Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 202

den Kindern, der eigenen Familie und dem Wohlbefinden ihrer Familie. Frauenleben besteht eben nicht nur aus Berufstätigkeit und Karriere.

Frau Minister! Ich ersuche Sie daher, Frauenpolitik umfassend zu sehen und sich für alle Berufsgruppen und alle Frauen einzusetzen! (Beifall bei der ÖVP.)

21.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. - Bitte.

21.55

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte kurz - 5 Minuten, wie ich hoffe - zur vorgeschlagenen Verfassungsbestimmung Stellung nehmen.

In aller Kürze: Diese Verfassungsbestimmung ist überflüssig, sie ist möglicherweise schädlich, und sie entspricht nicht den Intentionen des Volksbegehrens, zumindest zum überwiegenden Teil nicht.

Sie ist aus folgendem Grund überflüssig: Jede Rechtsnorm stellt auf ein tatsächliches Verhalten ab. Es gibt keine Rechtsnorm, die nicht auf soziales Verhalten abstellt beziehungsweise dieses verbietet. Wenn man daher schreibt: Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächlichen Gleichstellung, so eröffnet das eine gewisse Perspektive für die neue Strafrechtsreform, gemäß welcher es dann möglicherweise heißen wird: Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächlichen Verhinderung von Mord, Totschlag, Betrug und so weiter und so weiter.

Und der Umkehrschluß, daß nur deswegen, weil das Wort "tatsächlich" verwendet und nicht nur von Gleichstellung gesprochen wird, ein tatsächlicher Zustand sozusagen in greifbare Nähe rückt, ist, wie gesagt, ein Trugschluß.

Diese Bestimmung ist daher überflüssig, weil jede Rechtsnorm eine solche Intention hat.

Überflüssig ist im Detail auch der zweite Satz, daß Maßnahmen - und so weiter - zulässig sind. - Natürlich sind Maßnahmen in dem Sinne, wie sie hier festgeschrieben sind, zulässig! Hier schlägt die Überflüssigkeit sogar in Schädlichkeit um, und zwar ganz gravierend, denn bisher jedenfalls waren derartige Maßnahmen klarerweise geboten. In jedem Grundrecht, auch wenn es ein subjektives öffentliches Recht geworden ist, steckt eine Staatszielbestimmung und damit ein Gebot. Das ist anhand verschiedener Beispiele nachweisbar. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) 5 Minuten, Frau Kollegin Fekter! Ich unterhalte mich gerne nachher mit Ihnen, unter anderem auch darüber!

Da wir jetzt eine andere Verfassungsbestimmung als den bisherigen Gleichheitssatz haben und die Lex posterior das vorhergehende Gesetz derogiert, könnte man auf die Idee verfallen, zu sagen: Der bisherige Gleichheitssatz wird verändert, denn das, was bisher geboten ist, ist plötzlich nur mehr zulässig. - Möglicherweise ist das schädlich.

Zweitens: Zulässigkeit. Der Satz "Bund, Länder und Gemeinden können Maßnahmen treffen" klingt fast wie eine Kompetenzbestimmung. Soll das heißen, daß es für Länder zulässig ist - aufgrund des Wörtchens "zulässig" könnte man das schließen -, Maßnahmen zur tatsächlichen Gleichstellung zu treffen, und zwar auch dort, wo bisher die Bundeskompetenz gilt?

Wieder geht es um gleichrangiges Verfassungsrecht, und man kann nicht sagen, daß die eine Bestimmung höherrangiger ist als die andere, aber nach dem juristischen Kriterium hebt das jüngere Gesetz das ältere auf.

Ich will nicht auf das Wort "Maßnahmen" eingehen, aber Kenner der Verfassungsgeschichte werden sich erinnern, daß in Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung das Wort "Maßnahmen" im Zusammenhang mit dem Reichspräsidenten verwendet wird. Lesen Sie nach, wie dieses


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