Stenographisches Protokoll

119. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 12. Mai 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

119. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode                      Dienstag, 12. Mai 1998


Dauer der Sitzung

Dienstag, 12. Mai 1998: 17.31 – 23.52 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales zum Thema „Nationaler Aktionsplan für Beschäftigung“ und der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zum Thema „Berufsausbildung und Jugendbeschäftigung“

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Behörden-Überleitungsgesetz, das AIDS-Ge­setz 1993, das Bundesgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte, das Rezeptpflichtgesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden

3. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über den Abschluß des Vertrages von Amster­dam

4. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Agrarver­fah­rens­gesetz, das Auskunftspflichtgesetz, das Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Sicherheitspolizeigesetz, das Frem­den­gesetz 1997, das Handelsgesetzbuch, das Volksanwaltschaftsgesetz 1982, das Bun­desgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Verlautbarungsgesetz 1985 und das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert werden

5. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bolivien über die Förderung und den Schutz von Investitionen

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................. 5

Ordnungsrufe .................................................................................................. 31

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser betreffend die unent­schuldigte Abwesenheit des Abgeordneten Peter Rosenstingl ....................................................................... 88

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ............................................................................................. 6

Wortmeldungen im Zusammenhang mit der Ummeldung und Reihung der Abgeordneten auf der Rednerliste:

Dr. Andreas Khol ................................................................................  76, 76

Ing. Walter Meischberger .......................................................................... 76

Dr. Peter Kostelka ..................................................................................... 76

Peter Schieder .......................................................................................... 85

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser betreffend die Red­ner­liste sowie § 60 Abs. 5 der Geschäftsordnung ...............................................................................  76, 77, 86

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................... 5

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärungen der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und So­ziales zum Thema „Nationaler Aktionsplan für Beschäftigung“ und der Bun­des­ministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten zum Thema „Berufs­ausbildung und Jugendbeschäftigung“ ............................................ 6

Bundesministerin Eleonora Hostasch .............................................................. 6

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ................................................................ 12

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Ge­schäfts­ordnung                    6

Redner:

Reinhart Gaugg ........................................................................................ 16

Friedrich Verzetnitsch ............................................................................... 18

Mag. Helmut Peter .................................................................................... 20

Ing. Leopold Maderthaner ......................................................................... 24

Karl Öllinger ............................................................................................. 26

Dr. Dieter Antoni ....................................................................................... 31

Anton Blünegger ...................................................................................... 33

Dr. Gottfried Feurstein .............................................................................. 34

Dr. Volker Kier .......................................................................................... 36

Annemarie Reitsamer ............................................................................... 40

Mag. Doris Kammerlander ........................................................................ 42

Georg Schwarzenberger ........................................................................... 46

Sigisbert Dolinschek ................................................................................. 47

Rudolf Nürnberger .................................................................................... 48

Maria Schaffenrath ................................................................................... 49

Ingrid Tichy-Schreder ............................................................................... 52

Theresia Haidlmayr ................................................................................... 54

Dr. Christa Krammer ................................................................................. 57

Mag. Dr. Josef Trinkl ................................................................................ 59

Sophie Bauer ...................................................................................... ..... 60

Ridi Steibl ................................................................................................ 61

Franz Riepl ............................................................................................... 62

Walter Murauer ......................................................................................... 63

Marianne Hagenhofer ............................................................................... 64

Dr. Walter Schwimmer .............................................................................. 65

Brigitte Tegischer ..................................................................................... 66

Dr. Robert Rada ........................................................................................ 67

2. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1077 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Behörden-Überleitungsgesetz, das AIDS-Gesetz 1993, das Bundesgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kur­orte, das Rezeptpflichtgesetz und das Arzneimittelgesetz geändert wer­den (1147 d. B.) .................................................................................................... 68

Redner:

Dr. Alois Pumberger ................................................................................. 68

Mag. Johann Maier ................................................................................... 70

Dr. Brigitte Povysil .................................................................................... 71

Dr. Günther Leiner .................................................................................... 72

Klara Motter .............................................................................................. 72

Bundesministerin Eleonora Hostasch ........................................................ 73

Ing. Erwin Kaipel ...................................................................................... 74

Dr. Helga Konrad ...................................................................................... 74

Annahme des Gesetzentwurfes in 1147 d. B. ..................................................... 75

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1152 d. B.): Bundesverfassungsgesetz über den Abschluß des Vertrages von Amsterdam (1168 d. B.)              75

Berichterstatter: DDr. Erwin Niederwieser ........................................................ 75

Redner:

MMag. Dr. Willi Brauneder ....................................................................... 77

Dr. Irmtraut Karlsson ................................................................................. 78

Dr. Volker Kier .................................................................................... ..... 79

Dr. Alois Mock ......................................................................................... 80

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 81

Dr. Martina Gredler ................................................................................... 82

Annahme des Gesetzentwurfes in 1168 d. B. ..................................................... 83

4. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Ent­wurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Allgemeine Verwaltungs­ver­fah­rens­gesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Verwaltungsvoll­streckungs­gesetz 1991, das Zustellgesetz, das Agrarverfahrensgesetz, das Aus­­kunftspflichtgesetz, das Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz, das Verwal­tungs­gerichtshofgesetz 1985, das Sicherheitspolizeigesetz, das Fremden­gesetz 1997, das Handelsgesetzbuch, das Volksanwaltschaftsgesetz 1982, das Bundesgesetz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Verlautbarungs­ge­setz 1985 und das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert werden (1167 d. B.)                      84

Redner:

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................ 84

Karlheinz Kopf .......................................................................................... 85

MMag. Dr. Willi Brauneder ....................................................................... 86

Dr. Volker Kier .......................................................................................... 86

Dr. Günther Kräuter .................................................................................. 86

Mag. Cordula Frieser ................................................................................ 86

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 87

Annahme des Gesetzentwurfes in 1167 d. B. ..................................................... 87

5. Punkt: Regierungsvorlage: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bolivien über die Förderung und den Schutz von Investi­tionen (667 d. B.) ................................. 87

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

Genehmigung des Staatsvertrages in 667 d. B. .................................................. 87

Eingebracht wurden

Bericht ............................................................................................................ 6

III-129: Bericht zur Lage der VerbraucherInnen 1997; BM f. Frauenange­le­gen­heiten und Verbraucherschutz

Anfragen der Abgeordneten

Matthias Ellmauer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Planstelleneinsparungen in Oberösterreich (4399/J)

Johann Schuster und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Pflegegeld (4400/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Verkehr betreffend Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Berlin – Wien (4401/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Verdacht der falschen Beweisaussage (gem. § 289 StGB) des Gut­achters o. Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land im Zusammenhang mit der beabsichtigten Auflösung des Vereines „Dichter­stein Offenhausen“ (4402/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betref­fend den Versuch, den Verein „Dichterstein Offenhausen“ behördlich auf­zulösen (4403/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres be­treffend die Desavouierung des Bundeskanzlers a. D., Dr. Franz Vranitzky, im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 24. April 1998 zu Sich01-111-1998-P/ZE, hinsichtlich der Einstellung der Tätigkeit des Vereines „Dichterstein Offenhausen“ gem. § 25 Abs. 2 Vereinsgesetz (4404/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (3809/AB zu 3982/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen (3810/AB zu 3989/J)

Beginn der Sitzung: 17.31 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsi­dent MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich eröffne die 119. Sitzung des Nationalrates am Dienstag, den 12. Mai 1998, um 17.31 Uhr.

Für die heutige Sitzung als entschuldigt gemeldet sind die Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer und Mag. Haupt.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungs­saal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 3809/AB und 3810/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz betreffend ein Förderungsprogramm zur Sicherung ausreichender Berufsausbildungsmöglichkeiten (Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz) erlas­sen wird (1153 der Beilagen);

Familienausschuß:

Bundesgesetz über die Einrichtung einer Dokumentations- und Informationsstelle für Sekten­fragen (Bundesstelle für Sektenfragen) (1158 der Beilagen);

Finanzausschuß:

Antrag 766/A (E) der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Stärkung der Eigenkapitalbasis österreichischer Unternehmen,

Antrag 767/A (E) der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen betreffend die Untä­tigkeit der österreichischen Bundesregierung in Zusammenhang mit der Bewerbung Klagenfurts um die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2006;

Verkehrsausschuß:

Antrag 765/A (E) der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend Semmering­basistunnel – Neue Südbahn; forcierter Ausbau des Schienennetzes in der Steiermark durch den Bund;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Ent­schei­dung des Ausschusses):

Gesundheitsausschuß:

Bericht der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz zur Lage der VerbraucherInnen 1997 (III-129 der Beilagen).

*****


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Weiters weise ich in Ergänzung der im Saal schriftlich ver­teilten Mitteilung die eingebrachten

Anträge 768/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genos­sen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Garan­tiegesetz 1977 geändert wird, dem Finanz­ausschuß und

769/A (E) der Abgeordneten Werner Amon und Genossen betreffend Semmeringbasistunnel – Neue Südbahn dem Verkehrsaus­schuß

zu.

Redezeitbeschränkung


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir gehen in die Tagesordnung ein.

In der Präsidiale wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten der gesamten Tages­ordnung erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockredezeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 120, ÖVP 112, Freiheitliche 104, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein entsprechendes Zei­chen. – Dieser Vorschlag wird einstimmig angenommen.

1. Punkt

Erklärungen der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales zum Thema „Na­tionaler Aktionsplan für Beschäftigung“ und der Bundesministerin für Unterricht und kul­turelle Angelegenheiten zum Thema „Berufsausbildung und Jugendbeschäftigung“


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluß an die Erklärungen der beiden Bundesministerinnen wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entsprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten eine De­batte stattfinden.

Ich erteile zunächst der Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales das Wort. – Bitte, Frau Bundesministerin.

17.33


Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch¦: Sehr geschätz­ter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Fragen von Beschäftigung und Arbeits­losigkeit haben durch die Beschlüsse des Europäischen Rates in Amsterdam im Juni des ver­gangenen Jahres in der Europäischen Gemeinschaft einen neuen Stellenwert erhalten, und ich glaube, wir alle gemeinsam sind sehr froh darüber.

Die Entschließung des Europäischen Rates über Wachstum und Beschäftigung und die Einfü­gung eines eigenen Beschäftigungstitels in den Unionsvertrag stellen eine neue Qualität der Zu­sammenarbeit auf Gemeinschaftsebene dar.

Auf der Sondertagung des Europäischen Rates von Luxemburg im November 1997 – besser bekannt unter „Luxemburger Beschäftigungsgipfel“ – wurde dann eine gesamteuropäische Stra­tegie zur Schaffung von Beschäftigung und Reduzierung von Arbeitslosigkeit festgelegt. Dabei haben sich die Regierungschefs der Europäischen Union auf 19 Leitlinien geeinigt, deren Um­setzung in sogenannten Aktionsplänen erfolgen soll. Konkret heißt das, daß sich jeder Mitglied­staat klare, konkrete Ziele setzen soll, die er in den nächsten fünf Jahren erreichen will.

Am 15. April dieses Jahres hat der Ministerrat den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung be­schlossen, und Österreich hat damit die Terminvorgabe der Europäischen Kommission auf den Tag genau eingehalten.

Die Erfahrungen mit den Stabilitätskriterien haben gezeigt, daß klare Zielsetzungen in der Wirt­schaftspolitik ein wesentlicher Erfolgsfaktor sein können, und so sollen auch quantifizierbare Zielsetzungen in der Beschäftigungspolitik zu einer Verbesserung der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktlage führen. Ich bin sehr froh darüber, daß wir dabei auch den Argumenten, insbe­sondere der Arbeitnehmerinteressenvertretung, Rechnung tragen konnten, und ich bin davon überzeugt, daß die Verbesserung der Beschäftigungssituation auch wesentlich zur Erreichung der fiskalpolitischen Stabilitätsziele beitragen kann, indem sie über eine Reduktion der Arbeits­losigkeit die öffentlichen Haushalte entlastet. Und weiters ist ein Mehr an Beschäftigung auch für die langfristige Stabilität des österreichischen Systems der sozialen Sicherheit notwendig.

Ein Bericht über die Beschäftigungslage in der Gemeinschaft und über die wichtigsten Maßnah­men, welche die Mitgliedstaaten aufgrund dieser Leitlinien zur Durchführung ihrer Beschäfti­gungspolitik ergriffen haben, wird dem Europäischen Rat in Wien am 11. und 12. Dezember 1998 vorgelegt. Dieser wird eine erste Gesamtbewertung des Post-Luxemburg-Prozesses vor­nehmen, und damit wird in unserer Präsidentschaft auch eine neue Ära der Beschäftigungspoli­tik eingeleitet, und ich denke, darauf können wir recht stolz sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Diskussion der letzten Wochen über Lehrlings­stiftungen, Lehrwerkstätten, Berufslehrgänge, Übergangslehrgänge und was sonst noch an Be­griffen in den Medien zu finden war, hat vielleicht etwas überdeckt, nämlich daß der österrei­chische Nationale Aktionsplan wesentlich mehr ist als ein Programm zur Jugendbeschäftigung, aber auch ein Programm für Jugendbeschäftigung beinhaltet. Dieser Aktionsplan ist ein poli­tisches Programm, das in den nächsten fünf Jahren zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen und zur Reduzierung von Arbeitslosigkeit umgesetzt werden soll.

Insgesamt ist das österreichische Beschäftigungsprogramm ein sehr umfassendes, sehr kon­kretes, sehr ehrgeiziges, aber, wie ich glaube, auch ein sehr herzeigbares Programm. Wer aber hier ein fertiges Gesetzeswerk erwartet hat, ist von einer falschen Voraussetzung ausgegangen. Welche legistischen Umsetzungen dazu durch welche Ressorts erfolgen müssen, werden die Mitarbeiter meines Ressorts gemeinsam mit den Damen und Herren des Wirtschaftsministe­riums, aber auch mit den Kolleginnen und Kollegen der Frau Unterrichtsministerin in den nächsten Wochen erarbeiten. Ich werde mir erlauben, auf den Umsetzungsstand dieses NAP, wie wir ihn in der Kurzform schon – ich möchte sagen, beinahe liebevoll – bezeichnen, später noch einzugehen.

Ich möchte auch betonen, sehr geschätzte Damen und Herren, daß wir eine günstige Aus­gangslage in Österreich vorfinden. Wir sollten uns immer wieder in Erinnerung rufen: Wir haben eine im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, sowohl was die Beschäftigung als auch die Arbeitslosigkeit betrifft, bessere Ausgangslage, und ich darf dies an zwei Parametern fest­machen.

Österreich hat die notwendigen Anpassungen an geänderte Produktionsstrukturen, Marktver­hältnisse und neue Beschäftigungsformen recht erfolgreich bewältigt – nicht zuletzt auch ein Leistungsbeweis des Funktionierens der österreichischen Sozialpartnerschaft. Die enorme wirt­schaftliche Dynamik in allen Bereichen hat sich daher auch auf die Beschäftigung ausgewirkt. So weist Österreich in einem mehrjährigen Zeitraum einen kräftigen Beschäftigungszuwachs auf. Verglichen mit 1990 haben wir heute um 175 000 oder 6 Prozent mehr unselbständig Be­schäftigte, verglichen mit 1983 sind es um 320 000 oder 12 Prozent mehr. Und dementspre­chend stellt sich auch die Arbeitsmarktlage im internationalen Vergleich sehr günstig dar: Öster­reich weist im April 1998 mit 4,5 Prozent nach Luxemburg die niedrigste Arbeitslosenrate auf. Die Jugendarbeitslosigkeit ist überhaupt die niedrigste in Europa. Der Anteil der Langzeitarbeits­losen liegt mit 25,7 Prozent deutlich niedriger als der EU-Schnitt.

Ein vom Institut für Höhere Studien durchgeführtes Arbeitsmarkt- beziehungsweise Arbeitslosig­keitsranking nach relevanten Indikatoren, wie es technisch heißt – hier wird Beschäftigungs­quote, Arbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit in einen gemeinsa­men Kontext gebracht –, weist Österreich EU-weit in der Gesamtbewertung auf dem ersten Platz aus.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich habe diese objektiven Zahlen nicht erwähnt, um die Arbeitslosigkeit in irgendeiner Form zu bagatellisieren, um in irgendeiner Form zu be­schönigen, daß wir alles tun müssen, um die Arbeitslosigkeit effektiv zu bekämpfen. Aber ich glaube, wir haben auch das Recht zu sagen – und wir sollten stolz darauf sein –, daß wir mit vielen Problemen in unserem Land in einer besseren Form zu Rande gekommen sind, als es andere Länder tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Was sind nun die Zielsetzungen des Nationalen Beschäfti­gungsprogrammes? – Eines darf ich vorweg sagen: Ein längerfristiger beschäftigungs- und strukturpolitischer Erfolg kann nur in Verbindung mit einem kräftigen Wirtschaftswachstum er­reicht werden. Die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute weisen für den Zeitraum 1998 bis 2002 auf eine günstige Konjunkturentwicklung hin. So wird das durchschnittliche reale Wirt­schaftswachstum bei 2,5 Prozent – gegenüber 1,7 Prozent von 1992 bis 1997 – liegen. Damit wird sich laut Wirtschaftsforschung die Lage am Arbeitsmarkt doch deutlich verbessern. Die Regierung bekennt sich daher zu einer offensiven Wachstumspolitik, die auf eine nachhaltige und strukturverbessernde Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Österreich ausgerichtet ist.

Wir haben aber in den letzten Jahren sehen müssen, daß Wachstum allein nicht ausreicht, um Arbeitslosigkeit zu verhindern. Daher ist es notwendig, die Anstrengungen zu verstärken und zu koordinieren, um in allen Politikbereichen der Beschäftigungsförderung Vorrang zu geben.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es muß sich gleichsam durch alle Aktivitäten der Regie­rung, aber auch der Gesetzgebung als roter Faden die Frage ziehen: Nützt diese oder jene Maßnahme der Beschäftigung zu ordentlichen Bedingungen, oder schadet ihr diese Maß­nahme? Darüber hinaus müssen wir alles tun, um diese Frage auch bei Unternehmen, Sozial­partnern und allen anderen für die Gesellschaft wichtigen Gruppierungen als Teil der Strategie einzupflanzen. Es muß zu einem Selbstverständnis unseres Handelns werden, die Beschäfti­gungseffekte von politischen Entscheidungen überall zu hinterfragen.

Die Bundesregierung verfolgt gemäß den vier Säulen und den 19 Leitlinien des Luxemburger Beschäftigungsgipfels mit dem Nationalen Aktionsplan folgende Ziele: neue, zusätzliche Arbeit zu schaffen, das Niveau der Arbeitslosigkeit deutlich zu verringern, zur Förderung der Chancen­gleichheit von Frauen und Männern beizutragen, das bewährte Ausbildungs- und Beschäfti­gungssystem im Interesse dynamischer Strukturanpassung flexibel, innovativ und durchlässig zu gestalten und auch eine neue Kultur der Selbständigkeit zu fördern.

Konkret – und ich glaube, hier haben wir wirklich ein sehr ambitioniertes Ziel formuliert – soll bis zum Jahre 2002 die Beschäftigungszahl um etwa 100 000 zunehmen und sich die Arbeitslosen­quote auf einen Wert von nahe 3,5 Prozent reduzieren. Die Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit soll bis zum Jahre 2002 halbiert werden. Außerdem sollen 20 Prozent der Arbeitsuchenden im Jahre 2002 in verschiedenen Maßnahmen zur Qualifizierung sowie zum Berufs- und Arbeits­platzwechsel integriert sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Erlauben Sie mir auch ein paar Bemerkungen zu aktuellen Diskussionen und zu der Frage nach den 100 000 Arbeitsplätzen. Ich wurde – und wahrscheinlich nicht nur ich, sondern auch andere – gefragt, ob es klug sei, eine konkrete Zahl zu nennen, und ob es andererseits ein besonderes Verdienst darstelle, wenn ohnehin 70 000 bis 80 000 Arbeitsplätze allein durch den Konjunkturaufschwung entstehen könnten. Ich gebe aus Überzeugung auf beide Fragen ein klares Ja zur Antwort. Ich halte es für richtig, sich ein quantifiziertes Ziel für den Arbeitsplatzzuwachs zu setzen. Es entspricht auch der Logik der Position, die Österreich im Vorfeld des Luxemburger Gipfels eingenommen hat.

Die positive Erfahrung in der Wirtschafts- und Währungspolitik – ich sage hier nur: Maastricht-Kriterien – hat uns gezeigt, daß es eine erfolgreiche Strategie sein kann, sich meßbare Kriterien beziehungsweise Ziele zu setzen.

Und zum zweiten Ja: Ich halte es für einen Erfolg, wenn es uns gelingt, über die Arbeitsmarkt­politik zusätzlich 20 000 bis 30 000 Arbeitsplätze zu schaffen. Im übrigen: Auch die 70 000 bis 80 000 Arbeitsplätze fallen nicht vom Himmel. Es sind die geeigneten Rahmenbedingungen not­wendig, welche die Politik für die Wirtschaft, für die Arbeitnehmerseite zu schaffen hat, die Wachstum und positive Entwicklung ermöglichen.

Die Ziele, die sich die Regierung nun im NAP gesteckt hat, können nur durch eine umfassende und koordinierte beschäftigungspolitische Gesamtstrategie erreicht werden, die alle relevanten Politikfelder und Trägereinrichtungen, die Organisationen der Sozialpartner, aber auch die Län­der und Gemeinden aktiv einbezieht. Es ist ein Nationaler Aktionsplan, und deshalb sind hier national alle gefordert. Daher habe ich mich auch besonders dafür eingesetzt, sogenannte terri­toriale Beschäftigungspakte zu ermöglichen, mit denen auf regionaler Ebene Programme ent­wickelt werden können.

Ich möchte an dieser Stelle doch ein paar Österreich-Spezifika dieses Nationalen Aktionsplans hervorheben. Das ist zum einen die Tatsache, daß wir eines der ganz wenigen Länder sind, in denen die Sozialpartner die von ihnen übernommenen Teile – eben die Leitlinien zur Jugendbe­schäftigung sowie auch zur Arbeitsorganisation – auch tatsächlich gemeinsam und zeitgerecht – und ich betone hier: auch mit sehr hoher Qualität – erarbeitet haben. Ein herzliches Dankeschön an unsere Sozialpartner! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum anderen wird Österreich sicherlich dadurch Impulse setzen, daß es über die vier Säulen hinausgeht und gleichsam – ich möchte es unter Anführungszeichen setzen – als „fünfte Säule“ ein Bündel an zusätzlichen Maßnahmen auflistet, die von der Bekämpfung der Schwarzarbeit über Investitionen in Technologie und Forschung bis hin zur Infrastrukturpolitik reichen.

Erlauben Sie mir, nun einige Kernpunkte des österreichischen Planes anzusprechen.

Ausbau der aktiven Arbeitsmarktpolitik und Erschließung neuer, expandierender Beschäf­ti­gungs­felder als eines der Ziele: Die Bundesregierung forciert die Umschichtung von bloßen Transfer­leistungen der Arbeitslosenversicherung zur aktiven Förderung der Arbeitsaufnahme und auch Qualifizierung. Für das Jahr 1999 ist im Budget dafür zusätzlich 1 Milliarde vorge­sehen. Wei­ters sind unabhängig vom Jugendausbildungssicherungsgesetz, wo ich hoffe, daß das Hohe Haus die Zustimmung geben wird, zusätzlich 500 Millionen Schilling für die Arbeits­marktförde­rung vorgesehen. Sie sehen, die aktive Arbeitsmarktpolitik wird somit ausgeweitet.

Wesentliche Ansätze dabei sind die Erschließung neuer Beschäftigungsfelder im Bereich sozia­ler, pflegerischer und auch medizinischer Dienstleistungen. Durch Beihilfen soll die betriebliche Eingliederung von Arbeitslosen zur Eröffnung von stabilen Erwerbskarrieren unterstützt werden.

Der Abschluß regionaler Strukturpakte mit Ländern, Städten und Gemeinden zur Errichtung von Beschäftigungsprojekten, aber auch zur Investition in strukturschwache Regionen und urbane Problemzonen soll die beschäftigungspolitische Verantwortung der verschiedenen Handlungs­träger unterstreichen. Ich betone das noch einmal, obwohl ich es zuerst schon einmal gesagt habe.

In diesem Zusammenhang werden aktiv Vorkehrungen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin­nen getroffen, die vom Strukturwandel erfaßt werden, aber auch Angebote ausgeweitet, die Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern und Jugendlichen die Aufnahme einer Aus­bildung ermöglichen.

Erlauben Sie mir doch auch ein paar Bemerkungen zur aktuellen finanziellen Situation des Arbeitsmarktservice und auch zur Erfüllung des Aktionsplanes, ein Thema, das in der Öffentlich­keit sehr engagiert diskutiert wird. Der Aufwand der aktiven Arbeitsmarktpolitik war in Österreich noch nie so hoch wie 1998. Er liegt etwa bei 7,3 Milliarden Schilling, wenn man die Mittel des Europäischen Sozialfonds mit berücksichtigt.

Seit 1995 sind diese Aufwendungen damit um etwa ein Drittel gestiegen. Für 1999 sind, wie ich bereits erwähnt habe, zusätzliche Mittel vorgesehen, sodaß sich Ende dieses Jahrzehnts der Aufwand für aktive Arbeitsmarktpolitik gegenüber dem Anfang dieses Jahrzehnts etwa verdop­pelt haben wird. Ich weiß, daß natürlich immer noch mehr Mittel wünschenswert wären und daß unerfüllte Erwartungen hier im Raum stehen, aber ich meine, es ist trotzdem bemerkenswert, daß es uns gelungen ist, für diesen wichtigen Bereich zusätzliche Mittel geltend machen zu können. Unter solchen Rahmenbedingungen von einem Aushungern der Arbeitsmarktpolitik zu sprechen, wie es manchmal gesagt wird, hat nichts mit realen Fakten zu tun. Ich habe mich daher bemüht, diese realen Fakten hier darzustellen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte aber nicht bestreiten, daß es bei einer auf Kalenderjahre bezogenen Budgetpolitik zu Situationen kommen kann, in denen die Möglichkeit von Neuzusagen durch das Arbeitsmarktservice begrenzt ist oder vielleicht sogar die Neuzusa­gen unter dem Vorjahreswert liegen können, wenn im Vorjahr bereits Projekte gemacht worden sind, die auch Vorgriffe für das kommende Jahr beinhalten.

Wir haben 1997 einen Rekordwert an Neuzusagen erreicht. 1998 wird zwar eine Erleichterung dieser Situation eintreten, wir werden aber durch das Jugendausbildungssicherungsgesetz zu­sätzliche Finanzmittel für neue Förderungen möglich machen. Aber ich möchte doch betonen, daß durch bereits eingegangene Verpflichtungen auch immer wieder ein Transfer in Folgejahre ge­geben ist, der die finanziellen Gebarungsmöglichkeiten des Arbeitsmarktservice selbst­ver­ständ­lich beeinflußt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist aber bei allen Projekten natürlich streng darauf zu achten, ob ein arbeitsmarktpolitischer Erfolg tatsächlich eintritt und ob die beantragten Förderungen wirklich auch Aufgabe der Arbeitsmarktpolitik sind. Ich möchte in diesem Zusam­menhang doch auch noch einmal einen Appell an Sie, auch als Vertreter von Ländern, richten, die Länder in die Verantwortung für die Erfüllung einer aktiven Arbeitsmarktpolitik miteinzubezie­hen.

Es wurde im Zusammenhang mit der Finanzierung des Nationalen Aktionsplans auch kritisiert, daß über das Jahr 1999 hinaus keine konkreten Budgetzahlen genannt werden. Die vom Arbeitsmarktservice errechnete Zahl, die auch immer wieder in den Medien herumgegeistert ist, in der Höhe von 3,2 Milliarden Schilling an zusätzlichen Mitteln war immer auf das Jahr 2002 repliziert. Es war nie davon die Rede, daß diese Mittel bereits für die Jahre 1998 oder 1999 vor­gesehen sind. Diese Summe kann also im Aktionsplan mit dieser Perspektive 2002 nicht auf­scheinen. Wir können derzeit keine Verbindlichkeit für die Budgets des nächsten Jahrzehnts eingehen. Es hat der Souverän, nämlich der Wähler, hier ein gewichtiges Wort mitzureden, und ich kann nur eines sagen, auch schon an die Adresse der Wähler: Wenn uns die Wählerinnen und Wähler wieder das Vertrauen geben, werden wir es als Verpflichtung ansehen, auch in der nächsten Legislaturperiode für eine Politik zu sorgen, die den Beschäftigungsplan voll erfüllt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Gaugg: Das ist eine Wahlrede! Das ist eine gefährliche Drohung, Frau Kollegin!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wir werden es auch nicht zulassen, daß Pensionisten, Jugendliche, Arbeitslose und Beschäftigte gegeneinander ausgespielt werden, wie das immer wieder versucht wird. Wir werden aber auch immer ehrlich sagen, daß es kein Wunderrezept, kein einzelnes Konzept für die Beschäftigungspolitik gibt, sondern daß es eben ein Gesamtkon­zept zu geben hat, eines, wie es auch der Nationale Aktionsplan als eine gute Leitlinie mit wichti­gen Schwerpunkten darstellt.

Erlauben Sie mir nur kurz noch auf ein paar Punkte dieses Nationalen Aktionsplanes einzuge-hen. Es wird der Themenbereich „neue Unternehmen“ angesprochen. Unternehmensgründun­gen versprechen ein noch unausgeschöpftes Beschäftigungspotential. Auf die entsprechenden Ansätze dazu wie Förderungstransparenz, Verfahrensvereinfachungen und verbesserte Kapital­marktzugänge, insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe, wird der Herr Bundesminister für wirt­schaftliche Angelegenheiten im Laufe der Debatte noch ausführlich eingehen, ebenso auch auf die finanziellen Anreize zur Lehrlingseinstellung – auch wenn er jetzt noch nicht hier ist, aber er wird noch kommen.

Das gleiche gilt auch für die Fragen der Aus- und Weiterbildung, zu denen Frau Kollegin Bun­desministerin Gehrer im Detail Stellung nehmen wird. Sie ist anwesend und wird diese Aufgabe gerne wahrnehmen. Ich möchte mich daher auf das Bekenntnis beschränken, daß Investitionen in die Qualifikation, das Wissen und die Fertigkeiten der Erwerbsbevölkerung unverzichtbare Bedingungen für eine moderne Standort- und auch Beschäftigungspolitik sind.

Erlauben Sie mir auch noch ein paar Bemerkungen zur Berufsausbildung und zur Jugendbe­schäftigung. Aus dem vorhin Gesagten ergibt sich logischerweise, daß die Jugendbeschäftigung beziehungsweise die Verbesserung der Berufsausbildung der Jugendlichen ein zentrales Anlie­gen der Bundesregierung ist. Unsere Ziele sind, neue Lehrplätze zu schaffen, neue Berufsbilder rascher zu entwickeln und die Qualität der Ausbildung auf einem hohen Niveau sicherzustellen und wo nötig zu verbessern.

Nach Expertenmeinung wird es jedoch trotz aller Bemühungen, trotz finanzieller Anreize zur Lehrlingseinstellung und der Bewilligung neuer Lehrberufe immer eine gewisse Anzahl von jungen Menschen geben, die am freien Lehrstellenmarkt nicht unterkommt. Deshalb wurde im Nationalen Aktionsplan ein sogenanntes Auffangnetz geschaffen, das aus einer Kombination mehrerer Maßnahmen besteht. Zum einen werden wir in Lehrlingsstiftungen und überbetriebli­chen Lehrwerkstätten die Möglichkeit einer profunden Berufsausbildung bieten. Durch das Jugendausbildungssicherungsgesetz wird 1998 und 1999 die Finanzierung von etwa 1 500 der­artigen Ausbildungsplätzen auf einem eigenen Budgetansatz mit je 500 Millionen Schilling, wo­bei diese als rücklagefähig zu definieren sein werden, sichergestellt – sichergestellt unter der Voraussetzung, daß Sie, sehr geschätzte Damen und Herren, diesem auch die Zustimmung geben.

Zum anderen aber werden rund 2 500 Plätze in Lehrgängen zur Berufsausbildung zur Verfügung stehen. Die Organisation obliegt Trägereinrichtungen unter unentgeltlicher Nutzung der Schulin­frastruktur von Berufsschulen, Höheren Technischen Lehranstalten und anderen Einrichtungen. Sie sehen hier die enge Zusammenarbeit und Kooperation mehrerer Ministerien.

Durch diese Einrichtungen wird keine Gefährdung – und das war uns ein besonderes Anliegen – des dualen Ausbildungssystems eintreten, dem wir unsere einzigartige Stellung in Europa be­züglich der Jugendbeschäftigung verdanken und das als sogenannte „Best-practice-Methode“ anerkannt ist.

Der Ausbildungsbeginn wird mit Anfang bis Mitte November festgelegt. Ich sagte, es ist dies ein Auffangnetz, ein Sicherheitsnetz. Die Lehrpläne sollen sich an den entsprechenden Berufsbil­dern orientieren, wobei angestrebt wird, daß die Jugendlichen jederzeit beziehungsweise spä­testens nach einer einjährigen Ausbildung in ein normales Lehrverhältnis übertreten können. Wir werden vorsehen, daß eine vollständige Anrechnung dieser Ausbildungszeiten auf einschlägige Lehrberufe erfolgt.

Ist wider Erwarten ein Übertritt in ein Lehrverhältnis aus Mangel an Lehrstellen nicht möglich, so ist nach einer Evaluierung durch die Projektgruppe, die zur Umsetzung dieser Vorhaben ge­meinsam eingesetzt ist, nach drei Viertel des Ausbildungsganges gegebenenfalls auch die Fort­setzung der Ausbildung möglich.

Die berufspraktische Ausbildung im Rahmen dieser Sonderformen geschieht, wenn möglich, in Betrieben, aber auch in anderen geeigneten Einrichtungen wie Berufsschulen, anderen Bundes­schulen, dem Berufsförderungsinstitut, dem Wirtschaftsförderungsinstitut oder ähnlichen Ein­richtungen.

Für die Zeit dieser Lehrgänge erfolgt eine sozialversicherungsrechtliche Gleichstellung der Teil­nehmer mit Lehrlingen im dualen Ausbildungssystem. Sie erhalten dafür eine besondere Beihilfe in der Höhe von 2 000 S.

Ich berichte das deshalb hier so ausführlich, sehr geschätzte Damen und Herren, weil wir hier auch neue Wege gehen, neue Impulse setzen, hier auch auf Anregungen der Sozialpartner ein­gegangen sind, und ich hoffe, daß damit genau das erreicht wird, was wir uns als Ziel gesetzt haben: daß die Jugendlichen in unserem Land immer eine positive Perspektive haben und daß es auch nie zu Generationenkonflikten kommen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend zum Umsetzungskon­zept noch eine ganz kurze Bemerkung machen. Herr Kollege Farnleitner und ich wurden beauf­tragt, die Beobachtung und die Evaluierung der Umsetzung des Nationalen Aktionsplanes vorzu­nehmen, und wir haben dafür eine Steuerungsgruppe eingesetzt. Es werden dabei für jede ge­plante Maßnahme die Zuständigkeit beziehungsweise die Mitkompetenzen, die Art der Umset­zung und der entsprechende Zeitplan festgelegt. Eine eigene Projektgruppe, die gemeinsam mit Frau Kollegin Gehrer ins Leben gerufen wurde, bearbeitet den Maßnahmenteil für Jugendliche.

Unsere Zielsetzung bei der Umsetzung ist es, mit allen an der Umsetzung mitwirkenden Akteu­ren, wie zum Beispiel den Ländern und Gemeinden, dem Arbeitsmarktservice, den verschiede­nen Regierungsstellen und den Sozialpartnern, eng zu kooperieren und sie in ihrer Arbeit zu unterstützen. Aber nicht zuletzt wollen wir auch Sie dazu einzuladen, uns in unserer Arbeit zu unterstützen.

Natürlich tragen die Sozialpartner im Rahmen der dritten Säule des Nationalen Aktionsplanes eine zentrale Mitverantwortung für die Modernisierung der Arbeitsorganisation zur Bewältigung des Strukturwandels. Das erfordert ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit unter Wahrung der sozialen Schutzrechte sowohl auf der Arbeitgeber- als auch auf der Arbeitnehmerseite.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Umso wichtiger ist es aus meiner Sicht, angesichts all die­ser Maßnahmen und in Zeiten der raschen Veränderungen in der Sozialpolitik, in der Wirt­schaftspolitik, der Umweltbedingungen, in Zeiten des Konkurrenzdruckes und der Globali­sie­rung – um auch diesen Begriff zu verwenden –, daß hier eine Sozialpolitik gemacht wird, die ein ausrei­chendes Mindestmaß an sozialer Sicherheit garantiert. Nur auf dieser Grundlage werden die Menschen, wird unsere Gesellschaft den wirtschaftlichen Wandel zukunftsorientiert und ohne Angst gestalten können.

Ich finde, daß dieser Nationale Aktionsplan für Beschäftigung diesen Zielsetzungen Rechnung trägt, und ich darf auch Sie, sehr geschätzte Damen und Herren, bitten, sich aktiv in die Umset­zung dieses Aktionsplanes einzuschalten und den Gesetzen, die dabei noch zu beschließen sein werden, Ihre Unterstützung zu geben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.02


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Danke, Frau Bundesministerin Hostasch.

Ich erteile nunmehr der Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten das Wort. – Bitte, Frau Bundesministerin.

18.02


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die österreichische Bundesregierung mißt in ihrer Arbeit und im Nationalen Aktionsplan der Bildung und der Jugend­beschäftigung eine besonders zentrale Bedeutung bei.

Bildung, Berufsbildung und Jugendbeschäftigung stehen in ursächlichem Zusammenhang. Nur gut ausgebildete Jugendliche haben die besten Chancen, in der Zukunft Arbeitsplätze zu finden. Die Frage von Bildung, Schule und beruflicher Ausbildung darf daher keine Frage des Geldes sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist unsere Aufgabe, die Aufgabe der Politikerinnen und Politiker, die besten Rahmenbedin­gungen dafür zu schaffen. Die Budgetzahlen, die wir in den kommenden Tagen noch behandeln werden, sprechen eine eindeutige Sprache. Von 1997 bis 1999 erfolgte im Bildungsbereich eine Budgeterhöhung um 5,5 Milliarden Schilling. Damit werden selbstverständlich zum Großteil die Lehrergehälter finanziert. Und zur Kritik daran, daß die Personalkosten so hoch sind, möchte ich feststellen: Schule lebt von guten Lehrerinnen und Lehrern. Sie sind die wichtigsten Begleiter unserer Kinder ins Leben! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Die Aufwendungen für die Lehrerschaft sind daher ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Schulen und der Ausbildung der Jugendli­chen. Dazu bekenne ich mich vorbehaltlos.

Mit der Erarbeitung des Nationalen Aktionsplanes hat Österreich einen weiteren Schwerpunkt für die zukunftsweisende Bildung und die Beschäftigung der Jugend gesetzt. Wir haben dabei bewußt einen breiten Ansatz verfolgt. Wenn Österreich mit seinen Arbeitslosenzahlen auch im unteren Feld der EU liegt und innerhalb der Europäischen Union sogar die niedrigste Jugend­arbeitslosigkeit aufweist, dürfen wir noch keineswegs damit zufrieden sein.

Es muß jede Anstrengung unternommen werden, damit Jugendliche eine gute Ausbildung erhal­ten. Das Schlimmste, was einem jungen Menschen passieren kann, ist, bei seinem Einstieg in das berufliche Leben das Gefühl zu bekommen, nicht gebraucht zu werden. Es ist daher eine wichtige Aufgabe der Politik, den Jugendlichen die bestmögliche Bildung, die Chance auf eine Berufsausbildung und damit auf einen Arbeitsplatz zu geben.

Seit Ende der achtziger Jahre hat die Bundesregierung auf diese Herausforderungen mit einer Wirtschaftspolitik reagiert, die sich verstärkt auf folgende Grundsätze stützt: gesunde Staats­finanzen, Teilnahme Österreichs an der Wirtschafts- und Währungsunion von Beginn an, Rück­zug des Staates aus den Betrieben, Stärkung des Finanzplatzes, flexiblere Arbeitswelt und be­schäftigungsstimulierende Neugründungen von Unternehmen.

Seit Mitte der neunziger Jahre spiegeln sich diese Grundsätze in den konsolidierenden Budgets 1996/97 sowie 1998/99 wider, ebenso wie in den vereinfachten Genehmigungsverfah­ren, einem neuen Arbeitszeitgesetz, einer schrittweisen Privatisierung und besonders in der Be­schlußfassung über den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung.

In diesem Nationalen Aktionsplan wurden besonders auch Maßnahmen zur qualitativen Weiter­entwicklung der Schulen und der Bildung als wichtige Grundlage zur Verbesserung der Arbeits­marktchancen festgehalten. Solche Maßnahmen, die bereits seit Mitte der neunziger Jahre an den Schulen erarbeitet und umgesetzt werden, sind:

Qualitätsmanagement und Schulentwicklungsprogramm, das Lehrplanprojekt 1999, eine konti­nuierliche Überprüfung von Inhalten und Umfang der Lehrstoffe, Einteilung der Lehrpläne in Kern- und Erweiterungsbereiche, die Weiterentwicklung und Fortführung der Autonomie, die in­tensive Kooperation zwischen Schule und Wirtschaft, Schule und Universität sowie Universität und Wirtschaft – dies soll besonders auch zu einer Förderung des unternehmerischen Denkens führen –, verpflichtende Bildungs- und Berufsorientierung auf hohem Niveau und die Weiter­qualifikation aller Lehrkräfte.

Gerade die berufsbildenden höheren Schulen und die Lehrlingsausbildung haben in der Vergan­genheit in hohem Maße dazu beigetragen, daß sich in Österreich die Jugendarbeitslosigkeit nicht so dramatisch entwickelt hat wie in den anderen EU-Ländern. Auch für das kommende Schuljahr ist es unser gemeinsames Ziel, jedem Jugendlichen, der geeignet dazu ist, eine wei­terführende Schule zu besuchen, diese Ausbildung zu ermöglichen.

Dazu möchte ich folgendes klarstellen: Im Schuljahr 1997/98 sind in den weiterführenden Schu­len Österreichs insgesamt 7 600 Schüler und Schülerinnen mehr aufgenommen worden und darin verblieben. Davon besuchen 5 632 die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen. Wie sich aus den bisherigen Anmeldezahlen abzeichnet, ist im kommenden Herbst mit einem gleich hohen Schülerzuwachs zu rechnen.

Wichtig ist es auch, daß wir den Übertritt von der Hauptschule oder von der 4. Klasse der AHS in eine weiterführende Schule harmonischer gestalten. Dazu ist im Nationalen Aktionsplan fest­gehalten, daß das Aufnahmeverfahren evaluiert werden soll. Besonderes Augenmerk muß dabei auf die Chancengleichheit zwischen den Schülern der AHS und den Schülern der Haupt­schule gelegt werden. Derzeit sind es gerade die Schülerinnen und Schüler der Hauptschule, die durch verschiedene schulautonome Schwerpunkte und gezielte Programme auf den Besuch von berufsbildenden höheren Schulen besonders gut vorbereitet werden.

Nun zur österreichischen Lehrlingsausbildung: Die österreichische Lehrlingsausbildung ist eine Erfolgsstory. Derzeit machen immer noch 40 Prozent eines Altersjahrganges, das heißt 40 Pro­zent von 95 000 Jugendlichen, eine Lehre. Und ich möchte von dieser Stelle aus allen, die sich der Jugend annehmen und in ihren Betrieben Lehrlinge ausbilden, sehr herzlich danken! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Durch diese Ausbildung in den Betrieben und mit einer schulischen Ergänzung ist es gelungen, vielen Jugendlichen einen nahtlosen Übergang in den Beruf zu ermöglichen. Diese gute öster­reichische Lehrlingsausbildung muß in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern erhalten blei­ben! Maßnahmen dafür, die wir im Nationalen Aktionsplan festgehalten haben, sind folgende:

Erstens: eine finanzielle Entlastung für Betriebe, die Lehrlinge ausbilden. Dieses Ziel wurde be­reits in den letzten zwei Jahren zielstrebig verfolgt. So wurden etwa die Sozialversicherungsbei­träge für alle drei Lehrjahre gestrichen, ebenso wie die Arbeitgeberbeiträge zur Unfallversiche­rung für das erste Lehrjahr.

Im Nationalen Aktionsplan wurde auch festgehalten, daß die Betriebe einen jährlichen Steuer­freibetrag von 20 000 S pro Lehrling im ersten Lehrjahr erhalten. Das ist mir deswegen so wich­tig, weil ich meine: Dieser Freibetrag ist zwar von der Höhe her nicht das Nonplusultra, aber er ist sicherlich ein ganz wesentliches Signal für die Zukunft. Damit wird nämlich zum ersten Mal dokumentiert, daß Investitionen in die Jugend und in die Bildung genauso wichtig sind und steuerlich berücksichtigt werden müssen wie Investitionen in Maschinen und Technologien. (Bei­fall bei ÖVP und SPÖ.)

Alle Maßnahmen zusammengenommen ergeben eine Erleichterung für jene Betriebe, die Lehr­linge ausbilden, in der Höhe von rund 700 Millionen Schilling. Dies entspricht etwa 14 Prozent der gesamten Nettoausbildungskosten der Betriebe.

Zweiter Punkt: Durch weiteren Abbau der Regelungsdichte muß die Lehrlingsausbildung noch attraktiver gemacht werden. Zahlreiche Maßnahmen wurden schon gesetzt, weitere müssen fol­gen.

Drittens: Neue Lehrberufe müssen innerhalb von sechs Monaten umgesetzt werden. Die ersten Taten wurden bereits gesetzt. Allein im April wurden 15 neue, zukunftsweisende Lehrberufe ge­schaffen, wie zum Beispiel: Entsorgungs- und Recyclingfachmann, Kommunikationssystemkauf­mann, Vermessungstechniker, Datenverarbeitungssystemtechniker, Sonnenschutzanlagenmon­teur.

Viertens: Für lernschwache Jugendliche wird endlich die Vorlehre umgesetzt. Diese Vorlehre soll mit dem Abschluß zum Beruf eines qualifizierten Helfers führen. Der Umstieg in eine Lehr­lingsausbildung muß möglich sein.

Fünftens: Für den Fall, daß trotz aller Bemühungen nicht alle Jugendliche eine Lehrstelle finden, wird das bewährte Auffangnetz von Lehrwerkstätten und Lehrlingsstiftungen weitergeführt. Zu­sätzlich dazu werden Übergangslehrgänge eröffnet. Diese Übergangslehrgänge sind von Trä­gereinrichtungen in den Bundesländern anzubieten und beinhalten die wichtigen Merkmale der Lehrlingsausbildung, nämlich die praktische Ausbildung in einem Betrieb beziehungsweise in einer Werkstätte und die ergänzende schulische Ausbildung. Falls Schwierigkeiten bestehen, Betriebe für die praktische Ausbildung zu finden, sollen Werkstätten an Schulen oder Erwachse­nenbildungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden.

Die Modelle der Lehrlingsstiftung und der Übergangslehrgänge werden zeitversetzt zu Schulbe­ginn angeboten. Sie sind für jene Jugendlichen gedacht, die dazu geeignet sind, eine Lehre zu machen, aber trotz aller Bemühungen bis November keine Lehrstelle gefunden haben. In Zu­sammenarbeit zwischen den Ministerien und den Bundesländern wurde bereits mit der Planung von derartigen Angeboten begonnen. Für diese Maßnahmen sind im Haushaltsjahr 1998 und 1999 zusätzlich 500 Millionen Schilling vorgesehen.

Für mich ist es ganz besonders erfreulich, daß mit diesen Festlegungen im Nationalen Aktions­plan die Vollzeitschule für Lehrlinge verhindert werden konnte. Diese Vollzeitschule hätte auf längere Sicht das Ende der Ausbildungswilligkeit der Betriebe bedeutet und das Ende der guten österreichischen Lehrlingsausbildung eingeleitet.

Wichtig ist mir auch, daß jenen Jugendlichen, die keinen Pflichtschulabschluß haben, die Chance dazu noch bis zum 18. Lebensjahr geboten wird. Wir sind bereits mit der Konzeption dieser Ausbildungslehrgänge beschäftigt. Im Budget 1999 sind dafür 50 Millionen Schilling vor­gesehen.

Mit den Fachhochschulen hat Österreich ein ganz wesentliches neues Angebot zu einer akade­mischen Berufsausbildung gesetzt. Derzeit gibt es in Österreich 40 Fachhochschul-Studien­gänge. Vier weitere sind für das nächste Studienjahr bereits neu genehmigt. Die Chance, mit einer Fachhochschulausbildung einen Arbeitsplatz zu finden, ist nachgewiesenermaßen äußerst groß.

Auch im Universitätssektor konnten in dieser Legislaturperiode wesentliche neue Akzente ge­setzt werden. Die flexible Gestaltungsmöglichkeit auf seiten der Studierenden wurde durch das Uni­versitätsstudiengesetz 1997 stark erweitert. Damit können nun die Studierenden individuell auf neue berufliche Herausforderungen reagieren und vor allem in der Abschlußphase ihres Studiums einen entsprechenden Schwerpunkt setzen. Mit dieser Gesetzgebung wurde auch der Auftrag zur Kooperation zwischen Universitätsinstituten und Wirtschaftsbetrieben verstärkt.

Meine Damen und Herren! Zu den Rahmenbedingungen, die wir als Politikerinnen und Politiker setzen müssen, gehören für mich aber auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Und ich meine, daß auch die von der Regierung beschlossene neue Familienförderung neue Chancen für die Jugend bieten wird. Es ist immerhin gelungen, 6 000 S mehr pro Kind durchzu­setzen, die Mehrkinderstaffel beizubehalten, mehr Kinderbetreuungsplätze in ganz Österreich zu garantieren sowie auch die Schüler- und Lehrlingsfreifahrt für Internatsschüler zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Mertel.)

Mit diesen 12 Milliarden Schilling mehr für die Familien werden wir ganz wesentlich dazu beitra­gen, daß Kindern weitere Bildungschancen geboten werden.

Meine Damen und Herren! Die Budgetzahlen, die von der Regierung gesetzten Maßnahmen und die im Nationalen Aktionsplan vereinbarten Zielsetzungen stellen ganz klar dar, daß der Bil­dung und Ausbildung in der Bundesregierung und in diesem Parlament ein besonders hoher Stellenwert beigemessen wird. Politik ist Arbeit für die Zukunft. Bildung und Ausbildung für die Jugend ist die Grundlage für eine gute Entwicklung unseres Landes! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.16


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Danke, Frau Bundesministerin.

Wir kommen sogleich zur Debatte über die beiden soeben erfolgten Erklärungen.

Ich erteile Herrn Abgeordnetem Gaugg als erstem Redner das Wort. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.16


Abgeordneter Reinhart Gaugg¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Was uns hier mit den Ausführungen der beiden Ministerinnen ge­boten wurde, entspricht etwa der Aufsatzarbeit eines Mittelschülers. Nicht nur der Inhalt des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung ist eine Enttäuschung, sondern auch die Präsenta­tion durch die beiden Ministerinnen. (Abg. Dr. Khol: War Ihnen das Niveau zu hoch, Herr Gaugg?)

Herr Klubobmann Khol! Wissen Sie, was das Beste für Sie wäre? – Das Beste wäre für Sie, wenn Sie noch einmal in die Schule gingen und etwas lernten, nämlich Demokratie. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das täte Ihnen einmal ganz gut! Und Sie könnten auch durchaus bei Ihrer Kollegin und Ministerin Gehrer um einen Lehrerposten an einer Mittelschule ansuchen, denn dort könnten Sie dann den Ober­lehrer spielen. In Wirklichkeit ist das Thema ja wirklich zu ernst ... (Lebhafte Zwischenrufe der Abg. Dr. Krammer. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glocken­zeichen.)

Das zeigt wieder einmal das Niveau der Abgeordneten der Regierungsparteien. Die Frau Mini­sterin Gehrer hat erwähnt, daß es Maßnahmen zur Attraktivierung der Lehrlingsausbildung ge­geben hat. Sie sagte, es seien schon welche gesetzt worden und es sollen weitere gesetzt werden. Aber sie verschweigt eben wieder einmal, welche Maßnahmen gesetzt werden sollen. Das wäre interessanter als die Verlesung des Aufsatzes oder Aussagen in der Tonart: „Jetzt haben wir das Ei des Kolumbus erfunden!“ Oder: „Kreiskys Traum ist in Erfüllung gegangen!“, Österreich ist eine „Insel der Seligen“, und die rund 300 000 Beschäftigungslosen in unserem Land sind eine Erfindung der „bösen“ Opposition!

Ich betone: Es ist Ihnen trotz des Einsatzes von 2 Milliarden Schilling – laut einer Aussendung des ÖGB – nicht gelungen, alle Lehrlinge unterzubringen! Es suchen noch immer etwa 3 000 Jugendliche einen Lehrplatz. – Darauf sollten Sie Antworten geben, Frau Minister! Denn sal­bungsvolle Worte, Aussagen wie: „Wir werden tun!“, brauchen wir nicht. Ich frage Sie: Warum haben Sie es nicht schon längst getan?

Wir haben in Österreich steigende Arbeitslosenzahlen. Wir haben besonders hohe Arbeitslosen­raten bei den über 40jährigen. Es gibt derzeit schon über 100 000 Beschäftigungslose unter den über 40jährigen. Wir haben einen massiven Personalabbau in den verstaatlichten und ehemals verstaatlichten Unternehmen wie Post, Bahn, Verbund, OMV, Bundesforste und so weiter zu verzeichnen.

Der ÖGB schweigt dazu. Es fällt dem ÖGB dazu überhaupt nichts ein! Das geht sogar so weit, daß in diesem Bereich natürlich alles freiwillig passiert. Aber wenn es nicht freiwillig passiert, dann kommt der Druck. Wo ist da der ÖGB? Wo ist seine Verantwortung als Interessenvertre­tung der Arbeitnehmer?

Wenn Frau Minister Hostasch hier die Abfolge, wie das alles entstanden ist, erläutert, dann frage ich mich: Wo sind die Taten? Wo sind die tatsächlichen Taten? – Denn ich sage Ihnen eines: Dieser Nationale Aktionsplan für Beschäftigung ist ein Pakt der falschen Hoffnungen! Denn Sie sind finanziell überhaupt nicht in der Lage – Sie können dafür keinen Nachweis erbrin­gen –, Ihre erhobenen Forderungen oder die Ansprüche dieses Nationalen Beschäftigungspla­nes auch tatsächlich umzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nach Ihren heutigen Aussagen kann der Leiter des Arbeitsmarktservice Buchinger nicht Herr seiner Sinne sein, weil sonst könnten Sie ja nicht behaupten, daß ohnehin alles in Ordnung beim Arbeitsmarktservice ist. Tatsache ist, daß bereits laufende Maßnahmen des Arbeitsmarktservice gekürzt werden und künftige nicht vollzogen werden können, weil das Geld fehlt. Daher sage ich Ihnen: Dieser Nationale Aktionsplan für Beschäftigung ist eine nationale Blamage der Regie­rung. Das ist eine nationale Blamage der Regierung, die sich vom Gipfel in Luxemburg bis zum 15. April fortsetzt, als Sie nur unter dem Druck der EU in der Lage waren, ein entsprechendes Papier zusammenzubringen. Aber diese Vereinbarung ist das Papier nicht wert, auf dem sie ge­schrieben ist, wenn nicht entsprechende Taten folgen.

Sie sprechen von einem Auffangnetz, von einem großartigen Auffangnetz. Wie lange wird das Netz halten, bis es reißt? Wie lange wird Ihr Netz halten, bis es reißt, weil Sie viele Tausende Jugendliche in diesem Ausbildungsauffangnetz haben werden? Wo werden Sie diese dann künftig am Arbeitsmarkt unterbringen?

Legen Sie endlich einmal Lösungen auf den Tisch, damit wir zu sinkenden Arbeitslosenzahlen kommen, und reden Sie nicht nur davon, daß nach den nächsten Wahlen das Paradies kommt – aber nur, wenn Sie gewählt werden! – Das waren Ihre Aussagen. Das war eine vorge­zogene Wahlrede von Ihnen. Und ich sage Ihnen eines: Ihnen ist nur wichtig, daß Papier produ­ziert wird. Die Schicksale der Arbeitnehmer sind Ihnen egal, völlig egal. Sie verstehen es, gelee­artig alle Probleme zuzudecken, das kümmert Sie nicht. Es kümmern Sie keine Einzelschick­sale! (Abg. Murauer: Das ist eine Zumutung!)

Es kümmert Sie nicht, daß gerade viele berufstätige Frauen Armut trotz Arbeit erleben, und zwar durch die von Ihnen geschaffenen McJobs, mit Ihrer Unterstützung, mit Unterstützung des Ge­werkschaftsbundes. Jetzt gibt es Unternehmen in Österreich, die Beschäftigung nach Bedarf an­bieten. Wo ist da der Aufschrei des Österreichischen Gewerkschaftsbundes? Beschäftigung nach Bedarf! Wir haben uns immer gewehrt, gemeinsam gewehrt, gegen die kapazitätsorien­tierten Arbeitszeiten. Die kommen, die schleichen sich heran. Aber da Sie in der Regierung sitzen, dürfen Sie nichts mehr sagen.

Sie dürfen auch nicht erwähnen, daß Sie die Bewältigung der seit langen Jahren bekannten Pro­bleme am Arbeitsmarkt in keiner Weise in den Griff bekommen. Abbau von Überstunden – eine Uraltdiskussion in Österreich. (Abg. Dr. Feurstein: Von Ihnen!) Der Abbau von Überstunden ist eine Uraltdiskussion in diesem Lande, eine Uraltdiskussion! Jetzt sind Sie draufgekommen, daß es gut ist. Ich frage mich, warum Sie das nicht umsetzen. Wo sind Ihre positiven Signale zur Senkung der Lohnnebenkosten? Wo sind sie denn?

Sie verstecken sich hinter der Steuerreform 2000, die – das sage ich Ihnen heute schon – eine weitere Belastung bringen wird, weil Sie trotz der Sparpakete nicht in der Lage sind, die Budgetdefizite einzudämmen. Die Budgetdefizite steigen weiter. Sie haben aber einen Stabili­tätspakt mit Brüssel geschlossen, und obwohl Sie eine vorauseilende Unterwürfigkeit gegenüber Brüssel haben, schaffen Sie es nicht, die Probleme im normalen Haushalt ohne Defizitsteige­rung zu lösen. Ich frage Sie: Wird es nach der Wahl die wundersame Geldvermehrung geben?

Die schärfste Kritik an Ihrem Aktionsplan, den Sie so feiern: Das Wifo hat im Jänner 1998 in einer Studie festgestellt, daß allein durch die Konjunkturentwicklung bis zum Jahr 2002 etwa 100 000 Arbeitsplätze geschaffen werden in diesem Land. Jetzt frage ich mich: Sind jene, die im Aktionsplan enthalten sind, zusätzliche 100 000 Arbeitsplätze, oder sind das nur Zufallsprodukte, die hier entworfen werden? – Derzeit haben wir eine steigende Arbeitslosigkeit. Im Jahre 1996 wurde davon gesprochen, daß wir 1997 etwa 5,5 Prozent Arbeitslosigkeit haben werden – wir hatten 7,1 Prozent. Sie wird heuer wieder um ein Zehntelprozent steigen. Sie wollen 3,5 Prozent erreichen, sagen uns aber nicht, woher Sie die finanziellen Mittel nehmen werden.

Sie reden von der Unternehmensoffensive, die im Beschäftigungsplan eingefordert wird. Wo ist sie denn? – Sie haben einen Rückgang von 12 Prozent im ersten Quartal 1998 gegenüber 1997. Ihre Art der Politik greift also nicht. Es scheint alles eine Rettungsaktion zu sein, um über die nächsten Nationalratswahlen drüberzukommen. Und danach kommt wieder die große Schere und wieder der große Mangel an Arbeitsplätzen, weil wir in Wirklichkeit eine Regierung haben, die sagt: Die Probleme, die anstehen, lösen wir derzeit nicht. Derzeit fabrizieren wir viel Papier, und es gibt nur eine Art der Vollbeschäftigung in unserem Lande, nämlich die Vollbeschäftigung der Sozialpartner mit ihrem Wifi, mit dem BFI und anderen Einrichtungen. Die werden jetzt wie­der gestopft mit öffentlichen Geldern, um dort Lehrlinge auszubilden. – Wir werden das Ergebnis ja letztlich sehen.

Das ist keine Art der Beschäftigungspolitik, wie wir sie uns vorstellen. Sie haben die Verantwor­tung, in diesem Land für Beschäftigung zu sorgen. Sie sitzen in der Regierung. Sie hätten die verdammte Pflicht, endlich einmal Taten zu setzen und nicht ständig von irgendwelchen Maß­nahmen und Aktionen zu reden, dann wären Sie glaubwürdiger. Sie produzieren nur seitenweise Papier. Das klingt alles so wunderbar: Wir werden die Arbeitslosigkeit in den Griff bekommen. Frau Ministerin Gehrer sagt, wir werden keine Lehrlinge mehr haben, die Arbeit suchen. – Die Tatsachen sehen anders aus. Sie werden an den Taten gemessen werden und nicht an Ihren Papieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.25


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte.

18.25


Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch¦ (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaugg! Die Bundesregierung hat nicht die Möglichkeit, mit Bettelbriefen Unternehmer um Spenden zu er­suchen, wenn es darum geht, den Beschäftigungsplan umzusetzen (Abg. Blünegger: Das ist doch schon ein alter Hut!), sondern muß eigenständig gestalten. Das sollten Sie sich immer wie­der in Erinnerung rufen, wenn es um Ihre eigenen Angelegenheiten geht. (Abg. Gaugg: Pent­house-Büro! Gratisbewohner eines Penthouses!)

Meine Damen und Herren! Acht von zehn Österreicherinnen und Österreichern sehen die Arbeitslosigkeit als das dringendste Problem, das die Politik zu bewältigen hat. Seit dem Jah­re 1990, und das muß man in dieser Debatte auch immer wieder betonen, ist es tatsächlich ge­lungen, 175 000 neue Beschäftigungsmöglichkeiten in diesem Lande zu schaffen. (Abg. Gaugg: Wie viele haben Sie verloren?) Wir dürfen auch nicht vergessen, daß wir mehr Beschäftigte denn je in unserem Lande haben. (Abg. Gaugg: Legen Sie doch offen, was Sie für Ihr Pent­house zahlen! Sagen Sie das den Arbeitnehmern!) Die Prognosen zeigen deutlich nach oben, und die Jugendarbeitslosigkeit ist geringer geworden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es geht letztendlich darum, diese Tatsachen in den Vordergrund zu rücken. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Sagen Sie einmal, was Sie das Penthouse kostet!)

Dennoch, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir die Sorge um die Arbeitsplätze mehr denn je ernst nehmen. Mehr als 230 000 Menschen suchen im Jahresdurchschnitt Arbeits­möglichkeiten (Abg. Gaugg: Wer wohnt denn in einem Penthouse, für das andere zahlen? Nehmen Sie Stellung dazu!) – junge, ältere und vor allem Frauen. Das ist eine Herausforderung für die Politik, keine Hängematte. (Abg. Gaugg: Wer zahlt das? Erklären Sie uns, wer der Eigentümer ist!) Der Gipfel in Luxemburg hat deutlich aufgezeigt, daß hinsichtlich der nationalen Beschäftigungspro­gramme nicht nur der Euro zur Stabilität beitragen soll, sondern auch die Beschäftigung einen wesentlichen Zukunftsaspekt darstellen soll. (Abg. Gaugg: Sie zahlen nicht einmal die Lift­kosten!)

Meine Damen und Herren! Wir werden in den nächsten Jahren sicherlich Gelegenheit dazu haben, im Wege der nationalen Beschäftigungsprogramme die Beschäftigung dementspre­chend voranbringen zu können. Der nationale Beschäftigungsplan ist in vielen Bereichen ein Kompromiß. Das wissen Sie, wenn Sie die Debatten im Zusammenhang mit der Erstellung des nationalen Beschäftigungsprogrammes verfolgt haben. Sie wissen, daß wir eine kritische Posi­tion dazu einnehmen, daß man den Lehrberechtigten jetzt auch die Unfallversicherungsbeiträge für die Jugendlichen ersetzt, weil wir der Auffassung sind, ein Lehrling zu sein, kann ja nicht be­deuten, ein Unfall zu sein. Der ÖGB hat auch da oder dort noch andere Überlegungen ange­stellt. Dennoch bin ich überzeugt davon, daß die Sozialpartner gemeinsam einen Kompromiß gefunden haben, der das Ziel hat, für die Menschen in unserem Lande, ob jung oder alt, Be­schäftigung zu schaffen und sie nicht ohne Beschäftigung in die Zukunft zu schicken. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß diese Erfolge nur erreichbar sind, wenn wir uns ein vernetztes Handeln zu eigen machen. Wirtschaftspolitik, Finanzpolitik, Forschungs-, Sozial- und Bildungspolitik müssen eine Einheit bilden. Es geht aber auch darum, das rasch umzusetzen. (Abg. Gaugg: Warum tun Sie es nicht?) Diesbezüglich eine dringende Bitte an die Bundesregie­rung: Bei der Gestaltung der Möglichkeiten geht es letztendlich auch darum, daß wir uns nicht selbst behindern. Ich denke im besonderen an die sehr schwierigen Verfahren im Zusammen­hang mit den selbständigen Ausbildungseinrichtungen. Ich stelle hier die Behauptung auf: Müßte ein normaler Betrieb unter diesen Bedingungen Lehrlinge aufnehmen, dann hätte er es schon längst aufgegeben, als Lehrlingsausbilder tätig zu werden.

Frau Bundesministerin Gehrer! Die Berufsschule war für uns nie als Ersatz der Lehrlingsausbil­dung gedacht, sondern sie ist ein sehr wertvoller Teil der Berufsausbildung, der dualen Berufs­bildung. In der besonderen Situation der vielen Jugendlichen, die es aufgrund der Geburtenent­wicklung in unserem Land in den nächsten zwei Jahren auszubilden gilt, sollte das als Mittel ein­gesetzt werden.

Ich bitte Sie, das auch wirklich zur Kenntnis zu nehmen und nicht immer die Vollzeitschule im Rahmen der Lehrlingsausbildung drohend in den Raum zu stellen. Sie wissen, daß es uns um die Nutzung der Qualität der vorhandenen Schule geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht aber darum, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß diese selbständigen Ausbil­dungseinrichtungen auch rasch dort greifen, wo sie notwendig sind, denn die Priorität liegt in den Lehrbetrieben. Die Priorität liegt in den Lehrbetrieben der Wirtschaft, aber wenn es notwendig ist, sollte der Weg über Lehrlingsstiftungen oder selbständige Ausbildungseinrichtungen gegan­gen werden. Ich würde wirklich bitten, daß Sie sich einmal die entsprechenden Verordnungen hernehmen. Schauen Sie sich diese an! Ich bin überzeugt davon, wenn Sie unter diesen Umständen Lehrlinge ausbilden müßten, würden Sie es aufgeben. Da ist eine Neuordnung am Platz, und das müßte bis zum Sommer möglich sein.

Darüber hinaus ist der nationale Beschäftigungsplan auch ein Ansatz, darüber nachzudenken, wie wir die bereits gefaßten Beschlüsse weiter verbessern können. Das Solidarmodell, die Bil­dungskarenz sind meiner Meinung nach auch Teile eines nationalen Beschäftigungsplanes. Und ich meine, die größte Herausforderung besteht tatsächlich darin, die Arbeitslosenrate auf annähernd 3,5 Prozent herunterzubringen. Die Arbeitslosigkeit zu reduzieren bei gleichzeitigem Ansteigen der erwerbstätigen Bevölkerung und des Druckes am Arbeitsmarkt ist die größte Herausforderung.

Daher bin ich auch überzeugt davon, so wie beim Euro, daß jeder – wir alle, die wir im poli­tischen Leben stehen, auch jene auf der Besuchergalerie – die Möglichkeit haben wird, mit die­sem nationalen Beschäftigungsprogramm zu prüfen, ob es uns tatsächlich gelingt, für jeden Jugendlichen, der länger als sechs Monate arbeitslos oder ohne Ausbildung ist, einen Platz zu schaffen. Gelingt es uns, jedem Mann, jeder Frau, der beziehungsweise die länger als zwölf Monate arbeitslos ist, eine entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit oder Bildungsmöglichkeit zu geben?

Ich bin der Ansicht, daß es auch eine große Herausforderung ist, den Anteil der Bildung von 10 auf 20 Prozent zu erhöhen. Es geht nicht nur darum, die Quantität zu steigern. Wir müssen uns auch die Frage stellen: In welche Richtung bilden wir eigentlich aus? – Es geht nicht um das Zwischenparken von Menschen, sondern es geht darum, neue Chancen zu eröffnen und neue Möglichkeiten zu schaffen. Wir haben den Rahmen mit dem nationalen Beschäftigungspro­gramm abgesteckt.

Ich glaube, daß wir auch noch weiter daran arbeiten müssen. Im heurigen Sommer wird sich in Cardiff das erste Mal die Chance bieten, sich anzusehen, was die anderen Länder an nationalen Beschäftigungsprogrammen geschaffen haben. Aber eines müssen wir sicherlich tun: die Chancengleichheit für Frauen auch in den nationalen Beschäftigungsprogrammen weiterent­wickeln. Ich persönlich glaube, daß wir da noch einiges zu tun haben.

Die Jugend ist zu Recht mit diesem Beschäftigungsprogramm besonders angesprochen wor­den, denn wir wissen, daß es aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge im heurigen Jahr und auch im nächsten Jahr noch eine große Zahl von Schulabgängern geben wird. Es kann nicht unser Ziel sein, diese Jugendlichen in irgendeiner Form auf der Straße stehen zu lassen, sondern wir müssen sie tatsächlich in Bildung, in Erstbildung bringen. Stiftungsmodelle, andere Formen der Ausbildung sind hier angesprochen.

Auch hinsichtlich der neuen Berufe bin ich überzeugt davon, daß es im wesentlichen um die Hausaufgaben geht. Was verstehen wir denn tatsächlich unter einem neuen Beruf? – Frau Bun­desminister! Sie haben mit Recht ein paar neue Berufe genannt. Ich meine, daß das auch gut so ist. Aber wir haben uns trotzdem die Frage zu stellen, ob jeder neue Beruf, der genannt wird, tatsächlich ein neuer Beruf ist oder ob es nur eine Verengung der Ausbildung auf ganz be­stimmte Tätigkeiten ist.

Ich weiß schon, daß der eine oder andere sagen wird, dem Gartencenterlehrling gehört die Zu­kunft. Früher war es der Einzelhandelskaufmann, der sich dann später spezialisiert hat. – Soll sein. Ich persönlich bin aber überzeugt davon, daß wir darauf achten sollten, daß in der Erstaus­bildung keine zu enge Spezialisierung erfolgt, sondern sie als Ganzes gesehen wird.

Ich komme zum Schluß. Ich bin der Meinung, daß die Erweiterung der Europäischen Union und die Agenda 2000 gemeinsam mit dem nationalen Beschäftigungsplan eine große Herausforde­rung darstellen. Es ist ebenso eine große Herausforderung, gemeinsam – wie wir das auch im vergangenen Jahr erfolgreich gemacht haben – die Wirtschaft davon zu überzeugen, daß die Einstellung von jungen Menschen die Zukunftschance der Branche erhöht. Und ich bin froh darüber, daß sich jetzt auch der Radiosender Ö 3 in einer Aktion gemeinsam mit der Wirtschaft bemüht, zusätzliche Lehrstellen zu schaffen.

Mitarbeit, die regionalen Beschäftigungskonzepte und Kontrolle sind eingefordert – am 15. Juni in Cardiff, am 11. und 12. Dezember in Wien –, aber nicht nur die Kontrolle, sondern auch das Lernen voneinander. Es geht darum, für mehr als 18 Millionen Menschen in der Europäischen Union und für mehr als 230 000 in Österreich Beschäftigung und Einkommen zu sichern, damit aber auch die Binnennachfrage zu stärken und nicht nur beim Geld von Stabilität zu reden, sondern auch bei Menschen. Die Zukunft der Arbeit sollte unser Anliegen sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

18.35


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

18.35


Abgeordneter Mag. Helmut Peter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin­nen! Meine Damen und Herren! Herr Präsident Verzetnitsch! Die Zukunft der Arbeit soll unser Anliegen sein, da haben Sie ohne Zweifel recht. Ich konzediere dieser Bundesregierung ohne Zweifel die Betroffenheit über das Problem der Arbeitslosigkeit. (Abg. Dr. Khol: Das ist nicht viel!)

Lassen Sie mich dazu Hans Köppl, den Chefredakteur der „Oberösterreichischen Nachrichten“, zitieren: „Keine falschen Hoffnungen. Die alte Arbeitsgesellschaft ist am Ende. ... Allmählich wird erkennbar, daß die Erwerbsarbeit im herkömmlichen Sinn den Charakter der Selbstverständlich­keit verliert. ... Eines muß klar sein. Von den Arbeitsplätzen, die jetzt verschwinden, wird kein einziger wiedererstehen, und die sozial abgesicherte ,Laufbahn‘ gehört der Vergangenheit an.“

Es nützt also nichts, wenn wir das Problem ... (Abg. Dr. Lukesch: Jahr für Jahr haben wir mehr Arbeitsmöglichkeiten, das hat der Herr Präsident gerade nachgewiesen! Jahr für Jahr gibt es mehr Arbeit!) Professor Lukesch! Es steht außer Streit, daß, wenn 80 Prozent der ... (Abg. Dr. Lukesch: Du fällst auf die Argumente von Weltuntergangspropheten herein!)

Irgendwo habe ich jetzt bei Professor Lukesch auf eine falsche Taste gedrückt – er ist nicht mehr zu bremsen!

Das Problem erkannt zu haben und sich dieses Problems für die Menschen und für die Gesell­schaft angenommen zu haben, ist eine Seite. Die andere Seite ist die Analyse, die wir daraus ziehen. Erkennen wir in der Analyse wirklich, daß diese neue Arbeitsgesellschaft auf dem Weg von der Agrar- zur Industrie- und dann zur Informationsgesellschaft völlig neue Anforderungen an uns stellt, der wir mit alten Antworten nicht gerecht werden können?

Die Industriearbeiterschaft fällt tendenziell weg. Sie wird ohne Zweifel durch neue Arbeiten er­setzt, aber nicht in dem Umfang, in dem wir es wünschen, um eine Vollbeschäftigung herkömm­lichen Sinnes, wie wir sie hatten, wieder erreichen zu können. Allein in den letzten drei Jahren, von 1995 bis 1997, sind 24 000 Menschen im primären und im sekundären Sektor arbeitslos geworden und nicht mehr ersetzt worden, die Beschäftigungszahl ist gesunken, während im tertiären Sektor 19 000 Menschen mehr beschäftigt werden konnten.

Unser Problem ist also – Frau Bundesminister Gehrer und Frau Bundesminister Hostasch ha­ben das bereits angetönt –, daß 10 Prozent aller Jobs jedes Jahr unten wegfallen, aufgrund der Technologien, und oben ein Arbeitskräftemangel entsteht, weil unser Bildungssystem nicht so schnell darauf reagieren und neue Anforderungsprofile schaffen kann. Und da liegt die Proble­matik. Wir geben zwar in Österreich viel Geld für die Erstbildung aus, wir sind aber in der Wei­terschulung, im lebenslangen Lernen immer noch in der zweiten oder dritten Reihe. (Abg. Ver­zetnitsch: 10 bis 20 Prozent, das ist eine große Herausforderung!)

Ich meine, die ganz große Herausforderung ist es, nicht nur die Ausbildung bis zum Berufsein­stieg in den Vordergrund zu stellen, sondern den ganz großen Schwerpunkt vielleicht in Zukunft sogar darauf zu legen, ein Drittel aller Ausbildungsmittel dort einzusetzen, wo es um das lebens­lange Weiterlernen geht, um beim technologischen Fortschritt mithalten zu können.

Ich kann Ihnen nicht zustimmen hinsichtlich der Schlußfolgerungen, die Sie in diesem Nationa­len Aktionsplan für Beschäftigung ziehen. Er ist punktuell sinnvoll, wenn man ihn durchliest, punktuell erfolgversprechend. Aber Sie machen einen ganz großen Fehler: Sie wollen sich nicht von dem bestehenden System lösen, Sie wollen es reparieren. In all den Kapiteln, meine Damen und Herren, kommt das Wort „Kunde“ nicht ein einziges Mal vor. Die Worte „Nachfrage“, „Be­dürfnisse von Märkten“ finden Sie da drinnen nicht. (Abg. Verzetnitsch: Glauben Sie, Wirtschaft macht sich von selbst? Das ist Nachfrage!)

Ich zitiere Ihnen Helmut A. Gansterer zur Frage Nummer eins, der Arbeitslosigkeit. Er sagt, zur Frage der Arbeitslosigkeit gibt es sicher hundert Antworten. Ich zitiere Ihnen nur drei. Erstens sagt er, daß Wirtschaften eigentlich unendlich einfach ist. Und es ist eigentlich unendlich einfach in seiner Grundtatsache.

Er sagt weiter: „Wenn du ein Produkt hast, nach dem der Markt schreit wie am Spieß, wirst du mehr Arbeiter brauchen, als du finden kannst. Wenn nicht, dann wirst du zuerst Arbeiter ab­bauen und dann zugrunde gehen.“

„Die entscheidende Frage im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit lautet daher: Haben wir hin­reißende Produkte? Und warum haben wir nicht Zehntausende mehr davon? Was brauchen wir dafür wirklich?“

Das ist es, was wir uns im Rahmen unseres Beschäftigungsplanes fragen müssen: Ist dieses Land in seiner Gesetzgebung, in seinen Rahmenbedingungen kundenorientiert? Ist dieses Land darauf ausgerichtet, Bedürfnisse weltweit und im Land selbst aufzuspüren? Hat es Rahmenbe­dingungen geschaffen für Unternehmer, für Selbständige, für Mitarbeiter, die mit diesen Rah­men­bedingungen leben können und optimale Produkte auf den Markt bringen?

Das ist die Frage, die wir uns bei einem Beschäftigungsfahrplan stellen sollen – neben vielen wichtigen Schlußfolgerungen, die wir in diesem langen Konvolut finden, in dem die Kundenorien­tierung unserer Wirtschaft nicht vorkommt.

Diesbezüglich muß in den Köpfen der Regierungsmitglieder etwas passieren. Es ist nicht so, daß Sie Beschäftigung von oben verordnen können. Sie wissen ganz genau, daß Sie sich diese 100 000 Arbeitsplätze, von denen Sie reden, aufgrund eines Wirtschaftsaufschwunges erhoffen, und dieser läuft mit Ihnen, aber auch ohne Sie. Aber dort, wo Sie gefordert sind, bedeutet Be­schäftigungspolitik heute Standortpolitik, und zwar Standortpolitik in einer zunehmenden Globali­sierung.

Die Erfolge, die wir in der Exportindustrie haben, meine Damen und Herren, zu denen ich der Exportwirtschaft gratuliere, sind solche, die durch den EU-Beitritt zustande gekommen sind, weil die österreichische Wirtschaft jetzt den Markt hat, den sie braucht, aber das liegt im wesentli­chen im sekundären Sektor begründet. Dort, wo Sie zusätzliche Beschäftigung schaffen können, dort, wo Sie den wachsenden Andrang auf den Arbeitsmarkt bewältigen können, findet man wenige oder gar keine Vorschläge, denn da geht es um das absolute Erfassen von Bedürfnissen von Kunden im Dienstleistungsbereich, da geht es um die absolute Erfassung von Beschäfti­gungschancen.

Der Nationale Aktionsplan zeigt im Bereich der Flexibilisierung der Arbeitswelt dort hin, wo es zum Kunden geht – selbstverständlich mit einer sozialen Symmetrie und einem sozialen Schutz –, er weist nicht darauf hin, daß wir in Österreich nach wie vor von allen Ländern den ge­ringsten Flexibilisierungsgrad haben. Ich zitiere aus der Statistik der Europäischen Union: Der Index für die Arbeitszeitflexibilität beträgt in Österreich 51 und in Deutschland 80, in Portugal 100, und der Durchschnitt der EU macht 100 aus. (Abg. Verzetnitsch: Warum ist eigentlich die österreichische Beschäftigungslage so gut, wenn wir so schlecht flexibel sind? – Das frage ich mich schon!)

Herr Präsident Verzetnitsch! Die Beschäftigungslage in Österreich – die Frau Bundesministerin hat uns das wieder vorgebetet – ist betreffend Jugendbeschäftigung gut, dazu gratuliere ich Ihnen. (Abg. Verzetnitsch: Insgesamt!) Sie ist aber schlecht bezogen auf die Gesamtbeschäfti­gung, denn unser Prozentsatz an Arbeitslosen ist mindestens so hoch wie jener von Deutsch­land. Das brauchen wir doch nicht 50mal zu diskutieren.

Wir haben in Österreich 240 000 arbeitslose Menschen, wir haben einen riesigen Anteil an Früh­pensionisten, wir haben Karenzgeldbezieher und so weiter. Sie kommen also auf eine Arbeits­losenzahl, wenn Sie das, was Sie anders „geparkt“ haben, tatsächlich mitbewerten, von an die 500 000 bis 600 000 Menschen. (Abg. Verzetnitsch: Das haben die Deutschen genauso! Das haben die Franzosen genauso!) – Aber das stimmt doch nicht. Österreich hat den höchsten Anteil an Frühpensionisten, den es in Europa überhaupt gibt. (Abg. Verzetnitsch: Die anderen nennen es eben anders! Sie nennen es Vorruhestand!)

Sie überweisen von der Arbeitslosenversicherung jährlich 5 bis 6 Milliarden Schilling an die Pen­sionsversicherung, weil Sie verstanden haben, daß dieses „Parken“ von arbeitslosen Menschen über 50 Jahren besser ist, als sie arbeitslos sein zu lassen. Aber de facto, um es mit den Zahlen der Europäischen Union vergleichbar zu machen, mit denen Sie sich brüsten, haben wir die­selbe Arbeitslosenzahl wie in Deutschland. Wir sind möglicherweise anders damit umgegangen, das konzediere ich gerne und freue mich darüber.

Der Nationale Aktionsplan für Beschäftigung will in seiner ersten Säule die Vermittelbarkeit verbessern. Da sind Fortschritte in der Aus- und Weiterbildung geplant – mein Kompliment da­zu. Aber es wird keine Antwort darauf gegeben, was wir mit der steigenden Zahl an Menschen tun, die aus dem Arbeitsprozeß herausfallen und aufgrund ihrer Qualifikation nie wieder Arbeit bekommen werden. Es steht nichts über den gesellschaftlichen ... (Bundesministerin Hostasch: Halbierung!)

Frau Bundesministerin! Sie können sich das Halbieren wünschen. Menschen, die aufgrund ihrer Qualifikation aus dem Arbeitsprozeß ausgeschieden sind, sind ein Ausdruck des gesellschaftli­chen Wandels, den Sie mit neuen Instrumenten bekämpfen werden müssen. (Abg. Verzet­nitsch: Das steht ja drinnen!)

Wir Liberalen bieten Ihnen den Ansatz der Grundsicherung an, da wir meinen, daß es ein Menschenrecht in dieser Gesellschaft ist – auch dann, wenn man nicht in der Lage ist, im Arbeitsprozeß wieder ein Unterkommen zu finden –, eine Absicherung zu haben. Wir meinen, daß die Begriffe Arbeit und Leistung, über die Sie in Ihrem nationalen Beschäftigungsplan kein Wort verlieren, nicht ausreichend diskutiert werden.

Es gibt Arbeit, die volkswirtschaftlich keine Leistung ist, die also im Bruttosozialprodukt keinen Niederschlag findet. Aber es gibt sehr wohl Arbeit, die gesellschaftlich notwendig ist, die wir dringend brauchen, die wir ermöglichen sollten. Es gibt also jede Menge Arbeit, nur ist es keine entgeltliche Arbeit, nur ist es keine Arbeit, die im vordergründigen wirtschaftlichen Prozeß, den wir am Nationalprodukt messen, enthalten ist.

Das heißt, in einem nationalen Beschäftigungsplan sollte darüber nachgedacht werden, wie ein neuer Gesellschaftsvertrag ausschauen soll, der den Menschen, die heute mit ziemlicher Si­cherheit in dieser komplexen, immer schneller werdenden, immer produktiver werdenden Welt keine Arbeit finden, eine soziale Grundsicherung gibt, damit sie jene Arbeit verrichten, die ge­sellschaftlich notwendig ist – sei es zum Beispiel im Bereich der Landwirtschaft, sei es im Be­reich der Altenhilfe, sei es im Bereich der Kindererziehung, sei es im Bereich der Weiterbildung, sei es im Bereich von sozialer Arbeit außerhalb der Institutionen, die es gibt.

Das Verständnis dafür, daß der Ausfall an Beschäftigung nicht mehr ersetzt werden kann, sondern daß es neue Bereiche der Beschäftigung geben wird, die im ökonomischen Sinn, wie wir es von der klassischen volkswirtschaftlichen Theorie her kennen, nicht meßbar sind, fehlt mir in diesem nationalen Beschäftigungsplan völlig.

Die zweite Säule will den Unternehmergeist entwickeln. Ich finde es schön, daß die Sozialdemo­kraten am 1. Mai in Wien am Rathausplatz große Schilder angebracht hatten, auf denen stand: „Mehr Unternehmer für Wien“. Das wird auch Herrn Präsidenten Maderthaner gefreut haben. Aber was haben Sie dafür getan? Was haben Sie getan, außer schöne Worte zu sprechen, um dafür zu werben, daß es sich lohnt, Unternehmer zu werden, daß es für einen jungen Menschen attraktiv ist, Unternehmer zu werden? Haben Sie die sozialen Ungleichgewichte, die steuerlichen Ungleichgewichte beseitigt? Haben Sie die gewerberechtlichen Fragen geklärt, daß es möglich ist und sich lohnt, Unternehmer zu werden? Wieso soll jemand, der gut verdient, nämlich 30 000 S oder 40 000 S brutto, und einen guten Job hat, ein Selbständiger werden? – Er kommt von der warmen Stube des sozialen Schutzes in die Traufe Ihrer Politik und ist dann noch dazu für alles in diesem Land zuständig.

Sie können doch nicht tatsächlich glauben, daß Sie mit nationalen Aktionsplänen und mit Papier Unternehmer schaffen! Wo sind denn Ihre Rahmenbedingungen – auch betreffend die soziale Absi­cherung der Unternehmer? – Sie stellen doch die Selbständigen überall schlechter. Merken Sie nicht, daß es heute gerade unter den Selbständigen, unter den kleinen Handelstreibenden, unter den kleinen Gewerbetreibenden eine völlig neue Armut gibt? – Und von dieser Armut wissend, haben Sie die Stirn, davon zu reden, daß Sie 40 000 oder 50 000 – je nachdem, ob das Schüssel oder Hostasch sagt, ist die Zahl verschieden – neue Selbständige schaffen wollen? Glauben Sie, daß Sie diese herbeibeten können?

Dritte Säule: Förderung der Anpassungsfähigkeit. Meine Damen und Herren! Wer behindert denn die Anpassungsfähigkeit in der Wirtschaft? (Abg. Dr. Puttinger: Die Liberalen!) – Also die­sen Zwischenruf streichen wir, Puttinger! (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger.)

Herr Schwarzenberger! Ich weiß schon, du lebst in der landwirtschaftlichen Vergangenheit, aber ich erkläre es dir! Die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft hemmen Sie durch eine nach wie vor durchgängige Überreglementierung. Sie machen es lohnend, das zu tun, was Ziel der Politik ist, nämlich so wenige Mitarbeiter wie irgend möglich zu beschäftigen. Das ist die Wahrheit!

Der teuerste Produktionsfaktor, den wir haben, der überbesteuert ist, ist die menschliche Arbeit. Wir Unternehmer tun nichts anderes, als Ihren Rahmenbedingungen zu folgen. Wir schauen, wie wir diesen teuersten Produktionsfaktor Arbeit, von dem 70 Prozent aller Steuern abhängen, so weit wie möglich reduzieren können, um unser Kostenbild zu verbessern. Das ist das Pro­blem, und das steht nicht im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung, weil Sie nicht von Kun­den reden, sondern weil Sie immer noch glauben, an dem vorhandenen System „handwerklich herumschrauben“ zu können.

Säule vier: Chancengleichheit. Mein Kompliment! Darin steht eine ganze Menge wichtiger Maß­nahmen, um den Frauen – nach langem Reden – die Möglichkeit zu geben, im wirtschaftlichen Bereich ihre Selbstbestimmung zu finden. Die Probleme haben Sie im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung erkannt, Ihre Analyse geht mir zwar nicht weit genug, aber ich bin mir sicher, da sind wir nicht so weit auseinander.

Sie bleiben im alten System, das Sie im Lauf der 50 Jahre der Zweiten Republik aufgebaut ha­ben, stecken. Sie haben nicht verstanden, daß die Industriegesellschaft unweigerlich ihrem En­de zugeht und die Informationsgesellschaft heute schon weitgehend Realität ist. Meine Damen und Herren der Regierungsparteien! Sie haben sich selbst nicht auf den Prüfstand gestellt!

Wir Liberalen setzen Ihnen zwei Strategien entgegen. Die eine Strategie bedeutet die Deregulie­rung für diejenigen, die in diesem System zurechtkommen – das werden die meisten sein –, denen wir alle Schulungsmöglichkeiten anbieten, um sie in ihrer eigenen Zeitsouveränität selbst­bestimmt möglichst produktiv sein zu lassen. Jenem Teil der Menschen – das müssen wir nun einmal bitter zur Kenntnis nehmen –, die es nicht schaffen werden, müssen wir zeigen, daß Arbeit auch einen anderen Sinn hat als in einer Produktionsgesellschaft, als nach Maßstäben der Produktivität. Da werden wir die Grundsicherung brauchen. Es ist bedauerlich, daß weder der Gewerkschaftsbund noch die Sozialministerin bisher in diese Diskussion eingestiegen ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.50


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Maderthaner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte.

18.50


Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frauen Bundesministerinnen! Hohes Haus! Ich bin Ihrer Meinung, Herr Kollege Peter, wenn Sie sagen, Standortpolitik sei für die Beschäftigungspolitik wichtig. Wir haben sicherlich manchen Nachholbedarf in den Bereichen Forschung und Entwicklung. Es gibt manche Bereiche, in denen wir zulegen müssen. Aber ich bin überhaupt nicht mit Ihnen einer Meinung (Abg. Mag. Peter spricht mit Abg. Verzetnitsch) – jetzt tratscht er gerade, er sollte besser zuhö­ren; ich bin in manchen Dingen betreffend Standortpolitik mit Ihnen einer Meinung –, wenn Sie von allgemeiner Grundsicherung reden. Was ist das? (Abg. Schaffenrath: Lesen, lesen, lesen!)

Wir brauchen aktive Politik, keine defensive Versorgungspolitik. (Beifall bei der ÖVP.) Die sogenannte Grundsiche­rung ist sicherlich nicht der Weg. Das begreife ich bei Ihnen auch nicht. Das muß ich Ihnen sagen. Wir brauchen aktive Politik, Beschäftigungspolitik, und kein de­fensives Versorgungsdenken!

Meine Damen und Herren! Ein wichtiger Teil der Standortpolitik und einer guten Zukunftspolitik ist die Jugendbeschäftigung, die Jugendausbildung. Das ist keine Frage. Gut ausgebildete Facharbeiter sind auch in der Zukunft in allen Bereichen gefragt und wichtig, und daher messen wir der Jugendausbildung so viel an Gewicht bei, weil das eine wichtige Voraussetzung ist.

Wir haben das Problem auch gar nicht so schlecht bewältigt. Daß es in Österreich nämlich die geringste Jugendarbeitslosenrate gibt, hat auch seine Gründe. Wir haben nur jetzt eine zusätz­liche Sorge mit den geburtenstarken Jahrgängen. Aber, meine Damen und Herren, im bayeri­schen Fernsehen ist in einem Beitrag am vergangenen Sonntag gesagt worden, daß Österreich weltweit die beste Berufsausbildung bei den Metallberufen anbietet. Das ist eine Feststellung! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Oder: Der Chef einer amerikanischen Hotelkette kommt einmal im Jahr nach Österreich, um sich für den bevorstehenden Sommer jeweils 15 Schülerinnen und Schüler österreichischer Tourismusschulen für ein Praktikum zu holen. Das ist eine klare Handlung. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich ist regelmäßig das erfolgreichste Land bei weltweit beschickten Berufsolympiaden. So schlecht kann es also um die Qualität der Berufsausbildung in unserem Lande nicht bestellt sein, wenn wir immer wieder – allerdings mehr vom Ausland – beste Zensuren erhalten. Das muß man einmal sehr deutlich feststellen.

Ich darf Ihnen sagen, daß ich bei meinen Auslandsreisen im Dienste der österreichischen Ex­portwirtschaft immer zwei Fragen vorgelegt bekomme, zu denen man Informationen haben will. Die erste Frage lautet: Wie läuft bei uns die erfolgreiche Berufsausbildung, warum haben wir so gut ausgebildete junge Leute und Facharbeiter? Zweitens wird auch immer gefragt: Wie funktioniert die österreichische Sozialpartnerschaft? – Das sind die zwei wichtigsten Fragen, die uns in jedem Land gestellt werden. Das zeigt auch, daß man sich dafür interessiert und daß man diesbezüglich durchaus Gutes über unser Land hört. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wenn Sie in allen Ländern der Welt in Spitzenpositionen Österreicher finden, die in unserem Lande ihre Berufsausbildung genossen haben – auch eine duale Berufsausbildung –, dann freuen Sie sich darüber, denn das ist auch ein Beweis dafür, daß unsere Ausbildung gut ist und daß sie anerkannt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Zahlreiche erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer beweisen, so glaube ich, auch in aller Welt mit ihren Erfolgen die hohe Qualität unserer Ausbildung. Qualität ist also das eine, die Unterbringung aller Interessenten auf entsprechenden Lehrplätzen ist das andere. Damit haben wir uns zu beschäftigen, und das haben wir in diesem Falle auch getan.

Wir wissen jedenfalls, daß die Jugendausbildung im dualen System – unsere Lehrlingsausbil­dung – einen hohen Beschäftigungseffekt hat. Österreich ist nicht zuletzt bei der Quote der Ju­gendarbeitslosigkeit das Land mit den günstigsten Werten. Trotzdem ist jeder arbeitslose Ju­gend­liche, meine Damen und Herren, der lernen will, zuviel! Das ist gar keine Frage. Damit haben wir uns zu beschäftigen, und in diesem Punkt sind sich, so glaube ich, alle Fraktionen und auch alle Sozialpartner völlig einig.

Wir haben im Rahmen des Lehrlingspakets 1997 mit Kostenentlastungen einen ersten Schritt in die richtige Richtung gesetzt. Wir haben das heute auch schon gehört. Die durchschnittliche Er­sparnis ist es durchaus wert, hier angeführt zu werden. Aber was noch wichtiger ist, sind die Verbesserungen der Rahmenbedingungen. Es hat einige Verbesserungen bei den neuen Be­stimmungen gegeben, wenn auch nur erste Schritte – ich sage das sehr deutlich –, aber Schritte in die richtige Richtung. Die Steigerung der Zahl der Lehranfänger mit Ende 1997 um 8 Prozent zeigt jedenfalls, daß es sich im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt macht, wenn wir gemeinsam ernsthaft nach Lösungen suchen und solche erarbeiten, und das haben wir zu tun versucht.

Ich begrüße ebenso wie Präsident Verzetnitsch die diesbezügliche Ö3-Aktion. Alle diejenigen, die etwas tun können, um für die Jugendbeschäftigung etwas Positives zu leisten, sind gefragt und gefordert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Mit dem Lehrlingspaket 1998 des Nationalen Aktionsplans können wir unseren Betrieben ihr En­gagement für eine zeitgemäße Berufsausbildung sicherlich etwas erleichtern, und das ist natür­lich wichtig und wesentlich.

Die Kostenentlastung kann nur eine von mehreren Maßnahmen sein. Ich gebe mich nicht der Illusion hin, daß die Betriebe die Kosten für die Lehrlingsausbildung auch nur annähernd herein­bekommen werden; das verlangen sie auch gar nicht. Sie verlangen nur Unterstützung und Hilfe in der Kostenfrage und natürlich auch bei den gesamten Arbeitsbedingungen, bei den Rahmen­bedingungen.

So gesehen ist der im Nationalen Aktionsplan vorgesehene Freibetrag für jeden Lehrling im ersten Lehrjahr sicherlich ein Fortschritt. Er ist ein deutliches Signal dafür, daß der Staat die Leistungen der Betriebe für die Lehrlingsausbildung auch anerkennt, und das ist wichtig und wesentlich.

Es gibt außerdem hohe Ersparnisse der öffentlichen Hand durch eine funktionierende Lehrlings­ausbildung. Denn wenn alle in die Schule gingen, dann würde sich die Belastung völlig anders auswirken. Wenn man diese Seite auch betrachtet, also diese Ersparnisse durch eine funktio­nierende Lehrlingsausbildung, so kann man sagen, daß dieser Freibetrag, der vereinbart wurde – so glaube ich –, ein gut angelegtes Geld für die Zukunft ist.

Besonders wichtig, meine Damen und Herren, ist auch die Entwicklung neuer Lehrberufe, die zwar nur mittelfristig, dafür aber umso nachhaltiger wirksam werden können. Da ist es sicherlich notwendig, die Maßnahmen möglichst rasch umzusetzen und neue Schritte zu gehen. Das ist ganz wichtig.

Es ist nun auch möglich – das darf ich sagen –, entsprechend den Bedürfnissen der einzelnen Branchen rasch und unbürokratisch neue Lehrberufe einzuführen. Jetzt haben wir uns einmal darauf geeinigt, daß wir so etwas wollen, und wir werden es auch tun. Denn das nicht zu tun, wäre natürlich der falsche Weg.

Meine Damen und Herren! Entsprechende Verordnungen des Wirtschaftsministers gibt es be­reits zum Beispiel auf dem High-Tech-Sektor oder im Dienstleistungsbereich. Da gibt es insge­samt eine gute Zusammenarbeit zwischen den Ministerien, die zuständig sind. Ich möchte die einzelnen Berufe nicht aufzählen. Jedenfalls können wir mit solchen neuen Lehrberufen viele neue Ausbildungsmöglichkeiten anbieten. Beschreiten wir diesen Weg daher gemeinsam, so meine ich! (Beifall bei der ÖVP.)

Auch die Einigung im Nationalen Aktionsplan auf Versuche mit Teil- oder Vorlehre ist das Ergeb­nis einer langjährigen Forderung der Wirtschaft. Es hat sicherlich länger gedauert, sich darauf zu einigen, aber wir haben es geschafft. Jedenfalls sind wir auch hier auf dem richtigen Weg, wenn wir das vernünftig und gescheit umsetzen.

Neue Lehrberufe, Vorlehre und mehr Flexibilisierung bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen bilden gemeinsam mit den Kostenentlastungen eine Basis dafür, daß heuer möglichst alle ge­eigneten und interessierten Jugendlichen, also alle Lernwilligen und Lernfähigen, eine Lehrstelle bekommen sollten. Das ist unser Ziel! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir begnügen uns in Österreich nicht mit der geringsten Jugendarbeitslosigkeit, wir wollen sie möglichst ganz beseitigen, wenn das geht. Jedenfalls muß der Weg in diese Richtung ge­hen. Die Wirtschaft will unsere bewährte duale Lehrlingsausbildung stärken, denn nur sie garantiert Be­schäftigungsfähigkeit und findet übrigens mehr und mehr Anklang auch in anderen EU-Staaten.

Meine Damen und Herren! Ich meine, die ersten Erfolge des Lehrlingspaketes 1997 sind heute schon sichtbar, und ich bin zuversichtlich, daß das Lehrlingspaket 1998 aus dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung diesen erfolgreichen Weg fortsetzen wird. Ich möchte Sie alle bitten, mitzuhelfen, diesen Weg zu gehen, um den uns viele andere Staaten beneiden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.59


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

19.00


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Bundesministerin­nen! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Bundesministerinnen, Sie haben das Glück, daß um diese Zeit schon ein bißchen die Luft aus der Debatte heraußen ist. Nachdem heute sehr heftig über den Fall Rosenstingl diskutiert wurde, plätschert die Debatte im Moment etwas dahin. Vor allem ist es jetzt, da Kollege Maderthaner ordentlich Weihrauch versprüht hat, schwierig, wieder in die Realität zurückzufinden, ohne zu dramatisieren. (Abg. Dr. Feurstein: Das glaube ich, daß das schwierig ist!)

Die Lage ist jedoch tatsächlich nicht so unproblematisch, Herr Kollege Maderthaner. Sie haben über die ersten Erfolge des Lehrlingsprogramms 1997 gesprochen. Gestatten Sie mir daher doch einige Anmerkungen dazu. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Richtig ist: Das Lehrlingsprogramm 1997 hat unter dem Strich 3 000 zusätzliche Lehrlinge ge­bracht. – Das ist richtig und gut so, aber, Herr Kollege Maderthaner – und das ist auch der Grund dafür, daß Sie nicht unzufrieden sind –, das hat einiges gekostet, das sei – mit Verlaub – auch angemerkt. Das hat nämlich nicht nur 1,2 Milliarden Schilling für das AMS sowie die Ab­schaffung des Krankenversicherungsbeitrages gekostet, sondern beispielsweise auch das Land Oberösterreich einige hundert Millionen Schilling, die nicht zufällig in einem Wahljahr sehr groß­zügig gegeben wurden, und auch die Gemeinden sehr viel. Überall wurden Kopfquoten, Prämien vergeben, vom Bund, von Ländern und Gemeinden, sodaß man insgesamt sagen kann: Für diese 3 000 zusätzlichen Lehrlinge wurde eine Summe zwischen 2 Milliarden und 3 Milliarden Schilling direkt an die Unternehmen gegeben. (Abg. Steibl: Hätte das nicht gemacht werden sollen?) Das bedeutet eine jährliche Förderung pro Lehrling in der Höhe von 1 Million Schilling. (Abg. Dr. Feurstein: Das ist falsch!) Trotzdem sind noch immer etliche ohne Beschäftigung.

Wir wissen aufgrund der Erfahrungen mit der Lehrlingsaktion aber auch, daß die Unternehmen völlig zu Recht Vorziehaktionen durchgeführt haben. Das heißt, sie haben im Vorjahr Lehrlinge aufgenommen, die sie eigentlich erst im Jahr 1998 aufnehmen wollten. Wegen der günstigen Förderungen von diversesten Stellen – nicht nur aus dem Bereich des AMS, sondern auch von den Ländern und Gemeinden – hat man das jedoch schon im Jahr 1997 gemacht. Und dieser Effekt ist 1998 nicht wiederholbar; das wissen Sie, Herr Kollege Maderthaner, das wissen alle, die sich mit der Materie beschäftigt haben.

Da das ein großes Problem ist, kann man auf folgende „tolle“ Erfindung – „toll“ unter Anfüh­rungszeichen – nicht so stolz sein: Wir müssen uns etwas Neues einfallen lassen! Die Jugend­lichen, die eigentlich einen Arbeitsplatz wollen, sollen jetzt mit irgendwelchen Anreizprämien auf der Schulbank verweilen, ohne daß ihnen das Verweilen auf der Schulbank zunächst noch eine sinnvolle Perspektive und Qualifizierung bietet – und das ist das Problem. Teilweise gibt es sie, teilweise würde ich aber bei den Maßnahmen, die für 1998/1999 gesetzt werden, bestreiten, daß sie den Jugendlichen tatsächlich sehr helfen. (Abg. Ing. Maderthaner: Haben Sie Alternativen?)

Herr Kollege Maderthaner! Das Problem ist, daß Sie sich im Interesse von kosmetisch geschön­ten Zahlen über Realitäten hinwegschwindeln wollen. Es geht zunächst darum, Bilanzen zu prä­sentieren, die man der Öffentlichkeit zeigen kann, daß man sagen kann: Seht her, was wir ge­macht haben! (Abg. Ing. Maderthaner: Warum haben andere Länder keinen besseren Wert?)

Das Problem ist damit aber nur ansatzweise beschrieben, Herr Kollege Maderthaner, denn ein anderer Teil des Problems findet sich beim AMS wieder. Die Kosten für diese Lehrlingsaktion haben ja auf der anderen Seite auch bewirkt, zunächst in Oberösterreich – dazu sage ich: nicht zufällig, denn Wahljahr – und dann – nicht zufällig – in Niederösterreich, daß das AMS, vor allem jenes in Niederösterreich, pleite ist. Es ist kein Groschen mehr für Förderungen vorhanden, der im Jahr 1998 für andere Gruppen, aber auch für Lehrlinge zusätzlich ausgegeben werden könnte. Die Mittel sind bis auf den letzten Heller und Pfennig verbraucht, Herr Kollege Mader­thaner! (Abg. Ing. Maderthaner: Was die Ausbildung eines Akademikers kostet, wissen Sie auch, und zwar eines Akademikers, der nachher gar keine Arbeit bekommt!) – Ich weiß es. Ich bin auch bereit, darüber zu reden, Herr Kollege Maderthaner.

Eines sei an dieser Stelle aber schon auch angemerkt: Es genügt nicht, die Jugendlichen ein­fach nur auf die Schulbank zu setzen und ihnen zu sagen: Es ist immer noch besser, ihr sitzt auf einer Schulbank, als ihr steht auf der Straße! Es wäre schon etwas mehr notwendig, sich näm­lich auch über die Interessen dieser Jugendlichen, über ihre Bedürfnisse nach Arbeit, nach sinn­voller Beschäftigung, über ihre Berufswünsche Gedanken zu machen.

Ich habe in den Debatten vernommen – vor allem beim Kollegen Peter ist mir das aufgefallen –, daß es nur noch um die Interessen der Wirtschaft gehe und daß sich die Jugendlichen gefälligst nach dem zu richten hätten, was ihnen die Wirtschaft vorgibt. Das kann es aber nicht sein!

Jeder Mensch – auch jeder Jugendliche – hat ein Recht darauf, eine Ausbildung zu machen, die seinen Bedürfnissen entspricht. (Abg. Ing. Maderthaner: Deswegen gibt es über 200 Lehrbe­rufe!) Sie müssen sich – das ist auch ein Prozeß des Erwachsenwerdens, integraler Bestand­teil – damit auseinandersetzen – gemeinsam mit ihren Lehrern –, ob ihre Bedürfnisse durch die Gesellschaft, durch die Wirtschaft befriedigt werden. Aber dieses Recht haben sie.

Und die Gewährung dieses Rechts, meine Damen und Herren, ist nicht allein dadurch abge­deckt, indem man sagt: Schulen besuchen, und wenn ihr fertig seid, müßt ihr zumindest irgend­einen Job annehmen – auch wenn wir nichts Gescheites für euch haben! Wir haben den Gar­tencenterkaufmann, den Systemgastronomen, den Sonnenschutzanlagenmonteur als „tolle“ neue Berufsbilder in der Lehre entwickelt, weil uns nichts mehr eingefallen ist. Wir haben zwar in den vergangenen Jahren immer wieder davon geredet, daß wir Flächenberufe machen wollen, die eine breite, umfassende Qualifikation ermöglichen, aber letztendlich ist uns eben nur das eingefallen, weil es immerhin eine billige Lehre in manchen Bereichen ist.

Herr Abgeordneter Maderthaner! Sie wissen selbst: Gartencenterkaufmann, Systemgastronom oder Sonnenschutzanlagenmonteur werden nicht die Lehrberufe des Jahres 2000 werden, mit denen wir international renommieren können, hinsichtlich derer uns dann – wie bei den Beispie­len, die Sie zu Recht gebracht haben – irgendein ausländisches Wirtschaftsunternehmen fragen wird, ob es vielleicht einen österreichischen Gartencenterkaufmann haben kann. Daß uns irgend jemand unsere Systemgastronomen abnehmen wird, die bei McDonald’s in einer billigen An­lehre – mehr ist es eigentlich nicht – ausgebildet wurden, wage ich zu bezweifeln. Aber das ist noch immer nur ein Teil des Problems.

Ich denke, die Jugendlichen haben ein Recht auf Ausbildung, auf sinnvolle Ausbildungsmaßnah­men, und sie haben auch ein Recht auf freie Berufswahl. Wenn wir hier aber nur davon reden – und ich habe nichts anderes gehört; nicht in erster Linie von Ihnen, aber von anderen sehr wohl –, daß sich die Jugendlichen an den Interessen der Wirtschaft zu orientieren haben, und davon, daß die 3 000 Lehrstellensuchenden dann, wenn es nur 3 000 offene Lehrstellen gibt, eben genau diese offenen Lehrstellen besetzen müssen, dann ist das nicht richtig; das wissen Sie auch. Es ist nicht jeder für den Beruf eines Fleischhauers, eines Bäckers – oder wo sonst Stellen frei sind – geboren. Die Jugendlichen haben aber ein Recht darauf, einen ihren Erwar­tungen entsprechenden Beruf zu finden. Es ist die Frage, ob im Rahmen des Nationalen Be­schäftigungsplans tatsächlich Anstrengungen unternommen wurden, um den Jugendlichen die­ses ihr Recht sicherzustellen. Ich habe große Zweifel in dieser Hinsicht.

Da ich mich jetzt relativ lange mit der Lehrlingsfrage beschäftigt habe, möchte ich auf einige grundlegende Anmerkungen zu diesem Nationalen Aktionsplan kommen. Frau Bundesministerin Hostasch! Sie haben erklärt, es handle sich um ein sehr umfangreiches und konkretes Pro­gramm. Ich muß dazu sagen: Dieses Programm war schon einmal konkreter. Es hat auf diesem Weg zum NAP schon Stufen gegeben, in denen mehr enthalten war. Damals war sehr konkret die Rede von Maßnahmen, Instrumenten, auch von Finanzierungsvorgaben, herausgekommen ist aber letztendlich ein sehr zahnloses Papier, wobei Sie uns in Ihrer Rede jedoch erklärt haben, daß für 1999 ein bißchen zusätzliche Mittel erreicht werden konnten. Aber der NAP endet nicht im Jahr 1999, sondern im Jahr 2002, und ich denke, Sie wissen genauso gut wie ich, daß die Finanzierung über das Jahr 1999 hinaus bei weitem noch nicht gesichert ist. Denn der NAP – und da fängt das Problem an – ist in seinen Grundlagen nur eine bescheidene kosmetische Ant­wort auf den Stabilitätspakt.

Ich möchte Ihnen die Geschichte dieses Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung in Erinne­rung rufen, meine Damen und Herren. Da hat es zunächst den Stabilitätspakt gegeben, der die Regierungen zu strikter Haushaltsdisziplin anleitet. Aber in sehr vielen Mitgliedstaaten der EU wuchs schön langsam, auch bedingt durch die politischen Entwicklungen in diesen Ländern, folgende Erkenntnis: Das kann doch nicht alles sein, was den europäischen Einigungsprozeß ausmacht: daß wir alle zur gleichen Zeit Haushaltsdisziplin üben und dadurch möglicherweise die Beschäftigung noch minimieren, wir müssen doch auch im Beschäftigungsbereich etwas machen! Und es wurde die großartige Idee geboren: Beschäftigungspolitik! Dieses Kapitel im Unionsvertrag, das dann letztendlich herausgeschaut hat, war aber wieder eine etwas zahnlose Antwort, weil sich einige Mitgliedstaaten geweigert haben, tatsächlich Maßnahmen zur Beschäf­tigungspolitik zu setzen, wie etwa die Bundesrepublik Deutschland unter ihrem Herrn Kohl, an dessen Politik man ja studieren kann, wohin es führt, wenn bei 4,5 Millionen Arbeitslosen keine Beschäftigungspolitik gemacht wird.

Weil sich die Mitgliedstaaten nicht auf eine gemeinsame Beschäftigungspolitik einigen konnten, sind dann diese Nationalen Aktionspläne entstanden. Das ist zunächst einmal der Hintergrund für das, was wir jetzt diskutieren. Sie brauchen sich also nicht stolz auf die Brust zu klopfen, son­dern Sie müssen sagen: Es ist eigentlich sehr wenig, was wir innerhalb der Europäischen Union erreichen und durchsetzen konnten, denn eigentlich wollten wir mehr. Aber das sagen Sie nicht! Jetzt vermute ich, Sie wollen inzwischen auch gar nicht mehr – und da fängt das Problem an!

Das nächste Problem, wenn man sich diesen Aktionsplan vom 15. April anschaut, ist folgendes: Da fehlen die Summen, das, was das Fett ausmacht für einen Nationalen Aktionsplan, nämlich das Geld! Es ist nicht mehr vorhanden, es ist nur mehr ein bißchen für das Jahr 1999 vorge­sehen, aber darüber hinaus fehlt alles. Frau Bundesministerin, Sie schütteln den Kopf, aber ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf eine Resolution der Arbeiterkammer Oberöster­reich. Diese fordert die Bundesregierung auf, nicht nur für 1999, sondern auch für den Zeit­raum 2000 bis 2002 die nötigen Mittel zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Beschäf­tigung verbindlich zu sichern. Es heißt in dieser Resolution: Die notwendige Aufstockung der Mittel bis zum Jahr 2002 zumindest um 3,5 Milliarden Schilling ist finanzierbar. Die Vollver­sammlung hält es für völlig inakzeptabel, wenn der Nationale Beschäftigungsplan an der unzu­reichenden Finanzierung scheitern sollte, gleichzeitig aber dem Arbeitsmarktservice Milliarden­beträge zur Budgetsanierung entzogen werden. (Bundesministerin Hostasch: In diesem Haus werden die beschlossen!)

Frau Bundesministerin! Das war die Debatte, die wir in den letzten Wochen geführt haben: daß der Arbeitslosenversicherung im letzten Jahrzehnt konkret 33 Milliarden Schilling entzogen wur­den und diese natürlich für aktive Beschäftigungspolitik fehlen.

Ähnliches sagt auch der Vorsitzende einer Gewerkschaft, die Ihnen nicht unbekannt ist, nämlich Kollege Sallmutter von der GPA. Er will auch die dauerhafte Absicherung der Finanzierung. Dem Vernehmen nach sollen es rund 3,5 Milliarden Schilling zusätzlich sein, die, wie er meint, not­wendig sind. Da verweise ich schon darauf, daß in den Anfängen des Nationalen Beschäfti­gungsplans dem Vernehmen nach nicht nur zusätzliche 3,5 Milliarden bis 2002 oder ab 2002 als sinnvoll erachtet wurden, sondern jährlich 3,5 Milliarden.

Es gibt aber auch noch andere Stellungnahmen, wie etwa jene des arbeitsmarktpolitischen Ex­perten des Wirtschaftsforschungsinstitutes, des Herrn Pichelmann. Er sagt, wir müssen den Aufwand für die Arbeitsmarktpolitik verdoppeln. – Ich komme dann schon noch zu Ihren Zahlen, Frau Bundesministerin. Ich glaube, daß diese Verdoppelung der Mittel zwar notwendig ist, aber noch immer zuwenig wäre, um die Maßnahmen zu sichern, die Österreich eigentlich brauchte.

Ich verweise darauf, Frau Bundesministerin, daß wir – ich habe mir die Zahlen ausgehoben –, was die Aufwendungen für aktive Arbeitsmarktpolitik betrifft, und zwar nicht nur in der Summe bezogen auf das BIP, sondern auch auf die Zahl der Arbeitslosen, in Europa Schlußlicht sind, daß nur mehr Länder hinter uns liegen, mit denen wir uns in dieser Frage besser nicht verglei­chen sollten, nämlich Spanien mit 0,03 Prozent des BIP bezogen auf einen Prozentpunkt Arbeitslosigkeit, das Vereinigte Königreich Großbritannien mit 0,06 Prozentpunkten pro Prozent Arbeitslosigkeit und Luxemburg mit 0,08 Prozent. Österreich hat 0,09 Prozentpunkte pro Prozent Arbeitslosigkeit. Das sind nicht die Mittel, die insgesamt im BIP aufgebracht werden, sondern umgerechnet auf die Zahl der Arbeitslosen. Wir sind Schlußlicht in Europa! Es gibt Länder, vor allem die derzeit in der aktiven Arbeitsmarktpolitik erfolgreichen Länder wie Dänemark, die das Vierfache davon ausgeben, Frau Bundesministerin, nämlich 0,38 Prozent des BIP bezogen auf 1 Prozent Arbeitslosigkeit.

Das ist umgerechnet, das sind nicht die Zahlen, die sonst immer verwendet werden und meiner Ansicht nach auch nicht aussagekräftig sind, sondern das sind die umgerechneten Zahlen auf die Arbeitslosen bezogen. Und wir liegen weit hinten, wir haben ein Viertel der Mittel der Dänen bezogen auf 1 Prozent Arbeitslosigkeit.

Es sind aber auch andere Rechnungen möglich, um Ihnen die Dramatik vor allem im Bereich der Notstandshilfebezieher klarzumachen, Frau Bundesministerin. Wenn man die Zahlen, die in Österreich für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben werden, hochrechnet und sie in Bezug setzt zu den Notstandshilfebeziehern, dann kommt man drauf, daß die Förderungsmittel seit An­fang der neunziger Jahre nicht steigen, sondern sinken – unter Ausschluß der Mittel des Euro­päischen Sozialfonds. Und damit bin ich bei einem Bereich, den ich auch noch erwähnen möchte.

Frau Bundesministerin! Es hat ein Versprechen, ja eine Verpflichtung Österreichs beim EU-Bei­tritt gegeben, daß die nationalen Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik nicht gekürzt werden. Es ist Ihnen dadurch, daß passive Mittel aktiviert werden, gelungen, dieses Versprechen zu kaschie­ren. Und das ist das Problem! Wir haben zwar höhere Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik, aber nur indem wir aus dem Bereich der passiven Mittel etwas in aktive Leistungen umgewandelt haben. – Das ist eine Möglichkeit, ich bin nicht dagegen. Aber wenn man dann auf der anderen Seite sieht, daß das, was im Jahre 1997 in diesem Bereich passiert ist, eigentlich nur Unterneh­mensförderung ohne allzu viele und allzu gute Beschäftigungseffekte war, so muß man sagen: Auch diese Förderungen im Bereich der besonderen Eingliederungsbeihilfe müßten genauer untersucht werden, ob sie tatsächlich den Effekt bringen, den Sie – ich hoffe – haben wollen, ich auf jeden Fall haben will, nämlich tatsächlich dauerhaft Beschäftigung zu sichern.

Aber das ist nur ein Teil des Problems, Frau Bundesministerin. Um tatsächlich für die Zukunft beziehungsweise für die Dauer dieser Nationalen Aktionsplan-Periode die Mittel zur Verfügung zu haben, müßten Sie jetzt schon hier im Parlament dafür kämpfen, daß der Finanzminister, der im Jahr 1999 dem Budget der Arbeitslosenversicherung immerhin zusätzlich 9 Milliarden ent­nimmt, seinen Zugriff auf die Kassen der Arbeitslosenversicherung für die folgenden Jahre lockert, daß es statt 9 Milliarden Schilling dann nur mehr 4 Milliarden oder die 4,9 Milliarden, die schon im Budget festgeschrieben sind, sein werden.

Ich vermute aber, Frau Bundesministerin, Sie werden sich gegenüber dem Finanzminister nicht durchsetzen, denn zwei Seelen wohnen auch in Ihrer Brust. Sie haben ja auf der anderen Seite auch die Pensionsversicherung zu finanzieren und zu verantworten, und da das auch in Ihren Ressortbereich fällt, werden Sie damit zufrieden sein, daß nach wie vor die Mittel zumindest für die Pensionsversicherung umgeschichtet werden.

Ich halte das – ich habe Ihnen das schon des öfteren gesagt, Frau Bundesministerin – für einen völlig verkehrten Ansatz, denn die Pensionen können nur dauerhaft abgesichert werden, wenn es gelingt, Beschäftigung zu schaffen, und zwar in einem Ausmaß, das weit über das beste­hende hinausgeht. Denn Sie wissen auch eines: Die 100 000 zusätzlichen Arbeitsplätze, die Sie versprechen – egal, ob sie jetzt automatisch durch die Konjunktur erzeugt werden oder ob sie durch Maßnahmen in Ihrem Bereich oder in anderen wirtschaftsfördernden Bereichen erzeugt werden –, sind nicht alle Vollzeitarbeitsplätze! Wenn Sie das Budget studiert haben, dann wissen Sie, daß die Erträge aus diesen zusätzlichen Beschäftigungen im Bereich der Finanzie­rung der Sozialversicherung nachgelassen haben, weil es sich teilweise nur um Arbeitsplätze handelt, die nicht gut gesichert sind, die keine guten Einkommen mit sich bringen. Und so richtig und wichtig es ist, daß es jetzt 100 000 zusätzliche Arbeitsplätze gibt, es wird nicht ausreichen, um all unsere Bemühungen hinsichtlich Beschäftigung glaubhaft zu machen.

Solange Sie, meine Damen und Herren, nicht bereit sind, auf internationaler Ebene, aber auch auf nationaler Ebene über die bestehenden Maßnahmen hinaus zu denken, nicht nur in Katego­rien von Unternehmensförderungen, sondern zum Beispiel auch über Arbeitszeitverkürzung, ...


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (fortsetzend): ... solange Sie nicht bereit sind, über eine echte Be­schäftigungspolitik nachzudenken, wird dieser NAP auch das bleiben, als was ich ihn bezeichnet habe: ein Nepp! Er ist deswegen ein Nepp, weil er nicht mit ...


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wenn Sie bitte allmählich den Schlußsatz beenden, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (fortsetzend): Er ist deswegen ein Nepp, weil er nicht ausreichend mit Geld abgesichert werden kann. (Beifall bei den Grünen.)

19.21


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nach Einsichtnahme in das Protokoll erteile ich zwei Ordnungsrufe, und zwar Herrn Abgeordneten Dr. Maitz wegen der Verwendung des Wortes „Dreckschleuder“ und Herrn Klubobmann Dr. Haider wegen des Vorwurfs an Frau Kollegin Fekter, sie habe sich wahrscheinlich naturschutzrechtliche Bewilligungen „erschlichen“.

Wir gehen nun in der Rednerliste weiter. Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.21


Abgeordneter Dr. Dieter Antoni¦ (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesre­gierung! Hohes Haus! Kollege Öllinger! Nur ein Satz zu Ihren Ausführungen: Ich bin schon der Auffassung, daß es allemal besser ist, Jugendliche in der Schule, in der Klasse, auf der Schul­bank zu haben, als sie auf der Straße zu belassen. Ich stimme Ihnen aber selbstverständlich zu, wenn Sie verlangen, daß Jugendliche entsprechend ihren Erwartungen und Bedürfnissen auszu­bilden sind. Ich meine allemal, eine höhere Ausbildung ist gleichzeitig ein Garant für eine höhere Berufschance. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einigen Bemerkungen zum Bildungsbereich des Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung fortfahren. Andere Punkte werden Kolleginnen und Kollegen von mir noch aufgreifen. Ich würde gerne mit ein paar Fakten beginnen.

Faktum eins: Bereits im Vorjahr hat die Bundesregierung auf Initiative unseres Bundeskanzlers Klima ein Sonderprogramm gestartet, um die drohende Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Es wurde auch schon darauf hingewiesen, daß mehr als 1 Milliarde Schilling seitens des Ar­beitsmarktservices hiefür investiert wurde. Eine Vielzahl an Fördermaßnahmen wurde gesetzt. Erfreulich ist, daß es möglich war, 3 000 zusätzliche Lehrstellen zu vermitteln. Ein beachtlicher Erfolg!

Faktum zwei: Im Zeitraum von 1987 bis 1995 ist die Zahl jener Jugendlichen, die nach dem Ende ihrer Pflichtschulzeit keine weitere Ausbildung absolviert haben, bei 8,9 Prozent gelegen. Wir müssen heute – und das ist eine sehr bedauerliche Situation – zur Kenntnis nehmen, daß mittlerweile 12 Prozent der Pflichtschulabgänger die Pflichtschule verlassen, ohne eine weiter­führende Ausbildung aufzunehmen. Die Gründe dafür sind sicherlich einerseits Rückgänge im Bereich des Lehrstellenangebots, andererseits ein Mangel an schulischen Ausbildungsplätzen, insbesondere im Bereich des berufsbildenden mittleren und höheren Schulwesens. Es fehlen meines Erachtens offenbar auch die erforderlichen Überlegungen und Planungsmaßnah­men, um auf entsprechend veränderte Bedürfnisse der Wirtschaft rechtzeitig reagieren zu können.

Faktum drei: Die demographische Entwicklung zeigt, daß bis zum Jahr 2010 die Altersgruppe der 15jährigen relativ stark bleiben wird. Jährlich werden rund 95 000 bis 99 000 Jugendliche einen schulischen Ausbildungsplatz oder einen dualen Ausbildungsplatz brauchen.

Faktum vier: Prognosen von Experten ergeben, daß im Herbst 1998 rund 10 000 Jugendliche trotz intensiver Suche eher nicht in der Lage sein werden, auf dem Arbeitsmarkt eine Lehrstelle zu finden.

Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Genau vor diesem Hintergrund, daß es nämlich im Herbst eine schwierige Situation auf dem Lehrstellenmarkt geben wird, haben ÖGB, Arbeiterkammer, SPÖ und ÖVP die Schaffung neuer Lehrberufe und die befristete Einrichtung von speziellen Maßnahmen vorgeschlagen. (Abg. Meisinger: Fünf Jahre schon angekündigt!) Wir haben darüber hinaus angeregt, die hohe Zahl von Schulabweisungen im berufsbildenden mittleren und höheren Schulwesen zu reduzieren. Wir Sozialdemokraten haben auch darauf hin­gewiesen, daß es notwendig sein wird, das eingeführte Repetierverbot für die ersten Klassen dieser berufsbildenden mittleren und höheren Schulen noch einmal zu überdenken. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten gehen grundsätzlich davon aus, daß die Jugend unserer Republik ein Recht auf qualifizierte schulische und berufliche Ausbildung hat. Es ist daher Aufgabe der öffentlichen Hand und insbesondere Aufgabe des Unterrichtsres­sorts, die erforderlichen Ausbildungsangebote sicherzustellen. Sehr geehrte Frau Unterrichts­ministerin! Ich kann es bis heute nicht verstehen und letztlich auch nicht akzeptieren, daß Sie damals, als es um die Verabschiedung des Nationalen Aktionsplanes ging, so lange verzögert haben. Ich meine, daß damit wertvolle Vorbereitungszeit verlorengegangen ist. Ich konnte auch Ihre dahin gehenden Aussagen, die berufliche und teilweise auch die schulische Ausbildung von Lehrlingen sei nicht unbedingt Ihre Aufgabe, nicht verstehen.

Ich darf seitens der SPÖ noch einmal festhalten, daß die Berufsfachschule neben vielen ande­ren Maßnahmen zur Bewältigung der Problematik der Lehrstellensuchenden die beste Lösung gewesen wäre. Das ist übrigens auch die Meinung, die der Rechnungshof vertritt. Viele Ein­wände und Bedenken, die Sie, Frau Bundesministerin, gegenüber der Berufsfachschule vorge­bracht haben, lassen sich meines Erachtens relativ leicht entkräften. Die duale Ausbildung wurde seitens der SPÖ nie und nimmer in Frage gestellt. (Zwischenruf des Abg. Meisinger.) Es ging unserer Ansicht nach lediglich darum, zeitlich befristet ein freiwilliges Angebot für jene Jugendlichen anzubieten, die keinen Lehrplatz finden.

Das Arbeitsmarktservice hat aufgrund einer Umfrage aus dem Jahre 1997 bestätigt, daß 50 Pro­zent der damals lehrstellensuchenden Jugendlichen sehr wohl bereit gewesen wären, ein schuli­sches Angebot wie etwa die Berufsfachschule in Anspruch zu nehmen. Die Berufsfachschule würde auch keineswegs praxisfern aufgebaut sein, sondern würde mit zwei Dritteln Praxis in Werkstätten, Betrieben und Labors und einem Drittel Allgemeinbildung und betriebswirtschaft­lichem Unterricht sehr wohl den Erfordernissen der beruflichen Ausbildung entsprechen. Auch die gesetzliche Umsetzung in den Schulgesetzen hätte nicht jenen großen Schritt bedeutet, den Sie befürchtet haben.

Wir begrüßen selbstverständlich trotzdem den erzielten Kompromiß – ich bezeichne ihn als zweitbeste Lösung – und hoffen, daß auf Expertenebene nun recht rasch die vereinbarten Maß­nahmen getroffen werden. Es geht im besonderen darum, die Möglichkeit eines Hauptschulab­schlusses nachzuholen. Es geht um die Notwendigkeit, das Repetierverbot an den berufsbilden­den mittleren und höheren Schulen aufzuheben. Es geht um die Erhöhung der Behaltequote bei gleichzeitiger Berücksichtigung des hohen qualitativen Standards in diesem Schulwesen durch pädagogisch-didaktische Maßnahmen sowie durch eine konsequente Umsetzung neuer Lehr- und Lernformen, und es geht um das Angebot an Lehrgängen in Berufsschulen beziehungs­weise in entsprechend ausgestatteten Schulen.

Diese Maßnahmen könnten unter Umständen folgendes bedeuten: Durch das Nachholen des Haupt­schulabschlusses könnten etwa 1 000 Schülerinnen und Schüler in der Ausbildung behalten werden. Durch die Aufhebung des Repetierverbotes könnten rund 2 000 Jugendliche länger in schulischen Einrichtungen verbleiben. Auch die Erhöhung der Behaltequote kann laut Berech­nungen etwa 2 000 Jugendlichen den Verbleib in der Schule ermöglichen.

Wenn wir weiters davon ausgehen, daß Lehrlingsstiftungen rund 1 500 Lehrlinge aufnehmen könnten und in Berufslehrgängen rund 2 500 Jugendliche untergebracht werden könnten, dann kämen wir auf insgesamt zirka 9 000 Jugendliche, die eine qualifizierte Ausbildung erhalten könnten beziehungsweise die Basis für weitere Ausbildungen erhielten.

Lassen Sie mich zum Schluß kommend noch darauf hinweisen, daß wir für die im Vorjahr beschlossene Berufsreifeprüfung Fördermaßnahmen brauchen werden. Wir wissen, daß die Kosten für die Vorbereitungslehrgänge für die Berufsreifeprüfung in Österreich bis zu 30 000 S pro Teilnehmer betragen. Wir Sozialdemokraten werden weiterhin massiv dafür eintreten, daß die Kursteilnehmer so wie AHS- und BHS-Maturanten diese Berufsreifeprüfung kostenfrei erlangen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es wird uns nicht weiterhelfen, wenn von der einen oder von der anderen Seite der Nationale Aktionsplan zur Beschäftigung kritisiert wird. Was uns sehr wohl weiterhelfen wird und kann, ist eine gemeinsame Anstrengung, die Inhalte dieses Aktionsplanes möglichst vollständig umzusetzen. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Blünegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.31


Abgeordneter Anton Blünegger¦ (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin Hostasch! Frau Ministerin Gehrer! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Als ich heute die Erklärung der Frau Ministerin Hostasch zum Thema „Nationaler Aktionsplan zur Beschäftigung“, den man liebevoll NAP nennt, gehört habe, hatte ich den Eindruck, als wären wir in Österreich in einem Schlaraffenland. Es steht darin nichts über Arbeitslosigkeit in Öster­reich zu lesen, darüber, daß Arbeitnehmer Langzeitarbeitslose werden, und das wohl nur des­wegen, weil die Beschäftigungspolitik dieser Bundesregierung nicht stimmt.

Mit dem Nationalen Aktionsplan zur Beschäftigung haben Sie, Frau Ministerin, ein politisches Meisterwerk geliefert, das sicher in die Geschichte Österreichs eingehen wird, das in der Ge­schichte der Beschäftigungspolitik einmalig ist, denn es handelt sich dabei um die Inszenierung eines Planes, die mit einem Theaterdonner verglichen werden kann. (Abg. Sophie Bauer: Da merkt man, daß Sie nicht von der Basis kommen, wenn Sie nicht wissen, was damit erreicht werden wird!)

Ich bin sicher an der Basis, ich stehe mit beiden Beinen im Berufsleben und sehe, wie die Ar­beitnehmer ihre Arbeitsplätze verlieren, wie die Zahl der Lehrlinge immer weniger wird und wie Langzeitarbeitslose keine Beschäftigung mehr bekommen. Das ist das Problem, das wir heute zu lösen haben, und nichts anderes! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eines kann ich jetzt schon sicher sagen: Mit diesem Papier ist keine einzige Beschäftigungs­maßnahme abgesichert. Sogar Ihr eigener AK-Chef, Herbert Tumpel, kritisiert, daß damit kein weiterer Arbeitsplatz geschaffen wird. Das kann man in der „Tiroler Tageszeitung“ nachlesen. Auch der Bundeswirtschaftskammerpräsident Maderthaner fordert, die Finanzierung sei zu klä­ren. Jetzt zitiere ich doch einen Artikel aus der „Tiroler Tageszeitung“, in welchem der AK-Chef Herbert Tumpel kritisiert, daß die Unternehmen 240 Millionen Schilling an Förderung bekommen sollen, ohne daß dafür ein weiterer Lehrplatz geschaffen wird. Umgekehrt kritisiert der Bundes­wirtschaftskammerpräsident Leopold Maderthaner, die Wirtschaft wäre zwar um 200 Millionen Schilling entlastet, dem stünden jedoch in den Jahren 1998 und 1999 500 Millionen Schilling für überbetriebliche Ausbildungseinrichtungen gegenüber. Die Frage der Finanzierung sei also um­gehend zu stellen. – Auch an diesen Aussagen können wir wieder sehen, was der NAP eigent­lich wert ist.

Wenn man sich die gemeinsame Position der Sozialpartner, die auf Seite 7 des NAP festge­schrieben ist, etwas genauer ansieht, dann merkt man, daß diese gemeinsame Position wirklich nur auf dem Papier steht, denn es fordert nämlich die österreichische Bundesregierung den ÖGB, die BAK, die Bundeswirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung auf, sich am Nationalen Aktionsplan zu beteiligen.

Herr Präsident Maderthaner hat heute hier gepriesen, wie gut es doch unserer Wirtschaft gehe, und hat in diesem Zusammenhang die Sozialpartnerschaft gelobt. Was aber die Technologieför­derung betrifft, für die vom Parlament höhere Summen im Budget zu beschließen wären, so hat er hier etwas Falsches gesagt. Im internationalen Vergleich liegt nämlich Österreichs Ausgaben­quote für Forschung und Entwicklung mit 1,5 Prozent unter dem EU-Durchschnitt, der 1,8 Pro­zent ausmacht, und auch weit unter dem OECD-Durchschnitt, der 2,2 Prozent beträgt. Daran sieht man, daß auf diesem Gebiet sehr wenig getan worden ist.

Erklärtes Ziel dieses Beschäftigungsplanes ist es auch, 100 000 Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn jedoch das Arbeitsmarktservice selbst bestätigt, das diese 100 000 Arbeitsplätze ohnehin durch die gute internationale Konjunkturentwicklung geschaffen werden, dann frage ich mich, was an diesem Beschäftigungsplan eigentlich dran ist. Der Wifo-Chef Professor Kramer hat im Jänner diesen Jahres in der „Pressestunde“ erklärt, daß sich diese Bundesregierung mit diesem Beschäftigungsplan eigentlich nur Lorbeeren für etwas holen will, was von Haus aus schon von der Wirtschaft selbst kommt.

Österreich macht sich auf Grund dieser Aussage auf europäischer Ebene lächerlich, vor allem wenn man bedenkt, daß diese Regierung, die bei den anderen europäischen Staaten beschäfti­gungspolitische Maßnahmen durchsetzen wollte, nun selbst nicht in der Lage ist, sinnvolle Be­schäftigungsmaßnahmen zu setzen.

Der Nationale Aktionsplan zur Beschäftigung enthält aus der Sicht der Freiheitlichen nur kosme­tische Lösungen. Die wirklichen Ursachen für das Fehlen der Lehrplätze in Österreich wurden nicht behandelt.

Sie hätten aber eine große Chance gehabt, produktive Lösungen zu erarbeiten. In diesem Zu­sammenhang erinnere ich an den Beschluß des Wirtschaftsausschusses, der am 4. Dezember 1997 gefaßt wurde, einen Unterausschuß einzusetzen, um die Problematik der Lehrlingsausbil­dung intensiv zu behandeln. Heute haben wir schon Mai 1998, und die erste Unterausschußsit­zung wird erst am 3. Juni 1998 stattfinden. Auf diesen wichtigen Ausschuß muß das Parlament ein halbes Jahr warten, um die Lehrlingsproblematik in Angriff nehmen zu können.

Ist das noch eine ernsthafte Politik, die da von dieser Koalitionsregierung – bevorzugt! – betrie­ben wird, zumal 18 Anträge warten, um in diesem Unterausschuß behandelt zu werden, damit sie dann wieder im Wirtschaftsausschuß diskutiert werden können? – Ich glaube, mit dieser Vorgangsweise zeigt diese Bundesregierung, daß sie die Problematik der Lehrlingsausbildung nicht sehr ernst nimmt.

Aber wir stehen im Lehrlingsbereich vor einer Situation, die es gebietet, daß wir uns so schnell wie möglich mit diesem Problem beschäftigen. Daher fordern wir Freiheitlichen eine steuerliche Entlastung bei Betriebsgründungen, eine Entbürokratisierung auf allen Ebenen, die Flexibilisie­rung der Arbeitszeit und die Entlastung der Arbeitskosten.

Die Flexibilisierung der Arbeitszeit darf, Kollege Peter, nicht nur auf Kosten der Arbeitnehmer durchgeführt werden, denn etwas vorzuleisten und dann die Vorleistung vor sich hergeschoben zu bekommen, ist keine Flexibilisierung. (Abg. Mag. Peter: Gegenseitig!) Außerdem wollen wir den Ausbau der Fachhochschulen und die Konzentration auf neue Berufsbilder und so weiter.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Die Arbeitslosigkeit geht durch das Land wie ein neues Regime der Furcht, das die Menschen einschüchtert. Wir Frei­heitlichen können diesem Nationalen Aktionsplan zur Beschäftigung unsere Zustimmung sicher nicht geben, denn er ist inhaltslos, er ist leer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.40


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Meisinger: Wieder ein Loblied auf die Arbeitslosigkeit!)

19.40


Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Bundesmi­nisterinnen! Meine Damen und Herren! Es ist eigentlich schade, daß wir, wenn wir Themen der Arbeitsmarktpolitik und der Beschäftigungspolitik diskutieren, immer mit Polemiken gegeneinan­der vorgehen. Ich bedauere es wirklich, daß Sie von der FPÖ das wieder gemacht haben, indem Sie hier mit Schlagwörtern operieren. Nicht von ungefähr hat Kollege Blünegger bei der Aufzäh­lung der Forderungen der FPÖ geendet mit den Worten „und so weiter“. Das ist keine Alterna­tive, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Mag. Peter, ich habe Ihre Ausführungen wirklich sehr ernst verfolgt. Auch ich glaube, daß wir in einem gewaltigen Strukturwandel, was die Arbeitsmarktpolitik und die Wirt­schaftspolitik betrifft, stehen. Aber diesen Strukturwandel, daß aus dem produzierenden Bereich immer mehr Leute heraus und in andere Bereiche hinein müssen, betrachte ich im Grunde ge­nommen als eine Chance, und zwar als eine Chance, die die Jugend Gott sei Dank auch immer wieder nützt. Wenn Sie die Erfolge und Auszeichnungen von jungen Leuten mit verfolgen, so können Sie sehen, daß die jungen Menschen für diese Auseinandersetzungen gewappnet sind. Sie sind vielleicht nicht für alle Bereiche ausreichend gewappnet. Aber ich erachte es als einen großen Fortschritt, daß in diesem Nationalen Aktionsplan – und ich begrüße das sehr – zum ersten Mal die Bildungspolitik jenen Stellenwert bekommen hat, der ihr zukommt. Das ist ein ganz wichtiger, neuer Akzent, der in diesem Aktionsplan Eingang gefunden hat, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin der Frau Bundesministerin Gehrer sehr dankbar dafür, daß sie die Notbremse gezogen hat, als überzogene Forderungen gestellt und unnötige Aktivitäten in diesem Bereich entfaltet wurden. Ich bin ihr sehr dankbar dafür, daß sie da nach dem Rechten geschaut hat und mit ihrem Einfluß diesen Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung bildungspolitisch richtig gestaltet hat, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsächlich ist in den letzten vier Jahren in der Arbeitsmarktpolitik ein Paradigmenwechsel voll­zogen worden, der durch die Ausgliederung der Arbeitsmarktverwaltung aus der staatlichen Ver­waltung und die Einrichtung des neuen Arbeitsmarktservices eingeleitet worden ist.

Das wesentliche daran ist, daß im Arbeitsmarktservice die Sozialpartner voll integriert sind, voll mitarbeiten und ihre Überlegungen einbringen können, meine Damen und Herren. Das ist eine grundsätzliche Neuorientierung der Arbeitsmarktpolitik, und ich meine, daß sich dieser Schritt, den wir in den Jahren 1993 und 1994 gesetzt haben, so ausgewirkt hat, daß wir vermutlich aus diesem Grunde die Arbeitslosigkeit in Österreich niedrig halten konnten.

Diese Neuorientierung hat natürlich zur Folge – das ist vom Abgeordneten Öllinger kritisiert worden –, daß Mittel der sogenannten passiven Arbeitsmarktpolitik – mir gefällt dieses Wort überhaupt nicht –, das heißt Mittel der Arbeitslosenversicherung zu Mitteln für Beschäftigung von Menschen umgewidmet wurden, daß Notstandshilfeempfänger beschäftigt werden können und die Notstandshilfe weiterhin beziehen konnten. Das ist meiner Meinung nach ein immenser Fortschritt. Diese Aktion dauert noch nicht lange, wir können noch zu wenige Ergebnisse vorzei­gen. Aber es ist ein ganz wichtiger Schritt, Notstandshilfebezieherinnen und -bezieher wieder in die Beschäftigung zu bringen. Das ist geglückt. Wir haben da ganz große Erfolge erzielt, meine Damen und Herren.

Wenn im Nationalen Aktionsplan zur Beschäftigung steht, man sollte 20 Prozent der Versor­gungsleistungen – so nenne ich es jetzt einmal – in Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik umwid­men, so sehe ich das als eine Fortsetzung dieser Schwerpunktsetzung in der Arbeitsmarktpoli­tik, die wir voll begrüßen und unterstützen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Meisinger.)

Ich hoffe, daß Sie dieses Vorhaben genauso unterstützen wie wir. Worum geht es dabei? – Wir wollen, daß nicht nur Arbeitslosengeld und Notstandshilfe bezahlt werden, sondern auch mehr Betreuungsleistungen an Arbeitslose, Arbeitsuchende und Ratsuchende erbracht werden. Wir wollen eine noch stärkere Intensivierung der Kooperation mit den Unternehmern im Bereich der Arbeitsmarktpolitik. Die Aktivitäten des Arbeitsmarktservices mit den Unternehmern müssen ver­stärkt werden. Das soll schlußendlich dazu beitragen, daß die Vermittlungszahlen zunehmen, daß sie durch Maßnahmen des Arbeitsmarktservices gesteigert werden können.

Meine Damen und Herren! Das ist in den letzten Jahren, von 1994 bis 1998, tatsächlich erfolgt. Die Vermittlungszahlen haben faktisch zugenommen, und das ist ein Erfolg der Arbeitsmarkt­politik, die wir betrieben haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte jetzt keine Zahlen nennen. Viele sind heute schon genannt worden. Aber wenn in vier Jahren die Mittel der aktiven Arbeitsmarktpolitik um 27 Prozent faktisch ... (Abg. Meisinger: Wo sind die im Budget?) – Die sind im Bundesrechnungsabschluß im Budgetkapitel Soziales nachzulesen. Es waren im Jahre 1994 5,6 Milliarden Schilling, im Jahre 1997 7,1 Milliarden Schilling, es erfolgte also eine Zunahme. (Abg. Meisinger: Wie geht es weiter?) Das hat die Ministerin bereits gesagt. Sie hat gesagt, es werde im Jahre 1999 eine weitere Steigerung geben. Der Budgetvollzug für das Jahr 1999 ist natürlich noch nicht erfolgt.

Man kann also einen eindeutigen Fortschritt feststellen. Ich möchte allerdings auch sagen, ich finde, manches geht zu langsam. Ich meine damit vor allem die Arbeitszeitflexibilisierung.

Meine Damen und Herren! Wir haben ein sicherlich auf Kompromissen beruhendes Arbeitszeit­flexibilisierungsgesetz beschlossen. Aber die Chancen, die es für die Arbeitnehmer, für die Wirt­schaft, für alle miteinander böte, werden zu wenig genützt, meine Damen und Herren. Das ist insbesondere bei der Nachtarbeit der Frauen der Fall. Vergangene Woche haben führende Unternehmen in Vorarlberg mitgeteilt: Jawohl, wir würden Frauen sofort beschäftigen, Frauen­arbeitslosigkeit reduzieren, wenn die Flexibilisierungsmöglichkeiten von den Sozialpartnern in den Bereichen der Textilindustrie und der Nahrungsmittelindustrie vollzogen worden wären.

Vorbild ist für mich in diesem Punkt der Abgeordnete Nürnberger mit seiner Gewerkschaft. Er hat es gemacht. Er hat den Mut gehabt zu sagen: Jawohl, das sollen die Betriebe über Betriebs­vereinbarungen selbst bestimmen. Ein Kompliment an den Abgeordneten Nürnberger, aber ge­nauso die Aufforderung an die beiden anderen Gewerkschaften, im Bereich der Textilindustrie und der Nahrungsmittelindustrie ähnliches zu tun. (Abg. Meisinger: Im Vollzug schaut es wieder anders aus! Das sind nur Absichtserklärungen!) Die Firma Wolford würde sofort Frauen aufneh­men. Auch die Firma Suchard, die bekannte Firma, die Superschokolade erzeugt, würde sofort Frauen beschäftigen, meine Damen und Herren. (Zwischenruf beim Liberalen Forum.) Entschul­digung! Bonbons und Schokolade. Ich danke für den Hinweis. Bonbons erzeugen sie und vor allem die „lila Schokolade mit der Alpenkuh“. (Abg. Dr. Pumberger: Werbeveranstaltung!) Ich muß für die Unternehmer in Vorarlberg ein bißchen Werbung machen.

Ich komme zum Schluß, meine Damen und Herren. Weg mit dem Humor! – Es geht um Rah­menbedingungen für die Wirtschaft. Es geht um die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen; das ist ganz wichtig. Es geht um die Schaffung einer innerstaatlichen Atmosphäre des gegen­seitigen Vertrauens. Daher begrüßen wir diesen Nationalen Aktionsplan, weil darin genau fest­geschrieben ist, was die Arbeitnehmer, die Beschäftigten, die Unternehmer und die Betriebe an konkreten Maßnahmen im Bereich der Beschäftigungspolitik und der Arbeitsmarktpolitik zu erwarten haben, angefangen vom Lehrling bis zu den Frauen, angefangen vom einfachen Hilfs­arbeiter bis zum ausgebildeten, hochqualifizierten Facharbeiter. Dieser Aktionsplan ist ein gutes Instrumentarium, die Basis für das gegenseitige Vertrauen, eine gute Atmosphäre in der Wirt­schaft für uns alle zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.50


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters ist Herr Abgeordneter Dr. Kier zu Wort gemel­det. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.50


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Bun­desministerinnen! Hohes Haus! Der Verlauf des heutigen Tages bringt es mit sich, daß ein durchaus wichtiges Kapitel bereits etwas unter der Erschöpfung der Mitglieder dieses Hohen Hauses leidet, was sehr schade ist (Abg. Tichy-Schreder: „Zeit im Bild“!) – auch „Zeit im Bild“ natürlich, aber im übrigen ist, glaube ich, schon ein gewisser Kraftverbrauch zu verzeichnen –, weil dieser Nationale Beschäftigungsplan der Bundesregierung in der Debatte jede Kraftanstren­gung rechtfertigen beziehungsweise notwendig machen würde. Das Papier ist nämlich eine An­sammlung von Dingen, die gut gemeint sind, dessen operativer Teil ist jedoch unterentwickelt.

Ich darf in diesem Zusammenhang schon vor allem an die Ausführungen des Kollegen Öllinger, der momentan nicht im Saal ist, anknüpfen: In den ersten Entwürfen gab es zu jedem Teilkapitel auch noch eine Zwischenüberschrift „Finanzierung“; das fehlt jetzt in dem nach Brüssel gefaxten Dokument, in diesem Last-minute-Dokument, das unter knapper Einhaltung der Fristen nach Brüssel gefaxt wurde. Darin fehlen die Aussagen zur Finanzierung, und das ist schade, denn das wäre eine Möglichkeit gewesen, im Zeitfortschritt diesen Nationalen Beschäftigungsplan zu evaluieren. Man hätte daraus ersehen können, ob die hier vorgesehenen Finanzmittel tatsäch­lich so, wie sie auf die einzelnen Kapitel des Planes verteilt sind, eingesetzt werden beziehungs­weise mit welcher Effizienz und so weiter.

Jetzt wird mir der Kollege Feurstein entgegenhalten, die Zahlen stünden im Budget – das ist zweifellos richtig, dort werden sie sich irgendwo finden –, aber es wäre eben der Sinn dieses Nationalen Beschäftigungsplans gewesen, dessen Raster uns aus Europa vorgegeben wurde, daß man zugeordnet die finanziellen Aussagen trifft. Das heißt nicht, daß man damit die Mittel unbedingt vermehrt hätte, aber man hätte sie funktional zugeordnet. Jeder Plan, welcher Art auch immer, der den Anspruch erhebt, evaluierbar zu sein, muß Aussagen enthalten, die der Evaluierung zugänglich sind; zum Beispiel Zeitfortschritt zwischen Etappen, wann man was zu erreichen gedenkt, Finanzaussagen und dergleichen mehr. Das findet sich in diesem Papier nicht.

Im Gegenteil: Auffallend ist an diesem Papier, daß sich einige Aussagen und Absichten an mehreren Stellen wiederholen, sozusagen unter Anwendung der Segnungen der Textverarbei­tung an mehreren Stellen neuerlich eingesetzt wurden, wodurch das ganze Dokument doch immerhin ein paar Seiten mehr hat, aber nicht mehr an Aussagen. Wenn Sie es nämlich konse­quent studiert haben, dann kommen Sie drauf: Eigentlich steht alles auf der Seite 3 in den Zu­sammenfassungen auf einer halben Seite komprimiert. Alles andere ist nur mehr ausge­schmückte, redundante Wiederholung.

Was ich jetzt sage, wird mir vielleicht wieder den Vorwurf eintragen, daß es so belehrend wäre, aber ich meine das nicht so in diesem Fall: Wenn das eine Seminararbeit wäre, die mir einer meiner Studenten abliefert, würde ich sie ihm, weil ich ein weichherziger Mensch bin, mit der Bitte zurückschicken, mir vielleicht ein paar Seiten weniger, dafür ein paar Aussagen mehr abzu­liefern.

Das finde ich deswegen schade, weil wir ja eine Fülle von Möglichkeit hätten, uns der Beschäfti­gung intensiver zuzuwenden. Mein Kollege Helmut Peter hat auf einige der wesentlichen Ele­mente hingewiesen, nämlich auf die sich dynamisierende Arbeitswelt und die Notwendigkeit, unsere sozialen Systeme von Grund auf neu durchzudenken, ob sie noch zu dieser dynamisier­ten Arbeitswelt dazupassen.

Denn eines steht auch fest, und das ist in diesem Nationalen Beschäftigungsplan logischerweise nicht enthalten: Die jetzt vorhandenen sozialen Systeme wirken hier nicht mehr. Die Anzahl derer, die ausgegrenzt werden, nimmt rapide zu. Klubobmann Khol ist jetzt nicht im Saal, aber sein Interview, das er Frau Krawagna-Pfeifer im „Standard“ gegeben hat, war ein Eckpfeiler, nämlich die angekündigte Verweigerung, Menschen, die langzeitarbeitslos sind, auch noch nachhaltig unterstützen zu wollen, mit der Behauptung, es seien Menschen, die tachinieren. Und das bei einer Proportion von 25 000 offenen Stellen zu 250 000 Arbeitslosen! Da wünsche ich den Regierungsparteien viel Glück, die Tachinierer herauszufinden unter den 225 000 Arbeit­suchenden, denen keine offenen Stellen gegenüberstehen. Ich frage mich, wie sie das machen werden.

Wenn ein Nationaler Beschäftigungsplan von so einem Geist, von so einem Kholschen Geist begleitet wird, dann steht er unter einem Unstern. Ansonsten würde zum Beispiel, wenn mein Kollege Helmut Peter den radikalen Umbau, das Umdenken und die neue Solidarität im Zusam­menhang mit der Begrifflichkeit „Grundsicherung“ einfordert, nicht sofort Präsident Mader­thaner – der übrigens auch mein Präsident ist und den ich lieber in der Kammer hätte, und die ohne zwangsweise Mitgliedschaft, als hier im Haus, weil ich es für unvereinbar halte, in diesem Haus zu sitzen und gleichzeitig Interessenpolitik zu machen – herausrufen, daß das irgend etwas für Tachinierer ist, und auch Kollege Lukesch würde sich nicht so aufregen darüber. Damit kommt natürlich genau die Kholsche Direktive drüber: Wer nicht arbeitet, der soll nicht essen.

Das von einer christlichen Partei zu hören, ist wirklich enttäuschend. Sie sollten sich vielleicht gelegentlich, wenn Sie einmal Zeit haben, mit den Sozial- und Wirtschaftspolitikern der CDU unterhalten und aus dem österreichischen Schrebergarten ausbrechen. Dort beginnt man sich nämlich genau mit diesen Überlegungen auseinanderzusetzen und schreibt es sogar in die Wahlprogramme. Also man hat dort nicht einmal mehr vor den eigenen Wählern Angst, so etwas zu fordern. Das wäre nämlich der Boden, auf dem sich eine dynamisierte und flexibili­sierte Arbeitswelt entfalten könnte.

Aber jetzt vom Beschäftigungsplan als solchem zum Gesamtinhalt, also zur Seite 3 ab der Mitte: Die 100 000 Personen, die Sie innerhalb der nächsten fünf Jahre neu in Beschäftigung bringen wollen, das ist exakt dieselbe Zahl – wir haben das schon im Ausschuß und in der Aussprache ausführen können –, die das Wifo in einer für das AMS im Jänner dieses Jahres angefertigten Studie als die zu erwartende Zunahme an Beschäftigung prognostiziert hat, aber nicht für die nächsten fünf Jahre von heute an, sondern für die nächsten vier Jahre von heute an.

Ich gebe schon zu, daß solche Prognosen des Wifo der Unsicherheit unterliegen, allerdings ist das Wifo eher konservativ und behutsam bei Prognosen, und diese Prognose des Wifo ist ohne Beschäftigungsprogramm abgegeben worden. Jetzt macht die Regierung ein Beschäftigungs­programm und kündigt an, sie werde damit 100 000 neue Beschäftigte ermöglichen, das heißt, der vom Wifo errechnete Trend wird als Ergebnis eines Planes dargestellt. Und das ist, finde ich, schade, denn ich hätte gemeint, wenn man einen Plan macht, dann müßte er auf den Trend aufsetzen, ihn verstärken und ein Mehr erbringen.

Die Frau Bundesministerin hat dazu im Ausschuß gemeint, die Prognose sei so optimistisch, vielleicht wären es nur 70 000 gewesen, und 30 000 sind vom Plan. (Abg. Dr. Feurstein: Das sind geschätzte Zahlen!) Schon, Kollege Feurstein, aber ich glaube, wenn die Dokumente so nebeneinander liegen und das Wifo im Jänner 100 000 Beschäftigte mehr prognostiziert hat, wenn Feber, März, April vergangen sind und es jetzt im Mai im Nationalen Beschäftigungsplan auch 100 000 gibt, dann sind das im Zweifelsfall einfach dieselben 100 000.

Es sind dieselben 100 000, daher ist dieser Beschäftigungsplan offenbar von einem gewissen Pessimismus getragen. Allerdings konnte man damit rechnen, daß, wenn man das Papier nach Brüssel faxt, die Wifo-Studie in Brüssel nicht vorliegt. Aber mittlerweile hat sich das bis Brüssel herumgesprochen, und es wird dort gelesen werden. Glücklicherweise, werden Sie mir jetzt sagen, hat Österreich in der Zeit, in der dieses Papier evaluiert wird, den Ratsvorsitz, und mit uns selber werden wir schon nicht so streng sein. (Abg. Dr. Feurstein: Strenger!) Aber so wird das nicht laufen! Die Evaluierung dieses Papiers wird nämlich nicht im Alleingang von den österreichischen Sozialpartnern vorgenommen werden, sondern auf der öffentlichen Bühne in Brüssel.

Und das kann eine Stunde der Wahrheit werden. Glauben Sie mir das, denn das, was hier steht, ist teilweise wirklich beschämend! Zum Beispiel die „Gründerwelle“: Von dieser „Gründerwelle“ höre ich schon, seit es diese Koalition gibt, nämlich seit dem Jahre 1987. Davon sprach seiner­zeit Robert Graf, der verstorbene Wirtschaftsminister, dann war es Wirtschaftsminister Schüssel, dann war es Ditz. Sie alle haben diese „Gründerwelle“ verkündet. Wir müßten ja schon unter Wasser sein vor lauter Gründerwellen, aber ich sehe das alles nicht.

Im Gegenteil: Reden Sie einmal mit Leuten, die sich wirklich selbständig machen wollen, nicht mit jenen, die irgendwo nur ein Taferl hinaushängen und sagen: Ich bin jetzt EDV-Trainer! (Abg. Dr. Feurstein: Das ist ein ehrenwerter Beruf!), sondern mit jenen, die wirklich auch Leute beschäftigen wollen. Das ist nicht sehr einfach. Allein, bis sie es geschafft haben, die Hürden der zwangsweisen Mitgliedschaft in der Kammer zu überwinden. Das ist nämlich das Interes­sante: Auf der einen Seite muß man Mitglied sein, auf der anderen Seite wird man stark behin­dert, Mitglied zu werden, weil die Kammern merkwürdige Schranken vor die Aufnahme von Be­rufstätigkeit legen.

Wir hatten zuletzt am Fachverbandstag der Unternehmensberater eine interessante Diskussion über den Wert von Befähigungsnachweisen. Das war wirklich eine interessante Diskussion, denn es konnte dort nämlich niemand widerlegen, daß der eigentliche Befähigungsnachweis des Wirtschaftstreibenden der Markt ist. Täglich muß sich die Befähigung im Verhältnis zu den Kun­den, zu Auftragnehmern – oder wie Sie das auch immer nennen wollen – bewähren. Natürlich braucht man eine fundierte Ausbildung, aber die Ausbildung ist nicht alles. Die Ausbildung ist die Voraussetzung, und die anschließende Weiterentwicklung der Qualifikation ist das Wesentliche. Von Weiterqualifizierungen lese ich in diesem Papier allerdings nichts.

Das wären aber die Anstoßgeber, denn wenn Sie die einzelnen 100 000 Arbeitsplätze herbei­beten wollen, wird Ihnen das nichts nützen. Sie müssen dort ansetzen, wo sich Multiplikatoren im Arbeitsmarkt bewegen, und die Multiplikatoren im Arbeitsmarkt sind die potentiellen Arbeit­geber, die Unternehmensgründer. Sie sind die nachmaligen Multiplikatoren in den Arbeits­märkten, und dort machen Sie, mit Verlaub gesagt, nichts. Die Statistik weist hinsichtlich der Selbständigenquote Defizite aus, und nur davon, daß Sie da „Gründerwelle“ hineinschreiben, kommt das nicht.

Zu den Beschäftigungsquoten schreiben Sie ganz locker, daß Sie eine weitere Erhöhung der Beschäftigungsquoten wollen. – Dafür bin ich auch. Weiters heißt es: Hiezu sind verstärkte Maßnahmen zur Herstellung der Chancengleichheit von Männern und Frauen notwendig. – Ja, dann suchen Sie einmal die Maßnahmen, die sich mit der Herstellung von Chancengleichheit von Männern und Frauen beschäftigen! Sie finden sie nicht ernsthaft, außer in der Form von Sonntagsformeln. Mißverstehen Sie mich nicht: Es findet sich nichts konkret Operatives!

Als wir hier im Hause über das Frauen-Volksbegehren diskutiert haben, hätten Sie die Möglich­keit gehabt, auf der Verfassungsebene einen echten Schritt zu machen, aber da sind Sie sozu­sagen in einem Halbschritt hängengeblieben.

Das ist das eigentlich Tragische an diesem Beschäftigungsprogramm: daß es gerade noch da­für geeignet war, daß die Frist nicht versäumt wurde, ein Dokument nach Brüssel zu schicken. Diese Funktion hat es erfüllt, aber was es tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt bewirken wird, muß wirklich mehr als dahingestellt bleiben. Denn daß jetzt die Bildungspolitik erstmals entdeckt wurde – meine Kollegin Schaffenrath wird darauf vielleicht noch eingehen, und Kollege Feurstein hat es zu Recht gelobt –, dazu muß ich sagen: Jetzt schreiben wir das Jahr 1998! Und jetzt muß sich ein Mitglied einer Regierungspartei, ein hochverdienter Sozialsprecher, nämlich Kollege Feurstein, da herstellen und sich darüber freuen, daß erstmals die Bildungspolitik als Element der Arbeitsmarktpolitik entdeckt wird. Ja bitte, es weiß doch jeder, der sich damit beschäftigt, seit Jahrzehnten, daß das die Voraussetzung für erfolgreiche Entfaltung ist. Und das, was bisher in Österreich geschehen ist, war offenbar nur Zufall?

Oder die vielgelobte duale Ausbildung: Sie ist wirklich etwas Wichtiges. Da gibt es Reformnot­wendigkeit und auch Vorschläge der liberalen Fraktion sonder Zahl – ich will Sie jetzt nicht damit langweilen –, nur, wenn Sie das über Berufsbilder entwickeln wollen, die die Kammer erfindet, wird das nicht gehen, denn die Kammer ist viel langsamer, als sich Berufsbilder auf dem Markt in Wirklichkeit entwickeln. Daher müssen Sie sich endlich einmal überlegen, wie Sie Wege in der dualen Ausbildung schaffen, die nicht statisch, sondern dynamisch sind. Denn der Garten­centerkaufmann, der in Wirklichkeit jemand ist, der Selbstbedienungsflächen bewacht, auf denen Gartengeräte und Pflanzen verkauft werden, ist kein zukunftsträchtiges Berufsbild, son­dern das ist ein Schmalspurkaufmann. Das gilt auch für den sektoralen Gastronomen – oder wie das heißt; ich habe mir diesen Begriff gar nicht gemerkt –, also für den Hilfsarbeiter bei McDo­nald’s. Das ist kein wirklicher Beruf. (Abg. Schaffenrath: Systemgastronom! – Abg. Mag. Peter: Der Systemgastronom!) – Der Systemgastronom. Danke.

Systemgastronom – das hört sich großartig an. Ich sehe die leuchtenden Augen eines Vierzehn­jährigen, wenn er hört, er kann Systemgastronom werden. Der glaubt vielleicht, er ist auf dem Weg zum Haubenkoch. In Wirklichkeit ist er auf dem Weg zum Hilfsarbeiter, weil er einfach Handreichungen in einer vollautomatisierten, auf Mikrowelle abgestellten Fast-food-Bude lernt. Die ist auch gut, ja, aber das ist keine duale Ausbildung. Verstehen Sie mich richtig! Das ist ein Problem.

Jetzt zum Abschluß nur noch ein Leitwort aus dieser Seite 3: die technische Infrastruktur. Dar­über habe ich mich gefreut. Ich habe mir gedacht, jetzt haben Sie bemerkt, daß es eine der staatlichen Aufgaben in der Wirtschaftspolitik wäre, sich um die Entwicklung der Infrastruktur zu kümmern. Aber dort liegt es ganz besonders im argen. In der Verkehrspolitik werden österreich­weit Nebenbahnen stillgelegt, im internationalen Kontext – ich rede jetzt von der Schiene – wird nichts gemacht, mit dem voraussehbaren Ergebnis, daß am Ende alle österreichischen Bahnen Nebenbahnen sein werden, weil wir nicht an das europäische Netzwerk angebunden sein wer­den, und im Bereich der Kommunikation sind ganze Landesteile Steppe. Ich sage das bewußt: Kommunikationssteppe.

Ich kenne einige Leute, die ihre Betriebe sehr gerne in das Waldviertel, in die südliche Steier­mark, in das Mühlviertel verlegen würden, weil sie aufgrund ihrer Betriebsstruktur von der Lage völlig unabhängig sind und ganz gerne auch die Benefits hätten, in einer angenehmen Umge­bung arbeiten zu können. Das sind allerdings teilweise High-Tech-Betriebe der Kommunika­tionsbranche. Die erzählen Ihnen etwas, wenn sie draufkommen, daß es dort keine ISDN-Lei­tungen gibt, die erzählen Ihnen etwas, wenn sie draufkommen, daß sie mit dem Unternehmen nicht dorthin können, weil sie dort die Infrastruktur nicht vorfinden, die sie für den Betriebsstand­ort brauchen. Daß die Straßen dorthin schlecht sind, das nähmen sie noch in Kauf, weil sie nicht so oft pendeln müssen, wenn sie dort arbeiten, daß auch sonst vielleicht manches nicht zum besten steht, nähmen sie noch in Kauf, aber wenn Sie ihnen die Lebensadern nicht zur Verfü­gung stellen, nämlich die Technologie, die Strukturen für den Datentransport in diesem Fall, dann bleiben sie im Ballungsraum und ziehen nicht hinaus.

Sie hätten damit Unternehmen auf dem Land gehabt, die der Nukleus für die Weiterentwicklung anderer Möglichkeiten sind; aber da geschieht nichts. Im Gegenteil: Da sitzt „Rudi Ratlos“ in der Post und überlegt, wie er die Defizite, die ihm die Regierung aufgelastet hat, abdecken kann. Der „Rudi Ratlos“ heißt in diesem Fall Ditz und weiß nicht, was er mit seinen über 100 Milliarden Schilling Schulden machen soll. Aber es geschieht nichts im Bereich der Infrastrukturen, obwohl das die Schlüsselantwort einer innovativen Wirtschaftspolitik gewesen wäre.

Wenn Sie bei den Infrastrukturen etwas machen würden, dann könnten Sie den Trend der Wifo-Studie vielleicht tatsächlich um 50 000 Arbeitsplätze übertreffen. Wenn Sie in diesen Bereichen nichts machen, dann wird das Wifo vielleicht recht gehabt haben, aber an diesem Plan ist es nicht gelegen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.07


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.07


Abgeordnete Annemarie Reitsamer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen Bundesministerin­nen! Ich habe heute eine Einladung in Händen gehabt: „Nationaler Aktionsplan für Beschäfti­gung – Österreichische Schwerpunkte – Europäische Perspektiven“. Das ist die Veranstaltung, bei der die Frau Bundesministerin schon seit einer Stunde sein sollte. Ich sage das nur deshalb, weil es in einem gemeinsamen Europa ganz wichtig ist, daß national wie international größte An­strengungen um Beschäftigung gemacht werden. Und es ist Österreichs Verdienst, daß in der EU, in der bisher ausschließlich Geld- und Wirtschaftspolitik regiert haben, jetzt Beschäftigung und überhaupt die soziale Dimension einen höheren Stellenwert haben. (Beifall bei der SPÖ so­wie des Abg. Dr. Feurstein.)

Beim Luxemburger Beschäftigungsgipfel im Dezember 1997 wurden 19 Leitlinien festgelegt. Jetzt haben alle Teilnehmerländer einen Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung erstellt. Die vier Säulen brauche ich nicht zu erwähnen, sie wurden heute schon mehrfach erwähnt, aber ein Punkt aus dem Bereich Jugend ist mir ein Anliegen.

Herr Kollege Öllinger hat gemeint, alle jungen Menschen hätten ein Recht auf Berufswahl. Ich teile diese Auffassung, aber, so wie schon mein Kollege Antoni gesagt hat, es ist mir allemal wichtiger, junge Menschen länger in der Schule zu haben – mit allen Hilfen und Unterstützungs­maßnahmen, die im Aktionsplan vorgesehen sind –, bevor ich sie auf der Straße habe – ohne Perspektiven! Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Ich konnte auch nicht den Beruf wählen, den ich wollte. Damals waren freilich die Zeiten anders. Aber wenn man jungen Menschen Per­spektiven gibt, dann können sie auch manches nachholen, würde ich meinen.

Der Nationale Aktionsplan umschreibt also ganz konkrete Ziele – 100 000 zusätzliche Arbeits­plätze in fünf Jahren – und sieht eine genaue Beobachtung vor, inwieweit diese Maßnahmen greifen. Eine erste Evaluierung dieser Nationalen Aktionspläne ist beim EU-Rat in Wien im De­zember dieses Jahres vorgesehen.

Kollege Öllinger hat auch bemängelt, daß über die Finanzierung zuwenig enthalten wäre. Er hat gesagt, das reiche nur bis zum Jahr 1999. Ja, Herr Kollege Öllinger – er ist leider nicht im Saal; ich kann es verstehen, auch er wird einmal Hunger verspürt haben –, wir haben jetzt im Plenum das Budget für 1999. Daß wir für weitere Jahre über die Budgets vorzusorgen haben, ist wohl selbstverständlich und ist auch allemal so geschehen.

Meine Damen und Herren! Es geht um quantifizierbare Zielsetzungen in der Beschäftigungspoli­tik, um die Verbesserung der Beschäftigung und um die Reduzierung der Arbeitslosigkeit. Aber Beschäftigungspolitik kann man nicht isoliert sehen. Das muß eine umfassende, ganz konkret koordinierte Gesamtstrategie sein – unter Einbeziehung aller relevanten Politikfelder und Träger­einrichtungen.

Wir haben es heute schon mehrfach gehört: In Österreich gibt es gute Wirtschaftsprognosen. Die nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Österreich ist auch eine Voraussetzung für die Erfüllung des NAP. Da kann man nicht den Kopf in den Sand stecken und so tun, als ob Arbeitsplätze aufgrund dieser Prognosen von alleine kämen. Meine Damen und Herren, wir würden uns alle sehr wundern, wie das dann aussähe. (Beifall bei der SPÖ.)

Daß Österreich vergleichsweise gut liegt, wollen die Oppositionsparteien schlichtweg nicht zur Kenntnis nehmen. Irgend etwas können wir aber nicht so falsch machen, wie Sie uns immer vorwerfen, denn im internationalen Vergleich stehen wir immer noch gut da. (Abg. Ing. Nuß­baumer: Das hören wir immer wieder!) Sie sind für mich heute überhaupt nicht wichtig. Halten Sie jetzt bitte die Luft an, Herr Kollege! Ich beschäftige mich jetzt mit den anderen Fraktionen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Nußbaumer: Das ist ein Demokratieverständ­nis!)

Ich habe gesagt, wir liegen vergleichsweise gut. Kollege Peter hat vom „Zwischenparken“, von Frühpensionen gesprochen. – Das ist schon klar. Aber Sie haben gleichzeitig auch einen Vor­schlag zum „Zwischenparken“ gemacht. Sie haben nämlich gesagt, man bräuchte die Menschen in der Altenpflege, in der Kinderbetreuung. Ich denke schon, daß Sie es auch so verstanden haben, daß man da nicht einfach – so wie zum Straßenkehren – umsteigen kann, sondern daß man dazu Qualifikationsvoraussetzungen braucht. Oder würden Sie Ihr Kind jemandem Unquali­fizierten anvertrauen? – Ich kann mir das nicht vorstellen, Herr Kollege Peter; gerade bei Ihnen nicht. Ich schätze Sie sehr, aber so, wie Sie es gebracht haben, ist das meiner Meinung nach auch eine Art „Zwischenparken“. Das kann ich Ihnen leider nicht ersparen.

Ich habe gesagt, wir haben trotz steigender Beschäftigungszahlen auch steigende Arbeitslosig­keit in Österreich. Meine Damen und Herren! Es hatten jedoch überhaupt nur vier Länder in Eu­ropa eine steigende Beschäftigungszahl, nämlich Österreich, Norwegen, Dänemark und Irland; wir in Österreich immerhin seit dem Jahre 1990 6 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Wenn Sie mir den ganzen Satz abgenommen hätten, Herr Kollege Öllinger, dann wäre es genau das gewesen. Ich freue mich aber darüber, daß Sie wieder da sind. Wunderbar!

Gut geht es uns vor allem aber auch deshalb, weil wir doch immer wieder auf die permanenten Veränderungen reagieren, und Veränderungen brauchen neue Ideen, brauchen neue Konzepte. Meine Damen und Herren! Es ist auch politische Verantwortung, diese Veränderungen, diese neuen Konzepte, diese neuen Ideen den Menschen nahezubringen. Denn sehr häufig ist Ableh­nung vorhanden für alles, was neu ist.

Man höre sich nur die Diskussionen über den Euro an: Die Kritiker, die Skeptiker sprechen von einem verschärften Wettbewerb. Ich würde sagen, wir haben ihn längst. Und was bedeutet das für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen? – Daß nur Bestqualifizierte bestehen können, und darauf zielt der NAP mit seinen Qualifizierungsmaßnahmen, mit seiner ersten Säule ab. Reden wir doch nicht so, als ob uns der Euro Arbeitsplätze kosten würde! Die Währungsturbu­lenzen in der Vergangenheit haben uns Arbeitsplätze gekostet. Ich denke in diesem Zusammen­hang etwa an das Beispiel der Abwertung der Währungen in Schweden und in Italien. Das hat ganz massiv Arbeitsplätze gekostet.

Für das geänderte Bewußtsein in der EU in bezug auf Arbeitsmarktpolitik ist aber meiner Meinung nach nicht nur österreichische Überzeugungsarbeit verantwortlich, sondern auch der Umstand, daß diese Länder längst erkannt haben, welche Auswirkungen Arbeitslosigkeit auf die Kaufkraft hat; Auswirkungen auf die soziale Sicherheit bedingt durch fehlende Beiträge und Steuern. Daß es ohne sozialen Frieden keinen Frieden geben kann, konnte man spätestens dann merken, als auch im EU-Ausland die Menschen auf die Straße gingen. Was hilft uns stei­gende Produktivität? Wer kauft denn all das? – Diese Länder sind auch schon draufgekommen, daß man Geld nicht essen kann.

Eine Rolle im NAP spielt die bessere Verteilung des Arbeitsvolumens. Meine Damen und Her­ren! Das bedeutet auch Abbau von Überstunden; selbstverständlich über Sozialpartnerüberein­kommen. Als ich kürzlich gelesen habe, daß im Jahre 1996 die EU-weit geleisteten Überstunden 2,5 Prozent des Gesamtvolumens der unselbständigen Arbeit betragen haben, konnte ich es selbst nicht glauben. Das entspräche nämlich 3 bis 4 Millionen neuen Arbeitsplätzen. Wenn ich das jetzt auf Österreich umlege – und ich denke, die Situation ist in Österreich nicht anders –, dann wären das 80 000 Arbeitsplätze, meine Damen und Herren! (Abg. Öllinger: Wir haben einen Antrag gestellt!) Bitte, Herr Kollege? (Abg. Öllinger: Wir haben einen Antrag dazu ge­stellt!) Das glaube ich Ihnen, Herr Kollege. Darf ich es trotzdem auch sagen? – Es wird mir etwas im Umfeld dieses Antrages nicht ganz gefallen haben. Für mich muß alles umsetzbar sein.

Wichtig ist auch eine wirksame Bekämpfung der illegalen Beschäftigung. Wir haben es in Öster­reich mit einem Bruttoentgang für die Volkswirtschaft von jährlich 200 bis 250 Milliarden Schilling zu tun. Wenn ich jetzt alles gegenrechne – fairerweise –, dann bleiben immer noch 100 Milliar­den. Ich überlasse es Ihnen, auch das in Arbeitsplätze umzurechnen.

Was die nicht marktfähige Arbeit, die sozialen Dienste betrifft, hatte ich schon einen Dialog mit Herrn Kollegen Peter. Ich kann es mir also ersparen, weiter darauf einzugehen.

Was meiner Meinung nach eine zu geringe Rolle in dieser ganzen Diskussion – und vielleicht auch im NAP – gespielt hat, ist die Arbeitszeitverkürzung. (Demonstrativer Beifall des Abg. Öllinger.) Meine Damen und Herren! Eine geringe Arbeitszeitverkürzung würde durch Pro­duktionsgewinne heute sehr schnell ausgeglichen. Es müßte schon eine nennenswerte sein, um positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu haben. Man darf dieses Thema künftig sicher nicht vernachlässigen. Daß es aber einer Sozialpartnereinigung und einer Regelung über die Sozialpartnerschaft bedarf, ich glaube, da sind Sie mit mir einer Meinung.

Allgemein gesagt haben wir uns mit dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung ein sehr ehr­geiziges Ziel gesetzt, aber wir werden es allen Unkenrufen zum Trotz auch umsetzen können. (Beifall bei der SPÖ.)

20.17


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kammer­lander. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.17


Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander¦ (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerinnen! Kolleginnen und Kollegen! Es ist schade, daß wir zu so später Stunde und mit eigentlich relativ wenig Aufmerksamkeit diesen nationalen Beschäftigungsplan diskutieren, denn ich erachte ihn an und für sich als eine sehr wichtige Maßnahme, auf der – nicht zu Unrecht – nicht nur mit dem Vertragsabschluß in Amsterdam und dem Beschäftigungsgipfel in Luxemburg, sondern eben auch in den Wochen und Monaten danach sehr viel Aufmerksamkeit gelegen ist; auch natür­lich – und vor allem – deswegen, weil die Arbeitslosenzahlen immer weiter gestiegen sind und es nicht den Anschein hat – würden hier jetzt nicht drastische Maßnahmen gesetzt werden –, als würden diese ohne weiteres zurückgehen. Ich finde es deswegen schade, daß dieses Thema so wenig eine politische Debatte ist, obwohl es – das muß ich schon sagen – da oder dort bei einem meiner Vorredner beziehungsweise einer meiner Vorrednerinnen angeklungen ist.

Eines ist bei Durchsicht dieses Beschäftigungsplanes auffallend, daß nämlich Theorie und Praxis – wenn ich die Praxis der letzten zwei, drei Jahre hernehme – weit auseinanderklaffen und daß nichts mit dem übereinstimmt, was Sie hier als neu verkaufen, als nationalen Beschäfti­gungsplan. Es fällt auf, daß ganz neue Maßnahmen, an die Sie, vor allem von der sozialdemo­kratischen Fraktion, offensichtlich große Erwartungen und Hoffnungen knüpfen (Abg. Reit­samer: Jawohl, das tun wir!), weit weg von der Praxis sind. Eigentlich ist hier in weiten Be­reichen überhaupt nichts Neues enthalten – das ist auch von manchen meiner Vorredner gesagt worden –, sondern Wohlbekanntes und Altbekanntes.

Das würde ja noch nicht stören, sondern was mich viel mehr stört, ist, daß genau jene Sachen zum Teil enthalten sind, die in den letzten Jahren all den Kürzungen, die stattfinden mußten, zum Opfer gefallen sind: sei es nun durch die Sparpakete oder durch die Kürzungen im AMS-Be­reich. Genau jene Maßnahmen versuchen Sie uns hier wieder mit dem nationalen Beschäfti­gungsprogramm zu verkaufen. Ich werde darauf eingehen, und ich werde Ihnen einige aufzäh­len, denn ich habe mir die Mühe gemacht, mich in jenem Bundesland, in dem ich zu Hause bin, in der Steiermark, umzuschauen und umzuhören, welche dieser Maßnahmen, die unter dem Kapitel „Chancengleichheit“ unter jenen Maßnahmen stehen, die Frauen betreffen, in der Praxis umgesetzt werden, welche weiter gefördert, durchgeführt werden oder gekürzt beziehungsweise gestrichen werden mußten.

Frau Ministerin Hostasch! Davon ist aber fast nichts übriggeblieben, darf ich Ihnen sagen. Und wenn ich das so betrachte, dann denke ich mir, daß Sie, Frau Ministerin, eigentlich einen „Orden“, und zwar einen besonderer Art und Weise bekommen müßten: Ein Jahr nach dem Frauen-Volksbegehren und ein Dreivierteljahr nach der Behandlung des Frauen-Volksbegeh­rens im Parlament müßte man Ihnen eigentlich einen „Orden“ wegen Verhinderung der Maß­nahmen, die im Frauen-Volksbegehren vorgesehen waren, verleihen. (Abg. Dr. Puttinger: Das ist keine Frauenministerin, sondern die Sozialministerin!)

Das AMS fällt doch in Ihren Bereich. Kürzungen beziehungsweise Streichungen fallen in Ihren Bereich. Und Sie haben da überhaupt nichts getan! Im Gegenteil: Sie haben offensichtlich sogar noch dahin gehend gewirkt, daß es solche Kürzungen und Streichungen gibt!

Im Beschäftigungsplan gibt es nicht nur ein Kapitel, sondern immer wieder den Verweis auf Wie­dereinstiegsmaßnahmen. Maßnahmen, die Frauen helfen sollen, wieder in den Beruf einzustei­gen, sind besonders wichtig. Auf Seite 19 des NAP wird angeführt, daß es um Qualifizierung und um gezielte Vermittlung geht. Unter dem Kapitel „Chancengleichheit“ werden besonders viele Maßnahmen in diese Richtung angeführt, wird gesagt, daß es um Programme für Wieder­einsteigerinnen geht.

Ich kann Ihnen, was die Steiermark betrifft, sagen, daß genau diese Programme in den letzten zwei Jahren gestrichen wurden, weil eben das AMS Kürzungen vorgegeben hat. Aufgrund der Kürzungen im Bereich des AMS mußten genau diese Programme für Wiedereinsteigerinnen, so zum Beispiel jenes des Frauenservice in Graz, gestrichen werden. Maßnahmen für Wiederein­steigerinnen mußten gestrichen werden! Und das bitte ist nicht die einzige Einrichtung, die das tun mußte: Es gibt auch andere Einrichtungen in der Steiermark, die das streichen mußten.

Zu den Qualifizierungskursen im Bereich des DOKU in Graz: Das alles sind seit langem be­währte, gute Einrichtungen – übrigens seitens Ihrer Partei immer besonders gerne gelobt. Diese Einrichtungen mußten genau diese Kurse streichen. Die Qualifizierungen im Bereich des DOKU mußten eingestellt werden, insbesondere zum Beispiel Managementkurse für Frauen. Die Zahl der Berufsorientierungskurse – das nächste Kapitel aus dem nationalen Beschäftigungsplan – mußte in vielen Bereichen wesentlich reduziert werden.

Ein besonderes Anliegen von Ihnen – zu Recht! – im nationalen Beschäftigungsplan ist die Situation von Mädchen, von weiblichen Lehrlingen: Auch dazu findet man eine Reihe von Maß­nahmen. Aber genau diese Bereiche mußten gekürzt beziehungsweise überhaupt gestrichen werden, so zum Beispiel im Bereich der Mädchenberatungsstelle Malfada. (Bundesministerin Hostasch: Das ist doch nicht wahr!)

Ich könnte Ihnen diesbezüglich jetzt noch und noch Listen aufzählen! Und da glauben Sie, hier mit Glaubwürdigkeit vertreten zu können, es würde sich bei Mitteln in Höhe von 1,5 Milliarden Schilling – und das macht es aus, das haben wir auch heute wieder gehört –, inklusive Lehr­lingsförderung, wesentliches ändern? – Dem ist doch nicht so! Wir können das durchrechnen, wir haben uns auch die Mühe gemacht, durchzurechnen, was das für die einzelnen Bundes­länder bedeutet, auf das AMS, auf die einzelnen Projekte aufgeteilt. (Abg. Schwarzenberger: Was ist herausgekommen?) – Es ändert sich kaum etwas! Es ist dies keine tatsächliche Steige­rung der Mittel, die es schon bisher gegeben hat. Das ist eben nicht wahr!

Wenn man bedenkt, daß Sie viele und wesentliche Maßnahmen zurücknehmen mußten, so heißt das, daß damit natürlich auch Strukturen abgebaut, Qualifikationen in bestimmten Berei­chen zurückgenommen wurden, und zwar zum Beispiel bei jenen Frauen, die diese Maßnahmen durchgeführt haben. Das heißt, daß sie mit den Mitteln mehr oder weniger wieder von vorne be­ginnen können. (Abg. Dr. Puttinger: Die Effektivität liegt in der Menge, in der Quantität!) Die Effektivität im Zusammenhang mit jenen Beispielen, die ich Ihnen genannt habe, Herr Kollege, ist wirklich hoch und wird auch vom AMS Steiermark anerkannt (Abg. Dr. Puttinger: Aber nur in der Quantität!); die Wiedereingliederungsquoten liegen über dem Durchschnitt.

Die Qualität dieser Bereiche, dieser Beratungsstellen, dieser Vereine, die ich Ihnen aufgezählt habe, ist hoch, ist gut, ist anerkannt. Die Qualität ist sicherlich nicht schlecht! Es ist nicht so, daß es da nur um Quantität ginge. Tatsache ist aber, daß kein Geld dafür da war – und auch in Zukunft nicht da sein wird.

Frau Kollegin Bauer aus Köflach tratscht jetzt gerade; sie hat das vorhin auch so vehement ver­teidigt. – Ich schaue mir das jedenfalls an, und wir können uns ja gemeinsam in der Steiermark in fünf Jahren zum Beispiel anschauen, was sich ändern wird, welche Maßnahmen wieder ein­geführt werden, welche wieder aufgestockt werden können, und zwar in all jenen Bereichen, die in den letzten zwei Jahren reduziert werden mußten.

Es gibt auch allgemeine Schlußfolgerungen, allgemeine Punkte, die schon Anlaß zum Nachden­ken geben. Da in diesem Bildungsprogramm immer wieder antönt, daß die Übernahme von Bil­dungsmaßnahmen – darunter fallen natürlich auch Fragen der Beratung, der Weiterbildung – in Zukunft bei den Institutionen der Sozialpartner liegen soll, muß ich Ihnen sagen: Das verheißt meiner Ansicht nach nichts Gutes; ebenso ist das bei anderen Vorschlägen der Fall. Warum? – Weil ich mir nämlich genau aufgrund jenes Kahlschlages, den Sie in den vergangenen Jahren gestartet haben, sehr gut vorstellen kann, daß Sie nicht die Sensibilität haben, zu schauen, wo es welche Angebote gibt, wo es gut funktionierende Angebote, wo es gut funktionierende Struk­turen, die vielleicht besser ausnützbar wären, gibt, um sie eben anstelle anderer Strukturen auf­zubauen oder einzurichten – auch davon ist nämlich da die Rede –, sondern mir schwant da zum Teil Schlimmes. Man könnte auch darüber nachdenken: Wo wäre es besser, die Mittel, die Möglichkeiten zu verstärken, anstatt das sozusagen gewaltsam und von oben aufgesetzt sozial­partnerschaftlichen Bildungsinstitutionen zuzuschieben? (Beifall bei den Grünen.)

Sozialpartnerschaftliche Bildungseinrichtungen haben sicherlich in vielen Bereichen Vorzüge, keine Frage! In manchen Bereichen jedoch – und das hat die Vergangenheit gezeigt – sind ge­nau jene Einrichtungen, jene Beratungsstellen und Vereine, die vor Ort und mit den betroffenen Frauen arbeiten, die qualifizierteren und geeigneteren als jene Einrichtungen, die als große Ein­richtungen der Sozialpartnerseite zuzurechnen sind. Allein die Wiedereinstiegsquoten beweisen das! Es hat doch etwas für sich, daß diese Einrichtungen über lange Zeit sehr wohl unterstützt wurden.

Lassen Sie mich noch ein letztes Wort sagen, auch in Richtung der Sozialdemokratischen Partei: Die Übernahme der Bildungs- und Beratungstätigkeit, ausgelagert in Richtung der sozial­partnerschaftlichen Bildungseinrichtungen, wäre wirklich das Ende experimenteller Arbeitsmarkt­politik. Das sollte doch zu denken geben! Das war doch etwas, was vor langer Zeit Ihr Minister Dallinger eingeführt und meiner Meinung nach genau richtig angesetzt hat, nämlich mit der Ziel­setzung: Wo sind die Betroffenen? Wo kann möglichst unmittelbar und möglichst am Bedarf sowohl einer Region, einer Umgebung, der regionalen Wirtschaft als auch der Arbeitslosen und Beschäftigungslosen mit Maßnahmen angesetzt werden?

Wenn Sie da nun mit Ihrem Beschäftigungsplan wieder zentralisieren, so tun Sie dem Ganzen nichts Gutes, und Sie tragen eine Idee, die in Ihren Reihen geboren wurde, zu Grabe. Darüber sollten Sie wirklich nachdenken!

Frau Ministerin Hostasch, abschließend: Ich stelle fest, daß Sie eine doch sehr einseitige Sicht davon haben, was im Zusammenhang mit Beschäftigungspolitik frauenrelevant ist. So zum Bei­spiel haben Sie Kinderbetreuungseinrichtungen unter das Kapitel „Chancengleichheit“ gereiht. Ich möchte Ihnen sagen: Ich wäre eigentlich sehr froh, wenn auch Sie einmal, wenn die sozial­demokratischen Kolleginnen und Kollegen draufkämen, daß Kinderbetreuungseinrichtungen auch eine Angelegenheit der Väter sind. Die Kinder haben nämlich auch Väter, und Kinderbe­treuungseinrichtungen sind bitte nicht allein und ausschließlich frauenbeschäftigungspolitische Maßnahmen. Sie sollten nicht immer, auch wenn es um Geld geht, sozusagen auf die Sollseite der Frauen gerechnet werden. Sie sollten einmal auf die Sollseite der Väter, der Eltern, der Unternehmen, der Betriebe gerechnet werden! So sollte es meiner Meinung nach einmal ange­gangen werden, wenn Sie wirklich frauenpolitische Maßnahmen im Auge hätten! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Schaffenrath.)

Frau Bundesministerin Hostasch! Ich lese in der heutigen Ausgabe des „Kurier“, daß Sie sich für Frauen das Recht auf Teilzeitarbeit gewünscht hätten. – Ich sage Ihnen, was ich mir gewünscht hätte: das Recht auf Teilzeitarbeit für Frauen und Männer, das Recht auf Teilzeitarbeit für beide Elternteile und eine schrittweise Annäherung der Arbeitszeit, und zwar dahin gehend, daß beide weniger arbeiten und daß es zur Verwirklichung des vielzitierten und im übrigen auch heute noch zitierten Ausspruchs in der Bevölkerung kommt, nämlich „halbe-halbe“!

Das wäre meiner Meinung nach eine gute frauenpolitische Maßnahme gewesen. Es bringt aber nichts, wenn man sagt: Ich hätte mir mehr Teilzeit für die Frauen gewünscht!

Zum Abschluß möchte ich Sie – vor allem die sozialdemokratische Seite – auf etwas aufmerk­sam machen: Natürlich ist die Erwerbsquote gestiegen. Das ist schon richtig. Aber, Frau Kolle­gin Bauer, schauen Sie sich doch an, welche Arbeitszeitmodelle und welche Beschäftigungsver­hältnisse Sie haben! Sie wissen ganz genau, daß auch in der Region, aus der Sie kommen, die Zahl der geringfügig Beschäftigten immer stärker ansteigt und daß vor allem Frauen davon be­troffen sind. Teilzeitbeschäftigung betrifft überwiegend Frauen, und die Frauen können sich das nicht aussuchen. Es ist eine Tatsache, daß auch in der Region, aus der Sie kommen, fast nur noch solche Beschäftigungsverhältnisse angeboten werden. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

In einem Kapitel wird alles äußerst positiv, optimistisch, geradezu euphorisch dargestellt. Sie sprechen im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen von Anpassungsfähigkeit. Das klingt wirk­lich ganz harmlos: Anpassungsfähigkeit! Diese sogenannte Anpassungsfähigkeit besteht darin, daß den Frauen gar nichts anderes mehr angeboten wird und daß sie keine anderen Chancen mehr haben! Sie und die Ministerin sollten sich nicht rühmen, daß die Erwerbsquote gestiegen ist, wenn Sie nicht gleichzeitig kritisch erwähnen, daß diese auf Kosten der Frauen steigt! (Bei­fall bei den Grünen.) Die Erwerbsquote steigt aufgrund des Anstiegs der ungeregelten Arbeits­zeitverhältnisse, ohne daß Sie irgendwelche Gegenmaßnahmen setzen. Das gibt mir zu denken!

Es gibt meiner Meinung nach überhaupt keinen Grund, zufrieden zu sein mit diesem nationalen Beschäftigungsplan! Denn – noch einmal –: Die Maßnahmen sind nicht neu. Es wird gekürzt und gestrichen, und die budgetäre Bezifferung fehlt. 1,5 Milliarden sind kein Grund, über diesen nationalen Beschäftigungsplan zu jubeln! Sie nehmen damit nur eine Kurskorrektur im Hinblick auf das vor, was Sie in den letzten drei Jahren reduziert und gestrichen haben. Nicht mehr und nicht weniger! – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

20.33


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzen­berger. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.33


Abgeordneter Georg Schwarzenberger¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Frauen Bundesministerinnen! Meine Damen und Herren! Wir erleben auch bei diesem nationa­len Beschäftigungsplan ein sehr ausgeprägtes Rollenspiel. Die Opposition versucht, alles schlecht darzustellen. Logischerweise müssen die Regierungsparteien ihrerseits natürlich das Positive herausstreichen. – Aber so schlecht kann die österreichische Wirtschaftspolitik nicht sein, Frau Abgeordnete Kammerlander!

Wir haben unter den 15 EU-Staaten die zweitniedrigste Arbeitslosenzahl, nur im kleinen Luxem­burg sind die Zahlen noch niedriger als in Österreich. Und wir haben die niedrigste Jugend­arbeitslosigkeit in Europa. Man sollte auch diese Fakten zur Kenntnis nehmen, meine sehr geschätzten Damen und Herren Abgeordneten! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Was ist mit dem „Arbeitsplatz Bauernhof“?)

Oder wollen Sie bestreiten, daß wir seit 1990 um 6 Prozent mehr Arbeitsplätze schaffen konnten, obwohl in der Industrie enorm rationalisiert wurde und auch im öffentlichen Dienst ge­spart werden mußte? (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wie viele neue landwirtschaftliche Betriebe gibt es?) Die Opposition sollte diese Fakten an und für sich ehrlicherweise zur Kenntnis nehmen!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Arbeit ist ein wesentliches Element der Menschen­würde und der Persönlichkeitsentfaltung. Wir setzen uns daher dafür ein – und auch die Frei­heitlichen sollten sich dafür einsetzen –, daß die Arbeit von jedem als möglichst sinnvoll erfahren werden kann. Für die Schaffung von Beschäftigung, aber auch für die Funktionsfähigkeit unserer Volkswirtschaft und insbesondere auch für die Leistungen unseres Sozialstaates sind möglichst viele Arbeitsplätze notwendig.

Österreich kann auf eine bemerkenswerte Entwicklung der Wirtschaft und der Beschäftigung verweisen. Dementsprechend stellt sich auch die Arbeitsmarktlage in Österreich im internationa­len Vergleich sehr gut dar. Trotzdem haben wir alles zu unternehmen, daß möglichst für alle Arbeitswilligen Arbeit geschaffen werden kann. Die Bundesregierung verfolgt mit dem Nationa­len Aktionsplan das Ziel, neue, zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen, das Niveau der Arbeitslosigkeit weiter zu verringern, zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern beizutragen, das bewährte Ausbildungs- und Beschäftigungssystem flexibel, innovativ und durchlässig zu gestalten und eine neue Kultur der Selbständigkeit zu fördern. – Das ist wahrlich ein sehr ehrgeiziges Programm! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit Gesetzen können wir keine Arbeitsplätze schaf­fen, wir können in der Politik aber auf die Rahmenbedingungen einwirken und auch das Bewußt­sein der Bevölkerung in diesem Bereich stärken. Gerade in Anbetracht der weltweiten Globali­sierung, bei welcher arbeitsintensive Tätigkeiten in Niedriglohnländer ausgelagert werden, kommt es umso mehr darauf an, daß wir vor allem den Dienstleistungssektor, auf dem wir den europäischen Durchschnitt noch nicht erreicht haben, noch stärker ausbauen. Das erfordert aber auch, daß die entsprechenden Dienstleistungen von den Österreichern angenommen wer­den. Wir haben zum Beispiel sehr viele schöne Landschaften in Österreich. Es könnten mehr Österreicher ihren Erholungsurlaub in Österreich verbringen. Auch so könnte man in Österreich Arbeitsplätze schaffen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte auch noch auf den Bereich der Land­wirtschaft zu sprechen kommen. Die Landwirtschaft ist ein wertvoller Rohstofflieferant für unsere Wirtschaft. Mehr als 100 000 Beschäftigte in Österreich arbeiten in der Nahrungsmittel- und Getränkeherstellung. Mehr als 90 000 Personen sind in der Be- und Verarbeitung von Holz beschäftigt. Eine Studie zeigt, daß, wenn wir die Vorräte nützen würden, in diesem Bereich in Österreich noch um 40 000 Beschäftigte mehr Arbeit finden könnten. Wir haben in Österreich derzeit einen Zuwachs um etwa 30 Millionen Festmeter Holz, aber nur eine Verwertung von 20 Millionen Festmetern Holz. Das heißt, es wächst um 50 Prozent mehr zu, als genutzt werden kann, weil der Markt nicht vorhanden ist. Deshalb unser Drängen, in der erneuerbaren Energie auch mehr auf nachwachsende Rohstoffe zu setzen.

Laut Österreichischem Statistischem Zentralamt sind 13,23 Prozent aller unselbständig Be­schäftigten in der Verarbeitung von land- und forstwirtschaftlichen Rohstoffen beschäftigt. Wenn wir die 250 000 Beschäftigten in der Landwirtschaft dazurechnen, können wir feststellen, daß immerhin nahezu 20 Prozent in diesem Bereich beschäftigt sind. Laut Grünem Bericht 1996 haben die österreichischen Bauern 13 Milliarden Schilling in bauliche Anlagen und 12 Milliarden Schilling in Maschinen und Geräte investiert. Das heißt, in diesem Bereich sind sehr viele öster­reichische Arbeitsplätze geschaffen worden.

Ich möchte hier noch auf etwas hinweisen, weil Abgeordneter Kier eine Aussage von Kollegen Khol kritisiert hat: Wir haben in der Landwirtschaft, insbesondere im Gartenbau und im Obstbau, oft enorme Schwierigkeiten, weil sich die Erntezeiten in diesem Bereich oft auf wenige Tage er­strecken. Es ist jedoch nahezu unmöglich, unter den österreichischen Arbeitslosen Menschen zu finden, die bereit sind, einige Tage in der Landwirtschaft zu arbeiten. Sie werden nicht schlechter bezahlt als auf anderen Wirtschaftsgebieten. In früheren Jahren wurden diese Arbei­ten in starkem Maß, vor allem in der Steiermark und im Burgenland, von Grenzgängern durch­geführt. Die Burgenländer und die Steirer, aber auch die Gemüse- und Gartenbaubetriebe in anderen Bundesländern wären gerne bereit, Österreicher dafür anzustellen. Allerdings ist es nicht möglich, Österreicher für diese tageweise Arbeit zu gewinnen.

Unser Ziel ist die Erhaltung der flächendeckenden bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft. Es geht um einen funktionsfähigen ländlichen Raum und um die dauerhafte Sicherung der multi­funktionalen Aufgaben durch bäuerliche Familienbetriebe. So kann Lebensqualität für alle Öster­reicher geschaffen werden, aber auch für Gäste, die zu uns kommen und eine gepflegte Kultur­landschaft bis in die Gletscherregionen vorfinden. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Landwirtschaft bildet aber auch die Grundlage für Arbeitsplätze im vor- und nachgelagerten Bereich. Ich habe es bereits betont: Jeder Beschäftigte in der Landwirtschaft sichert zwei Arbeitsplätze in der Region. Die Lebensmittelindustrie ist die beschäftigungsreichste Industrie in ganz Europa. Daher muß es allen Österreichern ein Anliegen sein, daß die Weiterentwicklung der Agrarpolitik und die Existenz und Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft abgesichert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

20.41


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.41


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin für Arbeit und Soziales! Frau Bundesministerin für Unterricht! Sehr geehrte Damen und Herren! Durch den nationalen Beschäftigungsplan sollen jetzt 100 000 neue Jobs bis zum Jahre 2002 geschaffen und die Arbeitslosenquote auf 3,5 Prozent reduziert werden. – All das ist recht und schön. Wenn ich aber an den EU-Beitritt zurückdenke, dann kann ich mich erinnern, daß die Schaffung von 50 000 neuen Arbeitsplätzen versprochen wurde; tatsächlich wurden es jedoch um 80 000 Arbeitsplätze weniger.

Im Versicherungsbereich, im Bankenbereich, bei der OMV, obwohl deren Aktienkurs steigt und auch der Benzinpreis steigt, werden Leute gekündigt oder in Frühpension geschickt. Bei der Bahn verhält es sich ähnlich. Bei den ÖBB gibt es um 10 000 Arbeitsplätze weniger, und bei der Post werden bis 2001 weitere 10 000 Arbeitsplätze verlorengehen. Wir haben mehr Frühpensio­nisten und mehr Arbeitslose, und im nationalen Beschäftigungsplan steht, daß auch zu erwarten ist, daß 15 000 Personen in der Grundstoffindustrie und 15 000 Personen in der Bauwirtschaft, also insgesamt 30 000 Personen, ihre Beschäftigung verlieren werden. In der Textil- und Be­kleidungsbranche werden es 23 000 und in der Genußmittelindustrie weitere 5 000 sein.

Im Gegenzug sollen auf dem Dienstleistungssektor, insbesondere im Bereich der Sozial-, Pflege- und Gesundheitsberufe und im Bereich der Umweltberufe, 28 000 Jobs geschaffen wer­den. Dennoch gehen mir 30 000 Jobs ab, Frau Bundesminister. Auf der einen Seite werden 28 000 neue Arbeitsplätze geschaffen, auf der anderen Seite gehen zusätzlich 30 000 Arbeits­plätze verloren. Diese Rechnung geht nicht ganz auf! Laut nationalem Beschäftigungsplan sollen 20 000 bis 30 000 Jobs durch aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, durch Umschu­lung bisheriger Arbeitsloser, geschaffen werden. – Ich bin aber neugierig, welchen Job jemand, der bisher am Bau, in der Grundstoff- oder Genußmittelindustrie beschäftigt war und knapp 50 Jahre alt ist, nach der Umschulung bekommen wird! Er kann zwei oder drei Jahre zur Um­schulung gehen, einen Job wird er aber nicht bekommen, weil die Wirtschaft niemanden mit diesem Alter aufnimmt. Das ist das Problem! Es wird dadurch nichts anderes bewirkt, als daß der Profit des Wifi und des BFI steigt und die Leute nicht sofort auf der Straße stehen, sondern irgendeine Beschäftigung haben. Alles, was dabei herauskommt, ist, daß das den Steuerzahlern einen Haufen Geld kostet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im nationalen Beschäftigungsplan steht, daß mit 70 000 bis 80 000 von diesen 100 000 neu zu schaffenden Jobs eine Verbesserung der Konjunktur erreicht werden soll. Es wird ein Wirt­schaftswachstum von 2,5 Prozent prognostiziert, und damit soll für eine Ausweitung der Be­schäftigung gesorgt werden. Sehr verehrte Frauen Ministerinnen! Wie soll die Wirtschaft aber wachsen, wenn zum Beispiel eine Gründerwelle – Herr Kollege Kier hat das heute schon er­wähnt – zugleich propagiert und verhindert wird? – Es heißt, daß mehr Betriebe entstehen sollen. Tatsächlich gab es in Österreich im ersten Quartal 1998 aber um 12 Prozent weniger Be­triebe als im Vorjahr. 1 333 Betriebe wurden seit vorigem Jahr aus dem Firmenbuch gelöscht. Insgesamt gibt es derzeit 276 400 Betriebe in Österreich, was sehr, sehr wenig ist.

Was soll ich dazu sagen? – Eigentlich sind die Wirtschaftskammer und die Bundesregierung die Verhinderer der Gründerwelle! Denn wenn jemand einen Betrieb gründen will, dann muß er zu­erst einmal einen Hürdenlauf bei den Behörden absolvieren und beträchtliche Summen an Ein­schreibegebühr für die einzelnen Gewerbeberechtigungen zahlen. Und das schreckt natürlich viele ab. Außerdem haben wir eine hohe Steuer- und Abgabenquote, und die realen Einkommen in Österreich sinken, und wenn die Einkommen geringer sind, dann sinkt natürlich auch die Kaufkraft. Daher wäre es unbedingt notwendig, die Lohnsteuerreform vorzuziehen. Denn eine Abnahme der Kaufkraft bedeutet ein geringeres Wirtschaftswachstum.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wachstum entsteht nicht durch Lohnabbau und Einschrän­kung von Arbeitnehmerrechten, sondern durch kaufkräftige Konsumenten. Das hat seinerzeit schon ein großer Unternehmer erkannt, nämlich Henry Ford, der gesagt hat: Autos kaufen keine Autos, sondern meine Mitarbeiter müssen soviel verdienen, daß sie meine Autos auch kaufen können. – Das müssen auch Sie beherzigen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.46


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Nürnberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.46


Abgeordneter Rudolf Nürnberger¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Vertreterinnen der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ziel der Bundesregierung ist es, mit dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung neue zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten zu schaf­fen, das Niveau der derzeitigen Arbeitslosigkeit zu verringern, die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern zu fördern, unser bewährtes Ausbildungs- und Beschäftigungssystem im Interesse dynamischer Strukturanpassung flexibel, innovativ und durchlässig zu gestalten und eine neue Kultur im Bereich der Selbständigkeit zu fördern.

Durch welche Maßnahmen im Nationalen Aktionsplan soll dies geschehen? – Es werden vier Schwerpunkte entsprechend den politischen Leitlinien, die von der Europäischen Union vorge­geben wurden, gesetzt. Erstens: Verbesserung der Vermittelbarkeit, zweitens: Weiterentwick­lung des Unternehmergeistes, drittens: Förderung der Anpassungsfähigkeit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, viertens: Chancengleichheit.

Ich erlaube mir, mit großer Freude darauf hinzuweisen, daß es nach wirklich harten Verhandlun­gen den Sozialpartnern vor allem im Bereich der Jugendlichen und der Lehrlingsbeschäftigung gelungen ist, zu einer gemeinsamen Auffassung zu kommen. Man konnte sich über die Gewähr­leistung der Förderung der überbetrieblichen und zwischenbetrieblichen Lehrausbildung einigen. Es wird in Zukunft zu Lehrlingsstiftungen kommen, es wird eine Weiterentwicklung unserer gesamten Lehrausbildung mit Einführung von neuen Berufen Platz greifen, es wird zu einer ver­stärkten Nutzung der Weiterbildungsinstitute der Sozialpartner und zu einer Weiterentwicklung unserer Fachhochschulen kommen.

Ich begrüße ganz besonders, daß es zu einer Förderung der Lehrausbildung kommen wird. Als einer von wenigen habe ich schon vor einigen Jahren hier von dieser Stelle aus die Feststellung getroffen, daß der Staat für die Berufsausbildung im Vergleich zu anderen Ausbildungssparten am wenigsten ausgibt. Daher begrüße ich die jetzige Entwicklung außerordentlich.

Ich freue mich auch, daß die Sozialpartner gemeinsam eine Vereinbarung zur Modernisierung der Arbeitsorganisation getroffen haben und diese in den Nationalen Aktionsplan aufgenommen wurde. Ich bin froh darüber, daß die Schwerpunkte Arbeitszeitflexibilisierung, Entkopplung von Betriebszeiten und Arbeitszeiten, Anpassung der Arbeitszeiten an Produktionsschwankungen und Arbeitszeitverkürzung in Verbindung mit Flexibilisierung und Abbau von permanenten Über­stunden im Gesetz festgeschrieben werden. Im Nationalen Aktionsplan ist auch angeführt, daß es einige Bereiche gibt, wie etwa Metallindustrie und -gewerbe, in denen das bereits verwirklicht ist.

Dennoch möchte ich einen Appell an die Adresse der Wirtschaft richten, weil gerade in den letzten Tagen wieder ein diesbezüglicher Fall bekanntgeworden ist – und solche Fälle sollten wir verhindern –: Wenn beide Seiten – vor allem die Arbeitnehmer – bereit sind, flexibler zu werden, dann sollte man auch danach trachten, auf diese Weise neue Arbeitsplätze zu schaffen! Wenn aber – Herr Klubobmann Khol, ich bin froh, daß du nickst! – in einem großen Unternehmen, dessen Namen ich nicht nenne, denn ich nenne bewußt nie Namen in der Öffentlichkeit, Flexi­bilität so verstanden wird, daß Mitarbeiter im Durchschnitt aufgrund eines Bandbreitenmodells 800 Gutstunden – Sie haben richtig gehört: 800! – ansammeln, dann ist das der falsche Weg! Ich bin überzeugt davon, daß in einem solchen Fall die Einrichtung von neuen Arbeitsplätzen zwingend notwendig und insgesamt besser und vernünftiger wäre! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich glaube aber, daß wir in gemeinsamer Diskussion auch diesen Unternehmer von der Richtigkeit dieser Maßnahme überzeugen können.

Ich darf Herrn Abgeordneten Dolinschek beruhigen und ihm versichern: Der vorliegende natio­nale Beschäftigungsplan hat sehr viele gute Ansätze, und die allgemeine Konjunkturlage wird das Ihre dazu beitragen, daß die veranschlagte Zahl von 100 000 neuen Arbeitsplätzen in den nächsten Jahren weit überschritten werden wird! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

20.51


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.51


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Mini­sterin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Kammerlander hat die triste Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt heute hier sehr deutlich und gut geschildert. Ich kann ihre Forde­rungen und ihre Analyse der Situation an und für sich nur unterstreichen.

Ich möchte mich deshalb heute der Bildungspolitik und den Aussagen zur Lehrlingsausbildung verstärkt zuwenden. Herr Kollege Feurstein hat heute gesagt: Endlich hat die Bildungspolitik den Stellenwert, den sie verdient, und er hat sich bei der Frau Unterrichtsministerin ausführlich dafür bedankt. – Er ist jetzt leider nicht da, aber ich würde, ehrlich gesagt, gerne konkret wissen, wofür er sich eigentlich bedankt hat.

Verbal haben wir in diesem Hause immer schon anerkannt, daß Bildungspolitik ein wesentliches Instrument ist, insbesondere dann, wenn es in weiterer Folge um Arbeitsmarktpolitik geht. Ich kann entsprechende Ansätze jedoch trotz Budgetsteigerungen leider nicht erkennen. Denn es ist klar, daß die Zuwächse im Budget nicht etwa eine Verbesserung der pädagogischen Bedingun­gen oder ein verbessertes Bildungsangebot mit sich bringen, sondern ausschließlich zur Finan­zierung der Biennalsprünge dienen. Das wurde bereits 1994 in einer Studie des IHS deutlich klargelegt, und leider bewegen wir uns bereits über die negativste aller Prognosen hinaus.

Durch die vergangenen Sparpakete wurden die pädagogischen Bedingungen verschlechtert und die Lehrangebote gekürzt. Frau Ministerin! Sie waren mit mir gemeinsam bei einer Diskussion in einer HTL, und ich finde es bedauerlich, wenn Schüler und Schülerinnen einer der größten HTL in Wien den EDV-Unterricht einmahnen, den man ihnen im Zuge des vergangenen Sparpaketes gestrichen hat.

Herr Kollege Blünegger! Ich gebe dir vollkommen recht: Es dauert in diesem Haus unwahr­scheinlich lange, wenn es um die Einrichtung von Unterausschüssen geht. Das haben wir be­reits erlebt, als es um das Schulzeitgesetz, nämlich um die neue Ferienregelung im Zusammen­hang mit den Energieferien, gegangen ist, und das haben wir natürlich auch in der Diskussion um das duale Ausbildungssystem erlebt. Insbesondere dauert es mit der Einsetzung von Unter­ausschüssen immer dann so lang, wenn Anträge der Opposition behandelt werden sollen, und dieses Mal liegt eine Vielzahl von liberalen Anträgen vor.

Herr Kollege Blünegger hat sich ebenfalls über die Nichteinsetzung des Unterausschusses be­schwert. Allerdings habe ich leider nicht viele freiheitliche Anträge mit konstruktiven Vorschlägen gesehen! (Abg. Böhacker: Na geh! Wir haben sehr wohl Anträge eingebracht!) Dann müßt ihr sie präzisieren. Wie viele liegen vor, was haben sie konkret zum Inhalt, worüber können wir hier diskutieren? (Zwischenruf des Abg. Böhacker.) Uns ist bekannt, daß die Freiheitlichen, wenn es um die duale Ausbildung geht, immer versuchen, in allen Lagern zu fischen. Dazu ist dieses Thema aber zu ernst und zu wichtig! Es bedarf konstruktiver Vorschläge, die dieser komplexen Materie auch wirklich gerecht werden. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Ing. Nußbaumer: Jawohl, Frau Oberlehrerin!)

Ich weiß schon, daß „Oberlehrerin“ in Ihren Reihen ein beliebter Begriff ist! Ich glaube aber, daß Ihnen das Nachholen einzelner Bildungseinheiten wirklich nicht schaden würde! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich komme jetzt auf das Lehrlingspaket und auch auf jene Punkte zu sprechen, die die Frau Ministerin heute in ihrem Bericht angesprochen hat. Ich meine, es handelt sich hiebei nicht um Reformansätze, sondern um kleine Korrekturversuche. Frau Ministerin! Wenn Sie heute gesagt haben, daß immerhin die Sozialversicherungsbeiträge für Lehrlinge gestrichen wurden, dann haben Sie vergessen anzufügen, daß gleichzeitig die Dienstgeberbeiträge bei den Angestellten erhöht wurden und arbeitskostenerhöhend wirken. Und wenn Sie heute voll Stolz anführen, daß es für das erste Lehrjahr einen Absetzbetrag von 20 000 S für jeden Unternehmer gibt, dann sage ich: Das ist eine andere Variante der Förderpolitik, die wir in der Vergangenheit hatten! 20 000 S Absetzbetrag pro Lehrling im ersten Lehrjahr wird eine kleine Kostenentlastung bewir­ken, aber sie wird Ihnen nicht den Lehrstellenboom, den Sie sich durch diese Maßnahme erhof­fen, bringen. Das haben wir bei Ihren anderen Förderaktionen bereits festgestellt: Mit 700 000 S für eine zusätzliche Lehrstelle wurde das Problem nur weiter in die Zukunft geschoben, aber nicht tatsächlich gelöst.

Wir wissen, wozu solche Förderaktionen geführt haben. Kollegin Kammerlander hat schon dargestellt, in welcher finanziellen Situation sich das Arbeitsmarktservice befindet, wie zwischen den einzelnen Ländern herumjongliert wird, daß Frauenprojekte zugunsten anderer arbeits­marktpolitischer Maßnahmen eingestellt werden mußten. Jetzt rauben Sie die Allgemeine Unfall­versicherungsanstalt aus, und Herr Bundeskanzler Klima droht mit einer Pauschalbestrafung in Form der Rückzahlung von 100 Millionen Schilling ins Budget von seiten der Allgemeinen Unfall­versicherungsanstalt, wenn die Lehrlingszahlen nicht erneut erreicht werden. – Ich meine, daß das wirklich nicht die geeignete Politik ist. Da kann ich keine Reformansätze erkennen!

Und noch etwas hat mich wirklich schockiert: Wir diskutieren hier über das duale Ausbildungs­system nur mehr unter dem Titel „Unterbringung junger Menschen“. Ich habe heute in der ge­samten Diskussion nicht ein einziges Mal die Forderung nach mehr Qualität in der Ausbildung in diesem Bereich gehört. Ich bin mir sicher, daß uns das noch auf den Kopf fallen wird! Denn Sie wissen genausogut wie ich, daß die größte Anzahl der Arbeitslosen jene jungen Menschen bilden, die mit einem Lehrabschluß auf dem Arbeitsmarkt dennoch keinen Platz finden. (Präsi­dent Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Es wurde heute die Vorlehre angesprochen. – Ich habe mich von dieser Stelle aus immer dazu bekannt, daß ich bereit bin, einer Grundlehre zuzustimmen. Ich bin aber strikt dagegen, wenn diese Vorlehre ein in sich abgeschlossenes Ausbildungssystem wird, mit welchem sozusagen qualifizierte Helfer und Helferinnen ausgebildet werden. Ich bin für die Möglichkeit von Zwi­schenabschlüssen, ich bin aber gegen ein Aussortieren von jungen Menschen, von denen man, wenn sie 15 Jahre alt sind, meint, sie wären für eine weitere Ausbildung nicht geeignet, von 15jährigen mit all ihren pubertären Problemen und vielleicht voll von Schulfrust! Wir müssen diese jungen Menschen integrieren, und wir können ihnen nach zwei Jahren einen Ausstieg ermöglichen. Wenn aber spezielle Lehrpläne konzipiert werden, nach denen junge Menschen in eigenen Schulklassen zusammengefaßt werden, dann sehe ich wenig Chancen für die Schaf­fung von echter Durchlässigkeit. Das haben sich junge Menschen, die während der Pubertät und wegen Schulfrust kurzfristig Probleme haben, langfristig nicht verdient! (Beifall beim Libera­len Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu den Berufsbildern muß ich auch noch etwas sagen: Das Beispiel „Systemgastronom“ wurde heute schon angesprochen. – Ich glaube, in diesem Zusammenhang kann man nicht wirklich von einer dualen Ausbildung beziehungsweise von einer echten Berufsausbildung sprechen. Ich habe wirklich Sorge, Herr Kollege Feurstein – ich glaube, Sie haben dieses Beispiel gebracht –, daß sich niemand um die Abgänger dieser Lehre reißen wird. Diese Lehrlinge der System­gastronomie werden eher billige Hilfsarbeitskräfte werden, die die jetzt dort Beschäftigten ver­drängen werden, weil ... (Abg. Dr. Feurstein: Sie haben keine Ahnung! Kommen Sie einmal nach Bludenz und schauen Sie sich das an!) Sagen Sie das nicht! Ich habe mir die System­gastronomie an der Landesberufsschule für Gastgewerbe in Absam schon angesehen. Ich weiß wahrscheinlich über die Inhalte mehr als Sie, Herr Kollege Feurstein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Im Zusammenhang mit den Übergangslehrgängen für geeignete Lehrlinge, die, wie Sie gesagt haben, momentan keine Lehrstelle finden und jetzt im Wifi, im BFI und, wenn möglich, in Betrie­ben oder, falls keine Stelle in Betrieben gefunden wird, an HTL oder in den Praxisräumen ver­schiedener Schulen ihre Praxis ausüben können, habe ich eine Frage: Wie wollen Sie die 2 000 S Taschengeld, die diese Lehrlinge bekommen, gegenüber HandelsschülerInnen und gegenüber Fachschülern und Fachschülerinnen rechtfertigen, die ebenso eine schulische Aus­bildung und eine Berufsausbildung absolvieren?

Noch eines: Welche Lehrpläne wird es dort geben? Welche Ausbildungsinhalte wird es geben? Wer werden die Lehrpersonen sein, die an den WIFIs und BFIs unterrichten? – Ich weiß, daß dort auch Berufsschullehrer und Berufsschullehrerinnen unterrichten, aber ich glaube nicht, daß jeder Erwachsenenbildner/jede Erwachsenenbildnerin in der Lage ist, ohne pädagogische Aus­bildung und ohne methodisch-didaktische Ausbildung die schwierige Aufgabe, junge Menschen auszubilden, ohne weiteres zu erfüllen. Wäre das so, dann müßte ich mich tatsächlich fragen, wozu wir noch berufspädagogische Akademien haben. Dann ist eine solche Ausbildung für unsere jungen Menschen anscheinend nicht notwendig.

Herr Kollege Maderthaner! Wenn wir keine Lehrstellen für diese geeigneten jungen Menschen finden, dann müssen wir eben Bedingungen schaffen, daß die Wirtschaft – wie in der Vergan­genheit – bereit ist, solche Lehrstellen anzubieten. Ich kann es fast schon nicht mehr hören, wie gut unser Ausbildungssystem funktioniert. – Es ist vom Grundkonzept her ein ausgezeichnetes System, nur: Es funktioniert nicht mehr.

Herr Kollege Maderthaner! Es war ja die Wirtschaftskammer, die eindeutige Forderungen für eine Reform auf den Tisch gelegt hat. Ich frage Sie noch einmal: Sind Sie denn zufrieden mit den Änderungen im Berufsausbildungsgesetz? Sind Sie denn zufrieden mit den Änderungen im Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz? – Ich frage diejenigen, die in der Tourismuswirtschaft arbeiten: Sind Sie denn zufrieden, daß Lehrlinge nicht einmal in der Sommerzeit bis 11 Uhr nachts beschäftigt sein dürfen? Sind Sie damit zufrieden? – Anscheinend schon; jedenfalls haben Sie diesbezügliche Anträge der Liberalen abgelehnt.

Der zweite Grund, den die Wirtschaftskammer angeführt hat – ich glaube, es war der zweitwich­tigste –, ist eine echte Kostensenkung. Diese erreichen wir nicht durch einen einmaligen Absetz­betrag von 20 000 S im ersten Lehrjahr, wofür wir überdies die von den Arbeitgebern finanzierte Allgemeine Unfallversicherungsanstalt ausräumen müssen. Hierfür brauchen wir – ich sage es zum wiederholten Male von dieser Stelle aus – eine lohn- und sozialrechtliche Entkoppelung von schulischer und betrieblicher Ausbildungszeit. Das führt zu einer echten Kostenentlastung, und – weil ich hier die Ausbildungsqualität heute schon angesprochen habe – das bietet uns die not­wendige Flexibilität, um den schulischen Anteil ausweiten zu können und neue Inhalte in den Bereichen Kommunikation, EDV und Fremdsprachen aufnehmen zu können.

Wenn wir es ernst meinen, daß wir die jungen Menschen im Rahmen einer dualen Ausbildung auf den Arbeitsmarkt von morgen vorbereiten wollen, dann werden wir auch neue Ausbildungs­inhalte brauchen, die die notwendige Mobilität auf dem Arbeitsmarkt sicherstellen. Das geht nicht in acht Wochen, dessen bin ich mir bewußt. Daher brauchen wir hierfür eine Ausweitung der Berufsschulzeit. Das darf aber nicht zu Lasten der Lehrbetriebe und nicht auf deren Kosten gehen.

Diese Flexibilisierung bietet uns einen weiteren Vorteil. Wir könnten den schulischen Anteil innerhalb verschiedener Ausbildungsmodelle soweit ausdehnen, daß darin – bei entsprechender Verlängerung der Lehrzeit – eine Berufsreifeprüfung integriert wäre. Wir könnten damit also höhere Bildungsziele anstreben. Dann würde die Wirtschaft nicht mehr beklagen müssen – das ist auch einer der wesentlichen Gründe für die Einstellung im Ausbildungsbereich –, daß sie zu­wenig qualifizierte Bewerber und Bewerberinnen findet. Bei den Chancen, welche die duale Aus­bildung derzeit bietet, werden so gut wie alle leistungsfähigen jungen Menschen ins schulische Ausbildungssystem abgleiten.

Herr Kollege Feurstein! Für die Qualität eines Ausbildungssystems reicht es nicht aus – auch das sage ich hier zum wiederholten Male –, daß Auszeichnungen vergeben und Berufsolympia­den gewonnen werden. Ich denke, wir müssen darauf achten, wie hoch die Ausbildungsqualität insgesamt ist. Wenn wir zu diesem Zweck die Arbeitsmarktdaten ansehen, sehen wir, daß diese leider sehr bedauerlich sind. Wenn wir die Qualität nicht verbessern, wenn wir nicht Ausbil­dung und Bildung im allgemeinen in den Vordergrund stellen, sondern nur mehr eine Unterbrin­gung um Milliarden Schillinge, dann werden wir die arbeitslosen jungen Menschen der Zukunft produzieren. Wenn Sie das verhindern wollen, sage ich Ihnen: Es ist jetzt schon fünf Minu­ten nach zwölf! (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.04


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. Freiwil­lige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

21.05


Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Frauen Bun­desministerinnen! Meine Damen und Herren! Es fügt sich sehr gut, daß ich nach Frau Abgeord­neter Schaffenrath das Rednerpult sozusagen erklimmen konnte. Denn ich kann Ihnen eines sagen, Frau Kollegin – und das wissen Sie auch –: Wir sind, was die duale Berufsausbildung be­trifft, in vielen Bereichen sehr weitgehend einer Meinung. Wir haben nur verschiedene Ansatz­punkte.

Ich kann Sie gleich zu Beginn beruhigen: Wir sind mit dem, was vereinbart wurde, noch lange nicht zufrieden. Aber Sie müssen auch wissen, daß die Dinge in der Politik einige Zeit dauern. Sie sind noch nicht so lange wie ich in der Politik, aber es beruhigt mich ebenso­wenig wie Sie, daß manches immer noch länger dauert. (Abg. Schaffenrath: Und die jungen Leute schon gar nicht!) Man muß jedoch die guten Ansätze sehen und erkennen, daß der richtige Weg gegangen wird.

Ich möchte auch darauf zurückkommen, daß Sie von den vielen Anträgen der Liberalen gespro­chen haben. Sehr verehrte Frau Kollegin Schaffenrath! All Ihre Anträge könnte man mit einem Satz, in einem Antrag zusammenfassen. Es hängt nicht von der Vielzahl ab, sondern vom Inhalt, und da geht es sehr wohl auch anders! (Beifall bei der ÖVP.) Jedenfalls werden wir am 3. Juni darüber diskutieren. (Abg. Schaffenrath: Freut mich!) In einem Punkt kann ich Sie beruhigen: Bereits bei Einbringung dieser Anträge im Dezember hatten wir zum Einstieg eine lange Dis­kussion, und wir werden am 3. Juni weiterdiskutieren.

Ich möchte Sie darauf hinweisen – sehen Sie sich das an! –, was im Nationalen Beschäftigungs­plan enthalten ist: Darin wird genau ausgeführt, daß die Vorlehre für Jugendliche mit persönli­chen Vermittlungshindernissen gedacht ist. Für sie soll eine Alternative geschaffen werden, da­bei soll es sehr wohl die Möglichkeit zu einem Abschluß nach zwei Jahren geben, aber auch die Anrechnung dieser Zeit auf weitere Ausbildungsschritte. Es geht dabei nicht nur um Jugend­liche, die pubertäre Schwierigkeiten haben, sondern es gibt auch Eltern von behinderten Kin­dern, die es gerne hätten, daß diese Kinder nicht nur in geschützten Werkstätten arbeiten können, sondern auch die Möglichkeit bekommen, eine Art Lehre zu machen, sodaß sie im nor­malen Arbeitsleben ihren Mann oder ihre Frau stellen können. Es ist ein weites Feld, das wir mit der Vorlehre beschreiten wollen, ein Feld, das für weitere Ausbildungsmaßnahmen durchgängig sein soll. Das wird mit der Vorlehre beabsichtigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß es auch in der Schweiz ein Lehrlingsproblem gibt. Dort besteht zum Beispiel insoweit ein Ausbildungsproblem, als derzeit 7 000 junge Men­schen keinen Ausbildungsplatz haben. Auf jeden Lehrbetrieb in der Schweiz entfallen durch­schnittlich 7,8 Bewerbungen. Die Wirtschaft steuert dort umgerechnet zirka 13,6 Milliarden Schil­ling zur Lehrlingsausbildung bei. Kritisiert wird vor allem der Mangel an qualifizierten Lehrstellen­bewerbern. In dieser Hinsicht verhält es sich dort also gleich wie in Österreich.

Dazu kann ich Ihnen folgendes sagen, Frau Kollegin Schaffenrath: Sie wissen selbst, daß wir versucht haben, allen Jugendlichen, die vielleicht noch vor zehn Jahren einen Hilfsarbeiterjob angenommen hätten, die Möglichkeit einer Ausbildung im Lehrlingsbereich zu verschaffen. Da­durch gibt es qualitative Unterschiede und Qualifikationsunterschiede. Teilweise ist da oder dort auch nicht der Wille vorhanden, eine Lehrstelle oder einen Lehrberuf anzutreten. Wir versuchen jetzt, dem gegenzusteuern, und wir werden ja sehen, was wir in dieser Richtung noch erreichen können. Es ist dies aber sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich darauf, zu dem Ziel zu kommen, das Herr Abgeord­neter Nürnberger genannt hat, als er sagte, daß wir die Weiterentwicklung des Unternehmer­geistes vorantreiben sollen. Es wird uns sehr freuen, wenn dies Platz greift, denn es ist keines­wegs einfach, Unternehmer zu sein. Wenn sich die Sozialdemokraten jetzt verstärkt dieses Themas annehmen, werde ich mich besonders darüber freuen, daß sich dann vielleicht mehr Menschen selbständig machen. Denn das ist auch die Chance für die Zukunft.

Ich möchte Ihnen kurz einen Artikel aus dem „Wall Street Journal“ vom 19. März 1998 wieder­geben. In der Überschrift heißt es: „European entrepreneurs flex their muscles“. Darin ist das sehr interessante Faktum nachzulesen, daß es eine neue Gruppe von aufs schnellste wachsen­den Unternehmen gibt, die in Europa auf sich aufmerksam machen. Die US-Amerikaner weisen uns darauf hin, daß die Politiker sich diese Unternehmen ansehen sollten, um zu erkennen, worin der Grund dafür liegt, daß zum Beispiel die 2 000 in den neunziger Jahren am schnellsten wachsenden Unternehmen 600 000 neue Arbeitsplätze geschaffen haben. Von ihnen könnte man lernen, wie es möglich ist, Beschäftigungspolitik zu unterstützen.

In diesem Artikel heißt es unter anderem, daß nach verschiedenen Kriterien eine Rangliste der am schnellsten wachsenden Unternehmen in Europa angefertigt wurde. Das am schnellsten ge­wachsene ist ein spanisches Unternehmen, das Pizzas zustellt. Dieses Unternehmen hatte 1991 – für unsere Begriffe ist es damit schon ein Großbetrieb – 960 Mitarbeiter; 1996 aber waren es bereits fast 7 000. Dem entspricht exakt die Ausbildung zum Gastronomiefachmann. Es zeigt sich auf diese Weise, daß es Bereiche gibt, die man noch nicht hinreichend kennt und in denen es durchaus Chancen gibt.

Dieses spanische Unternehmen ist praktisch nur auf dem heimischen Markt tätig. Aber in der Rangliste folgen Softwareunternehmen, Elektronikproduzenten, Handelsunternehmen und so weiter – es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten –, die nicht nur auf dem Heimmarkt, sondern auch auf internationalen Märkten tätig sind. Es stellt sich heraus, was für kleine Unternehmen sehr wichtig ist: Sie sind der heimischen Steuergesetzgebung ausgeliefert. Sie können nicht die gleichen steuerlichen Vorteile wie multinational tätige Unternehmen in Anspruch nehmen und sind trotzdem erfolgreich. Ich denke, wir können davon lernen.

Es freut mich, daß dementsprechend der Nationale Beschäftigungsplan in die richtige, der Zu­kunft zugewandte Richtung weist. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.)

21.11


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Frau Abge­ordnete, wann immer Sie es pro futuro wollen: Sie wissen, daß Sie von Ihrem Platz aus spre­chen können. (Abg. Haidlmayr fährt zum Rednerpult.)

21.12


Abgeordnete Theresia Haidlmayr¦ (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin Gehrer! Frau Mini­sterin Hostasch! Der nationale Beschäftigungsplan geht an dem Wunsch und an dem Ziel, Be­hindertenarbeitsplätze zu schaffen, völlig vorbei. Sie haben anscheinend vergessen, daß die Situation derzeit so ist, daß – mit Stand vom 31. März 1998 – 241 000 Menschen arbeitslos waren, davon 42 000 begünstigte behinderte Menschen. Die Zahl von 42 000 behinderten Men­schen, die ohne Arbeit sind, ist weiterhin steigend, und zwar deshalb, weil Sie bis heute nicht einsehen wollen, daß Sie in der Politik speziell im Hinblick darauf, wie Behindertenarbeitsplätze geschaffen werden müßten, völlig versagt haben.

Aber das vollziehen Sie auch weiterhin. Die im NAP geplanten Maßnahmen zur Eingliederung behinderter Menschen schaffen nur die Grundlage zur Verhinderung von Arbeitsplätzen für be­einträchtigte Personen auf dem „ersten“ Arbeitsmarkt. Damit werden behinderte Menschen end­gültig und für immer aus dem „ersten“ Arbeitsmarkt verdrängt und in Sondereinrichtungen wie Beschäftigungseinrichtungen und geschützte Werkstätten geschickt. Damit nicht schon auf den ersten Blick auffällt, wohin in bezug auf behinderte Menschen die Reise geht, machen Sie es sich einfach und versuchen, Beschäftigungseinrichtungen und geschützte Werkstätten in „inno­vative Betriebe“ umzubenennen, und zwar zu dem Zweck, zusätzliche Mittel aus dem Euro­päischen Sozialfonds zu lukrieren, die Sie sonst nicht bekämen. Denn diese Mittel sind aus­schließlich für integrative Maßnahmen zugunsten behinderter Menschen zweckgebunden, nicht aber für aussondernde Maßnahmen.

Frau Ministerin! Alle im NAP angeführten Maßnahmen, die jetzt geplant sind, sind nicht nur un­glaubwürdig, sondern wirklich ein Hohn für behinderte Menschen. Denn Sie wissen selbst viel besser als ich, daß Sie die finanziellen Mittel, die Sie dafür bräuchten, nie und nimmer haben. Die Maßnahmen, die Sie jetzt wieder festschreiben, sind jene, die Sie aufgrund der letzten zwei Sparpakete mit der Begründung gestrichen haben, man bräuchte dieses Geld für Maßnahmen zugunsten von Behindertenarbeitsplätzen nicht mehr, man würde ohne diese Mittel auskommen. Diese Maßnahmen stehen jetzt in Ihrem NAP wieder drinnen.

Der NAP zeigt das Bemühen des Verfassers, eine möglichst große Anzahl von angeblichen Akti­vitäten – auch wenn sie aussondernd sind – aufzulisten, unabhängig davon, ob sie überhaupt finanzierbar sind. Frau Ministerin! Wenn ich mir die einzelnen Maßnahmen ansehe, dann fällt mir sofort auf, daß zum Beispiel im Bereich Bildung – dies sollte gerade auch für behinderte Menschen ein wesentlicher Schwerpunkt sein – so gut wie überhaupt nichts mehr vorkommt. Frau Ministerin Gehrer hat es geschafft, jede Bildungsmaßnahme für behinderte Menschen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt völlig zu kippen.

Frau Ministerin Gehrer! Sie wissen – wir haben schön öfter darüber gesprochen –, Sie lassen nicht einmal zu, daß behinderte Menschen, die in integrative Schulen gehen, mehr als neun Schuljahre an Ausbildung erhalten dürfen. Sie lassen es jetzt auch weiterhin nicht zu, daß es Maßnahmen zur Ausbildung von behinderten Menschen geben soll. Es steht lediglich darin, daß Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen gesetzt werden sollen. Jedoch braucht man ohne ordentliche Grundausbildung kaum eine Qualifizierungs- oder Umschulungsmaßnahme, denn dann komme ich als behinderter Mensch ohnehin nie in den Arbeitsmarkt hinein. Wenn ich nicht in den „ersten“ Arbeitsmarkt hineinkomme, dann wird niemals festgestellt, ob jemand heute begünstigter Behinderter ist, und wenn jemand nicht begünstigter Behinderter ist, dann greifen jene Maßnahmen, die Sie geplant haben, sowieso nicht.

Sie haben es sich besonders einfach gemacht: Sie wollen die Arbeitslosensituation behinderter Menschen ganz einfach aufs Abstellgleis schieben und behinderte Menschen in geschützte Ein­richtungen stecken, obwohl Sie wissen, daß für Tätigkeiten in diesen Einrichtungen ein Einkom­men von 250 S bis maximal 4000 S monatlich lukriert wird. Wenn man heute weiß, daß man für 250 S bis 4000 S 160 Stunden arbeiten soll, dann wissen Sie auch, daß man sich mit diesem Betrag niemals eine Existenz sichern, geschweige denn eine sozialversicherungs- oder pensionsver­sicherungsrechtliche Absicherung damit schaffen kann.

Werte Frauen Ministerinnen! Wäre es Ihnen wirklich ernst gewesen, mit Hilfe des Maßnahmenpaketes im NAP Arbeitsplätze für behinderte Menschen zu schaffen, dann müßte dieses Maßnahmenpaket völlig anders aussehen und völlig andere Inhalte haben. Frau Ministerin! Vielleicht können Sie sich vormerken, daß Inhalte insbesondere dahin gehend notwendig sind, daß Bund, Länder und Gemeinden sich nicht mehr von ihrer Einstellungspflicht freikaufen dürfen. – Geehrte Frauen Ministerinnen! Es wäre mir angenehm, wenn Sie mir zuhören würden.

Auch das Behinderteneinstellungsgesetz steht schon seit langer Zeit zur Novellierung an. Diese Maßnahmen, die für behinderte Menschen wichtig sind, müßten zumindest im Behindertenein­stellungsgesetz verankert und dann auch im NAP entsprechend abgesichert werden.

Forderung Nummer 1: Erfüllung der Einstellungspflicht für Bund, Länder und Gemeinden sowie Absage an die Freikaufsmöglichkeit! Sie wissen ganz genau, daß öffentliche Einrichtungen wie Bund, Länder, Gemeinden, Pensionsversicherungsanstalten, Krankenkassen, Kirchen, Kam­mern sowie staatsnahe Banken und Betriebe ihre Einstellungspflicht bei weitem nicht erfüllen. Ich möchte Ihnen das mit einer Statistik untermauern, die ich aufgrund meiner Anfragebeantwor­tung ausgearbeitet habe, und Ihnen nur ein paar Daten sagen.

Frau Ministerin Gehrer! Das geht jetzt vor allem an Ihre Adresse: Sie übersehen anscheinend noch immer – oder haben es bereits als gegeben hingenommen –, daß Sie in Ihrem Ressort, im Unterrichtsministerium, 1995 1 200, 1996 1 161 und 1997 1 165 Behinderteneinstellungspflich­ten nicht erfüllt haben. Sie haben es sich leichtgemacht, Frau Ministerin, und haben für diesen Zeitraum lieber 83 Millionen Schilling an den Ausgleichstaxfonds überwiesen, anstatt auch nur eine einzige behinderte Person einzustellen. Das Unterrichtsministerium ist im Bereich der Mini­sterien führend in der Nichteinstellung behinderter Menschen.

Aber nicht nur das Unterrichtsministerium erfüllt bei weitem nicht seine Einstellungspflicht: Im Innenministerium, im Verteidigungsministerium und im Wirtschaftsministerium ist es genauso. Wenn die einzelnen Ministerien ihre Einstellungspflicht erfüllen würden, dann wären auf einen Schlag 5 000 behinderte Menschen, die jetzt ohne Beschäftigung sind, in einem arbeitsrecht­lichen Dienstverhältnis. Diese Maßnahme könnten Sie sofort setzen, und dies müßte auch im NAP vorkommen. Aber das ist anscheinend nicht Ihr Ziel, sondern Sie schreiben lieber vieles hinein, obwohl Sicherheit darüber besteht, daß es unfinanzierbar ist und daß sich nichts ändern wird. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Der erste Punkt im Maßnahmenpaket des NAP muß die Erfüllung der Behinder­teneinstel­lungspflicht sein. Keine Freikaufsmöglichkeit für Bund, Länder und Gemeinden!

Punkt zwei – auch das darf im Maßnahmenkatalog nicht fehlen –: Vereinheitlichung der Schlüs­selzahl für öffentliche und private Dienstgeber! Bund, Länder und Gemeinden haben noch im­mer das Privileg, daß sie nicht pro 25 Dienstnehmer eine behinderte Person einstellen müssen: Sie haben statt dessen den Sonderstatus, dies erst bei 40 Dienstnehmern tun zu müssen. Das ist eine Ungleichstellung, das muß geändert werden. Die Schlüsselzahl muß vereinheitlicht und auf 5 Prozent gesenkt werden. Wenn Sie dies festschreiben, dann bedeutet dies noch einmal 2 000 Behinderteneinstel­lungsplätze, die jetzt nicht besetzt sind, die aber sofort besetzt werden könnten.

Dritte Forderung: Erhöhung der Ausgleichstaxzahlungen auf das betriebliche Durchschnittsein­kommen! Meine Frauen Ministerinnen! Solange es möglich ist, sich mit 2 010 S monatlich von einer Be­hinderteneinstellung freizukaufen, solange wird niemand auch nur im geringsten daran denken, behinderte Menschen einzustellen. Wenn es Ihnen ernst ist, die Behindertenarbeits­lo­sigkeit zu reduzieren, dann muß man im NAP als dritte wichtige Maßnahme die Erhöhung der Aus­gleichstax­zahlung auf ein Durchschnitts-Bruttoeinkommen – inklusive Lohnnebenkosten – des jeweiligen Betriebes festschreiben. Denn dann hätte der Unternehmer die Möglichkeit, zu wäh­len, ob er ent­weder eine behinderte Person anstellt – oder ob er, wenn er das nicht tut, einen Betrag in der Höhe der Kosten einer Einstellung an den Ausgleichstaxfonds bezahlt. Erst dann, wenn eine solche Gleichstellung garantiert ist, werden sich sehr viele Unternehmen fin­den, die behinderte Menschen einstellen. Das wären hochgerechnet wiederum zirka 7 000 Be­hin­derten­arbeitsplätze, die sofort zu besetzen wären.

Punkt vier: die Prämien für Aufträge an Behindertenwerkstätten. Darüber können wir reden – und ebenso darüber, ob man die Prämien von derzeit 15 auf 20 Prozent an­heben kann –, aber nur unter der Voraussetzung, daß der jeweilige Betrieb seine Einstellungs­pflicht erfüllt hat. Denn wie sieht heute die Praxis aus? – Ein Unternehmer bezahlt im Jahr zum Beispiel 100 000 S an Ausgleichstaxe und holt sich 200 000 S über die Prämien wieder aus den Aus­gleichstaxen zurück. Wenn das nicht lukrativ ist – was dann?! Auch das gehört schleunigst ein­gestellt und im NAP verankert.

Frau Ministerin! Ein weiterer Bereich betrifft die Arbeitsassistenz am Arbeitsplatz. Sie haben diese Maßnahme zwar hineingeschrieben, aber den Begriff für die völlig falsche Tätigkeit ver­wendet. Denn „Arbeitsassistenz“ heißt nicht, daß sich das Arbeitsamt seiner Auf­gabe, für behin­derte Menschen Arbeitsplätze zu suchen, entledigen kann, wie es jetzt der Fall ist, sondern „Arbeitsassistenz“ heißt ausschließlich: Bereitstellung von Assistenzkräften in der Arbeit, am Arbeitsplatz. Die Praxis ist jetzt so, daß Sie Arbeitsassistenten über den Europäi­schen Sozial­fonds finanzieren lassen, die nichts anderes zur Aufgabe haben, als die Arbeit des Arbeitsamtes zu übernehmen, nämlich für behinderte Menschen Jobs zu suchen. Assistenz am Arbeitsplatz gibt es praktisch nicht. – Wenn Sie da lachen, Frau Ministerin, zähle ich Ihnen sehr schnell 20 Institutionen auf, in denen die Arbeitsassistenzen nur Jobsucher sind und keine Be­gleit­maßnahmen am Arbeitsplatz anbieten können. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Jetzt zu Ihrem neuen Schlüsselwort „integrative Betriebe“. Frau Ministerin! Wenn Sie meinen, daß eine geschützte Werkstätte oder eine Beschäftigungstherapieform ein integrativer Betrieb ist, dann würde ich Ihnen beiden, geschätzte Ministerinnen, empfehlen, einmal einen Monat lang dort­hin zu gehen und in diesem Zeitraum für 250 S bis 4 000 S zu arbeiten. Dann diskutieren wir weiter! Sie wissen ganz genau, daß die geschützten Werkstätten mit Integration absolut nichts zu tun haben. Sie wissen ganz genau, daß die Studie von Blumberger konkret aussagt, daß die Durchlässigkeit von geschützten Werkstätten 4 Prozent beträgt. Das heißt, wer im Getto ist, bleibt dort, und die Durchlässigkeit im Hinblick darauf, daß jemand wieder auf den „ersten“ Arbeitsmarkt kommt, ist gleich null.

Wir können über integrative Betriebe reden, und wir sollten auch darüber reden. Aber unter inte­grativen Betrieben verstehe ich Betriebe, die über ihre Einstellungspflicht hinausgehend behin­derte Menschen beschäftigen, und zwar gleichmäßig auf alle Ebenen verteilt sowie mit einer Höchstzahl, die 25 Prozent nicht übersteigen darf.

Aber in geschützten Werkstätten ist es völlig umgekehrt. Da ist der Overheadbereich, der Ver­waltungsbereich, der gut entlohnt und mit Nichtbehinderten besetzt ist, und daneben arbeiten behinderte Menschen auf Taschengeldniveau. Das hat aber nichts mit integrativen Betrieben zu tun.

Herr Abgeordneter Guggenberger! Sie haben mir heute in einer Presseaussendung vorgewor­fen, ich hätte eine massive Abneigung gegen geschützte Werkstätten. (Abg. Mag. Guggen­berger: Ein gestörtes Verhältnis! Sie haben ein gestörtes Verhältnis zu geschützten Werk­stätten!) – Ich habe kein gestörtes Verhältnis, sondern ich habe – im Gegensatz zu Ihnen – ein realistisches Verhältnis zu diesen Einrichtungen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Guggenberger! Ihnen hat man wahrscheinlich noch nie das Angebot gemacht, Sie könnten um 250 S im Monat in einer geschützten Werkstätte Bleistifte im 25-Stück-Bündel abpacken. (Abg. Mag. Guggenberger: Das gibt es in einer geschützten Werkstätte ja nicht!) Das wird in geschützten Werkstätten gemacht. (Abg. Mag. Guggenberger: Nein! Das stimmt überhaupt nicht! Da gibt es einen Kollektivvertrag und entsprechende Entlohnung!) Sie könnten auch – da es dort verschiedene Tätigkeiten gibt – Firmenzeichen von Versicherungen auf Reisetaschen kleben. Auch das wird in geschützten Werkstätten gemacht. Oder Sie könnten, wenn Sie möch­ten, Telephonkabel einsackeln und Kleiderbügel abschleifen. Das alles sind Tätigkeiten, die in geschützten Werkstätten konkret ausgeübt werden.

Wenn Sie das nicht glauben, dann waren Sie noch nie dort. Mein „gestörtes Verhältnis“ zu geschützten Werkstätten resultiert nämlich daraus, daß ich zu hunderten Malen in diesen Ein­richtungen war und dort tagtäglich sehe, daß Leute mit 270 S im Monat heimgehen. (Abg. Mag. Guggenberger: In keiner geschützten Werkstätte gibt es das, Frau Kollegin! Dort wird zumindest ein Kollektivvertragslohn bezahlt!)

Herr Guggenberger! Sie verwechseln zwei Dinge fundamental, nämlich die geschützten Werk­stätten im traditionellen Sinn, wie wir sie in Österreich flächendeckend haben, mit ein paar GesmbH-Arbeitsplätzen. Das ist etwas völlig anderes. Geschützte Werkstätten sind Sonderan­stalten für behinderte Menschen, in denen die Menschen zum Nulltarif arbeiten müssen und keine sozialversicherungsrechtlichen Absicherungen haben. Und das gehört aufgelöst!

Frau Ministerin! Wenn Sie mit diesem Maßnahmenpaket wirklich ernsthaft beabsichtigen, ge­schützte Werkstätten weiterhin aufzubauen und behinderte Menschen dorthin auszulagern, dann machen Sie einen gewaltigen Rückschritt im Hinblick auf Integration! Aber das ist an­scheinend Ihr Ziel! – Wenn das jedoch nicht Ihr Ziel sein sollte, dann gebe ich Ihnen meinen Fünf-Punkte-Katalog. Und erst wenn Sie diesen Fünf-Punkte-Katalog in Ihr Maßnahmenpaket eingearbeitet haben, dann werden Sie wieder ein Stück Glaubwürdigkeit für behinderte Men­schen und arbeitslose behinderte Menschen zurückgewonnen haben! Wenn Sie diese Punkte nicht einarbeiten, dann werden Sie die behinderten Menschen aus dem Arbeitsprozeß hinaus­schmeißen und diese werden auf dem „ersten“ Arbeitsmarkt kaum mehr eine Chance haben! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.32


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Krammer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.32


Abgeordnete Dr. Christa Krammer¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Frauen Mini­sterinnen! Frau Kollegin Haidlmayr! Ich wollte das ursprünglich nicht sagen, aber es drängt mich hie und da schon ein bißchen, Ihnen zu antworten, besonders im Hinblick auf die Tatsache, daß ich sieben Jahre lang als Mitglied der Burgenländischen Landesregierung für das Sozialwesen und damit auch für das Behindertenwesen verantwortlich war: Sie sind die erste behinderte Per­son, von der ich soeben erfahren habe, daß sie die geschützte Werkstatt ablehnt. Im Burgen­land kam irgendwann einmal die Frage aufs Tapet, daß man die geschützte Werkstätte Schlaining schließen könnte. – Da gab es einen Aufstand, alle Betroffenen sind zu mir ge­kommen und haben sich aus tiefstem Herzen und wirklich sehr, sehr massiv darüber be­schwert. Das Land Burgenland hat selbstverständlich alles unternommen, um diese ge­schützte ... (Abg. Haidlmayr: Das stimmt ganz einfach nicht!) Ich bitte Sie! Ich habe das selbst erlebt, ich erzähle es nicht vom Hörensagen! Man hat mich dringend gebeten, alles zu unter­nehmen, damit diese geschützte Werkstätte bestehen bleibt, und es gibt sie natürlich noch.

Die Wirtschaft war nicht sehr glücklich mit dieser geschützten Werkstätte, weil dort Keramik her­gestellt wurde. Seitens der Wirtschaft kam immer wieder das Argument, daß diese Werkstätte eine zu große Konkurrenz sei, aber die Behinderten selbst ... (Abg. Haidlmayr: Frau Abgeord­nete! Nennen Sie mir einen Behinderten, der glücklich darüber ist, daß er für 270 S im Monat arbeiten darf!) Frau Kollegin! Lassen Sie mich bitte ausreden! Ich berichte Ihnen aus meinem Erfahrungsschatz: Die Behinderten, die in der geschützten Werkstätte des Burgenlandes gear­beitet haben, haben sich vehement dagegen ausgesprochen, als nur in Ansätzen ruchbar wurde, daß diese geschützte Werkstätte geschlossen werden soll. – Soviel dazu, mehr kann ich dazu nicht sagen. Es hat keinen Sinn, wenn wir beide jetzt streiten.

Mein Anliegen in dieser Rede ist es eigentlich, die Verbesserung der Jobchancen für die Ju­gendlichen im Aktionsplan hervorzuheben. Sie sollen bessere Qualifikationen erhalten und da­durch einen besseren Start im Berufsleben haben. Denn die Verbesserung der Qualifikation ist, wie wir alle wissen, auch eine sehr wichtige strategische Maßnahme, wenn es darum geht, die Qualität des Wirtschaftsstandortes Österreich in den Vordergrund zu rücken. Neue Technolo­gien und der stärkere Konkurrenzdruck erfordern bestens ausgebildete Mitarbeiter. Daher ist es eine wichtige Voraussetzung, daß die Mitarbeiter ein ausbildungsmäßig solides Fundament haben, und dieses Fundament muß man den jungen Menschen in Form einer guten Grundaus­bildung geben. Erst aufbauend auf einer guten Grundausbildung und einem soliden Fundament kann man von Fortbildung, von Weiterbildung und von lebenslangem Lernen reden, das Abge­ordneter Peter in seiner Rede mehrmals angesprochen hat. Dieses lebenslange Lernen ist not­wendig, aber dazu ist ein entsprechendes Fundament vonnöten. Man muß auf einem Grundge­rüst aufbauen können. Sonst bin ich, was das lebenslange Lernen betrifft, ganz Ihrer Meinung!

Es gibt aber viele junge Menschen, die zwar den Willen haben zu lernen, die aber nicht nur in eine Schule gehen, sondern eine Berufsausbildung haben wollen. Leider gibt es trotz vieler Bemühungen für viele oder für einige nicht beziehungsweise noch nicht die Möglichkeit dazu, weil Lehrstellen fehlen und die Kinder Ausbildungsstellen für das, was sie gerade gerne lernen würden und interessant fänden, in ihrem Umkreis nicht vorfinden. Und ich sehe wirklich keinen Fehler darin – ich habe es Abgeordnetem Öllinger ohnehin schon gesagt –, wenn man diese jüngeren Leute in die Schule schickt. Ich sage das im Auftrag der Lehrer an berufsbildenden Schulen, daß man zwar diese Überbrückungslehrgänge am WIFI und am BFI und bei „Jugend am Werk“ abhält, diese Kinder aber an die berufsbildenden Schulen offensichtlich nicht heran­lassen will.

Frau Minister! Ich meine, daß es sinnvoll wäre, einen Vorbereitungslehrgang auch an einer be­rufsbildenden Schule zuzulassen, um den Kindern, die keine Lehrstelle finden, ein Jahr lang ein gewisses Grundwissen zu vermitteln, etwa die Fremdsprache Englisch in Grundzügen oder die Grundbegriffe der Buchhaltung. Das braucht heutzutage jeder, der ein Gewerbe ausübt. Die berufsbildenden Schulen würden sich nach dem Dafürhalten der Lehrer an diesen Schulen als Überbrückungsstelle ideal anbieten. Es gibt dort die entsprechende Ausstattung und Klassen, und es gibt entsprechend ausgebildete Lehrer. Man braucht heute in fast jedem Beruf ein be­stimmtes kaufmännisches Grundwissen. Dieses Grundgerüst könnte an den kaufmännischen Schulen ohne weiteres vermittelt werden, und wenn das Überbrückungsjahr um ist, dann hätten die Kinder natürlich die Möglichkeit, weiter in die Berufsschule zu gehen und eine Lehre anzu­treten. Dann sind sie auf alle Fälle besser ausgebildet, und ein Lehrherr wird einem derart aus­gebildeten Kind auf alle Fälle den Vorzug geben. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.) Machen Sie nicht alles mies! (Zwischenruf der Abg. Madl.) Machen Sie nicht alles nieder, was diese Regie­rung heute macht! Sie haben für heute genug Butter am Kopf, Sie haben heute einen ganzen Butterberg am Kopf, und der wird noch lange nicht schmelzen. Beherrschen Sie sich daher! Halten Sie sich zurück! Weil Ihr „Chef und Meister“ heute nicht da ist, dürfen Sie auch etwas sagen! Aber passen Sie auf, was Sie sagen, sonst sind Sie morgen vielleicht schon abgesetzt! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte die Frau Bundesministerin bitten, vielleicht ein bißchen nachzudenken, ob man nicht doch solche Schulversuche im berufsbildenden Schulwesen machen kann. Wenn nämlich auch diese Kinder eine Ausbildung erhalten, dann haben auch für sie Weiterbildung, Fortbildung und das lebenslange Lernen einen Sinn.

Frau Kollegin Schaffenrath! In einem Punkt bin ich Ihrer Meinung. Auch ich fürchte, daß, wenn die Kinder für dieses Überbrückungsjahr 2 000 S bekommen, viele nicht mehr bereit sein wer­den, die Handelsschule oder Fachlehrgänge der HTL zu besuchen, sondern sich sagen werden: Wenn ich 2 000 S bekomme, dann wähle ich lieber einen solchen Lehrgang. – Man muß wirklich in aller Offenheit diese Entwicklung abwarten. (Abg. Schaffenrath: Das ist nicht fair! Das ist nicht gerecht!) Ich vermute, daß die Entwicklung in die Richtung gehen wird, daß die Jugendli­chen eher dort hingehen werden, wo sie 2 000 S bekommen. Das muß man abwarten, man darf nicht gleich alles schwarz sehen, vielleicht ist das ohnehin der richtige Weg. Ich bitte Sie aber wirklich darum, in Erwägung zu ziehen, diese Ausbildungslehrgänge auch an berufsbildenden Schulen zu installieren. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ.)

21.40


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte. (Abg. Madl: Er schreit nicht so, aber er träumt genauso! – Abg. Dr. Trinkl – auf dem Weg zum Rednerpult –: Noch träumt er nicht!) Woher wollen Sie übrigens wissen, was er träumt, Frau Ab­geordnete? (Heiterkeit.)

21.40


Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl¦ (ÖVP): Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur Betriebe schaffen Arbeitsplätze, die Politik hat lediglich die Rahmbedingungen so zu setzen, daß die Betriebe animiert werden, zu investieren und damit Arbeit zu schaffen.

Die Ausgangssituation ist tatsächlich nicht so schlecht: Gemäß Prognosen der Wirtschafts­forscher ist mit einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent zu rechnen. Im Nationalen Aktions­plan ist man bestrebt, diese positive Tendenz zu nutzen und das Beschäftigungsniveau in Öster­reich weiter zu verbessern. (Abg. Madl: Seit wie vielen Jahren versprechen Sie das schon?) Ich kann das nicht versprechen! Das ist Sache der Wirtschaft! In der Wirtschaft muß man positiv denken, investieren und damit das Rad der Wirtschaft weiterdrehen! Seien wir froh, daß diese Haltung in der Wirtschaft vorhanden ist!

Unsere ganze Sorge widmen wir der Beschäftigung von Jugendlichen. Denn es ist sehr abträg­lich, wenn ein Jugendlicher, der die Schule beendet hat, quasi keine Perspektive vorfindet und das Gefühl haben muß, nicht gebraucht zu werden. Neben dem Umfeld einer funktionierenden Familie ist eine sinnvolle Tätigkeit wohl die existentielle Grundlage für junge Menschen.

Das Lehrlingspaket I war erfolgreich. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schaffenrath: Wieviel hat einer gekostet?) Frau Schaffenrath! Wir konnten erstmals den rückläufigen Trend bremsen.

Kollege Öllinger hat recht, wenn er sagt, daß das einiges gekostet hat. Das ist richtig! Es hat tat­sächlich einiges an Überzeugungskraft gekostet, die wir aufwenden mußten, denn die Opposi­tion hat alles nur schwarz gesehen. Und es hat auch einiges – das gebe ich gerne zu – an Geld gekostet. Aber es ist uns gelungen, Zeichen zu setzen, die den Betrieben signalisiert haben, daß wir sie brauchen und an ihren Leistungen als Ausbildungsbetriebe interessiert sind. Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen. Die duale Ausbildung ist für uns das Kernstück des öster­reichischen Ausbildungssystems. Immerhin haben 90 Prozent der Fachkräfte, 65 Prozent des gewerblich-industriellen Mittelbaus und 50 Prozent aller selbständigen Unternehmer eine duale Ausbildung absolviert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schulabgänger 1998/99 stellen uns tatsächlich vor große Herausforderungen. Wir müssen daher konkrete Maßnahmen setzen, um die Vorschläge des Nationalen Aktionsplans mit Leben zu erfüllen. Es muß uns gelingen, jene Betriebe zurück­zugewinnen, die sich von der Lehrlingsausbildung verabschiedet haben. Wir müssen tatsächlich die Frage stellen, warum sie sich verabschiedet haben. (Abg. Madl: Warum haben sie sich ver­abschiedet?) Es gibt gute Gründe dafür, das gebe ich gerne zu! (Abg. Madl: Erläutern Sie uns die Gründe!)

Daher ist es notwendig, daß wir die Vorlehre definieren, damit wir – wie meine Vorrednerin, Frau Kollegin Tichy-Schreder, ausgeführt hat – jenen Menschen, die sich schwerer tun, auch einen Abschluß ermöglichen. Wir müssen neue Berufsbilder – und in diesem Zusammenhang appel­liere ich an die einzelnen betroffenen Ministerien – schnell umsetzen. Wir müssen sie zügig zu­lassen. Wir müssen die Schiedsstelle, die wir im NAP vorgesehen haben, wirklich mit Leben erfüllen, denn das bietet eine Chance, daß die Sozialpartner in diesem Bereich wirklich partner­schaftlich zusammenwirken und in Verantwortung für die Jugend die entsprechenden Schritte setzen.

Ich möchte allerdings betonen: Wir vertreten die Meinung, daß man Lehrplätze auf Dauer nicht kaufen kann. Das möchte ich ganz klar feststellen. Der Weg der Volkspartei ist ein anderer. In diesem Zusammenhang möchte ich Herrn Kollegen Verzetnitsch sagen, daß das Fohndsdorfer Modell nicht unser Modell ist. Wenn für 40 Lehrlinge 26 Millionen Schilling aufgewendet und für 19 000 Lehrlinge in der Steiermark 30 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt werden müssen, dann kann das nicht unser Zukunftsmodell sein! Unser Weg ist ein anderer. Wir glauben, daß wir die duale Ausbildung stärken müssen. Wir glauben an die Leistungen unserer Ausbildungs­betriebe, und wir sind sicher, daß sich die Wirtschaft der Verantwortung bewußt ist – wenn man sie nur arbeiten läßt! Wir stehen zur dualen Ausbildung, weil sie der Jugend die meisten Chancen für die Zukunft bietet! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Madl.)

21.45


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.45


Abgeordnete Sophie Bauer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Bundesministerin­nen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute über den Aktionsplan für Be­schäftigung diskutieren, so kann ich aufgrund meiner tagtäglichen Arbeit im Betrieb nur dick unterstreichen, wie wichtig es ist, Prioritäten zu setzen, um die Zahl der Arbeitslosen zu reduzie­ren und vor allem für die Langzeitarbeitslosen einen Neustart zu ermöglichen. Denn wenn heute jemand mit über 40 plötzlich ohne Arbeit dasteht, sieht die Situation für ihn traurig aus. Vor allem jene, die eine geringere Qualifikation haben, haben auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Chance.

Durch die Entwicklung und Einrichtung gezielter Arbeitsförderungsprogramme wird es aber möglich sein, das angestrebte Ziel, neue Arbeitsplätze zu schaffen, zu erreichen. Die schon jetzt von Arbeitsplatzverlusten betroffenen Beschäftigten in der Textil-, Bekleidungs- und Lederver­arbeitungsbranche werden auch in nächster Zeit leider noch von Arbeitslosigkeit betroffen sein. Da ich aus dieser Branche komme, möchte ich betonen, wie wichtig es ist, den Betroffenen mit Arbeitsstiftungen und stiftungsähnlichen Angeboten helfen zu können.

Meine Damen und Herren! Ich möchte dies am Beispiel meines Betriebes erläutern. Aufgrund des Einbruchs im TBL-Bereich im letzten halben Jahr wurden 130 Mitarbeiter, worunter sich viele ungelernte Arbeitskräfte befanden, gekündigt. Die Möglichkeit, eine Arbeitsstiftung zu in­stallieren, war davon abhängig, ob wir die Finanzierung zustande bringen. Es mußte ein Betrag von 6,9 Millionen Schilling aufgebracht werden. Die im Betrieb verbliebenen Beschäftigten waren bereit, 1 Prozent ihres Bruttoverdienstes auf drei Jahre solidarisch für jene, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, einzuzahlen. Die Firmenleitung stellte 1,5 Millionen Schilling für drei Jahre zur Verfügung, 1,9 Millionen Schilling wurden vom sozialen Bereich des Landes und 1,9 Millionen Schilling vom wirtschaftlichen Bereich zur Verfügung gestellt. Somit waren die finanziellen Vor­aussetzungen gewährleistet.

Im März haben wir mit Berufsorientierungskursen begonnen, und bereits am kommenden Mon­tag, dem 18. Mai, wird es möglich sein, mit der Ausbildung zu beginnen. Das Ergebnis der Be­rufsorientierung ist, daß nun sechs Frauen in den Pflegeberufsbereich einsteigen, fünf Frauen den Weg in die Selbständigkeit gehen und sieben Frauen einen nicht traditionellen Beruf, wie zum Beispiel Malerin, Elektrikerin oder Tischlerin, um nur einige zu nennen, ausüben werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist wirklich eine Freude, wenn man miterleben kann, mit wieviel Engagement sich die Betroffenen auf eine neue berufliche Perspektive vorbe­reiten, weil sie erkennen, welche Chancen ihnen durch berufliche Besserqualifizierungen eröff­net werden. Dabei möchte ich erwähnen, daß es sich hiebei vorwiegend um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer handelt, die bis zu 20 Jahre am Fließband gestanden sind!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit diesem Nationalen Aktionsplan für Beschäfti­gung wird es uns gelingen, die notwendigen Anpassungen an die geänderten Produktionsstruk­turen und Marktverhältnisse erfolgreich zu bewältigen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.49


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Ridi Steibl. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.49


Abgeordnete Ridi Steibl¦ (ÖVP): Herr Präsident! Werte Frauen Ministerinnen! Werte Kollegen und Kolleginnen! Obwohl das Beschäftigungswachstum bei den Frauen in den letzten Jahren größer war als bei den Männern, blieb die durchschnittliche Arbeitslosenquote der Frauen im wesentlichen unverändert. Die Prozentsätze der Arbeitslosen weisen immer noch einen großen Unterschied zwischen Frauen und Männern auf. Die Arbeitslosigkeit bei Frauen ist nach wie vor höher als bei Männern. Zusätzlich ist vor allem bei den Frauen noch eine große Zahl versteckter Arbeitsloser dazuzurechnen.

Wir wissen, daß der nationale Beschäftigungsplan zwei ganz wichtige Säulen aufweist – sie wurden heute schon des öfteren angesprochen –, nämlich die Entwicklung des Unternehmer­geistes und die Ermöglichung der Chancengleichheit.

Zur Säule des UnternehmerInnengeistes: Ich denke, daß sowohl die neue Selbständigkeit, aber auch der Bereich der Gründer und Gründerinnen wichtig sind. Wenn man sieht, daß die selb­ständig Beschäftigten in der EU 15 Prozent ausmachen, in Österreich hingegen nur 10,4 Pro­zent, dann wird klar, daß wir auf diesem Gebiet noch einiges zu tun haben, wiewohl anzumerken ist, daß die Rate jener, die nach fünf Jahren mit ihrem Betrieb noch bestehen können, in Öster­reich weit höher ist.

Gerade Frauen haben es im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe immens schwierig, ein Kleinst­unternehmen weiterzuführen, wenn sie zum Beispiel in Karenz gehen müssen oder andere Betreuungspflichten haben. Daher ist es wichtig und, wie ich meine, lobenswert, daß für den Bereich der Unternehmensgründung jetzt vieles festgeschrieben wird und in der Folge umge­setzt werden muß.

Ich möchte ganz konkret noch einmal auf den Bereich der Jungunternehmerinnen eingehen, die speziell gefördert werden müssen. Wenn die Frage gestellt wird, warum Frauen eigentlich spe­ziell gefördert werden müssen, dann kann ich feststellen, daß die Frauenarbeitslosigkeit nach­weisbar nach wie vor im Steigen begriffen ist und daß Frauen einen anderen Zugang zu Kredi­ten und zum Unternehmertum insgesamt haben. Daher ist es notwendig, all jene Forderungen, die jetzt festgeschrieben sind, auch umzusetzen, um eine neue Schiene zur Arbeitsplatzsiche­rung zu legen.

Der Ausbau der Förderung von JungunternehmerInnen unter ganz spezieller Berücksichtigung frauenspezifischer Anforderungen ist notwendig. Ebenso müssen Betriebe verstärkt unterstützt werden, die Frauenförderung betreiben und Arbeitsplätze schaffen, wie wir das im Zusammen­hang mit dem Frauen-Volksbegehren bereits verankert haben. Neben der Unterstützung durch vorhandene Stellen wie ÖSP und Wirtschaftskammer, die exzellente Beratung anbieten, müssen auch EU-Projekte forciert werden, mit welchen sozusagen ein Dach über dem Kopf durch eine Art Gründerzentrum für Frauen errichtet werden kann.

Eine wichtige Rolle in bezug auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze spielt auch der Dienst­leistungssektor, denn der Dienstleistungssektor ist im Wachsen begriffen. Frau Ministerin! Ich weiß, daß Sie das nicht gerne hören, aber ich möchte Sie trotzdem an das Home-Service und an den Dienstleistungsscheck erinnern. Ich meine, daß die öffentliche Hand sehr wohl noch einen Schritt weitergehen und Leistungen übernehmen kann, die nicht über die Arbeitsämter vermittelt und vom Arbeitsmarktservice angeboten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Chancengleichheit: Schaffung von Chancengleichheit besteht nicht nur darin, daß Frauen­förderpläne festgeschrieben werden. Ich möchte auch an das Audit für familienfreundliche Ar­beitswelt erinnern, damit diese Maßnahmen auch in andere Bereiche einfließen. Ich denke, daß mit diesem nationalen Beschäftigungsplan ein ganz wichtiger Schritt auch im Bereich Frauen­förderung und Verbesserung von Frauenarbeitsplätzen gesetzt wird. Diesen Weg muß man in­tensivst weitergehen! (Beifall bei der ÖVP.)

21.54


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. Ich stelle eine Redezeit von 5 Minuten ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.54


Abgeordneter Franz Riepl¦ (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundes­minister! Viele Redner in dieser Debatte haben sich mit unseren Sorgen um die Ausbildung und Beschäftigung der Jugend auseinandergesetzt.

Ich glaube, man darf nicht vergessen, daß gerade durch eine gute Berufsausbildung die Grund­lage dafür geschaffen wird, daß man sich im weiteren auf dem Arbeitsmarkt leichter bewegen kann, von Arbeitslosigkeit weniger betroffen ist und auch weniger Hilfe braucht, um gegebenen­falls wieder ins Berufsleben einzusteigen. Frau Bundesminister Gehrer hat heute festgestellt, daß Ausbildung und Jugendbeschäftigung für sie, aber auch für die Bundesregierung insgesamt einen hohen Stellenwert haben. Sie hat auch dazugesagt, daß die Schaffung der besten Rah­menbedingungen nicht an der Frage des Geldes scheitern darf. – Das kann man nur unterstüt­zen! Ich meine, daß das wirklich ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung sein muß. Auch Frau Ministerin Hostasch hat das deutlich gemacht. Ich meine, daß das ein Anliegen von allen Fraktionen hier im Haus sein muß!

Sehr verehrte Damen und Herren! Derzeit besteht eine Diskrepanz zwischen der Zahl der Lehr­stellensuchenden und den gemeldeten offenen Stellen. Es gibt nach wie vor mehr Lehrstellen­suchende als gemeldete offene Stellen. Daher ist es wichtig, daß wir darüber nachdenken, wie man diesem Problem insbesondere im kommenden Herbst begegnen kann und welche Lösun­gen sich anbieten. Dazu kommt, daß rund 40 Prozent der Lehranfänger, die eine Lehre begon­nen und eine berufsbildende Schule besucht haben, nach einem Jahr wieder ausscheiden und die Drängerei auf dem Lehrstellenmarkt noch verschärfen.

Daher ist es notwendig, ein Netz zu schnüren, damit niemand übrigbleibt. An erster Stelle müssen – das wurde in dieser Debatte schon ausgesprochen – die gemeinsamen Bestrebungen stehen, daß im dualen System mehr Lehrstellen angeboten werden können. Ergänzend muß es meiner Meinung nach die in hoher Qualität vorhandenen selbständigen Ausbildungseinrichtun­gen und Lehrwerkstätten geben. Ein Vorredner, nämlich Herr Abgeordneter Trinkl, hat gemeint, daß beispielsweise diese Ausbildungseinrichtung in Fohnsdorf nicht vonnöten sei, aber das sehe ich anders: Ich glaube, gerade dieses Beispiel zeigt, wie wichtig diese Ausbildungsstätten sind und daß qualitativ hochwertige Lehrlingsausbildung in solchen Einrichtungen möglich ist. Daher sollten wir alles daransetzen, damit die Ausbildung auch dort weiterhin gesichert ist.

Die Berufslehrgänge beziehungsweise Berufsfachschulen – wie immer sie betitelt wurden – wer­den als regionale Ergänzung und als Übergangslösung sicherlich auch in Zukunft überall dort, wo in der dualen Ausbildung nicht genügend Lehrplätze angeboten werden können, notwendig sein und ein wichtiges Standbein bilden. Sehr verehrte Frau Bundesminister Gehrer! Die Voll­zeitschule – Kollege Verzetnitsch hat schon darauf hingewiesen – ist von uns Sozialdemokraten nie geplant gewesen. Ich weiß nicht, wer Ihnen ins linke oder rechte Ohr geflüstert hat, daß die „bösen“ Sozialdemokraten irgendeine Vollzeitschule einführen wollen. Wir sehen die Berufsfach­schule wirklich nur als Idee, als Möglichkeit, ergänzende Maßnahmen dort anzubieten, wo es notwendig ist und nur solange es notwendig ist. (Abg. Dr. Feurstein: Warum ist Abgeordnete Krammer dagegen?)

Es ist für mich in diesem Zusammenhang sehr reizvoll, noch einen Satz anzufügen: Als Unter­richtsministerin könnte man stolz darauf sein, wenn man die Chance hat, durch die Möglichkei­ten des eigenen Ressorts dazu beizutragen – selbst wenn es eine Vollzeitschule wäre –, daß sozusagen niemand übrigbleibt. Es könnte sehr reizvoll sein, auch darüber nachzudenken. Ich betone aber nochmals, daß wir das in diesem Fall nicht wollten.

Letzte Bemerkung: Die Kostenfrage in der Ausbildung ist mehrmals angeschnitten worden. – Ich glaube, daß jene Maßnahmen, die bisher von der Gesetzgebung gesetzt wurden, den Betrieben Kostenentlastungen gebracht haben. Dennoch ist man die Kosten betreffend bisher noch nicht zu einem flächendeckenden Lastenausgleich innerhalb der Wirtschaft gekommen. In der Metall­industrie gibt es zwar, wie Sie wissen, Herr Kollege Feurstein, Anzeichen dafür: Es gibt einen Lastenausgleich auf freiwilliger Basis der Wirtschaft, der blendend funktioniert und Beispiel für ganz Österreich sein könnte.

In weiterer Folge habe ich gehört, daß auch die Textilindustrie – Sie haben sie zitiert – jetzt einen Ausbildungsfonds gegründet hat, weil sie erkannt hat, daß sie selbst Ausbildungsmaßnah­men setzen muß. Denken wir also gemeinsam darüber nach, wie wir auf Grundlage dieser Bei­spiele vielleicht auch einen Kosten- und Lastenausgleich zustande bringen, der letztlich zu mehr Gerechtigkeit in der Ausbildung führen würde! (Beifall bei der SPÖ.)

22.00


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

22.00


Abgeordneter Walter Murauer¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! In aller Kürze zum nationalen Beschäftigungsplan: Viele meiner Vorredner haben sich schon mit der Jugendbeschäftigung befaßt. Ich möchte das auch tun und in einigen wesentlichen Positionen darlegen, worum es geht.

Erstens ist es meiner Ansicht nach wichtig, daß sich der nationale Beschäftigungsplan sehr aus­führlich mit Jugendbeschäftigung und Jugendausbildung auseinandersetzt. Ich denke, wir spre­chen damit eines der wesentlichen Anliegen der österreichischen Bevölkerung an. Es ist das Problem und das Anliegen der Österreicher, die Jugend beschäftigt oder in Ausbildung zu sehen.

Meine Damen und Herren! Zweitens wartet die Wirtschaft auf diese Impulse. Sie will den Aktionsplan umsetzen und in weiterer Folge konkrete Schritte und Maßnahmen sehen, die wir in diesem Haus noch zu definieren und zu setzen haben.

Drittens gab es im vergangenen Jahr wirklich eine nationale Anstrengung auf allen Ebenen unseres Landes, daß wir Zehntausende – bis auf einige Gott sei Dank wenige – Jugendliche be­schäftigen und ihnen einen Lehrplatz oder Beruf vermitteln konnten. (Abg. Meisinger: „Einige wenige“ tausend!) Wenn Sie, geschätzte Frau Madl und Herr Kollege, einen guten Vorschlag haben und Sie von Herrn Haider aus hierher gehen dürfen, dann bringen Sie Ihren Vorschlag ein! (Abg. Madl: Diese „einigen wenigen“ werden sich bei Ihnen bedanken!) Mit den Zwischen­rufen, die inhaltslos, aber dafür umso lauter sind, haben wir in diesem Haus nichts getan, gnä­dige Frau! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Madl: Keine Phrasen!) Also bitte, Frau Madl, konstruktive Vorschläge! Wenn schon einmal etwas von Ihnen kommen sollte, dann möge es vernünftig sein! (Abg. Madl: Keine Aussagen, Herr Kollege! Von Ihnen kommen keine Aussagen!)

Viertens hatten die finanziellen Förderungen der Lehrstellen im vergangenen Jahr ein Ausmaß, das wir heuer sicherlich nicht zur Verfügung stellen können. Es kann nicht so sein, daß diese Kosten keine Rolle spielen sollten.

Meine Damen und Herren! Vergessen wir – fünftens – nicht, daß wir Abgänger aus höheren Schulen, also aus AHS, BHS oder Universitäten auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen haben.

Zu den wesentlichen Positionen im Aktionsplan gehört, daß fixiert wurde, der Wirtschaft einen Freibetrag von 20 000 S zur Verfügung zu stellen, eine Anerkennung für die Zeit, in der die Jugendlichen in die Berufsschule gehen. Man hat weiters neue Berufsbilder definiert und hat überdies fixiert, daß in Zukunft neue Berufsbilder wirtschaftsgerecht zur Verfügung gestellt wer­den, und zwar nicht in so langen Zeiträumen wie in der Vergangenheit, sondern wesentlich rascher und effizienter.

Dafür bedanke ich mich bei Frau Minister Gehrer. Es war nicht so selbstverständlich, Herr Abge­ordneter Riepl, daß das duale Berufsausbildungssystem beibehalten und so definiert wird. Frau Minister Gehrer hat ganz wesentlich dazu beigetragen, daß wir diese österreichische Spezialität der Ausbildung definiert und dazu Auffangeinrichtungen geschaffen haben. Denn selbstver­ständlich kann es sein, daß wir nicht alle Lehrlinge oder Berufseinsteiger unterbringen werden. Wir müssen auch damit rechnen, daß eine bestimmte Anzahl keine Lehre machen, sondern ein­fach in den Arbeitsprozeß einsteigen möchte. Auch für diese Jugendlichen müssen wir eine Möglichkeit schaffen. Die Vorlehre ist sicherlich eine wesentliche Angelegenheit für etwas schwächere Jugendliche, und man hat auch in diesem Bereich eigene Berufsbilder geschaffen. Dafür sei herzlich gedankt.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich auf die konkreten Schritte zu sprechen kommen. Ich werde sie immer von neuem wiederholen und ersuche die Sozialdemokratische Partei, hier nicht verhindernd und verzögernd unterwegs zu sein, sondern der Gastronomie endlich zu gestatten, daß die Jugendlichen bis 23 Uhr arbeiten können (Abg. Dolinschek: Jetzt redest aber einen Blödsinn! Viermal haben wir das schon eingebracht, und ihr wart dagegen!), sowie sich endlich dazu zu bekennen, Startjobs – vielleicht nach dem oberösterreichischen Modell – einzuführen, weil man den Jugendlichen, die aus höheren Schulen abgehen, Praxis in den Betrieben zur Verfügung stellen sollte. Ein weiterer Punkt ist, daß die Berufsschulen auf Saisonen der Betriebe Rücksicht nehmen müssen und daß die Verhältniszahlen in den Betrie­ben anzupassen und zu verringern sind.

Meine Damen und Herren! Als letzten Punkt ... (Abg. Madl: Er ersucht die Sozialdemokraten – und ist dabei mit ihnen in der Regierung!) Frau Madl! Ihre Aufregung belustigt mich. Sie sind wie immer laut. Es ist auf irgendeine Weise faszinierend, wenn Sie nichtssagend trotzdem umso lauter Ihre Zwischenrufe formulieren. (Abg. Madl: „Gestatten Sie es mir, liebe Sozialdemokra­ten!“)

Meine Damen und Herren! Abschließend: Wir sollten uns in diesem Haus über neue Abferti­gungs- und Pensionskassenmodelle unterhalten und sie in absehbarer Zeit ermöglichen, da dies die Mobilität der Arbeitnehmer fördert und die Betriebe entlastet. Der Aktionsplan ist eine gute Grundlage – auch für Jugendliche und Lehrlinge –, Ausbildung und Beschäftigung zu schaffen. Es geht auch darum, daß wir weiterhin konkrete Schritte setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.06


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte. (Abg. Madl – in Richtung des Abg. Murauer –: Sie reden sich wie immer heraus: Schaut her, Murauer wartet nur auf die Umsetzung! – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

22.06


Abgeordnete Marianne Hagenhofer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Ministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Am Beginn der europäischen Einigung nach dem Zweiten Weltkrieg ging es ausschließlich darum, daß in Europa nie wieder Krieg geführt werden darf. Darauf folgte die Wirtschaftsunion, darauf folgte die Währungsunion, und jetzt, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, waren es – auch wenn ich es heute schon einmal gehört habe, möchte ich es jetzt ein zweites Mal sagen, weil man das sagen muß und weil es wirklich so war – führende Sozialde­mokraten, die innerhalb der Europäischen Union das Thema „Arbeit“ überhaupt zum Thema ge­macht haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ja! Und überhaupt haben erst die Sozialdemokraten die Arbeit erfunden!)

Daraus folgt jetzt für alle Mitgliedsländer der Auftrag, einen Plan zu entwickeln, um Arbeitslosig­keit zu verringern. Es geht nämlich darum, sich der 20 Millionen arbeitslosen Menschen inner­halb der Europäischen Union anzunehmen, auch derer in Österreich. Der Nationale Aktionsplan ist ein gemeinsames Wollen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. (Abg. Dr. Pumberger: Vom Wollen zum Können ist ein großer Schritt!)

Den Rahmenbedingungen oder Vorgaben, die uns der Nationale Aktionsplan gibt, kann ich durchaus sehr viel Positives abgewinnen, wenn ich sehe, daß darin die Bildungskarenz festge­schrieben ist. Aber auch Bildungskarenz bedarf des gemeinsamem Wollens. Sie darf nicht so gehandhabt werden, wie es derzeit geschieht – zumindest mache ich in der Praxis diese Erfah­rung –: Die Arbeitnehmer wollen die Bildungskarenz in Anspruch nehmen, die Dienstgeber sind noch nicht dazu bereit. Es bedarf daher einer Aufklärungsarbeit, zu der entsprechend beizutra­gen wir alle aufgerufen sind.

Vor drei Tagen, am Freitag vergangener Woche, ist ein junger Mensch, ein 30 Jahre alter Me­chatroniker zu mir gekommen und hat gesagt, daß er Bildungskarenz nehmen möchte, der Arbeitgeber ihm dies aber nicht gestattet.

Auch die Vorlehre halte ich für positiv. Wir alle wissen – da brauchen wir uns überhaupt nichts vorzumachen –, daß es junge Menschen gibt, die in der Entwicklung einfach später reif werden. Wenn diese Menschen durch die Vorlehre die Möglichkeit haben, eine gewisse Zeit lang in den Beruf hineinzuwachsen und dann diese Zeit, in der sie bereits im Beruf oder in dem entspre­chenden Feld gearbeitet haben, auf eine reguläre Lehre angerechnet zu bekommen, dann er­blicke ich darin einen positiven Schritt in die richtige Richtung, auch auf dem Weg zum Fach­arbeiter.

Ein praktisch schon erprobtes und sehr positives Modell, das im Aktionsplan wiederum ange­führt ist, sind Arbeitsstiftungen und stiftungsähnliche Maßnahmen. Kollegin Bauer hat davon schon berichtet. Ich kann Ihnen auch aus der Praxis sagen, daß von allen Personen, die bei uns – im Bezirk Braunau – durch die Stiftungen gegangen sind, 80 Prozent wieder neue Beschäftigungs- und Berufsfelder finden konnten. Es waren in unserem Bezirk nicht nur Jugend­liche, sondern zum überwiegenden Teil Personen im Alter zwischen 30 und 35 Jahren, also aus jener Berufsgruppe, die vom Wandel in der Wirtschaft derzeit am stärksten betroffen ist. Des­halb ist es sehr positiv und sehr gut.

Da Kollegin Kammerlander gesagt hat, sie finde im Aktionsplan sehr viele oder nur alte Maßnah­men, muß ich dazu sagen: Wenn die Maßnahmen gut sind, warum nicht? Wenn die Maßnah­men effektiv waren, warum nicht? – Genau aus diesem Grund begrüße ich den Nationalen Aktionsplan. Es scheint notwendig zu sein, daß wir nicht nur dafür Sorge tragen, in die Produk­tion zu investieren, sondern daß wir dafür Sorge tragen, daß auch in den Menschen investiert wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.12


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer. – Bitte.

22.12


Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Bundes­ministerinnen! Meine Damen und Herren! Die Maßnahmen zur Jugend- und Lehrlingsbeschäfti­gung im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung sind zweifellos nicht nur geeignet, die Lehr­lingsbeschäftigung anzuheben, sondern auch die Qualität der dualen Ausbildung in Österreich weiterhin zu fördern und ebenfalls anzuheben sowie damit einen Langfristeffekt zu erreichen.

Ich denke, daß vor allem die Einführung neuer Lehrberufe mit entsprechenden Durchführungs­maßnahmen eine durchaus positive Angelegenheit ist, auch wenn hier einige kritische Stimmen dazu gekommen sind; von der gleichen Seite ist dann allerdings etwa die „Ö-3“-Aktion gelobt worden. Ich habe da einige Male sehr genau zugehört. Es sind gerade die neuen Lehrberufe, die zum Teil dort gefragt sind, wo es neue Lehrstellen gibt. Es hat sich also gezeigt, daß das wirk­lich greift und positive Effekte zeitigt.

Wir halten auch die Einführung eines Lehrlingsfreibetrages nicht nur in bezug auf die Lehrlings­beschäftigung, sondern grundsätzlich für ein gutes Signal, weil dies ein erster Schritt zur steuer­lichen Entlastung des Faktors Arbeit ist. Es wird also nicht nur die Anschaffung von Maschinen, sondern auch die Einstellung junger Menschen steuerlich gefördert. Das ist ein Anreizsystem, das wirksam werden kann und meiner Ansicht nach auch tatsächlich wirksam werden wird.

Einen zweiten Aspekt sollten wir aber – bei aller Begrüßung der Maßnahmen zur Jugendbe­schäftigung – nicht übersehen, nämlich die älteren Arbeitnehmer und ihre Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt. Ich möchte Frau Bundesministerin Hostasch einen Antrag des ÖAAB sozu­sagen ans Herz legen, der gestern in der Vollversammlung der Wiener Arbeiterkammer behan­delt worden ist. Er betrifft die Einführung einer Altersteilzeit, eines Vorruhestandes, und wird vom Vorstand der Wiener Arbeiterkammer weiter behandelt werden. Auch darin erblicke ich einen positiven Ansatz zur Bewältigung der Beschäftigungsprobleme älterer Arbeitnehmer.

Lassen Sie mich – um diese Tageszeit in aller Kürze – ein Letztes sagen: Ich begrüße es sehr, daß der Nationale Aktionsplan besonderen Wert darauf legt und daß nicht übersehen worden ist, welche Beschäftigungswirkung vom Baugeschehen ausgeht, insbesondere vom Wohnbau. Es ist nachgewiesen, daß unter allen Baumaßnahmen die Beschäftigungswirkung im Wohnbau am höchsten ist. Im Tiefbau ist sie beim Straßenbau höher als bei sonstigen Maßnahmen des Tiefbaus. Beim Wohnbau wiederum ist der Effekt umso größer, je höher der Anteil von Stadter­neuerungs- und -sanierungsmaßnahmen ist.

Ich denke, man sollte dieser Erkenntnis des Nationalen Aktionsplans sehr rasch mit bestimmten Maßnahmen Rechnung tragen. Aus meiner Sicht ist klar, daß auch die Wohnbauförderung dem entsprechend Rechnung tragen muß: Sie darf auf der einen Seite umfangmäßig nicht be­schränkt werden, sollte auf der anderen Seite aber vielleicht doch gezielt und verstärkt in die Sanierung und Stadterneuerung fließen.

Ich möchte – schade, daß der Herr Finanzminister noch nicht da ist – zur Überlegung mitgeben, daß im Zuge der Maßnahmen zur Umgestaltung der steuerlichen Behandlung der Mietzinsre­serve die Verwendung alter Reserven mit Ende 1998 ausläuft, sodaß 1999 eine Lücke im Bau­geschehen eintreten könnte, weshalb der Finanzminister aufgerufen ist, rechtzeitig entspre­chende Überlegungen anzustellen.

Ich denke auch, daß unbedingt wieder steuerliche Förderungsmaßnahmen als Anreiz zur Ver­wendung von privatem Kapital für Stadterneuerung und -sanierung notwendig sind, um die Chancen zu nützen, die im Nationalen Aktionsplan meiner Ansicht nach sehr richtig aufgezeigt worden sind. Jetzt gilt es, diesen Nationalen Aktionsplan gemeinsam umzusetzen! (Beifall bei der ÖVP.)

22.16


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Brigitte Tegischer. – Bitte.

22.16


Abgeordnete Brigitte Tegischer¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Ministerinnen! Werte Kollegen! Ich möchte ganz kurz auf den Debattenbeitrag der Kollegin Haidlmayr ein­gehen. Sie hat behauptet, daß in den geschützten Werkstätten sehr geringe Löhne ausbezahlt werden. Ich möchte das berichtigen und verweise zum Beispiel auf die geschützte Werkstätte in Vomp in Tirol. Dort werden die Behinderten nach Kollektivvertrag entlohnt. Über die Betreuung könnte man reden, diese könnte intensiver sein. Im Gegensatz dazu stehen die Beschäftigungs­maßnahmen und -initiativen in den Lebenshilfen. Dort wird tatsächlich nur ein Taschengeld be­zahlt.

Allerdings muß ich als Sozialarbeiterin in einem sozialökonomischen Betrieb sagen, daß es immer wieder die Möglichkeit gibt, Behinderte, die sich in der Lebenshilfe nicht ausgelastet füh­len, auch im Rahmen anderer Maßnahmen zu integrieren, zum Beispiel in sozialökonomischen Betrieben. Es ist mir wichtig, dies hier zu erwähnen, weil ich glaube, daß auch im nationalen Beschäftigungsplan weitere gute Maßnahmen für Behinderte enthalten sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun aber möchte ich zu meinem Thema kommen, zur Jugendbeschäftigung. Ich möchte noch einmal betonen, daß die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich – im internationalen Vergleich – am niedrigsten ist, denn das kann man nicht oft genug betonen. Trotz dieser erfreulichen Tat­sache ist ein beträchtlicher Teil des Nationalen Aktionsplans der Jugendbeschäftigung und der Ausbildung gewidmet. Das beweist meiner Ansicht nach das Bemühen der Bundesregierung und der Sozialpartner, insbesondere die Verbesserung der Vermittelbarkeit und die Erhöhung der Anpassungsfähigkeit durch viele Maßnahmen, die heute schon erwähnt worden sind, zu fördern, da dies die wichtigsten Voraussetzungen sind, um jungen Menschen eine Zukunftsper­spektive zu bieten. Es geht ja bei Ausbildung und Arbeit nicht nur um Erwerb und Lohn, es geht nicht nur um das Recht zur existentiellen Absicherung, sondern es geht auch um Selbstverwirkli­chung, es geht um Unabhängigkeit, und es geht um das Gefühl, auch etwas für die Gesellschaft zu leisten.

Ich möchte heute neuerlich betonen – nachdem ich es schon einmal in einem Debattenbeitrag erwähnt habe –, daß die Belastung, über keine Ausbildung zu verfügen und keine Arbeit zu haben, bei Jugendlichen besonders in ihrer schwierigen Phase zwischen Kindsein und Erwach­senwerden zu massiven Ängsten, Frustration und Resignation führt. Damit wird eine Negativ­spirale in Gang gesetzt, die nicht nur den Betroffenen, sondern auch deren gesamtem Umfeld zum Schaden gereicht. Immer wieder führt diese Spirale zur Flucht in eine andere Welt – in eine Welt der Gewalt, in eine Welt der Intoleranz oder auch in eine Welt der Sucht und der Drogen.

Allerdings nützen die schönsten und innovativsten Maßnahmen nichts, wenn das Geld dafür nicht vorhanden ist. Auch das wird im NAP betont, und dies deutet darauf hin, daß wir vor einer grundlegenden Systemreform, vor einer Strukturreform stehen, die vor allem eine Reform des Steuersystems bis zum Jahr 2000 vorsieht. Ich hoffe, daß diese durchsetzbar sein wird. Ich nenne dafür nur zwei Bereiche, die Ressourcenbesteuerung und die Ökosteuer sowie die Ent­lastung des Faktors Arbeit. Ich könnte mir außerdem vorstellen, die Debatte über eine Wert­schöpfungsabgabe weiterzuführen. Es müßte auch einen internationalen Gleichklang geben in bezug auf die Besteuerung des Vermögens und vor allem bezüglich der Besteuerung des ano­nymen Aktienkapitals.

Viele Aktionen und Maßnahmen sind bereits erwähnt worden. Mir ist das Jugendausbildungs-Si­cherungsgesetz besonders wichtig. Zu diesem zeitlich befristeten Auffangnetz für 4 000 Jugend­liche möchte ich allerdings erwähnen, daß Auffangnetze in diesem Ausmaß nicht notwendig gewesen wären, wenn die Wirtschaft sich stärker für Lehrplätze und für die Schaffung von Lehr­ausbildung einsetzen würde. Denn letztlich profitiert ja die Wirtschaft von gut ausgebildeten Leu­ten! (Beifall bei der SPÖ.)

Wichtig ist mir eine Koordinierung vieler politisch verantwortlicher Unternehmerinstitutionen zur Realisierung der Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit, und zwar mit dem Ziel, Jugendliche stark zu machen, stark gegen Aggressionen, stark gegen Intoleranz und stark gegen Sucht. Denn dadurch kann das Ziel erreicht werden: Der Jugend eine Chance, der Arbeitslosigkeit keine Chance! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.22


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

22.22


Abgeordneter Dr. Robert Rada¦ (SPÖ): Sehr geschätzte Frauen Bundesministerinnen! Hohes Haus! Am Ende einer sehr ausführlichen Debatte zum Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung möchte ich noch zwei, drei Gedanken zu dem Bereich „Lehrlingsausbildung, schulische Ausbil­dung und: Was kann Schule insgesamt leisten?“ einbringen.

Es wurde heute sehr viel darüber gesprochen, was die Berufsschule sowie die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen im dualen Ausbildungssystem leisten können, aber es herrscht meines Erachtens immer noch sehr viel Unwissen darüber, was die anderen Schulen bereits leisten. Immer wieder ist in den Medien nachzulesen, daß unsere jungen Menschen viel zuwenig auf den Einstieg ins Berufsleben vorbereitet sind. Es ist ja klar: Je besser ausgebildet jemand ist, desto früher wird er einen entsprechenden Lehr- und Arbeitsplatz finden.

Ich möchte aber trotzdem daran erinnern, daß es noch gar nicht lange her ist, daß wir hier im Hohen Haus die Berufsvorbereitung für alle Unterstufenformen beschlossen haben. Vor allem möchte ich in Erinnerung rufen, daß es die Polytechnische Schule gibt und daß sie insbeson­dere im Bereich der Berufsvorbereitung Enormes leistet. War es vor 20 Jahren fast noch un­denkbar, daß es dort berufspraktische Tage und Wochen gibt, so ist das heute der Normalfall. Da wir heute gehört und diskutiert haben, daß es mit Übergangslehrgängen, Berufsfachschulen und ähnlichem Auffangbecken geben soll, möchte ich hier feststellen, Frau Ministerin, daß auch die Polytechnischen Schulen durchaus in der Lage wären, diese Auffangmaßnahmen bestens zu gewährleisten.

Nur scheint es mir wichtig zu sein, daß vor allem eines beachtet wird: Auch wenn heute klarge­stellt wurde, daß die Übergangsklassen sogenannte Notaktionen darstellen, mit deren Hilfe unsere jungen Menschen langsam ins Berufsleben integriert werden sollen, muß doch vor allem der Praxisbezug festgeschrieben sein und hergestellt werden. Denn sonst müßte man Kollegen Öllinger darin recht geben, daß junge Menschen, deren Wunsch es eigentlich wäre, arbeiten zu gehen, sehr wenig von der Zeit für ihre künftige Ausbildung an einem Schultisch verbringen wollen. Es muß daher mit allen möglichen Institutionen – angefangen von den Lehrwerkstätten et cetera; dies alles wurde ja bereits besprochen – die notwendigen Kooperationen geben.

Insgesamt und abschließend scheint es – da wir diesem Bereich heute sehr viel Diskussionszeit gewidmet haben – aus meiner Sicht notwendig zu sein, festzuhalten, daß insbesondere der Sekundarbereich II die eine oder andere Reform braucht. Ich könnte mich damit anfreunden, ein modulares System einzuführen. Ein vernünftig gestaltetes modulares System würde auch das Problem der heute bereits mit einiger Skepsis bedachten Vorlehre lösen, denn es würde dann die Möglichkeit bestehen, daß ein Lehrling oder Schüler jederzeit aussteigt, wenn er glaubt, genügend qualifiziert zu sein, oder wenn er sich nicht mehr weiterqualifizieren möchte oder kann, aber dies sehr wohl zu einem späteren Zeitpunkt mit Erfolg durch­führen wird können.

Insgesamt brauchen wir eine flexible Erstausbildung mit sehr viel Praxisbezug. Wir müssen den jungen Menschen helfen, Problemlösungskapazität und Methodenkompetenz zu verwirklichen. Unsere österreichischen Schulen sind durchaus in der Lage, dies zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)

22.26


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Punkt nicht vor. Diese Debatte ist geschlossen.

Es wurden keine Anträge gestellt. Daher ist jetzt auch nicht abzustimmen.

2. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (1077 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Behörden-Überleitungsgesetz, das AIDS-Gesetz 1993, das Bundesgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte, das Rezeptpflichtgesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden (1147 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wird nicht gewünscht. Wir gehen daher in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Als Redezeit sind 10 Minuten ein­gestellt. – Bitte.

22.27


Abgeordneter Dr. Alois Pumberger¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der heutigen Gesetzesvorlage geht es um die Zusammenführung dreier Institute. Es handelt sich dabei um die Bundesanstalt für chemische und pharmazeutische Untersuchungen, die Bundesstaatliche Anstalt für experimen­telle pharmakologische und balneologische Untersuchungen sowie das Bundesstaatliche Se­rumprüfungsinstitut/Bundesstaatliche Impfstoffgewinnungsanstalt.

Diese drei Institute sollen zu einem Bundesinstitut für Arzneimittel zusammengeführt werden. Eine Zusammenführung allein – das haben wir im Ausschuß schon klar zum Ausdruck ge­bracht – ist jedoch auch nach Ansicht des Rechnungshofes zuwenig. Der Rechnungshof ver­langt viel mehr, er tritt auch für eine örtliche Zusammenlegung ein, damit man diese Institute rationeller, wirtschaftlicher, ökonomischer führen kann.

Aber es geht dabei meiner Ansicht nach um ganz andere Dinge. Ein wesentlicher Grund dafür, daß es zu dieser Zusammenführung kommt, ist die gutachterliche Tätigkeit, die in diesen Institu­ten durchgeführt wird. Die Institute haben die Hauptaufgabe, die Qualität der Arzneimittel sicher­zustellen und die Unbedenklichkeit von Arzneimitteln zu garantieren. Diese Gutachter sind – da sie öffentlich Bedienstete sind – unabhängig von Pharmafirmen, und sie haben bisher sehr gute Arbeit geleistet.

Allerdings ist diese Gutachtertätigkeit in den letzten Monaten und Jahren systematisch – in Form von Personaleinsparungen – inzwischen bereits soweit reduziert worden, daß die Arzneimittel­prüfungen sehr lange Zeit in Anspruch nehmen und lange Wartelisten aufliegen. Außerdem gab es – wie mir aus einem Schreiben bekannt wurde – dort eine Reihe von Intrigen, insbesondere innerhalb des pharmakologischen Institutes. Dem Leiter dieses Institutes wurden sexuelle Ver­fehlungen vorgeworfen – diese sind niemals bewiesen worden –, nur, daß man ihn loswurde. Schließlich wurde er abgesetzt, zugleich bot man ihm aber im Bundesministerium für Gesund­heit eine Stelle an. Diese lehnte er ab, weil er mit der Annahme ja auch ein Schuldeingeständnis gemacht hätte. – So ist man dort mit den Mitarbeitern umgegangen.

Es herrschte dort große Unzufriedenheit, da man die Gutachtertätigkeit in diesem Institut syste­matisch aushungern wollte, weil man das Ziel verfolgt, die Gutachtertätigkeit für Arzneimittel auszulagern, und zwar auf private, externe Prüfer. Stellen Sie sich vor: Man will Gutachter in erster Linie von den pharmakologischen Instituten Österreichs lukrieren! Diese Fachärzte für Pharmakologie haben schon viele Studien für diverse Pharmafirmen gemacht und stehen, weil letztere ihre Brötchengeber sind, auch in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis. Und diese privaten Gutachter sollen jetzt über die Qualität eines Arzneimittels in Österreich und über dessen Zulassung oder Nichtzulassung entscheiden!

Frau Bundesministerin! Man kann diese Aufgabe in Zukunft doch nicht Leuten überlassen, die von Pharmafirmen beauftragt werden! Es wird sogar darüber gemunkelt, daß Pharmafirmen sich in den pharmakologischen Instituten die Gutachter aussuchen können, die ihnen am lieb­sten sind, und daß diese auch von den Pharmafirmen bezahlt werden. Sektionschef Dr. Liebes­war hat mir das im Ausschuß bestätigt: Das Gutachten muß von den Pharmafirmen, die ein Arzneimittel zugelassen haben wollen, bezahlt werden. Und das Honorar für dieses Gutachten bekommt der Gutachter. – So war das, Frau Bundesministerin! Das können Sie nicht leugnen, denn das ist eine Tatsache! Ich glaube, daß uns die Sicherheit hinsichtlich der österreichischen Arzneimittel in Zukunft mehr wert sein muß, als daß wir von Pharmafirmen Gutachter beauftra­gen lassen, die Pharmafirmen diese Gutachter dann bezahlen und diese entscheiden, ob ein Arzneimittel in Österreich auf den Markt kommen darf. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesministerin! So kann das wirklich nicht vor sich gehen! Das Ziel dieses Gesetzes ist eine Steigerung der Produktivität bei gleichzeitiger Personaleinsparung. So steht es im Gesetz. Als wir Sie im Ausschuß gefragt haben, ob das das Ziel ist, haben Sie das allerdings verneint. Sie haben gesagt: Nein, zu Personaleinsparungen wird es nicht kommen.

Frau Bundesministerin! Ich kann Ihnen, wenn Sie das jetzt wieder in Abrede stellen, den diesbe­züglichen Bericht aus der „Parlamentskorrespondenz“ vorlesen. Hier steht wortwörtlich: „Ministe­rin Hostasch stellte fest, durch die Zusammenführung werde kein Personal abgebaut.“ – Das bedeutet für mich dasselbe, und wenn ich das richtig interpretiert habe – und ich kann es auch schriftlich belegen –, dann muß ich davon ausgehen, daß Sie dem Gesundheitsausschuß ein­deutig die Unwahrheit gesagt haben. (Abg. Grabner: Hören Sie doch auf! Es ist schon genug!) Herr Kollege! Waren Sie dabei? Haben Sie das Protokoll vom 2. April gelesen? Haben Sie die „Parlamentskorrespondenz“ gelesen, haben Sie die Regierungsvorlage gelesen, wie sie jetzt vorliegt? – Sicherlich nicht, denn sonst würden Sie keinen unqualifizierten Zwischenruf machen!

Meine Damen und Herren! Wie wichtig es ist, daß zum Beispiel die Funktion des Serumprü­fungsinstituts aufrechterhalten wird, haben wir in den letzten Monaten gesehen: In Pressemel­dungen haben wir plötzlich gehört, daß eine Firma im Mühlviertel mit falsch deklariertem Blut handelt. 1 500 Liter Blut wurden aus Afrika importiert, und diese Firma mit Sitz im Mühlviertel und weiteren Firmensitzen in Litauen und in der Schweiz hat im Zollfreilager in Wien mehr als 1 000 Liter Blut deponiert und falsch etikettiert. Mit höchster Wahrscheinlichkeit infektiöses Blut aus Afrika, mit HIV und Hepatitisviren verseuchtes Blut, wird umetikettiert und kann von unseren Instituten gar nicht geprüft werden! – Daran sehen Sie, wie wichtig eine entsprechende Kontrolle ist!

Wir haben heute schon neun Stunden lang über skandalöse Vorfälle im Zusammenhang mit einem Abgeordneten dieses Hauses debattiert. (Rufe bei der SPÖ: Von Ihrer Partei!) Wenn Sie sich so darüber erregt haben, dann sage ich Ihnen jetzt, wer der Geschäftsführer und Inhaber dieser Pharmafirma ist: der Altbürgermeister der Stadt Salzburg, Reschen. Die Firma Albovina in Gallneukirchen, die diese Importe durchgeführt hat und geschlossen werden mußte, und die Reschen Consult mit Sitz in Salzburg wurden vereint, es wurde eine Firma in Litauen gegründet, nämlich die Europharm, und Geschäftsführer ist der Altbürgermeister der SPÖ aus Salzburg, Josef Reschen. (Zwischenruf des Abg. Koppler.) Er hat dieses Afrikanern abgenommene, un­kontrollierte, verseuchte Blut um 10 Millionen Schilling gekauft, veredelt, in Österreich falsch eti­kettiert und nach Litauen transportiert. Das müssen Sie überprüfen, meine Damen und Herren, bevor Sie einer ganzen Fraktion in diesem Hause politische Zusammenhänge in einer Causa andichten, sich dann aber selbst weigern, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß zu installieren, weil Sie Angst haben, daß es viele Josef Reschen in Ihrer Partei gibt, und zwar so­wohl bei der SPÖ wie auch bei der ÖVP! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zahlreiche Zwischen­rufe, darunter: Zugabe! Zugabe!)

22.36


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

22.36


Abgeordneter Mag. Johann Maier¦ (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte sagen: Pumberger reitet wieder! Er hat wie Schnell der Mafia den Kampf angesagt, er beschuldigt Mitarbeiter von Bundesanstalten, die angeblich bei der Arzneimittelzulassung nicht korrekt vorgingen, und er beleidigt zunehmend auch Expolitiker der Sozialdemokratischen Partei.

Ich möchte in aller Deutlichkeit zu dem Vorwurf, den Sie gegenüber Mitarbeitern einer Bundes­anstalt erhoben haben, festhalten: Gutachter werden nicht von Arzneimittelfirmen ausgewählt, sondern direkt vom Bund. Zweitens: Die Gebühren werden verrechnet. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger.) Kollege Pumberger! Kennen Sie unsere Rechtsordnung nicht? Auch im veterinärrechtlichen Bereich können Kosten, die dem Bund entstehen, dann den einzelnen An­tragstellern verrechnet werden. Und genau das geschieht in diesem Bereich! (Beifall bei der SPÖ.) Es gibt keine direkte Bezahlung der einzelnen Gutachter!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute sollen und werden wir einen Beschluß über die Gründung des Bundesinstituts für Arzneimittel fassen. Die sozialdemokratische Fraktion begrüßt diese Gründung mit allem Nachdruck, denn diese ist aus mehreren Gründen notwendig ge­worden.

Die Zusammenführung der drei bundesstaatlichen Untersuchungsanstalten bringt Synergieef­fekte, insbesondere im Verwaltungsbereich. Ich möchte aber auch klar festhalten: Dieses Bun­desgesetz stellt kein Präjudiz für eine spätere Ausgliederung dar. Entscheidend ist immer der gesetzliche Auftrag, dem zu entsprechen ist. Aus Sicht der Arbeitnehmer ist entscheidend, daß die Beschäftigten in den drei Anstalten ihre rechtliche Position beibehalten und keine wie immer gearteten Nachteile zu erwarten haben.

Warum kam es zu dieser Zusammenlegung? – Es gab eine Kritik des Rechnungshofes – in diesem Punkt, Kollege Pumberger, haben Sie vollkommen recht –, und mit dieser Zusammenle­gung wird der Kritik des Rechnungshofes entsprochen, der immer wieder darauf hingewiesen hat, daß es für die Tätigkeit der drei Untersuchungsanstalten keine rechtliche Grundlage gäbe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Hauptaufgaben dieses neuen Bundesinstituts liegen sicherlich in der Amtssachverständigentätigkeit hinsichtlich der Zulassung von Arzneispe­zialitäten, der Chargenfreigabe, der Nachkontrollen und dergleichen. Es geht hiebei insbeson­dere um Vorgänge der nationalen Zulassung, der dezentralen Zulassung und der zentralen Zu­lassung für ganz Europa, in welche österreichische Beamte und Mitarbeiter des Bundesministe­riums mit eingebunden sind.

Warum ist eine derartige Einrichtung überhaupt notwendig? – Ich sage es Ihnen als Betroffener, als einer, der im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit immer wieder mit Fragen konfrontiert ist, ob Angebote von Arzneimitteln beziehungsweise angeblichen Arzneimitteln im Internet oder über Postfachfirmen korrekt sind oder nicht.

Wir können fast tagtäglich den Medien entnehmen, daß über Postfachfirmen Arzneimittel ange­boten werden, die nicht zugelassen sind und keiner entsprechenden Überprüfung unterzogen wurden. Die Menschen in unserem Land kaufen diese Arzneimittel, weil sie meinen, daß diese Schmerzen lindern und ihnen helfen. – Ich glaube, wir sollen darauf drängen und die Öffentlich­keit darüber informieren, daß Arzneimittel in öffentlichen Apotheken oder auch in Hausapothe­ken erworben werden sollen und nicht über derartige obskure Adressen.

Das zukünftige Bundesinstitut wird sicherstellen, daß zumindest in Österreich nur jene Arznei­mittel abgegeben werden, die den entsprechenden Untersuchungen unterzogen wurden und für die eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vorliegt. (Beifall bei der SPÖ.)

22.42


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwillige Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

22.42


Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich war ganz erstaunt, daß diese Regierungsvorlage, die vom Titel her geradezu unaussprechlich ist, die Gemüter zu so später Stunde noch der­maßen erhitzen kann. (Zwischenruf des Abg. Grabner.) Kollege Pumberger hat gut gesprochen, denn er hat Ihre Gemüter wirklich erhitzt!

Wir diskutieren heute also eine Regierungsvorlage, mit der das Behörden-Überleitungsgesetz, das AIDS-Gesetz 1993, das Bundesgesetz über natürliche Heilvorkommen und Kurorte, das Rezeptpflichtgesetz und das Arzneimittelgesetz geändert werden sollen. Warum, um Himmels willen – so frage ich Sie –, so viele Gesetzesänderungen? Weil es um die Zusammenlegung dreier Untersuchungsanstalten geht, womit das Ziel verfolgt wird, größere Wirtschaftlichkeit – wie die Frau Ministerin in ihrer Regierungsvorlage sagt –, größere Sparsamkeit und größere Zweckmäßigkeit zu erreichen.

Insgesamt ist das ein durchaus begrüßenswertes Vorgehen. Aber: Stopp! Vorerst geht es nur um die organisatorische Zusammenlegung. Die örtliche Zusammenlegung ist ein langfristiges Pro­jekt. Die Synergieeffekte – so steht es direkt in der Regierungsvorlage – ergeben sich aber erst bei einer örtlichen Zusammenlegung.

Nochmals stopp! Erst innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes werden Kon­zepte über die Ausgliederung vorgelegt. Und abermals stopp! Die Ärztekammer kritisiert in ihrer Stellungnahme, daß die Ausbildung von Ärzten in diesen Untersuchungsanstalten unzureichend ist. Diesbezüglich wurde schon 1993 eine Erklärung von der Frau Ministerin eingefordert, es hat bis jetzt aber keine Antwort darauf gegeben.

Nochmals stopp! Die Wirtschaftskammer hat Bedenken wegen der zu erwartenden finanziellen Einsparung, woraus sich sicherlich weitere Verzögerungen bei den Zulassungsverfahren er­geben werden, wiewohl diese schon jetzt sehr lange dauern. (Abg. Dr. Gredler: Und nochmals stopp!)

Und schließlich zum letzten Mal stopp: Das, was Herr Mag. Maier über den Rechnungshof ge­sagt hat, stimmt nicht. Den Forderungen des Rechnungshofes wurde nicht entsprochen. Der Rechnungshof wollte nämlich, daß eine entsprechende gesetzliche Grundlage geschaffen wird, durch die insbesondere der Bestand, die Aufgabe, die Organisation und die Leistungsabgabe geregelt wird, wie es im Lebensmittelbereich und im veterinärmedizinischen Bereich der Fall ist. Diese gesetzliche Grundlage, Herr Mag. Maier, wird mit dieser Regierungsvorlage jedoch nicht geschaffen.

Frau Ministerin! Sie haben im Ausschuß dieses Gesetz als ersten Schritt bezeichnet. Wir haben in diesem Land zu viele Gesetze, wir haben zu viele halbherzige Gesetze. Machen Sie bitte Ge­setze, die etwas wert sind, die hieb- und stichfest sind, dann werden Sie auch unsere Zustim­mung bekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.45


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte.

22.45


Abgeordneter Dr. Günther Leiner¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Die Schaffung eines einheitlichen Bundesinstituts für Arzneimittel ist, wie ich meine, sehr zu begrüßen. Ich verstehe daher nicht, daß Herr Pumberger sich in diesem Zusammenhang hier über Blut und Blutderivate ausläßt. Denn das Ministerium hat darauf in beispielhafter Weise reagiert und rasch gehandelt. Ich möchte mich dafür recht herzlich bedanken! Insgesamt möchte ich über die Arbeit gerade dieses Ressorts nur das Beste sagen. Danke schön! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was erwarten wir uns eigentlich von diesem Gesetz? – Frau Ministerin! Ich möchte doch einige Bitten, Erwartungen und Wünsche vortragen. Zunächst brauchen wir mehr Effizienz, allein schon im Hinblick auf die zwingend gebotene Beschleunigung der Zulassungsverfahren. Denn es klagen immer mehr Antragsteller über einen Rückstau, und dieser wird auf die Einsparungs­maßnahmen auch in der Bundesregierung zurückgeführt. Daher möchte ich darauf hinweisen, daß man den knappen Personalstand aufstocken sollte.

Zweitens brauchen wir eine Erweiterung der Prüfung von Arzneimitteln, vor allem im Hinblick auf die Überwachung der Qualität von Generika und Parallelimporten.

Drittens brauchen wir eine Sicherung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit und – wie es in den Erläuterungen zu lesen ist – auch eine verstärkte Kontrolle anderer gesundheitsrele­vanter Warengruppen. Dr. Pumberger hat schon darauf hingewiesen, daß eine Flut von Produk­ten im Handel erhältlich ist, die der Bevölkerung angeboten werden, obwohl diese von den Be­hörden nicht genehmigt sind.

Des weiteren sollte die fachliche Qualifikation der Amtssachverständigen auch für die nach dem AMG vorgesehenen Überprüfungen der Herstellerbetriebe gemäß Betriebsordnung genutzt wer­den. Außerdem muß die im AMG vorgesehene Überführung von Zulassungen nach der Spezia­litätenordnung vorangetrieben werden. Und schließlich kommt ab 1999 die Zulassungsüberprü­fung gemäß § 19a AMG zum Tragen.

Zuletzt möchte ich darauf hinweisen, daß im internationalen Bereich die wissenschaftliche Quali­fikation Vorrang haben muß, damit wir wirklich internationales Ansehen erlangen und ein Mit­spracherecht haben, insbesondere in der EU. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.48


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

22.48


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Liberalen werden der vorliegen­den Regierungsvorlage unsere Zustimmung geben. Wir begrüßen die Zusammenführung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften in ein Bundesinstitut für Arzneimittel. Herr Kollege Maier hat schon ausführlich dargetan, warum es zu diesem Schritt kommt. Ich kann mir daher ersparen, das zu wiederholen, denn ich möchte Sie nicht langweilen.

Es ist zweifellos ein Fortschritt, daß von bisher drei Untersuchungsanstalten auf eine umgestie­gen wird, und ich glaube und hoffe – wie auch mein Vorredner Dr. Leiner –, daß sich durch die­sen Akt der Vereinheitlichung auch die Geschwindigkeit beim Zulassungsverfahren erheblich steigern läßt.

Den Erläuternden Bemerkungen entnehme ich, daß eine Ausgliederung dieses Instituts nach einer einjährigen Prüfzeit vorgesehen ist. Frau Ministerin! Wie schon im Ausschuß möchte ich auch hier noch einmal anmerken, daß die Ausgliederungspraxis der Bundesregierung einmal grundsätzlich zu überdenken wäre, denn die bisherigen Ausgliederungen bedeuteten, daß die ehemals staatlichen Betriebe oder Institute zwar der Kontrolle des Parlaments entzogen werden, der Einfluß der Parteien allerdings nicht verschwindet. Im Gegenteil: Aufgrund der Einflußnahme durch die Regierungsparteien wird vieles noch undurchsichtiger. Man sollte daher meiner Meinung nach einmal ernsthaft prüfen, ob solche Ausgliederungen wirklich sinnvoll sind. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin! Ich glaube, daß gerade in einem sensiblen Bereich wie dem der Arzneimittelüberprüfung und -zulassung eine Ausgliederung nach altbekanntem Muster nicht zum Erfolg führen kann. Ich darf Sie nur an die Vorgänge rund um die Arge Orthopädie oder an den Bericht über den Medikamentensektor in Österreich aus dem Jahr 1996 erinnern. In letzterem wurde klar aufgezeigt, daß im Bereich der Preisgestaltung seit Jahrzehnten eklatante Ungereimtheiten aufscheinen.

Aber auch in der Frage der Zulassung von Arzneimitteln ist größtmögliche Objektivität gefordert. Auch hier sind Zweifel angebracht. Daher, sehr geehrte Frau Bundesministerin, wiederhole ich meinen dringenden Appell, den ich schon im Ausschuß an Sie gerichtet habe, weil mir das wirk­lich ein Anliegen ist: Springen Sie bei geplanten Ausgliederungen über den Schatten des Proporzes und stellen Sie andere, nämlich objektive, ökonomische und gesundheitliche Kriterien in den Mittelpunkt! Ich bin überzeugt davon, daß ein unabhängiges, professionelles Mana­gement erforderlich sein wird, wenn wir in Zukunft auf dem Gebiet der Arzneimittelzulassung und -überprüfung mehr Objektivität haben wollen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Fo­rum.)

22.52


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zum Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte, Frau Mini­sterin.

22.52


Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch¦: Sehr geschätz­ter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir nur wenige Bemerkun­gen zu diesem Gesetzentwurf.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu dieser Vorlage, denn dann ist mein Ressort in der Lage, eine, wie ich meine, sehr sinnvolle Weiterentwicklung im Bereich der Arzneimittelprüfung vorzuneh­men, nämlich die Zusammenführung von drei Standorten auf zwei Standorte und die Zusam­menführung in ein Bundesinstitut für Arzneimittel. Ich glaube, daß mit diesem Schritt letztlich mehr Qualität und Effizienz geschaffen werden kann, selbstverständlich unter Wahrung der Be­schäftigtenrechte der Kolleginnen und Kollegen in den einzelnen Instituten.

Es wird auch zu Synergieeffekten kommen, konkret im Bereich der Mieten, weil aufgrund des Wegfalles eines Standortes auch Mietkosten entfallen. Aber auch im Bereich der Verwaltung und der inneren Organisation sind Synergieeffekte zu erwarten. Wir benötigen diese gesetzliche Ermächtigung, um weitere Schritte vorzunehmen. Daher ersuche ich Sie, diesem Gesetzentwurf die Zustimmung zu geben.

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Pumberger! Erlauben Sie mir, zu der Frage der Gutachter­tätigkeit noch eine ergänzende Bemerkung zu machen, obwohl Herr Abgeordneter Maier schon darauf verwiesen hat: Ich möchte ausdrücklich festhalten, daß im Arzneimittelgesetz vorge­sehen ist, daß externe Gutachter beigezogen werden können. Jene, die sich im Bereich der Pharmazie auskennen – und ich nehme an, sehr geehrter Herr Abgeordneter Pumberger, daß Sie auch dazu gehören –, wissen, daß es extrem viele Themenbereiche in der Pharmazie gibt, sodaß nicht alle Bereiche mit eigenen Gutachtern qualitativ ausreichend abgedeckt werden können. Es ist daher nicht möglich, alle Bereiche durch hauseigene Experten in der Qualität erledigen zu lassen, wie sie auch Ihren Ansprüchen entsprechen würde.

Daher ist die Heranziehung von externen Gutachtern nicht nur durch das Gesetz gedeckt, son­dern auch sehr sinnvoll, wobei dezidiert klargestellt ist, daß es keinen direkten Kontakt zwischen den Firmen, die die Aufträge erteilen, und diesen Gutachtern gibt. Ich finde es richtig, daß Firmen, die einem Bundesinstitut einen Auftrag zur Prüfung eines Arzneimittels geben, auch die Kosten dafür übernehmen. Die Kostenverrechnung erfolgt allerdings über das Ressort und nicht in direktem Kontakt, sodaß es keine Einflußnahme geben kann und totale Objektivität und Quali­tät sichergestellt sind.

Erlauben Sie mir doch auch noch eine Bemerkung zu der Situation der Firma Albovina: Ich finde es nicht sehr fair, wenn hier ein Name in den Raum gestellt wird, der im Zusammenhang mit diesen Vorkommnissen wirklich nicht zu nennen ist, und der Betroffene keine Möglichkeit hat, sich gegen die Herstellung einer solchen Verbindung zu wehren. – Ich möchte mich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ressort ausdrücklich bedanken, insbesondere bei einem Kollegen, dessen wirklich hochqualifizierter Arbeit, dessen Vorsicht und Erfahrung es zu verdan­ken ist, daß dieses Verfahren angestrengt wurde und die Staatsanwaltschaft mit ausreichenden Unterlagen versorgt ist, um entsprechende Ermittlungen vorzunehmen. Auch die Zusammen­arbeit mit dem Innenressort hat uns in die Lage versetzt, Schaden von der österreichischen Be­völkerung abzuhalten. Ich glaube, daß das erwähnenswert ist, und ich hoffe, daß es aufgrund der strengen gesetzlichen Bestimmungen, die wir in Österreich haben, gelingt, den hohen Stan­dard der Versorgung mit Blut nicht nur aufrechterhalten, sondern auch weiterentwickeln zu können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ).

22.56


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Ing. Kaipel vor. – Bitte.

22.56


Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es wurde schon zum wiederholten Male darauf hingewiesen, warum es zu dieser Vorlage gekommen ist, was sie bewirkt und welche Verbesserungen dadurch eintreten. Die Frau Bundesministerin hat es eben auch noch einmal erklärt. Ich darf daher auf eine Wiederholung verzichten und möchte nur festhalten, daß wir durch die Konzentration und Bün­delung des medi­zinischen Wissens und Potentials nicht nur ökonomische Vorteile lukrieren, sondern – was noch wichtiger ist – damit einen weiteren Baustein zu Verbesserung unseres Ge­sundheitssystems im Sinne der Gesundheit unserer Bevölkerung einfügen. – Daher werden wir gerne unsere Zustim­mung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.57


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste und vorläufig letzte Rednerin dazu ist Frau Abgeordnete Dr. Konrad. – Bitte.

22.57


Abgeordnete Dr. Helga Konrad¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich mache es kurz. Ich schließe mich all jenen an, die die Regierungsvorlage über die Änderung des Arzneimittelgesetzes begrüßen.

Ich begrüße diese Regierungsvorlage deshalb, weil dadurch die Möglichkeit zur zeitgemäßen und zukunftsweisenden wissenschaftlichen Beschäftigung mit neuen Arzneimitteln verbessert wird und weil es dadurch zu mehr Transparenz bei den Abläufen und Entscheidungen kommt.

Wenn durch die Zusammenlegung der drei derzeit tätigen Untersuchungsanstalten zu einem Bundesinstitut für Arzneimittel finanzielle Mittel eingespart werden können, dann ist das sicher­lich positiv, und zwar vor allem dann, wenn – und das ist unsere Absicht – durch die Zusammen­legung Mittel in ausreichendem beziehungsweise verstärktem Maß der Gesundheitsvorsorge und der Gesundheitsversorgung zugute kommen und wenn die Qualitätssicherung und Quali­tätsverbesserung gefördert und unterstützt wird.

Rationalisierungen um ihrer selbst willen brächten nichts und wären gerade im Gesundheitsbe­reich nicht zielführend. Für uns steht auch diese organisatorische Maßnahme unter der Zielvor­gabe einer optimalen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Wirtschaftliche und administra­tive Maßnahmen im Gesundheitsbereich sind aus unserer Sicht immer auch an ihrer Wirkung für das gesundheitliche Wohl der Bevölkerung zu messen.

Gewährleistet werden muß – und die Frau Bundesministerin hat es auch noch einmal deutlich gesagt, daß das bei diesem Gesetz der Fall ist –, daß genug qualifizierte Gutachterinnen und Gutachter zur Verfügung stehen, die ihre Arbeit unabhängig von wirtschaftlichen Interessen ver­richten können, also unabhängig von Pharmafirmen, die ihre Tätigkeit sponsern. Denn diese Un­abhängigkeit ist unerläßlich für die Qualitätssicherung im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten.

Die Voraussetzungen für die Erfüllung dieser Anforderungen werden mit der vorliegenden Gesetzesänderung geschaffen. Es geht um einen ersten Schritt, damit anschließend weitere Schritte gesetzt werden können. Deshalb stimmen wir dieser Neuordnung ohne Wenn und Aber zu. (Beifall bei der SPÖ.)

23.00


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlußwort.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1077 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung ertei­len, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß die Vorlage auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Damit haben wir den 2. Punkt der Tagesordnung erledigt.

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1152 der Beilagen): Bundesverfassungsgesetz über den Abschluß des Vertrages von Amsterdam (1168 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Wird eine Berichterstattung gewünscht? – Jawohl. Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser leitet die Debatte durch seine Berichterstattung ein. – Bitte.


Berichterstatter DDr. Erwin Niederwieser¦: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muß eine Druck­fehlerberichtigung vorbringen. Auf Seite 4 des vorliegenden Ausschußberichtes 1168 der Bei­lagen liegt ein Druckfehler vor. Der Ausschußantrag hat richtig wie folgt zu lauten:

„Der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustim­mung erteilen.“ (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Herr Präsident! Die Diskussion kann beginnen.


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Zu Wort hat sich als erster Abgeordneter Herr Dr. Brauneder gemeldet. (Abg. Dr. Khol: Zur Ge­schäftsbehandlung!)

Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Khol, zur Geschäftsbehandlung.

23.02


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Wir haben in der Präsi­diale darüber gesprochen, daß zuerst Herr Mag. Johann Ewald Stadler zu Wort gemeldet ist. Er ist nicht hier. Wenn sich an seiner Stelle Mag. Brauneder meldet, muß er sich hinten anstellen. Er ist nicht gleichzeitig gemeldet. (Rufe bei der ÖVP: Jawohl! – Abg. Madl: Er war vorher schon gemeldet!)

23.02


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter! Ich habe hier die Rednerliste am Bild­schirm mit Dr. Brauneder beginnend. Ich kann das nicht beurteilen. (Abg. Ing. Meischberger: Zur Geschäftsordnung! – Abg. Mag. Schweitzer: Wie in der Kasperlklasse! – Weitere Zwischen­rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Herr Abgeordneter Meischberger, bitte.

23.02


Abgeordneter Ing. Walter Meischberger¦ (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Ab­geordneter Brauneder war gleichzeitig gemeldet. Es handelt sich hiebei nur um eine Umreihung, nicht um eine Nachmeldung.

23.02


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter Dr. Kostelka, bitte.

23.03


Abgeordneter Dr. Peter Kostelka¦ (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Die Be­merkung aus der linken – sprich extrem rechten – Ecke läßt es ja schon vermuten: Eine Umrei­hung, wie sie es wollen, gibt es nach der Geschäftsordnung nicht. Nach der Geschäftsordnung – § 60 Abs. 1 – wird bei gleichzeitigen Meldungen eine ganz bestimmte Abfolge vorgegeben. Und bei der bleibt es auch.

23.03


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter! Ich darf dazu folgendes sagen: Ich habe eben den Vorsitz übernommen. Ich habe hier auf dem Bildschirm als ersten Redner Herrn Dr. Brauneder ausgewiesen und wurde soeben informiert, daß Herr Abgeordneter Mag. Stadler seine Wortmeldung im Sinne des § 60 Abs. 5 der Geschäftsordnung an Dr. Brauneder übertra­gen hat. Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich von diesem Sachverhalt ausgehen muß.

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Brauneder das Wort. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Sonderpräsidiale! – Ruf bei den Freiheitlichen: Oberschaffner! – Abg. Mag. Schweitzer: 23.04 Uhr! – Abg. Dr. Khol: Vor 5 Minuten ist die Um­reihung gewesen! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Herr Abgeordneter Dr. Khol noch einmal zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

23.04


Abgeordneter Dr. Andreas Khol¦ (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich war selbst anwesend, als von einem Klubbediensteten die Ummeldung vorgenommen wurde. Kol­lege Stadler ist nicht im Haus! Wie kann Kollege Stadler mit Kollegen Brauneder tauschen, wenn er gar nicht da ist?

23.04


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter Dr. Khol! Ich sage noch einmal, das ist der Sachverhalt, der mir vorliegt und der mir auch mitgeteilt wurde. Wir können ja morgen früh in der Präsidiale darüber reden.

Aber jetzt erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Brauneder das Wort. (Abg. Dr. Khol: Morgen in der Präsidiale! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

23.05


Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder¦ (Freiheitliche): Hohes Haus! Ich darf an den Tages­ordnungspunkt erinnern, zu dem ich sprechen soll, möchte aber darauf verweisen, daß ich aufgerufen wurde, um jetzt anstelle des Herrn Abgeordneten Stadler zu sprechen. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Herr Präsident! Hohes Haus! Zur Verhandlung steht das Bundesverfassungsgesetz über den Abschluß des Vertrages von Amsterdam. Ich möchte dazu eine doppelte Kritik anbringen: Die eine Kritik richtet sich gegen die Legistik dieser Regierungsvorlage, die zweite betrifft die Verfas­sungssituation insgesamt.

Wie wir aus dieser Regierungsvorlage ersehen, liegt hiermit – wie Sie schon des öfteren gehört haben – ein „Ermächtigungsgesetz“ vor. Erstens will ich diesen Ausdruck aus verschiedenen Gründen entschieden zurückweisen. Ich werde darauf noch eingehen, möchte aber zunächst die primäre Frage stellen: Was liegt mit einem Bundesverfassungsgesetz über den Abschluß des Vertrages von Amsterdam eigentlich vor? Wie wäre die Verfassungslage, wie wäre die Situation, wenn es dieses Bundesverfassungsgesetz nicht gäbe?

Gäbe es dieses Bundesverfassungsgesetz nicht, so müßte dieser Vertrag hier im Hohen Haus ratifiziert werden, und zwar nach den Art. 50 und 44 des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie möglicherweise auch im Hinblick auf Art. 9 Abs. 2. Insbesondere zum Tragen käme vom Art. 50 der Abs. 3, wonach in diesem Staatsvertrag entsprechende Bestimmungen zwingend als verfas­sungsändernd zu kennzeichnen sind. Dies ist hier offenkundig das Problem: Man will die aus­drückliche Bezeichnung „verfassungsändernd“ für einzelne Teile vermeiden und umgehen, weil es – ich räume das durchaus ein – eine legistische Problematik darstellt, in einem derartigen Vertrag solche Bestimmungen ausfindig zu machen.

Das heißt, daß dieses in Rede stehende Bundesverfassungsgesetz sich als eine Lex specialis zu den eben erwähnten Bestimmungen darstellt, und zwar handelt es sich um eine Lex specialis mit einem sehr engen Geltungsbereich, sowohl in sachlicher Hinsicht – sie stellt nämlich nur auf diesen Vertrag von Amsterdam ab – als auch in zeitlicher Hinsicht, weil mit der Ratifizierung auf­grund dieses Bundesverfassungsgesetzes eben dieses Bundesverfassungsgesetz wie­der außer Kraft tritt.

Wie Sie wissen, ist diese Legistik hiermit zum zweiten Mal gewählt worden. Zum ersten Mal wurde sie herangezogen, als es darum ging, den EU-Beitrittsvertrag zu unterzeichnen. Uns liegt damit ein Gesetz vor, das man in gewisser Weise als Maßnahmengesetz kennzeichnen kann. Daß dies im Bereich des Verfassungsrechts geschieht, ist besonders unschön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine zweite Kritik betrifft – in Zusammenhang mit der ersten stehend – die Verfassungssitua­tion insgesamt. Daß wir zum zweiten Mal zu einer derartigen verfassungsrechtlichen Legistik greifen, muß einen bestimmten Grund haben. Der Grund ist darin zu sehen, daß wir in unserer Bundesverfassung auf lange Sicht offenkundig keine Vorsorge getroffen haben, derartiges, von der EU kommendes Primärrecht in unser Verfassungsrecht oder in die einfache Rechtsordnung in Österreich einzugliedern.

In dieser Situation erweist sich ein Blick rechtsvergleichender Natur als hilfreich. Wie sieht dies beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland aus? – Diesen Vergleich ziehe ich insbeson­dere deswegen, weil ein Teil unserer EU-Verfassungsbestimmungen den dortigen Bestimmun­gen wortwört­lich nachempfunden ist.

Der Vertrag von Amsterdam muß in der Bundesrepublik Deutschland wie jeder völkerrechtliche Vertrag ratifiziert werden. Das führt dort der Bundestag mit einem sogenannten Ratifikationsge­setz durch. Ich will hier nicht auf Details eingehen, verweise aber darauf, worin das große Pro­blem in der Bundesrepublik Deutschland besteht: Wenn der Staatsvertrag verfassungsändernd ist – oder wenn zu vermuten steht, daß er dies wäre –, dann ist er in den Text des Bonner Grundgesetzes einzubauen. Wenn dies unterbleibt, riskiert man unter Umständen, daß der ratifi­zierte Vertrag – sprich in diesem Fall: das sogenannte Ratifizierungs- oder Vertragsgesetz – ver­fassungswidrig ist und vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wird.

Daher hat man in der Bundesrepublik Deutschland sehr wohl und sehr bald erkannt, daß es sich bei der Übernahme derartigen EU-Rechts um Spezialfälle handelt, und man hat dort sehr bald legistische Vorkehrungen im Artikel 23 des Bonner Grundgesetzes getroffen. Ich möchte Ihnen die wesentlichen Bestimmungen vorlesen. Es heißt darin:

„Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Ent­wicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föde­rativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz“ – also dem Bonner Grundgesetz – „im wesentlichen vergleichbaren Grundrechts­schutz gewährleistet.“ – Das heißt, man will die EU weiterentwickeln, aber auf einer ganz be­stimmten Basis und in einem ganz bestimmten Rahmen.

Weiters heißt es in der Bestimmung wie folgt: „Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustim­mung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen. Für die Begründung“ – das ist der wesent­liche Satz – „der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen, durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder Ergänzungen ermöglicht werden“, sind bestimmte Regeln zu beobachten.

Meine Damen und Herren! Das heißt, in der Bundesrepublik Deutschland gibt es eine Vorsorge dafür – sozusagen mit Langzeitwirkung –, wie EU-Recht in deutsches Verfassungsrecht umge­setzt wird. Diese Bestimmung habe ich vorgelesen, weil sie einen eklatanten Mangel unserer Verfassungsordnung aufzeigt: Wir haben eine solche Bestimmung nicht. Wir hinken sozusagen von einem EU-Rechtsakt zum anderen und beschließen – leider fälschlich so genannte – „Er­mächtigungsgesetze“, die klar Zeugnis davon ablegen, daß in unserem Verfassungsrecht eine Lücke besteht. Diese Lücke in unserem Verfassungsrecht bedauere ich auch deshalb, weil unsere Verfassung offenkundig nicht ebenso EU-bereit wie die deutsche ist.

Ich bedauere das auch aus einem zweiten Grund: Es würde unserer Verfassung kraft ihrer guten Tradition und ihrer guten Grundsätze ebenfalls gut anstehen, wenn darin eine derartige In­tegrationsschranke festgelegt wäre. (Abg. Dr. Khol: Die Interpretation zur Lücke ist nicht zuläs­sig!)

Es kommt darauf an, ob es eine echte oder unechte Lücke ist, Herr Kollege Khol! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.12


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. – Bitte. (Abg. Dr. Khol – in Richtung seines Klubs –: Warum kommt sie schon? – Abg. Dr. Karlsson: Also, ich war auf der gedruckten Liste, Herr Abgeordneter Khol! Da hat sich nichts geändert!)

23.12


Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Worum geht es? – Herr Abgeordneter Brauneder hat einen richtigen Satz ge­sagt: Wir haben die ganze Diskussion in aller Ausführlichkeit hier schon einmal geführt. Wir haben sie im Ausschuß noch einmal geführt. Die Argumente drehen sich im Kreise und sind be­schränkt. Es geht um die verfassungsmäßige Grundlage zur Genehmigung des Amsterdamer Vertrages, und zwar im Rahmen eines Ermächtigungsgesetzes.

Ich teile das Unbehagen an dem Namen, das auch im Ausschuß geäußert wurde. Die Frage ist nur, wie man es anders nennen soll. Sagt man – unter der Voraussetzung, daß wir die Legisla­tive sind und die Regierung die Exekutive ist – dazu „Exekutionsgesetz“, dann ist das auch nicht schön und erweckt andere Assoziationen, die nicht erfreulich sind. Vielleicht könnte man es ein „Beauftragungsgesetz“ nennen: Die Regierung wird vom Parlament beauftragt, dem Parlament eine Regierungsvorlage zur Beschlußfassung des Amsterdamer Vertrages vorzulegen. Das wäre eine Möglichkeit.

Es geht darum, daß ein zweistufiges Verfahren in Gang gesetzt wird. Heute ermächtigen wir die Regierung, danach wird es eine ausführliche inhaltliche Diskussion geben. Der Zeitablauf ist festgelegt – das wird auch in meinem Abänderungsantrag angesprochen –, nämlich in der Weise, daß Österreich am 1. Juli 1998 die Präsidentschaft der EU übernimmt und es daher günstig ist, die Diskussion und Verabschiedung des Amsterdamer Vertrages bis dahin über die Bühne gebracht zu haben.

Darum geht es und um nichts anderes. Die Argumente sind, wie gesagt, in diesem Hause be­reits vorgebracht worden. Unsere Fraktion findet dieses zweistufige Verfahren angemessen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.14


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

23.14


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die liberale Fraktion findet dieses Verfahren nicht ange­messen. Da Frau Kollegin Karlsson mit den Worten geschlossen hat, sie finde das zweistufige Verfahren dem Problem angemessen, möchte ich dem entgegenstellen, daß wir dieses Verfah­ren dem Problem nicht angemessen finden. Wir sind vor allem der Meinung, daß die Regie­rungsvorlage selbst, aber auch die Debatte im Verfassungsausschuß gezeigt haben, daß damit in unbilliger Weise der Versuch unternommen wird, eine Analogie zum seinerzeitigen Bundes­verfassungsgesetz über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union herzustellen. Dies ist deswegen eine unzulässige Analogie, weil dieses zweistufige Verfahren damals von einer Volks­abstimmung begleitet war.

Der qualitative Unterschied ist in dieser Angelegenheit ganz wesentlich. Denn sonst würde nach unserer Auffassung die Methode einreißen, daß sich die Bundesregierung grundsätzlich solche Ermächtigungsgesetze holt, um anschließend vermeiden zu können, daß internationales Recht in ordnungsgemäßer Weise in das innerstaatliche Recht transformiert wird. Herr Kollege Brauneder hat hier bereits die entsprechenden Ausführungen dazu vorgetragen. Die Debatte im Ausschuß war wohl ebenfalls eindeutig eine Debatte um die Frage: Können wir es uns auf Dauer leisten, daß wir mit unserer Bundesverfassung so schlampig umgehen?

Ich habe auch im Ausschuß gesagt: Die Regierungsparteien haben die Zweidrittelmehrheit, aber das ist kein Grund dafür, daß sie mit der Zweidrittelmehrheit sorglos umgehen! (Beifall beim Liberalen Forum.) Auch von Klubobmann Khol wurde in der Debatte im Ausschuß daran er­innert, daß seinerzeit bei der Erörterung des Verfahrens zum Beitritt Überlegungen angestellt wurden, daß man in Zukunft eventuell einen anderen Weg gehen wird.

Dieser andere Weg kann aber nicht bedeuten, daß eine niedrigere Schranke eingezogen wird, als sie jetzt durch den Art. 50 der Bundesverfassung gegeben ist. Zufolge dieses Artikels müßten nämlich alle verfassungsändernden Bestimmungen ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Es wäre in Anbetracht der Tatsache, daß wir nunmehr Mitglied der Europäischen Union sind und ähnliche Rechtsvorgänge noch öfter auf uns zukommen werden, sicherlich ohne weite­res möglich, daß wir in aller Ruhe und Sorgfalt beraten, welchen neuen Artikel wir in der Bun­desverfassung brauchen, damit wir künftig in einer ordentlichen, einfachen, übersichtlichen und politisch verträglichen Form solche internationalen Verträge der EU bei uns implementieren können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.17


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dr. Mock zu Wort. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

23.17


Abgeordneter Dr. Alois Mock¦ (ÖVP): Meine Damen und Herren! Sicherlich kann man hier über die realistische Vorgangsweise diskutieren. Da die Vorgangsweise, die wir beim Beitritt – einem noch viel wichtigeren Akt – gewählt haben, auch vor dem Verfassungsgerichtshof durchaus Respekt gefunden hat, ist es, denke ich – wir haben ja in der Präsidiale sehr eingehend darüber gesprochen (Abg. Dr. Kier: Volksabstimmung!) –, durchaus gerechtfertigt, auch in diesem Fall diese Vorgangsweise zu wählen. (Abg. Dr. Gredler: Machen Sie eine Volksabstimmung!)

Das wichtige ist, daß in diesem Vertrag von Amsterdam mehr Sicherheit und mehr Chancen für den Frieden in Europa enthalten sind, weil dies ein weiterer Schritt zur Integration ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich möchte in keiner Weise die juristische Korrektheit minder einschätzen, aber das ist das Ziel der Europäischen Integration.

Meine Damen und Herren! Ich möchte hier nur ganz kurz auf diesen Faden verweisen, der sich durchzieht, angefangen von der europäischen Idee nach dem Zweiten Weltkrieg bis herauf zu den letzten Beratungen in Avignon, wo wieder deutsch-französische Beratungen nach dem etwas schwierigen Prozeß im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion stattgefunden haben. Damals war die Rede von der immer strenger und enger werdenden Zusammenarbeit. Das heißt, die Zusammenarbeit war ein dynamischer Prozeß. Der Begriff der „immer engeren Zusammenarbeit“ hat sich schon 1948 auf der ersten großen Konferenz der Europabewegung in Den Haag gefunden, und er hat sich dann neuerlich in den Verträgen der Montanunion gefun­den.

Es gab immer wieder Rückschläge. Die Montanunion war der erste große Vertrag, der rechtlich die Integration begründet und das Ziel klargemacht hat. Das Ziel ist ein Europa, das nie mehr einen nationalen Krieg des einen Volkes gegen das andere kennt. Da war der Schwung so groß, daß man gesagt hat: Nach der Montanunion werden sofort die Politische Union und die Verteidi­gungsunion kommen. Aber die Verteidigungsgemeinschaft blieb stecken: Sechs Staaten haben unterschrieben, aber nur fünf ratifiziert, sodaß die Verteidigungsunion nicht zustande kam. Auch die Politische Union blieb damals liegen.

Man ging auf den wirtschaftlichen Sektor über. Es kam zu den Römer Verträgen über die Grün­dung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Euratom. Über die Wirtschaft wollte man die Völker zusammenbringen, und das ist auch gelungen.

Dann kam der große Bogen: Anfang der siebziger Jahre wurde aufgrund eines Berichtes des luxemburgischen Ministerpräsidenten Pierre Werner wiederum ein Beschluß für eine Wirt­schafts- und Währungsunion gefaßt. Auch dieser Bericht blieb stecken. Es kam dann zur Ein­heitlichen Europäischen Akte, wodurch vor allem der Gemeinsame Markt festgelegt wurde.

Danach folgte der große Schritt von Maastricht. Dort wurde zum ersten Mal die Gesamtheit der Integrationsmaßnahmen in Richtung einer Politischen Union kanalisiert, und dort begannen auch die Verpflichtungen zur Wirtschafts- und Währungsunion. Die Wirtschafts- und Währungs­union war die einzige große Möglichkeit, einen Qualitätssprung im Bereich der europäischen Einigung durchzuführen. Damit war automatisch die Notwendigkeit fixiert, auch die Budgetpolitik der einzelnen Mitgliedstaaten enger zusammenzuführen und zu koordinieren. Es wurde ein großes Maß an Disziplin verlangt.

Meine Damen und Herren! Wer hätte noch vor zehn Jahren annehmen können, was etwa Italien inzwischen an beispielhaften, engagierten, disziplinierten Maßnahmen im Sinne der Sanierung der Staatsfinanzen durchgeführt hat? – Niemand hätte das geglaubt! Der Wettbewerb ist in ge­wissem Maße eine gute Einrichtung. Der Wettbewerb, der Erste in Europa zu sein, hat viele Vor­teile gebracht: Sanierung, neue Chancen, neue Wettbewerbsfähigkeit. Amsterdam hat manches ergänzt, was Maastricht noch nicht leisten konnte. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher ist dieser Vertrag aus meiner Sicht ein Zeichen der Hoffnung darauf, daß es trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge weitergehen wird. Er ist auch eine Ermahnung, Ideale mit Realismus durchzuführen, also jene Vorgangsweise einzuhalten, zu der Jean Monnet geraten hat: Nicht mit einem großen Schwung, nicht mit einer Verfassungsurkunde und einer konstitutio­nellen Versammlung werden die Vereinigten Staaten von Europa geschaffen, sondern Schritt für Schritt in einem demokratischen Prozeß, oft mühsam, Ausdauer erfordernd, aber letztlich immer mit Erfolg.

So wird es auch bei der sogenannten Erweiterung um die Länder aus Osteuropa und Zentral­europa sein. Es wird schwieriger werden, als wir es uns vorstellen und als diese Länder es sich vorstellen, es wird länger dauern, als sie es sich vorstellen und als wir Österreicher es uns wünschen, aber es wird notwendig sein. Wir sollten es aktiv betreiben.

Meine Damen und Herren! Gerade dann, wenn wir kein Lohndumping wünschen, brauchen wir in diesen Ländern die gleichen Bedingungen wie bei uns. Solange die Differenz in den Lebens- und Produktionsbedingungen so groß ist wie jetzt zwischen Österreich und den Nachbarstaaten, so lange wird die junge Generation sich immer wieder verzweifelt bemühen, herüberzukommen und auf dem Schwarzmarkt angeworben zu werden sowie unter Umständen auch das Lohn­niveau zu drücken. Wenn aber dort unter dem gleichen Wettbewerbsdruck wie bei uns produ­ziert werden muß, dann wird es so sein, daß diese Immigration weitgehend wegfällt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dort, wo konkrete Interessen bestehen, werden Übergangslösungen gefunden werden. Das war bisher schon so und wird auch weiterhin so sein. Aber diese Länder auszuschließen, würde so­wohl der moralischen Solidaritätsverpflichtung als auch den konkreten wirtschaftlichen Inter­essen nicht entsprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir sollten auch in diesem Fall das Rezept befolgen, das sich in den letzten Jahrzehnten bewährt hat: Etwas mehr Zuversicht, etwas mehr Optimismus! Die Österrei­cher sind besser, als sie selbst gelegentlich glauben. So werden wir auch diesen Prozeß, diesen Friedensprozeß der Erweiterung um neue Länder, sicherlich bewältigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.24


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Frau Ab­geordnete, Sie haben noch eine Redezeit von 18 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

23.24


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Mock! In aller Kürze: Was die inhaltliche Beurteilung des Amsterdamer Vertrages und die Frage der Osterweiterung betrifft, wird es meiner Ansicht nach viel zu sagen geben. Aus unserer Sicht gehört dazu sehr viel Kritik am Amsterdamer Vertrag. Zu etlichen Argumenten, die Sie hier im Zusammenhang mit der Osterweiterung geäußert haben, teile ich Ihre Einschätzung, nur ist das heute noch nicht das Thema. (Abg. Dr. Karlsson: Ge­nau!)

Heute geht es um die Schaffung der verfassungsmäßigen Grundlage für die Übernahme des Vertrages. In dieser Hinsicht teile ich die Meinung der anderen Oppositionsparteien: Dieses Ver­fahren ist nicht nur nicht korrekt, sondern auch gefährlich. Gefährlich ist es vielleicht nicht hier und heute in einer – so schätzen wir sie ein – trotz einiger Turbulenzen und Skandalereignisse doch gefestigten Demokratie, aber man sollte keine Gesetze machen, die unter geänderten Rahmenbedingungen vielleicht zum Bumerang werden könnten.

Zum ersten: Frau Abgeordnete Karlsson hat bereits die nicht nur unglückliche, sondern in Öster­reich wirklich unmögliche Bezeichnung des Gesetzes erwähnt: Von „Ermächtigungsgesetzen“ sollte man in diesem Land die Finger lassen!

Zweitens wurde argumentiert, man wolle dasselbe Verfahren wie 1994 wählen. Aber das ist es bitte nicht! 1994 gab es eine Volksabstimmung und ein Verfassungsgesetz. Diesmal läßt man den einen Teil – nämlich die Volksabstimmung – weg und spricht trotzdem von demselben Ver­fahren. Das ist nicht der Fall.

Jetzt sagt man: Man hat schon damals die verfassungsändernden Teile nicht bezeichnet, daher könne man dies jetzt gar nicht tun. Aber es waren sämtliche Oppositionsfraktionen bereit, über einen verfassungskonformen Weg nachzudenken, auf dem wir ohne dieses sogenannte „Ermächtigungsgesetz“ dem Willen der Mehrheit – wie auch immer sich dieser herausstellen wird –, dem Willen einer Zweidrittelmehrheit Rechnung tragen können. Es ist unbestritten, daß das zu geschehen hat.

Meine Einschätzung, daß dieses Verfahren gefährlich sein kann, gründet sich vor allem auf fol­gende Überlegung. Ohne Zweifel sind 1994 die Bauprinzipien dieser demokratischen Republik Österreich – basierend auf einem Votum des Souveräns – verändert worden. In welcher Art und Weise sie verändert worden sind, ist jetzt schwer feststellbar, da der Kanon des österreichi­schen Verfassungsrechts – des Verfassungsrechts sui generis, wie Sie es im Ausschuß ge­nannt haben – nicht mehr bezeichnet und daher auch nicht mehr eingrenzbar ist.

Jetzt frage ich Sie: Wo wäre der Punkt gegeben, ab dem wir wieder von einer Gesamtänderung der Verfassung reden müßten? Wie weit könnte ein weiterer grundlegender Vertrag auf Unions­ebene überhaupt zu der Einschätzung führen, daß es sich um eine Gesamtänderung handelt, wenn wir den Bestand des Verfassungsrechts – dieses mir nicht näher bekannten Verfassungs­rechts sui generis – und der einfachgesetzlichen Rechtslage nicht mehr feststellen können? Ist jede weitere Änderung des demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzips eine Gesamtände­rung? Welche Änderung ist es nicht? – Ich denke, gerade bei der Verfassungsgeschichte dieses Landes müssen wir darauf bestehen, in diesen Fragen sorgfältig zu sein. Und diese Sorgfalt ver­misse ich! Grundlos, wie gesagt, denn wir hätten einen anderen Weg gehen können.

Damit komme ich zum dritten und letzten Punkt: Einigermaßen verärgert war ich über das Vor­blatt zum Gesetz. Denn wenn uns darin wortwörtlich mitgeteilt wird: „Alternativen: Keine“, dann muß ich sagen, das stimmt nicht! Es war bereits in der Präsidiale – basierend auf einer Informa­tion des Präsidenten – sehr wohl von mehreren Alternativen die Rede. Diese hat man offenbar politisch nicht gewollt. Aber zu schreiben, daß es keine Alternativen gegeben hätte, ist falsch. Ich wünsche eigentlich nicht, daß von Regierungsseite derart falsche Informationen an das Parlament weitergeleitet werden.

Auch in bezug auf die Kosten steht in diesem Vorblatt: „Kosten: Keine.“ – Das ist ebenfalls falsch. Denn selbst, wenn es dabei nur um die verfassungsmäßige Grundlage geht, ist festzu­halten, daß jeder gesetzgeberische Akt selbstverständlich Kosten im Sinne der Kostenrech­nungsrichtlinien des Bundes verursacht.

Sie sollten sich diese Richtlinien bessern anschauen! Denn ich finde, es ist ein starkes Stück, daß das Parlament immer wieder die Einhaltung des Bundeshaushaltsrechts moniert und auf § 14 des Bundeshaushaltsgesetzes hinweist, man sich in der Praxis um diese Regelung jedoch offenbar überhaupt nicht kümmert.

Aus diesen drei Gründen können wir dem vorliegenden Regierungsentwurf nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

23.31


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Dr. Gredler vor. 7 Minuten Redezeitbegrenzung. – Bitte.

23.31


Abgeordnete Dr. Martina Gredler¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mir die Freiheit herausnehmen und – wie Herr Ex-Außenminister Mock – über den Inhalt des Vertrages sprechen.

Zunächst zitiere ich Frau Ursula Stenzel, die gesagt hat: „Ein Berg hat gekreißt, und eine Maus wurde geboren.“ – Wie recht sie hat! Wir alle sind enttäuscht über die Amsterdamer Ergeb­nisse. Wir alle haben uns mehr erwartet, und einige Reformen vermissen wir sehr.

So etwa ist die EU der Menschenrechtskonvention nicht beigetreten. Das, Herr Abgeordneter Schwemlein, ist eine wichtige Information, und vielleicht könnten Sie mit mir darum kämpfen, daß die EU beitritt, damit wir die Menschenrechtssituation innerhalb der EU verbessern können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber, Herr Abgeordneter Schwemlein, es geht noch weiter: Es gibt kein europaweites men­schenrechtskonformes Asylrecht, und es gibt keine ausreichenden Rechte für Drittstaats­ange­hö­rige. Die Transparenz bei EU-Entscheidungen läßt zu wünschen übrig. Die Betrugsbekämp­fung ist weiterhin nur halbherzig verankert. Außerdem ist es zu keinen klaren Bestimmungen betref­fend den Ausstieg aus der Atomkraft gekommen.

Herr Abgeordneter Schwemlein! Sie werden zugeben, daß Sie es genauso gerne gesehen hätten wie ich, daß der Ausstieg aus der Atomenergie dort verankert wird. Das ist nicht gesche­hen, und Österreich hat es auch nicht hineinmoniert. Daher sieht unsere Fraktion in diesem Be­reich Handlungsbedarf. Ihnen mag die Atomenergie vielleicht nicht so am Herzen liegen. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Wir halten es jedoch für sehr wichtig, daß wir in Europa ein Aus­stiegsszenario entwickeln. Daher bedauere ich, daß wir es nicht geschafft haben!

Weiters läßt das Mitwirkungsrecht des Europäischen Parlaments zu wünschen übrig. Ich würde mir wünschen, daß das EP für das Budget die volle Kompetenz bekommt und nicht nur die Hälfte des Budgets mitbestimmen kann. Bedauerlicherweise kann der gesamte Agrarsektor vom Europäischen Parlament nicht mitbestimmt werden, obwohl es in diesem Sektor die meisten Schwierigkeiten gibt. Herr Abgeordneter Schwemlein, Sie werden mir recht geben müssen.

Was sollten wir tun? – Wir müssen gemeinsam um eine Verbesserung der Mitbestimmungs­rechte kämpfen. Wir brauchen ein Initiativrecht für das Europäische Parlament, damit wir in dieser Angelegenheit weiterkommen und einerseits die Finanzierung für die Bauern sichern, andererseits aber auch für andere Arbeitslosenprogramme genug Geld aufbringen können.

Ich komme schon zum Schluß, weil Herr Abgeordneter Schwemlein schon sehr müde ist und nach Hause gehen möchte. Bei den qualifizierten Mehrheitsentscheidungen fehlen weiterhin die Bereiche – und die würde ich mir wünschen – Steuern, sensible Umweltfragen, Kultur, Industrie, Freizügigkeit, Niederlassungsrecht, soziale Sicherheit. – Soziale Sicherheit müßte Ihnen auch am Herzen liegen, Herr Kollege, auch wenn Sie jetzt müde sind!

Wir würden uns wünschen, daß es zu einer breite Debatte nicht nur im Parlament, sondern auch mit der Bevölkerung kommt. Dazu ist es nicht gekommen. Der Unterschied zu den Vorkommnis­sen rund um unseren Beitritt zur EU besteht darin, daß vorgelagert eine Volksabstimmung statt­gefunden hat. Dazu kommt es bei dem Vertrag von Amsterdam eben nicht. Darin liegt der qualita­tive Unterschied, und deswegen wird meine Fraktion heute gegen diesen Antrag stim­men. (Bei­fall beim Liberalen Forum.)

23.35


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist ge­schlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstattung wurde nicht gewünscht.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzent­wurf samt Titel und Eingang in 1168 der Beilagen.

Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf handelt es sich um ein Bundesverfassungsgesetz, sodaß ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 1 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforder­liche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Zahl der Abgeordneten fest­stelle.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf stimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Ich stelle in diesem Zusammenhang ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zwei­drittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zu­stimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

4. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgeset­zes, mit dem das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstraf­gesetz 1991, das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Agrar­verfahrensgesetz, das Auskunftspflichtgesetz, das Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Sicherheitspolizeigesetz, das Fremdenge­setz 1997, das Handelsgesetzbuch, das Volksanwaltschaftsgesetz 1982, das Bundesge­setz über das Bundesgesetzblatt 1996, das Verlautbarungsgesetz 1985 und das Bundes­straßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert werden (1167 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir kommen jetzt zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Daher erteile ich als erstem Redner in dieser Debatte Abgeordnetem Dr. Jarolim das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.37


Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! In gebotener Kürze: Wir diskutieren heute eine Verwaltungsverfahrensre­form, die aufgrund der Verkürzung und der Vereinfachung der Verwaltungsverfahren einen Quantensprung darstellen könnte. Dabei ist besonders zu betonen, daß die gesamte Reform hier im Hause erstellt und ausdiskutiert wurde. Der Entwurf hat hohe Qualität, und ich möchte mich gleich eingangs bei allen bedanken, die daran mitgearbeitet haben, besonders bei Herrn Professor Dr. Ewald Wiederin für seine Mitarbeit zum Thema Anlageverfahren und bei Herrn Mag. Christoph Lanner zum Thema UVS.

Negativ ist zu bemerken, daß wir in der ursprünglichen Konzeption eine weitere Verbesserung vorgesehen hatten, die eine weitere Vereinfachung mit sich gebracht hätte, die aber bedauer­licherweise nicht durchsetzbar war.

Nur ganz kurz zu den Schwerpunkten: Es gibt eine Neugestaltung bei der Antragstellung an die Behörde. Es gibt die Möglichkeit, zukünftig nicht nur formelle, sondern auch inhaltliche Mängel während des Verfahrens zu korrigieren und die Anträge auch im Berufungsverfahren noch zu ändern. Es gibt eine Neuregelung bei der Präklusion, die in der Form aufgebaut ist, daß nun­mehr der Verlust der Parteienstellung eintritt, wenn nicht bis zum Schluß der Verhandlung Ein­wendungen erhoben werden.

Eine Besonderheit gilt für Großverfahren, also für Verfahren mit über hundert Beteiligten, für die für maximale Publizität gesorgt ist. Es wird eine Kundmachung des Antrages in zwei Tages­zeitungen und gleichzeitig auch im Amtsblatt zur „Wiener Zeitung“ erfolgen. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, daß in das Amtsblatt zur „Wiener Zeitung“ zukünftig auch im Internet Einsicht genommen werden kann. Auch dadurch wird es zur einer Erhöhung der Publizität kommen.

Verlust der Parteistellung im Großverfahren tritt dann ein, wenn vor der Verhandlung Einwen­dungen nicht fristgerecht erhoben werden.

Zusammengefaßt: Es wird durch die Vereinfachung des Verfahrens zu einer erheblichen Ver­kürzung der Verfahrensdauer und damit zu einem eminenten Vorteil für den Wirtschaftsstandort Österreich kommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.39


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte, Herr Ab­geordneter.

23.39


Abgeordneter Karlheinz Kopf¦ (ÖVP): Herr Präsident Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Der Inhalt der vorliegenden Gesetzesnovelle ist für die Zukunft der Verwal­tungsverfahren tatsächlich bedeutsam. Mein Kollege Jarolim ist auf den Inhalt ohnedies schon kurz eingegangen, daher genügt es angesichts der fortgeschrittenen Stunde meiner Meinung nach, wenn ich Sie alle darauf verweise, daß Sie das Vorblatt, also die Einleitung, und auch die Erläuternden Bemerkungen zum Inhalt dieses Gesetzes lesen könnten.

Ganz kurz möchte ich Sie auch noch auf den Entstehungsprozeß dieses Gesetzes aufmerksam machen, der ein besonderer und in gewisser Weise auch einzigartiger war: Klagen über lange und zu lange Verwaltungsverfahren hört jeder von uns oft. Wir erheben diese Klage selber immer wieder in Gesprächen. – Die Ursachen dafür sind vielfältig: Zersplitterung der Gesetzes­materien sowohl hinsichtlich der Verfahrensbestimmungen als auch der materiellen Inhalte. Die Aufforderung zu einer Novellierung an das zuständige Ressort hat in den letzten Jahren jedoch keinen Erfolg gebracht. Daher habe ich zunächst innerhalb der ÖVP im Rahmen einer Arbeits­gruppe mit Experten einen Entwurf ausgearbeitet. In der Folge gab es einen zweiten Entwurf von der SPÖ, und schlußendlich haben wir uns im Unterausschuß darauf geeinigt, unter Einbin­dung aller Fraktionen einen dritten Vorschlag zu erarbeiten, der zum Beschluß erhoben werden konnte. Auf diesem Wege war es also möglich, im Ausschuß eine einstimmige Beschlußfas­sung herbeizuführen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie man sieht, ist es möglich, auch wenn einmal auf ministe­rieller Ebene zunächst nichts geschieht – nachher war die Zusammenarbeit im BKA und in unseren Klubs sehr gut, und ich möchte mich dafür bei allen Beteiligten sehr, sehr herzlich be­danken –, in unseren Reihen eine Gesetzesinitiative in der Weise auf die Beine zu stellen, daß letztlich ein Gesetz zur Beschlußfassung ansteht, mit dem wir, wie ich meine, alle sehr, sehr zu­frieden sein können. – Herzlichen Dank! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

23.41


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder.

Zunächst hat sich jetzt aber noch Herr Abgeordneter Schieder zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

23.41


Abgeordneter Peter Schieder¦ (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich habe leider kein Mikrophon, ich muß daher laut reden.

Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß Abgeordneter Stadler jetzt zu Wort gemeldet war. Da er aber nicht anwesend ist, hat die Klubordnerin irgend jemanden anderen nominiert, obwohl in der Präsidiale heute nachmittag vereinbart wurde, daß dieser Vorgang nicht möglich ist. Sie haben bei einem ähnlichen Fall einmal gesagt, daß Sie nicht kontrollieren können, ob sich Stadler selbst umgemeldet hat, weil Sie nicht da waren.

Jetzt waren Sie aber da, Herr Präsident. Es war eine Kollegin von ihm, die Ordnerin des Klubs, die ihn umgemeldet hat, nicht er selbst. Das widerspricht der Vereinbarung! Stadler wäre zu streichen, und Herr Präsident Brauneder – den wir alle natürlich sehr gerne hören als Redner –, hätte als letzter zu sprechen und nicht auf diesem Platz der Rednerliste! (Beifall bei der SPÖ.)

23.42


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter! Es entspricht einer ständigen Praxis in diesem Haus, daß eine Ummeldung durch den vom Klub nominierten zuständigen Abgeordne­ten erfolgen kann. Und bei dieser Praxis bleibe ich jetzt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe.)

23.42


Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder¦ (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte eingangs festhalten, daß es mir, was mich betrifft, wirklich völlig egal ist, ob ich 10 Minuten früher oder später spreche. Ich glaube, wenn ich jetzt spreche, dann ist es schneller vorbei. So könnte man es auch sehen! (Anhaltende Zwischenrufe.)

Ich möchte auch noch ganz kurz zu diesem Gesetzentwurf Stellung nehmen. Da es sich hiebei nicht um die Umsetzung von EU-Recht handelt, sondern um einen Rechtsakt, der völlig in unserer Souveränität liegt, ist meine Kritik auch ganz gering. Sie ist sozusagen Null, weil der Ge­setzestext, wie er jetzt vorliegt, von zwei Beamten des Hauses erarbeitet wurde, nämlich, wie ich glaube, von einem Klubbeamten der Sozialdemokraten und von einem Klubbeamten der Frei­heitlichen. (Zwischenruf des Abg. Kopf. – Weitere Zwischenrufe.)

Ich möchte nur festhalten, daß es sich hierbei um eine äußerst notwendige Reform dieser Ver­fahrensgesetze handelt. Ich kann Ihnen ankündigen, daß meine Fraktion zustimmen wird. Und wenn sich herausstellen sollte, daß auch seitens der Österreichischen Volkspartei und anderer hier im Hause vertretenen Parteien wesentliche Gedanken eingeflossen sind, wird unsere Zu­stimmung umso freudiger gegeben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.44


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

23.44


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Ich kann mich meinen Vorrednern anschließen. Der Grund, warum ich überhaupt zum Rednerpult gehe, ist, daß auch ich es für notwendig erachte, einen gewissen Dank auszusprechen. Denn das heute zur Beschlußfassung stehende Gesetz bringt wirklich wesentliche Fortschritte. Das wollte ich ausdrücklich zu Protokoll geben. Meine Fraktion wird zu­stimmen. – Danke schön. (Bravorufe. – Beifall beim Liberalen Forum.)

23.45


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

23.45


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist jammerschade, daß eine so bedeutsame Materie um diese Nachtzeit verhandelt wird. Ich werde mir erlauben, im Rahmen der Budgetde­batte im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform inhaltlich darauf einzugehen. – Für heute empfehle ich die Zustimmung. (Bravorufe. – Beifall bei der SPÖ.)

23.46


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Frau Abgeordnete Mag. Frieser ist die nächste Rednerin. 5 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Rufe: Zwei Minuten! – Eine Minute!)

23.46


Abgeordnete Mag. Cordula Frieser¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was hier noch nicht erwähnt wurde, ist, daß es sich bei dieser Reform des AVG um eine Initiative des Kollegen Kopf handelt. Ein dreifaches Hoch dem Kollegen Kopf! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

23.47


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Sie haben noch 12 Minuten Redezeit. – Bitte.

23.47


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Über die Inhalte des Gesetzes wurde zwar wenig gesagt, sie sind jedoch ohnedies nachzulesen. Ich möchte nur ganz kurz hervorheben, daß auch ich meine, daß Abgeordneter Kopf tatsächlich Lob verdient. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Bravorufe bei der ÖVP.)

Aus unserer Sicht geben die Ergebnisse zwar nicht Anlaß zur Euphorie, im Zuge der Verhand­lungen hat sich aber gezeigt, daß die Opposition in den Verfahren ernstgenommen wurde und daß es möglich war, tatsächlich substantielle Verbesserungen einzubringen.

Ich kann daher heute mit gutem Gewissen sagen: Es ist dies ein Kompromiß, von dem wir glauben, daß er sich in der Praxis bewähren kann. Ich habe das Gefühl, daß es damit für die be­troffenen Bürgerinnen und Bürger in Zukunft möglich sein wird, ihre ökologischen Interessen wahrzunehmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.48


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist ge­schlossen.

Seitens des Berichterstatters wird kein Schlußwort gewünscht.

Wir schreiten daher sofort zur Abstimmung, und zwar über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1167 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Die Annahme erfolgt einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte ebenfalls um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf wurde auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

5. Punkt

Regierungsvorlage: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bolivien über die Förderung und den Schutz von Investitionen (667 der Beilagen)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir kommen jetzt zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Von der Vorberatung in einem Ausschuß wurde gemäß § 28a der Geschäftsordnung Abstand genommen.

Es liegt dazu keine Wortmeldung vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr gemäß § 65 der Geschäftsordnung zur Abstimmung.

Gegenstand der Abstimmung ist die Genehmigung des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Bolivien über die Förderung und den Schutz von Inve­stitionen in 667 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist die Mehrheit. Die Zustimmung wurde mehrheitlich erteilt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Anfra­gen 4399/J bis 4404/J eingelangt sind.

Feststellung betreffend unentschuldigte Abwesenheit eines Abgeordneten


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich stelle fest, daß Herr Abgeordneter Peter Rosenstingl die­ser Sitzung unentschuldigt ferngeblieben ist.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Mittwoch, den 13. Mai 1998, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 23.52 Uhr

 

 

                                         Österreichische Staatsdruckerei: 85 0367