Stenographisches Protokoll

72. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 6. Mai 1997

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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72. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Dienstag, 6. Mai 1997

Dauer der Sitzung

Dienstag, 6. Mai 1997: 12.01 – 19.39 Uhr

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht des Abgeordneten Robert Elmecker 15

Angelobung des Abgeordneten Mag. Kurt Gassner 15

Personalien

Verhinderungen 15

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung der Bundesregierung, insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz, sowie vermuteter rechtswidriger Einflußnahme durch politische Funktionsträger im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an Abdullah Ghaderi-Azar, Abdul Rahman Ghassemlou und Dr. Fadel Mahmud Rasoul am 13. Juli 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtigen, die trotz Vorliegen eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 73

Bekanntgabe 17

Ablehnung des Antrages 74

Unterbrechung der Sitzung 18

Antrag der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Verantwortung von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter betreffend den Mord an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I, Dr. Abdul Rahman Ghassemlou, und seiner zwei Vertrauten, insbesondere um zu untersuchen, ob und welche Weisungen angesichts der Drohungen von seiten des Iran, "die Unterlagen über die illegalen österreichischen Waffenlieferungen im ersten Golfkrieg" preiszugeben, wie vom ehemaligen Prä


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sidenten des Iran Bani-Sadr behauptet, erteilt wurden, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 74

Bekanntgabe 42

Ablehnung des Antrages 74

Antrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der Verantwortung im Zusammenhang erstens mit der fehlgeschlagenen Verfolgung der Mörder von Abdul Rahman Ghassemlou, Fadel Rasoul und Abdullah Ghaderi-Azar in Wien sowie zweitens mit dem Entkommen der weiteren Attentäter von Ebergassing gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 75

Bekanntgabe 43

Ablehnung des Antrages 75

Antrag der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang erstens mit der Besetzung von Vorstandsfunktionen bei Banken, die im Einflußbereich der öffentlichen Hand stehen, zweitens mit politischen Einflußnahmen auf die Geschäftstätigkeit dieser Banken, drittens mit der Gebarung der Oesterreichischen Kontrollbank hinsichtlich der Exportfinanzierung beziehungsweise der Exportgarantien und viertens mit Preisabsprachen der wichtigsten österreichischen Geschäftsbanken gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 75

Bekanntgabe 43

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 43

Redner:

Dr. Jörg Haider 76

Dr. Ewald Nowotny 78

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 80

Dr. Michael Krüger 81

Dr. Volker Kier 82

Andreas Wabl 83

Ablehnung des Antrages 85

Antrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortung und Einflußnahme von Organen der Vollziehung im Zusammenhang mit Haftungsübernahmen des Bundes bei der Ausfuhrförderung durch die Oesterreichische Kontrollbank gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 85

Bekanntgabe 47

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne der § 57 Abs. 1 GOG 47

Redner:

Dr. Alexander Van der Bellen 85

Maria Rauch-Kallat 86


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Mag. Johann Ewald Stadler 87

Dr. Volker Kier 89

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 90

Ablehnung des Antrages 91

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 15

Ausschüsse

Zuweisungen 16

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Beschädigung der Glaubwürdigkeit Österreichs durch Fehlleistungen in der Außenpolitik im Verhalten rund um die Kurdenmorde, bei den Beziehungen zum Iran und in der NATO-Frage (2347/J) 18

Begründung: Mag. Dr. Heide Schmidt 25

Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel 29

Debatte:

Hans Helmut Moser 43

Dr. Peter Kostelka 46

Dr. Andreas Khol 48

Dr. Jörg Haider 49

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (tatsächliche Berichtigung)52

Rudolf Anschober 52

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung)55

Dr. Volker Kier 55

Dr. Willi Fuhrmann 56

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 58

Mag. Johann Ewald Stadler 60

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (tatsächliche Berichtigung)62

Mag. Doris Kammerlander 63

Dr. Martina Gredler 65

Anton Leikam 66

Dkfm. DDr. Friedrich König 68

Dr. Helene Partik-Pablé 69

Hans Helmut Moser (tatsächliche Berichtigung)70

Mag. Thomas Barmüller 70

Dr. Josef Cap 72

Eingebracht wurden

Petition 16

Petition betreffend Rassismus; Presseförderung (Ordnungsnummer 26) (überreicht von der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits )

Regierungsvorlagen 16

649: Übereinkommen zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie Agentur (MIGA) samt Anlagen


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670: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 geändert wird

Berichte 16

III-84: Bericht betreffend das auf der 81. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 175) über die Teilzeitarbeit und die Empfehlung (Nr. 182) betreffend denselben Gegenstand; Bundesregierung

III-85: Bericht betreffend die Jahresberichte und Jahresabschlüsse 1994/95 und 1995/96 des ERP-Fonds sowie betreffend das Jahresprogramm, die Grundsätze und Zinssätze für das Wirtschaftsjahr 1996/97 des ERP-Fonds; Bundesregierung

III-86: Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1996

Vorlage 23 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 1. Quartal 1997; BM f. Finanzen

Vorlage 24 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 1997; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Schaffung eines Privatisierungsgesetzes im Bankenbereich (447/A) (E)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Änderung des Sparkassengesetzes (448/A) (E)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Reform der Oesterreichischen Kontrollbank (449/A) (E)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Geschäftsordnungsgesetz geändert werden (450/A)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Aufhebung des Nachtarbeitverbots für Frauen (451/A)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gentechnikgesetz 1994 geändert wird (452/A)

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bezügebegrenzungsgesetz (453/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1985, BGBl. Nr. 444, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 583/1995, geändert wird (195/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Gottfried Feurstein und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Übertragung von hoheitlichen Befugnissen an die PTA (2325/J)


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Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Einrichtung eines Militärattachés an der österreichischen Botschaft in Peking (2326/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Militärattachés an österreichischen diplomatischen Niederlassungen im Ausland (2327/J)

Peter Rosenstingl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die Gültigkeitsdauer der Wochenvignette an den Mai-Feiertagen 1997 (2328/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Behindertenplanstellen an der Universität Salzburg (2329/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Behindertenplanstellen an der Universität Salzburg (2330/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend das Verfahren zur Vergabe einer 3. Mobilfunk-Lizenz nach dem DCS-1800 Standard (2331/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend linksextreme Anschläge in Österreich (2332/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Entwicklung der Arbeitslosenrate bei Frauen seit Inkrafttreten des Bonus-Malus-Systems (2333/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Einreichung von Kinderbetreuungs-Projekten (2334/J)

Maria Schaffenrath und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend frauenfördernder Maßnahmen des Sozialministeriums (2335/J)

Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Evaluierung von Förderungen (2336/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Albanien-Politik Österreichs (2337/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Auflösung einer Professorenstelle nach abgeschlossenem Berufungsverfahren (2338/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Kürzung des Hochschulbudgets um 4,5 Milliarden Schilling (2339/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die "Demokratie der Könige" eine Tafelrunde der Privilegienritter? (2340/J)


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72. Sitzung / Seite 6

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Verkehrsinfrastrukturprojekte im Großraum Steyr (2341/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Verkehrssituation im Großraum Steyr (2342/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Tod der Kreuzzugspolitik Österreichs gegen die Kernenergie" (2343/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend "Tod der Kreuzzugspolitik Österreichs gegen die Kernenergie" (2344/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend "Tod der Kreuzzugspolitik Österreichs gegen die Kernenergie" (2345/J)

Rudolf Anschober und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend "Tod der Kreuzzugspolitik Österreichs gegen die Kernenergie" (2346/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Beschädigung der Glaubwürdigkeit Österreichs durch Fehlleistungen in der Außenpolitik im Verhalten rund um die Kurdenmorde, bei den Beziehungen zum Iran und in der NATO-Frage (2347/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Reform der Stundentafel in der Mittelstufe – Verzicht auf Übungsteile (2348/J)

Mag. Walter Guggenberger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Imst (2349/J)

Mag. Walter Guggenberger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Finanzierung von Löschfahrzeugen für Straßentunnels (2350/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend den Förderungsbericht 1995 (2351/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsparung bei Zivildienstzuweisungen (2352/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundeskanzler betreffend EU-Förderungen (2353/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend das Projekt Magna Globe Ressort Park in Ebreichsdorf; bundespolitische Problemkreise Finanzierung, zusätzliche Verkehrsbelastung; Infrastrukturkonzept sowie Umweltbelastungen (2354/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend das Projekt Magna Globe Ressort Park in Ebreichsdorf; bundespolitische Problemkreise Finanzierung, zusätzliche Verkehrsbelastung; Infrastrukturkonzept sowie Umweltbelastungen (2355/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend das Projekt Magna Globe Ressort Park in Ebreichsdorf; bundespolitische Problemkreise Finanzierung, zusätzliche Verkehrsbelastung; Infrastrukturkonzept sowie Umweltbelastungen (2356/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend das Projekt Magna Globe Ressort Park in Ebreichsdorf; bundespolitische Problemkreise Finanzierung, zusätzliche Verkehrsbelastung; Infrastrukturkonzept sowie Umweltbelastungen (2357/J)


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72. Sitzung / Seite 7

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Albanien-Politik Österreichs (2358/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend österreichische Beteiligung am Albanien-Einsatz (2359/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Klimaschutzmilliarde (2360/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend ungültige Eintragungen beim Gentechnik- und Frauenvolksbegehren (2361/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Klimaschutzmilliarde (2362/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Prüfbericht über die Stadt Feldkirch (2363/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Übereignung der DDSG-Cargo an die Stinnes AG (2364/J)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Rolle von Professor Dr. Waldemar Jud im Rahmen des Verkaufs der CA-Bundesanteile an die Bank Austria (2365/J)

Franz Kampichler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend kriminelle Aktivitäten im Internet (2366/J)

Georg Oberhaidinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Interview des Leiters der Energiesektion zur Kernenergie Österreichs (2367/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Fahrzeugausstattung/Nachbeschaffung (2368/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend einwanderungsbezogene Aussagen des österreichischen Botschafters in Belgrad (2369/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Entsendung eines österreichischen Kontingents nach Albanien (2370/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Nachbesetzung von Bediensteten (2371/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Rücküberweisung zu Unrecht durch die WohnungsanlagengesmbH – Linz an die Republik Österreich ausgeschütteter Gewinne (2372/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzzuweisungen der ÖBB (2373/J)

Peter Marizzi und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Vollzug des Berggesetzes (2374/J)

Peter Marizzi und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Vollzug von abfallrechtlichen Bestimmungen (2375/J)


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72. Sitzung / Seite 8

Marianne Hagenhofer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend freiwillige Frühpensionsierung von Lehrern (2376/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Befolgung des Bazillenausscheidergesetzes in den Verpflegungseinrichtungen der Strafanstalten (2377/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einsparungen bei der medikamentösen Demenztherapie (2378/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Mißstände in der Säuglings- und Geburtenstation des AKH Wien (2379/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Rücküberweisung zu Unrecht durch die WohnungsanlagengesmbH – Linz an die Republik Österreich ausgeschütteter Gewinne (2380/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend das "Management by chaos" der Bundesregierung in Fragen der Sicherheitspolitik (2381/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Erhöhung der Grundsteuer beziehungsweise De-facto-Wiedereinführung der Vermögensteuer (2382/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Millionennachzahlungen bei staatlich geförderten Filmen (2383/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Überprüfung und Aufhebung einer 100-km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung auf der A 12 Inntal Autobahn Richtungsfahrbahn Bregenz (2384/J)

Helmut Dietachmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen (2385/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend unternehmerfeindliche Einflußnahme von seiten der Tiroler Wirtschaftskammer im Zusammenhang mit einer Gewerbebefähigung (2386/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundeskanzler betreffend EU-Informationspolitik (2387/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Budgetkonsolidierung Österreichs (2388/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bestellung eines neuen Informationskoordinators für die Euro-Kampagne (2389/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1983/AB zu 1963/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (1984/AB zu 1946/J)


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72. Sitzung / Seite 9

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1985/AB zu 1969/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (1986/AB zu 2006/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1987/AB zu 1971/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1988/AB zu 1960/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1989/AB zu 1955/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1990/AB zu 1970/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (1991/AB zu 1956/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (1992/AB zu 1961/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1993/AB zu 1972/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (1994/AB zu 1975/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (1995/AB zu 1979/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1996/AB zu 2009/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1997/AB zu 2145/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (1998/AB zu 2010/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (1999/AB zu 1973/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (2000/AB zu 1977/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (2001/AB zu 2112/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Stampler und Genossen (2002/AB zu 1980/J)

des Bundesministersfür Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2003/AB zu 1997/J)


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72. Sitzung / Seite 10

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Stampler und Genossen (2004/AB zu 1983/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2005/AB zu 2004/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2006/AB zu 1995/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2007/AB zu 1991/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2008/AB zu 2003/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Erich L. Schreiner und Genossen (2009/AB zu 2073/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (2010/AB zu 2087/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Meisinger und Genossen (2011/AB zu 2102/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (2012/AB zu 2051/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2013/AB zu 2005/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (2014/AB zu 2048/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (2015/AB zu 2071/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2016/AB zu 2117/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2017/AB zu 2043/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2018/AB zu 2083/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Mentil und Genossen (2019/AB zu 2086/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer und Genossen (2020/AB zu 2091/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger und Genossen (2021/AB zu 2095/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Johannes Zweytick und Genossen (2022/AB zu 2098/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Johannes Zweytick und Genossen (2023/AB zu 2103/J)


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72. Sitzung / Seite 11

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen (2024/AB zu 2106/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (2025/AB zu 2090/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen (2026/AB zu 2036/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2027/AB zu 2028/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (2028/AB zu 2072/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2029/AB zu 2081/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2030/AB zu 2084/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2031/AB zu 2023/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Genossen (2032/AB zu 2070/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2033/AB zu 2089/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2034/AB zu 2116/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (2035/AB zu 2030/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Stampler und Genossen (2036/AB zu 2053/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (2037/AB zu 2088/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2038/AB zu 2024/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (2039/AB zu 2059/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2040/AB zu 2057/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mares Rossmann und Genossen (2041/AB zu 2032/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2042/AB zu 2039/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (2043/AB zu 2067/J)


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72. Sitzung / Seite 12

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (2044/AB zu 2186/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2045/AB zu 2021/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2046/AB zu 2066/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (2047/AB zu 2052/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (2048/AB zu 2064/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2049/AB zu 2092/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (2050/AB zu 2035/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (2051/AB zu 2100/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2052/AB zu 2045/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2053/AB zu 2058/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (2054/AB zu 2068/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2055/AB zu 2175/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (2056/AB zu 2065/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2057/AB zu 2074/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (2058/AB zu 2111/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2059/AB zu 2076/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (2060/AB zu 2096/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (2061/AB zu 2063/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson und Genossen (2062/AB zu 2018/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (2063/AB zu 2055/J)


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72. Sitzung / Seite 13

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (2064/AB zu 2077/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Mentil und Genossen (2065/AB zu 2101/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2066/AB zu 2132/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (2067/AB zu 2107/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder und Genossen (2068/AB zu 2049/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2069/AB zu 2047/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2070/AB zu 2041/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2071/AB zu 2040/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2072/AB zu 2026/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen (2073/AB zu 2105/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (2074/AB zu 2108/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Brigitte Tegischer und Genossen (2075/AB zu 2130/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (2076/AB zu 2094/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (2077/AB zu 2017/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (2078/AB zu 2027/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2079/AB zu 2078/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen (2080/AB zu 2099/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2081/AB zu 2118/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (2082/AB zu 2056/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2083/AB zu 2042/J)


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72. Sitzung / Seite 14

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (2084/AB zu 2020/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (2085/AB zu 2109/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (2086/AB zu 2082/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (2087/AB zu 2079/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2088/AB zu 2046/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (2089/AB zu 2165/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Ab-geordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2090/AB zu 2252/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (2091/AB zu 2123/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2092/AB zu 2191/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (2093/AB zu 2124/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (2094/AB zu 2126/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (2095/AB zu 2119/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2096/AB zu 2114/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen (2097/AB zu 2205/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (2098/AB zu 2120/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (2099/AB zu 2133/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (2100/AB zu 2127/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (2101/AB zu 2115/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2102/AB zu 2113/J)


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72. Sitzung / Seite 15

Beginn der Sitzung: 12.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen und eröffne die 72. Sitzung des Nationalrates. Diese wurde aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Nationalrates einberufen.

Die Amtlichen Protokolle der beiden vorangegangenen Sitzungen vom 16. April und vom 17. April sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen, unbeeinsprucht geblieben und gelten damit als genehmigt.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Preisinger, Rosenstingl, Aumayr, Dr. Haselsteiner, Fink, Horngacher, Ing. Maderthaner, Dr. Puttinger, Sauer, Schwarzböck und Mag. Schreiner.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, daß Herr Abgeordneter Robert Elmecker auf sein Mandat verzichtet hat und daß an seiner Stelle Herr Abgeordneter Mag. Kurt Gassner in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein bereits vorliegt und der Genannte im Hause anwesend ist, werde ich sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführerin wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten haben. Ich darf daher Frau Abgeordnete Apfelbeck in ihrer Eigenschaft als Schriftführerin bitten, die Gelöbnisformel zu verlesen.

Schriftführerin Ute Apfelbeck: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

(Abgeordneter Mag. Kurt Gassner leistet die Angelobung mit den Worten "Ich gelobe".)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße den neuen Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über eine Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung eines Mitglieds der Bundesregierung wie folgt Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Fasslabend wird durch Justizminister Dr. Michalek vertreten. – Ich bitte um Kenntnisnahme.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.


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72. Sitzung / Seite 16

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2325/J bis 2346/J.

2. Anfragebeantwortungen: 1983/AB bis 2102/AB.

3. Initiativanträge: Zurückziehung: 195/A.

4. Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 geändert wird (670 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 1. Quartal 1997 (Vorlage 23 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 1997 (Vorlage 24 BA);

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 26 betreffend Rassismus; Presseförderung, überreicht von der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuß:

Übereinkommen zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie Agentur (MIGA) samt Anlagen (649 der Beilagen);

Gesundheitsausschuß:

Antrag 445/A (E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Entkriminalisierung von Cannabis;

Unterrichtsausschuß:

Antrag 446/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985, zuletzt geändert durch BGBl. 467/1995, geändert wird;

Verfassungsausschuß:

Antrag 443/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Stopp der Gesetzesflut;

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 441/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Maßnahmen zu einer Reform der Forschungsförderung in Österreich,


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Antrag 444/A der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1973 und das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Südtirolern mit österreichischen Staatsbürgern auf bestimmten Verwaltungsgebieten geändert werden;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (Vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesregierung betreffend das auf der 81. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 175) über die Teilzeitarbeit und die Empfehlung (Nr. 182) betreffend denselben Gegenstand (III-84 der Beilagen);

Finanzausschuß:

Bericht der Bundesregierung betreffend die Jahresberichte und Jahresabschlüsse 1994/95 und 1995/96 des ERP-Fonds sowie betreffend das Jahresprogramm, die Grundsätze und Zinssätze für das Wirtschaftsjahr 1996/97 des ERP-Fonds (III-85 der Beilagen);

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Bericht des Universitätenkuratoriums im Sinne des § 83 Abs. 3 des UOG 1993 über seine Tätigkeit vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 1996 (III-86 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Klub des Liberalen Forums hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die am Beginn der heutigen Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 2347/J der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Beschädigung der Glaubwürdigkeit Österreichs durch Fehlleistungen in der Außenpolitik im Verhalten rund um die Kurdenmorde, bei den Beziehungen zum Iran und in der NATO-Frage dringlich zu behandeln.

Die Durchführung der Dringlichen Anfrage wird im Sinne der Geschäftsordnung drei Stunden nach Einbringung in Angriff genommen, das heißt um 15 Uhr aufgerufen werden.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters haben die Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen.

Das Thema dieses Untersuchungsausschusses möge lauten: Prüfung der Verantwortlichkeit der Bundesregierung, insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz, sowie der vermuteten rechtswidrigen Einflußnahme durch politische Funktionsträger im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an Abdullah Ghaderi-Azar, Abdul Rahman Ghassemlou und Dr. Fadel Mahmud Rasoul am 13. Juli 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtigen, die trotz Vorliegens eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten. – Soweit das Thema des Untersuchungsausschusses.

Die Durchführung einer Debatte wurde in dem mir vorliegenden Dokument nicht beantragt.

Den Zeitpunkt der Abstimmung über den Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses werde ich nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung noch bekanntgeben.


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72. Sitzung / Seite 18

Ich unterbreche nunmehr die Sitzung bis 15 Uhr. Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen wird die dringliche Behandlung der schriftlichen Anfrage 2347/J stattfinden.

(Die Sitzung wird um 12.06 Uhr unterbrochen und um 15.01 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Ich gebe zunächst bekannt, daß ich die Abstimmung über den Antrag des Liberalen Forums betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Feststellung der politischen Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit den sogenannten Kurdenmorden, für den keine Debatte beantragt wurde, im unmittelbaren Anschluß an die nunmehr zur Verhandlung gelangende Dringliche Anfrage vornehmen werde.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, Hans Helmut Moser, Partnerinnen und Partner an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Beschädigung der Glaubwürdigkeit Österreichs durch Fehlleistungen in der Außenpolitik im Verhalten rund um die Kurden-Morde, bei den Beziehungen zum Iran und in der NATO-Frage (2347/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: In diesem Sinne gelangen wir zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 2347/J an den Herrn Vizekanzler und Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten.

Da diese Dringliche Anfrage inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Zitat aus dem ,Mykonos‘-Urteil vom 10. April, bei dem das Kammergericht Berlin gegen zwei Mörder von Sadek Sharafkandi, dem Nachfolger von Rahman Ghassemlou als Führer der iranischen Kurden, lebenslange Freiheitsstrafen verhängte: ,Zu (den) wichtigsten Aufklärungsobjekten (des iranischen Geheimdienstes) gehörte die DPK-I, wie sich aus einem Fernsehinterview des iranischen Ministers für Information und Sicherheit Fallahian vom 30. August 1992 ergibt. Um diese Stimme zum Schweigen zu bringen, faßte die politische Führung Irans den Entschluß, die Führung der DPK-I nicht nur politisch zu bekämpfen, sondern sie zu liquidieren. Die Tötung des damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und zwei seiner Vertrauten am 13. Juli 1989 in Wien sowie die hier abgeurteilte Tat sind Folgen dieses Entschlusses. Der rote Faden, der die Geschehnisse von Wien und Berlin verbindet, ist unübersehbar. Es ist auszuschließen, daß sie auf Konflikte unter kurdischen Oppositionsgruppen zurückzuführen sind.‘ (Zitiert nach einer Pressemitteilung der Senatsverwaltung für Justiz in Berlin, 11. 4. 1997)

Dieses Urteil, welches aufzeigt, daß der Iran durch die Handhabung der Kurden-Morde in Wien geradezu ermutigt wurde, weitere Attentate im Ausland zu initiieren, ist ein schwerer Schlag für die Glaubwürdigkeit der österreichischen Außenpolitik, sowohl was die Beziehungen Österreichs mit dem Iran angeht als auch was die Bewältigung der Ereignisse von 1989 betrifft.

Umso unverständlicher ist es, daß das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten im Gegensatz zu den Bundesministerien für Justiz und Inneres für einen eigenen Bericht zur Aufklärung der Vorkommnisse bis zur Ministerratssitzung am 29. April ,keine Notwendigkeit‘ (STANDARD, 29. 4. 1997) sah, obwohl es möglicherweise eine Drehscheibe in dieser Affäre war.

Befremdlich auch, daß die Parteichefs von SPÖ und ÖVP – im Gegensatz zu einigen Abgeordneten – derzeit die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ausschließen (Bundeskanzler Klima in ,Zeit im Bild‘, 22. 4. 1997, ÖVP-Obmann Schüssel im Rahmen eines einstimmigen Beschlusses des Bundesparteivorstandes am 24. 4. 1997). Da jedoch


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ein solcher Ausschuß die einzige Möglichkeit ist, die politische Verantwortung der damaligen Minister und hohen Beamten aufzuzeigen, und seit der letzten Sitzung des Nationalrates am 14. April weitere Argumente hinzugekommen sind, ist die heutige Sondersitzung des Nationalrates und die Dringliche Anfrage an den offensichtlich nicht aufklärungswilligen Außenminister unbedingt notwendig.

Die Chronologie der Abläufe nach dem Mord an zwei kurdischen Iranern und einem Österreicher am 13. Juli, wie sie sich allein aus veröffentlichten Fakten aus heutiger Sicht ergibt (und daher in dieser Begründung nicht wiederholt werden muß), zeigt mögliche Verfehlungen der Bundesministerien für Inneres, Justiz und auswärtige Angelegenheiten auf, die nur durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß geklärt werden können. Da jedoch eventuelle Fehlleistungen der Polizei- und Justizbehörden nicht möglich gewesen wären (so sie nicht auf Schlamperei und Unfähigkeit beruhten), wenn nicht Druck seitens des Iran ausgeübt worden beziehungsweise die guten Beziehungen mit der islamischen Republik auf dem Spiel gestanden wären, ist der Umgang des Außenministeriums in dieser Angelegenheit von entscheidender Bedeutung.

Alles deutet darauf hin, daß die Verdächtigten Djafari Sahraroodi und Amir Mansour Bosorgian mit Hilfe österreichischer Behörden flüchten konnten, obwohl ein Tatverdacht ihnen gegenüber von Beginn an gegeben war. Dies war auch schon in der öffentlichen medialen Diskussion im Jahr 1989 klar ersichtlich, wie hier mit einigen Beispielen bewiesen werden soll:

Der Wiener Polizeivizepräsident Marek gab bereits am 17. Juli der Öffentlichkeit bekannt, daß sich Bosorgian in Widersprüche verwickle, ihn jedoch niemand am Verlassen des Landes hindern könne, da kein richterlicher Beschluß vorliege (STANDARD, 18. 7. 1989).

Um den 20. Juli kristallisiert sich heraus, daß der Iran hinter den Attentaten steckt. Der Haftbefehl gegen Bosorgian und den Unbekannten ist ausgestellt und wird prompt vom iranischen Botschafter als ,ungerecht‘ bezeichnet. ,Teheran protestiert gegen Haftbefehl‘ ist eine Schlagzeile des STANDARD am 20. 7. Außenminister Mock spricht erstmals gegenüber der PRESSE (21. 7. 1989) von ,Schweinerei‘ bez. der Haltung des Iran und vermutet einen ,Hinterhalt‘.

Am 22. Juli 1989 steht bereits in der PRESSE: ,Nervenkrieg mit Iran: Wien gibt Verdächtigen frei‘ und meint die Entlassung Sahraroodis aus dem Spital. Im Artikel heißt es: ,Die Widersprüche in den Aussagen der beiden Männer waren das bisher konkreteste Indiz in österreichischen Händen, das auf eine sonst nicht beweisbare iranische Verwicklung in den Terrorfall hindeutet. Diese Konzession dürfte in Zusammenhang mit der Sorge um in Iran lebende Österreicher stehen.‘

Am 25. Juli 1989 berichtet die PRESSE über den Abflug von Sahraroodi. Außenminister Mock will darüber nicht informiert gewesen sein.

Am 26. Juli 1989 ist in der AZ zu lesen, daß STAPO-Chef Schulz die Justiz beschuldigte, den Haftbefehl gegen Sahraroodi nicht ausgestellt zu haben, obwohl die Beweislage erdrückend war.

Am 27. Juli wird im KURIER bereits über den ,von der Polizei schon am 19. Juli angeregten Haftbefehl‘ gegen Sahraroodi in Zusammenhang mit dem Motorradkauf berichtet, dessen Ausstellung von Staatsanwalt Fasching abgelehnt wurde.

Bereits ab 27. Juli tauchen Vermutungen über Druckausübung der iranischen Behörden wegen der im Iran lebenden Österreicher auf. Die Schlagzeile des STANDARD vom 27. Juli: ,Kurdenmord: Behörden ließen Verdächtigen ausreisen‘. Im Artikel heißt es: ,Ein Geschäft zwischen Staatspolizei, Außenministerium und der iranischen Botschaft hat einem Verdächtigten ... die Ausreise aus Österreich ermöglicht.‘ Und weiter: ,Im Außenamt heißt es: Die Iraner sind gar nicht nobel, sondern beinhart. Sie schreckten auch vor Drohungen nicht zurück, Österreicher im Iran zu ermorden.‘

Am 28. Juli erscheint ein Interview mit Dr. Thomas Klestil im STANDARD: ,Die Iraner waren schon sehr aufgeregt, als Mock gesagt hat, daß diese Geschichte eine Schweinerei sei‘, sagte er wörtlich.


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Am 29. Juli berichten die Medien über eine Pressekonferenz von Justizminister Foregger mit Innenminister Löschnak. Sahraroodi habe doch noch nach dem Attentat ,Help, Police!‘ gerufen und sei selbst verwundet gewesen, so Foregger zu seiner Verteidigung. Außerdem hätte der Schußhandtest nichts ergeben. Staatsanwalt Fasching, der die Ermittlungen seitens der Justiz leitete, sagte: ,Die Hemmschwelle, ihm die Opferrolle abzuerkennen, habe ich bis heute nicht überwunden.‘ (STANDARD, 29. Juli).

Zwei Tage nach Erlassung des Haftbefehls gegen alle drei Iraner begab sich der STANDARD am 30. November 1989, dem Tag, an dem Bosorgian vermutlich ausgereist ist, auf die Suche nach ihm. Die iranische Botschaft sagte, er sei vor 10 Minuten gegangen(?), befinde sich aber in Österreich.

Noch am 1. Dezember 1989 meinte Mock laut STANDARD, daß es keine Diskussion darüber geben könne, daß sich Bosorgian stellen müsse. Eine Anfrage beim iranischen Botschafter habe ,keine positiven Reaktionen ausgelöst‘(!). Im Justizministerium bestätigt man, daß eine Auslieferung trotz Diplomatenstatus verpflichtend sei.

Am 3. 12. 1989 ist schließlich dem KURIER zu entnehmen, daß die iranische Regierung weiter gegen die Haftbefehle protestiert und durchblicken ließ, daß sie ,die Sicherheit von im Iran lebenden Österreichern nicht mehr gewährleisten kann‘.

Dann schlief die Sache fast völlig ein. Im Jahr 1992 sagte Generalanwalt Mayerhofer (Justizministerium): ,Die Kurden sind tot, die Verdächtigen sind im Iran, und damit hat sich’s‘.

Mit dieser Zusammenstellung soll gezeigt werden, daß die in den letzten Wochen aufgetauchten Fakten meist nicht neu oder Ergänzungen zum Wissensstand von 1989 sind. Eine Untersuchung der Ungereimtheiten hätte also schon damals stattfinden müssen und hätte bessere Ergebnisse gebracht als der nun notwendige parlamentarische Untersuchungsausschuß, da viele Beteiligte noch nicht tot oder in Pension waren.

Doch im Grunde fügt sich die Handhabung der Aufklärung der Kurden-Morde durch die Behörden nahtlos in die Geschichte der Beziehungen Österreichs mit dem Iran, die viel mehr von der Sorge um auszubauende Wirtschaftsbeziehungen als um Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte geprägt war. An die Noricum-Affäre braucht hier gar nicht erinnert zu werden. Eher in Vergessenheit geraten ist heute, daß Österreich das erste westliche Land war, das 1984 seinen Außenminister Erwin Lanc in den nach-revolutionären Iran schickte und daß der iranische Außenminister Ali Akbar Velayati mit Österreich 1987 das erste westliche Land seit 1979 besuchte. Daraufhin entwickelt sich eine rege Besuchsdiplomatie zwischen diesen beiden Ländern bis heute, die vom Bemühen um ständigen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen bei möglichst häufigem Verschweigen der Menschenrechtsproblematik oder gar der Kurden-Morde von Seiten Wiens geprägt war. Dies gipfelte unter anderem darin, daß nach dem ,Todesurteil‘ des Iran gegen Salman Rushdie im Februar 1989 Österreich das einzige demokratische Land der westlichen Welt war, das seinen Botschafter nicht aus Teheran abzog.

Im Rahmen der EU hat sich die Haltung Österreichs gegenüber dem Iran nicht geändert, wie die Ereignisse nach dem ,Mykonos‘-Urteil in Berlin zeigen. Am 11. April werden die Botschafter aus Teheran abgezogen, was Außenminister Schüssel am 30. April laut APA als ,Symbol‘ bezeichnet, nach der Entscheidung über die Aufhebung dieser Maßnahme am 29. April setzt man sich der Peinlichkeit aus, daß der Iran manche EU-Vertreter (aus Dänemark und Deutschland) nicht mehr willkommen heißen möchte, und steht vor einem Scherbenhaufen. Ein ,Drei-Stufen-Plan‘ gegenüber dem Iran, der nach einiger Zeit zu Wirtschaftssanktionen und letztendlich zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit dem Iran führen würde, wenn dieser nicht bei der Aufklärung vom im Ausland verübten Morden mit den Behörden der betreffenden Ländern kooperiert, wäre angesagt gewesen. Doch ein entsprechender Antrag im EU-Hauptausschuß des Nationalrates wurde von den Regierungsparteien abgelehnt.

So wie es in der Iranfrage um Berechenbarkeit und Glaubwürdigkeit österreichischer Außenpolitik geht, die durch die beschriebene Weise schwer beschädigt scheint, hat ein Ereignis der jüngsten Vergangenheit der Reputation Österreichs weiteren Schaden zugefügt. Es war dies die


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Rede von Außenminister Schüssel am 24. April vor dem NATO-Generalstab. Der Außenminister legte der NATO dabei quasi nahe, Österreich zum Eintritt in das Bündnis ,einzuladen‘. Ungeachtet dessen, daß eine ehrliche und tiefgreifende Sicherheitsdebatte in Österreich mehr als überfällig ist, scheint die vom Außenminister gewählte Vorgangsweise deshalb unverantwortlich, weil damit Österreich – wie die darauffolgenden Reaktionen des Regierungspartners SPÖ bewiesen haben – mit zwei Zungen spricht und den Eindruck zweier unterschiedlicher bis konträrer Außenpolitiken erweckt. Die Initiative des Außenministers in einer so wichtigen Frage ohne Abstimmung mit dem Regierungspartner beziehungsweise dem Parlament ist daher nicht nur geeignet, außenpolitische Verwirrung zu stiften, sondern auch die Berechenbarkeit und Glaubwürdigkeit Österreichs zu beeinträchtigen.

Einen Tag, nachdem von den Abgeordneten des Liberalen Forums aus den genannten Gründen das Verlangen auf Einberufung einer Sondersitzung gestellt worden war, erschütterten der Selbstmord Gerhard Praschaks und die von ihm hinterlassenen Unterlagen die Republik. In handschriftlichen Aufzeichnungen schildert Dr. Praschak aus seiner Sicht massive politische Einflußmaßnahmen auf bankenunternehmerische Entscheidungen und äußerte zudem den Verdacht auf strafbare Handlungen auf der Vorstandsebene der Kontrollbank. Da die Vorwürfe auch gegen Regierungsmitglieder gerichtet sind, liegt auf der Hand, daß sich der Ministerrat – der seit dem Freitod Dr. Praschaks zweimal tagte – mit dem Fall befaßt hat. Der Außenminister als Mitglied dieses Gremiums soll daher dazu veranlaßt werden, vor dem Parlament Stellung zu beziehen, um den Abgeordneten die parlamentarische Erörterung notwendiger Konsequenzen zu ermöglichen.

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende

Dringliche Anfrage:

1. Wann wurde das BMfaA über den Mord an Ghassemlou, Ghaderi und Rasoul am 13. Juli 1989 erstmals informiert?

2. Wann ist die iranische Botschaft beziehungsweise Botschafter Shirazi erstmals mit dem Außenministerium nach dem Mord in Kontakt getreten und welches Ersuchen wurde dabei gestellt?

3. Wie oft hat die iranische Botschaft oder das iranische Außenamt mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten oder mit sonstigen Vertretern des BMfaA zwischen 13. 7. 1989 und Ende des Jahres 1989 in dieser Angelegenheit Kontakt aufgenommen?

4. Haben die Vertreter des Iran verlangt, daß der am 15. Juli ausgestellte Haftbefehl gegen den Verdächtigen Bosorgian aufgehoben und daß Sahraroodi und Bosorgian die Ausreise aus Österreich zu gestatten ist? Wenn ja, wann (bitte genaues Datum) und in welcher Form?

5. Wie hat das BMfaA darauf reagiert?

6. Haben der iranische Botschafter oder andere offizielle Vertreter des Iran zwischen Juli und Dezember 1989 Druck ausgeübt oder Drohungen gegen Österreich ausgestoßen oder erklärt, daß die Sicherheit der österreichischen Staatsbürger im Iran nicht mehr gewährleistet sein könnte, wenn die Angelegenheit rund um die Kurden-Morde nicht im Sinne des Iran gelöst würde? Wenn ja, wann und in welcher Form?

7. Wie hat das BMfaA darauf reagiert?

8. Hat das BMfaA diese Mitteilungen des Iran zu irgendeinem Zeitpunkt an die Behörden des Bundesministeriums für Inneres oder des Bundesministeriums für Justiz weitergegeben?

9. Haben der damalige Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten und/oder sein Generalsekretär Dr. Klestil in der Kurdenmord-Affäre zu irgendeinem Zeitpunkt Weisungen erteilt? Wenn ja, wann, an wen und welchen Inhalts waren sie?


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10. Kam in irgendwelchen offiziellen oder inoffiziellen Kontakten zwischen Vertretern Österreichs und des Iran in der Zeit von Juli bis Dezember 1989 auch die Noricum-Affäre zur Sprache? Wenn ja, wann, zwischen wem und welche Informationen wurden dabei ausgetauscht?

11.Aus welchem Grund wurde am 16. Juli 1989 eine Abmachung zwischen dem BMfaA und der iranischen Botschaft geschlossen, daß der in der Botschaft befindliche Verdächtige Bosorgian zwar zu einer Einvernahme der Polizei überstellt wird, jedoch nachher in jedem Fall in die Botschaft zurückkehren dürfe?

12. War dem BMfaA zu diesem Zeitpunkt bekannt, daß gegen Bosorgian ein Haftbefehl wegen § 95 StGB vorlag? Wenn ja, wie erklären Sie sich diese Vorgangsweise?

13. Aus welchem Grund wurde zwischen dem BMfaA und der iranischen Botschaft ausverhandelt, dem zu diesem Zeitpunkt schon Verdächtigten Sahraroodi am 22. Juli 1989 eine Eskorte zum Flughafen bereitzustellen, damit er ja sicher in den Iran gelangen konnte?

14. Welche Hinweise lagen dem damaligen Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten und Generalsekretär Dr. Klestil bis zum 22. 7. 1989 (dem Ausreisetag) vor, daß es sich bei Sahraroodi nicht um ein Opfer oder einen Zeugen, sondern um einen Täter handelte, wie man heute weiß? Welche Schlüsse wurden daraus gezogen?

15. Wurde das BMfaA laufend durch die anderen beteiligten Ministerien über die einzelnen Ermittlungs- und Verfahrensschritte informiert? Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt und worüber? Wenn nein, welche Initiativen hat der damalige Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten gesetzt, um zu Informationen zu gelangen?

16. Hat am 16. Juli ein Treffen zwischen den beteiligten Ministern Löschnak und Foregger, BMfaA-Generalsekretär Klestil und hohen Beamtem der drei betroffenen Ministerien oder einiger dieser Personen zum Thema ,Kurden-Morde‘ stattgefunden? Wenn ja, welche Ergebnisse hat dieses Gespräch erbracht? Gibt es darüber ein Gesprächsprotokoll, das Sie bereit sind zu veröffentlichen?

17. Haben zwischen 13. und 22. Juli (Ausreise Sahraroodis) weitere Treffen zwischen Ministern und hohen Beamten in dieser Causa stattgefunden? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?

18. Welche Ergebnisse hat die ,Koordinationssitzung‘ zwischen den Ministern Löschnak und Foregger, Generalsekretär Klestil und weiterer hoher Beamter am 28. Juli 1989 gebracht?

19. Stimmt es, daß Dr. Klestil bei diesem Gespräch darauf drängte, bei allen künftigen öffentlichen Aussagen im Zusammenhang mit den Kurden-Morden von einer ,Sprachregelung‘ auszugehen, daß es keine Interventionen des BMfaA und keinen ,Kniefall‘ vor dem Iran gegeben habe?

20. Waren die Kurden-Morde Geprächsthema bei der Ministerratssitzung am 18. Juli 1989 beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung? Wenn ja, wie äußerten sich Bundeskanzler Vranitzky sowie die Minister Mock, Foregger und Löschnak? Wenn ja, sind Sie bereit, das Ministerratsprotokoll dieser Sitzung zu veröffentlichen?

21. Waren die Kurden-Morde Geprächsthema bei der Ministerratssitzung am 25. Juli 1989 beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung? Wenn ja, wie äußerten sich Bundeskanzler Vranitzky sowie die Minister Mock, Foregger und Löschnak? Wenn ja, sind Sie bereit, das Ministerratsprotokoll dieser Sitzung zu veröffentlichen?

22. Waren die Kurden-Morde Geprächsthema bei der Ministerratssitzung am 22. August 1989 beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung? Wenn ja, wie äußerten sich Bundeskanzler Vranitzky sowie die Minister Mock, Foregger und Löschnak? Wenn ja, sind Sie bereit, das Ministerratsprotokoll dieser Sitzung zu veröffentlichen?

23. Waren die Kurden-Morde Geprächsthema bei sonstigen Ministerratssitzungen seit dem 13. Juli 1989 beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung? Wenn ja, wie äußerten sich


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der Bundeskanzler sowie die Minister für Inneres, Justiz und auswärtige Angelegenheiten? Wenn ja, sind Sie bereit, das Ministerratsprotokoll dieser Sitzungen zu veröffentlichen?

24. Am 22. 4. 1997 wurde in der APA ein Tonbandprotokoll über ein Gespräch, das der Journalist mit einem hohen Beamten der Staatsanwaltschaft im Juli 1989 führte, wiedergegeben, in dem dieser Beamte folgendes sagt: ,Grundlage für diese ganze Debatte war unter anderem auch, daß wer vom Außenministerium angerufen hat und da interveniert hat. Und mir ist noch dunkel in Erinnerung ... daß auch irgendwer Vorhaltungen gemacht hat, daß es ja nicht sehr angebracht sei, da Haftanträge >außezlassen<, weil, was man da alles zerstören kann an Beziehungen mit dem Iran und sonstwem ...‘ Hat also das BMfaA bei der Staatsanwaltschaft in dieser Sache interveniert, das Verfahren niederzuschlagen oder keine Haftbefehle mehr auszustellen? Wenn nein, wie erklären Sie sich dieses Gespräch?

25. Wie reagierte die iranische Botschaft beziehungsweise das iranische Außenministerium auf die Ausstellung eines Haftbefehls gegen Bosorgian wegen § 75 StGB am 28. November 1989 und die darauf folgende verstärke Bewachung der Botschaft? Wurden weitere Drohungen ausgesprochen oder Druck ausgeübt? Wenn ja, in welcher Form?

26. Wie reagierte das BMfaA darauf?

27. Wurden im BMfaA Überlegungen angestellt, in welcher Form man an Bosorgian herankommen könnte, da er sich immer noch in der iranischen Botschaft aufhielt?

28. Welche Überlegungen wurden angestellt beziehungsweise welche Schritte gesetzt, um zu erreichen, daß Bosorgian nicht im Schutze seiner diplomatischen Immunität oder mit Hilfe des diplomatischen Schutzes anderer Angehöriger der iranischen Botschaft flüchten konnte?

29. Welche Bemühungen wurden unternommen, die Auslieferung Bosorgians zu erreichen?

30. Stimmt es, daß Generalsekretär Klestil um den 28. November (Datum der Ausstellung der erweiterten Haftbefehle) eine Sachverhaltsdarstellung zu den Kurden-Morden beim Bundesministerium für Inneres anforderte? Wenn ja, warum? Welche Informationen wurden vom BMI übergeben?

31. Welche Informationen erhielt das BMfaA zwischen 28. November und 5. Dezember 1989 vom österreichischen Botschafter im Iran, Traxl, sowie vom iranischen Botschafter betreffend Retorsionsmaßnahmen oder eine mögliche Gefährdung von Österreichern im Iran?

32. Hat der damalige Außenminister Mock oder Generalsekretär Klestil die Beschwerden und Drohungen des Iran, vor allem die Berichte des österreichischen Botschafters in Teheran, an das Bundesministerium für Inneres weitergeleitet? Wenn ja, warum?

33. Hat es auch nach dem 22. Juli (Ausreise Sahraroodis) Kontakte zwischen Vertretern der Ministerien für auswärtige Angelegenheiten, Justiz und Inneres betreffend die Kurden-Morde gegeben, insbesondere zwischen Generalsekretär Dr. Klestil und dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Danzinger?

34. Stehen die Weisungen des Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, vom 29. November, die Bewachung der iranischen Botschaft nur noch ,schonend‘ durchzuführen, und vom 5. Dezember 1989, die Bewachung weiter zu reduzieren, in Zusammenhang mit Kontakten zum BMfaA?

35. Wann hat das BMfaA erfahren beziehungsweise konnte davon ausgehen, daß Bosorgian geflohen ist?

36. Wie hat das BMfaA auf die Ausreise Bosorgians gegenüber dem Iran reagiert?

37. Hat die damalige Bundesregierung oder das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten bewußt dazu beigetragen, damit die Mörder von Ghassemlou, Ghaderi und Rasoul entkommen konnten, etwa um dadurch Menschenleben von Österreichern im Iran nicht zu ge


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fährden? Wenn nein, wie erklären Sie sich die unglaubliche Anhäufung von ,Pannen‘ bei der Aufklärung der Morde?

38. Sehen auch Sie einen Zusammenhang zwischen dem Entkommen der Kurden-Mörder von 1989 und den guten Beziehungen Österreichs zum Iran, die seit dem ersten Besuch des iranischen Außenministers in Österreich 1987 weniger von einem Dialog über Menschenrechte als vom ständigen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen geprägt sind? Wenn nein, warum nicht?

39. In welcher Form wurde dem Rechtshilfeersuchen Österreichs an den Iran vom Frühjahr 1990, die mit Haftbefehl gesuchten Iraner auszuliefern, bei den zahlreichen bilateralen Kontakten zwischen Österreich und Iran Nachdruck verliehen?

40. Bei welchen Staatsbesuchen oder sonstigen Kontakten zwischen Ihnen oder Ihrem Vorgänger Dr. Mock und dem iranischen Außenminister Velayati wurde die Kurdenmord-Affäre angesprochen? Wie reagierten Sie und Mock auf dessen Antwort?

41. Bei welchen Staatsbesuchen und Kontakten seit 1989 wurden die Kurdenmord-Affäre oder die Auslieferung der Verdächtigten nicht angesprochen und warum nicht?

42. Welche Rolle spielt die Menschenrechtssituation im Iran bei Ihren Kontakten mit den Vertretern des Iran?

43. Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem ,Mykonos‘-Urteil, in dem ein eindeutiger Zusammenhang zwischen den Morden in Berlin 1992 und Wien 1989 hergestellt wird und in dem davon ausgegangen wird, daß diese Morde von der iranischen Führung angeordnet wurden, auf die zukünftigen Beziehungen Österreichs und der EU zum Iran?

44. Sehen Sie in der im ,Mykonos‘-Urteil aufgestellten Behauptung, der Iran betreibe ,Staatsterrorismus‘, eine Bedrohung für Österreich. Mit welchen Maßnahmen tritt man diesem ,Staatsterrorismus‘ entgegen?

45. Wie wollen Sie erreichen, daß der Iran ab sofort bei der Aufklärung der an auf nichtiranischem Staatsgebiet verübten Morden, bei denen der Verdacht besteht, daß sie im Auftrag der iranischen Führung begangen wurden, mit ausländischen Behörden kooperiert?

46. Werden Sie für Wirtschaftssanktionen gegenüber dem Iran eintreten, wenn dieser sein Verhalten in bezug auf Menschenrechte und Attentate im Ausland in absehbarer Zeit nicht ändert? Wenn nein, warum nicht?

47. Halten Sie die Aufrechterhaltung des ,kritischen Dialogs‘ der EU mit dem Iran in unveränderter Form für richtig? Wenn ja, warum? Wenn nein, welche Modifizierungen sollte es geben?

48. Aus welchem Grund haben die EU-Außenminister am 29. April dieses Jahres die Rückkehr der Botschafter nach Teheran beschlossen, die erst am 11. April abberufen wurden?

49. Wie beurteilen Sie die Reaktion des iranischen Außenministers Velayati auf die Entscheidung der EU-Außenminister vom 29. April, in der er die Absicht, keine Wirtschaftssanktionen gegen den Iran zu verhängen, als ,große Niederlage der USA‘ bezeichnet (APA 113, 30. 4. 1997)?

50. Wie beurteilen Sie seine Aussage in derselben Stellungnahme, daß der Iran mit der EU keinerlei Verhandlungen mehr über Menschenrechte oder über konventionelle, atomare und chemische Rüstung führen werde? Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

51. Aus welchem Grund meinen Sie, sind zwar der dänische und deutsche Botschafter im Iran ,unerwünscht‘, der österreichische jedoch nicht?

52. Wie sehen Sie die Entscheidung der EU-Außenminister, die Botschafter nach Teheran zurückzusenden, im Lichte der Reaktionen des Iran, besonders der Abweisung des dänischen und des deutschen Vertreters? Sehen Sie diese Entscheidung heute als schweren politischen Fehler an?


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53. Aus welchem Grund haben Sie bei Ihrer Rede vor dem NATO-Generalstab am 24. April indirekt die NATO aufgefordert, Österreich zum Beitritt einzuladen, in dem Sie sagten: ,Ich, für mich, würde eine dahin gehende Stellungnahme des Gipfels begrüßen, daß alle gegenwärtigen Mitglieder der Union eingeladen werden, beizutreten, wenn sie es wünschen‘ (abgedruckt im STANDARD, 28. 4. 1997)?

54. Wie reagierten NATO-Vertreter auf Ihre Ausführungen?

55. War Ihr NATO-Vorstoß vom 24. April innerhalb der Bundesregierung abgesprochen? Wenn nein, warum nicht?

56. Welche Auswirkungen hat es Ihrer Ansicht nach auf die Glaubwürdigkeit der österreichischen Außenpolitik, wenn die Bundesregierung in so einer entscheidenden Frage nicht einheitlich auftritt?

57. Aus welchem Grund haben Sie Ihre Initiative ohne Einbindung des österreichischen Parlaments gestartet?

58. Wurde in den Ministerratssitzungen am 29. April und/oder am 6. Mai 1997 beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung der Fall Praschak besprochen? Wenn ja, in welcher politisch relevanten Weise?

59. Wurden in den erwähnten Ministerratssitzungen beziehungsweise den dazugehörigen Vorbesprechungen Konsequenzen aus der von Dr. Praschak persönlich dokumentierten politischen Einflußnahme erörtert? Wenn ja, welche?

60. Teilen Sie die Auffassung, daß der Rückzug der politischen Parteien aus der Wirtschaft und im besonderen aus dem Bankenbereich jedenfalls eine der notwendigen, überfälligen Konsequenzen aus der nunmehr in diesem Zusammenhang geführten öffentlichen Debatte ist? Wenn ja, was werden Sie dazu beitragen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des § 93 Abs. 2 GOG des Nationalrates dringlich zu behandeln und der Erstunterzeichnerin Gelegenheit zur Begründung zu geben."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile der Erstanfragestellerin, Frau Abgeordneter Dr. Schmidt, das Wort zur Begründung der Anfrage. Nach § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung ist dafür eine Redezeit von 20 Minuten vorgesehen. – Bitte.

15.02

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte aus dem sogenannten "Mykonos"-Urteil des Berliner Kammergerichtes – etwas verkürzt – zitieren:

"Zu (den) wichtigsten Aufklärungsobjekten (des iranischen Geheimdienstes) gehörte die DPK-I, wie sich aus einem Fernsehinterview des iranischen Ministers" und so weiter "ergibt. Um diese Stimme zum Schweigen zu bringen, faßte die politische Führung Irans den Entschluß, die Führung der DPK-I nicht nur politisch zu bekämpfen, sondern sie zu liquidieren. Die Tötung des damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und zwei seiner Vertrauten am 13. Juli 1989 in Wien sowie die hier" – in Berlin also – "abgeurteilte Tat sind Folgen dieses Entschlusses. Der rote Faden, der die Geschehnisse von Wien und Berlin verbindet, ist unübersehbar."

Dieses Urteil stammt, wie gesagt, vom 10. April dieses Jahres; ist also noch keinen Monat alt. Es ist daher nicht nur zulässig, sondern sogar notwendig, noch einmal über all jene Geschehnisse und Umstände, die im Zusammenhang mit den Kurdenmorden, mit der Ermordung von drei Exilkurden in Wien im Jahre 1989 stehen, nicht nur zu reden, sondern sie zu erforschen und zu hinterfragen.


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Man muß die Umstände aufklären und fragen: Welches Interesse war gegeben, diese Umstände aufzuklären? Oder gab es gar kein Interesse, Licht in dieses Dunkel zu bringen? Oder – das wäre die allerhöchste Steigerungsstufe – gab es sogar ein Interesse daran, diese Morde nicht aufzuklären?

Jetzt kann man durchaus einwenden: Welchen Sinn macht das alles heute, nach acht Jahren?, vor allem dann, wenn man sich ein Zitat des Generalanwaltes Mayerhofer vom Justizministerium aus dem Jahr 1992 in Erinnerung ruft, der damals schon sagte: "Die Kurden sind tot, die Verdächtigen sind im Iran. Und damit hat sich’s." – Vielleicht ist diese Frage auch deswegen durchaus zulässig, weil die meisten Dinge, über die heute geredet wird und die der eine oder andere Politiker als großartige Neuigkeit zu verkaufen versucht, eigentlich schon 1989 bekannt waren.

Ich glaube aber, daß es nicht richtig sein kann und nicht richtig sein darf, daß ein Fehler, der einmal gemacht wurde, einfach bestehen bleibt. Und vor allem darf es dann nicht richtig sein, wenn dieser Fehler weiter fortwirkt, wenn von einem Fehler so viele Menschen, und zwar nicht nur Österreicherinnen und Österreicher, sondern Menschen innerhalb und außerhalb unseres Staatsgebiets betroffen sind, wenn es noch dazu eine Chance auf Schadensbegrenzung gibt und wenn man vor allem vermeiden möchte, daß diese Fehler wieder begangen werden. – Das ist der Sinn einer solchen Debatte heute und für die Zukunft, bis eben diese Sache geklärt ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn man von Fehlern redet, so geht es auch darum, darüber nachzudenken, was überhaupt Fehler sein können: Bedeuten diese Fehler Unvermögen handelnder Personen – sozusagen mangelnde Qualifikation, Fehleinschätzung, all das, was menschlich begründbar, wenn auch in der Auswirkung übel ist –, oder war es gewolltes "Unvermögen", das an den Tag gelegt wurde? Hat man einem Druck nachgegeben? Wenn es so war, warum hat man einem Druck nachgegeben? Von wem wurde nachgegeben? Wer hat nachgegeben? Waren unsere bisherigen und sind unsere gegenwärtigen Beziehungen zum Iran, die wir auf diplomatischer Ebene pflegen, ein Fehler? Sind sie falsch gelagert – oder ist nicht der größte Fehler überhaupt, all das, wovon wir reden, einfach zudecken zu wollen?

Ich sehe in all dem einen unglaublichen Schaden für die Republik, einen Schaden, der nach innen und außen wirkt, einen Schaden, der vor allem dadurch entsteht, wie mit all diesen Fakten umgegangen wird. Die Schadensverursacher sind all jene, die zwar davon reden, daß sie Klarheit in die Sache bringen wollen, aber keine einzige Maßnahme setzen, die objektiv geeignet wäre, Klarheit in die Sache zu bringen.

Das fängt bei jenen Parlamentariern an, die bislang einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht zugestimmt haben, die wahrscheinlich auch heute wieder nicht zustimmen werden. Sogar die Vorsitzende des Justizausschusses – man muß sich einmal vorstellen, welche Haltung für diese Funktion dahintersteht – tut, wie ich einer Presseaussendung von heute entnehme, einen Untersuchungsausschuß als "politisch motiviertes Instrumentarium" ab, das doch überhaupt keinen Stellenwert haben könne, und erteilt im voraus eine Absolution.

Sie sind die Schadensverursacher unserer Republik. Aber das zieht sich hinauf bis zum Bundeskanzler, zum Vizekanzler und bis zum Bundespräsidenten. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Jetzt sind wir bei der Sache!) Ich kann Ihre Sprüche nicht mehr hören, wenn Sie alle sagen, Sie seien an einer lückenlosen Aufklärung interessiert; gleichzeitig aber setzen Sie zahnlose Instrumentarien ein.

Der Außenminister gehört zu jenen, die nicht einmal bereit waren, ein zahnloses Instrumentarium, nämlich die Innenrevision in seinem Ministerium, einzusetzen, weil er gefunden hat, es sei sowieso alles klar. – Das ist für mich das Unerträgliche, wobei die Glaubwürdigkeit unserer Rechtsstaatlichkeit, die Glaubwürdigkeit in der Einschätzung der handelnden Personen, die Glaubwürdigkeit in die Politik schlechthin nicht nur aufs Spiel gesetzt, sondern mutwillig zerstört wird. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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Ich möchte zum Bundespräsidenten noch etwas ausführen, und zwar deshalb ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist aber bitte das kleinste Rädchen!)  – Es geht jetzt um den Untersuchungsausschuß, es geht nicht um die Fakten selbst, sondern es geht um den Umgang damit.

Der Herr Bundespräsident nimmt oft genug für sich in Anspruch, eine Art moralischer Instanz zu sein. Aber dann muß gerade er, wenn er unter Verdacht steht, nicht korrekt gehandelt zu haben, wenn er unter Verdacht steht, Druck ausgesetzt gewesen zu sein und diesen Druck weitergegeben zu haben, allergrößtes Interesse daran haben, daß dieser Verdacht ausgeräumt wird, wenn er nicht stimmt! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Wenn er dieses Interesse nicht artikuliert, dann fügt er diesem Land alleine durch seine Funktion Schaden zu. (Abg. Dr. Maitz: Reine Polemik!)

Ich frage mich, was daran polemisch sein soll. Ist für Sie ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß polemisch? Sind Ihre Rufe nach dem Bundespräsidenten, er solle irgend jemanden zur Sache rufen, polemisch – oder meinen Sie es ernst? Wenn Sie es ernst meinen, dann müssen Sie das auch mir zugestehen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Der Herr Bundespräsident stimmt hier nicht ab. Es liegt an Ihnen, die Sie hier sitzen, über einen Untersuchungsausschuß abzustimmen. Aber wenn wir von einer moralischen Instanz reden, dann wäre es wohl angebracht, diese auch in die Waagschale zu werfen, vor allem dann, wenn man selber Betroffener ist. (Abg. Dr. Maitz: Sie haben gegen ihn verloren! Das ist Ihr Problem!)  – Das war der lächerlichste Zwischenruf, den ich seit langem gehört habe. (Abg. Schwarzenberger: Aber treffend!)

Wenn ich von Unvermögen rede, weil die Vorsitzende des Justizausschusses von vornherein die Absolution erteilt und sagt, es sei alles in Ordnung gewesen, dann muß ich auch in Erinnerung rufen, daß die Widersprüche der handelnden Personen bereits am 14. Juli 1989, das heißt einen Tag nach den Morden, bekannt waren, und zwar nach der Obduktion, nachdem die Einschußkanäle verifiziert waren, und alleine aus dieser Tatsache geschlossen werden konnte, daß die Aussagen des Herrn Sahraroodi nicht richtig sind. – Er ist jedoch bis zum Schluß als "Zeuge" behandelt worden.

Bereits am 17. Juli 1989, das heißt vier Tage nach diesen Morden, hat der Polizeivizepräsident Marek Bedenken geäußert und sich darüber gewundert, daß es keinen Haftbefehl gebe. Es gab schließlich einen Haftbefehl gegen Bozorgian, und wenige Tage später – das ist das für mich Unbegreifliche – erfolgte die Freilassung des Herrn Sahraroodi mit allen Ehren. Das muß man heute auch sagen, nachdem die entsprechenden Akten offengelegt wurden.

Es kann doch nicht wahr sein, daß er bis zu diesem Zeitpunkt als Zeuge behandelt wurde und daß Sie das als "korrekt" bezeichnen, obwohl er sogar noch im Spital seine Aussage verweigerte. Aber selbst wenn Sie der Meinung wären, daß hiebei Unvermögen der damals handelnden Beamten vorliege, muß man schon fragen: Welchen Sinn hatten eigentlich die Kontakte, die zwischen Beamten des Außenministeriums, Beamten des Justizministeriums – bis hin zum Minister – und der Sicherheitsbehörde geführt wurden?

Ich behaupte, daß es mehr als glaubwürdig ist, daß bei diesen Kontakten jener Druck, der dem Iran – aus meiner Sicht zu Recht – unterstellt wird, jener Druck, die Ermittlungen doch zurückhaltender zu führen, weitergegeben wurde. Wenn wir hinterfragen, warum ein solcher Druck von österreichischer Seite aufgenommen wurde, so gibt es dafür zwei Erklärungsmuster.

Das eine wäre – rein theoretisch – jenes der wirtschaftlichen Interessen. Das ist ein Verhaltensmuster, bei dem man Bedenken immer dann, wenn es um wirtschaftliche Beziehungen zu Ländern geht, deren Menschenrechtsverletzungen evident sind, zurückstellt, weil man ja sonst den Markt anderen überlassen würde. Und in diesem Zusammenhang ist die Aussage eines Wirtschaftskämmerers nicht unwesentlich, der meinte: Es kann schon sein, daß durch das gestörte Verhältnis des Iran zu Deutschland und zu Dänemark Österreich jetzt profitieren könnte. Das scheint mir durchaus ein passender Mosaikstein in einem mir unsympathischen und, wie ich glaube, mehr als bedenklichem Bild zu sein.


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Es ist auch deswegen nicht unglaubwürdig, dahinter wirtschaftliche Interessen zu vermuten, wenn man sich in diesem Zusammenhang die gesamte Außenpolitik Österreichs anschaut. Österreich war das erste westliche Land, das 1984 einen Außenminister – es war damals Erwin Lanc von der SPÖ – in den Iran geschickt hat. Und Österreich war auch das erste westliche Land, das ein iranischer Außenminister seit 1979 besucht hat. – Das ist durchaus ein Boden, auf dem manches gedeiht.

Ich möchte aber jetzt nicht so weit gehen, zu behaupten, daß dieser Druck aus rein wirtschaftlichen Interessen aufgenommen wurde, sondern ich bin bereit, zuzugestehen, daß es vielleicht die Sorge war, es könnte Österreicherinnen und Österreichern etwas passieren, und zwar sowohl in Österreich als auch im Iran. Ich möchte das zwar zugestehen, aber nicht als Rechtfertigung gelten lassen. Es ist schon unglaublich schwierig, die Frage zu beantworten, wie weit man Terrorakten nachgeben darf, um das Leben anderer Unschuldiger nicht zu gefährden. Das ist eine Frage, über die man philosophische Exkurse halten könnte. Ich beneide keinen Politiker, der sich in einem Moment, in einer Stunde entweder für das eine oder für das andere entscheiden muß. Ich glaube, das ist eine der schwersten Entscheidungen eines Politikers; dessen muß man sich bewußt sein.

Aber wenn es schon schwierig ist, eine solche Frage unter dem Druck eines Terroraktes zu beantworten, dann muß man noch viel sensibler mit dem Vorfeld des Terrors umgehen. Dann muß man alle Kraft darauf konzentrieren, im Vorfeld einem solchen Druck nicht nachzugeben. Aber eine solche Terrorsituation gab es zu diesem Zeitpunkt Österreicherinnen und Österreichern gegenüber sicherlich nicht. Daß das angedroht wurde, halte ich für möglich, aber welche Vorstellung von Rechtstaatlichkeit haben Sie denn, wenn Sie schon im ersten Vorfeld nachgeben, sich willfährig ausliefern, indem Sie sagen: Sicher ist sicher!? Man muß sich überlegen, welchen Weg ein Land geht, welche Ausstrahlung der Weg eines solchen Landes für die Politik schlechthin hat, wenn das ein legitimer Maßstab der Politik werden sollte.

Ich denke mir, daß vor allem das Ergebnis – das Ergebnis, das zu den Morden in Wien und vor allem zu den Morden in Berlin geführt hat – zeigt, wie falsch, wie folgenschwer falsch mit der Rechtsstaatlichkeit und der Moral umgegangen wurde.

Es ist bemerkenswert, wie verschieden dieser Umgang im Außenministerium, im Justizministerium und im Innenressort war. Es ist irgendwie bezeichnend, daß das Außenministerium, das – ich sage das jetzt durchaus als Unterstellung, widerlegen Sie es mir, ich warte darauf – in einer Mischung aus wirtschaftlichen Interessen und der sogenannten Staatsräson handelte. Das Wort "sogenannte" unterstreiche ich dreimal, weil das in einem solchen Zusammenhang ein wohl sehr mißbrauchter Begriff wäre. Das Justizministerium – das hat ein Journalist sehr gut formuliert – sah sich als "williger Vollstrecker", und die Polizeibehörden sind Disziplin ohnehin gewöhnt. Auch das ist bezeichnend: Diese Menschen werden daran gewöhnt, diszipliniert zu agieren, nicht zu widersprechen und nicht zu hinterfragen. Was vorgegeben ist, hat erfüllt zu werden. Das ist der Geist, der dahintersteht und der zu diesem Ergebnis geführt hat. Deswegen müßten wir heute im Lichte der Folgen klüger, offener, bereiter geworden sein, alles offenzulegen. Das ist nämlich die massive Schädigung unserer Glaubwürdigkeit, so zu tun, als wäre es nicht notwendig, noch einmal darüber zu reden: von der Frau Fekter angefangen bis zum Bundespräsidenten; da haben wir sozusagen die volle Bandbreite.

Wenn Sie glauben, daß alles in Ordnung war, dann lassen Sie doch einen Untersuchungsausschuß zu! Es muß doch auch in Ihrem Interesse sein, die Glaubwürdigkeit dieses Staates wiederherzustellen, die Glaubwürdigkeit der politischen Entscheidungsträger, der Beamten und der Verwaltung! Wir wollen doch, daß unsere Bürger Vertrauen in diese Verwaltung und in diese Politik haben. Warum tun Sie nichts dazu? Wenn Sie glauben, daß Sie nichts zu verstecken haben, dann lassen Sie einen solchen Untersuchungsausschuß zu, um das auch tatsächlich zu beweisen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wenn ich davon rede, daß die Glaubwürdigkeit der Politik schlechthin auf dem Spiel steht, dann möchte ich auch die derzeitige Außenpolitik dem Iran gegenüber einer Kritik unterziehen. Ich


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meine, daß die Vorgangsweise, am 11. April die EU-Botschafter ins eigene Land zurückzubeordern und zwei Wochen später wieder zurückschicken zu wollen, eine falsche ist.

Wir haben im Hauptausschuß einen Antrag auf einen Dreistufenplan gestellt, einen Dreistufenplan, der durchaus einen kritischen Dialog zulassen soll, aber unter bestimmten Bedingungen, auch unter der Mindestbedingung, daß der Iran zu kooperieren bereit ist, wenn es darum geht, Morde aufzuklären. Die nächste Stufe wäre die Führung eines kritischen Dialoges. Wenn der Iran dazu nicht bereit ist, dann wäre das eine Alibiaktion, die nichts wert wäre. Dann müßte man zum nächsten Schritt übergehen, nämlich zu Wirtschaftssanktionen – und letztendlich zum Abbruch diplomatischer Beziehungen.

Wie wollen Sie denn in dieser Welt etwas ändern, wenn Sie überhaupt nicht bereit sind, auch nur einen einzigen Akt zu setzen, der für das andere Land spürbar ist? Darum kritisiere ich, wie sowohl Österreich innerhalb der EU als auch die EU selber sich in dieser Frage verhalten haben. Wir hätten ein Interesse daran haben müssen, dort anders zu agieren, um das zu erreichen, was jetzt – allerdings über den Weg des Iran, für den Deutschland und Dänemark nun unerwünscht sind – geschehen ist. Plötzlich konnten wir die Botschafter nicht hinschicken. Das war ein Armutszeugnis! Das wollte ich auch noch gesagt haben!

Herr Außenminister! Bezüglich der Glaubwürdigkeit unseres Landes möchte ich noch rasch zwei Punkte anschneiden, wiewohl der Schwerpunkt unserer Anfrage beim Thema "Untersuchungsausschuß" liegt.

Wenn Österreich glaubwürdig und berechenbar sein möchte – auch in seiner Außenpolitik –, dann kann es nicht mit zwei Zungen sprechen, dann kann es nicht zwei unterschiedliche Arten von Außenpolitik betreiben. Es geht nicht an, daß Sie Ihren Kopf durchsetzen und meinen, Sie können überall hinfahren und das Ansehen Österreichs insofern beschädigen, als die Linie, die Sie vertreten, in diesem Haus nur von einer Minderheit getragen wird. Ich verlange, daß Sie sich erstens mit Ihrem Regierungspartner abstimmen und daß Sie zweitens das Parlament informieren, bevor Sie derart weitreichende Schritte setzen. Das ist notwendig für die Glaubwürdigkeit unseres Landes! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Bei der Frage der Glaubwürdigkeit unseres Landes schiene es uns notwendig zu sein, auch noch den letzten Punkt anzuschneiden. Dafür sind Sie, Herr Außenminister, nicht verantwortlich. Es geht um den Selbstmord eines Menschen, der Unterlagen hinterlassen hat, in denen er schwere Vorwürfe gegen Regierungsmitglieder und gegen die Verfilzung von Wirtschaft und Politik erhebt. Ich halte es für notwendig, daraus Konsequenzen zu ziehen, sodaß solche Vorwürfe gar nicht entstehen können – egal, ob sie nun zutreffen oder nicht. Man sollte die Spielregeln und die Rahmenbedingungen so gestalten, daß sich die Politik aus der Wirtschaft, insbesondere aus dem Bankenbereich, zurückziehen muß.

Aus diesem Grund wollen wir von Ihnen, Herr Außenminister, folgendes wissen: Wie sind Sie im Ministerrat vorstellig geworden – wenn ich dieses altmodische Wort verwenden darf –, um in dieser Frage etwas in Bewegung zu setzen? Wie sehr sind Sie bereit, allfällige Maßnahmen auch auf Ihre Bereiche – auf jene, die von der ÖVP dominiert sind – auszudehen? Oder geht es auch hier nur darum, beim anderen etwas zu kritisieren, die eigenen Spielwiesen aber zu erhalten?

Das alles hängt mit der Rechtstaatlichkeit und Glaubwürdigkeit Österreichs zusammen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Sie haben heute die Chance, einen Beitrag zu deren Wiederherstellung zu leisten! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

15.23

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Danke, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Sie haben mir 60 Fragen gestellt, aber Sie werden trotzdem verstehen, daß ich am Anfang versuchen möchte, das Umfeld ein bißchen


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auszuleuchten, damit man nicht an den Details alleine hängenbleibt. Danach werde ich – so gut es geht – auf die 60 Fragen einzugehen versuchen, obwohl ein Teil davon sicherlich nicht den Aufgabenbereich des Außenministeriums betrifft. Das haben Sie jedoch ohnedies in Ihrer Eingangsrede selbst zugegeben. Ich werde dennoch versuchen, umfassend, so gut es eben geht, dazu Stellung zu nehmen.

Die Kurden-Problematik ist ein schmerzhaftes Kapitel der Menschheitsgeschichte. Die Kurden sind ein Volk, das derzeit auf vier Staaten verstreut ist: Syrien, Iran, Irak und die Türkei. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: In gewissen Köpfen ist das etwas Schönes, eine Art multikulturelle Gesellschaft!) Sie kämpfen seit Jahrzehnten um Autonomie, um einen eigenen Staat – manchmal mit gewaltfreien, manchmal aber auch durchaus mit gewaltsamen Mitteln.

Es hat einige Kontakte zwischen Regierungen und Kurdenführern gegeben. Letztere haben das Problem, daß sie untereinander in der Regel nicht ganz einig, sondern eine relativ zersplitterte Gruppierung sind. Ein solches Gespräch hat am 13. Juli 1989 in Wien stattgefunden. Dabei handelte es sich um ein sogenanntes konspiratives, das heißt nicht offizielles Gespräch. Niemand hat also offiziell etwas davon gewußt.

Ich sage das in diesem Hause so deutlich, da damals sofort nach den Morden die Frage gestellt wurde, warum die österreichischen Sicherheitsbehörden dieses Treffen nicht besser schützen konnten. Die Antwort ist sehr leicht: Weil es ein vertrauliches Treffen war, um das niemand gewußt hatte. Die iranische Botschaft hat danach sogar behauptet, sie wäre nicht informiert gewesen – darüber kann man natürlich lange diskutieren.

Der damalige Kurdenführer, der Vorsitzende der Demokratischen Partei Kurdistans, Dr. Ghassemlou, sowie zwei seiner Mitarbeiter oder Vertrauten trafen sich mit drei iranischen Verhandlern. Es wurde inoffiziell signalisiert, daß diese drei iranischen Verhandler mit Wissen und mit einer gewissen Autorisierung der iranischen Regierung mit Ghassemlou verhandelt haben.

Das Ergebnis kennen wir: Es hat in einem Blutbad geendet. Die drei Kurden – einer von ihnen war übrigens österreichischer Staatsbürger – wurden erschossen. Von den drei Attentätern – wie wir heute, da der "Krimi" mittlerweile bis zur letzten Seite gelesen ist, wissen – ist der erste sofort geflohen. Er war nie greifbar und ist sofort auf nicht bekannte Art und Weise ausgereist. Der zweite lag zunächst schwer verletzt im Spital und ist nach seiner Entlassung offiziell ausgereist – ich komme später noch darauf zurück –, und der letzte hat vorerst behauptet, er wäre nicht dagewesen, er hätte Essen geholt. Am Anfang war der Tatverdacht auch nicht unmittelbar gegeben, denn er hat letztlich die Polizei zum Tatort geführt. Dann allerdings ist er in die Botschaft geflohen, war dort vermutlich auch einige Monate beheimatet und ist danach – ebenfalls auf nicht geklärte Art und Weise – ausgereist.

Diese Geschichte ist sicher kein Ruhmesblatt für die österreichischen Behörden und für die österreichische Politik, aber: All diese Dinge, all diese Umstände sind vor acht Jahren bereits in großer Ausführlichkeit diskutiert worden und in allen Zeitungen gestanden. Ich habe mir solche Akten durchgelesen (der Redner zeigt mit Daumen und Zeigefinger die Dicke der Akten) – man hat das ja nicht alles gegenwärtig. Sämtliche Aktenvermerke, die heute als "höchst vertraulich" den Zeitungen zugespielt werden und dort kursieren, sind damals im Faksimile bereits abgedruckt gewesen. Der Gerichtsakt ist frei zugänglich oder jedenfalls sehr breit zugänglich, alles ist bekannt. Nicht ein einziges Faktum, das seither aufgetaucht ist, ist neu.

Neu ist eines, nämlich der Prozeß eines deutschen Gerichtes. Das Kammergericht in Berlin hat einen ähnlich gelagerten Fall aus dem Jahr 1992 untersucht, als in einem griechischen Restaurant ebenfalls drei Kurden ermordet wurden. Dort konnten die drei Attentäter gefangengenommen werden. Es begann unter größten Sicherheitsmaßnahmen – 3 000 Sicherheitskräfte haben diesen Prozeß überhaupt ermöglicht – eine minutiöse Recherche. Das Kammergericht hat nach monatelangen Verhandlungen, Zeugeneinvernahmen, vielen Beweisstücken und Indizienbeweisen ein Urteil gefällt. Ein unabhängiges Gericht also hat ein Urteil gefällt, das höchst bemerkenswert ist.


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Dieses Urteil hat im Kern die Verwicklungen bis in die höchste iranische Staatsspitze bewiesen. (Abg. Dr. Schmidt: Das habe ich vorgelesen!) Der Indizienbeweis lautet:

"Zu (den) wichtigsten Aufklärungsobjekten ... gehörte die DPK-I, wie sich aus einem Fernsehinterview des iranischen Ministers für Information und Sicherheit ... ergibt. Um diese Stimme zum Schweigen zu bringen, faßte die politische Führung Irans den Entschluß, die Führung der DPK-I nicht nur politisch zu bekämpfen, sondern zu liquidieren. Die Tötung des damaligen Vorsitzenden Ghassemlou und zwei seiner Vertrauten ... in Wien, sowie die hier" – nämlich in Berlin – "abgeurteilte Tat sind Folgen dieses Entschlusses. Der rote Faden, der die Geschehnisse von Wien und Berlin verbindet, ist unübersehbar."

Die EU hat darauf sofort reagiert. Wir haben, da dieses Urteil absehbar war, schon vorher – höchst vertraulich und nicht in der Öffentlichkeit publiziert – im Kreis der EU-Außenminister darüber geredet und mit 10. April 1997, also jenem Tag, an dem das Urteil des Kammergerichtes publiziert wurde, die sofortige Rückberufung der Botschafter zu Konsultationszwecken veranlaßt, um die künftigen Beziehungen Europas mit dem Iran zu erörtern.

Dann kam der Hauptausschuß des Parlaments – Sie selbst haben auf diese Diskussion hingewiesen. Es gab dort eine breite Mehrheit für eine gemeinsame Linie, nämlich daß der österreichische Regierungsvertreter – also ich – in den zuständigen Gremien der Europäischen Union folgende Maßnahmen erkämpfen soll:

Erstens: Volle EU-Solidarität; gemeinsames Vorgehen der Union, insbesondere in der Frage der Rückkehr des österreichischen Missionschefs nach Teheran.

Zweitens: Überprüfung weiterer Maßnahmen gegenüber dem Iran. Dabei sollen jedoch Schritte vermieden werden, die eine weitere Eskalation oder den Abbruch jeder Gesprächsbasis mit dem Iran zur Folge haben könnten, da eine völlige Isolation des Iran zu einer weiteren Radikalisierung führen würde, welche nicht im Interesse der Europäischen Union ist.

Drittens: Verhängung eines Waffenembargos und Ausweisung derjenigen iranischen Personen, die in begründetem Verdacht stehen, nachrichtendienstliche Tätigkeiten auszuüben.

Eine Woche später, am 29. April 1997, gab es auf EU-Ebene eine lange Diskussion über die weitere Vorgangsweise. Ich ersuche Sie um Fairneß und auch um Gerechtigkeit in der Sache, denn das, was wir – und, wie ich auch betonen möchte, der österreichische Vertreter im besonderen – dort erreicht haben, geht über das, was im EU-Hauptausschuß des Parlaments diskutiert wurde, hinaus.

Wir waren damit ziemlich allein. Man kann hier oder auch im Hauptausschuß relativ leicht darüber reden, was man alles durchsetzen soll. Unter den 15 EU-Mitgliedern waren in Wirklichkeit Österreich und ein, zwei andere Mitgliedsländer – sicherlich Deutschland und Großbritannien – ziemlich die einzigen auf weiter Flur. Und wir haben darum gekämpft, daß es zu schärferen substanziellen Beschlüssen kommt. Ich war es, der erzwungen hat, daß das Ganze nicht ein stilles Begräbnis im politischen Komitee erfährt, sondern im Ministerrat diskutiert und um substanzielle Beschlüsse angereichert wird. Ich brauche mich daher von niemanden über Menschenrechte und politische Kultur belehren zu lassen, Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Erklärung der EU-Außenminister hat Substanz, und ich kann das gerne auch den Parlamentsklubs zur Verfügung stellen. Bevor ich nach Luxemburg gereist bin, habe ich mir die Mühe gemacht, alle Fraktionen zu kontaktieren, und ich habe ihnen mitgeteilt, daß ich zwar erwarte, daß wir mit unseren Forderungen alleine bleiben werden, aber trotzdem alles probieren möchte. – Ich habe somit alle vollinhaltlich informiert und ohnehin nicht erwartet, daß ich dafür Rosen gestreut bekomme. Das ist meine politische Verantwortung, die ich auf mich nehme.

Aber ich habe alle Fraktionen informiert und glaube, daß das, was wir erreicht haben, weit mehr ist als das, was am Anfang zu erwarten gewesen ist. – Wir haben sichergestellt, daß der "kritische Dialog" beendet wird. Wir haben sichergestellt, daß es keine bilateralen Besuche auf


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Ministerebene in den Iran oder von iranischer Seite geben wird. Wir haben das Waffenembargo bekräftigt. Es werden für iranische Bürger, die in Intelligence- oder Security-Functions sind, keine Visa mehr ausgestellt. Das heißt, daß Österreich das Visa-Abkommen, das Sichtvermerksabkommen mit dem Iran, aufkündigen muß, denn andernfalls sind derartige Maßnahmen nicht denkbar. Es wird eine konzertierte Aktion gegen iranische Agenten geben. Es wird weiters ein Monitoring der politischen Direktoren geben, damit die innere Situation im Iran wirklich beobachtet wird. Wir haben die assoziierten Länder, die mittel- und osteuropäischen Länder, Zypern und die EFTA-Staaten eingeladen, mit diesen Maßnahmen mitzugehen.

Die Reaktion des Iran war ernüchternd. Für mich hatte in dieser Frage – gestützt auch auf den Beschluß des Hauptausschusses – die EU-Solidarität natürlich Vorrang, aber ich habe in der Ministerrunde auch als einziger zu bedenken gegeben, daß sich die Rücksendung der Botschafter als Fehler herausstellen könnte. Die Reaktion des Iran, in der die Rückkehr des dänischen und des deutschen Botschafters als "unerwünscht" bezeichnet wurde, hat meine Einschätzung der Lage eigentlich voll bestätigt. Daher war Österreich – noch bevor die niederländische Präsidentschaft aufgefordert hat, die Botschafter nicht hinunterzuschicken – das erste Land, das sich selbstverständlich mit allen 15 Mitgliedstaaten solidarisch erklärt hat und den Botschafter im Lande beließ. Ich halte dieses Prinzip für richtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Gericht in Berlin hat – das möchte ich an dieser Stelle ganz offen sagen – mutig geurteilt, das ist gar keine Frage. Es hat klargestellt, daß es eine Verflechtung Staat – Terrorismus nicht geben darf. Die Solidaritätsaktion der Europäischen Union zeigt, daß die 15 Mitgliedsländer dieses Signal auch verstanden haben und versuchen wollen, es in der konkreten Politik umzusetzen.

Wir werden uns, auch wenn die Botschafter nicht dort sind, nicht davon abhalten lassen, nach Kräften darauf zu drängen, daß der Iran öffentlich und deutlich zur Respektierung der Menschenrechte aufgefordert wird. Wir werden immer wieder verlangen, daß die Sicherheit von Salman Rushdie oder Gerechtigkeit für Faras Sarkouhi gewährleistet wird. Wir werden uns nicht davon abhalten lassen, weiter die Rechte der religiösen Minderheiten, insbesondere der Religionsgemeinschaft der Baha’i, einer besonders friedlichen Gruppe, die im Iran bitter unterdrückt wird, einzufordern. Wir werden nicht aufhören, darauf zu drängen, daß der Iran auch im Nahost-Friedensprozeß eine konstruktive Rolle spielt, und wir werden darauf bestehen, daß der Iran die Aktivitäten gegen iranische Oppositionelle im In- und Ausland beendet.

Ich weiß, daß auch viele Kräfte im Iran das Ganze ähnlich sehen. Glauben Sie ja nicht, daß der Iran so monolithisch ist, wie die politische Führung es glauben zu machen versucht. Alle Maßnahmen der Europäischen Union und Österreichs sollen eines bewirken, nämlich daß die gemäßigten Kräfte des Iran gestärkt werden, auf diesem Weg gemeinsam mit uns und mit Europa voranzugehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ohne oder gegen den Iran wird in dieser Region kein dauerhafter Friede möglich sein. Wenn Sie in Afghanistan Frieden wollen, dann muß der Iran mitspielen. Unterschätzen Sie die wachsende Bedeutung des Iran in den islamischen zentralasiatischen Staaten nicht! Vergessen Sie nicht, daß im Libanon erst mit Einbeziehung des Iran eine gewisse Beruhigung, vor allem der Hisbollah-Fraktion, möglich gewesen ist.

Ich halte in all diesen Bereichen vor allem die Gespräche mit den konstruktiven Kräften für wichtig und weiß mich da – ich sage das ganz offen und ausdrücklich – eines Sinnes mit meinem Freund und Amtsvorgänger Alois Mock, der eben diesen Weg, nämlich klare Sprache nach außen bei gleichzeitiger Stärkung der gemäßigten Kräfte in den fundamentalistischen Ländern, immer forciert hat. Er war es, der 1993 zum ersten Mal den Dialog zwischen Christentum und Islam begonnen hat. Es waren dort natürlich nicht die politischen, sondern die intellektuellen und religiösen Führer dabei, von denen man annehmen kann, daß sie Reputation haben, aber auch gemeinsam etwas für das 21. Jahrhundert bewegen wollen. In 14 Tagen werde ich die Freude haben, diesen Dialog in einer zweiten Konferenz in Wien fortsetzen zu können. Ich möchte Alois Mock dafür danken.


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Wenn in Ihrer Rede vielleicht manches Mal der Eindruck erweckt wurde, es hätten österreichische Regierungsmitglieder quasi gemeinsame Sache mit Staatsterroristen gemacht, so bitte ich das Hohe Haus, zu verstehen, daß ich der Öffentlichkeit gegenüber diese Anschuldigungen zurückweisen muß – ganz gleich, ob es nun Alois Mock, Egmont Foregger oder Franz Löschnak betrifft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Schmidt: Dann lassen Sie uns prüfen!)

Der beste Beweis dafür, daß Österreich nicht gemeinsame Sache mit dem Staatsterrorismus macht, machen will und nie machen wird, ist, daß Österreich in der Gegenwart mutiger und schärfer vorgeht als so manch anderer, der es sich leichter richten könnte, daß wir volle Solidarität mit den deutschen und dänischen Kollegen geübt haben und daß wir letztlich auch mehr erreicht haben, als vielleicht mancher am Anfang angenommen hat.

Wir wollen aufklären – gar keine Frage. Frau Doktor Schmidt! Nehmen Sie nur bitte folgendes zur Kenntnis: Es gibt mehrere Wege, zu einer rückhaltlosen und umfassenden Aufklärung zu kommen. Ich respektiere Ihren Wunsch nach einem parlamentarischen Forum. Aber es gibt in diesem Haus noch andere Meinungen. Auch sollte man auf eine weitere Parallele hinweisen: Auch in Berlin hat nicht ein parlamentarisches Gremium, sondern die unabhängige Justiz aufgeklärt. (Abg. Ing. Langthaler: Bei uns haben Sie die Täter laufenlassen!)

Frau Abgeordnete Langthaler! Ich würde an Ihrer Stelle erst einmal abwarten, was die Untersuchung der unabhängigen Justiz, der das gesamte Aktenmaterial der Ministerien zur Verfügung steht, herausbringt. Alle fünf Fraktionen werden die Berichte rückhaltlos bekommen, und Sie haben jedes Recht, die Ergebnisse natürlich auch politisch zu bewerten, wie Sie wollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Barmüller: Wir wollen aber auch die Unterlagen sehen!) Natürlich! Sie werden alle Berichte bekommen, das ist überhaupt keine Frage.

Frau Abgeordnete Schmidt! Wenn Sie schon mir gegenüber skeptisch sind, erlauben Sie mir, einen Brief vorzulesen, der für Sie vielleicht von besonderem Interesse ist.

Ich kann die Behauptung, unter allen befaßten Ministerien herrschte totaler Konsens, die Kurden-Mörder möglichst rasch außer Landes zu schicken, nicht unwidersprochen lassen. Natürlich gab es keine wie immer geartete Absprache dieser Art zwischen den befaßten Beamten oder gar – wie Sie meinen – zwischen den Ressortchefs. Was meinen eigenen Minister betrifft, kann ich mit Sicherheit ausschließen, daß Dr. Mock eine solche widerrechtliche Vorgangsweise geduldet oder gar angeordnet hätte – und ich schließe auch gleich Franz Löschnak mit ein.

Die Wirklichkeit ist weniger romantisch als eine solche Verschwörungstheorie.

"In der kurzen Zeit, in der zwei der drei vermutlichen Mörder für die österreichischen Behörden greifbar waren, konnte sich der unabhängige Untersuchungsrichter nicht dazu entschließen, einen Haftbefehl wegen Mordverdachts zu erlassen." – Das war es. Erich Schmid, Botschafter außer Dienst. Damals politischer Direktor, heute außenpolitischer Berater und Bezirksrat des Liberalen Forums. Er wäre eigentlich der erste, der Ihnen Argumente geben müßte, daß diese Anschuldigungen haltlos sind. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun, meine Damen und Herren, zur Beantwortung der 60 verschiedenen Fragen.

1. Frage: Wann wurde das Außenministerium über die Morde am 13. Juli erstmals informiert? – Die Antwort: am nächsten Tag.

2. Frage: Wann ist die iranische Botschaft erstmals mit dem Außenministerium in Kontakt getreten und welches Ersuchen wurde dabei gestellt? – Antwort: am 14. 7. Die Anliegen waren Aufklärung über Aufenthaltsort und Befinden des verschwundenen Ajvadi – das ist der dritte Täter, der von Anfang an weg gewesen ist –, Besuch beim verletzten Sahraroodi im Krankenhaus sowie Entlassen des verletzten Bozorgian aus dem Polizeigewahrsam.

3. Frage: Wie oft hat die iranische Botschaft oder das iranische Außenamt mit dem Minister oder sonstigen Vertretern zwischen Juli und Ende des Jahres 1989 Kontakt aufgenommen?


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Herr Vizekanzler! Es ist selbstverständlich das Recht, alle Anfragen zu verlesen. Ich mache nur darauf aufmerksam: Sie sind nicht dazu verpflichtet, weil die Anfragen schriftlich verteilt worden sind, so wie es die Geschäftsordnung vorsieht. Aber wenn Sie wollen, können Sie sie selbstverständlich verlesen.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel (fortsetzend): Ich habe mir gedacht, daß damit ein bißchen klarer wird, worauf sich die Anfrage bezieht. Aber ich kürze ohnehin.

Also zur 3. Frage:

Nach meinen Recherchen – das kann unter Umständen unvollständig sein –, nach dem, was bei uns im Außenministerium aktenmäßig dokumentiert war, hat es in diesem Zeitraum 16mal Kontakte gegeben, und zwar nicht mit dem Minister – nie mit dem Minister! –, sondern mit diversen Abteilungsleitern, Sektionsleitern, politischer Direktor et cetera. Und entsprechend häufige Kontakte hat es natürlich auch zwischen der österreichischen Botschaft in Teheran und dem iranischen Außenministerium gegeben.

Die 4. Frage: Haben die Vertreter des Iran verlangt, daß der Haftbefehl gegen Bozorgian aufgehoben und Sahraroodi und Bozorgian die Ausreise gestattet wird? – Ich darf wieder ein bißchen präzisieren, denn das wird immer vermischt: Sahraroodi und Bozorgian. Wahr ist: Bevor Sahraroodi ausgereist ist, nämlich am 22. Juli, gab es überhaupt keinen Haftbefehl gegen ihn. Und das hat auch einen Grund: Der Mann war schwerverletzt. Ich habe die Zeitungsberichte da. Ich lese Ihnen nur aus der "Kronen Zeitung" folgenden Bericht vor: "Der vierte Mann" – das war Sahraroodi – "hatte unwahrscheinliches Glück. Ein Projektil, das gegen seinen Kopf abgefeuert worden war, wurde durch die Zähne abgelenkt und trat bei der Wange aus. Durch die tiefe Fleischwunde dachten die Mörder, daß das bewußtlos zusammengebrochene Opfer ebenfalls tot sei, und flüchteten nach dem Massaker."

Also daß Sahraroodi innerhalb der ersten Woche nicht sofort als Mittäter identifiziert werden konnte und bis zur Ausreise kein Tatverdacht und daher auch kein Haftbefehl bestanden hat ... (Abg. Hans Helmut Moser: Fragen Sie Herrn Minister Löschnak! Das stimmt nicht!) – Herr Abgeordneter Moser, ich nehme an, Sie werden dann ohnedies noch reden. Darf ich, ohne jetzt schreien zu müssen, meine Anfragebeantwortung fortsetzen? Ich will ja nur erklären, warum bei Sahraroodi kein Haftbefehl vorgelegen ist. Es sind auch dem Außenministerium keine Verdachtsmomente bekannt gewesen.

Das iranische Verlangen nach Aufhebung des Haftbefehls gegen Bozorgian – das ist richtig – wurde in mehreren Gesprächen in Wien, aber auch in Teheran vorgetragen, vor allem in der Zeit bis Mitte August 1989 vom Außenministerium. Auch das ist aktenkundig klar nachgewiesen. In jeder Besprechung haben die Beamten, ob politischer Direktor, ob Abteilungsleiter, ob Vizesektionschef, auf die Unabhängigkeit der Justiz und der Gerichte hingewiesen. Ich halte das auch für die einzig mögliche Reaktion. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit, daß ein ausländischer Botschafter kommt und seine Anliegen, seine Beschwerden, auch seine Drohungen bekanntgibt. Dies ist zurückzuweisen, und es ist klar darauf hinzuweisen, daß es eine unabhängige Justiz gibt, auf die niemand, schon gar nicht das Innen- oder das Außenministerium, Einfluß nehmen kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Damit zu den Fragen 6, 7 und 8:

Von iranischer Seite wurde in einigen Fällen davon gesprochen, daß die Beziehungen durch diese Angelegenheit belastet sind. Zum Beispiel hat der iranische Botschafter am 20. Juli darauf hingewiesen, daß das iranische Volk – das ist die übliche Drohung – durch die österreichischen Medienberichte irritiert sei – weil ja vermutlich jeder Iraner täglich die österreichischen Medienberichte gegenwärtig hat – und sich zu Feindseligkeiten hinreißen lassen könnte. Der politische Direktor hat jedesmal auf die Unabhängigkeit der Gerichte verwiesen und iranische Äußerungen über angeblichen antiiranischen Druck auf Österreich zurückgewiesen.


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Am 30. November – das wurde auch später noch einmal gefragt – meinte ein Sprecher des iranischen Außenministeriums gegenüber dem österreichischen Geschäftsträger in Teheran, daß die Angelegenheit außer Kontrolle geraten könnte, sobald das Thema der Polizeiaktion in Wien – da ging es um die Umstellung der iranischen Botschaft – der iranischen Presse bekannt sei. Daraufhin teilte der Leiter der Rechtssektion im Außenministerium dem iranischen Botschafter mit, derartige Äußerungen würden die Beziehungen zwischen den beiden Ländern ernstlich beeinträchtigen. Der Iran hätte eine völkerrechtliche Verantwortung für die Sicherheit der österreichischen Botschaft in Teheran.

Mock hat in einem einzigen Schreiben – es gibt dann noch ein Telegramm – an Außenminister Velayati aus diesem Anlaß ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die österreichischen Justizbehörden ihre Tätigkeit strikt aufgrund der Gesetze und in völliger Unabhängigkeit von der Verwaltung durchführen würden. Die Bundesministerien für Inneres und für Justiz wurden immer wieder routinemäßig und, wie ich meine, selbstverständlich zu Informationszwecken über iranische Äußerungen informiert. Eine Beeinflussung der genannten Ressorts hat nicht stattgefunden.

Zur Frage 9: Haben der damalige Bundesminister oder Generalsekretär Klestil Weisungen erteilt? – Die klare Antwort ist: Nein.

Frage 10: Gab es in irgendeiner Weise offiziell oder inoffiziell Drohungen? Hier heißt es: Wurde die Noricum-Affäre zur Sprache gebracht? – Klare Antwort: Nein, Frau Abgeordnete Schmidt.

11. Frage: Aus welchem Grund wurde am 16. Juli eine Abmachung zwischen dem Außenamt und dem iranischen Botschafter geschlossen, daß Bozorgian zwar zu einer Einvernahme der Polizei überstellt wird, dann aber zurückkehren dürfe? – Die Wahrheit sieht wieder etwas anders aus: Das Bundesministerium für Inneres hat dem Außenamt am 15. Juli mitgeteilt, daß die Staatspolizei Bozorgian dringend für weitere Einvernahmen benötige. Als Voraussetzung für eine solche Einvernahme hat die iranische Botschaft die Rückkehrmöglichkeit des Genannten in die Botschaft verlangt. Daraufhin hat der politische Direktor Schmid – Ihnen bestens bekannt – gefragt, ob das möglich ist. Das Innenministerium hat seine Zustimmung gegeben. Es wurde dies der iranischen Botschaft mitgeteilt. Diese Bedingung wurde offensichtlich auch in der Erkenntnis akzeptiert, daß ansonsten keine Befragung Bozorgians stattfinden könnte. Das Faktum des Haftbefehls ist selbstverständlich dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten mitgeteilt worden. Es gibt aber auch in der Strafprozeßordnung eine klare Bestimmung, daß eine solche Einvernahmemöglichkeit gegeben ist und daß dafür kurzzeitig ein Haftbefehl aufgehoben werden kann. – Das zu den Fragen 11 und 12.

Zur Frage 13:

Das Außenministerium hat überhaupt keine Eskorte zur Verfügung gestellt. Der iranische Botschafter hat mitgeteilt, daß es Morddrohungen gegen Sahraroodi, gegen den zum damaligen Zeitpunkt kein Haftbefehl vorgelegen ist, gibt, und aufgrund dieser Morddrohungen hat es einen entsprechenden Schutz gegeben, damit er das Flugzeug in den Iran nehmen konnte.

Zur Frage 14:

Es liegen uns überhaupt keine entsprechenden zusätzlichen Informationen vor. Im Gegenteil. Nach dem Ministerrat am 25. Juli hat beispielsweise der damalige Innenminister – das ist später, nach der Ausreise von Sahraroodi – mitgeteilt, nach Angaben des Ministeriums seien gegen Sahraroodi keine Verdachtsmomente vorgelegen. Dieser sei stets als Zeuge, nicht als Tatverdächtiger vernommen worden. Seine Einvernahme hätte nichts Gegenteiliges ergeben. Die Ausreise sei durch den zuständigen Untersuchungsrichter genehmigt worden. Also keine Rede davon, daß das Außenministerium da eine besondere VIP-Eskorte zur Verfügung gestellt hätte.

Zur Frage 15:

Wurde das Außenministerium von anderen Ministerien informiert? – Es gab selbstverständlich laufenden Kontakt. Wir sind über die Ermittlungen in dem Ausmaß informiert worden, in dem


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dies für die Arbeit des Außenministeriums notwendig gewesen ist. Wir waren quasi dort, wo notwendig, die Vermittler zwischen dem iranischen Botschafter und den anderen Behörden. Darüber hinaus hat es keine Informationen gegeben.

Zur Frage 16, ob es am 16. Juli ein bestimmtes Treffen zwischen den Ministern Löschnak und Foregger, Klestil und hohen Beamten gegeben hat: Es gibt keinerlei Informationen über ein solches Treffen, weder im Innenministerium noch im Außenministerium. Ich glaube, das ist eine Mystifikation bei Ihren Recherchen.

Zur Frage 17:

Gab es weitere Treffen zwischen dem 13. und 22. Juli zwischen Ministern? – Wir haben keinerlei Informationen darüber. Ich glaube dies auch nicht, denn es war Urlaubszeit. Es hat in diesem Zeitraum auch keinen Ministerrat gegeben. Bei uns gab es jedenfalls nichts und laut Nachfrage im Innenministerium auch nichts.

Zur Frage 18 betreffend die sogenannte Koordinationssitzung zwischen den Ministern Löschnak und Foregger, Klestil und anderen hohen Beamten am 28. Juli und zur Frage, ob Klestil damals eine bestimmte Sprachregelung ausgegeben hat: Ich habe mir diesen Akt genau durchgeschaut, und es kommt das Wort "Sprachregelung" überhaupt nicht vor. (Zwischenruf beim Liberalen Forum.) Auch nicht im Inhalt, Herr Abgeordneter. Es hat eine Koordinationssitzung gegeben. Es war eine Vorbereitungssitzung, weil die beiden Minister Löschnak und Foregger damals eine Pressekonferenz geplant hatten, und selbstverständlich gab es in Vorbereitung ein Gespräch. Ich darf Ihnen vorlesen, was dort gesagt wurde:

"Bundesminister Löschnak stellt fest, daß das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten in keiner Weise für die Aufhebung des Haftbefehls gegen Bozorgian interveniert habe. Botschafter Schmid stellt auf den Hinweis auf eine nicht ganz zutreffende Darstellung in einer Chronologie des Justizministeriums fest, daß seine Zusage nach Rückstellung Bozorgians an die Botschaft erst nach dem diesbezüglichen Einvernehmen mit Bundesminister für Inneres und Gericht erfolgte. Generalsekretär Klestil stellt gegenüber den Anwesenden nochmals klar, daß seitens des auswärtigen Amts keinerlei Intervention und keinerlei Druck gegenüber anderen österreichischen Stellen ausgeübt und auch nicht von einer Gefährdung von Österreichern im Iran gesprochen wurde. Dies wird von allen Besprechungsteilnehmern bestätigt und von Bundesminister Löschnak zur Kenntnis genommen."

Nachher in der Pressekonferenz sind auch all diese Fragen, die Sie hier stellen, zur Sprache gekommen, und es wurde sehr, sehr redlich über den damaligen Stand berichtet. So hat etwa der damalige Innenminister erklärt: Als wir im Innenministerium meinten, Bozorgian nochmals zur Einvernahme zu brauchen, war es notwendig, das Außenamt einzuschalten. Die Vertreter des Bundesministeriums haben glaubhaft versichert, daß die Zusicherung der iranischen Botschaft nicht vor Aufhebung des Haftbefehls erfolgt ist. Foregger pflichtet bei. Die Frage eines Journalisten, ob das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Bedenken wegen Gefährdung von Österreichern im Iran geäußert habe, verneint Löschnak ausdrücklich. Und so weiter.

Ich sage das nur. Das ist also die "großartige" Koordinationssitzung, bei der es "Sprachregelungen" gegeben hat. – Überhaupt nicht! Eine Pressekonferenz wurde vorbereitet, und dort ist ganz vernünftig und redlich aufgrund des Aktenstandes berichtet worden.

Sie stellen dann mit den Fragen 20 bis 23 vier sehr heikle Fragen, heikel deshalb, weil Sie damit Ministerratsprotokolle ansprechen, die es in dieser Form nicht gibt. Ich darf hier erklären, damit das auch des Geheimnisses entkleidet wird: Es gibt vor jeder Ministerratssitzung eine Vorbesprechung. Das ist eine politische Besprechung, an der die Klubobmänner teilnehmen und wo über den aktuellen Stand informiert wird. Dies ist keine Frage der Regierung, daher auch keine Frage der Vollziehung, und es gibt auch kein autorisiertes Protokoll darüber. Im Ministerrat nachher gibt es ein autorisiertes Beschlußprotokoll. Das liegt eigentlich schon außerhalb der Geschäftsordnung, weil ich nicht befugt bin, jetzt authentisch irgend etwas für die Ministerratssitzungen von damals zu erklären. Es ist dies außerdem acht Jahre her. Ich war damals kurz


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Wirtschaftsminister, habe auch mit einigen Teilnehmern an diesen Ministerratssitzungen reden können und kann Ihnen höchstens subjektiv das wiedergeben, was dort besprochen wurde.

Es ist die Angelegenheit dreimal besprochen worden, am 25. Juli, am 22. August und am 28. November. – Die eine Frage ist falsch, denn am 18. Juli gab es überhaupt keine Ministerratssitzung. – In der ersten Sitzung Ende Juli hat der Innenminister meiner Erinnerung nach – aber das ist mein subjektiver Bericht, das kann ein anderer durchaus etwas anders gefärbt darstellen – erklärt, daß die Ermittlungen der Polizei an einem toten Punkt angelangt sind. Gegen den Verletzten gibt es keinen Tatverdacht. Er war zunächst im Spital und ist dann mit einer Linienmaschine in den Iran gebracht worden. Es deutet vieles darauf hin, daß bei den beiden anderen die iranische Botschaft involviert ist. Von seiten des Innenministeriums wurde versucht, Haftbefehle zu erwirken, was beim Untersuchungsrichter mißglückt ist, und dadurch sind die Recherchen ins Stocken geraten. – Das war meiner Erinnerung nach der Bericht, den der Innenminister damals gegeben hat.

Einen Monat später hat dann der Justizminister kurz berichtet. Er hat noch einmal bestätigt, daß zum damaligen Zeitpunkt – bitte, Ende August war das aber! – der Verletzte – das war Sahraroodi – deswegen nicht unter Tatverdacht stand, weil er schwerverletzt war, weil er für die Verständigung der Polizei gesorgt hatte und weil ein Schußhandtest bei ihm negativ verlief. Er wurde als Opfer angesehen und nicht als Täter. Die staatsanwaltschaftlichen Behörden überlegen jetzt, ob sie nicht überhaupt auch den Haftbefehl gegen Bozorgian zurückziehen sollen, und der sechste Teilnehmer ist überhaupt dem Zugriff der Justiz entzogen gewesen.

Abschließend hat dann am 28. November kurz der damalige Justizminister Foregger berichtet, daß ein neues Gutachten nahelegt, daß die bisherigen Überlegungen nicht zutreffen. Es besteht ein nicht unerheblicher Verdacht gegen alle drei Teilnehmer an der damaligen Besprechung.

Ich hoffe, daß ich damit einigermaßen korrekt und geschäftsordnungskonform Ihre Frage beantworten konnte.

Zur Frage 24 kann ich überhaupt nichts beitragen, weil uns kein derartiges Tonbandprotokoll vorliegt. Wir haben auch in keiner Weise interveniert, ein Verfahren niederzuschlagen. Ähnliches gilt für die Frage 25. Über all diese Punkte – das habe ich schon erwähnt – ist immer das Innenministerium, soweit es einigermaßen vertretbar gewesen ist, informiert worden, aber ohne dabei Druck auszuüben.

Zu den Fragen 27 und 29, wieweit man an Bozorgian herankommen konnte, der sich ja noch in der iranischen Botschaft aufgehalten hat: Es wurde die iranische Seite mehrfach darauf hingewiesen, daß es für den Aufenthalt Bozorgians in der Botschaft keine rechtliche Grundlage gebe und daß dieser sich zur Klärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe den Justizbehörden stellen solle. Darüber hinausgehenden Schritten, etwa Sturm auf die Botschaft oder Eindringen in die Botschaft, stehen aber völkerrechtliche Erwägungen entgegen.

Zur Frage 27:

Derartige Überlegungen waren Aufgabe der zuständigen Sicherheitsbehörden und nicht des BMA. (Abg. Dr. Schmidt: Sie haben Frage 25 übersprungen!)  – Ich habe gesagt, wir haben das dem Innenministerium mitgeteilt. Das war die Frage. (Abg. Mag. Barmüller: Was dann? – Abg. Dr. Schmidt: Wie reagiert dann die iranische Botschaft?) – Darf ich mir das noch einmal anschauen? Ich habe jetzt die eine Frage weggelegt. Ich schaue mir das verläßlich noch einmal an.

Zur Frage 30:

Stimmt es, daß Generalsekretär Klestil um den 28. November eine Sachverhaltsdarstellung beim Innenministerium angefordert hat? – Unseres Wissens nicht.

Zur Frage 31 habe ich schon Stellung genommen. Das waren diese Vorsprachen bei unserem Geschäftsträger im Iran, wo vor allem darauf hingewiesen wurde, daß das iranische Volk das


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nicht verstehe, daß die Dinge außer Kontrolle geraten würden und so weiter. Das wurde natürlich auch dem Innenministerium mitgeteilt, aber in keiner Weise mit dem Hinweis: Achtung, da müßt ihr etwas machen!

Zur Frage 32:

Beschwerden und Drohungen sind, wie gesagt, den anderen Ressorts mitgeteilt worden, da ja die Kenntnis des Gesamtbildes auch für die ermittelnden Behörden von Bedeutung gewesen ist. Meistens ist das, bitte, mündlich mitgeteilt worden. Also es gibt da keinen großartigen Akten- oder Briefverkehr oder ähnliches.

Zur Frage 33:

Hat es nach dem 22. Juli – Ausreise Sahraroodis – Kontakte zwischen den Vertretern der verschiedenen Ministerien gegeben, insbesondere zwischen Klestil und dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Danzinger? – Selbstverständlich hat es diese Kontakte gegeben. Der Generalsekretär des Außenamtes hat regelmäßigen Kontakt, ganz unabhängig, ob jetzt irgendein Fall anhängig ist oder nicht, mit dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und entsprechenden hohen Persönlichkeiten aus anderen Ressorts.

Zur Frage 34: Stehen die Weisungen des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit, die Bewachung nur noch "schonend" durchzuführen, und die Entscheidung vom 5. Dezember 1989, die Bewachung weiter zu reduzieren, im Zusammenhang mit Kontakten zum Außenministerium?

Man muß hinzufügen, daß sich der iranische Botschafter einigermaßen aufgeregt gezeigt hat, weil natürlich die Umstellung der iranischen Botschaft sehr unangenehm gewesen ist. Es sind ein Minister und zwei Parlamentsabgeordnete mit vorgehaltener Pistole zur Ausweisleistung angehalten worden, das Botschaftsgebäude ist Tag und Nacht von Scheinwerfern angestrahlt worden – das war unangenehm. Die Polizisten haben sich zum Teil auf die Mauer gesetzt, um auszuspähen, ob man den Verdächtigen sieht.

All diese Dinge sind natürlich in den Gesprächen mit dem Außenamt vorgebracht und dann korrekterweise auch an das Innenministerium weitergeleitet worden. Das Innenministerium hat nach einer gewissen Zeit die Bewachung reduziert, weil man das über einen längeren Zeitraum auch gar nicht aufrechterhalten kann. Es waren am Ende aber immer noch sechs Beamte dort tätig. Wir haben vor allem den Verdacht, daß zu dem Zeitpunkt, zu dem die Bewachung reduziert wurde, der Verdächtige Bozorgian längst ausgereist ist. – Das war zur Frage 34.

Zur Frage 35:

Das wissen wir nicht, weil es ja keine Gerüchte gibt. Wir vermuten, daß das schon früher der Fall gewesen ist.

Zur Frage 36:

Wir haben natürlich, sobald wir das erfahren haben, auf die schwerwiegenden Verdachtmomente hingewiesen, die es gegenüber Bozorgian gegeben hat. Es hat der damalige Generalsekretär Klestil, was vielleicht auch ganz interessant ist und seine Rolle in ein durchaus sehr positives Licht bringt, bei seinem Besuch am 28. Juni 1990 massiv darauf hingewiesen, daß es wichtig wäre, daß sich Bozorgian der österreichischen Justiz stellt. Das wurde aber von seiten der iranischen Behörden abgelehnt.

Zur Frage 37:

Ich glaube, ich habe es sehr klar mit Nein beantwortet, daß irgendein Mitglied der Bundesregierung oder ein Beamter bewußt oder unbewußt dazu beigetragen hat, die Mörder entkommen zu lassen.

Zur Frage 38:

Das ist eine interessante Frage, ob wir einen Zusammenhang zwischen den Menschenrechten und den jetzt angeblich gestiegenen Wirtschaftsbeziehungen sehen. – Frau Abgeordnete


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Schmidt, ich würde wirklich bitten, daß man, wenn man eine solch ungeheure Verdächtigung ausspricht, daß für einen österreichischen Minister, einen hohen Beamten oder wen auch immer Menschenrechte weniger wichtig sind als wirtschaftliche Beziehungen, doch von einigen Mitarbeitern zumindest die realen Fakten erheben läßt – wenn man schon nicht annimmt, daß es auch bei uns, bei den Regierungsfraktionen, moralisch gesinnte Menschen gibt. Wenn man das recherchieren würde, dann würde man nämlich auf folgende Fakten stoßen:

Im Jahr 1990 hatten wir 3,8 Milliarden Exporte, in den Jahren 1991, 1992 waren es 4 Milliarden, im Jahr 1993 nur mehr 3,3 Milliarden, 1994: 2,7 Milliarden und 1995: 1,7 Milliarden. Importiert haben wir 1,2 Milliarden, und diese Zahl ist gesunken auf sage und schreibe heute 458 Millionen Schilling. – Also bitte, von einer großartigen wirtschaftlichen Beziehung Österreichs bei 1,7 Milliarden Schilling Exporten im vorigen Jahr, und das bei einem Außenhandelsvolumen von sage und schreibe 1 200 Milliarden Schilling, zu reden, ist ja einfach lächerlich! Also wenn Sie schon nicht an die Moral der Österreicher glauben, dann doch an die Intelligenz. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Öllinger: Die Zahlen!) Das ist überprüfbar. Alle Zahlen, die ich nenne, haben den furchtbaren Vorteil oder Nachteil, wie immer Sie es sehen wollen, daß sie relativ leicht überprüfbar sind. (Abg. Öllinger: 89!)

Zur Frage 39:

Wie schon erwähnt, wurde dem Rechtshilfeansuchen Österreichs an den Iran vom Frühjahr 1990 Nachdruck verliehen durch den Besuch des Generalsekretärs Klestil, der eigens hingefahren ist und versucht hat, den Karren flottzumachen, aber leider bei der iranischen Führung auf Granit gebissen hat.

Zur Frage 40:

Alois Mock hat bei seinem Besuch bei den Vereinten Nationen schon in diesem Jahr, im Jahr 1989, darauf hingewiesen; er hat einen Brief geschrieben, er hat ein Telegramm abgesandt, jedes Mal waren natürlich diese Fragen Gegenstand der Gespräche.

Zur Frage 41:

Bitte um Entschuldigung, aber es ist mir wirklich schwer möglich, jetzt zu recherchieren, bei welchen Staatsbesuchen die Kurdenmorde nicht angesprochen wurden. Ich gehe nach der Aktenlage davon aus, daß all diese Fragen ausreichend und in einer redlichen und würdigen Form besprochen wurden.

Ähnliches gilt für die Frage 42, welche Rolle die Menschenrechtssituation im Iran spielt. Jedes Mal wird auf bilateraler Ebene, aber auch beim kritischen Dialog von seiten der Europäischen Union darauf hingewiesen.

Zur Frage 43:

Ich meine, daß ich in meinen Eingangsworten darauf hingewiesen habe, welche Schlüsse ich aus dem "Mykonos"-Urteil ziehe.

Zur Frage 44:

Ich sehe keine Bedrohung für Österreich. Österreich ist auch durch solche Maßnahmen nicht ernstlich bedroht. Ich sehe aber eine wirkliche Gefahr für die Entwicklung im Iran durch derartige Maßnahmen, was meine Politik stärkt, daß wir mit den gemäßigten Kräften den Dialog suchen sollten und nicht mit den Fundamentalisten.

Zur Frage 45:

Bitte keine Naivität, weder in der Anfrage noch in meiner Antwort. Ich glaube, daß der Maßnahmenkatalog, den wir von seiten der Europäischen Union gestartet haben, ein wichtiges und positives Signal in diese Richtung ist, denn es ist besser, daß die gesamte Europäische Union so reagiert und nicht ein einzelnes Land.


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Zur Frage 46:

Ich sage Ihnen offen, ich halte Wirtschaftssanktionen für kein geeignetes Mittel. Erfahrungsgemäß treffen sie die schwächsten Kreise der Bevölkerung und sicher nicht notwendigerweise diejenigen, die es sich richten können, gleichgültig, ob sie in der weltlichen oder religiösen Führung eines Landes sitzen.

Zur Frage 47:

Ich glaube, diese Frage ist durch den Sanktionsbeschluß der EU bereits beantwortet.

Zur Frage 48:

Aus welchem Grund die EU-Außenminister die Rückkehr der Botschafter beschlossen haben, habe ich bereits erwähnt. Wir haben sie vor allem sofort gestoppt, als die Frage des dänischen und deutschen Botschafters – Frage 51 – von iranischer Seite releviert wurde.

Zur Frage 49:

Eigentlich ist es eine ziemlich abstruse Bemerkung von Velayati, daß er die Absicht, keine Wirtschaftssanktionen zu verhängen, als große Niederlage der USA bezeichnet hat, weil die USA mit uns weder verhandelt noch damit eine Niederlage erlitten hat. Ich meine sogar, daß wir eine weitgehende Annäherung der Linie zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union erreicht haben – sicherlich nicht in der Wirtschaftssanktion, aber in der politischen Bewertung glaube ich das durchaus.

Zur Frage 50:

Ich glaube, daß wir versuchen müssen, all diese Punkte auf jeder Ebene weiter zu relevieren, wie ich es am Anfang gesagt habe. Ich nehme das einfach nicht zur Kenntnis, und wir werden nicht lockerlassen, dies auch gegenüber dem Iran einzumahnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur Frage 52:

Es ist natürlich sehr einfach, jetzt im nachhinein danach zu fragen. Im nachhinein sieht man es, glaube ich, klarer. Ich habe davor gewarnt, trotzdem meine ich, daß es richtig war, die EU-Solidarität aufrechtzuerhalten. Wir haben aber, glaube ich, sofort richtig reagiert, und dadurch ist hier kein Fehler entstanden. Ich meine sogar, daß es ein zusätzliches Signal an den Iran ist, daß jede Maßnahme oder jeder falsche Schritt des Iran klar von seiten der Union mit einer solidarischen Maßnahme beantwortet wird. (Abg. Dr. Schmidt: Frage 51 haben Sie ausgelassen!)

Ehrlich gesagt, über die Motive, warum der Iran zwei Botschafter, den dänischen und den deutschen, als unerwünscht bezeichnet hat und andere nicht, kann ich wirklich keine Auskunft geben. Dazu sind meine Netzwerke in die iranische Führung zu wenig dicht. Wir haben da überhaupt keine Informationen, daher kann ich diese Frage auch beim besten Willen nicht beantworten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber sollten Sie damit meinen, daß sich der österreichische Botschafter durch besonderes Wohlverhalten ausgezeichnet hat, dann würde ich diese Frage mit Nein beantworten, denn bei bestimmten Vorsprachen im iranischen Außenministerium wurde uns sogar gesagt, daß die österreichische Botschaft in Teheran kritisch gesehen wird – wegen unseres Kulturinstitutes, weil dort iranische Oppositionelle aus- und eingehen. Also dieser Verdacht ist wirklich ungerecht, und ich möchte ihn an dieser Stelle sehr klar zurückweisen.

Zu den Fragen 53 bis 57:

Das hat natürlich überhaupt nichts mit der Frage der Vollziehung zu tun. Ich will Ihnen gerne erklären, worum es hier gegangen ist. Ich wurde am 24. April zu einer SHAPE-Tagung im


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NATO-Hauptquartier in Mons eingeladen. Diese Tagung ist keine Verhandlungsrunde. Zu dieser Tagung werden hochrangige Persönlichkeiten aus aller Welt eingeladen, um dort an einem Seminar teilzunehmen – in diesem Fall über die neue NATO.

Mit mir waren Henry Kissinger, früherer amerikanischer Außenminister, und Juri Baturin, der heutige Vorsitzende des russischen Verteidigungsrates, eingeladen. Damit ich das auch ganz klar sage: Jeder dieser Eingeladenen ist natürlich persönlich eingeladen. Er referiert nicht den Standpunkt seiner Regierung, sondern er gibt in einem vertraulichen Kreis seine Meinung wieder. Deswegen wird man ja auch eingeladen.

Sie dürfen mir glauben, daß Henry Kissinger seine Rede nicht mit der heutigen Administration abgestimmt hat – das wäre auch ein wenig seltsam –, und Sie können mir auch glauben, daß Juri Baturin seine Rede nicht mit der Duma abgestimmt hat. Es waren einige sehr interessante Bemerkungen und auch Weichenstellungen enthalten. Es ist dies also eine wichtige Konferenz, an der politische und militärische Spitzenvertreter aus NATO-Ländern und aus allen Teilnehmerländern der "Partnerschaft für den Frieden" teilnehmen. Ich habe entgegen Ihrer Annahme in der Anfrage nicht gebeten, daß Österreich eingeladen wird. Wenn Sie den Text meiner Rede gelesen haben, so müssen Sie zugeben, daß in diesem Zusammenhang das Wort "Österreich" überhaupt nicht fällt – aber Sie schreiben es in der Anfrage.

Ich habe darauf hingewiesen, und das ist objektiv unbestreitbar, daß es eine immer engere Konvergenz gibt zwischen der Europäischen Union, der Westeuropäischen Union, der OSZE und der NATO. Warum sonst, glauben Sie, wird innerhalb der Europäischen Union bei der laufenden Regierungskonferenz von sechs WEU-Staaten der Vorschlag gemacht, in einer angemessenen Frist zu einer völligen Verschmelzung von EU und Westeuropäischer Union zu kommen?

Meine Frage auch in der Regierungskonferenz ist dann immer: Ist das mit der NATO überhaupt abgestimmt? Will das die NATO? Ist es mit den Amerikanern vorbesprochen? Was hat das für institutionelle Konsequenzen zur Folge? – Ich meine daß eine solche Fragestellung wichtig und notwendig ist. Wenn diese verschiedenen Institutionen immer mehr zusammenwachsen, dann ergibt sich daraus zwangsläufig die Notwendigkeit, weiter denken zu müssen als nur bis zum NATO-Gipfel in Madrid.

Es ging also nicht um offizielle Positionen. Ich habe auch klargemacht, wo die Regierungslinie liegt und was meine persönliche Auffassung ist, und ich meine, daß das Referat auf großes Interesse gestoßen ist. Sie können sicher sein, daß die österreichische Bundesregierung hier auch mit einer Stimme spricht.

Wir sind erst in diesen Tagen – heute haben wir es auch im Ministerrat bekräftigt – übereingekommen, daß wir noch früher als ursprünglich geplant, nämlich noch vor dem Sommer, mit der Erarbeitung des Berichts an das Parlament beginnen. Das heißt noch nicht, daß das Ende fixiert ist, aber ich meine, daß die beginnende sicherheitspolitische Diskussion vernünftig ist und eigentlich, wenn wir ehrlich sind, auch recht sachlich geführt wird. Dabei sind Ihre Anmerkungen und Beiträge herzlich willkommen, genauso wie die aller anderen Fraktionen und natürlich auch die der österreichischen Öffentlichkeit. Ich glaube nur, daß wir uns vor einer solchen Diskussion gar nicht fürchten müssen. Sie haben recht, daß Sie in dieser Frage eine gemeinsame Stellungnahme der Bundesregierung einmahnen, und Sie können sicher sein, daß wir am Ende – ich hoffe, im Herbst, vielleicht wird es etwas später sein, das ist noch nicht fixiert – eine gemeinsame Stellungnahme der Bundesregierung auch dem Parlament präsentieren werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu den Fragen 58, 59 und 60:

Ich darf schon sehr klar sagen: Das sind überhaupt keine Fragen, die mit der Amtsführung des Außenministers in irgendeiner Weise zusammenhängen. Ich gebe Ihnen gerne meine persönliche Meinung bekannt.


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Die Frage, ob in der Ministerratssitzung am 29. Mai darüber geredet wurde, kann ich nicht beantworten. Ich war in Luxemburg beim erwähnten Ministerrat der Europäischen Union. Ich habe mich informiert. Es hat der Finanzminister kurz über den Selbstmord Praschaks berichtet und über die Dokumente, die der Öffentlichkeit bekanntgegeben wurden. Eine relevante Diskussion darüber hat es nicht gegeben, weil ja auch der Staat, der Bund, die Republik in keiner Weise an dieser Bank beteiligt ist. Daher hat auch die Regierung in diesem Zusammenhang überhaupt nichts verloren. Heute, am 6. Mai 1997, war dies kein Thema.

Auf die Frage, ob in den erwähnten Ministerratssitzungen Konsequenzen erörtert wurden, ist die Antwort: nein. Ich sage Ihnen aber – das hängt ein bißchen mit der Frage 60 zusammen –, daß ich mit dem Bundeskanzler übereingekommen bin, und zwar schon am 12. Jänner 1997, als ich – ich sage das jetzt hier in meiner Eigenschaft als Parteiobmann der Volkspartei, es ist ja auch eine Frage, die Sie an einen Parteiobmann gerichtet haben – der einzige gewesen bin, der die vollständige Privatisierung thematisiert hat und der damals gewarnt hat vor mancher Konzentration, in die 17 Punkte, die dann auch Basis der Regierungsarbeit geworden sind – damit schließt sich der Kreis –, viele unserer Bedenken aufzunehmen.

Erster dieser 17 Punkte: Die Stimmrechtsanteile der AVZ und der Wiener Holding sollen auf unter 25 Prozent reduziert werden. Ich meine, daß die Gemeinde Wien vor allem mit einem weisungsfrei gestellten Treuhänder, der ebenfalls gefunden wurde und jetzt vertraglich verankert wird, das Ihre noch dazu beitragen muß.

Zweiter Schritt, ganz in Ihrem Sinn, nur haben wir es im Jänner schon verlangt und durchgesetzt: Abgabe der 19 Prozent Bundesanteile an der Bank Austria in möglichst breiter Streuung an Private im Jahr 1997.

Fünfter Punkt: Bereinigung bei Investkredit und Kontrollbank durch Abgabe der CA-Anteile abzüglich der GiroCredit-Anteile und Anbot aller Anteile der GiroCredit durch die AVZ. Das letzte ist bereits erfolgt, die Bereinigung von Investkredit und Kontrollbank steht noch aus, bekräftigt vom Bundeskanzler und von mir, muß gemacht werden – auch der Herr Finanzminister wird sich darum kümmern.

Punkt 14: Die Umwandlung der Wiener Börse in eine Aktiengesellschaft unter Beteiligung der Emittenten, Investoren und Banken ist bereits in Vorbereitung, wie überhaupt 11 der damaligen 17 Punkte bereits durchgesetzt oder in legislativer Vorbereitungsarbeit sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte also abschließend schon darauf hinweisen, daß Sie damals zu jenen gehört haben – wie auch andere politische Gruppierungen (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt ) –, die eigentlich die Gefährdungen in diesem Zusammenhang ein wenig unterschätzt haben (neuerlicher Beifall bei der ÖVP) und daß wir damals gemeinsam mit dem Koalitionspartner einen richtigen Weg gefunden haben, der in Richtung Weisungsfreiheit, unabhängige Bankenaufsicht, in Richtung unabhängige Börse, in Richtung umfassende Privatisierung abgezielt hat. Sie können sicher sein, daß wir alle in diesem Haus – hoffentlich – darüber wachen werden, daß all diese Zusagen auch eingelöst werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Außenminister für die Beantwortung der dringlich gestellten Anfrage.

Ankündigung von Anträgen auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor wir in die Debatte eingehen, darf ich folgendes bekanntgeben:

Erstens gebe ich bekannt, daß der Abgeordnete Anschober gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt hat, einen Untersuchungsausschuß zur Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter betreffend den Mord


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an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Ghassemlou und seiner zwei Vertrauten einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte darüber wurde nicht verlangt.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung über diesen Antrag ebenfalls nach Erledigung der Dringlichen Anfrage, und zwar nach der Abstimmung über den bereits bekanntgegebenen diesbezüglichen Antrag des Liberalen Forums statt.

Weiters teile ich mit, daß Frau Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé und Herr Abgeordneter Mag. Stadler gemäß § 33 Abs. 1 GOG beantragt haben, einen Untersuchungsausschuß zur näheren Untersuchung der Verantwortung im Zusammenhang mit der fehlgeschlagenen Verfolgung der Mörder von Abdul Rahman Ghassemlou, Fadel Rasoul und Abdullah Ghaderi-Azar in Wien sowie mit dem Entkommen der weiteren Attentäter von Ebergassing einzusetzen.

Auch hier wurde die Durchführung einer Debatte nicht verlangt.

Gemäß § 33 Abs. 2 GOG findet die Abstimmung gleichfalls nach Erledigung dieser Dringlichen Anfrage, und zwar nach dem soeben bekanntgegebenen Antrag der Grünen statt.

Schließlich gebe ich bekannt, daß die Abgeordneten Dr. Haider und Dr. Krüger gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuß zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang 1.) mit der Besetzung von Vorstandsfunktionen bei Banken, die im Einflußbereich der öffentlichen Hand stehen, 2.) mit politischen Einflußnahmen auf die Geschäftstätigkeit dieser Banken, 3.) mit der Gebarung der Oesterreichischen Kontrollbank hinsichtlich der Exportfinanzierung beziehungsweise den Exportgarantien und 4.) mit Preisabsprachen der wichtigsten österreichischen Geschäftsbanken einzusetzen.

In diesem Zusammenhang liegt auch das von fünf Abgeordneten geschäftsordnungsmäßig gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden die Debatte und sodann die Abstimmung nach Durchführung aller Abstimmungen über die bisher bekanntgegebenen Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen statt, die bekanntlich ohne Debatte erfolgen. Die Reihenfolge, die ich gewählt habe, entspricht der zeitlichen Reihenfolge des Einlangens der diesbezüglichen Anträge.

*****

 

Nunmehr gehen wir in die Debatte ein. Ich darf darauf hinweisen, daß gemäß der Bestimmung der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf. Die Gesamtredezeit pro Fraktion beträgt maximal 25 Minuten.

Erster Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. Die Redezeit ist auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte sehr.

16.22

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Beantwortung unserer Dringlichen Anfrage durch den Herrn Bundesminister habe ich mir eigentlich so vorgestellt, wie sie dann auch erfolgte, nämlich in der Weise, daß im Prinzip altbekannte Fakten wieder dargestellt worden sind, daß nicht wirklich eingegangen worden ist auf den Kern dieser Dringlichen Anfrage, nämlich auf die Frage, wie es mit der politischen Verantwortung des Außenministeriums im Zusammenhang mit der Verfolgung der Kurdenmorde und mit der Beurteilung der Fakten aussieht, die dem Außenministerium bekannt waren.

Meine Damen und Herren! Genau das ist der Punkt, warum wir, auch wissend um den Brief, den der frühere Politische Direktor Schmid geschrieben hat, der Meinung sind, daß wir einen


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Untersuchungsausschuß brauchen. Nur ein solcher Untersuchungsausschuß kann diesbezüglich Klarheit bringen, kann die politische Verantwortlichkeit als solche aufklären. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Der Herr Außenminister hat aber sehr weitschweifend begonnen: mit der Darstellung des Umfeldes, mit der politischen Situation der Kurden, und ich bedauere es, daß er auf den Kern der Kurdenproblematik nicht wirklich eingegangen ist. Auch das hätte er in der Darstellung des "Mykonos"-Urteils nachlesen können. Herr Bundesminister! Ich darf Ihnen das näher erläutern, weil es mit der Einschätzung, mit der Bewertung der politischen Staatsführung des Iran zusammenhängt. Hier heißt es: Das Streben der im Iran lebenden Kurden nach Eigenstaatlichkeit brachte diesen Bevölkerungsteil und die ihn vertretenden politischen Organisationen, zu denen die DPK-I gehörte, in Opposition zum herrschenden Regime, und daher hat dieses herrschende Regime die Führungspersönlichkeiten auch entsprechend verfolgt.

Meine Damen und Herren! Es wäre blauäugig, und ich wäre erschrocken darüber, wenn die Absicht der Teheraner Führung unserem Außenministerium nicht bekannt gewesen wäre. Und es wäre bedenklich, wenn heute so getan würde, als hätte man das nicht gewußt. Dann wäre ich nämlich um die staatliche Sicherheit wirklich besorgt.

Ich hatte gehofft, daß der Herr Bundesminister klare Antworten auf die von uns sehr klar gestellten Fragen gibt, und ich bedauere es – ich kann es fast schon nicht mehr hören –, daß er heute wieder erklärt hat: Wir warten auf einen entsprechenden Bericht, den die Bundesregierung vorlegen wird, wir warten auf die Untersuchung der Gerichte.

Meine Damen und Herren! All das sind nur Ausreden, weil man an einer lückenlosen Aufklärung der seinerzeitigen Vorgänge nicht wirklich interessiert ist, weil man diejenigen damit beauftragt, von denen alle wissen, daß sie nicht wirklich in der Lage sind, in diesem Fall Klarheit zu schaffen, nämlich die Staatsanwaltschaften, das Justizministerium, weil die Staatsanwaltschaften selbst weisungsgebunden sind, weil diese Institutionen selbst involviert sind.

Es haben nun einmal – und das wird aus den Abläufen deutlich – das Außenministerium, das Justizministerium eine entscheidende Schlüsselrolle gespielt, und daher ist es kühn, zu erwarten, daß von jenen Ministerien, die involviert sind und bis zum Hals im Sumpf stecken ... (Abg. Dr. Haider: Warum fragt ihr dann den Außenminister, wenn der Justizminister zuständig ist?) Herr Kollege! Ich komme darauf zurück.

Aus der Aussage des Herrn Außenministers geht klar hervor, daß es die Verbindungen zum Justizministerium gegeben hat, daß über diese Schiene, über das Außenministerium, politischer Druck des Iran auf die Republik Österreich ausgeübt wurde, daß durch die Kontakte, durch die Gespräche mit dem Justizministerium dann dort die entsprechenden Handlungen gesetzt worden sind. Die Exekutive hat erhoben, daß das Justizministerium verhindert hat, daß die entsprechenden Haftbefehle ausgestellt wurden, und zwar aufgrund der Tatsache, daß seitens des Außenministeriums dieser Druck, der vom Iran auf Österreich ausgeübt worden ist, weitergegeben wurde. Und die Beamten dort haben dann brav als weisungsgebundene Beamte die Haftbefehle nicht ausgestellt, meine Damen und Herren.

Wir glauben, daß es notwendig ist, bezüglich dieser Vorkommnisse lückenlose Klarheit zu bekommen. Wir meinen, daß wir heute die Chance gehabt hätten, vor allem der Herr Außenminister, die Glaubwürdigkeit unseres Landes sowohl nach außen wie nach innen wiederherzustellen. Ich bedauere es, daß der Herr Bundesminister diese Chance nicht wahrgenommen hat.

Es besteht Handlungsbedarf sowohl des Parlaments wie auch der Bundesregierung, weil wir wollen, daß das Ansehen unseres Landes und der Glauben an die Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt werden. Ich appelliere an Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete des Hohen Hauses, daß Sie Ihrer Verantwortung als Abgeordnete gerecht werden, daß Sie Ihre Verantwortung hinsichtlich der Wahrnehmung der Kontrollaufgaben gegenüber der Vollziehung entsprechend erfüllen und daß Sie, vor allem die Kollegen der SPÖ, sich nicht in Geiselhaft der ÖVP begeben. Nur weil es einen entsprechenden Bundesparteivorstandsbeschluß gibt, wollen


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und werden Sie dann einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ablehnen. Ich appelliere an Sie, Ihrer Verantwortung als Abgeordnete gerecht zu werden. (Beifall beim Liberalen Forum.) Wenn nicht, dann erweisen Sie dem Parlament einen Bärendienst, und das hat dieses Land nicht verdient.

Meine Damen und Herren! Für uns ist es ein Faktum: Die politische Verantwortung liegt im Bereich des Innenministers, des Außenministers und des Justizministers. Für uns ist es ein Faktum, daß das Innenministerium die Erhebungen sehr ordentlich durchgeführt hat. Es hat Pannen gegeben, das liegt auf der Hand, aber diese Pannen waren nicht dergestalt, daß die Aufklärung des Sachverhalts nicht hätte durchgeführt werden können, sondern es ist klar, daß das Innenministerium schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt einen entsprechenden Haftbefehl haben wollte, den dann das Justizministerium nicht erteilt hat.

Meine Damen und Herren! Für uns ist auch Faktum, daß die politische Drehscheibe in diesem Zusammenhang das Außenministerium war, daß es dort massive Interventionen des Iran gegeben hat. Am Mordabend hat der iranische Botschafter bereits im Außenministerium vorgesprochen. Es hat dann auch massive Angriffe gegen Österreich gegeben. Der Herr Außenminister hat sie im Prinzip angeführt, wir konnten sie auch in den Zeitungen nachlesen. Darüber ist schon 1989 berichtet worden, darüber wird heute wieder berichtet.

Herr Außenminister! Was Sie aber nicht gemacht haben, ist die Beurteilung dieser Interventionen im Außenministerium. Hat es wirklich gestimmt, daß eine Gefahr für österreichische Staatsbürger im Iran gegeben war? Haben Sie die Gefährdung der österreichischen Staatsbürger abgewogen mit der Verfolgung der offensichtlich dringend Tatverdächtigen hier in Österreich? Haben Sie das gemacht? Sie können sich nicht nur auf die Bediensteten ausreden, auf den Politischen Direktor. Dieser hat dem Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten berichtet, dieser hat dem Außenminister berichtet, und er muß sich doch etwas gedacht haben. Da muß es doch zu einer Abwägung, zu einer Beurteilung gekommen sein, und das wollen wir hinterfragen, das wollen wir von Ihnen wissen:

Was wußte unser jetziger Kollege Mock damals als Außenminister, was wußte der jetzige Bundespräsident, damals Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten, und wer war für die Entscheidung verantwortlich? Ist die Staatsräson wirklich über die Rechtsstaatlichkeit gestellt worden? Wenn das der Fall war, dann legen Sie bitte die Fakten auf den Tisch, dann legen Sie die entsprechenden Beurteilungsgrundlagen auf den Tisch. Solange das nicht geschieht, wollen wir, daß ein Untersuchungsausschuß diese Vorgänge aufklärt.

Meine Damen und Herren! Offenkundig ist, daß das Vorgehen des Außenministeriums in dieser Frage kein Ruhmesblatt darstellt, daß es vielmehr ein weiterer Mosaikstein in der verfehlten österreichischen Außenpolitik gegenüber dem Iran ist, einer Außenpolitik, die durch Schwäche, Rückgratlosigkeit und Prinzipienlosigkeit gekennzeichnet ist. Wir glauben, daß wir das in unserer Dringlichen Anfrage auch klar und deutlich zum Ausdruck gebracht haben, und ich bedauere, daß es zu diesem Fehlverhalten gekommen ist und daß dieses Fehlverhalten in unseren Positionen im Rahmen der Europäischen Union fortgesetzt wird.

Und es gibt schon zu denken, meine Damen und Herren, wenn der österreichische Botschafter im Iran sehr wohl anerkannt wird, während seine Kollegen aus Deutschland oder aus Dänemark nicht einreisen dürfen. Hier ist es angebracht, darüber nachzudenken, warum der eine oder andere ... (Zwischenbemerkung des Vizekanzlers Dr. Schüssel. ) Herr Bundesminister! Sie wären wirklich gut beraten, das zu hinterfragen und darüber nachzudenken, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Hans Helmut Moser (fortsetzend): ..., warum unser Botschafter das Wohlwollen des Iran genießt, die anderen Botschafter aber nicht. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Auf das Urteil vom Iran möchte ich gern verzichten!)


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Herr Bundesminister! Ich darf abschließend ersuchen, im Bereich der österreichischen Außenpolitik auf den Boden der Realität zurückzukommen. Ich darf Sie ersuchen, im Interesse des Landes zu einem Konsens in der österreichischen Außenpolitik zu kommen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist beendet.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (fortsetzend): ... und einem Untersuchungsausschuß zuzustimmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka.

16.32

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Kollegen und Kolleginnen von der Opposition! Sie verlangen Aufklärung, und ich sage Ihnen mit aller Entschiedenheit: wir auch! Und das sind keine leeren Worte, sondern ich kann den Beweis dafür antreten.

Schon vor acht Jahren – da hat sich noch kein Oppositionsabgeordneter um diese Causa bemüht –, unmittelbar nach den Anschlägen vom 13. Juli 1989, war es eine sozialdemokratische Abgeordnete, die Abgeordnete Horvath, die zum erstmöglichen Zeitpunkt eine parlamentarische Initiative ergriffen hat und eine Anfrage an den damaligen Justizminister gestellt hat, in der es unter anderem ausdrücklich heißt:

"Aus diesen Unterlagen beziehungsweise aus dem dargelegten Sachverhalt" – und der ist in dieser überaus langen Anfrage detailliert dargestellt – "ergeben sich eine Reihe von Fragen, inwieweit die Justizbehörden in diesem Falle korrekt beziehungsweise zweckdienlich gehandelt haben." Und aus dieser Motivation heraus stellte sie insgesamt 34 Anfragen.

Wir sind damals nicht weitergekommen, meine Damen und Herren, aber das heißt nicht, daß die sozialdemokratische Fraktion ihre Bemühungen aufgibt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Stimmen Sie zu!) Ganz im Gegenteil, meine Damen und Herren. Wir betreiben diese Form der Aufklärung nur ein bißchen sachorientierter als Sie. Ihre Aufregung in diesem Zusammenhang ist nämlich mehr als künstlich. Das, was ich hier habe (eine Mappe mit Zeitungsartikeln in die Höhe haltend) , meine Damen und Herren von der Opposition, ist ein kleiner Ausschnitt der Presseaussendungen, der Presseberichte aus den Jahren 1989, 1990 und 1991 in der gegenständlichen Angelegenheit. Vieles, ja ich würde sagen, fast alles von dem, was jetzt mit spitzen Fingern als Beweis dramatisierend hochgehalten wird, ist damals schon veröffentlicht worden und wurde damals auch schon entsprechend kommentiert. (Abg. Dr. Schmidt: Aber das haben wir ja extra hineingeschrieben!)

In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren von der liberalen Fraktion, nehme ich Ihnen Ihre Aufregung nicht ab. Ich darf nur zwei Zeilen aus Ihrer eigenen Anfrage vorlesen:

Die erste Zeile ist die Begründung: "betreffend Beschädigung der Glaubwürdigkeit Österreichs durch Fehlleistungen in der Außenpolitik im Verhalten rund um die Kurden-Morde, bei den Beziehungen zum Iran und in der NATO-Frage".

Und im Text lautet die Frage Nr. 58: "Wurde in den Ministerratssitzungen am 29. April und/oder am 6. Mai 1997 beziehungsweise der dazugehörigen Vorbesprechung der Fall Praschak besprochen? Wenn ja, in welcher politisch relevanten Weise?"

Wissen Sie, was das bedeutet? (Abg. Dr. Schmidt: Haben Sie die Begründung überhaupt gelesen?) Das ist ein Vorgehen nach dem Rezept: Man nehme alles, was sich als Skandal oder Skandälchen verkaufen läßt, mische es gut durcheinander und serviere es möglichst heiß, nachdem man es aufgeheizt hat, als Untersuchungsausschuß gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung.

Meine Damen und Herren! Das hat mit Aufklärung überhaupt nichts zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)


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Und der Kollege Moser hat sich ja selbst dekuvriert. Er hat gesagt: Solange die Fakten nicht auf dem Tisch sind – viele liegen schon auf dem Tisch –, wollen wir einen Untersuchungsausschuß beantragen. Ich lade Sie ein, den Gedanken umzukehren: Sie wissen, daß es einen Bericht der Bundesregierung geben wird, unter Beifügung der Aktenlage des Justizministeriums, des Innenministeriums und des Außenministeriums. Schauen Sie sich das Konvolut der Akten in den nächsten Tagen an, bilden Sie dann Ihre Meinung, und kommen wir dann zu Ergebnissen. Aber fordern Sie nicht einen Untersuchungsausschuß, bevor Sie diese Akten, die Sie selber fordern, bekommen haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Das, was mich in diesem Zusammenhang zutiefst betrübt, ist, daß aus dieser Anfrage und ihren 60 Detailfragen eines nicht hervorging: die ehrliche, offene Sorge um die Reputation unseres Landes und um die Aufklärung der damaligen Fakten. Das, was Sie in diesem Zusammenhang wollen, ist, mit manchen Medien gemeinsam eine Skandalisierung zu betreiben. Meine Damen und Herren, dazu ist uns die Sache zu ernst. Es sind die Fakten zu klären, und wir werden Ihnen – wie jedem Österreicher, auch den Medienberichterstattern – die entsprechenden Unterlagen vorlegen.

Wir werden also in folgender Weise vorgehen: Alle Fakten und die Akten kommen auf den Tisch, und dann wird sie der Untersuchungsrichter nach der strafrechtlichen Relevanz zu untersuchen und zu beurteilen haben. Parallel dazu wird die Veröffentlichung erfolgen. Wenn strafrechtliche Tatbestände herauskommen, dann werden sie die unabhängigen Gerichte zu verfolgen haben, und wenn es dann noch politisch offene, relevante Fragen geben sollte, werden wir entsprechende Konsequenzen zu ziehen haben.

Das, was wir auf keinen Fall wollen, meine Damen und Herren, ist, österreichischen Beamten, unbeteiligten Dritten etwas anzutun, was wir heute im Gerichtssaal erleben mußten. FPÖ-Chef Jörg Haider muß seinen vor mehr als einem Jahr erhobenen Vorwurf gegen ein Mitglied der Bundesregierung und gegenüber Beamten zurückziehen. Er muß diesen Beamten, die er des Amtsmißbrauchs geziehen hat, nicht nur die Anwaltskosten zahlen, sondern er muß auch noch eine Entschädigung von 50 000 S leisten. Aber die Ehre bekommen diese Polizisten, die auf diese Art und Weise monatelang in den Schmutz gezogen worden sind, mit 50 000 S nicht zurück. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Nowotny: Unerhört!)

Daher, meine Damen und Herren, mit aller Deutlichkeit: Aufklären ja, aber dann, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, und dazu bedürfen wir einmal der Akten. Diese Bundesregierung muß nicht durch Beschluß des Nationalrates oder eines Untersuchungsausschusses gezwungen werden, die Akten vorzulegen. Sie tut das freiwillig. Und ich lade Sie ein, so kritisch zu prüfen, wie Sie hier Ihre Worte geführt haben.

Ich darf eines noch hinzufügen: Ich bedauere es zutiefst, meine Damen und Herren, auch heute und an dieser Stelle, daß der Vorschlag meiner Fraktion im Zusammenhang mit den letzten beiden Geschäftsordnungsreformen nicht akzeptiert worden ist, nämlich daß wir ein menschenwürdiges, rechtsstaatliches, vernünftiges und faires Verfahren für Untersuchungsausschüsse einführen. Ich darf Sie noch einmal – zum dritten Mal – einladen, ein solches Verfahren zu schaffen. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.40

Ankündigung eines weiteren Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich gebe bekannt, daß der Abgeordnete Dr. Van der Bellen gemäß § 33 Abs. 1 GOG beantragt hat, einen Untersuchungsausschuß zum Thema "Politische Verantwortlichkeit und Einflußnahme von Organen der Vollziehung im Zusammenhang mit Haftungsübernahmen des Bundes bei der Ausfuhrförderung durch die Oesterreichische Kontrollbank" einzusetzen.

In diesem Zusammenhang liegt auch das Verlangen von fünf Abgeordneten nach § 33 Abs. 2 GOG vor, eine Debatte über diesen Gegenstand durchzuführen. Diese Debatte wird anberaumt für jenen Zeitpunkt, zu dem wir über die bisher bereits bekanntgegebenen Untersuchungsaus


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schüsse debattiert beziehungsweise abgestimmt haben, wiederum in der Reihenfolge des Einlangens der diesbezüglichen Verlangen.

*****

Wir fahren nun in der Debatte selbst fort. Zu Wort kommt Abgeordneter Khol. Er hat eine freiwillige Redezeit von 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.41

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einleitend möchte ich darauf hinweisen, daß wir von der Volkspartei am Schicksal des kurdischen Volkes immer Anteil genommen haben, daß wir auch bis zu dem Zeitpunkt, wo sich die Kurden in Österreich fast ausschließlich durch die PKK haben vertreten lassen, intensiven Kontakt hatten und daß wir daher die Morde an den Angehörigen der kurdischen Volksgruppe zutiefst bedauern und verurteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben im Rahmen unserer Menschenrechtspolitik über Jahre hinweg für die Kurden viel getan, und ich habe auch persönlich immer wieder Kontakte mit Kurden gehabt. Ich möchte darauf hinweisen, daß die Schaffung der sicheren Zonen für die Kurden im Irak auch auf eine Initiative unseres Außenministers Mock zurückgeht. Ich erinnere mich an einen heftigen Streit, den wir im Rahmen einer Parteien-Internationale mit dem türkischen Ministerpräsidenten hatten, weil der Vorsitzende der Europäischen Demokratischen Union – das ist und war Alois Mock – das KSZE-Menschenrechtsschutzverfahren für die Kurden bei den Türken verlangt hat.

Das heißt also, wir brauchen uns diesbezüglich nicht zu schämen. Wir haben immer wieder für die Menschenrechte der Kurden getan, was wir tun konnten, in einer behutsamen, aber konsequenten Politik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und gerade weil wir das getan haben, Frau Dr. Schmidt – Frau Dr. Heide Schmidt, muß ich sagen, damit man Sie nicht mit Dr. Erich Schmid verwechselt (Zwischenrufe beim Liberalen Forum) –, weise ich Ihre Unterstellungen mit allem Ernst zurück: Es hat niemand in diesem Land, niemand, der in der Bundesregierung damals Verantwortung trug, vorsätzlich Mörder geschützt. Es hat niemand vorsätzlich vertuscht, es hat niemand vorsätzlich die Menschenrechte verletzt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Am 13. Juli war der Mord. Wissen Sie, wann das erste Schußgutachten eingegangen ist, das letztlich die Gerichte überzeugt hat? Das erste Schußgutachten ist am 28. November eingelangt. Da war keiner der drei Verdächtigen mehr im Lande. Hier also einen Vorsatz unterstellen zu wollen, das geht zu weit. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und beim Liberalen Forum.)

Ich glaube und bin überzeugt, daß aufgrund der vorliegenden Unterlagen die Faktenlage weitgehend klar ist. Auch ich habe riesige Stöße von Unterlagen, ich habe ein viele Hunderte Seiten langes Konvolut von parlamentarischen Anfragen, die in dieser Angelegenheit bereits gestellt wurden, mit den dazugehörigen Antworten. Und hier gilt wirklich der Satz: Nihil novi sub sole. Hier gibt es wirklich nichts Neues unter der Sonne. Wir haben das alles, was Peter Pilz als Exklusivinformation in geschickter Pressearbeit irgendeiner Zeitung unter das Hemd gejubelt hat, im "profil" im Jahr 1990 gelesen, das haben wir in schriftlichen Anfragebeantwortungen in den Jahren 1989, 1990 gelesen. Das ist alles nicht neu, und es sind die Fakten schon aufgrund der vorliegenden Unterlagen weitgehend klar.

Ich sage Ihnen namens meiner Fraktion, daß wir die Vorwürfe gegen die drei damaligen Minister Foregger, Löschnak und Mock zurückweisen. Für uns sind das Ehrenmänner, die ihre Verantwortung wahrgenommen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte das hier noch einmal betonen – und ich meine jedes Wort so, wie ich es sage –: Diese Leute haben mit Sorgfalt im Rahmen der Gesetze das Beste für Österreich tun wollen und auch getan! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ungeachtet dessen werden wir in dem Verfahren, das mein Kollege Kostelka geschildert hat, noch einmal in allen Ministerien, die betroffen sind, genaue Untersuchungen anstellen und die Ergebnisse vorlegen. Die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, allen Klubobleuten zur Verfügung gestellt, dem Staatsanwalt zur Verfügung gestellt, und dann können die notwendigen – für den Fall, daß sie sich als notwendig erweisen – Konsequenzen gezogen werden.

Die Fakten, die bisher klargelegt wurden, tragen einen Untersuchungsausschuß nicht, denn was, meine Damen und Herren von den beantragenden Fraktionen, soll in einem Untersuchungsausschuß zutage treten? – Es soll geprüft werden, ob die Fakten eine politische Verantwortung der involvierten Minister zeigen.

Meine Damen und Herren! Die Fakten liegen alle vor. Man kann jetzt über das Ausmaß der politischen Verantwortung unterschiedlicher Meinung sein. Es ist legitim, zu fragen, ob alles getan wurde, was hätte getan werden können. Und das ist im Rahmen einer politischen Debatte, wie wir sie heute führen, durchaus angebracht. Natürlich kann man hinsichtlich der einzelnen Fragen, die Sie, Frau Schmidt, gestellt haben, unterschiedlicher Meinung sein, aber der Untersuchungsausschuß ist die schärfste Waffe, die das Parlament hat.

Ich möchte zum Schluß sagen – und ich war selber in einem Untersuchungsausschuß; und ich schließe mich auch hier meinem Vorredner an –: Solange wir keine menschenrechtlich ausgereifte Verfahrensordnung haben (Abg. Wabl: Das verweigern Sie doch in der Geschäftsordnungsreform! Das ist ja unglaublich! Seit Jahren verweigern Sie das, und jetzt bedauern Sie das auch noch! Das ist ja unglaublich!), bin ich überaus skeptisch, denn ich habe miterlebt, wie unschuldige Staatsbürger im Rahmen von Untersuchungsausschüssen vorverurteilt, kriminalisiert, zum Weinen gebracht und fertiggemacht wurden, Menschen, denen hinterher überhaupt nichts anzulasten war, und ein solches Spektaktel nehme ich nicht in Kauf! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Wabl: Seit Jahren verlangen wir ein anderes Untersuchungsausschußverfahren – und Sie verhindern das!)

16.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

16.48

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist ja immerhin schon ein Fortschritt, wenn in der Debatte vom sozialdemokratischen Klubobmann gesagt wird, daß es natürlich etwas aufzuklären und zu untersuchen gibt, aber man will halt keinen Untersuchungsausschuß haben. Es wird eine Regierungsdokumentation geben. Herr Kollege Kostelka! Als gelernter Verfassungsrechtler wissen Sie ja wohl, daß es so etwas wie eine Gewaltenteilung gibt. Und wenn die Regierung im Verdacht steht, Fehler gemacht zu haben, schaut es halt wirklich nicht sehr gut aus, wenn dieselbe Regierung dann sagt, wir untersuchen uns selbst, denn dann kontrollieren sich die zu Kontrollierenden.

In Wirklichkeit ist ja das Instrument des Untersuchungsausschusses dafür da, und wenn es nichts zu verbergen gibt, dann frage ich mich, wovor Sie Angst haben. Wovor haben Sie Angst, daß Sie jetzt mit dem Argument daherkommen, wir brauchen ein weniger menschenverachtendes Verfahren? Kollege Khol kommt auch gleich mit Krokodilstränen daher und sagt: Fürchterlich, das ist ein so unmenschliches Verfahren. – Sie sind die letzten, die das sagen dürfen. Sie, Kollege Kostelka, sind vor zwei Tagen verurteilt worden in einem Verfahren mit mir. Es gibt eine einstweilige Verfügung, daß Sie den mir angehängten Wiederbetätigungsvorwurf nicht mehr machen dürfen. Das ist Ihre Vorgangsweise. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Sie müßten wissen, daß das keine Verurteilung ist!)

Ihr eigener Altkanzler Dr. Vranitzky hat vor einem Jahr via Fernsehen gesagt: Der Haider zahlt keine Steuern für seine Betriebe! – Vorgestern ist er verurteilt worden – endgültig, rechtskräftig! –, daß er das nicht zu sagen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Und der Haider hat den Akt nicht vorgelegt!)


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Daher glaube ich, daß es durchaus richtig gewesen wäre, das ein bißchen aufzuklären. Kollege Löschnak hat ja im Parlament selbst gesagt, selbst zugegeben, daß da eine Menge von Pannen passiert ist. Deshalb verurteilt man ja noch nicht die Minister. Aber wenn er sagt, es sind Pannen passiert, dann ist das schon ein Hinweis, daß da etwas aufzuklären ist.

Für mich stellt sich schon die Frage, wie denn eine Bewachung in diesem System möglich gewesen ist, wenn diese Konferenz, an der die Kurden teilgenommen haben, eine "stichprobenartige Bewachung" erfahren hat. Stichprobenartig bewachen – wie geht das von seiten der Staatspolizei? Das wären interessante Dinge, die aufzukären wären.

Oder: Interessant wäre es zu erfahren, warum die Berichte der Staatspolizei über die im Vorfeld erfolgten Überwachungen plötzlich alle verschwunden sind. Da muß es doch einen Grund geben, warum diese Dinge letztlich nicht ans Tageslicht kommen sollten.

Diese Anfrage hat deutlich gemacht – auch die letzten Fragen, die im Zusammenhang mit Praschak gestellt worden sind –, es gibt in unserem rechtsstaatlichen System eine Reihe von Dingen, die einer dringlichen Aufklärung zugeführt werden müssen. Ich glaube, daß das gut wäre. Aber die beiden Koalitionsparteien treten auf und sagen: Wir haben kein menschenwürdiges Verfahren eines Untersuchungsausschusses!, und sind mit Fällen konfrontiert, einschließlich jenem des Herrn Praschak, mit seinem tragischen Selbstmord, die ja deutlich machen, wie menschenunwürdig jenes System ist, das Sie mit Ihrer rot-schwarzen Proporz- und Personalpolitik kultivieren! Das ist die Realität, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Über diese Dinge sollte man tatsächlich nachdenken. Denn ist es wirklich so, daß Sie alle guten Gewissens in einem politischen System agieren können, Herr Kollege Khol, in dem einer der führenden Bankmanager, der über den Weg der politischen Protektion in diese Position gekommen ist, denn anders geht das gar nicht, ein mittleres Erdbeben auslöst, indem er uns Dokumente mit seinen Informationen zugänglich macht, in denen drinnen steht, daß sich die schwarze CA und die rote Bank Austria mit ihren Mitarbeitern in der Kontrollbank darüber unterhalten haben, wie man Steuerhinterziehungen in der Höhe von 300 Millionen Schilling machen kann? Lesen Sie doch selbst das Protokoll: "Einvernehmliche Festlegung des betraglichen Gestaltungsrahmens" ist hier zu lesen. Das ist alles kein Grund zum Aufklären?!

Und Herr Dr. Schüssel geht her und sagt, diese Regierung hat sich mit dem Fall Praschak nicht befaßt, denn sie ist ja in keinster Weise von der Oesterreichischen Kontrollbank betroffen! – Ja, Herr Dr. Schüssel, wie können Sie denn so etwas sagen? Der österreichische Steuerzahler haftet ja – und nach dem Willen der Bundesregierung wird das sehr bald passieren – für die Exportgarantien, die diese Oesterreichische Kontrollbank gibt. Fast 500 Milliarden Schilling Schulden stehen hier zur Diskussion. Es wäre Ihnen besser angestanden, zu sagen, jawohl, wir wollen einmal die Karten auf den Tisch legen und klären: Gab es Steuerhinterziehung, bedienen sich hier staatliche und politische Banken in ungeheuerlicher Weise in einem System, das wir eigentlich schleunigst reformieren sollten? Das hätten wir von Ihnen gerne gehört! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum ist es nicht möglich, in dieser Regierung endlich sicherzustellen, daß auch die Finanzämter einmal prüfen, was denn in den letzten zehn Jahren wirklich passiert ist. Stimmt der Vorwurf des Dr. Praschak, daß der Vorgänger in seinem Amte ebenfalls die Praxis der Steuerhinterziehung beobachtet hat? Stimmt es, daß 150 Millionen Schilling auf Sonderkonten der Kontrollbank vom Vorgänger Haschek deponiert worden sind, stimmt es, daß sie dort liegen, abgezweigt, steuerfrei, und das unter den Augen eines Finanzministers, der eine Finanzkontrolle und eine Bankenaufsicht letztlich auch in die Kontrollbank entsendet? – Das sind die Fragen, die sich uns stellen.

Oder die Frage: Was ist mit den Ostgeschäften, Herr Dr. Schüssel? Immer nur die CA, immer nur die Bank Austria – und alles risikolose Geschäfte, die dann beim Steuerzahler hängenbleiben, weil die Oesterreichische Kontrollbank letztlich die Haftung für alle schlagenden Kredite übernehmen muß! Ohne Risiko kann man leicht agieren.


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Diese Last ist dem Herrn Praschak zu schwer geworden, und das war der Grund, warum er solch einen Schritt, auch mit Information der Öffentlichkeit, gesetzt hat. Und da gehen Sie her und sagen, Sie waren die einzigen, die für die Privatisierung waren?! Herr Dr. Schüssel! Wir, unsere beiden Parteien, haben eine schriftliche Vereinbarung und eine gesetzliche Ausarbeitung für ein Privatisierungsgesetz unterschrieben gehabt, und Ihre Partei hat sich nach den Verhandlungen mit den Sozialdemokraten außerstande gesehen, eine schriftliche Vereinbarung zur Privatisierung des Bankenbereiches mit uns umzusetzen. Das ist doch die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Wie üblich!)

Mit uns haben Sie den Vertrag gebrochen, und mit dem Herrn Randa, der Ihnen heute zu mächtig geworden ist, haben Sie den Vertrag geschlossen, denn dieser hat bei der Koalitionsvereinbarung unterschrieben, wie Sie auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben.

Dann geht man her und sagt, das alles hätten wir ohnedies verhindern wollen. Meine Damen und Herren! Der Herr Attems ist Ihr Produkt, das Sie bei diesem Bankengipfel am 12. Jänner in diesem Side-letter ausgepackelt haben: Attems muß Chef der Kontrollbank werden! (Vizekanzler Dr. Schüssel: Nein! Nein!) Unser schwarzer Attems muß statt einem Roten dort sitzen, wenn der rote Randa Aufsichtsratspräsident ist! – Das ist doch die Realität, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Grünen. – Abg. Wabl: Das ist der blau-schwarze Verfassungsbogen!)

Ihr Wunsch, Herr Dr. Schüssel, nach Entpolitisierung in Ehren, aber wie verträgt sich das damit, daß Sie vor Tagen noch Ihren Sekretär Pribil in einem staatlichen Bankenbereich versorgen wollten – für alle möglichen Funktionen ist er jetzt im Gespräch – oder daß der Bundeskanzler seinen Sekretär Hall in die OMV "hineinschieben" will und daß jetzt bei der Postsparkasse eine Interimslösung gemacht wird, weil man sich geniert, schon wieder eine politische Entscheidung zu treffen? Der nächste Kanzlersekretär klopft doch dort schon als neuer Generaldirektor an die Türe, falls Sie es noch nicht wissen sollten. Wir werden sehr bald darüber reden. Das ist Ihre Objektivierung, das ist Ihre menschenverachtende Politik, die wir kritisieren, meine Damen und Herren! Das ist das, was den Herrn Praschak letztlich zutiefst getroffen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und daher haben die Menschen zu Recht das Gefühl, daß sich dieses Land geradezu im Würgegriff einer politischen Mafia befindet, die über alles drüberfährt, wo das Parlament kein Recht mehr hat, aber alle Rechte eine Handvoll mächtiger Bankenmanager und Politiker haben, die die Fäden in diesem Kabinett ziehen. Das ist die Realität, und mit diesen Dingen wollen auch wir Freiheitlichen uns in einem Untersuchungsausschuß auseinandersetzen.

Es geht um die Frage, wie es sein kann, daß schwerste Vorwürfe der Steuerhinterziehung, der Machinationen bei den Ostkrediten, wo ja schon in Wien bewiesen ist, daß das alles danebengegangen ist, einfach unter den Teppich gekehrt werden. Und Sie von der ÖVP waren da überall dabei. Den Großteil vom Kuchen hat die SPÖ geschluckt, und Sie haben ein paar Brosamen bekommen, Frau Generalsekretär, den Herrn Neumann zum Beispiel. Der Herr Neumann, Ihr Pleitier auf der schwarzen Seite, hat auch die Millionen aus der Osthilfe herübergezogen. Da hat man nicht im Osten geholfen, sondern ein paar Ganoven haben sich bereichert, und das auf dem Rücken der österreichischen Steuerzahler. Und das ist Praschak zuviel geworden. Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend sage ich Ihnen: Wie weit wir heute sind, beweist mir doch ein Inserat im "Standard" vom 30. April 1997: Die staatliche Bank Investkredit gibt bekannt, daß sie (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – ich bin gleich fertig! – in Malta eine Tochtergesellschaft gegründet hat und jetzt die ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit beachten!

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): ... jetzt die Österreicher ab einer Million Schilling in Malta unter Umgehung der österreichischen Steuergesetze als Anleger tätig werden können.


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Das sind unsere staatlichen Banken, meine Damen und Herren! Jetzt frage ich Sie wirklich: Gibt es da nicht schön langsam einen Grund, Aufklärung wirklich möglich zu machen? Stimmen Sie doch endlich zu, damit hier das Parlament tätig werden kann! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll gemeldet. Bitte, die Geschäftsordnung zu beachten.

16.59

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Haider hat hier vom Rednerpult aus erklärt, daß Herr Dr. Attems, Vorstand der Kontrollbank, Bestandteil der 17-Punkte-Vereinbarung zwischen Bank Austria und CA gewesen wäre. Ich korrigiere hier: Wahr ist vielmehr: Dr. Attems ist nicht Bestandteil dieser 17 Punkte. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Das war der 18. Punkt! – Abg. Dr. Partik-Pablé: 17a ist das!)

Zweite Feststellung: Dr. Haider hat hier vom Rednerpult aus erklärt, Dr. Attems wäre Mitglied der ÖVP. Wahr ist vielmehr: Dr. Attems hat wiederholt öffentlich erklärt, er sei nicht Mitglied der ÖVP. (Abg. Ing. Reichhold: "Ihr Produkt" hat er gesagt!)

Dritte Klarstellung: Herr Dr. Haider hat Herrn Dr. Pribil erwähnt. Wahr ist: Dr. Pribil wird nicht als Direktor in die Nationalbank einziehen, aber Dr. Pribil war in der Nationalbank und will auf seinen angestammten Posten zurück. Das ist ein wesentlicher Unterschied! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Vorgeschlagen war er!)

17.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Anschober. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.01

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte wieder zum eigentlichen Thema dieser Sondersitzung zurückkehren. Wir haben von Ihnen, Herr Vizekanzler, eigentlich wenig anderes erwartet, dennoch: Diese einstündige Beschwichtigungsrede heute, in der Sie mit Halbwahrheiten agiert haben – ich werde Ihnen das noch im Detail belegen –, die in einem Bereich, in einem extrem wichtigen Bereich sogar die Unwahrheit dargestellt hat, ist für mich unerträglich gewesen.

Sie konnten – und dessen bin ich mir ganz sicher – diese Beschwichtigungsrede, diesen Versuch, auszusitzen und noch einmal auszusitzen, nur deswegen so entspannt hier tätigen, weil Sie wissen, daß der Koalitionsfriede wieder hergestellt ist, weil Sie ganz genau wissen, daß die sozialdemokratische Fraktion – und wir werden darauf noch zu sprechen kommen, mit welchen Mitteln – wieder an der kurzen Koalitionsleine ist. Die "vorlauten" Bemerkungen, die von etlichen sozialdemokratischen Funktionären und Abgeordneten bis vor etwa einer Woche getätigt wurden, haben nun keine Gültigkeit mehr. (Zwischenruf des Abg. Wabl. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 16. April 1997 war Helen Ghassemlou, die Witwe des ermordeten Kurdenführers, in Wien zu Besuch, und sie hat gemeint, es gebe einen wesentlichen Unterschied zwischen Berlin und Wien: In Berlin werden politische Mörder, Staatsterroristen inhaftiert, in Wien werden sie zum Flughafen eskortiert.

Wir haben am Abend des gleichen Tages hier im Parlament die erste Debatte über einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß verwirklicht. Da wurde von SPÖ und ÖVP intoniert, es gäbe keine Akten, wir sollten Beweise vorlegen und so weiter. Jetzt machen wir dies seit drei Wochen, Herr Kollege Leikam! Seit drei Wochen! (Abg. Leikam: Zeitungsartikel!) Und was sich geändert hat, ist folgendes: Aus dem einen Skandal ist mittlerweile ein doppelter Skandal


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geworden; aus der Katastrophe des Jahres 1989 ist mittlerweile eine Fortsetzung der Vertuschungspolitik im Jahre 1997 geworden.

Wenn Herr Klubobmann Khol uns hier mit einer Kampfansage erklärt, es würde überhaupt keine Untersuchungsausschüsse mehr geben, solange man die Geschäftsordnung nicht nach seinem Gutdünken "repariert", dann ist das ein demokratiepolitischer Skandal, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Khol: Nein! Nein!) Drei Wochen Aufklärung sowie alle Indizien sprechen mittlerweile dafür, daß es sich im Jahre 1989 um keine Pannenserie gehandelt hat, sondern um ein gezieltes Entkommenlassen, daß es sich um keine Pannenserie gehandelt hat, sondern um die Beugung des Rechtsstaates. Dies mit einer einstündigen Beschwichtigungsrede des Außenministers zu leugnen, ist einfach lächerlich!

Der ehemalige Innenminister kennt den Aktenvermerk vom 14. Juli 1989 ganz genau, in dem der damalige Leiter der EBT, der Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus, schriftlich festgehalten hat, daß mit 99prozentiger Sicherheit die drei Iraner die Täter sind. 14. Juli 1989; Dr. Kessler. – Herr Ex-Innenminister! Sie können sich erinnern. Nicht mit der Schulter zucken! Das ist die Realität! Man hat am Tag nach diesem Mord genau gewußt, wer die Täter sind. Es muß doch Pflicht sein, in einem Land aufzuklären, welche politischen Hintergründe es dafür gibt, daß man trotz dieses Wissens drei Staatsterroristen entkommen läßt. Das ist doch eine Minimalaufgabe für eine aufgeklärte Demokratie. In jedem anderen Rechtsstaat Europas würde eine Untersuchung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß eine Selbstverständlichkeit sein. – Österreich ist anders. (Beifall bei den Grünen.)

Sie versuchen, auszusitzen, Sie versuchen, weiter zu vertuschen, und Sie sind mittlerweile an der kurzen Leine des Koalitionspartners. – Dazu aber später.

Das war der 14. Juli 1989: Die EBT hat klar und eindeutig gesagt, wer die Täter sind. Drei Tage später gibt es einen Aktenvermerk des Journalrichters. Dieser sagte: Ich gratuliere der österreichischen Exekutive. Wir haben nach drei Tagen die Täter bereits ausgeforscht. Das ist ganz anders als Lockheed, als die internationalen Behörden Monate hindurch nach den Tätern geforscht haben.

Was passiert, Herr Ex-Minister Löschnak? – Nichts! Es passiert nichts, ganz im Gegenteil: Es gibt eine Intervention am 16. Juli 1989 – die erste Intervention des ehemaligen Chefs der Staatspolizei –, nur ja keine Haftbefehle zu erteilen, weil "diplomatische Verwicklungen" drohen. Das ist belegt, das ist amtlich. Das sind keine aus der Luft gegriffenen Vorwürfe. Und am 19. Juli 1989 gibt es den ersten Beweis gegen den Attentäter Sahraroodi. Sie wissen, welchen Beweis ich meine, nämlich die Verifizierung des Fluchtfahrzeuges sowie eine Zeugenaussage, die eindeutig besagt, zu 100 Prozent, Sahraroodi war der Käufer dieses Fluchtfahrzeuges. Trotzdem: drei Tage später, per Polizeieskorte in Richtung Flughafen. Eskortservice auf österreichisch.

Dann das Entkommenlassen von Bozorgian in die Botschaft. Die gesamte Geschichte: iranische Interventionen – 16 insgesamt! – bei den österreichischen Behörden, und, und, und; fünf politische Weisungen in der Causa, ich kenne Ihre; ich weiß, daß diese – davon gehe ich aus – zunächst positiv gemeint war. Aber trotzdem: Vier politische Weisungen, die übrigbleiben und die aufgeklärt gehören.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt eine Serie offener Fragen und Bereiche, die aufzuklären sind. Und das kann nur in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß geschehen, weil wir nur dort die Möglichkeit haben, nicht nur Akten vorlegen zu lassen, sondern vor allem Zeugen unter Wahrheitspflicht zu befragen und Gegenüberstellungen durchzuführen. Das ist ja der entscheidende Punkt.

Herr Außenminister Schüssel! Ich hätte mir von Ihnen erwartet, daß Sie sagen: Gut, so war die Situation 1989, wir stehen dazu. Heute klären wir das aber auf, und wir legen die Motive für dieses politische Entkommenlassen vor.


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Hat es zum Beispiel, als erstes Motiv, politischen Druck gegeben, sodaß österreichische Bürger im Iran zu Schaden gekommen wären? Hat es Erpressungsversuche – und wir werden in kurzer Zeit dann noch näher in der Öffentlichkeit darauf zu sprechen kommen – in der Causa "Noricum" gegeben, wie dies ebenfalls bereits in den Medien thematisiert wurde, oder hatte dies auch wirtschaftliche Gründe?

Sie haben gesagt, es hat Interventionen gegeben. Das stimmt. Es hat serienweise Interventionen des Iran gegeben, insgesamt 16 dokumentierte Interventionen! (Zwischenbemerkung des Vizekanzlers Dr. Schüssel. ) Und – das ist ja der eigentliche Punkt – in fast allen dieser Fälle wurde dieser Druck seitens des Iran an die Justizbehörden weitergegeben. Und dann behaupten Sie, daß die unabhängige Justiz völlig frei, aus eigenen Stücken – da putzt man sich dann an einem kleinen Untersuchungsrichter ab – gehandelt hätte. Das glaubt Ihnen doch niemand in diesem Lande!

Herr Minister Schüssel! Sie haben uns heute gesagt, gegen Sahraroodi ist vor dem 22. Juli 1989, vor seine Ausreise per Polizeieskorte, kein Verdachtsmoment vorgelegen. – Dazu muß ich Ihnen sagen: Das ist eine glatte Unwahrheit, die Sie heute dem Hohen Haus vorgelegt haben! Das ist eine glatte Unwahrheit! (Zwischenbemerkung des Vizekanzlers Dr. Schüssel. ) Ich sage Ihnen, es hat am 19. Juli 1989 folgenden Aktenvermerk gegeben:

Am 19. Juli, und zwar um 14 Uhr 30, wird dieser Aktenvermerk von einem Beamten der Staatspolizei, Nevoral, verifiziert und festgeschrieben. Ich zitiere: Am 19. Juli 1989, also drei Tage vor der Ausreise des Attentäters, um zirka 14 Uhr 30, hielt ich mit Untersuchungsrichter Dr. Danek Rücksprache. Ich teilte ihm mit, daß der Zeuge M. eindeutig aus mehreren Bildern Sahraroodi als jenen erkannte, der am 9. 1. und 10. 1. 1989 das Motorrad Suzuki, et cetera, et cetera, gekauft hat. Daraufhin wurde Sahraroodi im Spital dem Zeugen gegenübergestellt – und er erkannte ihn eindeutig wieder als Käufer der Suzuki. Die Fahrzeugpapiere stimmten überein, wurden gemeinsam mit den Tatwaffen gefunden. Dr. Danek übermittelte diesen dringenden Tatverdacht Staatsanwalt Dr. Fasching – drei Tage vor der Ausreise.

Und Sie erzählen uns heute, es habe keine Verdachtsmomente gegeben. Herr Minister! Das war eine geradezu klassische Unwahrheit! Und es ist das nur die Fortsetzung dessen, was in diesem Hohen Haus in der Kurdenfrage Jahre hindurch geschehen ist. Wir haben mittlerweile in sieben Fällen dokumentiert, daß es falsche, unkorrekte Informationen bei parlamentarischen Anfragebeantwortungen gegeben hat. Es hat kein Dementi der damaligen beziehungsweise jetzigen Minister gegeben.

Herr Klubobmann Khol! Jetzt zu sagen, wir lassen den zuständigen Beamten einen Bericht erstellen, das heißt, die Regierung beschließt mit Ihrer Mehrheit: Wir kontrollieren uns in Österreich selbst.

Wen würde es in diesem Land bei dieser "Kontrolle" überraschen, wenn nichts dabei herauskommt? – Mich als gelerntem Österreicher nicht. Wir werden uns aber sehr genau anschauen, was da drinnen ist. Diese Verzögerungstaktik, dieses Aussitzen wäre in jedem anderen Rechtsstaat Europas undenkbar. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Herr, Abgeordneter, den Schlußsatz, bitte!

Abgeordneter Rudolf Anschober (fortsetzend): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der zweite Teil des Skandals: Die SPÖ hat bis vor einer Woche noch sehr heftig und sehr engagiert die Frage der Bereitschaft zu einem Untersuchungsausschuß thematisiert.

Meine Frage an Klubobmann Dr. Khol und an Klubobmann Kostelka wäre: Hat es in den vergangenen Tagen Absprachen über einen Abtausch in der Frage dieser beiden möglichen und notwendigen Untersuchungsausschüsse gegeben? Hat es einen Deal von SPÖ und ÖVP in Richtung Verhinderung gegeben? – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung gemeldet hat sich Herr Klubobmann Dr. Khol. – Bitte, Herr Klubobmann.

17.11

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Ich berichtige den Abgeordneten Anschober, der gesagt hat, ich hätte die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit der Begründung abgelehnt, daß es keine Verfahrensordnung gebe.

Ich stelle dem den berichtigten Sachverhalt gegenüber: Ich habe ausgeführt, daß der Untersuchungsausschuß die schärfste Waffe des Parlamentes sei, daß es im gegenständlichen Fall um legitime, politische Wertungsunterschiede gehe und daß dazu komme, daß wir diese schwere Waffe nur dann einsetzen, wenn ... (Abg. Mag. Barmüller: Wenn es die Opposition betrifft!) Nein, wenn wir Vorbehalte haben wegen der ständigen Kriminalisierung Unschuldiger, wegen des Fehlens der Verfahrensordnung.

Herr Kollege Anschober! Außerhalb der tatsächlichen Berichtigung beantworte ich Ihre Frage mit einem Nein. (Beifall bei der ÖVP.)

17.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Kier vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.12

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin in der glücklichen Lage, nicht eine tatsächliche Berichtigung benützen zu müssen, um auf den politischen Punkt unmittelbar zugehen zu können. Es sind schon viele Worte gewechselt worden, und ich meine, gerade die Frage Untersuchungsausschuß: ja oder nein? ist eine Frage der politischen Redlichkeit, der politischen Ehrlichkeit. Ich kann diese formalen Argumente nicht ertragen. Wenn wir uns im Rahmen eines Untersuchungsausschusses mit – zugegebenenermaßen – verbesserungswürdiger Verfahrensordnung nicht zutrauen, die parlamentarische Kontrolle im Verhältnis zur Regierung auszuüben, dann frage ich mich, ob sich die Kollegen, die das hier von diesem Pult aus gesagt haben, ihr Mandat zutrauen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Natürlich ist es, wenn man eine Verfahrensordnung hat, unter Umständen leichter. Wenn die Schienen besser liegen, ist es leichter. Aber wenn wir uns nicht mehr zutrauen, die politische Kontrolle über die Bundesregierung im Rahmen eines Untersuchungsausschusses wahrzunehmen, dann brauchen wir eigentlich überhaupt nicht mehr den Anspruch zu erheben, parlamentarische Kontrolle ausüben zu wollen.

Wenn wir eindeutig vertröstet werden, damit die Regierung noch einmal ein bißchen Zeit gewinnt, so wie das bei Tätern der Fall ist (Abg. Großruck: Moment, Moment! Wer ist Täter?) , die Stunde der Wahrheit noch ein bißchen hinausschieben, weil sie uns einen Bericht der Betroffenen über sich selber versprechen, dann darf ich Ihnen sagen: Das klingt mir fast danach, daß der eine oder andere Akt möglicherweise nachher noch etwas anderes aussehen könnte, als er noch vorgestern ausgesehen hat. Ich spreche das ganz bewußt aus: Wer so viel Zeit schindet, um eine Untersuchung zu vermeiden, während er ganz genau weiß, daß er schlußendlich nicht drum herumkommen wird, der will diese Zeit nützen. Das nennt man Verdunklungsgefahr. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Leikam: Alles unter dem Deckmantel der Immunität!)

Ich verwende den Begriff "Verdunklungsgefahr" ganz bewußt, weil das ein Begriff aus der Strafrechtspflege ist. Und was Sie da machen, kann unter Umständen tatsächlich bereits den politischen Raum verlassen haben. – Ich hoffe nicht. Ich hoffe, daß es noch möglich sein wird, im Rahmen einer parlamentarischen Untersuchung die Sache auf den politischen Punkt zu bringen.

Der Herr Vizekanzler hat ausgeführt, welch hohes Ansehen wir haben, und wir sollen jetzt die Justiz arbeiten lassen beziehungsweise die – offenbar in diesem Fall – weisungsfreie Staats


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anwaltschaft. Ich habe ihn da nicht ganz verstanden, als er von der unabhängigen Justiz gesprochen hat, es war immer nur die Staatsanwaltschaft, die wir gemeint hatten. Ich sage Ihnen: Was hätten wir erst an Reputation gewonnen, wenn man die Justiz im Jahre 1989 hätte arbeiten lassen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Dann wäre vielleicht nicht das "Mykonos"-Urteil die politische Ergreiferhandlung gegenüber dem Iran gewesen, sondern dann wäre vielleicht ein österreichisches Gericht in die Lage versetzt gewesen, unabhängig und objektiv das festzustellen, was wir heute längst wissen: daß nämlich der Iran im Territorium anderer souveräner Staaten Terrorismus betreibt. Und das ist der Punkt.

Jetzt stellt sich die Frage: Hat das Außenministerium damals die Lage richtig beurteilt und auch richtig an Justiz und Innenministerium berichtet, oder wurde schöngefärbt berichtet? Wurde richtig berichtet, dann wurde objektivermaßen der Druck des Iran weitergegeben. Und diesen objektiven Sachverhalt, der noch nicht bewertet ist in dieser Phase, hier von der Regierungsbank aus zu bestreiten, ist ausgesprochen unverschämt. Denn entweder wird dem Generalsekretär Klestil unterstellt, daß er an Justiz und Innenministerium schönfärberisch berichtet hat, dann wurde kein Druck ausgeübt, oder er hat korrekt darüber berichtet, was der Iran getan hat. Noch ist damit nicht zum Ausdruck gebracht, ob er außerdem jetzt noch selbst das Gewicht seines Hauses hineingelegt hat. Und das hätten wir gerne politisch untersucht. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Herr Bundesminister und Vizekanzler Dr. Schüssel hat die Außenhandelsdaten genannt; es war interessant, sie zu hören. Die achtziger Jahre hat er zwar weggelassen, aber die neunziger Jahre waren interessant; die Zahlen sind fallend. Dazu kann ich nur sagen: Ihr Kalkül hat sich offenbar noch nicht einmal rentiert! Das sage ich Ihnen: Ihr Kalkül hat sich noch nicht einmal rentiert (Beifall bei Abgeordneten des Liberalen Forums), denn wenn man sich so liebedienerisch verhält, wie Sie das getan haben, dann wird man nämlich nicht nur verspottet, sondern man zahlt auch noch drauf. Also, Herr Bundesminister: Manchmal ist das Aufgeben moralischer Positionen nicht einmal rentabel! Das sollte sich diese Bundesregierung merken! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

17.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Fuhrmann vor. Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.18

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat die Frage der politischen Redlichkeit aufgeworfen, die Frage, ob wir uns unser Mandat zutrauen, und der Abgeordnete Moser von der gleichen Fraktion hat gemeint, er müsse an unsere Verantwortung als Abgeordnete appellieren. Dazu möchte ich gleich vorab folgendes feststellen:

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der liberalen Fraktion! Wenn Sie zur Auffassung kommen, einen Untersuchungsausschuß beantragen zu wollen, zu müssen und dem auch zustimmen, billige ich Ihnen zu, daß Sie Ihre Verantwortung als Abgeordnete ernst nehmen, und ich möchte Ihnen auch im Sinne eines vernünftigen kollegialen Miteinander zugestehen, daß das auch von politischer Redlichkeit umfaßt ist und daß Sie sich Ihr Mandat zutrauen. Aber: Ich lasse mir und meinen Kolleginnen und Kollegen, die nicht Ihrer Meinung sind, von diesem Rednerpult aus nicht unterstellen, daß wir keine politische Redlichkeit hätten, daß wir uns unser Mandat nicht zutrauen oder daß wir unsere Verantwortung als Abgeordnete nicht wahrnehmen, wenn wir hier und heute zu einer anderen Einschätzung kommen als Sie. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zweitens: Sie verlangen, daß unbedingt heute beschlossen werden muß, daß ein Untersuchungsausschuß eingesetzt wird.

Ich frage Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition: Wieso haben Sie diese Dringlichkeit in den Jahren seit 1989 nicht empfunden, wieso haben Sie eine Aussendung


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des zuständigen Justizsenates über das "Mykonos"-Urteil gebraucht, um diese Dringlichkeit zu empfinden, und wieso billigen Sie uns nicht zu – uns allen in diesem Hohen Hause –, daß wir einen Untersuchungsausschuß auf der Basis von ständig wiederholten Verdächtigungen, von Pressemitteilungen und Unterlagen, die uns seit Jahren bekannt sind, nicht einsetzen wollen, sondern einen anderen Weg gehen wollen, nämlich den – Kollege Löschnak hat ihn das letzte Mal schon erwähnt –, daß sich die österreichische Justiz im Rechtshilfeweg das Original des "Mykonos"-Urteils, nachdem es schriftlich ausgefertigt worden ist, beschafft, was bei einem Untersuchungsausschuß des Nationalrates nicht möglich ist? Die Justiz soll das "Mykonos"-Urteil im internationalen Rechtshilfeverfahren anfordern, damit es evaluiert werden kann. (Abg. Wabl: Dagegen spricht ja nichts! Außerdem sind wir nicht im selben Ausschuß!) – Wabl, laß mich ausreden, ich habe nur sechs Minuten! Gib a’ Ruah!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist denn ausschlaggebend dafür, daß Sie jetzt die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fordern? – Jahrelang haben Sie keine Notwendigkeit dazu gesehen. Jetzt paßt es Ihnen offensichtlich ins politische Kalkül. Ich bin Ihnen deswegen nicht böse, aber ich bitte Sie, mir auch nicht böse zu sein, wenn ich Sie darauf hinweise.

Außerdem: Was ist denn so schlecht daran, wenn man nun sagt: Die drei Ressorts, die in dieser Frage beteiligt waren und die von der Opposition und auch von so manchen Medien jetzt sehr massiv attackiert werden, sollen die Akten zusammenstellen, sollen über die Akten, die Sie haben, einen Bericht geben? Aber es sollen auch die Akten, über welche die Klubs verfügen – und darüber schweigen Sie immer –, zur Verfügung gestellt werden. Dann schauen wir uns das Ganze einmal an, und dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird die Frage zu klären sein, ob sich darunter etwas strafrechtlich Relevantes befindet. In Parenthese sei hinzugefügt: Das, was vorgeworfen wird, wäre ja gravierender und massiver Amtsmißbrauch. (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser. ) Herr Abgeordneter Moser! Na selbstverständlich! Entschuldigen Sie vielmals, auch wenn ich Rechtsanwalt bin, traue ich mich das zu sagen. Ich würde als Staatsanwalt und Untersuchungsrichter – ich bin neugierig, was die Frau Kollegin Partik dazu sagen wird – sehr wohl sagen: Wenn da tatsächlich massive Einflußnahme stattgefunden hat, dann wäre das ein strafrechtlich relevanter Tatbestand. Wenn dem so ist, dann hat die Justiz zu agieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Ich wehre mich dagegen, nur deshalb, weil Ihnen das jetzt ins politische Kalkül paßt, auf den Verdacht hin, daß ein Untersuchungsrichter dieser Republik Österreich aufgrund einer politischen Intervention einen gebotenen Haftbefehl verweigert hat – man weiß, daß ich sehr oft auch kritische Bemerkungen zur österreichischen Richterschaft gemacht habe –, jetzt zu sagen: Das wird behauptet, und daher muß sofort ein Untersuchungsausschuß her! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kollege Moser, Kollege Kier und alle anderen Damen und Herren von der Opposition! Ich sage Ihnen jetzt etwas, und ich sage Ihnen das aus meiner persönlichen Erfahrung als Mitglied zweier Untersuchungsausschüsse: Ein Untersuchungsausschuß lebt von Fakten, von Unterlagen und vom Untersuchungsgegenstand – und nicht von Verdachtsmomenten!

Ich sage Ihnen noch etwas: Die Frage mit der Verfahrensordnung ist ernst zu nehmen, wobei ich, Willi Fuhrmann, einer derjenigen bin, die sich sehr bemüht haben, eine Verfahrensordnung unter Berücksichtigung der aus dem "Lucona"- und dem "Noricum"-Untersuchungsausschuß gemachten Erfahrungen zu entwickeln. (Abg. Wabl: Die ÖVP hat es abgelehnt!) Ich bin aber leider im Stich gelassen worden. Wir haben nun keine neue Verfahrensordnung. (Abg. Wabl: Der Khol hat es abgelehnt!) Ich gehöre aber nicht zu jenen, die sagen: Solange wir keine neue Verfahrensordnung haben ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Das Schlußwort, bitte, Herr Abgeordneter!


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Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann
(fortsetzend): Herr Präsident! Ich habe eine freiwillige Redezeitbeschränkung.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Gut.

Abgeordneter Dr. Willi Fuhrmann (fortsetzend): Eine Minute noch, bitte. – Ich gehöre nicht zu jenen, die sagen, es darf keinen Untersuchungsausschuß geben, solange wir keine neue Verfahrensordnung haben. Aber:

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich appelliere an Sie alle in diesem Hohen Haus: Wir haben aus dieser Zeit einen tauglichen Entwurf. Greifen wir diesen wieder auf, damit wir uns nicht nach einem allfälligen Untersuchungsausschuß, der wieder nach der alten Verfahrensordnung stattgefunden haben wird, vom Vorsitzenden der Strafrichter Österreichs, Mag. Ellinger, wieder einmal sagen lassen müssen: "Das vorprogrammierte tägliche Medienspektakel mit weitreichenden Vorverurteilungen ist erwartungsgemäß eingetreten, und je rüder Abgeordnete mit Zeugen umgingen, umso mehr punkteten sie in den Medien."

"Es handelt sich neuerdings nicht mehr um verschleierte Vorverurteilungen, sondern Mitglieder der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse verurteilten unter dem Schutz ihrer parlamentarischen Immunität Zeugen je nach Opportunität." Und so weiter und so weiter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe sehr, daß wir so etwas, wenn es doch wieder einen Untersuchungsausschuß in diesem Haus geben sollte, weil er notwendig ist, uns nicht mehr sagen lassen müssen – das auch in unserer Verantwortung als Abgeordnete dieser Republik! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wabl: Wer hat die Mehrheit in diesem Haus?)

17.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.26

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn man sich mit diesem Fall seriös auseinandersetzt, dann muß man sich an dem Wissensstand orientieren, den die Entscheidungsträger zum jeweiligen Zeitpunkt hatten. (Abg. Anschober: Der Herr Minister sollte sich am derzeitigen Wissensstand orientieren!) Sie, Herr Kollege Anschober, haben in der zeitlichen Abfolge einiges zu einem Zeitpunkt vorweggenommen, zu dem es als Tatsache noch nicht bekannt war. Wenn man sich nämlich die Chronologie der Ereignisse anschaut und dann von der Chronologie und von dem Wissensstand her, den man damals hatte, die Entscheidungen analysiert, dann kann man weder der Justiz noch der Exekutive noch dem Außenamt Fehlverhalten vorwerfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Anschober: Sie können konstruieren, was Sie wollen, das ändert an den Fakten nichts!)

Ich möchte nun kurz auf die Chronologie der Ereignisse eingehen. Unbestritten ist, daß der verletzte Iraner zu Beginn der Ermittlungen von allen als Opfer gesehen wurde (Abg. Anschober: Falsch! Das ist die Unwahrheit!) , und zwar deshalb, weil er auf der Straße schwer verletzt nach der Polizei gerufen hat und weil er sich als Opfer ausgab.

Der nächste Punkt in der Chronologie: Jener Iraner, den man kurze Zeit in Gewahrsam nahm, behauptete, in der Wohnung nicht gewesen zu sein, sondern nur um eine Jause gegangen zu sein, und dann hat er sich als Zeuge zur Verfügung gestellt. Er galt also auch nicht als Täter. Von diesem Wissensstand aus, davon, daß die Exekutive von einer Opfertheorie bezüglich der beiden Iraner ausgegangen ist, muß man heute die Sache bewerten.

Diese Theorie wurde zwar durch Widersprüchlichkeiten in den Aussagen relativ rasch, und zwar bereits am dritten Tage nach der Tat, etwas ins Wanken gebracht, aber die Widersprüche waren nicht so gravierend, daß der Untersuchungsrichter, der den Verletzten sogar im Krankenhaus vernommen hat, in den Widersprüchen ausreichende Verdachtsmomente gesehen hätte, einen Haftbefehl wegen Mordes zu erlassen.

Erst Monate später, und zwar im November 1989, konnte diese Opfertheorie durch das etwa 400 Seiten umfassende gerichtsmedizinische und schußtechnische Sachverständigengutachten


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schlüssig widerlegt werden. (Abg. Jung: Das ist ein Skandal, daß das so lange dauert!) Das heißt, erst im November 1989 war man in der Lage, beweisen zu können, daß die vermeintlichen Opfer in Wahrheit die Täter waren. Weder die Ermittlungen durch die Sicherheitsbehörden noch die Vernehmung durch den Richter im Krankenhaus unmittelbar nach der Tat haben eine ausreichende Grundlage dafür geboten, einen Haftbefehl wegen Mordes zu erlassen.

Gegen Bozorgian – das war jener Iraner, der zu Beginn ja nur als Zeuge in Erscheinung getreten ist – wurde bereits am übernächsten Tag ein Haftbefehl wegen unterlassener Hilfeleistung erlassen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist überhaupt das Größte!)

Herr Kollege Stadler! Wenn der Untersuchungsrichter keine begründeten Anhaltsmomente hat, wegen Mordes zu ermitteln, dann kann man ihm auch nicht vorwerfen, das aufgrund seines Wissensstandes nicht getan zu haben. (Abg. Mag. Stadler: Jede Menge hätte er gehabt!)

Jener Iraner also, gegen den ein Haftbefehl erlassen worden ist, war aber bereits in der iranischen Botschaft. Dort hat das Außenamt mehrmals interveniert, daß er ausgeliefert wird – vergebens, wie wir heute wissen.

Es geht aus der gesamten Aktenlage, aus der Chronologie, auch aus den damaligen sehr umfangreichen Medienberichten in keinster Weise hervor, daß es Druck oder Einflußnahme gegeben hätte: weder auf die Exekutive noch auf die Justiz.

Meine Kollegen von der grünen Fraktion! Ich widerlege auch Ihren Vorwurf, den Sie heute in einer APA-Aussendung gegen Minister Foregger vorgebracht haben, er hätte am 22. Juli 1989, also neun Tage nach dem Attentat, trotz dringenden Mordverdachts für die Aufhebung des Haftbefehls gegen Bozorgian plädiert. Wenn man weiß, daß zum selben Zeitpunkt Staatsanwalt Fasching und auch der Untersuchungsrichter Danek keine ausreichenden Gründe für die Erlassung eines Haftbefehls wegen Mordverdachts hatten, dann konnte auch der Minister keine ausreichenden Verdachtsgründe wegen Mordes haben.

Das ist eine Unterstellung, die mit dem Wissenstand vom 22. Juli 1989 überhaupt nicht zusammenpaßt, und diese Behauptung können Sie nicht aufrechterhalten, zumal der Untersuchungsrichter und der Staatsanwalt zu dem Ergebnis kamen, daß keine ausreichenden Gründe für einen Mordverdacht vorliegen, und sie weiterhin an der Opfertheorie festhielten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Kollege Anschober hat hier ins Treffen geführt, daß bekannt war, daß Sahraroodi (vgl. Jn) das Motorrad gekauft hat. Das war zum damaligen Zeitpunkt auch dem Staatsanwalt bekannt, aber trotzdem hat er bei seiner Ermessensentscheidung nicht abgeschwenkt von der Opfertheorie hin zu der Meinung, daß das eigentlich die Täter sind. Er hat gesagt, daß es keine ausreichenden Gründe für einen Mordverdacht gibt. Aus diesem Grund ist mit dem damaligen Wissenstand das Verfahren so gelaufen, was, wie man aus heutiger Sicht weiß, unbefriedigend war.

Aus heutiger Sicht und nach dem "Mykonos"-Prozeß kann man natürlich leicht klüger sein, es leicht besser wissen. Nur kann man das in einem Untersuchungsausschuß deshalb nicht klären, weil der Untersuchungsausschuß nicht in der Lage ist, die Akten vom "Mykonos"-Prozeß im Rechtshilfeverfahren anzufordern. Das kann nur das Gericht tun. Daher plädieren wir dafür, daß das Gericht diesen Mordfall untersucht. Die Haftbefehle sind ja noch aufrecht, der Untersuchungsrichter ermittelt ja bereits weiter, er hat die Akten bereits angefordert, und vielleicht erhellt das die Vorkommnisse.

Die Forderung nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Herr Kollege Wabl, scheint mir doch ein bißchen von der Absicht getragen zu sein, inquisitorisch gegen aktive Politiker vorzugehen, und nicht so sehr aus dem Motiv heraus zu geschehen, daß die tatsächlichen Vorkommnisse erhellt werden sollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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17.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.33

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn die Frau Vorsitzende des Justizausschusses über Straftäter redet, ist immer Vorsicht angebracht, Herr Vizekanzler. Die Frau Vorsitzende des Justizausschusses hat unlängst für einen Bosnier interveniert, der über Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck bereits zur Abschiebung in Schubhaft war. Es wurde über Intervention der Frau Vorsitzenden Fekter beim Herrn Bundesminister Einem, der eine Weisung erteilt hat, dieser Mann freigelassen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist eine Lüge!) Dieser Mann hat 150 Straftaten begangen, ist untergetaucht und mußte dann noch einmal gesucht werden. (Rufe bei den Freiheitlichen: Aha!)

Bei der Frau Kollegin Fekter ist also, wenn sie über Straftäter spricht, äußerste Vorsicht angebracht. Äußerste Vorsicht!

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Dieser Mann wurde dann später gefaßt und dann doch noch abgeschoben – trotz der Intervention der Frau Kollegin Fekter.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich schicke es gleich voraus: Wir werden den Anträgen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen. Wir werden auch weiterhin eine Untersuchung hinsichtlich der Vorfälle in Ebergassing verlangen. Ich habe hiefür die Unterstützung der grünen Fraktion bereits in der letzten Sitzung zugesagt bekommen.

Meine Damen und Herren! Die Gründe, warum heute diese Sondersitzung einberufen wurde, sind zu durchleuchten. Warum wurde eine Sondersitzung zu einem Thema verlangt, das mehrere Jahre zurückliegt, das überhaupt nichts an Dringlichkeit hat, außer, daß man die einzige Sondersitzung, die man bei der Geschäftsordnungsreform zugestanden bekommen hat, jetzt irgendwie verbraten muß, und zwar mit einer ganz bestimmten politischen Absicht?

Die Frau Kollegin Schmidt hat ellenlang – auch schriftlich – dargetan, daß es sich um ein schwergewichtiges Versagen der Justiz handelt, nannte dabei Staatsanwalt Dr. Fasching (vgl. Jn) gleich mehrmals, sagte aber, daß das Außenministerium schuld war. Sie sagte aber gleich dazu, nicht der Herr Außenminister Dr. Mock, nein, der damalige Generalsekretär im Außenamt, Dr. Klestil, sei schuld. Um Dr. Klestil geht es also, meine Damen und Herren!

Parallel dazu wird von den Grünen Herr Dr. Fischer als Held gelobt, der damals hätte verhindern wollen, daß man die Haftbefehle aufhebt, um die mutmaßlichen Straftäter in den Iran entkommen zu lassen.

Frau Kollegin Schmidt! Man kann es buchstäblich greifen, worum es Ihnen da geht. Es geht Ihnen da um Dr. Klestil, es geht Ihnen da um die Vorbereitung der nächsten Bundespräsidentenwahl – und um sonst gar nichts. Das ist die Absicht, die da dahintersteckt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht darum, aus einem Justizskandal – Herr Kollege Moser, es ist objektiv gesehen ein Justizskandal, und als solcher ist er zu untersuchen; in unserem Land verschwinden verdächtig viele mutmaßliche Straftäter –, aus einem objektiven Versagen der österreichischen Justiz – diese Meinung wird von der Frau Kollegin Schmidt mehrmals in ihrer Dringlichen Anfrage und in ihrem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vertreten, und diese kann ich nur dick unterstreichen – ein objektives Versagen des Herrn Dr. Klestil zu machen, es geht darum, Dr. Klestil die Schuld in die Schuhe zu schieben. Aber da, meine Damen und Herren, spielen wir – gelinde gesagt – nicht mit!

Meine Damen und Herren! Wir verlangen eine lückenlose Aufklärung dieses Falles, aber auch des Versagens der Justiz in der Causa Ebergassing. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Vizekanzler und auch die Redner der ÖVP irren natürlich, wenn sie meinen, daß die Justiz, die in diesem Fall massiv herumgepfuscht und herumgebockt hat, ausgerechnet jetzt erfolgreicher sein wird. Wie können Sie das sagen, wo Ihnen doch der Herr Justizminister im Kabinett mitgeteilt haben muß – jedenfalls hat er das gegenüber dem "Kurier" gesagt –, daß überhaupt nicht ermittelt wird, weil die Täter nicht greifbar sind?


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72. Sitzung / Seite 61

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Warum erzählen Sie so etwas dem Hohen Haus? – Sie reden von einer Untersuchung durch die Justiz, beziehen sich dabei auf das Gericht, das im "Mykonos"-Fall entschieden hat, obwohl Sie ganz genau wissen, daß die Justiz überhaupt nicht tätig ist. Aber wenn sie tätig ist, dann verbockt sie die Fälle auch noch. Also was soll das Ganze, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Vizekanzler! Wir sind der Meinung, daß es notwendig ist, daß es hier zu einem Untersuchungsauschuß kommt. Sie werden ihn über kurz oder lang ohnehin nicht verhindern können.

Aber viel wichtiger, meine Damen und Herren von den Grünen, ist die Frage, wer in diesem Fall als Kronzeuge in der Öffentlichkeit berufen wurde. Es wurde der Herr Bani-Sadr (vgl. Jn) der Öffentlichkeit im Rahmen einer großen Pressekonferenz vorgeführt.

Meine Damen und Herren von der grünen Fraktion, wissen Sie, wer der Herr Bani-Sadr ist? – In mir sträubt sich alles, wenn der Herr Bani-Sadr zu Kurdenmorden spricht. Der Herr Bani-Sadr ist jener Mann, der es zu verantworten hat, daß durch massive Bombardements zahllose Menschen kurdischer Volkszugehörigkeit im Norden des Iran getötet wurden. Er hat sich an einem Völkermord an den Kurden beteiligt. Er ist der denkbar schlechteste Mann, als Humanitätszeuge in Kurdenangelegenheiten und als Kronzeuge gegen die österreichische Bundesregierung in der Öffentlichkeit aufzutreten, meine Damen und Herren! Auf den Herrn Bani-Sadr möchte ich in diesem Zusammenhang tunlichst verzichten. Wir werden diese Dinge mit den Instrumentarien und mit den Akten, die wir in Österreich zur Verfügung haben, auch eigenständig aufklären können.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Letztlich hat die Frau Kollegin Schmidt ja auch zum Ausdruck gebracht, daß es ihr an sich peinlich war, die bereits einberufene Sondersitzung nicht zu einem anderen Thema verlangt zu haben, nämlich zum Selbstmord des Direktors Praschak Das schreibt sie auch noch hinein, nämlich daß die Sondersitzung leider schon einberufen war und in der Zwischenzeit ein Selbstmord Österreich erschüttert hat.

Meine Damen und Herren! Der Fall Praschak hätte tatsächlich eine Sondersitzung gerechtfertigt, und dieser Fall wird uns auch noch weiterhin beschäftigen. Er wird die ÖVP und natürlich vor allem die SPÖ noch weiterhin beschäftigen.

Herr Vizekanzler! Sie können es sich nicht so einfach machen, zu sagen: Wir haben ein Abkommen mit der SPÖ geschlossen, daß der Herr Bank Austria-Chef Randa unterzeichnet hat! Das würde heißen: Dann, wenn ein Banker mitunterschreibt, werden die Abkommen erst etwas wert und wird interessanterweise auch die Unterschrift der ÖVP erst etwas wert. Schicken Sie uns bitte das nächste Mal, wenn Sie mit uns verhandeln, einen Banker vorbei, Herr Vizekanzler und ÖVP-Obmann! Ein Banker muß also unterschreiben, damit die Unterschriften der ÖVP etwas wert sind.

In diesem Abkommen sagen Sie, Sie haben Großartiges umgesetzt, von Punkt 1 bis Punkt 17 haben Sie alles umgesetzt. Das stimmt nicht! Schon der erste Punkt, die Kapitalerhöhung in der AVZ, ist nicht umgesetzt. Ebenso ist die Einsetzung eines Treuhänders nicht umgesetzt. Es steht in diesem Abkommen ... (Zwischenbemerkung des Vizekanzlers Dr. Schüssel . )

Sie kennen offensichtlich Ihr eigenes Abkommen nicht. Ich lese es Ihnen vor. Da heißt es: "Umtausch von Aktien oder Kapitalerhöhung oder Verkauf." (Neuerliche Zwischenbemerkung des Vizekanzlers Dr. Schüssel. )

Herr Vizekanzler, kennen Sie Ihre eigenen Abkommen nicht? Sie haben das doch unterschrieben! Ist das nicht Ihre Unterschrift? (Vizekanzler Dr. Schüssel: Ich lese Ihnen vor, was da steht!) Ich lese es Ihnen vor, Sie brauchen es mir nicht vorzulesen, Herr Vizekanzler. Hier steht:

"Erstens: Stimmrechtsanteile von AVZ und Wiener Holding an der BA werden innerhalb von fünf Jahren unter 25 Prozent reduziert. Umtausch von Aktien ..." (Vizekanzler Dr. Schüssel: Das ist ja der entscheidende Punkt!) Ja, das ist aber bis heute nicht erfolgt, Herr Vizekanzler. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Das wird vorbereitet!) Ah, das wird vorbereitet! Hinten steht, die


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Verträge sind rückabzuwickeln, wenn das nicht innerhalb von vier Wochen geschieht. Das Abkommen ist Anfang Jänner 1997 unterzeichnet worden, Herr Vizekanzler. Wie lange dauern denn bei Ihnen vier Wochen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie stellen sich her und spielen den großen Sieger. Sie lassen sich von den Sozialisten über den Tisch ziehen, daß es raucht und tun der österreichischen Bevölkerung gegenüber noch so, als ob Sie irgend etwas erreichten in dieser Koalition. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Da gibt es Beschlüsse!) Nein, Herr Vizekanzler! Jetzt haben Sie aufgehört, zu malen. Sie malen da irgendwelche Manderl. Ich weiß nicht, was das darstellen soll. (Vizekanzler Dr. Schüssel hält ein Schriftstück in die Höhe und zeigt es dem Redner.)

Ich erinnere Sie daran. Hören Sie doch endlich einmal zu! Schauen Sie sich an, was Sie unterschrieben haben! (Vizekanzler Dr. Schüssel: Ich habe nichts unterschrieben!) Schauen Sie sich an, was der Herr Bankpräsident unterschrieben hat. Hier steht unter Punkt 17:

"Kommt ein Beschluß der AVZ zum Punkt 1 innerhalb von vier Wochen nicht zustande, dann kommen die Vertragsparteien überein, eine Rückabwicklung des Verkaufs durchzuführen", meine Damen und Herren. (Abg. Großruck: Da wurden ja Beschlüsse gefaßt!) Nein, Sie haben keine Beschlüsse gefaßt. Sie haben bis heute nicht einmal einen Treuhänder, der einen Treuhandvertrag hat, der weisungsfrei sein soll, wie Sie immer getönt haben, Herr Vizekanzler. (Abg. Wabl: Haben Sie eine Kopie? Ich hätte gerne eine Kopie von der Verfassung Schüssel! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das ist ein Sauhaufen!)

Ich sage Ihnen, Herr Vizekanzler: Sie haben tatsächlich Umfallerqualitäten. Wir haben es Ihnen ja lieb gezeigt. Sie haben tatsächlich Umfallerqualitäten mit Ihrem Klubobmann, der sich jetzt aus dem Haus gedrückt hat. Sie haben tatsächlich Umfallerqualitäten, so wie es Ihr Wirtschaftsminister und Nachfolger gesagt hat: Ein konsensorientierter Politiker muß Umfallerqualitäten haben.

Sie sind Weltmeister in dieser Disziplin, Herr Vizekanzler. Sie sind in dieser Causa umgefallen – und Sie brauchen heute nicht so zu tun, als ob Sie irgend etwas an diesem System geändert hätten. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Dazugehören tut er!) Sie naschen mit am System, Sie sind mit diesen miserablen Zuständen einverstanden, und Sie haben daher diese tragischen Auswirkungen, die jetzt vorderhand in einen Selbstmord gemündet haben, mitzuverantworten! Vor dieser Verantwortung können Sie sich nicht drücken! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Fekter gemeldet. Die Bestimmungen sind ja bekannt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.42

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Stadler hat behauptet (Abg. Dr. Haider: Herr Magister Stadler!), ich hätte einen Schubhäftling aufgrund einer Intervention bei Minister Einem aus der Schubhaft geholt, und dieser Häftling wäre untergetaucht.

Diese Behauptung ist falsch. Richtig ist vielmehr: Der Bescheid, aufgrund dessen die Schubhaft verhängt wurde, war rechtswidrig, weil diesem Bescheid ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot zugrunde gelegt wurde. Dieses Aufenthaltsverbot war jedoch nicht rechtskräftig, weil das Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof noch anhängig war. (Abg. Böhacker: Haben Sie interveniert oder nicht?)

Ich habe weder beim Innenministerium noch bei Minister Einem interveniert, ich habe lediglich unseren Bezirkshauptmann angerufen (Abg. Mag. Stadler: Jöööh! Jetzt kommt es auf!) und habe ihm die Rechtswidrigkeit dieses Bescheides dargelegt. (Abg. Mag. Stadler: Aha!) Und aufgrund dessen, daß der Bescheid rechtswidrig war, hat er veranlaßt, daß die Schubhaft aufgehoben wird. (Abg. Mag. Stadler: So, so!) Der Betroffene ist außerdem nicht untergetaucht; er hatte einen festen Wohnsitz. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Fragt sich nur, wo!)


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Herr Kollege Stadler! Ich habe hier in diesem Haus gelobt, Gesetze einzuhalten, und das tue ich – auch wenn es Ausländer betrifft. (Beifall bei der ÖVP. – Lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.44

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Herr Außenminister, Sie haben in Ihrer Rede Ihre Außenpolitik gegenüber dem Iran unter anderem damit begründet, daß Sie den Ausgleich mit den gemäßigten Kräften suchen. Aber diese Erklärung, den Ausgleich mit gemäßigten Kräften zu suchen, müssen Sie schon noch genauer darlegen, wenn Sie sich nämlich nicht nur anschauen, mit welchem Regime Sie es im Iran zu tun haben, sondern auch, mit welcher Häufigkeit von gegenseitigen Staatsbesuchen wir es in den letzten Jahren zu tun hatten, mit welcher Intensität der außenpolitischen Beziehungen ausgerechnet der Iran bedacht wurde. Das läßt nämlich aufhorchen.

Ich habe mir die Mühe gemacht, die Außenpolitischen Berichte der letzten Jahre, vor allem beginnend ab dem Jahr 1989, anzuschauen. Das Jahr 1989 haben wir nicht nur deshalb genommen, weil das das Jahr der Morde war, sondern weil vorher durch die Kriegssituation zwischen Iran und Irak natürlich nicht nur die politischen, diplomatischen, sondern vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen beeinträchtigt und gestört waren.

Im Jahr 1989 beginnt sozusagen so etwas wie ein Aufschwung in den diplomatischen außenpolitischen Beziehungen, und zwar nicht nur in der gegenseitigen Besuchsreihe, sondern vor allem auch in der Exportwirtschaft Österreichs. Das findet seinen Aufwärtstrend dann vor allem in den Jahren 1990 und 1991 in einer massiven Steigerung der Außenwirtschaftsbeziehungen. Und das haben Sie verschwiegen.

Wenn Sie nämlich als Antwort sagen: Das ist ja gar nicht wahr, schauen Sie sich die Unterlagen und die Statistiken an!, dann haben Sie wissentlich verschwiegen, daß es natürlich Jahre der weitaus intensiveren wirtschaftlichen Beziehungen und eines sehr starken Aufwärtstrends gegeben hat, und das waren die Jahre 1990, 1991 und 1992. Es sind dies genau die Folgejahre nach dem Attentat in Wien, und es ist in Außenpolitischen Berichten nachzulesen, auf welche Sparten, auf welche Anlagen, auf welche Produkte sich diese Außenwirtschaft bezogen hat, die Österreich stark nutzen konnte.

Es ist vor allem auch nachzulesen, auf welcher Ebene diese außenpolitischen Besuche stattgefunden haben. Da ist schon auch interessant, daß im Jahr 1990, also ein Jahr nach diesen Morden, diese Besuche auf Beamtenebene stattgefunden haben, aber ab dem Jahr 1991 gab es zahlreiche Besuche und einen ganz massiven Austausch auf Ministerebene. Es gibt so etwas wie besondere Gäste in Wien, zu denen nicht nur Velayati gehört, der seit 1991 jährlich auf Besuch war und der sozusagen so etwas wie ein ständiger Gast in Österreich ist, sondern dazu gehört auch der Vizeaußenminister, dazu gehören die Minister oder Vizeminister für Tourismus, für Wirtschaft, für Handel, Arbeitsminister – aus all diesen Bereichen. Es kamen Delegationen für Tourismus, Delegationen für Wasserwirtschaftsbau mit hochrangigen politischen Experten, es gab parlamentarische Besuche sowohl des Iran in Österreich mit höchster Repräsentation als auch Besuche österreichischer Parlamentarier.

Das zieht sich völlig ungebrochen durch bis 1995. Nicht wir müssen hier irgend etwas beweisen, Herr Minister, sondern Sie, denke ich, müßten einmal den Beweis antreten, daß das, was in diesen Jahren stattgefunden hat, wirklich dem entsprochen hat, was Sie behaupten, nämlich dem Ausgleich der gemäßigten Kräfte. Sie müssen meiner Meinung nach den Beweis antreten, daß diese Geschäfte nichts mit vorauseilendem Gehorsam zu tun hatten, daß sie nichts damit zu tun hatten, daß man ein Schweigen gegenüber der Menschenrechtssituation mit Exportwirtschaft, mit Außenhandelsbeziehungen eingekauft hat.


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Genau das steht aber ebenfalls im Blickfeld all der Ereignisse des Jahres 1989 wie auch unmittelbar danach. Es geht darum, wirklich alle Verdachtsmomente auszuräumen. Welches Instrument, frage ich Sie, eignet sich besser dazu als ein Untersuchungsausschuß? Sie sagen, die unabhängigen Gerichte sollen prüfen. Herr Minister, Sie wissen genausogut wie wir, daß die unabhängigen Gerichte überhaupt nichts mehr zu prüfen haben. Der Fall ist, was die Gerichte betrifft, abgeschlossen. Die Aufklärung über die politischen Hintergründe, die politische Verantwortung, die Verquickung zwischen dem Außenministerium, dem Innenministerium und dem Justizministerium, wie welche Weisungen zustande gekommen sind, wie es dazu gekommen ist, daß Untersuchungshaft nicht verhängt und Haftbefehle nicht ausgestellt wurden – diese Aufklärung kann nur in einem politischen Gremium, in einem Untersuchungsausschuß durchgeführt werden und nicht durch unabhängige Gerichte.

Vielleicht ist es auch ganz interessant, darauf hinzuweisen, daß Österreich das einzige Land ist, in dem ein Untersuchungsausschuß nur mit Regierungsmehrheit zustande kommen kann. In allen anderen Ländern in Europa gibt es Minderheitenrechte, gibt es längst die Möglichkeit, daß die Opposition einen Untersuchungsausschuß einrichten kann. Aber wir sind in einer Situation, daß nur die Mehrheit ... (Abg. Dr. Schwimmer: Wo? Wo?) In Deutschland zum Beispiel. (Abg. Dr. Schwimmer: Gibt es andere Länder auch noch?)

Wir sind nicht nur in einem Land, in dem nur die Mehrheit Untersuchungsausschüsse beschließen kann, sondern wir sind noch dazu in einem Land, in dem uns bei einer Geschäftsordnungsdiskussion der Klubobmann der Regierungskoalition, Klubobmann Khol, sagt: Wir wollen ja die Art und Weise, wie so ein Untersuchungsausschuß durchgeführt wird, gar nicht ändern, denn wir wollen gar nicht, daß irgendwelche Untersuchungsausschüsse eingesetzt werden. (Abg. Dr. Schwimmer: In welchem Land außer Deutschland gibt es das noch?)

Wir leben offensichtlich in einem Land, in dem sich die, die eigentlich das Objekt der Kontrolle sind, selbst kontrollieren und dann Berichte von den Ministerien anfordern. Interessanterweise will man aber keine Berichte vom Außenamt oder vom Außenministerium, keinen Bericht darüber, welche Rolle das Außenministerium im Jahr 1989 und in den folgenden Jahren durch diese auffallend intensiven Beziehungen zum Iran gespielt hat. Nein, Sie begnügen sich damit, daß Sie sagen: Wir lassen die Berichte erstellen und dann schauen wir einmal weiter, wie das ist. Und dies trotz einer erdrückenden Beweislast, trotz einer öffentlichen Meinung, die Ihnen voll ins Gesicht weht gegen Ihren verzweifelten Versuch, hier irgend etwas zu kaschieren.

Zu einem Punkt, Frau Kollegin Fekter, sind Sie schon noch eine Erklärung schuldig geblieben. Wir befinden uns in einem Land, in dem sehr schnell die Untersuchungshaft wegen ganz anderer Taten als Mord und gegen ganz andere Tatverdächtige verhängt wird, aber eines ist sicher in Österreich: Wenn hier jemand des Mordes verdächtigt wird, dann wird die Untersuchungshaft verhängt. Eine Erklärung dafür, daß es zwei Mordverdächtige gibt, aber keine Untersuchungshaft verhängt wird, obwohl das sonst in diesem Land wirklich üblich und Usus ist – nicht nur wegen Verdunklungsgefahr, wegen Fluchtgefahr, wegen all dieser Gründe –, müssen Sie erst einmal finden. Gerade in diesem Fall stellen Sie sich hier heraus und behaupten, es habe keine Gründe gegeben, die Tatverdächtigen zu verhaften und Untersuchungshaft zu verhängen.

Eines ist schon auch auffallend – um noch einmal auf das zurückzukommen, was mein Kollege Anschober bereits gesagt hat –: dieser offensichtliche Austausch zwischen einem Untersuchungsausschuß, bei dem es um wirklich aufklärungsbedürftige Geschäfte im Bereich der Kontrollbank, im Bereich der Exportwirtschaft geht, und einem Untersuchungsausschuß, bei dem es um die völlig ungeklärte und höchst verdächtige Rolle von drei Ministerien bei der Verdunkelung und Verschleierung des Tatherganges mit darauffolgender mehr oder weniger Fluchthilfe für die Tatverdächtigen geht.

Die Vermutung, daß hier offensichtlich ein Deal geschlossen wurde, ist zulässig, denn wenn man Ihnen zuhört, Herr Minister Schüssel, und auch Herrn Klubobmann Khol, dann fällt auf, daß Sie bei jeder nur möglichen Gelegenheit darauf verweisen, daß Sie auch den Ex-Minister Löschnak in Ihre Begründungen einbeziehen wollen. Was ist das anderes, frage ich mich, als


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klarzumachen zwischen den Regierungsparteien: Ohne euch wird hier nichts sein. Wenn, dann seid ihr genauso dran, dann seid ihr genauso mittendrin.

Genau das ist der Grund, warum es höchst an der Zeit ist, nicht nur einen Untersuchungsausschuß zu diesen Fällen der Kurden-Morde einzurichten, sondern sehr wohl auch einen Untersuchungsausschuß einzurichten, bei dem es um die Beleuchtung der gesamten Exportgeschäfte geht. (Beifall bei den Grünen.)

17.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.54

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich wollte der Kollegin Fekter, die leider jetzt nicht mehr da ist, nahelegen, sich die Pressemeldungen anzuschauen.

Samstag/Sonntag 22./ 23. Juli 1989. Botschafter Schmid: "Es muß auch der iranischen Seite bekannt sein, daß die österreichische Justiz unabhängig von politischen Einflüssen ist. Ich stehe in fast täglichem Kontakt mit dem iranischen Botschafter, um eine Aufklärung dieses Verbrechens zu ermöglichen. Um so befremdlicher sind die iranischen Attacken" – Attacken! – "auf unsere Justiz."

Es hat angeblich überhaupt keinen politischen Druck gegeben. Warum sagt dann ein Beamter, daß es Attacken gegeben hat, und läßt sich noch dazu in der Zeitung zitieren?

Weiters: "Das Verhältnis Österreichs zum Iran sei durch den Anschlag ‘komplizierter’ geworden, meinte Mock." – 25. Juli 1989. In der "Presse" läßt er das auch abdrucken.

Weiters: 30. Juli 1989: "Innenminister Löschnak hingegen bestätigte, daß die Ermittlungsbehörden bereits am 19. Juli einen Haftbefehl gegen Djafari Sahraroodi angeregt hätten."

Und er erinnert sich weiter am 29. November 1996: "Er habe Weisung gegeben, den verletzten Iraner Sahraroodi in Schubhaft zu nehmen, sollte der U-Richter ihn nicht in Haft nehmen."

Also zumindest Herr Minister Löschnak hat sehr wohl Weisungen gegeben, in diesem Fall sogar besonders wertvolle Weisungen, die aber anscheinend überhaupt nicht befolgt wurden. Man kann doch nicht sagen, es habe überhaupt keine Verquickung gegeben, wenn auf der anderen Seite Beamte und Politiker die Vorwürfe bestätigen, die wir in der Anfrage erhoben haben.

Aber, Herr Bundesminister, ich möchte mich nicht nur auf die Vorkommnisse von 1989 konzentrieren, sondern eine Chronologie darstellen:

1984: Außenminister Lanc ist der erste westliche Politiker, der offiziell den Iran nach der Revolution besucht.

1987: Österreich ist das erste westliche Land, das den iranischen Außenminister Velayati empfängt.

Februar 1989: Das "Todesurteil" gegen Salman Rushdie wird erlassen. Alle EG-Länder ziehen ihre Botschafter zurück. Unserer zieht es vor, eine Woche in den Urlaub zu gehen. Zurückgezogen wird er nicht.

Dann gab es den Mord am 13. Juli 1989.

Am 27. August 1989: Herr Bahman, Funktionär der kurdischen KDP, in Larnaka ermordet.

24. April 1990: Radjavi, Bruder des Anführers des iranischen Volksmudschahedin, am Genfer See erschossen.


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Oktober 1990: Der persische Monarchist Elahi in seiner Wohnung in Paris ermordet.

17. April 1991: Borumant, Mitarbeiter des iranischen Ex-Premiers, in Paris erstochen.

8. August 1991: Bahtiar, letzter Regierungschef des Schah von Persien, in seiner Pariser Wohnung erstochen.

November 1991: Velayati in Wien. – Also kurz danach. – Zu Menschenrechtsfragen und Kurden-Affäre verweigert er jede Auskunft, sieht aber eine "sehr positive" Entwicklung der Beziehungen zu Österreich.

Dann geht es weiter: Erst im Dezember 1991 sind die Rechtshilfeansuchen ausgestellt. Auf diplomatischem Weg sind sie erst am 7. Jänner 1992 überreicht worden. Also immerhin hat es bis 1992 gebraucht, bis man den Iran aufgefordert hat, in der Beziehung mitzuarbeiten.

Weiter geht es im Juli 1992, also ein halbes Jahr, nachdem man den Iran aufgefordert hatte, mitzuarbeiten: "Mock in Teheran: schneidet die kritische Menschenrechtssituation nicht an, würdigt die Ausdehnung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen." – Na toll!

Es geht weiter mit einer Reihe anderer Ermordungen an Kurden: am 17. Dezember 1992, am 16. März 1993, am 7. Oktober 1993, am 11. Oktober 1993. – Danach kommt der iranische Vizeaußenminister zu Bundespräsident Klestil, und ein weiterer Ausbau der politischen Kontakte wird vereinbart.

November 1994: Velayati in Wien – in der Zwischenzeit sind noch eine Reihe von Kurden ermordet worden in Europa –: "Todesurteil gegen Rushdie wird immer Gültigkeit haben." – Interessant, daß wir da so offen mit dem Herrn Minister Kontakt pflegen.

März 1995: Velayati wieder in Wien, wenige Tage, nachdem der Iran wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen von der Menschenrechtskommission verurteilt wurde. Er setzt sich für eine Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen ein. Auf Anfrage sagte Mock, daß das Ansuchen um Rechtshilfe im Kurden-Mordfall in den Gesprächen nicht erwähnt wurde.

Oktober 1995: Iranischer Parlamentspräsident bei österreichischem Nationalratspräsident Fischer. Irland ist das einzige europäische Land neben Österreich, das er besuchen darf.

Was sonst, wenn nicht das, entspricht der politischen Mißachtung einer äußerst problematischen Situation? Warum, Herr Bundesminister, dürfen wir angesichts des Umgangs mit einer äußerst problematischen Regierung, welche die Verquickung mit der Ermordung von Menschen im Ausland zugibt, nicht die politische Verantwortung für diesen Umgang untersuchen? Die Verantwortung ist der Punkt, um den es geht! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Selbstverständlich haben alles andere die Gerichte zu untersuchen. Aber was ich Ihnen vorgelesen habe, Herr Bundesminister, das betrifft die Politik und kann von keinem Gericht beurteilt werden! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

18.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Leikam.  6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.01

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 16. April dieses Jahres hat sich der österreichische Nationalrat erstmals in einer kurzen Debatte mit den Kurden-Morden beschäftigt. Schon damals waren die Argumente der Antragsteller recht dünn. Es war sozusagen "eine dünne Suppe", wie es in diesem Hause schon öfter formuliert wurde. (Abg. Wabl: Das kennen wir schon! Das war eine schwache Antwort!)

Meine Damen und Herren! Heute ist diese ohnehin schon dünne Suppe noch dünner geworden. Sie hat faktisch überhaupt keine Einlage mehr vorzuweisen. Was heute vorgelegt worden ist, ist – wie schon vor mehreren Wochen – wiederum nichts anderes gewesen als die Presseaus


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sendung des Kammergerichtes Berlin. Diese ist von mehreren Rednern zitiert worden, aber Neues ist nicht hinzugekommen. Damals wie heute sind wir konfrontiert mit einer Reihe von Zitierungen unzähliger Presseartikel, deren Inhalt – wie unser Klubobmann deutlich gezeigt hat – in vollem Umfang schon in den Jahren 1989 und 1990 bekannt war. Es ist wirklich nichts Neues hinzugekommen – es sei denn, man legt Wert auf die Feststellung, daß es das Wochenmagazin "News" damals noch nicht gab und die Artikel, die jetzt in "News" zu lesen sind, damals in anderen österreichischen Presseorganen zu lesen waren. (Abg. Hans Helmut Moser: Es geht um die politische Verantwortung!)

Wer ganz genau hingehört hat, kann vielleicht etwas Neues darin erblicken, daß seit dem 16. April 1997 alle Oppositionsparteien zu einer Erkenntnis gelangt sind, die den früheren Innenminister Franz Löschnak betrifft. War er am 16. April noch von den Rednern aller drei Oppositionsparteien angegriffen worden, so spielte er in den heutigen Vorwürfen keine Rolle mehr. Offenbar sind die Oppositionsparteien – das ist ja nicht verboten – klüger geworden und haben erkannt, daß sie ihre Vorwürfe nicht aufrechterhalten können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Mock. )

Kollege Anschober hat von "neuen Beweisen" gesprochen, aber keinen einzigen vorgelegt. Er hat nicht mehr als eine chronologische Auflistung von Zeitungsartikeln geboten. Hält er das für einen Beweis, daß Herr Bani-Sadr nach Österreich geholt wurde, hier eine Pressekonferenz gab, in der er die österreichischen Politiker pauschal als korrupt bezeichnete, aber auf die Frage von Journalisten nach Beweisen für seine Behauptungen eine verneinende Antwort geben mußte, und anschließend das Land wieder verlassen hat? Soll etwa der erhobene Vorwurf als neuer Beweis dienen, und soll das österreichische Parlament deshalb der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses die Zustimmung erteilen?

Meine Damen und Herren vom Liberalen Forum und von den Grünen! Diese Suppe ist wahrlich zu dünn! Wenn Sie nicht andere Vorwürfe vorbringen können, werden wir einem solchen Untersuchungsausschuß nie unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was von seiten des Liberalen Forums heute vorgebracht wurde, ist ein besonders interessantes Konvolut von Ungereimtheiten. Diese Sondersitzung mußte einberufen werden, damit über die Kurden-Morde diskutiert werden kann, und wegen der Dringlichkeit, einen Untersuchungsausschuß einzurichten. Wenn man aber diese 60 Fragen der Dringlichen Anfrage durchliest, sieht man, daß es nicht nur um die Kurden-Morde geht, sondern auch um den Selbstmord von Gerhard Praschak, um den Beitritt zur NATO und, wie vorhin von einer Rednerin der Grünen zu hören war, auch noch darum, alle österreichischen Exportgeschäfte zu durchleuchten. (Abg. Schaffenrath: Wer hat denn das alles verpfuscht?) Das nenne ich ein Konvolut von Ungereimtheiten, denn das hat nichts mit dem Anlaß zu tun, aus dem diese Sitzung verlangt wurde.

Meine Damen und Herren! Einmal mehr darf ich feststellen, was wir bereits am 16. April 1997 klar und deutlich zum Ausdruck gebracht haben: Wir österreichischen Parlamentarier haben keine Möglichkeit, die Gerichtsakte im Rechtshilfeverfahren von Berlin nach Österreich ausgehändigt zu bekommen. Wohl aber haben die österreichischen Justizbehörden diese Möglichkeit. Wir sollten nun die von allen drei beteiligten Ressorts angekündigte chronologische Darstellung aller Vorkommnisse im Zusammenhang mit den Kurden-Morden abwarten. Wir sollten auch den Verlauf der gerichtlichen Erhebungen abwarten, nachdem sie wieder ins Laufen gekommen sind. Erst danach sollten wir mit Urteilen zur Stelle sein, nicht aber auf der Grundlage dessen, was gegenwärtig vorliegt und heute neuerlich vorgebracht wurde. Was heute dargeboten wurde, kann nur als ein völlig ungeeignetes Gemisch bezeichnet werden, das für uns von der SPÖ-Fraktion nicht ausreicht, um der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses die Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)


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18.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. König.  Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.06

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch zwei Sätze zur Debatte über die Kurden-Morde sagen.

Meine Damen und Herren von der Opposition, vor allem von den Grünen! Wer einen Herrn Bani-Sadr als Kronzeugen hierher nach Österreich bringt, damit er Österreich der Korruption bezichtigt, darf sich nicht wundern, wenn seine Anliegen nicht ernst genommen werden. Eigentlich muß man dazu sagen: Ein solches Verhalten schädigt Österreichs Ansehen im Ausland in so hohem Maße, daß man von österreichischen Politikern erwarten sollte, daß sie sich nicht dafür hergeben. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich sage: die Grünen. Herr Kollege Wabl! Herr Bani-Sadr war der erste Ministerpräsident des Revolutionsführers Khomeini. Zur Zeit seiner Regierung wurden Menschen ohne Prozeß in Teheran an Laternen aufgehängt, damals starben Hunderte an der Folter in den Gefängnissen, und damals wurden – darauf hat Kollege Stadler zu Recht hingewiesen – die Kurden bombardiert. Einen solchen "Kronzeugen", der hier unbewiesene Verdächtigungen ausspricht, sollte man Österreich ersparen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Kollege Leikam hat schon darauf hingewiesen, daß die Anfrage der Liberalen eine Omnibus-Anfrage ist. Sie umfaßt eine ganze Reihe von Bereichen. (Abg. Schaffenrath: Notwendigermaßen!) Notwendigermaßen? Sie haben aber zu einem auch für Sie wesentlichen Thema – sonst hätten Sie es ja nicht aufgegriffen –, nämlich zur Frage der NATO, bisher in der Debatte überhaupt nicht Stellung bezogen. Ich gehe davon aus, daß die Antworten, die Ihnen Vizekanzler Schüssel gegeben hat, ausreichend waren. Diese Antworten wiederhole ich jetzt, damit sie nicht in Vergessenheit geraten, denn Sie haben dem nicht widersprochen. (Abg. Schaffenrath: Sie sollten die APA-Aussendung noch einmal studieren! – Abg. Tichy-Schreder: Was soll denn das, bitte?)

Lassen Sie mich bitte wiederholen, was hier gesagt wurde, weil Sie darauf nicht Bezug genommen haben. Vizekanzler Schüssel hat Ihnen geantwortet: Es gibt in dieser Frage Übereinstimmung in der Regierung. Noch vor dem Sommer wird mit der Arbeit an einem Bericht begonnen werden, und nach dem Ende der Debatte wird diesem Haus von der Regierung ein gemeinsamer Bericht vorgelegt werden. Das Parlament wird also damit befaßt werden.

Wenn Sie mit dieser Aussage nicht zufrieden sind, frage ich mich, was Sie anderes wünschen. (Abg. Hans Helmut Moser: Einverstanden!) Kollege Moser bestätigt mir: Diese Anfrage wurde zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet. (Abg. Hans Helmut Moser: Aber keine Alleingänge des Außenministers!) Gut! Das war kein Alleingang des Außenministers, und es ist inhaltlich in Ihrem Sinn beantwortet worden.

Lassen Sie mich weiters etwas zu den Kollegen und Kolleginnen von der Freiheitlichen Partei sagen. Sie haben uns wiederholt vorgeworfen, wir würden in der Frage der NATO zu zögerlich sein. Das erinnert mich an Ihr Drängen vor dem Antrag auf den EU-Beitritt. Als wir jedoch dem nachgekommen waren, hatte es sich die Freiheitliche Partei auf einmal anders überlegt. (Abg. Dr. Graf: Diese Rede haben wir schon gehört!) Lassen Sie mich das zu Ende bringen. Ich hoffe, daß Sie sich bei dieser Debatte nicht wieder so verhalten, sondern zu dem stehen werden, was Sie hier immer wieder vorgebracht haben.

Lassen Sie mich leidenschaftslos feststellen: Wir alle wissen, daß ein kleines Land heute den Bedrohungen von außen allein nicht gewachsen ist. Das wissen wir. (Ruf: Die SPÖ weiß das nicht!) O ja, das weiß sie auch. Aber die Regierung hat diese Frage einer entsprechenden Vorbereitung unterworfen. Das tut sie, weil wir jetzt wissen, daß die Verhandlungen über den Abschluß eines Kooperationsvertrages zwischen der NATO und der Russischen Föderation weit fortgeschritten sind und vor dem Abschluß stehen. Wir wissen auch, daß die Frage der gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik in der EU noch vor dem Sommer auf dem Gipfeltreffen in Amsterdam einer Regelung zugeführt werden soll, und wir wissen, daß es auch um die Zukunft der WEU als europäischem Pfeiler der Verteidigung innerhalb der


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NATO geht. Darüber muß Klarheit bestehen, bevor ernsthaft eine Bewertung vorgenommen und eine Entscheidung getroffen werden kann.

Richtig ist, daß die NATO heute in ihren Zielsetzungen tatsächlich das Attribut "NATO neu" verdient. Denn die Ziele sind vor allem seit den Petersberger Beschlüssen (vgl.) völlig klar. An erster Stelle stehen Friedenserhaltung, Friedensschaffung und humanitäre Hilfe. Dazu kommt naturgemäß der Schutz der Mitglieder. Diese Solidarität, auch innerhalb der Mitglieder der Europäischen Union, ist ein Anliegen, das wir selbstverständlich unterstützen können, weil es letzten Endes uns selbst zugute kommt.

Meine Damen und Herren! Verantwortungsbewußtes Handeln setzt voraus, daß man zwar die Entwicklung abwartet, anschließend aber – unter Einbeziehung des Parlaments, und diese ist zugesagt worden – eine Entscheidung trifft. In dieser Hinsicht ist die österreichische Bundesregierung gegenüber dem Land und seinen Bürgern genauso verantwortungsbewußt wie in der Frage des EU-Beitritts. (Beifall bei der ÖVP.)

18.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé.  Restredezeit ihres Klubs: 6 Minuten. – Bitte.

18.12

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin schon viele Jahre hier im Parlament und kann deshalb mit gutem Recht sagen, daß leider Gottes immer wieder dasselbe geschieht, wenn die Opposition einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stellt: Die Opposition stellt den Antrag, und die Regierung mauert, so gut es geht. Dafür werden alle Argumente herangezogen, die sich finden lassen.

"Lucona"-Ausschuß: Siebenmal stellte die Opposition einen Antrag! "Noricum"-Untersuchungsausschuß: Sechsmal hatte die Opposition einen Antrag gestellt, bevor dieser Untersuchungsausschuß endlich eingesetzt wurde! Keiner kann sagen, es sei dabei nichts herausgekommen – ganz im Gegenteil: Der "Lucona"-Ausschuß führte sogar zu einer Ministeranklage! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gleicht einem politischen Martyrium, hier einen Untersuchungsausschuß durchzusetzen. Herr Abgeordneter Fuhrmann! Zuerst wird im Verlauf der Anwendung der Regierungs-Abwehrmechanismen immer die Arbeit der unabhängigen Gerichte herangezogen. In dieser Phase wird ständig wiederholt: Lassen wir jetzt die Gerichte untersuchen, diese sind dazu berufen. Ich sage Ihnen aber, daß die Gerichte nicht dazu berufen sind, die politische Verantwortlichkeit zu überprüfen. Sie sind nicht kompetent, wenn es um die Überprüfung des ordentlichen politischen Ablaufs geht. Das wissen Sie ebensogut wie ich.

Der Abblockmechanismus zeigt sich auch, wenn beispielsweise Herr Abgeordneter Khol sagt: Die Minister waren Ehrenmänner, die ihre Verantwortung wahrgenommen haben. Sie haben das Beste für Österreich gewollt. – Ja, aber es sind nicht die Gerichte verantwortlich, wenn es darum geht, zu überprüfen, ob das das Beste für Österreich war. Es muß ein politisches Gremium überprüfen, ob diese Minister wirklich das Beste für Österreich gewollt haben, Herr Abgeordneter Khol. Wir müssen uns anschauen, welche Mittel von den Ministern, die Sie zitiert haben, angewendet wurden, um das Beste für Österreich herauszuholen. Da werden alle möglichen Vorschläge vorgebracht, um die Untersuchungsausschüsse abzuwimmeln. Beispielsweise hat Herr Minister Schüssel gesagt: Wir wollen aufklären, aber es gibt mehrere Wege, das zu tun. Und nicht alle Wege entsprechen den parlamentarischen Wünschen. Weiters sagt er, es gebe keine gemeinsame Sache mit dem Staatsterror. – Na, dann wollen wir doch auf parlamentarischer Ebene überprüfen, ob auch wirklich alles getan wurde gegen diesen Staatsterrorismus, dem wir offensichtlich ausgesetzt wurden.

Und, Herr Minister, wir wollen auch keine isolierten Berichte haben, sondern wir wollen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß, der die politische Verantwortlichkeit überprüfen soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Herr Abgeordneter Fuhrmann hat gesagt: Drei Ressorts sollen alle Akten zusammentragen, und das schauen wir uns dann an. – Das ist ja lächerlich. Wir wollen keine isolierten Akten, wir wollen keine isolierten Berichte. Wir wollen eine zusammenhängende Untersuchung!

Zu dem Argument von Herrn Leikam, wir können die Akten von Berlin nicht anfordern, die das "Mykonos"-Urteil enthalten: Das Urteil brauchen wir gar nicht, um die Verantwortlichkeit in Österreich zu überprüfen. Wir wollen ja wissen: Haben österreichische Minister dazu beigetragen, daß das Recht gebeugt wurde?

Herr Klubobmann Kostelka sagt, die Regierung müsse nicht gezwungen werden, sie lege die Akten selbst vor. – Darauf trifft das gleiche zu wie auf die Berichte: Sie legen uns vor, was Sie wollen. Wir können überhaupt nicht überprüfen, ob das auch der Wahrheit entspricht, was Sie uns vorlegen.

Herr Klubobmann Khol zieht sich auf die Geschäftsordnung zurück, die dem Untersuchungsausschuß keinen geeigneten Rahmen gibt, wenn er sagt: Das sei ein Spektakel, das sei unmenschlich und so weiter und so fort. Das sind doch alles Scheinargumente.

Sagen Sie mir, bitte, warum Sie sich wie der Teufel vor dem Weihwasser vor einem Untersuchungsausschuß fürchten! Das möchte ich wirklich gerne wissen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, ein Grund dafür, daß wir einen Untersuchungsausschuß haben wollen und sollen, ist auch der, daß wir prüfen: War es aus Gründen der Staatsräson notwendig, daß das Recht gebeugt wurde? Wenn ja, dann müssen wir uns auch Gedanken darüber machen, wie wir das Legalitätsprinzip in Österreich durchbrechen, um in Zukunft ohne Rechtsbeugung in einer für Österreich bedrohlichen Situation vorzugehen. Jedenfalls war und ist es sicherlich nicht befriedigend, wie man in der Vergangenheit vorgegangen ist. Auch wenn es um "Staatsräson" geht, darf man nicht das Recht beugen. Das macht den Rechtsstaat unglaubwürdig – und dazu wollen wir nicht beitragen, sondern wir Parlamentarier sollen danach trachten, daß in diesem Rechtsstaat auch durchleuchtet wird, ob das Recht tatsächlich angewendet wurde. Wenn nicht, dann muß man Abhilfe schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Moser gemeldet. Die Geschäftsordnung ist bekannt. Herr Abgeordneter: 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

18.18

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Kollege König hat von hier aus behauptet, daß das Liberale Forum, weil sich zum Thema NATO von uns noch niemand zu Wort gemeldet hat, den Ausführungen des Herrn Vizekanzlers und Außenministers zustimmen würde.

Das ist nicht richtig! – Richtig ist vielmehr, daß aus unserer Sicht der Herr Außenminister eben als Außenminister vor der NATO gesprochen hat – und nicht als Privatperson. Das geht auch aus den Pressemeldungen hervor.

Weiters: Das war ein offensichtlicher Alleingang, den wir nicht akzeptieren können, weil uns dieses Thema zu ernst ist, als daß es ausschließlich dem Außenminister überlassen bleiben könnte. Wir verlangen daher eine umfassende Diskussion, eine Meinungsbildung hier im Parlament zu diesem Thema. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Wabl. )

18.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Barmüller vor. 4 Minuten Restredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.19

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst auf die Ausführungen des Herrn Bun


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desministers Schüssel eingehen, und zwar auf das, was er zu Beginn seiner Rede in Richtung der Frau Abgeordneten Schmidt gesagt hat, und er meinte, er brauche keine Belehrung in Menschenrechtssachen. – Ich weiß schon, Herr Bundesminister, Sie werden lieber unterhalten als belehrt, aber: Mit den Liberalen ist in Menschenrechtsfragen nicht zu spaßen.

Wir sind da sehr sensibel, auch für die Sprache, die geübt wird. Es war Herr Bundesminister Schüssel, der gesagt hat, daß es ein "Kurden-Problem" gibt. – Ich bitte Sie, darüber nachzudenken! Es gibt kein "Kurden-Problem", denn nicht die Kurden sind das Problem, sondern die Kurden haben ein Problem. Dieses wird ihnen gemacht, und zwar nicht zuletzt von Bundesregierungen, die so vorgehen, wie das 1989 in Österreich der Fall war. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Deshalb bin ich auch nicht zuversichtlich, wenn mir Herr Abgeordneter Khol sagt, daß es einen Bericht der Bundesregierung geben wird. Es wundert mich, daß jemand, der so sensibel auf Verbrechen, die in Österreich passieren, reagiert und deshalb den "großen Lauschangriff" einführen möchte – am besten gleich überall und ohne Ausnahme, so zum Beispiel in Rechtsanwaltskanzleien und in Beichtstühlen –, dann meint, die in diesem Fall Betroffenen sollen sich doch selbst kontrollieren und den Bericht dann an das Parlament weitergeben.

Herr Abgeordneter Khol! Es wundert mich, daß Sie alle unschuldigen Bürger in Österreich einer Gefahr aussetzen wollen, wenn es aber Sie selbst betrifft, dann möchten Sie überhaupt nur mit sich selbst zu tun haben und sich von niemandem in die Karten blicken lassen. Das ist eine wirklich doppelbödige politische Argumentation, die Ihnen mittlerweile zur zweiten Natur geworden ist! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte nur einen einzigen Fall herausgreifen, der auch vom Herrn Abgeordneten Anschober angesprochen worden ist. Herr Bundesminister Schüssel! Sie haben erklärt, daß am 25. 7. 1989 im Ministerrat diese Problematik auch ein Thema war, zu dem es aber leider keine neuen Fakten gegeben hat, und so konnten Sie diesbezüglich nichts sagen oder machen. – Herr Abgeordneter Anschober muß sich dann hier an dieses Pult stellen und Ihnen aus Akten zitieren, um zu beweisen – ich nenne es jetzt kurz den Aktenvermerk "Suzuki" –, daß Sie sehr wohl schon mit neuen Fällen, mit einer neuen Sachlage konfrontiert waren! Man kann ja nicht sagen, daß die Justiz vom 19. 7. bis zum 25. 7. nicht reagieren hätte können, denn bereits am 19. 7. waren die Fakten klar. Sie hätten wissen müssen, daß da mehr dahintersteckt.

Ihr Verhalten, Herr Bundesminister Schüssel, kann ich daher nur auf drei Arten interpretieren – mehr gibt es nicht –: Entweder sind Sie in dieser ganzen Angelegenheit wirklich unglaubwürdig, oder Sie sind unglaubwürdig, oder Sie können nur unglaubwürdig sein! Das ist alles, was übrigbleibt in dieser Sache, und deshalb wollen wir einen Untersuchungsausschuß hier im Parlament haben.

Herr Abgeordneter Fuhrmann! Da beruhigt es mich überhaupt nicht, daß Sie sich hierherstellen und sagen: Ich verstehe diese Dringlichkeit nicht, wieso die gerade jetzt auftaucht! – Wäre in irgendeiner Art und Weise von irgend jemandem vor dem "Mykonos"-Urteil eine solche Untersuchung verlangt worden, dann hätten Sie mit Recht gesagt: Die Sachlage enthält doch nichts Neues, hier gibt es nichts, was wir in diesem Zusammenhang untersuchen sollten! Sie wissen, daß erst mit diesem Urteil die Sensibilität für diesen Fall gestiegen ist, weil festgestellt wurde, daß eine der Ursachen bereits im Jahre 1989 in Wien gelegen ist. Das hat es vorher nicht gegeben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Fuhrmann. )

Ich verstehe nicht, daß ein Mann wie Sie, Herr Abgeordneter Fuhrmann, der Klubobmann war, sagt: Wir machen einen Bericht, hängen alle Akten hintenan und geben das an die parlamentarischen Klubs. Ich möchte wissen, aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage Sie die Akten an die parlamentarischen Klubs geben wollen. – Das geht nicht! Das wäre ganz klar ohne gesetzliche Grundlage. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher darf ich auch für Frau Abgeordnete Fekter einen kleinen Hinweis auf unsere neue Geschäftsordnung machen, deren Umschlag blau ist: Im § 33 Abs. 4 steht klar und deutlich, daß


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Gerichte und alle Behörden verpflichtet sind, einem Ersuchen dieser Ausschüsse, nämlich der Untersuchungsausschüsse, Folge zu leisten, wenn es um Beweiserhebungen geht: "Alle öffentlichen Ämter haben auf Verlangen ihre Akten vorzulegen". – Genau darum geht es: Ich will nicht vorsortierte Akten haben, ich will nicht hier im Hause etwas beraten müssen, was vielleicht nicht der gesamten Aktenlage entspricht. Und Sie wissen, Herr Abgeordneter Fuhrmann, ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend): ..., wie oft es vorkommt, daß man, wenn man Akten haben will, nicht alle bekommt.

Meine Damen und Herren! Wir sind davon überzeugt – das ist mein letzter Satz, Herr Präsident –, daß Sie diesen Untersuchungsausschuß verzögern können, aber verhindern werden Sie ihn nicht! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

18.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap.  Die Restredezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.25

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich finde, daß heute eine sehr gute Gelegenheit ist, auch über die Verfahrensordnung der Untersuchungsausschüsse in diesem Haus zu diskutieren. Ich glaube, daß man das nicht einfach vom Tisch wischen darf (Abg. Wabl: Wer hat das verhindert? – Abg. Schieder: Wir nicht, Herr Kollege!)  – es hat hier schon einzelne Wortmeldungen in diese Richtung gegeben –, denn die Erfahrung zeigt, daß es immer wieder den Versuch gegeben hat, im Schutz der Immunität eine Vorverurteilung in der Öffentlichkeit darzustellen. Aber das ist ein Mißbrauch, und diesem Mißbrauch muß man entgegentreten. Daher ist es richtig, wenn es heute hier eine Diskussion über Verfahrensordnung und Geschäftsordnung von Untersuchungsausschüssen gibt.

In der Vergangenheit wurde auch immer wieder bewiesen, daß Mißbrauch dahintersteckt oder zumindest versucht werden soll, wobei die Freiheitlichen ja ganz besonders begabt sind. Bestandteil ihrer generellen Strategie ist es, Politik und den politischen Gegner zu kriminalisieren, um damit letztendlich das gesamte politische System zu attackieren. Das ist ja ihr wahrer Hintergrund, den sie dabei verfolgen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. )

Wann immer der blaue Advokat in der Gestalt des Abgeordneten Stadler herauskommt, enthält fast jeder dritte Satz, den er sagt, irgendeinen Paragraphen, irgendeinen Kriminalisierungsvorwurf, wie ja sein Bild von dieser Republik überhaupt nur aus Korruption und Verblödung der politischen Repräsentanten, der Behörden und all jener, die hier agieren, besteht. Das ist das Konzept, das dahintersteckt. Und Jörg Haider ist ein treuer Wasserträger des Ewald Stadler, wenn das hier auch eingebracht wird. (Zwischenrufe des Abg. Dr. Krüger. )

Ich komme zum zweiten Punkt: Es ist keine Frage, daß man dann, wenn über politische Kultur, über Banken und Politik gesprochen wird, darüber diskutieren muß, ob die Vorstandsbezüge bei manchen nicht zu hoch sind, ob es nicht mehr Transparenz geben sollte, ob man nicht über den einen oder anderen Pensionsvertrag reden sollte, ob nicht da oder dort Ausschreibungen bei Postenbesetzungen richtiger gewesen wären. (Abg. Dr. Krüger: Das ist Ihre Art zu diskutieren!)

Sie sollten über dieses Thema überhaupt nicht sprechen, denn ich erinnere nur an den einen Vertrag, als Sie versuchten, mittelfristig die Rückkehr des Jörg Haider als Landeshauptmann in Kärnten zu organisieren; unter Punkt 12 dieses Vertrages steht: FPÖ und ÖVP vereinbaren eine gemeinsame Vorgangsweise bei Personalfragen und bei der Wahl der Vorsitzenden in untergeordneten Gremien – in Klammern –, zum Beispiel bei Verbänden, Beiräten und den Landesgesellschaften wie KELAG oder HYPO. (Zwischenrufe des Abg. Schieder. ) Also Sie haben sehr wohl auch ein Gefühl dafür, wie man sich in Banken hineinagitieren und hineinbefördern kann. (Beifall und Aha!-Rufe bei der SPÖ.) – Das ist Ihr Moralverständnis! Das ist Ihr Politikverständnis!


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Und Sie wollen hier den moralischen Erneuerer spielen und sagen: Wir müssen untersuchen! In Wirklichkeit wollten Sie in Kärnten – ich könnte überhaupt den ganzen Text vorlesen – alle Posten besetzen, ich glaube, sogar die meteorologische Station zur Wettervorhersorge wollten Sie dort besetzen. Alles wollten Sie besetzen! Jedenfalls ist das der beste Beweis dafür, daß Sie nicht das moralische Recht haben, hier vom Rednerpult aus über die politische Kultur zu urteilen. (Zwischenruf des Abg. Marizzi. )

Zum dritten und letzten Punkt: Ich glaube, daß es ein Selbstschuß ins "grüne Knie" war, daß die Grünen Bani-Sadr nach Wien eingeladen haben. Ich sage das aus einer sehr starken inneren Verbindung zur grünen Fraktion, die mir an sich manchmal nicht unsympathisch ist. Aber sie haben Bani-Sadr hergeholt, der der erste und wichtigste Ministerpräsident unter Khomeini war – wenn es etwas zu untersuchen gäbe, dann wäre es die Tätigkeit des Bani-Sadr selbst. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In Wirklichkeit hätten nämlich Peter Pilz und Rudi Anschober einen Untersuchungsausschuß gegen Bani-Sadr fordern müssen, der jetzt mit Hilfe von Pilz und Anschober irgendwie nach Teheran zurückkommen will. Da kann man nur sagen: Allah, bewahre, daß der Bani-Sadr zurück in den Iran kommt! Diese Strafe hat dieses Volk nicht verdient. Dort war er einer Intrige der Mullahs zum Opfer gefallen, und sein Schicksal ist nicht deshalb so gekommen, weil er der Vertreter der Demokratie und der Schützer der Kurden war. (Abg. Anschober: Setzen, Cap!) Und da wollen Sie einen Untersuchungsausschuß machen? – Also: vergessen, das ist heute gescheitert, neuer Versuch und neuer Start, aber am besten zu einem anderen Thema, denn das, was Sie heute hier gemacht haben, war nichts! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Überprüfung der politischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung sowie vermuteter rechtswidriger Einflußnahme durch politische Funktionsträger im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an Abdullah Chaden, Abdul-Rahman Ghassemlou und Fadel Rasoul am 13. Juli 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtigen, die trotz Vorliegen eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zur Untersuchung folgenden Gegenstandes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Die politische Verantwortlichkeit der Bundesregierung (insbesondere des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten, des Bundesministers für Inneres und des Bundesministers für Justiz) sowie vermutete rechtswidrige Einflußnahme durch politische Funktionsträger in Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Morden an Abdullah Chaden, Abdul-Rahman Ghassemlou und Fadel Rasoul am 13. 7. 1989 und der Verfolgung von drei dieser Tat dringend Verdächtigten, die trotz Vorliegen eindeutiger Indizien Österreich unbehelligt verlassen konnten, ist zu prüfen."


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Der Untersuchungsausschuß besteht aus 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ, 5 ÖVP, 4 FPÖ, 1 Liberales Forum, 1 Grüne.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die Durchführung einer Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen. Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung.  – Dies ist die Minderheit . Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Anschober und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend die Untersuchung der Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter betreffend den Mord an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und seiner zwei Vertrauten, insbesondere ob und welche Weisungen angesichts der Drohungen von seiten des Iran, "die Unterlagen über die illegalen österreichischen Waffenlieferungen im ersten Golfkrieg" preiszugeben – wie vom ehemaligen Präsidenten des Iran Bani-Sadr behauptet –, erteilt wurden.

Da dieser Antrag ebenfalls inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurde, braucht die Verlesung durch den Schriftführer nicht zu erfolgen.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgenden Gegenstandes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Verantwortlichkeit von Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit der freien Ausreise der Täter betreffend den Mord an dem damaligen Vorsitzenden der DPK-I Dr. Abdul Rahman Ghassemlou und seiner zwei Vertrauten; insbesondere ob und welche Weisungen angesichts der Drohungen von seiten des Iran, "die Unterlagen über die illegalen österreichischen Waffenlieferungen im ersten Golfkrieg" preiszugeben – wie vom ehemaligen Präsidenten des Iran Bani-Sadr behauptet – erteilt wurden.

Mit folgender Zusammensetzung: 4 SPÖ, 3 ÖVP, 2 FPÖ, 1 LIF, 1 Grüne.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Auch zu diesem Antrag wurde die Durchführung einer Debatte weder verlangt noch beschlossen. Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Anschober und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung:

1. der politischen und rechtlichen Verantwortung für die unterbliebene Verhaftung und die mangelhafte strafrechtliche Verfolgung der Mörder von Abdul Rahman Ghassemlou, Fadel Rasoul und Abdullah Ghaderi-Azar in Wien sowie


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2. der politischen und rechtlichen Verantwortung für das Entkommen der weiteren Attentäter auf den Starkstrommast bei Ebergassing.

Auch dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt, sodaß die Verlesung durch einen Schriftführer nicht zu erfolgen braucht.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zur Untersuchung

1. der politischen und rechtlichen Verantwortung für die unterbliebene Verhaftung und die mangelhafte strafrechtliche Verfolgung der Mörder von Abdul Rahman Ghassemlou, Fadel Rasoul und Abdullah Ghaderi-Azar in Wien sowie

2. der politischen und rechtlichen Verantwortung für das Entkommen der weiteren Attentäter auf den Starkstrommast bei Ebergassing

wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt, der aus insgesamt 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ: 5 ÖVP: 4 FPÖ: 1 Grüne: 1 Liberale besteht.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die Durchführung einer Debatte wurde auch bei diesem Antrag weder verlangt noch beschlossen. Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Debatte über den Antrag der Abgeordneten Dr. Haider und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang


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1. mit der Besetzung von Vorstandsfunktionen bei Banken, die im Einflußbereich der öffentlichen Hand stehen,

2. mit politischen Einflußnahmen auf die Geschäftstätigkeit dieser Banken,

3. mit der Gebarung der OeKB hinsichtlich der Exportfinanzierung beziehungsweise den Exportgarantien und

4. mit Preisabsprachen der wichtigsten österreichischen Geschäftsbanken.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt. Die Verlesung durch einen Schriftführer braucht daher nicht zu erfolgen.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

Der Nationalrat wolle gemäß § 33 Abs. 1 GOG-NR beschließen:

"Zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang

1. mit der Besetzung von Vorstandsfunktionen bei Banken, die im Einflußbereich der öffentlichen Hand stehen,

2. mit politischen Einflußnahmen auf die Geschäftstätigkeit dieser Banken,

3. mit der Gebarung der OeKB hinsichtlich der Exportfinanzierung beziehungsweise den Exportgarantien und

4. mit Preisabsprachen der wichtigsten österreichischen Geschäftsbanken

wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt, der aus insgesamt 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ: 5 ÖVP: 4 FPÖ: 1 Liberale: 1 Grüne besteht."

Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen gemäß § 33 Abs. 2 iVm 57a und b GOG-NR die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Minuten, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung steht. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder von zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Haider. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.33

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Debatte hat uns heute schon gezeigt, daß bei den beiden Regierungsparteien eine gewisse Realitätsverweigerung gegeben ist, sie tun nämlich so, als handle es sich bei den Anträgen betreffend die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen nur um einen Willkürakt der Opposition, denn man wolle der Opposition keine Möglichkeit geben, sich zu profilieren.

Und das in Anbetracht der Situation, daß ein ehemaliger Angehöriger der verstaatlichten Unternehmen, Herr Dr. Woltron, im Fernsehen erklärte, daß die Nachricht vom tragischen Tod Mag. Praschaks ihn entsetzt habe. Sie – ich zitiere – "macht nachdenklich und ist Anlaß zu einer Betrachtung des Schicksals eines hohen Funktionärs in einem nach meiner eigenen Erfahrung zynischen, zutiefst unehrlichen und menschenverachtenden System. ... Es ist daher unehrlich zu sagen, daß die Politik in diesen Institutionen nichts zu melden hat." "Die Funktionäre sind auf Gedeih und Verderb von diesen Winken und Wimpernbewegungen, von der Huld politischer Verantwortungsträger, die sich aber niemals offen deklarieren und über mehrere Ebenen hinweg indirekt regieren, abhängig." – Das sagt einer, der es unmittelbar erfahren hat.

Das ist auch der Grund dafür, daß wir diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gestellt haben. Ihnen – der Regierung – soll die Gelegenheit gegeben werden, zu zeigen, daß Sie nichts zu verbergen haben. Gemeinsam soll erreicht werden, ein zutiefst korruptes politisches System im Umfeld der staatlichen und politischen Banken aufzubrechen und im Interesse der Steuerzahler zu ordnen und zu sanieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage das deshalb, weil das System korrupt ist. Stellen Sie sich einmal die Frage, wie es möglich war, daß der Chef der Kontrollbank Jahre hindurch Geld abzweigen und auf Konten legen konnte, das dann einer besonderen Verwendung – im Ausmaß von über 200 Millionen Schilling – zugeführt werden sollte, und das steuerfrei! Das sind Privatschatullen, und dieses Geld ist dann möglicherweise sogar in den Parteikassen gelandet. Daher ist auch klar, daß der, der nicht mitspielt – in dem Sinn, wie es Woltron gesagt hat –, einfach sich selbst gefährdet.


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Herr Praschak wurde zum Sicherheitsrisiko, denn er wollte diese Dinge sanieren. Er hatte auch bereits ein Reformkonzept auf den Tisch gelegt. Ja er wurde zum Sicherheitsrisiko, wie auch in den Gesprächen bestätigt wurde! Da kann Herr Cap mit seinem Papier aus Kärnten kommen, wie er will: Da geht es um Selbstmord, da geht es um die fatale Konsequenz, die ein Mensch unter brutalem politischen Druck gesetzt hat.

Es geht aber auch um das Interesse der österreichischen Steuerzahler, denn daß ein Herr Scholten über höchstes Betreiben des Bundeskanzlers zum dritten Vorstandsdirektor in die Kontrollbank hineingezwängt wurde, hat nicht nur mit der Versorgung des Herrn Ministers Scholten zu tun, sondern man wollte verläßliche Leute dort haben, die sicherstellen, daß alles unter der Tuchent bleibt, daß die Frage der Steuerhinterziehung von 200 Millionen Schilling nicht zur Diskussion gestellt wird, daß die Frage der Ostkredite niemals ernsthaft im Parlament und in der Öffentlichkeit diskutiert werden kann. Deshalb mußten der "verläßliche" Scholten von Rot und der "verläßliche" Attems von Schwarz in diese Funktionen kommen. Attems hat sich schon vorher profiliert, wie wir wissen, denn er war ja lange Zeit der Sekretär des Herrn Haschek, dem Vorgänger als Chef der Kontrollbank.

Schaut man sich diese Osthilfegeschichten ein bißchen an – um nur ein Beispiel zu nennen –, dann fällt halt auf, daß der Rechnungshof bei der Prüfung der Osthilfegeschichten, Hotelbauten und Industrieunternehmensgründungen, immer dieselbe Kritik bringt, die sich auch hier wieder als berechtigt zeigt.

Der Rechnungshof sagte über die Haftung der Gemeinde Wien, daß die Projekte an jene Firmen gegeben wurden, die im Nahbereich von SPÖ und ÖVP stehen. Es gab überhöhte Preise, es gab keine öffentlichen Ausschreibungen, und die Auswahl von Projektbewerbern erfolgte nach politischem Kalkül. Das findet sich hier auch alles wieder.

Das Dokument, das Praschak hinterlassen hat – er beschreibt darin, wie er unter Druck gesetzt werden sollte, weil er nicht bereit war, die Haftung für ein gescheitertes Hotelprojekt zu übernehmen –, ist eines von vielen, wo immer dieselben Leute auftauchen: Herr Baumeister Grassi, ein prominenter sozialistischer Baumeister in Wien, der mit Osthilfegeldern ausgestattet wurde, Herr Jurkowitsch von der Warimpex, ein prominenter Freund der linken Reichshälfte, Herr Folian von der Warimpex und auch Exminister Schmidt, natürlich auch ein Sozialist. Diese Herrschaften haben sich die Haftungen der Republik für ihre Projekte geholt, die sie dann für gescheitert erklärt haben. Auch bei dem Hotelprojekt, auf das von Praschak hingewiesen wurde, ist es so.

Es ist ein Hotelprojekt, das "Hotel Diplomat" in Prag, das notleidend wurde und in dem über 100 Millionen Schilling stecken. Die Bank Austria ist der Financier, natürlich ist die bankeneigene Firma Porr der Bauherr, und natürlich hat der Bankdirektor der Bank Austria Interesse daran, daß die Republik Österreich die Haftung übernimmt, und damit trägt die Kontrollbank das schlagende Kreditrisiko. Warum? – Weil sein Österreichisches Verkehrsbüro, an dem die Bank Austria und das ÖCI mit 62 Prozent beteiligt sind, interessanterweise der neue Betreiber dieses notleidend gewordenen Hotels ist. Daher wurde Druck auf einen Direktor Praschak ausgeübt, dem dann der Exportchef der Bank Austria bekundete, ob denn seine Mitarbeiter durchdrehten, weil sie nicht bereit waren, 100 Millionen Schilling zusätzlich zu besichern. Ja es könnte seiner Karriere schaden, und er solle sich die neuen Eigentümerverhältnisse durch den Kopf gehen lassen, da ja jetzt die CA auch unter der Kontrolle der Bank Austria ist. – So wird also da geredet!

Und all das ist für Sie kein Grund, darüber nachzudenken, ob man nicht wirklich einen Ausschuß einsetzen sollte, der all diese Ostkredite untersucht?

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Sie selbst haben sich ja immer gegen dieses System zur Wehr gesetzt. Ich kenne doch viele Ihrer Gespräche. Sie haben hier ein System, Herr Kollege, das aufzubrechen wäre, wenn das Parlament die Chance bekäme, das alles auch wirklich zu untersuchen. Sonst wird das nicht der Fall sein! Wenn hier Verträge abgeschlossen werden, bei denen es genügt, daß das Finanzkonsortium der Bank gegenüber nur die Mitteilung


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macht, daß die Kredite notleidend sind, oder die Firma, die das Projekt gemanagt hat, pleite ist – und dann wird das Geld angewiesen. Aber dafür aufkommen muß immer – gleichgültig, ob es sich um die Oesterreichische Kontrollbank oder um die Stadt Wien handelt – der Steuerzahler! Und der darf nicht einmal wissen, wohin das Geld gegangen ist! Ein Verbot der Auskunft, wohin das Geld gegangen ist.

Da besteht der Verdacht der Parteienfinanzierung; sonst wären ja Sie von der ÖVP nicht so still. Da haben Sie Ihren Anteil offenbar auch bekommen. Sie würden ja sonst in diesen Fragen nicht so stillschweigen, sondern der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen. Da gibt es auch die Möglichkeit, daß bankeneigene Baufirmen in geradezu unglaublicher Weise große Geschäfte gemacht haben und sozusagen Dankbarkeit durch den Steuerzahler abgestattet werden soll. Es geht dabei um ein Risiko von 70 Milliarden Schilling, und wenn dieses Risiko schlagend wird, wird das nicht nur der österreichische Steuerzahler zu zahlen haben, sondern dann werden Sie sich in bezug auf die Maastricht-Kriterien das von irgendwo anders beschaffen müssen, weil das eben alles nicht mehr funktioniert.

Warum wehren Sie sich dagegen, diese Dinge wirklich aufzuklären? Warum stimmen Sie nicht der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu, der klärt: Ist denn hier nicht wirklich Gefahr in Verzug – eben bei all diesen Malversationen? Ist es nicht notwendig, auch die Bankenstruktur so zu privatisieren und zu demokratisieren, daß es nicht Machtkonzentration in den Händen einiger weniger gibt? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben ja den Vertrag mit uns gebrochen, als wir das Ganze privatisieren wollten! Sie haben ja den Vertrag gebrochen, meine Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben mit Herrn Randa einen Vertrag geschlossen. Dieser Herr Randa ist Präsident der Börsenkammer, er ist Aufsichtsratsvorsitzender der Oesterreichischen Kontrollbank, der Creditanstalt, von Voith, von Perlmooser, und er ist Aufsichtsratsvorsitzender-Stellvertreter der Bank Burgenland AG, der Investment Bank-Austria AG, der Allgemeinen Baugesellschaft Porr AG. (vgl.) Er ist weiters Aufsichtsratsmitglied bei der Wiener Städtischen, bei der Österreichischen Investkredit, bei der GiroCredit, bei der Interunfall-Versicherung, bei der VOEST-Alpine-Technology, bei Radex-Heraklith, bei der Österreichischen Automobilfabrik ÖAF, ....

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz, bitte!

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): ... bei Liebherr Austria. Ich kann das alles gar nicht vorlesen, weil Randa eben so viele Aufsichtsratsfunktionen hat, wie bei Esso Austria, beim Liebherr-Werk Bischofshofen, bei Immobilien – und er wird demnächst auch noch Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank, und das aufgrund eines Deals, den Ihr Herr Schüssel mit dem Herrn Klima in der Nacht vom 12. Jänner 1997 abgeschlossen hat, bei dem auch Randa unterschrieben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist der Grund, warum Sie keine Aufklärung haben wollen! Wir appellieren an Sie: Springen Sie über Ihren politischen Schatten und ermöglichen Sie es dem Parlament, diese größte Korruption – und das seit vielen Jahren – endlich zu beseitigen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die Maximalredezeit für jeden Abgeordneten beträgt ab jetzt 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte.

18.43

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich finde diese Debatte, wie sie hier geführt wird, makaber und eigentlich auch unwürdig. (Abg.  Mag. Stadler: Daß Sie sich nicht genieren! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie haben dafür kein Gefühl! Die Tatsache, daß Sie hier mit einem Zynismus ohnegleichen versuchen, einen tragischen Todesfall in politisches Kleingeld umzumünzen, möchte ich überhaupt nicht kommentieren, denn das spricht ohnehin gegen Sie. Dazu braucht man kein Wort mehr zu sagen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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Ich halte es auch für problematisch, jetzt eine Anlaßgesetzgebung zu Strukturfragen des Bankenwesens zu verlangen. Offensichtlich kann aber nur das der Sinn eines Untersuchungsausschusses sein – es sei denn, Sie wollen das einfach nur als Vehikel für Agitation verwenden. Manches in der Wortwahl des Herrn Dr. Haider war ja auch sehr entlarvend.

Es ist richtig, daß wir derzeit in Europa, in Österreich im Bankenbereich einen gewaltigen Strukturwandel erleben. Aber es hat auch Ferdinand Lacina recht, wenn er darauf hinweist, daß dieser Strukturwandel ja nicht nur die Spitzenmanager betrifft und daß unsere besondere Anteilnahme und auch unsere Fürsorgepflicht im besonderen Maße den kleineren und mittleren Angestellten gilt, die ja oft noch sehr viel härter von diesem Strukturwandel betroffen sind. (Abg. Haigermoser: Lassen Sie die Krokodilstränen!)

Ich sehe auch die Gefahr, daß dieser Todesfall von manchen mißbraucht wird, um alte Schlachten hier noch einmal zu schlagen. Herr Dr. Haider hat sich ja da auf ominöse Verträge, die er mit der ÖVP abgeschlossen haben will, bezogen. Das gilt eben genau für jene, die dieses tragische Ereignis zum Anlaß dafür nehmen wollen, nun für eine möglichst rasche und bedingungslose Abgabe von öffentlichem Eigentum an Kreditunternehmen einzutreten.

Ich möchte dazu prinzipiell festhalten – Kanzler Klima und Finanzminister Edlinger haben dies ja mehrmals betont –, daß die Frage, ob ein Unternehmen privat ist oder sich im öffentlichen Eigentum befindet, für uns keine ideologische Frage ist. Es ist das keine grundsätzliche Frage, sondern es ist das in jedem konkreten Fall nach dem österreichischen Interesse und nach dem Interesse aus der Sicht der österreichischen Gesamtwirtschaft zu beurteilen.

Es gibt durchaus Unternehmen, wo man sagen kann: Es ist völlig egal, wer der Eigentümer ist, und es ist auch völlig egal, ob das jetzt privat oder staatlich ist, und daher kann natürlich auch in vollem Maße privatisiert werden. Wir hatten ja solche Fälle. Es gibt aber durchaus auch eine Reihe von Unternehmen, bei denen es für uns sehr wichtig ist, daß österreichisches Eigentum und damit österreichischer Einfluß dauerhaft gesichert sind. Ich meine, daß speziell der Bankenbereich und Kreditunternehmen dazu gehören. In keinem Land der Welt – nicht in den USA, nicht in Deutschland, nicht in der Schweiz – wäre es zulässig, daß große Kreditunternehmen nicht unter heimischem, sondern ausländischem Einfluß stehen. Das ist einfach ein Faktum, das Sie zur Kenntnis nehmen müssen, wenn Sie pragmatisch und nicht nur ideologisch vorgehen.

Wir haben ja in Österreich erst vor rund einem halben Jahr gesehen, daß es angesichts der Größenordnung, um die es geht, de facto nicht möglich ist, große Unternehmen zu privatisieren, ohne daß die Gefahr besteht, daß es tatsächlich zu ausländischem Einfluß kommt.

Wir sind durchaus dazu bereit und haben uns dazu auch verpflichtet, daß der Bund seinen Anteil an der Bank Austria abgibt. (Abg. Dr. Graf: Das glaubt Ihnen doch niemand! Nicht einmal Ihre eigenen Leute glauben das! Ihnen geht es doch nur um die Parteikasse! Sie tun mir leid! Sie glauben schon an die eigene Propaganda!) Es werden auch im Rahmen der Gemeinde Wien entsprechende Vorkehrungen getroffen. Man darf aber dieses Ziel, daß es darum geht, diesen wichtigen Bereich unter österreichischem Einfluß zu halten, nicht aus dem Auge verlieren, und zwar im Interesse der österreichischen Volkswirtschaft! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Graf. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der FPÖ! Ich finde das ja überhaupt sehr eigenartig: In diesem Haus haben Sie vor nicht einmal zwei Wochen erklärt – und gerade der Abgeordnete Haider hat das vehement kritisiert –, daß österreichische Unternehmen an das Ausland verkauft werden. Und Sie haben sich dabei sogar auf Unternehmen bezogen, die private Unternehmen waren, wo der Staat überhaupt nicht eingreifen konnte. Jetzt ist Ihnen das auf einmal völlig egal, ob Ausland oder nicht. Auf jeden Fall, so sagen Sie, muß privatisiert werden – und Sie nehmen dabei sogar Auslandseinfluß voll in Kauf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine schon, daß man seine Meinung ändern kann. Aber in so kurzer Zeit das Gegenteil von dem zu behaupten, was man vorher verlangt hat,


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das ist schon eine arge Strapaz für Ihre "Glaubwürdigkeit". Und das werden Sie sicherlich nicht unbeschadet überstehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz, bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (fortsetzend): Herr Präsident! Wir sind zu einer seriösen Diskussion über Strukturfragen bereit. Ich kann mir durchaus vorstellen, daß wir diese Debatte auch im Finanzausschuß führen. Wir sind aber absolut nicht dafür, einen Untersuchungsausschuß als ein Instrument einzusetzen, das nur parteipolitischer Polemik dient. (Abg. Dr. Graf: So wie das Bankgeheimnis, das Sie nicht auf die Tagesordnung setzen!) Für eine solche "Pflichtübung" werden wir uns sicherlich nicht hergeben! (Beifall bei der SPÖ.)

18.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Stummvoll vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.50

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Im vorliegenden Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses versucht man den Eindruck zu erwecken, als wären die tragischen Ereignisse des Freitodes von Dr. Gerhard Praschak Bestandteil unseres politischen Systems. – Meine Damen und Herren! Ich weise diesen Vorwurf mit aller Entschiedenheit zurück! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wahr ist vielmehr – und das sollte man schon ehrlicherweise zugeben, wenn man sich in der Welt ein bißchen umschaut (Abg. Dr. Haider: Moskau!) –, daß es hiebei um die letzten Reste eines Systems sozialistischer Staatswirtschaft geht, das weltweit versagt hat, weltweit im Rückzug ist und dem auch in unserem Land nicht die Zukunft gehört, Herr Kollege Nowotny! (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben gemeinsam bewiesen, daß man sehr erfolgreich privatisieren kann. Das heißt: Rückzug der Staatswirtschaft, Herr Kollege Nowotny! (Abg. Dr. Haider: Das ist ein schönes Bekenntnis, aber ... !)

Folgendes möchte ich auch sehr deutlich an die Adresse des Abgeordneten Haider sagen: Kollege Haider möchte heute hier als der "große Aufdecker der Nation" auftreten, hat aber am 14. Jänner dieses Jahres bei der Debatte um den CA-Verkauf hier vom Rednerpult aus erklärt: Dr. Randa hat mich darüber schon drei Wochen vor der ÖVP informiert! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Ah da schau her!) Diese Transaktion ergibt ja sehr viel "Sinn", Herr Kollege Haider! – Und heute spielen Sie den Aufdecker der Nation?! Das ist extremste Unglaubwürdigkeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei den Freiheitlichen: Schrecklich, diese Rede!)

Lassen Sie mich auch eine Bemerkung ordnungspolitischer Natur machen. Ich habe bereits gesagt, daß es da um die letzten Reste eines Systems geht, das weltweit im Rückzug ist, nämlich das System einer Staatswirtschaft. Die Zukunft gehört wirklich nicht einem solchen System, sondern jenen Grundwerten, für die wir von der Volkspartei seit vielen Jahren eintreten. Das heißt: mehr Privat und weniger Staat! Das heißt: mehr dezentral, mehr Eigenverantwortung – und weniger staatlicher Zentralismus! (Ruf bei der SPÖ: Und mehr Ausland!) Das heißt: mehr Transparenz und weniger Undurchsichtigkeit! (Abg. Ing. Langthaler: Mehr Raiffeisen!) Das heißt: Postenausschreibung statt Postenschacher!, und das heißt auch: Leistung statt politischer Protektion, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die Zukunft weltweit – und selbstverständlich auch in unserem Land. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich habe am 14. Jänner dieses Jahres, und zwar bei der Debatte um Bank Austria und CA, hier von diesem Rednerpult aus erklärt und stehe dazu – ich darf mich ausnahmsweise wiederholen –, daß es mir ordnungspolitisch nicht gefällt, wenn eine Partei eine Bank besitzt, aber genausowenig möchte ich haben, daß sich eine Bank eine Partei hält, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Nowotny: Weder noch!) Denn sonst kann es sehr leicht dazu kommen, was erst jüngst im Wirtschaftsmagazin "trend" aufgezeigt wurde, nämlich daß der Konsulent dieser Bank gleichzeitig Konsulent der Republik,


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nämlich des Finanzministers, ist. Eine unverträgliche Unvereinbarkeit, meine Damen und Herren! Ich hätte nicht geglaubt, daß es so etwas gibt!

Mich hat eine Journalistin vor einer Woche angerufen, und sie wollte wissen, was ich dazu sage. Meine Antwort war: Ich höre das zum ersten Mal, und ich kann das gar nicht glauben. – Jetzt stellt sich heraus, das war offenbar doch so ein Doppelkonsulent: gleichzeitig für die Bank und für die Republik. Meine Damen und Herren! Das wollen wir mit unserem Ehrenkodex, der eben auf jenen Werten beruht, die ich gerade erwähnt habe, verhindern. Und deshalb haben wir in diesen 17 Punkten beim "CA-Deal" versucht, Weichen zu stellen, die in die Richtung gehen sollen, wo wir meinen: Das ist fair und sauber.

Unser Parteiobmann Wolfgang Schüssel hat heute erklärt, daß wir bei einigen dieser Punkte bereits gut unterwegs sind, daß wir aber auch sehr wachsam sein müssen, damit die anderen Punkte verwirklicht werden. Auch ich möchte sehr deutlich zwei Punkte einmahnen. Der erste Punkt betrifft den Bundesanteil von 19 Prozent an der Bank Austria. Diese sind – in möglichst breiter Streuung – noch in diesem Jahr zu privatisieren. Ich mahne diesen Punkt hiemit ein. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich mahne auch den zweiten Punkt ein, nämlich die Treuhandlösung für die Stimmrechtsanteile von AVZ und Wiener Holding. Und ich mahne als dritten Punkt die Abgabe der früheren CA-Anteile an Investkredit und Kontrollbank ein. – Das dient der Dezentralisierung einer Machtzusammenballung, die Sie, Herr Kollege Haider, hier gutgeheißen haben! Spielen Sie daher heute nicht den Aufdecker! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Schaffen wir das Parlament ab – oder was?)

In der Sache selbst sind wir deshalb gegen einen Untersuchungsausschuß, Herr Kollege Haider – und ich bin auch schon lange im Parlament –, weil wir nicht haben möchten, daß Kläger und Richter in einer Person vereint sind. Das war aber Ihr Verhaltensmuster in solchen Ausschüssen. Für mich sind Medienjustiz, Vorverurteilung und Verleumdung nicht Elemente eines Rechtsstaates, Herr Kollege Haider! Deshalb lehnen wir einen Untersuchungsausschuß in dieser Frage ab! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Das war eine schwache Rede!)

18.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Krüger vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.55

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben heute schon mehrfach gehört, daß wir Abgeordneten des Hohen Hauses auf die Gesetze dieser Republik angelobt werden. Herr Kollege Stummvoll! Wenn Sie diese allgemeine These vertreten, die Sie zur Argumentation der grundsätzlichen Ablehnung eines Untersuchungsausschusses veranlaßt, so stellen Sie sich eindeutig in Widerspruch zur österreichischen Gesetzeslage und in Widerspruch zur Geschäftsordnung des Nationalrates. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Sie spielen sich als Kläger und Richter auf!)

Herr Kollege Khol! Es ist wirklich eigenartig: Sie setzen sich hier einen Heiligenschein auf, treten vor dieses Rednerpult und vertreten die Auffassung, man könne einen Untersuchungsausschuß den dort einvernommenen Zeugen gar nicht zumuten. – Herr Kollege Khol, wo bleibt denn da Ihre Verbundenheit mit den christlichen Werten? Es geht um den Selbstmord eines Bankers, um einen Selbstmord, der nicht aus privaten, sondern ausschließlich aus politischen Gründen begangen wurde. Sie, Herr Kollege Khol, haben – prophylaktisch – Mitleid mit Zeugen, die einvernommen werden könnten und möglicherweise Gemütsregungen haben, denken aber nicht an den Freitod des Gerhard Praschak! Und Sie denken auch nicht an die Familie des Gerhard Praschak! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den Ausführungen des Kollegen Nowotny. Er meinte, daß es makaber und zynisch sei, hier über den Freitod von Gerhard Praschak zu reden. – Ich sage Ihnen: Zynisch ist es, wenn man


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das politische Legat, das Praschak dem Hohen Haus, den politischen Verantwortungsträgern und der Öffentlichkeit gegeben hat, nicht einlöst.

Herr Dr. Praschak war Ihr Parteigenosse. Ich finde es in höchstem Maße verabscheuungswürdig, wenn Sie jetzt zur Tagesordnung übergehen und so tun wollen, als wäre nichts geschehen, obwohl Herr Praschak dieses Legat dem Hohen Haus geradezu aufgetragen hat. Es kommt ja nicht von ungefähr, daß wir hier heute Aufdecker spielen. Und auch wenn Sie das noch so oft wiederholen, Herr Kollege Stummvoll: Wir erfüllen den Auftrag von jemandem, der am politischen System, insbesondere der Sozialdemokratie, aber auch der ÖVP, nämlich an diesem Marionettensystem, gescheitert ist und der dieses System angeprangert hat, damit hier in diesem Hohen Haus und in unserer Republik dagegen etwas getan wird. (Beifall bei Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist keine Kleinigkeit, wenn man über solche Marionettenspiele derart wichtige Funktionen in unserer Republik beziehungsweise in der Bankenlandschaft vergibt. Es ist keine Kleinigkeit, wenn man keine Ausschreibung durchführt und sagt: Da ist ein Exminister, nämlich Scholten, und der muß versorgt werden, und wer sich diesem Diktat nicht beugt, dem werden wir schon Beine machen. – Meine Damen und Herren! Genau das ist die Bedrängnis, in der sich Gerhard Praschak gesehen hat, der auf einmal zum willenlosen Objekt Ihrer Manipulationen und Ihrer Machtgelüste gemacht werden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es überrascht natürlich den "gelernten Österreicher", auch uns Parlamentarier von der Opposition überhaupt nicht, wenn Sie heute der Einsetzung eines solchen parlamentarischen Untersuchungsausschusses wieder einmal die Zustimmung verweigern. Das ist doch für Sie von SPÖ und ÖVP geradezu ein politisches Tauschgeschäft: Die SPÖ hilft der ÖVP bei der Vertuschung der Aufklärung rund um die Vorgänge bei den sogenannten Kurden-Morden. Die ÖVP wiederum hilft der SPÖ, wenn es darum gehen soll, die Hintergründe und auch Konsequenzen des Freitodes von Gerhard Praschak aufzuklären. Ein altes politisches Spiel! Versuchen Sie aber bitte nicht, der Öffentlichkeit glaubhaft zu machen, Sie seien aus demokratiepolitischen Gründen, aus Gründen demokratischer "Hygiene" gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses! Auf kaltem Weg – und das ist das Problem! – wollen Sie die Regelungen der Geschäftsordnung zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beseitigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Kier vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.00

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist einer von fünf Möglichkeiten. Ich möchte an der Spitze meiner heutigen Ausführungen in Erinnerung bringen, daß es ohne jeden Zweifel in der österreichischen Bankenlandschaft das eine oder andere gibt, was der dringenden Aufklärung bedarf. Wir haben daher von unserer Fraktion aus, unmittelbar nachdem der tragische Auslöser dieser heutigen Debatte bekannt war und wir auch Informationen hatten, angeregt, daß die betroffenen Aktionäre der Kontrollbank von der Möglichkeit Gebrauch machen sollten, die es in jeder Aktiengesellschaft gibt, nämlich unverzüglich eine aktienrechtliche Sonderprüfung für sich selbst zu beschließen, unabhängige Wirtschaftsprüfer einzusetzen und damit das Mittel des Privatrechtes in die Hand zu nehmen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Was ist geschehen? – Die Aktionäre haben – erwartungsgemäß – selbstverständlich von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht, obwohl dazu nicht einmal ein Mehrheitsbeschluß der Aktionäre notwendig gewesen wäre. Jeder Aktionär mit mehr als 10 Prozent Beteiligung an einem Institut kann das alleine durchsetzen.

Was ist die politische Schlußfolgerung daraus? – Die Aktionäre der Oesterreichischen Kontrollbank haben offenbar keinerlei Interesse, die Möglichkeiten der handelsrechtlichen Selbstreinigung in Angriff zu nehmen.


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Variante 2: Die Staatsanwaltschaft ist zu befassen. – Das Verfahren läuft.

Variante 3: Die Bankenaufsicht hätte aktiv werden können. – Davon ist nichts zu bemerken.

Variante 4: Steuerhinterziehungen und verdeckte Gewinnausschüttungen standen im Raum. Nichts wäre logischer, handelte es sich um ein anderes Unternehmen, als sofort die Mittel der Finanzprüfung auf dieses Haus zu legen. – Man merkt nichts davon.

Daher ist es völlig legitim, sich zu wünschen, daß, wenn die anderen Mittel nicht eingesetzt werden, das Mittel der parlamentarischen Untersuchung herangezogen wird. Und daher sind alle Argumente, was man eigentlich sonst hätte tun sollen, fadenscheinig. Wenn die Hauptbetroffenen das Mittel, das sie völlig selbständig und ohne Mitwirkung der öffentlichen Hand hätten benützen können, nämlich die aktienrechtliche Sonderprüfung, nicht zur Anwendung bringen, dann haben sie etwas zu verbergen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Da sich das ganze Konstrukt, um das es hier geht, mehr oder weniger fast ausschließlich im öffentlichen Einfluß bewegt, ist es recht und billig, daß wir vom Parlament aus die Möglichkeiten eines Untersuchungsausschusses – so oder so, sage ich gleich, denn es gibt noch einen zweiten Antrag – anziehen.

Ich kann Kollegen Nowotny nicht ganz folgen. Kollege Nowotny! Es geht hier nicht darum, aus irgendeinem konkreten Einzelschicksal politisches Kleingeld zu schlagen, sondern das, was heute hier debattiert wird, ist eigentlich ein Befund, den jeder Kenner der Republik Österreich seit vielen, vielen Jahren für sich selbst längst hätte erstellen können.

Kollege Stummvoll war auch nicht sehr überzeugend, als er die Gabel für die Privatisierung aufgemacht hat, denn den Parteieneinfluß hat er nicht erwähnt. (Abg. Dr. Fekter: Da haben Sie nicht aufgepaßt!) Sie haben sich schon mit der Frage Bank – Partei beschäftigt, aber das eigentliche Problem ist nicht so sehr das öffentliche Eigentum, sondern die Art und Weise, wie die politischen Parteien mit öffentlichem Eigentum umgehen.

Natürlich sind auch wir der Meinung, daß eine durchgehende Privatisierung eine Lösung wäre, wenn Sie aber darüber hinaus nicht auch die Personalstrukturen der Privatisierung aussetzen, wenn Sie Lösungen wie Vereinssparkassen à la Erste als Privatisierung bezeichnen, obwohl das eine privatisierte Politisierung gewesen wäre, dann, meine ich, sind Sie auf dem Holzweg, denn die Strukturfragen der österreichischen Bankenlandschaft sind nicht identisch mit den Fragen der personellen Verfilzung in der österreichischen Bankenlandschaft. Und die Fragen der österreichischen Volkswirtschaft, die Kollege Nowotny erwähnt hat, sind nicht gut aufgehoben in den Händen von Parteisekretariaten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

19.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Wabl vor. – Bitte.

19.05

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Cap! Sie haben einen sehr lustigen Beitrag geliefert, oder zumindest einen halblustigen – der Hinweis auf die FPÖ war immerhin sehr richtig –, Sie haben nur vergessen, auch den Vertrag zwischen SPÖ und FPÖ vorzulegen und vorzulesen. Das war irgendwie ein kleines Versäumnis. Ich hätte darum gebeten, aber ich glaube, Kollege Haider gibt ihn mir sicher; der ist da in letzter Zeit etwas großzügiger geworden. Er denkt sich, mit denen kann ich ohnedies nicht mehr, weil sie die Verträge nicht einhalten. Ob das umgekehrt auch beim Kollegen Khol so ist, der mittlerweile Nasenringe verteilt, weiß ich nicht, aber Kollege Khol setzt, glaube ich, auch keine Unterschriften mehr, denn er hat – das habe ich in letzter Zeit bemerkt – immer Schwierigkeiten damit, ob sie dann auch gelten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. )

Meine Damen und Herren! Seit Jahren erleben wir in diesem Haus einen sonderbaren Vorgang: Wir sitzen in einem der wichtigsten Ausschüsse, nämlich dem Hauptausschuß, und dort werden


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vom Finanzminister jeweils merkwürdige Zahlen vorgelegt: 1 Milliarde für China, eine halbe Milliarde für Ägypten, 500, 600 Millionen für Jugoslawien, 300 Millionen für Pakistan und so weiter. Auf die Frage der Opposition, was denn mit diesen Geldern sein soll, wofür diese Gelder bestimmt sind, hört dieses Haus und hören diese Abgeordneten: Das sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten des Hauptausschusses beschließen regelmäßig Beträge in Milliardenhöhe aus Steuergeldern, wobei die Republik genau für jene Geschäfte haftet, die heute, hier und jetzt zur Diskussion stehen.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stummvoll, Sie, der Retter der freien Marktwirtschaft, die Sie den Abgesang des Niederganges der sozialistischen Wirtschaft hier besingen! 1986 hat sich Ihre Partei hineinreklamiert in jenes Gremium, das beim Finanzministerium sitzt, um bei diesem großen, dicken, fetten Kuchen dabeizusein. 1986 haben Sie das paktiert, nachdem Sie wieder in der Regierung waren und die FPÖ dort abgelöst haben. Das ist der Niedergang der sozialistischen Wirtschaft, an der Sie offensichtlich fest mitverdienen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Nicht genug damit, daß dieses Haus nicht einmal fragen darf, wofür diese Milliarden verwendet werden – nein, das ist nicht genug –, nicht genug damit, daß ÖVP und SPÖ sich in Koalitionsvereinbarungen und in Nebenabsprachen absichern, damit genau dieser SPÖ-Bereich und dieser ÖVP-Bereich an diesen satten Geldern mitnaschen können, für die dieser Staat haftet, nicht genug damit, nein, wir haben auch noch eine Bank in Österreich, die zu 60 Prozent im Eigentum jener Einrichtung ist, nämlich der Kontrollbank, die über die Zulässigkeit und das Risiko von solchen Geschäften befindet.

Meine Damen und Herren! Der Vorstand einer der wichtigsten wirtschaftspolitischen Einrichtungen begeht Selbstmord und hinterläßt ein politisches Testament. Ich kann nicht beurteilen, welche Gründe diesen Menschen dazu gebracht haben, so zu handeln, aber eines kann ich sicher beurteilen: daß hier offensichtlich die Demokratie fehlt, die Kontrolle fehlt und offensichtlich auch die Menschlichkeit.

Meine Damen und Herren! Wenn dieses Haus es hinnimmt, daß wir weiterhin über Milliardenbeträge blind beschließen, dann halte ich eine Untersuchung für eine Aufgabe dieses Hauses, und wenn eine Zeitung wie die "Salzburger Nachrichten" – und ich halte diese Zeitung weder für ein Revolverblatt noch für eine ordinäre Zeitung – von der "Fratze des Unrechtsstaates" schreibt und Bezug nimmt auf all diese Vorgänge, dann möchte ich wissen, ob hinter dieser Fratze der Herr Khol, der Herr Randa, der Herr Kostelka, der Herr Klima oder andere stehen. (Abg. Mag. Stadler: Scholten!)

Meine Damen und Herren! Das möchte ich wissen. Vielleicht sind das strahlende Helden, die nur im Sinne der Republik agiert haben. Vielleicht sind das jene Helden, die die Österreicher vor einer Geiselnahme im Iran behütet haben. Vielleicht sind das jene Helden, die wichtige wirtschaftspolitische Maßnahmen in China, in Prag, in Ungarn, in Kasachstan gesetzt haben. Möglicherweise ist das so. Aber dieses Haus, meine Damen und Herren, hat das Recht, diese Dinge zu kontrollieren und zu überprüfen. Und dafür ist ein Untersuchungsausschuß das richtige Instrument! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege Khol! Ein Satz noch zu Ihrer äußerst ordinären Anmerkung bezüglich der Verfahrensregelung des Untersuchungsausschusses. (Abg. Auer: Was ist das für eine Redensart?)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist abgelaufen. Der Satz muß sehr kurz sein.

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Herr Abgeordneter! Zuerst verhindern Sie eine Reform dieser Verfahren und dann sagen Sie: Wir können leider dieses Verfahren nicht in Anspruch nehmen, weil es dem Rechtsstaat nicht genügt. (Abg. Dr. Schwimmer: Sie haben es


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verhindert!) Das ist Ihre Politik der Verschleierung und der Vertuschung, und die Fratze wird häßlicher. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Lebhafte Zwischenrufe.)

19.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen. Wir gelangen jetzt zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag der Abgeordneten Dr. Haider und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Debatte über den Antrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit und Einflußnahmen von Organen der Vollziehung im Zusammenhang mit Haftungsübernahmen des Bundes bei der Ausfuhrförderung durch die Oesterreichische Kontrollbank.

Der Antrag ist in der Zwischenzeit an alle Abgeordneten verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung folgenden Gegenstandes wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

Politische Verantwortlichkeit und Einflußnahme von Organen der Vollziehung im Zusammenhang mit Haftungsübernahmen des Bundes bei der Ausfuhrförderung durch die Oesterreichische Kontrollbank

Mit folgender Zusammensetzung:

4 SPÖ, 3 ÖVP, 2 FPÖ, 1 LIF, 1 Grüne

Unter einem verlangen die Antragsteller die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache nochmals darauf aufmerksam, daß nach der Geschäftsordnung die Redezeit maximal 5 Minuten beträgt. Der Erstredner hat eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung und von Staatssekretären sollen gleichfalls 10 Minuten nicht übersteigen.

Ich erteile jetzt als erstem Redner und Antragsteller Herrn Abgeordneten Dr. Van der Bellen das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten.

19.13

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Lieber Ewald Nowotny! Es geht hier keineswegs um Pietät oder Zynismus, es geht schlicht und einfach um Strukturfragen des Bankwesens und hier insbesondere um die Struktur der Kontrollbank. Die ganze Geschichte ist aufgebrochen im Zusammenhang mit dem Tod von Herrn Praschak, aber er war ja nicht irgendwer, er war der Vorstandsdirektor der Kontrollbank.


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Um welches Problem geht es? – Ich versuche, das ganz cool zu schildern: Die OeKB, also die Oesterreichische Kontrollbank, ist die Beauftragte des Bundes in bestimmten Angelegenheiten, nämlich gemäß Ausfuhrförderungsgesetz. Die Art der Durchführung dieser Beauftragung ist in der Tat in ein sehr, sehr merkwürdiges Licht geraten durch das politische Vermächtnis – wenn man so will – von Herrn Praschak. Die Probleme sind an sich zwar alt und bekannt, aber sie sind jetzt akut geworden.

Vorstandsdirektor Praschak verweist letztlich vor allem auf die Interessenkonflikte zwischen Banken einerseits und der Kontrollbank andererseits. Diese Interessenkonflikte stellt er nicht nur abstrakt dar, sondern auch anhand konkreter Beispiele und Geschäftsfälle, die ja heute schon genannt worden sind. Der Eindruck, den man bekommen muß, ist, daß die Banken den Gewinn sozusagen für sich lukrieren wollen, das Risiko bei der Kontrollbank bleibt und letztlich damit natürlich beim Bund beziehungsweise beim Steuerzahler.

Wenn man sich die Struktur der Kontrollbank ansieht, ist es nicht überraschend, daß dieser Eindruck entsteht: Die Kunden der Kontrollbank sind die Banken, die Eigentümer der Kontrollbank sind die Banken, der Aufsichtsrat der Kontrollbank wird von den Banken beschickt, und der Aufsichtsrat fällt die Personalentscheidungen bezüglich des Vorstandes der Kontrollbank.

Also wenn das keine Interessenkonflikte nahelegt, dann weiß ich nicht, was sonst noch dazu nötig wäre. Das ist keine Frage von Pietät, das ist keine Frage von Zynismus, und in diesem Zusammenhang ist es auch völlig egal, ob der Vorstandsdirektor der Kontrollbank Scholten oder Hintermaier heißt. Das Problem existiert, und es ist derzeit besonders brisant dadurch, daß die Bank Austria im Jänner die CA übernommen hat und jetzt über 60 Prozent der Stimmrechte in der Kontrollbank verfügt und daß der Aufsichtsratspräsident niemand anderer als Generaldirektor Randa ist, der in dieser Funktion wiederum maßgeblichen Einfluß auf die Personalentscheidungen in der Kontrollbank ausübt.

Diese Situation ist, glaube ich, tatsächlich unerträglich – völlig unabhängig vom Testament des Herrn Praschak und auch unabhängig davon, ob man die Informationen, die darin enthalten sind, a priori für wahr hält oder nicht. Frei erfunden sind sie höchstwahrscheinlich nicht.

Hier geht es ja nicht um irgendwelche Bagatellfälle, hier geht es um Hunderte Milliarden Schilling an Haftungsübernahmen. Und wenn nur 5 Prozent oder auch nur 1 Prozent dieser Haftungsübernahmen problematisch sind, dann reden wir von einigen Milliarden Schilling.

Wozu ein Untersuchungsausschuß? – Die Frage ist berechtigt. Volker Kier ist schon darauf eingegangen. Na was denn sonst? Die Banken werden keine aktienrechtliche Prüfung der Kontrollbank beauftragen, denn da schneiden sie sich ja ins eigene Fleisch. Die Informationen im Hauptausschuß sind unbefriedigend und unzureichend. Das ist bekannt. Der Rechnungshof kommt selbst nicht an die relevanten Informationen heran. Die Bankenaufsicht war bis jetzt untätig, und es ist auch gar nicht offensichtlich, daß sie dieses Problem lösen könnte. Ein Untersuchungsausschuß allerdings, der das Recht hat, die Leute vorzuladen und unter Wahrheitspflicht zu befragen, der könnte diesen Filz tatsächlich aufdecken. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

19.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Das Wort hat nunmehr Frau Abgeordnete Maria Rauch-Kallat. Von nun an beträgt die Redezeit für jeden Abgeordneten 5 Minuten. – Bitte.

19.17

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Van der Bellen! Ich darf Ihnen recht geben, was die Konstruktion der Kontrollbank anbelangt und vor allem die von Ihnen dargestellte Art und Weise, wie hier Auftraggeber... – Er hört mir nicht zu. (Abg. Ing. Langthaler: Man hört überhaupt nichts, weil alle so schreien!) Vielleicht hört mir der Antragsteller doch zu. (Abg. Schaffenrath – auf die ÖVP weisend –: Ihre Kollegen hören nicht zu! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Herr Abgeordneter Van der Bellen! Ich bin gerade dabei, Ihnen recht zu geben, was die Konstruktion der Kontrollbank und die derzeitige Zusammensetzung von Kunde, Auftraggeber und


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letztendlich Kontrolle anbelangt. Ich bin auch Ihrer Meinung, daß das zu ändern ist, denn genau das ist das Problem. Nur: Das kann kein Untersuchungsausschuß ändern, sondern das ist in der Konstruktion zu ändern.

Ich bin auch ganz Ihrer Meinung, was die Funktion des dortigen Aufsichtsratspräsidenten Randa anbelangt – aber nicht nur des dortigen Aufsichtsratspräsidenten. Herr Präsident Randa ist ein Superman. Er sitzt nämlich in insgesamt 20 Aufsichtsräten und hat gleichzeitig fünf verantwortungsvolle Vorstandspositionen. Wie das ein einzelner Mensch allein physisch schaffen kann, ist mir einfach unerklärlich. (Zwischenrufe der Abg. Schwemlein und Leikam. )

Es ist auch unerträglich, meine Damen und Herren, daß in dieser Konstruktion zum Beispiel der Herr Generaldirektor Randa gleichzeitig im Aufsichtsrat der AVZ sich selbst und seine Aufsichtsräte bestellt. (Abg. Dr. Haider: Ihre Landesgruppe hat mitgemacht!)

All das, meine Damen und Herren, hat die Österreichische Volkspartei als einzige Partei am 14. Jänner 1997 hier in diesem Raum aufgezeigt. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie, Herr Klubobmann Dr. Haider, haben sich – wie es auch mein Kollege Stummvoll schon gesagt hat – schon drei Wochen vor dem Kauf, vor dem angekündigten Angebot der Bank Austria, mit Herrn Generaldirektor Randa sozusagen geeinigt. Das dürfte offensichtlich auch der Grund dafür gewesen sein, warum die Freiheitliche Partei dann letztendlich dieser Konstruktion durchaus positiv gegenübergestanden ist. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das gleiche gilt für das Liberale Forum in diesem Haus. Im Sinne einer europäischen Lösung hat man plötzlich für diese Übernahme der Creditanstalt durch die Bank Austria gestimmt und letztendlich einer "Umverstaatlichung" zugestimmt – eine Vorgangsweise, die für mich mit einem liberalen Gedankengut völlig unvereinbar ist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt. )

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß die dramatischen Ereignisse rund um den Selbstmord von Vorstandsdirektor Praschak und sein Vermächtnis durchaus aufgezeigt haben, daß hier noch Reste einer sozialistischen Staatswirtschaft und Personen, die danach agieren, bestehen.

Das, meine Damen und Herren, hat die Österreichische Volkspartei als einzige Partei im Jänner dieses Jahres ganz klar aufgezeigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie es mich wiederholen: Wir werden auch nicht aufhören, das aufzuzeigen, und zwar so lange, bis jene Forderungen erfüllt sind, die wir auch schon am 14. Jänner 1997 hier deponiert haben, nämlich: noch in diesem Jahr Verkauf der Bundesanteile von 19 Prozent an der Bank Austria in breiter Streuung, noch 1997 den Rückzug der Politik beziehungsweise der Stadt Wien aus der AVZ und eine neue Konstruktion der Kontrollbank. Wie Kollege Van der Bellen hier bereits ausgeführt hat, hat sich gezeigt, daß die momentane Konstruktion der Kontrollbank keinesfalls dazu beiträgt, Licht ins Dunkel dieser Geschäfte zu bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.22

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon interessant, daß die ÖVP im Laufe dieser Debatte zwar zwei Redner hier herausgeschickt hat, nachdem Kollege Haider der ÖVP vorgeworfen hatte, auch sie hätte sich vermutlich in diesem Bankenbereich zum Zwecke der Parteifinanzierung bedient (Abg. Rauch-Kallat: Weil Haider lügt! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), daß aber kein einziger Redner dazu eine Silbe gesagt hat, meine Damen und Herren. Das ist schon bezeichnend. Offensichtlich wissen die Herrschaften schon, was es alles an Unterlagen darüber gibt. Ihr schlechtes Gewissen scheint sie ordentlich zu plagen!


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Statt dessen kommt Kollege Stummvoll hier heraus und erzählt, er will deswegen keinen Untersuchungsausschuß, weil er nicht haben will, daß Täter und Richter die gleichen sind. – Haben Sie damit uns gemeint, Herr Kollege Stummvoll? Ah, ja? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Kollege Stummvoll! Wer hat den Tod des Herrn Praschak zu verantworten? Wer? Genieren Sie sich nicht für Ihren dummen Vergleich?! Wer hat in diesem Land, in dieser Bank mit dem Herrn Randa versucht, Steuern zu hinterziehen: die Regierung oder die Opposition? Wer hat die Kurden-Mörder entfliehen lassen? Wer hat das zu verantworten? Mein Herr Kollege Stummvoll! Wer hat das zu verantworten?! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Unruhe im Saal.)

Genieren Sie sich für Ihren dummen Vergleich! Sie sollten sich zumindest ... (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Dr. Puttinger und Dr. Leiner. – Abg. Dr. Schwimmer: Wer hat Randas Geschäfte abgesegnet?!) – Oje, der Herr Abkassierer schlechthin, ein Mann, der von diesem System profitiert, seit er überhaupt politisch tätig ist! Da sitzt er oben und reißt den Mund auf, meine Damen und Herren! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie sollten sich schämen vor dem Toten, der dieses System anklagt! Nicht wir sind die Täter. Ein Toter klagt Sie an! Ein Toter klagt die SPÖ an, ein Toter klagt dieses System an, ein Toter verlangt Aufdeckung – und ein Toter hinterläßt Dokumente, mit denen Sie von der SPÖ und Sie von der ÖVP schwer belastet werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Schwimmer: Eine scheinheilige Sprache!) Das sind die Fakten! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Praschak schreibt: "Die Mühle ist zu." (Abg. Dr. Schwimmer: Sie waren für die Bank Austria zuständig! – Abg. Dr. Khol: Randa hat mit Ihnen Kontakt gehalten! Im November ist Randa zu euch gekommen!) – Das erzähle ich Ihnen schon noch, das erkläre ich Ihnen gleich. Da kommen Sie mir gerade recht, Herr Abkassierer Schwimmer!

Die Österreichische Volkspartei hat in der Sitzung des Nationalrates vom 14. Jänner 1997 einen Antrag betreffend Stärkung der Rechte der Minderheitsaktionäre bei der Bank Austria abgelehnt. Sie hat einen Antrag auf rasche Privatisierung von noch im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen und Unternehmensteilen abgelehnt. Sie hat ein Bundesgesetz abgelehnt, mit dem das Nationalbankgesetz hätte geändert werden sollen. Sie hat abgelehnt, was Sie drei Tage vorher – im Auftrag von Khol, Stummvoll und Farnleitner – von Ihrem Sekretär unterschreiben haben lassen, Herr Khol! (Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl. )

Sie konnten es vor den Verhandlungen, die Sie damals mit dem Herrn Vranitzky geführt haben – den Sie damals noch "zum Kotzen" fanden; das sind Ihre Worte, nicht meine! –, gar nicht erwarten, daß dieses Paktum – von dem Sie sich dann danach wieder verabschiedet haben – öffentlich bestätigt wird. Am 14. Jänner haben Sie Ihre eigenen Anträge abgelehnt! – Das ist die Österreichische Volkspartei, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Sie sind unglaubwürdig! – Abg. Dr. Khol: Absolut unglaubwürdig! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Lukesch und Dr. Schwimmer. )

Das ist jene Österreichische Volkspartei der Doppelzüngigkeit, des Verabschiedens von eigenen Unterschriften, das ist jene wortbrüchige Österreichische Volkspartei, die heute wieder die Ohrfeigen für etwas kassiert, was die Sozialisten zu verantworten haben. Die ÖVP kassiert regelmäßig die Ohrfeigen. Die Sozialisten produzieren einen Skandal, es erschießen sich bereits Menschen, und die ÖVP stellt sich hin und kassiert die Ohrfeigen dafür, meine Damen und Herren. Das ist eine Partei! Einen solchen Koalitionspartner kann man sich nur wünschen, meine Damen und Herren. Auch ich komme langsam zu der Überzeugung, daß Sie ein praktischer Koalitionspartner sind, meine Damen und Herren von der ÖVP, obwohl ich lange Zeit Zweifel daran hatte.

Aber, Herr Kollege Stummvoll, einen Toten so zu verhöhnen, wie Sie das gemacht haben, das ist wirklich letztklassig. Sie haben das Vermächtnis des Herrn Praschak hier heraußen verhöhnt – und dafür sollten Sie sich schämen! Herr Praschak hat gesagt, er muß dem Herrn Scholten Platz machen, damit dieser versorgt werden kann. (Der Redner hält Fotokopien der hand


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schriftlichen Originalschreiben von Dr. Praschak in die Höhe.) Das ist seine eigene Handschrift, nicht unsere!

Der Herr Scholten muß versorgt werden. Der Herr Scholten muß in einer Bank versorgt werden, in der eigens eine dritte Vorstandsposition geschaffen werden muß – in einer Bank, die seit dem EU-Beitritt zwar 80 Prozent ihres Aufgabengebietes verloren hat, in der man aber plötzlich einen Versorgungsposten für den Herrn Bruder der Loge Scholten braucht. Das ist der Hintergrund. – Und ein Vertreter der Österreichischen Volkspartei stellt sich hier heraus und verhöhnt einen Mann, der Opfer dieses Systems geworden ist, meine Damen und Herren.

Schamhaft müßte sich Herr Scholten hier heraus begeben und sich bei der Familie und beim Toten öffentlich entschuldigen, wenn er einen Funken Anstand hätte. Herr Scholten hat dem Herrn Praschak gesagt, es gibt "Zoff" – Originaldokument des Herrn Praschak, Herr Stummvoll! –, und er wird die "politische Karte" spielen.

Wenn die österreichische Bevölkerung kein Recht hat, zu erfahren, was diese "politische Karte" ist, und was in diesem Fall unter "Zoff" zu verstehen ist, dann verhöhnen Sie nicht nur diesen Toten, sondern dann verhöhnen Sie das Parlament und damit die gesamte österreichische Öffentlichkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

19.28

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war ursprünglich der Meinung, daß der Antrag des Kollegen Van der Bellen, der sich ja tatsächlich sehr zurückhaltend ausschließlich mit der Frage der politischen Verantwortlichkeit und Einflußnahme von Organen der Vollziehung und so weiter beschäftigt hat, vielleicht dafür sorgen wird, daß hier wieder Ruhe einkehrt. Aber was macht die Kollegin Rauch-Kallat? – Sie polemisiert, und das noch dazu meilenweit an der Wahrheit vorbei! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Schwimmer: Der CA-Dealer Kier macht große Wellen!)

Weil die Kollegin Rauch-Kallat hier für die ÖVP in Anspruch genommen hat, diese sei die einzige Partei, die, bezogen auf Herrn Generaldirektor Randa, klare Positionen bezogen hätte, muß ich hinzufügen: Die Positionen der ÖVP im Zusammenhang mit der Bank Austria waren immer sehr klar, das ist richtig! Das haben wir in Wien gelernt, im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zur Wahl des neuen Bürgermeisters. Dort hat sich nämlich herausgestellt, daß die ÖVP keine Sekunde lang daran gedacht hat, ihren Vizebürgermeister Görg und ihren Kulturstadtrat Marboe zu riskieren und damit vielleicht zu erreichen, daß in der Bank Austria tatsächlich Entpolitisierung Platz greift. Das wäre nämlich der Zeitpunkt gewesen, zu dem Sie das durchsetzen hätten können.

Schöne Erklärungen am Sonntag, Sonntagsreden à la Rauch-Kallat helfen in dieser Frage nämlich nichts, wenn nicht im Rahmen des öffentlichen Haupteigentümers, der Gemeinde Wien, auch die entsprechenden Mehrheiten hergestellt werden, um eine Reform einzuleiten. Es ist mir schon auch recht, wenn die Bundesanteile von 19 Prozent privatisiert werden, aber diese sind nicht das Problem der Bank Austria, der Anteilsverwaltung und so weiter. Daß die Gemeinde Wien nennenswerten Einfluß hat, das ist das Problem, dort steckt der Hase im Pfeffer! Aber diesbezüglich hat die ÖVP mit der SPÖ in Wien eine Regierungsvereinbarung getroffen, in der von Privatisierung der Bank Austria keine Rede ist. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Kukacka: Sie waren dafür!)

Frau Kollegin Rauch-Kallat! Wenn Sie nicht wissen, was in Ihrer Wiener Partei vorgeht, dann ist das Ihr Problem als Generalsekretärin – aber belästigen Sie uns damit nicht von diesem Rednerpult aus! (Neuerlicher Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Kollege Kukacka! Sie können mir hier als Vertreter eines Landes, das – etwa im Stil der OKA – mit der öffentlichen Wirtschaft Schindluder treibt, erzählen, was Sie wollen. Wir haben zu


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allen Zeiten gefordert, daß diese Banken privatisiert werden sollen – allerdings mit Vernunft, Maß und Ziel.

Ihre Enttäuschung damals im Jänner hatte ja einen ganz anderen Grund: Sie waren enttäuscht, weil die CA politisch nicht von Ihrer, ausschließlich schwarz dominierten, Erste Österreichische Spar-Casse erbeutet werden konnte. Das war der Grund Ihres Ärgers, und den kann ich aus Ihrer Sicht verstehen. Aber aus der Sicht eines für die Volkswirtschaft verantwortlichen Abgeordneten meine ich: Mir ist allemal lieber, wir haben jetzt eine Aktienbank, die man reformieren kann, als eine klüngelhafte Vereinsbank, in der ausschließlich Privatmitglieder à la Kollege Schüssel – der von der Regierungsbank aus zugeben mußte, daß er dort Vereinsmitglied ist – das Sagen haben, eine Bank, die in Form eines Closed-shop-Vereins ausschließlich Parteipolitik macht. Das war der springende Punkt. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Trinkl: Sie waren für den CA-Verkauf!)

Wir Liberalen sind der Meinung: Wenn öffentliches Eigentum schlecht gehandhabt wird, dann ist die Politik gefordert, sich entweder vom öffentlichen Eigentum zu trennen oder organisatorische Maßnahmen zu treffen, die Abhilfe schaffen. All das fordern wir ein – und dazu wollen wir gerne Untersuchungsausschüsse einsetzen. Wir sind auch der Meinung: je privater, desto besser.

Die ÖVP, die seit 1986 hier regiert, hat elf Jahre lang keinen einzigen ernst zu nehmenden Privatisierungsschritt gesetzt. Sie von der ÖVP haben erst im Jahr 1987 mit der sogenannten Privatisierung der Elektrizitätswirtschaft begonnen, und da hat Ihre Partei in das Gesetz hineingeschrieben, daß sich der Bund nur mehr mit Zweidrittelmehrheit von seinen Anteilen an den öffentlichen EVUs trennen kann. Das war der Privatisierungsschritt à la ÖVP. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Rosemarie Bauer: Sie können sich nicht reinwaschen!)

Sich von einer solchen Partei etwas derartiges anhören zu müssen, ist eine Schande! (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Unruhe im Saal.) – Je mehr Sie schreien, desto mehr geben Sie mir recht, denn wer im Unrecht ist, hat kein anderes Mittel als zu schreien. Wenn Sie keine Argumente haben, dann schreien Sie ruhig weiter. Es ist das der Stil, der ohnedies wesentlich besser zu Ihrer Partei paßt. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic vor. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.32

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Je mehr sich die Regierungsparteien – insbesondere die ÖVP – ins Unrecht setzen, desto lauter schreien sie. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Dr. Maitz: Der Wabl schreit immer so!)

Dieser Untersuchungsausschuß, den mein Kollege Van der Bellen beantragt hat, betrifft die Einflußnahme von Organen der Vollziehung im Zusammenhang mit Haftungsübernahmen bei Exportförderungen der Oesterreichischen Kontrollbank. Wenn Sie der Meinung sind, Sie haben in der Vergangenheit immer korrekt gehandelt, dann frage ich Sie wirklich: Was hindert Sie daran, diesem Untersuchungsausschuß zuzustimmen? – Bei der Kontrollbank handelt es sich um eine Bank, die letztlich Haftungen für die Republik Österreich, das heißt im Namen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler übernimmt. Dominiert wird diese Bank in ihren Organen von der größten österreichischen Bank, von der Bank Austria. (Abg. Dr. Schwimmer: Da waren Sie ja dafür! – Abg. Mag. Kukacka: Waren Sie dafür oder nicht?!) – Lassen Sie mich fortsetzen.

Ich betone: Es macht überhaupt keinen Unterschied, wer die Anteilsrechte dieser Bank hält, solange die Gebarung so ohne politische Kontrolle abgeführt wird, wie das jetzt der Fall ist. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Da kann es ein privates Institut oder ein im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehendes sein: Es macht keinen Unterschied. Der eigentliche Skandal ist, daß Sie niemanden – nicht den Hauptausschuß und nicht dieses Hohe Haus – hinter die Kulissen schauen lassen.


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Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Sie stecken hier eine ganze Menge ein. Sie lassen sich sehr viel gefallen, obwohl Sie wissen, daß die Dinge anders liegen. Sie wissen doch, wer nach dem Ausfuhrförderungsgesetz im Beirat sitzt. Sie wissen, daß dort die Vertreter der Industriellenvereinigung, der Bundeswirtschaftskammer, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und aller wirtschaftsnahen Ressorts unter ÖVP-Ministern sitzen. Sie wissen, daß diese Gremien bei jedem einzelnen Geschäftsfall der Bank mitbefaßt sind. Sie und Ihre Partei, die jetzt sagt, das seien die Reste des sozialistischen, des staatswirtschaftlichen Systems, lassen sich hier sogar verhöhnen, obwohl Sie wissen, daß es anders ist, nur weil offenbar ein Deal geschlossen wurde. Dieser Deal wurde auch von Frau Krawagna-Pfeifer als stille Abmachung bezeichnet: kein Untersuchungsausschuß Kontrollbank, kein Untersuchungsausschuß Kurden-Morde. So sieht dieser Deal aus. Dafür stecken Sie sogar politische Verhöhnungen ein, dafür nehmen Sie ganz offen falsche Argumentationen in Kauf, und zwar nur deshalb, weil Sie jede Art von Untersuchungsausschuß verhindern wollen. Das ist doch der wahre Grund.

Bei den Geschäften der Kontrollbank gab es einmal eine Überprüfung des Rechnungshofes (Abg. Schieder: Durch den Rechnungshof!), diese liegt allerdings schon einige Jahre zurück. Was hat der Rechnungshof da festgestellt? – Er ist zu dem Ergebnis gekommen, daß aufgrund des politischen Systems, das dort dominiert, die politischen Risken bei manchen Geschäften gar nicht gesehen werden sollen.

Es ist etwa im Zusammenhang mit Geschäften mit Vertragspartnern in den ehemaligen Ostblockstaaten zu einer Fehleinschätzung des politischen Risikos gekommen, die dazu geführt hat, daß man dieses politische Risiko nicht gesehen hat. Menschenrechte lassen sich ganz schön lange Zeit unterdrücken, aber nicht immer, nicht auf Dauer. Das Geschäftemachen mit derartigen Regimes hat letztlich auch zu finanziellen Einbußen geführt. Weil es aber bei Geschäften mit China, mit dem Iran, mit dem Irak und so weiter ein politisches Risiko gibt, versammelt man im Beirat dieser Bank die Industriellenvereinigung, die Bundeswirtschaftskammer, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und natürlich auch die Ihnen nahe stehenden Sozialpartner, und läßt sie alle zustimmen, damit dieses politische Risiko auch auf alle fällt. Hinterher kann man dann sagen: Alle sind es gewesen, alle waren mitbeteiligt.

Nun kann es schon so sein, daß es im Interesse der Arbeitsplätze oder auch im Sinne anderer wichtiger staatspolitischer Ziele manchmal notwendig ist, riskante Geschäfte abzuschließen. Das ist eben eine Frage der politischen Kontrolle, und um diese politische Kontrolle geht es.

Wir bringen mit dem heutigen Tag einen Antrag ein, der für die Zukunft diese Offenlegung gegenüber dem Parlament sicherstellen soll. Wir wollen im Hauptausschuß diese Zetteln nicht mehr haben: ein Abschluß mit dem Irak, zwei mit China, zwei mit Algerien. Das ist aussagelos. Zuerst muß die Vergangenheit aufgeklärt werden, und für die Zukunft brauchen wir Transparenz gegenüber diesem Hohen Haus! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

19.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Antrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 447/A bis 453/A eingebracht wurden.


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Ferner sind die Anfragen 2347/J bis 2389/J eingelangt.

Ich berufe die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, für unmittelbar nach Schluß dieser Sitzung ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 19.39 Uhr