Stenographisches Protokoll

112. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 25. März 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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112. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 25. März 1998

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 25. März 1998: 9.02 – 17.57 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1999 samt Anlagen

2. Punkt: Bundesgesetz über die Änderung des Nationalbankgesetzes 1984, des Scheidemünzengesetzes, des Schillinggesetzes, des Devisengesetzes und des Kapitalmarktgesetzes, die Aufhebung des Übergangsrechtes anläßlich einer Novelle zum Nationalbankgesetz 1955, des Bundesgesetzes vom 12. Jänner 1923 betreffend Überleitung der Geschäfte der Österreichisch-Ungarischen Bank, österreichische Geschäftsführung, auf die Oesterreichische Nationalbank, des Bundesgesetzes vom 18. März 1959 betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 74/1959, und des Bundesgesetzes betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 171/199


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112. Sitzung / Seite 2

1

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz über die Übertragung des Dorotheums in das Eigentum der ÖIAG

5. Punkt: Übereinkommen zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen samt Zusatzprotokoll und Protokoll über den Beitritt Griechenlands zum Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen sowie Erklärung der Republik Österreich

6. Punkt: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

7. Punkt: Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an den Neuen Kreditvereinbarungen (New Arrangements to Borrow, NAB) mit dem Internationalen Währungsfonds

8. Punkt: Dritte Lesung des Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird

10. Punkt: Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Durchführung des Titels II der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates vom 21. April 1997 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen (Rindfleisch-Etikettierungsgesetz)

11. Punkt: EU-Veterinärrechtsanpassungsgesetz 1997

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 19

Ordnungsruf 101

Geschäftsbehandlung

Verlangen gemäß § 26 Abs. 7 GOG hinsichtlich der Anträge 347/A, 423/A (E), 424/A (E) und 476/A 21

Verkürztes Verfahren gemäß § 28a Abs. 1 der Geschäftsordnung (Verzicht auf Vorberatung der Regierungsvorlage 667 d. B.) 21

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1999 samt Anlagen in erste Lesung zu nehmen 21

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 22

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3566/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 32

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 102

Redner:

Dr. Helene Partik-Pablé 102

Matthias Achs 104

Günther Platter 105

Franz Lafer 106

Dr. Volker Kier 108

Mag. Terezija Stoisits 109

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 110

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3529/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 33

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 113

Redner:

Mag. Doris Kammerlander 113

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 115

Helmut Dietachmayr 117

Mag. Dr. Josef Trinkl 118

Mag. Karl Schweitzer 119


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112. Sitzung / Seite 3

Mag. Thomas Barmüller 120

Ing. Monika Langthaler 122

Antrag der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 693/A (E) betreffend Heilmittel und Heilbehelfe, Versäumnisse im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 16. Juni 1998 zu setzen 33

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 33

Redner:

Dr. Brigitte Povysil 124

Annemarie Reitsamer 125

Dr. Gottfried Feurstein 127

Dr. Alois Pumberger 128

Klara Motter 129

Theresia Haidlmayr 130

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 131

Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 429/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksbegehrengesetz 1973 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 11. Mai 1998 zu setzen 33

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 33

Redner:

Mag. Thomas Barmüller 132

Dr. Günther Kräuter 133

Dr. Andreas Khol 134

Mag. Johann Ewald Stadler 135

Mag. Terezija Stoisits 136

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 137

Ausschüsse

Zuweisungen 19

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Rudolf Parnigoni 19

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1999 samt Anlagen – Beschluß auf erste Lesung 22, 21

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1080 d. B.): Bundesgesetz über die Änderung des Nationalbankgesetzes 1984, des Scheidemünzengesetzes, des Schillinggesetzes, des Devisengesetzes und des Kapitalmarktgesetzes, die Aufhebung des Übergangsrechtes anläßlich einer Novelle zum Nationalbankgesetz 1955, des Bundesgesetzes vom


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112. Sitzung / Seite 4

12. Jänner 1923 betreffend Überleitung der Geschäfte der Österreichisch-Ungarischen Bank, österreichische Geschäftsführung, auf die Oesterreichische Nationalbank, des Bundesgesetzes vom 18. März 1959 betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 74/1959, und des Bundesgesetzes betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 171/1991 (1090 d. B.) 33

Redner:

Dr. Jörg Haider 33

Dr. Ewald Nowotny 38

Mag. Helmut Peter 42

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 45


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112. Sitzung / Seite 5

Dr. Alexander Van der Bellen 47

Anna Huber 50

Mag. Gilbert Trattner 52

Mag. Dr. Josef Höchtl 53

Bundesminister Rudolf Edlinger 56

Dr. Volker Kier 58

Jakob Auer 60

Mag. Reinhard Firlinger 62

Ing. Mag. Erich L. Schreiner 63

Annahme des Gesetzentwurfes in 1090 d. B. 65

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Verstaatlichung der Oesterreichischen Nationalbank – Ablehnung 43, 66

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1078 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz geändert wird (1091 d. B.) 66

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (918 d. B.): Bundesgesetz über die Übertragung des Dorotheums in das Eigentum der ÖIAG (1092 d. B.) 66

5. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (990 d. B.): Übereinkommen zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen samt Zusatzprotokoll und Protokoll über den Beitritt Griechenlands zum Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen sowie Erklärung der Republik Österreich (1093 d. B.) 66

6. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1050 d. B.): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (1094 d. B.) 66

7. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1051 d. B.): Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an den Neuen Kreditvereinbarungen (New Arrangements to Borrow, NAB) mit dem Internationalen Währungsfonds (1095 d. B.) 66

Redner:

Hermann Böhacker 66

Kurt Eder 68

Dr. Alexander Van der Bellen 69

Mag. Cordula Frieser 71

Ing. Mag. Erich L. Schreiner 72

Mag. Helmut Peter 73

Mag. Reinhard Firlinger 75

Peter Marizzi 77

Mag. Gilbert Trattner 78

Dr. Alfred Gusenbauer 79

Reinhart Gaugg 81

Manfred Lackner 83

Mag. Doris Kammerlander 84

Bundesminister Rudolf Edlinger 85

Annahme der Gesetzentwürfe in 1091, 1092, 1094 und 1095 d. B. 87

Genehmigung des Staatsvertrages in 1093 d. B. 88

Beschlußfassung im Sinne des Art. 49 Abs. 2 B-VG 88

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend die Privatisierung von im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen – Ablehnung 76, 88

8. Punkt: Dritte Lesung des Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes (in 974 d. B.) 89

Annahme des Gesetzentwurfes in 974 d. B. 89

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (656 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird (1101 d. B.) 89

10. Punkt: Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Durchführung des Titels II der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates vom 21. April 1997 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen (Rindfleisch-Etikettierungsgesetz) (1102 d. B.) 89

11. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (949 d. B.): EU-Veterinärrechtsanpassungsgesetz 1997 (1103 d. B.) 89

Redner:

Dr. Stefan Salzl 90

Anna Huber 91

Klara Motter 92

Johann Schuster 94

Dr. Gabriela Moser 96

Mag. Johann Maier 97

Dr. Brigitte Povysil 98

Georg Schwarzenberger 99

Annemarie Reitsamer 100

Dr. Alois Pumberger 101

Ing. Erwin Kaipel 138

Franz Koller 139

Manfred Lackner 140

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 141


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112. Sitzung / Seite 6

Annahme der Gesetzentwürfe in 1101, 1102 und 1103 d. B. 142

Entschließungsantrag der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Vereinfachung des Rechtszugangs für den Bürger – Ablehnung 94, 143

Eingebracht wurden

Petition 20

Petition für einen konsequenten Vollzug des strengen österreichischen Waffengesetzes (Ordnungsnummer 39) (überreicht vom Abgeordneten Dr. Andreas Khol )

Regierungsvorlagen 19

667: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bolivien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

1081: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Ukraine zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

1083: Auslieferungsvertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika

1085: Zusatzabkommen zu dem in Paris am 2. September 1949 unterzeichneten Allgemeinen Abkommen über die Privilegien und Immunitäten des Europarates, abgeschlossen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Europarat betreffend das Europäische Zentrum für lebende Sprachen samt Briefwechsel

1088: Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung samt Erklärung der Republik Österreich

1096: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1998 geändert wird (BFG-Novelle 1998)

1097: Budgetüberschreitungsgesetz 1998 – BÜG 1998

1099: Budgetbegleitgesetz 1998

1100 und Zu 1100: Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1999 samt Anlagen

1105: Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird

1107: Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen in der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung (Protokoll II in der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung) zu dem Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können samt Erklärungen;

Protokoll vom 13. Oktober 1995 über blindmachende Laserwaffen (Protokoll IV) zu dem Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können samt Erklärung


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112. Sitzung / Seite 7

Berichte 20

III-123: Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z. 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1996; BM f. Wissenschaft und Verkehr

III-124: Bericht über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1999 gemäß § 9 Abs. 2 LWG; Bundesregierung

III-126: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1996; BM f. Arbeit, Gesundheit und Soziales

Anträge der Abgeordneten

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend die Privatisierung von in Staatsbesitz befindlichen Unternehmen (711/A) (E)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985 geändert wird (712/A)

Hans Helmut Moser und Genossen betreffend Waffengesetz 1996 (713/A)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG 1997) geändert wird (714/A)

Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Bekämpfung der Schattenwirtschaft durch Einführung einer Mehrwertsteuerrückvergütung für private Bauherren (715/A) (E)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird (716/A)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend strategische Prüfung der potentiellen Effekte des Multilateralen Investitionsabkommens (MAI) (717/A) (E)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend die Schaffung einer europäischen Atomhaftungsrichtlinie (718/A) (E)

Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend gründliche Vorbereitung der EU-Erweiterung (719/A) (E)

Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Ratifikation des Vertrages von Amsterdam (720/A) (E)

Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (721/A)

Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Deckelung der Energieabgabe für Dienstleistungsunternehmen (722/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten


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112. Sitzung / Seite 8

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3878/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3879/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3880/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3881/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3882/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3883/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3884/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3885/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3886/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3887/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3888/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Radiosendern, Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatsmagazinen (3889/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Bezahlung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe an einen kriminellen, wegen Quälens und der Kinderschändung an der eigenen Tochter verdächtigen türkischen Ausländer (3890/J)


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112. Sitzung / Seite 9

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3891/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3892/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3893/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3894/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3895/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3896/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3897/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3898/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3899/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3900/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3901/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3902/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3903/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Salzburger Polizeigefangenenhaus (3904/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Freipressungen" mittels Hungerstreik aus der Schubhaft (3905/J)

Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Behinderung von Touristen aus den ehemaligen Ostblockländern (3906/J)

Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schikanierung von Touristen aus den ehemaligen Ostblockländern (3907/J)

Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schikanierung von Touristen aus den ehemaligen Ostblockländern (3908/J)


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112. Sitzung / Seite 10

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Hungerkatastrophe in Nordkorea (3909/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend "Patientenhotels" (3910/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Multilaterales Investitionsabkommen (MAI) (3911/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Multilaterales Investitionsabkommen (MAI) (3912/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachung des Fernmeldeverkehrs (3913/J)

Hermann Böhacker und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Erhalt des Speziallehrganges "Trachtenklasse" in Salzburg/Annahof (3914/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einschränkung der behördlichen Anzeigepflicht (3915/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Einschränkung der behördlichen Anzeigepflicht (3916/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Manipulation der Kriminalstatistik (3917/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend österreichische Mitgliedschaft in internationalen Organisationen (3918/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Einschränkung der behördlichen Anzeigepflicht (3919/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Entwurf zu einem Bundesgesetz über das Vereinsrecht (3920/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zurückweisung der Musikgruppe Romane Romnija (3921/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Ermöglichung der Namensführung in Minderheitensprachen als Konsequenz des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten (3922/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Kombi-Verkehr Kufstein–Brenner (3923/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3924/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3925/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie


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112. Sitzung / Seite 11

geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3926/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3927/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3928/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3929/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3930/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3931/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3932/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3933/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3934/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Frauenanteil im öffentlichen Dienst sowie geschlechtsspezifische Auswirkungen von Einsparungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst (3935/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend strafrechtliche Überprüfung der seltsamen Vorgänge rund um die Nachbesetzung der Leitung des Kriminalinspektorates bei der Bundespolizeidirektion Linz (3936/J)

Willi Sauer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend lückenhaftes Handy-Netz in Niederösterreich (3937/J)

Ernst Fink und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Verzögerung des Semmering-Basistunnels (3938/J)

Dr. Gottfried Feurstein und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Behörden müssen tatenlos zusehen ..." (3939/J)

Edeltraud Gatterer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Herzinfarktrisiko für Frauen (3940/J)


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112. Sitzung / Seite 12

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umstellung der Mehrwertsteuer (3941/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerharmonisierung und Doppelbesteuerungsabkommen (3942/J)

Franz Lafer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Bundeszuschuß zur Finanzierung des Österreich-Ringes (3943/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die "Affäre Teleges" (3944/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die "Affäre Teleges" (3945/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend die "Affäre Teleges" (3946/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die "Affäre Teleges" (3947/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die "Affäre Teleges" (3948/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die "Affäre Teleges" (3949/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend die "Affäre Teleges" (3950/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die "Affäre Teleges" (3951/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die "Affäre Teleges" (3952/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Datenschutzlosigkeit (3953/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Bestellung unzureichend qualifizierter Sachverständiger im Bereich des Bundesstraßenbaus (3954/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Anfragebeantwortung 3422/AB "Die Europäische Union und die Familie" (3955/J)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Spekulationen im internationalen Zahlungsverkehr (3807/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Verdacht auf nationalsozialistische Wiederbetätigung durch die Wiederherstellung einer Tafel am Rathausturm in Bad Radkersburg (3851/J)

Marianne Hagenhofer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Besuch von Berufsschulen durch Lehrlinge ohne Lehrvertrag (3854/J)


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112. Sitzung / Seite 13

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend EU-Mittel für die österreichische Landwirtschaft (3877/J)

*****

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend die Akkumulation von Bezügen von Politikern (26/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3476/AB zu 3591/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3477/AB zu 3516/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (3478/AB zu 3518/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3479/AB zu 3553/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (3480/AB zu 3486/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3481/AB zu 3487/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3482/AB zu 3588/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3483/AB zu 3535/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3484/AB zu 3556/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3485/AB zu 3704/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3486/AB zu 3536/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (3487/AB zu 3544/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3488/AB zu 3557/J)


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112. Sitzung / Seite 14

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen (3489/AB zu 3561/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Rosenstingl und Genossen (3490/AB zu 3583/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen (3491/AB zu 3590/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen (3492/AB zu 3596/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (3493/AB zu 3604/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Koller und Genossen (3494/AB zu 3545/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3495/AB zu 3551/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3496/AB zu 3499/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (3497/AB zu 3523/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3498/AB zu 3577/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3499/AB zu 3501/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Koller und Genossen (3500/AB zu 3546/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3501/AB zu 3617/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3502/AB zu 3639/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (3503/AB zu 3582/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3504/AB zu 3664/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3505/AB zu 3505/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3506/AB zu 3519/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3507/AB zu 3529/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3508/AB zu 3618/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3509/AB zu 3537/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (3510/AB zu 3500/J)


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112. Sitzung / Seite 15

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3511/AB zu 3512/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3512/AB zu 3517/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (3513/AB zu 3585/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3514/AB zu 3587/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3515/AB zu 3554/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3516/AB zu 3624/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3517/AB zu 3552/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (3518/AB zu 3612/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3519/AB zu 3509/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (3520/AB zu 3542/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger und Genossen (3521/AB zu 3607/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (3522/AB zu 3526/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3523/AB zu 3634/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (3524/AB zu 3569/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3525/AB zu 3567/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3526/AB zu 3549/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat und Genossen (3527/AB zu 3560/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3528/AB zu 3579/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (3529/AB zu 3520/J)


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112. Sitzung / Seite 16

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (3530/AB zu 3555/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3531/AB zu 3502/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Morak und Genossen (3532/AB zu 3559/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Morak und Genossen (3533/AB zu 3524/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Genossen (3534/AB zu 3608/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3535/AB zu 3533/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (3536/AB zu 3636/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3537/AB zu 3510/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (3538/AB zu 3540/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (3539/AB zu 3572/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (3540/AB zu 3575/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (3541/AB zu 3576/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3542/AB zu 3640/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3543/AB zu 3550/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3544/AB zu 3568/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3545/AB zu 3530/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen (3546/AB zu 3586/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3547/AB zu 3622/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3548/AB zu 3541/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3549/AB zu 3538/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
112. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (3550/AB zu 3531/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen (3551/AB zu 3563/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (3552/AB zu 3571/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Franz Steindl und Genossen (3553/AB zu 3564/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek und Genossen (3554/AB zu 3565/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (3555/AB zu 3566/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (3556/AB zu 3570/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (3557/AB zu 3574/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (3558/AB zu 3580/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Sonja Moser und Genossen (3559/AB zu 3595/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat und Genossen (3560/AB zu 3597/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (3561/AB zu 3599/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (3562/AB zu 3600/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen (3563/AB zu 3601/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (3564/AB zu 3602/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (3565/AB zu 3605/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (3566/AB zu 3539/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen (3567/AB zu 3504/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (3568/AB zu 3543/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3569/AB zu 3578/J)


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
112. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (3570/AB zu 3625/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (3571/AB zu 3593/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (3572/AB zu 3644/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (26/ABPR zu 27/JPR)

 


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Stenographisches Protokoll
112. Sitzung / Seite 19

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen und eröffne die 112. Sitzung des Nationalrates, die für heute, 9 Uhr, einberufen wurde.

Das Amtliche Protokoll der 111. Sitzung ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Haselsteiner, Dkfm. Holger Bauer, Dipl.-Ing. Prinzhorn, Scheibner und Mag. Haupt.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3878/J bis 3905/J.

Zurückziehungen: 3807/J, 3851/J, 3854/J und 3877/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates:

Zurückziehung: 26/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 3476/AB bis 3572/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates):

26/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1998 geändert wird (BFG-Novelle 1998) (1096 der Beilagen),

Budgetüberschreitungsgesetz 1998 – BÜG 1998 (1097 der Beilagen),

Budgetbegleitgesetz 1998 (1099 der Beilagen),

Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1999 samt Anlagen (1100 und Zu 1100 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Landarbeitsgesetz 1984 geändert wird (1105 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuß:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (9bE Vr 2111/98, Hv 1246/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Parnigoni wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB;


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112. Sitzung / Seite 20

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 39 für einen konsequenten Vollzug des strengen österreichischen Waffengesetzes, überreicht von den Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuß:

Zusatzabkommen zu dem in Paris am 2. September 1949 unterzeichneten Allgemeinen Abkommen über die Privilegien und Immunitäten des Europarates, abgeschlossen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Europarat betreffend das Europäische Zentrum für lebende Sprachen samt Briefwechsel (1085 der Beilagen),

Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung samt Erklärung der Republik Öster-reich (1088 der Beilagen),

Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen in der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung (Protokoll II in der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung) zu dem Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können samt Erklärungen;

Protokoll vom 13. Oktober 1995 über blindmachende Laserwaffen (Protokoll IV) zu dem Übereinkommen vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können samt Erklärung

(1107 der Beilagen);

Finanzausschuß:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Ukraine zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (1081 der Beilagen),

Antrag 710/A der Abgeordneten Arnold Grabner, Karlheinz Kopf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird;

Justizausschuß:

Auslieferungsvertrag zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika (1083 der Beilagen);

Umweltausschuß:

Antrag 709/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Atomenergie und Osterweiterung;

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 708/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Erstellung eines Frauenförderungsplanes im Forschungsbereich;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion im Jahr 1996 (III-126 der Beilagen);


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112. Sitzung / Seite 21

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1999 gemäß § 9 Abs. 2 LWG (III-124 der Beilagen);

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z. 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1996, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (III-123 der Beilagen).

C) Verlangen gemäß § 26 Abs. 7 GOG hinsichtlich der Anträge

347/A der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die strategische Prüfung der Umweltauswirkungen neuer rechtssetzender Maßnahmen (Umweltwirkungsgesetz – UWG),

423/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend eine Machbarkeitsstudie über Strategische Umweltprüfungen für Pläne und Programme,

424/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend die Erarbeitung von Leitlinien für die Strategische Umweltprüfung von Politiken, Plänen und Programmen,

476/A der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätsabgabegesetz, Art. 60 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, das Erdgasabgabegesetz, Art. 61 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 und das Energieabgabenvergütungsgesetz, Art. 62 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 geändert werden.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters ist eingelangt die Regierungsvorlage betreffend ein Abkommen mit Bolivien in 667 der Beilagen.

Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz schlage ich vor, von der Zuweisung dieses Gegenstandes an einen Ausschuß abzusehen und ihn auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen zu stellen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Dann ist es so beschlossen.

*****

Ich begrüße sehr respektvoll den Herrn Bundespräsidenten, der anläßlich der Budgetrede hier im Hause erschienen ist. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Weiters begrüße ich sehr herzlich eine offizielle Parlamentsdelegation aus Norwegen unter der Leitung von Frau Präsidentin Kirsti Gröndahl. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 GOG

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Antrag gemäß § 69 der Geschäftsordnung vor, die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1999 samt Anlagen in erste Lesung zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 3 bis 7 sowie 9 bis 11 der Tagesordnung zusammenzufassen.


Nationalrat, XX.GP
Stenographisches Protokoll
112. Sitzung / Seite 22

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann gehen wir so vor.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben in der Präsidialsitzung über folgende Vorgangsweise Konsens erzielt: Es wurde eine Tagesblockredezeit von 8 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 120 Minuten, ÖVP 112 Minuten, Freiheitliche 104 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten.

Gibt es gegen diesen Vorschlag der Tagesblockredezeit Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist es so beschlossen.

1. Punkt

Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1999 samt Anlagen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Herr Bundesminister für Finanzen, Sie haben das Wort.

9.06

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Ihnen heute den Budgetentwurf für das Jahr 1999 vorlegen. Ich ersuche Sie, diesen Entwurf in den nächsten Wochen ernsthaft zu beraten und auch zu beschließen.

Das kommende Jahr wird für Österreich das erste in einem neuen Europa sein – einem Europa mit einer gemeinsamen Währung, mit dem Euro, einem Europa, in dem sich damit die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändern werden und das vor allem mehr Stabilität bringen wird.

Die österreichische Bundesregierung ist entschlossen, mit ihrer Budget- und Fiskalpolitik im kommenden Jahr dazu beizutragen, daß dieser neue gemeinsame europäische Wirtschafts- und Währungsraum an Stärke und an Stabilität gewinnt, weil damit auch unser Land an Stärke und Stabilität gewinnen wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Österreich konnte im Februar als erstes Land der Europäischen Union die Erfüllung jener Konvergenzkriterien bekanntgeben, welche die Voraussetzung für die Teilnahme an der europäischen Währung sind. Nun wird Österreich das erste Land in der Europäischen Union sein, das bereits im ersten Halbjahr 1998 den Haushalt für 1999 beschließen kann. Das war aus mehreren Gründen wichtig, und zwar auch deshalb, um in der zweiten Hälfte dieses Jahres all unsere Kraft dafür einsetzen zu können, daß die Präsidentschaft Österreichs in der Europäischen Union für unser Land und für die Gemeinschaft zu einem Erfolg wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Europäische Kommission und das Europäische Währungsinstitut werden heute mittag in Brüssel beziehungsweise in Frankfurt ihre Konvergenzberichte der Öffentlichkeit präsentieren. Sie werden damit eine wichtige Orientierung dahin gehend geben, welche EU-Staaten an der gemeinsamen Währung teilnehmen können. Anfang Mai wird der Europäische Rat in Brüssel definitiv über die Teilnehmer an der ersten Runde der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion entscheiden. Alles weist darauf hin, daß es elf EU-Mitgliedstaaten sein werden.

Österreich erfüllt die Kriterien für die Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion: Wir haben in Östereich eine sehr niedrige Inflation, wir haben ein niedriges Zinsniveau, und wir nehmen am europäischen Wechselkursmechanismus teil. Das "Maastricht-Defizit" Österreichs


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lag im Vorjahr mit 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes deutlich unter dem Referenzwert von 3 Prozent. Und der gesamte öffentliche Schuldenstand wurde von 69,5 Prozent im Jahr 1996 – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – auf 66,1 Prozent im Jahr 1997 gesenkt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden mit dem Euro in Europa eine Währung haben, die mit den bedeutendsten Währungen der Welt, dem Dollar oder dem Yen, konkurrieren kann. Der europäische Binnenmarkt wird künftig von Abwertungen verschont bleiben, unter denen die österreichische Wirtschaft und der österreichische Arbeitsmarkt gerade in diesem Jahrzehnt immer wieder zu leiden hatten.

Diese gemeinsame europäische Währung ist eine starke Antwort Europas auf die gewaltigen ökonomischen und politischen Veränderungsprozesse der vergangenen zwei Jahrzehnte, die auch unser Land betroffen haben. Die Weltwirtschaft erlebte in dieser Zeit eine starke Liberalisierung. Diese hat den Welthandel belebt, hat neue Arbeitsmärkte eröffnet, aber auch Unterschiede im Sozial-, Lohn- und Umweltbereich der Handelspartner sichtbar gemacht. Wettbewerbsverzerrungen wie auch der technische Fortschritt und modernste Kommunikationsmittel haben vor allem in traditionellen Industriebranchen eine höhere Arbeitslosigkeit verursacht.

Die Liberalisierung der Kapitalmärkte erhöhte zusätzlich den Ertragsdruck auf die Unternehmen. Große europäische Unternehmen müssen sich nicht nur mit ihren Waren und Dienstleistungen der internationalen Konkurrenz stellen, sondern wetteifern auch um die Gunst der Anleger und Aktionäre. Umfassende Restrukturierungsprogramme werden durchgeführt, die zwar die Ertragslage verbessern, oft aber auch zu einer Verringerung der Zahl der Beschäftigten führen.

In vielen Unternehmungen haben neue Organisationsformen Platz gegriffen. Durch Dezentralisierung und Vernetzung, Verlagerung von Kompetenzen und Entscheidungen auf kleinere operative Einheiten und andere Unternehmensstandorte entstehen oft grundlegend neue Arbeitsabläufe und somit auch geänderte Arbeitsbedingungen.

Schließlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird noch vor der Jahrtausendwende in Europa der Binnenmarkt weitgehend bestehen. Der freie Strom von Gütern, Dienstleistungen, Kapital und Arbeit wird tatsächlich möglich.

Österreich konnte, kann und will sich auch von diesen Entwicklungen nicht abkoppeln. Wer glaubt, mit einer Grenzen-dicht-Politik diesen Herausforderungen begegnen zu können, hat die Zeichen und Möglichkeiten der Zeit nicht erkannt! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Denn: Die genannten Veränderungen finden und fanden statt. Die Frage, wie aktiv wir auf diese eingehen und in unserem Interesse mitgestalten werden, gilt es zu beantworten.

Für mich ist die Antwort auf diese neuen Herausforderungen klar, sie lautet: aktiv die Rahmenbedingungen für das Leben und Wirtschaften in und für Österreich gestalten. Das heißt gleichzeitig aber auch, daß wir unsere Verantwortung in Europa wahrnehmen, daß wir ein Europa mit sozialer Verantwortung für die Menschen und mit Bedachtnahme auf die Umwelt gestalten. Wir wollen eine Europäische Union, die durch das Gewicht ihrer Mitgliedstaaten – auch in den internationalen Organisationen – und nicht zuletzt mit dem Euro als künftiger Währung von Weltrang dafür sorgt, daß unsere Konzepte einer fairen, einer sozialen Marktwirtschaft trotz Globalisierung kein Widerspruch sind. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

In einem weltweiten Wettbewerb von unterschiedlichen Interessen hält die österreichische Bundesregierung weiterhin daran fest, den Wirtschaftsstandort und Lebensraum Österreich in einem neuen Europa für diese neuen Herausforderungen zu stärken. Dabei geht es darum, den Bürgern unseres Landes einen gerechten Anteil am wachsenden Wohlstand zu sichern. Dafür gilt es, ausreichend soziale Sicherheit zu gewährleisten, und dafür gilt es, Arbeit zu schaffen und im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit nicht nachzulassen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die österreichische Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren bei der Modernisierung der wirtschaftlichen, sozialen und administrativen Rahmenbedingungen beachtliche Reformen zustande gebracht:


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Die Gewerbeordnung wurde liberalisiert.

Eine Verwaltungsreform wurde eingeleitet.

Der Telekom-Bereich wurde dereguliert.

Die Strommarktöffnung wird 1999 Realität.

Die Pensionssysteme wurden geändert.

Eine Technologie- und Exportoffensive wurde begonnen.

Unternehmen im Staatsbereich wurden und werden privatisiert.

Wir haben aber auch – das halte ich für ganz besonders wichtig – den Kapitalmarkt liberalisiert und den Aktienmarkt reformiert, denn wir wollen, daß die heimischen Unternehmungen die gleichen Chancen haben, zu Eigenkapital zu kommen, wie ihre internationale Konkurrenz. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Unternehmen können dadurch leichter wachsen und sind auch vor Krisen besser geschützt. Die Kapital- und Aktienmarktreform ist somit auch ein wichtiger Faktor zur Sicherung heimischer Arbeitsplätze.

Der Euro wird zu Veränderungen auf den europäischen Kapitalmärkten und zu einem veränderten Anlageverhalten der institutionellen Investoren führen. Mit der Liberalisierung der Kapitalmärkte und der Erhöhung des Wettbewerbs sind daher auch institutionelle Reformen verbunden.

Wir brauchen einen modernst ausgestatteten Handelsplatz in Gestalt der Wiener Börse, wo die Interessen der Anleger gewahrt werden. Mit der Neugestaltung der Wiener Börse auf privatrechtlicher Basis, der Fusion der Wiener Börse AG mit der ÖTOB sowie der Errichtung der Bundeswertpapieraufsicht haben wir entscheidende Schritte gesetzt, um die Attraktivität des österreichischen Kapitalmarktes zu erhöhen.

Mit einer Novelle zum Investmentfondsgesetz haben wir zur Belebung des österreichischen Kapitalmarktes beigetragen und auch die Möglichkeit der Gründung von Pensionsinvestmentfonds geschaffen. Damit steht ein weiteres Instrument der privaten Pensionsvorsorge zur Verfügung. Schließlich wird an einem Übernahmegesetz zum Schutz der Kleinanleger bei Firmenübernahmen gearbeitet.

Unsere Kapitalmarktreform dient also dazu, für die Unternehmen, vor allem für die Klein- und Mittelbetriebe, für die Banken und die Investoren jene wichtigen Grundlagen zu verbessern, die neue Investitionen und höhere Beschäftigung in Österreich in einem verstärkten internationalen Wettbewerb ermöglichen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich hat dank vieler Reformen und Entscheidungen der letzten Jahre an Qualität gewonnen. Wir haben ein hohes Beschäftigungsniveau. Wir haben die zweitniedrigste Arbeitslosenrate in der Europäischen Union und eine der niedrigsten in der Welt. Österreich ist eines der preisstabilsten Länder der Welt geworden. Unser Land hat einen beachtenswert hohen Sozial- und Umweltstandard. Österreich wird an der Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmen können. Und wir haben nicht zuletzt in einer großen gemeinsamen Kraftanstrengung auch die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte erfolgreich eingeleitet.

So mancher hat am Erfolg der Budgetkonsolidierung gezweifelt. Und es war in der Tat eine schwierige und in vielen Bereichen wenig dankbare Aufgabe, aber wir haben sie begonnen in dem Wissen um die Verantwortung für dieses Land. Wir haben die Staatsfinanzen konsolidiert durch Ausgabendisziplin, Beachtung der sozialen Ausgewogenheit und der wirtschaftlichen Auswirkungen sowie durch Lückenschlüsse auf der Einnahmenseite. Wir konnten das jährliche Budgetdefizit gegenüber 1995 fast halbieren und damit um rund 50 Milliarden Schilling verringern. Und wir haben bei den Ausgaben ebenso wie bei den Einnahmen strukturelle, langfristig wirksame Neuausrichtungen vorgenommen.

Heute kann ich sagen: Österreich hat den Weg der Budgetkonsolidierung erfolgreich beschritten! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Die Staatsfinanzen stehen heute vergleichsweise gut da. Das Land befindet sich in einer wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung. Wir konnten soziale Spannungen verhindern. Und wir haben einen der wichtigsten Wettbewerbsvorteile Österreichs bewahrt,


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nämlich den sozialpartnerschaftlichen Konsens und den sozialen Frieden in unserem Lande. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich meine, hier kann auch Europa von uns lernen. Das erfolgreiche Modell der österreichischen Sozialpartnerschaft sollte auch in Europa wirtschaftliche und soziale Interessenkonflikte zum Vorteil aller Beteiligten friedlich lösen. Ein Europa des Friedens muß auch ein Europa des sozialen Friedens sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir wollen kein Austragen der Konflikte auf der Straße. Wir wollen in Europa keine neuen sozialen Fronten aufbauen. Wir wollen, daß die Sozialpartner gemeinsam nach Lösungen suchen. Und wir wollen auch, daß die Regierungen den Konsens mit den Sozialpartnern suchen, und zwar in Europa. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Ich glaube, das ist, wie das österreichische Modell eindrucksvoll beweist, zum größten Vorteil aller.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In der derzeitigen Phase geht es nun darum, die gesunden Staatsfinanzen auch für die Zukunft sicherzustellen. Wir wollen durch eine kontinuierliche, sozial verträgliche weitere Verringerung des Defizits jenen Spielraum schaffen, der im Fall negativer wirtschaftlicher Entwicklungen zum Gegensteuern erforderlich ist, der aber auch die geplante und gewünschte Steuerreform im Jahr 2000 ermöglichen soll. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das Budget 1999 dient diesen Zielen. Es wird unserem Land ein sicheres Fundament für den Weg in ein neues Europa und in ein neues Jahrhundert sein. Stabilität und Sicherheit für unser Land, für die Bevölkerung und für die Wirtschaft gleichermaßen werden im kommenden Jahr Vorrang haben. Nach Jahren tiefgreifender Veränderungen werden die Finanz- und die Steuerpolitik der österreichischen Bundesregierung im kommenden Jahr jene stabilen Rahmenbedingungen bilden, die der Aufwärtsentwicklung der Wirtschaft dienen, die der Schaffung neuer Arbeitsplätze dienen und die die Möglichkeiten für die erwähnte Steuerreform schaffen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Der Bundesvoranschlag 1999 sieht Einnahmen von 697,5 Milliarden und Ausgaben von 767,6 Milliarden Schilling vor. Der Abgang wird damit 70,1 Milliarden Schilling betragen. Das sind weniger als 2,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes von voraussichtlich 2 735 Milliarden Schilling. Das Haushaltsdefizit wird damit – unserem Ziel entsprechend – erstmals seit langem deutlich unter dem prognostizierten realen Wirtschaftswachstum von etwa 3 Prozent liegen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Ist da der Pfusch dabei? Inklusive Pfusch oder exklusive Pfusch?)

Der Bundesvoranschlag 1999 baut im wesentlichen auf dem im Vorjahr verhandelten Entwurf auf, wobei einigen aktuellen Entwicklungen Rechnung getragen wurde, wie etwa der neuen Familienförderung oder dem "nationalen Aktionsprogramm" für Beschäftigung.

Trotz mancher Mehrausgaben wird es 1999 keine Steuererhöhungen geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Unser Ziel ist es nicht, die Steuern anzuheben. Wir trachten primär danach, daß die dem Staat zustehenden Steuern auch tatsächlich hereinkommen.

Weil die Umsatzsteuer-Einnahmen im Vorjahr – das ist eine gesamteuropäische Erscheinung – gegenüber dem Voranschlag deutlich geringer und nicht im Einklang mit der wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung ausfielen, werden wir Maßnahmen ergreifen, um die Umsatzsteuer-Erträge zu erhöhen.

Mit Hilfe der Datenverarbeitung werden wir die laufenden Umsatzsteuerzahlungen verstärkt überwachen und Risikoanalysen machen. Wir werden die Prüfungskapazitäten auf Umsatzsteuersonderprüfungen konzentrieren. Wir werden im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit auch die Zusammenarbeit zwischen Sozialversicherung und Lohnsteuerprüfung verstärken. Andererseits – das sage ich auch ganz offen – werden wir bei Selbstanzeigen den Prüfungszeitraum verkürzen.


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Unser Ziel, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es, den ehrlichen Steuerzahler vor jenen zu schützen, die dem Staat und damit der Gemeinschaft durch unredliche Steuerverkürzung schaden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich – ich habe es erwähnt – steht mitten in einem Wirtschaftsaufschwung. Die Wachstumsimpulse werden vor allem von den Exporten getragen, wodurch sich das Leistungsbilanzdefizit verringern wird. Die Bundesregierung geht bei der Budgeterstellung von einem realen Wirtschaftswachstum in der Höhe von 2,8 Prozent aus, auch wenn Wirtschaftsforscher mittlerweile mit einem Wachstum von 3 Prozent rechnen.

Die Prognosen der Wirtschaftsforscher gehen auch davon aus, daß 1999 die Einkommen, der private Konsum und die Warenexporte deutlich zunehmen werden. Sowohl die Inflation als auch das Zinsniveau werden dank der Euro-Perspektive niedrig bleiben. Das heißt, die österreichische Bevölkerung kann durchaus mit Optimismus in das Jahr 1999 blicken. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir wollen aber – das möchte ich in aller Dezidiertheit feststellen –, so wie sich das bisher bestens bewährt hat, das Budget auf sicheren Grundlagen erstellen. Ein Dreivierteljahr vor Beginn des Fiskaljahres und mehr als 21 Monate vor seinem Ende kann niemand mit absoluter Gewißheit vorhersagen, ob etwa die Krise in Südostasien doch direkte oder indirekte Auswirkungen auf die europäische Konjunktur hat und in welcher Dimension, in welcher Weise oder in welcher Höhe Österreich davon betroffen sein könnte. Dies ist auch ein Grund dafür, weshalb wir 5 Prozent der geplanten Ermessensausgaben vorerst noch binden wollen.

Die österreichische Bundesregierung wird in einer sehr bewegten Zeit mit ihrer Budget- und Wirtschaftspolitik jedenfalls in einem größtmöglichem Maß zur Stabilität und Sicherheit und zu einer gesunden und kräftigen Aufwärtsentwicklung unseres Landes beitragen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben es in den vergangenen Jahrzehnten geschafft, daß unsere Wirtschaft überdurchschnittlich wächst, daß die Produktivität steigt, die Beschäftigung höher ist als anderswo und auch die Einkommen stärker wachsen als in vielen anderen Ländern. Wir sind eines der wohlhabendsten Länder geworden. Und wir alle wollen, daß dies auch so bleibt.

Eine erfolgreiche Wirtschaft, die Chance für jeden Menschen, zu arbeiten und zu Bildung zu gelangen, eine soziale und gerechte Gesellschaft, eine intakte Umwelt, leistungsfähige öffentliche Dienstleistungen, umfassende Sicherheit und eine lebendige Demokratie: Das sind weithin konsensfähige Werthaltungen.

Die wirtschaftlichen Erfolgsfaktoren, meine Damen und Herren, die es dafür zu verfolgen gilt, sind der Einsatz für faire Wettbewerbsbedingungen, niedrige Inflationsraten, Investitionen in die Forschung und Entwicklung, gut ausgebildete Mitarbeiter, eine gute Infrastruktur und die weltweite Erschließung von Märkten. Mit der Budgetpolitik und mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen wollen wir diese Erfolgsfaktoren fördern.

Das Budget ist daher mehr als ein Zahlenwerk. Es ist und muß der Ausdruck des politischen Wollens der Verantwortungsträger in diesem Staate sein. Die Schwerpunkte des Budgets 1999 sind daher:

1. verstärkte Investitionen zur Schaffung und Sicherung von Beschäftigung sowie der verstärkte Kampf gegen die Arbeitslosigkeit,

2. mehr Geld für Bildung und Forschung,

3. mehr Geld für die Familien und nicht zuletzt

4. mehr Geld für die Sicherheit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


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Hohes Haus! Die Wirtschaftsforscher sagen, daß die Beschäftigung im kommenden Jahr zunehmen und die Arbeitslosenrate auf 4,2 Prozent zurückgehen wird. Wir stellen also fest, daß sich unser Land in einer schwierigen Zeit auf gutem Wege befindet. Österreich wird hinsichtlich der hohen Beschäftigung und der niedrigen Arbeitslosenquote weiterhin erfreuliche Spitzenplätze im europäischen und weltweiten Vergleich einnehmen.

Dennoch und gerade deshalb wollen wir unsere Bemühungen zur Sicherung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit weiter intensivieren. Arbeit für die Menschen in Österreich zu schaffen – das ist ein Schwerpunkt des Budgets 1999! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Wir werden 1999 mit dem Budget sehr aktiv und nachhaltig zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, zur Erhöhung der Beschäftigung und zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit beitragen.

Als Billiglohnland, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat Österreich sicher keine Zukunft. Daher werden wir in Bildung und in die aktive Arbeitsmarktpolitik investieren. Wir werden im Jahr 1999 um 1,5 Milliarden Schilling mehr an Budgetmitteln für aktive Arbeitsmarktpolitik bereitstellen. Davon wird 1 Milliarde durch Umschichtungen aufgebracht, und 500 Millionen stehen zusätzlich zur Verfügung.

Für die arbeitslosen Menschen nicht bloß eine finanzielle Existenzgrundlage zu schaffen, sondern ihnen neue Berufschancen zu eröffnen und damit auch neue Lebensperspektiven zu geben – das ist das eigentliche Ziel unserer Arbeit! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Arbeit ist ein elementarer Bestandteil des Lebens. Der Verlust des Arbeitsplatzes bedroht nicht nur menschliche Existenzen, sondern hohe Arbeitslosigkeit ist auch ein gefährlicher sozialer und politischer Sprengstoff. Im Interesse des Friedens, der Demokratie und der Menschlichkeit in unserem Lande ist uns daher der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit so wichtig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Entscheidende Impulse für die Beschäftigung und den Arbeitsmarkt werden vom "nationalen Aktionsprogramm" der Bundesregierung ausgehen. Dieser orientiert sich im wesentlichen an jenen Zielen, die die Europäische Union im Vorjahr in Luxemburg unter maßgeblicher Mitwirkung Österreichs formuliert hat. Das heißt:

Wir investieren in aktive arbeitsmarktpolitische Programme. Wir wollen mehr arbeitslose Menschen als bisher in diesen Prozeß einbinden, um ihre Qualifizierung und Beschäftigung zu fördern. Auf Jugendliche und Langzeitarbeitslose soll dabei besonders Rücksicht genommen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Unser Ziel ist es, durch weitere Entbürokratisierung im Bereich des Anlagenrechtes, des Vergaberechtes oder auch durch zentrale Anlaufstellen für Behördenanträge sowie durch Förderung von Eigenkapitalbildung mehr Unternehmensgründungen zu bewirken als bisher.

Wir wollen erreichen, daß neue Arbeitsplätze – zum Beispiel im Bereich sozialer Dienste – durch neue Umwelttechnologien, durch Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sowie durch eine Liberalisierung des Marktes für freie Berufe geschaffen werden.

Und wir wollen schließlich die Berufschancen von Frauen unter anderem etwa durch zusätzliche Kindergartenplätze und Kinderbetreuungseinrichtungen erhöhen. Aus dem Budget werden dafür zusätzlich 600 Millionen Schilling bereitgestellt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP)

Ziel muß daher eine gemeinsame nationale Kraftanstrengung sein, durch die in unserem Lande mehr Arbeitsplätze entstehen und die Arbeitslosigkeit weiter verringert wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Anstrengungen der Bundesregierung für Wirtschaftsimpulse und mehr Beschäftigung sind aber längst nicht mehr allein im Budget abzulesen. Der verstärkte Einsatz für mehr Beschäftigung findet auch in den Investitionen der ausgegliederten Gesellschaften deutlich Ausdruck: in der ASFINAG, in der SCHIG und in der BIG. 1999 werden fast 23,4 Milliarden Schilling über diese drei ausgegliederten Gesellschaften investiert.


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Das sind um 4,5 Milliarden Schilling mehr als im heurigen Jahr, und das ist ein Investitionsschub, der sich sehen lassen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich sage das deshalb so deutlich, weil immer Budgetzahlen verglichen werden und man dabei vergißt, daß es aus guten Gründen enorme Ausgliederungen gegeben hat.

Gemeinsam mit den Budgetausgaben für Wirtschaftsförderung, den Förderungsmaßnahmen für Industrie und Gewerbe, den Förderungen für die Arbeitsmarktpolitik und den Förderungen für die Landwirtschaft werden damit 1999 rund 52,3 Milliarden Schilling direkt der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen in unserem Lande zugute kommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung der österreichischen Wirtschaft und damit für die Beschäftigung in unserem Lande sind die Erfolge der österreichischen Exportwirtschaft. Mehr als ein Viertel unserer Wertschöpfung kommt durch den Export zustande.

Mit einer Reihe von Maßnahmen, die wir im Rahmen der Exportoffensive der Bundesregierung beschlossen haben und für die wir auch im Voranschlag 1999 wieder 300 Millionen Schilling als Sonderbudget vorsehen, wollen wir die Exporttätigkeit weiter unterstützen. Österreichische Unternehmen sollen ermutigt werden, mehr zu exportieren, Kooperationen mit anderen Exporteuren zu bilden und sich auf neue Exportmärkte zu wagen.

Die FGG haben wir daher noch im Jahre 1997 mit höherem Eigenkapital ausgestattet. Sie ist heute als Investitionsgesellschaft für österreichische Unternehmen vor allem in den angrenzenden Ländern Osteuropas tätig. Dies geschieht mit dem Ziel, Beteiligungsmöglichkeiten und Exportchancen für österreichische Unternehmen zusätzlich zu eröffnen. Der Garantierahmen der FGG für die Erschließung von Finanzierungsmaßnahmen soll noch im Jahre 1998 um 10 Milliarden Schilling auf insgesamt 30 Milliarden ausgeweitet werden.

Impulse erwarten wir auch von der Weiterentwicklung des österreichischen Exportfinanzierungs- und Exportgarantiesystems. Das Entgelt für Wechselbürgschaften wurde – gestaffelt nach Kreditbesicherung – gesenkt, was eine merkliche Kostenentlastung für die Exportwirtschaft bedeutet. Bei der Oesterreichischen Kontrollbank wird noch in diesem Jahr ein Studienfonds für Consultingleistungen eingerichtet. Die Beratungsleistungen der Kontrollbank werden gemeinsam mit den Banken und der Wirtschaftskammer verstärkt.

Die österreichische Leistungsbilanz wird – neben den Ergebnissen der Handelsbilanz – ganz entscheidend auch von den Ergebnissen der Tourismuswirtschaft beeinflußt.

Die österreichische Tourismuswirtschaft ist einem hohem Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Um eine Verbesserung der Finanzierungsstrukturen der österreichischen Tourismusunternehmen zu ermöglichen, aber auch die Finanzierung von innovativen Projekten im Tourismusbereich zu erleichtern, planen Wirtschaftsminister Dr. Farnleitner und ich eine Ausweitung des öffentlichen Haftungsrahmens.

Die Förderung der Entwicklung neuer, exportfähiger Produkte, die Förderung der Exporttätigkeit der österreichischen Unternehmen und neuer Impulse für die Tourismuswirtschaft sind wichtige leistungsbilanzwirksame Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Neben Direktinvestitionen sind vor allem Innovationen zur langfristigen Sicherung der Beschäftigung besonders wichtig. Wir stellen daher auch 1999 insgesamt eine zusätzliche Milliarde Schilling für Technologie und Export zur Verfügung. Know-how und mehr Export – darin liegen die größten Wachstumschancen für die österreichische Wirtschaft und die zukünftigen Beschäftigungschancen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bildung hat in Österreich – auch im internationalen Vergleich – immer schon einen sehr hohen Stellenwert gehabt. Bildung ist auch eine entscheidende Grundlage einer modernen, fortschrittlichen und auch demokratischen Gesellschaft. Für


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die Menschen unseres Landes Bildung und spezielle Berufsausbildungen in einem größtmöglichen Maße zu gewährleisten, sind wichtige Ziele unserer Bildungspolitik.

Wir werden daher – neben den neuen Impulsen für berufliche Weiterbildung und Qualifikation durch die Arbeitsmarktpolitik – auch die Schulen und Universitäten 1999 gegenüber heuer mit deutlich mehr Mitteln zur Erfüllung ihrer wichtigen Aufgaben ausstatten.

Know-how, Innovation und ein leistungsfähiger öffentlicher Sektor sind Faktoren für den Wohlstand unseres Landes. Den Sozialstaat zu erhalten und den Infrastrukturstaat weiterzuentwickeln sind daher wichtige Ziele.

In der Gestaltung der Zusammenarbeit von öffentlichem und privatem Sektor sehen wir daher wichtige Ansätze für unser Handeln. Vor dem Hintergrund der dynamischen internationalen Entwicklung braucht die Gesellschaft einen leistungsfähigen Staat, der nicht ohnmächtig und einflußlos ist.

Wir brauchen aber auch einen Staat, der sich auf unsere Lebenszwecke konzentriert. Der Wandel in den Rahmenbedingungen und im Nachfrageverhalten der Bürgerinnen und Bürger nach öffentlichen Leistungen erfordert eben ständige Weiterentwicklung, denn die Leistungsfähigkeit des privaten Sektors wird auch von der Qualität des öffentlichen Sektors mitbestimmt.

Die Bundesregierung hat daher im Dezember 1997 ein umfassendes Programm zur Verwaltungsinnovation beschlossen. Dabei geht es um die Neugestaltung öffentlicher Leistungen, um Mitarbeiterentwicklung, um Verbesserungen der Arbeitsabläufe und den Einsatz modernster Mittel der Kommunikation.

Verläßlichkeit, Fairneß und Partnerschaft sind wichtige Werte unserer Gesellschaft. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Wir brauchen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, die sich ihrer Verantwortung in besonderer Weise bewußt sind, und ich glaube, daß wir dazu auf einem guten Weg sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Für einen wichtigen Infrastrukturbereich unseres Landes wird das Jahr 1999 von besonderer Bedeutung sein, nämlich für die E-Wirtschaft. Im Februar 1999 wird der freie Strommarkt in Österreich Realität.

Der Übergang vom Monopol zum freien Wettbewerb bedeutet große Anstrengungen für die österreichische Elektrizitätswirtschaft und die in diesem Sektor beschäftigten Menschen. Der Übergang vom Monopol zum freien Wettbewerb bedeutet aber auch günstige Strompreise. Wir wollen der österreichischen Industrie und den österreichischen Verbrauchern internationale Wettbewerbsbedingungen bieten, um Investitionen und Beschäftigung in Österreich zu sichern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir werden daher den Strommarkt 1999 schrittweise öffnen. Der Gesetzgeber ist in den nächsten Wochen und Monaten gefordert, faire Spielregeln für die Marktteilnehmer durch Beschlußfassung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes zu verankern.

Der Schutz der heimischen Wasserkraft, die Förderung erneuerbarer Energieträger, die Rücksichtnahme auf Kleinabnehmer und kleinere Energieversorger sowie eine bis zum Jahr 2008 gültige Schutzbestimmung für die Braunkohle sind unsere besonderen Anliegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Neben der Neuorganisation des Strommarktes gilt es aber auch an den neuen Strukturen für die österreichischen Elektrizitätsunternehmungen zu arbeiten. Wir brauchen eine starke österreichische E-Wirtschaft, die den Anforderungen eines liberalisierten Marktes gewachsen ist. Noch bestehende Interessenkonflikte müssen daher gelöst und alle Kräfte für das gemeinsame Ziel eingesetzt werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich ist ein sicheres Land und soll es auch in Zukunft bleiben – sicher in sozialen und wirtschaftlichen Belangen, sicher auch, wenn es um die persönliche und die körperliche Sicherheit des einzelnen oder die äußere Sicherheit


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des Landes geht. Um insgesamt 1 Milliarde Schilling werden daher 1999 das Innen-, das Justiz- und das Verteidigungsressort höher budgetiert. In wichtigen Bereichen werden die personellen Kapazitäten verstärkt, um den Schutz unserer Grenzen, die auch die Grenzen der Europäischen Union sind, gemäß dem Schengener Abkommen ebenso zu gewährleisten wie auch weiterhin unsere Aufgaben zur internationalen Friedenserhaltung wahrzunehmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Khol: NATO!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Budgetpolitik ist auch ein entscheidender Faktor der Gesellschafts- und Sozialpolitik, denn es geht immer auch um die Fragen der Verteilungsgerechtigkeit und des Schutzes vor Armut.

Ein besonderer Schwerpunkt des Budgets 1999 ist deshalb die Reform der Familienförderung. Die Bundesregierung hat sich nach eingehenden Verhandlungen auf eine neue Familienförderung geeinigt, die zum Ziel hat, den Familien stärker als bisher finanziell zu helfen.

Es wird ab 1999 eine Anhebung der Kinderförderung um 250 S pro Kind und Monat geben, ab dem Jahr 2000 in einer zweiten Etappe noch einmal 250 S pro Kind und Monat. Für einkommensschwächere Mehrkinderfamilien gibt es ab 1999 einen zusätzlichen monatlichen Bonus von 200 S ab dem dritten Kind beziehungsweise ab dem Jahr 2000 dann 400 S – ebenfalls ab dem dritten Kind. Wichtig für Alleinerzieher und Alleinerhalter mit geringem Einkommen ist schließlich die Erhöhung der sogenannten Negativsteuer von 2 000 S auf 5 000 S jährlich.

Diese neue Familienförderung schlägt sich, meine sehr verehrten Damen und Herren, je zur Hälfte im Budget und im Familienlastenausgleichsfonds zu Buche. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben uns in diesem Bereich um eine Lösung bemüht, die nicht nur finanzierbar, sondern vor allem auch sozial ausgewogen ist, damit jenen stärker geholfen wird, die die Hilfe des Staates nötiger haben als andere. Wir sind auf diesem Wege wichtige Schritte weitergekommen. Einkommensschwächere Familien, insbesondere solche mit geringem bis durchschnittlichem Einkommen, werden ab 1999 verhältnismäßig mehr gefördert. Österreich zählt damit zu den sozialsten und familienfreundlichsten Ländern der Europäischen Union. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Andererseits – ich möchte auch darauf hinweisen – hat die neue Regelung der Familienbesteuerung natürlich auch auf die finanziellen Möglichkeiten einer Steuerreform Auswirkungen. Immerhin werden durch diesen Vorgriff auf die Steuerreform 2000 rund zwei Drittel aller österreichischen Haushalte, in denen zusammen 5 Millionen Menschen leben, bereits im kommenden Jahr eine spürbare steuerliche Entlastung erhalten.

Mit einer Steuerreform im Jahr 2000 sollen für den Steuerzahler, für den Wirtschaftsstandort Österreich und für die Umwelt neue Wege im Steuersystem beschritten werden. Die kostenmäßige Entlastung des Faktors Arbeit, die Ökologisierung des Systems und – darauf weise ich hin – die Konvergenzkompatibilität sind dabei wichtige Vorhaben. Die Steuerreformkommission wird – so ist es geplant – noch im Herbst dieses Jahres erste Diskussionsvorschläge vorlegen.

Es ist aber wichtig – ich möchte das auch hier betonen –, daß eine Steuerreform nicht ausschließlich – nicht ausschließlich! – danach zu bewerten ist, in welchem Maß sie Tarifsenkungen bringt, sondern auch danach, in welchem Maß sie Strukturen neu ordnet, vereinfacht, Ungerechtigkeiten beseitigt und zur sozialen Ausgewogenheit beiträgt. Steuerpolitik ist eine wichtige gesellschaftspolitische Frage. Und ich ersuche daher schon jetzt, die Diskussion über die Steuerreform mit einem größtmöglichen Maß an Sachlichkeit und Verantwortungsbewußtsein für unser Land zu führen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Steuerpolitik ist aber auch eine Frage von europäischer Bedeutung. Die Wirtschafts- und Währungsunion sowie der Binnenmarkt werden die wirtschaftlichen Beziehungen der EU-Mitgliedstaaten noch enger gestalten. Die rechtlichen Rahmenbedingungen in diesem gemeinsamen Markt müssen ein größtmögliches Maß an Fairneß und Chancengleichheit gewährleisten.


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Eine der entscheidenden Rahmenbedingungen nach der Schaffung der gemeinsamen Währung ist dabei ein harmonisiertes Steuersystem, das nur in einem Prozeß erreichbar ist, das nicht von heute auf morgen realisierbar ist. Die noch bestehenden Unterschiede in den Steuersystemen, ein unfairer Steuerwettbewerb und Steueroasen führen zu Verzerrungen des Marktes, die abgebaut werden müssen.

Die vordringlichsten steuerpolitischen Zielsetzungen sind – ähnlich wie bei uns – die Entlastung des Faktors Arbeit und die Frage der Ökologisierung. Nach einer Untersuchung der Europäischen Kommission stieg die Abgabenbelastung des Produktionsfaktors Arbeit zwischen 1980 und 1994 um mehr als 7 Prozent, während die Belastung anderer Produktionsfaktoren, wie etwa Kapital und Energie, um über 10 Prozent gesunken sind. Österreich muß und wird im Rahmen seiner EU-Präsidentschaft in diesem Bereich besonders aktiv werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Für die mittelfristige Budgetpolitik in Österreich sind die finanziellen Beziehungen zum EU-Haushalt von großer Bedeutung. Die künftige Finanzierung der Europäischen Union ist daher eine wichtige Frage. Die anlaufende Diskussion um die Agenda 2000 muß daher insbesondere vom Gesichtspunkt der Sparsamkeit und der Reformen bestimmt sein.

Wir sind eines der reichsten Länder der Union, und wir stehen auch zum Prinzip der Solidarität und des Lastenausgleichs innerhalb der Gemeinschaft. Wir wollen und müssen aber im Interesse der Bürger unseres Landes auf einen fairen Lastenausgleich innerhalb der Union bestehen, der einzelne Mitgliedstaaten nicht überfordert, ihre Nettozahlerposition nicht verschlechtert und dennoch neue Aufgaben ermöglicht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich habe daher kürzlich – im Einklang mit meinen deutschen, schwedischen und niederländischen Amtskollegen – die Kommission klar auf die Situation der Nettozahler und die Notwendigkeit von Korrekturen hingewiesen. Und wir werden diesen Standpunkt auch bei den kommenden Verhandlungen zu den finanziellen Aspekten der Agenda 2000 vertreten.

Diese Agenda, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein mittelfristiges politisches Zielkonzept der Union, das wirtschaftliche, strukturelle und finanzpolitische Neuorientierungen und Herausforderungen mit sich bringt. Und sie macht noch etwas deutlich: daß Europa mehr ist als die Union.

Europa ist ein großer Wohlstands- und Friedensraum. In diesem Sinne ist daher eine Erweiterung der Union als große Aufgabe und Chance für alle zu sehen. Denn sie ist eine große Friedensinitiative für unseren Kontinent, sie ist eine Chance, das Wohlstandsgefälle zwischen West- und Osteuropa zu verringern, und sichert damit die Weiterentwicklung der Demokratie in ganz Europa. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Handelsströme zwischen West- und Osteuropa haben sich seit der Ostöffnung vervielfacht. Österreich hat eine geographisch exponierte Position und liegt bei den Investitionen in Osteuropa im Spitzenfeld. Durch die Ostöffnung wurden daher auch neue Arbeitsplätze und ein zusätzliches Wirtschaftswachstum geschaffen. Eine weitere Verbesserung dieser Beziehungen liegt somit auch im Interesse unseres Landes.

Eine Erweiterung der Union muß aber selbstverständlich gut vorbereitet sein. Das Wohlstandsgefälle zwischen Ost und West, das bislang die Migration von Menschen gefördert hat, muß verringert werden. Es ist deshalb zweckmäßig, wenn die Union die Länder Mittel- und Osteuropas bei ihrem Aufholprozeß unterstützt, wie das auch bei den Erweiterungen um Spanien, Portugal und Griechenland der Fall war.

Andererseits muß es im Interesse von Anrainerländern wie Österreich – so wie bei früheren Erweiterungen – Übergangsfristen, etwa im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, geben. Auf die spezielle Lage der jeweiligen EU-Grenzregionen muß – wie auch schon in der Vergangenheit – besonders Rücksicht genommen werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich wird im zweiten Halbjahr die Chance haben, den Weg der Europäischen Union ins nächste Jahrtausend wesentlich mitzubestimmen. Wir werden diese besondere Herausforderung in gemeinsamer Kraftanstrengung für unser Land und für die Gemeinschaft auch nützen. Die Augen Europas werden auf Österreich gerichtet sein, auf ein Land, in dem die Arbeitslosigkeit niedrig und die soziale Sicherheit hoch ist, in dem die Städte sauber und sicher sind und in dem auf die Umwelt geachtet wird. Niemand tut unserem Land einen guten Dienst, wenn er diese Leistungen schlechtmacht. Wir sollten vielmehr alles unternehmen, damit dieses Europa – im Sinne der zitierten Inhalte vereinfacht gesagt – am Ende dieses Jahres ein Stück mehr österreichisch ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor uns stehen viele große und wichtige Aufgaben und Herausforderungen. Die Bundesregierung hat mit dem Budgetvoranschlag für 1999 eine stabile und sichere Grundlage erarbeitet.

Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die an der Budgeterstellung konstruktiv mitgewirkt haben. Ich danke meinen Ressortkollegen, die – auf Basis einer gemeinsamen Zielsetzung – sehr engagiert an deren Umsetzung gearbeitet haben. Ich danke aber insbesondere Herrn Bundesminister Dr. Farnleitner, der alle Verhandlungen sehr konstruktiv, freundschaftlich und zielgerichtet mitgeführt hat. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich danke den hervorragenden Mitarbeitern im Bundesministerium für Finanzen sowie in den anderen Ministerien und Stellen, die mit ihrem Detailwissen und ihren Ideen viel zum Erfolg beigetragen haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich danke auch ganz besonders den Ländern und Gemeinden, die den Weg der Haushaltskonsolidierung und Stabilitätssicherung in den vergangenen Jahren mitgetragen haben. Die Zusammenarbeit der Gebietskörperschaften in dieser Frage ist von großer Bedeutung. Die Länder und Gemeinden haben hohes Verantwortungsbewußtsein gezeigt und unserem Lande damit einen großen Dienst erwiesen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Der Prozeß der Kooperation erhielt gerade in letzter Zeit durch die Einigung über den Konsultationsmechanismus oder die Bundesstaatsreform neue Qualität. Wir werden daher in Zukunft noch stärker als bisher zusammenwirken, wenn es darum geht, die gesetzlichen und die finanziellen Grundlagen unseres Landes, unserer gemeinsamen Heimat Österreich weiterzuentwickeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich ersuche Sie, den Budgetvoranschlag in den kommenden Wochen eingehend zu behandeln und dann zu beschließen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Lang anhaltender Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

9.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister für seine Ausführungen.

Damit haben wir den 1. Punkt der heutigen Tagesordnung absolviert. (Abg. Haigermoser  – applaudierend –: Wir bedanken uns beim Steuerzahler!)

Verlangen auf Durchführung von kurzen Debatten über die Anfragebeantwortungen 3566/AB und 3529/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor wir zum 2. Tagesordnungspunkt übergehen, teile ich mit, daß vor Eingang in die Tagesordnung vier Verlangen auf Durchführung von kurzen Debatten eingebracht wurden.

Die Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen haben gemäß § 92 der Geschäftsordnung verlangt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 3566/AB der Anfrage 3539/J der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen betreffend die Errichtung von Schubhafträumen durch den Herrn Bundesminister für Inneres abzuhalten.


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Ferner liegt das Verlangen von Frau Abgeordneter Mag. Kammerlander vor, eine kurze Debatte über die Beantwortung 3529/AB zur Anfrage 3520/J der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen betreffend das Multilateral Agreement on Investment durch den Herrn Bundeskanzler durchzuführen.

Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Drittens teile ich mit, daß ein Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Dr. Povysil und Genossen vorliegt, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 693/A (E) der Abgeordneten Dr. Povysil und Genossen betreffend Heilmittel und Heilbehelfe, Versäumnisse im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine Frist bis zum 16. Juni 1998 zu setzen.

Schließlich gebe ich bekannt, daß ein Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen vorliegt, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 429/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksbegehrengesetz 1973 geändert wird, eine Frist bis zum 11. Mai 1998 zu setzen.

Da die erwähnten Verlangen auf Durchführung von kurzen Debatten gleichzeitig gestellt wurden, ist für die Reihenfolge § 57b Abs. 5 der Geschäftsordnung maßgebend, wonach zunächst die Debatten über die Anfragebeantwortungen und dann die Debatten über die Fristsetzungsanträge stattzufinden haben. Innerhalb dieser beiden Gruppen ist § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung sinngemäß anzuwenden.

Daraus ergibt sich jene Reihenfolge, in der ich die Verlangen verlesen habe, und wir werden um 15 Uhr mit der ersten diesbezüglichen Debatte beginnen.

Allfällige Abstimmungen finden sogleich im Anschluß an die jeweilige Debatte statt.

2. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1080 der Beilagen): Bundesgesetz über die Änderung des Nationalbankgesetzes 1984, des Scheidemünzengesetzes, des Schillinggesetzes, des Devisengesetzes und des Kapitalmarktgesetzes, die Aufhebung des Übergangsrechtes anläßlich einer Novelle zum Nationalbankgesetz 1955, des Bundesgesetzes vom 12. Jänner 1923 betreffend Überleitung der Geschäfte der Österreichisch-Ungarischen Bank, österreichische Geschäftsführung, auf die Oesterreichische Nationalbank, des Bundesgesetzes vom 18. März 1959 betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 74/1959, und des Bundesgesetzes betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 171/1991 (1090 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Ein Verlangen auf Berichterstattung liegt mir nicht vor, daher gehen wir sogleich in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Haider. – Bitte sehr.

9.59

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Novelle zum Nationalbankgesetz ist notwendig geworden, weil demnächst die Europäische Zentralbank entstehen wird und damit wesentliche Kompetenzen der Währungs- und Finanzpolitik delegiert werden.

Wenn man sich die Struktur dieses Gesetzes ansieht, gewinnt man freilich den Eindruck, daß die große Koalition von SPÖ und ÖVP aus dem Proporzgesetz des Jahres 1955 nichts dazuge


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lernt hat. Es ist in einer geradezu unverschämten Weise der Parteiproporz von Rot und Schwarz auch in diesem neuen Gesetz betreffend die Oesterreichische Nationalbank festgeschrieben, sodaß das Honolulu-Abkommen früherer Zeiten geradezu als Entpolitisierungspaktum bezeichnet werden muß gegenüber dem, was nun wieder an starrem rot-schwarzen Proporz in diesem Gesetz verpackt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt – wenn Sie sich das anschauen, können Sie das feststellen – einen Generalrat, in dem punktuell ein Kräfteverhältnis von sieben zu sieben zwischen Rot und Schwarz vereinbart ist. Das Interessante daran ist, daß man sogar darangegangen ist, den Bundespräsidenten im Zuge der Bestellung der Organe der Nationalbank zu entmachten, weil er offenbar ein unverläßlicher Kantonist ist. Ein Bundespräsident, der sich als unabhängig bezeichnet, genießt offenbar nicht das Vertrauen der großen Koalition. Daher bestellt die Amtswalter und Organe des Generalrates in Zukunft nicht mehr der Bundespräsident, sondern die Bundesregierung. Da bleibt man unter sich.

Weiters fällt auf, daß die Anteile an der Oesterreichischen Nationalbank, soweit sie nicht die 50 Prozent der Republik betreffen, wiederum ausschließlich im Dunstkreis von SPÖ und ÖVP stehende Firmen halten.

Der Generalrat wird ohne öffentliche Ausschreibung bestellt. Das heißt, Herr Bundeskanzler Klima hat sich bereits nach wenigen Monaten seiner eigenen Ankündigung entledigt. Er hat uns im Zusammenhang mit dem Skandal um die Oesterreichische Kontrollbank und dem Selbstmord von Herrn Praschak noch groß verkündet, es werde unter Garantie bei allen öffentlichen Funktionen eine öffentliche Ausschreibung geben. – Beim Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank, also einem ganz wesentlichen Gremium, gibt es nicht einmal den Ansatz einer öffentlichen Ausschreibung. Man stellt, wenn man das Gesetz liest, sogar fest, daß das Direktorium nur aufgrund von unverbindlichen Dreiervorschlägen bestellt wird. Wiederum behält sich die Bundesregierung letztlich das Entscheidungsrecht vor, damit ja kein Falscher bestellt wird, damit ausschließlich rote und schwarze Parteigänger nominiert werden.

Das ist auch insoweit interessant, als in einer Zeit, in der vor allem darum gekämpft wird, die Notenbank maximal unabhängig zu halten – vielleicht hätte der Herr Innenminister die Freundlichkeit, die störenden Gespräche auf seiner Seite der Regierungsbank ein bißchen zu reduzieren –, in einer Zeit, in der um die Unabhängigkeit der Nationalbanken gekämpft wird, in Österreich die Unabhängigkeit aufgegeben und die Nationalbank mehr denn je an die Kandare der rot-schwarzen Koalition genommen wird.

Ich meine daher, daß dieser Proporz, wie er hier zementiert worden ist, ein Dokument des Sittenverfalls der großen Koalition ist, das klar aufzeigt, daß die große Koalition nicht bereit ist, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieses Gesetz stellt außerdem ein Dokument für die Versorgung von nicht mehr brauchbaren Politfunktionären dar. Es ist per Gesetz grundsätzlich verboten, daß öffentlich Bedienstete eine Funktion in der Organschaft der Oesterreichischen Nationalbank einnehmen, etwa Direktoren der Nationalbank werden. (Abg. Dr. Feurstein: Rüsch in Vorarlberg!) Man macht – Herr Kollege Feurstein, Sie haben ja mitgewirkt an diesem Dokument des Schreckens – eine Lex Nowotny, indem man für Herrn Professor Nowotny eine Ausnahmebestimmung schafft und sagt: Der Herr Professor Nowotny ist als Universitätsprofessor zwar Beamter, aber er darf Nationalbankdirektor werden; er hat so einen Frust darüber, daß er jahrzehntelang im Parlament nichts geworden ist, jetzt kriegt er ein Trostpflaster und wird in die Oesterreichische Nationalbank "entsorgt". (Abg. Dr. Partik-Pablé: Er hat ja so viel Praxis!)

Herr Kollege Nowotny! Wir wissen, Sie gehen antichambrieren, damit Sie den Direktorposten in der Nationalbank bekommen. Dafür mußte man den "Maßanzug Nowotny" auch im Gesetz festlegen. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!)

Der zweite Versorgungsposten, Herr Kollege Nowotny, betrifft die Gattin des Arbeiterkammerpräsidenten Tumpel. Es ist vorgesehen, daß Frau Tumpel-Gugerell ebenfalls ins Direktorium


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kommt, damit die "arme Arbeiterkammer-Familie" mit rund 6 bis 7 Millionen Schilling Jahresgage genug zum Leben hat. (Abg. Haigermoser: Unerhört!)

Drittens ist bekannt, daß Herr Vizekanzler Schüssel seine Pressesekretäre – den Herrn Pribil etwa – ebenfalls in die Nationalbank "entsorgen" will. So mußte dieses Gesetz geschaffen werden, damit es keine Hindernisse für unbrauchbare Politakteure mehr gibt. Sie sind in die Deponie der Oesterreichischen Nationalbank zu "entsorgen". (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum vierten, meine Damen und Herren ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich nehme an, die Rednerlisten sind jetzt komplett, daher bitte ich, die Versammlung neben dem Präsidium aufzulösen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Bitte Platz zu nehmen! Auch die Kollegen des Finanzministeriums darf ich bitten, die Plätze einzunehmen. – Bitte fortzusetzen.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): Viertens kann man hier anmerken, daß die ÖVP ebenfalls mit Geschick verhandelt hat, um die Erbpacht des Nationalbankpräsidenten beziehungsweise des künftigen Gouverneurs sicherzustellen. Es ist nämlich eine interessante Variante gelungen, wie der neue Gouverneur bestellt wird: Der Gouverneur bewirbt sich bei sich selbst!

Herr Präsident Liebscher war ja heute schon im Haus; er hat sich aber vorsorglich zurückgezogen, um sich die Peinlichkeit zu ersparen, wenn bekannt wird, daß er sich selbst nominieren wird. Er wird nämlich als Präsident der Nationalbank und Vorsitzender des Generalrates bei sich selbst die Bewerbung abgeben, ein Prüfungsverfahren über seine Qualität als Gouverneur durchführen und dann der Bundesregierung den Vorschlag unterbreiten, daß er, weil er eindeutig der Beste ist, zu bestellen ist! (Ironische Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist also der "Doppelcheck" der großen Koalition, um sich ihre Parteigänger und verläßlichen Mitstreiter im Proporzkorsett zu erhalten!

Ein wesentlicher Punkt bei dieser Novelle ist, daß sie, wie ich glaube, mit dem Rechtsstaat absolut unvereinbar ist. Sie ist deshalb unvereinbar, weil die drei großen Banken, die im rot-schwarzen Einflußbereich stehen – Raiffeisen-Zentralbank, BAWAG als Gewerkschaftsbank, Bank Austria als die rote Domäne und die Spielwiese der Herren Randa und Klima –, einen Generalratsitz in dem entscheidenden Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank innehaben, obwohl die Nationalbank die Kompetenz hat, als Meldestelle für Großkredite zu fungieren, und auch Bankenaufsichtsprüfungen durch die Nationalbank durchgeführt werden. – Jetzt muß mir jemand erklären, wie eine objektive Prüfung erfolgen kann, wenn die Hauptkonkurrenten, die Bank Austria, die BAWAG und die schwarze Raiffeisen-Zentralbank, dort drinnen sitzen und über die Großkreditbewegungen und über die Details des Kundengeschäftes und der Kreditbewegungen ihrer Konkurrenten Erhebungen machen und Informationen erhalten können. Das ist ein eklatanter Bruch mit allen marktwirtschaftlichen Grundsätzen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Eine Unverfrorenheit!)

Letztlich heißt das aber auch, daß sich die Kontrolleure selbst kontrollieren. Und gerade die ÖVP, die so gejammert hat über die Machtkonzentration bei BAWAG und Bank Austria, spielt hier mit, weil ihre eigene schwarze Raiffeisen-Partie im Grunde genommen dieselben Rechte der Wettbewerbsverzerrung bekommt, wie man sie der roten Seite zugestanden hat. Und diese Koalition hat uns vor wenigen Minuten noch durch den Herrn Finanzminister verkünden lassen, sie sei für faire Marktwirtschaft!

Das ist eine unfaire Marktwirtschaft, die Sie hier aufrechterhalten, das ist eine Parteibuchwirtschaft, wie sie in den schlechtesten Zeiten der fünfziger Jahre nicht auf der Tagesordnung war! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Das ist zum Wiehern!)

Die Nationalbank bleibt durch dieses Gesetz ein Selbstbedienungsladen erster Güte. Das Parlament hat mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien den verbindlichen Auftrag erteilt, daß alle ab dem Jahre 1997 in die Nationalbank eintretenden Mitarbeiter unter normales ASVG-Pensionsrecht mit Pensionskasse zu stellen sind. Dieser Auftrag wurde nicht eingehalten, und trotz


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dem macht die Regierung jetzt dabei mit, den Zustand, daß es ein Sonderpensionsrecht in der Nationalbank gibt, weiter aufrechtzuerhalten.

Dieses Sonderpensionsrecht hat dazu geführt, daß es rund 25 000 Millionen Schilling Pensionsreserve gibt, die nicht nur erhalten bleibt, sondern – das ist das Interessante – laut Gesetz aus den Gewinnen jedes Jahr um 10 Prozent zu vermehren ist.

Wie ernst nehmen Sie sich denn selbst? Einerseits sagen Sie: Wir müssen Gerechtigkeit walten lassen, daher gibt es in Zukunft in der Nationalbank auch nur mehr ASVG-Pensionen!, aber andererseits schaffen Sie jetzt wieder Finanzierungsquellen, wo die Milliardenbeträge nur so herumjongliert werden. Würden Sie, Kollege Feurstein, allein einmal die Rechnung aufmachen und eine ordentliche Verzinsung, wie sie jede Pensionskasse machen muß, nämlich mit 6 Prozent der Reserven, anstellen und nicht mit 3,25 Prozent der Pensionsreserven, wie Sie es jetzt in der Bilanz tun, dann würden Sie nicht 25 Milliarden Schilling Pensionsreserven für die Altlasten brauchen, sondern nur rund 15 Milliarden Schilling. Das heißt, Sie hätten schon 10 Milliarden Schilling zur Verfügung, um endlich das zu tun, wozu der Finanzminister offenbar nicht fähig ist, nämlich mit diesem Betrag eine Steuerreform zu machen und entsprechende Entlastungen der Bevölkerung durchzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben eine Pensionsvorsorge pro Mitarbeiter in der Nationalbank von 10 Millionen Schilling Deckung. Das heißt, bei einer jährlichen Verzinsung erzielen Sie 1,5 Milliarden Schilling Zinsen, obwohl Sie nur 904 Millionen Schilling Pensionsauszahlung haben. Das heißt, Sie nehmen mehr Zinsen ein für die Rücklagen, als Sie aktuelle Pensionsauszahlungen haben. – Das ist, glaube ich, wohl der schlagendste Beweis dafür, daß dieses Modell, das Sie uns anbieten, nichts anderes bedeutet, als in Zukunft wiederum rote und schwarze Parteigänger mit Privilegien und Sonderrechten zu versorgen, anstatt endlich Ordnung zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher sagen wir Freiheitliche: Da wird übel gespielt! – Wie übel gespielt wird, sieht man daran, daß die Oesterreichische Nationalbank in ihrem jüngsten Bericht "Informationen für Mandatare März 1998" die Mandatare von ÖVP und SPÖ dumm sterben läßt. Die Oesterreichische Nationalbank verteilt eine Information für Abgeordnete, in der unter "Reserven", Herr Bundesminister, nicht einmal die Pensionsreserven von 25 Milliarden Schilling ausgewiesen sind. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!) Sie scheinen nicht mehr auf!

Wir wissen aber, daß mit den Pensionsreserven und den freien Reserven rund 114 Milliarden Schilling sofort verfügbares Kapital, das den Österreicherinnen und Österreichern gehört, vorhanden ist. – Was sagen Sie dazu? Was ist das für eine schlamperte Novelle, die Sie hier akzeptieren und die es der Nationalbank wiederum ermöglicht, Milliardenbeträge am Gesetzgeber vorbeizuführen, die für Privilegien und Sonderrechte verwendet werden?

Wir sagen Ihnen: Heraus mit diesen 114 Milliarden Schilling! Wir wollen von diesen 114 Milliarden Schilling sofort 20, 30 Milliarden Schilling für eine Steuerreform zur Verfügung haben. Das ist das Entscheidende! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Finanzminister, sagen heute in der Öffentlichkeit: Wir haben kein Geld für die Steuerreform! Der Herr Liebscher läßt Ihnen ausrichten, die Reserven der Nationalbank seien bis zum Jahre 2002 sakrosankt. – Wir reden ja auch nicht über die Devisenreserven, wir reden über die freien Reserven, und Herr Präsident Liebscher wird vielleicht die Güte haben, zur Kenntnis zu nehmen, daß auch die Freiheitlichen nicht die Auflösung der Devisenreserven fordern. Wir fordern die Auflösung der freien Reserven, denn neben den Devisenreserven von 230 Milliarden Schilling hat die Nationalbank sage und schreibe 114 Milliarden Schilling freie Reserven, die nicht gebunden sind, die jederzeit für eine sinnvolle Maßnahme der Steuersenkungspolitik zur Verfügung stehen. Die Arbeitnehmer warten seit zehn Jahren auf eine Steuerreform. Vor zehn Jahren haben sie 88 Milliarden Schilling Lohnsteuer gezahlt – heuer werden sie 190 Milliarden zahlen.

Sie, Herr Minister Edlinger, haben darauf hingewiesen, daß es keine neuen Steuererhöhungen geben wird. Ja wollen Sie die Steuern vielleicht noch weiter erhöhen, in einer Zeit, in der die


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Arbeitnehmer durch Ihre Regierungspolitik um mehr als 100 Milliarden Schilling mehr belastet worden sind? Da hört sich die Gemütlichkeit auf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister, nehmen Sie einen Teil dieser Reserven und machen Sie jetzt eine Steuersenkung! Sie wissen, daß die unteren und mittleren Einkommensbezieher im Bereich der unselbständig Erwerbstätigen die Hauptlast Ihrer Belastungspolitik tragen. Machen Sie sich einmal die Mühe und rechnen Sie durch, wer hauptsächlich von Ihrem Belastungspaket betroffen ist. Ein Bezieher eines Einkommens von 20 000 S brutto hat durch Ihre Sparpakets- und Belastungsmaßnahmen ein Mehr an Lohnsteuer von 29,7 Prozent zu tragen; ein Abgeordneter in Österreich mit 100 000 S brutto hat durch Ihr Belastungspaket nur ein Mehr von 3,4 Prozent an Lohnsteuer zu tragen.

So handelt eine sozialistische Regierung, die sagt, soziale Gerechtigkeit sei wichtig, der "kleine Mann" müsse im Vordergrund stehen: Sie zementieren die Privilegienritter von Rot und Schwarz in der Nationalbank, Sie schützen die milliardenschweren Reserven, Sie garantieren den Proporz, aber Sie verweigern die Steuerreform, die für die fleißigen und tüchtigen Österreicher notwendig wäre! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dabei lassen Sie sich noch düpieren von den Funktionären der Nationalbank. Ich lese hier, daß etwa Generaldirektor Wala, der ja Ihrer Partei angehört, Ihnen ausrichten läßt: Jeder, der die Reserven angreift, ist ein Rauschgiftsüchtiger, denn wenn man ihnen einmal etwas gibt, dann werden sie zu Wiederholungstätern. – Na das ist eine feine Kommunikation in der vornehmen Gesellschaft von Rot und Schwarz! Da sitzt der Rauschgifttäter, der schon Überlegungen anstellt, wie er die Reserven angreifen kann, und Wala dokumentiert das. Sie werden das auszudiskutieren haben! (Bundesminister Edlinger: Mich hat er nicht gemeint!) Er wird schon Sie gemeint haben, denn er erwidert in einem Interview, das mir hier vorliegt, auf Ihre Überlegungen, daß Sie zum Stopfen der Budgetlöcher einen Teil der Nationalbankreserven nehmen. Das ist der Unterschied zu uns: Sie wollen Budgetlöcher mit den Reserven stopfen – wir wollen die Steuern senken, damit die Österreicher etwas davon haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Sie machen mit dieser Novelle wieder eine Verstaatlichung, das heißt, Sie sagen, die Nationalbank hat im Bereich der Währungspolitik nichts mehr zu reden, aber sie darf neue Geschäftsfelder eröffnen. Sie darf alles tun und hat – das wird die Bundeskammer besonders freuen – Privilegien im Steuerrecht, Privilegien bei den Betriebsanlagengenehmigungen; zum Beispiel braucht eine Druckerei, die jetzt um 5,2 Milliarden Schilling gebaut worden ist, keine Betriebsanlagenbewilligung.

Herr Kollege Stummvoll! Wie können Sie denn einem Gesetz zustimmen, bei dem so etwas möglich ist? Oder stimmen Sie auch zu, daß die Nationalbank jetzt die Möglichkeit hat, über ihre Beteiligung bei der Münze Österreich neue Geschäftsfelder zu eröffnen, etwa sich in den Casino- und Lotteriebereich einzukaufen? – Natürlich, da sind ja schon alle Vornehmen dabei, es ist ja nicht nur die Nationalbank daran interessiert, sich in das Spielgeschäft einzumengen und zuzukaufen. Ich lese im Diagramm der Beteiligungen, daß ja sogar die Erzdiözese Wien an Casino- und Lotteriegesellschaften Österreichs beteiligt ist. (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!) Das heißt also, meine Damen und Herren, die vornehme Gesellschaft der Bischöfe ist mit der Erzdiözese beteiligt! (Abg. Rosemarie Bauer: Der Krenn auch! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich finde das ganz toll! Daher meine ich, man sollte diese Novelle rasch wieder in der Versenkung verschwinden lassen. (Abg. Mag. Stadler: Wenn kassiert wird, sind sie dabei!)

Sie haben ein Problem, weil Sie uns wahrscheinlich nicht erklären können, warum eine Partei, die die Marktwirtschaft verteidigt, eine neue Verstaatlichung durchführt, noch dazu zum Nachteil der Österreicher, muß man sagen, wenn man bedenkt, daß etwa die Münze Österreich, die der Nationalbank gehört, in Deutschland Münzprägeunternehmungen gekauft hat und jetzt für den ersten österreichischen Euro wirbt und diesen europaweit vertreibt, obwohl das eine reine Täuschung ist, weil das Geld ist, das nicht in Verkehr gebracht werden darf. Ich frage mich schön langsam, welche Sitten in der Oesterreichischen Nationalbank herrschen: Man wirbt für ein Geld, das es nicht geben wird, und die Leute zahlen eine Menge Schilling dafür, daß sie die


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ersten Euro-Münzen erwerben können – im guten Glauben, weil das als Nominale angegeben wird. (Abg. Mag. Stadler: Betrug nennt man so etwas!)

Meine Damen und Herren! Da ist sehr, sehr vieles noch in Ordnung zu bringen – bis hin zu den Privilegien. Noch immer gibt es 17,5 Monatsgehälter Abfertigung für jeden Mitarbeiter, noch immer gibt es für jene, die vor 1993 mit 2 Prozent Pensionsbeitrag eingetreten sind, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): ... 85 Prozent der Letztbezüge. Noch immer gibt es ein Sonderkarenzgeld, noch immer gibt es Sonderfamilienbeihilfen, noch immer gibt es begünstigte Wohnungen mit 17 S pro Quadratmeter für Mitarbeiter, noch immer gibt es ... (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Jetzt sind wir aber gespannt, Herr Professor!)

10.20

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der heutigen Novelle zum Nationalbankgesetz erfüllen wir eine weitere Voraussetzung für die Mitgliedschaft Österreichs bei der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. – Bis zu diesem Punkt ist dem Abgeordneten Haider zuzustimmen. In weiterer Folge ist in seine Rede leider keinerlei sachliche Überlegung eingeflossen. (Abg. Haigermoser: Das werden wir sehen im Wahlkampf!) Herr Kollege Haider war ja auch nicht im Ausschuß, und daher konnte er hier sozusagen ungestört von allen sachlichen Informationen einfach eine Parteitagsrede halten. Das nehmen wir zwar zur Kenntnis, das ist aber eigentlich nicht der Stil, der hier angebracht ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Wahrheit ist diese Novelle zum Nationalbankgesetz einer der wichtigsten ordnungspolitischen Schritte dieser Legislaturperiode. Es geht hiebei um die Einbindung der Oesterreichischen Nationalbank in das europäische System der Zentralbanken und damit um die Übertragung von Kompetenzen der Geld- und Währungspolitik auf europäische Ebene. Es handelt sich hier um einen Vorgang, wie wir ihn bei der europäischen Integration häufig sehen. Formal verlieren wir an Kompetenzen, statt dessen gewinnen wir aber inhaltlich zusätzliche Handlungsspielräume und zusätzliche wirtschaftspolitische Gestaltungsmöglichkeiten.

Wir sind ja schon jetzt im System der Hartwährungspolitik – ein System, das sich bewährt hat, auch wenn das von seiten der FPÖ manchmal bestritten wurde –, nur muß man dazusagen, daß dieses System asymmetrisch ist und der Schilling den Kursbewegungen der deutschen Bundesbank folgen muß. Es ist daher wichtig, daß nun mit der europäischen Währungsunion eine symmetrische Beziehung auf der währungspolitischen Ebene entsteht, das heißt auf der Basis der gleichberechtigten Teilnahme aller Mitgliedsländer.

Österreich wird nun in diesem Entscheidungsgremium des europäischen Systems der Zentralbanken durch den Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank vertreten sein. Das ist ja auch das Kernstück – und das hätte man aus der vorhergehenden Rede nicht erfassen können – der neuen Regelungen, um die es hier geht, nämlich neue Entscheidungsstrukturen im Rahmen der Oesterreichischen Nationalbank und in der Mitwirkung am europäischen System der Zentralbanken zu schaffen.

Grundsatz ist dabei das Prinzip der Unabhängigkeit der Notenbanken, und das ist im europäischen Zusammenhang ja auch völlig unbestritten. Gleichzeitig aber gilt: Notenbanken agieren natürlich nicht im luftleeren Raum. Und es ist auch im Interesse der Notenbanken selbst, jeweils den Kontakt zur realwirtschaftlichen Entwicklung zu behalten. Daher werden wir zum Beispiel ... (Abg. Mag. Stadler: Kollege! Werden Sie jetzt Direktor oder nicht? Wir wollen nur wissen, ob Sie Direktor werden!) Ich weiß, an fachlichen Fragen haben Sie kein Interesse. Sie müssen ja auch


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nicht zuhören. Ich spreche auf jeden Fall über fachliche Fragen und lasse mir von Ihnen nicht aufzwingen, wozu ich hier spreche. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht mir um den Zusammenhang zwischen Notenbank auf der einen Seite und realwirtschaftlichen Bereichen auf der anderen Seite. (Abg. Dr. Haider: Wann werden Sie Direktor?) Ein wichtiger Punkt – da waren Sie halt noch nie dabei, deshalb können Sie das nicht einschätzen – ist der Zusammenhang zwischen Notenbank und Finanzausschuß. Wir haben ja diesen Zusammenhang ... (Abg. Dr. Haider: Wann werden Sie Direktor in der Nationalbank?) Herr Kollege! Ich spreche zu fachlichen Dingen. Wenn Sie fachliche Dinge nicht interessieren, dann können Sie sich um andere Dinge kümmern. (Abg. Mag. Stadler: Wann wird Ihre Bestellung sein?)

Aber Sie waren auch noch nie dabei. Da Sie sich in der Währungspolitik nicht auskennen, waren Sie auch noch nie bei einer dieser Aussprachen zwischen dem Finanzausschuß und dem Direktorium der Oesterreichischen Nationalbank dabei. Es waren dies sehr fruchtbare Aussprachen. Wir werden diese nun in diesem Gesetz institutionalisieren. Ich glaube, es ist vernünftig, wenn es gemeinsame Aussprachen im Hinblick auf entsprechende wirtschaftspolitische Kooperation gibt. (Abg. Dr. Haider: Sie werden Direktor! Sie bewerben sich! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Der zweite Punkt, um den es mir hier geht, betrifft das Verhältnis zwischen Direktorium und Generalrat. Schauen Sie, Herr Kollege Haider, das ist ja wieder ein Punkt, bei dem es vielleicht ganz gut gewesen wäre, wenn Sie sich vor Ihrer Rede hier ein bißchen informiert hätten. (Abg. Dr. Haider: Wir sind schon sehr gut informiert!) Sie haben bemängelt, daß der Generalrat nicht ausgeschrieben wird. Herr Kollege Haider! Das Direktorium wird natürlich ausgeschrieben. Der Generalrat ist ein Aufsichtsrat. (Abg. Dr. Haider: Was werden Sie dort verdienen?) Ein Aufsichtsrat wird nie ausgeschrieben. Also ich glaube, wenigstens diese primitiven Kenntnisse müßte man von einem Redner erwarten, der sich hier zu Wort meldet. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Herr Direktor! Was werden Sie dort verdienen?) Ich glaube, Herr Kollege Haider, zumindest darüber sollten Sie sich einmal informieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch auf ein paar inhaltliche Punkte eingehen. (Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Haider und Mag. Stadler. ) Herr Kollege! Sie können schreien, solange Sie wollen, ich werde jedenfalls zu sachlichen Themen sprechen und mich somit wohltuend von Ihnen unterscheiden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Bleiben Sie bei der Qualifikation!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch auf organisatorische Fragen zu sprechen kommen. Obwohl es meiner Ansicht nach sicherlich legitim ist, bei dieser Diskussion auch organisatorische und personelle Aspekte anzuschneiden, meine ich doch, daß auch inhaltliche Fragen nicht untergehen sollten. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen.

Ich stimme dem Abgeordneten Peter völlig zu, der – ich hoffe, das sinngemäß wiederzugeben – im Ausschuß gemeint hat: Die Oesterreichische Nationalbank hat wirtschaftspolitisch hervorragende Arbeit geleistet, aber es ist zu verlangen, daß diese hervorragende Leistung auch zu den geringstmöglichen Kosten erbracht wird. – Ich glaube, das war ungefähr Ihre Position, und ich möchte dieser Position auch völlig zustimmen.

Es ist sicherlich richtig, daß auch Großinstitutionen, wie eben die Oesterreichische Nationalbank eine ist, immer vor der Notwendigkeit stehen, ihre Organisation, ihre Effizienz kritisch zu überprüfen. Ich glaube, man muß allerdings fairerweise dazusagen, daß die Oesterreichische Nationalbank mit einer kritischen Durchforstung ihrer Personalstruktur und Organisation in den letzten Jahren selbst schon begonnen hat, wobei auch schon erhebliche Fortschritte erzielt wurden. Nach Verabschiedung dieses Gesetzes werden entsprechende weitere Schritte gesetzt werden, wobei dies in einer ganzen Reihe von Fällen – diese wurden auch publik – nicht unproblematisch ist. Man muß ganz offen sagen, daß es da eben um das Problem des Eingriffes in bestehende privatrechtliche Verträge geht. So etwas ist immer eine sehr heikle Frage, und ich hoffe daher, daß wir diesbezüglich rechtzeitig eine einvernehmliche Lösung finden werden.


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Ein Punkt, der eher zum Kuriosen gehört – vielleicht könnte mir jetzt Kollege Haider seine geneigte Aufmerksamkeit schenken –, ist der Bezug, wo Sie zum § 22 Abs. 4 sprechen (Abg. Mag. Stadler: Sie reden über die Bezüge! Jetzt wird es interessant! Was werden Sie verdienen, Herr Professor?)  – hören Sie einmal zu! –, wonach Professoren der Rechts- und Staatswissenschaften Mitglieder des Generalrates sein können. Jetzt hat Kollege Haider messerscharf daraus geschlossen, das sei eine Regelung, die auf mich zugeschnitten wurde. – Es ist ja sehr freundlich, daß Sie immer so an mich denken (Abg. Mag. Stadler: Was werden Sie verdienen, Herr Direktor?) , aber ich muß in aller Bescheidenheit auf folgendes hinweisen: Das ist eine Regelung – Sie wissen es ja selbst; wenn Sie es selbst wissen, warum haben Sie es dann behauptet? –, die sich schon seit Jahrzehnten im Notenbankgesetz findet und aus guten Gründen auch international üblich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, das Gesetz durchzulesen, wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, im Anhang dieses Gesetzes den alten Text mit dem neuen Text zu vergleichen, dann wäre Ihnen meiner Meinung nach dieser blamable Irrtum nicht passiert. Und ich muß sagen: Es ist blamabel, und es hätte sich vermeiden lassen, wenn Sie im Ausschuß gewesen wären! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte noch einen weiteren Punkt erwähnen, ich spreche nämlich nicht zu eigenen Dingen. Sie haben hier von Frau Direktor Gugerell gesprochen. (Abg. Mag. Stadler: Was werden Sie verdienen? – Sie sind mir eine Antwort schuldig! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Erstens ist sie schon im Direktorium, was Ihnen offensichtlich auch entgangen ist, denn Sie haben gesagt, sie komme. Sie ist im Direktorium und leistet hervorragende Arbeit. Ich möchte mich ganz deutlich dagegen verwahren, daß Menschen nur aufgrund von familiären oder politischen Verflechtungen diskriminiert werden. Es geht darum, ob die Leute ordentlich arbeiten. Und Frau Kollegin Gugerell leistet hervorragende Arbeit! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie, der Sie sich überhaupt nicht auskennen und Ihre Unkenntnis jetzt wieder bewiesen haben, haben sicherlich nicht das Recht, über Kollegin Gugerell zu urteilen! Das möchte ich einmal sehr deutlich gesagt haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Herr Direktor! Wissen Sie, wo Schwechat ist und wo der Bezirk Gänserndorf liegt?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wichtiger als diese kleinen Querelen sind doch die Weichenstellungen, die in dieser Gesetzesnovelle enthalten sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Punkt, auf den ich jetzt abschließend noch eingehen möchte und bei dem es eine erhebliche Diskussion sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene gegeben hat, betrifft die Zielsetzungen der Oesterreichischen Nationalbank. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich finde es nicht fair, bei einem Redner zu verlangen, daß man ihm Aufmerksamkeit zuteil werden läßt, und den anderen dann ganz gezielt zu stören. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt einen Unterschied zwischen Zwischenrufen, die natürlich legitim sind, und dem systematischen Versuch, einen Redner nicht reden zu lassen.

Herr Abgeordneter Stadler! Wenn jemand von Ihrer Fraktion zu Wort kommt, kann er ja das alles urgieren. Aber vielleicht gibt es im Hause Leute, die auch diesem Abgeordneten zuhören wollen. Ich appelliere wirklich an Ihre Fairneß! (Beifall bei der SPÖ.)  – Bitte fortzusetzen!

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (fortsetzend): Ich muß allerdings sagen, daß Kollege Stadler niemand ist, der mich stören könnte. Daher kann ich durchaus fortsetzen.

Worüber ich sprechen wollte, war die Zielsetzung des § 2 Abs. 2. Der entscheidende Punkt, über den wir eine lange Diskussion geführt haben, ist die Frage, was die Aufgaben der Nationalbank sind.


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Es ist völlig unbestritten, daß die primäre Aufgabe der Notenbank und auch des Europäischen Systems der Zentralbanken in der Sicherung der Preisstabilität besteht. Es ist ökonomisch aber ebenso evident, daß Maßnahmen der Notenbank natürlich auch Rückwirkungen auf andere Ziele der Wirtschaftspolitik haben, speziell auf Ziele der Beschäftigung und des Wirtschaftswachstums. (Abg. Mag. Stadler: Herr Direktor, was ist mit dem Münzgeschäft?)

Das ist auch allen Notenbanken bewußt, und das gilt auch für das Europäische System der Zentralbanken. Dieser Zusammenhang wird im § 2 (2) Nationalbankgesetz angesprochen und lautet wie folgt:

"Im Rahmen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere der Artikel 2 und 105 des EG-Vertrages, hat die Oesterreichische Nationalbank mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, das Ziel der Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Ziels der Preisstabilität möglich ist, ist den volkswirtschaftlichen Anforderungen in bezug auf Wirtschaftswachstum und Beschäftigungsentwicklung Rechnung zu tragen und die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft zu unterstützen." – (Abg. Mag. Stadler: Herr Direktor, was ist mit dem Münzgeschäft, mit dem Riesenbetrug? Was werden Sie dagegen tun?)

Wir haben über diese Passage lange diskutiert, und ich glaube, es handelt sich um einen wichtigen Punkt, weil er die Weichenstellungen aufzeigt. Selbstverständlich betrifft dies zunächst die Priorität der Preisstabilität, gleichermaßen aber auch die Bemühungen sowohl der Gemeinschaft, der österreichischen Bundesregierung als auch jedes einzelnen, die Beschäftigungssicherheit aufrechtzuerhalten und den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit in Europa voranzutreiben. Beides wollen wir für Europa, für beide Ziele stehen wir ein. Ich darf namens meiner Fraktion die Bundesregierung in ihrem Versuch unterstützen, beide Instrumente und beide Mittel in Österreich einzusetzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Reden Sie zum Münzbetrug! Was werden Sie verdienen?)

Herr Kollege Stadler! Machen Sie sich einmal die Mühe, in einen Ausschuß zu gehen, dort sind Sie eingeladen, zu einer fachlichen Frage Stellung zu nehmen. – Wenn Sie hier nur Lärm machen, gehe ich darauf wirklich nicht ein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Herr Kollege Haider! Ich glaube, Sie sollten sich ein wenig um Ihren Nachbarn kümmern, er dürfte Probleme haben. (Abg. Haigermoser: Der Neid ist etwas Schlimmes!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, man muß davon ausgehen, daß wir derzeit im Bereich des Euro besonders günstige Voraussetzungen vorfinden, beide Zielsetzungen, und zwar sowohl die Stabilitätszielsetzungen als auch die Wachstumszielsetzungen, zu berücksichtigen. Wir haben derzeit – erst gestern sind die Daten der Öffentlichkeit bekanntgegeben worden – eine Inflationsrate, die in Österreich nur mehr ein Prozent beträgt. Ein Prozent Inflationsrate bedeutet im Grunde genommen, wenn ich Qualitätsänderungen berücksichtige, überhaupt keine Inflation. Das heißt, wir haben das Ziel der Preisstabilität voll erreicht. Das muß man auch sehen. Das hätte vor vier, fünf Jahren noch niemand für möglich gehalten, und das ist ein ganz wesentlicher Erfolg, der im Rahmen des Herangehens an die Währungsunion bereits jetzt erreicht wurde. (Abg. Dr. Haider: Das nächste Mal redet ihr wieder für die Beschäftigungspolitik und gegen die Preisstabilität! Die Lehrlinge warten schon darauf!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf dieser Basis aufbauend ist es nun durchaus möglich, entsprechende beschäftigungspolitische Maßnahmen zu setzen. Wir sehen jetzt schon, die Prognosen sind entsprechend positiv. Wir werden voraussichtlich in diesem Jahr in Österreich ein reales Wirtschaftswachstum von 3 Prozent erreichen. (Abg. Mag. Stadler: In Niederösterreich wartet der Wähler noch auf Ihre Beschäftigungspolitik, in Wiener Neustadt und Schwechat!)

Lieber Herr Kollege Stadler! So wichtig Wiener Neustadt ist, muß ich doch sagen, hier geht es um die Frage der europäischen Beschäftigungsentwicklung, von der Gesamtösterreich profitiert, denn die österreichische Entwicklung ist von den Entwicklungen in Europa nicht abtrennbar. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt erleben wir somit heute einen guten Tag der Wirtschaftspolitik in Österreich. (Abg. Mag. Stadler: Um Gottes willen! – Abg. Dr. Haider: Der will wirklich Direktor werden!) Es ist ein stabilitätskonformes Budget vorgelegt worden, und wir beschließen hier die ordnungspolitischen Grundlagen für langfristige Währungsstabilität im europäischen Rahmen.

In diesem Sinne haben wir mit diesem Gesetz die Voraussetzungen für eine weitere erfolgreiche Tätigkeit der Oesterreichischen Nationalbank geschaffen, und zwar sowohl im nationalen als auch im internationalen Rahmen. Daher werden wir diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Helmut Peter. – Bitte.

10.35

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist mir ein Anliegen, eingangs einmal festzustellen, daß Österreich eine erfolgreiche Währungspolitik betrieben hat. Wir haben es durch gemeinsame Arbeit und nicht zuletzt auch durch die der Nationalbank geschafft, Österreich einen Platz in einem stabilen Währungsraum zu sichern – die Bindung des Schillings an die D-Mark hat über 17 Jahre gedauert – und darüber hinaus Österreich als eines der sichersten und ersten Teilnehmerländer des Euro zu positionieren. Das ist positiv, dafür verdient die Nationalbank selbstverständlich unser Kompliment. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Drei Kritikpunkte bleiben aber bei dieser Novelle offen, und drei Kritikpunkte bleiben im wesentlichen auch übrig, wenn man die Arbeit der Nationalbank beobachtet. Zunächst einmal betrifft das die Frage der Eigentümerstruktur und jene des Postenkarussells, das sich dort abspielt – ein Roter, ein Schwarzer, ein Roter, ein Schwarzer; Sie können das Mausen nicht lassen, Sie müssen Leute immer mit Farben beschmieren, bevor Sie ihnen einen Posten geben –, und vor allem geht es um die Frage der Kosten.

Meine Damen und Herren! Wenden wir uns der Eigentümerstruktur zu. Historisch gesehen mag die Aufteilung, daß Sozialpartner zu 50 Prozent Eigentümer der Nationalbank sind, ihren Sinn gehabt haben – selbstverständlich geschah und geschieht dies nach dem Strickmuster: ein Roter, ein Schwarzer, ein Roter, ein Schwarzer; das wissen wir, das muß doch so sein –, aber diese 23 zusätzlichen Eigentümer über den Bund hinaus haben eigentlich ihre Funktion verloren. Die Hartwährungspolitik, die Stabilitätspolitik wird jetzt von der Europäischen Zentralbank gemacht. Warum brauche ich dann in einem Monopolunternehmen – und bei der Oesterreichischen Nationalbank handelt es sich um ein Monopolunternehmen – andere Eigentümer als den Staat? Es ist doch völlig unglaubwürdig, zu argumentieren, daß man in einer Monopolsituation, deren wesentliche Entscheidungsgrundlagen zur Europäischen Zentralbank nach Frankfurt ausgelagert wurden, in der Nationalbank andere Eigentümer als den Staat braucht.

Wir Liberalen glauben daher – und wir werden dazu auch einen entsprechenden Antrag einbringen –, daß es der einzige strukturell wirklich klar nachvollziehbare Weg ist, diesen Monopolisten Oesterreichische Nationalbank voll ins Eigentum des Bundes zu übernehmen und selbstverständlich zur gleichen Zeit die anderen wirtschaftlichen Aktivitäten der Nationalbank auszugliedern und zu privatisieren, da sie mit der ureigensten Aufgabe der Notenbank in Wahrheit nicht in Verbindung stehen.

Die Abschichtung der 23 Eigentümer, die nicht den Bund repräsentieren – ob das nun die Raiffeisenbanken oder der Gewerkschaftsbund sind –, kann selbstverständlich über das Nominale plus dem Barwert der fixen Dividende von 10 Prozent erfolgen. Das ist doch ein Problem dieses Instituts, daß der Bund als staatlicher Eigentümer Sonderinteressen hat und daß die anderen 50 Prozent Eigentümer unabhängig davon, ob die Nationalbank gut oder schlecht in der Gewinnsituation liegt, mit 10 Prozent Dividende gesetzlich beschränkt sind.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Partnerinnen betreffend Verstaatlichung der Oesterreichischen Nationalbank

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Ende April 1999 ein Konzept und einen Aktionsplan vorzulegen, die die erforderlichen organisatorischen, rechtlichen, budgetären und personellen Voraussetzungen zur Verstaatlichung der Oesterreichischen Nationalbank, die Ausgliederung und Privatisierung der Druckerei der Nationalbank sowie die Trennung der Münze Österreich AG und der Austro Card AG von der Nationalbank vorsehen."

*****

So sinnvoll diese vertikale Diversifikation im Sinne einer Politik außerhalb des Euros gewesen sein mag, so muß ich heute unter veränderten Bedingungen klar feststellen: Wenn die Nationalbank eine weitere Funktion hat – und sie hat eine solche Funktion in der Umsetzung der europäischen Währungspolitik in Österreich –, dann soll sie sich auf jenen Teil konzentrieren, der wirklich ihre Aufgabe ist. Die anderen Teile sollen nicht auch verstaatlicht werden, sondern einem Wettbewerb ausgesetzt sein.

Der zweite Kritikpunkt an dieser Novelle und damit auch am gesamten System der Oesterreichischen Nationalbank betrifft die Frage der Besetzung der Funktionen. Im EG-Vertrag von Amsterdam können Sie im Kapitel 2 wörtlich nachlesen: Bei Wahrnehmung der ihnen durch diesen Vertrag und die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken übertragenen Befugnisse, Aufgaben und Pflichten darf weder die Europäische Zentralbank noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlußorgane Weisungen von Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaften, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen Stellen einholen oder entgegennehmen. – Das ist der Wille der Europäischen Union. Was Sie in Ihrer Novelle daraus gemacht haben, ist nicht ganz, aber nahezu das Gegenteil.

Sie gehen soweit, im § 20 zu normieren, daß der Generalrat das Direktorium in Angelegenheiten der Geschäftsführung und der Währungspolitik zu beraten habe. Das ist in der Formulierung knapp an der Grenze. Das heißt, daß sich das Direktorium seine Weisungen im Generalrat abholen muß, und das im Sinne einer völlig ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. ) Es steht nicht Weisung dort, Herr Professor Nowotny, das ist schon richtig. Ihr Postenkarussell, Ihre Besetzungspraxis geht allerdings in die Richtung, daß jedenfalls der Gouverneur, der unabhängig handeln soll im Gremium der Europäischen Zentralbank, letztlich in die Weisungen dieser Koalitionsregierung und des rot-schwarzen Postenkarussells eingebunden ist. Ich halte das für eine weite Überdehnung dessen, was richtig und möglich ist, und bedauere, daß Sie diesen Weg gegangen sind.

Sie lösen sich aber in dieser Novelle auch sonst nicht von Ihren Einflüssen in der Nationalbank. Wenn Sie schon diese Einflüsse haben wollen, dann haben Sie den Mut, die Nationalbank zu 100 Prozent als Monopolisten – ich betone das noch einmal – in das staatliche Eigentum zu nehmen und alle Töchter auszugliedern und zu privatisieren. Diese sollen sich dann im Bereich des freien Wettbewerbs bewähren, und die Zentralbank als Monopolist befindet sich in staatlicher Hand.

Damit kommen wir zum dritten Kritikpunkt, zu den Kosten. Ich durfte es schon anführen: Ich halte die Nationalbank für ein wirklich gut geführtes Unternehmen. Dort wurden gute Leistungen erbracht, gar keine Frage, aber niemand, meine Damen und Herren, hat gefragt, was dies kostet. Wir als österreichisches Parlament haben aber nicht nur die Pflicht, sondern die Aufgabe, zu fragen, was das kostet. Denn die Überschüsse der Oesterreichischen Nationalbank, die zweifelsohne mit den Kosten direkt zu tun haben, gehen in der Gewinnablieferung im


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wesentlichen an den Herrn Finanzminister oder an die anderen Eigentümer der Nationalbank, die dort in Zukunft meiner Ansicht nach gar nichts verloren haben, die jedoch 10 Prozent Fixdividende bekommen. Das bedeutet, daß da ein sozialrechtliches Paradies entstanden ist.

Ich kann nicht verstehen, daß es Mandatarinnen und Mandataren der Sozialdemokraten oder der Österreichischen Volkspartei nicht den Ärger ins Gesicht treibt, wenn sie daran denken, daß die höchste Pension, die es nach dem ASVG in Österreich gibt, für eine Frau oder einen Mann, die oder der 48 000 S brutto verdient hat – und das sind nicht einmal 10 Prozent der Unselbständigen in Österreich – 405 000 S jährlich beträgt – wer 40 Jahre lang seine Pension einbezahlt hat, kann lediglich eine Höchstpension von 405 000 S jährlich bekommen! –, während ein Sozialdemokrat, der Revisionsbeamter in der Nationalbank war, eine Million bekommt und ein Schwarzer, der Bediensteter der Verpflegungsstelle war, 1,1 Millionen Schilling erhält.

Wer, meine Damen und Herren, hat das beschlossen? Wer trägt die Verantwortung dafür? Das ist ja nicht von selbst gekommen. Da muß es ja Mandatare gegeben haben, die dies beschlossen haben. Wenn Sie schon Ihr Postenkarussell von Rot und Schwarz laufen haben, dann tragen Sie auch die Verantwortung für diese schamlosen Pensionsverträge! In Ihrem Einflußbereich, in Ihrem Machtbereich und von Ihren Funktionären ist das beschlossen worden! Und daran werden Sie noch 50 Jahre zu tragen haben, denn es sind Einzelverträge, die 50 Jahre lang weiter gelten werden, bis die letzte Witwe, die aus diesen Pensionsverträgen noch Vorteile zieht, gestorben ist.

Stellen Sie sich an das Rednerpult des Nationalrates und damit vor die österreichische Bevölkerung und bekennen Sie: Wir haben diesen Unsinn und diese Privilegien beschlossen! Aber putzen Sie sich nicht ab, indem Sie sagen: Da kann man nichts machen, das sind ja Einzelverträge, das sind die Sünden der Vergangenheit! – Das sind die Sünden Ihrer Politik, an denen wir noch 50 Jahre weiter zu tragen haben werden.

Ich halte das einfach für empörend. Es handelt sich gewissermaßen um einen klassischen Fall, wie Privilegien dort entstehen, wo es keinen Wettbewerb gibt. Wir haben eine ganz ähnliche Situation bei den Pensionsversicherungen, bei den Sozialversicherungen, in der E-Wirtschaft, Verbundgesellschaft nicht zu vergessen. Überall dort, wo kein Wettbewerb geherrscht hat, haben sich die Menschen, die dort gearbeitet haben, mit den Beschlußfassungen der Mandatare der Sozialdemokraten und der Österreichischen Volkspartei eine Art sozialdemokratisches Paradies geschaffen. Dann sollten Sie aber auch den Mut haben und die Verantwortung dafür übernehmen, denn die Verantwortung tragen letztlich Sie.

Das Folgende setzt nun der ganzen Angelegenheit gewissermaßen die Krone auf: Der Nationalrat hat am 15. Mai 1997 einstimmig einen Entschließungsantrag beschlossen, wonach die Nationalbank mit dem Privilegienstadel zumindest ab 1. Juli 1997 aufhören sollte. Was uns die Nationalbank dazu hat wissen lassen, ist ärgerlich, ja empörend, nämlich daß sie noch schnell vor dem 1. Mai 1998 weitere Mitarbeiter in diesen Privilegienstadel aufnimmt und diese Personalpolitik auch noch argumentiert und verteidigt. Ich halte das für empörend.

Wir haben daher folgenden Zusatzantrag vorbereitet, den ich hiemit einbringen darf:

Zusatzantrag

der Abgeordneten Mag Helmut Peter und PartnerInnen betreffend die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz über die Änderung des Nationalbankgesetzes 1984, des Scheidemünzengesetzes, des Schillinggesetzes, des Devisengesetzes und des Kapitalmarktgesetzes, die Aufhebung des Übergangsrechtes anläßlich einer Novelle zum Nationalbankgesetz 1955, des Bundesgesetzes vom 12. Jänner 1923 betreffend Überleitung der Geschäfte der Österreichisch-Ungarischen Bank, österreichische Geschäftsführung, auf die Oesterreichische Nationalbank, des Bundesgesetzes vom 18. März 1959 betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 74/1959, und des Bundesgesetzes betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen,


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BGBl. Nr. 171/1991 (1080 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (1090 der Beilagen), eingebracht im Zuge der Debatte in der 112. Sitzung des Nationalrates

Der Nationalrat wolle beschließen:

"In Artikel I werden nach der Ziffer 37 folgende Ziffern 37a und 37b eingefügt:

37a. In § 38 Abs. 2 erster Satz entfällt die Wortfolge ,und die Pensionsbezüge‘,

37b. § 38 Abs. 3 entfällt."

*****

Dieser Zusatzantrag will nicht mehr und nicht weniger, als dem Generalrat der Nationalbank die Pensionsbezüge aus der Hand nehmen und die Bediensteten der Nationalbank ganz normal, wie alle anderen Mitarbeiter Österreichs, wie es die politische Kultur letztlich erfordern würde, dem ASVG unterstellen. Ich habe kein Vertrauen in diese Institution, daß sie sich entsprechend selbst beschneidet.

Meine Damen und Herren! Ich hätte dieser Reform an und für sich ganz gerne zugestimmt, weil ich meine, daß die Nationalbank ein wichtiges Instrument der österreichischen Währungspolitik ist. Unter den Voraussetzungen, die Sie geschaffen haben, ist dies nicht möglich. Sie haben es verabsäumt, in dieser Novelle ein wirklich schlankes, drittvergleichsfähiges neues Instrument Notenbank zu schaffen. Sie haben es verabsäumt, einen Monopolisten dort hinzugeben, wo er hingehört, nämlich ins öffentliche Eigentum, denn nur dort können Sie ihn wirklich kontrollieren. Und Sie haben es darüber hinaus verabsäumt, mit der garantierten Unabhängigkeit der handelnden Personen wirklich den richtigen Weg zu finden. Leider haben Sie das Ziel dieser Regierungsvorlage verfehlt, wir werden sie daher ablehnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Peter vorgetragen hat, ist ebenso wie der Abänderungsantrag ordnungsgemäß eingebracht und steht in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

10.47

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn ein paar Bemerkungen zu den Ausführungen meines Vorredners machen. Ich teile seine Einschätzung, daß es das hohe Verdienst der Notenbank und der Notenbankführung ist, in den letzten Jahren erfolgreich den Kurs eines harten Schillings und einer stabilen Währung garantiert zu haben. Das ist die wichtigste Aufgabe einer Notenbank, und diesbezüglich ist auch breites Vertrauen in der Bevölkerung vorhanden. Wir sollten in der Tat dieses Vertrauen der Bevölkerung und die Tatsache, daß die Notenbank über Jahrzehnte hinweg für eine stabile Währung gesorgt hat, in diesem Hohen Haus ausdrücklich anerkennen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ich bin mit Herrn Kollegen Peter auch einer Meinung, daß die Notenbank so wie jedes Unternehmen in der heutigen Zeit nur durch ein straffes Kostenmanagement erfolgreich sein kann. Keine Frage! Auch die Notenbank ist dazu verpflichtet. Wie jeder Unternehmer und jedes Unternehmen ist sie in hohem Ausmaß gefordert, die Probleme über die Kostenseite in den Griff zu bekommen. Ich bin mit Ihnen einer Meinung, Herr Kollege Peter, doch ist dies keineswegs eine Besonderheit der Notenbank, sondern es sind dies Überlegungen, die jedes Unternehmen anstellen muß: Wo kann ich Kosten einsparen? Wo kann ich effizienter werden? Wo kann ich die Organisation straffen? Diese Fragen müssen gewinnorientierte Betriebe genauso stellen wie Non-profit-Organisationen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )


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Ich gebe gerne zu, daß auch wir in der Wirtschaftskammer vor dieser Herausforderung stehen. So wie jedes Unternehmen müssen auch wir ständig überprüfen, ob die Organisationsstrukturen zeitgemäß sind und ob auf der Kostenseite nicht etwas einzusparen ist. Eine ganz natürliche und auch sehr wichtige Aufgabe, keine Frage, aber gewiß keine Besonderheit der Notenbank. Heute ist jedes Unternehmen mit dieser Aufgabenstellung konfrontiert. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Herr Kollege Peter! Ich weiß, daß Sie als erfolgreicher Unternehmer täglich vor der gleichen Herausforderung stehen, aber Sie haben kein Monopol, da gibt es Unterschiede, und Sie haben auch keine derartigen Verträge, wie sie hier gemacht wurden. Gar keine Frage. Aber noch einmal: In der heutigen Zeit ist es selbstverständlich, ein straffes Kostenmanagement zu haben, und ich bin überzeugt davon, daß die jetzige Notenbankführung auch unter dem zukünftigen Gouverneur in der Lage sein wird, diese Herausforderung erfolgreich zu bewältigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich doch festhalten, daß wir mit der heutigen Beschlußfassung dieser Novelle zum Notenbankgesetz den Schlußpunkt setzen, damit Österreich alle Voraussetzungen für die Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion erfüllt. Man könnte fast sagen, es ist ein historischer Augenblick, wenn wir heute dieses Gesetzespaket beschließen, weil unabhängig von den inhaltlichen Maastricht-Kriterien auch das Formalkriterium gilt, daß gemäß Artikel 108 des EG-Vertrages spätestens bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Europäischen Systems der Zentralbanken die innerstaatlichen Rechtsvorschriften inklusive der Zentralbanksatzungen dem EG-Vertrag und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken angepaßt sein müssen.

Mit dieser Beschlußfassung wird gleichsam das letzte Bauelement gesetzt, damit Österreich an dem gewaltigen Gebäude der Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmen kann.

Wenn heute um 11 Uhr, also in 10 Minuten, die Sperrfrist für den Konvergenzbericht des Europäischen Währungsinstitutes endet, dann wird auch das EWI, das Europäische Währungsinstitut, öffentlich, also offiziell, klarstellen, daß Österreich alle Voraussetzungen für die Wirtschafts- und Währungsunion erfüllt. In der Tat ein historischer Augenblick, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In der tiefschürfenden Diskussion, die wir führen und in der wir uns nicht nur an der Oberfläche mit gewissen Schlagworten wie Privilegien, Proporz und ähnlichem auseinandersetzen wollen, sollten wir festhalten, daß die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, der Euro, die gemeinsame europäische Währung nicht primär – was vielfach nicht gesehen wird – eine währungstechnische oder finanzpolitische Frage ist, sondern eigentlich die zentrale politische Frage für die Zukunft Europas.

Es haben kluge Leute wie etwa Jacques Rueff – das war der wirtschaftspolitische Berater von General de Gaulle – in den fünfziger Jahren bereits den berühmten Ausspruch getan, es werde einmal ein geeintes Europa geben als Währungsunion oder überhaupt nicht. Was ist damit gemeint? – Gemeint ist damit, daß die Friedensinitiative, die die EU von Beginn an war, nur dann dauerhaft gesichert werden kann, wenn sie über ein gesichertes wirtschaftliches Fundament verfügt, ein Fundament in Form des Binnenmarktes. Es ist ganz klar, daß ein Binnenmarkt auf Dauer nur ein Fragment bliebe, wenn diesem Binnenmarkt nicht auch eine gemeinsame europäischen Währung entsprechen würde. Das heißt, um die Friedensidee Europas langfristig abzusichern, ist sowohl ein wirtschaftliches Fundament als auch ein System sozialer Sicherheit vonnöten. Und das ist letztlich nur durch eine gemeinsame Währung, nur durch ein gesamteuropäisches Vorgehen zur Schaffung einer gemeinsamen Währung sichergestellt.

Meine Damen und Herren! Das ist die politische Dimension, die politische Funktion des Euro und keine bilanztechnische oder finanzpolitische Fragestellung. Lassen Sie mich aber schon auch festhalten, daß wirtschaftspolitisch mit dem Euro, mit der Wirtschafts- und Währungsunion Europas der größte Wirtschaftsraum der Welt entsteht. Wenn wir in den letzten Wochen und Monaten so viel von Beschäftigungssicherung und von der Priorität der Beschäftigungspolitik


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reden, dann muß uns klar sein, daß der Wirtschaftsstandort Europa zwischen dem starken Dollar einerseits und dem Yen andererseits eine eigene starke Währung braucht. Und wir schaffen heute mit der Beschlußfassung über dieses Gesetz die formale Voraussetzung dafür, daß auch Österreich an diesem großen Gebäude einer gemeinsamen europäischen Währung wird teilnehmen können, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Lassen Sie mich aus gegebenem Anlaß auch einige Worte in eigener Sache hinzufügen, nämlich in bezug auf meine eigene Partei, die Österreichische Volkspartei. Wir haben 1995 das Risiko auf uns genommen, nach einem Jahr Regierung die Regierungskoalition zu beenden und vor Neuwahlen zu stehen. Wir haben gewußt, daß dies ein hohes Risiko ist, daß es der Wähler vielleicht nicht verstehen wird, wenn ein Jahr nach einem Koalitionspakt der Beschluß zu Neuwahlen gefaßt wird. Wir haben das aus staatspolitischer Verantwortung getan, meine Damen und Herren. Heute sehen wir, daß es ohne die Volkspartei und ohne die damaligen Neuwahlen keine Budgetkonsolidierung gäbe. Ohne Budgetkonsolidierung gäbe es wiederum keinen Euro und ohne Euro keinen Beitrag Österreichs zu dieser europäischen Friedensinitiative. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie kennen mich lange genug: Ich bin nicht primär einer, der parteipolitisch orientiert ist, denn ich versuche immer, Politik als Mittel der Zukunftsgestaltung zu sehen. Doch sollte man in diesem Augenblick wirklich das historische Verdienst der Volkspartei festhalten, und zwar sowohl mit Blickrichtung auf die Europäische Währungsunion als auch mit Blickrichtung auf eine einheitliche stabile Währung in Europa und auch zur Friedenssicherung auf diesem Kontinent. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich eines auch noch sehr deutlich sagen, meine Damen und Herren: Bei aller übergeordneten Bedeutung, bei der politischen Dimension und bei der Friedensdimension, die der Wirtschafts- und Währungsunion zukommt, ist es gar keine Frage, daß auch für den Wirtschaftsstandort Österreich diese gemeinsame Währung von geradezu überragender Bedeutung ist. Vergessen wir nicht, daß in den letzten Jahren Zehntausende Arbeitsplätze vernichtet wurden, weil europäische Mitbewerber über Nacht ihre Währungen abgewertet haben, um konkurrenzfähiger zu werden. Dieses Instrument der kompetitiven Währungsabwertung wird durch eine gemeinsame Währung beseitigt: ein gigantischer Fortschritt im Interesse der Arbeitsplatzsicherung, im Interesse unserer Exportwirtschaft, im Interesse der Menschen unseres Landes, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die wirtschaftspolitische und die beschäftigungspolitische Dimension dieser gemeinsamen Währung.

Ich bin daher ehrlich davon überzeugt, daß wir heute ein Gesetzespaket beschließen, angesichts dessen es wirklich nicht angebracht wäre, in kleinliches Tageshickhack zu verfallen, sondern wo es vielmehr angebracht ist, die weitreichende Dimension der heutigen Beschlußfassung darzulegen. Ich freue mich auch – und das zeigen Gespräche mit unseren Bürgern und Bürgerinnen ebenso wie Umfragen der Meinungsforschung –, daß die gemeinsame europäische Währung, der Euro, von einem immer breiteren Vertrauen der Bevölkerung getragen wird. Wenn der Euro als Zahlungsmittel in Österreich eingeführt wird, wird – davon bin ich überzeugt – eine breite Mehrheit der Bevölkerung entgegen aller Demagogie gewisser Oppositionsparteien dem Euro genauso ihr Vertrauen entgegenbringen, wie sie dies Jahrzehnte lang dem Schilling gegenüber getan hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

10.57

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Natürlich ist die Nationalbankgesetz-Novelle über weite Strecken einfach die Herstellung von EU-Konformität im Zuge der Einführung der Europäischen Zentralbank. Nur, Herr Dr. Stummvoll: Mir gefällt es nicht, daß man ein Projekt wie die Europäische Währungsunion mit Krieg und Frieden in Europa verbindet. Ich finde, man sollte das nicht mit solchen


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Dingen überfrachten. Und der Zusammenhang mit der Politik des Jahres 1995 ist mir ein bißchen dunkel geblieben.

Wir debattieren ja heute nicht über die Währungsumstellung als solche und auch nicht über die Einrichtung eines einheitlichen Währungsraumes, sondern über eine der dafür notwendigen Voraussetzungen. Da geht es auch um technische und politische Dinge, die nur Österreich und gar nicht Krieg und Frieden betreffen. Aus der Sicht der Opposition ist eines der Versäumnisse, die mit dieser Novelle vorliegen, natürlich jenes, daß dem Proporz in der Oesterreichischen Nationalbank nach wie vor kein Riegel vorgeschoben wird. Es weiß ja – ich will nicht sagen, jedes Kind – jeder, der sich mit der Materie ein bißchen beschäftigt, daß die Oesterreichische Nationalbank natürlich eine der letzten Hochburgen des politischen Proporzes zwischen SPÖ und ÖVP ist. Und dagegen gibt es keinerlei Vorkehrungen. Es gibt sogar ein oder zwei kleine Peinlichkeiten im Gesetz in diesem Zusammenhang.

Ein Symptom – Herr Haider und Herr Peter haben schon darauf hingewiesen – für das Ganze ist ja nur die unveränderte Zusammensetzung des Generalrates in Form der Sozialpartner, die auch schon vom Europäischen Währungsinstitut kritisiert worden ist. Ich komme darauf gleich zurück.

Herr Dr. Stummvoll und Herr Minister Edlinger, damit kein Mißverständnis entsteht: Ich halte hier kein Plädoyer gegen die Sozialpartner. Ich war immer ein Freund dieses speziell österreichischen Modells der Konfliktlösung, wenn es dort eingesetzt wird, wo es hingehört, nämlich im Rahmen der Kollektivverträge und vor allem in der Aushandlung von Löhnen und Arbeitsbedingungen, in der Aushandlung von Verträgen, die dann der Kontrolle des Marktes unterliegen. Die Vergangenheit hat gerade in Österreich gezeigt, daß immer dann, wenn man die Sozialpartner sich selber überläßt, zum Beispiel früher in bestimmten Sektoren der Nahrungsmittelindustrie, nur eines passiert: Auf wirtschaftlicher Ebene wird zu Lasten Dritter ein Kartell geschlossen, und auf personalpolitischer Ebene wird auch eine Art Kartell zu Lasten Dritter geschlossen, nämlich in Form des Proporzes. Das hat sich überall gezeigt, das hat mit dem Konfliktlösungsmodell, das Sie, Herr Minister, in Ihrer Rede heute angesprochen haben, überhaupt nichts zu tun.

Die Nationalbank ist etwas, was die Engländer ein "closed shop" nennen würden. Sie ist ein closed shop, eine geschlossene Anstalt, zu der Nichtparteimitglieder von SPÖ und ÖVP schlicht keinen Zugang haben. Sie ist das, was Herr Kollege Nowotny heute, glaube ich, schon ein bißchen schönfärberisch geschildert hat.

Ich persönlich schätze Frau Kollegin Tumpel-Gugerell in höchstem Maße. – Das ist aber nicht das Thema. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz. – Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. ) Ja, okay, aber das ist nicht mein Thema. (Abg. Dr. Nowotny: Doch, das war das Thema vom Haider!) Mein Thema ist, daß Nicht angehörige von SPÖ oder ÖVP in der Nationalbank keine Karriere machen können. Das ist der eigentliche Skandal! (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Mag. Peter und Dr. Krüger.  – Abg. Mag. Stadler: So ist das!) Das Problem des Proporzes war ja nie – auch nicht in der VOEST oder in der verstaatlichten Industrie und so weiter –, daß jeder einzelne Manager ein Dummkopf gewesen wäre. Das war ja nicht der Fall. (Abg. Dr. Nowotny: Das muß man deutlich sagen! Daher muß das abgeklärt sein!) Ja okay, aber das war jetzt meine Meinung. Ich debattiere nicht darüber, was der Herr Haider gesagt hat, sondern über meinen speziellen Vorwurf, und dieser ist um eine Spur anders.

Ich bin mir noch nicht sicher darüber, ob die jetzigen Bestimmungen in den §§ 20 und 21 halten werden, ob diese wirklich EWI-konform beziehungsweise EZB-konform sind. Immerhin bleibt die Beratung in monetären Angelegenheiten durch die Mitglieder des Generalrats aufrecht, beziehungsweise hat dieser Generalrat die Erstattung von Dreiervorschlägen für das Direktorium zu leisten. Im Gesetzentwurf steht zwar "unverbindlich", aber das schaue ich mir doch an. Wenn die Bundesregierung das erste Mal über den proporzmäßig abgesicherten Vorschlag des Generalrats "drüberfährt", werde ich sagen: Das ist unverbindlich! Vorher würde ich eher um eine Flasche Wein mit Ihnen wetten, daß dieser Vorschlag verbindlich sein wird.


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Es gibt in diesem Zusammenhang auch noch ein Kuriosum am Rande zu erwähnen, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte und das Kollege Haider – trotz seiner akribischen Recherchen und der Berichte aus dem Finanzausschuß, in dem ja einige dieser Punkte schon diskutiert worden waren – übersehen hat. Das ist zwar nur ein Kuriosum am Rande, es wirft aber trotzdem ein Schlaglicht auf die personalpolitischen Absprachen zwischen SPÖ und ÖVP, die so weit gehen, daß sie sogar in diese Gesetzesnovelle, die ja an sich nichts anderes zu tun hätte, als die Nationalbank EZB-konform zu machen, Eingang gefunden haben.

Der jetzige Generaldirektor wird in Zukunft "Gouverneur" heißen – das ist eben die neue Sprachregelung im zukünftigen Euroraum – und Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank sein. Und somit wird der zukünftige Gouverneur eine wichtigere Person sein, wichtigere Funktionen haben, als das beim gegenwärtigen Präsidenten der OeNB der Fall ist.

Der jetzige Generaldirektor heißt Wala und wird meines Wissens der SPÖ zugerechnet. Er wäre daher bis auf weiteres, so lange die Übergangsbestimmungen eben gelten, Gouverneur. Das wäre ein ganz normaler Vorgang, wie er in jedem anderen Land der EU wahrscheinlich auch stattfände. – Das darf aber nicht sein. Es darf nämlich deswegen nicht so sein, daß Herr Wala Gouverneur wird, weil diese Position offensichtlich schon dem Herrn Liebscher versprochen worden ist. Daher gibt es in diesem Gesetzentwurf die Übergangsbestimmung des § 87 Z 3, in der sinngemäß steht, daß bis auf weiteres die Funktion des Gouverneurs von Herrn Präsidenten Liebscher wahrgenommen wird und die Neuernennung des Gouverneurs bis spätestens 15. Juli, aber mit Wirksamkeit 1. September zu erfolgen hat.

Der Laie fragt sich: Warum mit 1. September? Wenn der Gouverneur bis spätestens 15. Juli zu bestellen ist, warum dann nicht gleich mit 16. Juli oder 1. August? – Nein, die Ernennung muß mit 1. September erfolgen, und das hat einen ganz einfachen Grund: Generaldirektor Wala geht nämlich mit 1. September in Pension. – Dieser letzte Satz steht natürlich nicht im Gesetzentwurf. Diese ganze Angelegenheit finde ich ziemlich peinlich.

Der zweite größere Kritikpunkt ist die fehlende Transparenz und die Tatsache, die ich "fehlende intelligente Begründungspflichten" nennen würde. Es ist zwar ein Fortschritt – Kollege Nowotny hat schon darauf hingewiesen –, daß § 32 vorsieht, daß das Direktorium zweimal jährlich im Finanzausschuß zu berichten haben wird. – Deine Wortwahl, Ewald, war aber eine Spur anders. Du hast gesagt: Es wird eine Aussprache im Finanzausschuß geben. – Mir wäre es lieber gewesen, wenn im § 32 "Aussprache" stünde, weil dieser Begriff suggeriert, daß man miteinander spricht. Im Gesetzentwurf steht aber "Berichtspflicht". Wenn die Damen und Herren der Nationalbank aber nicht gewillt sind, werden sie berichten, ohne diskutieren zu wollen. Wir Grünen werden versuchen, das nicht zuzulassen. (Abg. Dr. Nowotny: Ich werde dich dabei immer unterstützen!)

Aber auch in anderem Zusammenhang werden der Notenbank Rechte eingeräumt, ohne daß sie entsprechende Pflichten zu erfüllen hat. In § 44 der Gesetzesnovelle werden der Notenbank verschiedenste Rechte eingeräumt, wie zum Beispiel Auskünfte einzuholen, Daten zu sammeln und so weiter. Doch das erfolgt nicht einfach auf freiwilliger Basis, sondern, wenn der oder die Betroffene sich nicht an diese Auskunftswünsche hält, diese nicht erfüllt, dann wird es auch eine Strafandrohung laut § 82 geben.

Es gibt also eine Auskunftspflicht des Bürgers, aber keine symmetrische Begründungspflicht der Nationalbank. Eine symmetrische Veröffentlichungspflicht ihrer Ergebnisse, eine Art Beweislegung, wie sie zu ihren Entscheidungen gekommen ist, gibt es nicht. Das ist im Gesetz nicht vorgesehen. Das ist übrigens gar nicht so sehr meine Erfindung, sondern das hat auch das Statistische Zentralamt in seiner Kritik erwähnt.

Ich zitiere: In den vorgeschlagenen Bestimmungen fehlt – es werden verschiedene Punkte angeführt, und der letzte Punkt ist dieser – eine objektive Veröffentlichungspflicht der Ergebnisse und eine ausführliche Darstellung der verwendeten Konzepte und Methoden. – So weit die Kritik des Statistischen Zentralamtes. – Dieser Mißstand wurde in der Novelle auch nicht geändert.


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Meine Damen und Herren! Lieber Ewald! Diese Asymmetrie zwischen Rechten, Daten zu ermitteln, und Pflichten, über das, was mit diesen Daten gemacht wurde, in einer Art Rechtfertigung zu berichten, berichten zu müssen, ist nicht nur eine akademische Frage oder ein Umstand, der das Statistische Zentralamt stört, sondern ich meine, daß in der EZB, in der Europäischen Zentralbank, die kleinen Nationen ein Problem haben werden, sich Gehör zu verschaffen. Denn es ist etwas anderes, ob der österreichische Vertreter spricht oder der deutsche beziehungsweise der französische. Deswegen wird es sehr darauf ankommen, daß diese Vertreter in der EZB im Hintergrund eine Institution haben, die eine gewisse Reputation hat, die nämlich auf wissenschaftlich-analytischer Ebene – oder wie immer man das nennen will –, abgehoben von den politischen Fragen, Reputation hat. Und in dieser Beziehung hat sich die Oesterreichische Nationalbank – jetzt unabhängig von ihren Verdiensten im Bereich der Hartwährungspolitik et cetera, was heute schon genannt wurde – bis jetzt keine Reputation erworben beziehungsweise – lassen Sie es mich schwächer ausdrücken – hat sie sich nicht jene Lorbeeren erworben, die ich mir von ihr erwarten würde.

Ich erinnere nur daran, wie zum Beispiel vor ungefähr sechs Monaten von einigen Mitarbeitern der Nationalbank eine Studie verfaßt wurde über, glaube ich, strukturelle Budgetdefizite in Österreich und Europa. Die Nationalbank hat aber alles getan, um diese Studie zu unterdrücken, was völlig absurd ist, weil das ja eine Studie ihrer Mitarbeiter war und es daher des offiziellen Plazets der Nationalbank überhaupt nicht bedarf. Es hat jedoch Wochen gedauert, bis sich die Nationalbank damit abgefunden hat, daß sie diese Studie herausrücken muß, weil ihr Inhalt vielleicht politisch nicht ganz opportun war.

Ich bin sehr gespannt darauf, ob das nächste Experiment in dieser Beziehung, nämlich die Studie "Structural Budget Deficits and Sustainability of Fiscal Positions in the European Union" vom Februar dieses Jahres – ebenfalls von drei Mitarbeitern der Nationalbank verfaßt – in der Schriftenreihe der OeNB veröffentlicht werden wird oder nicht.

Auch in diesem Zusammenhang ist übrigens der Proporz von gewisser Bedeutung, denn eine Institution, die den Ruf hat, daß in ihr nur "Rote" oder "Schwarze" Karriere machen können, wird in vielen Fällen hochintelligente Leute gar nicht anziehen. Wir werden ja sehen, wie sich diese Entwicklung in den nächsten zwei Jahren fortsetzen wird, aber das ist der Status quo.

Einige andere Kritikpunkte, die im Finanzausschuß angeklungen sind, werde ich jetzt nicht wiederholen. Im wesentlichen hat Herr Peter zutreffende Äußerungen gemacht. Wir Grünen werden daher den beiden Anträgen, die er eingebracht hat, zustimmen.

Abschließend noch ein Punkt, weil er von allgemeinerem legistischen Interesse ist, nämlich die Bestimmungen in § 23 beziehungsweise in § 33: Es können die Mitglieder des Generalrats beziehungsweise des Direktoriums abberufen werden, wenn sie – ich zitiere – "eine schwere Verfehlung" – Zitatende – begangen haben.

Ich finde, das ist nun wirklich kein Ruhmesblatt österreichischer Legistik. Was zum Kuckuck ist eine "schwere Verfehlung"? Ist das ein neuer strafrechtlicher Tatbestand? – Das ist mir nicht bekannt. Eine schwere Verfehlung, die später zu einer Abberufung führt, könnte zum Beispiel die Beachtung des Proporzes sein. Aber das ist wahrscheinlich nicht gemeint. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei den Grünen.)

11.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Huber. – Bitte.

11.10

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf zu den Ausführungen des Herrn Dr. Van der Bellen anmerken, daß die hervorragende Qualifikation von Mitarbeitern der Nationalbank nicht hinwegzudiskutieren ist, auch wenn sie Mitglied einer politischen Partei sind. (Beifall der Abg. Hagenhofer. ) Ich bin sehr froh darüber, daß es Mitglieder der SPÖ und der ÖVP gibt, die diese Qualifikation aufweisen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Aber andere vielleicht auch!) Andere auch.


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Die Einführung des Euros, die bereits in acht Monaten erfolgen wird, bedingt auch für die Oesterreichische Nationalbank eine Neudefinition ihrer Aufgaben. Wir müssen gerüstet sein, wir brauchen eben Entscheidungsstrukturen, um aktiv an der europäischen Notenbankpolitik mitwirken zu können. Der Wechsel von der Hüterin der heimischen Geldpolitik zu einer echten Mitspielerin im System der EZB macht daher die gegenständliche Novelle des Nationalbankgesetzes erforderlich. Das ist ja schon wiederholt angeklungen.

Aus der Randlage der europäischen Geldpolitik tritt nun die Oesterreichische Nationalbank als Mitspielerin in das Zentrum des Systems der Europäischen Notenbank. Dabei geht es um Kompetenzen, die an die EZB abgetreten werden müssen, aber inhaltlich geht es auch um mehr Mitwirkung und mehr Mitspracherecht; vom bloßen Nachvollziehen deutscher Geldmarktpolitik wird die heimische Nationalbank damit zur aktiven Gestalterin und Mitgestalterin des Europäischen Währungssystems. In der ihr übertragenen Rolle hat die Nationalbank primär die Aufgabe, für einen stabilen Euro und Preisstabilität zu sorgen. Das ist wichtig; das ist die erste – ich möchte sogar sagen: hehre – Aufgabe einer Notenbank.

Ich bin sehr froh darüber, daß mit dem österreichischen Gesetzentwurf von der in vielen Mitgliedstaaten geübten Gepflogenheit, die Preisstabilität zu einem Götzen zu erheben, abgegangen wird und die Berücksichtigung der Beschäftigungsentwicklung in den Zielkatalog mit aufgenommen wurde. Ich persönlich hätte mir hier noch eine stärkere Betonung der Arbeitsplatzsicherung gewünscht, denn der Euro als einigende Kraft in einem immer stärker verschmelzenden Europa kann nur dann die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen, wenn er von der Bevölkerung akzeptiert wird. Und diese Akzeptanz wird in erster Linie von der Preisstabilität, aber auch – und nicht zuletzt – von den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt abhängen.

Die heute zu beschließende Novelle ist eine solide Basis für die Einführung des Euro in Österreich. Die Nationalbank wird nachhaltig abgesichert und gleichzeitig mit jener Schlagkraft ausgestattet, die unsere Notenbank für eine führende Rolle im EZB-System brauchen wird.

Ich darf noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dr. Günter Stummvoll zum Bericht des Finanzausschusses betreffend die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes über die Änderung des Nationalbankgesetzes 1984, des Scheidemünzengesetzes, des Schillinggesetzes, des Devisengesetzes und des Kapitalmarktgesetzes, die Aufhebung des Übergangsrechtes anläßlich einer Novelle zum Nationalbankgesetz 1955, des Bundesgesetzes vom 2. Jänner 1923 betreffend Überleitung der Geschäfte der Österreichisch-Ungarischen Bank, österreichische Geschäftsführung, auf die Oesterreichische Nationalbank, des Bundesgesetzes vom 18. März 1959 betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 74/1959, und des Bundesgesetzes betreffend Beitragsleistungen der Republik Österreich bei internationalen Finanzinstitutionen, BGBl. Nr. 171/1991 (1090 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

In Artikel 1 Z 78 tritt im § 87 Z 3 im ersten Satz an die Stelle des Wortes "Ernennung" das Wort "Ernennungen".

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der zuletzt von Frau Abgeordneter Huber vorgetragene Abänderungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt und steht mit in Verhandlung.


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112. Sitzung / Seite 52

Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.14

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht nicht darum, daß die Freiheitlichen behauptet hätten, in der Nationalbank gäbe es keine hervorragenden Mitarbeiter. Selbstverständlich gibt es in der Notenbank hervorragende Mitarbeiter. Aber warum müssen diese hervorragenden Mitarbeiter immer Mitglieder der zwei Regierungsparteien sein, nämlich rot und schwarz? Und kein anderer soll hervorragend sein?! – Das ist die Kritik in dieser Angelegenheit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Professor Nowotny! (Abg. Mag. Stadler: Direktor Nowotny! 3 Millionen!) Es ist schon richtig, daß der Passus betreffend Universitätsprofessor schon im vorherigen Notenbankgesetz enthalten war. Was hindert Sie aber daran, diesen Passus zu streichen? (Abg. Dr. Nowotny: Das ist ein Unsinn!) Was hindert Sie daran? – Wenn Sie diesen Passus gestrichen hätten, gäbe es überhaupt kein Problem, gäbe es überhaupt keine Debatte. So gibt es jedoch ständig eine Debatte, und der Herr Nowotny ist mindestens einmal im Monat in der Nationalbank, um zu schauen, daß er dort Direktor wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: So ist es! 2,8 Millionen Jahresgage!) Hätten Sie den Passus gestrichen, wäre der Fall erledigt.

Aber es geht ja um folgendes: Die Notenbank verliert ihr gesamtes geldpolitisches Instrumentarium. Es gibt keine Diskontpolitik, keine Lombardpolitik mehr und so weiter. Aber ein Punkt wurde bei dieser Novelle zum Nationalbankgesetz beibehalten, nämlich daß der Generalrat in gleicher Höhe und in der Form beibehalten wurde, daß sieben Mitglieder von den Roten und sieben von den Schwarzen sind. Im Grunde genommen ist diese Novelle rein dazu da, den Postenschacher in der Notenbank zu festigen und nicht auf die zukünftigen währungspolitischen Maßnahmen des Europäischen Währungsinstitutes einzugehen.

Im § 4 steht: Ausdehnung der Rechtsgeschäfte. – Weil die Notenbank eben keine geld- und währungspolitischen Kompetenzen mehr hat, geht man jetzt in diesen Bereich. Mit der Ausdehnung der Rechtsgeschäfte ist eine gewisse Gefahr verbunden, Herr Finanzminister: Es garantiert Ihnen nämlich niemand, an welchen Rechtsgeschäften sich die Notenbank in Zukunft beteiligen, in welchem Ausmaß es dort Verlustzuweisungen zur Notenbank geben wird und wie die Gewinnschmälerungen, die für Sie als Finanzminister natürlich interessant sind, zum Tragen kommen.

Nehmen wir nur das kleine Beispiel der "Münze Österreich" her: Die "Münze Österreich" produziert Münzen, und im letzten Geschäftsbericht hat sie an die Oesterreichische Nationalbank zur Nominale überwiesen: verkauft um 335 Millionen Schilling. Die Prägekosten haben genau 10 Prozent ausgemacht, nämlich 35 Millionen. 300 Millionen Schilling sind sozusagen eine Gewinnschmälerung für die Oesterreichische Nationalbank, wobei Sie, Herr Finanzminister, eine geringere Gewinnausschüttung bekommen.

Warum muß man das Ganze machen? – Weil die "Münze Österreich", wenn dieser Mehrertrag beziehungsweise außerordentliche Ertrag in der Größenordnung von 300 Millionen nicht zustande gekommen wäre, bei einem Umsatz von 4,9 Milliarden Schilling ein Nullergebnis gehabt hätte. Dieser Betrag von 300 Millionen Schilling, die sie als positives Geschäftsergebnis erzielt hat, ist nur darauf zurückzuführen, weil die Oesterreichische Nationalbank 300 Millionen Schilling mehr an die "Münze Österreich" überwiesen hat, als eigentlich notwendig gewesen wäre. – Das ist nur ein kleines Beispiel.

Wenn Sie sich jetzt an anderen Unternehmen beteiligen, die kein Nullergebnis, sondern ein negatives Ergebnis haben – das kann passieren, je nachdem, an welchem Unternehmen Sie sich beteiligen –, dann werden Sie keinen Einfluß mehr haben, und Ihre Gewinnschmälerungen werden dann natürlich zutage treten.

Einen weiteren Punkt, den wir ebenfalls kritisiert haben, ist § 69; da geht es um die Pensionsreserven. In diesem § 69 steht dezidiert, daß die Zuweisung bis zu 10 Prozent des Ge


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winns der Oesterreichischen Nationalbank dieser Pensionsreserve zugeführt werden kann, es sei denn, die Deckung ist bereits vorhanden. – Die Deckung ist ja vorhanden. Den Passus, den wir dabei vermissen, ist folgender: Was passiert im Falle einer Überdeckung? – Im Falle einer Überdeckung gehören diese Reserven aufgelöst und natürlich den Gewinnen zugerechnet, oder sie sind für eine vernünftige Steuerreform für alle Österreicher und Österreicherinnen heranzuziehen. Das ist unsere Kritik: daß dieser Passus eben nicht enthalten ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dabei geht es um insgesamt 104 Milliarden Schilling, die keine Devisenreserven sind. Diese 104 Milliarden Schilling setzen sich zusammen aus: allgemeiner Reservefonds 19,5 Milliarden, freie Reserven 28 Milliarden, Reserven aus valutarischen Kursdifferenzen 36,2 Milliarden – diese werden wir nicht mehr brauchen, denn es ist ja im Grunde genommen nur eine Einschätzung der Oesterreichischen Nationalbank, was hier gebraucht wird, um es den Reserven zuzuführen –, andere Reserven 7,3 Milliarden, Pensionsreserven 23,5 Milliarden; ergibt zusammen 114,6 Milliarden Schilling.

Herr Finanzminister! Ich habe schön langsam das Gefühl – und da wird der Brief des Bundesrates Konečny wieder aktuell –, daß man eben nicht dazu bereit ist, diese stillen Reserven in der Oesterreichischen Nationalbank aufzulösen beziehungsweise den Gewinnen zuzuführen oder für eine Steuerreform zu verwenden, sondern daß man das Grundkapital von 150 Millionen Schilling mit Hilfe dieser Rücklagen aufstockt, daß die Gesellschafter nichts einzahlen müssen und dadurch natürlich eine Dividende bekommen, die entsprechend höher ist. Denn jetzt bekommen diese nur eine Dividende von 10 Prozent des Stammkapitals, das 150 Millionen beträgt. Und wenn man mit diesen stillen Reserven das Grundkapital aufstockt, dann bekommen natürlich die Gesellschafter – und die Gesellschafterstruktur ist ja eine einmalige – eine viel höhere Dividende. Und ich meine, das dürfte auch der Grund dafür sein, warum man in keinster Weise dazu bereit ist, diese Rücklagen aufzulösen und dem Gewinn zuzuführen beziehungsweise für eine Steuerreform zu verwenden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vielmehr beläßt man diese Reserven in der Notenbank, damit die Gesellschafter eine höhere Dividende bekommen. Und wer die Gesellschafter in der Notenbank sind, muß man sich immer wieder in Erinnerung rufen: die RZB, die Wirtschaftskammer, der Gewerkschaftsbund, die PSK-Beteiligungsverwaltung, Bank Austria-Industrie-Holding, Bank Austria, Wiener Städtische, Industriellenvereinigung und so weiter. Diese haben natürlich ein brennendes Interesse daran, daß das Grundkapital aufgestockt wird und es dadurch zu einer erhöhten Dividendenausschüttung kommt.

Diese Eigentümerstruktur hätten Sie im Rahmen dieser Novellierung des Nationalbankgesetzes ändern können. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, diese Eigentümerstruktur zu ändern, wie es auch schon seitens der Freiheitlichen vorgeschlagen worden ist, nämlich daß die Oesterreichische Nationalbank rein in öffentlicher Hand ist. Über die Beteiligungsstruktur und darüber, zu welchem Anteil die Länder mit einzubeziehen sind, kann man Überlegungen anstellen. Aber Sie haben diese Lösung zugunsten dieses sogenannten parapolitischen Bereichs, der nur das eine Interesse hat, nämlich an der Notenbank zu partizipieren, auf Kosten der österreichischen Steuerzahler hintangestellt. Sie hätten eine eindeutige Eigentümerstruktur schaffen können, und damit wäre die ganze Debatte vom Tisch gewesen.

So müssen Sie es sich immer wieder gefallen lassen, daß Ihnen gesagt wird, daß Sie eine Novelle beschlossen haben, die geschäftspolitisch nichts bringt, die nur den Proporz bei der Postenbesetzung für Rot und Schwarz sichert, und da werden die Freiheitlichen sicherlich nicht mitgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Der Höchtl wird auch Direktor!)

11.22

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Vorrednern natürlich sehr aufmerksam zugehört.


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112. Sitzung / Seite 54

Wenn seitens der Freiheitlichen Partei die Auffassung vertreten worden ist, daß diese Novelle raschest zurückgezogen werden und in der Versenkung verschwinden sollte, müßte man schon bedenken, was eine derartige Forderung nach sich zöge. Das hieße nichts anderes, als daß das sehr wichtige Datum, das von Österreich einzuhalten ist, um sämtlichen Kriterien der Währungsunion gerecht zu werden, von Österreich versäumt würde. Das heißt, wir haben mit der Vorlage dieser Gesetzesnovelle die zeitlich letzte Möglichkeit, diesem so wichtigen Formalkriterium zu entsprechen. Ich meine, wir haben durch die Diskussion im Finanzausschuß, durch die heutige Diskussion und die dann erfolgende Beschlußfassung zeitgerecht alle Voraussetzungen für Österreichs Beitritt zur Währungsunion erfüllt, und darauf bin ich und sind beide Regierungsparteien stolz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens: Vor 24 Minuten, nämlich um 11 Uhr, ist jene Studie freigegeben worden, die vom Europäischen Währungsinstitut in wenigen Minuten, glaube ich, in einer Pressekonferenz vorgestellt werden wird. Und in dieser Studie, die mit "Konvergenzbericht" betitelt ist – es handelt sich um einen nach Artikel 109j des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorgeschriebenen Bericht –, steht auf Seite 161 folgendes zu lesen – ich zitiere –:

"Zu dem Gesetzentwurf wurde eine Stellungnahme des Europäischen Währungsinstituts eingeholt, die bei den Anpassungen auch Berücksichtigung fand. Unter der Annahme, daß der Gesetzentwurf nach dem Stand am 24. März 1998 verabschiedet wird und daß er rechtzeitig in Kraft tritt, wird das Nationalbankgesetz mit den Anforderungen des Vertrages und der Satzung für Stufe 3 in Einklang stehen."

Das, was noch im Finanzausschuß zur Diskussion gestanden ist, nämlich daß wir noch auf die Stellungnahme des Europäischen Währungsinstitutes warten, um festgehalten zu haben, daß unsere Vorstellungen, unsere Formulierungen mit diesen Erfordernissen tatsächlich im Einklang stehen, ist durch diesen Konvergenzbericht und durch diese Stellungnahme des Europäischen Währungsinstitutes bestätigt und erfüllt. Das heißt, dieses unser Gesetz steht in völligem Einklang mit den Erfordernissen des Europäischen Währungsinstitutes. Das muß einmal festgehalten werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nicht auf alle Punkte der Kritik eingehen, sondern möchte heute einige Aspekte der Bedeutung dieser so wichtigen Institution Nationalbank im künftigen europäischen Rahmen erörtern.

Ich meine für alle, die sich mit Geld- und Währungspolitik, mit Finanzpolitik in Österreich auseinandersetzen, festhalten zu können, daß die Oesterreichische Nationalbank in den vergangenen Jahrzehnten die zentrale Aufgabe, die ihr zugeschrieben worden ist, nämlich die Währungspolitik, zweifellos außerordentlich gut erfüllt hat. Ich bin der Ansicht, es ist bei aller Kritik, die da oder dort vorgebracht worden ist, diese zentrale Aussage anläßlich dieser Debatte notwendig. Das ist etwas, worauf man stolz sein kann – wer immer diese Aufgabe erfüllt und zu dieser Leistung beigetragen hat.

Seit mehr als zwei Jahrzehnten konnten trotz aller wechselnden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowohl der innere als auch der äußere Wert des Schillings stabil gehalten werden. Es ist auch wichtig für jede derartige Institution – und insbesondere für die Nationalbank als die für die Währungspolitik zuständige Institution –, daß ein hohes Maß an Reputation, ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit vorhanden ist. Eine Umfrage aus der letzten Zeit ist Beweis dafür, daß die Institution Oesterreichische Nationalbank trotz aller Diskussionen hohe Reputation und hohe Glaubwürdigkeit genießt. Nach dieser Umfrage sind 61 Prozent der Bevölkerung der Meinung, daß die Nationalbank jene Institution ist, die am meisten als vertrauenswürdig angesehen wird. Das bedeutet, die OeNB ist in Österreich die zweite Institution nach der Polizei, der man hohe Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit beimißt.

Ich meine, daß man hier heute ein derartiges Ergebnis einer Untersuchung zweifellos zitieren sollte, wenn diese Oesterreichische Nationalbank im Mittelpunkt der heutigen Debatte steht.

Was die Unabhängigkeit anlangt, können wir auf die bisherige Performance der Oesterreichischen Nationalbank im europäischen – ja sogar im internationalen – Vergleich stolz sein. Ein


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Unabhängigkeitsindex, der nicht nur die europäischen, sondern beispielsweise auch die Banken der USA, Kanadas und Australiens umfaßt, besagt, daß die Oesterreichische Nationalbank mit 65 Prozent nach der von Deutschland über den Zeitraum der letzten 40 Jahre die höchste Unabhängigkeit im Vergleich zu allen anderen Nationalbanken aufweist.

Das ist zweifellos ein Beweis dafür, daß die Oesterreichische Nationalbank das, was wir immer gewollt haben, erfüllt hat, nämlich auch in der Sicht der internationalen Beurteilung. Wir sind auf dieses Ergebnis stolz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn beispielsweise von meinem Vorredner Trattner gesagt wird – wir können in manchen Diskussionen über vieles gemeinsamer Auffassung sein, in diesem Fall bin ich es aber auf keinen Fall –, daß wir mit diesem Schritt jegliche Gestaltungsmöglichkeiten für Österreich in der künftigen Währungspolitik restlos aufgeben, dann möchte ich ihm folgendes antworten: Wir werden Gott sei Dank mit dem künftigen Gouverneur dieser Oesterreichischen Nationalbank Sitz und Stimme im Rat der Europäischen Zentralbank haben und damit natürlich gleichberechtigt mit allen anderen, die in diesem Rat vertreten sind, die künftige Währungspolitik in Europa beeinflussen. (Abg. Mag. Firlinger: Das ist einer von 15!) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Schritt kommt es nicht zu einer Aufgabe der Gestaltungsmöglichkeiten, sondern wird zweifellos eine Gleichberechtigung für Österreich erreicht. Das soll auch festgehalten werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bis jetzt haben wir quasi das nachvollzogen, was in Deutschland gemacht worden ist. In Hinkunft können wir gleichberechtigt mitbestimmen. Das ist der wesentliche Unterschied! Das soll auch heute festgehalten werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Warum haben wir dann den Proporz gebraucht? Wieso haben wir dann den Aufwand gebraucht? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das ist Ehrlichkeit. Das ist das, was das Gesetz sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene vorsieht. Ich meine, man soll nicht gewisse Märchen verzapfen, sondern auf das Bezug nehmen, was Wahrheit ist. Und wir stehen zur Wahrheit und zur Wirklichkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Hinkunft wird Österreich durch den Gouverneur vertreten.

Ich möchte auch auf das eingehen, was im Finanzausschuß – Gott sei Dank relativ intensiv – diskutiert worden ist: Es wurde über die angeblich enorme Aufblähung des Mitarbeiterstabs der Oesterreichischen Nationalbank diskutiert. Wir haben uns dann die Vergleichsdaten von anderen größeren Ländern besorgt: In der Oesterreichischen Nationalbank gibt es etwas mehr als 1 000 Beschäftigte. Die Bundesrepublik Deutschland hat im Vergleich dazu in diesem Bereich rund 15 000 Beschäftigte. Ich bin mir aber sicher, daß die Bundesrepublik Deutschland nicht 15mal mehr Einwohner als Österreich hat. (Zwischenruf des Abg. Böhacker. ) In Frankreich gibt es 18 000 Beschäftigte auf diesem Sektor. Auch Frankreich hat nicht eine 18mal höhere Bevölkerungszahl als Österreich. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Man kann kritisieren, man soll Verbesserungsvorschläge machen, aber man soll Österreich und die österreichischen Institutionen dadurch nicht in Mißkredit bringen und schlechter darstellen, als sie im internationalen Wettbewerb sind. Das soll man auch betonen! Ich meine, das ist auch wichtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erfüllen mit diesem heute zu beschließenden Gesetz das, was an Voraussetzungen für unsere Zugehörigkeit zur Europäischen Währungsunion von uns verlangt wird. Ich habe eingangs zitiert, was das Europäische Währungsinstitut in diesem Konvergenzbericht festgestellt hat, nämlich daß wir mit den Formulierungen und Bestimmungen, die in dieser Gesetzesinitiative enthalten sind, voll und ganz den Erfordernissen entsprechen. Wir können zweifellos auf die Leistung der Oesterreichischen Nationalbank stolz sein, und wir hoffen, daß in Hinkunft im Rahmen der gleichberechtigten Mitbestimmung der Oester


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reichischen Nationalbank in der künftigen europäischen Währungspolitik genau dieselbe Stabilität für unsere Währung gegeben sein wird wie in der Vergangenheit und daß die großartige Performance auch in den kommenden Jahrzehnten beibehalten wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr hat sich Herr Bundesminister Edlinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

11.34

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Nationalrates! Ich wollte mit meinen Bemerkungen zur laufenden Diskussion bis zur Aufhebung der Veröffentlichungssperre des EWI-Berichtes warten.

Ich meine, daß dieser Bericht und die Politik, die wir in den letzten Jahren betrieben haben, sowie jener Bericht, der in wenigen Minuten in Brüssel von der Europäischen Kommission veröffentlicht wird, in einem Konnex zu sehen sind. Österreich entspricht im Hinblick auf das nun vorliegende und zu beschließende Notenbankgesetz der rechtlichen Konvergenz, und ich meine, daß das ohne jede Selbstbeweihräucherung festzustellen ist. Es ist in aller Öffentlichkeit nicht nur den Politikern, sondern auch den Bürgern unseres Landes dafür zu danken, daß es gelungen ist, durch eine maßvolle, aber, wie ich glaube, strukturell richtige Politik die Konvergenzkriterien zu erreichen, deren Erfüllung erforderlich ist, um in der ersten Gruppe der WWU-Länder an der gemeinsamen Währung teilnehmen zu können. Damit können wir auch alle jene Chancen wahrnehmen, die sich durch den gemeinsamen Markt ergeben.

Ich habe in meiner Budgetrede darauf hingewiesen, daß die Konsolidierungspolitik nicht immer leicht war, daß kluge politische Vorschläge, aber auch die Mitwirkung der österreichischen Bevölkerung erforderlich waren, daß wir in diesem neuen Europa integrativ und offensiv mitwirken können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gesagt, daß die WWU ein wesentlicher Baustein in diesem neuen Europa ist und daß dieses OeNB-Gesetz, das Sie heute beschließen werden, die rechtlichen Voraussetzungen neben den Konvergenzkriterien bildet.

Ich möchte auf einen Punkt eingehen, der sonst zuwenig in der Diskussion Berücksichtigung findet: Natürlich hat die Regierung eine spezifisch österreichische Position im Rahmen der Diskussionen mit dem EWI, aber auch mit der Kommission vertreten. Stabilität ist dabei ein ganz wichtiger Faktor. Ich betrachte es aber als Beweis unserer richtigen Politik, daß es uns neben anfänglicher Skepsis – vor allem von seiten des EWI – gelungen ist, die Formulierungen im § 2, in dem es um die Aufgabendefinition der Oesterreichischen Nationalbank geht – da geht es nicht nur um Formulierungen, sondern auch um die Gesinnung der Politik –, durchzusetzen. Es war uns wesentlich festzuhalten, daß es eine vorrangige Aufgabe der Nationalbank ist, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dieses Ziel nicht beeinträchtigt wird, ist es aber auch Aufgabe der Nationalbank, Bedacht auf die Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik in diesem Lande zu nehmen. Hier haben wir uns in Diskussionen durchgesetzt, weil ich meine, daß es die richtige Gesinnung ist, daß Stabilität sowie Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik dieses künftige Europa prägen sollen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die notwendigen Rechtsanpassungen wurden vorgenommen, die für die Vertretung im EZB-Rat durch den weisungsunabhängigen Gouverneur der Nationalbank notwendig sind. Es wurde sehr wohl – durchaus auch um dieser von mir zitierten Gesinnung zu entsprechen – dem Generalrat in Währungsfragen eine beratende Funktion gegeben. Es obliegt aber selbstverständlich dem weisungsfreien Gouverneur und den anderen Direktoren, Ratschläge annehmen zu wollen. Dazu besteht keine Verpflichtung, aber ich bin der Ansicht, daß diese Diskussion, dieser Dialog auch im Hinblick auf die Formulierung der Politik notwendig ist.

Der Staatskommissär verliert sein Einspruchsrecht, wodurch die Unabhängigkeit dokumentiert wird, und zweimal jährlich berichten Gouverneur und Vizegouverneur dem Parlament über Wäh


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rungsfragen. Ich weiß nicht, Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen, ob nicht die Berichtspflicht etwas verbindlicher als ein unverbindlicher Dialog ist, den Sie sich möglicherweise formulierungstechnisch wünschen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß es dem demokratischen Empfinden des Gouverneurs und des Vizegouverneurs entsprechen würde, daß sie die sehr geschätzten Abgeordneten informieren und dann nach Hause gehen. Ich bin der Meinung, daß Gouverneur und Vizegouverneur an einem, wie ich hoffe, sehr fruchtbaren Dialog mit dem österreichischen Nationalrat interessiert sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte ein paar Anmerkungen zu dem Thema machen, das die Öffentlichkeit immer wieder interessiert: zu den Notenbankreserven. Ich möchte zunächst einmal sagen, daß man nicht nur Graphiken ansehen, sondern auch Texte lesen sollte. Die in der Graphik der erwähnten Unterlage, welche die Oesterreichische Nationalbank dankenswerterweise den Abgeordneten zur Verfügung hat, dargestellten Reserven sind jene Reserven, die in der OeNB für die Abwehr spekulativer Attacken oder die Abdeckung allfälliger Kursverluste frei verfügbar sind.

Niemand kann garantieren, ob es in der Zwischenphase nicht doch noch den Versuch spekulativer Attacken auf die eine oder andere Währung geben wird, die sich ab 1. Jänner 1999 in der gemeinsamen Währung zusammenfinden werden. Ich halte daher eine Diskussion über die Verfügung von Währungsreserven, ohne daß die gemeinsame Währung über einen bestimmten Zeitraum beobachtet worden ist, für ein währungspolitisches Risiko. Ich denke, daß wir hier nicht populistisch oder in sonst einer Art und Weise, sondern wirtschaftspolitisch vernünftig diskutieren sollten. (Abg. Mag. Trattner: Es geht um die freien Reserven!) Die Pensionsreserve gehört nicht zu dieser Aufstellung und auch nicht zu jenen Reserven, die für die Abwehr möglicher Attacken und die Berücksichtigung von Kursdifferenzen notwendig sind.

Ich möchte aber auch auf den Text dieser Vorlage zurückkommen, weil die Frage in den Raum gestellt worden ist, was mit diesen Reserven geschehen wird: Das schrittweise Auslaufen – auf der anderen Seite des Bildes, das offenbar betrachtet worden ist – des bisherigen OeNB-Pensionssystems bedingt auch den Entfall der Dotierung der Pensionsreserve. Diese ist bereits seit 1995 voll gedeckt und benötigt keinerlei Zuschüsse aus den Erträgen der OeNB. Da bereits in den letzten Jahren Ertragsüberschüsse aus der Veranlagung dieser Reserve erzielt werden konnten, hat dies zu Ausschüttungen an den Bund in der Dimension von über 6 Milliarden Schilling geführt. – Soweit die Antwort auf die Frage, was mit diesen Mitteln gemacht worden ist. (Abg. Auer  – in Richtung Freiheitliche –: Da schau! Nachhilfe ist das!)

Weiters möchte ich sagen: Ich halte es für legitim, zur rechten Zeit über die Frage der nicht mehr notwendigen Reserven zu diskutieren. Dabei muß man aber darauf aufpassen, daß man nicht indirekt ein System entwickelt, das währungstechnisch einer Inbetriebnahme der Geldpresse gleichkäme. Deswegen zu dem Vorwurf, Budgetlöcher zu stopfen, wie mir unterstellt worden ist: Zunächst einmal gibt es keine Budgetlöcher und daher brauche ich auch nichts zum Stopfen. Weiters habe ich nie auch nur im geringsten daran gedacht, irgendwelche Reserven der Nationalbank für den Fall, daß ein Löchlein auftaucht, zu verwenden, weil das währungspolitisch ganz einfach falsch wäre.

Aber ebenso falsch ist es, vorzuschlagen und auch in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, daß mit Beträgen, die einmal, vielleicht zweimal fließen würden, etwa strukturelle Veränderungen in der Steuerpolitik finanziert werden könnten. Das geht nicht. Das ist wirtschaftspolitisch falsch, das ist budgetpolitisch falsch (Abg. Böhacker: Nein!) , und das wissen auch diejenigen, die das sagen und hoffen, daß die Österreicher zuwenig nachdenken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auf die unsachliche und äußerst persönliche Abqualifizierung von Persönlichkeiten in einer bestimmten Rede des heutigen Tages werde ich aus guten Gründen nicht eingehen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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11.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

11.45

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich knüpfe unmittelbar an die Aussagen des Herrn Bundesminister Edlinger an. Herr Bundesminister, Sie haben gesagt, es gebe keine Budgetlöcher. Ich muß dem doch insofern widersprechen, als ein nennenswertes Defizit besteht. Es entwickelt sich zwar relativ zum Günstigeren – und es ist selbstverständlich kein Budgetloch –, aber es ist offenbar ein Konstruktionsmerkmal. (Abg. Böhacker: Ein Riesenloch!)

Ich räume Ihnen ein, daß Sie zwar jetzt keine unvermuteten Budgetlöcher im Budgetvollzug haben, aber das planmäßige Budgetloch, das man auch Defizit nennt, gibt es schon. Es ist mir wichtig, das von dieser Stelle aus zu sagen. Es ist nicht illegitim, den Verdacht zu haben, daß Sie gelegentlich zur Verbesserung der Defizitlage auch auf Reserven zugreifen könnten – sage ich jetzt einmal vorsichtig. (Abg. Böhacker: Sonderdividende!) Daher ist das etwas, was ich zurechtrücken möchte.

Ich komme jetzt zu der Materie, die uns hier zentral beschäftigt, nämlich zum Nationalbankgesetz. Ich bin darüber nicht wirklich glücklich. Unsere Fraktion hat einen Antrag eingebracht, Kollege Peter hat einen Zusatzantrag eingebracht, der sich mit der dortigen Pensionsproblematik beschäftigt. Es hätte mich gefreut, Herr Bundesminister, wenn Sie auf diesen Aspekt eingegangen wären. Denn alles, was Sie über die handelnden Personen, über die Mechanismen im Generalrat, über das Direktorium, über die Gouverneure gesagt haben, ist theoretisch richtig. Theoretisch ist es richtig, daß Organe sich so verhalten sollten, wie Sie es beschreiben, Herr Bundesminister.

Das Beschwören des Erfolges in der Vergangenheit ist das eine – den erkennen wir auch an –, aber die Prognose für die Zukunft ist das zweite. Was sich die Nationalbank zuletzt in der Pensionsfrage geleistet hat, kann man schon ein starkes Stück nennen. Generaldirektor Wala hat ausdrücklich gesagt, daß er jetzt noch gar nichts machen kann, weil er auf das Nationalbankgesetz warten muß. Der Entschließungsantrag des Nationalrates sei eben nur eine Entschließung, an die er nicht gebunden sei. – Damit hat er wohl formal recht. Offenbar deswegen werden jetzt in der Nationalbank noch zusätzlich individuelle Pensionsverträge mit weiteren Mitarbeitern abgeschlossen. Denn der Entschließungsantrag gilt ja nicht, ein Gesetz ist im Nationalrat noch nicht beschlossen, und er ist daher sozusagen hilflos: der hilflose Wala.

Jetzt kommt das Gesetz, Herr Bundesminister, und in der Regierungsvorlage findet sich überhaupt keine Bestimmung zu den Pensionen. Wala hat also gesagt, daß er nichts machen kann, weil es das Gesetz noch nicht gibt – jetzt kommt das Gesetz, und es gibt wieder nichts! Das heißt mit anderen Worten, Herr Wala wird uns übermorgen folgendes erzählen: Jetzt ist ein Gesetz beschlossen worden, darin wird bezüglich der Pensionen nichts gesagt, also bleibt mir nichts anderes übrig, als wie bisher weiterzumachen.

Jemand, der sich so verhält, gilt als unbestrittener, gelobter Generaldirektor einer Nationalbank. Das gefällt mir nicht, weil es objektiv nicht richtig ist. Möglicherweise wird er uns übermorgen sagen: Ich brauche kein Gesetz, ich kann das auch selbst machen! – Das sagen wir schon die ganze Zeit. Dann bleibt aber die Frage offen: Warum hat er dann in 25 Fällen noch rasch Verträge abgeschlossen? – Das hätte er nicht mehr tun müssen. Er wäre berechtigt gewesen, in der Pensionsfrage aus eigener Kraft frühzeitig Reformen einzuleiten und sich nicht auf ein noch nicht beschlossenen Gesetz zu berufen. Wenn er sich das Gesetz aber schon so sehr wünscht, dann frage ich: Warum beschließen wir es dann nicht wenigstens in der Fassung unseres Zusatzantrages? – Darin wird ihm nämlich durch einfache Streichungen in den einschlägigen Paragraphen die Ausrede endgültig entzogen.

Meiner Ansicht nach wären Sie, Herr Bundesminister, dazu eingeladen, sich zu diesem Aspekt noch einmal von der Regierungsbank aus zu äußern. Und die Regierungsparteien wären ebenfalls dazu eingeladen: Helfen Sie Ihrem Wala, indem Sie unserem Zusatzantrag zustimmen! Vielleicht machen Sie ihm damit eine Freude, weil er sich dann auch den Mitarbeitern gegenüber auf ein Gesetz berufen kann. Wenn er nämlich als Generaldirektor führungsschwach ist, dann braucht er dieses Gesetz vielleicht, damit er sich bei seinen Mitarbeitern durchsetzen


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kann. (Abg. Auer: Das ist er nicht!) Ein führungsstarker Generaldirektor setzt sich mit Argumenten durch, ein führungsschwacher braucht ein Gesetz. Offenbar braucht Herr Wala ein Gesetz.

Zum nächsten Aspekt, Herr Bundesminister, zu Ihren Ausführungen zum Unternehmensgegenstand der Nationalbank – § 2 – und im Zusammenhang mit den §§ 20 und 21: Damit hat sich bereits mein Fraktionskollege Helmut Peter auseinandergesetzt, und zuletzt hat Kollege Van der Bellen von den Grünen Ihnen in einer trefflichen Analyse dargelegt, was die §§ 20 und 21 bedeuten. Ich sage Ihnen, sie bedeuten ganz genau das, was Herr Van der Bellen gesagt hat: einen ganz engen und kurzen Zügel, der zwar nicht ein Zügel der direkten Weisungsmöglichkeiten ist, aber ein Zügel, der bei den Betroffenen vorauseilenden Gehorsam auslöst. Und das ist im Prinzip dasselbe. Wenn sich Weisungsfreiheit dadurch abbilden soll, daß Weisungen weder erteilt noch eingeholt werden können, dann sprechen Sie von Zustimmungserfordernissen, und dann sei das keine Weisung. Aber wenn man da und dort Zustimmung braucht, kann man nur etwas formulieren, das zustimmungsfähig ist. Das aber ist genau das Gegenstück zur Weisung.

In diesem Sinne, Herr Bundesminister, interpretieren Sie zu optimistisch, nämlich zu optimistisch vor dem Hintergrund der konkreten Zusammensetzung der Unternehmensorgane, da diese konkret so zusammengesetzt sind, daß sie sich eindeutig politisch nach der Primzahl 2, also nach dem Proporz, aufteilen lassen. Daher ist das, was Sie sagen, einfach nicht richtig.

Ein weiterer Aspekt ergibt sich, wenn Sie sich der eigenen Regierungsvorlage zuwenden und sich den § 9 vergegenwärtigen. Darin werden die Aktionäre beschrieben. Die Aktionäre sind darin derart definiert, daß praktisch nur die öffentliche Hand Aktionär sein kann. Denn Aktionäre müssen österreichische Staatsbürger, juristische Personen oder Gesellschaften des Handelsrechts mit Sitz in Österreich sein, es darf keinen ausländischen Einfluß geben, und so weiter. – Das ist alles okay, das unterschreiben wir. Aber warum dann nicht gleich die Republik Österreich? Warum tun Sie dann so, als ob die Nationalbank in ihrer inneren Struktur tatsächlich ein privatwirtschaftliches Konstrukt wäre – Kollege Helmut Peter hat das auch schon ausgeführt –, wenn Sie letztlich ganz exakte Aufgaben im Hinblick auf ein Monopol zuweisen?

Mit dieser Aufgabenzuweisung sind wir ja durchaus einverstanden. Wir sind der Meinung, daß die Aufrechterhaltung der Preisstabilität eine wichtige Aufgabe der Nationalbank ist. Aber sie ist eben nicht die Aufgabe einer Bank , sondern einer Nationalbank und damit einer Bank, die es in diesem Land nur einmal gibt. Daher steht sie nicht als Bank im Wettbewerb und ist keine Bank im eigentlichen Sinn des Wortes, sondern eben eine Nationalbank. Sie haben das noch einmal unterstrichen, Herr Bundesminister, und zwar durch Ihre Ausführungen zu den zusätzlichen Formulierungen in § 2 Abs. 2, in dem Sie sagen: Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, ist den volkswirtschaftlichen Anforderungen in bezug auf Wirtschaftswachstum, Beschäftigungsentwicklung und so weiter Rechnung zu tragen.

Ja, das sind wichtige wirtschaftspolitische Ziele! Diese bedürfen eines öffentlichen Auftrages. Aber warum machen Sie das im konkreten Fall so kompliziert, daß Sie zwischen diesen öffentlichen Auftrag und die Organe scheinbar private Aktionäre einschalten? – Wenn Sie sich anschauen, wer an der Aufstockung des Grundkapitals mitwirken darf, so sehen Sie vier Mitwirkungsberechtigte: Zwei sind "zufällig" rot, zwei sind "zufällig" schwarz. Das Ganze ist eine Verschleierung des Proporzes, um nicht zu sagen eine Auslagerung des Proporzes. Es ist eine Ausgliederung des Proporzes, und zwar mit dem Vorteil für die berechtigten Bereiche, daß sie daraufhin den Proporz sogar unabhängig von Wahlergebnissen wahrnehmen können.

Wir sind der Meinung, daß der Proporz für sich, so, wie er in Österreich gehandhabt wird, falsch ist, doch ist er immerhin noch irgendwie nachvollziehbar. Aber jetzt lagern Sie ihn in Ihre wirtschaftlichen und politischen Vorfeldorganisationen aus: in die Wirtschaftskammer, in den ÖGB, in die P.S.K. Beteiligungsverwaltung AG und in die RZB. Damit haben Sie einen von Wahlergebnissen unabhängigen Proporz geschaffen, und das ist ganz, ganz schlecht! Da ist es mir lieber, es gibt das öffentliche Unternehmen Nationalbank mit klarer Transparenz, allen Berichtspflichten und einer echten Kontrolle – obwohl auch das in diesem Lande unter den herrschenden Verhältnissen ein Risiko ist und obwohl wir wissen, daß das erst recht wieder möglicher


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weise zu Mißbrauch einladen kann, aber wenigstens mit der Chance auf politische Korrektur, auch über Wahlergebnisse.

Wenn Sie sich § 45 dieser Regierungsvorlage anschauen, dann sehen Sie, daß dort Verschwiegenheitspflichten formuliert sind. Auch das ist völlig in Ordnung. Aber diese Verschwiegenheitspflichten entsprechen genau jenen, die es im öffentlichen Bereich gibt. Wie Sie jedoch einen Aktionär zur Verschwiegenheit verpflichten werden, das schaue ich mir an, ebenso, wie Sie dies gegenüber einem Aktionär handhaben werden, der als Aktionär ausgeschieden ist. Denn das steht ebenfalls darin: Die Verschwiegenheitspflicht dauert auch an, nachdem der Aktionär ausgeschieden ist. Wie Sie einen solchen Aktionär zur Verschwiegenheit verhalten werden, wenn er keine Lust mehr haben sollte, verschwiegen zu sein, das müssen Sie mir vorführen!

Das sind die Gründe, aus denen wir einen Entschließungsantrag mit dem Ziel eingebracht haben, daß die Nationalbank in ihrem Kern als öffentliches Unternehmen zu führen ist, selbstverständlich nach Ausgliederung aller privatwirtschaftlichen Elemente wie Münze Österreich AG, Druckerei, Austrocard AG und so weiter. Dazu hätte ich mir eine Äußerung erwartet, Herr Bundesminister, wenn Sie sich schon ein zweites Mal zu Wort gemeldet haben! Sie können ja sagen: Das ist ganz schlecht, öffentliche Aufgaben sind bei einem öffentlichen Rechtsträger schlecht aufgehoben. – Sagen Sie uns das, wenn Sie das denken! Oder sagen Sie uns, aus welchem Grund Sie lieber den Anschein erwecken, private Aktionäre in der Nationalbank zu haben, obwohl es in Wirklichkeit letztlich wirtschaftliche Vorfeldorganisationen der Parteien und daher keine Privataktionäre sind, sodaß Sie eigentlich eine Konstruktion wählen, die geeignet ist, das fortzusetzen, was unheilig begonnen wurde: nämlich eine Vermischung von Partei- und Privatinteressen mit öffentlichen Interessen in Form eines gesetzlichen Statuts.

Daher meine ich, daß unser Entschließungsantrag betreffend Verstaatlichung der Oesterreichischen Nationalbank in diesem Haus viel ernster genommen werden muß, als es bisher in der Debatte der Fall war. Ich bitte Sie, Herr Bundesminister: Überlegen Sie noch einmal, ob das nicht ein Ansatz wäre, wie man aus den durchaus positiven Elementen dieses Gesetzes ein rundes Ganzes machen könnte! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Somit bleibt mir als Schlußbemerkung einmal mehr das Ceterum censeo zu den Pensionen, Herr Bundesminister: Solange in der Nationalbank eine Gesinnung vorherrscht, wie sie zuletzt auch in einem Artikel im Wirtschaftsmagazin "trend" ersichtlich geworden ist – nämlich: Laisser-faire, wenn es uns nützt, und auf die öffentlichen Aufgaben berufen wir uns nur, wenn wir etwas Unangenehmes verlangen müssen –, so lange wird die Prognose ungünstig ausfallen, bei aller Anerkennung für die historischen Erfolge. Diese bestreite ich nicht; das sage ich noch einmal. Aber die historischen Erfolge wurden nicht unwesentlich dadurch mitbestimmt, daß man sich rechtzeitig entschlossen hatte, den Schilling in den Windschatten der Deutschen Mark zu bringen. Anschließend ist man eben hervorragend im Windschatten gefahren; das ist ja auch nicht leicht. Windschatten fahren, ist in diesem Zusammenhang nicht negativ gemeint. Man muß aufpassen, daß dieser nicht abreißt, man muß sicherlich auf das Pedal drücken. Aber das war die Schlüsselentscheidung, und diese war meiner Ansicht nach richtig.

Im übrigen sind jedoch die historischen Erfolge kein ausreichender Grund, die Sache in Zukunft nicht noch besser zu machen! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.57

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem 25. März 1998 wird in künftigen Geschichtsbüchern durchaus Aufmerksamkeit gewidmet werden. Denn: An diesem Tage wurde festgelegt, meine Damen und Herren, welche Länder an der künftigen Europäischen Währungsunion teilnehmen werden. Ebenfalls an diesem Tag hat der Herr Bundesminister für Finanzen in Österreich das Budget des Jahres 1999 vorgelegt. Als einziges Land in Europa sind wir in der Lage, das kommende Budget bereits zu heutigem Datum darzustellen.


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Meine Damen und Herren! Wir beschließen heute de facto die Teilnahme an dieser Währungsunion. Bei dieser Novelle wird es so sein wie bei den Budgets der vergangenen Jahre. Die Regierungsprognosen haben sich als richtig erwiesen. Die Zahlen und die Fakten haben gehalten, und die Unkenrufe der Opposition haben sich als falsch erwiesen. Sie werden sich auch in diesem Zusammenhang als falsch erweisen! Denn Faktum ist, daß die gemeinsame Währungspolitik, die Währungsunion Beschäftigung und Arbeitsplätze sichert sowie Exportstabilität garantiert, meine Damen und Herren, ob es Ihnen gefällt oder nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Böhacker: Geh, Auer! – Abg. Haigermoser: Nonsens!)

Meine Damen und Herren! Man könnte zu diesem Gesetz sagen: Ein Land, eine Stimme. So lautet das Grundprinzip der mit 1. Jänner 1999 zu errichtenden Europäischen Zentralbank mit Sitz in Frankfurt. Die Europäische Zentralbank wird für die Geldpolitik im europäischen Raum verantwortlich sein (Abg. Haigermoser: No na!), und wir beschließen, wie bereits ausgeführt, heute die rechtlichen Voraussetzungen für die Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion gemäß Art. 108 des EG-Vertrages.

Nur wer dabei ist – das sagen Sie, Herr Kollege von den Freiheitlichen, doch immer –, kann mitbestimmen. Sie beklagen ja immer, daß Sie oft nicht dabei sind – dafür müssen Sie die Voraussetzungen schaffen, vom Wähler den Auftrag erhalten; aber dieser ist in letzter Zeit immer geringer geworden, meine Damen und Herren! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es gibt ja vor Ort ein paar Kollegen, die sich Wahlen stellen, bei denen dann das Ergebnis als nicht ausreichend empfunden wird, wenn es bei 10 oder 12 Prozent liegt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.  – Abg. Haigermoser: Du bist ja ein Dampfplauderer!) Politische Randgruppentätigkeit in manchen Gemeinden wird Ihnen zugestanden, meine Damen und Herren, aber nicht bestimmende Tätigkeit! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es ist eine Tatsache, daß Österreich aufgrund dieser Teilnahme de facto eine überproportional starke Stimme, ein überproportionales Gewicht (Abg. Haigermoser: Halleluja!) im Zusammenhang mit der Gestaltung der europäischen Geldpolitik verliehen bekommt. Und es ist erfreulich, daß im § 2 Abs. 2 des neu definierten Zieles der Oesterreichischen Nationalbank klar festgelegt ist:

"Im Rahmen des Gemeinschaftsrechts ... hat die Oesterreichische Nationalbank mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, das Ziel der Preisstabilität zu gewährleisten." – Stabile Preise werden gerade in den EU-Ländern als wichtiges Fundament für ein langfristig aufrechterhaltbares Wachstum anerkannt. Wirtschaftswachstum und Beschäftigungsentwicklung werden dazu als subsidiäre Ziele genannt.

Meine Damen und Herren! Es ist selbst von einigen Oppositionspolitikern – und das sei anerkennend festgehalten – positiv hervorgehoben worden, daß die Oesterreichische Nationalbank gute, ausgezeichnete Arbeit geleistet hat. Das ist unbestritten. Aber trotzdem habe auch ich selbst einige Wünsche.

Nach dem EU-Standard müßte unsere Mindestreserve der Nationalbank dem EU-Niveau angepaßt werden. Wir haben eine – ich sage es einmal so – zu hohe Mindestreserve.

Es wäre auch notwendig, Herr Bundesminister, über die Abschaffung der Kreditgebühr nachzudenken, denn diese gibt es sonst in der EU nicht, und gerade bei Fremdwährungskrediten wird dadurch die Wettbewerbsfähigkeit unserer heimischen Banken verschlechtert.

Meine Damen und Herren! Man muß auch einmal sagen, daß eine gemeinsame Währungspolitik innerhalb der EU auch aus agrarischer Sicht wichtig und für die Bauern von Vorteil ist, da dadurch Wechselkursstabilität gewährleistet wird, sodaß diese Schwankungen ein für allemal ein Ende haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ.)

Ich habe hier eine Studie der Linzer Universität, in der ausdrücklich festgehalten wird: Aus der Sicht der Wechselkurseinflüsse haben sich die aufgetretenen Veränderungen des internationalen Währungsgefüges – Herr Kollege Haigermoser, hören Sie mir zwei Minuten zu, auch Sie


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können noch, auch wenn Sie schon ein gewisses Alter erreicht haben, so manches lernen! – eindeutig negativ auf den österreichischen Agrarsektor ausgewirkt. Es ist daher wichtig, daß die Stabilität durch diese Einheit fixiert wird.

Europa wird eins durch eine Währung oder gar nicht! – Dieses Zitat stammt von Jacques Rueff, dem wirtschaftspolitischen Berater von Charles de Gaulle, ist also schon eine gewisse Zeit alt. Europa ist entschlossen, im Geist seiner Verträge einen immer engeren Zusammenschluß der Völker herbeizuführen.

Meine Damen und Herren! Sie von der Freiheitlichen Partei beklagen noch immer den Flop im Zusammenhang mit dem "Euro"-Volksbegehren, denn das war keine besondere Meisterleistung der Freiheitlichen Partei! Der Wähler hat es Ihnen dann bei den verschiedensten Wahlgängen, die gefolgt sind, auch gezeigt, und er wird es auch Kollegen Haigermoser nächstes Jahr in Salzburg vor Augen führen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

12.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.05

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den brillanten Ausführungen des Raiffeisenvertreters Jakob Auer kann man nur noch baß erstaunt sein. Man ist einfach platt, wenn man hört, wie gescheit Kollege Auer hier argumentiert. Also: sensationell, schlichtweg ergreifend! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie demonstrativer Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Aber platt schauen Sie nicht aus, Herr Kollege! Ich auch nicht! – Weitere Zwischenrufe.) Der Schein trügt, Herr Kollege. Wir beide können es einmal probieren, uns auch in der Öffentlichkeit platt zu zeigen. (Abg. Schieder: Eher rund als platt!)

Lassen Sie mich zur Sache kommen, meine Damen und Herren! Die Bundesregierung versucht, die Novelle zum Nationalbankgesetz als notwendige Anpassung an das Europäische System der Zentralbanken darzustellen. In Wirklichkeit ist das aber, meine Damen und Herren – lassen Sie mich das in aller Deutlichkeit sagen –, die Zementierung des Proporzsystems, die Fortsetzung der Privilegienwirtschaft und der Ausbau des geschützten Systems zu Lasten der freien Wirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hätte die Bundesregierung wirklich nur die Anpassung im Auge – Herr Bundesminister, ich sage Ihnen das in aller Deutlichkeit –, hätte die Bundesregierung nur dieses Ziel verfolgt, dann wäre so mancher unnötiger Ballast, der in der Regierungsvorlage enthalten ist, gestrichen worden – hätten Sie nur den Willen und den Mut dazu gehabt! Aber Sie sind ein Gefangener Ihres eigenen Systems, Herr Bundesminister, und daher kam es nicht dazu.

Hätte man tatsächlich eine unabhängige Notenbank vor Augen gehabt und dieses Ziel angestrebt, Herr Bundesminister, hätte man nach dem Vorbild der USA oder Großbritanniens eine neue Notenbank bauen müssen, die ihren Aufgaben wirklich gerecht wird. Aber auch das ist nicht geschehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Nowotny hat gesagt, daß der Generalrat der Aufsichtsrat dieser neuen Notenbank ist. – Herr Kollege Nowotny! Ich kenne in ganz Europa keine einzige Aktiengesellschaft, bei der bei den Vorstandssitzungen der Aufsichtsrat permanent daneben sitzt und dem Vorstand hineinredet. Das würde sich in ganz Europa kein Vorstand gefallen lassen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber Sie sagen, daß das so ist – wahrscheinlich, weil Sie selbst Ambitionen haben, im Anschluß an Ihre politische Tätigkeit eines Tages diesen Posten einzunehmen; das wurde heute schon angeschnitten.

Es gibt noch etwas, was mich an dieser Vorlage besonders stört: die schleichende Verstaatlichung, der weiterhin gegebene Einfluß diverser Stellen. Es ist völlig klar: Die Notenbank hat heute etwas mehr als 1 000 Beschäftigte, und aufgrund des Wegfalls von Aufgaben muß die


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Zahl der Beschäftigten zwangsläufig geringer werden – es sind ja auch weniger Aufgaben zu bewältigen. Statt ein vernünftiges Konzept zu erstellen, vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese Mitarbeiter rasch gute und qualifizierte Aufgaben finden, bauen Sie jedoch den Schutz, die geschützte Werkstatt Österreich weiter aus. Ich garantiere Ihnen: Es wird zu einer Konkurrenzierung der Österreichischen Staatsdruckerei durch die Notenbankdruckerei kommen, und es wird in Zukunft viele Bereiche geben, bei denen ein Staatsbereich mit einem anderen Staatsbereich in Konkurrenz tritt. Und das kann es ja wohl nicht sein! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Zu den Ausführungen des Kollegen Stummvoll möchte ich auch noch eine Bemerkung machen. Er hat gemeint: Wir müssen uns aus diesem System der kompetitiven Abwertungen in Europa befreien. – Vollkommen richtig, Kollege Stummvoll. Aber: Das europäische Währungssystem in seiner derzeitigen Fassung ist nicht dazu geeignet, sich aus dieser Umklammerung und den kompetitiven Wettbewerbsnachteilen, die Österreich hat, zu befreien. Um das zu erkennen, brauchen Sie nur das, was in den letzten vierzehn Tagen passiert ist, aufmerksam zu verfolgen.

Die griechische Drachme hat um 14 Prozent abgewertet. Die Griechen haben gesagt: Einmal – einmal! – werten wir noch ab, und dann treten wir in das europäische Währungssystem ein. – Und das ist tatsächlich passiert.

Das irische Pfund wurde aufgewertet, man hat eine Neubewertung im Rahmen des europäischen Währungssystems durchgesetzt – das wurde auch goutiert und einstimmig verabschiedet. Was ist passiert? – Der US-Dollar ist an einem Tag um 2 Prozent gestiegen. Das sind die Auswirkungen! Sie müssen das einmal so sehen und zur Kenntnis nehmen, daß dieses Währungssystem wirklich an seinen Grenzen angelangt ist und daß in diesem Zusammenhang nur gemauschelt und gelogen wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Der internationale Kapitalmarkt honoriert so etwas nicht, meine Damen und Herren!

Proporz, Packelei, Postenschacher – das ist es, was bei dieser Notenbankgesetz-Novelle übrigbleibt, und das sagen auch viele ausländische Investoren!

Herr Bundesminister, an Ihre Adresse: Ich habe unlängst mit Vertretern einer großen gemischt amerikanisch-britischen Finanzgruppe gesprochen, und man hat mir folgendes klipp und klar gesagt: Wir würden gerne in Österreich mehr machen, wir würden uns gerne stärker auf dem österreichischen Kapitalmarkt engagieren, unserer Rolle als Geldgeber gerecht werden, aber wir können es nicht tun, denn einmal macht die Regierung rückwirkende Gesetze, und ein anderes Mal macht sie ein Gesetz, durch das der schleichende Staatsinterventionismus nicht geringer, sondern stärker wird.

Herr Bundesminister! Dafür werden Sie die Rechnung bekommen. Ich meine, daß man bei Fortsetzung einer solchen Politik keine Investoren nach Österreich bringen wird. Ich sehe in diesem Bereich eine negative Zukunft vor uns. Es liegt an Ihnen, die Politik zu ändern; für die derzeitige Politik stehen wir Freiheitliche nicht zur Verfügung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als vorläufig letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Mag. Schreiner gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.12

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Finanzen! Hohes Haus! Herr Bundesminister, Sie können auch mit der heutigen Regierungsvorlage nicht das Vertrauen der Freiheitlichen in Ihre Nationalbank-Politik gewinnen. Ich sage Ihnen auch gleich den Grund dafür.

Ich blende zurück in das Jahr 1992. Damals gab es eine Dringliche Anfrage der Freiheitlichen an Ihren Vorvorgänger, an Finanzminister Lacina, in der wir nachgewiesen haben, daß die Eigentümerstruktur der österreichischen Notenbank für Europa doch sehr eigenartig ist. Wir haben aufgezeigt, daß es in Europa an sich zwei Eigentümerstrukturen gibt: entweder der Staat, die Republik ist Eigentümer – oder Banken. Aber eine Mischstruktur aus dem Staat auf der einen


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Seite und nach dem Proporz aufgeteilten Interessenvertretungen auf der anderen Seite kennt sonst kein europäisches Land.

Herr Bundesminister! Wir haben damals auch nachgewiesen, daß da eine sehr eigenartige Interessenlage bestanden hat, und diese setzt sich bis zum heutigen Tage fort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich rufe in Erinnerung: Damals gab es eine Beteiligung des Sozialistischen Verlages an der Oesterreichischen Nationalbank im Ausmaß von 4,72 Prozent. Es wurde gesagt, der Sozialistische Verlag hätte angeblich im Jahr 1955 von der Sozialistischen Partei 7 Millionen Schilling in die Hand bekommen und hätte diese im Jahr 1955 eingezahlt. – Herr Bundesminister für Finanzen! Bis heute findet sich im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien kein Einzahlungsbeleg über diese 7 Millionen Schilling.

Nach dieser Dringlichen Anfrage begann sich ein Argumentationskarussell zu drehen. Man hat gesagt: Das ist der Sozialistische Verlag, der eben genau in dieses Strickmuster hineinpaßt: Raiffeisen-Zentralbank: schwarz, Wirtschaftskammer: schwarz, ÖGB: rot, Bank für Arbeit und Wirtschaft: rot, Wiener Städtische Versicherung: rot, Bundesländer Versicherung: schwarz. Ganz genau, penibel bis auf den Zehntelprozentpunkt sind die restlichen 75 Millionen Schilling Grundkapital auf Rot und Schwarz aufgeteilt.

Ein Brief des Bundesrates Konečny hat eigentlich das zutage gefördert, was wir immer vermutet haben. In diesem Brief stand nämlich: Diese 150 Millionen Schilling Grundkapital sollten durch Eigenleistung des Unternehmens auf ein Vielfaches aufgestockt werden. Das bedeutet, daß die 7 Millionen Schilling Grundkapital des Sozialistischen Verlages – ist gleich SPÖ – eine wundersame Vermehrung erfahren hätten, auf wahrscheinlich 35 Millionen oder 70 Millionen Schilling. Das wäre dann eine Sonderdividende gewesen.

Herr Bundesminister für Finanzen! Wir verlangen eine Sonderdividende an die Republik und an den Steuerzahler! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Damals ist eine Sonderdividende an den Sozialistischen Verlag geflossen, der über die Vorwärts-Gruppe eine Parteizeitung, die "Arbeiter Zeitung", zu sanieren hatte. Das war der wahre Hintergrund des Ganzen.

Herr Bundesminister für Finanzen! Solange Sie bei der Nationalbankgesetz-Novelle an diesen Eigentümerstrukturen festhalten, können Sie die Zustimmung von uns Freiheitlichen wirklich nicht erwarten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was ist im Jahr 1992 nach dieser Dringlichen Anfrage passiert? – Der damalige Bundeskanzler Vranitzky hat gesagt: Selbstverständlich werden wir uns davon trennen, der Sozialistische Verlag wird diese Anteile abgeben! Man hörte dann vom damaligen Bundeskanzler Vranitzky, er werde eine Initiative für Jugendliche, die beschäftigungslos sind, schaffen, das heißt, ein Jugendbeschäftigungsprogramm durchführen. – Bis heute habe ich nichts davon gehört. Auch der Verbleib dieser 7 Millionen Schilling oder mehr – man weiß ja nicht, wieviel wirklich gezahlt wurde – ist bis heute ungewiß. Man sieht bei der jetzigen Eigentümerstruktur allerdings, daß eine gewisse Bank Austria Industrieholding 4,26 Prozent hält und die Wiener Städtische 0,46 Prozent – das ist exakt jener Prozentsatz, den vorher die Sozialistische Partei und der Sozialistische Verlag gehalten haben.

Herr Bundesminister! Solange solche Zustände herrschen, werden Sie zu einer Nationalbankgesetz-Novelle nicht die Zustimmung von uns Freiheitlichen bekommen! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie werden auch nicht die Zustimmung von uns Freiheitlichen bekommen, wenn Sie noch immer Dinge in der Nationalbank fortführen, die sich lesen wie das "Who is who" des Privilegienstadls: 620 Wohnungen vermietet an Aktive und Pensionisten um 17 S pro Quadratmeter Kaltmiete (Abg. Haigermoser: Das ist ja ein Trinkgeld!)  – bei höchsten Pensionen, bei höchsten Aktivbezügen! Oder: Mittagstisch: 20 S – das muß mit 20 Millionen Schilling gefördert werden, damit es Aktiven und Pensionisten so zur Verfügung gestellt werden kann. Oder: Spar- und Vorschußvereinskasse. Dort wird Geld angespart, und die Pensionsreserve, die heute


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schon angesprochen wurde, muß dafür herhalten. Oder: Urlaubsquartiere, die mit 15 Millionen Schilling subventioniert werden.

Herr Kollege Haigermoser! Du wirst dir das in deinem Betrieb wahrscheinlich nicht leisten können, und auch viele andere Mittelbetriebe werden es sich nicht leisten können, ihren Dienstnehmern das zu zahlen, obwohl diese, wenn sie 20 000 S oder 25 000 S brutto bekommen, eher ein Anrecht darauf hätten als jemand, der in der Nationalbank einen Bezug in Höhe von 50 000, 60 000, 70 000 oder 80 000 S erhält.

Herr Bundesminister! Das ändern Sie nicht! Und solange Sie das nicht ändern, wird es auch nicht die Zustimmung der Freiheitlichen zu einer Nationalbankgesetz-Novelle geben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung wurde nicht begehrt.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1080 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes 1090 der Beilagen.

Die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen haben dazu einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Z 78 § 87 Z 3 bezieht.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Peter und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung neuer Ziffern 37a und b in Artikel I zum Inhalt hat.

Wir stimmen wie folgt ab: zunächst über den erwähnten Zusatzantrag, danach über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes.

Wir stimmen nun ab über den Zusatzantrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Jetzt stimmen wir ab über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen. (Abg. Dr. Haider  – in Richtung des Abg. Leikam –: Eure Privilegien werden euch in Kärnten die Mehrheit kosten! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

Schließlich stimmen wir ab über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in 1080 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes 1090 der Beilagen.

Wer diesem Teil zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Dieser Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden.


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Jetzt stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen betreffend Verstaatlichung der Oesterreichischen Nationalbank.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, der möge ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1078 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz geändert wird (1091 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (918 der Beilagen): Bundesgesetz über die Übertragung des Dorotheums in das Eigentum der ÖIAG (1092 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (990 der Beilagen): Übereinkommen zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen samt Zusatzprotokoll und Protokoll über den Beitritt Griechenlands zum Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen sowie Erklärung der Republik Österreich (1093 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1050 der Beilagen): Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (1094 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1051 der Beilagen): Bundesgesetz über die Beteiligung Österreichs an den Neuen Kreditvereinbarungen (New Arrangements to Borrow, NAB) mit dem Internationalen Währungsfonds (1095 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangen wir zu den Punkten 3 bis 7 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Bei keinem dieser Punkte wurde eine mündliche Berichterstattung verlangt. Wir beginnen daher sofort mit der Debatte.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Böhacker das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.22

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die zur Debatte stehende Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz geändert werden soll, tritt mit 1. Jänner 1998 in Kraft. – Gut, werden Sie sagen. Ich sage: Nicht gut! – Warum? (Abg. Haigermoser: Nicht genügend!)


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Diese Novelle hätte bereits mit 1. Jänner 1997 in Kraft treten sollen, aber aufgrund der Säumigkeit der Bundesregierung kann dieses Gesetz erst jetzt beschlossen werden. Ergebnis: ein Schaden zu Lasten der österreichischen Steuerzahler und Sozialversicherten in Höhe von 50 Millionen Schilling.

Was ist passiert? Besser gesagt: Was ist nicht passiert? – Im Zuge des EU-Beitritts mußte auch das österreichische Umsatzsteuerrecht an das Gemeinschaftsrecht angepaßt werden. Eine der wichtigsten Anpassungen war, daß der gesamte Gesundheits- und Sozialbereich, der nach österreichischem Recht umsatzsteuerpflichtig war, nach dem EU-Recht nicht mehr besteuerbar war. Das hat aber auch bedeutet, daß kein Vorsteuerabzug mehr möglich war, mit dem Ergebnis, daß es zu Mehrkosten gekommen ist.

Mit dem Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz wurde dieses Manko zwar wieder behoben, man hat aber übersehen, die Bestimmungen so zu formulieren, daß sie auch für ausländische sozialversicherungspflichtige Patienten gelten.

Österreich hat sich eine Übergangsfrist von zwei Jahren herausverhandelt. Diese zwei Jahre wurden von der Bundesregierung nicht entsprechend genützt, sodaß wir erst heute in der Lage sind, dieses Gesetz zu beschließen. Das führt zu dem schon bekannten Ergebnis, nämlich einem Schaden in Höhe von 50 Millionen Schilling zu Lasten der österreichischen Steuerzahler.

Der Herr Finanzminister hat im Ausschuß gemeint, die Materie war und sei sehr schwierig. Da gebe ich ihm recht: Sie ist wirklich schwierig. Aber wenn Sie, Herr Finanzminister, meinen, diese 50 Millionen Schilling sind im Verhältnis zu den gesamten Kosten nur Peanuts, dann muß ich Sie schon daran erinnern, daß in Zeiten, in denen sogar die Beihilfen für die Behinderten gekürzt werden und in denen massive Belastungen für alle Steuerzahler Platz greifen, 50 Millionen Schilling keine Peanuts sind! (Unruhe im Saal.)

Ich muß aber dazusagen, daß sich auch die Länder und die Landesfinanzreferenten nicht gerade vorbildhaft verhalten haben, als sie sich nicht darüber einigen konnten, wer denn nun diese zusätzlichen Kosten tragen wird.

Es war Kollege Dr. Rasinger von der ÖVP, der das bereits vor einiger Zeit ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter, einen Augenblick.

Meine Damen und Herren! Daß der Lärmpegel unmittelbar vor einer Abstimmung, wenn das Plenum voll ist, etwas ansteigt, verstehe ich. Daß aber dieser Lärmpegel nachher, wenn das Plenum nur mehr einen Teil der vorherigen Anwesenheit aufweist, nicht abnimmt, das verstehe ich überhaupt nicht!

Bitte, Herr Abgeordneter, setzen Sie fort!

Abgeordneter Hermann Böhacker (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! Es ist halt so: Debatten, die es erfordern, daß man ein bißchen nachdenkt, sind von manchen relativ schwer mitzuverfolgen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter. ) Wie bitte, Frau Kollegin? (Abg. Dr. Fekter: Wir denken immer bei allen Dingen nach!)

Sie denken immer nach? – Hoffentlich auch immer in die richtige Richtung! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das kann ich von Ihnen nicht immer behaupten. Sie zeigen aber bereits gute Ansätze. Selbstverständlich! Sie zeigen gute Ansätze. Sie haben echte Nachdenkphasen, dabei kommt manchmal etwas ganz Gutes heraus, aber die Mehrzahl Ihrer Nachdenkpausen haben Sie nicht dazu genutzt, etwas Positives beizubringen. (Abg. Rosemarie Bauer:  ... reden wir nicht darüber! – Abg. Dr. Haider: Rosemarie, jetzt hör auf!)

Wie bitte, Frau Kollegin? Sie haben Ihre letzte Rede gelesen, und davon sind Sie enttäuscht? – Das kann ich mir vorstellen! Das kann ich mir wirklich vorstellen, daß Sie von Ihrer eigenen Rede massiv enttäuscht sind. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haider: Selbst am


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Rostrum ein Kavalier! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Fekter und Rosemarie Bauer. )

Meine sehr geschätzten Damen! Ich meine, die Materie ist für Scherze zu ernst. Ich könnte mir vorstellen, daß Sie, Frau Kollegin Bauer, diese 50 Millionen Schilling für die Familienförderung wirklich gut gebrauchen könnten, oder? (Abg. Rosemarie Bauer: Wir können alles brauchen!) Sehen Sie! Hätten Sie rechtzeitig Druck gemacht, damit diese Novelle früher beschlossen hätte werden können, dann hätten wir jetzt vielleicht 50 Millionen Schilling mehr für die Familien zur Verfügung.

So gesehen und zusammenfassend, meine Damen und Herren: Dieser Novelle werden wir unsere Zustimmung geben, denn eines ist sicher: Dieses Gesetz ist notwendig, auch wenn es zu spät beschlossen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurt Eder. – Bitte. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

12.29

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich im Zusammenhang mit der Übertragung des Dorotheums in das Eigentum der ÖIAG einige Anmerkungen aus der letzten Sitzung des Finanzausschusses machen. Zunächst möchte ich einige Zahlen anführen, um die Bedeutung des Dorotheums und die Struktur der Geschäftsfelder des Dorotheums zu veranschaulichen.

Im Geschäftsjahr 1996 fanden laut Geschäftsbericht mehr als 495 700 Kunstgegenstände, Antiquitäten, Schmuckstücke und Sammelobjekte im Dorotheum neue Besitzer. Der Gesamtumsatz belief sich auf etwa 1,5 Milliarden Schilling, der Jahresgewinn lag bei fast 36 Millionen Schilling und der Cash-flow bei 81 Millionen Schilling. Bei den 785 Versteigerungen wurden 764,1 Millionen Schilling umgesetzt, davon allein im Auktionszentrum Wien 588 Millionen Schilling oder knapp 77 Prozent, wobei der durchschnittliche Zuschlagspreis bei etwa 5 700 S lag.

Der Umsatz im freien Verkauf stieg auf 725 Millionen Schilling und bewegte sich damit nur wenig unter dem Auktionsumsatz. Das Darlehenvolumen im Pfandkreditbereich betrug über 400 Millionen Schilling, das durchschnittliche Darlehen lag bei 3 598 S. Insgesamt wurden 1996 nicht weniger als 141 000 Neubelehnungen und 122 000 Umsetzungen registriert. Dabei ist bemerkenswert, daß der Pfandkredit des Dorotheums hauptsächlich als kurzfristige Liquiditätsüberbrückung Verwendung findet, zumal der überwiegende Teil der verpfändeten Gegenstände wieder ausgelöst wird. Das Bankgeschäft des Dorotheums wiederum dient vor allem auch der Aufbringung der Primärmittel für das Pfandgeschäft.

Meine Damen und Herren! Diese Zahlen belegen also, daß dem Dorotheum nach wie vor auch eine wichtige soziale Aufgabe zukommt. Gerade im Bereich der Pfandkredite ist für den Kunden eine seriöse, verläßliche und diskrete Anlaufstelle von großer materieller wie auch psychologischer Bedeutung.

Darüber hinaus hat sich das Dorotheum im Laufe der Zeit aber auch zu einer kulturpolitisch wichtigen Institution entwickelt. Als eines der ältesten Auktionshäuser der Welt wird ihm entsprechende internationale Wertschätzung entgegengebracht, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil Kunst zunehmend auch als Anlageobjekt gesehen wird. Dies zeigt sich etwa im rasant steigenden Interesse an den Werken alter Meister, der umsatzstärksten Sparte des Auktionsbereiches im Dorotheum. Unterstützt wird das positive Image zusätzlich durch Schaustellungen, Sonderführungen, Ausstellungen in Partnerauktionshäusern – etwa in London oder San Francisco – und durch weitere kulturelle Veranstaltungen.

Dem Dorotheum ist es damit gelungen, auch auf dem internationalen Kunstmarkt eine besondere Stellung zu erlangen. Einige Vertretungen in Tokio, München, Brüssel und Prag sowie Kooperationen mit anderen renommierten Auktionshäusern haben die Geschäftsstrategie unterstützt. Diese Stellung gilt es, nicht nur zu halten, sondern auch weiter auszubauen, denn der


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Markt befindet sich in starkem Wettbewerb, und nicht immer wird dabei mit Glacéhandschuhen gekämpft.

Besonders weil aufgrund der budgetären Situation der öffentlichen Hand nicht damit gerechnet werden kann, daß der Eigentümer, der Bund, bedeutende finanzielle Mittel für zukünftige Investitionen bereitstellen kann, ist es notwendig, dem Dorotheum den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern. Dies muß allerdings aufgrund der geschilderten sozial- wie kulturpolitischen Bedeutung vorsichtig und mit Augenmaß erfolgen. Ein Ausverkauf an die Konkurrenz – und da gibt es, sowohl, was den Auktionsbereich, aber vor allem auch, was den freien Verkauf angeht, natürlich entsprechende Begehrlichkeiten – ist nach Möglichkeit zu vermeiden.

Die im ersten Schritt geplante und nunmehr in diesem Gesetz vorgesehene Übertragung der hundertprozentigen Anteilsrechte des Bundes an die ÖIAG stellt somit ohne Zweifel eine sinnvolle Maßnahme dar, weil damit das reiche Know-how der ÖIAG auch in diesem Fall genützt werden kann.

Meine Damen und Herren! Unbeeinflußt von möglichen tagespolitischen Querelen soll die ÖIAG ein Konzept erarbeiten, das als zentralen Punkt die vorrangige Privatisierung über die Börse zu einem möglichst hohen Anteil für österreichische Anleger vorsieht. Das Muster der ATW mag dabei wohl als Vorbild dienen. Bei konsequenter und vorsichtiger Marktpolitik ist es durchaus möglich, durch entsprechende Steuerung der Erstplazierung – etwa über kleinere Zuteilungen – die angestrebten Ziele zu erreichen.

Wichtig ist, wie erwähnt, daß eine bloße Veräußerung des Marktes an die Konkurrenz, was klarerweise nur zum Schaden des Unternehmens wäre, vermieden wird. Immerhin dürfen wir nicht vergessen, daß von den bevorstehenden Maßnahmen auch über 500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betroffen sein werden. Und gerade auch die Wahrung ihrer Rechte ist mir in diesem Zusammenhang ein besonderes Anliegen. Nicht zuletzt aus diesem Grund erscheint es auch begrüßenswert, daß gesetzlich festgelegt wird, daß ein Anteil von mindestens 25 Prozent im Eigentum der ÖIAG bleiben soll.

Ob es tatsächlich zu einer Umwandlung der derzeitigen Dorotheum Auktions-, Versatz- und Bank Ges.m.b.H. in eine Aktiengesellschaft kommen soll, muß ebenfalls erst von der ÖIAG geprüft werden. Danach kann eine etwaige Empfehlung der Bundesregierung vorgelegt werden. Der endgültige Zuschlag – falls es nicht zu einer Börsenplazierung kommt – obliegt letztendlich der Hauptversammlung.

Zusammenfassend ist aus meiner Sicht somit festzuhalten, daß der vorliegende Antrag auch im Hinblick auf die zukünftige Marktbehauptung des Dorotheums den richtigen Weg darstellt, daß aber eine Reihe von Gegebenheiten für eine äußerst weitsichtige und behutsame Vorgangsweise spricht. Die Übertragung an die ÖIAG ist somit meines Erachtens ohne Zweifel ein richtiger Schritt. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

12.35

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich schließe nahtlos an Herrn Kollegen Eder an und bin absolut nicht seiner Meinung. Über die Privatisierung des Dorotheums kann man debattieren, aber das Gesetz, wie es derzeit vorliegt, ist legistisch abenteuerlich, würde ich sagen. Warum? – Dieses Gesetz regelt wichtige Dinge nicht, dafür ist es unsinnig im Detail.

Es regelt wichtige Dinge nicht. Vor allem beachtet es folgende Regel nicht: Wenn ich so ein Unternehmen habe, also der Eigentümer bin, das bestimmten Regeln, bestimmten Regulierungen unterliegt, und die Möglichkeit besteht, diese Regulierungen so zu ändern, daß das Unternehmen ertragreicher wird, als es vorher war, dann muß ich das vor der Privatisierung tun. Ich


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betone: vor der Privatisierung! Denn das erhöht ja den Wert des Unternehmens und daher den erzielbaren Verkaufserlös.

Ich werde Ihnen anhand eines Zeitungsartikels gleich erklären, was ich meine. Unter solchen Umständen zuerst zu privatisieren und dann die Regeln zu ändern, ist ja nichts anderes als die sozusagen gesetzmäßige Zuschwemmung von windfall profits an die neuen Aktionäre, ohne daß der Eigentümer Bund davon etwas hat. Genau das scheint aber zu passieren!

Ich bin ja nicht der Generaldirektor des Dorotheums, aber der Generaldirektor des Dorotheums sagt, er kämpfe seit Jahren darum, daß das Dorotheum Immobilien versteigern darf, denn derzeit – ich zitiere aus dem "WirtschaftsBlatt" vom 5. März 1998 – dürften nach dem Außerstreitgesetz von 1854 nur Bezirksgerichte Immobilien versteigern. – Ich hoffe, das ist kein Druckfehler.

Und weiter heißt es: "Generaldirektor Karny sagt: Wir haben die nötige Erfahrung, wir haben die kaufkräftige Klientel, für uns wäre das sicher ein gutes Geschäft – ein Geschäft, das Gewinn und damit Ertragswert des Dorotheums mit einem Schlag erhöhen würde." – Ende des Zitats.

Ja, und warum macht man das nicht? – Ich meine: Entweder ist diese Meldung korrekt und das Dorotheum würde gern, darf aber keine Immobilien versteigern, oder der Generaldirektor hat da etwas verschlafen. (Abg. Marizzi: Haben wir nicht schon genug Immobilienhändler?) Entschuldigen Sie: Der Bund ist der Eigentümer des Dorotheums, der ist ja nicht dazu da, irgendwelche Händlerinteressen zu vertreten. Wenn er das Dorotheum verkaufen will, dann soll er auch einen anständigen Erlös erzielen. Die Interessen der anderen Immobilienhändler oder der Bezirksgerichte sind in diesem Fall völlig gleichgültig! Der Bund versäumt es, hier maximale Erlöse erzielen zu wollen. Das ist meiner Ansicht nach ein grobes Versäumnis! Das sind ja indirekt auch unsere Steuermittel, um die es dabei geht.

Wie gesagt: Wesentliche Dinge werden in diesem Gesetz über die Privatisierung des Dorotheums nicht behandelt, dafür andere Dinge, bei denen man sich an den Kopf greift.

Ich lese Ihnen einmal § 2, erster Satz, vor: Die ÖIAG hat die Aufgabe, ein Privatisierungskonzept auszuarbeiten, das die Privatisierung des Dorotheums nach Möglichkeit vorrangig über die Börse mit einem möglichst hohen Anteil für österreichische Anleger vorsieht. – Ich wiederhole: "nach Möglichkeit", "vorrangig", "möglichst". – Im Vergleich dazu waren ja die Zielvorgaben im seinerzeitigen Ermächtigungsgesetz für den Verkauf der CA direkt mustergültig, geradezu ein mustergültiges Bild an Klarheit, was der Eigentümer eigentlich will.

Die ÖIAG soll jetzt ein Konzept entwickeln. (Ruf: Möglichst!) Ja, "möglichst" ein Konzept entwickeln! – Aber auf was hin? – Das läuft offenbar alles im informellen Raum ab: Der Finanzminister sagt den Direktoren der ÖIAG vermutlich nur informell, was er eigentlich will, denn im Gesetz steht es nicht!

Es ist ja nicht einmal entschieden, ob der Bund seinen Privatisierungserlös maximieren will. – Das zum Beispiel stand seinerzeit im Ermächtigungsgesetz über die CA. Hier steht jetzt nichts Derartiges. Die ÖIAG soll irgend etwas machen. – Sicherlich wird die ÖIAG ein Konzept ausarbeiten. Aber was für eines?

Genausowenig wird erläutert, warum die ÖIAG einen Anteil von zumindest 25 Prozent behalten soll. Herr Eder hat das hier zwar erklärt, aber das ist für mich bei allem Respekt vor Herrn Kollegen Eder nicht maßgeblich. Wenn es einen bestimmten Grund dafür gibt, dann gehört er in die Erläuterungen zu diesem Gesetz hinein. Da steht aber nichts darüber, gar nichts! (Zwischenruf des Abg. Marizzi. – Ja, der Herr Marizzi wird es mir dann erklären, aber das ist mir jetzt auch Wurscht. Es steht nicht im Gesetz!

Ungeregelt ist zum Beispiel auch noch etwas anderes, und zwar, was der Eigentümer des Dorotheums – das ist immer noch der Bund – eigentlich mit den Immobilien des Dorotheums selbst zu tun gedenkt. (Zwischenruf des Abg. Eder. )


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Es ist ja ganz normal bei so etwas – das Dorotheum besitzt, ich weiß nicht, ein, zwei, drei oder mehr Palais in der Innenstadt –, daß man sich überlegt: Lösen wir das zuerst heraus und privatisieren wir sozusagen den operativen Teil oder tun wir das nicht?

Das ist alles der ÖIAG überlassen. Sie können aufgrund dieses Gesetzes machen, was sie wollen. (Abg. Eder: Auf Vorschlag!) Ich rede von der Logistik dieses Gesetzes, Herr Kollege Eder, von nichts anderem. Für mich muß Gesetz etwas sein, das eine Materie mit hinreichender Determiniertheit regelt. Das ist da nicht der Fall. Das ist ein Papier, in dem sinngemäß drinnensteht, der Bund, der Eigentümer des Dorotheums, gibt es der ÖIAG – so nach dem Motto: Macht damit, was ihr wollt! (Abg. Eder: Wem gehört die ÖIAG?) Das ist bestenfalls die Vorstufe eines Gesetzes, aber niemals ein materielles Gesetz. (Abg. Eder: Wer ist der Eigentümer der ÖIAG? Wissen Sie das nicht?)

Entschuldigung, Herr Eder, was soll das? Was soll das? Ich rede von der Determiniertheit eines Gesetzes, und Sie stellen mir Fragen, die jeder Volksschüler in Österreich beantworten kann. (Abg. Eder: Warum sagen Sie es dann nicht?) Das ist ja lächerlich! (Abg. Eder: Sie können es nicht! Wer ist der Eigentümer der ÖIAG? Ich höre noch immer nichts!) Sie werden auf so eine blöde Frage auch keine Antwort von mir bekommen.

Gegen das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz gibt es keine Einwände von uns, dem werden wir zustimmen. Gegen das Übereinkommen betreffend die Zollverwaltungen gibt es ebenfalls keine Einwendungen von unserer Seite. (Zwischenruf des Abg. Marizzi. ) Die Regierungsvorlage 1050 der Beilagen: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen, steht auch mit in Verhandlung; dagegen gibt es keine Einwendungen.

Ein bißchen heikel ist die Sache mit den Neuen Kreditvereinbarungen, New Arrangements to Borrow, mit dem Internationalen Währungsfonds. Ich persönlich werde dem zustimmen. Ich weiß nicht, wie sich meine Freundinnen und Freunde entscheiden werden. Das ist ein bißchen heikel insofern, als es derzeit eine internationale Diskussion darüber gibt, ob man die Politik des Internationalen Währungsfonds in Südostasien ungeschaut auf die Zukunft übertragen soll oder nicht und ob der Internationale Währungsfonds durch seine Krisenintervention in Korea, Indonesien und so weiter für die Zukunft Moral-hazard-Verhalten (Abg. Dr. Schmidt: Ein Widerspruch in sich!)  – ich weiß nicht, wie man das übersetzen soll: "moralisches Hasard" steht in der deutschen Literatur, das klingt genauso blöd –, also ein Verhalten von Schuldnern, das auf die Dauer nicht im Interesse des Gläubigers sein kann, nicht geradezu fördert. Es ist aber, glaube ich, hier nicht der Zeitpunkt, diese Dinge zu erörtern. Ich persönlich werde diesen Neuen Kreditvereinbarungen, 1051 der Beilagen, zustimmen und hoffe, daß der Internationale Währungsfonds in absehbarer Zeit seine Politik überdenkt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

12.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. 5  Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.43

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die ÖVP wird den Tagesordnungspunkten 3 bis 7 ihre Zustimmung erteilen.

Ich möchte lediglich zur Privatisierung des Dorotheums kurz Stellung nehmen, wobei Ihnen mein Vorredner Eder die Details schon ausführlich dargelegt hat, was die Profitabilität des Dorotheums betrifft. Ich will mich daher kurz zum Privatisierungskurs dieser Regierung äußern.

Gestatten Sie mir, Ihnen folgendes vorzulesen: Der erfolgreiche Privatisierungskurs der letzten Jahre ist zügig fortzusetzen, wobei auf die Wahrung österreichischer Interessen sowie die Verbesserung der wirtschaftlichen Substanz der Unternehmen Bedacht zu nehmen ist. Folgende Maßnahmen sind vorzusehen: Abgabe der Bundesanteile der Bank Austria, Umstrukturierung und Privatisierungsschritte bei der Austria Tabak AG, der Salinen AG und der Staatsdruckerei, Umwandlung der Post- und Telegraphenverwaltung in eine AG und Börseneinführung innerhalb von drei Jahren. Zur P.S.K.-Umwandlung in eine AG: Prüfung einer Anteilsveräußerung an der


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PostbeteiligungsAG, und zwar 25 Prozent, und Börsenplazierung. In allen Dienststellen der öffentlichen Verwaltung sind weitere Ausgliederungen jener Bereiche vorzunehmen, die keine hoheitlichen Aufgaben erfüllen und effizienter in selbständigen, privatwirtschaftlich organisierten Einheiten geführt werden können.

Meine Damen und Herren! Das, was ich Ihnen soeben vorgetragen habe, entstammt dem Koalitionsübereinkommen von 1996. Und wir können mit Stolz feststellen, daß nahezu alle diese Vorhaben verwirklicht wurden; es sind nur noch einige ausständig. (Beifall bei der ÖVP.)

Betreffend die Erlöse der bisher durchgeführten Privatisierungen hat der Herr Finanzminister gestern eine sehr umfangreiche Presseaussendung gemacht. Ich empfehle Ihnen, diese zu studieren. Sie werden, wie gesagt, den erfolgreichen Privatisierungskurs dieser Koalition darin bestätigt sehen. (Abg. Dr. Fekter: Die ÖVP-Linie! – Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Ich möchte bei dieser Gelegenheit die noch hier verbliebenen Damen und Herren daran erinnern, daß die Forderung nach Privatisierung schon vor Jahrzehnten seitens der ÖVP erhoben wurde und daß wir lange darauf gewartet haben. Hätten wir die frühere verstaatlichte Industrie eher privatisiert (Abg. Dr. Gusenbauer: Wann?)  – vor einem Jahrzehnt zum Beispiel hätten wir damit beginnen sollen –, dann, lieber Herr Kollege Gusenbauer, hätten wir uns zig Milliarden Schilling an Steuergeldern erspart. (Abg. Dr. Fekter: 100 Milliarden!) 100 Milliarden; aber ich möchte mich nicht festlegen.

Sie beziehungsweise Ihre Fraktion hat das nachhaltig verhindert, das wissen wir ja alle. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Marizzi: Und Ihre schwarzen Generaldirektoren!)  – Kollege Marizzi! Denken Sie über Ihre Vergangenheit nach. (Abg. Dr. Fekter: Das war ein sehr dunkles Kapitel!) Das ist ein dunkles Kapitel in Ihrer Wirtschaftspolitik, aber, wie gesagt, heute können wir mit Stolz auf die ehemaligen verstaatlichten Betriebe blicken, denn diese werfen alle zwischenzeitlich beachtliche Gewinne ab. (Beifall bei der ÖVP.)

Soweit zur Vermögensprivatisierung. Eine andere Sparte sind die sogenannte Organisationsprivatisierung beziehungsweise die oft zitierten Ausgliederungen.

Meine Damen und Herren! Wir müssen bei einigen Ausgliederungsmaßnahmen eingestehen, daß sie nicht immer optimal durchgeführt wurden, und wir müssen uns in Hinkunft bei weiteren Ausgliederungen sehr wohl überlegen, inwieweit eine privatrechtliche Organisationsform wirklich effizienter ist als die öffentliche Verwaltung. Auch das Instrument der Anstalt muß neu überdacht werden.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß wir in den kommenden eineinhalb Jahren dieser Koalitionsregierung noch einige Vorhaben auf der Tagesordnung haben, wie zum Beispiel die Staatsdruckerei; ich würde auch die Privatisierung der verschiedenen Flughäfen beziehungsweise die Veräußerung der Bundesanteile an den Flughäfen sehr begrüßen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schreiner. Eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 5 Minuten wird angezeigt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.48

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Finanzen! Hohes Haus! Wir beschließen heute eine neue Kreditlinie der Oesterreichischen Nationalbank an den Internationalen Währungsfonds von exakt 7,1 Milliarden Schilling. Sie dient dazu, den instabilen Kapitalmärkten – gemeint sind hier sicher die Kapitalmärkte in Südostasien – wieder Vertrauen einzuflößen.

Herr Bundesminister für Finanzen! Ich stelle jetzt nur einmal fest: Die Oesterreichische Nationalbank eröffnet damit eine Kreditlinie, die an sich völlig schlagend werden kann. Es kann auch sein, daß diese 7,1 Milliarden Schilling zur Gänze verloren sind, wenn wirklich die Intervention


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Platz greift und diese 7,1 Milliarden Schilling abgeschrieben werden müssen – wahrscheinlich nicht gleich, vielleicht in einigen Jahren.

Das heißt, die Oesterreichische Nationalbank hat zwar Geld für eine Mithilfe beim Internationalen Währungsfonds, aber kein Geld für die von uns ins Treffen geführte Sonderdividende für die Finanzierung einer Steuerreform in Österreich. Ich möchte das nur einmal festgestellt haben. Wir haben für internationale Engagements Geld, für eine substantielle Entsteuerung in Österreich haben wir aber keines. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Zur Frage des Vertrauens in die Kapitalmärkte. Ich meine, das ist schon sehr eigenartig: Da werden in Österreich und in Europa Industriearbeitsplätze wegrationalisiert – aufgrund von Lohndumping, Umweltdumping, sozialem Dumping, Kinderarbeit in diesen Staaten –, da werden Produkte nach Europa geliefert, anscheinend verträgt das die dortige Wirtschaft nicht, die Kapitalmärkte kommen ins Trudeln, und dann hat Europa und damit auch Österreich quasi die Verpflichtung zu übernehmen, 7,1 Milliarden Schilling an Kreditlinien dort zu eröffnen, um wieder für Ordnung zu sorgen.

Herr Bundesminister für Finanzen! Das ist schon allein deswegen wirtschaftspolitisch nicht einsehbar, weil wir – ich habe zusammengezählt, was wir in den letzten elf Monaten in diese multilateralen Finanzinstitutionen eingezahlt haben – in elf Monaten 11,27 Milliarden Schilling eingezahlt haben; das heißt, in Österreich machen wir Sparpakete, machen wir keine Steuerreform, lassen wir eine Abgabenquote von über 44 Prozent zu, aber in elf Monaten zahlen wir an diese Finanzinstitutionen 11,27 Milliarden Schilling.

Das entspricht nicht unserer Politik, der freiheitlichen Politik, die wir vertreten und die wir in der Regierungspolitik nicht widergespiegelt sehen. Wir meinen, dieses Geld sollte eher in Österreich als für internationale Finanzinstitutionen verwendet werden, wobei zum Beispiel der Europäische Rechnungshof außerdem noch kritisiert, die Treffsicherheit dieser Geldflüsse sei überhaupt nicht gewährleistet. Es gibt eine Studie, die besagt, daß von diesen Geldern der multilateralen Entwicklungshilfe – und das spielt hier auch eine Rolle – genau 8 Prozent ankommen, während 92 Prozent versickern.

Herr Bundesminister für Finanzen! Wir werden daher dieser Regierungsvorlage nicht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

12.52

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lieber Abgeordneter Schreiner! Das war jetzt eine klassische Rede, die "globale Äpfel" mit "nationalen Birnen" vermischte. (Ruf bei den Freiheitlichen: Du warst schon einmal besser!) Die Dinge hängen nicht so zusammen, wie du es hier dargestellt hast. Zu sagen, die Kreditlinie, die die Oesterreichische Nationalbank dem Internationalen Währungsfonds einräumt, sei morgen obsolet und der Internationale Währungsfonds sei ein schlechter Schuldner, ist einigermaßen mutig, und das Ganze dann mit dem Lohndumping der new industrial countries zu verbinden, halte ich nicht für sinnvoll. Ich teile aber deine Auffassung, daß wir über das internationale Finanzsystem selbstverständlich nachdenken müssen.

Wir leben seit ungefähr 20 Jahren in einer Zinsfalle, wo die realen Zinsen höher sind als das reale Wachstum. Das heißt, der Kapitalstock in unserer Gesellschaft wächst exponentiell schneller als die Wirtschaft. Wenn dem so ist, nimmt der Kapitalstock, der mit den Zinserträgen exponentiell wächst, einen immer größeren Teil des Volkseinkommens für sich in Anspruch, und damit bleibt weniger für die Lohneinkommen übrig. Das spielt sich im wesentlichen im Finanzsektor und nicht im Sachsektor ab. Das ist doch der springende Punkt!

Wenn die Kapitalien in unserer Gesellschaft gleich verteilt wären, dann wäre das ja völlig gleichgültig: steigt eben der Anteil der Kapitaleinkommen, die Lohneinkommen sinken, und die Ein


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kommensverteilung ist einigermaßen gesichert. Nur: das Gegenteil ist der Fall. Die Kapitaleinkommen akkumulieren sich selbstverständlich durch die Zinsfalle und den Zinseszinseffekt in einer exponentiellen Gleichung in immer größeren einzelnen Akkumulationen. Das heißt klar und deutlich ausgedrückt, daß wir heute das System des Kapitalismus, das sein Gegenpart verloren hat, hinterfragen müssen, daß wir fragen müssen: Welche zumindest europäischen oder weltweiten Spielregeln müssen wir finden, damit wir diese Wucherung insbesondere des Finanzkapitals sinnvoll in den Griff bekommen?

Wir beschließen heute, daß unsere Nationalbank im Fall der Fälle eine zusätzliche Kreditlinie dem Internationalen Währungsfonds zur Verfügung stellt, wenn der Internationale Währungsfonds diese braucht, um eine neue Finanzkrise – nach Mexiko, nach Südostasien – wieder abzufedern. Hier ist das Dilemma, hier ist das Spannungsfeld. Es sind nicht die "nationalen Birnen" und die "globalen Äpfel", sondern es ist ein ganz konkretes Problem, daß dieses explodierende Finanzsystem immer größere Luftblasen erzeugt und, wenn diese Luftblasen platzen, die internationale Finanzgemeinschaft in Geiselhaft genommen ist, diese Luftblasen abzufedern, weil sonst das gesamte finanzwirtschaftliche System dieser Erde in Gefahr gerät.

Herr Bundesfinanzminister! Wir können also nicht so weitertun und eine Sicherungstranche nach der anderen beschließen, sondern wir werden wohl – zumindest einmal in Österreich, aber dann in der Europäischen Union und darüber hinaus – in eine echte Diskussion eintreten müssen, wie wir denn mit den internationalen Finanzmärkten umgehen.

Noch ein klassisches Gegenbeispiel: Es ist heute vor allem in den Klein- und Mittelbetrieben um vieles interessanter, sein Geld dem Herrn Finanzminister zu borgen, auch wenn er nur 5,5 Prozent für seine Bundesanleihen zahlt, dort die KESt mit 25 Prozent zu lukrieren, als selbst in die Sachanlage zu gehen. In großen Aktiengesellschaften, die über sehr gute Umsatz- und Kapitalrenditen verfügen, spielt sich heute die Rendite in der Dividende auf das eingesetzte Kapital bei 1 bis 2 Prozent ab. Der gesamte Rest spielt sich über die Kurssteigerungen ab.

Ja glaubt wirklich jemand von Ihnen, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, daß die amerikanische Wirtschaft von 1985 – Dow-Jones 2000 – auf 1997 – Dow-Jones 8500 und weiter steigende Tendenz – über viereinhalbmal mehr wert geworden ist? Sehen Sie nicht, daß zwischen den Finanzströmen und der Finanzspekulation ein Zusammenhang besteht? Und bei dieser Finanzspekulation tut die Firma Siemens mit, genauso wie die Bank Austria, genauso wie die Deutsche Bank, genauso wie andere große Industriebetriebe, die heute wesentliche Teile ihres Ertrages, den sie als Dividende ausschütten, nicht in ihrer Produktion erwirtschaften, nicht im Anlagevermögen erwirtschaften, sondern im Umlaufvermögen.

Meine Damen und Herren! Hier spielen sich weltweit Dinge ab, die wir in Österreich ernsthaft zu diskutieren beginnen sollten – noch hat es keine Diskussion darüber gegeben –, wenn wir auch heute noch dazu verhalten sind, diese internationalen Organisationen zu stärken, um einen weltweiten Finanzcrash zu verhindern. Ich glaube daher, daß es klug wäre, in Form einer Enquete im Parlament zumindest einmal als nationaler erster Schritt über die Finanzmärkte nachzudenken zu beginnen. Und es ist sicherlich Aufgabe des Herrn Finanzministers, im ECOFIN-Rat dieses Thema zur Sprache zu bringen, wenn nicht hoffentlich schon öfter darüber gesprochen wurde, um auch von österreichischer Seite eine klare Meinung dazu einzubringen. Denn was heute durch weitere Kreditlinien für den Internationalen Währungsfonds für den Krisenfall vorgenommen wird, heißt nicht mehr und nicht weniger, als die potentiellen Verluste derer, die vorher 100, 500 oder 1000 Prozent Profit gemacht haben, jetzt über internationale Gelder abzufedern. Das ist der Punkt!

Wir sind heute in der Geiselhaft, es tun zu müssen, um das Finanzsystem abzusichern. Aber wir sollten uns überlegen, ob wir nicht den Kapitalverkehr insgesamt einer anderen Besteuerung unterziehen. Da meine ich ganz konkret das Finanzkapital und nicht das Sachkapital, Herr Finanzminister. Haben wir in Österreich über die Tobin-Tax, die wir nicht national einführen können, diskutiert? Wir können nur international im Rahmen der World Trade Organisation, im Rahmen der OECD, im Rahmen von UNO-Organisationen darüber diskutieren. Aber es kann doch nicht sein, daß heute die Steuerbelastung auf Arbeit immer größer wird, die Steuerbe


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lastung auf Kapital letztlich tendenziell im Finanzanlagebereich sinkt und wir nicht einmal in der Lage sind, die "bubble economy", die, um Kursgewinne zur zweiten oder dritten Stelle hinter dem Komma zu lukrieren, täglich Milliardenbeträge um die Welt jagt, steuerlich zu erfassen.

Ich habe also große Sorge, daß wir hier in eine Falle laufen, was nicht sinnvoll und nicht gut sein kann. Wir werden trotzdem den Tagesordnungspunkten 3, 4, 5, 6 und 7 zustimmen, weil wir es für notwendig halten, und wir hoffen, daß der Finanzminister die Privatisierung des Dorotheums so über die Bühne bringt, daß möglichst alle Mitarbeiter, möglichst auch die ÖIAG und möglichst auch der Finanzminister möglichst glücklich sind. (Bundesminister Edlinger: Und möglichst bald!)  – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.59

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ersten Punkt möchte ich kurz auf das Wiener Dorotheum eingehen und von dieser Stelle aus sagen, welche Auffassung ich im Ausschuß hiezu vertreten habe.

Herr Bundesminister! Gegen eine Privatisierung dieses traditionsreichen Unternehmens haben wir Freiheitlichen nichts. Im Gegenteil, wir begrüßen die Privatisierung, denn es ist ein sehr ertragreiches und sehr gut geführtes Unternehmen.

Wir glauben allerdings, daß es in privater Hand, in einer privaten Aktionärsstruktur noch wesentlich besser zum Laufen gebracht werden könnte, und daher gibt es von unserer Seite in diesem Sinne ein grundsätzliches Ja dazu.

Unterschiedlicher Auffassung sind wir allerdings, was den Weg zur Privatisierung betrifft. Da gibt es schon gravierende Differenzen.

Herr Bundesminister! Als Ihr Amtsvorgänger den letzten großen Privatisierungsschritt über die ÖIAG vorbereitet hat, war Eile geboten. Man hat eine "nette" Konstruktion gemacht: Man hat von der Bank Austria bis hin zur ÖIAG alles mobilisiert, damit der Finanzminister nur ja sehr schnell zu Geld kommt. Da hat es auch Vorgaben gegeben, wie hoch denn im Minimum der Ertrag pro Anteil sein soll, den der Finanzminister bekommen muß, und mit einer Besserungsklausel hat man auch tatsächlich – das muß ich zugeben – den Erlös noch optimieren können.

Ich hätte mir eigentlich bei der Privatisierung des Wiener Dorotheums einen ähnlichen Weg vorgestellt: daß man nämlich zunächst einmal hergeht und das Unternehmen im Grundsätzlichen bewertet, das Unternehmen börsefähig macht – dazu gehört, daß man schon im Vorfeld die organrechtliche Struktur, die richtige Struktur für einen zukünftigen Börsegang herstellt, das heißt, eine Umwandlung von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft vollzieht –, daß dann (Zwischenruf des Abg. Marizzi – aber schon im Vorfeld, Herr Kollege! – seitens des Finanzministeriums eine Vorstellung geäußert wird, wie hoch denn der Verkaufserlös pro Aktie sein soll, und daß dann der Finanzminister dafür sorgt, daß mit einer Besserungsklausel ein Mehrerlös dem Finanzministerium zufließt. Das ist aber nicht geschehen. (Zwischenruf des Abg. Eder. ) Nein, Herr Kollege! Sie müssen die Vorlage genauer lesen! – Jetzt wird das Dorotheum in das Eigentum der ÖIAG übertragen, ohne daß es zu einer Zahlung kommt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder. ) Ja, es ist schon klar, wem die ÖIAG gehört!

Wir Freiheitlichen wollen – das möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen – verhindern, daß es in Zukunft in Österreich auch nur ein einziges Unternehmen gibt, mit dem so wie mit HTM oder mit Semperit verfahren wird. (Abg. Marizzi: Semperit war kein Bundesunternehmen!) Aber es gab eine indirekte Beteiligung, Herr Kollege. – Daher ist es wichtig, da einen hohen Maßstab zu setzen und nicht einfach zu sagen: Herr Minister, mach! – Das scheint mir zuwenig zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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In diesem Sinne, Herr Bundesminister, nämlich, um Vorkehrungen zu treffen, daß nach Möglichkeit das Unternehmen in inländischem Besitz bleibt, daß über die Börse privatisiert wird und daß die Mitarbeiter zum Handkuß kommen, bringen wir Freiheitlichen einen Entschließungsantrag ein, den ich nun zur Verlesung bringe. (Abg. Eder: "Zum Handkuß kommen"?!) Man kann auch sagen: profitieren. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder. ) Machen Sie keine Wortspiele!

Der Entschließungsantrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Firlinger und Kollegen betreffend die Privatisierung von im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen

Der Nationalrat möge beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, Maßnahmen zu setzen, die folgenden Forderungen Rechnung tragen:

1. Bevor der Bund Anteile von im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen an die ÖIAG oder ein anderes beauftragtes Unternehmen überträgt, ist im Interesse der Republik Österreich ein unabhängiges Bewertungsgutachten des zu privatisierenden Unternehmens zu erstellen.

2. Für die Mitarbeiter der zu privatisierenden Unternehmen ist ein Modell zu erarbeiten, welches diesen eine angemessene Beteiligung im Rahmen der Ausgabe von Belegschaftsaktien ermöglicht.

3. Zur Belebung des österreichischen Kapitalmarktes haben Privatisierungen von im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen über die Wiener Börse zu erfolgen, wobei der über die Börse zu privatisierende Anteil 50 Prozent des insgesamt zu veräußernden Anteils überschreiten muß.

*****

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß wir mit diesem Entschließungsantrag wesentlich präziser formulieren als mit einer vage geäußerten Absichtserklärung. Darum geht es eigentlich!

Wir haben dem Privatisierungsgesetz seinerzeit nicht zugestimmt, und wir werden auch dieser Vorlage nicht die Zustimmung erteilen, weil Sie das Dorotheum nun genau nach dem gültigen Privatisierungskonzept privatisieren wollen. Wir meinen, daß da ein anderer Weg gegangen werden müßte.

Der zweite Punkt, den ich noch kurz anschneiden möchte (Zwischenruf des Abg. Eder )  – ich habe nicht soviel Zeit, Herr Kollege, um auf jeden Ihrer Zwischenrufe einzugehen –, betrifft einige Gedanken aus meiner Sicht zu den "New Arrangements to Borrow". (Abg. Eder: Wow!) Das steht so in der Vorlage. Lesen, bitte, Herr Kollege! (Abg. Eder: Ich meinte Ihr Englisch!)

Dabei geht es, wie mein Kollege Schreiner schon ausgeführt hat, darum, eine Vorkehrung zu treffen, und zwar um die Erteilung einer Garantie in Form von 412 Millionen Sonderziehungsrechten, die dann in Anspruch genommen werden. Was mir allerdings dabei auffällt, ist der Umstand, Herr Bundesminister, daß in der Vorlage mit keinem einzigen Wort das Wort "Südostasien" vorkommt.

Ich will eigentlich nicht den Teufel an die Wand malen, aber ich glaube nicht, daß das jetzt in Planung befindliche Programm ausreichen wird, um die Auswirkungen der südostasiatischen Währungs- und Finanzkrise abzudecken. Ich glaube, daß es da zu größeren Zahlungen wird kommen müssen, um die Nachhaltigkeit sicherzustellen. Damit es aber zu diesen Zahlungen auch tatsächlich kommen kann, sind wirklich umfangreiche Reformen im Internationalen Währungsfonds notwendig. Diese sind aber noch nicht in Sicht!


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Die Regierung sagt einfach: Ja, da habt ihr die 412 Millionen Sonderziehungsrechte! Ich muß sagen: Die Amerikaner machen das gescheiter! Die Amerikaner haben gesagt: Man muß vorerst einmal ernsthaft über Struktur und personelle Zusammensetzung des IWF sprechen!

Eines ist inakzeptabel, Herr Bundesminister: daß der IWF im April 1997 ein Gutachten über Indonesien, Malaysia und andere südostasiatische Staaten erstellt hat, in welchem die Regierungen dieser Staaten für ihre Bemühungen über den grünen Klee gelobt werden, es aber am 15. August 1997 dann plötzlich gekracht hat. Der IWF hat also offensichtlich das Instrumentarium, das ihm zur Verfügung steht, nicht richtig genutzt. Daher sagen die Amerikaner: Eigentlich müssen wir zuerst über die Personen, über die neuen Strukturen, über neue Mittel sprechen, und erst dann könnt ihr Zustimmung von uns erwarten! – Die Amerikaner werden sich damit sicher durchsetzen.

Wir von den Freiheitlichen verlangen das auch, Herr Bundesminister! Daher ersuchen wir Sie: Setzen Sie sich bitte dafür ein, daß es im IWF zu Reformen kommt! Dann werden Sie mehr Bereitschaft von uns Freiheitlichen finden, solchen Vorlagen zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Firlinger! Sie haben hier einen Entschließungsantrag mündlich vorgetragen, der dem Präsidium aber nicht vorliegt. Ich bitte Sie, das mit Ihrem Klub abzuklären.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.07

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weil Kollegin Frieser – sie ist im Moment nicht da – gesagt hat, wir hätten eine dunkle Vergangenheit in der verstaatlichten Industrie: Es mag schon sein, daß wir vielleicht zu spät privatisiert haben, aber ich kann mich daran erinnern, daß sich damals – in der "schwarzen" Vergangenheit – sehr schwarze Generaldirektoren gegen gewisse Dinge gewehrt haben und auf ihren Posten sitzen geblieben sind. Ich gebe auch zu, daß wir in unserer eigenen Partei Schwierigkeiten hatten, das durchzusetzen, aber wenn man die Vergangenheit, vor allem die nahe Vergangenheit betrachtet, dann kann man feststellen, daß die erfolgreichsten Privatisierungsminister Lacina, Klima und Edlinger waren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man braucht sich ja nur die Erfolgskurven der betreffenden Unternehmungen an der Börse anzuschauen, wie zum Beispiel jene der VA-Tech, der VA-Stahl oder des AMS und vieler anderer Unternehmungen. Sie alle tragen klar und deutlich die Handschrift dieser Bundesregierung mit den führenden Persönlichkeiten, die diese Privatisierungen gemacht haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Koppler. ) Natürlich hat Kollege Koppler mitgewirkt! Und die Betriebsräte und die Beschäftigten – das muß man auch dazusagen – haben das natürlich mitgetragen. Ohne sie wäre es nicht gegangen.

Nun muß ich die Kurve zum Dorotheum kratzen, denn es ist schwierig, von der ÖIAG zum Dorotheum zu kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Kollegen Van der Bellen hat heute anscheinend der "Pilz" geritten, aber als Bundessprecher muß er offensichtlich ein bißchen pointierter und ein bißchen aggressiver sein. Auf jeden Fall habe ich nicht verstanden, was er mit seinen Äußerungen gemeint hat.

Meine Damen und Herren! Der Auftrag dieses Gesetzes ist es, daß die ÖIAG beauftragt wird, ein Privatisierungskonzept zu erstellen, vorzubereiten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Finanzguru Firlinger! Die Privatisierung – und das steht im Gesetz, aber lesen mußt du es! (Abg. Mag. Firlinger: Ich habe es zweimal gelesen!)  – erfolgt hauptsächlich über die Börse. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. ) Herr Kollege Firlinger! Ich höre dich nicht,


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ich weiß, du regst dich jetzt auf, aber es ist so! Schau dir, bitte, die letzten erfolgreichen Privatisierungen an! Ich kann mich noch daran erinnern, welches Theater hier in diesem Haus deshalb aufgeführt worden ist, und dann haben sich alle auf die Schulter geklopft und sind in der ersten Reihe gesessen und haben sich bewundern lassen, wie gut sie das alles gemacht haben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. )

Herr Kollege Firlinger! Wir geben erstens dem Dorotheum die Chance, die Eigenkapitalbasis zu erhöhen, wir erschließen zweitens mit der Privatisierung eine neue Finanzierungsquelle und ermöglichen damit eine Expansion, wir bieten drittens die Möglichkeit, daß das Dorotheum – und da gibt es ja einige, die das wollen – nicht in ausländische Hände kommt, und wir sorgen viertens dafür – etwas, was für uns von besonderer Wichtigkeit ist –, daß die 500 Mitarbeiter, die dort beschäftigt sind, abgesichert sind. – Ihr werdet das nicht verhindern können. Das ist unsere Zielsetzung!

Es wird ja von Ihrer Seite – in Form von Ohrgeflüster – immer wieder gesagt, man müsse die Eigenkapitalbasis der Unternehmen erhöhen, damit sie abgesichert sind. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. )

Herr Kollege Gaugg! Schreiben Sie sich in Ihr politisches Stammbuch: Der Verlust ist der größte Feind des Arbeitsplatzes! Wenn wir in diesen Unternehmen Gewinne machen, dann sichern wir die Mitarbeiter ab. Stimmt das? – Jetzt schauen Sie mich an! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: So wie bei der Post!)

Herr Kollege Gaugg! Weil Sie mich ansprechen: Ich komme von einem Standort, wo wir vor zehn Jahren mit der Privatisierung begonnen haben. Dort sind 2 000 Leute abgebaut worden. Wir haben dort die schwersten politischen Verluste gehabt, und zwar haben wir die meisten Stimmen an Ihre Partei verloren. Ihr wart dort aber eigentlich diejenigen, die sich dann hingestellt und gesagt haben: Die "Buden" gehören zugesperrt! – Das ist die Wahrheit, Herr Kollege Gaugg! (Beifall bei der SPÖ.)

Zusammenfassend: Wir machen eine erfolgreiche Privatisierung mit Vorsicht und Augenmaß. Daran wird uns der Herr Gaugg nicht hindern können, er kann es höchstens nachbuchstabieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Der Wähler wird es verhindern! Der Wähler wird euch hindern, solche Dummheiten weiterhin zu machen!)

13.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.12

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht bei der Regierungsvorlage 1051 der Beilagen um eine Erhöhung eines Kreditrahmens für den Internationalen Währungsfonds in der Größenordnung von 7,1 Milliarden Schilling. Das heißt, dieser Kredit ist nicht sofort zur Auszahlung fällig, sondern kommt in einen sogenannten Reservefonds für eventuell wieder anstehende Krisen. Das ist aber das Problem.

Wir haben vor kurzem eine Südostasienkrise von enormer Größenordnung erlebt, die zur Folge hatte, daß der IWF zirka 100 Milliarden Dollar Hilfe leistete. Diese Krise wurde offensichtlich nicht richtig und nicht rechtzeitig erkannt. Dazu sagen natürlich viele – und das ist die Kritik am Internationalen Währungsfonds –, daß in den Berichten die Situation der südostasiatischen Länder etwas zu rosig dargestellt wird, weshalb dann solche Dinge passieren.

Auf der anderen Seite sagt der Internationale Währungsfonds: Wenn wir bei der Erstellung der Berichte über den Zustand in diesen Ländern in die Tiefe gehen und die Strukturprobleme dieser Länder und das, was dort tatsächlich für Probleme vor der Türe stehen, aufzeigen, dann sind wir unter Umständen die Auslöser einer dortigen Krise. Der IWF will natürlich auch nicht der Überbringer einer schlechten Botschaft sein. Da beginnt dann aber ein sogenannter Teufelskreis.


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Ich kann mich noch an den letzten Bericht über Korea erinnern. Der Bericht über Korea vom Dezember war so gehalten, daß sich jeder private Investor denken konnte: Dort muß ich hingehen, dort muß ich investieren, denn dort ist alles in Ordnung! Aber ein paar Monate später brach dort eine Krise aus.

Es müssen die kompetenten Herren des Internationalen Währungsfonds beziehungsweise die Beauftragten von den Rating-Agenturen auch den Mut haben, zu sagen, welche Dinge dort nicht stimmen, daß diese Länder zum Beispiel ein Wirtschaftswachstum von nur 2 Prozent oder 3 Prozent und eine Staatsverschuldung in der Höhe von über 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts haben.

Im Grunde genommen geht es also darum, daß, bevor wir weitere Ermächtigungen beschließen, der Internationale Währungsfonds sein Berichtswesen über diverse Länder radikal umstellt und nicht nur auf makroökonomische Daten eingeht wie die Bewegung von Zahlungsströmen, sondern auch schaut, welches reale Gegengeschäft diesen Zahlungsströmen gegenübersteht.

Wenn man sieht, daß einem Zahlungsstrom nur 4 Prozent Güter und Dienstleistungen beziehungsweise Produktion gegenüberstehen, dann weiß man in etwa, wie im Bereich der Globalisierung jongliert wird, und zwar in einer Größenordnung von 95 Prozent, die keinen Hintergrund haben, die nur auf Spekulation aufgebaut sind.

Das ist die Kritik seitens der Freiheitlichen. Wir sind nicht dagegen, daß Österreich bei solchen Aktionen mitmacht. Wir sind aber sehr wohl dagegen, daß wir bei solchen Aktionen deshalb immer wieder mitmachen müssen, weil eben die entsprechenden Länderberichte nicht so beschaffen sind, daß sie auf die Krise rechtzeitig aufmerksam machen, sodaß man vorher reagieren kann und es nicht dazu kommt, daß man sagt: Es fehlen 100 Milliarden Dollar! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mir ist es unverständlich, warum wir jetzt schon wieder Geld für den Fonds bereitstellen sollen. Wenn im Geschäftsbericht der Oesterreichischen Nationalbank die Forderungen an den Internationalen Währungsfonds mit 18 Milliarden Schilling ausgewiesen sind – effektuierte Zahlungen 8,8 Milliarden Schilling, und 9,8 Milliarden Schilling sind noch gar nicht abberufen –, dann frage ich mich, wozu wir heute schon wieder ein Gesetz beschließen müssen, das vorsieht, daß wir Geld in den Reservefonds einzuzahlen haben, obwohl ohnehin bereits 9,8 Milliarden an Reserven zur Verfügung stehen. Das ist mir ein Rätsel! Deswegen würde ich meinen: Bevor wir wieder bei solchen internationalen Hilfsleistungen mitmachen – das geht auch auf Kosten unserer Liquidität, denn das Ganze wird von der Notenbank zur Verfügung gestellt –, muß sichergestellt sein, daß es im Internationalen Währungsfonds zu echten Reformen kommt, und zwar zu Reformen in der Art und Weise, daß seine Berichte aussagen, wie es um die einzelnen Länder tatsächlich bestellt ist. Diese Berichte haben nicht nur makroökonomische Daten, sondern auch mikroökonomische Daten zu enthalten, Aussagen darüber, wie die Struktur in den betreffenden Ländern beschaffen ist, ob dort die Banken unter fünf Familien aufgeteilt sind oder ob es dort wirklich Wettbewerbsbedingungen gibt, wie sie bei uns in Mitteleuropa üblich sind, ob dort die Betriebe im Besitz von nur einigen wenigen Familien sind und ob dort Spekulationen betrieben werden. Wir wollen nicht, daß der Internationale Währungsfonds über diese Dinge großzügig hinwegsieht und wir dafür die Zeche zu bezahlen haben. Deswegen können wir dieser Regierungsvorlage unsere Zustimmung nicht geben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.17

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie es der Zufall so will – und es muß als Zufall bezeichnet werden, wenn bei vier unterschiedlichen Themen, die unter einem verhandelt werden, zwei aufeinanderfolgende Redner zum gleichen Thema zu sprechen vorhaben –, werde auch ich mich


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112. Sitzung / Seite 80

wie mein Vorredner, Kollege Trattner, mit der Frage "New Arrangements to Borrow" auseinandersetzen.

Ich bin froh darüber, daß die Debatte von FPÖ-Redner zu FPÖ-Redner professioneller geworden ist, denn der erste Redner der FPÖ, Kollege Schreiner, hat noch so getan, als ob es sich dabei um keinen Kredit handeln würde, sondern um ein Geldgeschenk. Er hat offensichtlich die Regierungsvorlage nicht präzise gelesen, sonst hätte er nämlich erkannt, daß das, was wir jetzt beschließen wollen, auf einen Beschluß des Exekutivrates vom 27. Januar 1997 zurückgeht, das heißt, aus einer Zeit stammt, als noch überhaupt keine Krisenszenarien in Südostasien absehbar waren. Daher ist diese Aufstockung des Kreditrahmens nicht als eine Antwort auf die Krise in Südostasien zu sehen, sondern als ein Ergebnis der Beratungen, wie sie im Internationalen Währungsfonds grundsätzlich geführt werden.

Kollege Trattner und ich haben gemeinsam mit anderen Kollegen die Breton-Woods-Institutionen vor kurzem besucht und versucht, mit den Experten dort die Frage, woraus der höhere Finanzierungsbedarf in Form von Kreditbereitstellung resultiert, zu diskutieren. Er resultiert in erster Linie aus dem Umstand, daß im Zuge der Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs kleine offene Volkswirtschaften immer krisenanfälliger werden, was Einbrüche in die eine oder andere Richtung bedeuten kann. Österreich ist – das sei dazugesagt – neben anderen Staaten auch eine kleine offene Volkswirtschaft. Daher sind auch wir darauf angewiesen, daß es international vernünftige, stabile Rahmenbedingungen gibt und unter anderem eine Institution wie den Internationalen Währungsfonds, der im Notfall einspringen kann.

Ihren Vorschlag, Kollege Trattner, man müßte die Länderberichte anders strukturieren, halte ich für einigermaßen problematisch. Denn – wir haben das ja diskutiert –: Wenn der Währungsfonds sagt: Hände weg von diesem Land, weil dort sind die Bedingungen im mikroökonomischen Bereich besonders schlecht!, dann führt das in jedem Fall dazu, daß sich das ausländische Kapital zurückzieht, dann führt das dort in jedem Fall zu einer Krise. Und letzten Endes wird niemand die Frage beantworten können, ob es diese Krise aufgrund der Einschätzungspolitik des Internationalen Währungsfonds gegeben hat oder deshalb, weil dort die mikroökonomischen Bedingungen so schlecht waren.

Wenn man diese Frage diskutiert, dann muß man sich empirisch anschauen, was sich dort abgespielt hat. Ist in jedem Land, wo ähnlich schlechte mikroökonomische Bedingungen vorhanden waren, wie zum Beispiel in Thailand, die Krise in den letzten Monaten schlagend geworden? – Wenn wir uns den Gesamtbereich der neuen industrialisierten Länder ansehen, dann merken wir, daß es nicht in jedem Land, in dem die Bedingungen durchaus ähnlich sind wie in Thailand, sofort zu einer Krise gekommen ist. Das heißt, es muß offensichtlich außer den inneren Bedingungen noch zusätzliche marktpsychologische Gründe geben, weshalb die Krise gerade zu diesem Zeitpunkt schlagend geworden ist.

Ich nenne nur ein Beispiel: Es wurden die Daten von Südkorea angesprochen, und da gibt es natürlich die bekannte Analyse mit der großen Rolle, die die großen, privaten Konglomerate spielen; es hat die Kritik gegeben wegen zu hoher Inflation und so weiter und so fort. Aber gerade – Kollege Firlinger, passen Sie auf! – in bezug auf einzelne inkriminierte Daten hat es im letzten Quartal, bevor die Krise ausgebrochen ist, tatsächlich eine positive Veränderung gegeben. Das heißt, rein modelltheoretisch gedacht hätte die Krise in Südkorea nach der allgemeinen Annahme, wenn überhaupt, dann bereits vier Monate vorher stattfinden müssen und nicht zu dem Zeitpunkt, zu dem sie tatsächlich ausgebrochen ist.

Ich bin der Meinung, man ist in der Analyse, weshalb Krisen zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt in dieser Form auftreten, noch nicht am Punkt der Weisheit angelangt. Es gibt nur einzelne Erklärungsansätze. – Wobei ich aber dazusagen möchte, daß es wahrscheinlich überhaupt nie gelingen wird – zumindest bei dieser Form der Marktwirtschaft, in der wir uns befinden –, alle Krisenanfälligkeiten auszuschalten. Das einzige, was wir tun können, ist, zu versuchen, im Inneren eines Landes und im internationalen Finanzsystem Bedingungen zu schaffen, die das Entstehen von Krisen nach Möglichkeit verhindern, und zu versuchen, dann, wenn es eine Krise gibt, deren Auswirkungen zu lindern.


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112. Sitzung / Seite 81

In diesem Zusammenhang gibt es jetzt eine meiner Meinung nach interessante internationale Diskussion über die Frage: Wenn der Währungsfonds ohnehin diese Zahlungen übernimmt, ist das nicht ein sogenanntes Bail-out der Banken? Das heißt, daß diejenigen, die vorher Risiko auf sich genommen haben, in Wirklichkeit dafür nicht zu bezahlen haben, weil der Währungsfonds das ohnehin auffängt.

Zum einen wissen wir, daß ein Teil derjenigen, die investiert haben, sehr wohl Geld verloren hat, und zum zweiten stellt sich die Frage nach der Alternative: Wäre es gut, wenn der Internationale Währungsfonds dort nicht "hineingeht"? Inzwischen, glaube ich, ist allgemein anerkannt, daß es gut ist, wenn der Fonds "hineingeht". Worüber diskutiert wird, ist – und das halte ich für berechtigt –: Kann man in einem stärkeren Ausmaß diejenigen, die in der Phase davor Profite gezogen haben, auch dazu veranlassen, wenn Lasten schlagend werden, auch ihren Teil beizubringen? – Das halte ich in der Tat für eine wichtige Diskussion.

Zweiter Punkt der Debatte: Bei diesem gesamten Bail-out wird die Frage diskutiert, wie die Auswirkung auf die betroffene Bevölkerung ist. In all diesen Ländern gibt es ja große Schichten der Bevölkerung, die in der Tat nichts davon gehabt haben, daß es dort massives Investment gegeben hat, aber nun in der Krise natürlich zur Kasse gebeten werden. Denn wenn das Wachstum oder das Bruttoinlandsprodukt in einem betroffenen Land um 10 Prozent per anno einbricht, dann braucht man nicht lange die Frage der Verteilungseffekte zu diskutieren. Daher hat auch – meiner Auffassung nach völlig zu Recht – der amerikanische Senat die Frage gestellt: Was machen eigentlich die internationalen Finanzinstitutionen, um die hauptbetroffene Bevölkerung, nämlich die sozial Schwachen, auch in einem gewissen Ausmaß zumindest in die Sanierungspakete einzubeziehen und nicht nur auf die makroökonomische Seite zu schauen?

Das sind meiner Auffassung nach höchst ernsthafte, höchst wichtige und höchst vernünftige Fragen, die heute nicht nur in irgendwelchen esoterischen Kreisen debattiert werden, sondern ich verweise darauf, daß der Chef-Ökonom der Weltbank – und ich stelle diese Rede gern zur Verfügung –, Joseph Stiglitz, erst vor kurzem in Chicago diese Kernfragen des internationalen Währungs- und Finanzsystems angesprochen und dazu einige Vorschläge gemacht hat. Interessanterweise hat er auch das erste Mal im Rahmen der Weltbank gesagt, man solle nicht a priori Fragen wie die Tobin-Tax ablehnen, sondern auch diese Fragen bei der Regulierung der internationalen Finanzsysteme miteinbeziehen.

Ich betrachte diese Krise, so wie jede andere Krise, als eine Chance, daraus die Lehren zu ziehen und in der Zukunft ein stabileres internationales Finanzsystem zu schaffen. Ich glaube, Österreich ist gut beraten, sich an diesen Debatten intensiv zu beteiligen. Wir sind auch gut beraten, im Falle der Notwendigkeit einer Krisenfeuerwehr diese Sonderziehungsrechte zur Verfügung zu stellen, die ja nicht à fonds perdu zur Verfügung gestellt werden, sondern Kredite sind, die ordnungsgemäß verzinst werden. Wir signalisieren mit unserem Beitrag, daß auch offene, kleine Volkswirtschaften die Chance haben, in einem internationalen Finanzverbund stabilisiert zu werden.

Daher, glaube ich, kann und soll man dieser Regierungsvorlage zustimmen – womit aber die Debatte über die Schlußfolgerungen aus der Südostasienkrise nicht beendet, sondern erst eröffnet ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vor der nächsten Worterteilung berichte ich, daß der zuvor vom Abgeordneten Mag. Firlinger verlesene Entschließungsantrag mittlerweile schriftlich vorliegt, ordnungsgemäß eingebracht und auch unterstützt ist und somit mit in Verhandlung steht.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

13.27

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Nach Südostasien und Amerika wieder zurück in heimische Gefilde.


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112. Sitzung / Seite 82

Frau Abgeordnete Frieser, zu Ihren heutigen Ausführungen betreffend Privatisierung des Dorotheums: Ich bin davon überzeugt, daß Sie den von Ihnen selbst eingeforderten Intelligenztest damit nicht geschafft hätten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie einerseits von profitablen Gewinnen in den privatisierten Betrieben sprechen, wenn Sie davon sprechen, daß es zu überlegen wäre, ob privat oder öffentlich-rechtlich besser sei, dann muß dazugesagt werden, daß das die Vertreterin einer Partei sagt, die die Privatisierung geradezu zum Dogma erhoben hat, und zwar Privatisierungen, die bisher samt und sonders nur zu Lasten der Arbeitnehmer in Österreich erfolgt sind.

Die ÖVP hat eine traurige Figur gemacht bei der Fusionierung der Bank Austria und der Creditanstalt-Bankverein. In einem fürchterlichen Desaster war diese Partei! Am liebsten hätte sie wieder Neuwahlen angezettelt, aber aus Furcht vor einem Verlust weiterer Mandate hat man darauf verzichtet.

Ein weiteres Beispiel ist die Post AG, wo der Herr Ditz, Ihr ehemaliger Staatssekretär, sein Unwesen treibt, wo man im Rahmen der Privatisierung und um fit zu werden für die Börse 9 000 Mitarbeiter entlassen muß. – Das ist Ihre Form der Privatisierung, die ausschließlich zu Lasten der Arbeitnehmer in Österreich geht.

Und nun steht die nächste "hoppertatschige" Privatisierung auf dem Programm, nämlich die des Dorotheums. Grundsätzlich ist der Überlegung bezüglich einer Privatisierung des Dorotheums zuzustimmen, nur erinnert die Form, wie das stattfindet, an unselige Zeiten, an Dinge, wie sie schon ein paar Mal passiert sind, so zuletzt bei Steyr. Hätte nicht Dr. Haider am Tag der Aufsichtsratssitzung Herrn Randa einen Brief geschrieben und davor gewarnt, dem Herrn Stronach das Unternehmen zu schenken (Widerspruch bei der ÖVP – Abg. Tichy-Schreder: Das glauben Sie doch nicht wirklich, was Sie da sagen!) , dann hätte dieser es um 3,5 Milliarden Schilling erhalten. Jetzt hat er 4 Milliarden Schilling hinlegen müssen, und wir werden auch noch darüber reden, wie und in welcher Form dieser ach so vermögende und begüterte Herr Stronach das bezahlen wird, ob er seine "schwindligen" Aktien anbieten wird oder ob tatsächlich Bares fließt im Interesse der österreichischen Steuerzahler und der österreichischen Haushalte.

Aber der Entzug aus der Verantwortung des Parlaments ist offenbar oberstes Prinzip. Da gibt es das Dorotheum, dessen Wert wir nicht feststellen, bevor wir es der ÖIAG überantworten. Nein, weg damit, dann gibt es keine lästige Opposition mehr, die noch Fragen stellt.

Wenn ich an die heutige Budgetrede des Herrn Finanzministers denke, dann muß ich sagen, schön langsam könnte man – man muß diese "wohlfeilen" Worte auf der Zunge zergehen lassen! – auf das Parlament überhaupt verzichten, denn Sie sind ja so toll und so großartig, aber die Wirklichkeit schaut leider anders aus. 300 000 Arbeitslose, die zum Teil auch durch die mißglückten Privatisierungen in Österreich ihren Arbeitsplatz verloren haben, leiden darunter, daß Sie nicht in der Lage sind, Privatisierungen im Interesse der österreichischen Arbeitnehmer durchzuführen.

Sie betreiben ausschließlich Konzernpolitik, das ist mir schon klar. Auch die OMV spielt mit ihren Benzinpreisen ein unanständiges Spiel: Einmal gehen wir um 70 Groschen hinunter, am nächsten Tag gehen wir wieder um 50 Groschen hinauf. Das sind alles Ihre Leibeigenen, aber anscheinend ist das ein Kniefall der Regierung vor diesem Unternehmen, weil drei Mitglieder der Regierung und drei Mitglieder der SPÖ-Fraktion aus diesem Unternehmen stammen.

Jetzt frage ich mich schön langsam: Was ist in dieser Republik los? Wo bleibt hier die Verantwortung der Regierungsmitglieder gegenüber den Mitarbeitern in diesen Unternehmen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)  – Es wäre anständig, bevor man an Ausgliederungen denkt, einmal eine Wertfeststellung zu machen, ein Gutachten zu erstellen, wie es auch im Entschließungsantrag, von Reinhard Firlinger eingebracht, gefordert wird. Das wäre korrekt und fair. Ihre Formulierungen aber – "möglich" und "vielleicht", "mit einem möglichst hohen Anteil für österreichische Anleger" – sind schlichtweg unrealistisch.


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Ich frage Sie: Wie wollen Sie verhindern, daß wieder ein Ausverkauf eines heimischen Unternehmens an das Ausland stattfindet? Wie wollen Sie denn das verhindern, wenn Sie ohne entsprechende Vorbereitungen an die Börse gehen? Und Sie wollen sich eine Kompetenz geben lassen, daß, wenn die Privatisierung nicht über die Börse erfolgen kann, die Regierung darüber entscheidet, was letztendlich passiert. Mir ist wohler dabei, wenn wir darüber diskutieren, wie ein Unternehmen wie das Dorotheum möglichst ertragreich privatisiert werden kann. Aber bevor es der ÖIAG überantwortet wird, möchte ich wissen, was es eigentlich wert ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

13.32

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Gaugg! Möglicherweise hat auch der Herr Haider einen Brief an den Herrn Randa geschrieben, aber es war schon der Herr Ex-Minister Androsch, der wieder Bewegung in den Steyr-Verkauf gebracht hat. Das nur zur Klarstellung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Das hört der Kreisky nicht gern!) Das macht nichts, Gott hab’ ihn selig! Herr Ofner, kein Problem.

Aber vielleicht kommen wir dann doch zum Thema.

Meine Damen und Herren! Die im Jahre 1997 aufgetretenen Probleme bei der Rechnungslegung für sozialversicherte Auslandspatienten machen die heute zu beschließende Novelle zum Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz 1996 erforderlich. Nach der derzeit gültigen Rechtslage war die Beihilfe bei der Behandlung ausländischer Patienten zu kürzen. Nach der nunmehr zu beschließenden Novelle zum GSBG wird die Beihilfenverrechnung ab 1. 1. 1998 dahin gehend geändert, daß der Verlust durch die Beihilfenverkürzung faktisch den ausländischen Trägern als Behandlungskosten in Rechnung gestellt werden kann, wobei der Bund zugunsten der Landesfonds die entsprechende Vorfinanzierung übernimmt.

Für 1998 ist daher mit heutiger Beschlußfassung der Novelle zum GSBG eine Bereinigung dieses Problems gegeben. Für 1997 ist eine Lösung für das ausstehende Beihilfenäquivalent in Ausarbeitung.

Meine Damen und Herren! Der Grund, warum für 1997 keine Kostenforderungen an die ausländischen Kostenträger weitergeleitet worden sind, lag eben in der unklaren rechtlichen Beurteilung der Verrechenbarkeit dieses Beihilfenäquivalents. Zu bemerken ist auch noch, meine Damen und Herren, daß eine Verrechnung des Nettobetrags ohne Beihilfenäquivalent aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen auch ab 1. 1. 1997 für die Kranken- oder für die Landesfonds möglich gewesen wäre.

Sehr geehrter Herr Kollege Böhacker! Wenn man sich die Regelung ansieht, wie sie bis zum 1. 1. 1997 gegolten hat, also noch für 1996, dann sollte man auch erwähnen, daß es die Gebietskrankenkasse war, die da in Vorlage getreten ist. Sie hat den Pflegekostenersatz plus KRAZAF-Zuschlag weiterverrechnet. Das lag meist weit unter den tatsächlichen Kosten – nicht immer, aber meistens. Durch die neue Regelung, Herr Kollege Böhacker, ergibt sich doch eine höhere Weiterverrechnung dieser Beiträge an die ausländischen Patienten. Dadurch relativiert sich das etwas für 1997, Herr Kollege Böhacker.

Und im übrigen – noch einmal –: Der Bund beziehungsweise die Landesfonds hätten ja die Nettobeträge weiterverrechnen können. (Abg. Böhacker: Fragen Sie die Landesfinanzreferenten!)

Geschätzte Damen und Herren! Zusammenfassend möchte ich feststellen, daß es somit jedenfalls nicht zutrifft – und das gehört auch gesagt –, daß ausländische Patienten in österreichischen Spitälern gratis behandelt worden sind, wie dies in einer Tageszeitung so plakativ behauptet worden ist. Vielmehr ist durch die heutige Beschlußfassung dieser Novelle zum GSBG


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die Problematik ab 1. 1. 1998 für alle Betroffenen zufriedenstellend geregelt; auch für 1997 ist eine zufriedenstellende Lösung in Aussicht gestellt. In diesem Sinne: Danke! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

13.36

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Der Tagesordnungspunkt gibt Gelegenheit – und einige meiner Vorredner haben diese Gelegenheit schon wahrgenommen –, ganz kurz auf den Internationalen Währungsfonds einzugehen, nachdem wir ja auch hier den Beschluß zu fassen haben über die Ermächtigung für die "New Arrangements to Borrow".

Ich möchte da gleich anschließen an die Rede meines Vorredners Gusenbauer, denn das war mir doch zu positiv, zu rosarot beschrieben und einfach nicht richtig und nicht der Realität entsprechend, und das muß und soll hier auch gesagt werden, wiewohl ich persönlich dann diesem Antrag zustimmen werde, das Abstimmungsverhalten in unserer Fraktion aber freigestellt ist und für jeden offen ist, selbst zu entscheiden, ob er diesem Antrag zustimmt oder nicht.

Ganz kurz noch einmal: Es kann keine Rede davon sein, Kollege Gusenbauer, daß die Menschen in die Maßnahmen und in die Programme des IWF einbezogen werden. Das ist nach wie vor einer der härtesten Kritikpunkte von allen NGOs, die sich ernsthaft mit den Rahmenbedingungen des IWF befassen, daß genau das nicht der Fall ist, daß gerade in der jüngsten Krise, in Indonesien zum Beispiel, die Bevölkerung nicht einbezogen worden ist, und daß es von großen Verbänden, so auch von einem großen Umweltschutzverband in Indonesien, sehr konkrete, sehr realistische Sparvorschläge gegeben hat, die mitgeholfen hätten in diesem Krisenmanagement, und daß diese Vorschläge keine Berücksichtigung gefunden haben, obwohl sie in manchen Bereichen weitaus effizienter gewesen wären als das, was jetzt vom IWF vorgeschrieben wird.

Es ist nach wie vor ein Vorwurf an den IWF, daß "good government" in keiner Weise Berücksichtigung findet, ja sogar da oder dort auch Demokratien gefährdet, nämlich dann, wenn der IWF in Zeiten, in denen dort Diktaturen geherrscht haben, Kredite vergeben hat, sie aber dann von Demokratien zurückfordert, die gerade erst im Entstehen begriffen sind.

Es gäbe hier eine Reihe von Dingen aufzuzeigen, und es wäre es wert und wäre wichtig, daß das österreichische Parlament sich mit dem Währungsfonds in sehr kritischer Weise befaßt, so zum Beispiel auch mit der Situation, daß der Währungsfonds in diesen 50 Jahren seines Bestehens eine Monopolstellung erhalten hat, eine Monopolstellung in der Diagnose von wirtschaftspolitischen Problemen und wirtschaftspolitischen Analysen, und auch eine Monopolstellung, was die entsprechenden Therapien betrifft. Und das ist nicht immer gut. Im Gegenteil! (Beifall bei den Grünen.) Das ist sehr einseitig und berücksichtigt auch nicht ein Prinzip der nachhaltigen Entwicklung in verschiedenen Ländern. Das ist der Nachteil dieser Monopolstellung.

Auch die hier oft zitierte und immer wieder genannte Forderung nach Transparenz und Evaluation ist besonders wichtig, wenn man die Krise in Südostasien betrachtet oder wenn wir sie hinter dem Spiegel betrachten. Warum? – Wenn Sie sich allein das Kreditvolumen noch einmal anschauen: 17 Milliarden Dollar für Thailand, 23 Milliarden Dollar für Indonesien, 60 Milliarden Dollar für Korea – ohne Transparenz, ohne die Gewähr einer Evaluation und ohne Gewähr eines Einbezuges der Öffentlichkeit.

Es ist schon zitiert worden: Zu Recht verlangen Mitglieder des amerikanischen Repräsentantenhauses und des Senates eine stärkere Kontrolle der nationalen Parlamente, die eben genau diese Kreditrahmen mit zur Verfügung stellen. Ich meine, das wäre auch eine Forderung, der sich das österreichische Parlament anschließen sollte: daß eine sehr klare Berichterstattung zu erfolgen hat.


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112. Sitzung / Seite 85

Noch ein Wort zu den Länderberichten: Die Länderberichte alleine tun es nicht. Natürlich ist es eine kleine Errungenschaft, daß es Länderberichte gibt, und es ist schon richtig, daß in Länderberichten kein genaues Ausmaß der mikroökonomischen Situation enthalten sein kann. Aber wenn auf der anderen Seite Länderberichte so ausschauen, wie sie zurzeit ausschauen, dann sind sie – das muß man auch sagen – das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, dann sind sie mehr oder weniger für den Hugo, weil sich nach diesen Länderberichten niemand orientieren kann.

Es ist auch interessant, zu beobachten, welches Land nun das Abkommen mit dem IWF veröffentlicht und welches nicht. Thailand hat das Abkommen veröffentlicht, Korea hat es versprochen, in Indonesien ist aufgrund der politischen Situation, der politischen Verhältnisse nicht einmal die Rede davon, daß das Abkommen mit dem IWF veröffentlicht wird. Aber es wäre eine notwendige Voraussetzung, damit die Maßnahmen auch nur irgendwie greifen können.

Ich möchte zusammenfassen und noch einmal kurz auf das Multilaterale Investitionsabkommen eingehen – das scheint mir wichtig zu sein, da wir auch heute nachmittag noch einmal über das MAI diskutieren werden –: Es genügt nicht, wenn der eine oder andere Chefökonom oder Exekutivdirektor des IWF positive Ansätze durchklingen läßt, was die Tobinsteuer betrifft. Wir wissen spätestens seit unserem Besuch in Washington, daß an einer Änderung der Statuten des IWF gearbeitet wird, die eine Tobinsteuer nicht nur in die Marginalien rücken würde, gar nicht mehr erwähnenswert machen würde, sondern die das, was im MAI zurzeit vorgesehen und verankert ist, ja noch in den Schatten stellen würde. Denn da geht es dann längst nicht mehr nur um die Übersicht und um die Kontrolle, sondern da geht es dann tatsächlich um die Regulierung der Finanzmärkte – ohne diese Kontrolle und mit der vollen Übersicht in dieser einen Einrichtung, die die Monopolstellung hat.

Ich denke aber – und damit komme ich zum Schluß –, daß diese Fragen nicht an diesem Antrag oder an diesem Beschluß mit ja oder nein aufgehängt werden können, sondern daß es ganz dringend notwendig ist, daß sich das österreichische Parlament jetzt und auch in nächster Zukunft sehr ausführlich und umfassend mit dem IWF befaßt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Edlinger. – Bitte, Herr Bundesminister.

13.43

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte natürlich nur zu jenen Geschäftsstücken Stellung nehmen, die in der Diskussion angesprochen worden sind, und zwar zunächst zum Auftrag zur Einleitung einer teilweisen Privatisierung des Dorotheums über die ÖIAG.

Selbstverständlich kann man hierüber verschiedenster Auffassung sein. Man kann zunächst Strukturen regeln, man kann verschiedene Maßnahmen setzen, von denen man glaubt, daß sie Auswirkungen auf den Wert des Dorotheums haben, aber man kann auch den anderen Weg gehen, wie er durch diese Regierungsvorlage skizziert wird, nämlich die ÖIAG beauftragen, ein Privatisierungskonzept zu erstellen, und zwar mit dem Inhalt, alle Facetten, die eine teilweise Privatisierung dieses, wie ich glaube, sehr guten Unternehmens erfordert, zu überprüfen, entsprechende Vorschläge zu machen und letztendlich auch der Regierung einen Weg vorzuschlagen, der jenen Kriterien, von denen wir glauben, daß sie erfüllt werden müssen, auch nachkommt. Das heißt, die ÖIAG erhält mit dem heutigen Beschluß im Nationalrat keineswegs die Möglichkeit zu Veräußerungen, sondern sie bekommt den Auftrag, der österreichischen Bundesregierung ein entsprechendes Privatisierungskonzept vorzulegen.

Ich bin auch dankbar für die Feststellung von einzelnen Rednern, daß die bisherigen Maßnahmen der Privatisierung, die über die ÖIAG eingeleitet und durchgeführt worden sind, durchaus zu respektablen, durchaus zu positiven Ergebnissen geführt haben. Ich gehe also davon aus, daß die ÖIAG auch in diesem Fall mit gleicher Umsicht und mit gleicher Effektivität im Interesse des Eigentümers, der Republik Österreich, vorgehen wird.


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Ich möchte noch hinzufügen, daß es in dieser Frage selbstverständlich zu sehr ausführlichen Gesprächen nicht zuletzt auch – damit möchte ich auf den Diskussionsbeitrag des Herrn Abgeordneten Firlinger eingehen – mit Belegschaftsvertretern des Dorotheums gekommen ist. Denn selbstverständlich sind Mitarbeiterbeteiligungen vorgesehen, selbstverständlich wird das Privatisierungskonzept der ÖIAG auf der Basis eines Bewertungsgutachtens erstellt, sodaß ich meine, daß aufgrund der Tatsache, daß dies ohnehin vorgesehen ist, der von Ihnen eingebrachte Antrag – ich habe Ihnen das bereits im Ausschuß gesagt – eigentlich entbehrlich ist.

Ich glaube, daß die ÖIAG – und diese Frage kann man nicht an einem Aspekt einer Privatisierung diskutieren, man sollte es aber – in zunehmendem Maße in die Funktion eines Kernaktionärs für die Republik Österreich eintritt. Das ist eine kluge Lösung, das sichert den Standort in Österreich und letztendlich auch die Arbeitsplätze, die durch ein solches Unternehmen und durch eine Veränderung auf dem Standort in Österreich, im konkreten Fall in Wien, betroffen sein können. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum zweiten: Veränderung des Sozialbereich-Beihilfengesetzes. Es wurde festgestellt, daß es sich hierbei um ein Versäumnis der Bundesregierung gehandelt habe. Ich möchte in diesem Zusammenhang schon feststellen, daß diese Situation, die bei den sozialversicherten Auslandspatienten eingetreten ist, eine relative Detailfacette im Hinblick auf die gesamte Veränderung der Krankenanstaltenfinanzierung in Österreich dargestellt hat. Ich möchte in Erinnerung bringen, daß wir im Jahr 1996 in sehr schwierigen, sehr langen, sehr intensiven Diskussionen die Krankenanstaltenfinanzierung verändert haben, und zwar mit dem Ziel, zu verhindern, daß die Krankenhauskosten Jahr für Jahr explodieren, weil letztendlich ein anderer zahlt als der, der das Handling über die Krankenanstalten in Österreich innehat. Ich kann das in der finanzphilosophischen Betrachtung aufgrund meiner früheren Funktion von beiden Seiten aus nachvollziehen.

Es war daher gar nicht einfach, diese Krankenanstaltenfinanzierung über die Bühne zu bringen. Aber man kann heute feststellen, daß diese Konstruktion – wobei ich mir nicht anmaßen möchte, nach etwa eineinhalb Jahren ein abschließendes Urteil zu fällen, aber es sieht sehr stark danach aus – der Finanzierung über die Länderfonds und damit einer sehr starken Einbindung der Verantwortung auch jener, die die Spitäler letztendlich führen, zuzüglich der Möglichkeit, daß betriebswirtschaftliche Facetten bei der Führung von Krankenhäusern in einem stärkeren Maße Berücksichtigung finden, ganz sicher ein richtiges Konzept war.

Ich gebe schon zu, daß dabei ein Detail ganz offensichtlich übersehen wurde, nämlich, daß im Zusammenhang mit den internationalen Sozialversicherungsabkommen eine EU-Widrigkeit entsteht, weil hier von zwei Seiten bestimmte Probleme – auch das der Unterlaufung des Beihilfenverbotes – gegeben sein können.

Ich habe im Zusammenhang mit 50 Millionen nie – wie das behauptet wurde – von "Peanuts" gesprochen. Das ist ein viel zu hoher Betrag, um ihn so zu betiteln. Ich gebe aber zu, daß wir in der Tat – das haben wir nach langen Verhandlungen mit den Ländern auch festgelegt – für das Jahr 1997 noch eine politische Lösung finden müssen, weil letztendlich aufgrund der Nichteinigung von zwei Bundesländern mit den anderen sieben und der eigentlich nicht bestehenden Möglichkeit des Bundes, hier noch in irgendeiner Weise regulierend eingreifen zu können, das Jahr 1997 vorbeigegangen ist.

Aber ich möchte Ihnen schon eines sagen, Herr Abgeordneter Böhacker: Ich war zwar zu dem Zeitpunkt, als die Krankenanstaltenfinanzierung in diesem Hause beschlossen worden ist, nicht Mitglied dieses Hauses, aber ich kann mich nicht erinnern, irgendwo davon erfahren zu haben, daß etwa Sie oder ein anderes Mitglied Ihrer Fraktion anläßlich der Debatte zur Krankenanstaltenfinanzierung auf diesen Umstand aufmerksam gemacht hätten. Ich nehme an, daß der Finanzminister der damaligen Zeit Ihnen dafür sehr dankbar gewesen wäre. (Abg. Böhacker: Das war damals oft genug! Wir haben oft genug Vorschläge gebracht!) Ja, wenn Sie einmal einen schlauen Vorschlag machen, wird er natürlich übernommen. Selbstverständlich! (Abg. Böhacker: Die Gemeinden wären auch dankbar gewesen, wenn Sie die Vorschläge übernommen hätten!)


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112. Sitzung / Seite 87

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum dritten Bereich: Ich glaube, daß die neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds ein sehr wichtiger Akt sind, weil sie in Hinkunft auch zur Abfederung etwaiger Probleme, die es da oder dort geben kann, dienen können. Aber ich gebe all jenen recht, die meinen, daß die Struktur und vielleicht auch die Richtlinien, die der IWF hat, überdacht gehören. Diesbezüglich haben wir nicht nur innerhalb der Finanzminister der Europäischen Union eine ziemlich akkordierte Vorgangsweise besprochen, sondern ich weiß, daß auch beim IWF selbst Überlegungen angestellt werden, in welcher Weise der IWF künftighin operativ tätig werden soll und wie man ein Frühwarnsystem in Kraft setzen kann, ohne daß dann erst recht das entsteht, was an und für sich verhindert werden sollte – darauf hat schon Herr Abgeordneter Gusenbauer aufmerksam gemacht –, weil es sich insgesamt um eine sehr sensible Materie handelt.

Ich möchte meinen, daß der IWF ein Frühwarnsystem entwickeln muß, daß der IWF – das ist auch von den Finanzministern der Europäischen Union verlangt worden – die Unabhängigkeit der Notenbanken in all diesen Ländern sicherstellen muß, daß es an der Kontrolle und auch an den Bankenaufsichten liegt und daß erreicht werden muß, daß auch die privaten Banken, die häufig in sehr leichtfertige Kreditoperationen eintreten, für den Fall, daß es dann zu krisenhaften Erscheinungen kommt, letztendlich zur Kassa gebeten werden können. Es kann nicht so sein, daß unter Umständen erzielte spekulative Gewinne immer privatisiert werden, aber dann, wenn etwas passiert, die öffentlichen Hände herhalten müssen, um das System wieder in Ordnung zu bringen.

Wenn auch die Südostasienkrise weit weg ist, so glaube ich doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß es notwendig ist, daß wir die einzige finanztechnische Krisenfeuerwehr, die wir haben – vielleicht ist das in der Tat ein Mangel, und man muß darüber nachdenken –, mit jenen Mitteln und Möglichkeiten ausstatten, die sie braucht, um im Falle krisenhafter Erscheinungen auch operativ tätig werden zu können. Die Welt ist klein geworden, die Globalisierung verbindet uns alle. Krisenhafte Erscheinungen auf der einen Seite der Weltkugel sind oft schneller und mit gravierenderen Auswirkungen auch auf der anderen Seite der Weltkugel vorzufinden, als man denkt – mit Auswirkungen, die uns dann vielleicht nicht ganz recht sind.

Auch ich meine – das hat in den Diskussionen auch eine Rolle gespielt –, daß bei der Bewältigung krisenhafter Finanzerscheinungen meistens die sozial Schwächsten am stärksten unter die Räder kommen. Es ist daher wirklich notwendig, auch im Rahmen der internationalen Staatengemeinschaft darüber nachzudenken, daß im Falle solcher Erscheinungen nicht jene, die am allerwenigsten dafür können, dann tatsächlich die Rechnung begleichen sollen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß der Antrag, den ich heute gestellt habe, maßvoll ist, und daß es keinesfalls so ist, wie es ein Abgeordneter gemeint hat: daß sich die Amerikaner davon verabschiedet haben. Wir sind mit 412 Millionen Sonderziehungsrechten beteiligt, die USA mit 6 712 Millionen, also mit 1,2 zu 19,7 Prozent. Die USA können sich davon nicht verabschieden, sie werden das auch nicht tun. Ich meine daher, daß es im Interesse aller liegt, dem IWF jene Möglichkeiten zu geben, die er braucht, um weiterhin, wenn dies notwendig sein sollte, als Feuerwehr auftreten zu können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlußwort. Wir treten somit in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1078 der Beilagen.


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112. Sitzung / Seite 88

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf stimmen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist stimmeneinhellig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist gleichfalls einhellig. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 918 der Beilagen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist abermals die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen betreffend die Privatisierung von im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages, nämlich Übereinkommen zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen samt Zusatzprotokoll und Protokoll über den Beitritt Griechenlands zum Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen sowie Erklärung der Republik Österreich in 990 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist stimmeneinhellig der Fall. Die Genehmigung ist erteilt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses gemäß Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Fassungen des Übereinkommens samt Zusatzprotokoll sowie des Protokolls über den Beitritt Griechenlands in französischer, italienischer und niederländischer Sprache dadurch kundzumachen sind, daß sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten während der Amtsstunden aufliegen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig der Fall. Angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1050 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist einhellig der Fall. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Im Falle Ihrer Zustimmung in dritter Lesung bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig der Fall. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.


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112. Sitzung / Seite 89

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1051 der Beilagen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Im Falle Ihrer Zustimmung in dritter Lesung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist gleichfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

8. Punkt

Dritte Lesung des Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes (in 974 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung: Dritte Lesung des Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes in 974 der Beilagen.

Ich lasse nun in dritter Lesung abstimmen über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 974 der Beilagen in der Fassung des Beschlusses in zweiter Lesung.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst gemäß § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

9. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (656 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird (1101 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Durchführung des Titels II der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates vom 21. April 1997 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen (Rindfleisch-Etikettierungsgesetz) (1102 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (949 der Beilagen): EU-Veterinärrechtsanpassungsgesetz 1997 (1103 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.


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112. Sitzung / Seite 90

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Salzl vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.01

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der jetzigen Debatte werden, wie bereits erwähnt, die Tagesordnungspunkte 9, 10 und 11 unter einem behandelt. Es geht dabei um eine Änderung des Lebensmittelgesetzes, weiters um ein Gesetz über die Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen und drittens um ein Veterinärrechtsanpassungsgesetz im Bereich der Tierseuchenbekämpfung.

Bemerkenswert, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist in diesem Zusammenhang, daß es offensichtlich bei all diesen Gesetzesvorhaben die Tendenz dieser Bundesregierung ist, am Parlament vorbeizuagieren und das Parlament bei der Umsetzung von EU-Verordnungen auszuschalten.

Besonders deutlich sichtbar wird dies bei der Lebensmittelgesetznovelle, bei der die EU-Anpassung zum Anlaß genommen wird, zukünftig EU-Verordnungen in diesem Bereich direkt und ohne Befassung des Parlaments umzusetzen. So erspart man sich dann natürlich unangenehme Diskussionen mit der Opposition.

Ganz anders und weitaus demokratischer werden derartige Anpassungen an bestehende oder gegebene EU-Verordnungen in der Bundesrepublik Deutschland geregelt. Dieses Parlament könnte sich dort ein Beispiel nehmen. Dort wird selbstverständlich die nationale Umsetzung vom Bundestag beraten, und es ist dies auch enorm wichtig – zum Schutze der Produzenten und vor allem zum Schutze der Konsumenten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich sind wir Freiheitlichen für eine effiziente und wirksame Lebensmittelkontrolle. Uns ist aber wichtig, daß damit der Nationalrat befaßt wird und daß er auch die notwendige Kontrolle, die hier oftmals Platz greifen sollte, ausüben kann. Wir halten daher den diesbezüglich gewählten Weg für falsch und werden ihn auch nicht unterstützen.

Ähnlich verhält es sich bei der Rinderkennzeichnung und bei der Rindfleisch-Etikettierung. Mit diesem Gesetzesvorhaben hinkt man den technischen Möglichkeiten und vor allem auch den Notwendigkeiten einer effizienten Tierseuchenbekämpfung hinterher. Die einzig sinnvolle und auch weitestgehend fälschungssichere Maßnahme wäre die Kennzeichnung der Tiere mittels Mikrochips, die unter die Haut implantiert werden und so ein Tier lebenslang begleiten und auch kennzeichnen. Dabei wären alle Lebensdaten genau erfaßbar, die Identität, die Abstammung und auch die Herkunft der Tiere wäre jederzeit nachweisbar. Ohrmarken, die man ohneweiters auch zusätzlich anbringen könnte, gehen hingegen oftmals verloren und werden manchmal auch bewußt entfernt und manipuliert.

Daß diese Kennzeichnung zusätzlich noch der AMA übertragen werden soll, ist meiner Meinung nach lediglich eine Geldbeschaffungsaktion für die AMA und der Versuch, ihre Existenzberechtigung zu beweisen und zu untermauern.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang vor allem die Haltung der ÖVP. Wenn es um tierärztliche Untersuchungsgebühren im Rahmen einer effektiven Seuchenbekämpfung geht, die ja auch im Interesse der Tierhalter und der Bauern wäre, dann jammert die ÖVP über Gebühren und über die Höhe dieser Gebühren, wenn es aber um ihre Parteifreunde von der AMA geht, die den Bauern noch zusätzlich zu den ohnehin vorgeschriebenen AMA-Beiträgen das Geld aus der Tasche ziehen und sie ordentlich abkassieren, dann stört das die ÖVP überhaupt nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tichy-Schreder: Alle Ihre Kollegen sind essen gegangen! Sie sind schon arm! Einen Kollegen so allein zu lassen! Alle Kollegen gehen essen!) Parteifreunde, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, läßt man eben nicht in Stich, auch wenn das auf Kosten der Bauern und auf Kosten der Sicherheit bei der Abwehr von Tierseuchen geht.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend vielleicht noch einige Worte zum Veterinärrechtsanpassungsgesetz. Dies soll laut Erläuterungen das österreichische Tierseuchenrecht harmonisieren. Tatsächlich aber ist es keine Harmonisierung, sondern eine Nivellierung unserer relativ hohen Tierseuchenstandards nach unten. (Abg. Haigermoser: Das ist ja unglaublich!) Man trägt der geänderten Situation aufgrund der gestiegenen Mobilität innerhalb der EU in bezug auf die dadurch gestiegene Gefahr einer Tierseuchenverschleppung, einer Tierseuchenverbreitung viel zuwenig Rechnung. Die zusätzlich zu den in den Stellungnahmen geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken vorgebrachten Bedenken will ich gar nicht näher ins Treffen führen.

Es ist daher unverständlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, in Zeiten von Schweinepest und BSE die Verfütterung von Speiseresten so, wie hier dargestellt, bei einer meiner Meinung nach mangelhaften Erhitzung auf lediglich 95 Grad über eine halbe Stunde zuzulassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren – speziell von der ÖVP, aber auch von der SPÖ! Sie haben offensichtlich aus der BSE-Krise nichts gelernt. Denn um wirklich sicherzugehen, müßte man derartige Abfälle auf mindestens 133 Grad, unter mindestens 3 atü oder 3 Bar Druck und mindestens 20 Minuten lang erhitzen, um wirklich eine Abtötung von BSE-Erregern, der Prionen, aber vor allem auch der Sporen zu erreichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weiters hat der hier vorliegende Gesetzentwurf auch gravierende Mängel im Bereich der Bienenseuchenbekämpfung. Allein durch die Varroa-Milbe sind der Landwirtschaft, und zwar aufgrund der mangelhaften Bestäubung, weil viele Bienenvölker weggestorben sind, in den letzten Jahren Schäden in zweistelliger Milliardenhöhe entstanden. Das heißt, eine effektive Tierseuchenbekämpfung ist enorm wichtig, denn es geht hier wirklich um Milliardenbeträge zum Schaden unserer Bauern, zum Schaden unserer Landwirtschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für grob fahrlässig, wenn daher in Zukunft bei der Bekämpfung von Tierseuchen nicht mit jeglicher Konsequenz vorgegangen wird. Daher werden wir Freiheitlichen dieser Gesetzesvorlage auch nicht unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Frau Abgeordnete Huber. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.09

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich denke, wir können schon festhalten, daß unser österreichisches Lebensmittelgesetz eines der strengsten und auch eines der sichersten auf der Welt ist. Nicht zuletzt deshalb und wegen des bestehenden Importverbotes von britischem Rindfleisch hat es in Österreich – Gott sei Dank! – keine BSE-Fälle gegeben, und es ist in den letzten Wochen um die Diskussion über die Fleischqualität eigentlich ziemlich still geworden. Ich sage es noch einmal: Zu Recht ist es still geworden, denn es hat eben bei uns keine derartigen Fälle gegeben. Ich erinnere mich aber noch sehr gut daran, als wir hier in diesem Hohen Haus vor nicht einmal einem Jahr über BSE, über Leistungsförderer und sonstige Grauslichkeiten diskutiert haben. Die Diskussion ist jetzt abgeebbt, aber die Probleme sind geblieben.

Jeden Monat werden aus verschiedenen europäischen Ländern neue Fälle von BSE und Scrapie gemeldet, aber für Schlagzeilen ist der Rinderwahnsinn offensichtlich nicht mehr gut genug, denn immerhin werden in Großbritannien still und leise die Vorsichtsmaßnahmen gelockert, und Rindfleisch aus Nordirland landet weiterhin auf den Tellern der europäischen Konsumenten.

Jetzt komme ich wieder zur Situation in Österreich. Österreich ist durch seine im Veterinär- und Lebensmittelrecht festgeschriebenen Kontrollen und Vorsichtsmaßnahmen von den BSE-Fällen verschont geblieben. Mit der heute zu beschließenden Novelle zum Lebensmittelgesetz und der Einführung einer verpflichtenden Rinderregistrierung und Rindfleischetikettierung wird die Sicherheit für den Rindfleischkonsumenten noch weiter verstärkt. Ich halte diese Sicherheit für


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den Konsumenten für ungeheuer wichtig und auch wichtig für die Produzenten, die Bauern, die ja immerhin gewaltige Einbrüche erlitten haben.

Es ist auch im Bereich der Fleischwirtschaft zu einem völlig anderen Verhalten der Konsumenten gekommen, und der Rindfleischmarkt hat sich bis jetzt noch nicht erholt. Darum halte ich diese vertrauensbildenden Maßnahmen für so wichtig. Es muß eben künftig nachvollziehbar sein, von welcher Kuh, aus welchem Stall das Schnitzel stammt, das wir auf dem Sonntagstisch haben.

Die vorgesehenen strengeren Meldepflichten sind meiner Meinung nach daher keine Schikane, wenngleich ich mir dessen bewußt bin, daß sie einen erhöhten Aufwand erfordern, vor allem für die Produzenten. Ich denke aber, daß diese lückenlose Kontrolle unverzichtbar ist. Sie stellt für den Fleischproduzenten eine wirtschaftliche Absicherung dar, und sie bedeutet für den Konsumenten jenes Maß an vertrauensbildenden Sicherungen, das einfach erforderlich ist, damit auch in Zukunft Rindfleisch gegessen wird. Denn sollte tatsächlich einmal ein Krankheitsfall bei Rindern auftreten, dann müssen eben nicht, wie in anderen europäischen Ländern, Tausende Rinder präventiv geschlachtet werden, sondern es können ganz gezielt die betroffenen Bestände ausgesondert werden, es können aus den Vitrinen der einzelnen Geschäfte die betroffenen Pakete zurückbeordert werden.

Wenn es bisher nicht zu 100 Prozent auszuschließen ist, daß das zarte Tiroler Almkalb in Wahrheit vielleicht ein niederländisches Industriekalb ist, so werden rigorose Kennzeichnungsbestimmungen in Verbindung mit empfindlichen Strafen – und diese halte ich auch für richtig – eine solche "Roßtäuscherei" de facto unmöglich machen.

Daß die Konsumenten eine Nachvollziehbarkeit im Nahrungsmittelbereich wollen, das hat das positive Echo auf die bereits bisher von einigen Lebensmittelketten – allerdings freiwillig und ohne gesetzliche Basis – durchgeführte Kennzeichnung eindrucksvoll bestätigt.

Für mich ist dieses Gesetz daher in jedem Fall ein wesentlicher Schritt zu mehr Produktwahrheit im Lebensmittelbereich, und ich bin davon überzeugt, daß wir diesen Weg konsequent weitergehen müssen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.13

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Frau Ministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich festhalten, daß wir Liberalen dem vorliegenden Lebensmittelgesetz wie auch dem Rindfleisch-Etikettierungsgesetz unsere Zustimmung geben.

Mein Verhalten im Ausschuß ist damit gerechtfertigt. Es hat sich nie auf den Inhalt bezogen, sondern nur auf die Vorgangsweise der kurzfristigen Einbringung der Ergänzungen, wodurch uns eine genaue Überprüfung nicht möglich war, und deshalb habe ich im Ausschuß meine Zustimmung nicht gegeben. Diese holen wir heute nach. Es ist nämlich für uns einsichtig, daß EG-Verordnungen im Bereich der Lebensmittelüberwachung unmittelbar Geltung haben müssen und die Bestimmungen hinsichtlich der Zuständigkeit für Überwachung und Vollziehung sowie Verwaltungsstrafen novelliert werden sollten. (Demonstrativer Beifall des Abg. Mag. Maier. )

Daß die mittelbare Bundesverwaltung des Gesetzes bei den Landeshauptleuten liegt und nur noch in seltenen Fällen beim Minister, ist anzuwendendes EU-Recht und zudem auch sinnvoll, weil die Überwachung vor Ort besser gewährleistet ist, als wenn sie vom Bund ausgeht.

Zu den Erhöhungen der Strafen, die erstmals seit 1975 angehoben werden, möchte ich festhalten, daß es sicher notwendig wäre, regelmäßige systematische Kontrollen durchzuführen. Ich glaube, das wäre wichtiger, als nur hohe Strafen auszusprechen. Denn allzu hohe Strafen können gerade für kleinere Betriebe existenzgefährdend sein, während große Unternehmungen,


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Handelsketten durchaus die eventuell anfallenden Strafbeträge bei der Preisgestaltung der Produkte bereits im voraus leichter einberechnen können als Kleinbetriebe. Deshalb sollten sich Kontrollen unserer Ansicht nach eher an der Menge der umgeschlagenen Waren orientieren als an fixen Strafausmaßen.

In dem Selbständigen Antrag der beiden Regierungsparteien, der die Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen zum Inhalt hat, sehe ich einen wesentlichen neuen Schritt zur Produktwahrheit im Sinne eines echten Konsumentenschutzes. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ebenso ist der Umstand, daß durch die Kennzeichnung das Fleisch aus Drittländern beziehungsweise auch aus anderen EU-Staaten entsprechend überprüft wird, für den bewußten Konsumenten eine große Hilfe beim Einkauf seiner täglich benötigten Waren. Ich hoffe zudem auch, daß durch diese Maßnahmen eventuelle Mißbräuche hintangehalten werden können.

Meine Damen und Herren! Zur Betrauung der AMA mit der zukünftigen Regelung der Vollzugsaufgaben möchte ich festhalten, daß durchaus Bedenken bestehen können. Denn durch die Ausgliederung der AMA, die keine rechte Privatisierung darstellt, wurde dem Parlament die Kontrolle entzogen, der Proporz, der politische Einfluß bleibt jedoch weiterhin bestehen. Bei allem Respekt vor der fachlichen Arbeit der handelnden Personen der AMA bleibt diese Institution ein staatlicher Moloch, in dem Raiffeisen, Landwirtschaftskammer und AMA interessenident und machterhaltend agieren. (Beifall beim Liberalen Forum.) Ich glaube, auch dies sollte man zum Anlaß nehmen, doch noch einmal darüber nachzudenken, ob nicht auch die Kontrolle durch das Parlament in diesem Zusammenhang wichtig wäre.

Meine Damen und Herren! Ich komme nun zum Veterinärrechtsanpassungsgesetz. Auch dieses Gesetz beinhaltet die Harmonisierung der österreichischen mit den EU-Bestimmungen. Besonders hinsichtlich grenztierärztlicher Kontrollgebühren ist eine Regelung notwendig, denn nur auf dieser Grundlage können die diversen EG-Verordnungen verfassungskonform angewandt werden. Auch wir Liberalen sehen darin eine Notwendigkeit und haben daran nichts auszusetzen.

Womit wir uns aber heute auseinandersetzen wollen – und das habe ich bereits im Ausschuß getan – und womit wir uns auch in Zukunft nicht anfreunden können, ist der Umstand, daß die Strafbedingungen in den Anpassungsgesetzen in der Vergangenheit – und es ist zu erwarten, daß dies, wenn nicht bald etwas geschieht, auch in Zukunft so sein wird – zu Rechtsunsicherheit geführt haben. Im vorliegenden Gesetz hat zum Beispiel das Justizministerium, was die Strafbedingungen des § 64 betrifft, schwerwiegende Bedenken geäußert, die in der Regierungsvorlage nur teilweise behoben wurden. Die Kritik richtet sich dagegen, daß Strafbestimmungen zu unbestimmt sind, weil auf Straftatbestände nicht im einzelnen hingewiesen wird, sondern nur pauschal auf die sonstigen Vorschriften sowie auf das EU-Recht verwiesen wird. Im übrigen – und das ist nichts Neues – hat auch der Verfassungsdienst hier seine Kritik und seine Bedenken angemeldet.

Meine Damen und Herren! Ich gebe zu – wie ich es auch im Ausschuß zugegeben habe –, daß dieses Problem eine Grundsatzfrage ist, die sich immer wieder bei EU-Anpassungsgesetzen stellt. Es wäre jedoch durchaus möglich gewesen, wie vom Justizministerium vorgeschlagen, den § 63 Abs. 1 zu erweitern und zumindest die Paragraphen zu nennen, die Straftatbestände erzeugen würden. Ich bin überzeugt, daß dadurch der Bürger aus einer Rechtsunsicherheit geführt würde und daß eine Vereinfachung des Rechtszugangs für den Bürger sinnvoll wäre.

Es ist doch nicht zu leugnen, daß in einer immer größer werdenden Zahl von Gesetzen auf EU-Richtlinien oder EU-Verordnungen verwiesen wird, ohne daß diese im Detail angeführt werden. Dies wird auch bei Strafbedingungen getan, und das führt zu einer besonderen Rechtsunsicherheit und ist meines Erachtens auch nicht zielführend. Vom Bürger zu erwarten, er werde nicht nur das betreffende österreichische Gesetz lesen und verstehen, sondern darüber hinaus auch sämtliche der dazugehörigen EU-Verordnungen und -Richtlinien ausheben und studieren, ist sicher nicht zumutbar und bleibt daher nur eine Wunschvorstellung.


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Bei der in diesem Zusammenhang vorhandenen Unkenntnis Strafsanktionen zu verlangen, wenn Verordnungen oder Richtlinien mißachtet werden, ist daher als fraglich anzusehen, ist darüber hinaus nicht nur weltfremd, sondern entspricht auch nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmungsgebot. Es ist daher unserem Verständnis nach Aufgabe des Gesetzgebers, für den Normadressaten den Unrechtgehalt seines Handelns oder Unterlassens deutlich sichtbar zu machen.

Wir schlagen daher als Lösung vor, die Legisten dazu zu verpflichten, entweder die in Frage kommenden Strafbestände im einzelnen zu umschreiben oder die Paragraphen zu nennen, deren Verletzung zur Bestrafung führen soll. Wenn das Gesetz nur pauschal und unbestimmt auf EU-Recht verweist, sollte unserer Meinung nach eine Verordnungsermächtigung eingebaut werden, die dazu ermächtigt, Verstöße gegen ausdrücklich genannte Bestimmungen einer Vorschrift der EU zur Verwaltungsübertretung zu erklären.

Wir bringen deshalb folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Motter und PartnerInnen betreffend Vereinfachung des Rechtszuganges für den Bürger

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, bis zum 30. 6. 1998 einen Entwurf einer legistischen Richtlinie mit verbindlichem Charakter vorzulegen, der eine klare Regelung der Verweisungen, der Strafbestimmungen und der Inkorporierung von EU-Recht vorsieht, sodaß die Möglichkeit des Rechtszuganges für den Bürger gewahrt wird."

*****

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie alle, sich diesem Antrag anzuschließen, denn er ist zielführend und soll – in Zukunft muß dies geschehen – der Rechtsunsicherheit, die bei den Bürgern vorhanden ist, vorbeugen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schuster. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.22

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die drei Berichte des Gesundheitsausschusses geben uns heute Gelegenheit, über wichtige inhaltliche Themen, die uns tagtäglich berühren, zu diskutieren, nämlich wenn es um das Einkaufen, um das Kochen und um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger geht. Diese drei Gesetze, das Lebensmittelgesetz, das Etikettierungsgesetz und das EU-Veterinärrechtsanpassungsgesetz, waren auch im letzten Gesundheitsausschuß Gegenstand intensiver Beratungen.

Hohes Haus! Warum kam es zu diesem Rindfleisch-Etikettierungsgesetz? – Diese Frage ist leicht zu beantworten. Natürlich war die BSE-Krise dafür verantwortlich. Man diskutiert sehr unterschiedlich darüber, was man eigentlich vom Ziel her unter dieser Etikettierung versteht.

Hohes Haus! Wichtig ist die Rückverfolgbarkeit der Angaben zum Rindfleisch zum Zeitpunkt des Verkaufs. Es ist nämlich wichtig, daß jede Hausfrau und jeder einkaufende Mann wissen, woher eigentlich dieses Stück Fleisch kommt, wo das Rind geboren, gemästet und geschlachtet wurde. Das stellt dieses Rindfleisch-Etikettierungsgesetz sicher.


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Hohes Haus! Wer sind die zuständigen Behörden? – Es sind dies das Bundeskanzleramt und die AMA. Wir wissen, daß dieses Gesetz am 1. April dieses Jahres in Kraft tritt, aber wir müssen noch darüber diskutieren, wer eigentlich von dieser Etikettierung betroffen ist. Betroffen ist jeder Marktbeteiligte oder jede Organisation, die zu frischem, gekühltem und gefrorenem Rindfleisch sowie zu faschiertem Rindfleisch Angaben zum Ursprung, zu qualifizierten Eigenschaften oder zu Bedingungen der Erzeugung an den Verbraucher Meldungen abgibt.

Wir haben in Österreich einen sehr hohen Standard der Essens- und Trinkkultur. Essen und Trinken nehmen im Lebensstil der Österreicher einen überdurchschnittlich hohen Stellenwert ein. Die mengenmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist in Österreich seit längerem ausreichend gesichert, doch nimmt die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Lebensmitteln laufend zu. Hier darf ich den Anbietern, einerseits jenen, die in der Landwirtschaft tätig sind, andererseits jenen, die aus der Gastronomie kommen, ein sehr gutes Zeugnis ausstellen.

Hohes Haus! Im gesamten Lebensmittelsektor werden bei uns in Österreich 265 Milliarden Schilling an Wertschöpfung erwirtschaftet; das sind rund 12 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes. Die Lebensmittelkontrolle in Österreich, der durch die Liberalisierung eine sehr hohe Bedeutung zukommt, kann, im internationalen Vergleich betrachtet, als sehr genau bezeichnet werden.

Hohes Haus! Fragt man Konsumenten nach den Kriterien, die für sie die Qualität von Lebensmitteln ausmachen, nennen sie drei Punkte: Punkt eins ist die Frische, Punkt zwei die Herkunft der Lebensmittel, Punkt drei die Naturbelassenheit beziehungsweise Unberührtheit dieser Lebensmittel.

Hohes Haus! Wer ist dafür schlußendlich verantwortlich? Wer kontrolliert, ob diese von uns im Hohen Hause beschlossenen Gesetze auch eingehalten werden? – Es gibt diesbezüglich 260 Lebensmittelkontrollorgane, und diese bringen es im Jahr auf 40 000 bis 50 000 verschiedene Proben. Das bedeutet, ein solches Lebensmittelorgan, eine solche Person, ist für zirka 1 000 Betriebe zuständig. Unser Obmann im Gesundheitsausschuß, der zu diesem Tagesordnungspunkt auch noch das Wort ergreifen wird, hat zur Thematik: Gesundheit, Gefährdung der Gesundheit durch importierte Tiere et cetera, seit Jahren die Presse befaßt. Ich zitiere aus der "Wiener Zeitung" vom 19. 4. 1996: "Freiheitlichensprecher und Creutzfeldt-Jakob-Syndrom – Pumbergers ,Vertuschungsfall‘".

Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pumberger zeigt die Problematik auf und kommt beim Aufzeigen dieser Problematik zu folgender Feststellung: daß es in Österreich in der Vergangenheit wenigstens immer wieder – ich zitiere wieder – Versuche gegeben hat, die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung zu vertuschen.

Hohes Haus! Was bedeutet das für den Konsumenten und für den Bürger? – Ein Ausschußvorsitzender, der selbst praktizierender Arzt und Gemeindearzt einer Innviertler Gemeinde ist, stellt die Verdächtigung in den Raum, daß die Organe und die zuständigen Stellen der Republik Österreich wenigstens immer wieder versuchen, dieses Problem, nämlich BSE, die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung, zu vertuschen. (Abg. Murauer: Unglaublich!) Was bedeutet das? – Ein Arzt, ein Politiker, soll Angst und Furcht nehmen und nicht verbreiten und aussäen wie ein Sämann, der über die Felder geht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: Was ist das für ein Abgeordneter? – Abg. Dr. Khol: Das ist üble Nachrede! Den liefern wir sofort aus!)

Hohes Haus! Dieser Vorsitzende des Gesundheitsausschusses hat zu dieser Thematik natürlich als Arzt ... (Abg. Dr. Khol: Wer ist der Vorsitzende? – Abg. Murauer: Wer ist der Vorsitzende?) – Dieser Vorsitzende des Gesundheitsausschusses ist der freiheitliche Abgeordnete Dr. Alois Pumberger. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sollten das schon wissen als Klubobmann der ÖVP! – Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Dieser Abgeordnete hat auch hier im Hohen Haus zu dieser Thematik ganz gezielte Aussagen getroffen. Ich darf dazu aus seiner Rede von der 16. Sitzung der XX. GP zitieren (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger ): Pumberger meint zu einer Umfrage in


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Großbritannien: Das muß Ihnen doch zu denken geben: Drei von vier Briten sind bereits der Meinung, ihre Regierung vertuscht. Wenn man in Europa eine solche Umfrage machen würde, wären wahrscheinlich drei von vier Europäern der Meinung, daß die Europäische Kommission vertuscht. 40 von 40 freiheitlichen Abgeordneten sind aber der Meinung, daß auch die österreichische Bundesregierung verharmlost und vertuscht. – Ende des Zitates.

Meine Damen und Herren! Die Konsumenten und die Produzenten in Österreich haben jedenfalls Vertrauen in die Gesetzgebung – das ist sehr wichtig –, und ich bin überzeugt davon, daß sie auch Vertrauen in eine Bundesregierung haben, die gute Gesetze macht. (Beifall bei der ÖVP.)

14.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Khol: Sie ist die einzige Grüne! Aber immerhin! – Abg. Murauer: Leider haben sie die anderen Grünen verlassen! – Abg. Dr. Khol: Der ganze Sektor ist leer! – Abg. Schwarzenberger: Die anderen sind wahlwerben für Wabl!)

14.31

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Zuhörer auf der Galerie! Kein Zweifel, heute geht es um das Essen, heute geht es um das Gesundheitswesen, heute geht es um Vertrauensbildung, heute geht es um den Nachvollzug des Weges von Produkten vom Produzenten zum Konsumenten. Es geht in diesem Rahmen auch um Anpassungen an die EU, an die Europäische Gemeinschaft, die vorrangig den VerbraucherInnenschutz im Hinblick auf die Information, auf die Mündigmachung der Konsumentinnen und Konsumenten im Auge hat.

Gerade zwei Elemente der jetzt zu beschließenden Gesetze gehen in die Richtung von mehr Information, mehr Mitteilung darüber, was das Produkt ist, woher es kommt, unter welchen Bedingungen es erzeugt worden ist. Deshalb stimmen wir sowohl dem Lebensmittelgesetz als auch der Rindfleisch-Etikettierungsregelung zu. Das sind zweifellos Fortschritte, obwohl ein großes Manko im Raum steht: Es sind oft zu wenig Organe, zu wenig Beamte vorhanden, die die Kontrolle dessen, was auf dem Produkt lobenswerterweise draufsteht, vornehmen.

Wer kontrolliert, ob das auch tatsächlich eingehalten wird, was versprochen wird? – Diese Gesetze sind so gut, so gut ihre Vollziehung ist, und die Vollziehung steht und fällt mit der Kontrolle. Mein Vorredner hat auf die Problematik hingewiesen, daß ein Beamter über tausend Betriebe in Österreich kontrollierend begleiten muß. Das ist eine personelle Unterbesetzung.

Frau Ministerin! Ich habe auch schon eine diesbezügliche Anfrage an Sie gerichtet, die Sie auch sehr korrekt beantwortet haben, aus der aber auch hervorging, daß Sie es für nötig halten, daß dieser Bereich der Kontrolle sowohl finanziell als auch personell aufgestockt wird – gerade angesichts dessen, daß wir einem immer größeren Warenmarkt ausgeliefert sind und daß deshalb auch zum Schutze der Konsumentinnen und Konsumenten die staatlich gewährleistete Kontrolle funktionieren muß.

Es nützt nichts, wenn wir EU-weit sehr gute oder die besten Gesetze haben, wenn ihre Vollziehung, ihre Durchführung nicht gewährleistet ist. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu diesen beiden Regelungen. Stärken Sie die Kontrolle! Stocken Sie auf! Schauen Sie, daß auch – das ist jetzt nur ein Detail am Rande – die Beanstandungen von mangelnden Kühlketten bei verschiedenen Fleischprodukten in den Lebensmittelgeschäften abnehmen. Es gibt jeden Sommer – wiederkehrend wie das Amen im Gebet – Beanstandungen durch die Lebensmittelschutzpolizei, daß Kühlketten unterbrochen werden und deshalb Mängel in der Fleischqualität, vor allem in Großmärkten, in Supermärkten auftreten. Dabei hilft auch keine Etikettierung, die genau sagt, woher dieses Rindfleisch kommt, welchen Prozeß es durchlaufen hat, wenn zwischendurch bei diesen Kühlvorgängen Mängel auftreten und deshalb schlechte Ware in den Regalen liegt.

Zum zweiten Bereich: zum Veterinärrechtsanpassungsgesetz. Hier muß ich mich der Kritik meiner Vorredner und Vorrednerinnen anschließen. Wir werden diesem Vorschlag aufgrund der


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Mängel, die vorhin aufgezählt worden sind, nicht zustimmen. Es ist rechtsstaatlich problematisch, es ist eine EU-Anpassung, die auf etwas tönernen Beinen steht – Frau Kollegin Motter hat das schon näher ausgeführt –, und es ist eine Nivellierung auch des Schutzes der Konsumenten, weil die Tierseuchenvorsorge nach unten harmonisiert wird.

Wir hatten in Österreich bessere Standards, die jetzt verwässert werden. Ein Beispiel wurde bereits genannt, und zwar ist die Temperatur beim Erhitzen von Speiseresten zu Ungunsten gesundheitlicher Vorsorge festgelegt worden. Wir haben jetzt nicht mehr die nötigen 133 Grad, sondern liegen weit unter 100 Grad. – Das nur als kleines Beispiel dazu.

Es wird also auf jeden Fall ein Rückschritt zu verzeichnen sein. Wir sind trotz BSE-Krise et cetera nicht in der Lage, entsprechende Vorsorge gemäß den bisher üblichen Standards gerade bei Tierseuchen zu gewährleisten, und deshalb ist es nicht verantwortbar, daß wir diesem Vorschlag zustimmen. Er müßte nicht nur aus verfassungsrechtlichen Gründen, sondern auch aus substantiellen Gründen überarbeitet werden – gerade im Sinne eines verbesserten und verstärkten VerbraucherInnenschutzes. Das, was die beiden erstgenannten Gesetze, das Lebensmittelgesetz und das Rindfleisch-Etikettierungsgesetz, an Positivem bieten, bietet das an Negativem. Ich kann deshalb abschließend nur sagen, zwei Schritte nach vor und einer zurück sind für eine gute Konsumentenschutzpolitik zuwenig. (Beifall der Abgeordneten Wabl und Motter. )

14.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.38

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über drei Bereiche, die den Verbraucherschutz betreffen, nämlich die Lebensmittelgesetz-Novelle, das sogenannte Rindfleisch-Etikettierungsgesetz und das Veterinärrechtsanpassungsgesetz. Ich bin nicht der Meinung meiner Vorrednerin, daß damit schlechter Konsumentenschutz realisiert wird. Als einer der Betroffenen, als einer der Mitarbeiter in einer Konsumentenberatung kann ich diese Initiativen der Bundesregierung nur unterstützen und unterstreichen.

Lassen Sie mich ganz kurz zum Lebensmittelgesetz Stellung nehmen. Mit diesem Entwurf wurde der Kritik, die aus den Bundesländern geäußert wurde, entsprochen. Es sind nun die Verordnungen ausdrücklich genannt, für die Genehmigungs-, Zulassungs-, Untersagungs- oder Anmeldeverfahren vom Bundeskanzleramt durchzuführen sind. Es sind ausdrücklich die acht EU-Verordnungen genannt, die im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu vollziehen sind, und zwar vom Landeshauptmann. Es ist auch einem alten Anliegen der Konsumentenschützer in Österreich in der Weise entsprochen worden, daß die diesbezüglichen Strafen, die seit dem Jahr 1975 nicht erhöht wurden, nun auf die Höchststrafe von 100 000 S erhöht werden.

Ich verhehle hier nicht, daß ich gerne einmal eine Grundsatzdiskussion über die Frage führen möchte, ob gerichtliche Strafen bei Verstößen nach dem Lebensmittelgesetz notwendig sind oder Verwaltungsstrafen. Dieses Thema werden wir heute nicht abführen können, aber ich halte eine solche Diskussion für notwendig, um die Vollziehung auch entsprechend mit besseren Waffen zu versehen, denn die gerichtlichen Verfahren werden in der Regel eingestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für wesentlich wichtiger als die Lebensmittelgesetz-Novelle halte ich das Rindfleisch-Etikettierungsgesetz, also das Bundesgesetz über die Durchführung des Titels 2 der Verordnung des Rates vom 21. April 1997 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen.

Ich möchte ganz kurz auf die Ausführungen des Kollegen Salzl eingehen. Er hat gemeint, daß diese Vorlage nicht seinen Vorstellungen entspricht. Er meint, nur Mikrochips wären in der Lage, hier zu einem klaren System zu kommen. – Ich gebe ihm recht, allerdings gibt es derzeit auf europäischer Ebene nur Versuchsprogramme.


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Ich erinnere an den Versuch, der in Spanien bei 3 000 Schafen und in Holland in etwa bei 1 000 Kälbern läuft. Im Rahmen dieser Großversuche soll herausgefunden werden, in welcher Form diese Kennzeichnung durch Mikrochips möglich ist. – Es kann leicht sein, daß im Rahmen der Europäischen Union in einigen Jahren auch eine diesbezügliche Entscheidung getroffen wird.

Ganz kurz zu Frau Kollegin Motter. Sie hat beklagt, daß mit der Durchführung dieses Gesetzes die AMA beauftragt worden ist. Ich halte das aus ökonomischen Gründen für sinnvoll. Frau Kollegin Motter! Sie haben nämlich zwei Dinge verwechselt: Die AMA ist nicht für die Kontrolle zuständig. Lassen Sie mich das ganz deutlich sagen: Für die Kontrolle dieses Gesetzes bleiben weiterhin die Lebensmittelorgane nach § 35 Abs. 1 Lebensmittelgesetz zuständig. Das heißt, für die Sicherheit dieser Lebensmittel ist nicht die AMA zuständig, sondern sind weiterhin die Marktämter und die Lebensmittelpolizei in den Bundesländern zuständig. Mir ist es ein Bedürfnis, das ausdrücklich zu betonen.

Entscheidend ist aber – da gebe ich meiner Vorrednerin recht –, daß die Kennzeichnungsregelungen auch entsprechend vollzogen und kontrolliert werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in Österreich eine deprimierende Kennzeichnungsmoral beim Handel und bei den Bauern. Lassen Sie mich das mit aller Deutlichkeit einmal feststellen!

Wir haben letzte Woche versucht, in einigen Bereichen die Kennzeichnungsregelung zu überprüfen. Wir haben eine kleine Verordnung hergenommen, die Qualitätsklassenverordnung bei Kartoffeln. In Salzburg waren 97 Prozent der eingekauften Proben nicht gesetzeskonform ge-kennzeichnet, auf fast allen Märkten wurden erhebliche Mängel festgestellt, und das betraf den Handel genauso wie die Bauern, einschließlich der Bio-Bauern.

Ich darf Sie an die Diskussion vor zirka einem Jahr erinnern, als es um die Frage der Kennzeichnung von Eiern ging, als ebenfalls ganz klar nachgewiesen werden konnte, daß manipuliert wurde. Was ich heute hier vermisse, ist der konsumentenschützerische Aspekt von seiten der Freiheitlichen Partei. Es wird von den Freiheitlichen immer wieder betont, wie notwendig Information ist, aber heute fehlt mir dieser Diskussionsbeitrag, Kollege Pumberger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Enorm wichtig ist für den Verbraucher, entsprechende Informationen über Preis, Qualität und Herkunft zu erhalten. Nach einer Studie der Arbeiterkammer Salzburg verlangen 70 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher entsprechende Herkunftsangaben. Sie orientieren ihre Kaufentscheidung an der Angabe über die Herkunft, und erst danach folgen der Preis und die Qualität. Gerade aus diesem Grund ist es notwendig, Vertrauen zu geben, vertrauensbildende Maßnahmen zu setzen, sodaß sich die Verbraucher auf die Kennzeichnung verlassen können und als informierte Konsumenten ihre Kaufentscheidung treffen können.

Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es müßte in unser aller Interesse liegen, die Kennzeichnungsmoral in Österreich zu verstärken. Gleichzeitig muß es aber auch unser Anliegen sein, die Kontrolle derart zu evaluieren, daß sich die Verbraucher auf die materiell-rechtlichen Bestimmungen, auf die Einhaltung dieser Regelungen verlassen können.

Der informierte Konsument, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat Anspruch auf entsprechende Information. Mit dem Rindfleisch-Etikettierungsgesetz schaffen wir die Voraussetzung. Mein Appell gilt den Händlern und der Landwirtschaft: Schaffen Sie diese Voraussetzung, und die österreichischen Konsumenten werden es Ihnen danken! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.45

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Unsere österreichische Küche ist weltbekannt. Sie zeichnet sich


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durch eine Vielfalt und durch besondere regionale Schmankerln aus – auch in den Zutaten. Leider – meine Damen und Herren, die Sie alle schon gegessen oder auch noch nicht mittaggegessen haben –, leider sind wir jetzt auf dem Weg zum EU-Einheitsbrei. Denn mit diesem neuen EU-Anpassungsgesetz werden uns sowohl die Inhaltsstoffe als auch die Zusammensetzungen der einzelnen Lebensmittel vorgegeben, zum Beispiel der Frischrahmgehalt der Butter, zum Beispiel der Kakaogehalt der Schokolade.

Man könnte leicht sagen, das sei nur ein Gourmet-Thema, das betreffe nur die Feinschmecker. Was mir aber wesentlich wichtiger erscheint, ist, daß auch die von der EU festgesetzten Kontaminationswerte bindend sind. Sie wissen, Kontaminationswerte sind solche einer unbeabsichtigten Verunreinigung von Lebensmitteln. Liest man die EU-weiten Lebensmittelskandale der letzten Monate, dann kann man sagen, es vergeht einem der Appetit, der Hunger und auch die Gesundheit: Arzneien in Fleisch und Fisch; potentielles Gesundheitsrisiko; Bericht: Legale und illegale Verwendung nimmt zu. Oder: Wunderlebensmittel zuwenig auf Nebenwirkungen kontrolliert. – Jetzt gibt es eine Wundermargarine in Finnland, die zu einem Verkaufsschlager geworden ist, man weiß nur nicht genau, was darin ist.

Infektionskrankheiten durch verseuchte Lebensmittel sind weltweit auf dem Vormarsch. Oder: Lebensmittelskandal aufgedeckt: 1 000 bedenkliche Konserven beschlagnahmt. – Und so weiter.

Die EU ist sich auch über die Höchstwerte für Pestizidrückstände in den Lebensmitteln uneins. Das sind lauter Schlagzeilen, die uns den Hunger und den Appetit vergehen lassen.

Wir in Österreich haben doch ein gutes, ein exaktes und ein wohlbewährtes Nahrungsmittelgesetz, wie auch Herr Kollege Schuster in seiner Rede festgestellt hat. Schöpfen wir doch wenigstens unseren nationalen Spielraum aus, meine Damen und Herren, und übernehmen wir nicht schon wieder streberhaft wie ein Vorzugsschüler die EU-Richtlinie 1 : 1! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Noch immer, meine Damen und Herren, weht die österreichische Fahne über unserem Parlament! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.47

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit der Beschlußfassung des Lebensmittelgesetzes, des Rindfleisch-Etikettierungsgesetzes und auch des Veterinärrechtsanpassungsgesetzes werden EU-Rechtsbestimmungen für Österreich umgesetzt. Mit der Rindfleisch-Etikettierung wird laut diesem Gesetz die AMA als Bundesbehörde – als kostengünstigste Lösung – betraut. Die AMA ist nämlich bereits mit der Kennzeichnung, der Registrierung der Rinder beauftragt. Bekanntlich müssen die österreichischen Bauern seit 1. Jänner dieses Jahres jedes neugeborene Kalb, und zwar innerhalb von sieben Tagen, an beiden Ohren mit einer Marke versehen und das auch innerhalb von sieben Tagen der AMA, einer zentralen Stelle, melden, um von hier aus eine sehr genaue Kontrolle zu haben.

Aufgrund der EU-Richtlinien muß ab 1. Jänner 2000 das Rindfleisch bis zum Supermarkt – das heißt, bis in die Regale – gekennzeichnet werden. In diesem Bereich ist natürlich, wenn es von der gleichen Zentralstelle aus durchgeführt wird, eine wesentlich effizientere Kontrolle gegeben.

Durch die BSE-Katastrophe in England ist der Rindfleischverbrauch in Europa stark zurückgegangen, und damit sind natürlich auch die Rindfleischpreise um bis zu 25 Prozent gefallen. Es war eine Katastrophe für die europäischen Rinderbauern!

Herr Abgeordneter Salzl hat in seiner Rede verlangt, daß die Kennzeichnung der Tiere mit zwei Marken in jedes Ohr nicht genügt, sondern daß sozusagen Mikrochips unter die Haut implantiert werden müssen. Herr Kollege Salzl! Haben Sie sich das ausgerechnet? – Sie als Tierarzt wissen doch, daß ein Tierarzt keinen Hof unter 300 S anfährt.


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Bei 900 000 Kälbern wären das allein 270 Millionen Schilling für die Tierärzte. Solche Belastungen sind den Bauern nicht zuzumuten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Salzl: Die Belastungen durch die AMA schon?)

Eine weitere Forderung war, daß sämtliche Speiseabfälle unter 130, 140 Grad Temperatur und sozusagen noch unter Druck verwertet werden müssen. Hier handelt es sich ja um die Speiseabfälle, die zuerst für den menschlichen Genuß tauglich waren. Diese müssen, wenn sie an Schweine verfüttert werden, nochmals abgekocht werden. Aber das sind nicht Fleischabfälle wie etwa Schlachtabfälle, die vorher nicht erhitzt worden sind beziehungsweise die bedenklich sind, sondern hier handelt es sich um unbedenkliches Fleisch, und das muß trotzdem nochmals auf 100 Grad erhitzt werden, um es überhaupt Schweinen füttern zu können.

Ich glaube, man sollte in diesem Bereich nicht zusätzliche Verteuerungen vorschlagen. Die Diskussion bei den freiheitlichen Bauern geht genau in die andere Richtung. Sie protestieren dagegen, daß die Kälber mit Marken gekennzeichnet werden. Die freiheitlichen Abgeordneten verlangen aber andererseits, daß ihnen sogar Mikrochips einoperiert werden müssen.

Es hat Herr Kollege Schuster bereits erwähnt: Herr Kollege Pumberger äußerte am Höhepunkt der BSE-Katastrophe in England den Verdacht, daß es auch in Österreich schon Fälle gegeben hätte, die vertuscht worden wären. Damit hat er natürlich zu zusätzlicher Verunsicherung und auch zu zusätzlichem Schaden in diesem Bereich beigetragen.

Wir hoffen, mit dieser Beschlußfassung das Vertrauen der Konsumenten aufgrund einer lückenlosen Kontrolle zurückzugewinnen. Es wird in Zukunft sozusagen ein Schein bis zum Regal mit dem Fleisch mitgeliefert, sodaß damit tatsächlich nachvollzogen werden kann, wo dieses Tier geboren, wo es aufgemästet, wo es geschlachtet und wo es verarbeitet worden ist. Wir hoffen, damit das Vertrauen der Konsumenten in das Rindfleisch wieder zurückzugewinnen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Gredler, die nicht im Saal ist, sodaß ihre Wortmeldung verfällt. – Sodann die nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.53

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Obwohl wir mehrfach gehört haben, daß Österreich eines der besten Lebensmittelgesetze hat, spricht Frau Kollegin Povysil von einem EU-Einheitsbrei. Sie spricht davon, daß wir 1 : 1 EU-Richtlinien umsetzen. – Wir nützen unsere nationalen Spielräume sehr wohl. Das beweist gerade dieses gute Lebensmittelgesetz, welches wir heute wieder verbessern. Es ist auch zu begrüßen, daß es endlich zur Rindfleisch-Etikettierung kommt.

Die österreichische Bevölkerung ist ganz besonders sensibel – berechtigterweise –, wenn es sich um die Anwendung von Gentechnik handelt. Bei BSE war sie auch noch relativ sensibel, aber dank des guten Reagierens in Österreich ist es zu keinen BSE-Fällen gekommen. Sonst sind wir bei Lebensmitteln, wie ich bedauernd feststellen muß, nicht so kritisch. Wir wiegen uns in Sicherheit und achten nicht besonders darauf, was wir essen. Im Ausland genießen wir die ausländische Kost und denken überhaupt nicht darüber nach, worüber wir dann letztendlich hier, wenn es um ausländische Lebensmittel geht, sprechen.

Meine Damen und Herren! Trotz strenger Gesetze kommt es immer wieder vor, daß Proben gezogen werden, die schlecht sind, die bedenklich sind. Frau Kollegin Dr. Moser hat davon gesprochen, daß es meistens um das Unterbrechen der Kühlkette geht. Das stimmt schon.

Mehr Kontrolle wurde gefordert. Trotzdem kann es, wenn man sagt, daß sich jeden Sommer einige Proben als auffällig herausstellen, um unsere Kontrolle nicht so schlecht bestellt sein.

Die Anhebung der Strafen wurde auch schon angesprochen. Es ist so, daß große Konzerne auch diese höheren Strafen leider noch immer aus der Portokasse bezahlen. Bedenklicher wird


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es für die kleinen Nahversorger. Diese sind auch wesentlich vorsichtiger, was natürlich im Konkurrenzverhalten einen Niederschlag findet. Mit den heutigen Regelungen kommt es jedenfalls zu mehr Produktsicherheit.

Meine Damen und Herren! Wir müssen auf diese Produktsicherheit setzen. Ich darf Ihnen eines sagen: Ich bin vor kurzem im Auto unterwegs gewesen und habe eine sehr interessante Rundfunksendung verfolgt. Dabei hieß es: "Die Suppe lügt." – Ein Buch wurde präsentiert. Ich sage Ihnen: Wenn ich je wieder eine Diät zu machen beabsichtige, werde ich mir dieses Buch kaufen, denn dann esse ich ganz sicher gar nichts mehr. – Es wurde über die industrielle Lebensmittelherstellung gesprochen. Es wurde unter Beweis gestellt, so möchte ich fast sagen, daß, wenn es zum Beispiel um Spargelcremesuppe geht, der Spargel dabei den allergeringsten Anteil hat und daß man Geschmacksrichtungen zum Beispiel – ich weiß nicht warum – mit Hilfe australischer Sägespäne erzeugt und so weiter und so fort.

Jetzt haben wir einen offenen Markt. Wir können nur auf Kennzeichnung setzen und darüber nachdenken: Wollen wir dieses Produkt, oder wollen wir es nicht?

Jedenfalls ist es für uns entscheidend, daß wir heute wieder Schritte setzen in Richtung mehr Produkt- und Rechtssicherheit. Das ist, so glaube ich, das entscheidendste. (Beifall bei der SPÖ.)

14.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, erteile ich Herrn Abgeordneten Gaugg einen Ordnungsruf, der gesagt hat, es treibe ein ehemaliger Staatssekretär bei der Post-AG sein Unwesen.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Ich bedanke mich, Herr Präsident!)

14.57

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe, wie Kollege Schuster richtigerweise gesagt hat, schon vor vielen Jahren auf die Problematik der BSE und der damit in Zusammenhang stehenden Creutzfeldt-Jakob-Krankheit hingewiesen – lange bevor das europaweit ein Tagesthema, monatelang ein Thema war und Milliardenverluste für die europäische Landwirtschaft gebracht hat, lange vorher! Ich habe praktisch in allen Punkten recht bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als noch niemand die Problematik erkannte, habe ich auf den Zusammenhang mit der Infektion beim Menschen hingewiesen. Ich habe auch darauf hingewiesen, daß wir ein Importverbot bräuchten. Damals waren wir noch nicht einmal beim EWR und hätten ein Importverbot nach Österreich zum Schutz der bäuerlichen Produzenten einführen können. Aber die ÖVP ist geschlossen dagegen aufgetreten und hat die Chance für die österreichischen Bauern verspielt. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Wie recht ich bekommen habe, hat Kollege Schuster heute gesagt, denn die Gesetzgebung betreffend Etikettierung ist nur wegen der BSE-Krise zustande gekommen. Das war mit ein Verdienst meines jahrelangen Kampfes (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) , denn ich bin ein jahrelanger Vorkämpfer! Wer das heute noch nicht begreift, Herr Kollege Schuster, der läuft Gefahr, verdächtigt zu werden, selbst schon BSE-Prionen im Gehirn zu haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese drei Berichte aus dem Gesundheitsausschuß haben alle das eine Ziel, nämlich den "europäischen Eintopf" zu ermöglichen. Wir haben durch diese Gesetzgebung die Möglichkeit verspielt, im nationalen Alleingang die Kennzeichnung, die Sicherstellung einer guten Qualität unserer Nahrungsmittel zu gewährleisten. Wir haben den "europäischen Eintopf" zu akzeptieren und haben überhaupt keine Möglichkeit mehr, weil die Umsetzungsverpflichtung durch EU-Recht besteht, daß wir in Österreich zum Schutz der österreichischen Konsumenten eine eigenständige Gesundheitspolitik in der Lebensmittelversorgung durchführen.


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Es tut mir leid, daß wir alle aus dem "europäischen Eintopf" auch essen müssen. Herr Abgeordneter Maier hat schon die Kontrolluntersuchungen, die durchgeführt werden, erwähnt und ausgeführt, daß laut einer Statistik fast 37 Prozent der Lebensmittelkontrollen nicht gesetzeskonform waren und daß ein hoher Prozentsatz, nämlich 40, 50, 60 Prozent, von Fischproben verdorben ist.

Wir haben nicht mehr die geringsten Möglichkeiten, diesen europaweiten Markt mit allen seinen Eskapaden zu beeinflussen. Natürlich gibt es auch Vorteile, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, aber im qualitativen Bereich werden wir sicher, wenn wir keine nationalen Schritte zur Sicherung der Qualität durchführen können, Einbußen hinnehmen müssen. Das tut mir leid. Das tut auch dem österreichischen Konsumenten leid. Aber Sie werden heute diese Gesetze beschließen und damit ein Stück Eigenständigkeit in der nationalen Gestaltung der Qualität unserer Lebensmittel aufgeben, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche, wie angekündigt, um 15 Uhr die Beratungen über die Verhandlungspunkte 9 bis 11.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3566/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Durchführung der kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3566/AB des Herrn Innenministers.

Die erwähnte schriftliche Anfragebeantwortung ist im Saal verteilt worden, daher erübrigt sich eine Verlesung durch einen Schriftführer.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der Erstredner darf zur Begründung 10 Minuten reden. Wenn sich ein Regierungsmitglied zu Wort meldet, soll die Redezeit ebenfalls 10 Minuten nicht überschreiten. Alle anderen Redner haben eine Redezeit von 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte sehr.

15.01

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe an den Innenminister eine Anfrage betreffend Schubhaft gerichtet. Und ich muß sagen, wir haben schon gewußt, daß es bei der Vollziehung der Schubhaft die gravierendsten Probleme gibt. Aber in welchem Ausmaß es beim Vollzug der Schubhaft drunter und drüber geht, das haben wir erst dieser Anfragebeantwortung entnommen.

Herr Minister! Wir sind sehr empört darüber, daß zwar pro Monat ungefähr 1 000 Fremde als Schubhäftlinge festgenommen werden – von Oktober 1997 bis Jänner 1998 waren es insgesamt 5 100 Fremde, die in Schubhaft genommen worden sind –, aber nicht sichergestellt worden ist, daß die Schubhaft auch in der Praxis funktioniert. Und das, finde ich, ist wirklich ein Skandal. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben offensichtlich bei Ihren Parlamentsabgeordneten durchgesetzt, daß es auch gelindere Mittel zur Abwendung der Schubhaft geben soll. Sie führen aber keine Statistik darüber, wie vielen Schubhäftlingen es gelingt, unterzutauchen, nachdem diese gelinderen Mittel angewendet worden sind. Das interessiert Sie offensichtlich überhaupt nicht. Dabei wissen wir doch ganz genau, daß viele Fremde, die nicht in Schubhaft genommen werden, bei denen das gelindere Mittel angewendet wird, nicht abgeschoben werden, sondern irgendwie in Österreich untertauchen. – Das interessiert Sie ganz einfach nicht! (Abg. Grabner: Na geh! Wie kann man denn so etwas sagen?)

Herr Minister! Sie haben versprochen, daß Sie Schubplätze schaffen werden. Tatsächlich haben Sie dieses Versprechen aber nicht gehalten, sondern wegen mangelnder Räumlichkeiten sind 170 Fremde wieder aus der Schubhaft entlassen beziehungsweise überhaupt nicht in Schubhaft


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genommen worden. – Sie, Herr Abgeordneter Grabner, sagen, das kann doch nicht wahr sein; Sie wundern sich. Schauen Sie sich das doch einmal an! 170 Personen, bei denen ein Grund für die Verhängung der Schubhaft vorhanden gewesen wäre, sind wieder freigelassen worden!

Sehr geehrter Herr Minister! Sie listen in Ihrer Anfragebeantwortung auch auf, wie viele Personen freigelassen werden mußten, weil sie sich freigepreßt hatten: Das waren in vier Monaten 929 Fremde. Allein in Wien haben sich 444 Personen freigepreßt, das sind 20 Prozent aller Schubhäftlinge.

Und noch etwas muß ich Ihnen vorhalten, Herr Minister: In Niederösterreich, in Kärnten und in Tirol wird nicht einmal eine Statistik darüber geführt, wie viele Schubhäftlinge sich freigepreßt haben. Das interessiert offensichtlich überhaupt niemanden. Und Sie haben noch die Kühnheit, auf eine unserer Anfragen im November 1997 zu antworten: Das ist eine unbefriedigende Situation – Sie geben ja sehr gerne alles zu –, an deren Verbesserung in meinem Ressort gearbeitet wird. – Also ich kann Ihnen bescheinigen, daß Sie seit September 1997 nicht daran gearbeitet haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ganz im Gegenteil. Ihre Verwaltung funktioniert so wenig, daß es seit diesem Zeitpunkt noch mehr freigepreßte Schubhäftlinge gegeben hat. Sie sind wirklich der größte Ankündigungsminister. Ich sage es Ihnen immer wieder. Sie machen sich zwar überall lieb Kind, indem Sie die Mißstände zugeben, Sie versprechen Änderungen, aber in Wirklichkeit führen Sie dann überhaupt nichts durch, Herr Minister.

Ähnlich ist es auch in bezug auf die Hafträumlichkeiten. In der Anfragebeantwortung sagen Sie, Sie werden 160 Millionen Schilling für Schubhafträumlichkeiten ausgeben. Angefangen haben Sie nicht einmal mit einem Schubgefängnis, aber wenn Sie so weitermachen, daß Sie Freipressungen zulassen, dann brauchen Sie ohnehin keine Schubhafträume mehr und wir können uns die 160 Millionen Schilling ersparen. Aber welche Mißstände wir dann in Österreich haben und wie sich diese verstärken werden, das möchte ich lieber nicht wissen, sehr geehrter Herr Minister.

Wissen Sie, über diese Freipressungen freut sich die Caritas, es freuen sich wahrscheinlich auch die Grünen. Aber, Herr Minister, Sie sind nicht ein Vertreter der Caritas oder von "SOS-Mitmensch", sondern Sie sind der Innenminister dieser Republik. Und als Innenminister müssen Sie auch dafür Sorge tragen, daß in Österreich der Rechtsordnung zum Durchbruch verholfen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hat in Vorarlberg bereits eine organisierte Freipressung gegeben. Reihenweise sind dort die Schubhäftlinge in Hungerstreik getreten und in der Folge auch freigelassen worden. Sie haben ganz stolz den Medien gesagt: Schubhäftlinge sind bei uns noch nie zwangsernährt worden. Sie haben dann auch noch weiters voll Stolz gesagt: Weit mehr als 1 000 Schubhäftlinge sind schon nach Hungerstreiks entlassen worden.

Herr Minister! Ich verstehe überhaupt nicht, wieso Sie auch noch voll Stolz auf diese 1 000 hinweisen. Auf der anderen Seite sagen Sie nämlich: Die Betroffenen befinden sich nach der Entlassung in einem rechtlosen Zustand. Sie dürfen sich nicht frei bewegen oder einen Lebensunterhalt verdienen, aus Gesundheitsgründen aber auch nicht in Haft bleiben. (Abg. Aumayr: Was ist dann mit ihnen?)

Was stellen Sie sich denn vor, was mit diesen Leuten geschehen soll? Wenn Sie sich weiterhin gegen eine Zwangsernährung derer, die sich mittels Hungerstreik freipressen wollen, wehren, dann werden Sie einen Stand der Rechtlosen in Österreich schaffen. Wenn das Ihre Zukunftsperspektive hinsichtlich dieser Fremden ist, dann, muß ich sagen, kann ich Sie nur sehr bedauern. Und ob das einem menschlichen Gesichtspunkt entspricht, Herr Minister, das wage ich auch zu bezweifeln.

Ich glaube, Sie sollten sich einmal den Kopf über diese sogenannten Rechtlosen zerbrechen. Wie sollen sie ihren Lebensunterhalt verdienen? Es ist doch völlig klar, daß sie sehr leicht in die Kriminalität schlittern können – und das wollen Sie fördern! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ich würde sehr gerne sagen, wenn ich mir dafür nicht einen Ordnungsruf einhandeln würde, daß Sie, Herr Minister, die Zwangsernährung, die diskutiert wird, fürchten wie der Teufel das Weihwasser. Und ich möchte gerne wissen, warum. Warum fürchten Sie sich so vor der Zwangsernährung?

Der Justizminister ist ja auch an die Zwangsernährung gebunden, wenn sich ein Häftling freipressen möchte. Im Strafvollzugsgesetz steht eindeutig: Verweigert ein Strafgefangener beharrlich die Aufnahme von Nahrung, dann ist er unter Aufsicht der Ärzte zwangsweise zu ernähren. – Und nichts anderes wollen wir: die zwangsweise Ernährung unter Aufsicht der Ärzte.

Wenn – das habe ich neulich im Fernsehen gehört – ein Vertreter der Caritas meint, nur wegen einer Verwaltungsübertretung solle nicht zwangsernährt werden, dann muß ich schon sagen: Heute heißt es, das ist "nur" eine Verwaltungsübertretung, aber morgen sagt irgendeiner, na ja, eigentlich sitzt der ja "nur" wegen Ladendiebstahl, und übermorgen sagt jemand, der sitzt eigentlich "nur" wegen Körperverletzung, und da können wir nicht zwangsernähren. (Abg. Leikam: Ein Schubhäftling ist ja kein Strafhäftling! Das ist der Unterschied!)

Also ich finde, bei uns und bei Ihnen als Innenminister kann doch als einziges Kriterium nur gelten, daß jemand unsere Rechtsordnung verletzt hat, und es ist egal, ob ein Verwaltungsgesetz oder ein anderes Gesetz übertreten wurde. Jemand, der unsere Gesetze derartig mißachtet, soll sich nicht durch Freipressen in einen Stand versetzen können, ohne daß Sanktionen ausgeübt werden. Deshalb habe ich überhaupt kein Verständnis dafür, Herr Minister, daß Sie sich weigern, eine Zwangsernährung bei Fremden, die in Schubhaft genommen werden und sich dort bis zur Auslieferung befinden sollen, anzuordnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch die Bevölkerung hat dafür kein Verständnis. Und letzten Endes, Herr Minister, ist es auch eine große Ungerechtigkeit denen gegenüber, die sich abschieben lassen, die nicht in Hungerstreik treten, die nicht herumhauen, die nicht schimpfen, die keinen Eklat verursachen, die sich brav unseren Gesetzen entsprechend verhalten. Diesen Menschen gegenüber ist es eine Ungerechtigkeit, wenn man Hungerstreikenden nachgibt, wenn man vor ihnen kapituliert.

Sehr geehrter Herr Minister! Sie können ganz einfach nicht vor dieser Entwicklung, die hier in Österreich stattfindet, nämlich daß die Freipressung durch Hungerstreik zur Methode geworden ist, die Augen verschließen. Sie müssen Entscheidungen treffen, Sie können nicht ununterbrochen nur Ankündigungen machen. Geben Sie endlich grünes Licht dafür, daß auch im Fremdengesetz entsprechend unserem Initiativantrag die Zwangsernährung eingeführt wird! Die ÖVP hat ja schon ihre Zustimmung dazu gegeben, und ich bin überzeugt davon, daß wir dann bessere Zustände bei den Schubhäftlingen erreichen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Achs. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

15.11

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zum Verlangen der Freiheitlichen Partei auf Besprechung einer Anfragebeantwortung ist festzuhalten, daß Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé heute wieder einmal eine Scheindebatte geführt hat. Herr Bundesminister Mag. Karl Schlögl hat die an ihn gerichtete schriftliche Anfrage betreffend Errichtung von Schubhafträumen umfassend und korrekt beantwortet. Was wir von Ihnen, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, heute gehört haben, ist eine Scheindiskussion, zumal es Ihnen nicht um sicherheitspolitische Aspekte geht, sondern lediglich um Angstmache! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das Problem ist aber kein Scheinproblem! – Abg. Aumayr: Pressen sich die österreichischen Schubhäftlinge frei oder nicht?)

Tatsache ist, daß in den letzten Jahren alles unternommen wurde, um in der Frage der illegalen Einwanderung ein Höchstmaß an Sicherheit zu bieten.


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Sie wollten vom Innenminister wissen, welche Initiativen gesetzt werden, um zu gewährleisten, daß Schubhäftlinge auch wirklich bis zur Vollziehung der Ausreise in Schubhaft genommen werden. Darauf wurde Ihnen ganz klar gesagt, daß Fremde, die sich rechtmäßig in Österreich aufhalten, nur dann in Schubhaft genommen werden können, wenn angenommen wird, daß sie sich dem Verfahren entziehen wollen.

Meine Damen und Herren! Vergessen wir dabei nicht, daß ein Schubhäftling kein Strafhäftling ist! Sie anerkennen die Bemühungen der Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern nicht, zu den bestehenden Haftplätzen noch zusätzliche zu schaffen. So werden zum Beispiel in Vorarlberg 15, in Salzburg 68, in Eisenstadt 30 und in Wien 103 zusätzliche Haftplätze eingerichtet, wofür natürlich beträchtliche Mittel aufgewendet werden. Hinsichtlich der Schaffung von Hafträumen im Bereich des Flughafens wird nach einer gemeinsamen Lösung für die Bundesländer Burgenland und Niederösterreich gesucht.

Es ist unser primäres Ziel, mit möglichst vielen Ländern Schubabkommen zu schließen, damit wir ein Regelwerk haben, das die Abschiebung jener Personen ermöglicht, denen aufgrund unserer Gesetzeslage ein legaler Aufenthalt in Österreich nicht gewährt werden kann. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die werden ja entlassen, bevor sie abgeschoben werden! Der Minister läßt sie ja alle raus!)

Wenn Sie, Frau Kollegin Partik-Pablé, heute die Entlassungen aus der Schubhaft, die wegen Haftunfähigkeit erfolgen, ankreiden und davon sprechen, daß sich mittels Hungerstreik freigepreßt wird, dann dürfen Sie die menschliche Dimension nicht vergessen. Ich bin auch der Meinung, daß hier Handlungsbedarf besteht, aber auf eine andere Art, als Sie es verstehen und vorschlagen. (Abg. Aumayr: Welche, Herr Kollege?)

Wenn es zu solchen Handlungen kommt, Frau Kollegin, dann sollte nicht abgewartet werden müssen, bis die Haftunfähigkeit herbeigeführt ist, sondern die Menschen sollten schon zu einem früheren Zeitpunkt der ärztlichen Kontrolle überantwortet werden. (Abg. Dr. Partik-Pablé : Ist mir auch recht!) Ich meine damit, daß der Platz eines Menschen, der seinen Körper durch einen Hungerstreik schädigt und schwächt und bleibende Schäden in Kauf nimmt, nicht mehr im Gefängnis, sondern im Krankenhaus ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Dafür spart man dann bei den Österreichern!)

Wir sollten also gemeinsam dafür eintreten, Regelungen zu schaffen, die dem Innenminister diese Vorgangsweise ermöglichen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir sparen bei den wirklich Kranken!) Auch wenn die Freiheitlichen nichts unversucht lassen, die österreichische Bevölkerung zu verunsichern und die Arbeit der Sicherheitsbehörden in Frage zu stellen, entspricht das nicht den Tatsachen. Die Tatsachen sind: Österreich gehört zu den sichersten Ländern Europas, ja der ganzen Welt, und daran kann auch Ihre Polemik, Frau Abgeordnete, nichts ändern! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Lukesch. )

15.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Platter. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.16

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schubhaftproblematik und damit verbunden natürlich auch die Unterbringungsmöglichkeit von Illegalen und Schubhäftlingen ist ein Bereich, in dem zweifellos Versäumnisse vorliegen, Mißstände vorhanden sind und dringender Handlungsbedarf besteht. Diese Versäumnisse, Herr Minister, sind meiner Meinung und meiner Einschätzung nach ein Erbe Ihres Vorgängers Einem, der sich um diese Angelegenheit nicht gerade besonders gekümmert hat. Es gilt nun, Versäumtes nachzuholen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte mich nicht an den verbalen Attacken der Freiheitlichen beteiligen, da ich bei Minister Schlögl zweifellos ein ehrliches Bemühen erkenne, Verbesserungen zu erreichen, die ansatzweise in einigen Bundesländern auch schon durchgeführt wurden. Aber es ist unabhängig davon


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noch eine Reihe von Maßnahmen erforderlich, um die unbefriedigende Situation in den Griff zu bekommen.

Zur Verdeutlichung dieser unbefriedigenden Situation möchte ich zwei Beispiele vortragen, die sich in der letzten Zeit abgespielt haben.

Vor einigen Monaten machten Sicherheitssprecher Paul Kiss und ich einen Besuch am Brenner. Lieber Paul, du kannst dich daran erinnern, daß gerade an diesem Tag zufällig 25 Illegale am Brenner festgenommen wurden. Diese 25 Illegalen konnten aufgrund der fehlenden Räumlichkeiten zunächst nur in einer Garage, ohne sanitäre Anlagen untergebracht werden. Gott sei Dank hat der Bürgermeister einer Nachbargemeinde entsprechende Räumlichkeiten – menschenwürdige Räumlichkeiten – zur Verfügung gestellt.

Meine Damen und Herren! Gestern war ich mit meiner Kollegin Abgeordneter Rosemarie Bauer bei einer Exekutivveranstaltung in Hollabrunn. Dort wurde uns berichtet, daß erst kürzlich 33 Illegale – rumänische Zigeuner – in Pulsdorf festgenommen und aufgrund fehlender Räumlichkeiten im GreKo Drasenhofen untergebracht wurden. Die Dienststelle wurde von diesen 33 rumänischen Zigeunern beschädigt, sogar Rigips-Zwischenwände wurden durchschlagen. – Ich möchte damit nicht sagen, daß alle Illegalen so vorgehen, aber es war ein katastrophaler Zustand, und die Exekutivbeamten hatten es in dieser Angelegenheit nicht leicht. Man hätte einen solchen Vorfall verhindern können, wenn Verwahrungsräume zur Verfügung gestanden wären. – Herr Minister! Ich glaube, daß hier ebenfalls Handlungsbedarf besteht und in GreKos Verwahrungsräume gebaut werden sollten. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich wiederholen, daß im Bereich Schubhaft Versäumnisse vorliegen, Mißstände vorhanden sind und dringender Handlungsbedarf besteht, wobei wir, die ÖVP, kein Problem bezüglich der Zwangsernährung sehen. Aber, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, die Errichtung von Schubhaftgefängnissen und dergleichen mehr ist zuwenig. Dieses Problem muß man an der Wurzel anpacken. Ich halte die Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Schlepperunwesens im Rahmen der organisierten Kriminalität für ganz besonders wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich halte den Vorschlag unseres Außenministers Wolfgang Schüssel für sehr sinnvoll, daß eine europäische Konvention gegen das Schlepperunwesen erlassen werden soll. Diesen Vorschlag hat Außenminister Schüssel bei der UN-Generalversammlung im September 1997 vorgetragen, und ich gehe davon aus, daß er auch die Zustimmung dazu erreichen wird.

Herr Minister Schlögl! Ihr Vorgänger hat sich bei der gesamten Schubhaftproblematik nicht gerade besonders strapaziert. Es gilt nun, diese Versäumnisse dringend aufzuarbeiten. Wir, die ÖVP, werden Sie dabei selbstverständlich unterstützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Franz Lafer. – Bitte.

15.20

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Achs, ich möchte zu Beginn meiner Rede auf Ihre Ausführungen eingehen. Sie haben davon gesprochen, daß meine Kollegin Partik-Pablé hier eine Scheindebatte beziehungsweise eine Scheindiskussion inszeniert habe, verbunden mit Angstmacherei oder Verunsicherung. – Das ist absolut unrichtig! (Zwischenruf des Abg. Schwemlein. ) Lesen Sie sich die Anfragebeantwortung durch! Wenn Sie deren Sinn nicht erkennen, dann tun Sie mir wirklich leid! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei dieser Thematik geht es darum, daß die Rechtsordnung gebrochen worden ist, und das ist nun einmal Faktum. Es liegt nach unserer Meinung kein Unterschied zwischen Straf- oder Verwaltungsrecht vor, sondern ein eindeutiger Bruch der Rechtsordnung. Wenn Sie, Kollege Achs, sagen: Diese Fremden gehören nicht ins Gefängnis, sondern ins Spital!, dann ist das nach Sicht der Freiheitlichen in Ordnung. Nur: Wer trägt dafür die Kosten? – Die Kosten trägt immer wieder


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der Steuerzahler, der fleißige und arbeitende Österreicher. Und das ist nicht mehr in Ordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was wollen die im Spital machen?)

Ich möchte auf den Inhalt dieser Anfragebeantwortung zurückkommen. Sie gibt vor, daß 8 230 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Fremde angehalten wurden. – Das ist mit Sicherheit nur ein Bruchteil jener Personen, die sich wirklich in Österreich aufhalten. Ich wiederhole: nur ein Bruchteil! Es wäre interessant zu wissen, wie viele illegale Fremde sich überhaupt in Österreich aufhalten. (Abg. Schwemlein: Aber wenn wir es wissen, sind sie nicht mehr illegal!) Und siehe da, Herr Kollege Schwemlein, über 5 159 dieser Fremden wurde Schubhaft verhängt. Von diesen wurden wiederum 4 858 abgeschoben. Dann kommen so sonderbare Zahlen wie: 575 wurden wegen Haftunfähigkeit entlassen. Von diesen 575 wurden laut dieser Zusammenstellung 354 wegen Hungerstreiks entlassen, wobei aber zum Beispiel Niederösterreich, Kärnten und Tirol keine Erkenntnisse darüber vorlegen, sodaß diese Zahl sicherlich wesentlich höher ist.

Herr Minister! Ich meine schon, daß hier zum ersten Mal eklatante Unterschiede beim Erfolg dieser Hungerstreiks aufgezeigt wurden. Es wäre zu kontrollieren, wieso ein Hungerstreik in Wien oder im Burgenland so viel, in den westlichen Bundesländern aber so wenig Erfolg zeitigt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Weil dort die Caritas so stark tätig ist!) In Tirol gibt es überhaupt keinen Fall von Hungerstreik, in der Steiermark nur einen.

Dafür gibt es auch Beispiele, und diese lassen sich folgendermaßen erklären: In der Steiermark sind Fälle bekannt, daß, wenn Chinesen in Schubhaft genommen werden, diese grundsätzlich keine Nahrung zu sich nehmen. Dieser Vorgang dauert ungefähr 20 bis 22 Tage, danach kommen sie in ärztliche Betreuung, wobei sie mit Infusionen und so weiter – wie es eben vorgesehen ist – behandelt werden, danach noch zwei Tage ins Krankenhaus – und anschließend werden sie entlassen.

Herr Bundesminister! Dann verschwinden sie, dann sind sie nicht mehr zählbar, dann sind sie nicht mehr hier. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Und das ist eine "Scheindebatte", Herr Kollege Achs?) Wenn sie wieder aufgegriffen werden, versucht man, die gleiche Prozedur abermals durchzuführen. Da liegen eklatante Mißstände vor und deswegen auch die Besprechung der Anfragebeantwortung, die wir gefordert haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Kollegin Partik-Pablé hat schon auf das Strafvollzugsgesetz hingewiesen, in dem im § 69 eben die Bestimmung enthalten ist, daß Straftäter zwangsernährt werden können, Fremde jedoch nicht. (Abg. Aumayr  – in Richtung der Regierungsparteien –: Weil Sie die Probleme nicht sehen, haben Sie solche Ergebnisse bei den Wahlen!)

Herr Bundesminister! Erst am Samstag konnte man wieder den Medien entnehmen, daß Sie angekündigt haben, man müsse dies neu überlegen. Ich möchte Sie darauf hinweisen – und das ist sehr interessant –, daß laut Stenographischem Protokoll der Nationalratssitzung vom 11. Juni 1997 ein Abänderungsantrag der Freiheitlichen bezüglich § 61 mit folgenden Absätzen 5 bis 7 und so weiter eingebracht wurde, daß man Schubhäftlinge unter Aufsicht stellt, um eine gesund- und lebenserhaltende Behandlung durchführen zu können. – Dieser Antrag der Freiheitlichen zum Fremdengesetz wurde abgelehnt. Folgendes ist dort nachzulesen: "Ich bitte im Falle der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt."

Das heißt, die Freiheitlichen haben sich schon sehr lange mit diesem Thema beschäftigt. Herr Bundesminister! Ich würde Sie ersuchen, diese Problematik wirklich ernst zu nehmen und sich damit zu befassen.

Ich darf am Ende meiner Rede noch auf folgendes hinweisen, Herr Bundesminister: Am 13. März 1997 war den Medien zu entnehmen: Innenminister plant Bau einer Schubhaftanstalt. Am 10. Oktober 1997: Bundesminister Schlögl: Im Bereich der Schubhaft gibt es Handlungsbedarf. 11. Oktober 1997 in der Zeitung "Die Presse": Schlögl will Schubhaft reformieren. 30. Oktober 1997: Budget, Innenausschuß. Schlögl: Durch die illegale Einwanderung sind zusätzliche Schubhaftplätze im Osten Österreichs notwendig. Oder: Anfragebeantwortung 2970/AB, Anfragebeantwortung 3566/AB. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Immer wieder


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wird davon gesprochen, hier Neues zu machen und Gesetze reparieren zu wollen. Es gab aber bis jetzt nur Ankündigungen, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.25

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Problematik ist an sich evident. Ich meine aber, es ist in der Debatte noch nicht auf den eigentlichen Rechtsgrund eingegangen worden.

Kollegin Partik-Pablé! Kollege Lafer! Natürlich ist eine Verwaltungsübertretung auch eine Verletzung der Rechtsordnung. Aber es gibt zu Recht unterschiedliche Regelungskreise. Es gibt das Verwaltungsstrafrecht und das Kriminalstrafrecht, das Strafgesetz im eigentlichen Sinn. Beide ressortieren übrigens zu verschiedenen Ministern, und zwar nicht ohne Grund. Das Strafrecht ist Justizmaterie, das Verwaltungsstrafrecht ist – im speziellen Fall – Materie des Bundesministers für Inneres. Und die Trennung dieser beiden Rechtsbereiche hat mehr als einen Grund. Sie wurde nicht zuliebe des Problems, das wir heute diskutieren, erfunden.

Es gibt eben Rechtsnormverletzungen von unterschiedlicher Bedeutsamkeit. Daher ist auch der Rechtsschutz, was die Verfahren anlangt, anders ausgebildet. Es ist allemal noch ein Unterschied, ob man mit dem Strafgesetz in Konflikt gerät, vor Gericht gestellt und im Rahmen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens bestraft wird oder ob ein Verwaltungsstrafverfahren abgewickelt wird. Dazwischen gibt es große Unterschiede. Das Verwaltungsstrafverfahren – insbesondere des österreichischen Rechts – entspricht sicher nicht der Gerichtsförmigkeit. In Österreich haben wir daher die Verwaltungsgerichtsbarkeit als zusätzliche Kontrolle.

Daher bitte ich Sie wirklich herzlich: Werfen Sie bei diesen Themenbereichen – weil Sie das jetzt gut brauchen können – Strafrecht und Verwaltungsstrafrecht nicht in einen Topf und verwischen Sie diese Grenzen nicht! Sie sind insgesamt wichtig. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das werden wir uns für eine andere Diskussion merken! – Ich mache es, wie es euch paßt!) Sie sind auch in diesem Fall sehr wesentlich, und daher ist auch die Frage der gelinderen Mittel genau an diesen Regelungskreisen zu messen. Frau Kollegin Partik-Pablé! Ich sage es noch einmal: Werfen Sie diese beiden Begriffe nicht durcheinander, sondern untersuchen Sie einmal im vorliegenden Problemfeld die sogenannten Haftgründe!

Es gibt Schubhäftlinge ganz unterschiedlicher Qualifikation, was die Genesis ihrer Schubhaft anlangt. Nach diesen Kriterien muß man hier unterscheiden. Überall dort, wo Bundesbetreuung in Frage kommt, wäre sie eigentlich erste Wahl. Sie ist zwar ein Risiko, weil sich der bundesbetreute – Anführungszeichen – "Delinquent" möglicherweise durch sie überhaupt dem Zugriff der Behörden entziehen kann. Man kann ihm nichts mehr zustellen, man kann ihn nichts mehr fragen. Er taucht unter. Dieses Risiko besteht natürlich, das ist klar. Aber es ist immer die Frage, wie man mit den Menschen umgeht und welchen Zugang zu Würde und Menschenrecht man hat.

Ich meine, überall dort, wo Schubhaft aus einer Verwaltungsübertretung resultiert oder es sich um Asylwerber handelt, ist sie in aller Regel unangebracht. Ausnahmen werden möglich sein, aber in aller Regel ist die Bundesbetreuung erste Wahl. Wenn man diesen Zugang zu diesem Problem wählt, dann wird man zwar immer noch das Thema auf dem Tisch haben, das der Herr Bundesminister hier zu behandeln hatte, aber es wird sich um ganz andere Zahlen handeln. Das ist wichtig. – Punkt eins.

Punkt zwei: Herr Bundesminister! In Ihrer Anfragebeantwortung führen Sie zu Frage eins aus – ich frage jetzt sozusagen nach –, daß Sie sich bemüht hätten, mit dem Bundesminister für Justiz eine gemeinsame Regelung zu entwickeln, daß diese Gespräche gescheitert seien und daß Sie daher in den kommenden Monaten eine diesbezügliche Gesetzesinitiative vorlegen werden. – Ich meine, wenn Sie solch eine Anfrage beantworten, dann wäre es sinnvoll, wenn Sie die Inhalte einer solchen gesetzlichen Initiative skizzieren würden. Ich kann das hier nicht erkennen.


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Das, was Sie vor einiger Zeit in einem "ZiB 2"-Interview gesagt haben, konnte ich auch nicht nachvollziehen, nämlich, daß Sie Zwangsernährung zwar ablehnen, aber ein Hungerstreikender selbstverständlich in ein Spital und in die Krankenpflege kommen muß. Was wird dort stattfinden? – Ich meine daher, daß Sie hiezu präzisere Aussagen machen müssen.

Ich möchte den Standpunkt der Liberalen noch einmal ganz klar festhalten: Bundesbetreuung ist erste Wahl, Zwangsernährung ist kein Mittel im Umgang mit Menschen, die in Österreich Zuflucht gesucht haben. Und Sie müssen nach dem Grund der Schubhaft unterscheiden: Wenn es sich um Straftäter handelt, die sich hier in Schubhaft befinden, bevor sie ausgeliefert werden, wird das sicher etwas ganz anderes sein, als wenn es sich um Asylwerber handelt, die im Rechtsmittelverfahren befindlich sind.

Frau Kollegin Partik-Pablé! Sie haben wörtlich aus dem Strafgesetzbuch zitiert: "verweigert ein Strafgefangener ...". – Auf diese Weise setzen Sie den Schubhäftling mit einem Strafgefangenen gleich, und das war meiner Meinung nach mehr als entlarvend. Das haben wir aber auch schon vor dieser Debatte gewußt. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.31

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar dan, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich möchte Ihnen gleich vorweg den Standpunkt der Grünen ganz klar und eindeutig zur Kenntnis bringen: Für uns wäre Zwangsernährung und die Diskussion über eine mögliche Zwangsernährung dann kein Thema, wenn man sich mit dem eigentlichen Anliegen, das die Grünen schon seit Jahren vertreten, und einer Forderung, die wir seit Jahren aufstellen, seriös auseinandersetzen würde, nämlich der Forderung nach einem Schubhaft-Vollzugsgesetz.

Frau Kollegin Partik-Pablé hat recht: In Österreich gibt es eine gesetzliche Grundlage, um Menschen, die sich in Strafhaft befinden, zwangsweise zu ernähren. Ob das aber, Frau Kollegin Partik-Pablé, ein Mittel ist, das der Menschenwürde entspricht, würde ich sehr in Frage stellen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Er ist ja nicht zwangsweise in dem Zustand!) Der größte Mangel bezieht sich aber auf die Tatsache, daß Schubhäftlinge – das einzige, was Strafhäftlinge und Schubhäftlinge verbindet, ist das Wort "Häftling" (Abg. Dr. Partik-Pablé: Und das Brechen der Rechtsordnung!) , bei der ersten Gruppe zu Recht, bei letztgenannter zwar auch zu Recht, aber aus ganz anderen Gründen – eingesperrt werden. Sie haben – Kollege Kier hat es vorhin schon erwähnt – selbstverständlich entgegen den Vorschriften der österreichischen Rechtsordnung gehandelt, wenn sie illegal die Grenze überschreiten. Damit setzt jemand eine Handlung, die ihn nicht in das rechte Licht rückt, nämlich eine Unrechtshandlung nach den Gegebenheiten der österreichischen Rechtsordnung.

Meine Damen und Herren! Ob das aber Grund genug ist, um in Österreich viel schlechter als ein Strafhäftling behandelt zu werden, was nämlich sowohl die hygienischen und sanitären Bedingungen dieser Haft als auch das psychologische Moment betrifft, ist eine Frage von Menschenrecht und Menschenwürde. Das ist eine Frage, wie man das Recht auf menschenwürdige Behandlung prinzipiell sieht, und darüber braucht man mit der Freiheitlichen Partei grundsätzlich keine Diskussionen zu führen. Der Standpunkt der Freiheitlichen, wenn es darum geht, sich mit den Rechten und der Würde von Häftlingen als solche auseinanderzusetzen, ist ja bekannt.

Da werden die Begriffe "Strafhäftlinge" und "Schubhäftlinge" eben frisch und fromm durcheinandergemischt, das ist bei Ihnen alles dasselbe. Es wird auf diesem Klavier der Vorurteile, auf dem Klavier des demagogischen Repertoires gespielt und damit suggeriert, daß Schubhäftlinge alle insgesamt und per se Verbrecher beziehungsweise Rechtsbrecher sind – damit ich selbst in der Terminologie exakt bleibe –, meine Damen und Herren.

Ich weiß von Herrn Bundesminister Mag. Schlögl aus vielen Wortmeldungen in der Vergangenheit, als er noch nicht Innenminister war, sondern als Kollege in den Abgeordnetenbänken ge


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sessen ist, daß er Strafhäftlinge nicht mit Schubhäftlingen gleichsetzt, daß er sehr wohl daran interessiert ist, daß Menschenwürde und Beachtung von Menschenrechten auch für Häftlinge – es gibt beide Kategorien in Österreich – ein Gut sind, das wir schützen müssen, und daß wir die Würde des Menschen nicht mit Füßen treten.

Was ich aber bei Ihnen vermisse – das hat nichts mit den Freiheitlichen zu tun, das hat nichts mit den polemischen, mit den demagogischen, mit den zum Teil berechtigten, zum Teil unberechtigten Vorwürfen, mit denen Sie hier konfrontiert werden, zu tun –, ist, was Sie als Bundesminister im Sinne dieser Haltung, dieser höchst sozialdemokratischen Haltung, an Vollzugshandlungen setzen, welche Spuren Sie als Ressortchef in der praktischen Politik hinterlassen.

Ich sehe diese positiven Spuren nicht. Ich sehe nicht, daß man das Instrument der Bundesbetreuung dort einsetzt, wo es notwendig wäre. Im Gegenteil: Ich höre von allen Seiten Proteste, wenn es darum geht, wie Asylwerber beziehungsweise Menschen, die in Österreich sind, hier aber kein formales Aufenthaltsrecht haben, behandelt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend) : Das geht bis hin zu den schweren Vorwürfen, die der UNHCR, die Caritas und Menschenrechtsorganisationen in Österreich aufgrund von tragischen Ereignissen erheben, die ... (Beifall bei den Grünen.)

15.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist vorbei.

Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

15.37

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich habe mich sehr bewußt am Ende dieser Debatte zu Wort gemeldet, weil ich die Rednerinnen und Redner der einzelnen Parlamentsfraktionen abwarten wollte, weil – wie erwartet – durch deren Debattenbeiträge sehr eindrucksvoll dargelegt worden ist, wie unterschiedlich die Bewertung dieser Frage in den einzelnen Parlamentsfraktionen ist.

Während die eine Seite im Hause sehr vehement von mir als Innenminister erwartet, daß ich mit aller Härte und Konsequenz gegen das Freipressen durch Hungerstreiks vorgehe, sieht die andere Seite des Nationalrates die Sache so, daß seitens der Behörde ohnehin bereits unmenschlich agiert und gehandelt wird.

Ich meine, daß die Wahrheit in der Mitte liegt, und ich möchte auch kurz begründen, wieso ich der Ansicht bin, daß man zwischen diesen Meinungen und Extremstandpunkten einen Mittelweg zu finden versuchen sollte. Ich jedenfalls versuche, diesen Mittelweg zu gehen.

Unbestritten ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß es einen viel stärkeren Migrationsdruck auf Österreich und andere Staaten Europas gibt, als das noch in den vergangenen Jahren der Fall war. Unbestritten ist auch, daß ein Großteil der Menschen, die nach Österreich kommen wollen, nicht Menschen sind, die aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen verfolgt werden, sondern Wirtschaftsflüchtlinge oder – um das vielleicht noch korrekter und konkreter zu formulieren – Armutsflüchtlinge, das heißt also Menschen, die in ihren Heimatländern keine Perspektive mehr haben, nicht an die dortige soziale, gesellschaftspolitische oder wirtschaftliche Weiterentwicklung glauben, aber die Hoffnung haben, in Österreich oder in anderen Staaten Europas eine neue, eine bessere Heimat zu finden.

Unbestritten ist auch, daß in den letzten Jahren sehr viele Menschen in Österreich neu aufgenommen wurden, daß sehr viele Menschen in Österreich eine neue Heimat gefunden haben. Österreich ist innerhalb der Europäischen Union jenes Land, das den zweithöchsten Ausländeranteil hat. Nach Luxemburg mit 33 Prozent ist Österreich mit 9 Prozent das Land, das den zweithöchsten Ausländeranteil aufweist.


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Unbestritten ist weiters, daß es immer mehr Menschen gibt, die aus osteuropäischen Nachbarstaaten, aber vor allem auch aus Staaten aus anderen Teilen der Welt nach Österreich kommen, besser gesagt: nach Österreich geschleppt werden. Es gibt eine Vielzahl von kriminellen Organisationen im Bereich der organisierten Kriminalität, die mit der Not und dem Elend vieler Menschen gigantischen Profit machen.

Darum bin ich der Meinung, daß es unsere erste und primäre Aufgabe sein muß, alles zu tun, um gegen diesen illegalen Menschenschmuggel, gegen den illegalen Menschenhandel vorzugehen, die Täter festzunehmen und entsprechend zu bestrafen. Diesbezüglich wurde ja im vergangenen Jahr eine Gesetzesänderung vollzogen, wobei Schlepperei unter deutlich strengere Strafe gestellt worden ist. Ich hoffe, daß diese neuen, besseren Strafbedingungen von den Gerichten auch genutzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klar ist auch – und das sage ich vor allem in Richtung der grünen Fraktion und in Richtung der liberalen Fraktion –, daß es einfach nicht so sein kann, daß ein Mensch, der illegal nach Österreich einreist und nur das Wort "Asyl" sagt – jetzt überspitzt formuliert –, automatisch und ohne nähere Prüfung das Aufenthaltsrecht bekommt. Und wenn ich denke, daß im vergangenen Jahr fast ... (Abg. Mag. Stoisits: Wer sagt das, Herr Minister? Wer verlangt das? Nennen Sie mir einen Namen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Stoisits! – Abg. Dr. Kier: Das sind Unterstellungen! – Abg. Mag. Stoisits: Kein Mensch verlangt das, was Sie sagen!)

Natürlich wird das nicht direkt, sondern nur indirekt gefordert. Und wenn jemand fordert, daß man die Schubhaft abschaffen soll, dann ist er ein Illusionist, denn ohne Schubhaft geht es nicht. Wir haben im vergangenen Jahr an die 17 000 Menschen gehabt, die versucht haben, illegal in unser Land zu kommen, und festgenommen worden sind. Davon sind mehr als zwei Drittel Menschen aus Staaten, wo in keiner Weise die Menschenrechte gefährdet sind, wo in keiner Weise eine Verfolgung droht – aber wo es natürlich große soziale Mißstände gibt, da gebe ich Ihnen recht. Jedem muß bewußt sein, daß ein Großteil der Menschen, die nach Österreich kommen, Wirtschaftsflüchtlinge sind, und jedem muß bewußt sein, daß wir, würden wir allen, die nach Österreich kommen, die Möglichkeit geben, in Österreich zu bleiben, große soziale Spannungen hätten.

Deshalb müssen wir ein konsequentes System aufbauen. Deshalb haben wir das System an der Grenze zu unseren osteuropäischen Nachbarstaaten, zu den Staaten, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind, aufgebaut, um eine illegale Einreise so weit wie möglich zu verhindern. Deshalb haben wir auch die strengeren Strafen gegen illegale Migration eingeführt.

Faktum ist aber auch, um das klar zu sagen, daß wir alles tun, um die Bedingungen in der Schubhaft zu verbessern. Und der Vorwurf der Freiheitlichen Partei, daß ich diesbezüglich geschlafen und keine Maßnahmen gesetzt hätte, ist nicht zutreffend. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade in den letzten Wochen und Monaten wurde eine Vielzahl von Maßnahmen gesetzt, und ich möchte nur drei anführen, die mir wichtig erscheinen:

Erstens haben wir gemeinsam mit nichtstaatlichen Organisationen ein soziales Betreuungsprogramm für Schubhäftlinge eingeführt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist aber nicht im Interesse der Österreicher!) Der Frau Abgeordneten Stoisits möchte ich sagen, daß allein diese Tatsache zeigt, daß wir hier sehr wohl gehandelt haben und uns bemühen, die Menschen, die in Schubhaft sind und in der Regel nicht Strafgefangene sind, sondern ein Verwaltungsdelikt begangen haben, bestmöglich zu betreuen und für sie auch die Basis zu schaffen, wenn sie wieder zurückgeschickt werden, daß sie unter guten, unter menschenwürdigen Bedingungen die Schubhaft verbringen können.

Diese Betreuung durch nichtstaatliche Organisationen, die vom Innenministerium finanziert wird, gibt es seit 1. Jänner dieses Jahres, und ich gehe davon aus, daß dadurch die Bedingungen in der Schubhaft deutlich verbessert worden sind.

Zweitens: Wir haben ein großes Defizit im Bereich der Schubhaft gehabt. Unsere Schubhäftlinge sind kreuz und quer durch Österreich transportiert worden. Viele Schubhäftlinge mußten freige


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lassen oder konnten gar nicht in Schubhaft genommen werden, weil wir nicht genügend Plätze gehabt haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: "Scheindebatte", Herr Achs!) Wir haben deshalb ein zentrales Schubhaftmanagement eingerichtet, wodurch der "Schubhafttourismus" in Österreich einigermaßen beseitigt worden ist. Gleichzeitig ist es auch gelungen, zu erreichen, daß kaum noch Schubhäftlinge wegen mangelnder Plätze freigelassen werden.

Und drittens, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir sehr wohl damit begonnen, zusätzliche Schubhaftplätze zu schaffen. In Vorarlberg, in Bludenz, sind 16 Schubhaftplätze im März eröffnet worden. In Eisenstadt bemühen wir uns gerade, 30 Schubhaftplätze zusätzlich zu schaffen. Der Baubeginn ist bereits erfolgt, ich nehme an, daß im Mai die Fertigstellung erfolgen wird. – Ich weise nur darauf hin, daß es in Eisenstadt viel einfacher gegangen wäre, wenn nicht die Freiheitliche Partei eine örtliche Bürgerinitiative gegen die Errichtung von Schubhaftplätzen gebildet hätte.

Ich habe angeordnet, daß in Salzburg die Erweiterung des Polizeigefangenenhauses durchgeführt wird. Baubeginn ist im Mai dieses Jahres, die Bauzeit wird ungefähr ein halbes, ein dreiviertel Jahr betragen. Damit werden wir zirka 66 zusätzliche Schubhaftplätze bekommen. Wir werden in Schwechat ein Schubhaftgefängnis errichten. Aber da war wieder die Freiheitliche Partei diejenige, die vehement dagegen agiert hat, vor allem der Abgeordnete Kabas aus Wien. Er hat gesagt, wir bräuchten dieses Schubhaftgefängnis in Schwechat nicht, es genüge, wenn wir in Wien das Polizeigefangenenhaus ausbauen würden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Weil es Kasernen gibt!) Das tun wir auch, die entsprechenden Arbeiten haben bereits begonnen und werden im Jahre 2001 abgeschlossen sein.

Das heißt, wir haben uns sowohl hinsichtlich der sozialen, der humanitären wie auch der rechtlichen Betreuung der Schubhaftgefangenen bemüht, neue Lösungen zu finden, und das ist mit der Einbeziehung von nichtstaatlichen Organisationen seit 1. Jänner dieses Jahres begonnen worden. Wir haben ein zentrales Schubhaftmanagement eingeführt und mit der Errichtung von zusätzlichen Schubhaftplätzen begonnen. Daß es in diesem Bereich nur Ankündigungen gegeben hätte, stimmt also nicht.

Wir haben ein großes Problem, das in den letzten Wochen und Monaten immer stärker geworden ist, und das ist die Tatsache, daß sich immer mehr Schubhäftlinge dadurch, daß sie in Hungerstreik treten, freipressen. Das kann in einem Rechtsstaat nicht akzeptiert werden, da gebe ich Ihnen recht, und dagegen müssen wir vorgehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das haben Sie schon im September gesagt!) – Ja, aber wir sind ja dabei, etwas zu machen!

Dagegen müssen wir aus zwei Gründen vorgehen: Erstens, weil es unmenschlich ist, jemanden, der eine Woche, 14 Tage hungergestreikt hat, einfach auf die Straße zu setzen, ihm den Ausweisungsbescheid zu geben und zu sagen, du mußt innerhalb von 24 Stunden das Land verlassen. Das ist unmenschlich, das geht nicht. Und zweitens kann es der Rechtsstaat nicht akzeptieren, wenn wir an der Grenze versuchen, ein System aufzubauen, das keine illegale Migration zuläßt, und dann Menschen, die versuchen, illegal einzuwandern, und festgenommen werden, nicht zurückstellen, sondern einfach freilassen.

Deshalb wollen wir entsprechende Maßnahmen setzen. Ich habe mich Ende vergangenen Jahres mit dem Justizminister in Verbindung gesetzt und versucht, eine Rechtshilfe durch das Justizministerium zu erreichen, daß Schubhäftlinge vom Justizbereich betreut werden, wenn sie in den Hungerstreik treten. Das ist leider abgelehnt worden, das Justizministerium kann nicht helfen.

Daher werden wir jetzt folgendes machen: In den nächsten Tagen werden von unserer Seite mit Krankenhäusern entsprechende Verträge abgeschlossen mit dem Ziel, daß Schubhäftlinge, wenn sie in den Hungerstreik treten und nicht mehr haftfähig sind, nicht aus der Haft entlassen, sondern in entsprechende Krankenhäuser eingeliefert und dort unter ärztlicher Aufsicht betreut, aber gleichzeitig auch von Exekutivkräften bewacht werden. Wir glauben, wenn wir diese Maßnahme, diesen Schritt setzen, wird sich die Zahl der Schubhäftlinge, die sich durch Hungerstreik


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freipressen wollen, deutlich reduzieren, weil dann das Ziel, nämlich freizukommen, nicht erreicht wird.

Ich halte diese Maßnahme – wir prüfen derzeit noch, ob dies auch ohne neue gesetzliche Regelung möglich ist – für viel gescheiter und sinnvoller, als eine Zwangsernährung einzuführen, die, und das sagen ja alle Ärzte, gegen den Willen eines Häftlings nicht leicht möglich ist.

Ich glaube, dieser Weg, den ich Ihnen hier skizziert habe, ist ein richtiger und guter, und ich bin überzeugt davon, daß er sich, wenn wir ihn so umsetzen, in den nächsten Wochen und Monaten auch bezahlt machen und rechnen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

15.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist geschlossen. Anträge wurden keine gestellt.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3529/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen daher als nächstes zur Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 3529/AB. Es ist eine Verteilung der schriftlichen Anfragebeantwortung vorgenommen worden, sodaß sich eine Verlesung erübrigt.

Es gelten die gleichen Redezeiten wie vorher: zur Begründung 10 Minuten, dann 5 Minuten.

Zu Wort gelangt als Begründerin Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte sehr.

15.49

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine Reihe von Anfragen an verschiedene Minister dieser Bundesregierung gerichtet, an alle, die unserer Meinung nach, soweit wir das verfolgen konnten, mit den Verhandlungen dieses multilateralen Investitionsabkommens beschäftigt oder davon tangiert sind.

Wir könnten hier über alle Antworten debattieren, weil alle Antworten entweder nichts oder kaum etwas aussagen oder ziemlich irreführend sind. Für den Beginn haben wir uns zunächst die Antwort des Bundeskanzlers ausgesucht, der ja Chef dieser Bundesregierung und Hauptverantwortlicher für diese Antworten und auch für ein eventuelles Verhandlungsergebnis ist.

Herr Staatssekretär! Ich weiß nicht, inwieweit Sie in diese Beratungen und Verhandlungen eingebunden sind beziehungsweise eingebunden waren und inwieweit Sie hier tatsächlich den Standpunkt der Regierung wiedergeben können. Das multilaterale Investitionsabkommen dient jedenfalls zur Minimierung der Risiken bei grenzüberschreitenden Investitionen, des ungehinderten Transfers von Kapital und Produktionsmitteln und der Öffnung der Märkte.

Dieser letzte Punkt allein – um hier nur mit einem Satz darauf einzugehen – ist im übrigen entwicklungspolitisch besonders relevant. Und der österreichische Chefverhandler hat recht entlarvend gesagt, daß der Widerstand der Entwicklungsländer sehr groß ist und daß die meisten durchaus emotional und nationalistisch denken und nicht einsehen, daß es notwendig ist, auch ausländische Investoren hereinzulassen. Aber es steht gar nicht im Vordergrund, ob ausländische Investoren ins Land gelassen werden oder nicht, sondern es stehen andere Dinge im Vordergrund.

Vorweg einmal: Die Definition, was Investition ist, ist dermaßen breit angelegt, daß de facto alles darunterfällt. Es geht nicht nur um Wertpapiere, Grundstücke, Banken, Versicherungen, sondern es geht beim derzeitigen Verhandlungsstand auch um geistiges Eigentum. Hier haben die Franzosen zwar ein Veto eingelegt, aber noch geht es auch um geistiges Eigentum.

Was auch noch ganz besonders ist an diesem Abkommen: Es gibt das Top-down-agreement. Das heißt, alles, was hier nicht als Ausnahme aufgezählt ist, fällt da hinein. Und das ist das


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Kennzeichnende daran, das ist nämlich anders als bisher bei GATT und WTO: Hier geht man davon aus, daß im Prinzip alles hineinfällt, und das Wenige, das nicht hineinfällt, wird eben aufgezählt.

Nun zu den Antworten, die ich auszugsweise behandeln möchte. Auf die Frage, wie denn die offizielle österreichische Position zu diesem Vertragswerk lautet, antwortet der Kanzler sehr, sehr marginal, daß die österreichische Bundesregierung die Bemühungen unterstützt, die dieses MAI mit sich bringt, und er geht dann sofort zum effektiven Streitbeilegungsmechanismus über. Er bezeichnet diesen Mechanismus als einen effektiven.

Das ist einer der Kernpunkte, den dieses Abkommen hat, und für uns einer der größten Kritikpunkte, nämlich daß es zwar Investoren möglich ist, Staaten zu verklagen, und daß es keine Berufungsmöglichkeiten mehr dagegen gibt, daß es aber in Zukunft Staaten nicht mehr möglich ist, Investoren zu klagen oder Rechte einzuklagen, die an und für sich nationale Rechte sind. Und da sind wir beim wesentlichen Punkt: Es werden hier unserer Meinung nach nationale Rechte ausgehebelt. Es stellt sich für uns schon die Frage, ob wir einfach tatenlos zuschauen, wenn allein mit diesem Streitbeilegungsmechanismus österreichische Rechte ausgehebelt werden. Wenn das so realisiert wird, dann ist das sehr wohl eine Frage der österreichischen Verfassung. (Beifall bei den Grünen.)

Und Sie wissen das, denn in der Antwort auf unsere Frage, welche Vorschläge von der österreichischen Seite eingebracht wurden, gehen Sie genau auf das ein und sagen, daß es bei manchen Bestimmungen Vorbehalte gibt, weil sie nämlich unter Umständen die österreichische Gesetzeslage tangieren könnten. Sie formulieren das so: Es gebe hinsichtlich mancher Bestimmungen Vorbehalte, um der gegenwärtigen österreichischen Gesetzeslage weitgehend Rechnung zu tragen. – Bitte was ist "weitgehend"? Geht es darum, daß wir in Zukunft Gesetze einhalten, oder nicht?

Schade, daß Herr Klubobmann Khol nicht da ist, der immer vom "Verfassungsbogen" spricht. Also wenn es nur mehr darum geht, daß wir in Zukunft "weitgehend" die Gesetze einhalten, dann gibt das dem Parlament eine völlig neue Aufgabe und einen völlig neuen Sinn, denn dann könnten wir bei den Gesetzestexten, die wir in Zukunft diskutieren und verabschieden, gleich daran denken, was da alles entstehen könnte, wenn wir der Gesetzeslage nur mehr "weitgehend" entsprechen.

Der Bundeskanzler schreibt in seiner Antwort wortwörtlich: "weitgehend". Es geht darum, daß die Gesetzeslage "weitgehend" eingehalten wird, daß der Gesetzeslage "weitgehend" entsprochen wird.

Diese Frage werden wir in den nächsten Tagen noch weiter verfolgen, und wir werden auch noch weitere Schritte unternehmen. Es ist unserer Meinung nach der Verfassungsdienst einzuschalten. Es ist unserer Meinung nach zu überprüfen, inwieweit die österreichische Verfassung durch solche Abkommen massiv eingeschränkt wird oder auch einzelne Passagen außer Kraft gesetzt werden. Das ist ganz klar, wenn man diese Antwort hier liest. (Beifall bei den Grünen.)

Etwas anderes, vielleicht ein Schmankerl: Ihr Begriff von Öffentlichkeit und von öffentlicher Debatte. In diesem Zusammenhang gibt es einige Antworten, die man sich geradezu auf der Zunge zergehen lassen kann. Auf eine unserer Fragen antworten Sie uns mit dem Hinweis auf die Internet-Homepage des multilateralen Investitionsabkommens. Also das ist für mich nicht der Begriff von Öffentlichkeit, daß wir, wenn es um weitgehende transnationale Bestimmungen mit Gesetzeskraft geht, sowohl als Staatsbürger und Staatsbürgerinnen denn auch als Politikerinnern und Politiker auf die Internet-Homepage derer verwiesen werden, die das Abkommen verfaßt haben und maßgeblich mittragen.

Aber nicht genug damit, Sie antworten auch weiter hinten, daß die bereits erarbeiteten Unterlagen – da kann ich nur in Klammern hinzufügen: Bitte welche?, denn wir haben keine – einer tiefgreifenden Diskussion in der Öffentlichkeit unterzogen werden sollten, mit den Sozialpartnern – und dann folgen in Ihrer Antwort nur schöne Worte. Wenn Sie das ernst meinen, dann führen Sie bitte das, was Sie bisher erarbeitet haben, dringendst einer parlamentarischen Be


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handlung zu! Machen Sie eine öffentliche Enquete darüber, was Sie verhandeln und mit welchem Auftrag, aber führen Sie vor allem alles, was Sie bisher verhandelt haben, alle bisherigen Ergebnisse und Ihre Position, vor allem die der Bundesregierung, der parlamentarischen Behandlung und der parlamentarischen Öffentlichkeit zu! (Beifall bei den Grünen.)

Sie verweisen in Ihrer Antwort darauf, daß der Österreichische Gewerkschaftsbund in die Verhandlungen eingebunden ist. Es scheint Ihnen entgangen zu sein, daß der Österreichische Gewerkschaftsbund eine ablehnende, eine negative, kritische Haltung zu diesem Investitionsabkommen hat, zumindest soweit ich es der Zeitschrift "Arbeit und Wirtschaft" entnehmen kann. Das ist übrigens eine interessante Konstellation, wenn man die Antwort des Bundeskanzlers und auch anderer sozialdemokratischer Minister auf die Anfrage betreffend dieses Abkommen liest.

Aber nicht genug damit schreiben Sie, daß der ÖGB seit Anfang 1997 in die Verhandlungen eingebunden ist. Aber die österreichische Bundesregierung verhandelt in der OECD seit 1995 über dieses Abkommen. Seit 1997 ist der ÖGB eingebunden. Das ist all das, was Sie von der Bundesregierung unter Öffentlichkeit verstehen.

Aber es geht weiter, und ich könnte Ihnen noch lange aufzählen, was darin alles an Bemerkenswertem vorkommt. Sie schreiben in Ihrer Antwort davon, daß es zu keiner Diskriminierung zwischen inländischen und ausländischen Investoren kommen soll, und heißen das gut. Sie scheinen sich nicht überlegt zu haben, daß diese Auflistung von Investitionen, die da möglich und mit beinhaltet sind, zu gravierenden politischen Folgen führen kann. Was machen Sie bitte, wenn jemand kommt und privatrechtlich Universitäten, Versicherungen oder Krankenhäuser gründet und mit Recht und mit Berufung auf das MAI dieselbe Rechtsstellung und dieselben Förderungen und Subventionen verlangt, wie sie bei uns nur öffentliche Einrichtungen bekommen, die nach wie vor mit Fug und Recht öffentliche Einrichtungen und nicht Privateinrichtungen sind?

Was machen Sie nur zum Beispiel mit Ihrer Klientel in der Beamtenschaft, wenn jemand kommt und eine private Versicherung gründet und sagt, er wolle jetzt dieselben Ansprüche haben, wie sie in Österreich zum Beispiel nur die BVA hat, was das Versicherungswesen betrifft? Was machen Sie dann, wenn es dieses MAI gibt?

Das fällt alles darunter, und Sie würden ganz schön in der Bredouille stecken und ganz schön schauen, wie Sie da wieder herauskommen.

Sie schreiben als Antwort, daß das dazu führen kann, daß der künftige Handlungsspielraum der Vertragsparteien eingeschränkt wird. – Ein kleines Eingeständnis. Es könnte schon sein, daß Österreich in seinem Handlungsspielraum, denn wir sind Vertragspartei, eingeschränkt wird. Jawohl, es wird die nationale Souveränität ausgehebelt, und es wird der politische Handlungsspielraum mit diesem Abkommen auf Null reduziert. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Es ist daher nicht verwunderlich, daß das Europäische Parlament einen Antrag der grünen Fraktionen angenommen hat und alle österreichischen EU-Abgeordneten – mit Ausnahme des Liberalen Frischenschlager – diesem Antrag zugestimmt haben. Nehmen Sie sich bitte ein Beispiel an Ihren EU-Abgeordneten, und beleuchten Sie einmal das, was die Bundesregierung hier verhandelt – vor dem Hintergrund der Haltung Ihrer EU-Abgeordneten und der Kritik, die massiv daran geübt wird!

Es ist nicht zu akzeptieren, daß in der Antwort geschrieben wird, dieses Abkommen solle Ende 1998 fertiggestellt sein, ohne daß es das Parlament gesehen oder diskutiert hat. (Beifall bei den Grünen.)

15.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekretär. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten.

15.59

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst möchte ich zu den hier vorgenommenen Anwürfen ganz kurz Stellung


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nehmen. Selbstverständlich ist der Verfassungsdienst permanent eingeschaltet. Selbstverständlich gibt es in dieser Angelegenheit eine permanente Information des Parlaments. Es werden nach jeder Verhandlungsrunde Berichte über den Verhandlungsstand an die Parlamentsdirektion verschickt. (Abg. Mag. Schweitzer: Was denn? Wo denn? – Weitere Zwischenrufe beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Der Vertragsentwurf liegt im Bundeskanzleramt und im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Einsicht auf. Selbstverständlich wird nach fertiger Aushandlung des gesamten Vertrages auch das Parlament damit befaßt werden.

Ich darf nun auf den Inhalt des Multilateral Agreement on Investment kurz zu sprechen kommen. Das Motiv für die Aufnahme von Verhandlungen zur Erarbeitung eines derartigen Abkommens liegt in der Bedeutung der grenzüberschreitenden Investitionen für die Weltwirtschaft, die in den letzten Jahren signifikant zugenommen haben. Das Volumen ausländischer Direktinvestitionen stieg von jährlich rund 25 Milliarden US-Dollar im Jahre 1973 auf jährlich rund 350 Milliarden US-Dollar im Jahre 1996 und erreichte damit eine höhere Zuwachsrate als jene des Welthandels in derselben Periode.

Im Gegensatz zu reinen Handelsbeziehungen haben Direktinvestitionen den Vorteil, daß sie in den jeweiligen Ansiedlungsländern Arbeitsplätze schaffen. Das gilt auch für Österreich. In Österreich haben die Investitionen internationaler Konzerne zahlreiche hochwertige Arbeitsplätze geschaffen und zu einem beträchtlichen Technologietransfer in unser Land beigetragen. Die Befürchtung, die Standards für Umwelt, Arbeits- und Konsumentenschutz würden durch Investitionen ausländischer Unternehmen beeinträchtigt werden, hat sich in Österreich nicht bewahrheitet. Umgekehrt investieren auch immer mehr österreichische Unternehmen im Ausland. Diese haben ein legitimes Interesse daran, für ihre Investitionen kalkulierbare und stabile Rahmenbedingungen vorzufinden, welche Chancengleichheit mit lokalen Mitbewerbern und Schutz vor Enteignung mit sich bringen.

Bisher bilden rund 1 700 bilaterale Investitionsschutzabkommen das Rückgrat des internationalen Investitionsregimes. Allerdings trägt diese große Anzahl von Abkommen – jährlich kommen neue hinzu – nicht gerade zur Übersichtlichkeit im Investitionsbereich bei. Daneben enthalten auch diverse multilaterale Abkommen Investitionsregeln, die alles andere als einheitlich sind und entweder nur für einzelne Regionen oder für bestimmte Wirtschaftssektoren gelten. Die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Investitionen auf multilateraler Ebene – das Hauptziel dieses Abkommens – wäre daher eine weitere wesentliche Voraussetzung zur Erhöhung des weltweiten Wohlstandes.

Ich habe aber auch großes Verständnis für die Sorge, die ihrer heutigen Dringlichen Anfrage zugrunde liegt. Auch ich bin der Auffassung, daß es nicht das Ziel demokratischer Staaten sein kann, Systeme zu schaffen, die ausschließlich an der Profitmaximierung einiger weniger Konzerne orientiert sind. Es bleibt die Aufgabe der Regierungen, den sozialen Zusammenhalt zu sichern und die soziale Gerechtigkeit durchzusetzen, gerade in einer Welt, die zunehmend von Globalisierung gekennzeichnet ist. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich allerdings der Ansicht, daß dazu aktives Handeln auf internationaler Ebene notwendig ist.

Multilaterale Abkommen wie das MAI oder die Abkommen im Rahmen der WTO haben genau die gegenteilige Wirkung von jener, die Sie vermuten. Solche Abkommen sind kein Freibrief für multinationale Konzerne, sondern setzen für alle Marktteilnehmer verbindliche Mindeststandards fest. Damit wird verhindert, daß Staaten, die um international mobiles Kapital konkurrieren, Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards immer weiter nach unten anpassen. Österreich tritt daher im Rahmen der WTO zum Beispiel auch massiv für das Verbot von Kinderarbeit und gegen die Einschränkung gewerkschaftlicher Rechte ein.

Das MAI wird mitunter als arbeitnehmer- und umweltfeindlich angegriffen. Auch in dieser Hinsicht ist das Gegenteil der Fall. Ein wichtiges Ziel der MAI-Verhandlungen ist es, sicherzustellen, daß das MAI die Möglichkeiten der Vertragsparteien, eine selbständige, nicht diskriminierende Umwelt- und Sozialpolitik zu betreiben und ihren Verpflichtungen aus internationalen Abkommen in diesen Bereichen nachzukommen, nicht beschränkt. Erste Analysen – zum Beispiel jene des


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OECD-Sekretariats – kommen zu dem Schluß, daß das der Fall ist. Abkommensbestimmungen, die das zusätzlich ausdrücklich klarstellen, sind in Ausarbeitung.

Mehr noch: Ich bin auch stolz darauf, daß Österreich als erstes Land von Beginn an auf die Aufnahme bindender Verbote im Umwelt- und Sozialbereich gedrängt hat, um insbesondere Umwelt- und Sozialdumping zu verhindern. Mittlerweile hat sich die Mehrheit der Verhandlungsteilnehmer dieser Meinung angeschlossen. Wenn sie sich durchsetzt – und ich bin zuversichtlich, daß sie sich durchsetzen wird –, wird das MAI das erste multilaterale Wirtschaftsabkommen überhaupt sein, das derartige Bestimmungen enthält. Dies würde eine wesentliche und begrüßenswerte Weiterentwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts darstellen.

Auch der Umfang, in dem geistige Eigentumsrechte und kulturelle Industrien vom MAI erfaßt sein sollen, ist noch Gegenstand von Verhandlungen. Ich darf insbesondere darauf verweisen, daß von Frankreich im letzten Kulturministerrat eine generelle Ausnahme hinsichtlich der Kulturbereiche verlangt wurde. Auch Österreich ist an einer weiteren Liberalisierung im Kulturbereich nicht interessiert. Derzeit werden Modelle ausgearbeitet, die dazu dienen sollen, auch da zu Ausnahmebestimmungen zu kommen.

Nun auch ein Wort zu den Auswirkungen des geplanten Abkommens auf Entwicklungsländer: Die positive Bedeutung von Investitionen für die wirtschaftliche Entwicklung nicht nur von Industrie-, sondern gerade auch von Entwicklungsländern ist weithin unbestritten und beispielsweise in der Agenda 21 ausdrücklich festgehalten. Leider sind die – auch von Österreich unterstützten – Bemühungen um ein internationales Investitionsabkommen im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO, der zurzeit 132 Staaten angehören, bisher erfolglos geblieben, obwohl auch viele Entwicklungsländer an einem derartigen Abkommen interessiert wären. Das MAI wird daher auch Nicht-OECD-Mitgliedern offenstehen, selbstverständlich nur, sofern sie das wollen. Einige Länder haben ihr Interesse bekundet, und fünf davon, nämlich Argentinien, Brasilien, Chile, Hongkong und die Slowakei, nehmen seit vergangenem Jahr als Beobachter an den Verhandlungen teil. Bestimmungen, die auf die besonderen Bedürfnisse von weniger entwickelten MAI-Mitgliedern eingehen, sind ebenfalls in Ausarbeitung.

Abschließend darf ich Ihnen versichern, daß die umwelt-, sozial- und entwicklungspolitischen Komponenten des Abkommens auch in Hinkunft ein wesentliches Anliegen des österreichischen Verhandlungsteams darstellen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Staatssekretär.

Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.07

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Zahlreiche parlamentarische Anfragen hat es zu diesem Thema bereits gegeben. Ich sehe es nicht ganz so schwarz wie Frau Abgeordnete Kammerlander, aber – das muß ich Ihnen sagen, Herr Staatssekretär – ich sehe es auch nicht ganz so einfach, wie das soeben von Ihnen dargestellt wurde. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Mag. Schweitzer. )

Dieses Multilateral Agreement on Investment – kurz MAI ausgesprochen – ist ein Investitionsschutzabkommen mit dem Ziel, die Liberalisierung und den Schutz von Investoren zu sichern. Es ist richtig, daß die zentrale Zielsetzung dieses Abkommens die Verpflichtung ist, ausländische Investoren nicht schlechter zu behandeln als inländische oder solche aus Drittstaaten mit Meistbegünstigungsklausel. Es sollen auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche die Rechtssicherheit im internationalen Wirtschaftsleben erhöhen. Das ist in der globalisierten Wirtschaft von heute selbstverständlich ein besonders wichtiger Aspekt. Unter anderem sind auch Transparenzbestimmungen zur Bekanntmachung von investitionsrelevanten Gesetzen sowie der Schutz vor entschädigungslosen Enteignungen und von gesetzeskonformen Transfers von Zahlungen in das und aus dem Gastland vorgesehen.


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Das alles ist richtig, aber im Zuge der Verhandlungen zu diesem Vertragswerk sind von Anfang an und zu Recht österreichische Bedenken deponiert worden, meine Damen und Herren. Diese Bedenken kommen ja nicht von ungefähr. Seit mehr als zwei Jahren wird im Verein der Industrieländer – in der OECD – über diesen Vertrag verhandelt. Multinationale Unternehmungen werden dabei Nationalstaaten teilweise gleichgestellt, und sie erhalten das Recht, Staaten auf die Einhaltung der MAI-Bestimmungen zu klagen und Schadenersatz zu verlangen. Die Staaten verpflichten sich auch, dem Urteil des MAI-Schiedsgerichtes – das kommt nicht von ungefähr – Folge zu leisten.

Es wird daher zu Recht kritisiert, daß die Verhandlungen bisher fernab jeder Öffentlichkeit erfolgt sind. Das muß auch ich hier nachdrücklich ankreiden. In die Begriffe "Investor" und "Investitionen" wird – das hat meine Vorrednerin schon angeführt – alles mit hineingenommen, vom geistigen Eigentum angefangen über Grund und Boden bis hin zu indirekten Investitionen. Es wird dabei nahezu die gesamte Ökonomie eines Landes erfaßt.

Daher bestehen meiner Ansicht nach zu Recht bestimmte Vorbehalte gegen dieses Abkommen, und eine bestimmte Sorge ist ebenso berechtigt: Es geht dabei auch um die Beschränkung des staatlichen Handlungsspielraumes. Vorgesehen sind Stillstands- und Rücknahmebestimmungen. Ein Verbot zukünftiger Gesetze sowie Rücknahmebestimmungen würden bedeuten, daß auch jene Gesetze, die jetzt bestehen, rückwirkend aufgehoben werden könnten.

Ein zentraler Aspekt des MAI ist die Schaffung eines Schiedsgerichtes. Multinationale Unternehmungen erhalten damit die Möglichkeit – das muß man sich wirklich einmal genau ansehen –, Staaten auf die Einhaltung dieser liberalen MAI-Bestimmungen zu verklagen beziehungsweise Schadenersatz zu fordern. Die Staaten verpflichten sich, dem Spruch dieses Schiedsgerichtes Folge zu leisten. Wissen Sie, was es bedeuten würde, wenn wir das alles ungeprüft übernähmen? – Vertreter der amerikanischen Industrie – das ist meiner Ansicht nach die Spitze dieser Meinung – begrüßten die Möglichkeit der Klage von Nationalstaaten, da dies, wie sie meinen, "einen erzieherischen Effekt auf die Parlamente" habe. Meine Damen und Herren, ich glaube, ich brauche das nicht weiter auszuführen. Wir müssen da sehr genau aufpassen.

Ursprünglich sollten die nationalen Parlamente diese Verträge im heurigen Frühjahr ratifizieren. Jetzt wird es sicherlich bis zum Herbst dauern. Erschwerend kommt hinzu, daß dies genau in den Zeitraum fällt, in dem Österreich den EU-Vorsitz innehat. Aus heutiger Sicht wird auch der EU-Ausschuß 113 diese Frage zu behandeln haben. Daher ist es meiner Ansicht nach sehr wichtig, diesen Vertragsentwurf auf all seine Auswirkungen hin zu überprüfen, die Auswirkungen auf die arbeitende Bevölkerung und die Auswirkungen auf die natürlichen Lebensgrundlagen ebenso wie im Hinblick auf den Schutz des regionalen Umfeldes. Vor allem müßten Beschwerderechte eingebunden werden – das kann man dem Verhandlungskomitee mitgeben – zugunsten von Menschen, Gemeinschaften und Staaten gegenüber multinationalen Unternehmungen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Überdies wäre umweltpolitisches und soziales Verhalten zu prüfen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz.

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (fortsetzend): Daher – so mein Schlußsatz, Herr Präsident – hält es die SPÖ grundsätzlich für erstrebenswert, entsprechende internationale Richtlinien zu schaffen, allerdings dürfen dabei nationale Rechte und Bestimmungen nicht unter die Räder multinationaler Konzerne kommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Trinkl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.13

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich im wesentlichen den Ausführungen meines Vorredners anschließen.


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Es handelt sich beim Multilateralen Investitionsabkommen um eine Materie, die derzeit im Rahmen der OECD-Länder verhandelt wird, und nicht um eine fertige Vorlage. Ich unterstreiche, daß man die Verhandlungen darüber sehr gewissenhaft führen muß, damit nationale Interessen nicht unter die Räder kommen. Ich sehe es aber nicht so negativ wie Frau Kollegin Kammerlander, und ich möchte auch meinen, daß die Antworten des Bundeskanzlers nicht irreführend sind. Es können eben auf viele der von Ihnen gestellten Fragen in einem Augenblick, in dem die Verhandlungen laufen – und jetzt noch dazu stocken, wie wir wissen, weil man von seiten der USA, aber auch Frankreichs nicht an einem schnellen Abschluß interessiert ist –, die Antworten nicht genauer gegeben werden.

Ich meine aber, daß in einer Zeit, in der die Internationalisierung der Wirtschaft so massiv wie heute fortschreitet, auch Österreich daran interessiert sein muß, seine Investitionen im Ausland entsprechend abzusichern. Ich darf Sie daran erinnern, daß österreichische Unternehmen insgesamt bereits 150 Milliarden Schilling im Ausland investiert haben. Diese Unternehmen sind selbstverständlich daran interessiert, daß ihre Investitionen nicht auf Sand gebaut sind, sondern daß sie die Möglichkeit haben, auf Änderungen entsprechend zu reagieren. Österreich hat vor allem eine kleinstrukturierte Wirtschaft. Insbesondere in dieser Hinsicht stimme ich teilweise mit den Bedenken meines Vorredners überein, daß es darum geht, gerade die kleinstrukturierten Wirtschaftstreibenden, die als Investoren im Ausland auftreten, entsprechend abzusichern.

Aber wir brauchen uns von großen Multis keine Vorschriften darüber machen zu lassen, wie wir in Zukunft unsere eigenen Rechtssysteme gestalten wollen. Ich bin wirklich stolz auf die österreichischen Verhandler unter der Federführung des Wirtschaftsministeriums. Sie haben dafür gesorgt, daß Österreich als erstes Land das Anliegen eingebracht hat, Sozialdumping und Umweltdumping auszuschließen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie in Singapur!) Wie Sie wissen, Herr Kollege Schweitzer, ist auch die Mehrheit der Verhandlungsteilnehmer bereits auf diesen Kurs eingeschwenkt. Es ist anzunehmen, daß es auch so kommen wird, wie wir uns das vorstellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich gebe Frau Kollegin Kammerlander nicht recht, wenn sie meint, daß dieses Abkommen eindeutig zur Ausbeutung der Entwicklungsländer führen müsse. Es ist umgekehrt der Fall: Ausländische Investitionen in Entwicklungsländer bedeuten für diese Chancen und bringen ihnen Arbeitsplätze. Wer sonst, wenn nicht internationale Investoren, soll in diesen Ländern investieren? Diese Länder können doch nicht selbst das notwendige Kapital dafür aufbringen.

Ich glaube, man sollte nicht einäugig an diese Sache herangehen, sondern mit entsprechendem Elan und viel Mut die Verhandlungen darüber führen. Meiner Ansicht nach hat gerade die Einbeziehung aller in Österreich kompetenten Stellen – aller Ministerien, aller Sozialpartner, des Gewerkschaftsbundes – dazu geführt, daß die Verhandlungsposition Österreichs klar ist und auch erfolgreich sein kann. Ich bin der Meinung, daß wir diese Chance – bei allen Vorbehalten, die man anbringen muß – nützen sollten, damit nicht letzten Endes die österreichische Wirtschaft durch ausländisches Kapital an die Wand gedrückt werden kann. Aber ich bin zuversichtlich, daß das gelingen wird und daß unsere Verhandlungsführung in diesem Sinne erfolgreich sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

16.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schweitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.18

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte dem Kollegen Trinkl (Abg. Dr. Trinkl: ... in allen Punkten recht geben!) wie immer nicht recht geben. Ich erinnere nur an die Auswirkungen des GATT-Abkommens auf die heimische Landwirtschaft. Ich glaube nicht, daß sich dieses Abkommen auf diesen Bereich positiv ausgewirkt hat. Man sieht, wohin sich die kleinstrukturierte, bäuerliche Landwirtschaft in Österreich in den letzten Jahren entwickelt hat. Betriebsschließungen en masse und immer mehr Einkommensreduktionen sind Dinge, mit denen die österreichischen Bauern leben müssen, seit es dieses Abkommen gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ähnliche negative Auswirkungen haben wir durch das WTO-Abkommen bereits erfahren. Als der jetzige hochgelobte Wirtschaftsminister zuletzt nach Singapur fuhr, um an den WTO-Verhandlungen teilzunehmen, ersuchten wir ihn höflich, einmal auf die Problematik aufmerksam zu machen, daß Sozial- und Umweltstandards in der internationalen Produktion überhaupt keine Rolle spielen und daß damit eine Wettbewerbsverzerrung entsteht. Aber unser hochgelobter Wirtschaftsminister Farnleitner ist dort nicht einmal zu Wort gekommen, um diese Bedenken zu äußern. So sieht es aus, wenn Österreich an internationalen Verhandlungen teilnimmt. Österreich wird doch überhaupt nicht gehört!

Alles, was Sie uns da aus einem Papier vorlesen, das aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten kommt – daraus liest Abgeordneter Trinkl vor, daraus liest der Staatssekretär vor –, ist doch nur durch die rosarote österreichische Brille gesehen oder, genauer gesagt, von Dr. Schekulin geschrieben, der es übrigens bis jetzt hervorragend verstanden hat, diese Verhandlungen als geheime Kommandosache zu führen. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Herr Staatssekretär! Seit 1995 wird darüber verhandelt. Unserer Partei liegt ein erstes offizielles Papier vor – Wien, am 9. März 1998 –, jenes Papier, aus dem Sie Ihre Antworten herausgelesen haben. Das ist das einzige offizielle Papier, das uns zugekommen ist.

Es wird uns noch sehr zu interessieren haben, welche Informationen über diese Verhandlungen an das Parlament gegangen sind und dann den Oppositionsparteien weitergeleitet wurden. Wir haben – mit Ausnahme dieses Papiers vom 9. März 1998, gezeichnet mit "Dr. Manfred Schekulin" – bis jetzt noch nichts bekommen. Deshalb sind wir darauf angewiesen, was wir von internationalen Kommentatoren hören, die dieses multilaterale Abkommen als weiteren Schritt bezeichnen, mit dem multinationale Konzerne demokratisch gewählte Regierungen zu Marionetten machen können. Allgemein wird von ihnen die Ansicht vertreten, daß Umweltschutz und Arbeitnehmerrechte weiter durchlöchert werden und daß die Herrschaft transnationaler Konzerne die nationale Souveränität ablöst.

Herr Staatssekretär! Wenn dieses Abkommen bereits im Herbst dieses Jahres ratifiziert werden soll, dann ist es doch höchste Zeit, daß auch die Oppositionsparteien einmal umfassend über die österreichische Verhandlungsposition, über die Situation, wie sich die Österreicher in die Verhandlungen einbringen können und wie schlußendlich der laufende Verhandlungsstand ist, informiert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Erst das würde es ermöglichen, daß auch in Österreich eine entsprechende öffentliche Diskussion geführt werden kann, die Sie bis jetzt offensichtlich ganz bewußt nicht geführt haben. Sie haben es vermieden, die Öffentlichkeit zu informieren. Und wer es vermeidet, die Öffentlichkeit über Verhandlungen zu informieren, der wird sicherlich nicht besonders erfolgreich gewesen sein. Wenn Sie in der Vergangenheit in irgendeinem Punkt einen Teilerfolg erzielt haben, dann haben Sie wiederholt versucht, die Medien damit wochenlang zu beschäftigen. Deshalb glaube ich, daß Sie zumindest bis dato nicht erfolgreich verhandelt haben.

Ich gebe Ihnen daher den guten Rat: Informieren Sie die Öffentlichkeit, informieren Sie die Oppositionsparteien! Wir Freiheitlichen jedenfalls werden Sie mit unserer sehr korrekten Linie bei Ihren Wunschzielen und deren Erreichung gerne unterstützen.

Herr Staatssekretär! Seien Sie fair mit der Opposition! Geben Sie das, was Sie an Verhandlungsunterlagen haben, auch an uns weiter, damit wir uns selbst ein Bild machen können, ob Sie im Interesse Österreichs erfolgreich sind oder nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.22

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß der entscheidende Punkt, welcher in dieser Diskussion herausgestrichen werden muß, jener ist, daß es hier selbstverständlich nicht um Panikmache geht. Es will auch niemand hier dem Protektionismus das Wort reden. Gerade


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Österreich mit seiner kleinen, offenen Volkswirtschaft hat Interesse daran, daß es Abkommen gibt, durch die Investitionen im Ausland geschützt werden. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg.  Dr. Lukesch: Bravo!)

Ich danke, Herr Abgeordneter Lukesch, komme aber nun insofern zur Kritik, als es mich verwundert, von Herrn Staatssekretär Wittmann hören zu bekommen, daß das Parlament angeblich dauernd informiert worden wäre. Bei den Oppositionsparteien sind keine wie immer gearteten Informationen angekommen. (Abg. Dr. Lukesch: Beim Koalitionspartner auch nicht!) Den Äußerungen des Generalsekretärs der WTO ist zu entnehmen, daß es um nichts Geringeres als um die "Verfassung der vereinigten Weltwirtschaft" geht. Die Regierungsfraktionen verhandeln im Rahmen der OECD über die Verfassung der vereinigten Weltwirtschaft, aber man findet es nicht einmal der Mühe wert, hier im Hohen Hause eine Debatte darüber zu führen.

Herr Abgeordneter Trinkl! Wenn Sie sich die Beantwortung der Dringlichen Anfrage durch den Herrn Bundeskanzlers vergegenwärtigen, dann werden Sie erkennen, daß er sich in einzelnen Fragen widersprochen hat. Herr Abgeordneter Dietachmayr hat die Sorge geäußert, daß es dazu kommen könnte, daß einzelne Gesetze zurückgenommen werden müssen. – Sie haben gesagt, ein Umweltdumping würde nicht möglich sein.

In der Antwort zur Frage 5 steht jedoch, daß die Liste der Vorbehalte, die die österreichische Bundesregierung gemacht hat, ganz wesentlich sei. Es geht also, wie Frau Abgeordnete Kammerlander bereits eingangs richtig erwähnt hat, darum, daß alles unter dieses Abkommen fällt – es sei denn, es gibt einen Vorbehalt. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu GATT und WTO.

Daher ist – wie es in der Antwort richtig dargestellt wurde – die Vorlage der Liste der österreichischen Vorbehalte ganz wesentlich. Aber diese Liste findet sich in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage nicht. Diese Liste wurde uns vorenthalten. Sie wäre deshalb so wichtig, weil uns bei den Antworten zu den Fragen 8 und 11 vom Herrn Bundeskanzler erklärt wurde, daß es grundsätzlich um eine Erhöhung der Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Wirtschaftsleben geht. Er meinte, dies könne dazu führen, daß der künftige Handlungsspielraum der Vertragsparteien, also auch Österreichs, eingeschränkt würde. Ein wenig später sagte er, darüber hinaus bliebe es den Vertragsparteien unbenommen, eigenständige Politik zum Schutz der Umwelt, zur Einhaltung der sozialen Standards, zum Schutz der Gesundheit und zur Wahrung der Interessen der Verbraucher zu betreiben.

Herr Abgeordneter Lukesch! Wenn das so ist, dann möchte ich diese Liste der Beantwortung der Dringlichen Anfrage beigefügt haben. Es wäre alles, was Sie hier sagen, Schall und Rauch, wenn man nicht wüßte, wo, in welcher Form und mit welcher Formulierung die österreichische Bundesregierung die Vorbehalte angemeldet hat. (Abg. Dr. Trinkl: Die Liste ist sicher ein wesentlicher Bestandteil!) Ja, sie ist aber nicht dabei.

Herr Staatssekretär Wittmann sagte hier, es gehe doch nur um Mindeststandards. Ich meine, Mindeststandards können nichts Schlechtes sein. – Wir haben aber schon gehört, daß diese Mindeststandards in Wahrheit zur Einschränkung der nationalen Souveränität in der Festlegung der Umweltpolitik und der Sozialstandards führen können.

In der Antwort zu den Fragen 8, 17 und 19 erfahren wir dann zum Schluß, daß das MAI selbstverständlich kein Freibrief für multinationale Konzerne sei, sondern nur die verbindlichen Mindeststandards festlege. – Aber Mindeststandard ist im Sprachgebrauch unseres Hauses doch etwas, was bessere Bedingungen zuläßt. Unter Mindeststandards im Umweltbereich verstehen wir zum Beispiel, daß es nicht schlechter, aber sehr wohl besser sein darf.

Herr Abgeordneter! Wenn das so ist, dann verstehe ich nicht, wozu wir noch Ausnahmen brauchen, denn wenn wir nur sagen, es sollen der ganze Umweltbereich und der ganze Sozialbereich nicht unter ein bestimmtes Niveau gedrückt werden können, dann heißt das doch, daß wir schärfere Regelungen machen können. Wenn das aber so wäre, dann bräuchten wir überhaupt keine Ausnahmebestimmungen.


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So gesehen ist die Beantwortung der Dringlichen Anfrage voll von Widersprüchen. Es ist etwas, was sowohl die SPÖ beunruhigt, wie ja ein Redner der SPÖ, nämlich Abgeordneter Dietachmayr hier zum Ausdruck gebracht hat, aber auch Abgeordneten Trinkl von der ÖVP, der meinte, es werde schon kein Umweltdumping möglich sein.

Wahr ist, daß diese Beantwortung der Dringlichen Anfrage mehr Fragen aufwirft, als sie letztlich beantwortet. Wahr ist weiters, daß sie uns die essentielle Liste der Vorbehalte, die zu diesem Abkommen angeblich angemeldet worden sind, bis heute vorenthalten haben. Wir von den Liberalen haben deshalb die Abhaltung einer Enquete in diesem Hohen Hause gefordert, in der wir über Sozialstandards, über Umweltstandards, aber auch über den notwendigen Investitionsschutz reden wollen. Diese Forderung halten wir auch weiterhin aufrecht.

Die Informationspolitik, die Sie betreiben, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, wird dazu führen, daß die guten Punkte des MAI nicht verwirklicht werden können und daß Sie vielleicht noch mit Problemen konfrontiert werden, an die Sie selbst nicht gedacht haben.

Binden Sie die Opposition ein! Das wird Sie vor schlechten Überraschungen bewahren, weil wir Ihnen viele Dinge jetzt schon aufzeigen können! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.28

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Barmüller, ich hoffe, du sprichst einmal mit deiner Fraktion im Europaparlament, denn die liberale Fraktion im Europaparlament hat als einzige Fraktion dem Grünen Bericht nicht zugestimmt. (Abg. Mag. Barmüller: Er ist auch nicht so scharf, wie er im Entwurf war! – Abg. Mag. Schweitzer: Zutreffend!) Auch Abgeordneter Frischenschlager hat leider diesem Bericht nicht zugestimmt, in dem es darum ging, die Sorgen des Europaparlaments zum Ausdruck zu bringen. Die Sozialdemokraten und auch die Konservativen haben im Europaparlament den Kritikpunkten der Grünen, die sich seit langem mit diesem MAI beschäftigen, in weiten Bereichen Rechnung getragen

Herr Staatssekretär Wittmann! Ich habe Ihre Ausführungen wirklich nicht verstanden. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Wenn Sie sich den Bericht des Europaparlaments durchlesen würden, dann könnten Sie sehen, daß die berechtigten Sorgen und vor allem auch der Bereich der Nichteinbindung der Öffentlichkeit, die meine Kollegin Kammerlander zu Beginn aufgezeigt hat, mehr als nur zutreffend sind.

Es heißt konkret im Bericht, der mit einer überwiegenden Mehrheit im Europaparlament erst vor zwei Wochen beschlossen wurde, daß die Verhandlungen bisher unter weitestgehendem Ausschluß der Öffentlichkeit und auch nationaler Parlamente verlaufen wären, obwohl Transparenz und parlamentarische Kontrolle in weltwirtschaftlichen Kernfragen von entscheidender Bedeutung für die Legitimität diesbezüglicher internationaler Abkommen sind.

Meine Damen und Herren! Bei diesem MAI, das in Österreich noch sehr unbekannt ist, geht es wirklich um sehr viel, und es ist wirklich zutreffend, wenn der Generaldirektor der WTO von einer Weltwirtschaftsverfassung, die geschaffen werden soll, spricht. Es muß – und das soll diese Debatte heute ermöglichen – das Ziel sein, daß sich das Parlament aktiv in die Verhandlungen einschaltet.

Ich verstehe meinen Vorredner von der ÖVP nicht, der meinte, es sei ja ohnehin noch nichts passiert, es werde ja ohnehin noch verhandelt. Deshalb sollen wir uns auch nicht einmischen oder aufregen.

Genau das ist der Sinn dieser Debatte und auch der Sinn der Verhandlungen im Europaparlament: Gott sei Dank gab es darüber Diskussionen und auch einen Bericht! – Es ist ja Ziel dieser


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Debatte, daß man die Verhandlungen nicht nur beeinflussen, sondern viele der Kritikpunkte noch revidieren kann.

Ich möchte ein konkretes Beispiel bringen, damit Sie einen Eindruck davon bekommen, was alles – vieles davon wurde ja schon gesagt – in diesem Paket enthalten ist: Sie müssen sich vorstellen, daß es laut diesem noch immer aktuellen Entwurf – und ich habe mir unter der angegebenen Internetadresse den aktuellen Entwurf noch einmal angesehen – selbstverständlich möglich wäre, daß ein Investor nicht nur alle Rechtssicherheiten hat, was ja legitim ist, sondern daß er auch bei einer Gesetzesänderung den Staat auf Kompensation klagen kann, wenn es aufgrund einer gesetzlichen Änderung zu Verschlechterungen in seinem betriebswirtschaftlichen Handeln kommt. – Das ist eine absurde Sache! Die nationalen Parlamente und auch das Europäische Parlament werden dadurch in einem Ausmaß, das, wie ich glaube, noch niemandem in dieser Konkretheit überhaupt bewußt ist, völlig entmachtet.

Neben diesen unglaublichen Geheimverhandlungen, die ohne Einbindung der NGOs und vor allem ohne Einbindung der nationalen Parlamente stattgefunden haben, ergibt sich ein zweiter wesentlicher Kritikpunkt, den Sie auch nicht entkräften konnten, Herr Staatssekretär Wittmann: Von Beginn an haben nur die OECD-Regierungen ohne Einbindung der Entwicklungsländern verhandelt. Der Grund dafür wird immer wieder angeführt: Man hat Angst, daß seitens der Entwicklungsländer, speziell im Bereich der Sozial- und Umweltstandards, zuviel Druck gemacht werden würde. Deshalb hat man die Kompetenzen von der WTO- auf die OECD-Ebene abgeschoben.

Kollegen von der ÖVP! Sie können am Beispiel der NAFTA-Regelungen in Mexiko sehen, welche Art von Arbeitsplätzen dort geschaffen wurden, nämlich vor allem Billiglohnarbeitsplätze bei den Máquillias. Genau das ist es, was wir alle – hoffentlich! – nicht wollen, nämlich die Ausbeutung der Menschen in einem so hohen Ausmaß, das es auf keinen Fall zu einer Anhebung ihres sozialen Standards kommt noch zu einer Verbesserung der Ressourcennutzung. (Abg. Dr. Trinkl: Das hat ja gar nichts damit zu tun!)

Es wurde in dieser Debatte immer wieder das Thema Arbeitsplätze strapaziert, und auch Herr Staatssekretär Wittmann hat darauf hingewiesen. Im Bericht des Europaparlaments wird ebenfalls auf diesen Punkt eingegangen und extra darauf verwiesen, daß gerade im Bereich der Arbeitsplatzschaffung überhaupt keine Unterlagen vorliegen. Im Gegenzug könne es auch zu unkontrollierten Betriebsverlagerungen und damit eher zu einem Verlust von Arbeitsplätzen kommen. Ich möchte Sie und speziell die Abgeordneten von den Koalitionsparteien auffordern, sich endlich aktiv einzumischen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz.

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (fortsetzend) : Die Abgeordneten des Nationalrates sollten sich aktiv in die Verhandlungen einmischen! Es ist noch Zeit. Wir sollten endlich bei internationalen Verhandlungen selbstbewußter werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen zu diesem Punkt liegen nicht vor.

Es wurden keine Anträge gestellt, daher erkläre ich diese Debatte für beendet.

Kurze Debatte über zwei Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächstes kommen wir zur kurzen Debatte über den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Povysil, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 693/A (E) betreffend Heilmittel und Heilbehelfe, Versäumnisse im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine Frist bis zum 16. Juni zu setzen.

Nach Schluß der Debatte wird die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag stattfinden.


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Wir gehen in die Debatte ein. – Die Spielregeln sind die gleichen, ich brauche sie nicht zu wiederholen.

Frau Abgeordnete Dr. Povysil hat für 10 Minuten das Wort.

16.34

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte Ihnen heute eine unglaubliche und auch unendliche Geschichte erzählen – kein Märchen, sondern eine akribisch genau recherchierte und in allen Details belegte Realität. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. ) Ein wahrer Krimi, Herr Abgeordneter, passen Sie ein bißchen auf! Ein wahrer Krimi – schon fast "Oscar"-verdächtig –, der aufzeigt, zu welchen Machenschaften es auf dem Heilmittelsektor auf dem Rücken kranker Menschen gekommen ist und welche Machenschaften sich da auch weiterhin fortsetzen. Ein Drehbuch der Sonderklasse, meine Damen und Herren, vom Hauptverband gefördert, vom Rechnungshof geprüft, gerügt und verurteilt, von Frau Ministerin Hostasch bis heute durch Stillschweigen geduldet. Hören Sie – und urteilen Sie selbst!

Begonnen hat das Ganze 1937, als eine "Reichsliste" für Heilbehelfe erstellt wurde.

Seit dem Jahre 1959 regt der Rechnungshof an, die Preise dieser immer noch geltenden "Reichsliste" neu zu kalkulieren.

1994, also 35 Jahre später, bemühte sich der Hauptverband, dieser Empfehlung zu entsprechen, aber er machte nicht, wie es logisch wäre, selbst die Ausschreibung dieses Artikelkataloges, sondern er übergab sie einer Firma mit dem Namen ARGE Orthopädie. Die Firma ARGE Orthopädie war unter der Privatadresse eines Dr. Ivanic angesiedelt, eines Verwandten des ehemaligen Bundeskanzlers. (Abg. Reitsamer : Was schon nicht stimmt!) Von dieser ARGE wurde nun ein Katalog erstellt, der nur unter der Bedingung massiver Vorauszahlung in Höhe von mehreren tausend Schilling, also fast schutzgeldhafter Zahlungen, durch die Zulieferfirmen zu einer Produktaufnahme in diesem Katalog führte. (Abg. Mag. Trattner: Sehr schlimme Geschichte!)

Trotz massivster Beschwerden der Unternehmen gegen diese Vorgangsweise unternahm der Hauptverband nichts und leitete diese an ihn gerichteten Angebote einfach an die ARGE weiter.

Diese Mißstände – Insidergeschäfte, schutzgeldartige Zahlungen, ständig steigende Ausgaben für Heilmittel – haben wir bereits vor zirka eineinhalb Jahren hier im Parlament angeprangert. Sie können sich sicherlich noch an unsere Anfragen, auch an unsere Dringlichen Anfragen erinnern und wohl auch an unseren Entschließungsantrag, der schließlich zu einer Sonderprüfung der Gebarung der Sozialversicherungen durch den Rechnungshof führte.

Dieser Rechnungshofbericht, meine Damen und Herren, gab uns nun vollinhaltlich recht. In diesem wurde kritisiert: erstens die unklare Rechtsstellung der ARGE, zweitens die unklaren Vertretungsbefugnisse der ARGE, die ungeklärte Haftung für die hohen Beiträge, welche die Unternehmen zahlen mußten. Im Bericht stand, daß es unmöglich war, die Rechtsform der ARGE überhaupt zu ermitteln. Es war "nicht vertretbar" – so der Rechnungshof –, daß der Hauptverband die Monopolstellung der ARGE überhaupt zuließ, und es war ihm unverständlich, daß der Hauptverband nicht diverse andere Sozialversicherungsträger bei der Preisfindung stärker eingebunden hat. Dies führte nämlich zu einem Mehrertrag für Bandagisten in Wien von immerhin 3,3 Millionen Schilling – und das auf Kosten der Beitragszahler –, in Oberösterreich zu einem Mehrertrag von zirka 1 Million Schilling. Insgesamt brachte laut Rechnungshof – das ist nicht unsere Kritik! – die Neuregelung der Tarife den Sozialversicherungsträgern eine Ersparnis, den Bandagisten höhere Erlöse – und dies alles zu Lasten der Versicherten.

Soviel zur Rechnungshofprüfung, und Sie werden mir doch recht geben müssen, daß diese Fakten geradezu nach Handlungsbedarf schreien. Aber es breitet sich eine grenzenlose Stille um diesen Rechnungshofbericht aus, eine Stille, als gäbe es gar keinen Rechnungshof, als wäre der Rechnungshof ein Organ, das Ihnen gar nicht bekannt ist.


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Der Hauptverband läßt den Gesamtvertrag nahezu unverändert am 1. April 1997 in Kraft treten. Nun wird aber der Vertrag aufgrund der schon bekannten unklaren Rechtsgestaltung gekündigt, sodaß vom 1. Juli 1998 an den Patienten ein vertragsloser Zustand droht und diese die Heilbehelfe zur Gänze vorfinanzieren müssen. (Abg. Reitsamer: Das ist Schnee von gestern!) Der Präsident des Rechnungshofes selbst urgierte im Jänner 1998, daß sowohl der Hauptverband als auch die Frau Ministerin noch immer keine Stellungnahme dazu abgegeben haben, obwohl der Prüfbericht seit 1. August im BMAGS vorliegt. (Abg. Reitsamer: Alles Schnee von gestern!)

In der Zwischenzeit geht das muntere Treiben auf dem Rücken der Patienten lustig und gar hemmungslos weiter, denn nach wie vor bestehen mit der ARGE Orthopädie verflochtene Firmen, nach wie vor nutzen diese auf Kosten einer besseren Betreuung des Patienten und auf Kosten qualifizierter Arbeitsplätze die Möglichkeit, ihre Monopolstellung auszubauen. So wurde zum Beispiel eine Zusatzvereinbarung gekündigt, sodaß Patientinnen – und das sind ganz arme Patientinnen, solche, die Brustkrebs haben –, die Brustprothesen benötigen, nun als Bittstellerinnen nur mehr 80 Prozent des Tarifs rückerstattet bekommen. – Das sind unglaubliche Vorgänge, die sich trotz der Rechnungshofprüfung fortsetzen!

So erteilte die Wiener Gebietskrankenkassa der Firma Bständig, die kein Bestbieter war, einen Gesamtvertrag für Geh- und Heilbehelfe, sodaß es in Wien nun nicht mehr 40, sondern nur noch zehn Abgabestellen gibt, und so weiter. Ich könnte unzählige solcher Beispiele anführen, aber das würde den Rahmen dieser meiner Rede sprengen. (Abg. Mag. Stadler: Wo ist der Nürnberger, der gesagt hat, es würde alles behoben werden!)

Meine Damen und Herren! Seit Jahren gibt es in Deutschland ein bestehendes Verzeichnis von Heilbehelfen mit detaillierten Anwendungs- und Abgabekriterien, das leicht zu bekommen ist. Wir haben es, Sie können es bei uns jederzeit einsehen. Warum wurde dieses Muster nicht verwendet? Sogar der Rechnungshof – nicht wir! – wirft dem Hauptverband vor, die Interessen der Versicherten nicht wahrzunehmen. (Abg. Haigermoser: Und was sagt der Feurstein dazu ...?)

Der Schluß daraus, meine Damen und Herren, kann nur folgender sein: Die Selbstverwaltung des Hauptverbandes dient nicht dem Schutz der Versicherten vor der Politik, sondern dem Schutz des Hauptverbandes vor der Kontrolle. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Hauptverband ist der wahre Förderer der Zwei-Klassen-Medizin in diesem Land. Auch Frau Bundesministerin Hostasch hat trotz mehrmaliger schriftlicher Aufforderung durch den Präsidenten des Rechnungshofes bis dato keine Stellungnahme zu den Vorwürfen übermittelt, obwohl sie den Rechnungshofprüfbericht seit 12. August 1997 vorliegen hat.

Unglaubliche Absprachen gibt es in diesem Land, meine Damen und Herren. – Sie (in Richtung des Abg. Dr. Khol) nicken, Herr Klubobmann; Sie wissen es. (Abg. Haigermoser: Er nickt wissend! – Abg. Dr. Khol: Wir haben das schon oft gehört! Es geht um die Familie Kristen ...!) Es herrscht ein unglaubliches Negieren der Kontrollorgane! Wir fordern die Frau Bundesminister auf, umgehend zu diesen Vorfällen Stellung zu nehmen, und geben ihr, da das Schweigen offenbar weiter um sich greift, eine Frist bis spätestens 16. Juni 1998. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Es ändert sich nichts!)

16.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.43

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es tut mir gerade um die Frau Kollegin Dr. Povysil leid, daß sie sich für solch unseriöse Argumente hat einspannen lassen. (Abg. Dr. Krüger: Wer befindet denn über Ihre Seriosität? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das muß ich hier mit aller Deutlichkeit sagen, und ich werden das gleich erklären. (Abg. Mag. Stadler: Sie hat nur den Rechnungshof zitiert! Sie sagen damit, der Rechnungshof sei unseriös! Unseriös sei der Rechnungshof, sagt die Frau Reitsamer! Hört! Hört!)


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Jetzt passen Sie einmal auf, Herr Kollege: Sie hat gesagt, sie hätte ganz genau recherchiert. Aber wenn sie so genau recherchiert hat, warum macht sie den Herrn Dr. Ivanic zu einem "Verwandten" des ehemaligen Bundeskanzlers Vranitzky? Das frage ich Sie in aller Deutlichkeit! Warum spricht sie von einem Vertrag, von einem Gesamtvertrag? Ein solcher ist – entgegen Ihrer Behauptung! – nie zustande gekommen. Es haben nur 21 Versicherungsträger Verträge mit Bandagisten auf Basis der vom Hauptverband geleisteten Vorarbeiten abgeschlossen. Und das ist etwas völlig anderes. (Abg. Dr. Ofner: Das gehört in die Stellungnahme der Frau Ministerin Hostasch gegenüber dem Rechnungshof!) Soviel zu den "genauen Recherchen", Herr Dr. Ofner. Das sind sieben Seiten Anschüttungen in Richtung Hauptverband und der Frau Bundesministerin. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. )

Zum Bereich der Heilbehelfe und Hilfsmittel insgesamt: In der einzigen dem Hauptverband bekannten Studie rangiert Österreich im Vergleich zu 15 europäischen Ländern mit den diesbezüglichen Pro-Kopf-Ausgaben von 660 S an elfter Stelle. Die Reihe wird von Luxemburg mit 1 760 S angeführt. Der europäische Durchschnitt beträgt 1 000 S. (Abg. Mag. Stadler: Was beweist das? Trotzdem sind Mißstände Mißstände!) Wenn Ihnen etwas nicht paßt, Herr Kollege Stadler, dann schreien Sie. Hören Sie besser zu – und kommen Sie dann heraus! (Abg. Dr. Ofner: Ihren Lesetext da sollte die Ministerin an den Rechnungshof übermitteln! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Kollegin Povysil hat auch behauptet, es gäbe nur Schweigen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Der Hauptverband hat bereits im Herbst dem Rechnungshof geantwortet. Die Frau Ministerin hat dem Rechnungshof geantwortet und ihre Stellungnahme abgegeben. Aber das interessiert Sie ja überhaupt nicht! (Abg. Dr. Ofner: Warum schreiben Sie Ihren Lesetext nicht dem Rechnungshof? – Abg. Mag. Stadler: Warum fragt der Rechnungshof nicht bei Ihnen nach? Da könnte er sich doch das Prüfen ersparen? Sie wissen doch ohnehin alles ...!)

Die Feststellung des Rechnungshofes – ich zitiere wörtlich – lautet: In Zukunft soll die Aufnahme eines Medikaments in das Heilmittelverzeichnis davon abhängig gemacht werden, ob sich sein Preis innerhalb einer 10prozentigen Schwankungsbreite von bereits erfaßten gleichartigen Produkten bewegt. – Zitatende.

Das Prinzip, das bereits seit Jahrzehnten gilt, wird da eingefordert. Das scheint ein grobes Miß-verständnis zu sein. Der Hauptverband hat im Zusammenhang mit den notwendigen Finanzkonsolidierungsmaßnahmen 1996 für das Jahr 1997 das Preisband sogar kurzfristig noch enger als bisher gezogen. Das Gesamtvolumen an Preissenkungsmaßnahmen betrug 725 Millionen Schilling. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. ) Herr Mag. Stadler! 725 Millionen an Einsparung bei gleichem beziehungsweise verbessertem Leistungsvolumen. (Abg. Dr. Ofner: Warum schreiben Sie dem Rechnungshof nicht diese Leseübung!) Die Frau Dr. Povysil darf lesen, ich nicht. Wenn ich den Rechnungshof zitiere, brauche ich es ja vorher nicht auswendig zu lernen – oder, Herr Dr. Ofner? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Bissigkeit ersetzt keine Argumente!)

Um für den Bereich der Heilbehelfe und Hilfsmittel ein Sachleistungssystem aufrechtzuerhalten, sind Verträge mit Interessenvertretungen notwendig. Oder wie stellen Sie sich das vor?!

Der Hauptverband hat mitgeteilt, daß seinerzeit die Bundesinnung der Bandagisten die Arbeit zur Erstellung einer Marktübersicht auf dem Gebiete der Heilbehelfe und Hilfsmittel übernommen und die Durchführung an die ARGE gegeben hat. Auftraggeber für die ARGE war also die Bundesinnung – und nicht der Hauptverband. Der Hauptverband war jedenfalls bemüht, qualitativ hochwertige Produkte zu einem vertretbaren Preis anzubieten.

Die Markterhebung und der Artikelkatalog haben auch tatsächlich zu einer Preisspirale nach unten und zum Auftreten neuer Anbieter geführt. Warum, glauben Sie, hat man zum stärksten Druckmittel gegriffen, nämlich daß es zur Vertragsaufkündigung der Bundesinnung mit 21 Versicherungsträgern kam, die man allerdings zwischenzeitig reparierte? Auch das ist an der Frau Dr. Povysil vorbeigegangen, daß das nämlich längst repariert und der Vertrag wieder intakt ist. (Abg. Haigermoser: Luft holen!)


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Eines kann ich Ihnen noch zu Punkt 1 sagen: Korruptionsverdächtige Mißstände im Hauptverband – das ist eine typische Aussage der "F"! Wenn es irgendwo Probleme gibt, wird gleich von Korruption gesprochen. Das ist Ihre Diktion, aber keine Sachlichkeit. Das sind Schläge unter die Gürtellinie!

Weil heute nacht die "Oscars" verliehen wurden: Würde man "Oscars" für Schläge unter die Gürtellinie verteilen, so würde die Jury diese sicherlich einstimmig Ihnen von der "F" geben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

16.47


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112. Sitzung / Seite 128

Präsident Dr. Heinz Fischer:
Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Stadler: Es wird schwierig werden, diese Rede zu übertreffen!)

16.48

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ganz kurz: Über den Rohbericht kann ich leider mit Ihnen nicht diskutieren, da er mir nicht vorliegt. Ich nehme an, daß er auch Ihnen nicht vorliegt, denn der Rohbericht ist ein amtliches Papier, und darüber sollte man eigentlich nicht diskutieren, bevor es nicht vorliegt. (Abg. Haigermoser: Ja dürf’n s’ denn das?) Ich verstehe aber die Sorge, daß dieser Bericht, über den wir schon vor etwa zwei Jahren diskutiert haben, großes Interesse hervorruft.

Zu den Fakten, meine Damen und Herren: Das Problem der Heilbehelfe ist ein Problem, das wir auch im Jahre 1996, und zwar anläßlich der Sanierung der Krankenkassen, eingehend behandelt haben.

Ich nenne Ihnen jetzt die Zahlen: Im Jahre 1996 hat man für Hilfsmittel und Heilbehelfe im Bereich der Krankenversicherung 1 972 Millionen Schilling aufgewendet. Im Jahre 1997 waren es – ohne Mehrwertsteuer – 1 880 Millionen Schilling. Das ist eine Senkung um 4,5 Prozent in einem Jahr! Meine Damen und Herren, Sie können nicht sagen, das Problem "Hilfsmittel und Heilbehelfe" hätten wir nicht aufgegriffen und nicht zu lösen versucht. – Wir haben einen ganz wesentlichen Beitrag zur Lösung dieses Problems geleistet! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Auch bei den Heilmitteln, bei den Medikamenten konnten wir einen ganz massiven Einsparungserfolg im Jahre 1997 erreichen: Nach vorläufigen Zahlen beläuft sich die Einsparung auf rund 700 Millionen Schilling. Auch da sind entsprechende Maßnahmen gesetzt worden, um die Sanierung der Krankenkassen und der Krankenversicherungsträger voranzutreiben.

Die Jubelmeldungen, die dieser Tage durch die Medien gegangen sind, beweisen, daß wir diesbezüglich auf dem richtigen Weg sind. 1996 gab es im Bereich der Krankenversicherungsträger noch einen Abgang von 0,5 Milliarden Schilling. Im Jahre 1997 gab es einen Überschuß von 1,5 Milliarden Schilling, meine Damen und Herren! Daran kann man erkennen, daß wir gearbeitet und versucht haben, die Probleme zu lösen. Und wir haben Sie gelöst, meine Damen und Herren!

Zur Begehrlichkeit, die jetzt von verschiedenen Seiten kommt, man solle mehr ausgeben, statt Reserven zu bilden, sagen wir nein. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner. ) Den Sanierungserfolg, den wir erzielt haben, Herr Abgeordneter Ofner, werden wir fortsetzen. (Abg. Dr. Ofner: Sagen Sie einmal den Kranken, daß sie begehrlich sind, wenn sie Heilmittel wollen!) Wir garantieren Ihnen, daß wir weitere Reserven für die Krankenversicherung ansammeln werden (weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner ), und zwar deshalb, weil die Krankenversicherungsträger in den nächsten Jahren zusätzliche Aufgaben zu erfüllen haben werden. Die Menschen werden älter, weshalb mehr Gesundheitsvorsorge und Heilmittel notwendig sein werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Die "Begehrlichkeit" der Kranken muß man sich merken!)

16.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.51

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Juni 1996 haben wir die "berühmt-berüchtigte" Dringliche Anfrage an den damaligen Herrn Bundesminister Hums gerichtet, und diese hat zu einer einstimmigen Entschließung des Nationalrats geführt, daß die Mißstände, die wir im Rahmen dieser Dringlichen Anfrage aufgezeigt haben, zu untersuchen und zu prüfen sind. Wir haben am 31. Oktober 1996 einen Bericht des Sozialministeriums erhalten, der verharmlosend war, der nichts von dem bestätigte, was wir sagten. Jetzt haben wir den Rechnungshofbericht – zumindest ist sein Inhalt in allen Tageszeitungen Österreichs zu finden –, und in diesem werden wir in allen Punkten, die wir im Juni 1996 hier aufgezeigt haben, bestätigt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Povysil hat das aufgezeigt, und obwohl unsere damaligen Aussagen bestätigt wurden, sagen Sie, Frau Kollegin Reitsamer, das seien unseriöse Argumente. Sie sagen damit auch, daß der Rechnungshof unseriöse Argumente gebracht hat (Beifall bei den Freiheitlichen – Zwischenrufe der Abgeordneten Reitsamer und Koppler ), und beschuldigen damit indirekt den Rechnungshof, sich unseriöser Argumente zu bedienen. Das ist ungeheuerlich, Frau Kollegin Reitsamer! (Abg. Koppler: Es war noch gar nicht die Möglichkeit, im Ausschuß darüber zu diskutieren!)

Wir haben damals die Rollstuhlsymptomatik aufgezeigt, wir haben die Halskrausen-Problematik, die überhöhten Preise mit einer Gewinnspanne von 1 600 Prozent aufgezeigt. (Abg. Mag. Stadler: Das berührt die Frau Reitsamer nicht! Das ist ihr egal!)  – Das hört sie alles nicht.

Ich habe den berühmten Schuh, den Schlapfen, der 12 000 S kostet, mitgebracht und Ihnen gezeigt. Herr Kollege Feurstein nickt und kann sich noch ganz genau daran erinnern. Was ist denn geschehen? – Man hat die Produktion dieses Schuhs untersucht, geprüft und dann befunden: Dieser Schuh, von dem Kollege Nürnberger gesagt hat: "Der schaut aus wie ein Schlapfen, das gibt es nicht, daß der so teuer ist!", ist deswegen so teuer, weil man ihm nicht ansieht, daß er so teuer ist, und daher ist der Preis von 12 000 S für diesen Schlapfen gerechtfertigt.

Das war das Ergebnis der Ermittlungen der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse. (Abg. Haigermoser: Ja, Feurstein, so war es!) Aber das hat zu keinen Einsparungen geführt. Einsparungen, Kollege Feurstein, sind nur auf dem Rücken der Patienten geschehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben gesagt, ein Plus von 1,5 Milliarden Schilling hätte man erwirtschaftet, man hätte eben gearbeitet. Dazu muß ich sagen: Jawohl, Sie haben gearbeitet: Sie haben die Rezeptgebühren um 20 Prozent erhöht; das hat 500 Millionen Schilling gebracht. Sie haben die Krankenscheinsteuer eingeführt. Sie haben den Beitrag für die Pensionisten eingeführt. Sie haben in einem Aufwischen die Leistungen für die Patienten gekürzt. Das macht den Unterschied von 5 Milliarden Schilling aus. Gegenüber dem Minus von 3,5 Milliarden Schilling, das es vorher gab, gibt es jetzt ein Plus von 1,5 Milliarden Schilling. Das hat die rot-schwarze Saniererkoalition auf Kosten der Patienten gemacht. Das ist der eigentliche Skandal!

Es geht noch weiter. Ich habe Ihnen heute wieder eine kleine Überraschung mitgebracht, nämlich ein Beispiel dafür, wie man im Zusammenhang mit Heilbehelfen mit Patienten umgeht, wie man auf dem Rücken der Patienten bei Heilbehelfen einspart. Ich habe Ihnen vor mehr als eineinhalb Jahren den vorhin von mir genannten Schuh mitgebracht, heute habe ich Ihnen eine Mitteilung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse mitgebracht, die eine Patientin betrifft, die gelähmt und bettlägerig ist und die von ihrer Tochter dreimal täglich katheterisiert werden muß, weil sie nicht mehr selbst Harn lassen kann; eine ungemein aufwendige pflegerische Tätigkeit. Ganz wichtig ist, daß man dabei sehr steril vorgeht. Allein eine Katheterisierung durch einen Laien ist schon ein Problem, und dann muß man auch noch sterile Bedingungen vorfinden, keimfrei vorgehen, denn sonst kommt es zu einer Infektion der Harnwege, aufsteigend in


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die Nieren, zu einer Nierenbeckenentzündung, die eine der häufigsten Todesursachen bei Gelähmten ist.

Bisher war es so, daß die Krankenkasse für die Kosten der Herstellung der notwendigen sterilen Bedingungen aufgekommen ist. Aber nun teilt die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse der Tochter, die diese Pflege durchführt, folgendes mit: Ab sofort haben wir keine Möglichkeit mehr, uns an den Kosten für die Einmalhandschuhe zu beteiligen, da es sich dabei um Krankenpflege- beziehungsweise Hygieneartikel handelt. – Also: Kein Geld mehr für Einmalhandschuhe! Der Tochter wird zugemutet, daß sie die Katheterisierung mit bloßen Händen oder auf eigene Kosten durchführt! Es wird riskiert, daß eine gelähmte Patientin einen aufsteigenden Harnwegsinfekt mit einer Nierensepsis bekommt und möglicherweise daran stirbt; das ist nämlich eine der häufigsten Todesursachen bei Gelähmten. So weit geht man bei Sparmaßnahmen! Die Handschuhe kosten 1,50 S das Stück. Es wäre ein Aufwand von etwa 150 S im Monat. Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse ist nicht mehr in der Lage, dem Patienten diesen Betrag zu bezahlen. Die Versorgung mit diesem Krankenpflegeartikel wurde eingestellt. So wird gespart! Das ist ein Skandal! Das wollte ich noch nachdrücklich sagen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (fortsetzend): So haben Sie gearbeitet, Kollege Feurstein! So wird gearbeitet – auf dem Rücken der Patienten! Damit sind wir nicht einverstanden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Denkt über Niederösterreich nach, über das Wahlergebnis, ob das nicht zusammenhängt mit der Arbeit hier herinnen! Vielleicht hängt es ein bißchen damit zusammen!)

16.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.56

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Feurstein, ich bin wirklich enttäuscht, daß Sie als Sozialsprecher hier die Lobmeldungen, die kommen, weil die Krankenkassen Überschüsse verzeichnen, noch unterstützen. Sie wissen genau, woher die Überschüsse kommen: Sie kommen von den Leistungskürzungen für die Betroffenen, sie kommen von der Krankenscheingebühr und so weiter. Herr Kollege Feurstein, Sie haben hier kein Ruhmesblatt als Sozialsprecher abgegeben – das nehmen Sie sich bitte zu Herzen! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Monopolartige Verträge, weit überhöhte Tarife für Heilbehelfe, Preiskartelle: all diese berechtigten Vorwürfe der Freiheitlichen sind uns schon seit Jahren bekannt. Bereits vor einem Jahr haben wir im Sozialausschuß den Bericht über die Preisgestaltung auf dem Medikamentensektor debattiert. Im Bericht selbst wurde von gravierenden Fehlentwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten gesprochen. Ebenso liegen Rechnungshofberichte vor, die dies bestätigen. Ich beziehe mich dabei auf keinen Rohbericht, sondern auf jene Rechnungshofberichte, die Ihnen allen vorliegen und die Sie hoffentlich gelesen haben.

Meine Damen und Herren! Da versagt offensichtlich wieder einmal ein System, das sich schon jahrzehntelang in den Händen des Parteiproporzes befindet. Monopolstellungen eines Vereins wie der ARGE Orthopädie im gesamten Ostösterreich können eine Wirtschaft nur krankmachen, zu Kostenunwahrheit, Untransparenz und Preissteigerungen führen. Wie anders wäre es zu erklären, daß der Hauptverband trotz der völlig ungerechtfertigt verrechneten Unkostenbeiträge der ARGE Orthopädie für Unternehmen, die Ihre Produkte anbieten wollten, die ARGE weiterhin bedient.

Es ist schier unglaublich, wie schwerfällig der Gesundheitsbereich in Österreich auch noch im vierten Jahr der Mitgliedschaft in der Europäischen Union auf die Gesetze der Marktwirtschaft


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112. Sitzung / Seite 130

reagiert. Ich frage Sie: Wie anders als durch Kartellabsprachen bei der Bundesinnung wäre es möglich, daß die meisten Heilbehelfe und Heilmittel in Deutschland nur die Hälfte kosten?

Meine Damen und Herren! Wir wissen, daß vom 1. Juli 1998 an Selbständige, Bauern sowie die Menschen in Niederösterreich, im Burgenland und in der Steiermark ihre Hilfsmittel aus der eigenen Tasche vorfinanzieren müssen und dann nur noch maximal 80 Prozent des geleisteten Betrages zurückbekommen, da die Bundesinnungen der Augenoptiker, Orthopädietechniker, Bandagisten und Hörgeräte-Akustiker ihre Verträge mit den Krankenkassen bereits gekündigt haben. Doch was geschieht nach dieser Kündigung? – Herr Präsident Sallmutter vom Hauptverband zeigt sich "überrascht". Dabei waren die Streitthemen gar nicht so substantiell, daß sie den Boden dieses ganzen Dickichts berührt hätten.

Ich weise heute die Frau Ministerin darauf hin, daß im Interesse der betroffenen Patientinnen und Patienten dringend Handlungsbedarf besteht, und ich fordere Sie zu einer Aufhebung der sogenannten Reichsliste auf, zu einer völligen Neukonzeption in der Frage des Wettbewerbs und zu staatlichen, ebenfalls notwendigen Regulierungsinstrumenten. Sie weiß genau oder müßte es zumindest genauso wissen wie ich, daß die staatlichen Preiskontrollen zu immer mehr Parallelimporten führen werden. Davor haben die Innungen natürlich Angst, das ist klar. Und sie wehren sich dagegen, wo sie nur können. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Frau Ministerin! Die Lösung kann doch nicht sein, Gesundheitskosten künstlich hoch zu halten, um ein marodes und ineffizientes System weiterhin zu stützen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.01

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß sich die ARGE Orthopädie und die Sozialversicherungsträger gegenseitig nicht weh tun wollen, steht, wie ich meine, außer Streit. Daß im Gesundheitsbereich und speziell im Hilfsmittel- und Heilbehelfsbereich in den letzten Jahren hohe Einsparungen erzielt werden konnten beziehungsweise zumindest keine Kostenerhöhungen mehr verursacht wurden, geschieht ausschließlich und alleine auf Kosten der Betroffenen, die Hilfsmittel und Heilbehelfe brauchen oder brauchen würden. Das ist die Realität, und ich erlebe diese regelmäßig.

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, daß Menschen mit Querschnittslähmung im Bett eine Einlage brauchen, um nicht wundzuliegen. Die Bezahlung dieser Einlagen wurde jetzt von den Krankenkassen gestrichen, und zwar mit der Begründung – das muß man sich einmal anhören! –, daß diese Einlage nicht dem Schutz des Körpers, sondern ausschließlich dem "Schutz des Leintuches" diene. – Das sind "Argumente", die die Krankenkassen den behinderten Menschen jetzt schreiben, wenn es darum geht, daß sie Hilfsmittel oder Heilbehelfe brauchen.

Aber nicht nur der Kostenersatz für die Betteinlagen wurde gestrichen, sondern das Ganze wurde inzwischen sogar soweit getrieben – und ich sage bewußt "getrieben", Herr Feurstein –, daß Menschen, die heute aufgrund von Querschnittslähmungen oder aufgrund von Inkontinenz Windeln brauchen, beweisen müssen, wofür sie diese Windeln gebraucht haben, wenn sie mit ihrem Monatskontingent nicht auskommen. Dann müssen diese Menschen zum Chefarzt und dort glaubhaft machen, warum sie vielleicht noch 20 oder 30 Windeln in diesem Quartal zusätzlich brauchen. – Das ist die Realität.

Und wenn einer von Ihnen meint, daß behinderte Menschen diese Windeln vielleicht zum Tapezieren der Wohnung nehmen, dann muß ich ihm sagen: So schön sind sie wirklich nicht! Wofür sonst sollen die Menschen diese Windeln brauchen als zur Körperpflege und damit sie nicht naß sind? – Aber mit solchen Dingen müssen wir uns herumschlagen.


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112. Sitzung / Seite 131

Herr Dr. Feurstein! Das ist der "große Erfolg" Ihrer 1,5 Milliarden Schilling, die Sie jetzt haben. Das alles haben Sie uns weggenommen! Die Hilfsmittel und Heilbehelfe wurden uns weggenommen, teilweise auch mit der Begründung, daß es jetzt das Pflegegeld gibt und daß diese Leistungen doch bitteschön aus dem Pflegegeld bezahlt werden sollten. Herr Dr. Feurstein! Sie und auch andere Abgeordnete hier wissen doch, daß das Pflegegeld ausschließlich für die persönliche Hilfe und Betreuung gedacht ist. Wenn ich mir daher Hilfsmittel oder Heilbehelfe davon kaufe, dann ist dies laut Gesetz eine Zweckentfremdung. – Das ist eine Tatsache. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Pumberger. )

Sie wissen auch folgendes: Ein Mensch, der heutzutage einen Rollstuhl braucht, aber nicht mehr berufstätig ist, hat nur Anspruch auf einen einzigen Rollstuhl. Ist dieser Rollstuhl kaputt, dann hat er Pech gehabt. Ist man berufstätig, dann hat man das "Privileg", zwei Rollstühle zu bekommen, weil sonst könnte es passieren, daß man vielleicht einen Tag oder drei Tage in den Krankenstand gehen muß, wenn der Rollstuhl kaputt ist und repariert werden muß. Das würde natürlich Kosten verursachen. Ist ein Behinderter jedoch nicht mehr berufstätig, dann mutet man ihm zu, diese ein, zwei oder drei Tage im Bett oder im Fauteuil zu bleiben. – Das ist die Tatsache. Solche Zustände haben wir in Österreich!

Mein Rollstuhl kostet 85 000 S. Da können Sie anrufen, wen oder welchen Bandagisten Sie wollen, und zwar in ganz Österreich: Dieser Rollstuhl kostet überall dasselbe. Das heißt, es gibt praktisch überhaupt keinen Wettbewerb, sondern das sind zementierte Preise quer durch alle Bandagistenbetriebe Österreichs. Diese Preise kommen aber auch nicht "von irgendwo her", sondern Sie wissen, daß die Bandagisten nicht nur in den Innungen sitzen, sondern auch in den Sozialversicherungsträgern. Diese Preise macht man sich gemeinsam aus. Und alles, was an Mehrkosten entsteht, haben die Betroffenen zu tragen.

Mein Rollstuhl kostet ganz konkret, wenn ich ihn mir heute aus New York schicken lasse, 42 000 S – und keinen Schilling mehr! Aber in Österreich kassiert man dafür 85 000 S. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wo verbleibt denn diese Differenz von 43 000 S? – Wenn Sie ehrlich sind und sich das wirklich überlegen, dann wissen Sie, wo dieses Geld bleibt, nämlich in der Verwaltung und in den Handelsspannen der einzelnen Betriebe, die sich auf Kosten der Behinderten und der Steuerzahler bedienen.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete, bitte den Schlußsatz!

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (fortsetzend): Das kann in Zukunft nicht mehr so weiter gehen! Unsere Hilfsmittel- und Heilbehelfeversorgung muß sichergestellt werden, und sie muß für uns Betroffene auch leistbar sein. (Beifall bei den Grünen.)

17.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag, dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 693/A (E) der Abgeordneten Dr. Povysil und Genossen betreffend Heilmittel und Heilbehelfe, Versäumnisse im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, eine Frist bis 16. Juni 1998 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

*****

Als nächstes kommen wir jetzt zu einer kurzen Debatte über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 429/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksbegehrensgesetz 1973 geändert wird, eine Frist bis 11. Mai 1998 zu setzen.


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Nach Schluß dieser Debatte wird die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Ich rufe in Erinnerung, daß die Redezeit für jeden Redner 5 Minuten beträgt. Der Erstredner hat für die Begründung eine Redezeit von 10 Minuten. Gleichfalls sollen Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung und Staatssekretären nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich erteile zunächst Herrn Abgeordneten Mag. Barmüller das Wort zur Begründung des Antrages. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.09

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Antrag, um den es heute geht, den wir im Verfassungsausschuß behandelt haben wollen, betrifft die Änderung des Volksbegehrensgesetzes. Er wurde bereits am 10. April 1997 hier im Hause eingebracht, aber bis heute nicht behandelt.

Dieser Antrag hat zum Inhalt, daß es in Zukunft nicht mehr möglich sein soll, daß Volksbegehren mit den Unterschriften von acht Abgeordneten eingeleitet werden können. Der Grund ist klar, meine Damen und Herren: Es geht bei Volksbegehren um das Instrument von Bürgerinnen und Bürgern, bestimmte Themen an eine gesetzgebende Körperschaft herantragen zu können. Das ist das formalisierte Instrument. Im Gegensatz dazu gibt es auch ein formloses Instrument, nämlich den Weg der Petition.

Wir meinen, es ist eine Zweckentfremdung eines solchen direkt-demokratischen Instrumentes, wenn man es mit nur acht Abgeordnetenunterschriften einleiten kann, während man sonst 10 000 Unterschriften von wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern dafür sammeln muß.

Daher haben wir bereits am 10. April 1997, also vor fast einem Jahr, verlangt, daß wir einmal hier im Hause, und zwar im Verfassungsausschuß, über diese Thematik reden, aber das ist bis heute verweigert worden.

Meine Damen und Herren! Wir stellen diesen Fristsetzungsantrag, weil wir vermeiden wollen, daß es zu einer Inflation von Volksbegehren kommt, wie das schon absehbar ist, und somit dieses Instrument als ein direktes Instrument der Bürgerinnen und Bürger entwertet wird.

Ich sage das vor allem auch deshalb, weil wir im Zuge der Diskussionen, die es gegeben hat, wenn es um die Einleitung oder die Nominierung von Kandidatinnen und Kandidaten zu einzelnen Wahlgängen gegangen ist, unterschiedliche Situationen gehabt haben. Nach unserem Dafürhalten soll es unbenommen sein, daß in parlamentarischen Gremien vertretene politische Parteien, daß Klubs die Möglichkeit haben, zu solchen Wahlgängen bestimmte Personen zu nominieren.

Wir halten es aber für falsch, eine Aufrechnung zu machen, bei der eine Unterschrift eines Abgeordneten gleichgesetzt wird mit rund 27 000 – sprich: in der Größenordnung eines Grundmandats – Wahlberechtigten, wenn es um diese Einleitung geht. Es ist unserer Ansicht nach falsch, zu sagen, eine Abgeordnetenunterschrift entspricht 25 000 Unterschriften von – unter Anführungszeichen – "normalen", nicht gewählten Bürgerinnen und Bürgern. Es sollte klargelegt werden, daß politische Parteien natürlich die Möglichkeit haben, zu einzelnen Wahlgängen Personen zu nominieren, aber es soll nicht diese Gleichsetzung und diese Überordnung erfolgen, wie sie jetzt auch im Gesetz steht.

Das ist nach unserem Dafürhalten zu trennen, und wir möchten daher im Verfassungsausschuß im Rahmen dieses Antrages, den wir betreffend das Volksbegehrensgesetz eingebracht haben, auch eine Diskussion führen, bei der wir das einmal hier im Hause klargelegt haben wollen.

Meine Damen und Herren! Es ist bemerkenswert, daß dies auch bereits von Herrn Präsidenten Fischer – offenbar aus aktuellem Anlaß – medial geäußert wurde. Auch er hat gesagt, daß er zwei Arten von Volksbegehren für überholt hält. Er meint, es ist wichtig, daß wir das auch einmal im Parlament bereden.


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Diesen Gefallen wollen wir den Fraktionen der Regierung natürlich gerne machen, indem wir darauf hinweisen, daß sie einen Antrag der Liberalen, den es seit über einem Jahr hier im Hause gibt, unbearbeitet gelassen haben und daß es endlich an der Zeit ist, vielleicht auch aus aktuellem Anlaß, über diesen Antrag im Verfassungsausschuß in Diskussion zu treten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir schreiten jetzt in der Debatte fort. Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Herr Abgeordneter, für Sie und die folgenden Redner in dieser Debatte beträgt die Redezeit jeweils 5 Minuten. – Bitte.

17.13

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die SPÖ-Fraktion wird diesem Fristsetzungsantrag des Liberalen Forums nicht zustimmen. Zum einen ist er inhaltlich verbesserungsfähig – gelinde gesagt; ich komme noch darauf zurück –, und zum anderen: Für das Timing habe ich einen besseren Vorschlag als die Fristsetzung.

Meine Damen und Herren! Man kann dem Liberalen Forum und Frau Dr. Schmidt eine Kritik heute nicht ersparen. – Ich mache es mir jetzt nicht so billig, zu fragen: Wo ist denn die Frau Dr. Schmidt?, denn sie ist immerhin die Unterzeichnerin dieses Antrages. Es ist schon klar, wo sie ist. Ich mache es mir auch nicht so leicht, zu sagen, dieser Antrag ist wohl im Wahlkampffieber entstanden, dort ist die Motivation zu suchen. Man erhofft sich vielleicht ein bißchen Rückenwind. Ein kleines "Demokratieschmankerl" macht sich sicher gut auf den Marktplätzen. – Nein, meine Damen und Herren, so leicht mache ich es mir nicht. Es geht um eine tiefere Ungereimtheit, um eine Doppelbödigkeit.

Wir sind uns, wie ich annehme, darüber einig, daß die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen über privilegierte Abgeordnetenstimmen verändert, beseitigt gehören. (Abg. Mag. Barmüller: Aber das verweigert ihr seit einem Jahr, Kollege Kräuter! Seit einem Jahr verweigert ihr die Diskussion!) Kollege Barmüller, da sind wir ganz d’accord. Zum Beispiel auch beim Volksbegehrengesetz 1973, wo eben acht Stimmen von Abgeordneten soviel wie 10 000 Bürger zählen. Da sind wir uns einig in der Begründung, auch wie sie hier im Antrag steht. Mit Teilen bin ich einverstanden, etwa damit, wo es heißt: "Diese Privilegierung der Bundes- und der Länderparlamente scheint unsachgemäß." (Abg. Mag. Barmüller: Deswegen: Reden wir im Ausschuß darüber!)

Aber jetzt kommt der Kern: Ist es konsequent, wenn das Liberale Forum einerseits hier Kritik übt und unbändigen Reformwillen zeigt, während andererseits – praktisch zeitgleich – dem Liberalen Forum für die eigene Präsidentschaftskandidatur, für die Kandidatin, die privilegierten Abgeordnetenunterschriften recht und billig sind?! – Das paßt doch nicht zusammen!

Und sogar die eigene Unterschrift ist der Kandidatin willkommen – und die eigene Unterschrift sogar doppelt: einmal für sich und einmal für die Konkurrenz! (Abg. Mag. Barmüller: Weil du Wahlen und Volksbegehren nicht auseinanderhalten kannst, Herr Kollege! Ist ein Volksbegehren eine Wahl?!)

Soll man das jetzt "listig" oder "kurios" nennen? – Ich glaube, es ist wichtig, in diesem Zusammenhang festzuhalten: Insgesamt ist es nicht redlich, wie hier argumentiert wird. Jedenfalls ist es doppelbödig. (Neuerliche Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Was ist inhaltlich verbesserungsfähig, was ist ergänzungsbedürftig? – Ich bin, wie gesagt, einverstanden mit dem Antrag des Liberalen Forums, wenn man sagt: Den § 3 Absatz 3 Volksbegehrensgesetz soll man streichen. Einverstanden! Aber es gibt noch viele andere Punkte, die nicht behandelt, die nicht angesprochen worden sind. Zum Beispiel der § 2. Muß der Antrag von 10 000 Personen unterschrieben sein? Kann man nicht vielleicht über eine Zahl von 5 000 oder 6 000 diskutieren? Oder: Sollte man vielleicht das komplizierte Einleitungsverfahren vereinfachen oder formlos gestalten? – Dazu gibt es einige Ansätze von der Initiative "Direkte Demokratie", die durchaus willkommen sind.


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Oder: Diskutieren wir über die Altersgrenze, über die Kosten oder über die Fristen! Oder: Reden wir umfassend! (Abg. Mag. Peter: Wie stehen Sie zum Vorschlag der Fristsetzung?)  – Ich komme noch auf Ihren Einwand zurück, Herr Kollege Peter.

Oder: Sollte man vielleicht vermehrt Vertreter von Volksbegehren im Parlament, in den Ausschüssen zu Wort kommen lassen? Haben Sie sich – das ist vielleicht ein entscheidender Punkt! – in der Hektik überlegt, ob man bei so sensiblen Änderungen, bei denen es um das Spannungsfeld zwischen repräsentativer Demokratie und plebiszitären Elementen geht, nicht vielleicht den Konsens aller Fraktionen hier suchen sollte? Wäre es nicht wichtig, daß solche Veränderungen von allen politischen Strömungen getragen werden? Ist da ein Fristsetzungsantrag wirklich hilfreich?

Ich komme zur Conclusio, meine Damen und Herren: Ich bin für einen sofortigen Beginn der Gespräche aller Fraktionen zu diesem Thema. Ich bin für umfassende und sorgfältig vorbereitete Gesetzesänderungen. Diese sollen dann auch ein, zwei Jahrzehnte lang halten. Und ich bin grundsätzlich für eine weite, parlamentarische Öffnung gegenüber Gesetzesanträgen und Anregungen der Bevölkerung. Ich bin aber gegen ein hastiges Stückwerk, wie es mit diesem Antrag vorliegt. Daher wird ihm die SPÖ-Fraktion nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

17.17

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Österreichische Volkspartei wird nach den Bundespräsidentenwahlen einen umfangreichen Vorschlag zu einer Gesetzesinitiative vorlegen, die weiter greift, als die Vorschläge, die von Herrn Barmüller und der liberalen Fraktion kommen, und die im Sinne meines Vorredners von den Sozialdemokraten gefaßt sein werden.

Ich meine, daß wir ein Demokratiepaket notwendig haben und nicht nur das beheben sollen, was als Anachronismus aus früherer Zeit stehengeblieben ist, sondern auch Dinge regeln müssen, die in höchstem Maße aktuelle Bedeutung haben.

Wir von der ÖVP glauben, daß die Ungleichbehandlung von Abgeordneten und Bürgern nicht gerechtfertigt ist. Wir glauben, daß Volksbegehren in Zukunft nur von Bürgerinnen und Bürgern einzubringen sind. Wir glauben aber auch, daß ein Ende damit gemacht werden muß, daß Bundespräsidentschaftskandidaten von Abgeordneten vorgeschlagen werden. Auch dafür sollen initiative Bürgerinnen und Bürger unterschreiben – und nicht Abgeordnete. (Zustimmung des Abg. Hans Helmut Moser. )

Herr Moser, Sie nicken. Ich wundere mich, daß Frau Schmidt nicht hier ist, um sich zu rechtfertigen, da sie die einzige Kandidatin ist, die nur von Abgeordneten vorgeschlagen wurde und heute in der Hauptwahlbehörde keine einzige Unterschrift eines Bürgers vorlegen konnte! Eine Dame, die das Privileg, das Sie hier beklagen, für sich selbst sogar zweimal in Anspruch genommen hat! (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt eine Reihe von Menschen, die mir gesagt haben, das sei Heuchelei. Ich möchte diesen Vorwurf der Heuchelei hier nicht wiederholen, sondern nur sagen: Mich wundert, daß Frau Schmidt nicht hier ist, und mich wundert, daß Sie vom Liberalen Forum die Stirne haben, in dieser Sache hier herauszukommen, um sozusagen den Splitter im Auge des anderen zu suchen, aber den Balken im eigenen Auge nicht sehen! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir werden ein Demokratiepaket vorlegen und werden in Übereinkunft mit unserem Regierungs- und Koalitionspartner auch Sie zur Unterschrift einladen. Wir wollen nicht nur dieses Privileg beim Volksbegehren und bei der Bundespräsidentenwahl beseitigen, sondern wir möchten die Volksbegehrens-Durchführung grundsätzlich erleichtern. Da gibt es Vorschläge von initiativen Bürgerinnen und Bürgern, etwa dahin gehend, daß wir die Fristen


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erleichtern und daß wir ihnen bei den Kosten entgegenkommen. Darüber wollen wir ernsthaft beraten.

Wir wollen des weiteren etwas tun, was Hunderte und Tausende von Bürgern begrüßen werden: daß sie Unterstützungserklärungen künftig nicht mehr persönlich beim Einwohnermeldeamt abholen müssen, sondern daß wir – das Fax ist schon erfunden – derartige Dinge per Fax machen können, etwa so, daß man seinen Vorschlag dem Meldeamt faxt und dieses den Vorschlag an den Kandidaten mit der Bestätigung weiterfaxt. Das werden uns die Bürger danken.

Meine Damen und Herren vom Liberalen Forum! Derartige Vorschläge werden wir Ihnen vorlegen. Ich hoffe, daß Sie dann noch im Nationalrat sein werden, um sie zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ironische Heiterkeit beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Barmüller: Du rechnest also nicht damit, daß es noch in dieser Legislaturperiode beschlossen wird!)

17.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.20

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Barmüller! Das, was Sie und Ihre Parteichefin – sie hat es ja schon in der Präsidiale angekündigt – heute mit diesem Antrag bewirkt haben, nennt man einen klassischen Schuß ins eigene Knie; bei Frau Schmidt hätte ich gesagt, ins eigene schlanke Knie. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Aber für die Schmerzen, die die Liberalen durch diesen klassischen Selbstschuß erleiden, machen Sie bitte nicht andere Oppositionfraktionen verantwortlich!

Sie haben bewirkt – das hat jetzt die Rede des Kollegen Khol bewiesen –, daß Sie jetzt eingeladen werden, das plebiszitäre Element der Verfassung, das ohnehin schon schwach genug ist, weiter zu schwächen. Lesen Sie sich bitte das Hilfsgesuchsschreiben der Betreiber des Gentechnik-Volksbegehrens, des Tierschutz-Volksbegehrens und des Frauen-Volksbegehrens durch! (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. ) Das hat Ihre Frau Schmidt vor ihrem klassischen Selbstleger in der Präsidiale zur Sprache gebracht. Meine Damen und Herren! Wer verlangt, die plebiszitären Elemente weiter zu schwächen, sollte wenigstens die Größe haben, sich dann selber nicht vor dem Volk zu scheuen, und zwar nicht nur nicht vor dem niederösterreichischen Volk. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Vor die niederösterreichischen Wähler hat sie sich gar nicht mehr hingetraut, damit sie nicht für das Wahldebakel, das Sie dort erlitten haben, verantwortlich gemacht wird.

Meine Damen und Herren! Sie traut sich auch bei ihrer eigenen Kandidatur nicht mehr vor die Wähler. Warum haben Sie denn keine Unterschriften gesammelt für die angeblich so wichtige Wahl? (Abg. Dr. Khol: Nicht eine einzige!) Nicht nur keine einzige, sondern sie geht auch noch her und unterschreibt für die Konkurrenz – was übrigens bemerkenswert ist: daß sie gleichzeitig mit ihrer Unterschrift Frau Knoll bestätigt, daß sie sie eigentlich für wesentlich fähiger hält, Bundespräsidentin zu werden, als sich selbst. Das ist eine Offenbarung ihrer Einstellung.

Sie wollen mit Ihrem Antrag bewirken, daß das ohnehin schwach ausgeprägte direkt-demokratische Instrumentarium unserer Bundesverfassung, das die bisherigen Volksbegehren-Betreiber zu Recht beklagen – Frau Schmidt hat das in der Präsidiale zur Sprache gebracht –, weiter geschwächt wird. Und selbst sind Sie nicht in der Lage, vor die Wähler hinzutreten und Unterschriften einzuholen, wie das beispielsweise Herr Bundespräsident Klestil getan hat, wie das selbstverständlich Herr Baumeister Lugner getan hat. Sogar Herr Nowak war in der Lage, sich die Unterschriften zu holen.

Meine Damen und Herren! Die SPÖ sollte hier nicht vorschnell Beifall klatschen, Herr Kollege Schieder. (Abg. Schieder: Es hat eh keiner vorschnell geklatscht!) O ja, zu den Vorschlägen des Kollegen Khol haben Sie geklatscht und beifällig genickt. Ich habe Sie genau beobachtet. (Abg. Schieder: Ja, aber nicht vorschnell! Ich habe schon überlegt!) Aber das ist vorschnell, andernfalls erklären Sie Ihrer Genossin Ablinger, Ihrer Genossin Tegischer, Ihrem Genossen


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Guggenberger, Ihrer Genossin Wurm, Ihrer Genossin Konrad und Ihrer Genossin Karlsson, daß sie aufhören sollten, für Frau Knoll zu unterschreiben. Oder ist das nicht durch Ihre Parteibeschlüsse ohnehin abgedeckt, meine Damen und Herren?

Wenn Sie nur darauf aus sind, die Mitsprachemöglichkeit der Bürger dadurch einzuschränken, daß in Zukunft noch mehr Barrieren aufgebaut werden sollen, daß sich der Bürger artikulieren kann, etwa beim Volksbegehren, wenn Sie diesen Unsinn des angeblich Liberalen Forums auch noch übernehmen wollen, dann werden Sie auf den entschlossenen Widerstand von uns Freiheitlichen stoßen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir verlangen nicht nur, daß Sie diese Instrumente beibehalten, sondern wir verlangen auch noch, daß sie ausgebaut, daß sie bürgerfreundlicher gemacht werden. (Abg. Mag. Barmüller: Aber nicht zum Mißbrauch für den Vorwahlkampf!) Aber geh’n S’, hör’n S’ auf, Herr Barmüller! Sie haben sich heute hier für Ihre Chefin blamiert, aber Ihnen ist ja für Ihre Chefin nichts zu dumm! Das beweist dieser Antrag. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wer sich selber so vorführt, wie Sie das heute getan haben, zeigt nur eines: daß er ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie hat, denn sonst würde er nicht dem Bürger auch noch im Rahmen von Volksbegehren jede Mitsprachemöglichkeit nehmen wollen. Aber so zu tun, als ob die Unterschrift, die jemand bei einem Volksbegehren leistet ... (Abg. Mag. Barmüller: Das hat mit dem Antrag nichts zu tun! Stadler, du mußt schon wissen, wozu du sprichst, nicht nur vor dich hinbrabbeln!) Net aufregen, net aufregen, Herr Barmüller! Sie sind ja schon der Musterknabe Ihrer Chefin, Sie sind ja schon ihr Liebling. Sie brauchen sich hier herinnen nicht noch extra zu echauffieren. Es glaubt Ihnen ohnehin Ihre ganze Fraktion, daß Sie ihr Liebling sind. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. ) Herr Kollege Barmüller, beruhigen Sie sich! Sie haben sich heute schön brav für Ihre Parteivorsitzende blamiert, mehr brauchen Sie heute nicht mehr zu tun. Ihre Wiederkandidatur scheint gesichert – mit der Unterschrift der Frau Schmidt!

Meine Damen und Herren! Wir sind für weitere Schwächungen der direkten Demokratie nicht zu haben. Wir sind der Meinung, daß die direkte Demokratie ausgebaut werden muß und nicht geschwächt werden soll! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die letzte Rednerin in dieser Debatte ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Sie haben das Wort.

17.25

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! No na net wird jemand an das Rednerpult treten und sagen: Ich bin für die Schwächung der direkten Demokratie. (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. ) Das wäre ja wie ein Kreuzzeichen über eine politische Karriere. Darum, Herr Kollege Stadler, setzen sich gerade die Oppositionsfraktionen, die Freiheitlichen, aber auch die Grünen und die Liberalen, selbstverständlich dafür ein, daß die direkte Demokratie gestärkt wird, daß die Interessen von Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land leichter umzusetzen sind und auch ernstgenommen werden.

Aber, Herr Kollege Stadler, was mich bei den Freiheitlichen wundert, ist, daß sie, was die politische Kultur, was den Umgang mit dem demokratischen System angeht, nicht sehr zimperlich sind, denn anders ist es nicht zu erklären, daß noch vor kurzer Zeit Mandatare der Freiheitlichen, ich sage jetzt einmal: Scheinkandidaturen von politischen Parteien bei Wahlen unterstützt haben, um den politischen Gegner zu schwächen. (Abg. Mag. Stadler: Was Sie für ein Verhältnis zur direkten Demokratie haben! Was ist das: "Scheinkandidatur"?) Herr Kollege, das sind auch nicht die nobelsten Vorgangsweisen! Ähnliches ist bedauerlicherweise – ich muß das sagen, sosehr ich meine KollegInnen von der liberalen Fraktion auch schätze – erst vor kurzer Zeit in Niederösterreich vorgekommen, nämlich daß ein liberaler Abgeordneter die Kandidatur einer Partei unterstützt hat, um eine gegnerische Partei zu schwächen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. )


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Meine Damen und Herren! Aber das ist alles nicht Gegenstand dieses Initiativantrages der liberalen Fraktion, so wie es heute auch nicht Gegenstand ist, über die Möglichkeiten, für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren, zu diskutieren, sondern es geht um das Volksbegehrensgesetz. Mein Thema ist zwar einerseits auch der Zugang zum Instrument, aber andererseits habe ich viel mehr Sorge, was tatsächlich mit diesem schon bestehenden direkt-demokratischen Instrument in diesem Haus passiert. Darum ist die Deklaration des Herrn Kollegen Klubobmann Dr. Khol ja das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben steht.

Herr Dr. Khol! Es können natürlich 15 erfolgreiche Volksbegehren hier ins Haus gebracht werden, und Sie können dem Bürger – jetzt auf österreichisch gesagt – "das Goderl kratzen", soviel Sie wollen, weil der Zugang so einfach ist. Aber dann macht das Parlament das, was der Nationalrat bei den drei erfolgreichsten Volksbegehren der letzten Jahrzehnte in Österreich, beim Frauen-Volksbegehren, beim Gentechnik-Volksbegehren und beim Tierschutz-Volksbegehren, ja bereits vorexerziert hat: Nichts passiert damit! Die Bürgerinnen und Bürger, die die Hürde der 10 000 Unterschriften genommen haben – eine Hürde, die mir ein Dorn im Auge ist, das gebe ich zu, obwohl ich zwei dieser Volksbegehren mit meiner Unterschrift, weil noch möglich, unterstützt habe –, werden an der Nase herumgeführt, wenn es um die Durchsetzung ihrer Anliegen geht.

Das sollte Sie, meine Damen und Herren, in erster Linie interessieren: Was ist mit den Wünschen, die hier bei uns im Nationalrat trotz Zugangshürden deponiert werden? Wie werden sie geachtet, beachtet? – meiner Ansicht nach Fremdworte in bezug auf diese drei Volksbegehren. Sie werden schlicht und einfach mißachtet, ignoriert oder so verstümmelt, daß die ursprünglichen Forderungen nicht mehr wiedererkannt werden!

Meine Damen und Herren! Der Antrag der Liberalen wird, wenn er jemals im Ausschuß behandelt werden wird, was ja anzuzweifeln ist, meine Zustimmung finden – allerdings mit einigen Adaptierungen. Meiner Meinung nach ist die Hürde von 10 000 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern zur Einleitung eines Volksbegehrens entschieden zu hoch. Nicht nur die Zahl ist entschieden zu hoch, sondern was mich vor allem stört, ist die Zugangsbeschränkung durch die Tatsache, daß jeder zum Gemeindeamt zu pilgern hat. Für große Organisationen, selbst für Parteien, die diesen Umweg wählen, ist es einfach, diese Mobilisierung zustande zu bringen und diese Hürden zu nehmen, jedoch nicht für kleine Initiativen, die wirklich sozusagen Grass-roots-Bewegungen sind und die sich auch dieses direkt-demokratischen Instruments bedienen möchten. Darum ist das eine wesentliche weitere Vorbedingung, wenn es darum geht, direkte Demokratie in Österreich durchzusetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuletzt noch ein Wort zu Herrn Dr. Khol: Er wirft Frau Kollegin Schmidt "Heuchelei" im Zusammenhang mit ihrer Kandidatur vor. – Bitte schön, was, wenn nicht Heuchelei, ist es, wenn die ÖVP jetzt so tut, als wäre Herr Dr. Klestil, der noch amtierende Bundespräsident, nicht ihr Parteikandidat? Was ist er denn dann? (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

17.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. (Abg. Mag. Stadler: Kier redet gar nicht! – Abg. Dr. Khol: Oberlehrer Kier ist in Pension!)

Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen ab über den Antrag, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 429/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksbegehrensgesetz 1973 geändert wird, eine Frist bis 11. Mai 1998 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


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112. Sitzung / Seite 138

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir setzen jetzt die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 9 bis 11 fort.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.32

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die im Gesundheitsausschuß am 13. März des heurigen Jahres mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Grünen verabschiedete Änderung des Lebensmittelgesetzes regelt die Anwendung des Europäischen Lebensmittelrechtes in Österreich und bezieht sich vor allem auf die Bereiche Überwachung und Kontrolle. Gemeinsam mit dieser Novelle beschloß der Ausschuß auf Initiative von SPÖ und ÖVP ebenfalls mit rot-grüner und schwarzer Mehrheit einen Selbständigen Antrag nach § 27 GOG, der Bestimmungen über die Rindfleischkennzeichnung beinhaltet.

Der AMA werden mit diesem Gesetz in Sachen Rindfleischetikettierung insbesondere beim Sammeln von entsprechenden Daten als Bundesbehörde hoheitliche Aufgaben übertragen. Durch diese Bestimmungen soll eine umfassende Kennzeichnung der Rinder von der Geburt bis zum Schlachthof, vom Bauern bis zum Markt sichergestellt werden. Fleisch, das aus Drittländern beziehungsweise anderen EU-Staaten nach Österreich kommt, muß nun ebenfalls entsprechend gekennzeichnet sein. Das bedeutet mehr Produktwahrheit im Sinne des Konsumentenschutzes.

Die Betrauung der AMA mit der Vollziehung der Europäischen Verordnung zur Einführung eines Kennzeichnungs- und Registrierungssystems von Rindfleisch ist die kostengünstigste Lösung, da die AMA ja bereits mit der Durchführung der Europäischen Verordnung zur Kennzeichnung der Registrierung von Rindern betraut ist. Folgende Gründe sprechen für diese Lösung: Beide Kennzeichnungssysteme nutzen dieselben Stammdaten, beide Verfahren müssen daher im selben System abgewickelt werden. Beide Kennzeichnungsverfahren müssen miteinander funktionieren, denn zwischen beiden muß in beide Richtungen navigiert werden können.

Dem Bund werden durch dieses Gesetz keine zusätzlichen Kosten erwachsen, da vorgesehen ist, daß die Vollzugskosten der AMA von den an dieser Kennzeichnung interessierten Wirtschaftskreisen getragen werden.

Weiters wurde im Ausschuß das Europäische Veterinärrechtsanpassungsgesetz angenommen, ebenfalls mit den Stimmen der SPÖ, der ÖVP und der Grünen, das eine gesetzliche Grundlage für die Erlassung von EU-konformen Verordnungen insbesondere hinsichtlich grenztierärztlicher Kontrollgebühren schafft. Damit wird das österreichische Tierseuchenrecht mit den einschlägigen Vorschriften der Europäischen Union harmonisiert. Für die Umsetzung einzelner europäischer Vorschriften ist die Schaffung einer verfassungsrechtlich einwandfreien gesetzlichen Grundlage erforderlich. Dies wird heute geschehen. Und es ist positiv, daß auch dieser Beschluß weder Bund noch Ländern zusätzliche Kosten verursachen wird.

Es ist zu begrüßen, daß die AMA eine zentrale österreichische Datenbank errichtet, der künftig jede Geburt beziehungsweise jeder Standort- oder Besitzerwechsel eines Rindes binnen drei Tagen vom Halter zu melden ist. Die AMA will dabei neben der konventionellen telefonischen Meldung auch die neuen Möglichkeiten der Telekommunikation nutzen, um den bürokratischen Aufwand möglichst gering zu halten. Infolge der BSE-Krise sind diese Maßnahmen zur Wiedergewinnung des Verbrauchervertrauens unumgänglich.

Bei der Rinderkennzeichnung dürfen nicht billige Lösungen auf Kosten der Effizienz und des Vertrauens der Konsumenten angestrebt werden. Die allgemeine Vergiftungsangst von Verbrauchern ist wohl unbegründet, dennoch muß sie ernst genommen werden. Die Landwirtschaft wird sich alle Mühe geben müssen, die Anforderungen an die Tierkennzeichnung und begleitende Garantie zu erfüllen.


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Vertreter der Qualitätskontroll- und Sicherungseinrichtung SGS-Deutschland teilten bei einer Kennzeichnungskonferenz im September des Vorjahres in Wien mit, daß in ihrer Heimat der Schritt in Richtung einer zentralen Datenbank noch nicht erfolgt sei, und sie zollten dem Fortschritt in Österreich Anerkennung. Die Umsetzung des deutschen Rindfleisch-Etikettierungsgesetzes stelle an die Betriebe gewaltige Anforderungen an Investitionen und Neuorganisationen des Betriebsablaufes. Dennoch müsse ab 1998 hinter jedem Stück etikettierten Rindfleisch ein zugelassenes Kennzeichnungs- und Dokumentationssystem mit objektiver Kontrolle stehen.

Die Vorteile der Kennzeichnung liegen nicht nur im Werbeeffekt, sondern auch darin, eine allgemeine Sicherheitsplattform für Rindfleisch aufbauen zu können. Daher sollte sich für die Betriebe weniger die Frage der Investition, sondern eher der Machbarkeit und Durchführung im eigenen Bereich stellen. Außerdem garantieren Produktkennzeichnungen wie das Biosiegel oder das AMA-Gütesiegel, daß die hohen Standards auch eingehalten werden, da deren Vergaben mit ständigen strengen Kontrollen verbunden sind.

Lassen Sie mich abschließend noch feststellen, daß Österreich bereits bei den europäischen Tiertransportrichtlinien und bei der europäischen Rindfleischkennzeichnung unter Beweis gestellt hat, daß es gelingt, durch triftige Argumente und Hartnäckigkeit europaweit Tierschutz- und Tierhaltungsstandards zu erhöhen und Normen zu verschärfen. Als nächsten Schritt gilt es, auf europäischer Ebene verbindliche gleichwertige Mindestnormen für die Nutztierhaltung zu formulieren, die allen Tierhaltern im Binnenmarkt und in den künftigen Mitgliedsländern Chancengleichheit in der Produktion garantieren. Dafür, meine Damen und Herren, wollen wir eintreten. (Beifall bei der SPÖ.)

17.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Koller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.40

Abgeordneter Franz Koller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem Rindfleisch-Etikettierungsgesetz sollen drei Ziele erreicht werden: erstens, daß Unregelmäßigkeiten abgestellt werden, zweitens, daß die Konsumenten nicht getäuscht werden – das, was im Regal steht, muß ordnungsgemäß gekennzeichnet sein –, und drittens, daß die Ehrlichen nicht die Draufzahler sein dürfen.

Als im Jahre 1992 die Tierpässe abgeschafft wurden, nahm man es mit der Herkunftsbezeichnung nicht sehr genau. Jetzt gibt es zwei Ohrmarken bei der Kennzeichung bei Rindern, aber Gewähr, daß nicht gemogelt wird, bietet das auch keine.

Kollege Schwarzenberger hat gesagt, der Einsatz von Mikro-Chips zur Kennzeichnung von Tieren sei nicht durchführbar. Darauf muß ich ihm erwidern: Er erkennt offensichtlich die Zeichen der Zeit nicht. In der EU ist dies schon gang und gäbe. Das ist die Zukunft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Freiheitlichen warnten seinerzeit vor dem EU-Beitritt. Auch bei diesem Gesetz geht es wieder um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Dabei wird wieder einmal unser Mitspracherecht ausgeschaltet. Wie gesagt: Bei diesem Gesetz muß wieder einer EU-Richtlinie entsprochen werden. Das ist aber erst der Anfang. Es sind noch weitere österreichische Rechtsvorschriften dem EU-Recht anzupassen, insbesondere was die Strafbestimmungen betrifft, und zwar stehen noch bevor die Änderung des Futtermittelgesetzes, die Änderung des Düngemittelgesetzes, die Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes, die Änderung des Saatgutgesetzes, die Änderung des Forstgesetzes, die Änderung des Wasserrechtsgesetzes, die Änderung des Qualitätsklassengesetzes und die Änderung des Weingesetzes.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Muhr vom Bundeskanzleramt sagte im Ausschuß: Wir müssen EU-reif werden! – Das ist meiner Meinung nach eine unzureichende Auskunft eines Beamten an Abgeordnete. Bedenklich am Rindfleisch-Etikettierungsgesetz ist für uns erstens, daß die Vollziehung beim Moloch AMA liegt, zweitens, daß die Oberbehörde der Bundeskanzler


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ist und dieser ein Weisungsrecht an die AMA hat – die ÖVP applaudiert noch, wenn dem Landwirtschaftsminister scheibchenweise die Macht entzogen wird (Beifall bei den Freiheitlichen) – und drittens, daß die Umsetzung durch Verordnungen erfolgt, was der Ausschaltung des Parlaments gleichkommt.

Derzeit haben die Bauern einen Marketingbeitrag und eine Gütesiegelgebühr zu bezahlen, und jetzt kommt noch eine Etikettengebühr hinzu. Die von den Bauern zu zahlenden Gebühren werden immer mehr, während das Einkommen der Bauern immer geringer wird.

Frau Ministerin! Schon im Ausschuß fragte ich Sie, ob man nicht all diese Gebühren in einer Gebühr zusammenfassen sollte. Sie stimmten mir zu, wußten aber keine Lösung anzubieten.

Wir haben in Österreich ein Markenverwirrspiel. So werden wir uns mit dem "Feinkostladen Österreich" auf dem europäischen Markt nicht behaupten können.

Mein Kollege Salzl hat bereits zum EU-Veterinärrechtsanpassungsgesetz Stellung genommen. Ich möchte nur noch die Stellungnahme des Amtes der Kärntner Landesregierung vortragen. (Abg. Kiss: Du bist doch Steirer!) Darin heißt es:

"Abgesehen von der unzureichenden Darstellung der Kostenfolgen des geplanten Entwurfes muß auch darauf hingewiesen werden, daß die mit dem gegenständlichen Entwurf geplante Umsetzung von einschlägigen Vorschriften der Europäischen Union mit verfassungsrechtlichen Bedenken behaftet ist. Jedenfalls muß bezweifelt werden, ob mit dem Entwurf das in den Erläuterungen angegebene Ziel der Schaffung einer verfassungsrechtlich einwandfreien gesetzlichen Grundlage tatsächlich erreicht wird." – Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Wir Freiheitlichen werden den vorliegenden Gesetzentwürfen nicht unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.45

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Im Zuge der Diskussion um den Beitritt Österreichs zur EU wurde immer wieder seitens der Beitrittsgegner behauptet, das österreichische Lebensmittelrecht, das bekanntlich zu den strengsten der Welt gehört, werde unterlaufen und Massen ungesunder, mit Schildläusen oder ähnlichen Stoffen versetzter Lebensmittel würden die Österreicherinnen und Österreicher um ihre Gesundheit bringen.

Seitens der Regierungsparteien wurde hingegen immer wieder betont, daß aufgrund des EU-Beitritts in jenen Bereichen, in welchen das österreichische Lebensmittelrecht strenger ist, keinesfalls nach unten nivelliert werde, sondern daß nur in jenen Bereichen an EU-Standards angepaßt werde, in welchen der österreichische Konsument profitieren würde.

Daß dies und nicht das Horrorszenario namentlich der Freiheitlichen Partei eingetreten ist, kann man sehr schön und eindrucksvoll auch an den jetzt zur Diskussion stehenden Gesetzentwürfen sehen. Da geht es nämlich einmal darum, die Kennzeichnung oder, wie es so schön technisch heißt, die "Etikettierung" von Rindfleisch einzuführen beziehungsweise zu verbessern. (Abg. Mag. Schweitzer  – zur ersten Sitzreihe gehend –: Was machst du, wenn man dir den Zettel wegnimmt?) Lieber Herr Kollege Schweitzer! Da du heute schon einmal Schwachsinn geredet hast, würde ich dich ersuchen, etwas weiter nach hinten zu gehen und mich in aller Ruhe fertigreden zu lassen. Deine heutigen Debattenbeiträge waren nicht gerade von erlesener Qualität. Bei dir nützt ein "Zettel" auch nichts; auch ein Konzept hebt die Qualität deiner Debattenbeiträge nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe sind wesentliche Schritte auf dem Weg, einem mündigen Konsumenten jene Informationen in die Hand zu geben, die er


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braucht, um die richtige Entscheidung zu treffen. Ohne die Möglichkeit, den Konsumenten – und davor selbstverständlich alle anderen Beteiligten – in die Lage zu versetzen, die Geschichte seines Mittagessens lückenlos zurückzuverfolgen, sind alle Rufe nach dessen Mündigkeit vergebens. Im Ausschußbericht wurde dies in einer sehr plastischen und, wie ich meine, nicht zu übertreffenden Art und Weise formuliert, indem es heißt: "Fleischkennzeichnung sucht Tiergeschichte, Tierkennzeichnung sucht Fleisch." – Das trifft den Nagel genau auf den Kopf!

Was Inhalt der Tierkennzeichnung ist, wird in der Anpassung der Veterinärvorschriften punktuell ausgeführt. Als Beispiele dafür möchte ich die Änderungen bei der Tierkennzeichnung, aber auch die Umsetzung der EU-Richtlinie betreffend Grenzkontrolle von Fleisch gegenüber Drittstaaten nennen. Daß – und das ist bereits der letzte Punkt, den ich Sie bitten möchte, zur Kenntnis zu nehmen – die verbesserte Kennzeichnung durch bereits geschaffene Institutionen, die das nötige Know-how angesammelt haben, durchgeführt werden soll, ist meiner Überzeugung nach eine Selbstverständlichkeit. Es wäre doch wider die Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Effektivität der staatlichen Verwaltung, nicht auf die AMA, die auf diesem Gebiet bereits seit Jahren tätig ist, zurückzugreifen, sondern eine parallele Institution zur AMA aufzubauen, die erst nach erheblichen Startinvestitionen in der Lage wäre, die Aufgaben, die die AMA bereits heute zur Zufriedenheit aller leistet, zu erfüllen.

Alles in allem glaube ich, daß mit dem Beschluß der vorliegenden Gesetzentwürfe, von denen ich überzeugt bin, daß sie die Mehrheit dieses Hohen Hauses finden werden, weitere wesentliche Schritte auf dem Weg zum mündigen Konsumenten und gleichzeitig auch zur Anhebung der Lebensmittelstandards getan werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Frau Bundesministerin Mag. Prammer zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

17.49

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist heute schon mehrmals gesagt worden, daß es bei den drei vorliegenden Gesetzentwürfen darum geht, die österreichischen Gesetzesbestimmungen an die Vorschriften der Europäischen Union anzupassen. Besonders betonen möchte ich, daß wir hier heute eine für die Europäischen Union erst in Geltung kommende Bestimmung, nämlich die Rindfleisch-Etikettierung, vorgezogen haben. Wir wollen nicht auf den 1. Jänner 2000 warten, sondern jetzt schon die Möglichkeit eröffnen, die Rindfleisch-Etikettierung in Österreich durchzuführen, weil wir glauben, daß es für die Konsumentinnen und Konsumenten und auch für die Landwirtschaft ganz wesentlich und wichtig ist, daß da Klarheit und Transparenz herrschen und daß auch das, was immer wieder verlangt wird, nämlich die Kontrolle vom Stall bis auf den Tisch, auch wirklich gegeben ist. Ich glaube, daß wir damit einen ganz wesentlichen Schritt in die richtige Richtung gesetzt haben.

Es sind heute auch mehrmals die Qualität der österreichischen Lebensmittel und die Leistung der österreichischen Lebensmittelkontrollorgane, die die Lebensmittel überprüfen, erwähnt worden. Ich möchte von dieser Stelle aus sagen, daß unsere Lebensmittel gut, ja hervorragend sind. Aber sie sind das vor allem deswegen, weil regelmäßig und gründlich kontrolliert wird. Dafür gebühren den Lebensmittelkontrollorganen, nämlich all jenen, die in den Lebensmitteluntersuchungsanstalten arbeiten, höchste Anerkennung und höchstes Lob. Sie sind nämlich die Garanten dafür, daß das, was auf den Tisch kommt, auch wirklich sozusagen erste Ware ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Weil der Vollzug, wie es schon gesagt wurde, immer nur so gut sein kann wie die Kontrolle, ist Kontrolle wichtig, und die Mängelfeststellungen zeigen ja auch deutlich, daß es notwendig ist, daß kontrolliert wird, und daß es auch wichtig ist, daß immer wieder die schwarzen Schafe herausgeholt werden und aufgezeigt wird, wo es Schwachstellen gibt, wo die Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten gewahrt werden müssen. Die Effizienz und auch die nahezu tägliche Mitteilung auch an die Medien, an die Presse, wo überall Vorsicht geboten ist, zeigen auch, daß da sehr gründlich gearbeitet wird.


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Europäische Standards sind nicht grundsätzlich alle niedrig. Wir alle fahren ganz gern in andere europäische Länder auf Urlaub und genießen dort ausgiebig die dort vorhandenen Lebensmittel und Genußmittel, die natürlich auch eine gute Qualität haben.

Aber wenn wir nach Hause kommen, reden wir davon, daß die Lebensmittel in den anderen europäischen Staaten schlecht sind. – Das stimmt nicht, meine Damen und Herren! Ich glaube, daß Sie das auch wissen.

Meine Damen und Herren! Innerhalb der Europäischen Union – ich wäre sehr froh, wenn das weit darüber hinaus ginge – muß es Mindeststandards geben. Wir wissen, daß nicht nur in Österreich Lebensmittel produziert werden, sondern daß der Lebensmittelmarkt ein sehr breiter und großer ist. Mindeststandards garantieren tatsächlich, daß Lebensmittel, die auf den Markt kommen, entsprechende Qualität aufweisen. Das hält Österreich aber nicht davon ab, besser zu sein. Der Herausforderung, ständig besser zu sein, müssen wir uns immer wieder stellen. Es gilt, im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten und auch aufgrund des großen Marktes dieser Zielsetzung Rechnung zu tragen.

Unser Lebensmittelkodex zeigt sehr deutlich, daß wir immer wieder das Unmögliche möglich machen und versuchen, die Normen in Österreich sehr hoch zu halten, und uns bemühen, darauf Bedacht zu nehmen. Wir werden dieses Ziel weiterhin in den Mittelpunkt unseres Interesses stellen.

Meine Damen und Herren! Es wurde in dieser heutigen Debatte auch sehr ausführlich auf die Tierseuchenbekämpfung eingegangen. In diesem Punkt geht es in erster Linie um Anpassung und nicht um Absenkung. Ich möchte das hier ganz klar und deutlich sagen!

Es wurde von mehreren Seiten gemeint, die Erhitzung von Speiseresten sei ein Problem. Dazu möchte ich sagen: Speisereste sind all das, was von Menschen nicht gegessen wurde. Das muß zusätzlich noch einmal erhitzt werden, damit es den Schweinen verfüttert werden kann. Ich meine, daß da aus Speiseresten nicht plötzlich Sondermüll wird. Wir brauchen Speisereste, die für Menschen verträglich sind, nicht unbedingt einer Sonderverbrennung oder ähnlichem zuzuführen.

Ich glaube, daß Österreich im Unterschied zu anderen europäischen Staaten, in welchen Tierseuchen immer wieder aufgetreten sind und noch immer auftreten, bewiesen hat, daß es mit seinem System, mit der strikten Vorgangsweise, Seuchen verhindern konnte. Es gilt aber weiterhin, alles daranzusetzen, daß Österreich auch in Zukunft tierseuchenfrei bleibt. Es gilt, alle Vorkehrungen in diese Richtung zu treffen: im Interesse der Landwirtschaft und vor allem im Interesse der Menschen, der Konsumentinnen und Konsumenten! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.54

Präsident. Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ein Schlußwort wurde von den Berichterstattern nicht verlangt.

Wir haben jetzt mehrere Abstimmungen durchzuführen, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen über jeden Ausschußantrag getrennt ab.

Wir stimmen zunächst ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1101 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Wer in dritter Lesung für den vorgelegten Entwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1102 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung diesem Entwurf zustimmt, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Ferner stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 949 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Motter und Genossen betreffend Vereinfachung des Rechtszugangs für den Bürger.

Wer dafür ist, den bitte ich für ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 711/A bis 722/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3906/J bis 3955/J eingelangt.

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 26. März 1998, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 17.57 Uhr