (Destinationsmanagement).

Die Formulierung klarer Leitbilder und die Ableitung von Produkten, die auf die am Markt erkannten Kundenbedürfnisse abgestimmt sind, ist die Voraussetzung für erfolgreichen Verkauf. Die Vertriebswegepolitik wird sich auf unseren Kernmärkten Österreich, Deutschland, Holland und der Schweiz (rund 85% aller Nächtigungen) auf die direkte Ansprache des Gastes konzentrieren, ohne die Reisebürowirtschaft zu vernachlässigen. Auf den übrigen europäischen Märkten und in Übersee ist der indirekte Vertriebsweg (Touroperator) dominierend. Die Anbindung an die elektronischen Kommunikationswege und Reservierungssysteme ist in jedem Fall unverzichtbar.

Die für den Tourismus zuständige Landesebene wird klare Entscheidungen treffen müssen, wo und in welcher Form die Angebotsentwicklung ermöglicht und gefördert wird, wobei der Revitalisierung bestehender lebensfähiger Betriebe im Umfeld funktionierender Fremdenverkehrsorte oder -regionen Priorität vor Neuerschließungen einzuräumen ist. Die Förderungspolitik ist im wesentlichen auf Risikokapitalaufbringung auszurichten, um neuen innovativen Konzepten zum Durchbruch zu verhelfen, die durch Angebotsverbesserung die Produktreife erreichen wollen.


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Die bisherige Förderungspolitik mit der Gießkanne verhindert lediglich Marktbereinigungen (schiebt sie auf) und erschwert die Bildung erfolgreicher Angebotscluster.

Durch Neubewertung der Grundverkehrsgesetze und Änderung der Flächenwidmungen in den Gemeinden muß jenen Betrieben, die keine Marktchancen mehr besitzen, der Ausstieg und die Nachnutzung ihrer Häuser ermöglicht werden. Erstwohnungen, Alten- und Jugendheime, Studentenherbergen, Seniorenresidenzen oder Ferienappartements auch für Zweitwohnsitze sind allemal besser als leerstehende Hotelruinen.

Die größte Verantwortung für die Rahmenbedingungen der Tourismuswirtschaft trägt aber nach wie vor die Bundesebene. Hier setzen die meisten Hebel an. Hier ergeben sich die brennendsten Fragen. Hier sind die dringendsten Maßnahmen zu setzen. Jede Verzögerung gefährdet grob fahrlässig den Tourismusstandort Österreich. Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher in diesem Zusammenhang an den Tourismusminister in seiner Verantwortung für die gesamten Rahmenbedingungen für die österreichische Tourismuswirtschaft nachstehende

Dringliche Anfrage:

1. Mit welcher Strategie begegnen Sie als verantwortlicher Tourismusminister der Tatsache, daß die weltweiten touristischen Ausgaben stetig steigen, Europa jedoch an Marktanteil verliert, und Österreich noch innerhalb Europas deutlich Marktanteile einbüßt?

2. Werden Sie sich als Tourismusminister auf europäischer Ebene für eine EU-weite Initiative zur Stärkung des weltweiten Incoming-Tourismus nach Europa einsetzen, um den oben skizzierten Trend zu stoppen? Wenn ja, in welcher Form?

3. In welcher Form werden Sie sich als Tourismusminister dafür einsetzen, daß die Visa-Erteilung für Gäste in ihren Herkunftsländern in Zukunft schneller und menschenwürdiger erfolgt?

4. In welcher Form werden Sie sich als Tourismusminister dafür einsetzen, daß die problemlose Einreise osteuropäischer Gäste auch nach Erfüllung des Schengener Raumes gewährleistet wird?

5. Wie stehen Sie zur Idee der Zusammenlegung der Österreich Werbung mit der Außenwirtschaftsorganisation und den Kultur- und Österreichinstitutionen zu einer starken Repräsentanz und der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft mit der Möglichkeit der Beteiligung für Gemeinden, Regionen, Bundesländer und Interessenten aus der Wirtschaft, die gleichzeitig auch als Kunden dieser "ÖW-Neu" fungieren? Teilen Sie die Auffassung, daß solch eine Struktur nicht nur erhebliches Einsparungspotential ins sich birgt, sondern auch die Möglichkeit, einer gemeinsamen Markenbildung für Produkte, Dienstleistungen und das Tourismusangebot?

6. Welche budgetären Ansätze der Bundeszuschüsse zur ÖW zur Verstärkung der Marktarbeit insbesondere in der TV-Kommunikation und der Vernetzung Österreichs mit den Global Distribution Systems (GDS) planen Sie langfristig.

7. Sind Sie als Tourismusminister bereit, eine Gästestromanalyse in Zusammenarbeit mit dem European Travel Monitor zu finanzieren?

8. In welcher Form können Sie als Tourismusminister sich eine Anpassung der Mehrwertsteuer auf Logis an das Niveau unserer Hauptkonkurrenz und damit eine Entlastung des Leitpreises als Ausgleich für die Hartwährungspolitik vorstellen? Ist seitens der Bundesregierung geplant, bzw. werden Sie sich im Ministerrat als Tourismusminister dafür einsetzen, in diesem Zusammenhang Verhandlungen über die MWSt.-Richtlinien der EU zu führen, um Österreich einen dritten Ermäßigungssatz von 5% zuzubilligen?

9. Wie beurteilen Sie das Modell der Rückvergütung der Mehrwertsteuer auf Übernachtung an Gäste von außerhalb der Europäischen Union? Ist seitens der Bundesregierung geplant, bzw. werden Sie sich im Ministerrat als Tourismusminister dafür einsetzen, auf europäischer Ebene diesbezüglich initiativ zu werden?


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10. Werden Sie sich als Tourismusminister dafür einsetzen, daß es zur Neugestaltung der direkten Gemeindefinanzierung unter Aufhebung der Getränkesteuer als Verteuerung der Nebenleistungen und der Kommunalsteuer als Arbeitsplatzsteuer kommt?

11. Welche Konzepte vertreten Sie im Zusammenhang mit der Stabilisierung der Arbeitskosten und der schrittweisen Verringerung von Lohnneben-kosten, die Dienstleistungen prohibitiv verteuern?

12. Welchen Stellenwert messen Sie einer echten Ökologisierung des Steuersystems für die Fremdenverkehrswirtschaft bei (Ressourcensteuern zur Entlastung der Arbeitskosten, statt einseitiger Erhöhung der Energiesteuern als stetig steigender Kostenfaktor)?

13. Wann kommt es zur längst überfälligen Neufassung des Berufs-ausbildungsrechts (der Lehrlingsausbildung) mit der Möglichkeit längerer Berufsschulzeiten, während derer die Lehrlinge in den Betrieben ohne Bezüge karenziert werden (dafür Einbindung in das Transfersystem und Gleichbehandlung mit AHS-Schülern)?

14. Werden Sie sich als Tourismusminister für die Flexibilisierung und Anpassung des österreichischen Arbeits- und Sozialrechts auf die Anforderungen der Mitarbeiter und die Wünsche der Gäste einsetzen?

15. Welche Haltung nehmen Sie als Tourismusminister zum Grundsatz der Aliquotierung der Ansprüche im Urlaubsrecht für befristete Dienstverträge ein?

16. Mit welchen Maßnahmen werden Sie den Autobahnvignettenverkauf effektivieren, um Megastaus zu verhindern, und sind Sie gegebenenfalls bereit, die Mautvignette so lange auszusetzen, bis ein reibungsloser staufreier Verkauf gewährleistet ist?

17. Werden Sie sich in Ihrer Funktion als Tourismusminister für den Ausbau der Risikokapitalaufbringung durch Erhöhung des KEST-freien Betrages in den Mittelstandsbeteiligungsgesellschaften von 200.000 Schilling auf eine Million und die Ermöglichung der KEST-freien Ausschüttung an den Anleger einsetzen?

18. Wie wollen Sie im Bereich der Tourismuswirtschaft die Einstellung jeglicher Neubauförderung und die Konzentration der Hilfestellung auf notwendige Revitalisierungen und das Umsetzen von neuen Konzepten sicherstellen?

19. Wann und wie erfolgt die überfällige Anpassung der realitätsfernen Semesterferienregelungen an die beweglichen Feiertage, unter Verwendung der Faschingswoche (Problem 1997 und 2000) als Beitrag zur Entzerrung der Reiseströme?

20. Werden Sie als Tourismusminister auf europäischer Ebene Einfluß auf die Ferienstaffelungen nehmen, um die Lebensqualität der Gäste bei An- und Abreise sowie während ihres Aufenthaltes zu erhöhen?

21. Wie beurteilen Sie die Idee der Gründung eines Institutes für systematische Trend- und Innovationsforschung im Freizeit- und Tourismusbereich, um der Branche Entwicklungsperspektiven vorzugeben?

22. Welche Aktivitäten planen Sie als Tourismusminister während des Vorsitzes Österreichs im Rat der Europäischen Union?

23. Werden Sie in Zukunft in Ihrer Funktion als Tourismusminister stärker als bisher über Ihre objektive Kompetenz als Wirtschaftsminister hinaus für die Verbesserung der Rahmenbedingungen der österreichischen Tourismuswirtschaft tätig werden?

In formeller Hinsicht wird vor Eingang in die Tagesordnung die Durchführung einer Debatte zum ehestmöglichen Zeitpunkt verlangt."

*****


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der Erstunterzeichner ist Abgeordneter Mag. Peter. Er erhält das Wort zur Begründung der Anfrage. Seine Redezeit beträgt 20 Minuten.

15.01

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Das Wirtschaftswunder Österreich ist wahrlich ein sprichwörtliches. Bis Anfang der neunziger Jahre hatten wir großartige Wirtschaftsdaten in diesem Land erreicht. Diese Zahlen waren nicht zuletzt der touristischen Entwicklung zu verdanken. Bis 1992 hat Österreich an die 160 Milliarden Schilling an Devisen aus dem Tourismus eingenommen und damit fast schon wie selbstverständlich das chronische Handelsbilanzdefizit abgedeckt. Es ist ganz selbstverständlich geworden für unser Land, daß wir uns leisten können, um 70, 80, ja 100 Milliarden Schilling mehr zu importieren als zu exportieren, weil die Gäste sowieso kommen und die nötigen Devisen bringen, um diesen Fehlbetrag auszugleichen.

1992 haben wir eine Bruchlinie in der touristischen Entwicklung durchlaufen. Was ist geschehen? – Die langfristigen Ursachen sind in einer schleichenden Kostenerhöhung zu finden, die sich in einer dienstleistungsintensiven Branche im Bereich der persönlichen Dienstleistung voll auf die Preise durchgeschlagen hat.

Diese Entwicklung setzt sich fort. Die Kosten für Bürokratie, die Arbeitskosten, die Lohnnebenkosten, die Entsorgungskosten und so weiter und so fort sind laufend, stückweise, Schritt für Schritt gestiegen, sodaß wir im weltweiten Wettbewerb Marktanteile verloren haben.

Es gibt keine einzige Branche in Österreich, die so abhängig vom weltweiten Verdrängungswettbewerb ist wie der Tourismus. Es gibt keinen so offenen Markt, in dem sich schon seit vielen Jahrzehnten der Tourismus beweisen muß. Der Rückgang der Flugpreise und der Bruch in den Währungsrelationen im Jahre 1992 haben ein Übriges getan. Der Effekt sind die Zahlen, vor denen wir heute stehen.

Man soll Nächtigungszahlen nicht zuviel Bedeutung zumessen. Es ist nur ein Zählen von Übernachtungen. Dennoch ist es beeindruckend, daß diese von 130 Millionen auf 112 Millionen im Jahre 1996 zurückgegangen sind.

Viel gravierender für unser Land ist der Rückgang bei den Deviseneinnahmen von 160 auf 140 Milliarden Schilling jährlich, was dazu geführt hat, daß im Jahre 1996 der Anteil der Tourismuseinnahmen am Bruttoinlandsprodukt nicht mehr 8,4 Prozent wie im Jahre 1992, sondern nur mehr 6 Prozent betragen wird. Das heißt, Österreich hat eine Wachstumschance von 2 Prozent verloren. Das ist eine BIP-Chance.

Gleichzeitig ist auch das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in Österreich zurückgegangen. Dieser persönliche Konsum durch Tourismus hat gefehlt, und 1996 hat Österreich – und leider wird das auch für 1997 prognostiziert – die geringsten Wachstumsraten der gesamten Europäischen Union.

Darüber hinaus ist das Leistungsbilanzdefizit außer Kontrolle geraten. Es stieg von 1,6 Milliarden Schilling im Jahre 1992 auf 50 Milliarden Schilling. Das sind 2 Prozent des Bruttoinlandprodukts 1996. Und das schon das zweite Jahr in Folge!

Das Ausbleiben der Tourismuseinnahmen und das Ansteigen der Tourismusausgaben – beide Effekte zählen hier dazu – haben einen Teil der Devisenreserven bereits aufgebraucht, und die Oesterreichische Nationalbank betreibt heute eine Politik mit geschlossenen Augen in Richtung Euro, so nach dem Motto: Bis 1998 werden wir es schon schaffen!

Erstaunlicherweise ist auch der Rückgang in der Beschäftigung ohne Kommentar von seiten der Politik geblieben. Statt 161 000 Beschäftigten im Jahre 1992 waren es 1996 nur mehr 155 000.

Meine Damen und Herren! Das hat nicht nur in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die ich bereits erläutert habe, sondern selbstverständlich auch in den Betrieben tiefe Spuren hinter


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lassen. So ist zum Beispiel die Jahresauslastung in der Vier- und Fünfsternehotellerie, den Paradebetrieben unseres Landes, von 44 auf 41 Prozent gesunken.

Der Effekt ist schmerzhaft. Die Auswirkungen sind für das gesamte Land bedrohlich. Dennoch hat die Bundesregierung bisher dazu geschwiegen oder gemeint, das Thema schönreden zu können.

Man hat lange herumargumentiert und gesagt, das sei halt so ein kleiner Konjunkturbruch, das werde schon wieder werden. Niemand wollte glauben, was heute schmerzhafte Gewißheit ist, nämlich daß wir 1992 eine Bruchlinie der Entwicklung durchlaufen haben, die sich bis zur Jahrtausendwende fortsetzen wird. Ich prognostiziere für die Jahrtausendwende rund 100 Millionen Nächtigungen in Österreich.

Um die Größenordnungen ins richtige Licht zu rücken: Auch dann bleibt Österreich noch das tourismusintensivste Land Europas. Auch dann haben Vorarlberg und Tirol gemeinsam noch immer mehr Nächtigungen als Griechenland. Wir bleiben trotz dieser Entwicklung mit all den schmerzhaften Folgen für die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und auch für die Betriebe, die ich bereits erläutert habe, weiter im touristischen Spitzenfeld.

Der zweite Effekt in der Öffentlichkeit war eine Kritik an der Dienstleistungsbereitschaft in der Branche. Beide Aussagen hatten ihre Wirkungen.

Obwohl die Bundesregierung, die dieses Thema offensichtlich nicht ernst genommen hat, geglaubt hat, es handle sich nur um ein kurzfristiges Phänomen, haben sich die Rahmenbedingungen in der Dienstleistungsbranche kostenmäßig seither weiter verschlechtert.

Ich zähle Ihnen nur ganz kurz auf, was in den letzten ein, zwei Jahren passiert ist: Energiesteuer, die neue Berechnung der Urlaubsentschädigung und 13. und 14. Gehalt aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht, exorbitant hohe Wasser- und Müllgebühren, hohe Bürokratiekosten durch das Arbeitnehmerschutzgesetz, Anhebung der Sozialversicherungsbeiträge und der Höchstbemessungsgrundlagen, Anhebung des Insolvenz-Entgeltausgleichsfonds von 0,1 auf 0,7 Prozent und so weiter und so fort.

Das alles interessiert nur insofern, als die Frage zu stellen ist: Welche Kostenerhöhungen, die die Regierungsparteien dieses Hohen Hauses hier beschlossen haben, sind die internationalen Gäste und auch die österreichischen Gäste bereit zu bezahlen? Das ist die Frage. Sie können hier Gesetze machen, so viele Sie wollen. Die Entscheidung, ob die Kosten, die Sie damit verursachen, vom Markt, ob vom österreichischen Gast oder vom internationalen Gast, bezahlt werden, wird im nachhinein gefällt, und sie wird zum Nachteil Österreichs gefällt.

Im weltweiten Verdrängungswettbewerb konnten wir die Kosten auf dem Markt nicht umsetzen, denn unsere Kunden machen den Preis. Unsere Kunden sagen, was die Leistung wert ist. Sie entscheiden, ob sie Leistung zu diesem oder jenem Preis, in dieser oder jener Qualitätsstufe kaufen oder nicht. Qualität ist das, was der Gast bezahlt. Auslastung mal Preis heißt das Spiel. Die Auslastung ist zurückgegangen, der Preis ebenfalls, was in allen Betriebskategorien inklusive der Spitzenhotellerie zu hohen Ertragseinbrüchen geführt hat. Ein Drittel der Branche steht heute vor dem finanziellen Ruin.

Die zweite Kritik, die angebracht wurde, jene an der Leistung, war sehr positiv. Sie hat nämlich die Branche dazu gebracht, besser zu werden. Ihre Kritik, meine Damen und Herren, die Kritik der österreichischen Gäste, die Kritik der Medien hat dazu geführt, daß die Betriebe gelernt haben, daß sie ihre Leistungen einfach verbessern müssen, um die hochgeschraubten Anforderungen eines kritischen Gastes befriedigen zu können.

Mehr Kundenorientierung hat das erfolgreiche Drittel der Spitzenbetriebe gelernt. Bessere Leistung zu erbringen hat das zweite Drittel der Betriebe, die um ihre Existenz kämpfen, gelernt. In kleinerer Umsatzerwartung zu leben, das haben alle Betriebe schmerzhaft erfahren müssen.


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52. Sitzung / Seite 115

Es war ja nicht zu glauben, daß sich dieses Wachstum über 40 Jahre immer endlos fortsetzen würde. Es war ja zu erwarten, daß eine Konsolidierungsphase eintritt. Diese Konsolidierungsphase ist nach der Bruchlinie des Jahres 1992 eingetreten und ist im Sommer 1996 zur offenen Krise geworden.

Die Kooperation im Tourismus wird in Zukunft das Gebot der Stunde sein, denn nicht die Summe der einzelnen Angebote ist verkäuflich in den Tälern, in den Orten, in den Städten, sondern das Produkt, das daraus gemacht wird. Das Schlagwort "Destinationsmanagement" faßt das zusammen. Es bedarf nur im ganzen Land des Verständnisses dafür, daß Tourismus ein Wirtschaftszweig sui generis ist, erstens, weil er in einem vollkommen offenen Markt im weltweiten Wettbewerb arbeitet, zweitens, weil nur 50 Prozent der Kaufkraft des Urlaubsbudgets des Gastes direkt in die tourismusnahen Betriebe – Hotellerie und Gastronomie – gehen und die zweite Hälfte direkt in alle anderen Branchen fließt und daher der Tourismus eine sehr, sehr hohe Multiplikatorwirkung auf die Beschäftigung hat. Es gibt keine Branche, die eine so hohe regionalpolitische Komponente hat. Es gibt ganze Täler, ganze Seeufer, ganze Gegenden in Österreich, die ohne die touristische Wertschöpfung potentielle Absiedlungsgebiete wären.

Der Gast, der zum Beispiel von Österreich aus nach Tunesien fliegt, macht eine Metamorphose durch. Er wird ein wunderbarer, großer Luxusschmetterling, weil er in einem Land mit weicher Währung und niedrigen Löhnen aussteigt und sich dort die Dienstleistungen eines Fünfsternehotels leisten kann, die ihm in Österreich verwehrt sind. Genau dasselbe passiert dem Gast, der von Tunesien zu uns fährt. Selbst wenn er dort über ein relativ hohes Einkommen verfügt, wird es für ihn schwierig sein, seinen Lebensstandard bei unserer harten Währung und unserem hohen Kostenniveau weiter aufrechtzuerhalten. Das ist der Grund, warum die billigen Flugpreise meistens – nicht nur, aber meistens – nur in eine Richtung stimulierend funktionieren.

Meine Damen und Herren! Dennoch ist Österreich voller Marktchancen. Ich glaube an dieses Produkt! Dieses Land hat eine hervorragende infrastrukturelle Eignung für die Freizeitwirtschaft und für den Tourismus. Es gibt in Österreich so schöne Gegenden, die aus dem touristischen Weltatlas nicht wegzudenken sind. Wir liegen in der Mitte der Märkte. Mit unseren mittel- und südosteuropäischen Nachbarn wachsen neue Märkte zu. Wir liegen als Kulturdestination an der Spitze Europas. Wir haben noch eine funktionierende Suprastruktur im Bereich der Betriebe, obwohl ein Drittel bereits wegzubrechen droht und wegbrechen wird, und wir haben eine phantastische Infrastruktur.

Meine Damen und Herren! In Summe gesehen hat Österreich vom Neusiedlersee bis zum Bodensee ohne Zweifel noch weltweit das beste touristische Produkt. Warum gelingt es also dann nicht, diese phantastischen Marktchancen auszunützen? – Da gibt es viele eigene Fehler, viele eigene Schwächen der Branche, die hier nicht zu diskutieren sind, die die Branche selbst zu bereinigen hat. Aber es gibt vor allem auch den Bereich der Rahmenbedingungen, die wir hier im Parlament zu diskutieren haben, die auf Gemeindeebene, auf Länderebene und vor allem auf Bundesebene relevant sind.

Tourismus geht nun einmal immer von Hartwährungsländern zu Weichwährungsländern. Die Menschen wollen zu Hause in harter Währung bezahlt werden und ihr Geld dort ausgeben, wo ihre Währung viel wert ist. Denken Sie an den Binnenwert des amerikanischen Dollars, der bei 16 beziehungsweise 17 S liegt, und kaufen können Sie ihn um 11 S am Schalter. Tourismus geht immer von Hochlohnländern zu Niedriglohnländern. Die Menschen wollen zu Hause viel verdienen und selbstverständlich dort, wohin sie auf Urlaub fahren, von Menschen bedient werden, die wenig verdienen. Das sagen sie nicht implizit, aber das ist ihre Reiseentscheidung, wenn sie sich für Billigdestinationen entscheiden.

Diesen Weg umzudrehen ist unsere Aufgabe. Das wird sehr schwierig sein. Aber eines steht fest: Über den Preis werden wir diesen Wettbewerb am Kostenstandort Österreich nie gewinnen können. Wir werden ihn möglicherweise über die Qualität gewinnen können, wobei Qualität nichts mit Sternen zu tun hat, sondern mit der Art von Dienstleistung, die der Kunde nachfragt, die dessen Bedürfnisse erfüllt.


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52. Sitzung / Seite 116

Herr Tourismusminister! Die Forderungen an die Bundesregierung gehen dorthin, sich diesem Thema wirklich einmal zuzuwenden. Seit 1992 und immer intensiver seit 1993 und 1994 reden wir von diesem Thema, machen wir darauf aufmerksam, daß da ein wirkliches Problem ansteht in diesem Lande. Und es ist absolut nichts geschehen!

Die volkswirtschaftlichen Daten, wenn schon die einzelbetrieblichen Daten nicht interessieren, sind desaströs. Österreich könnte heute, hätten wir dieselbe Tourismusintensität gehalten, ein Wirtschaftswachstum von 3 Prozent haben und nicht eines von unter 1 Prozent. Wir könnten heute noch immer eine annähernd ausgeglichene Leistungsbilanz haben, hätten wir verstanden, hätten wir wirklich eingesehen, welche Chance der Tourismus bietet, und hätten wir aus den 40 Jahren Erfolg gelernt.

Das Bekenntnis zum Tourismus in Worten und Taten ist die Grundvoraussetzung für das Nachdenken über die Rahmenbedingungen, die diese Branche hat. Ich halte es nicht für ein Ziel, aber für eine Notwendigkeit: Es werden ungefähr ein Drittel der 1,2 Millionen Betten aus dem Markt ausscheiden. Wenn wir 100 Millionen Nächtigungen im Jahre 1999 oder 2000 haben werden, dann ergibt das eine Auslastung von 33 Prozent im Jahr. Das ist eine sehr, sehr niedrige Auslastung. Durch eine einfache Multiplikation ist die Anzahl der marktgängigen Betten zu errechnen; das sind 800 000. Wir haben aber 1,2 Millionen.

Das heißt ganz konkret: Wir müssen uns Rahmenbedingungen überlegen, wie wir den Ausstieg dieser Betriebe ermöglichen. Ich werde nie Ausstiegsprämien fordern. Das wäre falsch. Das wurde oft unterstellt, das war ein bisserl parteipolitische Polemik, ein bisserl untergriffig. Das muß aber nicht sein, denn das Thema ist zu ernst dafür. Es sind ganz konkret die Rahmenbedingungen herzustellen auf Ebene der Gemeinden, und es ist zu fragen: Wie muß die Flächenwidmung der Gemeinde erfolgen, damit dieses nicht mehr genutzte Hotelobjekt einer anderen Nutzung zugeführt werden kann?

Ich weiß schon, für den Herrn Bürgermeister ist das Hotel das größte Geschäft, das er haben kann, aber ein leeres Hotel, ein "Ratzenstadel", eine Ruine ist das schlechteste. Also wird er sich bei der Flächenwidmung den Kopf zerbrechen müssen, wie er dieser Kubatur wieder einen neuen Wert durch eine andere Nutzung gibt. Die Länder werden sich den Kopf zerbrechen müssen, wie sie durch eine Änderung von etwas überheblichen Ausländergrundverkehrsgesetzen den Markt für potentielle Zweitwohnungen nur für Altobjekte – ich betone das! – öffnen.

Der Bundesfinanzminister wird – ich hoffe, mit Ihrer Unterstützung, Herr Tourismusminister – die Besteuerung der Veräußerungserlöse in der jetzt geltenden Form aussetzen müssen, sonst ist ein Ausstieg de facto nur über Konkurs möglich.

Wir müssen uns über neue Finanzierungsformen unterhalten: Risikokapitalfinanzierung, ewige Darlehen, und vor allem – Herr Tourismusminister, es ist dies nicht Ihre direkte Kompetenz, aber wenn ich Sie als Tourismusminister anspreche, dann immer in Ihrer Verantwortung, die Sie für eine Branche übernehmen, die es in Österreich gibt, und wo Sie indirekt im Rahmen der Regierung tätig werden sollten – über die Frage der Mehrwertsteuer.

Unsere wichtigsten Konkurrenzländer haben folgende Mehrwertsteuersätze auf Logis: 3 Prozent die Schweiz, 4 Prozent die Kanarischen Inseln, 4 Prozent Portugal, 5,5 Prozent Frankreich, 7 Prozent Spanien und so weiter. Das sind unsere wirklichen Konkurrenzländer.

Der Leitpreis, um den bei Reisebürogeschäften, bei Kontingentverträgen verhandelt wird, ist immer der Halbpensionspreis, ist immer der Preis für Zimmer mit Frühstück. Und hier, so meine ich, wäre eine wirklich gezielte Förderung, um diese Entwicklung zu stoppen, die Senkung der Mehrwertsteuer von 10 auf 5 Prozent. Sie werden sich nach Brüssel aufmachen und dort verhandeln müssen, das weiß ich, weil es nur zwei reduzierte Mehrwertsteuersätze gibt. Dennoch ist hier anzusetzen. Es hat ja einen Grund, Herr Tourismusminister, warum die Schweiz mit 1. Oktober 1996 ihren ohnehin niedrigen Mehrwertsteuersatz auf Logis von 6,5 Prozent auf 3 Prozent gesenkt hat. Sie hat mit ganz ähnlichen Problemen zu kämpfen wie wir.


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52. Sitzung / Seite 117

Meine Damen und Herren! Wir werden auch die Gemeindefinanzierung neu fassen müssen. Die direkte Gemeindefinanzierung ist unverzichtbar, weil nur so für den Bürgermeister der Anreiz bestehen bleibt, in seiner Gemeinde zu investieren und Investitionen zuzulassen. Aber die Getränkebesteuerung, eine der wichtigsten Säulen der direkten Gemeindefinanzierung, hat eine wettbewerbsverzerrende Funktion im Verhältnis zu allen anderen europäischen Staaten, wo sie nicht existiert. Auf der anderen Seite ist die Kommunalsteuer eine Dienstleistungssteuer, die genau das verteuert, was die persönliche Dienstleistung ausmacht, wenn sie Qualität anbieten will, nämlich die menschliche Arbeit. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Dotierung der Österreich-Werbung hat, so meine ich, in Zukunft Vorrang. Die TV-Werbung ist nach einiger Polemik vor zwei Jahren hier im Hohen Haus Gott sei Dank schlußendlich dennoch gekommen.

Ihre Aktivitäten in Europa, Herr Bundesminister, sind von ganz besonderer Bedeutung, vor allem im Hinblick darauf, daß die Mehrwertsteuer den EU-Ausländern, die zu uns kommen, rückerstattet wird. Die Kanadier zeigen uns das bereits vor. Das wäre eine Aktivität im EU-Ministerrat.

Im Herbst 1998 wird Österreich den Vorsitz in der Europäischen Union haben. Das ist eine Chance, europäische Tourismuspolitik als Rahmen für die österreichische Tourismuspolitik zu bauen. Herr Tourismusminister, die österreichische Tourismuswirtschaft ist bereit, weiter ihre Leistungen zu erbringen. Je enger Sie das Korsett der Rahmenbedingungen schnüren, desto weniger kann sie erfolgreich sein. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der gestellten Fragen hat sich der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.

15.21

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin Herrn Abgeordneten Peter für die Fragen dankbar. Wir haben vieles davon schon in bilateralen Gesprächen diskutiert.

Es geht beim Tourismussektor um einen Wirtschaftsbereich, der hinsichtlich seines Anteils am BIP nicht hoch genug eingeschätzt werden kann und dessen Dynamik über Jahre Teil des Rückgrates der österreichischen Wirtschaft war. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun steht es völlig außer Streit, daß wir – global gesehen – im Augenblick Probleme haben. Aber ich würde doch bitten, daß wir uns langsam angewöhnen, nicht von dem Tourismus schlechthin zu reden, weil wir damit einem gesamten Wirtschaftszweig in Österreich ein Image verpassen, das er so in seiner Gesamtheit nicht verdient. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe bei verschiedenen Gelegenheiten darauf hingewiesen, daß es wahrscheinlich der Analyse wie auch der Heilung zweckdienlich ist, wenn man deutlich nach Sektoren unterscheidet.

Wenn man zum Beispiel den Städtetourismus hernimmt, so sieht man, daß zum Teil zweistellige Zuwachsraten zu verzeichnen sind. Vom Kulturtourismus ist ähnliches zu sagen. Beim Wintertourismus gibt es eine Stagnation auf hohem Niveau, aber vom Ertrag her hat er eindeutig die bessere Saison.

Wir haben aber, und das müssen wir in diesem Haus deutlich sagen, ein unglaubliches Problem mit dem Sommertourismus, mit dem "Sommerloch" beziehungsweise der Vor- und Nachsaison. Das alleine gibt uns schon für die Strategien, die wir anzusetzen haben, einige besondere Elemente. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte weiters positiv anmerken – und da schließe ich durchaus bei dem an, was Abgeordneter Peter gesagt hat, auch zur Motivation der Unternehmer und Mitarbeiter der Tourismusbetriebe –: Wir sind, etwa gemessen am Reisenettoexport, noch immer absoluter Weltmeister,


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52. Sitzung / Seite 118

Miniinseln in der Karibik oder im Indischen Ozean nicht berücksichtigt. Ich könnte das mit statistischen Ziffern untermauern, möchte es aber aus Zeitökonomie nicht tun.

Wenn man nun von dieser differenzierten Analyse ausgeht, ist erkennbar, daß wir es mit globalen Trendverschiebungen zu tun haben, die wir nicht immer national beeinflussen können, aber etwa in Richtung EU durchaus mitbeeinflussen sollten. Ich denke an folgendes: Wenn es schon international zu einem Wettbewerb der Destinationen kommt – je weiter man fliegt, umso billiger wird es, je kürzer man fliegt, um so teurer bleibt es, ich spreche jetzt von innerösterreichischem beziehungsweise Verkehr innerhalb der EU –, dann muß es unsere Aufgabe sein, in der EU eine Diskussion über Regelungen herbeizuführen, die eine adäquate Wettbewerbsfähigkeit innereuropäischer Flugdestinationen herstellen, damit sich das nicht zu einem Sog auswirkt, der uns längerfristig die Gäste, vor allem die jugendlichen, die unternehmenslustigen Gäste ins Ausland abzieht.

Natürlich haben wir im Nahbereich mit allen Problemen der kompetitiven Abwertungen zu tun. Wir haben damit zu tun, daß es neue Destinationen gibt, die immer attraktiver werden.

Lassen Sie mich zur EU generell einen Satz sagen. Ich persönlich stehe der Idee sehr skeptisch gegenüber, daß die EU eine eigene Tourismuspolitik machen sollte. Ich glaube, aus der Sicht eines Nettozahlers kann es nicht empfehlenswert sein, in einem Bereich eine Tourismuspolitik anzuleiern, die dann wieder nur aus Fördermaßnahmen besteht, von denen der Nettozahler wenig hat, sondern mit denen er eher Mitkonkurrenten finanziert. Ich halte aber sehr viel davon, zu versuchen, in der Diskussion mit der EU für uns hinsichtlich sensibler Rahmenbedingungen Änderungen herbeizuführen, etwa die Verkehrsströme zu entzerren. Es ist geradezu eine Paradoxie, daß Urlaube im Regelfall, vor allem Betriebsurlaube, immer wieder zur gleichen Zeit beginnen und wir immer wieder dieselben Probleme mit großen Staueffekten haben. Gerade Urlauber, die einmal sehr lange in einem Megastau gestanden sind, unternehmen einen solchen Urlaub nicht wieder.

Wir haben sicher gewisse Image- und Modernitätsdefizite. Wir haben Defizite im Dienstleistungsbereich. Ich bekomme eine Vielzahl von Briefen, in denen man sich darüber beschwert, daß am Abend nicht gekocht wird, daß die Bar am Abend gesperrt wird – und das, obwohl man weiß, daß viele Ausländer erst am Abend aufleben –, und ähnliche Dinge mehr. Hier gibt es also eine sehr breite Palette, über die wir zu reden haben.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einige Worte generell zur Österreich-Werbung, die ja hier angesprochen ist, und zur Rolle meines Ministeriums sagen. Die Mittel der Österreich-Werbung wurden von allen drei Beteiligten um 12 Prozent aufgestockt. Es stehen uns von Bund, Ländern und Wirtschaftskammer zusammen rund 580 Millionen Schilling zur Verfügung. Die Österreich-Werbung operiert unter einem neuen Management, und jetzt auch unter neuen Statuten. Das neue Management hat es geschafft, in relativ kurzer Zeit die traditionelle Schwergewichtverlagerung in Richtung Administrationskosten 55 zu 45 ins genaue Gegenteil zu verkehren. Es wurde bereits ein neues Marketingkonzept beschlossen und ist bereit, umgesetzt zu werden, welches die Schwerpunkte eindeutig auf unser berühmtes Sommerloch und seine Vor- und Nachteile legt. Unter dem Motto: "Alltag raus, Österreich rein" wird versucht, auch ein für den Inlandstourismus durchaus attraktives, vielleicht sogar leicht provokantes Thema zu wählen.

Man wird sehen, wie das über die Runden geht.

Ich glaube, daß die Österreich-Werbung nicht länger als gemeinnütziger Verein geführt werden sollte, sondern sich längerfristig eine Art Unternehmensform geben sollte, bei der die Außenstellen wie Profitcenter operieren sollten und in der wir uns nicht intern damit blockieren sollten, wie man wen wirbt. Wir sollten uns vornehmen, vor allem zu lernen, daß die Österreich-Werbung mit ihren Außenstellen de facto ein effektives Anbahnungs- und Abschlußinstrument von Tourismusgeschäften ist, unter aller Berücksichtigung der Reisebüros im Inland.

Ich darf jetzt zu den Fragen im konkreten kommen und werde, wenn ich einiges übersehe, gerne später noch einmal das Wort ergreifen.


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52. Sitzung / Seite 119

Zu den Fragen 1 und 2:

Das Entscheidende muß die Strategie sein. Der Tourismus ist in Österreich keine verlorene Sache. Wir haben ungeheures Know-how in diesem Bereich. Wir kennen die Schwächenprofile, wir haben daran zu arbeiten, aber wir haben auch bei den Rahmenbedingungen einiges abzuklären. Ich komme auf alle anderen Punkte in diesem Zusammenhang noch zu sprechen.

Eines der größten Defizite im Tourismus ist seine Finanzierungsstruktur. Daher habe ich, Sie werden sich erinnern, auch anläßlich meines Amtsantrittes in diesem Haus gesagt, es müsse darum gehen, daß von der kurzfristigen Fremdfinanzierung auf eine längerfristige Eigenkapitalfinanzierung umgestellt wird. Ich könnte Ihnen schon Betriebe nennen, die sich dafür bedanken, daß wir die Langzeitdarlehen – also ewige Hypotheken – marktfähig und handlungsfähig gemacht haben. Ich habe vor, die Österreichische Hoteltreuhand, die im Nahbereich des Ministeriums agiert, als Schwerpunktinstrument für diese Art der Sanierungsfinanzierung einzusetzen.

Diesbezüglich wurden auch mit der FGG Gespräche geführt. Es gibt bereits einen Fonds im Bereich der Mittelstandsfonds, damit man über die Garantie von Beteiligungskapital auch zu einer Änderung der Finanzierungsstrukturen kommt.

Ich habe wiederholt gesagt, ich halte wenig davon, daß wir zuerst Bettenburgen bauen und dann um Gäste beten. Ich würde lieber eine Politik betreiben, in der Förderungsmittel dafür eingesetzt werden, daß genug Fremde kommen, damit sich die Betten finanzieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Schwerpunkte werden eindeutig in Richtung Innovation, Kooperation, Übernahme von beziehungsweise Teilnahme an modernen Buchungsnetzen gesetzt werden, das geht bis hin zu einer Art Anreizsystem auch für inländische Reisebüros dafür, daß mit größerer Lust und finanzieller Zufriedenheit inländische Urlauber ins Inland vermittelt werden anstatt auf die Kanarischen Inseln.

Ich habe hinsichtlich der Förderpolitik vor – was immer das an Disput noch auslösen wird –, von der traditionellen Zinssubventionspolitik zu einer Politik von Zinsencaps überzugehen. Nur wenn Zinshöhen ein bestimmtes Niveau überschreiten, sollte zugestiegen werden, um Risiko auszugleichen, aber man sollte nicht a priori in einer Zeit mit enorm niedrigen Zinssätzen noch weitere Zinsverbilligungen geben.

Ein offenes Wort zur Frage Neubaukapazitäten. Ich habe im Augenblick mehr Interventionen für den Neubau als für die Stillegung von Hotels auf meinem Tisch liegen – für letzteres liegen mir überhaupt keine vor. Daher ganz offen, diesbezüglich dürfte es keine Meinungsverschiedenheit geben: Das Wirtschaftsministerium hat, wie schon angekündigt, eine Studie in Auftrag gegeben, bei der wir die Stillegungsbereitschaft beziehungsweise die Ausstiegsbereitschaft österreichischer Unternehmer der Hotellerie und Gastronomie testen werden. Die Ergebnisse erwarten wir bis Ende Jänner beziehungsweise Mitte Februar.

Dann wird es Zeit sein, eine Diskussion mit allen Verantwortungsträgern zu führen, vor allem mit den Bundesländern sowohl als Raumordnungsgeber als auch als Wohnbaufinanziers, um über Ausstiegsmodelle vernünftig zu verhandeln. Ich bin da ganz bei Abgeordneten Peter, ich will das nur an einem Beispiel ausdrücklich herausstreichen: Es kann nicht so sein, daß überall dort, wo wir ein Hotel stillegen wollen, man sofort aus Angst, daß das ein Ausverkauf an Fremde oder eine Ferienwohnung wird, das Ganze wieder stoppt. – Das einmal zur Finanzierung generell.

Zur Frage 3:

Wir gehen momentan allen Beschwerden im Detail nach, die darauf hinauslaufen, daß es unzulässig lang dauert, bis Visa erteilt werden. Aus Südafrika kommen über 35 000 besonders gut zahlende Wintergäste, die sich nicht über die Dauer der Erteilung des Visums beschweren, sondern darüber, daß sie überhaupt ein Visum brauchen. Das ist eine Sache, die man auch mit der EU vereinbaren muß, das ist ja nicht mehr nur unsere eigene Kompetenz. Dasselbe gilt für


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52. Sitzung / Seite 120

Visa für Singapur oder Taiwan. Wir haben einige Probleme gehabt mit Rückweisungen von Gästen an den Grenzen. Auch da wird das Gespräch mit den Zollgrenzorganen notwendig sein.

Wir gehen jedem Fall nach. Dort, wo Visa notwendig sind, haben wir sichergestellt, daß es so rasch wie möglich geht.

Um gleich zur nächsten Frage zu kommen: Wir werden auch unter den Bedingungen des Schengener Abkommens sicherstellen müssen, daß in allen Außenstellen Österreichs – ob das eine Botschaft, ein Generalkonsulat oder eine Handelsdelegation ist – ein zugelassener Beamter, der Zutritt zum Schengener Computer hat, die Visa-Ausstellung gewährleistet.

Osteuropa ist einer unserer großen Hoffnungsmärkte. Ich weiß, daß gerade in der Gegend, aus der ich komme – Südniederösterreich –, der heurige Sommer ohne die Gäste aus Osteuropa katastrophal gewesen wäre. So wurde ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Ich glaube, daß Freundlichkeit diesen Gästen gegenüber sehr zweckmäßig wäre. Ich habe auch veranlaßt, daß möglichst bald überall Speisekarten in den Sprachen unserer östlichen Nachbarn aufliegen. Mir wurde bei Besuchen in den Nachbarländern wiederholt gesagt, daß es unglaublich ist, daß zwar jeder Österreicher erwartet, etwa in Ödenburg eine deutsche Speisekarte vorzufinden, aber erstaunt ist, wenn ein Ungar dasselbe in Wiener Neustadt erwartet. Das nur als Randbemerkung.

Zur Frage bezüglich Außenwirtschaftsorganisation. Ich glaube, daß eine kritische Prüfung notwendig ist, welche Außenstellen erforderlich sind, wo eine Zusammenlegung zweckmäßig ist, um die Synergien von einem gemeinsamen Dach, von gemeinsamen Kosten zu haben. Das Ende der Diskussion und das Ende der Prüfung sind noch nicht erreicht, es ist das aber mein fester Wille.

Die budgetären Ansätze für die Österreich-Werbung sind für zwei Jahre festgeschrieben. Wir werden bei den Budgetverhandlungen im Frühjahr des kommenden Jahres wieder darüber zu reden haben.

Zur Frage 7:

Ich persönlich bin der Meinung, daß in einem Land, das sich ein Institut für Handelsforschung leistet und ein Institut für Gewerbeforschung mit großem Erfolg agieren sieht, ein Institut für Tourismuswirtschaft wahrscheinlich Sinn machen würde. Ich werde darüber mit anderen möglichen Mitträgern in Gespräche eintreten.

Zur Frage der steuerlichen Politik: Das ist sehr schwierig, es wurde dies auch schon vom Fragesteller deutlich gemacht. Wir haben es zum Teil mit Steuerfragen zu tun, die wir nur gemeinsam mit der EU lösen können, nämlich einen eigenen, dritten Mehrwertsteuersatz, wahrscheinlich auch die Refundierung von Mehrwertsteuer bei Auslandsreisen und ähnliche Dinge mehr. Die Übertragung des kanadischen Modells ist daher in diesem Licht zu sehen.

Es gibt eine Reihe von Vorschlägen in der Finanzierungspolitik, zu denen ich nur sagen kann: Das sehe ich persönlich als Mitverantwortlicher für das Budget so, daß wir das im Zuge der nächsten Budgetgespräche eben ansprechen müssen, wie etwa bestimmte steuerliche Regelungen. Eines halte ich für vordringlich: Wenn in einem Sektor, in dem ich eine Abschlankung anstrebe, überschuldete Betriebe vorhanden sind, dann muß ich den Ausstieg erleichtern. Als Ökonom würde ich mich daher mit einer Entsteuerung der Veräußerungsgewinne durchaus einverstanden erklären.

Zur Getränkesteuer nur eine Bemerkung. Ich gehe damit auf einen weiteren Punkt ein. Es ist, glaube ich, ein wenig paradox, daß in einem Staat, der seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Gemeinde als Grundzelle der staatlichen Verwaltung ansieht, die Finanzierung auf die Besteuerung dringendster Lebensbedürfnisse abgestellt ist. Das ist langfristig weder klug noch zweckmäßig, aber wir müssen eine neue Regelung für den Finanzausgleich finden. Dazu ist bereits eine Arbeitsgruppe außerhalb meines Einflußbereichs im Finanzministerium etabliert. Ich glaube, man sollte das nicht in die Ewigkeit ziehen.


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52. Sitzung / Seite 121

Zur Frage 12:

Ich persönlich bin für eine Ökologisierung des Steuersystems. Ich hoffe, daß wir bei der nächsten großen Steuerrunde tatsächlich entscheidende Spuren legen können.

Zur Frage 13:

Es ist so, daß schon mehrere Ankündigungen in den Raum gestellt worden sind. Ich halte es für zweckmäßig, im Rahmen der Gewerbeordnungsdiskussion, der wir in wenigen Wochen mit der Versendung des Entwurfes zur Begutachtung einen neuen Rahmen geben werden, auch über die Zahl der Berufsbilder und ähnliche Dinge mehr zu sprechen. Wir haben intern einmal – aber es wird auch zur großen Begutachtung kommen – den Entwurf eines Berufsausbildungsgesetzes zur Diskussion gestellt – wir werden ihn auch offiziell zur Diskussion stellen –, wonach man in einer Lehrzeit mehrere Qualifikationen erwerben können sollte, was sicher auch im Bereich des Tourismus seinen Nutzen haben würde.

Zur Frage Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes: Ich kann nur wiederholen, was im Augenblick zwar noch nicht fertig ist, aber als Regierungspolitik gilt: Eine Flexibilisierung der Arbeitszeitregelung in Österreich ist unbedingt notwendig. In allen Gesprächen, die ich in meiner neuen Eigenschaft als für die ABA-Industrieansiedlung zuständiger Minister mit ausländischen Investoren führe, zeigen sich zwei tatsächliche komparative Nachteile. Man kann voraussagen, wie lange es dauert, bis man ein flexibles Arbeitsarrangement vereinbart hat beziehungsweise wie lange es dauert, bis man die entsprechenden Betriebsanlagengenehmigungen hat.

Zur Frage der Aliquotierung bei Urlauben: Ich kann mich nur selbst aus alten Artikeln zitieren: Ich persönlich bin ein Anhänger der Aliquotierung.

Frage 18 habe ich beantwortet, 17 detto – das hoffe ich zumindest.

Zur Frage 19:

Auch das wird zu diskutieren sein. Ich glaube, es ist ziemlich sinnlos, jedesmal immer wieder die Standarddiskussion zu führen. Nachdem wir alle Ferienversuche gemacht haben, hat sich gezeigt: Es macht nur Sinn, wenn wir im mitteleuropäischen Kontext gemeinsam mit den Bayern, den Norditalienern, allenfalls auch den Schweizern zu einer Regelung kommen.

Zur Frage 20:

Zur Ferienstaffelung habe ich schon etwas gesagt, detto zu An- und Abreise.

Zur Frage 21:

Ich bin für ein solches Institut, wir haben darüber schon ein bißchen nachgedacht. Die Frage ist nur, wer trägt es mit und wer zahlt mit, denn auch die Kenntnis der Kosten auf Dauer ist bei einem solchen Institut ein wichtiger Punkt.

Zur Frage 22:

Nach dem derzeitigen Stand der Dinge ist kein offizieller Tourismusministerrat in Österreich geplant. Ich möchte aber alle Tourismusminister zumindest zu einem Seminar nach Österreich einladen, um in einer eher ungezwungenen, informellen, von allen Regeln fernen Situation über die Tourismusprobleme Österreichs zu reden. Wir wollen in der Vorbereitung mit Großbritannien, dem Land, das vor uns Vorsitz führt, reden, um das vielleicht über eine ganze Jahresperiode durchzuziehen, wie wir das auch bei der Problematik Abschlankung des Bürokratismus der EU anstreben.

Zur Frage 23:

Ich hoffe, Sie haben meinen Ausführungen entnommen, daß ich mich dem Thema Tourismus mit der gleichen Energie widmen werde wie anderen Bereichen in meinem Ministerium. – Danke, Herr Vorsitzender. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.38


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52. Sitzung / Seite 122

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.38

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird nicht allen bewußt sein, daß ich eigentlich ein Tiroler bin. Ich stamme aus dem oberen Inntal. (Abg. Ing. Langthaler: Doch, das hört man!)

Als wir gestern eine Diskussion über drohende Armut hatten, habe ich mich zurückerinnert an meine Kindheit, als ich kriegsbedingt ins obere Inntal sozusagen verschickt wurde, weil damals gab es dort wenigstens Milch und die Produkte von kleinen und kleinsten Landwirtschaften. Das war in den Jahren 1940 bis 1955 eine Basis, die die Menschen ernährt hat, nach heutigen Maßstäben jedoch hat sie sie in großer Armut ernährt.

Es war damals so, daß es die kinderreichen Familien tatsächlich nicht geschafft haben, über die Runden zu kommen. Die Kinder wurden über die Ferien verschickt, und andere Dinge mehr. Und wenn man heutzutage beziehungsweise vor vier, fünf Jahren durch diesen Landstrich gefahren ist, konnte man sehen, welch großer Fortschritt da gemacht wurde, und zwar dank einer einzigen Erwerbsquelle: Das war und ist auch heute noch der Tourismus. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Für das Oberinntal gilt dasselbe wie für das Lisertal und für das Maltatal und für das Mölltal und viele, viele andere Landstriche Österreichs: Dort gibt es für große Teile der Bevölkerung keine andere Erwerbsbasis als den Tourismus. Glauben Sie mir: Gerade diese Gegenden sind wieder von der Armut bedroht.

Wenn große Industrieunternehmungen zusammenbrechen oder Schwierigkeiten haben, dann schreitet der Minister ein, mindestens einer. Ich möchte die Initiativen für Traiskirchen nicht kritisieren, sondern nur darauf hinweisen: Dort wird showmäßig etwas abgespult, um 100 beziehungsweise 300 Arbeitsplätze zu retten. Wenn 3 000 Arbeitsplätze im Tourismus leise sterben, schert sich kein Mensch darum, und es ist auch keine Schlagzeile wert. – Das, meine Damen und Herren, sollten wir uns vor Augen führen, wenn wir die Tourismusbranche heute kritisch durchleuchten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte noch etwas anbringen, was mir schon immer am Herzen lag. Die Schlagzeilen, insbesondere der verschiedenen Gewerkschaftsvertreter, werden immer von den wenigen schwarzen Schafen verursacht. Die gibt es in jeder Branche, ich weiß das: in der Baubranche, in der Tourismuswirtschaft und so weiter. Aber nicht nur die Ausbeuterischen, die die Lehrlinge nächtens beschäftigen und sonst noch alles mögliche Schreckliche tun – all das ist verwerflich, das wollen wir nicht, es gefällt mir nicht –, auch die Guten, die Tüchtigen, die überwiegende Mehrzahl, die hart arbeitet und nicht auf die Uhr und die eigene Lebensqualität schaut, stehen heute vor der existenzbedrohenden Situation, daß sie entweder zusperren oder sich noch weiter in eine unrettbare Sklaverei von Banken oder Finanzierungsinstituten begeben müssen. Daher ist es auch aus dieser Sicht einfach dringlich, darüber zu diskutieren.

Herr Bundesminister, zu Ihren Antworten. Niemand – schon gar nicht die Liberalen – verpaßt der Tourismuswirtschaft ein Image. Ich hoffe, daß Sie das nicht auf meinen Kollegen Peter gemünzt haben. Er tut als ÖHV-Präsident wirklich viel dafür – das glaube ich ihm, weil er sitzt ja mit mir gemeinsam in einem bescheidenen Parlamentsbüro –, daß gerade diese Imageverbesserung eintritt.

Wenn gesagt wird, wir haben zwar ein Sommerloch, aber sonst geht es uns gut, so stimme ich hinsichtlich Städtetourismus ohne Abstriche zu. Bezüglich Wintertourismus haben wir zwar das Glück, daß man die schneetragenden Alpen nicht beliebig vermehren kann und Kanada und Neuseeland weit weg sind, daher besteht kein Wettbewerbsdruck. Aber wenn Kaufkrafteinbußen in Europa eintreten – und das wird, glaube ich, kein Ökonom bestreiten –, dann wird das den Zweiturlaub, dann wird das den Winterurlaub betreffen. Und daher müssen wir froh sein, wenn wir so wie heuer wenigstens weiße Gipfel haben und daher schon frühzeitig die Lust am


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Stenographisches Protokoll
52. Sitzung / Seite 123

Schifahren wecken. Alle, die darauf bauen, daß es eh im Februar schneit, haben sich geirrt. Da will keiner Schi fahren, da sehnt man sich schon nach dem Frühling – und das wissen Sie.

Wir glauben darüber hinaus, Herr Bundesminister, daß der wichtigste Gast für uns der Inlandsgast sein sollte und daß wir da in der Vergangenheit die größten Versäumnisse begangen haben. Sie sagen, Sie seien ohnehin für Entzerrungen. Ich muß aber sagen, Herr Bundesminister, eine Ferienstaffelung für die allgemeinbildenden höheren Schulen ist keine Entzerrung. Die vielbeschworene Arbeitszeitflexibilisierung, die Grundlage für Entzerrungen beziehungsweise daß Sie sie gegen Ihren Koalitionspartner durchsetzen, auch um einen politischen Preis, das vermissen wir eigentlich. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir haben das aber noch viel mehr beim Herrn Vizekanzler vermißt, der so viele Jahre immer wieder tolle Worte in den Mund genommen hat und nichts, gar nichts in diesem Zusammenhang zusammengebracht hat. (Neuerlicher Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich bin sehr glücklich darüber, Herr Bundesminister, daß Sie der Österreich-Werbung sozusagen wieder auf die Füße helfen wollen. Ich bin auch glücklich darüber, daß Sie die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt haben. Ich erinnere mich noch gut daran, ich war ganz neu im Parlament, da hat Herr Abgeordneter Peter gesagt, es wäre vielleicht an der Zeit, aufgrund dieser dräuenden Schwierigkeiten im Tourismus einmal 100 Millionen Schilling in die Werbung zu stecken. – Hohn und Spott hat er von den beiden Regierungsparteien geerntet. Daß es in der Zwischenzeit wenigstens einigermaßen gelungen ist, adäquate Mittel bereitzustellen, Herr Bundesminister, das freut mich.

Nun zu einigen Ihrer Ausführungen. Wenn Sie sagen, Sie wollen die Finanzierungsstrukturen ändern – und ich stimme Ihnen zu, die Finanzierungsstruktur ist das Mittel –, dann muß ich Ihnen nur sagen: Beeilen Sie sich, Herr Bundesminister, weil Leichen haben nichts von besseren Bedingungen. Das ist nicht eine Frage von Jahren, sondern die Frage ist: Geht die eine Saison noch, oder geht nichts mehr? – Vergessen Sie eines nicht, solange Sie noch Einfluß auf große österreichische Banken haben – die ÖVP hat ihn ja jetzt endgültig verloren, aber die SPÖ hat gewonnen –: Dort ist der Schlüssel anzusetzen. Solange die österreichischen Banken sich damit begnügen, die ehemaligen Eigentümer und selbständigen Unternehmer als Quasi-Geschäftsführer fortzubeschäftigen, sozusagen gegen bescheidene Privatentnahmen, und nicht wissen, was sie mit den Immobilien machen – und das ist bei einem erschreckend hohen Prozentsatz der Häuser der Fall, 20 Prozent, 30 Prozent, wahrscheinlich in vielen Gegenden deutlich über 30 Prozent, zum Beispiel in Kärnten –, so lange tickt da eine Zeitbombe. Irgendwann einmal wird auch auf diese Banken Druck ausgeübt werden, und dann wird keine Rücksicht mehr genommen. In diesem Fall werden Sie aber in kurzer Zeit ein großes Problem haben, auch was die Beschäftigung in diesen ländlichen und bevorzugten Tourismusgebieten anbelangt. (Abg. Zweytick: Das stimmt nicht!)

Das stimmt nicht, glauben Sie? Ich glaube, ich kenne mich in Kärnten besser aus als Sie, Herr Kollege, und darauf beziehe ich mich. Wissen Sie, ich baue unglückseligerweise hin und wieder auch Hotels. (Abg. Schwarzenberger: Wieso sagen Sie unglückseligerweise?) Wenn Sie meine Debitorenlisten haben wollen: Sie bekommen sie um 20 Prozent vom Nominale. Also bevor Sie weiterreden, sprechen wir das einmal an. Wir haben da erstklassige Gradmesser.

Herr Bundesminister! In vielen Dingen, die Sie hier ausgeführt haben, stimme ich Ihnen zu. Ich bin davon überzeugt, Kollege Peter stimmt Ihnen auch zu. Nur eines: Wir wünschen Ihnen, daß Sie im Gegensatz zu Herrn Schüssel – und ich habe mir das aufgeschrieben, was Sie gesagt haben über die einzelnen Dinge – Mut, Mut, Mut haben, Herr Minister, aber nicht nur Mut, sondern auch Widerstandsfähigkeit, denn Sie haben einen Koalitionspartner, der noch nicht weiß, daß wir in einer Dienstleistungsgesellschaft leben, und er weiß noch nicht, daß die Alternative zur Anpassungsnotwendigkeit Arbeitslosigkeit heißt. Und das klarzumachen, ist eine ganz, ganz wichtige Aufgabe in vielen Bereichen.

Ich will mich gar nicht auslassen, Herr Kollege Stummvoll, über das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Sie hier mitbeschlossen haben, das unter anderem auch den Tourismusbetrieben


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einen Schlinge um den Hals legt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll. ) Wenn Sie das noch nicht wissen, dann sollten Sie sich darum kümmern.

Herr Stummvoll! Solange Sie und ich gemeinsam hier herinnen sitzen, werde ich Ihnen dieses Gesetz mit Genuß jedesmal unter die Nase reiben, weil ein dümmeres wurde in diesem Haus noch nie beschlossen. (Beifall beim Liberalen Forum und des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn. )

15.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.48

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Die Dringliche Anfrage zum Thema Tourismus an den Wirtschaftsminister kommt für mich nicht überraschend. Es ist sozusagen eine logische Konsequenz des jahrelangen Desinteresses der vor Ihnen zuständigen Minister.

Wir erinnern uns daran, daß der letzte vor Ihnen tätige Minister etwa einen Aufsatz in einem Fachjournal geschrieben hat: Der Tourismus, das unbekannte Wesen. – Das hat Ihr Vorgänger zu diesem Thema zu sagen gehabt. Das zeigt ja, wie er damit umgegangen ist.

Aber ich gestehe Ihnen, Herr Bundesminister Farnleitner, zu, daß ich eine Veränderung der Linie feststelle, und das bewerte ich positiv. Es ist aber der Grundaussage nichts hinzuzufügen.

Tatsache ist, meine Damen und Herren, daß Tourismus- und Freizeitpolitik lange Zeit auf Bundesebene nicht stattgefunden hat. Heute haben wir trotz kontinuierlichen internationalen Wachstums in Österreich den Kampf des Tourismusweltmeisters mit einer Reihen von Problemen. Viele Studien kommen zum Schluß, daß diese Branche einen tiefgreifenden Strukturwandel benötigt. Herr Abgeordneter Peter hat ja in seiner Anfragestellung darauf hingewiesen.

Tatsache ist, daß nur etwa 60 Prozent des derzeitigen einheimischen Bettenangebots den marktfähigen Zustand erreichen. Wir wissen auch, daß etwa bei der zunehmenden Globalisierung des Fremdenverkehrs die Gewinner die Stadthotellerie beziehungsweise jene, die ein Angebot mit Profil erstellen können, sein werden. Jene Betriebe werden zu den Gewinnern gehören, die professionell geführt werden, in denen es gut ausgebildete Mitarbeiter gibt, in denen es eine kreative Unternehmensführung gibt und bei denen die Infrastruktur des Angebots selbst in bester Ordnung ist und sich von den Standortbedingungen unabhängig macht.

Es werden auch High-Touch-Betriebe trotz hoher Preise am Markt Chancen haben, wenn sie die Erwartungen erfüllen.

Meine Damen und Herren! Es ist für mich schon von großer Wichtigkeit, daß wir über die Rahmenbedingungen reden, und ich anerkenne die Bemühungen um Lohnnebenkostensenkung, um die Frage der Getränkesteuer und vieles andere mehr. Aber wir im Hohen Haus – ob Regierungs- oder Oppositionsparteien – sollten da sehr ehrlich zueinander sein. Es ist doch so, daß beispielsweise im Zusammenhang mit der Getränkesteuer auf der einen Seite jene, die sich für Tourismuspolitik engagieren, einer Abschaffung das Wort reden und jene, die dann in den Kommunen Verantwortung tragen, sagen: Liebe Freunde, das geht einfach nicht. Wenn wir diesen Gordischen Knoten in Zusammenarbeit mit den Gemeinden lösen können, Herr Bundesminister, werden wir dieses Problem sicher bewältigen können.

Hohes Haus! Mir geht es aus sozialdemokratischer Sicht um eine zielorientierte und strategische Tourismuspolitik des Bundes. Ich glaube, daß sie immer mehr zu einer Freizeitpolitik wird. Ich betone das deshalb, weil etwa 50 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher ihren Urlaub zu Hause verbringen, also weder in Österreich Urlaub machen noch ins Ausland fahren. Diese 50 Prozent sind aber für die Gastronomie durchaus interessante Kunden, daher sollten wir sie dabei nicht vergessen.


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Ich glaube daher, daß die touristischen Einrichtungen einer Region auch sinnvolle Freizeiteinrichtungen sein sollten, auch für die einheimische Bevölkerung. Wien ist das Beispiel dafür, wo viele Events, die für die Gäste aus nah und fern, aber auch für die Menschen, die in Wien leben, für die Wienerinnen und Wiener, ein tolles Angebot darstellen, und Wien gehört daher trotz der Krise auch zu den Gewinnern. (Abg. Koppler: Auch Linz!) – Auch Linz, jawohl, Herr Kollege Koppler. (Abg. Dr. Krüger: Hoch lebe Linz!)

Meine Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, daß wir natürlich den Schwächen in der Branche entgegenwirken müssen. Daß größte Problem dabei ist, daß es in der Software Schwächen gibt, das heißt, beim Angebot, bei der Föderation, beim Marketing, bei der Werbung und natürlich auch beim Service.

Die Problematik, die sich daraus ergibt, ist (Abg. Haigermoser: Aber das ist zu billig!) , daß Tourismuspolitik Ländersache ist, und daß der Bund daher steuernd eigentlich nur über seine Förderungspolitik eingreifen kann.

Hohes Haus! Ich glaube, es gibt die Möglichkeit der Kofinanzierungen von Bund, Ländern und der EU. Wir sollten die EU-Programme stärker in Anspruch nehmen, wir sollten die Möglichkeiten ausschöpfen, und wir sollten bei den Förderungen vom Gießkannenprinzip endgültig wegkommen, das ja nur mühsam bestehende Strukturen aufrechterhält, und zu einem strategisch ausgerichteten Fördersystem finden.

Ich halte es daher für wichtig, daß es eine Tourismusbank gibt, die eindeutig zukunftsorientierte Richtlinien als Vorgabe hat, die die Abwicklung der Förderungen tätigt, die aber auch das Controlling übernimmt und daher begleitend bei all den Förderungen und Investitionen mittätig ist. Diese Tourismusbank sollte durchaus auch die Aufgabe haben, eine Qualitätsverbesserung herbeizuführen. Sie sollte aber auch die Infrastrukturinvestitionen mitfinanzieren. Sie sollte dazu beitragen, daß durch Beteiligungsmodelle das Risikokapital in einem stärkeren Ausmaß mit eingebracht wird, und daß es auch zu einer Effizienzsteigerung – etwa durch Kooperation auf Betriebs- oder auch auf Ortsebene – kommt. Mir schwebt da das Modell von regionalen Tourismusorganisationen vor. Ich glaube, die Tourismusbank könnte der Tourismusentwicklung wesentlich zur Seite stehen. (Abg. Rossmann: Haben Sie schon einmal von Eigenkapitalstärkung gehört?)

Meiner Meinung nach, unserer Meinung nach könnte es auch die Österreichische Hoteltreuhand sein, die diese Aufgabe erfüllt. Ich halte nichts davon, wenn man die Förderungsmöglichkeiten aufsplittert. Ich bin wirklich davon überzeugt, daß eine Tourismusbank diese Aufgabe erfüllen soll.

Zur Österreich-Werbung – Kollege Peter hat dieses Thema in seiner Anfrage sehr deutlich herausgestrichen –: Ich bin für jeden Weg bereit, der in die Richtung geht, daß die Österreich-Werbung noch stärker, noch professioneller wird, noch mehr Möglichkeiten hat, ihren Rahmen zu erweitern. Ich bin auch der Meinung, daß die Bemühungen in Richtung einer Kapitalgesellschaft gehen sollen und daß man dafür natürlich die Mitarbeiter und vor allem die Partner, die Länder, die ja vielleicht nicht ganz so davon überzeugt sind, und vielleicht auch den dritten Partner, die Bundeswirtschaftskammer, gewinnen muß. Ich hoffe, letztere ist davon überzeugt, daß das in die richtige Richtung geht.

Ich glaube, daß die ÖW mit ihrer neuen Struktur, mit ihrer neuen Führung gute Vorarbeit geleistet hat. Das muß man auch einmal anerkennend sagen. Ich bin in diesem Bereich offen für alle Überlegungen.

Ein Wort noch zum Kollegen Haselsteiner. Kollege Haselsteiner! Sie haben sich diesbezüglich massiv engagiert. Sie haben vor einiger Zeit ein tolles touristisches Gebiet – Goldeck – meines Wissens um einen Schilling von einem Bundesland gekauft. Was haben Sie damit getan? (Abg. Dr. Haselsteiner: Geh, hör auf!) – Ah?! Sie haben es um einen Schilling erworben und nichts damit gemacht. Sie haben kein tolles Produkt entwickelt. (Abg. Dr. Haselsteiner: Sie wissen ja nicht, wovon Sie sprechen!) – Aha. So ist das. Ich wollte nur den Unterschied herausarbeiten zwischen dem, was Sie so engagiert vortragen, und dem, was Sie dann tatsächlich tun. Das ist alles. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren! Ich möchte festhalten, daß es in der Tourismuspolitik oberste Maxime ist, der Qualität das Wort zu reden. Es wurde gesagt, Qualität ist das Erfüllen von Erwartungen, und das muß natürlich auch die Mitarbeiter betreffen.

Kollegin Rossmann, Kollege Haigermoser! Ich bin der Meinung, daß Mitarbeiter – Kellner, Kellnerin, Rezeptionistin, wer immer – nur dann motiviert sein können, wenn die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung stimmen. Manches, was ich von Herrn Präsidenten Maderthaner, aber auch von der Seite der FPÖ höre, ist nicht dazu angetan, Mitarbeiter zu motivieren.

Wir werden dafür sorgen, daß die Mitarbeiter auch in dieser Branche in der Zukunft entsprechende Chancen und Bedingungen haben werden, um entsprechende Leistungen erbringen zu können. (Abg. Mag. Stadler: Vizepräsident Kiermaier!) Ich glaube daher, daß der Tourismus bei den entsprechenden Strukturänderungen Chancen haben wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Der Kiermaier ärgert sich über Sie! – Kollege Kiermaier, schütteln Sie nicht den Kopf, sagen Sie es ihm!)

15.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Haselsteiner gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter. Die Bestimmungen sind bekannt. Redezeitbeschränkung: 2 Minuten.

15.59

Abgeordneter Dr. Hans Peter Haselsteiner (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Parnigoni hat behauptet, ich hätte das Goldeck um einen Schilling gekauft und nichts getan.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe es zwar um einen Schilling gekauft, aber sehr viel getan. Es ist mir jetzt in 30 Sekunden, so hoffe ich, nur das Wesentliche eingefallen.

Erstens: Ich habe zum Beispiel ein Projekt veranlaßt, für 6 Millionen Schilling das Gebiet für den Winter zu erschließen, es schneesicher zu machen, eine Talabfahrt zu bauen, und habe dazu alle notwendigen Voraussetzungen – einschließlich Umweltverträglichkeitsprüfung, einschließlich aller ökologischen Gutachten für Fauna, Flora, Wildbach- und Lawinenverbauung und so weiter – besorgt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zweitens: Ich habe 40 Millionen Schilling Betriebsverlust in Kauf genommen und damit das Projekt fünf Jahre lang mit 40 Mitarbeitern, somit mit 200 Mannjahren, am Leben erhalten, um der Bezirksstadt Spittal an der Drau nicht eine der wenigen Voraussetzungen für eine Tourismuserschließung auch noch zu nehmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Drittens: Ich habe mehrfach interveniert, insbesondere bei Mitgliedern der Landesregierung der ÖVP und der SPÖ, und gebeten, man möge mir die notwendigen Genehmigungen erteilen, um dieses wintertouristische Projekt bauen und umsetzen zu können, ich habe sie jedoch von diesen der SPÖ und der ÖVP zugehörigen Regierungsmitgliedern nicht erhalten. Ich überlasse es Ihnen, das zu werten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt vor von Herrn Abgeordneten Dr. Puttinger. – Bitte. (Abg. Mag. Barmüller: Herr Abgeordneter Parnigoni! Gehen Sie sich entschuldigen, sagen Sie: "Es tut mir leid"!)

16.01

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Eine kurze Vorbemerkung zu Herrn Parnigoni, obwohl ich in vielen Dingen mit ihm übereinstimme: Anpassungsschwierigkeiten dürfte er nicht haben. Als Schüssel Minister war, habe ich nie gehört, daß er ihn kritisiert hat, heute ist es anders, heute gibt es neue Minister. Anpassungsschwierigkeiten dürften Sie nicht haben, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Haselsteiner: Der Propeller, der nur warme Luft erzeugt!) Das ist richtig! (Heiterkeit. – Abg. Tichy-Schreder: Das ist eigentlich unter Ihrem Niveau!)


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Meine sehr verehrten Damen und Herren des Liberalen Forums! Ich sehe Ihre Dringliche Anfrage durchaus sehr positiv, weil sich dadurch nämlich die Möglichkeit bietet, überaus Positives über den österreichischen Tourismus aufzuzeigen, Kassandrarufe ein bißchen zu relativieren und ernsthaft über dieses Thema, den Tourismus, zu diskutieren.

Ich glaube, daß das Wachstum des österreichischen Tourismus seit 1992 einen dramatischen Tiefpunkt erreicht hat, ist eigentlich eine allgemein bekannte Tatsache und braucht in der Öffentlichkeit nicht weiter diskutiert zu werden. Unsere Aufgabe muß es sein, die Bedeutung des Tourismus in Österreich klar zu definieren und letzten Endes das entsprechende Bewußtsein hierfür in der Bevölkerung, aber auch in der Politik und vor allem in der Regierung und auch hier im Hohen Haus zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Probleme gibt es natürlich vielfältigster Art, die Ursachen finden wir in externen Faktoren – sie wurden bereits genannt –: Billigreisen, Währungsabwertungen, Einkommensverluste et cetera. Wir haben aber auch sehr viele hausgemachte Probleme; auch diese wurden genannt: Bürokratie, Unflexibilität, fehlende Steuererleichterungen, fehlende Anreize in den Betrieben, Kapital zuzuführen.

Das ist alles richtig, aber so differenziert diese Ursachen zu betrachten sind, so differenziert sollte man auch die jüngsten Fremdenverkehrsergebnisse betrachten. Während wir nämlich allgemein Nächtigungsrückgänge beklagen, stellen wir ein differenziertes Verhalten im Kurtourismus, im Kulturtourismus, aber auch im Städtetourismus fest. Dies zeigt eindeutig, wie wichtig es ist, Qualität anzubieten, zu halten, Identität zu bewahren, Events zu fördern, regionale Kooperationen zu betreiben, aber auch seitens der Politik zu fördern und neue Chancen auf dem Markt zu nutzen. Ohne Events würde in Zukunft der Fremdenverkehr meiner Meinung nach überhaupt nicht überleben können. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, im folgenden die Position der ÖVP kurz darzustellen:

Erstens: Qualität macht sich bezahlt. Trotz vieler gegenteiliger Meinungen bin ich der Auffassung, daß das Preis-Leistungs-Verhältnis in Österreich stimmt. Es gilt, diese gute Qualität zu erhalten beziehungsweise, wo es nötig ist, auszubauen. Förderungen sind primär für die Qualitätsverbesserung und höchstens in Ausnahmefällen zur Schaffung oder Ergänzung des Bettenvolumens zu verwenden.

Zweitens: Wir haben Identität zu bewahren. Die heutige Entwicklung zeigt klar, daß vor allem jene Regionen profitieren, die sich selbst so verkaufen, wie sie sind. Wir können allein klimatisch bedingt mit Badezentren Südeuropas nicht konkurrieren, aber Gesundheit, kulturelle und landschaftliche Vielfalt und Unversehrtheit sind mehr wert als die Illusion von Sonne und See, an die die meisten Menschen, wie ich meine, nicht mehr glauben. (Beifall bei der ÖVP.)

Drittens: Wir haben Kooperationen zu fördern. Regionale Kooperationen mit den Kriterien des einheitlichen Bildes, der einheitlichen Vermarktung, des einheitlichen Produktes werden für den Tourismus die Überlebenschancen sein. Eine Kirchturmpolitik, wie wir sie zugegebenermaßen in Salzburg erleben, wo sich drei benachbarte Gemeinden jeweils für ein Erlebnisbad bewerben – noch dazu mit Förderung –, kann meiner Ansicht nach in Zukunft nicht jenes Rezept sein, mit dem wir Tourismus betreiben können.

Ich bin aber – Herr Kollege Parnigoni ist nicht hier – gegen die sogenannten regionalen Tourismusorganisationen, wie er sie schon mehrmals vorgeschlagen hat. Das sind wieder neue Verwaltungsapparate, die keine neuen Gäste bringen, die Geld kosten, welches die einzelnen Betriebe wesentlich besser brauchen und verwenden könnten. (Beifall bei der ÖVP.)

Viertens: Wir müssen Neuigkeiten auf den Markt bringen. Die Organisation von Events von Trekkingrouten bis hin zur Kultur – das ist die Zukunft. Wir haben uns nicht nur darauf zu konzentrieren, was modern und neu ist, sondern wir können auch auf Traditionelles zurückgreifen, etwa auf die Nutzung der natürlichen Ressourcen des Kurwesens in Österreich. Ich glaube, da hat ein Umdenken stattzufinden, wir haben der Vorsorgemedizin das Wort zu reden und uns


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nicht nur um die "Reparatur" zu kümmern. Wir haben den neuen Markt "Gesundheit" auszubauen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben auch im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes Österreichs im zweiten Halbjahr 1998 entsprechend zu präsidieren und uns diesem Anlaß gemäß zu präsentieren. Wir haben uns als Tagungsland, als Kongreßland darzustellen. Ich glaube, wir haben diesbezüglich etwas anzubieten, was uns vielen anderen Ländern gegenüber bevorteilt.

Fünftens: Wir sind gefordert, die Rahmenbedingungen für den Tourismus zu verbessern. Bedingt durch ein niedriges Zinsniveau, das wir derzeit in Österreich haben, sind viele Tourismusbetriebe, trotz, wie eingangs erwähnt, schlechter äußerer und innerer Rahmenbedingungen lebensfähig. Nur aus diesem Grund. Es gilt, jetzt für die Zukunft vorzubauen und das Tourismusschiff aus dem seichten Wasser in sicheres Gewässer zu bringen und die Eigenkraft zu stärken. Die Betriebe benötigen neben den Einrichtungen im Bereich der Beschäftigung wie Jugendbeschäftigungsgesetz, Sicherung der Ausländerkontingente viele andere Dinge, so etwa Veränderungen im Arbeitsrecht, Arbeitszeitflexibilisierung, aber sie brauchen neben den Erleichterungen in der Bürokratie vor allem auch Geld.

Damit bin ich beim sechsten Punkt: Ich glaube, wir müssen Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals setzen – eine fünfjährige Atempause bei Betriebsübernahme wurde vom Herrn Minister heute genannt –, wir haben die Festhypotheken zu fördern, praxisgerechte Pauschalierungen zu bieten, Anreize für private Kapitalgeber zu schaffen, sei es durch Förderung privater Kapitalgeber mittels Haftungsübernahme durch den Staat oder durch das Land, sei es dadurch, Beteiligungsgesellschaften durch steuerliche Begünstigungen aufzuwerten.

Und siebtens: Wir haben öffentliche Mittel gezielt und effizient einzusetzen. Tourismusbetriebe sind nicht um jeden Preis zum Weitermachen zu zwingen. Wir haben Maßnahmen zu setzen, die das Aussteigen erleichtern. Wir haben in der Wohnbauförderung – das wurde auch schon angeschnitten – entsprechende Position zu beziehen. Es kann doch nicht sein, daß in einer Gemeinde in einem Park ein neues Altersheim gebaut wird, während in derselben Gemeinde vier oder fünf Hotels leerstehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da haben wir entsprechende Förderungspolitik zu machen, da haben wir entsprechende Positionen zu beziehen. Wir haben in der Förderungspolitik einen neuen Weg zu gehen. Die Fördermittel werden knapper, sie müssen daher umso gezielter eingesetzt werden. Wir haben sie in Richtung innovativer Zusatzangebote, Kooperation auf betrieblicher Ebene und Regionalkooperationen einzusetzen.

Letzter Punkt: Wir haben die Mittel auch bei der Österreich Werbung entsprechend einzusetzen. Den eingeschlagenen Sparkurs kann ich voll unterstützen. Ich bin für die Zusammenlegung der Österreich Werbung mit den entsprechenden Außenhandelsstellen. Die Effekte, die erzielt werden können, können wir etwa an den Beispielen Toronto, aber auch Straßburg beobachten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausbau der österreichischen Stärken, zu denen die österreichische Gastlichkeit im wahrsten und im umfassendsten Sinne gehört, wird Österreich als Tourismusland erhalten und allen Unkenrufen zum Trotz unseren Ruf als Urlaubsland festigen – zum Wohle der gesamten Wirtschaft, zum Wohle seiner Arbeitnehmer, zum Wohle des ganzen Landes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte, Frau Abgeordnete. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

16.11

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Eines ist mir nicht ganz klar: Herr Puttinger kommt da heraus, liest den Wunsch an das Christkind vor – wie er meine Forderungen einmal bezeichnet hat –, er ist jedoch seit zehn Jahren in dieser großen Koalition, ist Präsident der Salzburger Wirtschaftskammer, und ihm fällt nichts anderes ein, als herauszugehen und einen Forderungskatalog zu präsentieren. – Herr


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Puttinger, das ist schwach! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Umsetzen ist das Zauberwort. Vielleicht ist dieses Wort schon irgendwann an Ihr Ohr gedrungen.

Aber zur gesamten Förderungspolitik ist mir noch einiges unklar. Herr Parnigoni kommt heraus und setzt seinen Schwerpunkt für die Eigenkapitalstärkung auf Förderungen. Herr Puttinger spricht von Förderungen bereits vor dem EU-Beitritt. Ich habe da Unterlagen von einer großen Enquete mit Herrn Maderthaner aus dem Jahre 1994 mitgebracht, in der davon die Rede war, daß die Regionalförderungen der Ausweg aus der Tourismuskrise sein werden, und die Leute sollten unbedingt dem EU-Beitritt zustimmen, damit die Förderungen lukriert werden können.

Ihr Minister hingegen warnt vor der Förderfalle. Ihr eigener Minister sagt, er wolle in diesem Zusammenhang überhaupt nichts mehr von Förderungen hören, es gebe keine Förderungsmittel mehr. Da ist doch etwas unklar. (Abg. Dr. Puttinger: Was ist denn eine Regionalförderung?) Meiner Meinung nach ist da auch in der Koalition etwas unklar, und das möchte ich heute hier an diesem Ort geklärt haben.

Nur mit Eventförderungen allein – wiewohl ich dafür und diesbezüglich bei Ihnen bin – wird es nicht gehen. Ich bin für Eventförderungen, alle anderen Förderungen haben wir bisher abgelehnt. Sie wissen ja genau, daß Regionalförderungen für neue Hotelbauten und so weiter verwendet werden und daß dadurch mit Fördermitteln neue Konkurrenz geschaffen wird.

Um auf den Herrn Minister zurückzukommen: Sie haben davon gesprochen, daß innerhalb Europas Flugdestinationen attraktiver gestaltet und positioniert werden sollen. Aber da haben wir schon einen Hasenfuß in Österreich. (Abg. Scheibner: Den Puttinger!) Wir haben die höchsten Landegebühren, wir haben Landevorschriften, bei denen sich wirklich jeder an den Kopf greift und sagt, Österreich kann man nicht anfliegen. Bestes Beispiel: Arnold Schwarzenegger mußte in Salzburg landen, weil sein Jet für Graz zu laut war. Hingegen hat man aber bei der letzten Konferenz in Graz, wo es um Abgasbestimmungen gegangen ist, bezüglich der vielen "Ostbomber" – unter Anführungszeichen – überhaupt nichts unternommen, obwohl die uns die Luft über Graz wirklich verpestet haben. Da geht es also sehr wohl, aber wenn ein Privater Österreich anfliegt, ist er plötzlich zu laut.

Das alles sind Punkte, Herr Minister, die schön klingen – Sie haben heute von der Regierungsbank aus wirklich viele schöne Worte gesagt –, die aber nicht umsetzbar sind. Das ist das Problem!

Ich komme auf die Getränkesteuer zurück. Sie haben erwähnt, daß es die Getränkesteuer seit 140 Jahren gibt und daß wir, wie wir wissen, das einzige Land in ganz Europa sind, das Getränkesteuer einhebt. Da frage ich Sie schon: Wieso haben Sie diesbezüglich noch nichts unternommen? Ich habe mir erlaubt, eine Anfrage im Europäischen Parlament an den zuständigen Kommissar Monti zu initiieren. Wissen Sie, was der mir gesagt hat? – Sie sind seit drei Jahren im EWR, seit zwei Jahren in der EU, aber die österreichische Regierung – das sagt er wörtlich – sei noch nicht vorstellig geworden. Man wisse überhaupt nicht, was die österreichische Regierung will. Dann sagt er abschließend: Die Kommission wird bei den österreichischen Behörden die entsprechenden Informationen anfordern. – Das sagt der Kommissar in Brüssel. Er kommt jetzt zu Ihnen und wird das anfordern.

Unsere Forderung ist, daß Sie hinausfahren, der Kommission Unterlagen vorlegen und endlich einmal überprüfen lassen, ob die Getränkesteuer, die Tourismusabgabe und die Kammerumlage 1 der 33. Mehrwertsteuerrichtlinie entsprechen. Das wäre Ihre Aufgabe gewesen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Den Herrn Puttinger kostet das ein Lachen. Sie sammeln lieber 300 000 Unterschriften, lassen die kleinen Wirte samt ihren Mitarbeitern rennen, und dann lachen Sie darüber! Das ist es nämlich! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

So handeln Sie als Kammerpräsident der Salzburger Wirtschaftskammer! Schämen sollten Sie sich! Schämen sollten Sie sich auch als Kollege, das sage ich Ihnen. (Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung des Abg. Dr. Puttinger –: Sie haben den Kontakt verloren!) – Das ist es, den Kontakt


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zur Basis haben Sie verloren. Sie wissen nicht mehr, was es heißt, wirklich zu arbeiten, Sie wissen nicht mehr, daß das Geld verdient werden muß. Das ist es! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Um auf die Getränkesteuer zurückzukommen: Ich höre oft auch aus Ihren Reihen das Argument: Es ist ja nur die Getränkesteuer, glauben Sie, daß irgend etwas billiger wird, wenn wir sie abschaffen? Glauben Sie, deshalb stärkt man die Eigenkapitalstruktur der Betriebe?

Jetzt schildere ich Ihnen die Situation in meinem Betrieb: Ich zahle für einen Betrieb 400 000 S Getränkesteuer pro Jahr. Ich habe jetzt einen Nullbescheid abgegeben. Ich habe eine Getränkesteuerprüfung gehabt und habe sogar ein Guthaben. Ich bekomme jetzt den Bescheid und den fechte ich durch bis zum Europäischen Gerichtshof. Sie werden sich wundern! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wenn ich das Geld zurückbekomme, werde ich es als Grazer Abgeordnete der Stadt Graz zur Verfügung stellen – das sind 800 000 S Getränkesteuer für zwei Jahre –, aber für Zwecke, die ich alleine bestimme. Ich werde in Not geratene Klein- und Mittelbetriebe damit fördern, die sonst nicht überleben könnten. Das wird es sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Unverschämtheit in diesem Bereich ist, daß jeder, der das durchficht, die Chance hat, die Getränkesteuer zurückzubekommen. Aber alle jene, die das Know-how nicht haben, die den nötigen Informationsstand nicht haben, die das nötige Kapital nicht haben, können das nicht und bleiben auf der Strecke. Sie werden die Getränkesteuer nicht zurückbekommen.

Noch etwas: 800 000 S in zwei Jahren zu haben oder nicht zu haben, ist für manche Betriebe für ein Überleben oder Sterben entscheidend. Darum geht es. Es geht auch darum, ob weiterhin Mitarbeiter abgebaut werden oder wie die Eigenkapitalstruktur überhaupt ausschaut.

All das sind Dinge, über die hier nicht gesprochen wird. Sie werden unter den Tisch gekehrt. Da hört man nur schöne Worte, zum Beispiel darüber, daß die ÖW umgestaltet worden ist, wobei keiner wissen will, wie es dort zugeht. Da werden nur Positionen von Schwarz zu Rot verteilt – das weiß der Herr Minister auch, das paßt ihm nämlich gar nicht –, da werden die Leute von der AUA hereingeholt und der nächste Freund und noch ein Freund. So schaut das zurzeit aus!

Wissen Sie, was dabei herausgekommen ist? – Ich habe ein Organigramm der Österreich Werbung mitgebracht, und obwohl man sagt, daß man jetzt neue Länder bewerben müsse, schaut das Organigramm so aus – ich habe nachgerechnet –, daß 72 Mitarbeiter in inneren Abteilungen und insgesamt nur 21 Mitarbeiter für das Marketing vor Ort draußen tätig sind.

Der Gipfel des Ganzen ist – Herr Minister, Sie werden das sicher wissen, ich erzähle Ihnen da nichts Neues, ich fordere Sie nur von diesem Pult hier auf, daran etwas zu ändern –, daß man den wichtigen Markt Amerika komplett wegstreicht. Man hat dort einen "fliegenden" Manager, das ist der Herr Dr. Krainer. Er ist ein tüchtiger Mann, aber er kann noch so tüchtig sein, er wird nicht ganz Nordamerika inklusive Kanada alleine schaffen, und dieses Gebiet muß er für unseren österreichischen Tourismus bewerben. Das muß man sich vorstellen! Die Außenstelle in Los Angeles wurde geschlossen, und der Herr Krainer ist jetzt alleine auf weiter Flur und muß den ganzen ...


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Frau Abgeordnete! Das Schlußwort, bitte.

Abgeordnete Mares Rossmann (fortsetzend): ... nordamerikanischen Kontinent allein bewerben.

Das sind die Dinge, über ich heute von Ihnen, Herr Minister, eine Auskunft erhalten möchte, wenn es geht. Es ist Ihre Aufgabe, in Zukunft Ordnung zu machen, damit die Strukturen stimmen. Ich könnte noch viele, viele Einzelbeispiele aufzählen, aber wir werden noch öfter Gelegenheit haben, hier in diesem Haus über Tourismus zu diskutieren. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.18

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe es jetzt natürlich etwas schwer. Nachdem die Besitzerin von zwei Diskotheken, Herr Puttinger als Besitzer des größten Gasthauses in Salzburg – 1 000 Plätze, habe ich mir sagen lassen, hat er –, Herr Mag. Peter als Besitzer eines berühmten Hotels gesprochen haben, muß ich da jetzt auftreten als ganz simpler Gast. Ich habe keine Diskothek, ich habe kein Restaurant, ich habe kein Hotel (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Mit zwei Monatsgehältern eines Abgeordneten bekommen Sie ein Gasthaus!), aber ich könnte diese Debatte vielleicht ein bißchen mit der Perspektive befruchten, wie es einem Gast in Österreich geht.

Soll ich mich nun vertrauensvoll der Gastlichkeit des Herrn Puttinger überantworten oder mich in Richtung Gastlichkeit des Liberalen Forums wenden? (Zwischenrufe.) Nein, aber ein Aspekt dieses Themas geht tatsächlich in allen Ihren Wortmeldungen unter, die engagiert von allen Seiten kommen, denn da geht es natürlich auch ein bißchen um die diversen Eigeninteressen der hier Sprechenden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Nein, überhaupt nicht. Nein, wir sprechen hier ganz allgemein über den Tourismus, aber eine Gruppe geht in der Diskussion tatsächlich völlig unter, obwohl das die Leute sind, die bei Ihnen das Geld ausgeben sollen, nämlich die Gäste.

Vielleicht sollten Sie sich wirklich einmal fragen, warum denn die Nächtigungszahlen tatsächlich zurückgehen und warum es besonders viele Österreicher derzeit vorziehen, im Ausland Urlaub zu machen.

Natürlich gibt es externe Faktoren, die auch der Tourismusminister nicht beeinflussen kann, wie zum Beispiel das Wetter, aber auch eine sehr starke Verbilligung im Bereich des Verkehrs, enorm billige Flugreisen, Flugpauschalreisen, Wechselkursänderungen bei Lira und Dollar, die es natürlich attraktiver machen, in diesen Ländern Urlaub zu machen. Ein Faktor, der bisher leider überhaupt noch nicht zur Debatte stand, hat jedoch etwas mit dem angeblich so großen Charme der Österreicher zu tun, mit der "enormen" Gastfreundlichkeit der Österreicher.

Ich könnte Ihnen unzählige Beispiele dafür liefern. Ich habe oft in Österreich, aber oft auch in anderen Ländern Urlaub gemacht, aber die wirklich unangenehmsten Erlebnisse habe ich meistens tatsächlich hier in diesem Land gehabt, vor allem dann, wenn man Freunde zu Besuch hat, die nicht die deutsche Sprache sprechen und vielleicht nicht genau und sofort wissen, was sie bestellen sollen oder was sie wollen. Da ist es mit dem österreichischen Charme und mit der Gastfreundlichkeit nicht so weit her! (Abg. Dr. Haselsteiner: Leute, die verdächtig ausschauen!) Richtig! Jemand, der vielleicht auch noch ausländisch ausschaut – das ist immer ein ganz schlimmer Faktor! (Abg. Haigermoser: Sie lächeln immer! Sie wären gut beim Servieren!)

Diese Faktoren werden hier überhaupt nicht berücksichtigt. Die Freundlichkeit in Österreich ist tatsächlich ein Faktor. Man darf nicht vergessen, daß das wirklich Dienstleistungsunternehmen sind, die eigentlich in erster Linie für die Touristen, für die Gäste dasein sollten! Mit diesem Thema sollten Sie sich wirklich ein bißchen mehr beschäftigen, dann würden Sie vielleicht draufkommen, daß das einer der möglichen Gründe ist, weshalb gerade viele Österreicherinnen und Österreicher die Möglichkeit nutzen, jetzt billiger ins Ausland zu fahren und dort Urlaub zu machen! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist nicht der Grund? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es heißt ohnehin schon überall: Hackfleisch und Eisbein mit Sauerkohl!) Das mag sein, daß man vielleicht "Schlagsahne" statt "Schlagobers" sagt, aber ich finde, bei der Freundlichkeit passen wir uns weniger an.

Wir haben das auch im Ausschuß diskutiert. Ich versuche immer, das ein bißchen auch aus dieser Perspektive in die Debatte einzubringen, weil natürlich bei einem Hotelbesitzer oder einer Diskothekenbesitzerin die Schwerpunkte anders gelagert sind, ich aber tatsächlich glaube, daß die Bedürfnisse der Gäste dabei ziemlich unterbelichtet bleiben und dies ein Problem ist, das mit Sicherheit nicht das Hohe Haus und schon gar nicht der Wirtschaftsminister werden lösen


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können, sondern vor allem die Besitzer der diversen Anlagen und vor allem natürlich die im Tourismus Beschäftigten.

Aber selbstverständlich gibt es Rahmenbedingungen, die die Politik gestalten muß und durch die man etwas bewirken kann, und dazu gehören – vom Anfragenbegründer Mag. Peter völlig zu Recht immer wieder angesprochen – die steuerlichen Rahmenbedingungen. Wir versuchen bei jeder Gelegenheit – und auch bei dieser ist es richtig – einzufordern, daß es zu einer Umstrukturierung kommen muß. Gerade der Tourismus wäre ein gutes Beispiel, zu zeigen, wie sinnvoll es ist, die Arbeitskraft steuerlich zu entlasten und statt dessen die Ressourcen zu besteuern. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Nach unserem Modell der Ökologisierung unseres Steuersystems könnte das tatsächlich aufkommensneutral sein, es soll tatsächlich nicht zu einer Mehrbelastung führen. Das konkrete Beispiel, über das Abgeordneter Peter aus seinem Unternehmen berichtet hat, zeigt ja deutlich, daß die jetzige Form der Energiebesteuerung wirklich ein Unsinn ist und gerade auch in diesen Branchen zu unnötigen Mehrbelastungen geführt hat.

Zusammengefaßt: Ich würde alle Experten und gerade die Besitzer von Diskotheken, Restaurants, Hotels und Großausspeisungsunternehmen in diesem Hohen Haus bitten, bei den zukünftigen Tourismusdebatten nicht immer auf jemand ganz Wesentlichen zu vergessen, nämlich auf den Kunden, der zu ihnen kommen und sein Geld bei ihnen ausgeben soll! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Schaffenrath vor. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.24

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! – Frau Kollegin Langthaler! Die fehlende Freundlichkeit in einzelnen Betrieben ist, wie ich glaube, nicht das Grundsätzliche an dieser Problematik, obwohl ich Ihnen schon zugebe, daß es einzelne schwarze Schafe geben wird. Diese bestrafen sich aber letztendlich selbst, denn sie werden gerade in dieser Zeit nicht mehr bestehen können.

Es wird auch nicht nur am Schnee liegen und an unserer schönen Landschaft oder an unseren schönen Bergen, ob wir das Problem Tourismus in den Griff bekommen. Manchmal habe ich wirklich schon den grausamen Verdacht, möchte ich fast sagen, daß vielen Verantwortlichen die Vielfältigkeit der Problemlage, die Komplexität des Problems einfach nicht im notwendigen Ausmaß bewußt ist. Die Verantwortlichen haben entweder die komplexe Problemlage nicht erkannt, oder sie wollen sie nicht verstehen. Wenn dem nämlich nicht so wäre, dann würde ich es geradezu als Mutwilligkeit bezeichnen, daß für diese wichtige Wirtschaftsbranche nicht endlich jene Rahmenbedingungen geschaffen werden, die sie braucht, um den neuen Herausforderungen, den neuen Situationen überhaupt gerecht werden zu können.

Mein Kollege Helmut Peter hat hier bereits auf die grundlegende Problematik hingewiesen. Selbstverständlich trifft diese Tourismuskrise die Bundesländer mit dem stärksten Tourismus in besonderem Maße. Ich als Tirolerin spreche zum Beispiel von Tirol, und Tirol trifft es doppelt hart, weil immerhin ein Drittel des Tiroler Inlandsproduktes von dieser Branche erwirtschaftet wird.

Sehr geehrter Herr Minister! Ich kann Ihre Meinung nicht teilen, daß es im Wintertourismus eine Stagnation gegeben hätte. Ich habe hier die neueste Studie des Instituts für Touristische Raumplanung. Darin wird ein Absinken der Nächtigungen im Wintertourismus in den letzten vier Jahren um 9,2 Prozent ausgewiesen. Es gibt massive Einbrüche zum Beispiel im westlichen Mittelgebirge von 31,3 Prozent, aber auch touristische Hochburgen wie das Ötztal mit minus 13,5 Prozent, das Zillertal mit minus 7,2 Prozent, Sölden mit minus 9,4 Prozent, Seefeld mit minus 8,4 Prozent, St. Anton am Arlberg mit minus 5,0 Prozent kommen hier leider nicht sehr gut weg.


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Ich glaube, man muß diese Krise der Tourismuswirtschaft im engen Zusammenhang mit anderen Branchen sehen. Sehr viele andere Branchen, zum Beispiel die Handwerker, das Baugewerbe, alle Zulieferbetriebe, sind in hohem Maße vom Erfolg oder Mißerfolg im Tourismus abhängig.

Wenn man sich die Situation in Tirol anschaut, dann sieht man, daß der Tourismus in Tirol der zweitgrößte Dienstgeber ist. Er beschäftigt immerhin rund 28 000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und bildet 1 400 Lehrlinge aus. Die Situation in den vergangenen Saisonen war katastrophal. 1 200 Jugendliche blieben ohne Beschäftigung, das ist ein relativ hoher Prozentsatz von der ohnehin sehr hohen Arbeitslosenrate im Tourismusbereich in Tirol: Ich spreche dabei von nicht mehr und nicht weniger als rund 37 Prozent!

Ich denke aber auch an Täler Tirols, in denen die Landwirte vielfach auf einen Nebenerwerb im Tourismusbereich angewiesen sind, diesen Nebenerwerb aber nicht mehr lukrieren können. Da hat mein Kollege Haselsteiner schon recht, wenn er sagt, daß wir hier schon bald die Armutsdiskussion neuerlich werden führen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in Zeiten des scheinbar grenzenlosen Wachstums die Kapazitäten vielleicht auch unkontrolliert ausgeweitet. Heute stellt sich die Situation so dar, daß viele Betriebe – die Zahl von einem Drittel wurde schon genannt – hoch verschuldet dastehen. Ich freue mich, Herr Minister, wenn Sie zumindest zusichern können, daß Sie für diese Betriebe nach Möglichkeit die Chance des Ausstiegs oder des, wenn Sie so wollen, geordneten Rückzuges, ohne in Konkurs gehen zu müssen, sicherstellen wollen, denn seit dem letzten Sparpaket haben sich immerhin die Steuern für Veräußerungsgewinne – vielfach nur fiktive, rein buchhalterische Veräußerungsgewinne – verdoppelt.

Ich bin auch sehr froh, daß Sie angesprochen haben, daß über Getränkesteuer, über Kommunalsteuer nachzudenken sein wird, daß wir vielleicht ein neues System der Gemeindefinanzierung entwickeln müssen. Denn diese Steuern wirken nicht nur in dem Sinn wettbewerbsverzerrend, daß sie den Kostenfaktor Arbeit erhöhen, sondern sie führen letztendlich auch dazu, daß Gemeinden aus Angst vor drohenden Einkommensverlusten Umwidmungen von Hotels in Wohnungen nicht zustimmen. Ich könnte Ihnen viele Beispiele aus Tirol aufzählen, wo das der Fall ist.

Ich habe schon Verständnis für den Bürgermeister, der diese Umwidmung nicht zulassen will, weil er weiß, daß ihm nicht nur die Getränkesteuer und die Kommunalabgabe, sondern auch noch die Kaufkraft des Gastes verlorengehen und daß er bei einem Mehr an Wohnungen eventuell sogar noch mit zusätzlichen Kosten im Bereich der Kinderbetreuung und so weiter konfrontiert ist.

Wie wenig ernst man es eigentlich mit dem Tourismus in Österreich meint, geht ja aus vielen Detailbereichen deutlich hervor, und ich gebe Ihnen recht, Kollege Puttinger, wenn Sie sagen, Qualitätstourismus muß die Devise sein. Wir wissen aber, daß gerade Qualitätstourismus sehr dienstleistungsintensiv ist. Die Arbeitskosten für Dienstleistungen sind für den Unternehmer in der derzeitigen Situation nicht leistbar. Es fehlen nach wie vor flexiblere Arbeitszeitmodelle, es fehlt nach wie vor die Entlastung des Kostenfaktors Arbeit.

Weil wir gerade von Qualität sprechen und die Ausbildungsqualität heute schon andiskutiert haben, und zwar auch im Rahmen der heutigen Debatte über die Gewerberechtsnovelle: Herr Minister! Wenn Sie sagen, daß ein kommender Entwurf es ermöglichen wird, im Rahmen einer Lehrzeit mehrere Qualifikationen zu erwerben und das insbesondere für das Gastgewerbe sehr günstig wäre, dann stimme ich Ihnen zu. Leider fehlt aber derzeit jegliche Zielorientierung.

So wird zum Beispiel die Landesberufsschule für Gastgewerbe in Tirol derzeit mit einer Landesberufsschule für das Baugewerbe gekoppelt – das muß man sich einmal vorstellen; nicht etwa für das Nahrungsmittelgewerbe, nicht für Konditoren, nicht für Metzger, wo eine sinnvolle berufliche Kombination möglich wäre –, was auf jeden Fall zu Lasten der schulischen Ausbildungsqualität gehen wird, da die Lehrlinge des Gastgewerbes im Rahmen ihrer schulischen Ausbildung das Kantinenessen für die Lehrlinge des Baugewerbes kochen müssen, sodaß eine


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Erfüllung des Lehrplanes überhaupt nicht möglich ist. Ich möchte Sie daher bitten, Ihre Aufmerksamkeit vielleicht auch auf solche Fehlentwicklungen zu richten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wie wenig ernst die Probleme des Tourismus genommen werden, zeigt sich auch in der Semesterferienregelung, die im Jahr 1997 ausgerechnet die tourismusintensivste Periode mit den Semesterferien in den Tourismusländern Tirol, Vorarlberg und Salzburg zusammenfallen lassen wird.

Ich gebe Ihnen schon recht, daß es viel sinnvoller wäre, eine europäische Lösung anzustreben. Aber für den Tourismus geht es um jede einzelne Saison. Es geht darum, die nächste Saison auch tatsächlich überleben zu können. Und da war die ÖVP wirklich säumig, denn mit fadenscheinigen Erklärungen wurde ein angekündigter Unterausschuß nicht einmal eingerichtet, und obwohl auch die Freiheitlichen seine Konstituierung urgiert haben, ist in dieser Richtung leider noch nichts passiert.

Sehr geehrter Herr Minister! Wenn Sie sagen, wir müssen versuchen, erlebnishungrige Gäste im Land zu halten und nicht in die neuen Destinationen abwandern zu lassen, dann gebe ich Ihnen ebenfalls recht. Ich gebe auch dem Kollegen Puttinger recht, daß es viele verschiedene Bereiche – etwa Gesundheits-, Kultur- oder Kurtourismus – neu zu erschließen gilt, aber wie schaut es denn mit dem Erlebnistourismus in Österreich oder speziell in Tirol aus?

Da wird mehr verhindert als gefördert! Schauen wir uns zum Beispiel an, welche Konzepte für unsere Schiliftanlagen bestehen. Tirol ist nach wie vor ein wunderbares Transitland für Mountainbiker, und es sind keine Lösungen in Sicht. Die einzige Alternative würde einer Finanzierung der Bundesforste dienen. Darüber hinaus gibt es an allen Ecken und Enden Reitverbote, Schlittenfahrverbote und so weiter. Auf diese Weise wird es uns freilich schwerfallen, dem Gast einen Erlebnisurlaub in Tirol, in Österreich schmackhaft zu machen.

Ich habe manchmal das Gefühl, daß Sie glauben, wir hätten es hier mit einer kleinen Flaute im Tourismus zu tun, die man einfach überbrücken kann, die einfach wieder vorbeigehen wird. Ich sehe das nicht so. Ich glaube, es ist höchste Zeit, hier wirklich aktiv zu werden. Ich glaube sogar, wir sollten den Tourismus zu einem nationalen Anliegen in Österreich machen! (Beifall beim Liberalen Forum. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

16.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. Er hat das Wort.

16.34

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider ist Frau Kollegin Langthaler nicht mehr hier. Nur ein Wort in Güte: Ich meine, daß uns die Kritik des Gastes wirklich sehr, sehr wichtig ist und daß wir großen Wert darauf legen. Es heißt nicht umsonst, der Gast ist König. Wenn wir diese Kritik nicht ernst nähmen, dann wären wir in unserer Existenz sehr gefährdet. Ich möchte aber eines schon noch dazu sagen: Frau Abgeordnete Langthaler hat gesagt, hier würden die Eigeninteressen jener Vorredner vertreten, die selbst einen Betrieb haben. Ich meine, das ist legitim, denn diese Eigeninteressen sind auch Überlebensinteressen, und die muß man hier sehr wohl vertreten können! (Beifall des Abg. Ellmauer. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bundeskanzler Vranitzky hat am 25. November 1996 in einer Rede in Salzburg gesagt: Machen wir den Tourismus zum nationalen Anliegen! – Ich glaube, das ist eine Aufforderung, der wir Folge leisten sollten. Letztendlich – das getraue ich mich zu behaupten – ist der Tourismus eine Schlüsselbranche in unserem Lande, daher kann es uns nicht egal sein, wie es dieser nicht unwichtigen Branche geht.

Die Ursachen der derzeitigen Krise oder dafür, daß es nicht so gut funktioniert, wie wir das wollen, sind vor allem zwei: herangetragene Probleme und hausgemachte Probleme. Zu den herangetragenen Problemen gehören die schon angesprochenen extrem billigen Flugpreise.


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Man muß einmal darüber nachdenken, ob das sinnvoll ist und ob man nicht doch europa- und weltweit einmal über eine Besteuerung nachdenken müßte.

Weitere externe Faktoren sind das Preisdumping der Ostländer, eine fürchterliche Wettersituation im heurigen Sommer und die Abwertung der Währungen in südlichen Ländern, um nur einige zu nennen. Nicht unwesentlich ist auch die starke Konjunkturschwäche in Deutschland.

Meine Damen und Herren! Ich habe das heuer bei den Reisegruppen beobachten können. Busse, die normalerweise immer voll waren, die immer 40 bis 50 Gäste an Bord gehabt haben, sind heuer mit nur 30, 25 oder noch weniger Personen gekommen. Das ist nicht nur für den betroffenen Wirt nicht lustig, sondern auch für den Busunternehmer eine schlimme Sache, wenn er zum Beispiel aus weit entfernten Bereichen Deutschlands anreisen muß und den Bus nur zu einem Drittel voll hat. Er fährt in einem solchen Fall nur, damit er die Gäste nicht verliert, aber was das innerbetrieblich für ihn bedeutet, ist gewaltig.

Ich möchte aber die Gelegenheit benützen und die Debatte noch um ein Beispiel anreichern, und zwar betrifft das die Nebenrechte der Gastwirte.

Meine Damen und Herren! Ich verwirkliche schon längere Zeit ein neues Konzept, und zwar mit den Reisegruppen, die zu mir kommen. Es wird immer wieder der Vorwurf erhoben, daß man doch mehr tun muß, als nur Getränke verkaufen und Betten vermieten, vielmehr muß man dem Gast ein Gesamtservice bieten.

Ich fahre mit den Gruppen, die bei mir drei bis vier Tage wohnen, als Reisebegleiter im Bus mit. Ich zeige und erkläre ihnen meine Heimat bis hinauf ins Waldviertel, bis nach Wien – in Wien natürlich nicht, denn das darf ich nicht –, alle Regionen Niederösterreichs. Aber dabei ergibt sich ein Problem: Das darf ich nämlich nicht!

Wenn man aber sieht, wie die Nebenrechte der Gastronomie in alle Himmelsrichtungen genützt werden, überall werden Getränke ausgeschenkt, überall wird gekocht, dann sehe ich nicht ein, warum nur der Wirt kein Nebenrecht in Anspruch nehmen darf. Das ist nämlich sehr, sehr schlecht für uns.

Wenn man beispielsweise mit der Gruppe drei bis vier Tage zusammen ist und zusammenwächst, dann bekommen diese Menschen zu dem betreffenden Haus eine Beziehung. Von meinem Betrieb kann ich behaupten, das ist mit Sicherheit mit ein Grund dafür, daß ich einzelne Reisebüros zu fixen Kunden gewonnen habe. Sie sagen nämlich: Da erlebt man nicht nur das Land und den Betrieb, sondern auch den Wirt und seine Familie als Menschen. Und das wird heute von den Leuten immer mehr und mehr gewünscht.

Daher muß man dem Gastwirt doch die Möglichkeit des Führens von Reisegruppen lassen. Es muß doch möglich sein, daß ich meine eigene Gruppe, die bei mir im Haus wohnt, führen darf, daß ich in den Bus einsteigen und für sie dasein kann, ohne daß ich in Konflikt mit Fremdenführern oder Reisebetreuern komme. Ich mache es nicht für Geld, ich fahre mit keiner anderen Gruppe. Ich mache es nur für meine Gäste. Und das muß doch möglich sein! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Ohne Geld geht es schon!) Nein, das darf man leider nicht.

Das müssen wir uns bei der kommenden Novelle der Gewerbeordnung genauer anschauen. Da müssen wir etwas tun! Diese Tätigkeit muß legalisiert werden, meine Damen und Herren, denn letztendlich geschieht das nur, um den österreichischen Tourismus zu fördern, und nicht nur, um den eigenen Betrieb zu stärken. Es ist wichtig, eine nette Atmosphäre zu schaffen, und ich glaube, wir machen damit nicht nur für den eigenen Betrieb, sondern auch für das Land etwas Gutes.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch noch einmal auf ein anderes Problem hinweisen, und zwar deshalb, weil es in Niederösterreich ein so großes Problem ist. Ich muß den Wildwuchs der Zeltfeste noch einmal ankreiden. Wir haben nichts gegen die Feuerwehr, wir haben auch nichts gegen das Rote Kreuz, aber das Überborden dieser Zeltfeste ist ein großes Problem. Wir haben auch unsere Bedenken hinsichtlich des Überhandnehmens von Mostheurigen.


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Daher möchte ich bei dieser Gelegenheit einen Vorschlag unterbreiten, über den es, wie ich glaube, wert ist nachzudenken. Gastwirte, Handel und Bauern gemeinsam sollten versuchen, eine Produktionsschiene zu schaffen. Für den Wirt ist es sicherlich interessant, Produkte aus der Region – gewissermaßen vom Frühstück bis zum Abendessen, von der Frühstücksmarmelade bis zum Milchkalb – zu verkaufen. Das wäre wichtig.

Wir müssen uns zusammensetzen und gemeinsam überlegen, wie wir – eventuell in Form von Kleingenossenschaften – solche Produktlinien schaffen könnten. Wir können das verkaufen. (Abg. Aumayr: Das ist gescheit! Aber die Kammer sagt nein!) Da werden wir schon einen Weg finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gerade gesehen, ich habe schon zwei Minuten überzogen, ich komme daher zum Schluß. Ich glaube, wir sollten uns, wenn wir den Tourismus insgesamt betrachten, eines sehr gut merken: So mancher Betrieb aus der Industrie und aus dem Gewerbe ist ins Ausland abgewandert. Der Tourismus aber bleibt! Wir müssen bleiben, wir sind standortgebunden. Bleiben auch Sie uns gewogen, und helfen Sie uns, damit wir gemeinsam mit unserem Personal auch durch diese Flaute durchtauchen können! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tichy-Schreder und Dr. Khol. )

16.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Er hat das Wort. (Abg. Rossmann – in Richtung des Abg. Parnigoni deutend, der im Augenblick als einziger auf der Seite der SPÖ-Fraktion sitzt –: Der Wirtschaftsflügel der SPÖ! – Abg. Ellmauer: Der Wirtschaftsflügel? – Ein schwacher Flügel! – Weitere Zwischenrufe und Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.43

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich ist das tourismusintensivste Land der Welt. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen aus dem Tourismus betrug 1994 18 810 S und liegt damit viel höher als in anderen Tourismusländern. Daß dieser Wirtschaftszweig bis 1992 entsprechende Zuwachsraten hatte und nicht wie andere Tourismusländer bereits Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre Einbrüche verzeichnen mußte, hatte seine Hauptursache in der Wiedervereinigung Deutschlands. Dadurch wurden auch teilweise bereits erkannte Strukturschwächen überdeckt. Die rückläufigen Realeinkommen in Deutschland, die Währungsabwertungen unserer südlichen Nachbarländer vor etwa eineinhalb Jahren verschärften die Situation noch. Nunmehr sind zwar die Paritäten wieder angeglichen, der Einbruch der Flugtarife hat aber neuerlich die Strukturschwächen – verstärkt durch die geringe Eigenkapitalbasis vieler Tourismusbetriebe – hervortreten lassen.

Trotz der zugegebenermaßen schwierigen Situation der Tourismuswirtschaft kann ich aber der Dramatik und den übertriebenen negativen Szenarios sowie der Dringlichkeit dieser Anfrage nicht ganz folgen, Herr Kollege Peter, wo doch gerade Herr Bundesminister Farnleitner viele der von Ihnen in Ihrer Dringlichen erhobenen Forderungen bereits verwirklicht beziehungsweise den Auftrag dazu gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Einige Forderungen und Anregungen in dieser Dringlichen, Herr Kollege Peter, sind jedoch durchaus berechtigt und notwendig. So ersuche auch ich Sie, Herr Bundesminister, bei der Europäischen Union darauf hinzuwirken, daß das Programm PHILOXENIA von Deutschland nicht weiter behindert wird, denn auch 325 Millionen Schilling bis zum Jahr 2000 sind für den Tourismus ein beachtlicher Betrag, der für Förderungen in Österreich verwendet werden könnte.

Auf die Bedeutung der Tourismuswirtschaft, die aus volkswirtschaftlicher Sicht von mir in einem Atemzug mit der Exportwirtschaft genannt wird, habe ich bereits in meinen Reden in diesem Hohen Hause vom 24. April, 28. Juni und 30. Oktober dieses Jahres hingewiesen und tue dies heute mit besonderem Nachdruck.

Herr Kollege Peter! Ich glaube, wir sind uns einig, daß das touristische Geschehen in den Gemeinden stattfindet und daß ein wichtiger Aspekt für den Erfolg unserer Tourismuswirtschaft


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das Heben der Tourismusgesinnung und die Akzeptanz dieses Geschehens bei unseren Gemeindebürgern ist. Umso unverständlicher, ja kontraproduktiv ist deine Forderung, in dieser Situation die Getränke- und Kommunalsteuer abzuschaffen, was den österreichischen Gemeinden einen Einnahmenausfall von 30 Milliarden Schilling bringen würde. Es wäre vielmehr höchst an der Zeit, gemeinsam an der Vernetzung und optimalen Nutzung der vorhandenen Ressourcen zu arbeiten, anstatt zu versuchen, den Gemeinden die finanzielle Basis zu entziehen. Du warst doch bei der Versammlung des Tourismusausschusses des Österreichischen Gemeindebundes in Schladming, wo auch dir ein entsprechendes Forum geboten wurde, deine Vorstellungen darzulegen. Damals haben wir eigentlich davon gesprochen, in die Richtung zu arbeiten, die ich gerade angezogen habe.

Ich kann dir an dieser Stelle berichten, daß unser Kollege, Abgeordneter Kröll, einen weiteren Erfolg für seine Stadt verbuchen konnte, indem er den ersten Nacht-Weltcupslalom nach Österreich bringen wird! (Beifall bei der ÖVP.) In meiner Gemeinde, in Traunkirchen, wird im August des kommenden Jahres die Weltmeisterschaft der Mikrotonner ausgetragen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.) Dies verstehe ich unter tatkräftiger Unterstützung der Gemeinden für die Tourismuswirtschaft!

Weiters kann ich berichten, daß in der Traunsee-Region auf mein Bemühen hin in nächster Zeit die Tourismusverbände der vier Ufergemeinden sich fusionieren werden – sozusagen: aus vier mach eins –, sodaß es in Zukunft nur mehr eine Buchhaltung, nur mehr eine Verwaltungszentrale und nur mehr ein gemeinsames Werbekapital und Werbebudget geben wird, um den Mitarbeitern eine effektivere Tourismusbetreuung und Betreuung unserer Gäste zu ermöglichen und sie von Verwaltungsarbeiten möglichst freizuspielen.

Außerdem habe in initiiert, daß bei den Landeskrankenhäusern in unserer Region Kochlehrlinge aufgenommen werden – diese sind bei uns Mangelware, hat mir die Tourismuswirtschaft berichtet –, die in Kooperation mit den Tourismusbetrieben ihre Praxis in den Saisonen bei eben diesen Betrieben ableisten werden.

Alle diese Aktivitäten werden vom Land Oberösterreich unterstützt, und zwar sowohl vom Landeshauptmannstellvertreter Leitl als auch vom Landesrat Hiesl, was beweist, daß das Land Oberösterreich eine vorbildliche Tourismusgesinnung an den Tag legt und in diesem Bereich wirklich Neuerungen durchführen will! (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb mein Appell an alle Mitglieder dieses Hohen Hauses: Bemühen wir uns gemeinsam – die Tourismuswirtschaft, der Bund, die Länder und die Gemeinden –, unsere vorhandenen Ressourcen zu nützen, zu vernetzen, zu bündeln und so effektiv wie möglich zu gestalten, damit wir die schwierige Situation im Tourismus, die wir jetzt haben, rasch und möglichst erfolgreich meistern! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt.

16.48

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Meine Damen! Meine Herren! Es sind heute einige Briefe an das Christkind geschrieben worden. Wir haben das alles schon gehört.

Ganz kurz in Sachen Tourismus zu den Anmerkungen des Kollegen Kiermaier. Mein Wissensstand ist der, daß in nächster Zeit allein im Bezirk Amstetten 47 Gasthäuser beziehungsweise gastronomische Betriebe aus den verschiedensten Gründen geschlossen werden müssen. Daher meine Frage an Kollegen Kiermaier: Wo war denn die sozialistische Koalitionsregierung in der Vergangenheit, um Derartiges zu verhindern? – Wahrscheinlich auf Tauchstation, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher ist es unglaubwürdig, wenn Sie heute diese Strohhalmpolitik betreiben und sagen: Da schreiben wir halt ein paar Briefe an das Christkind, aber eigentlich sind nicht wir zuständig,


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sondern im Zweifelsfall das Salzamt in Ebensee, in der Salzamtstraße Nummer 1, Amtsstunden: null.

Meine Damen und Herren! Man könnte die Versäumnisse des Schüssel-Ditz-Kurses in Sachen Tourismus ellenlang diskutieren, aber das hilft uns nicht weiter. Dennoch eine Anmerkung dazu – das wurde auch von den anderen Fraktionen teilweise schon gesagt, auch von Kollegen Puttinger –: Es stimmt einfach nicht, Frau Langthaler, daß das Gros der in der österreichischen Tourismuswirtschaft Beschäftigten unfreundlich ist. Das ist schlichtweg die Unwahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Es mag Einzelfälle geben – die gibt es auch bei der Polizei, in der Politik, wo auch immer –, grundsätzlich aber ist der österreichische Tourismus herzeigbar, grundsätzlich ist das Preis-Leistungs-Verhältnis in Ordnung, grundsätzlich ist das Angebot in Ordnung. Wer sich umschaut, weiß, wie diese Worte unsererseits gemeint sind. Das heißt aber nicht, daß wir die Probleme, die anstehen, negieren und quasi den Kopf in den Sand stecken wollen.

Meine Damen und Herren! Faktum ist, daß die Eigenkapitaldecke in der Freizeitwirtschaft eine katastrophale ist. Seit Jahren wird das zwar gepredigt, aber weggekehrt, zwar andiskutiert, Kollege Puttinger, aber es wurden keine entsprechenden Maßnahmen eingeleitet.

Und erinnern wir uns zurück: Auch von der grünen Seite wurde, als der Tourismus in den achtziger, neunziger Jahren boomte, von "Tourismus-Wahnsinn" gesprochen. Es müsse jetzt endlich eingebremst werden, der "sanfte Tourismus" war der letzte Schrei, ein sanfter Tourismus möglichst ohne Gäste. Das waren Rezepte, meine Damen und Herren, die eigentlich kontraproduktiv waren.

Damit komme ich wieder zurück in die Gegenwart. – Der Bericht zur klein- und mittelständischen Wirtschaft, den Sie uns, Herr Bundesminister, in den letzten Tagen ins Haus geliefert haben, befaßt sich unter anderem umfassend mit der Situation im Tourismus; sehr übersichtlich aufgelistet und auch hinterfragt. Da müssen wir herauslesen, daß sich auch nach Hinzurechnung von außerordentlichen und betriebsfremden Erlösen für den durchschnittlichen Beherbergungsbetrieb ein steuerlicher Verlust von rund 389 000 S beziehungsweise minus 2,7 Prozent Betriebserlös ergibt. Das ist eine hinterfragte Zahl! Das heißt also, die durchschnittliche Eigenkapitalausstattung ist eine Katastrophe.

Und wo sind jetzt die Rezepte, die Sie anbieten? – Sie bieten an: neuerliche Belastungen, rückwirkende Steuergesetze, zusätzliche Belastungen allenthalben, wie beim Arbeitnehmerschutzgesetz heute schon diskutiert. Das sind untaugliche Rezepte, die diese Ihre Feststellungen in Ihrem eigenen Bericht konterkarieren.

Trotz des Wissens um diese Kennzahl sind Sie aber nicht bereit, gegenzusteuern, und das ist es, was wir Ihnen als Opposition vorwerfen! Nicht mehr und nicht weniger! Daß Sie Trends nicht mit einem einzigen Lichtschalterklick umkehren können, das wissen wir auch, das ist ja nahezu unmöglich, aber Sie könnten das eigene Haus bestellen, und das tun Sie eben nicht. Sie machen die Hausaufgaben nicht! Daher: Nicht genügend! Setzen, Herr Bundesminister für Tourismus, der Sie ja auch sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und jetzt darf ich noch – das ist ganz interessant – kurz die Getränkesteuerproblematik herausgreifen. Ein Kollege von der ÖVP hat gesagt, wir sollen endlich Ruhe geben mit dieser Getränkesteuergeschichte. Auf der anderen Seite geht Maderthaner Unterschriften sammeln – 150 000! –, liefert die bei Vranitzky ab und stimmt dann gegen seine eigenen unterschriftsleistenden Mitglieder. (Abg. Murauer: Und was ist deine Meinung, Haigermoser?) Also das müßten Sie Ihren Zwangsmitgliedern auch einmal mitteilen, wie die Geschichte läuft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Und jetzt zu guter Letzt noch die angebotsseitigen Probleme in Ihrem Bericht. Die betriebswirtschaftlichen Strukturprobleme sind nicht neu und bleiben langfristig bestehen, sagen Sie. Warum müssen die langfristig bestehen bleiben? – Sie beruhen auf der chronischen Rentabilitätsschwäche und auf der mangelnden Eigenkapitalausstattung angesichts hoher Anlagen, Kapitalintensitäten beziehungsweise einem geringen Kapitalumschlag.


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Wenn man das anläßlich eines Berichtes in der Regierung erkennt, dann muß man gegensteuern, Herr Bundesminister, und nicht sagen, ich bin das Kaninchen vor der Schlange. Geht mich nichts an! Nichts sehen, nichts hören, nichts reden! Es ist alles paletti! Da liegt der Feldhase im Pfeffer, Herr Bundesminister!

Daher müßten Sie entsprechend Ihrer Ankündigung handeln. Ich zitiere weiter: "Die Getränkepreise haben insofern eine Leitpreisfunktion, als sie die generelle Wahrnehmung des Preisniveaus durch die Gäste nachhaltig beeinflussen." – Nachhaltig beeinflussen. Das heißt, unser Gast nimmt primär beim Getränk wahr, ob etwas teuer oder billig ist. Daher müssen wir bei der Getränkesteuer etwas tun und natürlich den Gemeinden einen entsprechenden Ausgleich verschaffen. (Abg. Murauer: Woher?)

Da kannst du in deiner Region Buchhaltungen zusammenlegen, wie du willst, und im Krankenhaus Kochlehrlinge unterbringen, wie du willst, das wird nur marginal funktionieren, wenn die großen Würfe abgehen. Und diese großen Würfe, meine Damen und Herren, gehen Ihnen ab in der sozialistischen Koalition. Der Herr Parnigoni sagt, die Lehrlinge werden ausgebeutet, der Herr Puttinger sagt, das ist nicht so, und dann gehen alle wieder nach Hause, meine Damen und Herren! Der Weihnachtsfriede ist gesichert, ein Brief ans Christkind wird via Christkindl abgeschickt, Sondermarken werden gesammelt, und alles ist in Ordnung. – So ist es eben nicht!

An diesem einzigen Beispiel aus Ihrem Bericht, Herr Bundesminister, haben wir herausgearbeitet, wo der Feldhase im Pfeffer liegt, nämlich dort, wo Sie am Regierungsherd sind und eine schlechte Suppe kochen. Daher: Nehmen Sie die freiheitlichen Vorschläge – zumindest jene, die Rossmann schon mehrmals auf den Tisch gelegt hat – auf, setzen wir sie gemeinsam um! – Zum Nutzen der Wirtschaft, des Arbeitsplatzes, des Wirtschaftsstandortes Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Josef Schrefel. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol: Was kommt jetzt? Wald? Honig? Urlaub am Bauernhof?)

16.55

Abgeordneter Josef Schrefel (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Daß der Tourismus in Österreich eine wichtige Komponente im sozialen und wirtschaftlichen Leben unserer Gesellschaft einnimmt, zeigen die heutige Debatte und auch die Dringliche Anfrage. Das zeigt eigentlich den hohen Stellenwert der Tourismuswirtschaft in unserer Gesamtwirtschaft. (Abg. Dr. Graf: Die SPÖ ist überhaupt nicht vorhanden!) Ferner ist der Tourismus ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in vielen Regionen und Städten, der in besonderer Weise zur wirtschaftlichen und sozialen Anbindung von Randregionen und benachteiligten Gebieten beiträgt.

Heute hören wir, daß die Tourismuswirtschaft in Österreich mit einer negativen Entwicklung in den letzten Jahren zu kämpfen hat, die Nächtigungszahlen rückläufig sind, der Anteil am Bruttoinlandsprodukt sinkt und die Deviseneinnahmen nominell ein Minus aufweisen. Wir wissen auch, daß die Tourismusströme heute international durch Preisgestaltung umgelenkt werden. Wettbewerb durch fallende Flugpreise, Kaufkraftverluste durch Abwertungen und Sparpakete in den Herkunftsländern sind sicherlich mit ein Grund für den quantitativen Rückgang in der Fremdenverkehrswirtschaft.

Der Zusammenhang von Quantität und Tourismusqualität wird aber dabei oft übersehen. Der Begriff des qualitativen Wachstums wird mißbräuchlich verwendet und entspricht meist nicht dem Nachhaltigkeitsprinzip. Deshalb stellt auch der Trend zur Massennachfrage nach voll organisierten Produkten die gewachsene Struktur der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft vor schwer lösbare Probleme.

Daß viele Ursachen der Krise auch hausgemacht sind, haben wir heute bereits gehört, und das darf natürlich auch nicht verschwiegen werden. Der österreichische Tourismus hat Auslastungsprobleme, manche meinen jedoch, es kämen nicht zu wenig Gäste, sondern wir hätten zu viele Betten.


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Gäste haben leider die fatale Eigenschaft, nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt ins Land zu strömen. Sie bevorzugen Stoßzeiten wie Weihnachten, Ostern, Semesterferien, Betriebsferien in großen Unternehmungen, zum Beispiel in Deutschland, und so weiter. Gibt es keine freie Betten, gibt es auch keine Gäste, die darin schlafen, und diese Gäste fehlen dann auch am Tennisplatz, in der Tankstelle, in den Wechselstuben, in den Trafiken, Restaurants und Supermärkten.

Man muß die Frage stellen: Was bringt dem Land insgesamt mehr Nutzen – das Bett mit der geringen Jahresauslastung, das da ist, wenn die Gäste da sind, oder das aus dem Markt genommene Bett, das gerade dann fehlt, wenn die Gäste da wären? – Die Rechnung ist nicht sehr kompliziert, sie hat nur den Nachteil, daß sie bisher in Österreich nicht angestellt wurde.

Meine Damen und Herren! Der Tourismus hat ohnehin schon genug Probleme. Die Deregulierungsdebatte, die jüngst für große Aufregung in der Landwirtschaft gesorgt hat, Herr Bundesminister, würde aber den bäuerlichen Tourismus, der bisher weniger Probleme hatte, in Schwierigkeiten bringen. Durch neue Steuerbelastungen des bäuerlichen Tourismus wird man den in Schwierigkeiten befindlichen gewerblichen Tourismus sicherlich nicht retten. Die Logik kann nicht gelten: Wenn schon die Gastwirte unter den bürokratischen Auflagen leiden, dann verlangt es das Gleichheitsprinzip, auch unsere bäuerlichen Zimmervermieter in Mitleidenschaft zu ziehen. Der Auftrag kann meiner Meinung nach nur sein, den gewerblichen Tourismus steuerlich zu entlasten.

Politiker in Österreich und in ganz Europa suchen derzeit Strategien zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Wertschöpfung im ländlichen Raum. Dabei würde die Beziehung Landwirtschaft – Tourismus, die als ungenützte Chance vielfach immer noch brachliegt, für beide positive Synergieeffekte ergeben.

Herr Abgeordneter Kiermaier! Ich bin Ihnen für Ihren Hinweis dankbar, denn Sie rennen bei mir da offene Türen ein. Ich glaube, auch das ist ein wichtiger Eckpfeiler für die ländliche Region, mit dem wir gewisse Problematiken aus dem Weg räumen und gemeinsam viele Dinge zum Guten wenden könnten. Zum Beispiel höhere Produktionserlöse für die Bauern in der Direktvermarktung, sprich Bauernhof-Gastronomiebetriebe, sowie eine attraktive Angebotspalette für den Gast, was sich wiederum positiv für das Beherbergungsunternehmen auswirkt, denn nur eine intakte Landschaft als Produkt einer flächendeckenden Landwirtschaft sichert auch die Grundlagen einer landschaftsgebundenen Tourismus- und Freizeitwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Prinzip und das Ziel einer nachhaltigen Tourismus- und Freizeitwirtschaft muß eine sinnvolle Verflechtung mit anderen Wirtschaftszweigen in der Region sein. Hier hat zum Beispiel – ich komme aus dieser Branche – der Bundesverband bäuerlicher Zimmervermieter, sprich Bundesverband "Urlaub am Bauernhof", ein zukunftsweisendes Konzept entwickelt. Der Bundesverband "Urlaub am Bauernhof" ist eine Vereinigung aller bäuerlichen Zimmervermieter und hat mit seinen 3 700 Mitgliedern und 42 000 Betten ein Qualitätsprogramm anzubieten, das in zunehmendem Ausmaß auch internationales Interesse weckt. Wir hatten in der letzten Woche sogar eine Delegation aus Japan hier, die sich für dieses Modell in Österreich interessiert, und auch eine Befragung des Wirtschaftsministeriums in Deutschland hat an den Tag gebracht, daß 7,2 Millionen deutsche Urlauber echtes Interesse an Urlaub am Bauernhof haben, aber zurzeit nützen nur 28 Prozent dieser 7,2 Millionen Befragten dieses Angebot, das heißt, hier schlummern noch gewaltige Potentiale. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Mit verschiedenen Spezialangeboten vom Reiterhof über Bio- und Gesundheitsbauernhof bis zu behindertenfreundlichem Urlaub und Urlaub am Weinbauernhof – Herr Zweytick macht ja das auch – sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Noch dazu ist Österreich das erste Land Europas, das eine bundesweit einheitliche Kategorisierung und Auszeichnung der Höfe durchgeführt hat. Ab dem Frühjahr 1997 wird erstmals ein Urlaubskatalog herausgebracht, der Angaben über Bauernhöfe mit speziellen Angeboten aus ganz Österreich beinhaltet.

Die Entwicklung zur Einkommenskombination auf den Bauernhöfen wurde in den vergangenen Jahren auch von öffentlicher Seite als wichtiger Lösungsansatz zur Existenzsicherung für


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bäuerliche Familienbetriebe empfohlen. Sie sehen also, meine Damen und Herren, neue Chancen sind da, sie müssen nur professionell genutzt werden, dann werden wir auch wieder genug Gäste in Österreich haben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Minister.

17.03

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe bei kritischer Durchsicht der Fragen, die mir gestellt worden sind, gesehen, daß ich die Frage 16 nicht beantwortet habe – damit gesehen wird, daß ich mitgelesen habe –, nämlich die Frage bezüglich Vignette beziehungsweise allfälliger Sistierung wegen Versorgung unserer Auslandskunden.

Wir haben bei der Erstellung des Vignettenvertriebssystems darauf geachtet, daß wir von Anfang an im Ausland eine Vielzahl von Vertriebsstellen haben – Versicherungen, ADAC, um etwa von Deutschland zu reden, 440 Verkaufsstellen, in Ungarn sind es etwa allein 160 –, wir haben weiters sichergestellt, daß an den Grenzen Abgabemöglichkeiten von Vignetten vorhanden sind, wir haben bei besonderem Andrang vorgesehen, daß allenfalls auch mobile Verkäufe an den Spitzensaisontagen möglich sind. Daher sehe ich keine Veranlassung, von einer Sistierung in diesem Zusammenhang zu sprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter. Redezeit: 6 Minuten.

17.04

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es wurde heute im Verlauf der Debatte schon eine ganze Menge von Problemkatalogen behandelt, eine Reihe von durchaus bemerkenswerten Vorschlägen mehrerer Fraktionen eingebracht. Ich möchte auf das bisher Gesagte nicht weiter eingehen, aber einige Aspekte möchte ich schon herausgreifen.

Herr Bundesminister! Ich traue Ihnen ja zu, daß Sie in Ihrer Funktion durchaus das eine oder andere umsetzen können, nur geht mir das alles ein bißchen zu langsam. Tun müssen wir es! Wir können uns nicht erlauben, wieder bis zum letztmöglichen Abdruck zu warten und dann so eine faule Konsensentscheidung herbeizuführen, die im Kompromiß zwischen Rot und Schwarz wieder einmal keine gute Lösung darstellt.

Ich glaube, hier wären Sie gefordert, Gas zu geben und die Sache besser zu machen als Ihr Vorgänger, denn dessen einzige Aktion war ja die, daß er den Tourismusmanager, Herrn Klaus Lukas, hinausgeworfen hat, weil er der Meinung war, da passiert nichts, das ist ein schlechter Mann. Ditz wollte sich damit profilieren, darum hat er eben diesen Schritt getan. Aber das war es dann auch schon in seiner Amtsperiode. Ich hoffe, daß Sie Ihren Auftrag etwas ernster nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin der Meinung, daß dieses Problem sicherlich der österreichischen Wirtschaft insgesamt unter die Haut geht, daher sind alle jene Maßnahmen, die heute formuliert wurden, nicht nur Maßnahmen speziell für den Tourismus, sondern für die Belebung der Wirtschaft insgesamt. Etliche dieser Maßnahmen, die Frau Kollegin Rossmann besonders hervorgestrichen und extra betont hat, gehen speziell in die Richtung: Auffangen dieser bedrohlichen Situation und endlich wieder einmal positive Signale setzen, damit der Tourismus in diesem Lande wieder eine Chance hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Zusammenhang scheint mir eines der wichtigsten Maßnahmenpakete das steuerliche Maßnahmenpaket zu sein, weil diese Maßnahmen am schnellsten und am durchgängigsten greifen. Hier läßt sich also ein Erfolg sehr schnell herbeiführen, man muß es allerdings, wie ge


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sagt, Herr Bundesminister, nur tun und nicht zuwarten, bis die andere Seite, der andere Regierungspartner dazu auch bereit ist.

Aus meiner Sicht ist das Hauptproblem der österreichischen Tourismusbetriebe die Gestaltung der Bilanzen. Hier gibt es durchaus einige diskussionswürdige Vorstellungen wie die "ewige Finanzierung" und andere Dinge. Auch hier müßte man Gas geben, denn es ist kein Geheimnis, daß in vielen Landstrichen Österreichs etliche Banken nur mehr dadurch künstlich am Leben erhalten werden, daß man eben mit Bilanzkosmetik die Betriebe noch irgendwie am Leben erhält. Von einer Rückzahlung kann ja überhaupt keine Rede mehr sein, und der enorme Investitionsdruck für die laufende Modernisierung der Betriebe ist ja zweifellos gegeben. Wenn heute einer nicht mehr investieren kann, wird er a) kein neues Eigenkapital schaffen und b) dem Wettbewerb nicht mehr standhalten können. Hier wäre also der Hebel anzusetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit unsere Forderungen, die Kollegin Rossmann gebracht hat, nicht sang- und klanglos untergehen, möchte ich noch einen kurzen Entschließungsantrag zur Verlesung bringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Mares Rossmann und Kollegen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, im Einvernehmen mit den anderen zuständigen Ressortministern taugliche Gesetzentwürfe vorzulegen, durch welche folgende Maßnahmen zur Unterstützung und Entlastung der österreichischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft realisiert werden können:

Abschaffung der Getränkesteuer bei vollem Ausgleich der Einnahmenausfälle für die Gemeinden

Senkung der Mehrwertsteuer

Allgemeine Entsteuerung der Überstunden

Steuerliche Begünstigungen nichtentnommener Gewinne

Anpassung der Abschreibungssätze an die tatsächliche Nutzungsdauer

Abschaffung der Kommunalabgabe für Lehrlinge

Halbierung des Steuersatzes des Veräußerungsgewinnes bei Betriebsauflösung

Abschaffung der Kammerumlage I

Erlaß der Durchführungsverordnung für die Steuerpauschalierung

Aufhebung der Mindestkörperschaftsteuer

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das alles sind Forderungen, die Sinn machen, die wirklich die Wirtschaft insgesamt beleben würden. Ich bitte Sie, nicht mehr lange herumzureden. Sie haben damals bei der Beschlußfassung des Strukturanpassungsgesetzes große Fehler gemacht. Bitte, reparieren Sie es jetzt, seien Sie nicht zimperlich, sagen Sie nicht nein aus verletzter Eitelkeit! –


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Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiermaier: Wenn man es nicht zahlen muß, ist es super!)

17.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Herrn Abgeordneten Mag. Firlinger soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Frau Abgeordnete Tegischer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.09

Abgeordnete Brigitte Tegischer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Peter spricht mit seiner Dringlichen Anfrage einen Bereich an, mit dem ich als Osttirolerin ständig konfrontiert bin. Eine Region wie Osttirol ist abhängig vom Fremdenverkehr wie viele andere Tiroler Regionen auch. Herr Abgeordneter Peter spricht auch von einem akuten Handlungsbedarf. Ich bin seiner Meinung. Er hat einige Beispiele aufgezählt, warum das so ist. Ich möchte das hier nicht wiederholen. Auf der anderen Seite tun sich auch Chancen auf: eine saubere Umwelt, Sicherheit und Stabilität in Österreich und Öffnung der Reformstaaten. Ich möchte Ihnen nun die zukünftigen positiven Möglichkeiten dieses Wirtschaftszweiges Tourismus am Beispiel Osttirol nahebringen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Engagierte, dynamische und kreative Osttiroler aus den verschiedensten Bereichen haben sich zusammengetan, um dem Fremdenverkehr wieder Aufschwung zu verleihen. Am konkreten Beispiel Osttirol sehe ich, daß es möglich ist, einen kontinuierlichen Aufwärtstrend in der Tourismusbranche zu bewirken.

Folgende Voraussetzungen wurden erkannt und werden langsam, aber sicher in die Tat umgesetzt:

Erste Voraussetzung: Die Region Osttirol muß als Gesamtprodukt mit Qualitätsanspruch, basierend auf einem gutdurchdachten Konzept, angeboten werden.

Als unbedingt notwendig wurden auch die Kooperation und die Koordinierung aller im weitesten Sinne vom Tourismus Betroffenen erachtet: Beherbergungsbetriebe, Gaststätten, Veranstaltungsanbieter, Bauern, Gemeinden, Zulieferbetriebe und so weiter.

Als weitere Voraussetzung wurde der absolute Vorrang der Qualität vor Ausweitung von Kapazitäten und die optimale Nutzung vorhandener Ressourcen erkannt. Osttirol verfügt über eine einmalige und einzigartige Landschaft, die sich durchaus mit den schönsten Orten der Welt messen kann. Der Großteil der Osttiroler ist der Meinung, daß die Naturschönheiten erhalten bleiben müssen, und daher wird darauf geachtet, daß Naturgegebenheiten in ihrer Ursprünglichkeit möglichst unberührt bleiben und bei der Erhaltung und Schaffung von Infrastrukturmaßnahmen schonend und behutsam mit ihnen umgegangen wird.

Weiters wird auch auf ein attraktives Stadt- und Dorfbild Wert gelegt, wobei meistens die gesamte Bevölkerung mitarbeitet.

Eine weitere Voraussetzung, um einen Aufschwung im Fremdenverkehr in Osttirol zu bewirken, ist das Angebot von regionalen kulinarischen Spezialitäten. Alle, die qualitativ hochwertige, naturbelassene Feinkost herstellen, veredeln oder vertreiben, haben sich zusammengeschlossen und bieten unter einer einheitlichen Marke unter dem Logo "Osttiroler Natur" ihre Produkte an. Viele Gastbetriebe wiederum bieten ihrerseits den Gästen bewußt diese regionalen Spezialitäten an.

Vom Essen zur Bewegung. Osttirol versucht, dem Trend nach Erlebnistourismus gerecht zu werden, und die wilde Landschaft bietet genügend Möglichkeiten, den Urlaub zum Abenteuer zu machen. Ich möchte nur einige Angebote nennen, als da sind: Rafting, Paragleiten, Klettern, Snowboarden, Trekkingtours, Mountainbiking und so weiter.


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Ein Trend ist auch noch abzusehen, und auf den wird eingegangen. Das ist der Urlaub auf der Alm. Mehrere Personen mieten sich gemeinsam – meist sehr preisgünstig – eine Alm und geben ihr Geld dann für Freizeitaktivitäten, Einkäufe und gutes Essen aus und beleben so den Handel.

Weiters ist wichtig, daß erkannt worden ist, was derzeit noch ein Manko ist: gut ausgebildetes, motiviertes Personal – auch mein Kollege Parnigoni hat dies schon erwähnt –, das sich mit dem Produkt der Marke Osttirol identifizieren kann. Dabei muß natürlich unbedingt auch leistungsgerecht entlohnt werden, und menschenfreundliche Arbeitsbedingungen müssen eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.

In Osttirol sind wir am Anfang einer positiven Entwicklung, und Osttirol ist ein Beispiel dafür, daß man miteinander den Fremdenverkehr wiederbeleben kann.

Meine Damen und Herren! Überzeugen Sie sich selbst, und verbringen Sie Ihren nächsten Urlaub in Osttirol! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächstem erteile ich Abgeordnetem Dr. Grollitsch das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

17.14

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Um die Forderung von Frau Langthaler zu erfüllen, möchte ich gegen Schluß dieser höchst dringlichen Tourismusdebatte, für die wir Herrn Abgeordneten Peter und den Liberalen zu danken haben, in meiner Eigenschaft als Betroffener, als Tourismuskonsument Höchstaktuelles mitteilen. Ich werde die nächste Woche im tiefverschneiten Kärntner Heiligenblut verbringen, nicht nur zur Freizeitgestaltung – um auch der Frau Ederer einen Hinweis zu geben, falls sie irgendwelche Anfragen vorbereiten möchte, wo die Freiheitlichen ihre Freizeit verbringen –, ich werde dort auch einen Skikurs für 100 Studenten leiten. (Beifall des Abg. Leikam. ) Unter diesen Studenten werden sich zwei Nigerianer, zwei Koreaner, mehrere Südamerikaner und andere befinden, um auch die Bedenken der Frau Langthaler zu zerstreuen, daß die nämlichen dort selbst nicht ausreichend in ihrer eigenen Heimatsprache, wenn sie das wollen, versorgt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vor 25 Jahren war ich das erste Mal in diesem Haus – ein erstklassig geführter Familienbetrieb. Der junge Hotelier hatte neu gebaut, 40 Millionen, 130 Betten, 42 Mitarbeiter, davon acht Lehrlinge; alles Österreicher. Vor zehn Jahren: gleicher Schuldenstand wegen Qualitätsnachbesserungen, Bettenzahl gleich, 24 Angestellte, davon sechs Lehrlinge. Heuer werden wir, fürchte ich, mit dem Herrn Hotelier in erster Linie Konkursgespräche führen müssen. Er hat noch 20 Angestellte, darunter zwei Lehrlinge, sechs ausländische Mitarbeiter in diesen Reihen.

Ich genieße diese Vorweihnachtswoche mit meinen Studenten unter anderem deshalb, weil wir in dieser Woche mehr oder minder die einzigen Gäste in Heiligenblut sind. Wir haben freie Pisten, keine Wartezeiten, freundliches Personal zu Saisonbeginn. Am Samstag, den 21., werden wir das schöne hintere Mölltal sehr frühzeitig verlassen, denn früh rollt die Blechlawine – noch ohne Vignette, Herr Bundesminister – aus der Bundesrepublik Deutschland an. Wir flüchten aus dem Tal, denn zwei Wochen wird Heiligenblut kein Notbett zur Verfügung haben. Dann kommt das Jännerloch, dann der Energieferienboom, dann die Vorosterflaute, dann der Osterrummel, dann das berühmte Loch danach.

Warum erzähle ich Ihnen diese Geschichten? – Es wird der Hotelbesitzer mit Puttingers Visionen und Versäumniserklärungen nicht zu trösten sein, es wird ihm Parnigonis Zentralbankidee nicht helfen, der Arme wird Handgreifliches, Handfestes brauchen und wird sich Trost in unmittelbarem Ausmaß erwarten, und in diesem Sinn hat meine Fraktion einen


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Entschließungsantrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft einzubringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Mares Rossman und Kollegen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, im Einvernehmen mit den anderen zuständigen Ressortministern taugliche Gesetzentwürfe vorzulegen, durch welche folgende Maßnahmen zur Unterstützung und Entlastung der österreichischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft realisiert werden können:

Koordinierung der österreichischen und europäischen Ferientermine

Grundlegende Entbürokratisierung im Bereich des Tourismus

Vereinfachung und Beschleunigung von Betriebsanlagenverfahren und Verfahren nach dem Veranstaltungsgesetz

Entwicklung von Initiativen zur Saisonverlängerung

Entwicklung von Initiativen zur Stärkung der derzeit geringen Anteile an Gästen aus Fernmärkten (zum Beispiel pazifischer Raum)

Schaffung eines regelmäßgen Tourismusgipfels unter Teilnahme aller maßgeblich am Tourismus beteiligten und vom Tourismus betroffenen staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen und Organisationen zum Zweck des Informationsaustausches, zur Verwirklichung von Sofortmaßnahmen und Umsetzung von kurz-, mittel- und langfristigen Konzepten.

Darüber hinaus" – und das erscheint besonders wichtig – "wird der Wirtschaftsminister aus arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Gründen aufgefordert, im Rahmen seiner Möglichkeiten dafür Sorge zu tragen, daß keine Gesetze den Ministerrat passieren, die die Ertragssituation der Tourismuswirtschaft weiter beeinträchtigen."

*****

Ich bitte Sie, diesem Antrag beizutreten, ihm zuzustimmen. Er enthält einerseits das, was Sie, Herr Minister, uns angekündigt haben, in etwas präzisierterer Form und unter anderem eben jene unmittelbar umsetzbaren Maßnahmen, die der Tourismuswirtschaft helfen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Auswirkungen des Sparpaketes – das ist eine Facette, die heute noch nicht angesprochen wurde – führten unter anderem dazu, daß die Schulsportveranstaltungen und Schulkurse ausfallen beziehungsweise stark reduziert wurden. Der Tourismus braucht diese Veranstaltungen zum Stopfen der vorhin erwähnten Löcher.

Aber der zweite Aspekt, der hinzukommt, ist, daß das Urlaubmachen noch immer integrierend mit den Schulferien verbunden ist. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, die Ferienordnung in Österreich nicht zu entflechten. Die Vorarlberger haben einen diesbezüglichen Versuch gemacht. Die Verkehrssituation treibt uns ja förmlich dazu. Es spricht in der Tat nichts dagegen, Ferienordnungen zu entwickeln, die etwa auch diese Vorweihnachtswoche einschließen.

Ich habe vorhin genußvoll erzählt, daß ich mich freue, daß ich meine Schwünge in Heiligenblut weitgehend ungestört und alleine machen kann. Aber der Grund dafür, daß dem so ist, liegt darin, daß die Ferienordnung zentralisiert auf die üblichen tradierten Zeiträume begrenzt bleibt. Damit wird ein wirklich nicht unerheblicher Schlag gegen den Tourismus geführt, der sehr leicht vermeidbar wäre.


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Ich bitte Sie daher, dem wirklich leidenden Tourismus kurzfristig und effizient zu helfen und sich im Sinne dieses Antrages zu verhalten. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Abgeordneter Dr. Grollitsch verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Abgeordneter Leikam. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Die Redezeit, die Ihnen noch verbleibt, beträgt 3 Minuten.

17.22

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Drei Minuten sind nicht lang. Ich werde mich daher kurz halten und das sagen, was in erster Linie zu sagen ist.

Ich habe mit großer Aufmerksamkeit die Debatte zu dieser Dringlichen Anfrage des Liberalen Forums verfolgt und habe eigentlich vor allen Dingen bei jenen Leute, die für den Tourismus in Österreich zuständig sind, ein Mea culpa, das Eingestehen eigener Fehler vermißt. Alles andere ist anscheinend schuld daran, daß es mit dem österreichischen Tourismus nicht mehr aufwärts geht.

Ich habe den Aufschrei der österreichischen Tourismuswirtschaft etwa zur Aussage Ihres Präsidenten der Bundeswirtschaftskammer vermißt, wonach die Freizeit- und Sportunfälle aus der gesetzlichen Unfallversicherung ausgeklammert werden sollten. Meine Damen und Herren! Wer so etwas verlangt, der schädigt den Tourismus in einem unglaublichen Ausmaß, und das kann nicht einfach so zur Kenntnis genommen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt: Wenn wir zur Kenntnis nehmen, daß in den letzten fünf Jahren die Zahl der Schüler, die an Schulschikursen teilnehmen, um 120 000 zurückgegangen ist – das fällt in das Unterrichtsressort –, dann muß man auch zur Kenntnis nehmen, daß Schüler, die nie das Schifahren erlernt haben, die nie auf den Schiern gestanden sind, auch in weiterer Folge als Gäste im Schitourismus nicht vorhanden sind. Ich hätte mir einen entsprechenden Aufschrei der Wirtschaft hier erwartet.

Noch etwas: Wir haben heute vormittag hier eine Debatte abgeführt, in der wir Einwände zu den Ladenschlußzeiten und Vorwürfe an den ÖGB, daß er die Wirtschaft in diesem Bereich nicht richtig erkenne, hören mußten. Gerade im Tourismus ist dem Österreichischen Gewerkschaftsbund besonders zu danken, denn mehr Freizeit und höheres Einkommen sind letztendlich auch ausschlaggebend für einen florierenden Tourismus. Und wer heute eine Erhöhung der Arbeitszeit bei gleichzeitiger Senkung des Einkommens verlangt, der schädigt den Tourismus. Das muß auch einmal klar und deutlich festgestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Schirennsport ist ein guter Partner, und wir bieten mit unseren Veranstaltungen, mit den Weltmeisterschaften, mit den Weltcups, glaube ich, die Basis für eine gute Entwicklung auch des Tourismus. Daher meine Bitte in Richtung der Österreichischen Volkspartei, in Richtung der Tourismusverantwortlichen: Stoppen Sie Ihren Präsidenten bei so unsinnigen Forderungen, die letztendlich der gesamten Industrie – nicht nur der Tourismusbranche – enormen Schaden zufügen: unserer schwer geschädigten Schiindustrie, der Bekleidungsindustrie und den ums Überleben kämpfenden Gastronomie- und Beherbungsbetrieben! (Beifall bei der SPÖ.)

17.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Peter hat sich nunmehr als Debattenredner zu Wort gemeldet. – Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Abgeordneter. Die Redezeit, die auf Ihren Klub noch entfällt, beträgt 6 Minuten.

17.25

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Hohes Haus! Herr Tourismusminister! Ich möchte mich für die sachliche Debatte zum Thema Tourismus- und Freizeitwirtschaft bedan


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ken, die angesichts der Bedeutung dieses Sektors, den wir diskutiert haben, letztlich eine volkswirtschaftliche Debatte über die Entwicklung der Republik Österreich ist.

Herr Tourismusminister! Sie haben die Mautfrage angetönt, die Frage 16 noch beantwortet. Ich bitte Sie wirklich, diese mobilen Verkaufsteams einzuteilen. Sie werden hoffentlich starke Reisewochenenden haben, an denen Sie ohne diese nicht auskommen werden.

Die Freiheitliche Partei hat zwei Anträge gestellt. Es sind Anträge, die keine Chance auf Mehrheit haben. Es sind politische Anträge. Selbstverständlich steht darin sehr viel Richtiges. Ich glaube nur, wir sollten im Sinne dieser Dringlichen Anfrage weitertun und versuchen, zumindest wenige Politikfelder soweit wie möglich aus dem tagespolitischen Streit herauszuhalten. Aus diesem Grund werde ich diesen Anträgen nicht zustimmen, weil ich hoffe, daß das hier Gesagte, diese weitgehende Übereinstimmung der Meinungen auch in der Bundesregierung zu entsprechenden Handlungen führen wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Kollege Peter! Stimmt es, daß ein Apfelstrudel bei dir 78 S kostet?)

17.26

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich bitte, jetzt die Plätze einzunehmen. Wir haben über zwei Entschließungsanträge abzustimmen, die zwar beide denselben Betreff haben, sich aber jeweils an unterschiedliche Ressortminister wenden. Daher ist zweimal abzustimmen.

Wir gelangen als erstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft. Dieser Entschließungsantrag richtet sich an den Bundesminister für Finanzen.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft ab. Das ist jener Antrag, der sich an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten richtet. (Abg. Steibl eilt in den Saal.) – Ich habe es nicht sehr gern, wenn Sie während der Abstimmung zu spät kommen.

Wer dem Entschließungsantrag des Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Auch dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt. (Abg. Mag. Ederer kommt in den Saal.)

Frau Abgeordnete Ederer! Ich wollte Ihnen nur das Abstimmungsergebnis mitteilen. (Allgemeine Heiterkeit.)

Damit ist die Debatte über die Dringliche Anfrage beendet.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1337/AB

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nun zu der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundeskanzlers mit der Ordnungszahl 1337/AB.

Diese Anfragebeantwortung ist verteilt worden. Eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich.

Wir gehen in die Debatte ein, und ich mache darauf aufmerksam, daß nach der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf. Der Erstredner hat zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung, sowohl der Minister als auch der Staatssekretäre, sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.


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Ich erteile nunmehr der Frau Abgeordneten Mag. Stoisits als Antragstellerin des Verlangens das Wort, um die Debatte zu eröffnen. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.29

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Im In- und im Ausland vor allem ist in den letzten Monaten eine heftige Diskussion über Gold, das während der NS-Herrschaft ins Ausland, in verschiedene Länder geschafft wurde, entbrannt. Vor allem ist diese Diskussion in der Schweiz sehr heftig. Dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren, handelt es sich nicht nur um Gold aus Nationalbankbeständen, sondern in erster Linie geht es in dieser Diskussion um Gold von Verfolgten, das während ihrer Emigration, aber vor allem während ihrer Haft, ihrer Deportation, ihrer Gefangenhaltung und nach ihrer Ermordung in einem KZ gestohlen wurde. Es handelt sich hier um gestohlenes Vermögen.

In den Medien ist in den letzten Wochen und Monaten auch über den Umstand berichtet worden, daß die Alliierten zum Teil davon Kenntnis hatten, was damals passiert ist, und vor allem auch darüber, daß Teile dieses Goldes weiterhin in ihrer Obhut verblieben sind. Ein beträchtlicher Teil dieses Goldes und dieser Schätze stammt von österreichischen Staatsbürgern und Staatsbürgerinnen und von Menschen, die damals auf dem Staatsgebiet des heutigen Österreich und des Österreich, wie es vorher bestanden hat, ansässig waren.

Für uns ist das wirklich Anlaß genug, konkret zu hinterfragen, welche Schäden die Opfer des NS-Regimes konkret in wirtschaftlicher Hinsicht erleiden mußten. Es ist doch wahrlich so, daß heute kein Zweifel mehr darüber besteht, daß es zur Aufarbeitung der österreichischen Geschichte gehört, daß dieser wesentliche Aspekt durchleuchtet wird.

Meiner Ansicht nach ist es ganz sicher nicht möglich, das menschliche Leid der Opfer, das menschliche Leid, das diese Opfer damals ertragen mußten und bis heute ertragen, das Leid, an dem Tausende, Hunderttausende, Millionen umgekommen sind, zu erfassen, und schon gar nicht, dieses Leid mit Zahlen quantifizierbar zu machen. Das ist etwas, was nicht versucht werden kann, denn dieses Leid läßt sich nicht quantifizieren.

Sehr wohl läßt sich aber in Zahlen darstellen – und das ist ganz wesentlich für diese laufende Diskussion –, was dem wirtschaftlichen Teil dieses Leides entspricht. Darüber, meine Damen und Herren, gibt es ganz divergierende Meldungen in der jüngsten Vergangenheit, daher haben wir diese unterschiedlichen Wortmeldungen über die Zahlen, die kursieren, zum Anlaß genommen, um an den Herrn Bundeskanzler in seiner Eigenschaft als Koordinator der Regierung eine Anfrage zu richten.

Meine Damen und Herren! Ich verhehle nicht, daß ich sehr enttäuscht bin über die Art der Anfragebeantwortung durch Dr. Vranitzky, deshalb besonders enttäuscht bin, weil gerade er es ist, der in den letzten Jahren als erster österreichischer verantwortlicher Politiker so klare Worte über die österreichische Mitverantwortung und über die österreichische Täterschaft in dieser Zeit gefunden hat.

Herr Staatssekretär! Wir wußten, daß der Herr Bundeskanzler heute in Dublin sein wird, aber die Möglichkeit, diese Anfragebesprechung zu machen, haben wir nur heute, die haben wir im Jänner nicht mehr. Da müßten wir sie von neuem stellen. Richten Sie ihm das bitte aus, daß diese Enttäuschung nicht nur bei mir, sondern bei sehr vielen, die davon betroffen sind, sehr groß ist. Denn so salopp auf einige Fragen zu antworten, das habe ich, ehrlich gesagt, von ihm nicht erwartet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was haben wir denn für Fragen gestellt, auf die es keine Antwort gibt? Wir haben einfach die Frage gestellt: Wann und unter Verwendung welcher Unterlagen, Angaben von Wechselkursen, Zinsverlusten und so weiter – wir dachten, da gibt es eine Menge Aufzeichnungen –, wurde zuletzt der wirtschaftliche Schaden, der den Opfern der NS-Herrschaft zugefügt wurde, zu quantifizieren versucht? Welche Gruppen waren davon betroffen? Wie hoch wird der Wert des zurückgelassenen, des gestohlenen, des arisierten Ver


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mögens geschätzt, zum Beispiel konkret des Vermögens von Grundbesitz? Das ist ja etwas, was man sehr leicht nachvollziehen kann, denn Grundbücher gibt es Jahrhunderte zurück.

Wir haben die Frage gestellt: Wie hoch wird der Wert des Vermögens geschätzt, den es an Aktien, Wertpapieren oder vielleicht an etwas so Konkretem wie Marken- und Musterrechten und Patenten gab? Wie hoch wird der Wert des gestohlenen und arisierten Vermögens von Sparguthaben geschätzt? – Lauter Fragen, die – so würde man meinen – doch zumindest eine Antwort möglich machen, weil sie sich auf Schätzungen beziehen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, was hat der Herr Bundeskanzler geantwortet? Und das ist der Anlaß für die Besprechung. Er faßt elf Fragen mit einer Antwort von drei Zeilen zusammen, die ich Ihnen vorlesen muß, damit Sie verstehen, warum dieses Thema ein so heikles ist. Bundeskanzler Dr. Vranitzky schreibt:

"Es gibt keine konkreten Unterlagen, keine verläßlichen Daten, daher keine Schätzungen. Aus diesem Grund wurden keine Stellen mit Nachforschungen beauftragt."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unverständlich und ignorant kann ich das nur nennen, daß man 51 Jahre nach Ende des NS-Regimes in der österreichischen Bundesregierung keine Ahnung vom Ausmaß der Schäden, der materiellen, wirtschaftlichen Schäden, die den Opfern des NS-Regimes widerfahren sind, hat. Man hat keine Ahnung! Es gibt keine Unterlagen, es gibt keine Daten, deshalb kann es auch keine Schätzungen geben, und deshalb kann man ja auch niemanden beauftragen, sich damit zu beschäftigen. – Das ist die Antwort des Herrn Bundeskanzlers. Mit dem Argument, keine Unterlagen zu haben, wird einfach gesagt: Jetzt sind 51 Jahre vergangen, und nach 51 Jahren ist das halt sehr schwierig.

Herr Staatssekretär! Ich meine doch wohl, daß die Opfer, die Nachkommen, die Rechtsnachfolger der Opfer das Recht darauf haben, daß die Republik jetzt endlich nach 51 Jahren eine wissenschaftliche Aufarbeitung dieses Themas beginnt – solange es noch lebende "Quellen" gibt. Lange gibt es die nicht mehr. Lange gibt es nicht mehr Menschen, bei denen man konkret forschen kann. Das ist einfach eine biologische Frage.

Aber der Herr Bundeskanzler meint in einer Anfragebeantwortung, daß jetzt alles erledigt sei. Er bezieht sich zum Beispiel in bezug auf eine konkrete Fragestellung darauf, daß es Briefe aus dem Jahr 1961 gibt – das ist fast 40 Jahre her –, in denen eine einzelne Organisation – aus damaliger Sicht auch mit Legitimation – der Bundesregierung eine Mitteilung gemacht hat. Aber wir können es heute nicht akzeptieren, daß man sich 1996, also fast 40 Jahre später, darauf beruft, 40 Jahre nichts gemacht zu haben, weil es damals eine Erklärung gab. Es kann doch nicht so sein, daß damit irgendeine Art von Gerechtigkeit geschaffen wird, daß man Forderungsberechtigte einfach damit abspeist, nur weil 51 Jahre seit Ende des NS-Regimes vergangen sind.

Es sind ja oft nicht nur jene ermordet und vergast worden, die Vermögensinhaber waren, sondern auch sämtliche Rechtsnachfolger. Und das ist es, was dem Herrn Bundeskanzler in dieser für mich so beschämenden Anfragebeantwortung vorzuwerfen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich gibt es nur ein Resümee daraus: sich nicht auf Traurigkeit zu beschränken und das zur Kenntnis zu nehmen, sondern zu sagen: Jetzt müssen konkrete Schritte gesetzt werden, jetzt ist es an der Zeit, eine Institution zu schaffen – neben der hervorragenden Arbeit des Nationalfonds, die hier im Parlament passiert und die wir alle sehr schätzen –, mit der man den Opfern unbürokratisch, ohne daß ihnen Kosten verursacht werden, die Möglichkeit gibt, sich rechtlich, aber auch sozial beraten zu lassen und heute – nach so vielen Jahren – Erkundigungen einzuholen.

Auf diese einfache Formel möchte ich es bringen und Sie, Herr Staatssekretär, bitten, sich heute in Vertretung des Herrn Bundeskanzlers vielleicht etwas weniger salopp damit zu beschäftigen. (Beifall bei den Grünen.)

17.40


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Zu Wort hat sich nunmehr Herr Staatssekretär Mag. Schlögl gemeldet. – Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

17.40

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich habe nicht vor, mich mit diesem Thema salopp auseinanderzusetzen, weil ich glaube, daß es viel zu wichtig ist, als daß man oberflächlich drüberfahren sollte. Unsere gemeinsame Aufgabe und unser gemeinsamer Auftrag ist es, alles zu tun, um sehr korrekt und mit großer Einsatzbereitschaft die Dinge, die passiert sind, wenigstens einigermaßen wiedergutzumachen.

Ich billige zu, daß viele der Fragen der Grünen an den Herrn Bundeskanzler nur im Detail und nur sehr kursorisch beantwortet worden sind. Das hängt aber auch damit zusammen, daß viele Unterlagen vernichtet worden beziehungsweise durch Kriegsereignisse verlorengegangen sind.

Ich möchte aber entschieden die Ansicht und die Meinung zurückweisen, daß wir in Österreich alle gemeinsam nichts oder zuwenig getan haben. Ich glaube, daß wir nach unseren Möglichkeiten sehr viel getan haben und möchte das in meinem kurzen Redebeitrag auch darlegen.

Die gesamte österreichische Rückstellungsgesetzgebung war von dem Gedanken geprägt, daß nach der Wiederherstellung der Republik Österreich vorhandene entzogene Vermögen an die ehemaligen Berechtigten oder an ihre Rechtsnachfolger zu erstatten beziehungsweise im Wege der Sammelstellen an die Geschädigten zu verteilen sind.

Verläßliche Schätzungen zu der von der Anfrage umfaßten Problematik des Gesamtschadens der NS-Opfer stehen dem Bundesministerium für Finanzen mangels entsprechender Aufzeichnungen leider nicht zur Verfügung. Ich bezweifle auch, daß es selbst mit den besten wissenschaftlichen Studien möglich ist, alle Fragen im Detail zu beantworten. Ich billige aber gerne zu, daß man vielleicht zuwenig gemacht hat, und werde auch die Antragstellerin zu einem Gespräch einladen, um mit ihr gemeinsam Wege zu eruieren und Wege zu erforschen, wie wir besseres Datenmaterial bekommen können.

Wichtig – und das möchte ich klar festhalten – ist, daß gerade Bundeskanzler Franz Vranitzky wie keiner seiner Vorgänger die moralische Mitverantwortung Österreichs für den Holocaust betont hat. Gerade in seiner Amtszeit ist auch auf dem Gebiet der Entschädigung und der Wiedergutmachung sehr, sehr viel geschehen.

Ich möchte einige Maßnahmen anführen:

Im Bewußtsein der moralischen Mitverantwortung Österreichs an den Verbrechen des Nationalsozialismus hat die Republik Österreich anläßlich des 50jährigen Bestehens der Zweiten Republik einen Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus eingerichtet. Wie Sie bereits erwähnt haben, Frau Abgeordnete, wurde dieser Fonds im Jahre 1995 beim Nationalrat geschaffen und dient zur Erbringung von Leistungen an die Opfer des Nationalsozialismus.

Bis Ende dieses Jahres hat der Fonds eine Summe von über 700 Millionen Schilling an fast 10 000 Antragsteller ausbezahlt. 4 000 Antragsteller waren aus den Vereinigten Staaten, mehr als 1 000 aus Israel und nahezu 2 000 Antragsteller aus Österreich. In den kommenden zwei Jahren wird der Fonds mit jeweils weiteren 600 Millionen Schilling dotiert werden. Bis zum Jahre 1998 dürften individuelle Zahlungen laut Mitteilung des Nationalfonds abgeschlossen sein.

Materielle Leistungen sind natürlich nur ein beschränkter Teil der Wiedergutmachung, aber es sollte meiner Meinung nach ein Zeichen der Mahnung und des Bewußtseins und der Aussöhnung sein, ein Zeichen dafür, daß die jüngere Generation das Unrecht und den Wahnsinn, die damals geschehen sind, nicht vergessen hat.

Ein weiteres Beispiel, das ich anführen möchte, ist die Mauerbach-Benefizauktion, die Ende Oktober dieses Jahres in Wien stattfand. Sie erinnert an das tragische Kapitel in der öster


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reichischen Geschichte, stellt aber auch gleichzeitig für die Opfer und für die Überlebenden des Holocausts eine wichtige und außergewöhnliche Hinterlassenschaft dar. Der Ertrag dieser Auktion ist für bedürftige Personen, die aus religiösen, aus rassischen oder aus politischen Gründen vom NS-Regime verfolgt wurden, und deren Nachkommen bestimmt. Diese Auktion brachte einen Gesamterlös von über 155 Millionen Schilling. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Paul Grosz, sprach meiner Meinung nach zu Recht von einem phänomenalen Ergebnis für die Entschädigung der Opfer des Völkermordes.

Ich möchte Ihnen aber noch einige andere Maßnahmen aufzeigen, die gesetzt wurden, um die Opfer des Holocausts zu unterstützen: beispielsweise das Opferfürsorgegesetz. Für Renten, Heilvorsorge, orthopädische Versorgung und sonstige Aufwendungen wurden seit 1945 bis Ende dieses Jahres fast 8 Milliarden Schilling ausgegeben. Allein im heurigen Jahr ist im Budget eine Summe von 261 Millionen Schilling vorgesehen.

Aus dem Hilfsfonds für die Wiedergutmachungszahlungen an NS-Opfer, die ihren Wohnsitz und ständigen Aufenthalt im Ausland haben, wurden im Zeitraum von 1988 bis 1995 258 Millionen Schilling ausbezahlt.

Aus dem Ausgleichstaxfonds sind im Zeitraum von 1963 bis 1995 204 Millionen Schilling an Aushilfen, 19 Millionen Schilling an Subventionen und 231 Millionen Schilling an Darlehen vergeben worden.

Das Sozialrechts-Änderungsgesetz wurde mit dem Jahr 1993 geändert und besagt, daß auch Personen, die im März 1938 im sechsten Lebensjahr gestanden sind, von der Nachkaufsregelung begünstigt werden.

Es gibt ein Besuchsprogramm, das älteren Österreichern, die unter der Nazi-Herrschaft ihr Land verlassen mußten und jetzt wieder einen Besuch in Österreich machen wollen, finanzielle Unterstützungen gewährt.

Die Israelitische Kultusgemeinde wurde im Jahre 1993 mit rund 17,7 Millionen Schilling für die Integration jüdischer Einwanderer in Österreich unterstützt.

Seit der Zivildienstgesetz-Novelle 1991 besteht die Möglichkeit, daß die Tätigkeit Zivildienstpflichtiger an Holocaust-Gedenkstätten im Ausland auch als Zivildienst angerechnet wird. Derzeit wird diese Möglichkeit vom Verein zur Leistung eines Gedenkdienstes an Holocaust-Gedenkstätten wahrgenommen.

Darüber hinaus gibt es noch viele andere Maßnahmen, die ich hier gar nicht aufführen möchte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Stoisits! Ich glaube, daß die gesetzten Maßnahmen wichtig, gut und begrüßenswert sind. Die Maßnahmen sind gesetzt worden mit dem Ziel, einen Teil, einen geringen Teil des Schadens, der angerichtet worden ist, wiedergutzumachen. Das heißt aber nicht, daß das, was bisher geschehen ist, einen Schlußstrich unter den Hilfsmaßnahmen bedeuten kann. Die Hilfe darf nicht zum Stillstand kommen. Wir werden uns deshalb weiterhin mit ganzer Kraft für die Unterstützung dieser Menschen einsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Vieles wurde getan. – Noch mehr zu tun ist unser gemeinsamer Auftrag und unsere Verpflichtung, und ich lade Sie namens des Herrn Bundeskanzlers und in meinem eigenen Namen ein, daß wir uns zusammensetzen und versuchen, gemeinsam Wege für die weitere Unterstützung zu erforschen und zu eruieren. (Beifall bei der SPÖ.)

17.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Staatssekretär.

Wir fahren in der Debatte fort.

Ich mache darauf aufmerksam, daß alle zukünftigen Redner eine Redezeit von 5 Minuten zur Verfügung haben.


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Ich erteile dem Abgeordneten Dr. Fuhrmann das Wort.

17.50

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Der Herr Staatssekretär hat in seiner Wortmeldung vieles vorweggenommen, was ich mir auch aufgeschrieben hatte beziehungsweise ausheben habe lassen bezüglich dessen, was alles materiell geschehen ist. Ich kann mir daher, was das betrifft, eine Wiederholung ersparen, und ich verweise auf das, was der Herr Staatssekretär richtigerweise wieder in Erinnerung gerufen hat.

Ich möchte jedoch in diesen 5 Minuten, die mir an Redezeit zur Verfügung stehen, ein paar grundsätzliche Dinge erwähnen, insbesondere in Richtung der Frau Kollegin Stoisits und ihrer Fraktion, die diese Besprechung der Anfragebeantwortung beantragt und heute auch begründet hat.

Frau Kollegin Stoisits! Formal möchte ich Sie darauf hinweisen, daß ich – ich habe mir bei der Vorbereitung auf diese Debatte die Beantwortung Ihrer Anfrage angesehen – Ihre Meinung nicht teilen kann, daß die Beantwortung nicht korrekt erfolgt sei oder daß sie gar, wie Sie sagen, salopp erfolgt sei. In der Bundesregierung gibt es eben eine Ressortzuständigkeit, und bei Anfragen an Regierungsmitglieder, im speziellen an den Bundeskanzler, ist es halt schwer möglich, ein Regierungsmitglied in der Funktion als, wie Sie sagen, Koordinator der Bundesregierung zu fragen, sondern man kann Anfragen im Rahmen der Zuständigkeit stellen. Wenn daher manches vom Inhaltlichen her nicht der Genauigkeit entsprochen hat, wie Sie es sich vorgestellt haben, dann, muß ich sagen, wäre es vielleicht auch denkbar gewesen, daß Sie beim Herrn Finanzminister, beim Herrn Sozialminister anfragen, die aufgrund der in ihren Ressorts, in ihren Ministerien vorhandenen Unterlagen die Beantwortung inhaltlich genauer hätten machen können. – Das ist das eine.

Sie haben natürlich schon recht, wenn Sie darauf hingewiesen haben – und dem ist auch in keinster Weise zu widersprechen, dem wird kein anständiger Mensch widersprechen können oder gar widersprechen wollen –, daß das menschliche Leid der Opfer, das durch die Nazis in ihrem Unrechts- und Terrorregime angerichtet worden ist, nicht erfaßbar, in Zahlen nicht quantifizierbar ist. Diese Ihre Aussage ist hundertprozentig zu unterstreichen.

Wenn Sie das aber selbst in Ihrem Debattenbeitrag zugestehen, dann erlauben Sie mir, daß ich hinterfrage, wie ich dann die Tendenz dieser Ihrer Anfrage verstehen soll, denn da gehen Sie ja selbst nur in das Materielle hinein. Wenn Sie das tun und wenn Sie Fragen stellen, die sich nur auf materielle Fakten beziehen, die man aber ganz einfach, wie der Herr Staatssekretär sehr glaubwürdig und anschaulich geschildert hat, mangels vorhandener Unterlagen nicht mehr quantifizieren kann, dann laufen Sie, sehr geehrte Frau Kollegin Stoisits, glaube ich, Gefahr, in eine von Ihnen selbst aufgestellte Falle hineinzutappen, weil Sie damit zu sehr in die materielle Richtung gehen.

Viele in diesem Land legen Wert darauf und haben in den vergangenen Jahren sehr konsensual daran mitgearbeitet, daß die Opfer, die Hinterbliebenen, die Rechtsnachfolger der Opfer zu Recht das Gefühl haben konnten und die Überzeugung gewinnen konnten, daß sich in diesem Land – beginnend vom Bundeskanzler bis hin zu allen anständigen Repräsentanten auch in der Politik – das Klima in der Weise entwickelt hat, daß der Regierungschef ganz klar und deutlich sagte, was Sache ist, bereit war, die seinerzeitige Mitschuld von Österreichern anzusprechen, sich dafür zu entschuldigen, und daß man dann auch bei der 50-Jahr-Feier der Republik diesen Nationalfonds ... (Abg. Mag. Stadler: Er soll mit seinem Schwiegerpapa reden!) – Ja, ist schon recht, ich will mich mit Ihnen in dieser Sache wirklich nicht duellieren, dazu ist mir das zu wichtig. (Abg. Dr. Haider: Arisierte Betriebe des Herrn Bundeskanzlers!)

Wir haben es geschafft, diesen Nationalfonds zu gründen, und Kollege Neisser und ich haben im Vorfeld der Errichtung dieses Nationalfonds viele, viele Gespräche mit den Repräsentanten der Opfer, mit den Repräsentanten der Vertriebenen, mit den Rechtsnachfolgern und Erben der Opfer geführt. Dabei ist uns klargeworden, daß diejenigen in unserem Land, die noch übrig


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geblieben sind von denen, die mit Terror und Haß überzogen gewesen sind in dieser dunkelsten Epoche Europas, sehr wohl gemerkt haben, daß in diesem Land ein Klima herrscht, das nicht so ist, wie es sich vielleicht manche in uralter Gesinnung noch wünschen würden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Wortreich zur Firma Normalia nichts gesagt!)

17.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte, Sie haben das Wort. 5 Minuten Redezeit.

17.56

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich werde die Ausführungen meines Kollegen Dr. Fuhrmann noch einmal nachverfolgen, weil ich glaube, daß unser Gedankengang sehr identisch ist (Abg. Dr. Fuhrmann: Aber wenig Zeit haben!), wir aber leider sehr wenig Zeit haben. Da gebe ich Ihnen recht.

Diese Anfrage, Frau Kollegin Stoisits, spiegelt auch die Gespaltenheit Ihrer Fraktion wider. (Abg. Mag. Stoisits: Sie verstehen es nicht, das ist das Problem!) Zum einen mokieren Sie sich – und das ist eben der Gedankenansatz von Dr. Fuhrmann – darüber, wenn Mitglieder dieses Hauses darlegen, in welcher Milliardenhöhe wir – und jetzt gebe ich zu: insuffizient – Versuche unternommen haben, dieses unermeßliche Leid an den jüdischen Mitbürgern, an den Minderheiten und anderen Bevölkerungsgruppen wiedergutzumachen. Da bin ich völlig bei Ihnen, wenn Sie sagen, Leid kann man nicht mit Milliarden tilgen.

Aber zum anderen – und das ist für mich das eher Makabre in Ihrer Anfrage – wollen Sie vom Bundeskanzler akribisch und pedantisch genau wissen, welche Zinssätze, welche Wertansätze für Markenrechte, für Aktien und und und verwendet wurden. Sie müßten doch wissen, daß es die entsprechenden Unterlagen gar nicht mehr geben kann. Abgesehen davon: Markenrechte, Lizenzrechte – Sie wissen, welche Befristungen da gelten.

Ich kann Ihnen wahrlich nicht folgen, wenn Sie in einer Ihrer Fragen auch noch wissen wollen, ob in den KZs – aufgrund des Zahngoldes, das aus den Kiefern entwendet wurde – Zuschläge vorgenommen wurden. – Das halte ich für wirklich degoutant und geschmacklos.

Insofern bin ich der Meinung, daß diese Ihre Anfrage eigentlich nur Ihre sehr zwiespältige Politik in dieser Frage der Vergangenheitsbewältigung und der Aussöhnung zum Ausdruck bringt.

Das Schlimmste, das seitens Ihrer Fraktion in diesem Hause je inszeniert wurde, war zweifelsohne das Aufrollen der Hakenkreuzfahne, das damals Kollege Wabl vorgenommen hat. Mit dieser Art und mit diesen Aktionen werden Sie nie zur Vergangenheitsbewältigung beitragen, so werden Sie niemals einen Beitrag zur Versöhnung leisten können. (Beifall bei der ÖVP.)

17.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner am Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.59

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich halte die Anfragebeantwortung durch Bundeskanzler Vranitzky ebenso wie die Ausführungen von Staatssekretär Schlögl für interessant und historisch bedeutsam. Ich möchte eine Passage daraus zitieren, da mir die Anfragebeantwortung auch geeignet erscheint, uns alle in Österreich ein bißchen stolz zu machen.

Da heißt es zur Frage 14: "Abgesehen von Bestandrechten, bei denen durch andere Maßnahmen Abhilfe geschaffen wurde (Opferfürsorgegesetz), dürften im großen und ganzen alle nach Kriegsende auf dem Gebiet der Republik Österreich vorhandenen Werte der durch das NS-Regime Geschädigten den Betroffenen oder deren Rechtsnachfolgern wieder ausgefolgt beziehungsweise dementsprechende Entschädigungen in die Wege geleitet worden sein."

Das ist historisch richtig und wichtig, es ist interessant – ich wiederhole es –, und es kann uns auch ein bißchen stolz machen, denn wir befinden uns diesbezüglich international gesehen


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keineswegs in guter Gesellschaft: Wir verfolgen dieser Tage den Eiertanz der honorigen Schweiz, die sich auf dem Sektor Gold mühsam windet, um nur ja nicht wahrscheinlich sehr große Mengen davon und auch hohe Beträge, die in diesem schrecklichen Jahrzehnt auf ihren Konten und in ihren Tresoren gelandet sind, auf Heller und Pfennig herausgeben zu müssen. Nach dem alten Wort: "Wo es keinen Kläger gibt, gibt es keinen Richter!" haben wahrscheinlich auch die Schweizer Bankiers gehofft, daß sich nie jemand um diese Goldmengen und um die entsprechenden Geldbeträge kümmern würde.

Wir haben andere Nachbarn, etwa Tschechien oder Slowenien, aber auch noch andere Länder, die begangenes Unrecht aus diesem Jahrzehnt nicht einmal zugeben, ja die es dort, wo sie es zugeben müssen, als Recht bezeichnen, denen jedes Unrechtsgefühl gegenüber indirekten Opfern des verbrecherischen NS-Regimes fehlt und die nicht bereit sind, auch nur zuzugeben, daß das Vertreiben von Millionen von Menschen, das Umbringen von Hunderttausenden von ihnen entsetzliches Unrecht gewesen ist, das Umbringen von Menschen, hinsichtlich welcher man persönliche Schuld nicht einmal behauptet hat.

In Österreich sind die Dinge auf den Tisch gelegt worden, was wir alle miteinander für richtig halten und worauf wir auch ein bißchen stolz sein dürfen. Wir haben uns bemüht, Schadensgutmachung zu leisten, aber wir wissen natürlich, daß in allen diesen Dingen immaterieller Schaden nicht gutgemacht werden kann.

Es geht uns darum, daß man nicht so engherzig ist und nur bei den direkten Opfern des verbrecherischen Systems des Nationalsozialismus stehenbleibt. Ich fordere ein und ersuche die Bundesregierung und bitte die Verantwortlichen, etwas weiterzugehen und sich nun auch der indirekten Opfer des verbrecherischen Systems des Nationalsozialismus anzunehmen. Das sind die, hinsichtlich derer man das damals an den Tag gelegte Unrecht bis heute nicht zugibt, bis heute nicht auf den Tisch legt und dort, wo einem gar nichts anderes übrigbleibt, als es zuzugeben, als "Recht" bezeichnet. Das sind diejenigen, hinsichtlich derer man gar nicht daran denkt, auch nur irgendeine Schadensgutmachung zu leisten, nämlich die Vertriebenen, die Hinterbliebenen der Ermordeten, die ehemaligen gefangenen Altösterreicher aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich wiederhole noch einmal: Wir alle miteinander in diesem Haus und über seine Mauern hinaus stellen aufgrund der Anfragebeantwortung durch den Kanzler und der ergänzenden Ausführungen durch seinen Staatssekretär fest, daß Österreich sehr viel getan hat. Wir wollen aber nicht, daß man auf dieser Basis stehenbleibt. Wir wollen, daß auch die Nachbarländer dazu gebracht werden, begangenes Unrecht auf den Tisch zu legen, einzugestehen und nach Möglichkeit gutzumachen. Und wir glauben, daß Österreich auch die Verpflichtung hat, auf diesem Sektor mitzuhelfen, daß etwas geschieht, daß Unrecht wiedergutgemacht wird, daß der Schaden, wo immer es möglich ist, wiedergutgemacht wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Vorletzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

18.04

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann unmittelbar an die Ausführungen meines Vorredners anknüpfen und durchaus unterstreichen, daß es in diesem Feld mehr gibt, als wir heute im Rahmen dieser Anfragebeantwortung diskutieren können. Aber es ist doch sinnvoll, gelegentlich daran zu erinnern, daß sich die Republik Österreich im ersten Jahr nach der Befreiung sehr ambivalent verhalten hat.

Ich zitiere aus den seinerzeitigen Ministerratsprotokollen den denkwürdigen Satz, der auch der Titel eines Buches geworden ist: "Wir sind dafür, die Sache in die Länge zu ziehen." – Sie ernten jetzt das, was damals gesät wurde. Hätte man sich damals nicht der Philosophie bedient: "Wir sind dafür, die Sache in die Länge zu ziehen!", wäre eine solche Anfragebeantwortung im


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materiellen Sinn nicht möglich. Im formellen Sinn könnte der Bundeskanzler auch dann sagen: Ich bin nicht wirklich zuständig!, aber im materiellen Sinn wäre eine solche Anfragebeantwortung nicht möglich.

Ich kann auch nicht ganz einsehen, warum sich der Bundeskanzler der Republik im Jahre 1996 in diesem Maße vor die Bundesregierungen der Jahre 1945 und folgende stellt, wissen wir doch heute alle, daß damals sehr viele Fehler begangen wurden, auch und im übrigen – und da knüpfe ich bewußt an die Ausführungen des Kollegen Ofner an – im Hinblick auf jene Menschen, die als Vertriebene und Geflüchtete zu uns gekommen sind und die wir keineswegs mit humanitärer Liebenswürdigkeit aufgenommen haben. Im Gegenteil: Ich möchte schon einmal auch von dieser Stelle aus daran erinnern, daß die damaligen Bundes- und Landesregierungen sogar teilweise bemüht waren, in Form eines ganz merkwürdigen Austausches diese Menschen in die Sowjetunion zu "exportieren". Es waren das Landeshauptleute – wie Gleißner –, die das glühenden Herzens verfolgt haben, nämlich die Abschiebung Heimatvertriebener.

Es ist dieser Satz "Wir sind dafür, die Sache in die Länge zu ziehen", jetzt bezogen auf das Thema der Anfrage, hier in anderen Worten wiedergegeben. Wenn nämlich die Fragen 1 bis 9 beziehungsweise 10 mangels Zuständigkeit nicht beantwortet werden, wie der Herr Staatssekretär das auch noch einmal ausgeführt hat, warum konnten dann die ebenfalls mangels Zuständigkeit eigentlich unbeantwortbaren Anfragen 11 bis 18 beantwortet werden? Da hat offensichtlich der Finanzminister Auskünfte gegeben, und der Herr Bundeskanzler hat in seiner Koordinierungseigenschaft antworten können. Bei den Fragen 1 bis 9 und 10 war das aber offenbar nicht der Fall.

Eine Antwort auf die Frage 11 konnte mangels konkreter Unterlagen und Informationen nicht gegeben werden. Weil verläßliche Daten nicht vorhanden sind, heißt es, ist es nicht möglich, Schätzungen vorzunehmen, und somit wurden und werden auch keine Stellen mit derartigen Arbeiten beauftragt. – Das ist die Frucht dieser Philosophie. Es wurden von vornherein erst gar nicht solche Informationen entwickelt, und natürlich ist es dann schwierig, 50 Jahre nachher zu rekonstruieren.

In einem Punkt muß ich der Kollegin Stoisits lückenlos recht geben: Die Grundbücher sind offen, sie haben den Krieg in aller Regel überstanden. Sie sind lückenlose Ketten von Dokumenten, daher wäre zumindest im Bereich der Liegenschaften, aber auch in anderen Bereichen natürlich auch heute noch eine wesentlich präzisere Antwort möglich. – Möglicherweise mangels Zuständigkeit nicht durch den Herrn Bundeskanzler persönlich, aber, bitte, das ist in einer solch politischen Frage keine gute Antwort.

Ich verstehe, daß man sich als ressortführender Minister oder eben als Bundeskanzler bei der Beantwortung von Fragen, die irgendwie lästig sind, auch hinter diese formale Antwort zurückziehen kann, und das ist legitim, wenn es sich um eine Frage handelt, die erkennbar danebenliegt. Aber bitte: Wem sonst als dem Bundeskanzler soll man so eine allgemein-politische Frage stellen?

Natürlich kann man sie jetzt auch an den Herrn Finanzminister wiederholen. Ich fürchte nur, die Antwort wird materiell nicht viel mehr hergeben, weil wir eben – und das ist mein Schlußsatz; ich wiederhole den Beginn – in einer Republik leben, deren erste Regierungen der Philosophie gefolgt sind: "Wir sind dafür, die Sache in die Länge zu ziehen." Und die Schatten dieser Philosophie holen uns halt immer wieder ein. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der letzte Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.09

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Laufe dieser Debatte habe ich gemerkt, daß es uns noch immer schwerfällt, zu diesem Thema die passenden Worte zu finden, eine Sprache zu sprechen, in der wir


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uns alle verständigen können, in der nicht sofort ein Mißverständnis auftaucht, in der nicht sofort ein Verdacht auftaucht.

Frau Abgeordnete Frieser! Ich beziehe mich besonders auf Ihre Ausführungen. Wenn Sie angesichts der Tatsache, daß eine Abgeordnete im Namen von Betroffenen eine Frage nach dem geraubten Vermögen stellt, meinen, diese Frage diene nicht der Versöhnung, weil hier nach materiellen Werten gefragt werde, und zwar ganz eindeutig nach jedem geraubten Vermögensbestandteil, und nichts ausgelassen wurde in der Anfragestellung, wenn also der Vorwurf an die Fragestellerin lautet, diese Frage sei viel zu präzise, viel zu exakt, man wolle das eigentlich nicht bis ins Detail erörtern, heute, 50 Jahre nach dem Ende des Krieges, dann ist das meiner Meinung nach ein Teil des Problems, das ich zu Beginn meiner Ausführungen geschildert habe.

Bei mir ruft ein Satz wie der Ihre grobe Mißverständnisse hervor. Ich will Ihnen nicht unterstellen, Frau Abgeordnete Frieser, daß Sie hier vertuschen und zudecken wollen, aber Sie müssen sich selbst die Frage stellen, ob Sie sich mit dieser Antwort eindeutig im Sinne der Opfer ausgedrückt haben.

Es geht nicht darum, Herr Staatssekretär, daß irgend jemand dem Bundeskanzler unlautere Absichten unterstellt hätte oder seine Verdienste in dieser Sache nicht würdigen würde. Gerade deswegen, weil wir als grüne Fraktion eindeutig anerkennen, daß sich der Bundeskanzler diesbezüglich Verdienste erworben hat, war es für uns eher beschämend, daß die Antwort so knapp und dürftig ausgefallen ist. Ich halte es nicht für akzeptabel, daß sich der Bundeskanzler darauf ausredet, daß er für diese Sache nicht zuständig sei. Der Bundeskanzler dieser Republik hat sich sehr wohl und zu Recht für zuständig erklärt, als es darum gegangen ist, sich für diese Republik und nicht nur für sich als Person – das hoffe ich doch – bei den Opfern zu entschuldigen. Da hat er gewußt, worauf es ankommt, daß er gefordert ist – nicht als Person, sondern als Bundeskanzler dieser Republik. Ich halte es daher für unangemessen, sich in dieser Frage als nicht zuständig zurückzuziehen.

Meine Damen und Herren! Es geht hier nicht darum, daß den Opfern großes Unrecht widerfahren ist, daß sie großen Schaden erlitten haben in immateriellem Sinne, daß sie gepeinigt worden sind, sondern es geht bei dieser Anfrage ganz konkret um das geraubte, gestohlene, arisierte Vermögen. Und natürlich ist es richtig, was Herr Abgeordneter Kier gesagt hat: Das hängt mit dieser österreichischen Geschichte des Vergessens und Verdrängens und In-die-Länge-Ziehens zusammen, daß wir uns heute hier noch immer mit dieser Frage auseinandersetzen müssen.

Ich sage Ihnen: Das wäre in dieser Form in der Bundesrepublik Deutschland nicht möglich. Wir haben uns immer für unzuständig erklärt. Die Bundesrepublik Deutschland mußte sich – zu Recht – für zuständig erklären. Österreich hat sich immer vor der Verantwortung gedrückt, hat immer seine Rolle als Opfer und als Täter schillern lassen.

Ich möchte auf einen Punkt zurückkommen, weil Sie auch ein Angebot gemacht haben, Herr Staatssekretär. Ich glaube, es geht nicht darum, daß wir hier heute und in den nächsten Jahren eine genaue Dokumentation liefern darüber, was hier an Vermögen tatsächlich den Opfern entwendet, gestohlen wurde. Es geht im wesentlichen darum, daß sich die Bundesregierung für zuständig erklärt, und wenn Sie bereit sind, Herr Staatssekretär, wenn die Bundesregierung bereit ist, den Opfern hier eine Anwaltschaft zur Verfügung zu stellen, dann wäre das ein Schritt vorwärts, damit sich die Opfer tatsächlich noch einer Unterstützung der Republik sicher sein können.

Wenn Sie, die Bundesregierung, etwa auch bereit wären, das Projekt Familienzusammenführung für die Opfer zu unterstützen – und das ist kein unwesentlicher Punkt –, dann wäre das ein weiterer Schritt vorwärts. Beim Projekt Familienzusammenführung geht es nur darum, daß die Opfer, solange sie noch leben, die Möglichkeit erhalten, zu erfahren, wo ihre Familienmitglieder verstorben sind oder in welche Richtungen sie zerstreut worden sind. Das ist eine Auf


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gabe, die die Republik erfüllen kann, und die sollte sie tatsächlich erfüllen. (Beifall bei den Grünen.)

18.15


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über den 13. Punkt der Tagesordnung, der die Zivildienstgesetz-Novelle 1996 zum Gegenstand hat, wieder auf.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schwemlein das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.15

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie wieder auf den Tagesordnungspunkt Zivildienstgesetz einstimmen und Sie bewußt noch einmal mit den positiven Teilen dieser Gesetzesnovelle konfrontieren.

Es war unser absolutes Ziel, uns darum zu bemühen, die Gewissensprüfung, diese Kommission abzuschaffen. Das ist gelungen.

Es war unser Bemühen, Verbesserungen beim Zugang zum Zivildienst zu erreichen. Auch das ist gelungen.

Und wir waren bemüht, eine Ausweitung der Dienstleistungsgebiete in dieses Gesetz hineinzubringen. Auch das ist ein positiver Teil der Zivildienstgesetz-Novelle.

Aber, meine Damen und Herren, ein für mich sehr wesentlicher Punkt, der viel Unverständnis, ja bittere Enttäuschung hervorgerufen hat, ist der § 76a, der wie folgt lautet: "Für Wehrpflichtige, deren Tauglichkeit vor dem 1. 1. 1994 festgestellt worden ist und seither fortbesteht und die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch keinen Grundwehrdienst geleistet haben, ruht das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben."

Meine Damen und Herren! Nicht nur ich, sondern viele von uns sind von betroffenen Menschen kontaktiert worden, von jungen Männern, die sich sehr verzweifelt mit ihrer Situation auseinandergesetzt haben, von Menschen, die sich ernsthaft fragen, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen: Sollen sie untertauchen in den Untergrund? Sollen sie sich ins Ausland absetzen – oder sollen sie es ertragen, kriminalisiert zu werden, zu Straftätern zu werden?

Folgendes ist klar: In dem Augenblick, wo es heute jemand verweigert, seinen Wehrdienst anzutreten, droht ihm ein Strafausmaß von zwei Jahren. Nicht nur, daß an den Landesgerichten eine Fülle von Prozessen zu erwarten ist: Wir wissen aus der Vergangenheit, daß bereits unterschiedlichste Urteile getroffen wurden, vom Freispruch bis zum Ausreizen des möglichen Strafausmaßes.

Das, was mich in dieser Situation schmerzt, ist ganz einfach die Tatsache, daß wir mit dieser Personengruppe in einer unsensiblen Art und Weise umgehen, daß wir in diesem Hause nicht den Weitblick haben, Menschlichkeit vor Gesetzestext zu stellen.

Herr Kollege Maitz! Sie haben gemeint, dieses Gesetz, diese Novelle sei der goldene Mittelweg. Ich sage Ihnen: Nicht alles ist Gold, was glänzt. Und ich sage auch in diesem Haus, daß ich über diesen § 76a sehr unglücklich bin und daß ich den Betroffenen mit einem sehr schlechten Gewissen gegenübertrete.

Für die große Gruppe derer, die von den Vorteilen dieser Zivildienstgesetz-Novelle profitieren, werde ich mein Stimmverhalten in diesem Haus so einrichten, daß ich dem Gesetz als solches zustimme, wissend, daß dieser § 76a die schlechteste Variante ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort hat sich nunmehr Herr Bundesminister Einem gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

18.19

Bundesminister für Inneres Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Heute ist ein wichtiger und – wie ich glaube – auch guter Tag für den Zivildienst. Die jahrelange Unsicherheit, ob nicht wieder die Gewissensprüfung, ein an sich völlig absurdes Instrument bürokratischer Gewissenskontrolle, kommt, falls sich die notwendige Zweidrittelmehrheit hier im Haus für eine dauerhafte Regelung des Zivildienstes ohne Gewissensprüfung nicht findet, diese Unsicherheit ist nach der heutigen Beschlußfassung vorüber.

Diesmal ist es gelungen, eine Regelung zu finden, die auf eine administrative Gewissenserforschung dauerhaft verzichtet. Es ist aber noch eines gelungen: Auch die jahrelange Rechtsunsicherheit, die für die Zivildienstpflichtigen eine Zeit der Unsicherheit für ihre Lebensplanung war, geht nun endlich zu Ende.

Die Zivildienstgesetz-Novelle 1996 bringt eine klare Regelung – und das auf Dauer. Das zuletzt jährliche Feilschen um eine gesetzliche Regelung ist vorüber, damit ist Rechtssicherheit gewonnen.

Die Basis für die heute zu beschließende Regelung wurde bereits anläßlich der Verhandlungen zur Bildung der Bundesregierung für diese Gesetzgebungsperiode gelegt. In diesen Verhandlungen wurde Übereinstimmung darüber erzielt, daß der Zivildienst künftig zwölf Monate dauern soll. Zugleich wurden wesentliche Eckpunkte seiner künftigen inhaltlichen Ausgestaltung festgeschrieben. Zwölf Monate sind jedenfalls genug.

In den langwierigen und hartnäckig geführten Verhandlungen konnte auf dieser Basis ein Kompromiß gefunden werden. Es ging darum, auf der Basis einer zwölfmonatigen Zivildienstpflicht die Eckpunkte auch im Sinne der Zivildienstpflichtigen und ihrer Lebensplanung zu gestalten.

Folgende Verbesserungen konnten erreicht werden: Künftig besteht Gewähr dafür, daß der gemusterte und für tauglich befundene junge Mann eine klare und eindeutige Belehrung über die Möglichkeit zur Abgabe einer Zivildiensterklärung zu dem Zeitpunkt erhält, der alle Fristen auslöst. Damit sollten all jene Fälle der Vergangenheit angehören, die sich bisher wegen unterlassener Belehrung bei der Musterung um ihr Recht gebracht sahen.

Künftig besteht eine klare und faire Frist – wie ich meine –, innerhalb derer die für tauglich befundenen Wehr- und Zivildienstpflichtigen ihre Zivildiensterklärung abgeben können. Es ist nicht mehr bloß eine einmonatige Frist, die vielen zum Stolperstein wurde, sondern es sind zumindest sechs Monate und darüber hinaus bis zwei Tage vor Erhalt des Einberufungsbefehls.

Künftig gibt es weiters eine klare und faire und die Bedürfnisse des Heeres nach Planungssicherheit angemessen berücksichtigende Regelung der Gewissensnachreifung nach absolviertem Grundwehrdienst mit eindeutigen Fristen.

Künftig gibt es aber auch eine, wenn auch nicht in jeder Hinsicht befriedigende Regelung für die sogenannten Altfälle. Da ist es bedauerlicherweise nicht gelungen, alle Probleme zu lösen, obwohl dies für alle Beteiligten am besten gewesen wäre. Ich bedauere das.

Künftig wird es eine Ausweitung der Einsatzgebiete geben, um auch in Zukunft große Wartezeiten für Zivildienstpflichtige zu vermeiden und sie rasch und ihren Bedürfnissen gemäß zur Ableistung des Dienstes zuweisen zu können.

Darüber hinaus ist es gelungen, eine, wie ich meine, vernünftige Regelung des Aufschubs zu vereinbaren, die grundsätzlich davon ausgeht, daß es keinen Sinn hat, das Problem des heranrückenden Dienstes durch Verdrängung zu lösen, weil die spätere Ableistung nur noch unangenehmer ist als die Ableistung gleich nach dem Ende der ersten Ausbildung.


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Zusammenfassend: Die heute zur Beschlußfassung heranstehende Regelung des Zivildienstes kann sich meines Erachtens durchaus sehen lassen. Heute ist daher auch ein Tag der Anerkennung der Leistung der Zivildiener und ihres Einsatzes.

Hohes Haus! Ohne den Einsatz der vielen tausend Zivildiener wäre ein gut Teil der Versorgung der Menschen in Österreich im Bereich des Rettungswesens, der Krankenanstalten, der Altenbetreuung oder der Behindertenhilfe gar nicht mehr zu denken oder – mehr noch – auch nicht mehr zu leisten.

Zivildiener leisten ihren Dienst für Österreich im Alltag: jeden Tag und mit vollem Einsatz. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie leisten diesen Dienst in Bereichen, die Einblick in diese Gesellschaft und in die Schicksale derer bieten, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Sie verteidigen damit auch das Recht dieser Menschen auf umfassende Teilhabe am Leben. Ich danke daher diesen vielen engagierten Mitbürgern für diesen Einsatz im humanitären Interesse, für diesen Einsatz im Dienst der Gemeinschaft. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich denke, wir sollten aufgrund dieser nun dauerhaften Regelung des Zivildienstes auch endgültig darauf verzichten, den Zivildienern offen oder hinter vorgehaltener Hand vorzuwerfen, sie wollten sich bloß drücken. Zivildiener leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Leben dieser Gesellschaft, und das wollen wir auch anerkennen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.26

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Jung. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

18.26

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin zwar kein Minister, aber ich werde auch diese Gelegenheit nützen, jemandem zu danken, nämlich unseren Soldaten, die seit 1955 – im Jahre 1956 Ungarnkrise, 1968 Krise in der Tschechoslowakei und 1991 in Slowenien – an den Grenzen Österreichs gestanden sind und mindestens ebensoviel, aus meiner Sicht allerdings noch viel mehr, für diesen Staat geleistet haben. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bedanke mich auch bei denjenigen, die das nicht mehr hören können, die im UNO-Einsatz für den Frieden in dieser Welt ihr Leben gegeben haben. Das wird sehr leicht vergessen ... (Heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sprechen Sie sich gegen diese Leute aus, Herr Kollege? – Dies würde Ihrer Geisteshaltung vielleicht entsprechen. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. ) Aber ich und meine Kollegen bedanken uns jedenfalls bei ihnen dafür. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun lassen Sie mich kurz auf die erste Hälfte dieser Debatte zurückkommen, wo wir wieder einmal die Gelegenheit hatten, die tolle Wandlung des Kollegen Moser vom Saulus zum Paulus nachzuvollziehen, der seine Haltung wieder einmal klargelegt hat.

Ich würde dem Kollegen Wabl empfehlen – er hat heute früh solche Sorgen um Schlaining gehabt –, Kollegen Moser als Gastdozenten zu holen. Es besteht nur die Gefahr, daß er ihn dort links überholt.

Vor fast einem Jahr haben wir uns hier in diesem Haus mit der Zivildienstfrage befaßt, und der Herr Verteidigungsminister konnte sich damals nur mit Hilfe von uns Freiheitlichen – und um diese Hilfe hat er damals sehr inständig gebeten – angeschlagen, aber doch über die Runden retten und eine Verschlechterung der Situation verhindern. Diesmal – das hat der Minister selbst gesagt – hat die schon fast ewig währende Geschichte ein Ende gefunden. Abgeordneter Maitz hat gesagt, die ÖVP hat sich voll durchgesetzt.

Wir haben gerade vom Herrn Innenminister gehört, wer sich voll durchgesetzt hat. Er hat auch von nicht unbedeutenden Erfolgen gesprochen.


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Und wie sehen es die "Betroffenen" – unter Anführungszeichen –, die Zivildiener und deren Anhänger? "Sozial diskriminierend und schikanöse Turbolösung" – Plattform für den Zivildienst, "Verhöhnung der Zivildiener" – die Grüne Jugend, "unsozial" – Österreichische Hochschülerschaft, "nicht akzeptabel" – Österreichische Gewerkschaftsjugend, "gegen weitere Verschlechterung" – Junge ÖVP, "VP-Jugendlandesrat bedauert", und so weiter lauteten die Überschriften und die Wortspenden zu diesem Thema.

Ich möchte, weil auch die Zeit drängt, nur auf zwei Punkte dieser Novelle, die ich für sehr wesentlich halte, eingehen. Das eine ist die Frage der Wehrgerechtigkeit und das andere die der GWD-Zahlen. Die Wehrgerechtigkeit wurde schon in vielen Punkten vom Kollegen Scheibner angesprochen. Ein wesentlicher Punkt in dieser ganzen Sache war die Zwölf-Monate-Lösung, die aber wie immer bei der ÖVP verwässert wurde. Man hat zwei Wochen Urlaub hineingebastelt. Daher gibt es keine Wehrgerechtigkeit für die Soldaten. Der Verteidigungsminister hat sich für seine Leute nicht stark gemacht. Wo der große Unterschied liegt, weiß ich nicht, auch nicht, wo er für die ÖVP liegt. (Abg. Wabl: Haben die auch zwölf Monate, die Soldaten?) Sie haben nicht zwölf Monate, aber man könnte ihnen anteilsmäßig den Urlaub geben. Wenn Sie schon so für gleiche Rechte sind, Herr Kollege Wabl, stimmen Sie mir in dieser Sache zumindest zu? – Nein, da schütteln Sie Ihr weises Haupt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister Fasslabend ist zuversichtlich, genügend Leute zu bekommen. Warum ist er denn so zuversichtlich? Er hat uns heute in seinen Ausführungen immer wieder klargemacht, er werde genügend Soldaten bekommen. Das ist aber nicht der Fall. Er hat uns wohlweislich nur den Durchschnitt in den letzten Jahren genannt, aber nicht die letzten Zahlen. Er hat nicht genug für seine "Heeresgliederung-Neu", deswegen bastelt er auch an der "Heeresgliederung-Neu-Neu", wo er dann weniger Soldaten braucht. Er folgt da in manchem unseren Vorstellungen, aber leider nicht in den wichtigen Punkten. Er kürzt nämlich in erster Linie bei der Truppe. Wir werden das bald als Konzept vor uns sehen. Er traut sich allerdings seinen Kommandanten jetzt noch nichts zu sagen und auch nicht den Bürgermeistern, die von den Kasernenschließungen betroffen sein werden. Aber er kürzt bei den Stäben zu wenig und bei der Truppe zu viel. Er kann daher mit dieser Lösung leben. Wir werden dieser Lösung allerdings nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Kiss. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

18.30

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mit der gestrigen Post ein Kärtchen erhalten (der Redner zeigt es vor) , so wie wahrscheinlich der eine oder die andere von Ihnen auch. Das, was darauf steht, steht aber im Gegensatz zu dem, Herr Minister, was Sie vor wenigen Minuten hier postuliert haben. Sie haben gesagt – ich zitiere Sie –: Zwölf Monate Zivildienst sind genug. Auf dieser Karte steht aber: Acht Monate Zivildienst sind genug. Bei näherer Betrachtung dieser Karte, einer Aktion der "Plattform für Zivildiener", sieht man auch, daß man diese Karte zurückschicken sollte, nämlich an die Sozialistische Jugend Österreichs in der Neustiftgasse 3, 1070 Wien, die unter anderem – ich zitiere – schreibt:

Vor nicht allzulanger Zeit dienten Präsenz- und Zivildiener gleich lang, nämlich acht Monate. Mit Hilfe einer Salamitaktik hat aber das Verteidigungsministerium den Zivildienst erst auf zehn Monate und dann auf elf Monate verlängert. Jetzt fordert Verteidigungsminister Fasslabend sogar zwölf Monate. – Zitatende. (Abg. Mag. Ederer: Was ist daran falsch? Was sagt die Junge ÖVP dazu?)

Herr Innenminister! Das ganze Dilemma der SPÖ tut sich in diesen einigen Zeilen auf. Die gesamte Problematik dessen, die Sie um das Thema Zivildienst aktualisieren, wird in diesen wenigen Sätzen klar. Wir haben schon im Innenausschuß bemerkt, daß die Redner der SPÖ eigentlich eher als Kontra- denn als Proredner aufgeschienen sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Ich frage mich nur: Wer ist denn derjenige – ich muß so fragen –, der dieses Zivildienstgesetz als Regierungsvorlage durch den Ministerrat und letztlich auch in den Innenausschuß und damit hier ins Plenum gebracht hat? Ist das nicht zufälligerweise Innenminister Dr. Caspar Einem? Ist er nicht zufälligerweise SPÖ-Mitglied? (Abg. Wabl: Nein!)

Ich frage weiters: Ist es nicht zufälligerweise der Innenminister (Abg. Mag. Ederer: Nichts ist zufällig?) , der der SPÖ angehört, der in der Angelegenheit Zivildienst eine Vereinbarung mit dem Verteidigungsminister geschlossen hat, von der er selbst sagt, sie sei in Ordnung? Das ist die Conclusio daraus. Ich lege bei diesem Thema nicht ungern meinen Finger in die offenen Wunden der SPÖ (Abg. Scheibner: Seien Sie vorsichtig!) , und ich lege ihn deswegen hinein, weil ich an diesem Beispiel dokumentieren kann, wie zwiespältig die SPÖ in der Öffentlichkeit und hier im Parlament auftritt. Einerseits fordert die Junge Generation der SPÖ, acht Monate sind genug, und sie lädt dazu ein, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden, und andererseits steht der zuständige Innenminister hier und sagt, zwölf Monate seien genug; ich stehe zu diesem Kompromiß. (Abg. Wabl: Falsch! Das ist ein fauler Kompromiß!)

Ich frage mich: Was wollen Sie, Herr Minister? Und wenn Sie tatsächlich zwölf Monate wollen, dann stehen Sie hier auf und sagen Sie: Jawohl, die SPÖ in ihrer Gesamtheit steht dazu! – Ich bin der Auffassung, daß wir mit diesem Gesetz jenen Weg des Kompromisses gefunden haben, der Schwarz und Rot gleichermaßen zufriedenstellt. Es kann aber nicht so sein, daß die Jungen Sozialisten in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken versuchen, der schwarze Verteidigungsminister Fasslabend hätte uns das alles eingebrockt; er sei schuld, daß es unserer Jugend so gehe. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Es ist Ihr Minister, es ist der SPÖ-Innenminister dieser Republik, der diese Regierungsvorlage eingebracht hat. Ich frage Sie, Herr Minister Einem: Wie wollen Sie aus diesem Dilemma herauskommen? – Ich erlöse Sie, Herr Minister, indem ich sage: Ich verstehe ja, daß Sie im Koalitionszwang so manches tun müssen, was Ihrer inneren Überzeugung widerspricht, aber dann bitte ich Sie gleichzeitig auch, fair gegenüber jenem Partner zu sein, der Verteidigungsminister Fasslabend heißt, der jetzt nicht hier auf der Regierungsbank sitzt, der aber – genauso wie Sie – aus seiner Verantwortung für einen Teil des Koalitionsprogrammes diese Regelung, diese Lösung präsentiert.

Wir von der ÖVP stimmen dem jedenfalls zu! (Beifall bei der ÖVP.)

18.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

18.34

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich glaube, daß wir uns grundsätzlich nicht so aufregen sollten. Es gibt Ungleichheiten, die wir in aller Ruhe durchdiskutieren können, nämlich Ungleichheiten bezüglich der Dauer des Zivildienstes. Ich sehe ein, daß man ein gewisses Verständnis haben muß, um die Kompromißfähigkeit zu erhalten, aber auf der anderen Seite sollte man prinzipiell nicht außer acht lassen, daß auf längere Sicht ein Ausgleich erreicht werden soll, und zwar hinsichtlich der Dauer des Zivildienstes beziehungsweise des Wehrdienstes. (Abg. Haigermoser: Der Moser war für 16 Monate!)

Herr Minister! Ich gebe Ihnen in allem recht, was Sie über Artikel 76a gesagt haben, der wirklich jeglicher Logik entbehrt. Wenn Sie aber sagen, daß dies ein Schnitzer sei, so meine ich, daß Sie in Zukunft korrigierend eingreifen könnten, und zwar bevor etwas das Hohe Haus erreicht. Es ist mir nicht verständlich, warum wir solche Schnitzer akzeptieren sollen.

Eine Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht, wie sie in Belgien und in den Niederlanden erfolgt ist und wie das in Hinkunft auch in Frankreich sein wird, ist der europäische Trend. Wir sollten uns damit auseinandersetzen. Ich glaube, daß es zu einer Verteidigungsstrategie Europas dazugehört, daß eine Aussetzung dieses allgemeinen Wehrdienstes sehr wohl zu unterstützen ist.


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Eine weitere Ungleichheit ist der Sold. Warum erhält der Zivildiener 2 222 S und der Wehrdiener – inklusive einer Wehrdienstprämie – 3 500 S? Warum gibt es denn keine Zivildienstprämie, um einen Ausgleich zu schaffen? (Abg. Scheibner: Weil das Liberale Forum mitgestimmt hat! Das haben Sie vergessen! Sie sollten sich erkundigen, wo Sie überall mitstimmen!)

Weiters wäre der Ortswunsch zu berücksichtigen. Sehr oft entspricht der Ort, an dem die Stellungspflicht zu erfolgen hat, nicht mehr dem Wohnort. Ich meine, daß der aktuelle Wohnort berücksichtigt werden sollte, wenn man den Zivildienst antreten soll.

Der Urlaubsanspruch ist auch so eine Pikanterie. Warum hat man auf der einen Seite, wenn man zwölf Monate irgendwo beschäftigt ist, Anspruch auf eine gewisse Anzahl von Urlaubstagen, aber dann, wenn man Zivildienst leistet, nur Anspruch auf zwei Wochen Urlaub? Und davon kann man nicht länger als eine Woche durchgehend nehmen. Ich finde das absurd! Man müßte diese Regelung den Arbeitnehmerbestimmungen angleichen, weil es wirklich eine Ungerechtigkeit ist, daß man diesen jungen Menschen, die ein Jahr lang beschäftigt sind, nur zwei Wochen Urlaub zugesteht.

Weiters sollte es keine Ausnahmeregelung mehr für Angehörige von Religionsgemeinschaften geben; der Zivildienst ist meiner Meinung nach auch ihnen zumutbar.

Ein weiterer Punkt: Die Erweiterung der Tätigkeitsfelder im Umwelt- und Naturschutzbereich wäre natürlich eine schöne Ergänzung. Das Liberale Forum ist der Meinung, daß im Umweltbereich ein gemeinschaftlicher Dienst vonnöten ist.

Letzter Punkt: Eine unabhängige Zivildienstinformation ist bei der Musterung und auch in Schulen absolut notwendig. Es ist nicht einzusehen, warum eine Informationskampagne vom Bundesheer, aber nicht von unabhängigen Organisationen durchgeführt wird. Herr Minister! Wir würden uns wünschen, daß dies von Ihnen geändert wird. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

18.38

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Minister! Herr Abgeordneter Kiss, ich danke herzlich für Ihre Werbung für unsere Jugendorganisation, für die Sozialistische Jugend, und ich möchte mich, weil das fair ist, dankbar dafür erweisen, indem ich an dieser Stelle auch Werbung für die Junge ÖVP mache. Was die Aussage anlangt, acht Monate für die Zivildiener seien genug, ist es doch ganz offensichtlich, daß es zumindest in der Jungen ÖVP Oberösterreich und in vielen Teilen der Jungen ÖVP ähnliche Einstellungen gibt. Ich möchte mich wirklich herzlich dafür bedanken, daß Sie, Herr Abgeordneter Kiss, von dieser Stelle aus die Sozialistische Jugend gelobt haben. Noch einmal herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwemlein: Du mußt verstehen, daß der Kiss mit seinen Jungen nichts zu tun haben will!) Ja, das stimmt. Aber wir wollen mit unserer Jugend sehr wohl etwas zu tun haben; darin wird wohl der Unterschied liegen.

Diese Regelung halte ich für tragbar, obwohl es viele Dinge gibt, die wir heute bedauern; meine Vorredner haben bereits darüber gesprochen. Gewisse Vorstellungen vor allem auf dieser Seite des Hauses (die Rednerin deutet in Richtung der Freiheitlichen) und in manchen Teilen dieses Blocks (in Richtung ÖVP weisend) bezüglich Möglichkeiten zum Zivildienst haben mich erschreckt. Mich hat vor allem erschreckt, wie sich Frau Kollegin Partik-Pablé hier über langhaarige Zivildiener mokiert hat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wenn Sie sie sehen würden, dann würden Sie sich auch schrecken!) Ich habe schon oft langhaarige Menschen gesehen, Frau Abgeordnete!

Insofern sage ich: Diese Regelung ist tragbar. Wie gesagt, das ist ein Kompromiß.

Bedauernswert finde ich aber, daß Herr Minister Fasslabend nicht hier ist, denn er hätte Erklärungsbedarf. Er möge uns bitte erklären, warum er dafür ist, daß man künftige Zivildiener


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ungleich behandelt, und er Zivildienstwilligen die Möglichkeit nimmt, Zivildienst zu leisten, sie aber im Bundesheer haben will. Das verstehe ich nicht; das widerspricht meiner Vorstellung. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer. )

Ich glaube, da hat der Herr Minister enormen Erklärungsbedarf; wahrscheinlich drückt er sich auch deswegen vor dieser Diskussion. Es gibt viele Dinge bei dieser Regelung, die einen großen Fortschritt darstellen, es gibt aber auch viele Dinge, die nicht in Ordnung sind. Ich möchte auch hier noch einmal feststellen: Ich finde zwölf Monate Zivildienst ungerecht. Das ist eine falsche Regelung. Ich weiß mich da mit der Jungen ÖVP durchaus eins. Das sind die politischen Verhältnisse. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Steindl: Wer ist zuständig?)

18.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

18.41

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich gestern nicht getäuscht. Ich habe hier ein Adelsprädikat einem burgenländischen Abgeordeten verliehen, und der hat sich heute hier als Amon verkleidet, allerdings ist er etwas zu groß gewachsen, deshalb ist er als Abgeordneter Kiss erkennbar gewesen, aber er hat wirklich die Rede des Herrn Amon gehalten und ist als "Jung-ÖVPler" hier wirklich großartig angekommen. Er hat den Jung-Sozialistinnen heute wirklich Saures gegeben. Beachtlich, beachtlich! Ich glaube, Sie werden es noch zu großen Ehren bringen, Herr Kollege Kiss. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich hätte mir gewünscht, der andere Verstellungskünstler (Abg. Kopf: Das ist der Friedenssprecher!), Kollege Josef Cap, Jungsozialist, Jung-Geschäftsführer, Jung-Redner, Jung-Parlamentarier, Jung-SPÖler und wahrscheinlich der jüngste Minister der Zweiten Republik, hätte vielleicht einmal eine scharfe Abrechnung mit dieser lauwarmen Haltung des Innenministers, die hier heute an den Tag gelegt wurde, gemacht.

Herr Minister! Ich verstehe schon die Sachzwänge einer großen Koalition. Jedes Mal denke ich mir: Wer wird mich davor schützen, daß ich irgendwann einmal Zeuge dafür bin, daß wir auch in dieser häßlichen Situation sind? (Abg. Dr. Stummvoll: In der großen Koalition! – Heiterkeit.)

Herr Kollege Kiss! Sie haben jahrelang, ja jahrzehntelang eine absolute Demontage des Images des Bundesheeres betrieben. Sie haben es so demontiert, daß kaum noch ein Jugendlicher zum Heer möchte.

Aber jetzt, anstatt sich zu bemühen, eine attraktive Änderung des Gesamtkonzepts zu erreichen, eine offensive Bundesheer-Option zu entwerfen, etwas zu unternehmen, damit für Jugendliche, die der Meinung sind, man könnte auch Friedensdienst mit der Waffe machen – das, was Sie postulieren –, dies auch attraktiv wird, wird ununterbrochen, versteckt oder offen, der Zivildienst madig gemacht. Und ich verstehe auch nicht, daß da die Sozialdemokraten mitspielen.

Im Grunde genommen haben Sie mit der Erhöhung der Zivildienstdauer ununterbrochen daran gearbeitet, daß Herr Bundesminister Fasslabend seine neuen, seine aberwitzigen Konzepte verwirklichen kann, weil ihm eben ständig Jungmänner abhanden kommen. Ihre ständigen Bemühungen liefen in die Richtung, den Zivildienst madig zu machen, die jungen Menschen davon abzuhalten, Zivildienst zu leisten. Zuerst sollte dazu dieses unglückselige Instrument "Gewissensprüfung" dienen, und jetzt versuchen Sie – indem Sie weniger zahlen, indem Sie die Dauer des Zivilidienstes immer wieder ein wenig verlängern –, die Attraktivität, die beim Bundesheer fehlt, dadurch herzustellen, daß sich die Menschen sagen sollen: Mir ist lieber, wenn sechs Monate verhaut, vernudelt, vergebene Lebenszeit sind, als ich mache zwölf Monate Zivildienst, wobei ich nicht weiß, ob man mich nicht irgendwo demütigend einsetzt; möglicherweise bin ich sogar im Vorfeld einer Organisation, die ohnedies auch Dinge mit Gewalt durchsetzt.


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Das ist ein Problem, und aus diesem Dilemma kommen Sie nicht heraus, meine Damen und Herren.

Herr Abgeordneter Cap! Es ist schon traurig, und es ist schon eine gewisse Schizophrenie zu erkennen, die Sie hier dauernd auch in der Öffentlichkeit zeigen. Im Grunde genommen sagen Sie, Sie seien die Anständigen, aber die ÖVP sei eben ein unseriöser Partner.

Herr Abgeordneter Cap! Das ist deshalb so traurig, denn: Wenn es Punkte gibt, bei denen Sie tatsächlich der Meinung sind, man müßte sie mit wirklicher Kraft behandeln, sie seien staatspolitisch wichtig, dann setzen Sie sich meinem Eindruck nach sehr wohl durch. Dann sitzen Sie von der SPÖ nicht so hilflos in der Regierung. Aber wenn es ohnehin mit diesem Doppelpaßspiel funktioniert – Einem auf links außen, links außen rechts zu Gaal und dann wieder gerade durch mit der ÖVP und direkt ins "Fassl" rein –, dann sind Sie wieder Großmeister, dann sind Sie großartig. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Das ist ein Spiel, das Sie auf die Dauer diskreditieren und bei den Jugendlichen unbeliebt machen wird. Dann werden Sie von der SPÖ eine Partei sein, die aufgrund natürlicher Abgänge immer kleiner wird.

Meine Damen und Herren! Ich darf nun den Antrag Haidlmayr, Freundinnen und Freunde vortragen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde zum Tagesordnungspunkt 13

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. In Artikel I Z 2 (§ 2 Abs. 5) ist anstelle der "zwölf Monate" die Wortfolge "acht Monate" einzufügen.

2. In Artikel I Z 10 (§ 7 Abs. 2) lautet der erste Satz: "Der ordentliche Zivildienst dauert acht Monate."

*****

Herr Kollege Cap, Frau Kollegin Gitti Ederer, Sie haben nun Gelegenheit, Ihrem Herzen, Ihrer Gemütslage voll Ausdruck zu verleihen und acht Monate zu fixieren. (Abg. Mag. Ederer: Ich verzichte!)

Beim zweiten Abänderungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr geht es um das, was Sie, Herr Innenminister, auch gesagt haben, nämlich um die Möglichkeit des Aufschubrechts. An sich ist in der Verfassung geklärt, daß man bis zwei Tage vor dem Einberufungsbefehl seine Zivildiensterklärung abgeben kann.

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Sie haben durch Ihren faulen Kompromiß dafür gesorgt, daß all jene, die älter als 23 Jahre sind, überhaupt keine Möglichkeit mehr haben, einen Gewissenswandel geltend zu machen. Sie haben außerdem dafür gesorgt, daß 15 000 Wehrpflichtige, die in den Jahren 1992 und 1993 für tauglich befunden wurden, nur eine Frist von sechs Wochen erhalten. Bei jenen, die nach dem 1. Jänner 1994 für tauglich erklärt wurden, gilt die Bestimmung des § 2 (2) uneingeschränkt. Deshalb der Abänderungsantrag der Kollegin Haidlmayr, den ich nunmehr zur Verlesung bringe.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde zum Tagesordnungspunkt 13

Der Nationalrat wolle beschließen:


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1. Artikel I Z 34 entfällt.

2. In Artikel I Z 35 erhält § 76b die Bezeichnung "76a".

*****

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Herr Abgeordneter Schwemlein, Sie haben sich meines Erachtens redlich bemüht, hier noch eine Änderung herbeizuführen. Das enthebt Sie aber nicht Ihrer Pflicht, daß Sie letztendlich doch dem richtigen Antrag Ihre Stimme geben. Ich hoffe, Sie demontieren Ihren Innenminister Einem nicht zweimal an diesem Tag. Einmal ist genug! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Wabl hat zwei Abänderungsanträge ordnungsgemäß eingebracht; diese werden in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich erteile nunmehr Herrn Abgeordneten Dr. Riedler das Wort. – Bitte.

18.48

Abgeordneter Dr. Wolfgang Riedler (SPÖ): Lieber Andreas Wabl! Ich möchte dich jetzt direkt ansprechen, indem ich sage: Wir werden jenem Antrag und jenem Vorschlag unsere Zustimmung geben, der eine Chance auf eine Mehrheit in diesem Haus hat. Das ist in Wirklichkeit der wesentliche Punkt. Wir können uns über alles mögliche unterhalten, aber: Das Wesen einer Koalition besteht darin, daß Kompromisse gefunden werden.

Auch ich bin nicht der Meinung, daß es gerecht ist, daß Präsenzdiener um 800 S mehr als Zivildiener bekommen. Des weiteren bin ich nicht der Meinung, daß Zivildiener soviel weniger gefordert werden, daß es gerechtfertigt wäre, daß sie dreieinhalb Monate länger Dienst zu versehen haben. Ich bin jedoch der Meinung, daß es insbesondere völlig unverständlich ist, wenn eine Gewissensprüfung aufrechterhalten beziehungsweise wieder ins Leben gerufen wird, eine Gewissensprüfung, die in Wirklichkeit die menschenverachtendste Form der Zivildienstregelung früherer Tage war. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist es mir wert, zu diesem Kompromiß, der hier vereinbart wurde, zu stehen. – Ich weiß, daß es in den Reihen der sozialdemokratischen Fraktion viele gibt, die sich mehr gewünscht hätten und die auch in Zukunft politisch daran arbeiten werden, daß sich die Situation der Zivildiener verbessern wird.

Ich stehe hier als ehemaliger Zivildiener, deshalb weiß ich, wovon ich rede. Ich habe diesen Dienst abgeleistet. Jeder, der hier herausgeht und behauptet, das wäre ein leichter Dienst gewesen, hat keine Ahnung, wovon er redet, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Worüber sich Abgeordneter Wabl wirklich ärgert – er sollte das einmal ganz offen sagen –, ist, daß er genau weiß, daß die Zivildiener in Minister Einem einen aufrechten und hart kämpfenden Vertreter haben. Der Minister wird sich auch in Zukunft für sie einsetzen, auch wenn das die Grünen Stimmen kostet.

Dem Kollegen Jung möchte ich sagen: Wenn er einen Antrag einbringen sollte, der zu einer Verkürzung des Präsenzdienstes führt, etwa in Form von Urlaubsansprüchen, und wir im gleichen Maß auch die Dienstzeit für die Zivildiener verkürzen können, dann soll mir das nur recht sein. Er wird in mir einen Ansprechpartner finden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

18.51

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Fünf Minuten für dieses Thema sind nicht zu lang, sondern eher zu kurz. Man könnte viel sagen, aber vielleicht meinen Sie, es ist ohnehin schon alles gesagt worden. Aber


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trotzdem sage ich Ihnen, den Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei: Was Sie hier vorführen, ist wirklich erbärmlich; man könnte fast Mitleid bekommen.

Herr Kollege Schwemlein! Seit gestern wieseln Sie hier im Saal herum und sagen zu uns: Wir werden eine Lösung finden, ihr solltet nur nicht zu viel und nichts zu laut tun, nur bedächtig sein, wir arbeiten an einem Kompromiß. – Seit gestern wird von Ihnen und anderen die Hoffnung geschürt, es könnte noch etwas zustande kommen, vor allem was den § 76 betrifft, obwohl Sie alle, die Sie da sitzen, wissen: Dieses Gesetz ist ein Husch-Pfusch. Das Wort "Gesetz" ist dem Ganzen nicht im mindesten angemessen.

Unter dieser Voraussetzung stellen Sie sich hierher und sagen – ich habe meinen Ohren nicht getraut –: Sie stimmen dem zu, weil das – was ich auch den Worten Ihrer Nachrednerin und Ihres Nachredners entnehme – besser sei als gar keine Regelung. So nach dem Motto: Ich heule lieber mit den Wölfen und der Mehrheit, als daß ich für etwas kämpfe, was meiner Überzeugung entspricht.

Offensichtlich haben Sie in dieser Sache aber keine Überzeugung mehr, denn wenn Sie eine hätten, würden Sie hier anders auftreten. Sie würden nicht mit "Bauchweh" da stehen und sagen: Es tut zwar furchtbar weh, daß wir da zustimmen müssen, aber leider, leider müssen wir das tun. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Dieses Schauspiel hätten Sie nicht zu geben brauchen! Das ist wirklich erbärmlich! (Beifall bei den Grünen.)

Ich halte das nicht für witzig, was Herr Kollege Kiss gesagt hat, das ist politisch eher fast schon dumm zu nennen. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Eine Jugendorganisation sollte radikalere oder klarere oder wirklich progressivere Forderungen vertreten als eine Altpartei. Das erwarte jedenfalls ich mir von den Jugendorganisationen der beiden großen Parteien.

Ein bißchen ist der Spott, den Sie da abbekommen haben, tatsächlich gerechtfertigt, sage ich Ihnen als Zuhörerin. Denn dieses Quasi-Gesetz, das wir hier beschließen, führt zu keinen echten Verbesserungen.

Herr Minister Einem! Ich bewundere Sie fast dafür, wie Sie ein so mieses Gesetz auch noch mit strahlendem Lächeln als das Beste vom Besten zu verkaufen versuchen und daß Sie sagen, es führe das zu einer Ausweitung des Einsatzgebietes.

Ich war wirklich fasziniert. Es kommt nämlich nicht dort zu einer Ausweitung des Einsatzgebietes dort, wo es lange gefordert worden ist und sinnvoll wäre im Sinne eines Zivildienstgesetzes, nämlich im Bereich der Umweltorganisationen, der Friedensorganisationen oder der Jugendorganisationen – das sind ganz wichtige Bereiche –, sondern vielmehr in der Justiz, nämlich im "Häfen" und in der Schubhaft – ausgerechnet die Schubhaft fällt einem Innenminister Einem dabei ein! –, erfolgt die Ausweitung des Einsatzgebietes. – Wenn das nicht so traurig und tragisch wäre, wäre das geradezu als Witz zu bezeichnen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Aus diesem Grund bringen wir auch folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde zum Tagesordnungspunkt 13

Am Ende des Art. I Z. 3 (§ 3 Abs. 2) wird folgende Ergänzung eingefügt:

"Dienst in Umweltorganisationen, Tätigkeiten in der Allgemeinheit dienenden Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, friedenspolitische und friedenspädagogische Tätigkeiten, Sozialhilfe in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, Dienst in Jugend- und Kinderorganisationen"

*****

Ein Zweites, Herr Minister, haben all jene, denen wir das erzählt haben – auch Journalisten und Journalistinnen –, für einen Faschingsscherz gehalten: Sie haben die Möglichkeit eingeräumt,


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daß ein Grundwehrdiener Gewissensgründe gegen den Wehrdienst bis zwei Tage vor Zustellung des Einberufungsbefehls bekanntgeben kann. Zwei Tage, bevor er den Einberufungsbefehl bekommt! Heißt das, er muß auf der Post Schmiere stehen – oder wie funktioniert das?

Wer kann überhaupt wissen, wann er einen Einberufungsbefehl bekommt? Kann ich mich überdies auf die Postzustellung verlassen? Das ist ein Witz, so etwas fällt einem nur in Österreich ein. Im europäischen Vergleich gibt es so etwas sonst nirgends, das gibt es wirklich nur bei uns. Wir sind daheim in Kakanien, kann ich sagen, wenn ich mir das anschaue.

Da die Behörde ihrer Informationspflicht nicht ausreichend nachkommt und in dem Gesetz die Informationspflicht der Behörde – sie ist nach dem Allgemeinen Verwaltungs- und Verfahrensrecht als Verpflichtung festgeschrieben – nur als Soll-Bestimmung aufscheint, bringe ich den nächsten Abänderungsantrag ein. Er lautet wie folgt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde zum Tagesordnungspunkt 13

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Art. I Z. 5 wird am Ende des § 5 (1) folgender Satz ergänzt:

"Enthält der schriftliche Hinweis keine oder unrichtige Angaben über das Erfordernis, innerhalb welchen Zeitraumes der Wehrpflichtige mit einer Einberufung zu rechnen hat, sowie über das Recht, eine Zivildiensterklärung einzubringen, so gilt das Fehlen eines solchen als Formgebrechen."

*****

Dieser Zusatz ist das mindeste, was zur Informationspflicht in das Gesetz noch einzufügen wäre. Da wir überzeugt davon sind, daß das Gesetz nicht halten wird, weil es das Wort "Gesetz" nicht verdient, bringen wir noch einmal den Antrag ein, daß die Regierungsvorlage 458 der Beilagen und der Ausschußbericht in 544 der Beilagen zur Zivildienstgesetz-Novelle 1996 an den Innenausschuß rückverwiesen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Sowohl der zuletzt erwähnte Rückverweisungsantrag als auch die beiden Abänderungsanträge sind geschäftsordnungskonform eingebracht worden und werden in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich habe dazu keine Wortmeldung mehr vorliegen und schließe daher die Debatte.

Meine Damen und Herren! Ich bitte um ein wenig Geduld. Es ist eine Reihe von Anträgen erst am Schluß eingebracht worden, und ich möchte noch das Croquis abchecken. Bleiben Sie bitte im Saal! Wir haben einige Verfassungsabstimmungen und brauchen das Quorum.

Meine Damen und Herren! Wir gelangen zur Abstimmung, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Es liegt ein Antrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen auf Rückverweisung der Regierungsvorlage 458 der Beilagen an den Ausschuß für innere Angelegenheiten vor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Rückverweisungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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Wir kommen somit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 544 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge eingebracht.

Weiters liegen Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Haidlmayr beziehungsweise des Abgeordneten Hans Helmut Moser vor.

Ich werde zunächst über die von den Zusatz- sowie den Abänderungsanträgen beziehungsweise von den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – und zwar der Systematik des Gesetzentwurfes nach – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Zahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 2 § 2 Abs. 5 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Ich bitte, während des Abstimmungsvorganges keine Unterlagen zu verteilen. – Bitte, das geht in Richtung der Klub- und Parlamentsbediensteten.

Ich lasse sogleich über Artikel I Ziffer 2 § 2 Abs. 5 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich stelle ausdrücklich das verfassungsmäßig erforderliche Quorum fest.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 3 § 3 Abs. 2 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Artikel I Ziffer 3 § 3 Abs. 2 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer für die Fassung des Ausschußberichtes ist, soll ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 5 § 5 Abs. 1 eingebracht.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen nunmehr über Artikel I Ziffer 5 § 5 Abs. 1 in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Wer dieser Fassung zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.


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Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 10 § 7 Abs. 2 erster Satz eingebracht.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Abänderungsantrag hat nicht die erforderliche Zustimmung gefunden.

Ich lasse über Artikel I Ziffer 10 § 7 Abs. 2 erster Satz in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dem zustimmt, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Ziffer 17 § 14 eingebracht.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über Artikel I Ziffer 17 § 14 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Die genannte Gesetzesstelle ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer Ziffer 28b nach Artikel I Ziffer 28a vorsieht.

Wer hier zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Zusatzantrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffer 33 § 76 in Artikel I zum Inhalt hat.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über Artikel I Ziffer 33 § 76 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Die Gesetzesstelle ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffer 34 § 76a in Artikel I zum Inhalt hat.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Dadurch erübrigt sich die Abstimmung über die Bezeichnungsänderung in Artikel I Ziffer 35.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über Artikel I Ziffer 34 § 76a in der Fassung des Ausschußberichtes.

Gemäß § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung ist die Auszählung der Stimmen verlangt worden. Ich werde daher so vorgehen.

Ich beginne jetzt mit der Stimmenzählung und ersuche jene Damen und Herren, die für Artikel I Ziffer 34 § 76a in der Fassung des Ausschußberichtes stimmen, sich von den Sitzen zu


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erheben. – Ich bitte um Geduld. Wir zählen jetzt die Gegenstimmen, also die Zahl jener, die sitzt. Bitte, bleiben Sie so stehen.

Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt: Es wurden 120 Pro-Stimmen und 57 Gegenstimmen abgegeben.

Artikel I Ziffer 34 § 76a ist somit in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen. Ich stelle die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel III Ziffern 3 und 5 eingebracht.

Wer hier zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag wurde abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Artikel III Ziffern 3 und 5 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer dafür stimmt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Artikel III Ziffern 3 und 5 in der Fassung des Ausschußberichtes wurde mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Die restlichen Teile in der Fassung des Ausschußberichtes wurden bei gegebenem verfassungsmäßigem Zweidrittelquorum mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung, wobei ich jene Damen und Herren, die diesem Entwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen bitte. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden.

Ausdrücklich ist auch hier das Vorhandensein der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit festzustellen.

Herr Abgeordneter Stadler hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.12

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Nach dem von Ihnen enunzierten Abstimmungsergebnis bei der Auszählung müßten an sich 177 Kolleginnen und Kollegen bei der Abstimmung anwesend gewesen sein. Das würde bedeuten, daß sechs Kolleginnen und Kollegen bei der Abstimmung nicht anwesend waren. (Abg. Dr. Haider : Es fehlen nur vier!) Es fehlen allerdings nur vier Leute.

19.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Wir werden das überprüfen.

Herr Dr. Kostelka, zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

19.13

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Sie haben das Ergebnis einer Teilabstimmung in der zweiten Lesung bekanntgegeben. Wir haben dann die restlichen, noch ausstehenden Abstimmungen in der zweiten Lesung absolviert, und wir sind auch die dritte Lesung durchgegangen. Diese Abstimmungen sind nun erledigt.

Was Herr Abgeordneter Stadler reklamiert, hat "rechtshistorischen" Charakter. Die Abstimmung selbst ist erledigt. Ich bitte Sie, dabei zu bleiben.

19.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Klubobmann Dr. Kostelka! Ich hatte überhaupt nicht die Absicht, meine Verkündigung rückgängig zu machen. Das Abstimmungsergebnis wurde be


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kanntgegeben, und es ist gültig. Wir haben uns jetzt nur intern noch einmal vergewissert und sind zu dem Schluß gekommen, daß genau sechs Abgeordnete nicht anwesend sind. (Abg. Mag. Stadler: Wer? Wer?) Es wurde zu Beginn der Sitzung bekanntgegeben, wer entschuldigt ist. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Abstimmungsvorgang ist beendet .

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (496 der Beilagen): Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, in der Fassung der Protokolle vom 27. November 1990, 25. Juni 1991 und 6. November 1992 über den jeweiligen Beitritt der Regierungen der Italienischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik sowie der Griechischen Republik (541 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (501 der Beilagen): Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, dem die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik jeweils mit den Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und vom 6. November 1992 beigetreten sind samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich (542 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. Es sind dies die Berichte des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlagen ... (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Welche fehlen, Herr Präsident?)

Meine Damen und Herren! Wir sind bei den nächsten beiden Tagesordnungspunkten: Es sind dies die Berichte des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlagen 496 der Beilagen: Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 (541 der Beilagen), und 501 der Beilagen: Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich (542 der Beilagen).

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich erteile als erster Rednerin Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Anhaltende heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir befinden uns in der Behandlung jener Tagesordnungspunkte, die ich aufgerufen habe. Die Debatte beginnt nun.


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Frau Abgeordnete, ich bitte Sie, zum Rednerpult zu kommen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Stellen Sie einmal die Ruhe her, Herr Präsident! )

19.15

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Ich finde es wirklich bestürzend, daß man nicht einmal erfahren kann, welche sechs Personen als entschuldigt gemeldet sind. Sie hätten uns das doch wirklich sagen können, ohne daß ....


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Präsident Dr. Heinrich Neisser
(das Glockenzeichen gebend) : Frau Abgeordnete! Wir sind bereits beim nächsten Tagesordnungspunkt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich möchte Sie ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß ich nach der Geschäftsordnung die Pro- und Kontra-Stimmen bekanntgegeben habe. Das war geschäftsordnungsgemäß.

Bitte, Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort. (Abg. Wabl: Welche sechs Personen sind entschuldigt, Herr Präsident?)

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend) : Herr Präsident! Ich habe Ihnen ja nicht vorgeworfen, daß Sie gegen die Geschäftsordnung verstoßen haben, aber ich habe festgestellt, daß es doch eigentlich ein leichtes und in einer Demokratie selbstverständlich gewesen wäre, zu verkünden, welche Leute Sie als nicht anwesend führen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind offensichtlich von unseren östlichen Nachbarn gar nicht so weit entfernt, wenn es darum geht, die Demokratie durchzusetzen. (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende heftige Zwischenrufe und Pfui!-Rufe bei ÖVP und SPÖ.) Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie sich jetzt so aufregen. Ich würde gerne sehen, wie Sie reagieren, wenn Ihnen so etwas passieren würde. Hier gab es nämlich bereits Szenen, wo Herr Klubobmann Kostelka mit der Faust aufs Rednerpult schlug, als ihm etwas nicht paßte, als nämlich ein freiheitlicher Präsident den Vorsitz geführt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich würde mich an Ihrer Stelle schämen! – Sie sprechen immer so schön über die Demokratie, aber wenn es darum geht, die Demokratie wirklich durchzusetzen und ferner zu beweisen, daß man demokratisch denkt, dann sind Sie die allerletzten, die etwas von Demokratie wissen wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Heftige Zwischenrufe bei SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Wir diskutieren jetzt den Tagesordnungspunkt, den ich aufgerufen habe! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich bitte Sie, Ihre Ausführungen dazu zu machen! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wo fehlt der Bauer? – Da ist er!)

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Herr Präsident! Ich bitte Sie, vorerst einmal zu klären, daß Herr Kollege Bauer nicht als abwesend gemeldet ist, sondern daß er hier ist.

Zweitens würde ich Sie darum bitten, meine Redezeit neu einzustellen. Ich sehe nicht ein, daß all dies von meiner Redezeit abgezogen werden soll. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort! – Bitte beginnen Sie Ihre Rede zu diesem Tagesordnungspunkt!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Ich finde es wirklich beschämend, was sich hier abspielt! Kollege Bauer ist offensichtlich krankgemeldet, ist aber hier. Er hat mit abgestimmt, wird aber als abwesend geführt. (Neuerliche Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP sowie bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Zur Sache, Herr Präsident!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich rede jetzt zum Thema, und zwar zur Ratifizierung des Schengener Abkommens. (Weitere lebhafte Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Ich ersuche jetzt, bei dieser Debatte zu bleiben. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Zuerst falsch auszählen und dann auch noch einen Maulkorb, oder was? – Weitere heftige Zwischenrufe.)

Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé, Sie sind am Wort!

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Herr Präsident! Ich bitte, daß Sie jetzt nicht von dieser für Sie vielleicht unangenehmen Angelegenheit ablenken.

Nehmen Sie erstens zur Kenntnis, daß Kollege Bauer hier ist, und zweitens, daß ich eine neue Redezeiteinstellung haben möchte. Sie sind ja nicht in der Lage gewesen, diese Situation so in den Griff zu bekommen, um mir das Reden zu ermöglichen, Herr Präsident! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Petrovic: Bitte eine Sitzungsunterbrechung für eine Präsidiale!)

Eine Sitzungsunterbrechung wurde verlangt, und ich meine wirklich, Herr Präsident, daß diesem Verlangen stattgegeben werden sollte.

19.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Mag. Stadler hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

19.20

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Zur Geschäftsbehandlung ... (Anhaltende Zwischenrufe .)

19.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich unterbreche die Sitzung und bitte die Klubobmänner sowie Präsidenten Dr. Fischer, zu mir zu kommen.

(Die Sitzung wird um 19.20 Uhr unterbrochen und um 20.51 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ein während der Unterbrechung stattgefundenes Gespräch hat in mir Zweifel hervorgerufen, ob jener Abstimmungsvorgang im Rahmen der Behandlung der Zivildienstgesetz-Novelle 1996, der durch Auszählung der Stimmen erfolgt ist, insofern ordnungsgemäß verlaufen ist, als die Auszählung mit dem tatsächlichen Ergebnis übereinstimmt.

Es handelt sich dabei um Art. I Z 34 § 76a in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich nehme daher das Abstimmungsverfahren über den 13. Punkt der Tagesordnung betreffend die Zivildienstgesetz-Novelle 1996 (458 der Beilagen) wieder auf und ordne gemäß § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung hinsichtlich der von mir genannten Gesetzesstelle eine namentliche Abstimmung an. (Abg. Dr. Haider: Zur Geschäftsordnung, bitte!)

Herr Abgeordneter Haider. – Bitte

20.52

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Wir haben jetzt eine Stunde lang gewartet, daß zwei Abgeordnete der Sozialistischen Partei wieder in den Saal zurückgeholt werden konnten. Bei der Abstimmung, die jetzt wiederholt wird, war unseres Wissens auch Frau Kollegin Langthaler hier.

Ich frage Sie, nach welchen Gesichtspunkten hier auf Abgeordnete gewartet beziehungsweise nicht gewartet wird, denn eigentlich müßte man im Sinne der Gleichbehandlung auch auf Frau Kollegin Langthaler warten, wo ja bereits mitgeteilt wurde, daß sie unterwegs ins Plenum ist.

20.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Klubobmann Dr. Haider! Ich habe auch einem derartigen Wunsch der grünen Fraktion Rechnung getragen, nur ist für mich im Augenblick nicht absehbar, wann Frau Abgeordnete Ing. Langthaler kommen wird. Ich bitte daher um Verständnis, daß wir jetzt in den Abstimmungsvorgang eintreten. (Abg. Dr. Petrovic: Zur Geschäftsordnung, bitte!)

Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

20.53

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich ersuche, daß wir den Abstimmungsvorgang um 21 Uhr durchführen, sollte Kollegin Langthaler bis dahin nicht dasein.

20.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Gut. Ich unterbreche die Sitzung neuerlich und werde die Abstimmung um 21 Uhr vornehmen.

(Die Sitzung wird um 20.53 Uhr unterbrochen und um 21.01 Uhr wiederaufgenommen .)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir stimmen jetzt über Artikel I Z 34 § 76a, Zivildienstgesetz-Novelle 1996, in 458 der Beilagen namentlich ab .

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung "Ja" – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise "Nein" – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung dürfen ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für Artikel I Z 34 § 76a in der Fassung des Ausschußberichtes stimmen, "Ja"-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, "Nein"-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte Frau Abgeordnete Parfuss, in ihrer Funktion als Schriftführerin mit dem Namensaufruf zu beginnen; sie wird dann durch Frau Abgeordnete Apfelbeck abgelöst werden. – Bitte.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Parfuss und Apfelbeck werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich ersuche die damit beauftragten Bediensteten des Hauses, unter Aufsicht der Schriftführerinnen die Stimmenzählung vorzunehmen.

Ich unterbreche die Sitzung für einige Minuten.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 21.10 Uhr unterbrochen und um 21.18 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 179, davon "Ja"-Stimmen: 121, "Nein"-Stimmen: 58.

Ich halte zunächst fest, daß diese Abstimmung die maßgebliche Abstimmung für den Artikel I Z 34 § 76a in der Fassung des Ausschußberichtes ist.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.


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52. Sitzung / Seite 175

Die Namen der Abgeordneten werden unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens im Stenographischen Protokoll festgehalten.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Antoni, Auer;

Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Donabauer, Dunst;

Eder, Ederer, Edler, Ellmauer, Elmecker;

Fekter, Feurstein, Fink, Fischer, Freund, Frieser, Fuchs, Fuhrmann;

Gaál, Gartlehner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Hlavac, Höchtl, Horngacher, Hostasch, Huber;

Jäger;

Kaipel, Kampichler, Karlsson, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kiermaier, Kiss, König, Kopf, Koppler, Kostelka, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;

Lackner, Leikam, Leiner, Löschnak, Lukesch;

Maderthaner, Maier, Maitz, Marizzi, Mertel, Mock, Morak, Moser Sonja, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neisser, Niederwieser, Nürnberger;

Oberhaidinger, Onodi;

Parfuss, Parnigoni, Pittermann, Platter, Posch, Puttinger;

Rada, Rasinger, Rauch-Kallat, Riedler, Riepl;

Sauer, Schieder, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Silhavy, Spindelegger, Stampler, Steibl, Steindl, Stippel, Stummvoll;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Verzetnitsch;

Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Anschober, Apfelbeck, Aumayr;

Barmüller, Bauer Holger, Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger;

Graf, Gredler, Grollitsch;


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52. Sitzung / Seite 176

Haider, Haidlmayr, Haigermoser, Haller, Haupt, Hofmann;

Jung;

Kammerlander, Kier, Koller, Krüger;

Lafer, Langthaler;

Madl, Meischberger, Meisinger, Mentil, Moser Hans Helmut, Motter;

Nußbaumer;

Ofner, Öllinger;

Partik-Pablé, Peter, Petrovic, Povysil, Prinzhorn, Pumberger;

Reichhold, Rosenstingl, Rossmann, Ruthofer;

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schmidt, Schöggl, Schreiner, Schweitzer, Stadler, Stoisits;

Trattner;

Van der Bellen;

Wabl, Wenitsch.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. Da eine Abstimmung in zweiter Lesung neuerlich durchgeführt wurde, ist eine dritte Lesung erforderlich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Ich halte ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (496 der Beilagen): Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, in der Fassung der Protokolle vom 27. November 1990, 25. Juni 1991 und 6. November 1992 über den jeweiligen Beitritt der Regierungen der Italienischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik sowie der Griechischen Republik (541 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (501 der Beilagen): Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der BENELUX-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, dem die Italienische Republik, das Königreich Spanien und die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik jeweils mit den Übereinkommen vom 27. November 1990, vom 25. Juni 1991 und vom 6. November 1992 beigetreten sind samt Schlußakte,


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52. Sitzung / Seite 177

Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich (542 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Es sind dies Berichte des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlagen 496 der Beilagen: Protokoll über den Beitritt der Regierung der Republik Österreich zu dem Übereinkommen von Schengen vom 14. Juni 1985 (541 der Beilagen), und 501 der Beilagen: Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich (542 der Beilagen).

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile jetzt Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé als erster Rednerin das Wort.

21.20

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Ich würde Sie bitten, meine Redezeit nochmals einzustellen, denn während der gesamten Pause ist sie angeblich weitergelaufen.

Zu den verbliebenen Abgeordneten möchte ich bezüglich der letzten zwei Stunden eines sagen: Überlegen Sie, wie Sie von SPÖ und ÖVP reagiert hätten, wenn Sie bei einer Abstimmung auf drei freiheitliche Abgeordnete hätten warten müssen, nur damit die Mehrheit stimmt. Ich überlasse es Ihrer Phantasie, sich vorzustellen, wie Sie reagiert hätten. (Beifall bei den Freiheitlichen, den Grünen sowie des Abg. Hans Helmut Moser. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben sehr lange, sehr ausführlich in unserem Klub darüber diskutiert, ob wir der Ratifizierung des Schengener Vertrages zustimmen sollen. Wir haben Experten beigezogen. Wir haben unsere Abgeordneten aus den Bundesländern gefragt und sind dann zu der Überzeugung gekommen, daß wir dem Schengener Vertrag nicht zustimmen können. Wir verlangen die Rückverweisung an den Ausschuß und haben diesbezüglich auch einen Antrag eingebracht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht ja immerhin um eine äußerst wichtige Entscheidung für Österreich, und wir wollen nur das Allerbeste für unser Land. Deshalb haben wir diesen Rückverweisungsantrag gestellt. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Unsere Bedenken gehen vor allem in zwei Richtungen, erstens einmal in Richtung Italien, denn Italien ist ganz einfach nicht schengenreif, und zweitens in Richtung unserer eigenen Probleme an der Ostgrenze, aber auch an der Südgrenze.

Gerade was Italien betrifft, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Situation wirklich alarmierend. Deutsche Behörden haben festgestellt, daß Italien in keiner Weise ein Programm zur Annäherung an das Abkommen von Schengen hat.

Es ist weiters festgestellt worden, daß auch die österreichischen Behörden nicht in der Lage sein werden, den Ansturm von ungefähr zwei Millionen Menschen aus Italien, die kommen werden, wenn die Grenzen offen sind, zu meistern. Es ist darauf hingewiesen worden, daß Woche für Woche an der apulischen Küste von Italien Hunderte Albaner landen, die in Italien ganz einfach Aufenthalt finden. In Italien ist es ja üblich, daß die Illegalen einmal pro Jahr legalisiert werden, und es befinden sich sehr viele illegale Einwanderer in Italien. Ein italienischer Carabinieri erklärte: Die Illegalen sind hier schon längst außer Kontrolle.

Das heißt, es ist wirklich nicht abzusehen, daß Italien im Oktober nächsten Jahres die Schengen-Reife erreicht haben wird, denn innerhalb der kurzen Zeit, die noch übrig bleibt, ist es weder möglich, das Personal aufzustellen, noch die technische Ausrüstung. Die Tiroler sind höchst


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alarmiert, und die Zollwachebeamten, die Gendarmeriebeamten warnen vor einer Öffnung der Grenzen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die wesentlichsten Bedenken bezüglich der Südgrenze.

Österreich ist selbst nicht in der Lage, die eigenen Grenzpositionen abzusichern. Sie wissen ganz genau, Herr Minister, daß die Bundesrepublik Deutschland ihre Beobachter nach Österreich ausgeschickt hat, und Sie selbst sind von dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Exekutivbeamten in Bayern als das Sicherheitsrisiko bezeichnet worden, weil es Ihnen nicht gelingt, die Grenzen Österreichs dichtzumachen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Sie haben schon in Ihrem eigenen Ministerium Bekennerschreiben!)

Sie sagen, wir stehen ein dreiviertel Jahr vor der Öffnung der Grenzen – aber ich sehe keine Spur von Schengen-Reife!

Herr Minister! Sie erklären immer wortreich, aber ziemlich undeutlich, wie Sie die Schengen-Reife herstellen wollen. Das ist wirklich nicht überzeugend. In Ihrem Ministerium ist durchgehend bekannt, daß insbesondere Niederösterreich offen ist wie ein Scheunentor. Sie haben das immer bestritten, aber erinnern Sie sich beziehungsweise lassen Sie sich von Ihren Mitarbeitern an eine Konferenz der Sicherheitsdirektoren erinnern, bei der Mitarbeiter von Ihnen genau dieselbe Diktion gebraucht haben, um auf die alarmierende Gefahr hinzuweisen.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich, Dr. Pröll, hat auch gesagt: Je weiter man in den Osten kommt, desto löchriger werden die Grenzen. Der Flughafen Schwechat, sehr geehrter Herr Minister, ist geradezu eine ideale Einwanderungsstelle für illegale Ausländer.

Weiters stellen Österreichs Grenzen ein so großes Risiko dar, daß die deutschen Behörden auch weiterhin eine Schleierfahndung aufrechterhalten wollen. Und, wie gesagt, Sie selbst sind als Sicherheitsrisiko bezeichnet worden.

Im ersten Halbjahr 1996 sind an der bayrisch-österreichischen Grenze 1 333 Personen festgenommen worden, die in Österreich ganz einfach durchgerutscht sind. Und es ist klar, daß sich die Bayern das nicht gefallen lassen. Sie wollen nämlich nicht alle Illegalen, die nach Österreich einwandern, in ihrem Land haben. Sie schicken uns alle wieder zurück, und wir haben eine Verschärfung der Probleme, die ohnehin jetzt schon bestehen. Und da wollen wir ganz einfach nicht mittun, sehr geehrter Herr Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sagen uns immer wieder, daß die Grenzen hundertprozentig sicher sein werden, wenn wir einmal den Oktober 1997 erreicht haben werden, aber offensichtlich sind Ihre Grenzsicherungen Potemkinsche Dörfer. Ich höre von den Gendarmen, die dort Dienst machen, daß beispielsweise das Funksystem in Niederösterreich so veraltet ist, daß die Gendarmen zwar den tschechischen Taxiruf hören, aber nicht jenen Gendarmen, der an der Grenze ist und der unter Umständen dringend Hilfe braucht, weil irgendwelche Leute festgenommen worden sind.

Es sind viel zuwenig Leute im Einsatz, und auch die technische Ausrüstung ist unzureichend. Zwei Wärmebildgeräte sind in Niederösterreich im Einsatz, und eines davon ist meistens kaputt. – So schaut Ihre technische Ausrüstung aus, sehr geehrter Herr Minister, und so stehen wir an der Schwelle des Jahres, in dem wir zum Bollwerk werden sollen gegenüber illegalen Einwanderern, gegenüber Drogenschmuggel und gegenüber dem Import von organisierter Kriminalität!

Ich möchte auch darauf hinweisen, daß mit Inkrafttreten des Schengener Abkommens ein sehr großer Raum für sämtliche Durchzugsmöglichkeiten entsteht. Wir haben erst jetzt wieder gesehen, wie problematisch es ist, wenn die einzelnen Staaten kein gemeinsames Recht – beispielsweise Auslieferungsrecht – haben. In der Bundesrepublik Deutschland ist ein Terrorist entkommen, ein Schwerverbrecher – ich glaube, er hat einen oder mehrere Morde auf dem Gewissen. Er ist geflüchtet, hat sich nach Portugal abgesetzt und wird von Portugal nicht ausgeliefert – und das, obwohl es ein EU-Staat ist! – Sehr geehrter Herr Minister, man muß zuerst einmal die Voraussetzungen dafür schaffen, daß der EU-Raum einheitliche Gesetze hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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So wie Sie das machen wollen – wir treten erst einmal bei, und dann werden wir schauen, daß die Sicherheit stimmt –, das ist ein Weg, der für uns nicht gangbar ist. Und damit wir das alles noch einmal mit Experten durchdiskutieren können, damit Sie uns auch darlegen, was das alles kostet, wie Sie die Finanzierung aufbringen werden, verlangen wir, daß diese gesamte Materie noch einmal an den Innenausschuß zurückverwiesen und dort ausführlich in einem Unterausschuß behandelt wird. Ein so wichtiges Gesetzeswerk, eine so wichtige Ratifikation sollte nicht huschpfusch beschlossen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.29

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich auch eine kurze Feststellung zur Wiederholung der vorhin durchgeführten Abstimmung über das Zivildienstgesetz machen. Frau Kollegin Dr. Partik-Pablé, zu Ihrer Frage, wie etwa SPÖ oder ÖVP reagiert hätten, wenn zwei Abgeordnete der Freiheitlichen Partei nicht hier gewesen wären: Man muß schon einmal festhalten, daß diese beiden Abgeordneten bei der regulären Abstimmung hier waren. (Abg. Ing. Meischberger: Die reguläre war die letzte!) Sagen wir, bei der ersten Abstimmung. (Abg. Dr. Haider: Dann soll man halt nicht wegrennen!) Bei der Abstimmung, die laut Geschäftsordnung durchgeführt worden ist, waren die zwei Abgeordneten, von denen die Rede ist, hier anwesend, und ich glaube, das ist letztendlich auch das Entscheidende.

Aber es hat schon einmal eine Wiederholung einer Abstimmung in diesem Haus gegeben, das muß man auch in Erinnerung rufen (Abg. Ing. Meischberger: Widerrechtlich!) , nämlich bei der Wahl des Rechnungshofpräsidenten, als gezinkte Stimmzettel von einer Partei aufgelegen sind. Aus diesem Grund ließ der Präsident die Abstimmung wiederholen. Das muß bei dieser Gelegenheit auch in Erinnerung gerufen werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Kostelka hat zwei Karten abgegeben!)

Kollegin Partik-Pablé! Wir haben, ehrlich gesagt, nichts anderes von Ihnen erwartet, als daß Sie von seiten der Freiheitlichen Partei heute bei der Beschlußfassung des Schengener Abkommens nicht die Zustimmung erteilen werden. Wir haben gar nichts anderes erwartet, da Sie ja immer wieder – vorwiegend in den letzten Wochen – auch öffentlich, medial in Erscheinung getreten sind und gemeint haben, die Grenze zum Osten hin sei so löchrig wie ein Schweizer Käse.

Genau das Gegenteil ist der Fall. Seit der Unterschriftsleistung durch den Innenminister in Brüssel, als wir dem Schengener Abkommen beigetreten sind, ist vieles in diesem Lande geschehen. Seit diesem Tage der Unterschriftsleistung ist konsequent am Aufbau des Grenzdienstes gearbeitet worden, und die Erfolge sind spürbar und sichtbar.

Es ist nun einmal eine Tatsache, daß es wesentlich mehr Zurückweisungen gibt, daß es zu wesentlich mehr Aufgriffen an den Grenzen kommt und daß das derzeitige System mit Grenzgendarmen, mit Zollwachebediensteten und dem Bundesheer ein durchaus geeignetes System ist. Es ist weiters Tatsache, daß sich die Bundesregierung dazu bekannt hat, in dieser Legislaturperiode das Bundesheer an der Ostgrenze im Burgenland zu belassen und zu den 1 500 Soldaten noch weitere 400 Soldaten zu schicken, damit das System noch besser funktioniert.

Es ist in Österreich alles getan worden, damit mit 1. Juli 1997 an den EU-Außengrenzen unseres Landes in organisatorischer, in personeller, aber auch in technischer Hinsicht Schengener Standard erreicht werden kann.

70 zusätzliche Gendarmeriedienststellen entlang der EU-Außengrenze sind vom Innenministerium geschaffen worden, 57 dieser Dienststellen sind bereits fertig, 13 werden bis zum 1. Juli 1997 fertiggestellt werden. All diese Dienststellen sind mit modernen technischen Geräten aus


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gestattet, und wenn da und dort vielleicht das eine oder andere Gerät noch fehlt, so wird es mit Sicherheit bis zum 1. Juli 1997 zum Einsatz kommen.

Wenn man immer wieder hört, die Bayern kritisieren Österreich, es sei eben noch nicht so weit und auch bis Juli nächsten Jahres nicht so weit, und wenn ein Personalvertreter in Bayern den österreichischen Innenminister als "Sicherheitsrisiko" bezeichnet, dann muß man schon beachten, daß natürlich auch die Bayern ein großes Problem haben werden, sobald Österreich den Sicherheitsstandard an der Grenze erreicht hat (Abg. Anschober: Wahlen!) , das ist gar keine Frage, denn auch in Bayern gibt es Wahlen und Personalvertreter. Wenn Österreich alle Bedingungen erfüllt, wird es auch zuviel Personal an der bayrisch-österreichischen Grenze geben, und die Probleme für die Personalvertreter sind natürlich dann auch nicht die kleinsten. Daher greift man halt manchmal in die untere Schublade und vergreift sich noch dazu deutlich im Ton.

Wir sind auf dem besten Weg, den Schengener Standard zu erreichen. Im Februar wird zusätzlich zum Flugdienst, der derzeit schon vom Innenministerium über die Gendarmerie abgewickelt wird, ein Flugsicherungsdienst des Bundesheeres entlang der Grenze eingesetzt werden. Ich bin fest davon überzeugt, daß die Kommission, die unsere Sicherheitsmaßnahmen und -einrichtungen, die wir geschaffen haben, überprüft, auch feststellen wird, daß Österreich die Schengener Reife durchaus schon erreicht hat.

Wenn es aber dennoch mit 1. Juli 1997 nicht funktionieren sollte, dann sind die Gründe nicht in unserem Land, sondern in der Schengener Zentralstelle zu suchen, da dort die technische Ausrüstung und der technische Aufbau bei weitem noch nicht so sind, daß alle Länder, die nun Schengener Standard erreichen werden, auch dementsprechend von der Technik beteilt werden.

Noch etwas: Wenn wir mit 1. Juli 1997 diesen Schengener Standard erreicht haben, dann ist Österreich jenes Land unter allen Schengener Staaten, das am schnellsten diesen Standard erreicht hat. Kein anderes Land im Schengener Bereich war in der Lage, in so kurzer Zeit eine so gut funktionierende Organisation und ein so gut funktionierendes Sicherheitssystem aufzubauen, damit das erreicht werden kann, was in dem Vertragswerk, in diesem Übereinkommen enthalten ist: mehr Sicherheit für die Bürger in Europa und zugleich die Voraussetzung für eine vollständige Freizügigkeit im Personenverkehr an diesen Grenzen zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Anschober. – Bitte, Herr Abgeordneter. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

21.36

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist dies wahrscheinlich der meist unterschätzte Tagesordnungspunkt des heutigen Tages, meiner Einschätzung nach aber ein extrem wichtiges Thema, eines der wichtigsten Themen, die wir in den letzten Wochen in diesem Haus diskutiert haben. (Abg. Dr. Khol: Für mich auch!) Ganz gleichgültig, wie man dazu steht, es ist eine extrem entscheidende Materie. Und daß zu dieser Tageszeit die Besetzung der Fraktionen – aller Fraktionen; ich schließe da niemanden aus – dem Thema nicht unbedingt gerecht wird, das ist eine Tragödie, vor allem auch, wo es in Österreich diesbezüglich, meine sehr verehrten Damen und Herren, bislang keine öffentliche Diskussion gegeben hat. (Zwischenruf des Abg. Kiss. )

Bezeichnend ist ja auch, daß die FPÖ, obwohl sie im Ausschuß noch zugestimmt hat, jetzt plötzlich draufgekommen ist, daß sie dagegen ist. Würde man eine Umfrage machen, was das Schengener Abkommen konkret ist, dann würde man nicht nur bei Medienvertretern, sondern auch bei Politikern, ja in der gesamten Öffentlichkeit wahrscheinlich sehr deprimierende Antworten bekommen, obwohl das momentan sicherheits- und demokratiepolitisch eines der entscheidendsten Themen ist.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht mit Sicherheit einerseits um grundsätzliche Fragen, zum Beispiel ob Österreich tatsächlich einen massiven Beitrag in Richtung Errichtung einer "Festung Europa" anstrebt. Frau Kollegin Partik-Pablé hat dafür eigentlich die richtige Bezeichnung gefunden: Sie hat in Frage gestellt, ob Österreich bereit sei, dieses "Bollwerk" zu sein. Das war eigentlich verräterisch, und da unterscheidet sich eben die Kritik der Grünen und jene der Freiheitlichen diametral.

Es soll ein Grenzbollwerk errichtet werden. Es wird de facto der Abbau einer Binnengrenze zu Deutschland abgetauscht mit der Errichtung eines neuen Eisernen Vorhangs, einer massiv strengeren Grenzkontrolle und erschwerten Bedingungen auch für die wirtschaftliche Kooperation mit dem osteuropäischen und nordosteuropäischen Raum. – Das ist der erste grundsätzliche Punkt, den man diskutieren müßte.

Der zweite grundsätzliche Punkt betrifft die gesamten demokratiepolitischen, datenschutzrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Schengener Informationssystem, auch Fragen einer effizienten Steuergeldverwendung. Es gibt da eine Parallelstruktur etwa zum EIS, dem europäischen Informationssystem, und zu ähnlichen Aufbauten, Errichtungen und Konstruktionen im datenschutzrechtlichen Bereich im Rahmen von EUROPOL.

Der dritte Bereich, der öffentlich massiv diskutiert hätte werden müssen, ist die Frage der Kosten: Nach Schätzungen des Innenministeriums sind bis zum Jahr 2000 hierfür zumindest 2,7 Milliarden Schilling erforderlich. Ich glaube, diese Schätzungen sind relativ korrekt. 2,7 Milliarden Schilling sind in Zeiten, in denen es Einsparungen im Familienbereich, im Bildungsbereich et cetera gibt, eine Summe, über die man diskutieren müßte, ob sie tatsächlich angebracht ist. Ich behaupte und bin überzeugt davon: Nein, sie ist nicht angebracht. (Beifall bei den Grünen.) Das alles, meine sehr verehrten Damen und Herren, ging jedoch im wesentlichen ohne öffentliche Diskussion über die Bühne.

Der zweite Punkt, den man grundsätzlich diskutieren müßte – wir haben im Ausschuß kurz mit dieser Debatte begonnen, es hat leider Gottes außer dem Innenminister nicht viele Redner gegeben, die auf diese Debatte eingegangen sind –, ist die Frage des Europas der zwei Geschwindigkeiten, das damit forciert wird. Einerseits hat eine Reihe von europäischen Ländern das Schengener Abkommen bereits unterschrieben, es ist auch bereits in Kraft getreten, und andererseits gibt es Staaten, die zwar unterschrieben haben, die beigetreten sind, in denen es jedoch noch nicht in Kraft getreten ist. Außerdem gibt es Staaten, die dem Schengener Übereinkommen noch gar nicht beigetreten sind. Es gibt also drei verschiedene Bereiche mit einer zentralen Machtkonzentration im Bereich Deutschlands, mit zentralen Befugnissen, die eingehandelt werden und dem Exekutivausschuß im Bereich Schengen zugeordnet werden.

Es gibt außerdem – ich bin darauf schon kurz eingegangen – massive Probleme im Bereich des Schengener Informationssystems. Herr Kollege Murauer! Ich habe heute Ihre Aussendung zu diesem Thema gelesen. (Abg. Murauer: Das freut mich!) – Ich lese das mit großem Interesse. Da Sie nach mir drankommen, muß ich vorher wissen, was Sie nach mir sagen werden, damit ich darauf eingehen kann.

Herr Kollege Murauer! Sie sind auf diese datenschutzrechtlichen Bedenken nicht eingegangen. Diese datenschutzrechtlichen Bedenken gibt es aber, sie sind nicht zu verleugnen. Es wurde zwar eine Datenschutzrichtlinie erlassen, aber Sie wissen hoffentlich genausogut wie wir, daß es gemäß dieser Datenschutzrichtlinie kein Beschwerderecht für den einzelnen betroffenen Bürger gibt und daß damit ein Datenschutz nach österreichischem Standard innerhalb des Schengener Informationssystems nicht gegeben ist.

Ein weiterer Bereich, der für mich eigentlich zentralste Bereich – die Mehrheiten sind eindeutig, die Zeichen sind gesetzt –, ist die Frage der parlamentarischen Kontrolle und der Information des Parlaments über jene Vorgänge, die im Bereich des Exekutivausschusses verwirklicht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesbezüglich herrscht eine paradoxe Situation, anders als bei vielen EU-Themen. Wir haben die paradoxe Situation, daß wir keine Kontrolle


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seitens des EU-Parlaments haben, was den Exekutivausschuß betrifft. Wir haben keine Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof und wir haben keine direkte Kontrolle seitens der nationalen Parlamente, etwa des österreichischen Parlaments. Und das in einer Situation, in der es eine unmittelbare Verbindlichkeit von Entscheidungen des Exekutivausschusses für die Bürger der jeweiligen Staaten gibt. Es hat zwar in diesem Sinn noch keine ausführlichen Beschlüsse gegeben, aber das steht dem Exekutivausschuß zu und ist realisierbar.

Ich möchte Ihnen ganz kurz eine sehr interessante Passage eines Berichts des Europaparlaments vortragen, nämlich des Berichts des Ausschusses für Grundfreiheiten des Europaparlaments. Dieser appelliert im Punkt 31 folgendermaßen an die nationalen Parlamente: Er – der Ausschuß des Europäischen Parlaments – fordert die Parlamente der Mitgliedsstaaten auf, die Bedenken des Europäischen Parlaments im Hinblick auf das Durchführungsübereinkommen zum Schengener Übereinkommen in Betracht zu ziehen und unter anderem von ihren Regierungen die erforderlichen Garantien für eine demokratischen Kontrolle der Ausführung des Durchführungsübereinkommens zum Schengener Übereinkommen, insbesondere der Tätigkeiten des Exekutivausschusses, zu verwirklichen.

Diese demokratische Kontrolle selbst wird seitens des zuständigen Ausschusses des Europaparlaments urgiert – Kollege König kennt die Materie wahrscheinlich sehr detailliert. Die Frage ist jetzt: Welche konkreten Informationsmöglichkeiten stehen dem österreichischen Parlament diesbezüglich zu? Bis zum heutigen Tag – und das muß man leider Gottes auch sehr kritisch in Richtung des Innenministers sagen – hat es eine derartige Informationstätigkeit nicht gegeben. Ich denke, daß dieses österreichische Parlament, zumindest der zuständige Innenausschuß, sehr wohl das Recht hat, über die Tagesordnung des Exekutivausschusses, über die wesentlichen Entscheidungen, Meinungsbildungen et cetera vollinhaltlich Bescheid zu wissen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe diesbezüglich an den Innenminister eine Anfrage gerichtet, und er meinte in der Beantwortung Ende September dieses Jahres: Ich nehme daher in Aussicht, ab dem Zeitpunkt des Inkraftsetzungsbeschlusses die Unterrichtung gegenüber dem Parlament bezüglich der Beschlüsse des Exekutivausschusses tatsächlich durchzuführen. In welcher Form eine Einbindung des Nationalrates in weiterer Folge vorgesehen wird, liegt allerdings im Entscheidungsbereich des Nationalrates, dessen Meinungsbildung ich nicht vorgreifen will. – Das halte ich für eine Antwort, die in Ordnung ist.

Das bedeutet – sowohl von seiten des Europaparlaments als auch des Innenministers –, daß der Ball jetzt dem Hohen Haus zugespielt ist, um zu klären, welche konkrete Einbindung, welche Notwendigkeiten, welche Informationsrechte der Nationalrat Österreichs in diesem Zusammenhang besitzt.

Ich möchte deshalb einen Entschließungsantrag einbringen, der diese Frage genau definiert. Ich weiß schon, daß es ein optimistisches Unterfangen ist, zu glauben, daß ein Antrag der Grünen ausgerechnet um 21.45 Uhr noch angenommen wird. Es ist dies schon am Vormittag und am Nachmittag schwierig genug, aber ich möchte ihn trotzdem einbringen. Ich denke, daß zumindest eine Meinungsbildung in diese Richtung einsetzen sollte. Vielleicht stimmt auch die ÖVP, vielleicht auch die freiheitliche Fraktion zu, daß eine Informationsnotwendigkeit besteht.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anschober, Freunde und Freundinnen betreffend Kontrolle des Nationalrates im Zuge der Durchführung des Schengener Vertragswerkes

Der Nationalrat möge beschließen:

1. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, bis spätestens 1.3.1997 eine Regierungsvorlage zur Novellierung der Art. 23d und e B-VG vorzulegen, sodaß sichergestellt ist, daß alle Vorhaben im Rahmen des Schengener Überein


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kommens und Schengener Durchführungsübereinkommens gleich wie Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union behandelt werden.

2. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird weiters aufgefordert, die Beschlüsse des Exekutivausschusses im Bundesgesetzblatt bekanntzumachen und jährlich dem Nationalrat einen Bericht über die Durchführung des Schengener Übereinkommens und des Schengener Durchführungsübereinkommens insbesondere auch unter dem Aspekt der Europäischen Menschenrechtskonvention vorzulegen.

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag definiert eine klare Informationspflicht des Nationalrates und legt klar, was einerseits das Europaparlament und andererseits der Innenminister für notwendig erachtet. Es liegt jetzt an Ihnen, über diese beiden Punkte zu entscheiden. Ich persönlich würde mir vom Innenminister eine Erklärung erwarten, wie er sich diese Informationstätigkeit und diese demokratische Kontrolle durch das österreichische Parlament vorstellt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

21.48

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Partik-Pablé hat davon gesprochen, daß sie nach der Innenausschußsitzung alle Experten, alle Bundesländer gerufen und niemand Zeit gehabt hat. Heute aber haben sie Zeit. Offensichtlich haben die Kollegen von der Freiheitlichen Partei jetzt keine Zeit mehr, denn es ist von dieser Fraktion niemand mehr da. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es ist Klubsitzung!) Da wird jetzt beraten, in welcher Form und wie vorgegangen werden soll. Wenn ich mich richtig erinnere, Frau Dr. Partik-Pablé, hat Ihre Fraktion im Ausschuß mitgestimmt.

Offensichtlich haben Sie bis dahin nicht gewußt, daß es ein Schengener Abkommen gibt, daß es Österreich annimmt, daß Österreich einen Beitrag leisten wird, daß im Sinne der Sicherheit der Bürger Österreich dabei sein muß. Offensichtlich hat Sie dieser Beitritt überrascht. Daß wir heute per 27. Oktober das Schengener Durchführungsübereinkommen in Kraft setzen, ist für Sie beziehungsweise die Freiheitliche Partei sozusagen über Nacht gekommen. Ich bin überrascht, daß Sie das überhaupt nicht mitbekommen haben, wo Sie doch in Ihrer Fraktion immer eine derartige Schlauheit an den Tag legen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Auch Kollege Anschober meinte, wir konnten nicht mehr diskutieren und nicht an die Öffentlichkeit treten. Kollege Anschober! Das Schengener Abkommen ist nicht vom Himmel gefallen. Sie können es diskutieren, Sie haben es heute diskutiert, und lediglich "zweieinhalb" Abgeordnete haben Ihrer Partei applaudiert; an der Diskussion selbst nimmt außer einem grünen Abgeordneten niemand teil.

Offensichtlich ist das Bedürfnis nach Diskussion nicht so groß, wie Sie uns das hier vormachen, Frau Dr. Partik-Pablé. Ich glaube, Sie verstehen, was ich meine. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Hauen Sie doch nicht so auf den Tisch! Wer ist denn von Ihnen da?)

Im Sinne der Sicherheit unseres Landes – das habe ich schon erwähnt – werden wir dem Schengener Durchführungsübereinkommen beitreten. Über die endgültige Abschaffung der Binnengrenze gibt es noch keine abschließenden Regelungen. Österreich kann als gleichberechtigter Partner laufend seine Erfahrungen und Vorschläge einbringen.

Schengen lebt, wie die gesamte Europäische Union, vom Willen der Zusammenarbeit und – das dürfen wir besonders unterstreichen – von der Betonung des Gemeinsamen, nicht des Tren


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nenden. Ziel des Schengener Übereinkommens ist es, dem Bürger in Österreich und in Europa mehr Sicherheit und mehr Freiheiten zu schaffen. Österreich ist bereit, dazu seinen Beitrag zu leisten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Einige Worte zum Vertrag: Schengen heißt nicht nur freie Grenzen, Schengen beinhaltet viel mehr. Ich habe es in meiner heutigen Presseaussendung – die Kollege Anschober erfreulicherweise schon gelesen hat – als "Sicherheitspaket" bezeichnet, aber das brauche ich nicht zu wiederholen, Sie wissen es bereits. Der für den Bürger unmittelbarst spürbare Vorteil, denke ich, liegt im freien Personenverkehr an den Binnengrenzen, in einem Grenzübertritt ohne Wartezeit, ohne Stau und ohne die oft als schikanös empfundenen Zollkontrollen.

Das ist eine der deklarierten vier Grundfreiheiten in der Union. Sie wurde vor der EU-Abstimmung angekündigt, und es ist nur unsere Pflicht, dieses Versprechen nun einzulösen. An den Binnengrenzen wird natürlich Wachepersonal abgezogen, und bauliche Einrichtungen, die einen freien Grenzverkehr verhindern, werden zurückgebildet. Abgesehen davon sind offene Grenzen auch ein untrügliches Zeichen dafür, daß man in einem Land willkommen ist – ob als Gast, als Tourist oder als Durchreisender. Auch das, glaube ich, steht uns als österreichischem Staat an. Daß dabei nicht auf Asylsuchende vergessen wird, garantiert eine enge Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshochkommissariat. Diesbezüglich möchte ich das Asylverfahren auf Grundlage der Genfer Konvention erwähnen.

Zusätzlich wird eine Vereinheitlichung der Visa- und Asylpolitik angestrebt. Eine einheitliche Liste von visapflichtigen Drittstaaten wurde bereits erstellt. Wir wissen, daß es da Grauzonenbereiche gibt: Was zum Beispiel die Visapflicht für die französischen Kolonien betrifft, so ist da noch einiges zu regeln, aber das wird in weiterer Folge mit Sicherheit geschehen.

Meine Damen und Herren! Sosehr ich den freien Personenverkehr auch begrüße, scheint mir doch eine Klausel im Vertragswerk wichtig zu sein: die Möglichkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung und nationalen Sicherheit ausnahmsweise und befristet Grenzkontrollen durchzuführen. Wir begrüßen offene Grenzen, fordern aber zusätzlich einen Sicherheitsschleier durch mobile Überwachungsgruppen im Hinterland, wie Sie sicherlich dem Regierungsantrag entnommen haben.

Zu diesem Sicherheitsschleier. (Abg. Dr. Partik-Pablé blättert in der "Kronen-Zeitung".)

Frau Dr. Partik-Pablé! Ich darf Sie ersuchen – vielleicht blättern Sie mit mir –, die Seite 8 aufzuschlagen. Da steht: Aufgrund des Art. 39 Abs. 4 des SDÜ ist Österreich voraussichtlich ab Herbst 1997 zur Durchführung entsprechender polizeilicher Ausgleichsmaßnahmen zu den benachbarten Vertragsstaaten des Schengener Durchführungsübereinkommens Deutschland und Italien verpflichtet.

Also hier steht, daß man zu nachgelagerten Kontrollen, insbesondere gegenüber Deutschland und Italien, verpflichtet ist. Sie haben Ihre Bedenken betreffend Tirol, die Sie natürlich berechtigterweise anführen, entsprechend korrigiert. Ich denke, daß Sie den Tiroler Abgeordneten mitteilen können, daß wir auch diese Binnengrenze entsprechend abzusichern haben und auch alles dafür tun werden.

Der organisierten und internationalen Kriminalität ist besonderes Augenmerk zu widmen. Es gibt natürlich auch genug "hausgemachte Kriminalität", aber die internationale Kriminalität ist grenzüberschreitend, sie kennt keine Grenzen, sie ist in Europa und darüber hinaus durchorganisiert.

Ein weiteres wichtiges Anliegen von mir in diesem Zusammenhang ist das subjektive Sicherheitsgefühl, das durch die Präsenz der Exekutive auf der Straße natürlich enorm steigt und diese Präsenz damit auch rechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

An den Binnengrenzen wird man sich in Hinkunft – und auch das möchte ich, weil es da größere Bedenken gibt, unterstreichen – auf das Schlepperunwesen, auf den Menschenhandel, auf Kfz-Schiebereien und auf Fahndungen konzentrieren.


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Meine Damen und Herren! Einige Worte zum Grenzdienst und dazu, wie die derzeitige personelle Besetzung ausschaut: Derzeit sind im Grenzdienst 4 826 Bedienstete von Zollwache und Gendarmerie eingesetzt, und 1 550 Kräfte des Bundesheeres leisten effizienten Assistenzeinsatz, der im Zusammenwirken mit den Grenzdiensten bestens funktioniert. Für den Endausbau benötigen wir für den Grenzdienst der Bundesgendarmerie 3 000 und für die Zollwache 2 300 Bedienstete. Ich möchte das betonen, da wir diesen Personalstand natürlich auffüllen und – der Herr Bundesminister weiß das sicher – dafür auch die nötigen Planstellen zur Verfügung stellen müssen. Herr Bundesminister, hiefür fehlen 450 Planstellen. Ich darf Sie ersuchen, daß Sie diese Dienstposten durch entsprechende Vorkehrungen rechtzeitig zur Verfügung stellen.

Es wäre in diesem Zusammenhang erfreulich, wenn es bezüglich der Zollwache endlich zu einer Einigung zwischen den zuständigen Ministerien, dem Finanzminister und Ihrem Ministerium, kommen würde. Die Zollbeamten sind äußerst verunsichert, sie wissen nicht, ob sie nicht vielleicht von einem Tag auf den anderen vom Westen in den Osten müssen, sie wissen heute nicht, an welcher Grenze sie morgen Dienst machen müssen.

Es ist eine Forderung der ÖVP, daß für die Zollwachebeamten weiterhin das Sicherheitspolizeigesetz zu gelten hat. Es ist eine Forderung der ÖVP, daß die Anzahl der Zollwachebeamten zu sichern ist und daß deren Ausbildung an den Anforderungen zu orientieren ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Schengen funktioniert, wenn jeder Vertragspartner bereit ist, der von ihm übernommenen Aufgabe nachzukommen. Schengen heißt auch, sich auf den anderen verlassen zu können, einem Partner zu vertrauen und sich selbst als vertrauenswürdig zu erweisen – das gehört auch dazu –, was wiederum Signalwirkung für andere politische Bereiche der Integration haben wird.

Die Europäische Union bietet uns kein fertiges, endgültiges Staatengebilde – das wissen wir –, aber sie bietet einmal mehr die Möglichkeit, mitzugestalten. Österreich ist mit dabei im Sinne der Sicherheit seiner Bürger. Es wäre fahrlässig, am Europäischen Sicherheitssystem Schengen nicht teilzunehmen. Mit der Ratifizierung des Schengener Durchführungsübereinkommens machen wir Österreich für unsere Bürger sicherer. Bezüglich einer bestmöglichen Kooperative gibt es innerhalb der Schengen-Partner sicher noch viel zu tun. Das ist eine Herausforderung, die wir im Sinne der Sicherheit gerne annehmen. Die ÖVP-Fraktion wird gerne ihre Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

21.59

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Murauer! Die Verwunderung über unser Abstimmungsverhalten ist völlig unbegründet, denn wenn Sie sich richtig erinnern – auch an die Wortmeldungen der Frau Dr. Partik-Pablé im Ausschuß –, so werden Sie draufkommen, daß auch sie dort festgehalten hat, daß wir ganz gerne einen Unterausschuß hätten, um diese Materie umfassend und ausführlich mit Experten zu debattieren, denn es besteht überhaupt kein Zweifel daran, daß wir grundsätzlich, so wie wir an einer Außensicherheitsstruktur in Europa interessiert sind, auch an einer Sicherheitsstruktur nach innen interessiert sind.

Nur, Herr Kollege Murauer, es tauchen eben immer mehr Zweifel auf, ob erstens die vorhandene Struktur derzeit schon so ausgestaltet ist und so funktioniert, daß die Vorteile die Nachteile überwiegen, und zweitens, ob sich Österreich bis zum Inkraftsetzen soweit eurofit bezüglich Sicherheit gemacht hat, daß eben auch für Österreich die Vorteile die Nachteile überwiegen. Und solange diese Zweifel nicht ausgeräumt sind, Herr Kollege Murauer, sollten wir darüber diskutieren, und solange wird es selbstverständlich von uns keine voreilige Zustimmung hier im Plenum zu dieser Vorlage geben. Da ist überhaupt nichts herumzudeuteln.


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Wir werden heute noch zu einem Tagesordnungspunkt kommen, Kollege Murauer, zu dem die ÖVP ihre Meinung in den letzten Wochen geändert hat, da können Sie dann Ihre Sicht der Dinge einbringen. (Abg. Dr. Khol: Was meinen Sie?) Zum Beispiel hinsichtlich der Frage des absoluten Verbotes der Schützenminen hat es eine Meinungsänderung Ihrer Fraktion gegeben. Man sollte sich nicht darüber wundern, Herr Kollege Murauer, es gibt eben Fakten, die neu dazukommen, das kann man diskutieren. (Zwischenruf des Abg. Murauer. )

Wir merken nur bei Ihnen, Herr Kollege Murauer: Wenn es darum geht, Materien ordentlich in Unterausschüssen zu diskutieren, dann ist Ihre Bereitwilligkeit dazu eher schwach ausgeprägt, das sollten Sie sich auch einmal überlegen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Murauer: Welche Minen vermissen Sie in Österreich?) Kollege, wir werden das beim nächsten Tagesordnungspunkt diskutieren. Und da werde ich Ihnen auch sagen, was der Verteidigungsminister und seine Experten uns sehr ans Herz gelegt haben und was wir hier in diesem Hohen Haus vertreten sollten.

Meine Damen und Herren, ich wollte aber zu einem anderen Punkt hier Stellung nehmen, und zwar zur Grenzsicherung. Der Innenminister hat ja über die Hilfestellung des Bundesheeres im Rahmen des Assistenzeinsatzes in der Öffentlichkeit eher abfällige Bemerkungen gemacht. Er hat gemeint, das Bundesheer sei gar nicht ausgebildet für diesen Einsatz, und es wäre nicht optimal, was dort passiert.

Herr Innenminister, ich hätte mir gewünscht, daß Sie froh sind darüber, daß die österreichischen Soldaten, die Grundwehrdiener, ein Defizit bereinigen und in diesem Bereich eingreifen. Sie und Ihr Ressort sind nicht in der Lage, unsere Grenzen optimal abzusichern, und ich glaube, das österreichische Bundesheer macht das sehr gut – trotz der widrigen Rahmenbedingungen. Sie sollten froh sein, daß es dieses Engagement gibt. Es erspart Ihnen immerhin eine ganze Menge Geld, weil Sie ja nicht bereit sind, diesen Assistenzeinsatz des Bundesheeres aus Ihrem Budget abzugelten, sondern das geschieht ohne Ersatz aus dem ohnehin dürftigen Landesverteidigungsbudget.

Dieser Bundesheereinsatz an der Grenze ist ein erfolgreiches Provisorium, und man sieht das auch. Vielleicht stört es Sie, Herr Innenminister, daß gerade die betroffene Bevölkerung an der Grenze diesen Einsatz ausgesprochen positiv aufnimmt. Es wäre doch eher zu diskutieren, Herr Innenminister, ob man aus diesen positiven Erfahrungen und aus diesem gut funktionierenden Provisorium nicht eine wirklich professionelle Einrichtung machen und das Bundesheer für den Einsatz an der Grenze entsprechend ausrichten, ausrüsten und auch ausbilden sollte, um gemeinsam mit der Grenzgendarmerie diese wichtige Aufgabe für die Zukunft erfüllen zu können.

Warum wäre das sinnvoll, Herr Innenminister? – Sie möchten jetzt einige Tausend beamtete Gendarmen an diese Grenze verlegen, ohne daß Sie wissen, wie lange diese Ostgrenze noch in diesem Ausmaß zu sichern ist. Und gerade bei Ihnen wundert es mich, daß Sie anscheinend annehmen, daß das noch viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte der Fall sein wird. Wir hoffen eigentlich, daß sich die prekäre Situation an unseren Ostgrenzen in einigen Jahren verbessert haben wird, daß der Strom an illegalen Flüchtlingen dann nicht mehr so stark nach Österreich drängt, daß vielleicht auch die anderen Staaten rund um Österreich diesem Sicherheitsabkommen und der Europäischen Union beitreten werden können. Was machen Sie dann mit diesen Tausenden beamteten Gendarmen? Werden sie dann kreuz und quer durch Österreich verfrachtet? Sie haben ihre Familien, sie haben dort ihre Existenzen aufgebaut – also das ist doch alles nicht sehr sinnvoll. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Sinnvoller wäre es, diesen Bundesheereinsatz zu professionalisieren, damit, solange es notwendig ist, diese Grenzen entsprechend abzusichern, das durch das österreichische Bundesheer absolviert wird. Initiativen, wie sie jetzt gesetzt werden, daß man zum Beispiel in Niederösterreich auch einen Grenzeinsatz einrichtet, aber, weil man zuwenig Personal hat, Bundesheerhubschrauber in der Nacht das Gebiet überfliegen läßt, das halte ich für wenig sinnvoll, und zwar nicht wegen der Ruhestörung, sondern weil sie damit dort überhaupt nichts ausrichten, weil sie niemanden aufgreifen und auch die Grenze nicht entsprechend überwachen können. Herr Innenminister, die Frage des Bundesheereinsatzes mit Hubschraubern wird sich sehr bald so


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wieso erledigen, weil sich ja nicht zuletzt Ihre Fraktion dagegen sperrt, daß entsprechende Summen für notwendige Beschaffungen beim Bundesheer ausgegeben werden. Ein Viertel der Hubschrauberflotte wird in Bälde auszuscheiden sein, dann werden Sie diese Problematik gar nicht mehr diskutieren müssen, weil Sie das Gerät für diese Art der Grenzsicherung nicht mehr haben werden – es sei denn, was ich hoffe, Sie besinnen sich eines Besseren. Bewältigen Sie nicht gegen das Heer, sondern gemeinsam mit dem Heer diese wichtigen Aufgaben der Zukunft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. Er hat das Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

22.06

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Aus der Sicht der Liberalen muß, wer ja zur Europäischen Integration sagt, auch ja zu Schengen sagen.

Wir meinen, daß Österreich mit dem Beitritt zur Europäischen Union auch die Chance wahrnehmen soll, weitere Integrationsschritte zu setzen. So ist für uns natürlich auch der Beitritt zum Schengener Abkommen eine logische Konsequenz. Ich meine daher, daß es positiv ist, wenn Österreich im Laufe des ... (Abg. Mag. Kammerlander: Was ist das für eine Integration?) Liebe Frau Kollegin Kammerlander, wir können darüber dann noch diskutieren. (Abg. Dr. Khol: Das bringt nichts!) Ich glaube, Herr Kollege Khol, Sie haben recht: Es bringt nicht sehr viel, mit der Kollegin Kammerlander über weiterführende Integrationsschritte in Europa zu diskutieren.

Jedenfalls wird Österreich – so hoffe ich, Herr Bundesminister – Mitte 1997 auch Mitglied des Schengener Abkommens, und ich erwarte von Ihnen, daß Sie den in Aussicht genommenen Termin des Inkrafttretens auch tatsächlich einhalten werden. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Diskutieren wir nachher, ich habe meine Redezeit freiwillig auf 5 Minuten festgelegt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir mit der Realisierung des Schengener Abkommens für Österreich der Verwirklichung des Binnenmarktkonzeptes einen Schritt näher kommen. Damit wird auch eine weitere der vier Freiheiten der Europäischen Union realisiert, nämlich die Freizügigkeit im Personenverkehr. Wir haben neben der Freizügigkeit im Kapitalverkehr, im Dienstleistungs- und im Warenverkehr nun auch die Freizügigkeit des Personenverkehrs.

Mit dem Beitritt zum Schengener Abkommen ergibt sich für uns die Möglichkeit einer internationalen Kooperation im Zusammenhang mit der Bekämpfung der internationalen Kriminalität, aber auch mit der Lösung notwendiger Einwanderungsfragen sowie einer gemeinschaftlichen Regelung der Asylfragen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Die Konsequenz daraus muß natürlich auch sein, die Bevölkerung optimal auf diesen Beitritt vorzubereiten. Herr Bundesminister, da erwarten wir von Ihnen zusätzliche Aktivitäten und entsprechende Maßnahmen, weil wir, wie ich glaube, der Bevölkerung bisher diese Information schuldig geblieben sind. Ich stimme mit Kollegen Anschober überein, daß es sinnvoll und zweckmäßig gewesen wäre, die Frage des Beitritts Österreichs zum Schengener Abkommen auch hier im Hohen Hause ausführlicher zu diskutieren.

Lassen Sie mich in aller Kürze einige Anmerkungen machen, zunächst zur Frage der Abschaffung der Kontrolle der Binnengrenzen. Wir halten es für einen sehr positiven Schritt, wenn es zwischen den Staaten der Europäischen Union in Zukunft keine Binnengrenzen mehr gibt. Wir erwarten, daß es auch tatsächlich zu dieser Abschaffung kommt, Herr Bundesminister. Wie Sie ja wissen, läßt Artikel 2 des Schengener Abkommens auch Ausnahmen zu. Aus Gründen der öffentlichen Ordnung und der nationalen Sicherheit kann ein Land von sich aus wieder Grenzkontrollen anordnen. – In der Vergangenheit hat das Frankreich schon getan.

Ich darf den Herrn Bundesminister wirklich dringlichst ersuchen, alles zu unternehmen, damit es an den Grenzen zwischen Österreich und anderen Ländern der Europäischen Union nicht zu ähnlichen Maßnahmen kommt.


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Ich erwarte daher, daß auch vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber den anderen Mitgliedsländern des Schengener Abkommens gesetzt werden und daß wir vor allem zu einer wirksamen Außensicherung kommen. Ich kann der Idee einer gemischten Kontrolle der Außengrenze, die im Zuge der Ausschußberatungen diskutiert wurde, durchaus Positives abgewinnen. Ich glaube, das ist eine Idee, die mittelfristig realisiert werden kann.

Zweiter Punkt: Aufbau der Grenzsicherung. – Herr Bundesminister! In diesem Bereich haben Sie in den letzten Jahren sehr unglücklich agiert. Ihnen ist es nicht wirklich gelungen, eine wirksame Sicherung der Außengrenze zu erreichen. Aus dem Assistenzeinsatz des Bundesheeres ist nun schon ein mehrjähriges Provisorium geworden. Ich halte es nicht für richtig, meine Damen und Herren, daß dem Bundesheer über einen längeren Zeitraum sicherheitspolizeiliche Aufgaben übertragen werden. Das Bundesheer kann und soll die Exekutive unterstützen, aber es ist nicht Aufgabe des Bundesheeres, über einen langen Zeitraum die sicherheitspolizeilichen Agenden der Polizei wahrzunehmen. Ich glaube, daß es günstig wäre, den Assistenzeinsatz zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beenden.

Herr Bundesminister! Ich halte es aber für sehr positiv und für sehr wichtig, daß auch in Zukunft eine verstärkte Kooperation zwischen Bundesheer und Exekutive in Fragen der Grenzüberwachung besteht, sei es die Bereitstellung von Transportmitteln, sei es das Zurverfügungstellen der Logistik. Ich erwarte mir, daß es zwischen den beiden Ministerien in Zukunft zu einer besseren Abstimmung und Koordinierung kommt.

Dritter und letzter Punkt, meine Damen und Herren: die Frage des Datenschutzes. Es ist dies ein sehr wichtiger Bereich, der im Rahmen des Schengener Abkommens größere Bedeutung bekommt, als das bislang im Rahmen der Diskussion erkennbar war. Ich akzeptiere, daß es sinnvoll und zweckmäßig ist, auf EDV-gestützte Fahndungsmöglichkeiten zurückzugreifen, um die Polizei bei der Bekämpfung der internationalen Kriminalität entsprechend zu unterstützen. Das darf aber nicht dazu führen, daß wir zum "gläsernen" Menschen im Wege eines vernetzten EDV-Systems kommen. Das darf auch nicht zu einem Mißbrauch der Daten führen, und ich erwarte mir, daß Sie, Herr Bundesminister, alles daransetzen werden, daß es zu einer strikten Einhaltung der Datenschutzbestimmungen kommt.

Ich erwarte mir auch von Ihnen, Herr Bundesminister, daß Sie eine Vorreiterrolle bei der Harmonisierung der europäischen Datenschutzbestimmungen übernehmen und daß Sie alles daransetzen, damit wir zu einer Kontrolle des Datenschutzes im Wege des Europäischen Gerichtshofes kommen und zu einer – was heute schon angesprochen wurde – parlamentarischen Kontrolle unserer Aktivitäten im Rahmen des Schengener Abkommens.

Meine Damen und Herren! Das sind wesentliche Punkte, die ich ansprechen wollte. Wir Liberalen stehen zur Europäischen Integration. Wir sehen darin eine sehr wichtige Herausforderung und auch ein sehr wesentliches Vorhaben Österreichs für die Zukunft. Daher sagen wir ja zum Beitritt Österreichs zum Schengener Abkommen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Achs. )

22.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als nächster der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

22.14

Bundesminister für Inneres Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst darf ich meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, daß Herr Abgeordneter Moser derart hohe Erwartungen in mich setzt. Sie können sich darauf verlassen: Diese werden nicht zu Unrecht in mich gesetzt sein. Ich danke, daß die Opposition das auch so sieht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zu den einzelnen Punkten möchte ich nicht durchwegs Stellung nehmen, die vorgeschrittene Zeit erfordert eine kurze Stellungnahme.


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Auch ich bin der Überzeugung, daß die Kontrolle der Außengrenze Österreichs in Friedenszeiten nicht Sache des Bundesheeres, sondern eine zivile Aufgabe ist und daher von der Sicherheitsexekutive wahrzunehmen ist. Wir bauen deshalb einen entsprechenden Dienst auf, und wir bauen ihn in der Bundesgendarmerie auf, weil dies der größte Wachkörper ist, der den Veränderungen in Europa, insbesondere dem erhofften künftigen Beitritt unserer östlichen Nachbarn, am besten Rechnung zu tragen vermag.

Herr Abgeordneter Scheibner! Hinsichtlich Hubschrauber-Beschaffung darf ich Sie daran erinnern, daß – im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben – mein Klubobmann Kostelka seit geraumer Zeit immer wieder darauf hinweist, wie notwendig es wäre, eine Nachrüstung im Bereich der Hubschrauber des Bundesheeres vorzunehmen. Offenbar sieht der Herr Bundesminister für Landesverteidigung andere Schwerpunkte, daher haben wir jetzt relativ bodenschwere Geräte in Beschaffung gezogen. Aber ich hoffe dennoch, daß wir auch noch Hubschrauber für zivile Einsätze bekommen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Dem Abgeordneten Murauer nur eine ergänzende Information. Sie haben gefordert, daß endlich eine Einigung mit dem Bundesminister für Finanzen über die Beamten der Zollwache erfolgen möge. – Herr Abgeordneter! Ihr Klub, jedenfalls Ihr Klubobmann ist sogar im Besitz der schriftlichen Vereinbarung des Finanzministers mit mir beziehungsweise von mir mit dem Finanzminister, in der diese Fragen im Detail schriftlich festgelegt sind. Es sind bis auf die letzte Zahl und bis hin zum Datum alle Zeitpunkte und Personen fixiert. Eine Verunsicherung ist jedenfalls von seiten meiner Tätigkeit für die Zollwache nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Das Innenministerium hat in den letzten beiden Jahren alles getan, um den Zollwachebeamten, die insbesondere durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union an der Westgrenze teilweise entbehrlich geworden sind, eine entsprechende österreichische Lösung zu bieten, und es hat dabei auch die Eigeninteressen zum Teil hinter die sozialen Interessen der Zollwachebeamten zurückgestellt. Ich denke, daß das etwas ist, was man durchaus anerkennen sollte.

Zur Forderung des Abgeordneten Anschober, die er auch mit einem Entschließungsantrag unterstrichen hat, erlaube ich mir folgende Erklärung abzugeben: Ich bin gerne bereit und erkläre das hier im Plenum, dem Hohen Haus nach jeder Sitzung des Exekutivausschusses des Schengener Klubs einen schriftlichen Bericht zuzuleiten, und ich bin auch gerne bereit, dies bereits nach dem nächsten Schengener Exekutivausschuß, der kommende Woche, am 19. Dezember, stattfinden wird, zu tun, sodaß Gelegenheit bestehen wird, diese Fragen hier im Hohen Haus mit einer entsprechenden Information zu diskutieren.

Zu den Ausführungen der Frau Abgeordneten Partik-Pablé eine technische und eine grundsätzliche Anmerkung.

Die technische Anmerkung: Frau Abgeordnete! Ich habe zu jeder Zeit erklärt, daß wir uns darauf eingerichtet haben und planen, bis zum 1. Juli 1997 sowohl die personellen wie auch die technischen und sonstigen organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, die Österreich schengenreif machen. Diese Zusage habe ich gegeben, zu dieser Zusage stehe ich, und wir werden sie auch einhalten. Alle gegenteiligen Behauptungen, insbesondere solche, die sich auf Aussagen ausländischer Gewerkschafter beziehen, nehmen mich insoweit wunder, als Sie sonst auch nicht so ausländergläubig sind wie gerade in diesem Fall, wo es einmal gegen mich geht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Meine Güte!) Ich bin ein bißchen erstaunt über diese Ihre Aussage.

Lassen Sie mich aber zuletzt noch etwas Grundsätzliches anmerken. Ich denke, daß wir jenseits aller Parteigrenzen und jenseits aller Neigungen zu- oder gegeneinander jedenfalls auch ein gemeinsames Interesse zwischen Parlament und Bundesregierung verfolgen und zu verfolgen haben, nämlich zum Wohle Österreichs zu agieren. Und wenn wir zum Wohle Österreichs und der hier lebenden Menschen agieren, dann steht es, glaube ich, allen gut an, nicht eine Politik der Verunsicherung zu betreiben, die sehenden Auges einer sachlichen Grundlage entbehrt, sondern die Interessen Österreichs und seiner Menschen voranzustellen.

Das, was Sie zu Niederösterreich behauptet haben, beruht erstens auf einer nicht sehr guten Information durch Ihren Informanten und zweitens nicht auf realen Angaben. Niederösterreich ist


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nicht offen wie ein Scheunentor. In Niederösterreich kommen im ganzen Jahr in jedem der Grenzbezirke weniger Leute über die Grenze als im Burgenland, wo das Bundesheer eingesetzt ist, in der Woche. Ich denke, wir sollten hier nicht Verunsicherungspolitik betreiben. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß die Menschen, die in diesem Lande leben, sich sicher und geborgen fühlen können. Und die Maßnahmen, die wir setzen, tragen dazu bei. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zweytick. )

22.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Kammerlander zu Wort. – Wünschen Sie eine bestimmte Redezeit eingestellt? – Bitte: 6 Minuten.

22.20

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Mir tut es auch leid, daß es schon so spät ist und dieses meiner Meinung nach sehr wichtige Thema kein brennendes Interesse in diesem Haus mehr weckt.

Wenn man meinen Vorrednern zugehört hat, dann muß man annehmen, das Schengener Abkommen sei die reinste Wundertüte. Da habe ich offenbar einiges versäumt. Was da alles zum Vorschein gekommen ist, hat mich fasziniert, das muß ich wirklich sagen. (Abg. Dr. Khol: Ihnen ist leicht eine Freude zu machen!)

Schengen ist das europäische Sicherheitsmodell, habe ich heute erfahren. Das war mir bis jetzt neu. Ich habe gedacht – und ich denke das noch immer –, da gibt es ganz andere Einrichtungen und Verträge dafür.

Herr Kollege Moser, du hast gesagt, Schengen sei ein wesentlicher, ein wichtiger Schritt zur Integration und zur Verwirklichung des Binnenmarktes – ich habe bisher immer gedacht, daß das eher auf der wirtschaftlichen Ebene stattfindet, durch ganz andere Instrumentarien –, und damit werde auch die internationale Kriminalität bekämpft. – Das ging dann noch so weiter. Es ist viel darüber gesagt worden, was Schengen bedeutet, und es klang wirklich wie eine Wundertüte.

Aber wenn ich es mir genau anschaue, dann frage ich mich, wozu wir dieses Abkommen brauchen. All das ist entweder durch den Beitrittsvertrag zur Europäischen Union längst gesichert und gewährleistet oder durch andere Verträge, wie zum Beispiel EUROPOL. Also wozu brauchen wir Schengen? Es kostet viel Geld, das hat mein Kollege Anschober schon gesagt: 2,7 Milliarden Schilling ist eine realistische Schätzung. Ich denke, in Zeiten wie diesen ist das ein Betrag, der uns da oder dort durchaus abgeht.

Wozu also das Ganze? Einen Schritt in die Integration sehe ich eigentlich nicht. Ich sehe, daß ziemlich willkürlich irgendwo Grenzen gezogen, dichtgemacht und zugemacht werden. Ich frage mich übrigens, wie sich das mit der Asyl- und Migrationspolitik der Liberalen verträgt, weil dieses Quasi-Bollwerk, das da an den Grenzen zumindest auf High-Tech-Ebene aufgezogen wird, dient nicht gerade einer Asyl- und Migrationspolitik, wie Sie sie immer glaubhaft vertreten wollen.

Zum Beispiel in der Steiermark wird es extreme wirtschaftliche Nachteile im kleinen Grenzverkehr geben, wenn das realisiert wird. Das ist etwas, worüber das Land Steiermark jetzt schon laut nachdenkt und räsoniert. Vor allem Gewerbetreibende an der Grenze haben ihre Befürchtungen hinsichtlich dessen, was auf sie zukommt, wenn das realisiert wird, und welche Nachteile da auftreten.

Es ist vor allem eine Ungleichbehandlung innerhalb der Europäischen Union, wie hier vorgegangen wird. Es gibt nämlich zum Beispiel bereits eine bindende Verordnung, was visapflichtige Staaten betrifft. Laut Europäischer Union sind es 98, im Schengener Abkommen wurden irgendwie 127 daraus gemacht. Da gibt es Widersprüche. Es ist überhaupt nicht geklärt, wie mit diesen Widersprüchen umgegangen wird. Da gibt es einfach ungleichmäßige Situationen.

Es ist vor allem – und das scheint mir auch wesentlich zu sein – nicht nur eine kleine Klausel, so ein ganz kleiner Hund drinnen, wie Kollege Murauer vermutet. Kollege Moser meint, da gibt es


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eine Ausnahme, zu dumm. – Diese Klausel, diese Ausnahme ist zurzeit Realität zwischen Frankreich und den Niederlanden wegen des Drogentourismus. Die Grenze ist dichtgemacht worden gemäß dem erwähnten Artikel 2 Abs. 2, wonach die öffentliche Ordnung und die nationale Sicherheit das erfordert – eine Situation, die jederzeit auch uns treffen kann und auch schon angedroht wurde im Vorfeld dieses wunderbaren Schengener Vertrages.

Zum Schluß komme ich zu den meiner Meinung nach eigentlich wesentlichen Dingen. Sie wurden zwar schon genannt, aber noch einmal zur Verstärkung. – Herr Minister! Sie sagen, wir sollen hier nicht verunsichern, es würde sich alles beruhigen, wenn dieser Vertrag erst einmal in Kraft tritt und wirkt. Die Verunsicherung tritt aber eigentlich erst ein, wenn zum Beispiel Kompetenzen an den Exekutivausschuß abgegeben werden, die jeglicher parlamentarischer Kontrolle entbehren und die natürlich ganz wesentlich wirksam sind für die in Österreich lebenden Bürger und Bürgerinnen. Sie wissen das gar nicht und können keine Kontrolle ausüben und erhalten auch keine Information.

Sie sagen, wir werden die Information bekommen. – Wir brauchen sie vorher, nicht nachher, zum Beispiel in Form der Tagesordnung und der Beschlußvorlagen, um darüber auch eine politische Meinung fassen zu können – nur ein Detail, das bisher nie erfüllt und nie so weitergegeben wurde.

Das sind meiner Meinung nach die wesentlichen Dinge: Es können Beschlüsse gefaßt werden, etwa die Liste der visapflichtigen Länder betreffend – ich habe es bereits erwähnt –, die plötzlich umfangreicher ist als jene, die in der Europäischen Union eigentlich gilt, die die Durchführung der Grenzkontrollen, aber auch die Datenerfassung betrifft. Und damit komme ich zum nächsten Unsinn.

Wir haben, wenn ich Schengen mitrechne, bereits drei verschiedene Informations- und Meldesysteme. Wozu? Das kostet nur Geld. Es würden meiner Meinung nach zwei reichen, wahrscheinlich überhaupt eines, aber drei sind entschieden zuviel. Warum macht Österreich da mit? Ist es getrieben von einem ganz eigenartigen, offensichtlich komplexhaften Verhalten der Minderwertigkeit aufgrund seiner geographischen Größe beziehungsweise Nichtgröße: Wenn die anderen es alle tun, dann müssen wir auch mitmachen? – Es ist übrigens nicht der Fall, daß alle anderen mitmachen, und so wird genau das eintreten, was auch mein Kollege schon gesagt hat: Es wird verstärkt ein Europa – auch in diesem Bereich – der zwei verschiedenen Geschwindigkeiten und der zwei verschiedenen Modelle auch innerhalb der Europäischen Union geben, worauf wir beileibe verzichten könnten. (Beifall bei den Grünen.)

22.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Achs. Er hat das Wort.

22.27

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit dem Vertragswerk von Schengen wurden die Weichen für ein neues Europa gestellt, und mit dem Beitritt Österreichs haben wir sichergestellt, daß wir Teil dieses neuen Europas sind.

Durch die Abschaffung der Grenzkontrollstellen an den Binnengrenzen der Vertragstaaten bekommt der europäische Gedanke eine neue Qualität. Es geht um mehr Freiheit nach innen und um mehr Sicherheit nach außen.

Dieses Europa lebt von seiner Offenheit, von seinen Beziehungen nach außen. Zu riskant wäre ein völliges Abschotten, zu bedrohlich wäre die damit verbundene politische Entwicklung.

Der illegalen Einwanderung und dem Schlepperwesen wird ein Riegel vorgeschoben, Grenzkontrollstellen und Überwachungsposten werden mit der modernsten technischen Ausrüstung versehen, und ich bin zuversichtlich, daß wir auch personell die erforderliche Stärke bis zum Inkrafttreten von Schengen erreichen werden.


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Schon jetzt leistet der Grenzdienst in Zusammenarbeit mit Zoll und Bundesheer hervorragende Arbeit. 1995 wurden an der bayrisch-österreichischen Grenze 900 Schlepper aufgegriffen und 772 gestohlene Fahrzeuge sichergestellt. Um die Relation deutlich zu machen: Allein den Grenzübergang Nickelsdorf haben von Oktober 1995 bis Juli 1996 15 600 000 Menschen und 4,5 Millionen Fahrzeuge passiert. – Diese Zahlen sprechen für sich.

Durch den weiteren Ausbau des Grenzdienstes wird es eine noch bessere Sicherung der Grenze entsprechend dem Schengener Abkommen geben. Schengen sieht auch eine verstärkte Kooperation mit den Polizeibehörden vor. Dazu ist in erster Linie ein verstärkter Datenaustausch erforderlich. Mit dem Aufbau des Schengener Informationssystems in Straßburg wird dieser Forderung Rechnung getragen.

Dieses Informationsnetz vereinfacht Fahndungen und ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Sicherheit. Österreich hat seine Hausaufgaben in Fragen der Sicherheit gemacht, und das wird auch weiterhin so gehalten werden.

Schengen ist aber sicherlich kein Grund, sich zurückzulehnen, modernes Sicherheitsdenken erfordert ein hohes Maß an Flexibilität.

Da heute schon einige Male von einem Sicherheitsrisiko gesprochen wurde, möchte ich sagen, daß ein Sicherheitsrisiko dort besteht, wo Menschen angst gemacht wird, wo Menschen verunsichert werden. Ein Sicherheitsrisiko besteht auch dort, wo mit Ausländerhetze Stimmung gemacht wird. Ein Sicherheitsrisiko besteht letztlich auch dort, wo immer wieder angeblich Geheimpapiere auftauchen, von denen es plötzlich heißt, daß sie verschwunden sind.

Meine Damen und Herren! Es darf nicht passieren, daß es zu Einbußen – in welcher Form auch immer – im Bereich der Sicherheit kommt. Wir sehen die Exekutive als Partner, auf den Verlaß ist. Wir als Partner der Exekutive bemühen uns, daß im Interesse der Sicherheit in unserem Lande die besten Bedingungen vorzufinden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

22.32

Präsident Dr. Heinz Fischer : Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. König.

22.32

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Europäische Union ist zweifelsohne die größte und die erfolgreichste Friedensordnung, die seit dem Inferno des Zweiten Weltkrieges aufgebaut wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir können daher sehr stolz darauf sein, daß wir dieser Gemeinschaft als gleichberechtigtes Mitglied angehören, und Schengen ist ein weiterer Schritt zur Verfestigung dieser Friedensordnung. Es ist dem Abgeordneten Moser beizustimmen, wenn er sagt, daß die Verwirklichung der Freiheit des Personenverkehrs die Integration dieses gemeinsamen europäischen Raumes und damit auch das friedliche Zusammenleben der Völker fördert.

Es ist nun einmal so, daß dieser Offenheit nach innen auch eine Absicherung nach außen gegenüberstehen muß; das sieht Schengen vor. Wenn die Grünen sagen, dazu werden technische Geräte eingesetzt, es werde ein technischer Eiserner Vorhang gezogen, so muß ich sagen: Das ist ein völliges Mißverständnis. Das ist nicht die Festung Europa gegen unsere Nachbarn im Osten, denn diese technischen Geräte ermöglichen es in ganz kurzer Zeit, zu erfahren, ob jemand bestimmter gesucht wird oder nicht, ob er einer Drogenmafia oder einer Automafia angehört. Alle anderen Personen können sehr schnell durch die Grenze. Man erleichtert und ermöglicht damit die Aufrechterhaltung des Verkehrs mit unseren Nachbarstaaten, weil man eine hochleistungsfähige Elektronik hat.

Was die Fragen des Datenschutzes anlangt, so hat sich das Europäische Parlament mit sehr großer Mehrheit zu den vorliegenden Bestimmungen bekannt, und zwar gegen die Auffassung der Grünen auch im Europäischen Parlament. Aber warum? – Weil man der Auffassung war, daß das, was an Datenschutz vorgesehen wurde, ausreichend ist und daß ein Übermaß im


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Ergebnis zu einer Begünstigung der organisierten Kriminalität führen würde. Die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist ja wohl ein gemeinsames Anliegen aller Völker in der Europäischen Union – und sollte auch ein gemeinsames Anliegen hier in diesem Hohen Hause sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun hat die Freiheitliche Partei die Sorge, daß wir dazu nicht gerüstet sind. Doch wir würden nicht dadurch besser gerüstet, daß wir das neuerlich im Unterausschuß debattieren, sondern wir sind es nur dann, wenn wir etwas dafür tun, und der Beitritt zum Durchführungsübereinkommen bedeutet eben, daß die Weichen dazu gestellt sind.

Wir hoffen sehr, daß der Herr Minister seine Zielsetzungen erreichen kann. Aber auch nur dann, wenn sie erreicht sind, wenn also der Schutz nach außen sichergestellt ist, wird uns der Exekutivausschuß die Möglichkeit geben, tatsächlich auch die Anerkennung zu finden, daß Österreich in der Lage sein wird, seinen Verpflichtungen zu entsprechen. Es ist, wie Kollege Murauer gesagt hat, da ein System der gegenseitigen Unterstützung und Zusammenarbeit vorgesehen, und auch das ist völkerverbindend.

Meine Damen und Herren! Wir werden auch in Österreich dazu beitragen müssen, daß da eine Weiterentwicklung erfolgt. Es soll eine österreichische Initiative sein, daß man vertrauensbildende Maßnahmen schafft, daß man beispielsweise internationale europäische Beobachtergruppen einrichtet, die sich aus Praktikern rekrutieren und die nicht nur an heiklen Grenzkontrollstellen – vornehmlich natürlich im Osten Österreichs und in Italien –, sondern auch an der Grünen Grenze eingesetzt werden können.

Wir werden Schwerpunktaktionen gegen gewisse Drogenrouten gemeinsam durchführen müssen, wenn wir erfolgreich sein wollen. Wir werden technisches Gerät, das später einmal nicht mehr gebraucht werden wird, wenn die Erweiterung stattgefunden hat, weitergeben und die Einschulung auf diesem Gerät vornehmen können, damit eben auch unsere neuen Partner im Osten in der Lage sind, ihrer zukünftigen Aufgabe nachzukommen.

Die intensivste Stufe der Kooperation wäre zweifelsohne die organisierte Einbindung von Grenzkontrollorganen eines Mitgliedstaates in die Außengrenzkontrolle eines anderen Staates. Da, Frau Kollegin Partik-Pablé, soll man den Italienern helfen, denn auch für sie gilt, daß der Exekutivausschuß nur dann für die Freigabe sein wird, wenn dort die Voraussetzungen dafür geschaffen sind.

In dieser kooperativen Form liegt die Zukunft Europas. Und Schengen ist ein wichtiger Schritt dazu. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Gredler.

22.38

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Freizügigkeit des Personenverkehrs gehört zum integralen Bestandteil des Binnenmarktes und zum Ziel der Europäischen Union gemäß Artikel 7a beziehungsweise 8a des Vertrages. Leider unterliegt das Schengener Abkommen weder der Kontrolle des Europäischen Parlaments noch der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofes; daher muß Schengen in die EU-Verträge übergeführt werden.

Es können schwerwiegende Folgen für Asylwerber nicht ausgeschlossen werden. Der kritische Punkt des Schengener Abkommens ist die Bestimmung, daß niemand ohne Visum die Grenze übertreten darf. Die Liste umfaßt, wie Sie wissen, 127 Länder. Dabei kommen Flüchtlinge bei sehr strenger Auslegung dieser Bestimmung in eine Zwickmühle. Man braucht legale Papiere, das ist klar, aber Flüchtlinge reisen oft illegal ein. Sollte es keinen Konflikt zwischen den Artikeln 28 bis 38 und dem Artikel 30e geben, bin ich damit sehr zufrieden. Auf jeden Fall ist der Zugang zum Asylverfahren immer garantiert.


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Manche Bestimmungen sind aber eigenartig. Wie sollen Beförderungsunternehmen überprüfen, was ihre Klienten beziehungsweise Passagiere vorhaben? Flucht kann auch plötzlich notwendig sein, ohne daß man es plant; coups d’etat sind doch schon öfters vorgekommen. Wenn sich diese Unternehmen einen Zettel unterschreiben lassen, daß ihre Klienten beziehungsweise Passagiere nicht unberechtigt Asyl beantragen würden, so ist das nur lächerlich und würde eigentlich kein ausreichender Schutz sein.

Wie steht es mit dem Datenschutz? Die Löschung von Daten – Daten, die nicht mehr länger notwendig sind, wie es in Artikel 112 vorgesehen ist – ist eigentlich eine sehr verschwommene Sache. Man sollte diesen Punkt noch präzisieren. Ebenfalls präzisieren sollte man die Bestimmung im Artikel 109, in dem es um das Auskunftsrecht, das genauso schwammig formuliert ist, geht.

Ich komme zum Schluß, da es schon spät am Abend ist. Die Nordische Paßunion – und das richte ich an meine Kollegen von der Freiheitlichen Partei – gibt es seit dem Jahre 1954.

Es ist weder eine größere Kriminalität beobachtet worden noch gibt es eine überschießende Zahl von Illegalen noch gibt es eine überschießende Zahl von Asylwerbern. Ich glaube also, man kann in die Idee von Schengen durchaus großes Vertrauen haben.

Die Grenzsicherung sollte meiner persönlichen Meinung nach von einem europäischen Polizeicorps erfüllt werden. Die Außengrenzen sollten im Sinne des Lastenausgleichs gemeinsam überwacht werden. Jetzt wird eine Truppe von 5 300 Mann aufgebaut, die diese Aufgaben bis zum Jahr 2000 oder 2005 – man weiß es zurzeit noch nicht genau – übernehmen sollen, und danach verlieren diese Personen ihre Funktion. Wohin sollen die Betroffenen dann gehen? Was sollen sie dann machen? Oder ist das eine kalkulierte Arbeitslosigkeit, die man in Kauf nimmt?

Aber ich möchte dennoch sagen: Die Freizügigkeit des Personenverkehrs ist ein so großartiger Wert, daß ich diese Idee von Schengen gerne unterstützen möchte. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Daher schließe ich die Debatte.

Vom Berichterstatter wird kein Schlußwort gewünscht.

Wir kommen zu den Abstimmungen .

Als erstes stimmen wir ab über den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, den Bericht über die Regierungsvorlage 496 der Beilagen an den Ausschuß für innere Angelegenheiten rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Rückverweisungsantrag der Frau Dr. Partik-Pablé zustimmen, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Ausschußanträge selbst zum Tagesordnungspunkt 14. Es wird getrennt abgestimmt.

Zunächst stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 496 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, daß dies mit Mehrheit vom Nationalrat genehmigt ist.

Damit kommen wir zur Abstimmung, im Sinne des Art. 49 Abs. 2 der Bundesverfassung zu beschließen, daß das Beitrittsprotokoll in seinen gleichermaßen authentischen Fassungen in griechischer, italienischer, niederländischer, portugiesischer und spanischer Sprache dadurch


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kundzumachen ist, daß es im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zur Einsichtnahme aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit dieser Vorgangsweise einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG so beschlossen .

Damit wenden wir uns der nächsten Vorlage zu und kommen zur Abstimmung über den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, den Bericht über die Regierungsvorlage 501 der Beilagen an den Ausschuß für innere Angelegenheiten rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Rückverweisungsantrag zustimmen, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Minderheit. Der Rückverweisungsantrag ist somit abgelehnt.

Was die Vorlage selbst betrifft, stimmen wir zunächst ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluß des Staatsvertrages samt Schlußakte, Erklärung der Minister und Staatssekretäre sowie Erklärungen der Republik Österreich in 501 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so beschlossen .

Auch da stimmen wir ab im Sinne des Art. 49 Abs. 2 der Bundesverfassung über den Vorschlag, daß die Abkommen einschließlich aller dazu ergangenen Schlußakte, Protokolle und Erklärungen in deren gleichermaßen authentischen Fassungen in griechischer, italienischer, niederländischer, portugiesischer und spanischer Sprache dadurch kundzumachen sind, daß sie zur Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit dieser Vorgangsweise einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle mehrheitliche Beschlußfassung fest.

Zuletzt stimmen wir ab über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Anschober betreffend Kontrolle des Nationalrates im Zuge der Durchführung des Schengener Vertragswerkes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag des Abgeordneten Anschober zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Damit haben wir diesen Teil der Tagesordnung erledigt.

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (457 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (543 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor. Daher gehen wir sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Lafer. Redezeit: 8 Minuten.

22.45

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Im Jahre 1995 wurde das Waffengesetz novelliert, und zwar waren der Anlaß dazu die Vorkommnisse rund um die Pump-Gun. Der Innenminister hat seinerzeit versprochen, daß im selben Jahr innerhalb kürzester Zeit ein neues Waffengesetz vorgelegt


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wird, in welches auch schon die Richtlinien der EU eingearbeitet werden sollten. Der Entwurf dieses neuen Waffengesetzes ist mit mehr als einem Jahr Verspätung dem Parlament zugeleitet worden und geht weit über die Anforderungen und über das erforderliche Maß hinaus. Wenn man da Vergleiche innerhalb der EU zieht, muß man feststellen, daß mit Ausnahme der Bundesrepublik Deutschland keines der Mitgliedsländer eine solch strenge Auslegung bei dieser Gesetzesmaterie hat.

Meine Damen und Herren! Mit wenig Sachverstand soll nun unser bisheriges Waffengesetz, das sogar vom bekannten Sachverständigen Ingo Wieser, welcher auch für das Bundesministerium für Inneres tätig ist, als eines der besten der Welt bezeichnet wird, verpfuscht werden. Die mündigen und unbescholtenen Staatsbürger werden grundlos diskriminiert, und es besteht die Gefahr, daß ein wesentlicher Teil der Freiheit unserer Demokratie verlorengeht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ein sehr wesentlicher Punkt dieses neuen Waffengesetzes ist die psychologische Untersuchung der unbescholtenen Waffenwerber. Der Innenminister wollte in der ursprünglichen Fassung eine psychologische Untersuchung für alle Waffenbesitzer einführen. Dies konnte jedoch im Ausschuß für innere Angelegenheiten noch verhindert werden, und zwar insofern, als man davon die Sportschützen und auch die Schützenvereine ausgenommen hat, so wie es schon im alten Waffengesetz vorgesehen war. Diesem Abänderungsantrag werden wir natürlich zustimmen, wir können aber dem Waffengesetz in seiner Gesamtheit nicht zustimmen, da es für uns zuwenig weitreichend ist.

Meine Damen und Herren! Die Straftaten werden in den meisten Fällen mit illegalen Waffen begangen, was auch statistisch nachweisbar ist, und dieser statistische Wert ist im Promillebereich angesiedelt. Die Statistik sagt sogar aus, daß drei Viertel aller bei Mordfällen verwendeten Waffen keine Schußwaffen sind, sondern andere Waffen. Was jedoch noch zu bedenken ist, ist der Umstand, daß man für 300 Millionen EU-Bürger keiner psychologischen Untersuchung bedarf, eine solche Untersuchung sehr wohl aber für 8 Millionen Österreicher vorgesehen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Laut Auskunft eines unabhängigen Psychologen aus Wien ist es wissenschaftlich unmöglich, festzustellen, was ein Mensch einmal machen wird. Eine solche psychologische Untersuchung ist nicht einmal im deutschen Waffengesetz vorgesehen. Ein anerkannter Waffenexperte hat mir mitgeteilt, daß durch dieses neue Waffengesetz die anständigen Leute psychiatriert werden, aber psychisch kranke Personen dadurch nicht erreicht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Vom juristischen Standpunkt aus handelt es sich bei dieser Gesetzesbestimmung aber eindeutig um eine Verletzung des verfassungsmäßig gewährleisteten Grundrechts auf Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, weil logischerweise in Zukunft nur mehr sehr vermögende Personen diesen Befund finanziell verkraften können. Dr. Wolfgang Werdenich vom Berufsverband österreichischer Psychologen bezifferte in seiner Presseaussendung vom 20. November 1996 die Kosten für einen qualifizierten Psychotest auf etwa 4 000 bis 5 000 S. Darüber hinaus bedeutet dieses Ansinnen der Beibringung eines solchen Befundes eine Beleidigung beziehungsweise Diskriminierung aller unbescholtenen Waffenwerber, weil der Innenminister alle Personen von vornherein als offensichtliche Psychopathen oder psychisch Kranke einstuft. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das heißt, daß alle betreffenden Waffenwerber nach dem Gesetz erst einmal beweisen müssen, daß sie keine Psychopathen und auch nicht psychisch krank sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist des weiteren auch noch nicht geklärt, wer diese psychologischen Untersuchungen durchführen wird. Was wird dazu im Verordnungswege durch das Bundesministerium für Inneres vorgeschlagen? Ich sehe das als eine administrative Hürde, um den Zugang zu den Waffen wesentlich zu erschweren. (Ruf bei der SPÖ: Ja, für Psychopathen, Herr Kollege! – Abg. Dr. Riedler: Es geht darum, daß Psychopathen keine Waffe bekommen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie werden eh keine brauchen!)


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Herr Bundesminister! Der zusätzliche Aufwand ist laut den Regierungsparteien einerseits mit dem vorhandenen Personal, andererseits durch Abwälzung der Kosten auf den Konsumenten zu leisten. Letztendlich ist das kostenneutral zu halten. Das vorhandene Personal reicht dafür sicher nicht aus, man wird mehr Beamte brauchen, man spricht von ungefähr 80 Beamten zusätzlich.

Dagegen spricht schon allein die Tatsache, daß es in Österreich zirka 150 000 registrierte Faustfeuerwaffen und schätzungsweise zwischen 300 000 und 400 000 Langwaffen gibt, welche nach dem neuen Waffengesetz registriert werden müßten.

Herr Bundesminister! Überwälzung der Kosten für den Aufwand auf den Konsumenten, was bedeutet das? Wird die Meldepflicht, die bisher gratis war, von nun an mit Bezahlung von Stempelmarken erfolgen?

Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, habe ich hier einige Punkte aufgezählt, welche unbedingt noch einer Klärung zugeführt werden müssen beziehungsweise welche uns der Herr Bundesminister beantworten soll.

Ein wesentlicher Punkt ist auch im § 24 des Waffengesetzes enthalten, in welchem festgelegt wird, was eine Faustfeuerwaffe ist. Man hat es verabsäumt, vorzuschreiben, daß Patronen für Faustfeuerwaffen mit kleinerem Kaliber als 6,35 mm, jedoch mit Zentralfeuerzündung ebenfalls nur Inhabern von waffenrechtlichen Dokumenten überlassen werden und auch nur von diesen erworben werden dürfen.

Versuche im Bereich der Bundesgendarmerie mit Patronen 5,45 mal 18 an Geschoßschutzwesten, schwer 59 Lagenkevlar, und ballistischen Schutzhelmen haben ergeben, daß Geschoße dieser Patronen die Schutzbekleidung glatt durchschlagen haben. Bei diesen Patronen handelt es sich um eine neuartige Entwicklung aus der westlichen Sowjetunion; diese werden weiterhin in Rußland erzeugt und verstärkt hierzulande auf dem Markt angeboten.

Eine weitere Tatsache, Herr Bundesminister, ist, daß das Bundesministerium für Inneres vor kurzer Zeit einer steirischen Firma die Genehmigung erteilt hat, daß sie das russische Sturmgewehr, die Kalaschnikow, zu einer halbautomatischen Waffe umbauen darf. Diese Waffe wird mit Originalkaliber und Patronen und Munition verkauft, und mit dem Verkauf dieser Waffe erhält man auch das Zertifikat, daß der Kauf dieser Waffe in Österreich legal ist. Das Kuriose daran ist, daß ein Waffenkenner innerhalb von 10 Minuten diese Waffe zu einer vollautomatischen Waffe umbauen kann. Auch dies wurde in diesem Waffengesetz nicht berücksichtigt und bleibt natürlich weiterhin ein Kritikpunkt.

Abschließend möchte ich folgendes feststellen:

Erstens: Tatsache ist, daß all jene Österreicher, welche die Absicht haben, eine Waffe zu erwerben, wieder finanziell stärker belastet werden. Ein unbescholtener, anständiger Bürger sollte ein Höchstausmaß an Freiheit haben.

Zweitens: Dieses neue Bundesgesetz ist kein Vorteil für die Kriminalitätsentwicklung, da die meisten Gewaltverbrechen mit illegalen Waffen begangen werden.

Drittens: Dieses Bundesgesetz hat sicherheitspolitisch überhaupt keinen Sinn und fördert nicht die Bereitschaft, dieses Recht zu akzeptieren. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Elmecker.

22.54

Abgeordneter Robert Elmecker (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lafer, ich kann beim besten Willen nicht erkennen, worin und worum dieses vorliegende Waffengesetz ein Angriff auf die Freiheit der Demokratie wäre, wie hier vorhin behauptet wurde. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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In Anbetracht der vorgeschrittenen Stunde möchte ich mich nur auf die Schwerpunkte dieses Gesetzes beschränken und kurz fassen.

Die Ausgangslage ist bekannt: Durch den EU-Beitritt wurden Änderungen im Waffengesetz nötig. Dies nahm das Innenministerium zum Anlaß, auszuloten, inwiefern Bestimmungen geschaffen werden können, um tragische Gewalttaten und Kurzschlußhandlungen mit Waffen in Österreich möglichst bereits im Vorfeld zu unterbinden. Gerade im heurigen Frühjahr, im Mai und Juni dieses Jahres, gab es ja etliche mit Schußwaffen begangene Gewalttaten, die auch eine entsprechende öffentliche Diskussion nach sich gezogen haben. Auch ich habe damals gesagt, daß ich für eine umfassende Regelung im Waffengesetz bin, die es ermöglicht, auch beim Waffenbesitz und bei der Führung von Waffen entsprechende Vorkehrungen gesetzlicher Natur zu treffen. Dazu wurden mehrere Hearings mit Ärzten, Psychologen, aber auch mit Organen der Exekutive sowie der Justiz durchgeführt, um Schwellen zu legen, damit Waffen möglichst nur mehr in solche Hände geraten, in denen sie nicht mißbräuchlich verwendet werden.

Das Ergebnis dieser Beratungen liegt uns heute in Form der Waffengesetznovelle vor. Ein Schwerpunkt dabei wird neben den EU-Adaptierungen der Verläßlichkeitstest sein, damit vor allem der Zugang zu genehmigungspflichtigen Waffen erschwert wird. Als Voraussetzung ist daher schon bisher die im Gesetz verankerte Prüfung der Verläßlichkeit durch einen psychologischen Test vorgesehen.

Geschätzte Damen und Herren! Ich habe den ganzen Wirbel, der wegen dieses Verläßlichkeitstests in der öffentlichen Diskussion und auch hier gemacht wurde, zum Teil nicht verstanden, weil es ja bei uns selbstverständlich ist, daß sich jemand, der zum Beispiel einen Führerschein zu erwerben beabsichtigt, auch einer solchen Verläßlichkeitsprüfung bei der Behörde unterziehen muß. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Es erfolgt nicht in derselben Form, Herr Kollege Dr. Ofner, aber auch da hat die Behörde zu bewerten, ob diese Verläßlichkeit in einer bestimmten Form vorliegt und ob diese Verläßlichkeit auch entsprechend nachgewiesen werden kann.

Meine Damen und Herren! Zweiter Schwerpunkt: Es wird in Hinkunft auch eine Abkühlphase geben. Zusätzlich soll bei allen Waffen, auch bei jenen ohne Genehmigungspflicht, der Waffenkauf und die Aushändigung durch eine Abkühlphase getrennt sein. Damit soll verhindert werden, daß Affekthandlungen nicht quasi vom Waffengeschäft weg erfolgen.

Was mir in der jahrelangen Diskussion, während der ich auch sehr häufig angesprochen wurde, ein Anliegen war, ist die Sache mit der vielzitierten "Ges-Kartei", die wir heute in diesem Gesetz in einer anderen Form, aber, wie ich meine, sehr vernünftig regeln. Gemeinsam mit den Zuständigen für Datenschutz wurde eine Lösung gesucht, die hilft, zum Schutze der Bevölkerung und der Exekutive Hinweise über das Gewaltpotential zu geben, aber gleichzeitig Diskriminierung durch Daten zu vermeiden.

Dabei wurde die Abschaffung der sogenannten Ges-Kartei verankert und das Unterbringungsdatenschutzgesetz neu in dieser Waffengesetznovelle entwickelt.

Das sind im wesentlichen die Schwerpunkte der heute zu beschließenden Waffengesetznovelle.

Ich möchte nun noch einen Abänderungsantrag einbringen, bei dem es um den Termin der Inkraftsetzung geht.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Elmecker, Platter zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


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In Art. IV Z 7 lautet § 94 Abs. 3:

"(3) Die §§ 45 Abs. 3, 46 Abs. 3, 57 Abs. 1 Z 11, 58 Abs. 1 Z 9 sowie § 58 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl.Nr. XXXX/YYY treten am 1. Juli 1997 in Kraft."

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der soeben verlesene Antrag Elmecker, Platter steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. (Zwischenruf des Abg. Anschober. – Abg. Hans Helmut Moser – auf dem Weg zum Rednerpult –: Das tut dir weh! Mit der Europäischen Integration hast du deine Probleme, Kollege Anschober!)

22.59

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst, Herr Präsident, darf ich Sie bitten, 5 Minuten Redezeitbeschränkung einzustellen.

Meine Damen und Herren! Wir diskutieren über die Neuerlassung eines Waffengesetzes. Wir diskutieren außerdem über einige Änderungen im Unterbringungsgesetz, Strafgesetzbuch und auch im Sicherheitspolizeigesetz.

Meine Damen und Herren! Der jetzt vom Kollegen Elmecker verlesene Abänderungsantrag ist ein Indiz mehr dafür, daß es sich bei diesem Paket um eine typische Ho-ruck-Aktion der Regierungsparteien handelt. Es ist typisch, daß man unter dem Zugzwang des Beitrittes zur Europäischen Union und am Vorabend des Beitrittes zum Schengener Abkommen noch ausständige Gesetzesmaterien rasch den EU-Bestimmungen anpassen muß. Darüber hinaus hat man es auch nicht für sinnvoll und notwendig erachtet, offene Fragen im Ausschuß einer eingehenden Diskussion zu unterziehen.

Ich gebe schon zu, Herr Bundesminister, wir hatten die Möglichkeit, im Sommer im Rahmen eines Unterausschusses wichtige Fragen zu diskutieren, Experten beizuziehen, aber angesichts der Regelungen, die von den Koalitionsparteien dann getroffen worden sind – wie beispielsweise die Frage des Psychotests oder die Abkühlphase –, wäre es durchaus notwendig und sinnvoll gewesen, im Ausschuß intensiver und ausführlicher zu diskutieren, und da Kollege Elmecker jetzt gemeint hat, das Gesetz soll erst mit 1. Juli in Kraft treten, hätten wir auch noch Zeit dazu gehabt. Es wäre also nicht notwendig gewesen, dieses Gesetz durch den Ausschuß zu peitschen.

Meine Damen und Herren! Zum Waffengesetz. Wir Liberale werden diesem Waffengesetz unsere Zustimmung nicht geben. Der Hauptkritikpunkt ist und bleibt die Frage der psychologischen Untersuchung, die Frage des Psychotests. Die hier getroffenen Regelungen sind absolut überzogen. Ich halte es wirklich für eigentlich nicht zumutbar, all jenen, die eine Waffe erwerben wollen, einfach zu unterstellen, daß das krankhaft ist, denn immerhin ergab eine Untersuchung, daß 83 Prozent derjenigen, die eine Waffe erwerben wollen, dies aus Angst um die persönliche Sicherheit tun und 74 Prozent dadurch mehr Schutz für ihre Familie haben wollen. All denen, meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, zu unterstellen, daß sie, nur weil sie mehr Schutz für die Familie wollen, nur weil sie auch mehr persönlichen Schutz haben wollen, krank seien und deshalb einem psychologischen Test zu unterziehen wären, halte ich für übertrieben und auch für absolut unnotwendig. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Dazu kommt noch – das hat die Diskussion gezeigt, Experten haben sich dazu zu Wort gemeldet; da wäre es günstig gewesen, sich wirklich eingehend zu informieren, und das zeigt auch, daß wir im Ausschuß wirklich mehr debattieren und diskutieren hätten sollen –, daß es keinen zwingenden Zusammenhang zwischen der Waffenkriminalität


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oder einer hohen Kriminalitätsrate und einem liberalen Waffengesetz gibt. Beispielsweise gibt es in der Bundesrepublik Deutschland ein sehr restriktives Waffengesetz, aber eine höhere Kriminalität mit Waffen. In der Schweiz ist es gerade umgekehrt. Dort gibt es ein liberales Waffengesetz, aber wenig Kriminalität mit Waffen. Daher glaube ich, daß die Argumente, die Sie vorgebracht haben, nicht wirklich stimmen und nicht wirklich passen.

Meine Damen und Herren! Die Bestimmung ist ja auch deshalb total verunglückt, weil Sie im Waffengesetz eine Ausnahme vorgesehen haben, wonach der Inhaber einer Jagdkarte keine Verläßlichkeitsprüfung braucht. Und daß das nicht funktionieren kann, glaube ich, zeigen ja die Beispiele aus der Vergangenheit. Ich lese Ihnen nur einige Meldungen über Jagdunfälle in der Vergangenheit vor.

Jäger haben jüngst Wildschweine mit Haflingern verwechselt. Es ist dazu gekommen, daß Jäger einen Elch nicht erkannt haben, obwohl er ein streng geschütztes Tier ist. (Abg. Kiss: Das war ein Schweizer!) Und dann, meine Damen und Herren, kommt noch der Landesjagdmeister von Niederösterreich daher und fordert eine strenge Bestrafung. Keine Gnade!, sagt er und erklärt, das seien keine Jäger, sondern höchstens Jagdkarteninhaber gewesen. Und genau diesen Jagdkarteninhabern, die, wie man sieht, nicht einmal in der Lage sind, ein Wild zu erkennen, geben wir eine Ausnahmegenehmigung! Diese Bestimmungen sind wirklich total verunglückt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! In diesem ganzen Paket, das heute beschlossen werden soll, ist noch eine Bestimmung enthalten, nämlich die Änderung des Unterbringungsgesetzes. Mit diesem Gesetz, mit dieser Novelle, Herr Kollege Kiss und Herr Bundesminister, wollen Sie die "Ges-Kartei" legalisieren. Kollege Elmecker hat hier die Vorteile dieser Neuregelung dargestellt. Ich gebe schon zu, daß damit eine Legalisierung erfolgt, aber die "Ges-Kartei" als solche bleibt erhalten, und das lehnen wir ab. Daher werden wir einer derartigen Novelle unsere Zustimmung auch nicht geben.

Genauso lehnen wir es ab, daß eine andere Kartei geschaffen wird, nämlich die Gefährderkartei nach dem Sicherheitspolizeigesetz. Es ist doch so, daß die Bedingungen, unter denen jemand in diese Kartei aufgenommen wird, zu wenig determiniert sind, meine Damen und Herren, auch wenn der Bezug zum Sicherheitspolizeigesetz gegeben ist. Es wäre notwendig gewesen, dies genauer zu bestimmen.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Ich komme zum Schluß. Mit diesem Paket laufen die Vorbereitungen für die Rasterfahndung auf vollen Touren. Mit diesen Bestimmungen wollen Sie die totale datenmäßige Erfassung unserer Bürger. (Zwischenruf des Abg. Kiss. ) Mit diesen Bestimmungen treten Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, die Bürger- und Menschenrechte mit Füßen. Daher werden wir Liberale diesen Bestimmungen nicht unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Platter. Er hat das Wort.

23.07

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über den Entwurf dieses neuen Waffengesetzes debattieren, so möchte ich mich zunächst ganz allgemein mit den Vor- und Nachteilen eines restriktiven Waffengesetzes auseinandersetzen.

Sinn eines Waffengesetzes soll es sein, den zivilen Zugang zu den Schußwaffen aus dem Blickwinkel zu regeln, daß damit eine wirksame Maßnahme zur Kriminalitätsbekämpfung der Straftaten mit Schußwaffen gesetzt wird. Es sind zweifellos schon schreckliche Gewaltverbrechen mit Schußwaffen verübt worden, und man läuft aufgrund dieser Einzelbeispiele manchmal Gefahr, bei der Gesetzwerdung die nüchterne und sachliche Betrachtung gerade bei solch sensiblen Bereichen, wie es der Waffenbesitz ist, zu vernachlässigen. (Abg. Hans Helmut Moser: Aber diesen Leuten soll man keinen Persilschein ausstellen!)


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Wenn man sich die Straftaten mit Schußwaffen in Österreich anschaut, so kann man feststellen, daß von den bekanntgewordenen Straftaten, Herr Abgeordneter Moser, lediglich 0,04 Prozent der Verbrechen mit Schußabgabe verübt wurden. Ich möchte zweifellos die Zahl der Gewaltverbrechen mit Schußwaffen nicht bagatellisieren, aber ich bin der Meinung, Herr Abgeordneter Moser, daß das strengste Gesetz der Welt Gewaltverbrechen mit Schußwaffen nicht verhindern können wird, weil natürlich diese Straftaten vorwiegend mit illegalen Waffen begangen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Da ich gesagt habe, daß das strengste Waffengesetz Gewaltverbrechen mit Schußwaffen sehr schwer verhindern kann, möchte ich auch einige Beispiele dafür nennen. Deutschland hat ein erheblich strengeres, restriktiveres Waffengesetz, als es unser liberales Gesetz darstellt, und es ist nun interessant, festzustellen, daß trotz dieses strengen Waffengesetzes in Deutschland zweieinhalbmal mehr Straftaten mit Schußwaffen verübt werden als in Österreich. In England ist trotz wiederholter massiver Verschärfung des Waffenrechtes die Zahl von Raubüberfällen mit Schußwaffen dramatisch gestiegen, so auch zum Beispiel in Ungarn. – Das sind Fakten, die wir bei der Behandlung eines Gesetzes zweifellos berücksichtigen sollten.

Meine Damen und Herren! Ich möchte nun zum Inhalt dieses Waffengesetzes kommen. Wenn aufgrund der EU-Anpassung ein neues Waffengesetz in Österreich beschlossen werden soll, so muß man meiner Meinung nach zwei Komponenten beachten: zum ersten, daß das neue Waffengesetz der Sicherheit österreichischer Bürger dienen soll, zum zweiten aber, daß keine unnotwendigen Nachteile für unbescholtene, rechtschaffene Waffenbesitzer entstehen.

Zumal dieser Gesetzentwurf auch Bestimmungen enthält, die über die EU-Richtlinien hinausgehen, möchte ich mich mit diesen Dingen ganz kurz beschäftigen. Als erstes zur Abkühlphase, die über die EU-Richtlinie hinausgeht.

Die von Herrn Minister Einem ursprünglich vorgesehene Dauer der Abkühlphase von einer Woche konnte auf ein vernünftiges Maß von drei Tagen reduziert werden. Ich bekenne mich zu einer dreitägigen Abkühlphase und habe das auch nie in Frage gestellt, denn sollte dadurch auch nur ein Gewaltverbrechen verhindert werden können, so hat sich diese Abkühlphase meiner Meinung nach bewährt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der zweite Bereich, der über die EU-Richtlinie hinausgeht, ist die Verläßlichkeitsprüfung. Ich habe die im ersten Entwurf dieses Waffengesetzes beabsichtigte psychologische Untersuchung sehr kritisiert und bin nun etwas erleichtert, daß die geplante Untersuchung durch einen Fragebogen ersetzt wird. Dieser Fragebogen beziehungsweise Persönlichkeitstest soll nun dazu dienen, daß erkennbar ist, ob jemand dazu neigt, insbesondere unter psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden.

Aber die genaue Durchführung dieses Persönlichkeitstests wird durch Verordnung vom Innenminister festgelegt. Herr Minister! Die Abwicklung dieses Persönlichkeitstests muß meiner Meinung nach für den Erstantragsteller so unbürokratisch wie nur möglich gemacht werden. Ich denke gerade an den ländlichen Raum. Dort darf es, wie es auch beim Paßgesetz war, keine Benachteiligungen geben. Daher erwarte ich mir, daß das Ausfüllen dieses Formulars auch bei den Bezirksverwaltungsbehörden und Polizeidirektionen durchgeführt werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen wirklich auf den ländlichen Raum schauen, denn die Leute müssen immer in die Landeshauptstädte fahren, um solche Dinge zu erledigen.

Meine Damen und Herren! Im ersten Entwurf, der in Begutachtung gegangen ist, waren keine Ausnahmen von der Verläßlichkeitsprüfung vorgesehen. Und ich bin wirklich froh darüber, daß es aufgrund der Einwendungen der ÖVP doch Personengruppen beziehungsweise Vereinigungen gibt, die nun von der Verläßlichkeitsprüfung ausgenommen werden. Es macht nämlich überhaupt keinen Sinn, daß Menschen, die entsprechende Prüfungen absolviert haben und ausgebildet sind, wie zum Beispiel die Jäger, Mitglieder traditioneller Schützenvereinigungen und Sportschützen, sowie Personen, denen dienstlich Waffen zugeteilt sind, noch zusätzlich einen


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Psychotest machen müssen. Ich begrüße das. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe.) Ich bin kein Jäger und kein Schütze, ich glaube nur, daß man vernünftige Gesetze machen muß.

Ein weiterer Punkt war mir als Tiroler Abgeordnetem ein besonderes Anliegen, und zwar, daß die traditionellen Schützenkompanien mit einer Sammelmeldung ihrer Meldepflicht nachkommen können. Der Kommandant einer Schützenkompanie kann in einer Sammelmeldung alle Waffen bei der Behörde melden. Das war eine massive Forderung der Tiroler Landesregierung und der Tiroler Schützen.

Zusammenfassend: Die ÖVP sagt ja zu diesem neuen Waffengesetz, weil uns der sorgfältige und gewissenhafte Umgang mit Waffen in Österreich ein Anliegen ist, aber auch, weil unsere Forderungen berücksichtigt worden sind, daß Schützen, Jäger, Sportschützen, Exekutive und Soldaten von einigen Bestimmungen dieses Gesetzes ausgenommen wurden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

23.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Er hat das Wort.

23.14

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Einleitend darf ich sagen: Ich habe schon schlechteren Gesetzen zugestimmt. (Heiterkeit.) Daß wir diesem Gesetz trotzdem nicht zustimmen werden, liegt in einigen Bestimmungen, über die wir einfach nicht drüberkommen – ich persönlich nicht und auch meine Fraktionskollegen nicht.

Ich werde mir drei dieser Probleme herausgreifen, sie kurz behandeln – allzu viel Zeit bleibt mir dazu nicht – und darf dann einen Abänderungsantrag verlesen, den wir zu diesem Thema einbringen.

Der Problemkreis Nummer eins hängt mit der heute schon mehrfach zitierten psychologischen Prüfung zusammen, die an und für sich, wie Fachleute sagen, ein sehr fragwürdiges Unterfangen ist. Denn ernstzunehmende Psychologen vertreten die nachvollziehbare Meinung, daß niemand sagen könne, ob jemand in Zukunft einmal ausrasten werde oder nicht, das geht überhaupt nicht. Das ist Humbug, aber bitte schön.

Jetzt ist es im Zuge der Diskussionen über diese Vorlage gelungen, Ausnahmen zu konstruieren. Man hat all diejenigen, die ohnehin in Erfüllung ihres Berufes oder ähnlicher Pflichten Waffen zu tragen haben – die Gendarmeriebeamten, die Polizeibeamten, die Justizwachebeamten, die Zollwachebeamten –, von der Verpflichtung, sich dieser Prüfung zu unterziehen, ausgenommen, ebenso die Berufssoldaten, aber nicht ihre Kollegen aus dem Milizstande. Wenn es also Einheiten gibt, in der zwei Kompanien nebeneinander geführt werden, die eine Kompanie von einem Berufsoffizier als Hauptmann und die andere Kompanie von einem Milizoffizier als Hauptmann – beide sind gleich ausgebildet, beide tragen die gleiche Verantwortung, ich hoffe, beide sind auch gleich verläßlich –, dann ist es völlig sinnlos und unlogisch und grenzt an Schikane, daß zwar der Berufsoffizier – dasselbe gilt für den Berufsunteroffizier oder die Berufscharge – ausgenommen ist, aber nicht der Milizoffizier. Warum nicht? – Ich kann das einfach nicht nachvollziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das sind die Dinge, die uns daran hindern, dieser Gesetzesvorlage zuzustimmen. Man müßte die Ausnahmeregelung – und wir haben das in den Antrag hineingenommen – auf die Angehörigen des Milizstandes ausdehnen. Ich habe sie ursprünglich im Ausschuß auf alle Personen ausgedehnt sehen wollen, die den Grundwehrdienst absolviert haben. Ich habe mich selbst zurückgenommen, weil ich mir gesagt habe, da kann man geteilter Meinung sein. Aber daß heute ein Milizangehöriger und ein adäquater Berufssoldat nicht gleich behandelt werden sollten, kann ich nicht verstehen.

Problemkreis Nummer zwei: Wir müssen immer wieder beobachten, daß Waffen beschlagnahmt, eingezogen – ich will mir jetzt nicht die Termini in Erinnerung rufen –, abgegeben werden


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müssen. Jenen Leuten, die dafür maßgeblich sind, welche mitunter für den Sammler interessanten Waffen eingezogen werden, sagt man häufig – vielleicht nicht ganz unbegründet – ein gewisses Naheverhältnis zu den Sammlerbereichen nach. Das heißt – ich verkürze das jetzt ein bisserl –, man behauptet, Leute, die selber sammeln, seien nicht ganz unmaßgeblich daran beteiligt, festzulegen, welche Gegenstände im konkreten Fall abzugeben sind oder nicht. Und dann können um Bagatellbeträge interessante Stücke auf kurzem Wege von denselben Personen erworben werden. Das kann es nicht sein!

Ich ärgere mich als Anwalt seit drei Jahrzehnten darüber, daß ich den Eindruck habe, es wird genau das beschlagnahmt, was einer aus diesem Bereich haben will, und der kann es dann auch im kurzen Wege sehr billig erwerben. – Davon muß man wegkommen. Daher muß die Bestimmung heraus, daß das auch über einen Waffenhändler möglich ist. Denn jeder von diesen Privilegierten, die Ausnahmegenehmigungen für alles mögliche haben, was man auch nicht immer versteht, hat einen Waffenhändler, mit dem er zusammenarbeiten kann. Wir sind der Ansicht, daß das nur im Wege der öffentlichen Versteigerung – Klammern: im Dorotheum – nach entsprechender Kundmachung in der "Wiener Zeitung" geschehen soll, um diese Hintertreiberei zu erschweren.

Das dritte ist – und jetzt muß ich mich wirklich beeilen – ein rechtsstaatliches Unikum und außerordentlich bedenklich: Nach wie vor soll es im Bereich des Bundeslandes und der Bundeshauptstadt Wien keinen Instanzenzug geben. Denn in Wien sind Bundespolizeidirektion – erste Instanz – und Sicherheitsdirektion – zweite Instanz – in Wahrheit ein und dieselbe Behörde, und ein und derselbe Beamte lacht einem dort in beiden Verkleidungen entgegen. Das ist ein rechtsstaatliches Unikum, das wollen wir heraußen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich lese den Abänderungsantrag im Expreßtempo vor:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ofner, Lafer und Kollegen betreffend die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Waffengesetz 1996 erlassen und das Unterbringungsgesetz, das Strafgesetzbuch sowie das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden (457 der Beilagen), in der Fassung des Ausschußberichtes

1. In Art. I lautet § 25 Abs. 6:

"(6) Abgelieferte Waffen (Abs. 4) und – nach Eintritt der Rechtskraft des Entziehungsbescheides – sichergestellte Waffen (Abs. 5) sind von der Behörde der öffentlichen Versteigerung unter entsprechender detaillierter Kundmachung in der ,Wiener Zeitung’ zuzuführen. Der Erlös ist dem früheren Besitzer der Waffen auszufolgen." – Also nicht kurzwegige Durchstechereien, sondern öffentliche Versteigerung.

2. In Art. I lautet § 47 Abs. 4:

"(4) Auf Menschen, die nachweisen, daß ihnen im Rahmen eines Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft von dieser genehmigungspflichtige Schußwaffen als Dienstwaffen zugeteilt worden sind, sowie auf Angehörige des Milizstandes des österreichischen Bundesheeres ist § 8 Abs. 7 nur anzuwenden, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, der Berechtigte könnte aus einem der in § 8 Abs. 2 genannten Gründe nicht mehr verläßlich sein oder weil er insbesondere unter psychischer Belastung dazu neigt, mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden."

3. In Art. I lautet § 49 erster Satz:


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"§ 49. Über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde hat die Sicherheitsdirektion, über solche gegen Bescheide der Bundespolizeidirektion hat das Bundesministerium für Inneres in letzter Instanz zu entscheiden."

*****

In einem Rechtsstaat muß man dafür sorgen, daß es immer zwei Instanzen gibt, und zwar zwei echte Instanzen.

Ich lade Sie ein, ich bitte Sie aufgrund meiner beruflichen Erfahrung, diesem Abänderungsantrag zuzustimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte sehr.

23.21

Bundesminister für Inneres Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Erlauben Sie mir, daß ich auch noch ein paar Worte zu dem zum Teil gelobten, zum Teil kritisierten Entwurf sage.

Uns geht es bei diesem Entwurf primär um mehr Sicherheit, und zwar um mehr Sicherheit für die friedlich in diesem Lande lebenden Menschen, um mehr Sicherheit für – um nur einige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit zu nennen – unschuldige Kinder, für Ehegatten oder Ehegattinnen, für Richter – kurz: für Menschen – vor anderen Menschen, die allenfalls in Ausnahmesituationen zur Waffe greifen. Darum geht es, und dafür trete ich auch ein.

Ich habe daher die Umsetzung der Richtlinie der Europäischen Union, wozu wir verpflichtet waren und welche zuletzt nur Österreich und Finnland noch nicht vorgenommen haben, zum Anlaß genommen, weitere Verbesserungen zur Diskussion zu stellen und zur Beschlußfassung vorzuschlagen.

Da wir Amokläufe von sonst unauffälligen oder – wie ein Abgeordneter gesagt hat – unbescholtenen und rechtschaffenen Mitbürgern mit gefährlichen Hilfsmitteln vermeiden wollen und da die bisherigen Instrumente dazu ungeeignet waren, haben wir zwei Neuerungen vorgeschlagen.

Die eine ist das im Zuge der Zuverlässigkeitsprüfung vor Erteilung der Genehmigung zum Erwerb einer genehmigungspflichtigen Waffe beizubringende Gutachten, das insbesondere darüber Auskunft gibt, wie der Waffenscheinwerber unter Streß oder in psychischen Ausnahmesituationen reagiert oder vermutlich reagieren wird.

Zweiter Teil: Vor der Ausfolgung einer nicht genehmigungspflichtigen, also bloß meldepflichtigen oder frei erhältlichen Waffe durch den Waffenhändler soll es künftig eine sogenannte Abkühlphase geben, damit niemand aus einem Streit heraus in die Waffenhandlung geht, um fehlende Argumente durch eine Waffe zu ersetzen.

Lassen Sie mich aber auch noch ein Wort dazu sagen, warum die bisherigen Instrumente ungeeignet gewesen sind. Sie waren es primär nicht deshalb, weil es dennoch Amokläufe gegeben hat. Sie waren es deshalb, weil sie nach Auskunft von Fachleuten objektiv ungeeignet waren, das Problem überhaupt zu prüfen. Der bloße Vermerk in der sogenannten "Ges-Kartei" über eine Amtshandlung im Zusammenhang mit der Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt bietet keine entscheidenden und geeigneten Anhaltspunkte für eine triftige Einschätzung des in diesem Falle maßgeblichen Risikos. Er bietet allerdings Ansatzpunkte für eine persönliche Diskriminierung, die es zu vermeiden gilt. Dazu allerdings noch später ein Wort.


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Lassen Sie mich noch ein klares Wort sagen, weil auch dazu hier und heute schon wieder das gleiche Vorurteil vertreten worden ist, und zwar ein Wort an all jene, die sich in den vergangenen Wochen oder auch heute bemüht haben, den Eindruck zu erwecken, damit werde ein Anschlag auf die unbescholtenen und rechtschaffenen Österreicherinnen und Österreicher verübt oder, wie ein buntes Blatt behauptet hat, es würden 900 000 Österreicher zum "Idiotentest" geschickt.

Herr Abgeordneter Moser! Auch wenn ein Jäger einen Elch nicht zu erkennen vermag oder ein Wildschwein mit einem Treiber verwechselt, wird er nicht zum Blindentest geschickt. Es wäre aber sinnvoll, bei jemandem, der eine Jagdwaffe in die Hand nimmt, auch sicherzustellen, daß er geeignet ist zu sehen. Sonst ist es zu gefährlich. (Beifall bei der SPÖ und der Abg. Dr. Sonja Moser. )

Die Mehrheit der Menschen in diesem Land hat einen Anspruch darauf, in Sicherheit und Geborgenheit zu leben. Sie hat einen Anspruch darauf, daß die Behörden alles Menschenmögliche tun, um vermeidbare Gefahren auch tatsächlich zu vermeiden. Sie hat daher auch einen Anspruch darauf, daß wir niemandem eine Waffe in die Hand geben, der – und wenn auch nur in Ausnahmesituationen – damit andere gefährdet, verletzt oder gar tötet. Deshalb ist die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher für einen entsprechenden Zuverlässigkeitstest, und dem gegenüber haben andere Interessen und auch Eitelkeiten zurückzustehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Lassen Sie mich aber abschließend auch noch ein Wort zum Artikel 2 des Gesetzentwurfes sagen. Seit der Beschlußfassung über das Unterbringungsgesetz im Jahr 1990 stand die Frage der Neuregelung dieses Themenkomplexes, nämlich des Themenkomplexes der sogenannten "Ges-Kartei", formell im Raum. Die Diskussion um den Sinn und die stigmatisierende Wirkung der Eintragung in die "Ges-Kartei" bei Unterbringungsfällen reichen allerdings schon in die siebziger Jahre zurück.

Im Rahmen der Beschlußfassung über das Sicherheitspolizeigesetz wurde neuerlich keine Lösung gefunden. Ich selbst habe daher voriges Jahr hier im Hohen Haus zugesagt, eine gesetzliche Regelung dieser Frage vorzulegen. Sie liegt nun formell als Beitrag des Bundesministers für Justiz wegen der fachlichen Zuständigkeit für das Unterbringungsgesetz vor.

Diese Regelung schafft die bisherige "Ges-Kartei" als solche ab und bringt zugleich eine einwandfreie auch datenschutzrechtliche Absicherung der notwendig verbleibenden Informationen. So gesehen ist heute auch ein Tag der Befreiung, nämlich der Befreiung vieler Menschen, die einmal mit dem Polizeiamtsarzt in Berührung gekommen sind, von dem zumindest vermeintlichen Makel, sie wären keine vollwertigen Mitglieder dieser Gesellschaft oder gar geisteskrank. So gesehen wird durch diese Neuerung unsere Welt auch ein wenig menschlicher für jene, die, aus welchem Grund auch immer, einmal beim Polizeiamtsarzt waren, ohne daß sie sonst irgendein Unterscheidungsmerkmal zu den übrigen Bewohnern dieses Landes hätten.

Ich komme zum Schluß. Niemand braucht den nun vorgesehenen Test zu fürchten. Es geht nicht zuletzt auch um den eigenen Schutz vor im Extremfall grauenhaften Kurzschlußreaktionen. Es gilt, verantwortliches Verhalten zu unterstützen und Schutz der Menschen in diesem Land großzuschreiben: Schutz vor unsachgemäßem Waffengebrauch, Schutz vor ungerechtfertigter Diskriminierung und schließlich auch Schutz der intervenierenden Exekutivbeamten vor gefährlichen Kontrahenten. All dies wird durch das vorliegende Gesetz verbessert. Ich ersuche Sie daher auch um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

23.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Anschober.

23.27

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt hat es so viele schöne und richtige Worte vom Innenminister zu diesem Gesetz gegeben, da bleibt nur mehr wenig zu sagen, denn das hat tatsächlich den Punkt getroffen.


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Noch kurz zum lieben General Moser. – Lieber Kollege Moser! Ich glaube nicht, daß es eine ideale Definition von Liberalismus ist, wenn man glaubt, es sei liberal, wenn Menschen einen möglichst freien Zugang zu Waffen haben. (Abg. Mag. Peter: Wie kann ein General lieb sein?) Ich glaube nicht, daß man es so verkürzt darstellen kann.

Ich glaube auch nicht, daß es korrekt ist, Kollege Moser, zu sagen, dieses Gesetz sei durchgepeitscht worden. Wir haben seit 1994 im zuständigen Ausschuß über dieses Gesetz diskutiert, es gab einen Unterausschuß dazu. Ich glaube, daß es selten eine so detaillierte, konkrete, auch mit Fachexperten ausgestattete Beratung eines Gesetzes gegeben hat. Ich begrüße das. Ich glaube, daß auch aufgrund der Experten eine gute Willensbildung in diesem Ausschuß stattgefunden hat.

Zu den Ausführungen des Kameraden Lafer kann ich nur sagen: Er hat interessanterweise gemeint, es sei ein Anschlag gegen die Freiheit der Bürger, wenn der Psychotest realisiert würde. – Kollege Lafer – ich weiß nicht, ob er noch da ist, ich sehe ihn nicht mehr –, ich zeige Ihnen etwas, diesen Ausweis hier, den Führerschein. Wenn ich jetzt sagen würde, für die Führerscheinprüfung sollte es in Zukunft keine Überprüfung der medizinischen und der psychologischen Voraussetzungen geben, dann würde mir niemand hier im Haus zustimmen. Für genauso selbstverständlich erachte ich es, daß nicht nur die Fähigkeit zum Fahren von Autos vorher überprüft werden muß, sondern daß auch das Tragen von Waffen selbstverständlich eine psychologische Überprüfung notwendig macht. Das ist zumindest nicht weniger gefährlich, es beinhaltet zumindest das gleiche Risiko.

Schauen Sie sich doch die Tageszeitungen an, dann werden Sie sehen, wie viele verheerende Verbrechen in diesem Zusammenhang gegen völlig unschuldige, unbescholtene Bürger passieren.

Ich persönlich habe es zwar als einen richtigen Schritt empfunden, daß es da zu einer Verschärfung kommt, aber ich erachte es auch als Tragödie, daß man auf Zuruf einzelner Lobbies – seien es die Tiroler Schützen, seien es irgendwelche Jagdverbände – bereit gewesen ist, Stück für Stück dieses richtige Gesetz, dem wir zustimmen werden, auszuhöhlen. Ich halte das für ein schlechtes Zeichen. Grundsätzlich ist aber trotzdem zumindest eine Verschärfung im Vergleich zum Status quo übriggeblieben, und es ist vor allem ein Signal in Richtung verstärkter Sensibilisierung der Öffentlichkeit gegenüber Waffen, Waffenmißbrauch, Waffengebrauch. Deswegen werden wir diesem Gesetz – trotz aller Bedenken, was dessen Aushöhlung betrifft – dennoch zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei der SPÖ.)

23.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.

23.31

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die erforderlichen EU-Anpassungen sind eine gute Gelegenheit, ein modernes, reformiertes Waffengesetz vorzulegen. Es ist hier gesagt worden, daß es relativ strenge Bestimmungen enthält, und ich möchte dazu sagen, daß ich diese befürworte, daß ich sie für wichtig und richtig halte. Ich meine, daß gerade die Verbesserungen bei der Verläßlichkeitsprüfung sehr wichtig sind.

Es werden erstaunliche Emotionen durch dieses neue Waffengesetz hervorgerufen. So wird beispielsweise gesagt, daß dadurch die persönliche Freiheit gefährdet wird, oder es wird uns unterstellt, daß wir alle, die eine Waffe kaufen wollen, für Psychopathen halten. Das tun wir in keiner Weise, sondern wir wollen nur nicht, daß Psychopathen in die Situation kommen, mit einer Waffe Amok zu laufen. Doch das geschieht leider immer wieder.

Lesen Sie bitte die Zeitungen! Es kommt leider immer wieder vor, daß Waffennarren in einer schwierigen psychischen Situation Amok laufen. Es kommt auch vor – auch wenn wir das nicht gerne hören oder wenn wir versuchen, das zu verdrängen –, daß Familienväter in einer psychischen Ausnahmesituation die Waffe gegen ihre Ehefrau oder gegen ihre Lebensgefährtin oder gegen ihre Kinder richten. (Abg. Jung: Aber keine Waffenscheinbesitzer!) Ich könnte Ihnen


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einen großen Stoß von Zeitungsartikeln zeigen, die beweisen, daß es notwendig ist, Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Denn: Es kommt immer wieder vor, daß die Leute in der Umgebung des Täters sagen, man hätte das schon vorher wissen müssen, eigentlich hätten alle gewußt, daß der Täter ein psychisch schwieriger Mensch ist und daß zu befürchten war, daß er irgendwann einmal ausrasten wird.

Psychotests geben keine hundertprozentige Sicherheit, daß man so etwas ausschließen kann, das gebe ich zu. So wissen wir beispielsweise aus dem Bereich des Strafrechts und auch aus dem Bereich des Strafvollzugs, daß nicht immer jede psychische Störung erkannt werden kann. Es ist aber wichtig – und ich halte dies für einen Fortschritt –, daß ein psychologischer Test eingeführt wird, weil es doch in vielen Fällen möglich sein wird, problematische Persönlichkeiten rechtzeitig zu erkennen.

Das Argument, daß die meisten Verbrechen mit illegalen Waffen begangen werden, ist zwar richtig, aber es greift nicht in diesem Fall. Wir müssen im Bereich des legalen Waffenbesitzes vernünftige Maßnahmen treffen, und ich meine, daß das bei diesem Gesetz zutrifft, das ich, wie gesagt, für richtig halte.

Es wird, wie schon erwähnt wurde, auch das Unterbringungsgesetz novelliert, und zwar soll die chefärztliche Evidenz bei den Bundespolizeidirektionen abgeschafft werden. Diese chefärztlichen Evidenzen sind als "Ges-Karteien" bekannt. Sie haben, wie mir scheint, zu Recht immer wieder für Aufregung gesorgt. Die Betroffenen haben sich stigmatisiert gefühlt, und diese Einrichtung hat keineswegs zu mehr Sicherheit geführt. In sehr vielen Fällen waren die "Ges-Karteien" in keiner Weise aufschlußreich.

Es ist daher zu begrüßen, daß die endlos lange Diskussion über die "Ges-Karteien" nun ihren Abschluß findet, indem wir dieselben abschaffen.

Ich sehe aber ein, daß die Polizei für ihre Arbeit eine Dokumentation braucht, und zwar zu ihrem eigenen Schutz, aber auch zum Schutz der Bevölkerung. Ich meine, daß die Regelung, die nun getroffen wird, auch vom Standpunkt des Datenschutzes aus gut abgesichert und sinnvoll ist. Daher glaube ich, daß im großen und ganzen ein gutes und sinnvolles Gesetz gelungen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

23.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Karl Freund. – Bitte.

23.35

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir beschließen heute Änderungen im Waffengesetz, das in den letzten Wochen zum Teil heftig diskutiert wurde. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den Entwurf des Innenministers, in dem ein psychologischer Test für Jäger, Sportschützen und sonstige Schützenvereinigungen beim Erwerb einer Waffe vorgesehen war. Auf Initiative der Volkspartei konnten jedoch für diese Gruppen einige Härten beseitigt werden.

Das Waffengesetz 1996 ist in bestimmten Bereichen strenger als die Waffenrichtlinie der EU. Im wesentlichen geht es darum, daß nicht jeder Bürger ohne Hindernis in den Besitz einer Waffe gelangen kann. Daher muß es zu Beschränkungen kommen. Ich begrüße daher ausdrücklich die Meldepflicht und auch die verpflichtende Verläßlichkeitsprüfung, jedoch mit den von mir bereits zitierten weitreichenden Ausnahmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters stehe ich der Einführung einer sogenannten Abkühlphase sowie der zahlenmäßigen Beschränkung von Waffen für Einzelpersonen positiv gegenüber.

Ich möchte jedoch betonen, daß diese Novelle zum Waffengesetz, die wir heute beschließen werden, alleine nicht garantieren kann, daß Kriminelle von nun an nicht mehr zu Waffen kommen und diese mißbräuchlich verwenden. Es ist eine Tatsache, daß die meisten Verbrechen mit illegalen Waffen begangen werden; etliche meiner Vorredner haben schon darauf hingewiesen.


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Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es wären zur Ergänzung dieser heutigen Novelle weitreichende Überlegungen dahin gehend notwendig, wie man Mißbrauch in bezug auf Waffen weiter einschränken könnte. Es läge zum Beispiel die Überlegung auf der Hand, daß man im Hinblick auf die psychologische Eignung eines Menschen im Umgang mit Waffen eine gewisse Sachkenntnis verlangt. Wenn man bedenkt, daß man heute fast für alles eine Art Prüfung absolvieren muß, erscheint es geradezu absurd, daß man Waffen ohne jeglichen Nachweis einer Sachkenntnis erwerben kann. Dabei muß man sich fragen, wozu jemand, der eine Waffe nicht für seinen Beruf oder für sein Hobby braucht, überhaupt eine solche erwerben können soll. Insofern ist es durchaus nicht unerwünscht, daß eine diesbezügliche Berechtigung, zumindest auf der finanziellen Seite, durch einen psychologischen Test eine gewisse Einschränkung erfährt. Wenngleich ich, wie soeben dargelegt, eine solche Beschränkung begrüße, so möchte ich doch bemerken, daß die ursprüngliche Regierungsvorlage zu weit gegangen wäre.

Alle Jäger, Sportschützen und auch solche Personen, die beruflich eine Waffe gebrauchen müssen, hätten sich, wie ich vorhin erwähnt habe, einem psychologischen Test unterziehen müssen, und daher war es vertretbar, daß SPÖ und ÖVP mit einem gemeinsamen Abänderungsantrag diesen Umstand gemindert und zum Teil beseitigt haben.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, daß man dieses Ergebnis herzeigen kann, weil es zu mehr Sicherheit in unserem Land beiträgt, und ich glaube auch, daß niemand durch diese Maßnahmen ungebührlich belastet wird.

Auf eines möchte ich in diesem Zusammenhang noch hinweisen, weil es mir ganz besonders am Herzen liegt, und zwar auf das Problem mit den sogenannten Air-soft-Pistolen.

Hohes Haus! Mit Bestürzung habe ich zufällig in der Sendung "Willkommen Österreich" am 4. November dieses Jahres einen Bericht gesehen, in welchem eine Familie gezeigt wurde, wo ein 13jähriger Sohn eine Spielzeugpistole gekauft hat, ohne daß die Eltern davon gewußt haben. Es handelte sich dabei um eine Air-soft-Pistole, welche allerdings einer echten Glock, wie sie von unserer Exekutive verwendet wird, sehr ähnlich sieht und auch vom Gewicht her gleicht. Mit dieser Pistole – so wurde mir gesagt, und ich habe das auch bei einem Test gesehen – können sich Kinder verletzen. So kann man damit aus drei Metern Entfernung 20 Blatt Papier oder auch ein rohes Ei durchschießen. Ich meine daher, daß eine solche Pistole ein sehr gefährliches Spielzeug für unsere Kinder darstellt und daß man sich überlegen sollte, ob man dieses Spielzeug im Interesse der Gesundheit unserer Kinder nicht doch verbieten sollte. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

23.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Parfuss.

23.40

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Daß der Besitz und der Umgang mit Waffen einer gewissen Faszination unterliegen, ist heute wieder einmal bewiesen worden, und zwar von den Kollegen Lafer und Moser. Aber denken wir auch an die Wildwestfilme, wo der Revolverheld der Inbegriff des attraktiven Mannes ist: mutig, einsatzbereit, cool. Wir alle wissen aber auch, daß das nur ein Klischee ist, aber Klischees haben eben an sich, daß sie Gefühle vermitteln. Besonders Waffen vermitteln offensichtlich Gefühle.

Herr Abgeordneter Moser hat vorhin mehrere Motive für den Waffenkauf aufgezählt, beispielsweise die Liebe zu den Waffen, den Schutz der Familie oder die Angst um die persönliche Sicherheit. Ich schließe daraus, daß Waffen das Gefühl von Sicherheit und Stärke geben.

Obwohl Österreich eines der sichersten Länder der Welt ist, ist der Wunsch nach dem Besitz von Waffen ein sehr verbreiteter. Das wissen wir aus den offiziellen Zahlen der Waffenbesitzer, Zahlen, die für sich sprechen.

Daß von Waffen aber keine Sicherheit, sondern Bedrohung ausgeht, zeigen allein die Delikte im heurigen Jahr, von denen einige hier schon erwähnt worden sind. So kommt es beispielsweise


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vor, daß Familienmitglieder, vom Kind angefangen bis zur Großmutter, im Affekt, unter Alkoholeinfluß oder aufgrund eines psychischen Kurzschlusses ins Jenseits befördert werden.

Meine Damen und Herren! Waffenwunsch und Waffenbesitz sind männliche Domänen. Morde mit Waffen werden auch in erster Linie von Männern begangen. Der Grund für diese Taten ist sehr oft Sucht, die die Persönlichkeit verändert – der Alkohol spielt dabei eine sehr große Rolle –, aber nicht nur Sucht, sondern auch das Fehlen von sozialer Kompetenz. Das Verständnis, daß Konflikte ein Teil unseres Lebens sind, und die Fähigkeit, damit umzugehen, sollten eigentlich selbstverständlich sein. Doch oft fehlen leider Einfühlungsvermögen und Gesprächsfähigkeit.

Die psychische Stabilität ist Voraussetzung dafür – das wissen wir alle –, daß wir mit Krisen umgehen können. Daß dieses Faktum nun vor Erwerb und Besitz eines so gefährlichen Instruments, wie die Waffe es darstellt, geprüft wird, ist eigentlich logische Konsequenz. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schieder: Sehr richtig!)

Ich verstehe auch gar nicht die Ängste um den psychologischen Test, der nun vorgesehen ist. Ich danke aber von dieser Stelle aus allen, die an diesem Gesetz mitgewirkt haben. Es ist ein Gesetz, dem ich gerne zustimmen werde. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tichy-Schreder. )

23.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren ein.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 543 der Beilagen.

Es liegen Abänderungsanträge der Abgeordneten Elmecker und Ofner vor. Wir werden getrennt abstimmen.

Wir stimmen zuerst über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile ab.

Abgeordneter Dr. Ofner hat einen Abänderungsantrag betreffend Art. I § 25 Abs. 6, § 47 Abs. 4 sowie § 49 erster Satz eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Ofner zustimmen, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Ich lasse nun über Art. I § 25 Abs. 6, § 47 Abs. 4 und § 49 erster Satz in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest: Das ist mit Mehrheit angenommen.

Als nächstes gelangen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Elmecker, Platter betreffend Art. IV Z. 7 § 94 Abs. 3.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag der Abgeordneten Elmecker, Platter zustimmen, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

Nun lasse ich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese Teile des Gesetzes sind mit Mehrheit beschlossen.


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Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen der Bejahung – Ich stelle fest: Die Vorlage ist in dritter Lesung angenommen .

Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 163/A der Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson, Werner Amon und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen (540 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter Abgeordneter Schwemlein hat das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Berichterstatter Emmerich Schwemlein: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 163/A der Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson, Werner Amon und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen.

Der Ausschuß für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 4. Dezember 1996 in Verhandlung genommen.

Im Zuge der Beratungen brachten die Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson, Dr. Karl Maitz, Hans Helmut Moser, Dr. Doris Pollet-Kammerlander einen Abänderungsantrag zum vorliegenden Initiativantrag ein.

Ein weiterer von der Abgeordneten Dr. Pollet-Kammerlander eingebrachter Abänderungsantrag fand nicht die erforderliche Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für innere Angelegenheiten somit den Antrag , der Nationalrat wolle dem dem schriftlichen Ausschußbericht angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Des weiteren darf ich auf zwei Druckfehlerberichtigungen verweisen.

Erstens: In dem in 540 der Beilagen beigedruckten Gesetzestext hat der § 2 folgendermaßen zu lauten:

"Die Herstellung, die Beschaffung, der Verkauf, die Vermittlung, die Ein-, Aus- und Durchfuhr, der Gebrauch und der Besitz von Anti-Personen-Minen sowie von Anti-Ordnungsmechanismen sind verboten."

Zweitens: Im § 3 des genannten Gesetzestextes hat an die Stelle des Wortes "Entschädigungsdienstes" das Wort "Entschärfungsdienstes" zu treten.

Herr Präsident, ich bitte, die Debatte fortzusetzen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter. (Abg. Mag. Stadler: Zur Geschäftsbehandlung!)

Bitte, Kollege Stadler.

23.47

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Hohes Haus! Der Herr Berichterstatter hat soeben berichtet, daß im Ausschußbe


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richt, der schlicht und einfach falsch ist, eine Druckfehlerberichtigung vorgenommen werden soll. Es ist da eine Panne passiert, die wir aber niemandem vorwerfen möchten, insbesondere keinem Mitglied des Hohen Hauses. Aber daß man dann versucht, die an sich durch einen Abänderungsantrag zu erfolgende Berichtigung eines Ausschußberichtes über eine Druckfehlerberichtigung vorzunehmen, wie es im § 74 Abs. 2 der Geschäftsordnung geregelt ist, ist eine mehr als überflüssig weite Ausdehnung der Geschäftsordnung. Ich halte das für gesetzlich unzulässig.

23.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir werden das Problem dadurch lösen, daß ich die Regierungsparteien ersuche, einen Abänderungsantrag einzubringen. (Abg. Dr. Khol: Ist vorbereitet! – Abg. Mag. Stadler: Dann hätte er es ihm sagen sollen!)

Damit ist klargestellt, daß die Vorlage in der Fassung des Ausschußberichtes zur Verhandlung steht, und es steht den Fraktionen frei, wenn sie es für notwendig halten, Abänderungsanträge einzubringen, und über diese wird dann abgestimmt werden.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. Die freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt 6 Minuten.

23.49

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als ich den Ausschußbericht zu dieser Debatte gelesen habe, habe ich mir gedacht, eigentlich sollten wir uns nicht als Kontra-Redner, sondern als Pro-Redner zu Wort melden, denn dieser Vorlage, wie sie heute hier zur Debatte und auch zur Abstimmung steht, können wir, wenn nicht noch irgendwelche Abänderungsanträge eingebracht werden, vollinhaltlich unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Vorlage geht doch in einem Punkt zu wenig weit (Abg. Mag. Stadler: Herbert, du solltest sagen, von welcher Vorlage du sprichst!) , denn es geht dabei zwar um das Verbot der Anti-Personen-Minen – wir alle kennen die grauenhaften Verstümmelungen und Verletzungen, die Anti-Personen-Minen, die bei Kampfhandlungen in Bürgerkriegen verlegt und nach Beendigung der Kampfhandlungen nicht aufgefunden werden, bei Zivilisten, die in das mit Anti-Personen-Minen bestückte Gebiet kommen, verursachen können; deshalb ist es absolut gerechtfertigt und auch notwendig, daß wir einer der ersten Staaten der Welt sind, die ein Verbot von Anti-Personen-Minen beschließen werden –, aber in dieser Regierungsvorlage sind zwei Ausnahmen dieses absoluten Verbotes statuiert. Mit einer der beiden Ausnahmen können wir uns nicht anfreunden, und in dieser Richtung wird es auch einen Abänderungsantrag geben, und zwar sollen laut Antrag Karlsson jene Minen nicht verboten werden, die auffindbar sind, sogenannte detektierbare Minen. Wir glauben, daß die Möglichkeit besteht, daß derartige Minen dann doch nicht aufgefunden werden können, weil man nie genau weiß, wo sie verlegt worden sind, vor allem dann, wenn sie ohne Kontrolle verlegt worden sind. (Abg. Dr. Khol: Ausschußbericht lesen!)

Herr Kollege Khol! Ich nehme an, Sie haben die Worte des Präsidenten gehört. Und wenn Sie den Ausschußbericht und den beigedruckten Antrag gelesen hätten, dann wüßten Sie, über welche Vorlage wir heute hier diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sollten das lesen, Herr Kollege Khol! (Abg. Dr. Karlsson: Es wurde etwas ganz anderes beschlossen, das wissen Sie!) Sie, Frau Kollegin Karlsson, sollten den Worten des Herrn Präsidenten folgen und einen Abänderungsantrag einbringen! Ich werde dann dazu auch Stellung nehmen. Aber Tatsache ist – Frau Kollegin Karlsson, auch für Sie gilt das! –, daß im Parlament über das debattiert wird, was hier vom Berichterstatter berichtet wird und was uns hier in Form des Ausschußberichtes vorliegt, und das ist der Antrag, den auch Sie einmal eingebracht haben, Frau Kollegin Karlsson. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden hier jedenfalls einen Abänderungsantrag einbringen, weil auch diese detektierbaren Minen unserer Meinung nach unter dieses Verbot fallen sollten. Ich weiß, Frau Kollegin


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Karlsson, daß auch Sie dieser Meinung sind, daß Sie im Ausschuß einen dahin gehenden Antrag eingebracht haben.

Wo wir uns wieder finden, ist die Ausnahme des Verbotes – auch in der von Ihnen ursprünglich eingebrachten Vorlage festgehalten –, daß jene Minen weiterhin produziert oder entwickelt werden dürfen, die einen Selbstzerstörungsmechanismus haben, die sich nach einer gewissen Zeit nach der Verlegung, in der Regel nach vier Wochen, selbst zerstören und damit nach den Kampfhandlungen, wenn diese Minen als Verteidigungswaffe nicht mehr benötigt werden, keine Gefährdung für die Zivilbevölkerung mehr darstellen. Aber meines Wissens sind solche Minen noch nirgends in Verwendung.

Ich meine, daß das eine sinnvolle Regelung ist, die genau dem entspricht, was wohl die Intention eines derartigen Verbotes sein sollte, nämlich die Zivilbevölkerung, die von Kampfhandlungen nicht betroffen ist, vor Minen, die nicht auffindbar sind, zu schützen, aber auf der anderen Seite auch dem österreichischen Bundesheer, einer defensiven Armee, nicht die Möglichkeit zu nehmen, durch eine derartige Waffe in der Verteidigung eine entsprechende Wirkung zu erzielen.

Meine Damen und Herren! Auch wenn die ÖVP jetzt so tut, als wüßte sie nichts davon: Das österreichische Bundesheer hat zwar derzeit keine Minen, das ist richtig. Es hat uns aber selbst ersucht – Herr Kollege Maitz, Sie waren bei dem Gespräch selbst dabei –, der Vorlage in der Fassung, in der sie ursprünglich eingebracht worden ist, nämlich mit Ausnahme des Verbots der Minen mit Selbstzerstörungsmechanismus, unsere Zustimmung zu geben. Ich meine, wir sollten dem östererreichischen Bundesheer in Zukunft nicht die Möglichkeit nehmen, auf ein derartiges Gerät zurückzugreifen.

Ich weiß auch, warum jetzt dieser Stimmungsumschwung erfolgt. – Weil wir den Außenminister in einer Anfragebeantwortung damit konfrontiert haben. Da hat er gesagt, er sei für das Totalverbot und er werde den Konflikt mit dem Verteidigungsminister gerne austragen. Wenn Sie mir das nicht glauben, dann lesen Sie das im Protokoll des Nationalrates nach. (Abg. Dr. Maitz: Das ist im Innenausschuß beschlossen worden!)

Herr Kollege Maitz! Sie können ja diese Abänderungsanträge noch einmal einbringen. Wir debattieren jetzt über jene Vorlage, die uns heute hier präsentiert wurde, und wir sagen noch einmal ja zum Verbot der detektierbaren Schützenminen, die über keinen Selbstzerstörungsmechanismus verfügen. Damit verhindern wir die Gefährdung der Zivilbevölkerung und schaffen aber auf der anderen Seite die Möglichkeit, daß durch die Entwicklung der Minen mit Selbstzerstörungsmechanismus defensive Armeen mit dieser Waffe das Leben der eigenen Soldaten im Ernstfall schützen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Scheibner! Sie haben jetzt den Antrag nicht eingebracht. (Abg. Scheibner: Der kommt noch!) Er kommt noch. Gut.

Ich habe hier einen schriftlichen Abänderungsantrag der Freiheitlichen und stelle nur klar, daß er nicht eingebracht wurde. (Abg. Mag. Stadler: Zur Geschäftsbehandlung!) – Bitte.

23.56

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung) : Da, Herr Präsident, zwischenzeitlich klar ist, daß der Bericht in der Fassung zur Debatte steht, wie sie uns schriftlich vorliegt, und nicht in der Form, wie ihn der Herr Berichterstatter mit einer vermeintlichen Druckfehlerberichtigung, die aber als solche nicht zur Debatte steht, verlesen hat, ist dieser Antrag nicht mehr relevant, eben weil ja die für uns inhaltlich richtige Form des Berichtes zur Debatte steht.

23.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich lege daher den mir überreichten und unterschriebenen Antrag zur Seite.


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52. Sitzung / Seite 213

Ich erteile nun Frau Abgeordneter Karlsson das Wort. (Abg. Dr. Karlsson bringt eine Kiste mit Kinderschuhen zum Rednerpult.)

23.57

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich kann Ihre Scherze leider nicht teilen, dazu ist das Thema viel zu ernst, Herr Kukacka. (Abg. Mag. Kukacka: Was hab’ ich denn gesagt? – Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich weiß nicht, ob Sie es waren, Sie haben jedenfalls gelacht, daher habe ich Sie erwähnt. (Neuerliche Heiterkeit. – Abg. Dr. Khol: Also das ist ja wirklich zuviel! ) Entschuldigen Sie! Aus dieser Richtung ist der Zwischenruf gekommen, Herr Kukacka hat ihn offensichtlich lustig gefunden (Abg. Dr. Khol: Nein, er hat das nicht lustig gefunden – und hören Sie auf mit solchen Unterstellungen!) , und deshalb habe ich ihn auch gewarnt. Ich entschuldige mich, wenn er es nicht war.

Meine Damen und Herren! Das ist aber jetzt meine Redezeit. – Ich habe diese Schuhe deshalb mitgebracht – sie wurden heute an alle Fraktionen von der österreichischen Anti-Personen-Minen-Kampagne verteilt –, weil sie als Symbol für einen Menschen stehen, der keinen Fuß mehr hat, der verstümmelt wurde, für ein Kind, das getötet wurde.

Bevor ich aber auf die Argumente, die gegen das Verbot von Anti-Personen-Minen immer wieder vorgebracht werden, eingehe, muß ich nun der guten Ordnung halber und der Geschäftsordnung halber einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Karlsson, Moser, Amon und Kammerlander zu 540 der Beilagen verlesen, der wegen eines Übertragungsfehlers bei der Ausfertigung des Ausschußberichtes notwendig wurde.

Dieser Abänderungsantrag betrifft das Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Karlsson, Moser, Amon, Mag. Kammerlander zu 540 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In dem in 540 der Beilagen beigedruckten Gesetzestext hat der § 2 wie folgt zu lauten:

"§ 2. Die Herstellung, die Beschaffung, der Verkauf, die Vermittlung, die Ein-, Aus- und Durchfuhr, der Gebrauch und der Besitz von Anti-Personen-Minen sowie von Anti-Ortungs-Mechanismen sind verboten."

2. Im § 3 hat an die Stelle des Wortes "Entschädigungsdienstes" das Wort "Entschärfungsdienstes" zu treten.

*****

Damit haben wir die notwendige geschäftsordnungsmäßige Korrektur angebracht. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Von den Gegnern dieses Verbotes wird immer wieder das Argument vorgebracht, daß die anderen es auch tun und warum wir etwas verbieten sollten, was die anderen auch tun. Wir haben in Österreich eine Reihe von Verboten, die international nicht anerkannt sind, und es würde niemandem einfallen, mit diesem Argument zu kommen. So verbieten wir zum Beispiel auch Kinderarbeit, obwohl sie weltweit verbreitet ist.

Das zweite Argument, das immer wieder vorgebracht wird, betrifft den militärischen Nutzen. Da sind die Abgeordneten Scheibner und Ofner in trauter Liaison mit den chinesischen Kommunisten, die die Anti-Personen-Minen als Defensivwaffen, die nicht verzichtbar sind, bezeichnen.


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Es gibt eine Studie über Konflikte seit dem Jahre 1940, in der festgestellt wird, daß sich anhand der verfügbaren Materialien über den Nutzen von Anti-Personen-Minen die Behauptung, daß diese unverzichtbare Waffen von hohem militärischen Wert seien, nicht belegen lasse, hingegen könne ihre Wirkung zu unterschiedsloser Terrorisierung bei Gebrauch durch irreguläre Streitkräfte hoch sein.

Ich habe nicht die Zeit, auf weitere militärische Argumente einzugehen, sondern ich möchte nur die auch von Ihnen immer wieder als seriöse Zeitung zitierte "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zitieren, die zu diesem Thema folgendes schreibt: ... tritt dafür ein: ein völliges Verbot. Das sei nicht nur aus humanitären Gründen notwendig, sondern auch unter militärischen Gesichtspunkten zu verantworten, schrieb ein Mann, dem man wohl kaum pazifistische Gefühlsduselei zuschreiben kann, nämlich der "Golfkrieg"-Sieger General Schwarzkopf. – Zitatende.

Dieser Antrag und dieses Gesetz sind aber auch parlamentshistorisch bedeutsam, denn es ist ein Gesetz von Abgeordneten, die weder Sprecher, Ausschußvorsitzende oder sonst etwas waren, sondern nur aus ihrem Engagement heraus das seit 1994 – also von "husch-pfusch" kann keine Rede sein – einbringen, diskutieren, weiterentwickeln. Es ist keine Schande, dazuzulernen, und es ist keine Schande, Gesetzentwürfe zu verbessern, daher diese Abänderungsanträge.

Heute ist es uns gelungen, diesen Abgeordnetenentwurf zum Gesetz zu machen. Mein Dank gilt allen Nicht-Regierungs-Organisationen, die in unermüdlicher Kampagne und Aufklärung tätig waren: das Komitee vom Roten Kreuz, die Österreichische Kampagne gegen Anti-Personen-Minen, die "Kinderfreunde" und viele andere.

Mit diesem Gesetz des Totalverbots der Anti-Personen-Minen haben wir in Österreich unser Haus in Ordnung gebracht und können nun mit gutem Gewissen aktiv sein für ein internationales Totalverbot dieser schädlichen und gefährlichen Waffen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie beim Liberalen Forum.)

0.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesen Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Jung vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

0.04

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Berichte und Bilder über Minenopfer in der Dritten Welt und in Bosnien haben zu einer sehr stark emotionalisierten Debatte über das Verbot von Anti-Personen-Minen geführt. Wenn es aber jetzt so dargestellt wird, als ob wir in Österreich rückschrittlich wären oder sonst irgend etwas, so muß gesagt werden: Eine derartige Lösung, wie wir sie heute beschließen sollen, gibt es auf der ganzen Welt nirgends. Wir sind also hier höchstens ... (Zwischenruf der Abg. Fuchs.) Ja, weil bei uns die Notwendigkeit dazu anscheinend besonders geboten erscheint, weil bei uns besonders viele terroristische Gruppen Anti-Personen-Minen verlegen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber wie immer, meine Damen und Herren, wenn Gefühle im Vordergrund stehen bei solchen Argumentationen oder Hilfsargumentationen, dann droht die Vernunft auf der Strecke zu bleiben (Beifall bei den Freiheitlichen) , und nicht nur die Vernunft, sondern auch die Wahrheit, besonders dann, wenn diese – was ich durchaus zugebe – unangenehm oder häßlich ist. Diese Wahrheit ist häßlich – das bestreite ich nicht –, aber wir haben sie logisch und vernünftig zu beurteilen. Verdrängen löst keine Probleme.

Daher zu den Fakten:

Erstens: Anti-Personen-Minen sind Kampfmittel, die völkerrechtlich völlig zulässig sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Haben Sie etwas gegen das Völkerrecht? Sie sind doch sonst immer sehr dafür!


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Zweitens: Minen sind klassische Kampfmittel des Schwächeren, des Verteidigers, der an Waffen und an Zahl unterlegen ist.

Drittens: Minen, im militärischen Einsatz verlegt, sind nachher relativ problemlos zu räumen. Das hat sich zum Beispiel nach Auflösung des Warschauer Paktes an der DDR-Grenze gezeigt. (Zwischenruf der Abg. Dunst.) Auch wenn Sie noch so schreien: Sie haben keine Argumente, Sie haben nur Lautstärke da oben, gnädige Frau. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die angesprochenen Einsätze in der Dritten Welt – das sollten Sie sich besonders auf den Hut schreiben, denn die werden die Minen nicht verbieten – erfolgten zum größten Teil in Bürgerkriegen als reine Terrorwaffen und nicht nach einem genauen Plan. Und das ist ein großer Unterschied zum militärischen Verlegen von Minen.

Letztlich: Durch eine freiwillige Selbstbeschränkung der europäischen Staaten wird sich in Afrika überhaupt nichts ändern, sehr wohl wird sich aber die Situation für die kleinen verteidigenden Staaten in Europa verschlechtern. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Als wohlüberlegter und in der ganzen EU weitgehend akkordierter Kompromiß wurde daher der Antrag vieler westlicher Staaten übernommen, der eine freiwillige Selbstbeschränkung auf solche Anti-Personen-Minen vorsieht, die nach den Kampfhandlungen entweder leicht detektierbar oder selbstzerstörend sind. – Das ist das, was Sie in Ihrem Antrag sogar eingebracht haben, und innerhalb von zwei Tagen sind Sie draufgekommen, daß das ein Blödsinn war, was Sie vorher eingebracht haben. Ja was ist denn da falsch? Wer handelt da unüberlegt – Sie oder wir? Sie sind erst 48 Stunden vorher draufgekommen, wie der Hase laufen soll nach Ihrer Meinung – nicht nach Notwendigkeiten, sondern nur nach Emotionen! Und aufgrund dieser Emotionen wollen Sie das Leben unserer Soldaten aufs Spiel setzen. Dazu sage ich nur: nein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Interessant für die Ideologisierung diese Themas ist ja überhaupt, daß es im Innenausschuß behandelt wurde und daß sich die ÖVP die Möglichkeit hat nehmen lassen, es dort zu behandeln, wo es eigentlich hingehört hätte, nämlich im Verteidigungsausschuß. (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson .) Aber die bekannte "Wehrexpertin", Frau Karlsson, die da hinten so tobt, hat dieses Thema ja unbedingt dort zur Sprache bringen müssen. (Abg. Bures: Haben Sie ein Problem mit Frauen?)

Ich bringe Ihnen nur zwei Beispiele für diese Unausgegorenheit:

Erstes Beispiel: Österreich wird angegriffen, österreichischen Soldaten verteidigen sich. Der Angreifer darf diese Minen verwenden, wir dürfen sie aber nicht verwenden. Wenn wir sie umdrehen, wird der österreichische Soldat bestraft, der Angreifer nicht.

Zweites Beispiel – an die ÖVP gerichtet –: Wir sind Mitglied in der NATO oder in der EU. Wir werden angegriffen. Unsere Bündnispartner verteidigen uns. In den Abschnitten in Österreich, in denen die Amerikaner verteidigen, werden die Minen eingesetzt, in denen, die Österreicher verteidigen, kommt es nicht dazu.

Die Frau Kollegin Ederer lacht. Sie sollten lieber an Ihren Kanzler eine Anfrage stellen, warum er nicht in Österreich Golf spielt, sondern anderswo. Wahrscheinlich, weil die Plätze schlechter sind. Machen Sie sich über so etwas Sorgen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zusammenfassend ist festzustellen, daß wir derart unausgegorenen Gesetzen nicht zustimmen werden. Wir halten die Minen für ein wesentliches Mittel des Verteidigers und für eine Notwendigkeit für unser Bundesheer. (Abg. Bures : Zack, zack! Zack, zack!) Richtig! Haben Sie etwas dagegen? Das stört Sie, wenn Ihnen Fakten und Argumente geliefert werden. Ich weiß ja, daß Sie Fakten nicht zugänglich sind, Frau Kollegin Bures (Abg. Bures: Haben Sie ein Problem mit Frauen?), aber Sie müssen es zumindest uns zugestehen, daß wir nach sachlichen Gründen und nach den Notwendigkeiten für die österreichischen Soldaten und für Österreich beurteilen,


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denn Österreich kommt für uns immer noch zuerst! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Fuchs: Eine Schande!)

0.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Karlsson gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete. Die Geschäftsordnungsbestimmungen sind bekannt. (Lebhafte Zwischenrufe. – Abg. Schieder: Was haben Sie gesagt? Früher haben sich Offiziere, wenn sie so etwas gesagt haben, selbst erschossen! – Allgemeine Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.) Am Wort zu einer tatsächlichen Berichtigung ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. – Bitte, Frau Abgeordnete.

0.08

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Abgeordneter Jung hat gesagt, daß diese Materie im Innenausschuß und nicht im Landesverteidigungsausschuß von mir eingebracht wurde. (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Brauneder gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Ich berichtige tatsächlich – das kann man ganz kühl machen –: Am 2. Juli 1996 wurde diese Problematik im Landesverteidigungsausschuß ausführlich diskutiert. (Beifall bei der SPÖ.)

0.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Amon. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten.

0.09

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich muß sagen, daß mir dieses Thema viel zu ernst ist, als daß man in einer derartigen Art und Weise polemisiert, wie Sie, Herr Abgeordneter Jung, das gemacht haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich teile seinen Standpunkt auch nicht, aber warum ist das Polemik?)

Es geht hier nicht – und das wissen Sie ganz genau – um die Frage eines anderen Standpunktes, sondern es geht vor allem darum, daß man so ein Thema ernsthaft diskutiert. Und das soll hier auch geschehen, auch wenn es schon relativ spät ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie beim Liberalen Forum.)

Ich meine – auch wenn Sie das nicht gerne hören –, daß es sehr erfreulich ist, daß wir heute ein Anti-Personen-Minen-Gesetz beschließen können, das weltweit einzigartig ist und wo Österreich tatsächlich eine Vorreiterrolle einnimmt. Hiefür ist zunächst einmal niemand anderem zu danken als unserem Außenminister, denn das Außenamt hat seit vielen Jahren auf sämtlichen internationalen Anti-Personen-Minen-Konferenzen die Position vertreten, daß es zu einer Totalächtung der Anti-Personen-Minen kommen müsse. Mit diesem Gesetz wird dieser Forderung sozusagen auch im eigenen Lande Rechnung getragen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sie wissen genausogut wie ich, daß viele namhafte und hochrangige Militärs festgestellt haben, daß Anti-Personen-Minen auch als Defensivwaffe nicht erforderlich sind. Gerade das österreichische Bundesheer hat dies schon sehr früh erkannt und selbst alle alten in seinem Besitz befindlichen Minen zerstört und keine neuen Minen angeschafft.

Es geht hier um eine Frage der Humanität, und es gibt sehr viele Gruppierungen, die sich wirklich sehr intensiv dafür eingesetzt haben, daß es zu einer Totalächtung von Anti-Personen-Minen kommt. Ich denke da etwa an das Rote Kreuz oder an die Internationale Kampagne gegen Anti-Personen-Minen.

Ich habe mich auch gegen die Differenzierung zwischen "intelligenten" und "dummen" Minen gewehrt. Ich persönlich halte diese Differenzierung für geschmacklos. (Abg. Mag. Stadler: Das ist die Kategorie, in die Sie einzuordnen sind!) Also das brauche ich mir von Ihnen nicht gefallen zu lassen, und ich würde Sie ersuchen, daß Sie diese Aussage zurücknehmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Laßt die Ministranten von der ÖVP reden!)


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Herr Kollege Stadler! Sie brauchen hier nicht dauernd Tausende Ministranten und Ministrantinnen auf diese Art und Weise zu beleidigen. (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Wie halten Sie es mit der Wahrheit?)

Unabhängig davon hat es bis zuletzt eine Diskussion etwa über die Frage der Verwendung von Richtsplitterladungen gegeben. Richtsplitterladungen als solche sind keine Anti-Personen-Minen, werden aber – das ist nachgewiesen – sehr oft als Anti-Personen-Minen verwendet, indem man sie etwa mit einem Stolperdraht umbaut. Die Intention des Gesetzes ist diesbezüglich sehr klar: Wir wollen, wenn es zu Exporten von Richtsplitterladungen kommt, sicherstellen, daß diese eben nicht zu Anti-Personen-Minen umgebaut werden.

Dazu möchte ich auch einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon, Dr. Irmtraut Karlsson und Kollegen betreffend Maßnahmen der Bundesregierung zur Hintanhaltung der Umwandlung von Richtsplitterladungen in Anti-Personen-Minen

Im Zusammenhang mit dem Beschluß des Bundesgesetzes über das Verbot von Anti-Personen-Minen stellt sich die Problematik, daß sogenannte Richtsplitterladungen durch einen Umbau in Anti-Personen-Minen umgewandelt werden können.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, auf die österreichische Industrie dahin gehend einzuwirken, daß seitens der Industrie keine über die Verbote des Bundesgesetzes über Anti-Personen-Minen hinausgehende Maßnahmen ergriffen werden, die einen Umbau von Richtsplitterladungen in Anti-Personen-Minen zulassen.

*****

Mir geht es darum, zu verhindern, daß jährlich 20 000 bis 30 000 Menschen Opfer solcher Anti-Personen-Minen werden. Neun von zehn dieser Opfer sind Zivilisten, und jedes vierte Opfer ist ein Kind. Das sollte uns bei dieser Diskussion, die zum Teil sehr polemisch geführt wurde, zu denken geben! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

0.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Moser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.14

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin anderer Auffassung, anderer Meinung als Kollege Jung. Ich meine, daß Österreich sehr wohl mit gutem Beispiel vorangehen sollte und wir bahnbrechend ein generelles Verbot der Anti-Personen-Minen hier im Nationalrat beschließen sollten. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Situation kann nur als heller Wahnsinn bezeichnet werden, wenn man sich das klar vor Augen führt: 120 Millionen Minen sind auf der Welt verlegt; 180 Millionen Minen sind in Depots gelagert. Man muß sich diese Menge einmal vorstellen! Aber es können nur vielleicht einige Tausend pro Jahr mit einem sehr hohen Kostenaufwand entsorgt werden. Daraus ergibt sich


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eine volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigte Produktion dieser Waffenmittel, ein volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigter Einsatz derartiger Waffensysteme, meine Damen und Herren. Vom menschlichen Leid, das die Folge sein kann, nicht zu reden.

Wir müssen das zur Kenntnis nehmen, und daher soll und muß Österreich als Vorbild vorangehen. Wir sollen uns all jenen internationalen Organisationen anschließen, die sich schon bisher für ein Verbot der Anti-Personen-Minen ausgesprochen haben, wie die Vereinten Nationen, das Europäische Parlament, der Weltkirchenrat, die Organisation der Afrikanischen Staaten oder die Organisation der Islamischen Konferenzen. Wir sollten auch mit anderen europäischen Ländern solidarisch sein, die bereits jetzt ein Verbot von Anti-Personen-Minen beschlossen haben, meine Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Jung.)

Kollege Jung, nimm zur Kenntnis: Die Anti-Personen-Mine ist eine unmenschliche Waffe, und sie ist volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigt. (Abg. Haigermoser: Es gibt keine menschliche Waffe! – Abg. Mag. Stadler: Was ist eine menschliche Waffe?) Schauen wir uns die Länder und Staaten an, in denen diese Waffe eingesetzt wird. Sie sind für Jahre in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zurückgeworfen, über Jahre können Landstriche nicht genutzt werden. Das ist das Faktum, das es gilt, hier auch anzusprechen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß die Anti-Personen-Mine auch völkerrechtswidrig ist, weil sie sich nicht ausschließlich gegen militärische Ziele, gegen Armeen oder Soldaten richtet, sondern auch gegen Zivilisten. (Abg. Scheibner: Die Fliegerbombe auch!) Wir kennen ja die Situation. Es wäre falsch, davor die Augen zu verschließen.

Noch etwas, Kollege Jung: Sie haben erklärt, daß diese Waffe militärisch wirkungsvoll und notwendig ist. Sie ist – und das zeigt auch die Kriegsgeschichte – nicht wirklich kriegsentscheidend. Ich bin fassungslos über die Argumentation, die hier vorgebracht wurde. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich muß sagen: Ein derartiges Denken und eine derartige Auffassung sind nicht repräsentativ für das österreichische Offizierskorps, meine Damen und Herren. (Neuerlicher Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP.)

Kollege Jung, ich habe eine Karte mitgenommen, die wir seinerzeit, als wir als Wahlbeobachter im Auftrag des Parlaments in Bosnien waren, von der IFOR-Truppe ausgehändigt bekommen haben, die die Lage von 6 Millionen Minen in Bosnien darstellt. (Der Redner zeigt eine Landkarte.) Es liegen heute noch 6 Millionen Schützenminen in Bosnien. (Abg. Dr. Graf: Und durch das Gesetz wird das jetzt verhindert?)

Herr Kollege Scheibner und Herr Kollege Jung! Diese Minen haben vielleicht einmal eine militärische Stellung, einen Soldaten geschützt. Heute richten sie sich jedoch nicht mehr gegen das Militär, sondern stellen eine Bedrohung der Zivilbevölkerung dar. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP.)

Diese Minen sind auch nicht wirklich räumbar, meine Damen und Herren, und das ist die große Problematik, die große Crux am Einsatz von Anti-Personen-Minen. (Abg. Scheibner: Aber sie haben doch einen Selbstzerstörungsmechanismus!) Der Selbstzerstörungsmechanismus, lieber Kollege Scheibner, das ist ein theoretischer Ansatz, der in Wirklichkeit äußerst zweifelhaft ist. Das beste ist, überhaupt keine Anti-Personen-Minen zu verwenden, derartige Minen erst gar nicht einzusetzen. (Neuerlicher Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, gerade das Beispiel Bosnien zeigt, daß es ein Wahnsinn ist, derartige Waffen einzusetzen, ja derartige Waffen zu produzieren, weil sie über Jahre hindurch Volkswirtschaften zerstören, die Entwicklung von Ländern nachhaltig verhindern und den dort lebenden Menschen schweres Leid zufügen.

Daher ist die Zeit reif für eine völlige Ächtung der Anti-Personen-Minen. Der Nationalrat ist gut beraten, hier und heute ein Totalverbot von Anti-Personen-Minen zu beschließen. Daher darf ich


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Sie alle ersuchen – auch die Kollegen von der Freiheitlichen Partei, auch dich, Kollege Jung, eben weil du Offizier bist und weil du als Offizier auch eine moralische Verantwortung gegenüber der Bevölkerung hast –, diesem Gesetz die Zustimmung zu erteilen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP.)

0.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

0.20

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich im großen und ganzen dem anschließen, was viele meiner Vorrednerinnen und Vorredner gesagt haben, möchte aber noch auf das eine oder andere eingehen.

Wir wissen, daß es eine doch über mehrere Jahre gehende Diskussion war – sowohl in Österreich als auch auf internationaler Ebene –, die zu dieser Gesetzesvorlage geführt hat. Auch ich möchte erwähnen, daß vor allem zwei Organisationen maßgeblich daran beteiligt waren und dazu beigetragen haben, nämlich die Internationale Kampagne gegen Anti-Personen-Minen und das Rote Kreuz.

Ich muß sagen: Wenn dieses Anliegen nicht so bewußt an uns herangetragen worden wäre, mit einer wirklich sehr, sehr guten Information, dann weiß ich nicht, ob wir heute schon soweit wären, einen entsprechenden Antrag mit einer solchen Mehrheit abstimmen zu können.

Wir erzielen sicherlich eine sehr positive außenpolitische Wirkung, wenn es zu diesem Beschluß im Parlament kommt, weil das österreichische Engagement im Bereich des Verbotes der Anti-Personen-Minen nun eine wesentliche Rolle bei allen weiteren Gesprächen spielen wird. Wo es um Abrüstung geht, wo es konkret um die Ächtung der Anti-Personen-Minen geht, können österreichische Vertreter und Vertreterinnen mit Fug und Recht auf dieses Beispiel verweisen. Das wird, wie gesagt, keine unwesentliche Rolle spielen. Im Gegenteil: Es wird sehr wichtig und sehr hilfreich sein.

Ich war sehr froh darüber, als sich der Außenminister in der Fragestunde klar deklariert und damit einen Prozeß in die Wege geleitet hat, der eben zu diesem gemeinsamen Antrag geführt hat.

Das Verbotsgesetz soll jedenfalls auch für weitere Abrüstungsinitiativen auf internationaler Ebene ein Vorbild sein. Ich verhehle nicht – und das habe ich immer gesagt –, daß ein totales Anti-Personen-Minen-Verbot für uns ein erster Schritt ist, dem meiner Meinung nach vielen weiteren Diskussionen auch ein Verbot der Panzerminen und der anderen Geräte, die in dieser Weise wirken, folgen soll. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Ofner: Stellen Sie doch einen Zusatzantrag: Verbot der Panzerminen!) Ich verstehe Ihre Aufregung nicht ganz. Aber ich will hier auf die einen oder anderen Argumente eingehen.

Ihre Fraktion hat im Ausschuß sehr heftig argumentiert, daß Minen zur Verteidigung Österreichs notwendig seien. Ich glaube durchaus, daß wir zumindest dem einen oder anderen – und Ihre Kollegin Partik-Pablé hat ja im Ausschuß für unseren gemeinsamen Antrag gestimmt – glaubhaft machen können, daß Anti-Personen-Minen nichts mit der Verteidigung und mit der Sicherheit im Verteidigungsfall zu tun haben, sondern daß sie jedenfalls immer zur Schädigung der Zivilbevölkerung beitragen. Wir haben Ihnen damals im Ausschuß auch diese Zahlen genannt: 9 von 10 Opfern sind immer Zivilisten. (Abg. Scheibner: Kollege Ofner wird Ihnen das erklären!) Da hat die Anti-Personen-Mine nichts mehr mit Verteidigung zu tun, das ist ganz klar: Sie geht auf Kosten der Zivilisten.

Wenn Sie sich anschauen, in welchen Ländern die meisten Unfälle mit Anti-Personen-Minen geschehen, merken Sie: Das sind leider und bedauerlicherweise die Länder Asiens, Zentralasiens, Afrikas, Lateinamerikas und eben in jüngster Zeit auch unsere Nachbarländer in Europa. Es zeigt sich eines immer wieder: Sie können nicht mit regulären Armeen argumentieren. Sie können nicht mit regulären Verteidigungssituationen argumentieren, wie Sie das vielleicht in der


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Vergangenheit gewohnt waren, weil es diese Situationen eben heute nicht mehr gibt. Das ist heute eine andere Kriegsführung – das hat uns auch das Beispiel in Bosnien gezeigt –, bei der diese Mine nicht zur Verteidigung dient, sondern zur tödlichen Waffe für die dort lebende Bevölkerung wird, für die flüchtende Bevölkerung, für die fliehenden Menschen oder für diejenigen, die zum Beispiel nach einem Friedensschluß in ihre Heimat zurückkehren wollen.

Diese Minen sind – entgegen allen Behauptungen – eben nicht so leicht auffindbar und räumbar, weil sie oft in unwegsamem Gelände liegen, was aber nicht verhindert, daß Menschen, wenn sie ihre Felder wieder pflügen wollen, auf eine solche Mine treten und verletzt werden. (Abg. Scheibner: Selbstzerstörung, Frau Kollegin!) Auch diese Mär von der Selbstzerstörung hilft nichts, da eben Kinder und Zivilisten trotzdem auf Minen steigen können, wenn diese noch nicht zerstört wurden.

Sie gehen immer von einer "regulären" – unter Anführungszeichen – Kriegssituation oder Verteidigungssituation aus, wie Sie sie eben verstehen. Wenn Sie sich aber Kriegshandlungen und -abläufe anschauen, wo diese Unfälle passieren und wo diese Situationen auftreten, so sehen Sie: Auch der Selbstzerstörungsmechanismus hilft nicht, weil innerhalb dieser vier Wochen viel zu viele Zivilisten eben genau jene Gegenden passieren, wo sie verletzt beziehungsweise tödlich getroffen werden.

Wenn man die internationale Diskussion verfolgt, sieht man: Es ist heute in weiten Kreisen unumstritten, daß Anti-Personen-Minen eine tödliche Waffe sind. Ich begrüße das sehr, daß Kollege Amon gemeinsam mit Frau Kollegin Karlsson diesen Abänderungsantrag eingebracht hat. Das war auch ein Thema unserer Diskussionen im Ausschuß. Damals haben wir keine Mehrheit gefunden, auch nicht mit unserem Verlangen, damit in den Ausschußbericht hineinzukommen. Wir unterstützen diese Abänderung, obwohl wir eine weitergehende und noch etwas konkretere Formulierung in unseren Vorschlägen hatten; ich möchte das ausdrücklich festhalten.

Ich sehe das aber als einen ersten Schritt, daß der Wirtschaftsminister sozusagen ersucht wird, in diese Richtung tätig zu werden, und ich möchte das im Sinne der positiven Entwicklung unseres gemeinsamen Antrages unterstützen.

Ich möchte aber den zweiten Teil meines Antrages einbringen, denn er scheint mir ganz wesentlich zu sein. In diesem zweiten Teil geht es einfach um das Ausfuhrverbot von Anti-Personen-Minen beziehungsweise um das Verbot von Lizenzproduktionen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kammerlander und Genossen zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten (540 der Beilagen) über den Antrag 163/A betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen

Der Nationalrat wolle beschließen:

§ 2 erhält die Bezeichnung § 2 Abs. 1

Der § 2 wird ergänzt um folgenden Abs. 2:

"§ 2 (2) Ebenso ist es österreichischem Recht unterliegenden natürlichen und juristischen Personen verboten, Anti-Personen-Minen oder Anti-Ortungs-Mechanismen sowie Teile derselben im Ausland herzustellen oder zusammensetzen zu lassen und damit Handel zu betreiben."

*****

Das ist ein Anliegen von mir, das in diesem gemeinsamen Antrag bisher noch nicht erfaßt war. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

0.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


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Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Abgeordnete. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

0.29

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Am Anfang dieses heute zu beschließenden Bundesgesetzes stand eine engagierte Gruppe von Österreicherinnen und Österreichern, allen voran das Rote Kreuz, die sich in einer Anti-Personen-Minen-Kampagne engagierten, um die Bewußtseinsbildung für diese wirklich grausamen Waffen – grausam gegenüber der Zivilbevölkerung – zu schaffen. Ihnen sei von dieser Stelle aus ganz herzlich für ihren Einsatz gedankt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wie dramatisch diese Anti-Personen-Minen die persönliche Bewegungsfreiheit eingrenzen können, habe ich selbst erlebt, als ich im vergangenen Sommer gemeinsam mit den Maltesern 120 Kinder aus Sarajewo nach Österreich zu einem Ferienaufenthalt gebracht habe. Auf dem Weg durch Bosnien, unter Begleitung der IFOR-Truppen, wurde bei jeder Pause das Abgehen vom Weg, auch wenn es nur zwei, drei Meter waren, strikt untersagt, und ich wäre beinahe unbedacht in ein vermintes Feld gelaufen, in dem kurz zuvor ein deutscher IFOR-Soldat ums Leben gekommen ist.

Was diese Minen anrichten können, haben wir heute drastisch vor Augen geführt bekommen. Ich bin sehr froh darüber, daß es uns mit diesem Gesetz gelingt, ein Totalverbot von Antipersonenminen in Österreich zu erreichen, und ich danke auch dem Verteidigungsministerium für sein Verständnis in dieser Frage.

Wir wissen aber, daß das nur ein erster Schritt ist und sein kann. Wir wissen, daß wir unsere internationalen Bemühungen verstärken müssen, damit dieses Verbot nicht nur in Österreich, sondern weltweit greift, und dafür, glaube ich, lohnt es sich zu arbeiten, vor allem im Hinblick auf die Tausenden Zivilisten, die Opfer dieser Anti-Personen-Minen wurden, und besonders für die Kinder. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

0.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

0.31

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! "Minen sind Waffen im Zeitlupentempo": Das ist die beste Äußerung, die ich über diese schrecklichen Waffen gehört habe, die nicht das Töten zum Ziel haben, sondern das Verstümmeln. Minen sind Verteidigungswaffen, wie sie in Finnland verwendet werden, aber sie richten sich primär gegen die Zivilbevölkerung. Meistens wird durch Schützenabwehrminen ein Bein weggerissen, oder es werden die Genitalien verletzt. Minen bedeuten eine riesige Hypothek für den Wiederaufbau eines Landes. Sie sind billig, leicht herzustellen und töten wahllos.

Zirka 100 Millionen Landminen in 65 Ländern bedeuten, daß 100 Millionen mal 300 bis 1 000 Dollar aufgewendet werden müssen, um sie wieder wegzuräumen. Alleine im Jahre 1994 kostete das 33 Millionen Dollar. In Afghanistan legten die Russen insgesamt 35 Millionen Minen. Das bisherige Räumungstempo beträgt 33 Quadratkilometer pro Jahr. Demnach brauchte man laut Rotem Kreuz 4 300 Jahre, um ein Fünftel Afghanistans minenfrei zu machen. – Sie lachen, Herr Kollege. Ich wünsche Ihnen nicht, daß Sie in solchen Regionen leben müssen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

In Kambodscha werden monatlich 300 Menschen verstümmelt oder getötet. Dort leben 36 000 Bein- und Armamputierte bei einer Bevölkerungszahl von 9,3 Millionen. Ich glaube wirklich, daß man da nicht von Waffen reden kann, die zur Verteidigung angewendet werden, sondern von Waffen, die der Zivilbevölkerung schaden.

In diesem Zusammenhang möchte ich an eine Äußerung von Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner vom September 1995 erinnern, die zwischen "intelligenten" und "dummen" Minen


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unterschieden hat. – Welche Minen unterscheiden denn Zivilisten und Militärs? Das möchte ich gerne wissen.

Von den sogenannten Anti-vehicle-mines, die hier nicht erwähnt sind, werden genauso Zivilisten getötet. Sie unterscheiden nicht zwischen Bussen und Panzern beziehungsweise Schützenpanzern. Das wäre auch ein Bereich, den man regulieren müßte beziehungsweise in den Griff bekommen sollte.

Wenn von Verlegungsplänen gesprochen wird, die angeblich anläßlich der Verlegung solcher Minen gemacht werden, dann muß ich Sie fragen: Warum findet man die Minen in Angola, in Afghanistan, in Bosnien-Herzegowina, in Kambodscha, in Kroatien, in Äthiopien, im Irak, in Moçambique, in Ruanda, in Somalia, im Sudan und in Restjugoslawien nicht? Ich frage mich, warum dort keine Verlegungspläne angelegt wurden. – Und deswegen brauchen wir solche Minen nicht, weil sie in Bürgerkriegen verwendet werden, wo man sich an solche Regeln, die Sie vielleicht schätzen, nicht hält! (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP.)

Wer Minen verkauft, sollte auch für die Kosten der Minenräumung aufkommen müssen. Das ist eine Meinung, die ich vertrete, und ich hoffe, sie wird sich irgendwann einmal weltweit durchsetzen.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich besonders für das Engagement der NGOs bedanken, die bewirkt haben, daß das weit über die Grenzen von Belgien hinaus zu einem Thema geworden ist. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

0.35

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Protagonisten dieses Vorhabens haben offenbar ihren Wittgenstein gelesen, denn der große niederösterreichische Philosoph hat einmal erklärt: "Das Schicksal, das Dinge nehmen, hängt weitgehend von dem Namen ab, den man ihnen gibt." – Daher haben die Leute, die sich vorgenommen haben, auf diesem wichtigen Sektor unter anderem das österreichische Bundesheer zu entwaffnen, nicht den gebräuchlichen Ausdruck "Schützenminen" verwendet (Zwischenrufe bei der SPÖ) , sondern lieber "Anti-Personen-Minen" gesagt, weil das natürlich besser hineingeht. – Wittgenstein hat sich da also entsprechend durchgesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meiner unmittelbaren Vorrednerin darf ich etwas sagen: Minen sind nicht dazu da, um zu töten, Minen sind auch nicht dazu da, um zu verletzen, sondern Minen sind dazu da, um zu sperren – ob Ihnen das gefällt oder nicht. Ich weiß, daß das Anti-Bundesheer-Volksbegehren jetzt auf anderem Weg in die österreichischen Bereiche hineingefunden hat. Es ist so charmant, da überall mitzureden, eine "Campaign" zu organisieren. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kollege! Sie dürfen sich wieder niedersetzen. Sie können sich anschließend auch zu Wort melden. Hören Sie mir zu, vielleicht können Sie ein bißchen etwas lernen auf diesem Sektor. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bures! (Abg. Bures – ein Paar Kinderschuhe in die Höhe hebend –: Wissen das diese Füße auch?) Die Mine ist die klassische, billige, nur für Defensivzwecke verwendbare Waffe des Schwächeren. Als ich Ihnen dabei zugeschaut habe, Frau Bures, welches Kudern und Lachen Sie heute abend bei diesem Thema betrieben haben – eine richtige Kaffeehausstimmung –, habe ich erkannt, daß es Ihnen inhaltlich überhaupt nicht um dieses Thema geht. Ihnen geht es nur um das Theater, Ihnen persönlich und anderen Kollegen auch! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Völlig entlarvend ist ja, daß Sie sich ausgerechnet dagegen wenden, daß die Minen, die später nicht gefährlich sein können, verlegt werden dürfen. Das gehört auch ganz zu Ihrem Bild, Leute,


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die anderer Meinung sind als Sie, niederzuschreien. Wir kennen das: Das ist der Demonstrantenstil auf der Straße! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Schreien Sie mich nur nieder! Ich kenne das von vielen Anlässen: Wer keine Argumente hat, muß den anderen "niederplärren". Genauso ist es! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch Ihnen, Kollegin Ederer, ist das kein echtes Anliegen. Wer sich so unterhält bei einem Thema, dem geht es nur um das Theater. Ich wünsche mir, daß Sie sich in den Spiegel schauen könnten, dann würden Sie sehen: Minen sind für Sie kein Problem! Eine Hetz’ muß sein! Das ist das entscheidende heute. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Minen sind die klassische Waffe des Schwächeren. Minen sind nur eine Defensivwaffe. Minen dienen zum Sperren. (Abg. Bures: Das ist menschenverachtend!) Und wenn man sagt, daß das Bundesheer derzeit keine Minen hat, so stimmt das, weil dem Bundesheer das Geld vorenthalten wird, vieles zu kaufen, was es braucht, so auch Minen. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das Bundesheer hat nicht deshalb keine Minen, weil es keine braucht. Das Bundesheer übt mit Minenattrappen, weil es sich die scharfen Minen, die es dringend brauchen würde, nicht anschaffen kann.

Wenn ein ehemaliger Panzeroffizier erklärt, das seien besonders grausame Waffen, dann möchte ich ihn einmal an die Waffen erinnern, die er kommandiert hat. Ich stehe auf dem Standpunkt: Es gibt keine grausamen und nicht grausamen Waffen. Ein Schwert, mit dem einer enthauptet wird, ist auch eine grausame Angelegenheit. (Abg. Bures: Das ist menschenverachtend!) Ich bin nicht für die Schau. – Setz dich (zum Abg. Hans Helmut Moser) nieder, Hansi, und gehe ein bißchen in dich und denke nach, welchen Verrat in jeder Hinsicht du schon begangen hast – und weiter begehst in diesem Haus. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist ein großer Unterschied, ob eine kleine, reguläre Armee in Mitteleuropa in einem hoffentlich nie stattfindenden Abwehrkampf auf eine ganz besonders wichtige, rein defensive Waffe verzichten soll oder nicht oder ob Insurgenten in Dritte-Welt-Ländern, in Bürgerkriegssituationen, etwa in Bosnien in den Schluchten des Balkans, irregulär Minen verlegen. Wenn Sie sich Sorgen um all diese Minen machen, dann müßten Sie mit uns der Ansicht sein, daß es die intelligenten Minen – wobei die meisten von Ihnen zwar keine Ahnung haben, was das ist, sich aber sehr darüber lustig machen – geben soll, die nach einer kurzen Frist von selbst aufhören, scharf zu sein, und die dort, wo Volker Kier sich gerade versteckt hinter der Landkarte, nicht verlegt worden sind.

Dort sind die dummen Minen verlegt worden. (Abg. Bures: Das ist menschenverachtend!) Volker, das weißt du genau, denn du bist vieles, aber kein Dummkopf. Du bist aber ein Polemiker, und du willst die anderen hier "pflanzen" und versteckst dich hinter dieser Karte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kier zeigt eine Karte vor, auf der Minengebiete eingezeichnet sind.)

Außerdem hat uns der Herr Brigadekommandant in Ruhe oder des Reservestandes Moser verschwiegen, daß ein Krieg sehr wohl durch den massiven Einsatz von Minen zugunsten des überfallenen Schwachen entschieden worden ist: Beim feigen, hinterhältigen Überfall der Sowjetunion auf Finnland haben es die Finnen vor allem durch den massiven Einsatz von Minen verstanden, den kommunistischen Aggressor abzuwehren. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Karlsson – auf Abg. Mag. Stadler weisend –: Schauen Sie einmal Ihren Kollegen an, er findet das lustig! Er grinst!) Das ist natürlich eine Komponente – ich unterstelle das einzelnen von Ihnen –, die Ihnen gar nicht gefällt, denn daß sich damals die Finnen gegen die Sowjetunion wehren haben können, wird manchem nicht ins Konzept passen. Diesen Angriffskrieg würde man ja liebend gern vergessen. Aber das war, bitte, ein ganz großer Erfolg der Minentechnik der Finnen. Sie waren, wie die Österreicher es immer sein werden, unterlegen, sie haben nur das Gelände für sich gehabt, und dieses Gelände haben sie massiv vermint.

Ich darf noch das Abstimmungsverhalten etwas erläutern. Wir Freiheitlichen werden für den Antrag stimmen, den es ursprünglich gegeben hat und der trotz aller Versuche der Damen um


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Bures, mich niederzubrüllen, hier noch zum Ausdruck gebracht werden wird können. Wir werden für den Antrag stimmen, den Sie ursprünglich für richtig gehalten haben, und wir werden gegen die beiden Abänderungsanträge stimmen, die ins Negative führen. Der eine geht gegen die intelligenten Minen und der zweite schon gegen die Richtsplitterladungen. Das ist der nächste Schritt.

Sehr entwaffnend hat Frau Kammerlander gesagt: ein Erfolg! Die Regulierung der Sache mit den Panzerminen ist der nächste Schritt. Das heißt, die Defensivwaffe Schützenminen soll von Österreich in einem Alleingang verboten werden, Österreich wird darauf verzichten.

Das nächste sind die Richtsplitterladungen. Da hat Amon – ich weiß nicht, wer ihm das ins Ohr geblasen hat – schon einen maßgeblichen Schritt unternommen. Das nächste werden die Panzerminen sein. Es dürfte auf mancher Seite ein starkes Interesse daran herrschen – die Frau Gredler applaudiert schon –, daß Österreich ein Durchmarschgelände für alle, die überhaupt nur hereinfahren wollen, wird.

Aber eines sage ich Ihnen schon: Der Verlust jeder Verteidigungswaffe, die Sie dem österreichischen Heer wegnehmen, führt im Ernstfall, von dem wir alle hoffen, daß er nie eintreten wird, zum Verlust von Menschenleben, zum Verlust von Gesundheit von österreichischen Soldaten. Heute ist es apart, sich hier köstlich zu unterhalten. Heute ist es apart, Redner, die anderer Meinung sind, niederzuschreien. Heute ist es apart, den Zeitgeist hier herrschen zu lassen, aber wenn es einmal ernster werden sollte, so wie es an der slowenischen Grenze vor ein paar Jahren der Fall gewesen ist, dann stehen dieselben Politiker, und zwar von allen Fraktionen, die da sitzen, auch der Landeshauptmann, der ein Anti-Draken-Volksbegehren organisiert hat, an der Grenze und winken jubelnd zu den Draken hinauf. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Nein!)

Der Wabl wird vielleicht woanders gewesen sein und nicht gejubelt haben; das räume ich ein. Aber aus allen Fraktionen waren sie dort und haben das sehr lebhaft begrüßt. Auch Frau Gredler wird vielleicht ferngesehen und daher in Erinnerung haben, daß man die Panzerminen sogar sehen hat können. Es wird dann nicht "Panzerminen" heißen: Es wird "Anti-Fahrzeug-Minen" heißen. Das traue ich mich jetzt schon zu wetten. Es heißt ja auch nicht mehr "Schützenminen". Es heißt jetzt "Anti-Personen-Minen". Und als nächstes wird man hergehen und die Panzerabwehr verbieten, denn das sind gräßliche Waffen, sie können Verletzungen verursachen. Es können einmal Zivilisten getroffen werden. Nur: Der Aggressor wird immer alles haben. Demjenigen, der sich verteidigen will, demjenigen, der nur darauf aus ist, zu seinem Recht zu kommen, wird man alles wegnehmen. Der Aggressor wird alles haben. Und die österreichischen Soldaten werden es büßen, wenn Sie ihnen heute aus einer verblendeten Situation heraus eine reine, billige Defensivwaffe wegnehmen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 540 der Beilagen.

Die Abgeordneten Dr. Karlsson, Hans Helmut Moser, Amon, Mag. Kammerlander und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.


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Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 1 Z 1 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, im Falle ... (Rufe bei der SPÖ: Wo ist der Haider?)

0.46

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung) : Herr Präsident! Ich habe in meiner Wortmeldung darauf Bezug genommen, daß ich diesen Teil meines Antrages zurückziehe, und ich habe auch dementsprechend nur mehr den zweiten Teil meines Antrages – § 2 – zur Kenntnis gebracht beziehungsweise eingebracht. (Abg. Mag. Stadler: Dies wurde überhört!)

0.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Kollegin Kammerlander! In Ihrem schriftlich eingebrachten Abänderungsantrag liegt keine Streichung vor. – Wir betrachten diesen Teil Ihres Antrages als zurückgezogen.

Ich fahre im Abstimmungsverfahren fort und lasse über § 1 Ziffer 1 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung eines Abs. 2 im § 2 sowie die Bezeichnung des bisherigen § 2 als § 2 Abs. 1 vorsieht.

Die Abgeordneten Dr. Karlsson, Hans Helmut Moser, Amon, Mag. Kammerlander und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 2 des Gesetzentwurfes eingebracht.

Ich werde zunächst über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen, sodann über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Karlsson, Hans Helmut Moser, Amon, Mag. Kammerlander und Genossen abstimmen lassen.

Wenn Sie dem Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen Ihre Zustimmung erteilen wollen, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Karlsson, Hans Helmut Moser, Amon, Mag. Kammerlander und Genossen betreffend § 2 des Gesetzentwurfes.

Ich ersuche Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Karlsson, Hans Helmut Moser, Amon, Mag. Kammerlander und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend § 3 des Gesetzentwurfes eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist gleichfalls mit Stimmeneinhelligkeit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist Stimmenmehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Amon, Dr. Karlsson und Genossen betreffend Maßnahmen der Bundesregierung zur Hintanhaltung der Umwandlung von "Richtsplitterladungen" in Anti-Personen-Minen.

Ich bitte Sie im Falle Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht mit der Mehrheit der Stimmen. Der Antrag ist damit angenommen. (E 37.)

18. Punkt

Erste Lesung des Antrages 301/A der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Meine Damen und Herren! Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Großruck vor. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten.

0.50

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Drei Gründe sind es aus Sicht der Österreichischen Volkspartei, warum das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert beziehungsweise novelliert werden muß. Punkt eins: Anpassung an internationale Standards und Normen. Punkt zwei: bessere Integration der Einbürgerungswerber. Punkt drei schlußendlich ist die Forderung beziehungsweise der Wunsch der Bundesländer nach mehr Rechtssicherheit und Entscheidungsklarheit.

Punkt eins: internationale Standards und Normen. Ich habe hier einen Bericht der Tageszeitung "Die Presse" vom 9. April, in dem über die Formen in den Niederlanden berichtet wird. Da heißt es: "Sozialkunde und Sprachkurse sollen die Eingliederung in die niederländische Gesellschaft erleichtern." Und weiters: "Das wird sich in Zukunft ändern, zumindest für Neuankömmlinge, die nicht aus Ländern der Europäischen Union stammen und sich in den Niederlanden niederlassen wollen. Sie, die Nicht-EU-Bürger, die nach ihrer Ankunft im Falle von Arbeitslosigkeit vom niederländischen Staat auch Sozialhilfe oder Arbeitslosenhilfe erhalten wollen, müssen bereits seit dem 1. Jänner einen sogenannten Integrationskurs belegen. Das ist Pflicht. Wer sich dennoch weigert, niederländisch zu lernen, riskiert es, seine staatlichen Unterstützungsgelder zu verlieren. Der Einbürgerungskurs besteht aus zwei Teilen, einem Sprachkurs sowie dem Fach Landes- und Sozialkunde, in dem Ausländer über Sitten und Gebräuche in Holland aufgeklärt werden und nützliche Tips für den Besuch im Rathaus, der Bibliothek und so weiter bekommen."

Die so freien Niederlande, das so freie Holland, meine Damen und Herren, wo sogar die Euthanasie erlaubt ist, was ich generell und strikte ablehne, ein Land, in dem teilweise Drogen freigegeben sind, hat bei Einwanderungen Flüchtlingen verordnet, daß sie die Landessprache lernen müssen. Dem trägt auch der Entwurf unseres neuen Gesetzes Rechnung. Auch in anderen Ländern, wie den USA, Kanada, Ungarn, Deutschland, Großbritannien, der Schweiz und so weiter, sind Integrationskurse und Kenntnis der Landessprache Voraussetzung für die Einbürgerung.

Punkt zwei: Verbesserung der Integration von Einbürgerungswerbern. Da habe ich einen ganz besonderen Partner, nämlich die OSZE, und einen Bericht der heurigen Versammlung der Parlamentarier in Stockholm von 5. bis 9. Juli. Es berichtet der polnische Senator Jiªi Zislak, daß folgende Faktoren die Integration von Flüchtlingen und Einwanderern am stärksten behindern: fehlende oder unzulängliche Kenntnis der Sprache des Aufenthaltslandes, Arbeitslosigkeit oder Unerfahrenheit bei der Arbeitssuche, Niederlassung der Einwanderer in homogenen Ansiedlungen, aus denen in Städten oder Gemeinden nationale Enklaven entstehen.


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Weiters schreibt er in seinem Bericht: "Manche Staaten sind auf die gegenwärtige Lage nicht eingestellt. Ablehnende Haltung der Einheimischen gegenüber Einwanderern und Flüchtlingen haben häufig die Ursache in Unterschieden in Kultur und Religion, schlechter Wirtschaftslage im Aufenthaltsland, zuwenig Kontakt der einheimischen Bevölkerung eines Landes oder einer Region mit Menschen anderer Rasse, Nationalität oder Religion."

Schließlich kommt er zum Schluß: "Die Kenntnis der Sprache des Landes, in dem die Flüchtlinge oder Einwanderer leben, ist eine der Voraussetzungen für die Integration in diesem Land. Dies wiederum steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Chancen auf bessere Qualifikation und auf einen Arbeitsplatz."

Es ist eine, wie ich meine, sehr wichtige Interpretation unseres Antrags: Wenn jemand Mitglied Österreichs werden möchte, wenn jemand um die Staatsbürgerschaft ansucht, so hat es auch Voraussetzung zu sein, daß er unserer Sprache mächtig ist, daß er sich bei unseren Gesetzen im Prinzip auskennt, so wie das auch in anderen Ländern Standard ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Dabei sollte es in der Diskussion keine Rolle spielen, ob die Integrationskurse von der Öffentlichkeit bezahlt werden müssen. Das ist, glaube ich, Nebensache. Aber wichtig ist, daß derjenige, der österreichischer Staatsbürger werden will, auch der deutschen Sprache mächtig ist.

Dritter Punkt ist die Forderung der Bundesländer nach Rechtssicherheit und Klarheit des Gesetzes. Es hat sich ein Gremium von Bundesländer-Juristen, die mit der Ausstellung von Staatsbürgerschaften betraut sind, zusammengesetzt. Wir haben einen Entwurf vorgelegt, der in unserem Antrag auf Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes integriert ist, mit dem vor allem Rechtssicherheit gegeben werden soll, in dem auch Sprachkurse für Integrationswillige gefordert werden und in dem vor allem auch enthalten ist, daß illegaler Aufenthalt in Österreich nicht als Anrechnungsgrund für die Aufenthaltsdauer an und für sich gelten soll.

Das sind wesentliche und wichtige Punkte. Ich darf Sie ersuchen, im Sinne dieses Antrages, den die Österreichische Volkspartei eingebracht hat, der an den Innenausschuß verwiesen wird, zu diskutieren, sodaß wir zu einem gemeinsamen Beschluß kommen, der modernen Standards, die in Europa, in der Welt üblich sind, Rechnung trägt. (Beifall bei der ÖVP.)

0.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte, Frau Abgeordnete.

0.56

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz über die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist in allen Staaten von großer Bedeutung. Die österreichische Staatsbürgerschaft ist für viele Menschen zu Recht erstrebenswert. Das Recht muß daher so gestaltet sein, daß unbescholtene Menschen, die im Lande leben und die Staatsbürgerschaft erwerben wollen, das auch zu einem angemessenen Zeitpunkt innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens tun können.

Und damit bin ich bereits beim Hauptkritikpunkt: Die Zeit, die sich der Bewerber im Lande aufhalten muß, soll von zehn auf 15 Jahre verlängert werden. Mir scheinen selbst zehn Jahre zu lang zu sein, 15 Jahre sind aber auf jeden Fall äußerst problematisch. Das entspricht nicht den Regelungen in anderen europäischen Staaten und steht auch der Integration entgegen.

Menschen, die bei uns leben, die sich hier eine neue Heimat geschaffen haben, sollen in einem angemessenen Zeitraum auch die Staatsbürgerschaft erhalten können. Das dient der Integration. Und umgekehrt bringt eine lange Frist sicher nichts. Sie führt nur zu einer Enttäuschung, und sie kann die Probleme, die es zweifellos zwischen Inländern und Ausländern gibt, nicht lösen.

Es muß innerhalb einiger Jahre doch eigentlich klar sein, ob jemand die Staatsbürgerschaft erwerben will und ob er umgekehrt auch die Voraussetzungen erfüllt. Ich kann mir daher eine Verlängerung auf 15 Jahre nicht vorstellen.


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Noch ein Wort zur Sprache. Natürlich ist die Sprache ein wichtiges Mittel der Integration, und sie muß gefördert werden. Es ist auch gesagt worden, daß die Bundesländer Maßnahmen im Bereich des Sprachunterrichts für Integrationswillige befürworten. Ich glaube aber nicht, daß es sinnvoll ist, hier zu Zwangsmaßnahmen zu greifen. Was ich mir aber vorstellen kann, ist, daß, wenn jemand seinen Integrationswillen zeigt, bereit ist, die Sprache zu lernen, die Frist für den Erwerb der Staatsbürgerschaft herabgesetzt werden könnte.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine Reihe von Bestimmungen in diesem Gesetzentwurf, die kritikwürdig sind oder zumindest diskutiert werden müssen. Ich kann das jetzt aus Zeitgründen nicht tun. Ich kann auch nicht auf den Antrag eingehen, der dann als nächstes behandelt wird und der zum Teil ganz andere Positionen enthält.

Wir müssen uns jedenfalls dessen bewußt sein, daß es in diesen Fragen sehr unterschiedliche Standpunkte gibt, und ich glaube, daß wir diese in sachlicher und nicht polemischer Weise ausdiskutieren müssen. Heute werden wir dazu sicherlich nicht mehr Gelegenheit haben, aber wir sollten diese beiden Anträge dazu nützen, eine sachliche und vernünftige Diskussion über dieses Thema zu führen. (Beifall bei der SPÖ.)

1.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Kier vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.00

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gleich an die Ausführungen meiner Vorrednerin anschließen. Auch mein Interesse ist in erster Linie darauf gerichtet, daß wir zu diesem Themen eine wirklich offene und sachliche Diskussion führen. Ich möchte mich aber anläßlich der ersten Lesung des Antrages der Kollegen Großruck, Brader und Donabauer in den wesentlichen Punkten nicht verschweigen.

Ich glaube nicht, daß dieser Antrag in seiner Hauptrichtung für die Probleme, die wir real haben, sehr hilfreich ist, insbesondere was die Fristverlängerung bei der Einbürgerung anlangt. Wir haben in Österreich im europäischen Vergleich derzeit an und für sich außerordentlich lange Fristen, und der Weg, von zehn auf 15 Jahre zu gehen, ist der falsche. Wir sehen in diesem Ansatz keine wirkliche Verbesserung oder Hilfe für das Problem der Behörden, die entscheiden sollen. Es ist im Gegenteil ein Signal in eine ganz bestimmte, nicht integrative Richtung, und das wird, wenn man die Begründung des Antrages liest und sie sich zu Herzen nimmt, auch deutlich. Hier werden besondere Kenntnisse der österreichischen und europäischen Geschichte, des österreichischen Rechtssystems und der österreichischen und europäischen Kultur genannt, wobei ich keine inneren Vorbehalte gegen die österreichische Kultur, gegen die österreichische Geschichte und so weiter habe, ich wollte nur auf etwas Wesentliches aufmerksam machen. Wenn man solche Begriffe in die Rechtsordnung einführt und den falschen Anschein erweckt, es wäre möglich, einem Staatsbürgerschaftsgesetz einen rechtsverbindlichen Begriff von österreichischer Kultur, von europäischer Kultur und von österreichischer Geschichte zugrunde zu legen, dann kann ich davor wirklich nur warnen.

Ich meine, wir sind gut beraten, uns mit unserer eigenen Geschichte immer wieder auseinandersetzen und uns darüber zu verständigen, aber wenn wir daraus eine Rechtsverbindlichkeit ableiten möchten, so wie das hier in dem Antrag geschieht, dann bekommen wir – darauf mache ich Sie aufmerksam – allein für die zurückliegenden 90 Jahre ein paar Probleme für die vollziehende Behörde, wenn wir ihre Ermessensentscheidungen auf Kenntnisse in der europäischen und österreichischen Geschichte zurückwerfen. Es wird vielleicht Beamte geben, die bestimmte Positionierungen, die rund um das Jahr 1914, die rund um das Jahr 1918, die rund um das Jahr 1934 zur österreichischen Geschichte beziehbar sind, nicht als Kenntnis, sondern als Provokation erleben. Und bei anderen wird es genau umgekehrt sein.

Also wenn Sie solche Dinge, die im Feld der Kultur, der Menschenwürde spielen, auf diese Weise in die Rechtsordnung einführen wollen, dann machen Sie etwas ganz Gefährliches, vor allem bauen Sie eine Brücke zur Ausbürgerung auf. Denn leider Gottes erleben wir oft genug,


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daß gebürtige österreichische Staatsbürger, die politische Ämter wahrnehmen, manchmal nicht das vorweisen können, was man als ausreichende Kenntnisse der österreichischen Kultur, der österreichischen Geschichte und insbesondere auch des österreichischen politischen Systems auffassen kann, sonst hätten wir eine ganz bestimmte Wahlwiederholung im heurigen Jahr nicht gehabt. (Beifall beim Liberalen Forum.) Das war ein Fundamentalfehler in der Einschätzung der Frage: Wo bin ich wahlberechtigt?

Und das wäre etwas, was man, wenn ich den Antrag hier richtig lese, eigentlich schon voraussetzen sollte, denn wenn das schon zur Grundlage gemacht wird, dann müßte man eigentlich erwarten dürfen, daß jemand weiß, daß er, wenn er in einem Wahlverzeichnis nicht eingetragen ist, auch nicht wahlberechtigt ist. Ich bin trotzdem der Meinung, daß wir die Kollegin Moser nicht ausbürgern sollten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und des Abg. Ing. Kaipel. )

1.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag durch 301/A dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zu .

19. Punkt

Erste Lesung des Antrages 310/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen damit zum 19.  Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung kommt vom Antragsteller, von Herrn Abgeordneten Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.04

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Zur Begründung mußte ich meine Wortmeldung jetzt unterbrechen, denn es ist leider nicht möglich, zwei erste Lesungen unter einem zu verhandeln. Sie werden verstehen, daß es nicht Eitelkeit ist, wenn ich zu dem von mir selbst gestellten Antrag, zu dem ich eine erste Lesung beantragt habe, doch wenigstens zwei Sätze sage.

Ich möchte – ohne einen falschen Eindruck zu erwecken – zum eigenen Antrag zum Staatsbürgerschaftsgesetz wenigstens die Bitte aussprechen, daß Sie ihn gründlich, wirklich gründlich studieren und erkennen mögen, daß dieser Antrag die gegenteilige Philosophie des Antrages hat, den wir gerade behandelt haben. Er zielt ab auf die Doppelstaatsbürgerschaft, das heißt, er entmythologisiert die Staatsbürgerschaft. Er setzt die Fristen auf die Hälfte herab – von zehn auf fünf und von 30 auf 15 Jahre –, er schafft einen anderen Zugang, der nicht nur Abstammung heißt, sondern der auch Geburtsort und Land heißt, in dem man aufgewachsen ist – er führt also das ius soli sehr vorsichtig in das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht ein. Er ist auf Integration gerichtet, er ist das, was wir uns erhofft hätten im Rahmen eines Integrationspakets der Bundesregierung, auf das wir jetzt schon seit 24 Monaten warten.

Wir waren halt ungeduldig und haben hier einen integrativen Staatsbürgerschaftsantrag eingebracht. Ich bitte um eine ehrliche Diskussion im Ausschuß, damit wir uns langsam europäischen Standards annähern und nicht nach hinten gewendet in mittelalterliche zurückfallen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

1.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Da niemand mehr zu Wort gemeldet ist, ist die Debatte geschlossen.

Ich weise den Antrag 310/A dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zu .


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52. Sitzung / Seite 230

20. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (428 der Beilagen): Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" (Bundesforstegesetz 1996), über Änderungen des Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetzes und des Bundesfinanzgesetzes 1997 sowie Bundesgesetz, mit dem eine Überschreitung eines Ausgabenansatzes der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1996 bewilligt wird (Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996) (506 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (425 der Beilagen): Bundesgesetz über die Errichtung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H. (511 der Beilagen)

22. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird (507 und Zu 507 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird (508 der Beilagen)

24. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 294/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Privatisierung der Österreichischen Bundesforste (509 der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 296/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend ökologische Reform der Österreichischen Bundesforste (510 der Beilagen)

26. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 179/A der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (Forstgesetz-Novelle 1996) (512 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 20 bis 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Ing. Reichhold vor. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.


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52. Sitzung / Seite 231

1.08

Abgeordneter Ing. Mathias Reichhold (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir haben nur mehr ganz wenig Zeit, daher möchte ich mich wirklich nur auf das Wesentliche beschränken.

Wir Freiheitliche sind ja einiges gewöhnt im Landwirtschaftsausschuß – daß er zu spät beginnt, daß Sitzungsunterbrechungen stattfinden, weil sich die Herrschaften von den Koalitionsparteien nicht einigen können, daß Abänderungsanträge während der Sitzungen kurzfristig eingebracht werden, die kein Mensch mehr studieren und lesen kann –, aber das, was wir beim letzten Landwirtschaftsausschuß erleben mußten, hat alles bisher Dagewesene in den Schatten gestellt (Beifall bei den Freiheitlichen): Zum Bundesforstegesetz wurde ein Abänderungsantrag eingebracht, aber betreffend Wasserechtsgesetznovelle, Rebengesetz, Pflanzenschutzmittelgesetz.

Jeder Neuankömmling im Hohen Haus weiß, daß dies mit der Geschäftsordnung überhaupt nicht vereinbar ist, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir haben daher auch Protest eingelegt und uns auf eine Vorgangsweise geeinigt, die ebenso bedenklich ist, nämlich auf die Vorgangsweise gemäß § 27 der Geschäftsordnung, wonach Abänderungsanträge im inhaltlichen Zusammenhang mit dem Leitgesetz stehen müssen. – Auch das war hier nicht erkennbar.

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Wir haben nur deshalb mitgemacht, und zwar unter Protest, weil uns die Änderung des Wasserrechtsgesetzes wirklich ein Anliegen war. Das ist aber kein Präjudiz, um in Zukunft eine derart chaotische Vorgangsweise zu dulden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Entweder stehen Sie selbst unter politischem Druck, daß Sie das alles mitmachen, oder Sie kennen sich in der Geschäftsordnung nicht aus, was traurig wäre, denn dann wären Sie wohl fehl am Platz des Vorsitzenden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt aber zum Inhalt: Die Umwandlung der Bundesforste in eine Aktiengesellschaft ist für uns ein Trauerspiel. Dieses beginnt damit, daß vor kurzer Zeit Landwirtschaftsminister Molterer noch lauthals eine Stiftung angekündigt hat, jetzt aber dem sozialistischen Vorschlag einer Aktiengesellschaft zustimmt – ein klassischer Umfaller, über den sich Kollege Gradwohl vielleicht freuen mag, der aber eine Blamage für den Landwirtschaftsminister ist, der hier seinen Mund wohl zu voll genommen hat.

Aber das Umfallen ist er gewohnt. Er hat in diesem Jahr entgegen den Versprechungen mehrmals Kürzungen im Agrarbudget vorgenommen: bei der Fruchtfolgestabilisierung, bei den degressiven Ausgleichszahlungen, bei den Elementarförderungen. Er hat einen ÖPUL-Einstiegsstopp erlassen, Versprechen gebrochen, das Wort gebrochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von der freiheitlichen Fraktion haben beschlossen, dem Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Molterer den Titel "Umfaller des Jahres" zu verleihen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Ich "gratuliere", Herr Minister!)

Nächster Punkt: Die Auslagerung der Bundesforste in eine Aktiengesellschaft scheint uns auch ein finanztechnischer Trick zu sein. Bereits nächstes Jahr müssen die Bundesforste, wie Molterer das selbst im Ausschuß zugab, 500 Millionen Schilling netto an das Budget abführen, 500 Millionen Schilling netto, die sich nicht aus Liegenschaftsverkäufen erlösen lassen, wahrscheinlich auch nicht aus Überschlägerungen, sondern die zumindest teilweise im Wege von Darlehen und Krediten aufgebracht werden müssen. Das heißt, Sie machen in einer Aktiengesellschaft Schulden, um die Schulden im Budgethaushalt zu reduzieren. Das ist vielleicht eine Vorgangsweise, die jetzt populär geworden ist, um die Maastricht-Kriterien zu erreichen, aber sicher nicht, um die Bundesforste auf einen erfolgreichen Weg zu führen.

Sie schalten auch die parlamentarische Kontrolle weitestgehend aus. Dazu gibt es einen Antrag des Abgeordneten Wabl, der auch von uns Freiheitlichen unterstützt wird, weil wir der Meinung sind, daß, solange der Staat Eigentümer dieser Aktiengesellschaft ist, auch das Parlament die Kontrolle vorzunehmen hat. Es wimmelt nur so von Verfassungsbestimmungen, sodaß gerade dieses Gesetz im Sinne von Khol aus dem Verfassungsbogen fällt.


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Wir Freiheitliche hingegen bringen einen Antrag ein, den Abgeordneter Firlinger noch erläutern wird. Die Schwerpunkte sind, daß die Bauern Vorkaufsrechte erhalten, daß die Einforstungs- und Nutzungsberechtigten wertäquivalent entschädigt werden und daß es natürlich auch eine Zweckbindung aus den Erlösen der Privatisierung geben muß, um die umweltrelevanten Flächen auch in Hinkunft weiter bewirtschaften zu können.

Nächster Punkt: Bundesversuchsanstalten. Auch hier das gleiche Bild. Es werden drei GmbHs gegründet. Die brauchen natürlich Stammkapital. Dieses Stammkapital hat der Finanzminister nicht. Was macht Minister Molterer? – Er greift natürlich wieder in die Bauernkasse hinein. Es werden degressive Ausgleichszahlungen verwendet, um das Grundkapital zu erstellen. Ein weiterer Umfaller, ein weiterer Wortbruch, denn dieses Geld gehört den Bauern und sonst nie-mandem.

Zum Wasserrecht: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben dieser Novelle, diesem Antrag letztlich zugestimmt, damit die Besitzer von Kleinkläranlagen eine Fristverlängerung bekommen, um den gesetzlichen Ansprüchen Genüge zu tun. Was wir aber nicht hinnehmen, ist, daß in Sanierungsgebieten, wo die Bauern unserer Meinung nach für Verluste zu 100 Prozent entschädigt werden sollten, das derzeitige Gesetz einen 20prozentigen Selbstbehalt vorsieht. Frau Abgeordnete Aumayr hat einen Antrag dazu eingebracht, den Abgeordneter Auer das letzte Mal im Parlament bereits unterstützt hat. Im Ausschuß hat er es nicht getan und heute im Parlament wird er es wahrscheinlich auch nicht tun, aber das ist eben das Wesen einer Umfallerpartei! – Ich bin neugierig, was du heute tust. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen haben einen weiteren Antrag eingebracht, der einen Kompromiß zwischen dem Freizeitsport und dem Schutz des Waldes beinhaltet, einen Kompromiß, der so aussieht, daß es Verträge zwischen den Fremdenverkehrsgemeinden einerseits und den Nutzungsberechtigten beziehungsweise Eigentümern auf der anderen Seite geben soll. Es ist traurig, daß diese Forderung nicht umgesetzt wird, weil wir glauben, daß das von vielen gewünscht wird.

Ich möchte am Ende meiner Ausführungen noch einen Teil unserer Anträge einbringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold, Anna Elisabeth Aumayr und Kollegen zur Regierungsvorlage 428 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage 428 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes in 506 der Beilagen wird wie folgt geändert:

In Artikel IV lautet § 2:

"§ 2. Die Bedeckung der im § 1 genannten Überschreitung ist wie folgt sicherzustellen: Rücklagenauflösung aus dem Budgetansatz 2/51297 Kassenverwaltung; Rücklagen; Auflösung von Rücklagen in der Höhe von 105 Millionen Schilling."

*****

Weiters bringe ich ein:

Zusatzantrag

der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr, Ing. Mathias Reichhold, Franz Koller, Robert Wenitsch und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Der im Titel genannte Antrag 507 der Beilagen wird wie folgt ergänzt:

1. Z 4 lautet:

4. § 33f Abs. 6 erster Satz lautet:

"(6) Wenn aus einer Verordnung gemäß Abs. 3 schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile in der sonst rechtmäßigen Nutzung von Anlagen und Grundstücken erwachsen, die eine Einkommensminderung bewirken, gewährt der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ab Ernte 1996 nach Maßgabe des jeweiligen Bundesvoranschlages Zuschüsse bis höchstens 50 Prozent der hierdurch bewirkten nachweislichen Einkommensminderung, wenn seitens des betreffenden Landes ein mindestens gleich hoher Zuschuß geleistet wird."

Die bisherige Z 4. wird zu Z 5.

2. Die neu angefügte Z 6 lautet:

6. Der zweite Satz des § 33f Abs. 6 entfällt.

3. Die neu angefügte Z 7 lautet:

7. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. 1. 1997 in Kraft.

*****

Auer, zustimmen, nicht umfallen! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

1.16

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die beiden soeben verlesenen Anträge sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte, Herr Abgeordneter. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

1.16

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Außerordentliche Situationen erfordern auch außerordentliche Maßnamen. Aufgrund des Wasserrechtsgesetzes 1990 wären es etwa hunderttausend Hausbesitzer, Liegenschaftsbesitzer gewesen, für die mit Ende dieses Jahres die Befristung abgelaufen wäre, ihre Wasserentsorgungsanlagen auf den Stand der Technik zu bringen. Das hätte erfordert, daß rund hunderttausend Betriebe, die in den nächsten fünf Jahren an öffentliche Kanalnetze angeschlossen werden, jetzt in der Zwischenzeit noch eine biologische Wasserkläranlage hätten errichten müssen. Das wäre mit sehr hohen Kosten verbunden gewesen.

Da die Wasserrechtsgesetz-Novelle dem Konsultationsmechanismus unterzogen werden muß, haben wir diese beiden notwendigen Punkte herausgenommen und im Rahmen eines §-27-Antrages – worüber sich aber die Fraktionssprecher im Ausschuß geeinigt haben – in dieser Art und Weise beschlossen. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Müller. )

Abgeordneter Reichhold ist nicht wählerisch beim Austeilen, aber sehr empfindlich, wenn er selbst kritisiert wird. Minister Molterer ist nicht der Umfaller des Jahres, sondern er ist einer der erfolgreichsten Landwirtschaftsminister Europas. Er hat für Österreich im heurigen Jahre in Brüssel zusätzlich 2,6 Milliarden Schilling für das ÖPUL-Programm erhandelt.

Abgeordneter Reichhold hätte die Möglichkeit gehabt: Am 17. November haben ihn die Kärntner Bauern gemessen und gewogen, aber sie haben ihn für nicht tauglich als Präsidenten befunden. (Beifall bei der ÖVP.) Sogar in seiner Heimatgemeinde – und das ist ein Merkmal – hat er 7 Prozent Stimmenanteil verloren (Abg. Ing. Reichhold: Aber noch immer 52 Prozent der


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Stimmen!), also dort, wo man ihn kennt. Er hat sogar versprochen, auf jede Entschädigung als Kammerpräsident zu verzichten, wenn ihn die Kärntner Bauern wählen. Er würde all dieses Geld den notleidenden Kärntner Bauern zur Verfügung stellen, aber alles das hat trotzdem nicht geholfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir beschließen heute eine Bundesforstebetriebs AG. Die Bundesforste sind ein sehr wesentlicher Betrieb innerhalb Österreichs, denn die Gesamtfläche der Österreichischen Bundesforste umfaßt immerhin 854 000 Hektar, davon sind etwas über 500 000 Hektar Waldfläche. Interessanterweise gehört dazu auch ein gewaltiger Komplex an Gebäuden. Insgesamt bewirtschaften beziehungsweise erhalten die Österreichischen Bundesforste 3 275 Gebäude.

Bei den Österreichischen Bundesforsten bestehen aber auch sehr viele Servitutsrechte, Einforstungsrechte der österreichischen Bauern. 18 650 Bauern haben Holzbezugsrechte im Umfang von 275 000 Raummetern Brennholz und rund 64 000 Festmetern Nutzholz. 13 000 Bauern haben Elementarholzrechte bei den Bundesforsten, 15 280 Bauern Weiderechte mit rund 180 000 Rindern, und rund 8 770 Bauern haben Streurechte bei den Österreichischen Bundesforsten.

Das bedeutet, daß etwa 10 Prozent der gesamten Nutzung der Österreichischen Bundesforste durch Einforstungsberechtigte erfolgt. Deshalb war es natürlich verständlich, daß sich die Einforstungsberechtigten jetzt bei der Ausgliederung Sorgen darüber gemacht haben, aber wir konnten diese Sorgen in mehreren Gesprächen ausräumen und die Einforstungsberechtigten auch in der ausgegliederten Gesellschaft entsprechend verankern.

Mehrere Länder und Naturschutzorganisationen machten sich auch darüber Sorgen, daß diese Gesellschaft bei der Fortführung der Bundesforste verpflichtet sein könnte, den bestmöglichen wirtschaftlichen Nutzen zu erzielen, was ursprünglich sogar im Verfassungsrang vorgesehen war. Durch Abänderungsanträge konnten wir auch diesen Interessen entgegenkommen. Es kam zu einer Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und zur Errichtung einer als Aktiengesellschaft konzipierten Betriebsgesellschaft, die das Vermögen der Republik treuhändisch verwaltet. Nur ein sehr kleiner Teil – und zwar als Sacheinlage zur Absicherung der Pensions- und Abfertigungsansprüche – ist direkt als Eigentum in die Betriebs-AG übergegangen.

Da 48 Prozent der Flächen der Österreichischen Bundesforste durch Holzbezugsrechte, Streubezugsrechte und Weiderechte belastet sind, gab es für diese Eingeforsteten neue Regelungen.

Die Ziele dieser Gesellschaft sind etwas verändert gegenüber den bisherigen Zielsetzungen der Bundesforste, und sie lauten – sehr ökologisch ausgerichtet – in § 7:

"1. der Waldboden ist nachhaltig zu bewirtschaften; seine Produktionskraft ist zu erhalten und nach Möglichkeit zu verbessern;

2. die Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungswirkungen des Waldes sind bestmöglich zu sichern und weiterzuentwicklen;

3. die Trink- und Nutzwasserreserven sind zu erhalten" – dies war auch ein Anknüpfungspunkt für den §-27-Antrag –;

"4. die Interessen der Landwirtschaft, insbesondere der bergbäuerlichen Betriebe, sind zu berücksichtigten;

5. Flächen außerhalb des Waldes, die für Erholungszwecke im besonderen Maße geeignet sind, wie Seeufer, sind vor allem diesen Zwecken zugänglich zu machen;

6.  an der Gestaltung und Erhaltung von Naturparkflächen sowie an Flächen, die nach Naturschutzgesetzen unter Schutz gestellt sind, kann mitgewirkt werden;

7.  bei der Wildbewirtschaftung ist auf das ökologische Gleichgewicht zu achten;


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8. die Rechte gemäß Grundsatzgesetz über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten sind zu gewährleisten."

Damit sind diese Rechte abgesichert worden, auch und vor allem im Interesse des Bundeslandes Salzburg, wo noch ein alter Streit wegen des Verfassungsgesetzes vom 1. Oktober betreffend den Übergang zur bundesstaatlichen Verfassung vorhanden ist. § 11 lautet:

"Alles übrige staatliche Vermögen ist Vermögen des Bundes. Die endgültige Auseinandersetzung über das staatliche Vermögen wird im Verfassungsgesetz des Bundes über die finanzielle Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern geregelt."

Das heißt, es ist immer noch eine vorläufige Regelung, aber auch da haben wir durch den Ausschußbericht eine neutrale Stellungnahme gefunden, sodaß weder der Bund noch das Land Salzburg in den bisherigen Rechten geschmälert werden.

Es ist sozusagen nur ein Buchstabe durch einen Abänderungsantrag, den ich noch vorbringe, einzufügen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Georg Schwarzenberger, Heinz Gradwohl und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend Bundesforstegesetz 1996 und weiterer Gesetze in 428 der Beilagen in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft 506 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Artikel I der im Titel bezeichneten Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. In der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 1 erster Satz wird nach der Wortfolge "Bundesgesetzes über die Errichtung der landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H." der Ausdruck "BGBl. Nr. ....," eingefügt.

In § 2 Abs.  4 wird der Ausdruck "Abs. 1" ersetzt durch "Abs. 6".

*****

Insgesamt konnte mit den Abänderungsanträgen sowohl den Interessen der Einforstungsberechtigten als auch jenen der Länder Rechnung getragen werden, und wir können diesem Bundesforstebetriebsgesetz die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

1.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter. 5 Minuten Restredezeit.

1.25

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich schließe mich der Beurteilung des Erstredners an, daß die Geschäftsordnung im Landwirtschaftsausschuß sehr arg strapaziert worden ist, und zwar einfach deshalb, Herr Abgeordneter Schwarzenberger, weil Umsetzungsversäumnisse, die von seiten der Koalition zu verantworten sind, irgendwie repariert werden mußten.

Und daß Sie ein einziges Wort hernehmen, um einen inhaltlichen Zusammenhang – der nach der Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter Schwarzenberger, wie Sie wissen, die Voraussetzung für einen solchen §-27-Antrag gewesen wäre – herzustellen, nämlich den Schutz der


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Trinkwasserreserven, um dann bei der Sanierung der Altanlagen, die garantiert nicht im Wald zu finden sind, sehr umfassende Änderungen zu machen, die zugegebenermaßen jetzt von den Fristabläufen her notwendig sind, das ist weit hergeholt. (Abg. Schwarzenberger: Wir haben uns aber geeinigt!) Das wissen Sie auch, und ich bin überzeugt davon, daß Anträge der Opposition in einem solchen Zusammenhang von den Regierungsfraktion nicht anerkannt werden würden.

Es hätte auch die Bestimmung des § 27 der Geschäftsordnung keinen Sinn, wenn man sie so weit auslegt ... (Abg. Schwarzenberger: Die Betroffenen sind froh, daß wir das gemacht haben!) Herr Abgeordneter Schwarzenberger, das ist schon richtig, aber es gilt schon eines noch, trotz aller sachlichen Zwänge: Gesetz ist Gesetz, und da kann man sich nicht einfach so darüber hinwegsetzen. Das ist aber gemacht worden, und das ist gegangen, weil Sie diesbezüglich die Mehrheit haben. Aber noch einmal: Richtig ist es nicht, und das wird man zugestehen müssen.

Wir kritisieren das, Herr Abgeordneter Schwarzenberger, und wir kritisieren vor allem, daß man offenbar eine so geringe Hemmschwelle hat, die Beugung der Geschäftsordnung auch wirklich durchzuziehen. Aber nichtsdestotrotz: Der eigentliche politische Punkt ist natürlich die Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste, die hier unter einem mit vielen anderen Anträgen verhandelt wird.

Meine Damen und Herren! Dazu ist festzuhalten, daß die Österreichischen Bundesforste bisher ein selbständiger Wirtschaftskörper waren. Sie waren politisch unmittelbar im Einflußbereich des Herrn Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, und sie unterlagen in dieser Konstruktion der Kontrolle des Parlaments und daher auch dem Interpellationsrecht und dem Fragerecht des Parlaments.

Zukünftig wird es so sein, daß aus diesem selbständigen Wirtschaftskörper eine eigene Rechtspersönlichkeit wird, eine AG. Sie wird von der Konstruktion her aber in weiten Bereichen nach wie vor dem Einflußbereich des Herrn Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft unterliegen. Der Herr Bundesminister für Finanzen hat auch noch ein Wörtchen mitzureden, aber in weiten Bereichen ist es primär der Einflußbereich des Herrn Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft.

Der massive Unterschied zur jetzigen Situation ist: Es wird keine Rolle fürs Parlament als Kontrolleur geben in dieser Sache, obwohl der politische Einfluß gewahrt bleiben wird. Und das ist genau das, was wir an dieser Änderung massiv kritisieren. Ich habe daher im Ausschuß auch einen Vorschlag eingebracht, doch im Ausschußbericht festzuhalten, daß man in den Bereichen, in denen der Einfluß von politischer Seite, vom Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft nach wie vor gegeben ist, das Kontroll- und Fragerecht des Parlaments nicht einschränkt. Und ich sage dazu, daß es hierzu einen Präzedenzfall gibt, und zwar aus dem Finanzausschuß, als es um die Bundeswertpapieraufsicht gegangen ist. Es war interessanterweise kein Problem für Herrn Bundesminister Klima, zu sagen, das Kontrollrecht des Parlaments wird trotz dieser Ausgliederung nicht eingeschränkt.

Ich halte fest: Es war für die ÖVP und für den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ein massives Interesse, dieses Kontrollrecht nicht mehr zuzulassen, das jetzt unbestritten besteht. Das ist ein Grund, uns sehr mißtrauisch zu machen. Für uns ist das eine zentrale Motivation dieser Form der Ausgliederung. Wir sind nicht dagegen, daß die Bundesforste unternehmerisch selbständig geführt werden, aber wir sind dagegen, daß es in dieser Form gemacht wird, daß die Kontrolle des Parlaments beschränkt, aber der politische Einflußbereich der ÖVP gewahrt wird.

Meine Damen und Herren! Deshalb sprechen wir uns gegen diese Änderung aus. Und nochmals sei auch auf die Beschickung des Aufsichtsrates verwiesen, durch die klargeworden ist, daß auch hier massive Interessen, parteipolitische Interessen existieren, aber dem Kontrollrecht des Parlaments kein Stellenwert eingeräumt wird. Wir meinen daher, daß der Antrag des Herrn Abgeordneten Wabl, den wir mit unterstützen, sinnvoll ist, daß man den Aufsichtsrat


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nicht zu zwei Dritteln quasi vom Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und vom Finanzminister beschicken läßt, sondern daß man ein Hearing im Parlament durchführt.

Die anderen Materien, meine Damen und Herren, seien kurz erwähnt:

Was die Bundesversuchswirtschaften angeht, die ebenfalls ausgegliedert werden, werden wir das hier im Plenum ebenfalls ablehnen, wie ich das bereits im Ausschuß getan habe.

Was die Fristverlängerung angeht, die im Wasserrechtsgesetz vorgesehen wird, werden wir uns dagegen aussprechen, weil wir nicht einsehen, daß wir die Umsetzungsversäumnisse, die von der Koalitionsregierung zu verantworten sind, jetzt quasi mit einer Beugung der Geschäftsordnung sanieren helfen sollen.

Was die Anrechnung von freiwilligen Umweltmaßnahmen auf die vorgeschriebenen Umweltmaßnahmen angeht in Bereichen, wo es um die Sanierung von Grundwasser ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend) : Dem werden wir zustimmen ebenso wie auch den anderen Anträgen, die hier sonst noch unter einem verhandelt werden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

1.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.31

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Aus der Fülle der heute zu behandelnden Themen werde ich mir gestatten, kurz zur Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste Stellung zu nehmen.

Es wurde schon angesprochen, daß hinsichtlich des Entwurfs des Österreichischen Bundesforstegesetzes Bedenken und Befürchtungen in der Öffentlichkeit existiert haben, die vor allem in Richtung Sicherung der öffentlichen Interessen, der ökologischen Zielsetzungen, aber auch der Dienstnehmerrechte beziehungsweise der Rechte aus bestehenden Verträgen gegangen sind.

Daher wurde, seit die Regierungsvorlage den Ministerrat passiert hat, in permanenten Verhandlungen zwischen den Koalitionsparteien versucht, diesen Bedenken entgegenzuwirken und den Anforderungen gerecht zu werden. Während dieser Diskussions- und Beratungsphase haben wir gemeinsam mit der Arbeitnehmervertretung der Österreichischen Bundesforste, mit den Einforstungsgemeinschaften, mit Vertretern von Naturschutz- und Tourismusbewegungen und mit Vertretern des Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft versucht, zielorientiert und konstruktiv eine positive Veränderung dieser Regierungsvorlage vorzunehmen.

Daher konnte entgegen den Aussagen des Kollegen Reichhold am 3. Dezember im Ausschuß ein Abänderungsantrag eingebracht werden, und dieser hat eben diese von mir genannten Punkte umfaßt. Mit diesem Abänderungsantrag – mit Pressemeldungen aus der vergangenen Woche ist das durchaus zu belegen – wurde den Bedenken, die seitens der von mir genannten Vereinigungen bestanden haben, Rechnung getragen und wurden Abänderungen zur Zufriedenheit der Beteiligten für die Zukunft festgelegt.

Gestatten Sie mir, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß ich in diesem Zusammenhang einen Dank ausspreche, und zwar an die Beamten des Ressorts, die in hervorragender Flexibilität, in raschem Handeln und mit ihrem Engagement und auch durch den Einsatz neuer technischer Mittel, Herr Kollege Wabl, eine Aufbereitung der Materie jeweils auf dem letzten Stand der Verhandlungen vorgenommen und damit ermöglicht haben, diese Bedenken durch Abänderungen der Vorlage auszuräumen. Gleichzeitig mit diesem Dank darf ich ihre Arbeit durchaus auch als vorbildhaft und nachahmenswert herausstreichen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Gestatten Sie mir noch einige Bemerkungen zur Aufgabe, wie sie sich dargestellt hat. Ausgehend vom Koalitonsübereinkommen, das im Kapitel 13 die Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste per 1. 1. 1997 vorsieht, über die bereits angesprochene und diskutierte Idee der Stiftungen bis zu einer darauffolgenden Studie der Finanzierungsgarantiegesellschaft hat man sich auf die Ausgliederung in Form einer Kapitalgesellschaft, einer Aktiengesellschaft festgelegt. Bei dieser Ausgliederung wurde eine Fülle von Interessen vorgebracht. Diese waren mit einer Klammer zu schließen und in den Entwurf einzuarbeiten.

Es wäre gar nicht möglich, die Fülle der Interessen tatsächlich aufzuzählen. Gestatten Sie mir nur beispielhaft einige anzuführen: Substanzerhalt an Grundbesitz und dem damit verbundenen Wasserrecht für die Republik, die Ermöglichung einer wirtschaftlichen und effizienten Unternehmensstruktur bei den Österreichischen Bundesforsten unter gleichzeitiger Wahrung der Rechte der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der Bundesforste AG, die Wahrung der öffentlichen Interessen, der ökologischen Zielsetzungen, die Erhaltung der bereits angesprochenen Trink- und Nutzwasserreserven sowie die Erhaltung schutzwürdiger, vom öffentlichen Interesse sehr betroffener sensibler und wertvoller Gebiete, aber auch die Möglichkeit – Kollege Schwarzenberger hat das schon angesprochen – der Beteiligung und der Mitwirkung an Nationalparks und Naturparks und die Ausräumung der verfassungsmäßigen Bedenken eines Bundeslandes.

In den angesprochenen Verhandlungen wurde diese Fülle an Interessen praxisnah, praxisbezogen in einen Gesetzestext gegossen. Ich möchte mich auch bei den Vertretern des Zentralbetriebsrates, der Einforstungsgemeinschaften, der Tourismusverbände, da vor allem bei den "Naturfreunden", für ihr aktives Mittun und für das Anmelden ihrer Bedenken und gleichzeitig auch für die Anregungen, wie in ihrem Sinne verfahren werden könnte, bedanken. Diese ihre Bedenken und Anregungen haben diese Gesetzwerdung positiv mit beeinflußt, und ich halte das durchaus für einen sehr lobenswerten Vorgang, Kollege Wabl.

Nach dem heutigen Beschluß beginnt meiner Meinung nach für die Österreichischen Bundesforste eine neue Ära mit einem schlanken Zweiervorstand und mit einem schlanken Sechseraufsichtsrat. Und ich setze in dieses Unternehmen auch große Erwartungen.

Ich bin froh, Kollege Firlinger, daß Ihrer Idee, daß es in Zukunft keinen Staatswald mehr geben wird, nicht Rechnung getragen wird. (Ruf: Ist das eine liberale Idee oder eine freiheitliche? – Gegenruf: Das kommt schon noch!) – Das weiß ich nicht so richtig, aber Kollege Firlinger hat noch Gelegenheit, hier Stellung zu nehmen.

Ich erwarte mir vom neuen Vorstand des Unternehmens in Erfüllung des Gesetzesauftrages bis Ende 1997 ein Unternehmenskonzept, das zukunftsorientiert ist und den Zielen und Aufgaben, die dieses Gesetz vorsieht, gerecht wird, weiters einen von diesem Konzept ausgehenden Motivationsschub, der in das Unternehmen und im Unternehmen sowie auch auf die Mitarbeiter wirkt. Das würde eine Verbesserung der jetzigen Situation mit sich bringen. Und drittens erwarte ich mir durch dieses neue Unternehmen auch Impulse; Impulse, die von der Österreichischen Bundesforste AG für regionale und touristische Entwicklungen ausgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend ersuche ich Sie, alles in allem zu betrachten, nämlich die Zusammenführung der Regierungsvorlage mit dem Abänderungsantrag, mit den Erläuterungen und Ausschußfeststellungen. Mit dieser Zusammenfassung legen wir heute die Grundlage, daß die Österreichischen Bundesforste und deren Beschäftige abgesichert sind, ökologisch nachhaltige Nutzung ermöglicht wird, öffentliche und Wohlfahrtsinteressen berücksichtigt werden und auch eine höhere Effizienz der Bundesforste AG ermöglicht wird.

Daher werden wir Sozialdemokraten diesem heutigen Gesetz mit Freude und mit Stolz zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

1.39

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wabl. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. Es kann auch kürzer sein. (Abg.


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Wabl: Es ist niemand mehr von uns auf der Rednerliste! – Abg. Schwarzenberger: Das kommt auf den Applaus an, wie lange er sprechen wird!)

1.39

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Es war nicht notwendig, daß Sie heute ähnlich vorgegangen sind wie gestern Kollege Kostelka, indem Sie gleich zu Beginn mit einer Unwahrheit aufgetrumpft haben. Ich kann mich nicht erinnern, daß bei diesen Gesprächen im Landwirtschaftsausschuß das Einverständnis der grünen Fraktion gegeben worden wäre, die Geschäftsordnung zu mißachten. (Abg. Schwarzenberger: Von Ihnen wurde sogar ein weiterer Antrag eingebracht!) Ich kann mich nicht erinnern, daß von der grünen Fraktion gemeint worden wäre, es sei geschäftsordungskonform, was Sie getan haben.

Herr Kollege Schwarzenberger! Kollege Reichhold und auch Kollege Barmüller haben schon ausführlich darüber gesprochen, daß Sie offensichtlich in der letzten Zeit nicht mehr in der Lage sind, Vorlagen zeitgerecht einzubringen. Das ist ein Problem, das uns in den letzten Wochen und Monaten schon öfter die Arbeit im Ausschuß verunmöglicht hat.

Dieser Zustand im Ausschuß hat bereits einen Grad an Unerträglichkeit erreicht, daß ich mich manchmal frage: Woran liegt das? Ist es die schlechte Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner oder ist es das chaotische Verhalten des Abgeordneten Wurmitzer, der ja gar nicht im Landwirtschaftsausschuß ist? (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum und bei den Freiheitlichen.) Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Fernwirkung aus Kärnten so gut ist, daß das direkt in den Landwirtschaftsausschuß hineinreicht. Ich kenne Kollegen Wurmitzer als sehr sachlichen und fleißigen Arbeiter im Rechnungshofausschuß. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, warum er im Landwirtschaftsausschuß für solch chaotische Zustände sorgen sollte.

Meine Damen und Herren! An sich wäre diese Mißachtung der Geschäftsordnung und dieses gesetzwidrige Zustandekommen dieser Gesetzesnovelle durchaus geeignet, einmal beim Bundespräsidenten nachzufragen, ob er nicht die Unterschrift verweigern sollte bei diesem Gesetz, das offensichtlich nicht rechtmäßig zustande gekommen ist.

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Ich bin mir dessen schon bewußt: Der Herr Bundesminister hat schon seit längerem versucht, hier eine Wasserrechtsgesetz-Novelle einzubringen, und ist am Widerstand insbesondere Ihrer Fraktion, die intern gegen das Wasserrechtsgesetz opponiert hat, gescheitert. Es gibt auch einige in der SPÖ, die das nicht wollen. Deshalb kann dieses Wasserrechtsgesetz nicht novelliert werden, obwohl es dringendst einiger Reparaturen bedarf. Diese Passage wurde deshalb im Landwirtschaftsausschuß beschlossen, um nicht Häuslbesitzer und Bauern im ländlichen Raum zu bestrafen, weil Sie säumig geworden sind.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu den Bundesforsten reden. Es ist hier schon einiges Richtige gesagt worden. Kollege Reichhold und Kollege Barmüller haben schon davon gesprochen, daß die öffentliche Kontrolle ausgeschaltet ist.

Ich weiß schon, Herr Bundesminister, daß Sie eine andere Rechtsform haben wollten, aber wenn Sie jetzt schon die Rechtsform der AG wählen, dann wundert es mich, daß Sie trotzdem noch zwei Aufsichtsräte, einer von Ihnen und einer vom Aufpasser Finanzminister, mit Weisungsrecht in diesem Aufsichtsrat sitzen haben, mit Durchgriffsrecht für Sie. Es ist eine besondere Pikanterie, daß man zuerst die Privatisierung, die AG, wählt und dann auch noch durch die Hintertür versucht, den Zugriff zu erhalten, aber gleichzeitig die Kontrolle durch dieses Parlament ausschaltet. Ich halte das für einen Vorgang, der eigentlich die Entmündigung dieses Hauses verursacht. Herr Kollege Leiner! Bei Ihnen ist das kein Problem mehr, aber andere in diesem Hause mögen ein Problem damit haben, daß das Mitspracherecht, das Kontrollrecht dieses Hauses nicht mehr gewahrt ist.

Meine Damen und Herren! Hier wird eine Rechtsform gewählt, die den Anschein erweckt, das sei jetzt eine privatrechtliche Gesellschaft nach dem Aktienrecht. Der Landwirtschaftsminister und der Finanzminister bewahren sich ihr Durchgriffsrecht, aber dieses Haus hat keine Möglichkeit mehr, Kontrollen durchzuführen.


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Wir wollten zumindest durch die Auswahl der Aufsichtsräte sicherstellen, daß der Hauptausschuß bezüglich des Kontrollorgans dieser AG mitbestimmen kann, indem er nach einem ausführlichen Hearing sagt, wer in diesem Aufsichtsrat drinnensitzen soll.

Herr Kollege Schwarzenberger! Ich weiß nicht, warum Sie einem so vernünftigen Ansinnen widersprochen haben oder nicht nähergetreten sind. Ebenso verstehe ich das nicht von Ihnen, Herr Kollege Gradwohl. Ich weiß nicht, warum Sie so eine Freude an der Selbstkastration haben – wir haben die Problematik zu einem anderen Kapitel ausführlich diskutiert –, warum Sie offensichtlich jedesmal dafür sorgen, daß Sie politisch entmündigt werden und in großen Bereichen in unserer Republik nicht mehr mitreden dürfen. Sie sind Volksvertreter, Herr Kollege Gradwohl, Sie sind eigentlich der Vertreter des Volkes, damit der Staatswald, der sich im Eigentum der Republik Österreich befindet, auch durch Sie kontrolliert wird. Diese Kontrolle ist ausgeschaltet, und das werden Sie heute möglicherweise in einigen Minuten beschließen. Diese Freude an dieser Selbstkastration kann ich nicht teilen, Herr Kollege Gradwohl, aber ich wünsche Ihnen viel Glück bei diesem Vorhaben.

Meine Damen und Herren! Die ökologische Relevanz, die der Staatswald in Österreich hat, ist allein daran abzulesen, daß die Österreichischen Bundesforste einen Waldbesitz von 10 Prozent der gesamten Staatsfläche haben und 15 Prozent des Waldes in Österreich besitzen. 26 Prozent, also ein Viertel des gesamten Schutzwaldes, befinden sich auf der den Österreichischen Bundesforsten gehörigen Fläche.

Meine Damen und Herren! Es wurde durch massive Interventionen von Umweltschutzorganisationen und seriösen Gruppen in Österreich, die das Wort "Ökologie" ernst nehmen, herausreklamiert, daß einzig und allein der ökonomische Zweck, die ökonomische Bestimmung im Verfassungsrang ist. Es war immerhin ein kleiner, bescheidener Erfolg, daß man zumindest den Abs. 2 des § 4 aus der Verfassungsbestimmung herausreklamiert hat, in dem ausschließlich die bestmögliche wirtschaftliche Verwertung festgeschrieben war.

Meine Damen und Herren! Das ist zumindest ein Teilerfolg. Wir haben auch in vielen Zielparagraphen die ökologische Frage noch deutlicher untergebracht. Das ist auch ein kleiner Teilerfolg. Aber, Herr Minister, das Problem, das wir immer bei den landwirtschaftlichen Gesetzen haben, ist, daß im Grunde genommen noch immer nicht klargestellt worden ist, was das Prinzip der Ökologie bedeutet und welchen Stellenwert das Prinzip der Ökonomie in diesem Wertegebäude darstellt. Sie, Herr Bundesminister, haben für die Kollision dieser beiden Prinzipien nichts vorgesehen, weil Sie nach wie vor offensichtlich nicht nachvollziehen können, daß das ökonomische Prinzip immer das nachgeschaltete Prinzip, immer das untergeordnete Prinzip zu sein hat. Gerade in dem sensiblen Bereich des Staatswaldes ist es notwendig, daß die Nachhaltigkeit das vorherrschende Prinzip ist. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Gerade im Bereich der Forstwirtschaft – ich denke, daß nicht nur vor einigen Jahrzehnten, sondern schon im vorigen Jahrhundert in Österreich Großes geleistet worden ist, indem man erkannt hat, daß man in der Waldwirtschaft nicht an die Substanz gehen sollte – sollte man das ökologische Prinzip durchgängig machen und in der Kollisionsregel festhalten, daß im Zweifelsfall das ökologische Prinzip das wichtigere ist, insbesondere weil dieses Erbe den Nachkommen in unserer Republik erhalten werden soll. (Zwischenruf des Abg. Koppler. )

Herr Abgeordneter Koppler! Ich weiß schon, Sie fiebern mit Freude dem Rechnungshofunterausschuß entgegen. Trotzdem möchte ich noch anmerken, Herr Bundesminister: Wie wird denn der zukünftige Chef der Bundesforste, der Vorstand der AG – es werden ja zwei Vorstände sein; ich weiß nicht, ob es ein Zufall war, daß man zwei Vorstände gewählt hat, ob es "zufällig" mit der Koalition zu tun hat, damit da zwei Parteien drinnen sind, oder ob das so zweckmäßig ist, aber das werden wir schon sehen ... (Abg. Ing. Langthaler: Antrag!) – Bitte? Den Antrag? – Na selbstverständlich, ich habe genug Zeit.

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob das ein Zufall war, daß man jetzt einen roten und einen schwarzen Vorstand braucht. Kollege Ramsauer ist ja, glaube ich, eindeutig der


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schwarzen Reichshälfte zuzuzählen. Wahrscheinlich wird man jetzt einen Roten suchen müssen, damit er als zweiter Vorstand in dieser Konfiguration paßt. (Abg. Koppler: Da wüßte ich einen!) Denn es könnte ja sein, daß sich in diesem Haus die Mehrheitsverhältnisse ändern. Dann kann man allerdings nicht mehr auf den Vorstand zugreifen. (Abg. Dr. Khol: Bewirb du dich!) – Herr Abgeordneter Khol! Das würde Ihnen so passen, daß ich in den Wald geschickt werde! (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.) Das wäre zwar eine sehr attraktive Position, aber ich bin dafür nicht ausgebildet. Man möge mir verzeihen, ich gehe zwar manchmal in den Wald Holzhacken, aber das wäre eine Nummer zu groß für mich.

Meine Damen und Herren! Vielleicht wird der Herr Bundesminister ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Kommen Sie schön langsam zu Ihrem Schlußsatz bitte, in den Sie vielleicht Ihren


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Antrag mit inkludieren könnten, falls Sie ihn einbringen wollen. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist aber großzügig!)

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend) : Herr Präsident! Ich habe das Wort "freiwillig" immer noch so verstanden, daß es in meinem Bereich liegt, ob ich beende oder nicht. Es gibt eine freiwillige Redezeitbeschränkung.


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Die Redezeit Ihres Klubs geht zur Neige. Sie haben noch 1 Minute und 12 Sekunden.

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend) : Also gut, dann lese ich die Anträge vor, wenn Sie darauf bestehen, Herr Präsident. (Heiterkeit.)

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Andreas Wabl zum Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (428 der Beilagen)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die im Titel bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. Artikel I § 5 erster Halbsatz lautet:

"§ 5. Bei der Erfüllung der in § 4 genannten Aufgaben und entsprechend der Verpflichtung zur Substanzerhaltung nach § 1 hat die Gesellschaft insbesondere folgende Zielsetzungen zu beachten und über deren Erreichung dem Nationalrat jährlich einen Bericht vorzulegen:"

2. Artikel I § 10 Abs. 2 lautet:

"(2) Der Aufsichtsrat der Gesellschaft besteht aus sechs Mitgliedern, wovon

1. vier Mitglieder nach einem Hearing durch den Hauptausschuß des Nationalrates und

2. zwei Mitglieder von dem nach der Arbeitsverfassung vorgesehenen Vertretungskörper der Dienstnehmer

zu nominieren sind."

*****

Außerdem verlese ich den Antrag des Abgeordneten Wabl auf Rückverweisung an den Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag

Der unterfertigte Abgeordnete beantragt, den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft (506 der Beilagen) betreffend: Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Bundesforste und Errichtung einer Aktiengesellschaft zur Fortführung des Betriebes "Österreichische Bundesforste" (Bundesforstegesetz 1996), über Änderungen des Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetzes und des Bundesfinanzgesetzes 1997 sowie Bundesgesetz, mit dem eine Überschreitung eines Ausgabenansatzes der Anlage I des Bundesfinanzgesetzes 1996 bewilligt wird (Budgetüberschreitungsgesetz 1996 – BÜG 1996) an den Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft rückzuverweisen.

*****

Herr Präsident! Ich danke, daß Sie mir die Möglichkeit gegeben haben, hier bescheidenerweise noch meine Anträge einzubringen, nachdem es im Landwirtschaftsausschuß eher etwas geschäftsordnungswidrig zugeht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

1.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die beiden eben verlesenen Anträge sind ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Die nächste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Horngacher vor. – Bitte, Frau Abgeordnete. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

1.52

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Wabl! Uns ist der Vorsitzende Schwarzenberger sehr recht. Er hat ein hohes Fachwissen, er leistet seriöse Arbeit, und darauf kommt es an und nicht auf Geschäftsordnungsstreitereien! (Beifall bei der ÖVP.)

Wegen der vorgeschrittenen Zeit werde ich hier nur einige Punkte ausführen, die besonders die Bauern betreffen.

Die Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste aus dem Bundesbudget und die Errichtung einer Aktiengesellschaft sind im Sinne einer höheren Wirtschaftlichkeit sicher als Fortschritt zu begrüßen. Im § 1 ist die Substanzerhaltungspflicht festgeschrieben, die sich auf Wald- und Grundbesitz sowie auch auf kunsthistorischen Kulturbesitz erstreckt. Unter der Substanzerhaltungspflicht ist sicher nicht zu verstehen, daß es Aufgabe der Bundesforste ist, vermehrt Wälder und Almen aufzukaufen und die Preise für die Mitbieter in die Höhe zu treiben. Besonders von den Aufsichtsräten und der Geschäftsführung erwarte ich mir daher, daß sie auch die Interessen der Landwirtschaft im Auge behalten, die im Zielparagraphen festgeschrieben sind.

Wichtig erscheint mir, daß die Rechte der Eingeforsteten, also jener Bauern, die Nutzungsrechte auf den Flächen der Bundesforste haben, durch Verfassungsbestimmung rechtlich gesichert sind.

Weiters ist festgeschrieben, daß die Bundesforste AG keinen Zugriff auf den Katastrophenfonds hat. Diese Fonds sollen weiterhin für jene zur Verfügung stehen, die Privatwald besitzen.

Durch die Errichtung einer Aktiengesellschaft soll es dem Unternehmen in Zukunft möglich sein, rascher und flexibler am Markt zu reagieren. Das heißt, daß es eine leistungsfähige und effiziente Organisationsstruktur geben soll. Darunter verstehe ich auch eine höhere Flexibilität, wenn es beispielsweise um Arrondierungen von Höfen und ähnlichem geht. Die neue Bundesforste AG soll ein fairer Verhandlungspartner der Bauern werden.

Unser Herr Bundesminister Molterer hat mit diesem Gesetzeswerk ein seit vielen Jahren verhandeltes Thema zu einem guten Abschluß gebracht, und dafür sei ihm gedankt. Wir erwarten uns eine positive Wirkung davon. (Beifall bei der ÖVP.)

1.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nunmehr der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Bundesminister.

1.55

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich darf aus meiner Sicht zu den drei wichtigsten Fragestellungen kurz das Wort ergreifen.

Erstens: Ich bin froh, daß es nun möglich ist, eine langjährige Diskussion über die Struktur der Österreichischen Bundesforste mit diesem Gesetzesschritt zu einem guten Ergebnis zu führen. Die Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste ist ein für Österreich und für dieses Unternehmen historischer und richtiger Schritt. Es ist die Substanz dieses Unternehmens, die aufgrund der Quantität und der Qualität dieses Besitzes für die Republik von besonderer Bedeutung ist, durch eine Verfassungsbestimmung gesichert. Es ist sichergestellt, daß der Liegenschaftsbesitz im Eigentum der Republik einerseits, aber in der Verwaltung dieser Bundesforste AG andererseits sinnvoll bewirtschaftet wird, sinnvoll bewirtschaftet im Sinne der betriebswirtschaftlichen Zielsetzung einerseits und der überwirtschaftlichen ökologischen Zielsetzungen andererseits.

Ich halte nochmals fest, daß selbstverständlich das Forstgesetz für die Österreichischen Bundesforste gilt und daß die Ziele der Österreichischen Bundesforste umfassend auch Umwelt- und ökologische Zielsetzungen für dieses Unternehmen vorgeben und daß für die Eingeforsteten und für das Personal vernünftige und positive Regelungen gefunden wurden. Es ist damit eine gute Grundlage für eine erfolgreiche Arbeit für die Bundesforste Neu gegeben, und ich bin sehr dankbar, daß dieser Schritt nun zeitgerecht, wie vorgesehen, möglich ist.

Zweitens: zum Bundesversuchswirtschaftengesetz. Es wird eine privatwirtschaftlich zu führende GmbH errichtet, die auch klar den Auftrag hat, daß die bisherigen vom Staat selbst geführten Versuchswirtschaften in dieser Gesellschaft zu führen sind, damit auch den betriebswirtschaftlichen Spielregeln unterliegen, wie sie jeder bäuerliche Betrieb hat, und dort auch Forschungsaufgaben dann durchzuführen sind, wenn entsprechende Bedeckung und Bezahlung, von wem auch immer, dafür erfolgen.

Drittens: zum Wasserrecht. Ich bin froh, daß es diese kleine Novelle mit der Fristverlängerung gibt. Sie ist wichtig für Tausende Haushalte. Ich glaube, wir haben einen guten Schritt damit getan, daß wir freiwillige Umweltprogramme in Sanierungsgebieten auf Maßnahmen der Verordnungen in den Sanierungsgebieten anrechenbar machen, und ich habe auch schon im Ausschuß erklärt, daß wir rasch, mit Beginn des nächsten Jahres, eine umfassende Novelle des Wasserrechtsgesetzes in diesem Hohen Haus zu diskutieren haben, die viele Fragestellungen, die etwa die bäuerliche Landwirtschaft betreffen, Fragestellungen, die etwa Gemeindebund- oder Städtebundinteressen betreffen, aber vor allem auch die Frage der Deregulierung des Wasserrechts bei Aufrechterhaltung der Schutzziele und neue Fragestellungen wie etwa die sinnvolle Wasserstrategie und Abwasserstrategie in ländlichen Regionen zum Inhalt hat.

Viel Arbeit liegt vor uns. Eine wichtige Arbeit ist getan mit dieser Novelle. Ich danke dem Hohen Haus für die gute Ausschußarbeit, sodaß wir heute diesen wichtigen Beschluß fassen können. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

1.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

1.59

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Was hier in der Regierungsvorlage zu den Bundesforsten passiert, ist alles andere als eine Privatisierung. Es ist vielleicht eine Ausgliederung, mit der ein Status zementiert wird, nicht mehr! Man könnte es, Herr Bundesminister, auch als "Umverstaatlichung" bezeichnen. Bleiben wir bei den richtigen Begriffen! Eine Privatisierung ist es sicher nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Wir stehen daher weiterhin zu unserem Entschließungsantrag. An die Adresse des Kollegen Gradwohl möchte ich richten: Er will oder er kann nicht lesen, denn er bräuchte nur den zweiten Punkt unseres Entschließungsantrages herzunehmen. Da steht unter Punkt c): "Geordneter Rückzug des Staates aus den Österreichischen Bundesforsten durch die Privatisierung ausgewählter Vermögenswerte", und unter Punkt d) steht: "prioritäre begünstigte Abgabe ausgewählter Flächen an interessierte österreichische Bauern zur nachhaltigen Verbesserung des bäuerlichen Besitzstandes".

Also das, was Sie vorhin bei Ihrer Wortmeldung gesagt haben, war Polemik, nackte Polemik und nichts als Polemik, meine Damen und Herren. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe leider nicht mehr viel Redezeit übrig. Ich möchte diesem Hohen Haus, diesem Parlament nur vor Augen führen, wie in dieser Republik Abänderungsanträge gemacht werden: Am Tag vor der Ausschußsitzung kam ein Schreiben an die Adresse des freiheitlichen Klubs, in dem stand: "Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft übermittelt Ihnen den von den Regierungsparteien in Aussicht genommenen Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesforstgesetz 1996." – Also es ist jetzt die übliche Praxis geworden, daß das Parlament noch mehr zum verlängerten Arm, zur Abstimmungsmaschinerie der Regierung degradiert wird, verkommt im wahrsten Sinn des Wortes. Aber mit einer parlamentarischen Arbeit hat das sicher nichts mehr zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

2.02


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52. Sitzung / Seite 245

Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brix. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

2.02

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! An und für sich ist es etwas Schönes, über den Wald zu sprechen, denn der Wald ist Lebensraum für so viele, für Mensch, Tier und Pflanze, aber wahrscheinlich – Sie haben recht – nicht mehr um diese Zeit, daher möchte ich mich auf das Wesentlichste beschränken, was dieses Gesetz und was diese Änderungen bringen.

Wir haben nämlich in den Verhandlungen zu diesem Gesetz doch einiges ändern können, was wir heute noch einmal aussprechen sollen. Es kommt vor allem wieder zu einem Gleichklang zwischen Ökonomie und Ökologie, und wir haben mit diesem Gesetz erreicht, daß der wesentlichste Bestandteil, nämlich das Wasser, erhalten bleiben muß, daß das Trinkwasser durch den Wald geschützt werden muß.

Wir haben aber auch andere Punkte verbessert. So wird per Verfassungsbestimmung die Bundesforste AG gezwungen, den von ihr verwalteten gesamten Liegenschaftsbestand zu erhalten. Einem Ausverkauf von Staatsflächen ist damit ein Riegel vorgeschoben.

Wir haben bewirkt, daß das Gleichgewicht zwischen den wirtschaftlichen Aufgabenstellungen und den öffentlichen Interessen im Bereich der gesellschafts- und umweltpolitisch relevanten Aufgaben der Bundesforste AG wiederhergestellt wird, und wir konnten gemeinsam mit den Umweltschutzorganisationen und den alpinen Organisationen hinsichtlich des so heftig kritisierten Aufgabenbereiches "Erzielung eines bestmöglichen wirtschaftlichen Erfolges" erreichen, daß dieser nunmehr nicht in Verfassungsrang erhoben wird.

Das sind einige wesentliche Punkte, die wir verbessern konnten. Der wesentlichste ist – darauf habe ich vorhin schon hingewiesen –, daß nun der Erhalt der Trink- und der Nutzwasserreserven sichergestellt ist.

Ich glaube, daß damit für die Bundesforste ein wirklich gutes Gesetz gelungen ist, das uns auch sicher weiterhelfen wird. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Zweytick. )

2.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Wenitsch. – Bitte, Sie haben das Wort. Redezeit: 8 Minuten.

2.05

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Minister! Ich darf gleich von dieser Stelle aus meinem Kollegen Mathias Reichhold zur erfolgreichen Kandidatur bei den Kärntner Landtagskammerwahlen beglückwünschen. (Abg. Zweytick: Welches Jahrhundert?) Immerhin hat die Fraktion, die Mathias Reichhold geführt hat, als einzige bei dieser Kammerwahl gewonnen, nämlich zwei Mandate. Alle anderen haben entweder verloren oder zumindest nichts dazugewonnen.

Außerdem möchte ich ihm dazu gratulieren, daß er in seiner Heimatgemeinde mit über 52 Prozent immerhin die absolute Mehrheit errungen hat. Auch das ist eine gute Leistung. (Beifall bei den Freiheitlichen – Abg. Schwarzenberger: 7 Prozent verloren!) Die ÖVP hätte sicher eine große Freude, wenn sie nach so vielen Jahren wieder irgendwo ein Mandat dazugewinnen könnte. (Abg. Dr. Khol: Sie wollten aber die Mehrheit in der Kammer und nicht in der Heimatgemeinde!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zur scheinbaren Privatisierung der Bundesforste und der Bundesversuchsanstalten. Herr Minister! Das entspricht dem typischen Verhalten der ÖVP in Fragen der Privatisierung. Anstatt ökologische, ökonomische und bäuerliche Belange zu forcieren, stattet man lieber ein Vorstandsmitglied des Finanzministers mit einem Vetorecht aus, wonach dieses Vorstandsmitglied in Zukunft eine vernünftige Betriebswirtschaft in dieser Gesellschaft jederzeit verhindern kann.

Herr Minister! Das ist wieder ein Zeichen, daß die ÖVP wirklich bei allem umfällt. Alle Rechte werden faktisch an den Koalitionspartner abgegeben, und was wird dann innerhalb dieser Betriebsgesellschaft kommen? – Eine politische Packelei. Dann wird man wieder politisch packeln müssen, damit dieses Vorstandsmitglied des Finanzministers vielleicht bei der ÖVP hin und wieder zustimmt. – Wieder ein politischer Abtausch, eine Packelei.

Aber wie naiv sich die ÖVP in Sachen Privatisierung verhält, das sieht man jetzt bei der Privatisierung der Staatsanteile der CA. Auch das ist ein typischer ÖVP-Umfaller, wo die ÖVP wieder einmal geschlafen hat. Ich wünsche euch im Neuen Jahr ein gutes Erwachen, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Kukacka: Aufpassen, daß du nichts Falsches sagst!)

Ich komme noch kurz zu den Bundesforsten. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einforstungsrechte, die Weiderechte und die Streurechte machen im Jahr einen Wert von rund 100 Millionen Schilling aus. Dem entgegen stehen Verwaltungskosten von rund 50 Millionen Schilling im Jahr, Herr Minister. Es wäre sicher sinnvoll, diesen Einforstungsberechtigten ihre Rechte wertäquivalent in Grund und Boden abzutauschen. Das wäre eine echte Privatisierung, meine Damen und Herren, doch das, was Sie hier machen, ist nur eine Scheinprivatisierung, eine politische Packelei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus diesem Grunde stelle ich einen

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Robert Wenitsch, Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend Vorkehrungen beim Verkauf von Flächen der Österreichischen Bundesforste zugunsten des bäuerlichen Eigentums

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und der Bundesminister für Finanzen werden nachdrücklich ersucht, vor einer Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste aus dem Bundesbudget eine wertäquivalente Umwandlung von Einforstungs- und sonstigen Servituts


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rechten in Wald- und Weidegrundstückseigentum zugunsten der berechtigten Land- und Forstwirte durchzuführen."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte der ÖVP vorschlagen, bei der Privatisierung die Linie der Freiheitlichen zu verfolgen. Das ist der Weg, der in Zukunft Erfolg verspricht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

2.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der vom Abgeordneten Wenitsch vorgetragene Entschließungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sauer. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

2.09

Abgeordneter Willi Sauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat in seiner Wortmeldung von einem guten Ergebnis und einer guten Grundlage gesprochen, einer guten Grundlage für einen Betrieb, der in der nächsten Zeit effizient geführt werden soll und geführt werden wird. Diese Grundlage schafft natürlich Rahmenbedingungen für die vielen Aufgaben, die die Österreichischen Bundesforste auch in der Zukunft haben werden: nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische. Viele Dinge sind bereits erwähnt worden, und ich möchte aufgrund der vorgeschrittenen Zeit nicht näher auf diese Einzelheiten eingehen. (Beifall und Bravorufe bei ÖVP und SPÖ.)

Es hätte mich gewundert, wenn Abgeordneter Wenitsch auch etwas Positives vorgebracht hätte. Es war eigentlich nichts dabei, nur Negatives. Ich wäre es auch nicht gewohnt gewesen, wenn er etwas Positives gesagt hätte. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen Satz noch zum Wasserrechtsgesetz. Ich bin froh darüber, daß durch dieses Gesetz sehr viele unserer Häuslbauer nicht in die Kriminalität abgeschoben werden. Durch diese legale Fristverlängerung werden die Häuslbauer und auch die Gemeinden einen Aufschub erhalten und nicht in die Kriminalität abgleiten. – Soviel zur Wasserrechtsgesetz-Novelle. (Beifall bei der ÖVP.)

2.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Sie haben das Wort. Restredezeit: 4 Minuten.

2.11

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Heute beziehungsweise gestern wurde im Europäischen Parlament, wie Sie wissen, die Trinkwasserrichtlinie behandelt, die in ihrer Fassung Vorkommen von Pestiziden erlaubt, die auch kanzerogen, also krebserzeugend wirken können, eine Richtlinie, die laut Experten aus diversen Ländern nicht ausreicht, um Ökosysteme zu schützen, eine Richtlinie, bei der der Verhütungsgrundsatz nicht angewendet wird, sodaß bei Pestiziden Ausnahmeregelungen zur Anwendung kommen, die sowohl das Grundwasser als auch das Trinkwasser gefährden.

Herr Bundesminister! Sie haben mir nach diesem Hearing, bei dem das alles festgestellt wurde, einen Brief übermittelt, in dem Sie schreiben: Zu befürchten ist, daß damit das Ziel einer einheitlichen, die Gewässer wirklich auf gleichem Niveau schützenden gemeinschaftlichen europäischen Gewässerpolitik in weite Ferne rückt und durch derartige aus unterschiedlichen Umweltstandards resultierende Wettbewerbsnachteile Österreichs die Aufrechterhaltung der strengen nationalen Regelungen auf dem Gewässersektor zunehmend gefährdet ist.


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52. Sitzung / Seite 247

Herr Bundesminister! Sie haben also größte Bedenken geäußert, daß höhere nationale Umweltstandards nicht gehalten werden können. Jetzt kommt es zur Behandlung und zur Abstimmung dieser Richtlinie in Straßburg, und ich entnehme dem Protokoll – ich werde es Ihnen dann auch geben –, daß Ihre Fraktion, an der Spitze eine ehemalige Umweltministerin, gegen den Summengrenzwert von 0,5 Mikrogramm pro Liter gestimmt hat. (Abg. Aumayr: Das ist typisch ÖVP!) Herr Bundesminister! Ihre Fraktion hat gegen Ihre Intention gestimmt, hat gegen all das, was Sie in dem Brief an mich zu bedenken gegeben haben, gestimmt. (Abg. Ing. Reichhold: Typisch Umfaller!) Zum zweitenmal innerhalb kürzester Zeit hat Ihre Fraktion gegen die Aufrechterhaltung höher Umweltstandards in Österreich gestimmt.

Herr Bundesminister! Wie stehen Sie dazu? Was sagen Sie dazu, daß Ihre Fraktion in einer so wichtigen Frage wie der Trinkwasserrichtlinie, wonach Wasser jetzt krebserregende Substanzen beinhalten kann, gegen Ihre Intentionen stimmt? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

2.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Grabner. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

2.13

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich melde mich wie immer – so auch heute – zum Thema Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste als Sportsprecher, und wie immer sehr kurz.

Sie brauchen nur einmal zuzustimmen, gerade im Burgenland, das wäre sehr gut, denn dort ist bereits einiges geschehen. Die künftige Aktiengesellschaft übernimmt alle Rechte und Pflichten der bisherigen Österreichischen Bundesforste. Daher ist auch die Weiterführung beziehungsweise Einhaltung der derzeit geltenden Verträge hinsichtlich der Benützung der Forststraßen der Österreichischen Bundesforste vor allem auch für die Mountainbiker gesichert. (Beifall und Bravorufe bei SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte mich bei allen, die sich für dieses Ziel eingesetzt haben, im Namen der Jugend Österreichs herzlichst bedanken! (Neuerliche Bravorufe und Beifall bei SPÖ, ÖVP und den Freiheitlichen.)

2.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

2.14

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine kurze Vorbemerkung, da Kollege Reichhold meinte, der Bundesminister müßte mit dem Titel "Umfaller des Jahres" ausgezeichnet werden.

Der Herr Bundesminister ist nicht umgefallen, Herr Kollege Reichhold, aber ich kenne jemanden, den es aufgrund des Wahlergebnisses in Kärnten umgehaut hat: Das war der Kollege Möchtegernpräsident in Kärnten (Beifall bei der ÖVP) , der verkündet hat, er würde seine Arbeit kostenlos machen. Gewogen, für zu leicht befunden und abgewählt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Reichhold: Er ist doch sechsmal umgefallen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein paar Sätze zu den Gesetzen. Es wurde bereits von Vorrednern auf die positive Ausgliederung der Österreichischen Bundesforste hingewiesen. Es ist klargestellt, daß die ökologische Wirtschaftsweise dem wirtschaftlichen Ziel gleichgestellt wird und daß die öffentlichen Interessen der Einforstungsberechtigten und die Trink- und Nutzwasserreserven zu erhalten sind.

Ich möchte einen weiteren Punkt erwähnen, nämlich das Wasserrecht. Ich finde es positiv für die Betreiber von Kleinanlagen, von sogenannten Dreikammersystemen, daß eine Verlängerung im Einvernehmen aller möglich ist, weil es wichtig ist, daß man die Häuslbauer, die nichts dafür können, wenn eine Kanalisation – aus welchen Gründen immer – nicht errichtet werden konnte,


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52. Sitzung / Seite 248

nicht kriminalisiert. Die heutige Entscheidung ermöglicht eine Fristverlängerung, die wichtig ist, ohne daß wasserrechtliche Zielsetzungen auf Dauer hintangehalten werden.

Meine Damen und Herren! Ich bitte den Herrn Bundesminister, doch zu überlegen, ob es nicht möglich wäre, das Forstgesetz in einigen Punkten einer Prüfung zu unterziehen, weil es in Oberösterreich mit dem Kulturflächenschutzgesetz – einem Landesgesetz – und dem Forstgesetz auf Bundesebene ständig zu Schwierigkeiten kommt. Nach dem Kulturflächenschutzgesetz ist nämlich ein sogenannter Schutzstreifen vorgeschrieben. Nach einer bestimmten Zeit von 10 oder 15 Jahren wäre aufgrund des Bescheides die Entfernung des Schutzstreifens vorzunehmen, aber nach dem Forstgesetz ist eine Schlägerung trotz Anordnung nicht möglich. Ich bitte daher, diese Aspekte zu berücksichtigen.

Insgesamt können wir diesen parlamentarischen Vorlagen, die heute abzustimmen sind, getrost unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

2.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Wimmer. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

2.17

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte ebenfalls zur Rechtsformänderung der Österreichischen Bundesforste ein paar Sätze sagen. Es war nicht so einfach, sehr viele, teilweise sehr unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu bringen. Diese Vorlage schafft im wesentlichen die Voraussetzungen, das Unternehmen weiterzuentwickeln und zu einem modernen Betrieb hin zu orientieren. Bis Ende 1997 wird der neue Vorstand dem neuen Aufsichtsrat verpflichtend ein Unternehmenskonzept vorlegen müssen.

Ein weiter sehr wesentlicher Punkt: Der neuen Bundesforste AG wird per Verfassungsbestimmung vorgeschrieben, den gesamten Liegenschaftsbestand in seiner Substanz zu erhalten. Ein bißchen auf die rechte Seite gesprochen: Das wird natürlich nicht auf die Gegenliebe der Freiheitlichen stoßen, wenn man sich den Entschließungsantrag anschaut, laut dem sie ja eher in Richtung Verkauf zu günstigen Konditionen plädiert haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bei diesem Entwurf tatsächlich ein breiter Konsens gelungen. Ich denke etwa an die Interessen der Eingeforsteten, 20 000 an der Zahl, ich denke an die erfolgreiche Schutzhüttenpolitik des Bundes, die in der bisherigen Art weiter geführt werden muß.

Ich möchte abschließend noch zu einem Punkt Stellung beziehen, der uns Sozialdemokraten immer wichtig war und wichtig ist. Die Rechte der Arbeitnehmer werden mit einer Verfassungsbestimmung abgesichert. Alle Rechte und Pflichten werden von der Aktiengesellschaft übernommen. Die Mitarbeiter waren ja über eine lange Zeit verunsichert. Jetzt endlich ist diese Ungewißheit vorbei, und das ist gut so! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, daß sich mit den neuen Rahmenbedingungen für die Österreichischen Bundesforste große Chancen eröffnen werden und daß vor allem eine langfristige wirtschaftliche Absicherung gelungen ist – nicht zuletzt auch im Interesse der dort beschäftigten Arbeitnehmer. (Beifall bei der SPÖ.)

2.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kröll. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

2.20

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Zum Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend Änderung des Wasserrechtsgesetzes 1959, zum § 33c, 506 der Beilagen, darf ich noch ganz kurz, wenn es auch schon so spät ist, konkret die vorgesehene Fristverlängerung für Hauskläranlagen und Kommunalanlagen sowie auch für Verbandsanlagen


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52. Sitzung / Seite 249

ansprechen, die für zehn Einwohnergleichwerte beziehungsweise bis 15 000 EW möglich gemacht werden, welche entweder eine baubehördliche Genehmigung oder eine abgelaufene wasserrechtliche Bewilligung hatten.

Sie alle wissen, daß die Fallfrist dafür mit 31. Dezember 1996 gegeben gewesen wäre, und es hätte etwa 100 000 Anlagenbetreiber, überwiegend im ländlichen Raum und überwiegend Häuslbauer, betroffen, und da wiederum im besonderen in Kärnten, in Niederösterreich und in der Steiermark, sodaß ich glaube, daß das Ziel und der Erfolg der Verlängerung weit höher zu werten ist als eine kleingeistige Streiterei im Rahmen der Geschäftsordnung. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohe Kosten beziehungsweise Zwischenkosten für Tankwagenentsorgung oder für die Errichtung von biologischen Zwischenanlagen wären die Folge gewesen. Und es wurde schon darauf hingewiesen, daß es auch rechtlich eine wirkliche Katastrophe gewesen wäre – nämlich für die Betreiber, für die Gemeinden, für die Bürgermeister –, daß es aber auch für die Behörden, für die Bezirkshauptmannschaften, die das Wasserrecht zu vollziehen haben, keine einfache Aufgabe gewesen wäre.

Eine sinnvolle Entsorgung, meine Damen und Herren, kann nicht auf so kurzfristige Lösungen, sondern nur auf eine Gesamtplanung mit einem Finanzierungskonzept abgestellt sein. Und daher begrüße ich es ganz außerordentlich – auch im Namen vieler Bürgermeister und des Gemeindebundes –, daß es zu dieser Fristverlängerung vom 31. Dezember 1996 auf 31. Dezember 1998 beziehungsweise 31. Dezember 2005 mit Genehmigungsermächtigung durch die Landeshauptleute unter bestimmten Bedingungen und Auflagen kommt.

Ich möchte wirklich herzlich dafür danken, daß diese §-27-Lösung, die heute so kritisiert wurde, Herr Minister und lieber Herr Vorsitzender des Ausschusses, Schorsch Schwarzenberger, eine Möglichkeit für die Realisierung geebnet hat, und ich glaube, daß damit auch die berühmte Verhältnismäßigkeit zwischen umweltnotwendigen Aspekten einerseits sowie der Auswirkung in der Praxis und der Kosten für die Betroffenen andererseits in einer ordentlichen Weise berücksichtigt werden konnte. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

2.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

2.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Auch ich möchte mich, wie meine Vorredner, mit dem Wasserrechtsgesetz beschäftigen. Es ist schade, daß wir solch ein Umweltgesetz wie das Wasserrechtsgesetz immer zwischen 2 Uhr und 3 Uhr in der Früh diskutieren – aber es muß wohl so sein.

Aber wir sollten die Kirche im Dorf lassen, meine Damen und Herren. Der Herr Minister hat angedeutet, es ist nicht die Wasserrechtsgesetz-Novelle, die wir heute hier beschließen, sondern es ist eine notwendige Anpassung bei den Kleinkläranlagen.

Wir müssen aber schon auch die Ursachen sehen. Wir haben 1990 das Wasserrechtsgesetz geschaffen, wir haben aufgrund der Finanzkraft der Gemeinden damals geglaubt, rasch ein Kanalisationsprogramm durchziehen zu können. Heute, 1996, wissen wir, daß diese Finanzierungen nicht mehr möglich sind.

Eine Gemeinde mit 10 000 Einwohnern hat Kosten in der Größe von rund 400 Millionen Schilling zu tragen, und das ist nur über die Gebühren finanzierbar. Das bedeutet für die ländliche Bevölkerung eine Erhöhung der Kanalbenützungsgebühren um weit über 100 Prozent; in einigen Gemeinden sogar pro Jahr. Das heißt, der Weg zwischen Ökologie und Ökonomie, den Kollege Wabl angeschnitten hat, ist ziemlich schmal, denn die Bevölkerung muß sich das leisten können, auch wenn die Republik ihren Beitrag leistet. Diese 1 Milliarde Schilling, die zusätzlich


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für den Kanalausbau aus dem Wasserwirtschaftsfonds gekommen ist, war sicherlich nützlich, mußte aber – das soll auch deutlich gesagt werden – oft auch für Vorfinanzierungen, die Gemeinden geleistet haben, verwendet werden und wurde so nicht direkt aktiv.

Meine Damen und Herren! Was bedeuten diese Kleinkläranlagen? – Eine Familie mit drei Personen, die keinen Kanalanschluß hat, lebt auch nicht billiger. Denn wenn sie eine dichte Kammer hat, bedeutet das eine Abfuhr von 7 Kubikmeter Schmutzwasser in einem vierzehntägigen Rhythmus. Diese 7 Kubikmeter Schmutzwasser kosten 1 500 S alle 14 Tage, verursachen der Familie also Kosten von 40 000 S jährlich. Was ist also die Alternative? – Die Alternative ist der berühmte Überlauf, mit dem wir uns in den nächsten Monaten und in den nächsten Jahren sicher noch beschäftigen müssen, denn der Überlauf ist der Umwelt nicht dienlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluß noch einige Sätze zum Grundwasser, das leider zu dieser Zeit wieder zu kurz kommt. Ich hoffe, Herr Minister, daß diese Erweiterung der Sanierungsprogramme über die landwirtschaftlichen Förderungen, über die landwirtschaftlichen Umweltprogramme greifen. Es gibt Grundwassergebiete, die es brauchen – ich erinnere an das Marchfeld, ich erinnere an die letzte Publikation des WWF über die Nitratwerte. Das Marchfeld zum Beispiel ist eine Gegend, für die wir seit 30 Jahren eine Rahmenverfügung haben. Seit 30 Jahren sollte das Marchfeld ein besonders geschütztes Gebiet sein. – Tatsache ist: Wir haben dort die höchsten Nitratwerte Österreichs und somit einen massiven Handlungsbedarf.

Herr Minister! Wir sind mit Ihnen einer Meinung, daß hinsichtlich Wasserrechtsgesetz-Novelle dem Hohen Haus im nächsten Jahr zügig und rasch ein Gesamtpaket zur Abstimmung vorgelegt werden soll. Ich hoffe, Kollege Schwarzenberger, ich habe das falsch verstanden, und der Konsultationsmechanismus dient nicht als Ausrede, falls wir im ersten Quartal des nächsten Jahres zu keinem Abschluß kommen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

2.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Restredezeit: 2 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

2.28

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Das Reizwort Mountainbike ist gefallen, und ich kann nicht umhin, wenigstens einige Sätze darauf zu antworten.

Kollege Grabner dankt berechtigterweise im Namen von 500 000 Mountainbikern, daß die Bundesforste diese Minilösung – übrigens unter illegalen Voraussetzungen und mit durchaus pekuniärem Interesse – ermöglichen. Er hat vergessen zu sagen, daß ein durchaus brauchbarer Antrag der Freiheitlichen, der jetzt auch abzustimmen ist, die gesetzliche Grundlage für eine teilweise eigenverantwortliche Benützung vorgeben würde.

Dieser Antrag war Herrn Grabner im Ausschuß – er selbst war vermutlich nicht dort, aber seiner Fraktion und allen anderen – nicht einmal einen einzigen Satz wert. Also, die 500 000 Mountainbiker waren Ihnen in der Diskussion im Ausschuß keinen einzigen Satz wert. Sie werden diesem Antrag selbstverständlich auch hier nicht zustimmen.

Herr Grabner! Ich darf Sie daran erinnern: Sie haben uns ein Mountainbike-Gesetz versprochen. Sie haben hier einen Antrag eingebracht und über die Medien verbreitet, was dazu geführt hat, daß die allgemeine Meinung der Bergradfahrer ist, wenn der Forstweg über 1,50 Meter breit ist, darf er befahren werden. Und das ist die illegale Praxis, wie sie sich derzeit zeigt. Die vielen, vielen Verletzten in diesem Bereich – auch Todesfälle gibt es bereits – haben dort ihre Ursache: ein Aufruf zu illegalem Verhalten, weil Sie es versäumt haben, dieser Gruppe die ihr wirklich zustehenden Areale für ihren Sport – etwa auf der Basis unseres Antrages – zu vermitteln.

Schön, daß Sie gedankt haben, aber bitte halten Sie einmal Ihre sämtlichen Versprechen ein und machen Sie nicht solche gefährlichen Drohungen, wie das mit den eineinhalb Metern –


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hinausposaunt, aber nicht verwertet – bereits getan wurde. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

2.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Achs. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

2.30

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im dritten Anlauf habe ich es nun geschafft, das Rednerpult zu erklimmen. Mit der Zusammenlegung und Ausgliederung der Anstalten in Wieselburg, Fuchsenbigl und Königshof werden nicht nur Liegenschaften, sondern auch damit verbundene Aufgaben, wie zum Beispiel Forschung und Ausbildung, in eine Gesellschaft übertragen. Es werden Leistungen übertragen, die genausogut privatwirtschaftlich angeboten werden können.

Österreichs Bauern nehmen eine Spitzenposition beim biologischen und umweltgerechten Landbau ein. Österreich gilt heute europaweit als das Bioland Numero eins. Nicht zuletzt deshalb bin ich für die Zukunft unserer Bauern zuversichtlich.

Es geht jetzt darum, daß wir unsere Vorteile im Wettbewerb umsetzen, Vorteile, die in der Marktwirtschaft nur dann Vorteile sind, wenn sie für den Konsumenten ersichtlich sind. Erst wenn der Konsument zwischen natürlichem und gentechnisch manipuliertem Produkt unterscheiden kann, ist er bereit, für ein besseres Produkt auch mehr zu bezahlen. Im Interesse der österreichischen Landwirtschaft tun wir gut daran, diesbezüglich in Österreich auf Natürlichkeit und Nachhaltigkeit zu setzen.

Es gibt derzeit eine starke Tendenz zu Liberalisierungen in der Land- und Forstwirtschaft. Solche Überlegungen sind für bestimmte Bereiche, wie zum Beispiel für die Direktvermarktung, sicherlich angebracht, insgesamt dürfen wir aber eines nicht vergessen: Die Landwirtschaft ist mit keinem anderen Wirtschaftszweig vergleichbar und hat daher ein besonderes Schutzbedürfnis. Landwirtschaft bedeutet mehr als die Produktion von Lebensmitteln, Landwirtschaft bedeutet auch die Sicherung unseres natürlichen Lebensraumes. Wir bekennen uns daher zu den vielfältigen Leistungen, die unsere Bauern erbringen. (Beifall bei der SPÖ.)

2.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte, Sie haben das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

2.32

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir über die Regierungsvorlage zur Neuordnung der Bundesforste diskutieren, so ist für mich wichtig, daß die bestehenden Arbeitsplätze erhalten bleiben. Die Bildung der selbständigen Gesellschaft bringt den Effekt einer Gesamtrechtsnachfolge mit sich, und das bedeutet, daß alle bisher von den Österreichischen Bundesforsten wahrgenommenen Rechte und Pflichten im eigenen Namen fortgeführt werden. Das heißt, daß die bestehenden Dienstverhältnisse der Bediensteten der Österreichischen Bundesforste von der Gesellschaft unverändert bleiben und fortgeführt werden können.

Es ist auch hinsichtlich der Wahrung des Arbeitnehmerschutzes Vorsorge getroffen worden. Das gilt im besonderen für das Arbeitsverfassungsgesetz, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und das Arbeitsinspektionsgesetz.

Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh, daß nicht nur bestehende Arbeitsverhältnisse gesichert sind, sondern auch die Ansprüche von ehemaligen ArbeitnehmerInnen und deren Hinterbliebenen wie zum Beispiel Pensionsansprüche und Hinterbliebenenversorgung gewahrt bleiben.


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Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, stehe ich der Neuordnung der Rechtsverhältnisse, wie sie mit dem Bundesforstegesetz vorgenommen wird, positiv gegenüber. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Dr. Graf. )

2.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es gibt noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Schwemlein. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten.

2.35

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Herr Kollege Khol! Ich glaube, daß es für Sie bestimmt interessant ist, daß ich als Salzburger Abgeordneter zur Position des Bundeslandes Salzburg beziehungsweise Ihres Parteikollegen, Landeshauptmann Schausberger, kurz Stellung nehme, hat sich doch Landeshauptmann Schausberger im Zuge der Begutachtung am weitesten "hinausgelehnt". (Anhaltende Unruhe. – Präsident Dr. Neisser gibt erneut das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Vergessen wir, bitte, nicht, daß 27 Prozent der Landesfläche Salzburgs von den Bundesforsten verwaltet werden; oder anders ausgedrückt: 41 Prozent der Waldfläche. Daher ist die Regelung der Ausgliederung der Bundesforste für das Bundesland Salzburg von größter Wichtigkeit.

Dazu kommt, daß uns im Zuge der Verhandlungen einiges gelungen ist, und ich möchte von dieser Stelle aus unserem Fraktionssprecher Gradwohl und Ihnen, Herr Minister, wirklich danken, daß wir auch die Regelung den Nationalpark betreffend in dieser Art und Weise geschafft haben, und ich bin zuversichtlich, daß, wenn das Bundesland Salzburg die entsprechenden Verträge – erweiterte 15a-Vereinbarungen – unterschreibt, auch dieser Nationalpark Hohe Tauern die gleiche Stellung bekommt wie die Nationalparks Donauauen und Kalkhochalpen. (Beifall bei der SPÖ.)

2.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Ich schließe die Debatte.

Ein Schlußwort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir kommen jetzt zu Abstimmungen.

Es liegt ein Antrag des Abgeordneten Wabl und Genossen auf Rückverweisung der Regierungsvorlage 428 der Beilagen an den Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft vor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Rückverweisungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 506 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Reichhold und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Wabl, Ing. Reichhold, Mag. Barmüller und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Schwarzenberger, Gradwohl und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


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Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Schwarzenberger, Gradwohl und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I § 1 Abs. 1 erster Satz und § 2 Abs. 4 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen, wobei ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit feststelle.

Die Abgeordneten Wabl, Ing. Reichhold, Mag. Barmüller und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I § 5 erster Halbsatz sowie Artikel I § 10 Abs. 2 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse nunmehr über Artikel I § 5 erster Halbsatz und Artikel I § 10 Abs. 2 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Ing. Reichhold und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel IV § 2 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist nicht angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Artikel IV § 2 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich komme nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, wobei ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit feststelle.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen .

Auch hier ist das verfassungsmäßig erforderliche Quorum einer Zweidrittelmehrheit festzustellen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wenitsch und Genossen betreffend Vorkehrungen beim Verkauf von Flächen der Österreichischen Bundesforste zugunsten des bäuerlichen Eigentums.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit . Der Antrag ist abgelehnt .

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Errichtung der Landwirtschaftlichen Bundesversuchswirtschaften Gesellschaft m.b.H. samt Titel und Eingang in 425 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes 511 der Beilagen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer diesem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung angenommen .

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 507 der Beilagen.

Die Abgeordneten Aumayr und Genossen haben dazu einen Zusatzantrag eingebracht.

Herr Abgeordneter Wabl hat ein Verlangen auf getrennte Abstimmung hinsichtlich der Z 4 gestellt.

Ich werde zunächst über die vom erwähnten Zusatzantrag beziehungsweise vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Aumayr und Genossen haben einen Zusatzantrag gestellt, der die Einfügung neuer Ziffern 4, 6 und 7 zum Inhalt hat.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Zusatzantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist nicht angenommen.

Dadurch erübrigt sich die Abstimmung über die Bezeichnungsänderung betreffend die bisherige Z 4.

Wir kommen zur Abstimmung über Z 4 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit . Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz geändert wird samt Titel und Eingang in 508 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer diesem Entwurf in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen .

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 509 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Bericht ist mehrheitlich angenommen .

Ich lasse jetzt abstimmen über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 510 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit . Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen .

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 512 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen .

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 352/A bis 360/A eingebracht worden sind.

Ferner sind die Anfragen 1617/J bis 1651/J eingelangt.

Weiters gebe ich bekannt, daß die Anträge 350/A der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen sowie 351/A der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen zurückgezogen wurden.

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Freitag, den 13. Dezember 1996, 9 Uhr, ein.

Diese Sitzung wird mit einer Fragestunde beginnen.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen .

Schluß der Sitzung: 2.45 Uhr