Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 169

Ich bin verblüfft, wie heute die Expertin, Frau Dr. Hornig, vielfach völlig falsch zitiert wurde. Ich habe die Stellungnahme des Vereins der österreichischen Juristinnen bekommen. Die Stellungnahme von Frau Dr. Hornig lautete folgendermaßen: Bevor Sie so etwas beschließen, sollten Sie es besser lassen, denn in dem Fall ist die derzeit geltende Verfassung besser als das, was Sie beschließen wollen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Hlavac.) Das Bekenntnis zur Chancengleichheit ist ein Rückschritt gegenüber dem, was heute in der Verfassung steht. Es erfüllt nicht die völkerrechtlichen Verpflichtungen.

Sie griffen auf eine Formulierung zurück, die 22 Jahre alt ist, auf eine 22 Jahre alte EU-Richtlinie. Und Sie haben sie zudem noch falsch übersetzt, in einem holprigen Deutsch. Ihre ursprüngliche Formulierung ergab hinten und vorne keinen Sinn. Sie haben das dann etwas korrigiert. Sie scheinen eingesehen zu haben, vor allem die Kolleginnen von der ÖVP, daß das doch zu offensichtlich ein Rückschritt ist. Sie haben dann in Ihrem Antrag aus der "Chancengleichheit" wenigstens noch die "faktische Gleichstellung" gemacht. Trotzdem ist das hinten und vorne holprig und stimmt eigentlich nicht mit dem Sinn überein.

Aber Sie haben das Bekenntnis gelassen. Und es ist schon gesagt worden: Ein Bekenntnis hat in der Verfassung überhaupt nichts zu suchen. Es kann nur um eine Verpflichtung gehen. Es kann nur darum gehen, daß sich Bund, Länder und Gemeinden zur Herstellung der tatsächlichen Gleichberechtigung verpflichten. Das Wort "Herstellung" haben Sie offensichtlich vergessen. Aber sei's drum, wenigstens verpflichten sollten Sie sich zur tatsächlichen Gleichstellung.

Wir bringen daher folgenden Abänderungsantrag ein, der schon angekündigt worden ist:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Doris Pollet-Kammerlander, Maria Schaffenrath, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

In Z. 1 wird der Artikel 7 Abs. 2 B-VG Satz 1 wie folgt geändert:

"(2) Bund, Länder und Gemeinden verpflichten sich zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau."

Satz 2 des Art. 7 Abs. 2 sowie Artikel 7 Abs. 3 B-VG sowie die Z. 2 des Antrages bleiben unverändert.

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Ein anderes Herzstück des Frauen-Volksbegehrens waren die 26 Wochen Behaltefrist, und das aus gutem Grund. Es geht hier nicht darum, eine Maßnahme zu setzen, die Frauen aus dem Arbeitsprozeß drängen soll, sondern es geht darum, Möglichkeiten zu schaffen, daß sich Frauen nach der Karenz wieder bewähren können. Eines möchte ich vor allem Kollegin Schaffenrath sagen: Das ist so die Crux bei den frauenfördernden Maßnahmen. Das haben wir auch im Bereich der Bildung diskutiert. Setzt man eine frauenfördernde Maßnahme, so kann es passieren, daß genau diese Maßnahme Frauen auch behindert. Gab es zum Beispiel besondere Quotierungen - das ist im Bereich der Frauenforschung aufgezeigt worden -, so sind Frauen in anderen Bereichen außer in diesem quotierten Bereich nicht mehr zum Zug gekommen. Mit diesem Risiko müssen wir aber leben, wollen wir zur faktischen und tatsächlichen Gleichstellung kommen. Ich kann mit diesem Risiko ganz gut leben, denn ich meine, wenn wir gar nichts machen würden, dann wäre das nicht nur ein Rückschritt, sondern hätte verheerendere Auswirkungen als der Versuch, mit solchen Bevorzugungen etwas zu erreichen.

Weil das eines der Kernstücke war - und das war eigentlich der Grund, warum Frau Dr. Pölzlbauer den Ausschuß verlassen hat: weil Sie nicht einmal bereit waren, darüber zu diskutieren, ob es denkbar ist, daß wir das umsetzen -, bringen wir folgenden Antrag ein:


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