Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 121. Sitzung / 102

nicht alles im Bereich des Behindertensports bereits geschehen sei und wie fortschrittlich Österreich in diesem Bereich bereits sei.

Herr Kröll hat wahrscheinlich übersehen - vielleicht hat er seine Post heute noch nicht angeschaut -, daß alle 183 Abgeordneten ein Schreiben bekommen haben (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe. - Abg. Grabner: Das hat er unterschrieben! - Abg. Schwarzenberger: Er tut viel für den Behindertensport!), und zwar vom Bürgermeister und Abgeordneten zum Nationalrat Herrn Hermann Kröll, mit der Bitte, man möge doch eine Patenschaft für den Behindertensport übernehmen. Und jetzt frage ich Sie, meine Damen und Herren: Wenn wir im Behindertensport bereits so große Erfolge erzielt und eine so gute gesetzliche Absicherung haben, wie Sie vorher gesagt haben, warum ist es dann noch immer notwendig, daß man solche Bettelbriefe an die Wirtschaft und an die Abgeordneten verschickt?

Ich kann Ihnen schon sagen, warum: weil nämlich die Finanzierung im Behindertensport so gut wie ungeklärt ist. Es ist wirklich ein Trauerspiel, daß heute Athleten um eine Patenschaft durch Abgeordnete betteln müssen, weil im Sportbudget nicht einmal sichergestellt werden kann, daß die österreichischen Sportler bei internationalen Veranstaltungen ganz regulär aus der Sportförderung finanziert werden. Das betrifft zum Beispiel speziell die Veranstaltung am 22. Juni, zu der immerhin 1 100 Athleten aus aller Welt kommen werden. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kröll! Sie müssen sich entscheiden: Entweder ist der Behindertensport schon so gut mit finanziellen Mitteln ausgestattet, wie Sie gesagt haben, dann bedarf es dieses Briefes von Ihnen nicht mehr, oder Sie haben sich in Ihrer Rede geirrt, und der Behindertensport ist finanziell so miserabel ausgestattet, daß Sie leider noch immer solche Bettelbriefe ausschicken müssen. Sie müssen für sich die Entscheidung treffen - entweder die eine oder die andere. Ihre heutigen Ausführungen stimmen mit dem Verschicken dieser Bettelbriefe jedenfalls nicht überein. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Sportbereich ist noch einiges zu sagen. Sie wissen ganz genau, daß sehr viel Geld in den Sportvereinen hängenbleibt, es wird für Strukturkosten ausgegeben. Ich glaube, es müßte im Behindertensport, so wie im Nichtbehindertensport, endlich einmal die Überlegung angestellt werden, ob nicht die Förderungen anstatt an die einzelnen Vereine - da gibt es einen A- und einen B-Kader - an die Athleten direkt gehen sollten, damit die Athleten eine Sockelfinanzierung zur Ausübung ihres Sportes haben.

Sie wissen, daß es nicht gelungen ist, Sponsoren aus der Wirtschaft zu bekommen, die den Behindertensport genauso wie den Nichtbehindertensport finanzieren. Das ist nicht gelungen. Gute Behindertensportler, die sehr viel Einsatz bringen und sehr viel unterwegs sein müssen, können sich ihren Sport inzwischen aus finanziellen Gründen nicht mehr leisten. Sie können weder an Meisterschaften noch an ausländischen Großveranstaltungen teilnehmen, weil das mit dem privaten Geld ganz einfach nicht mehr möglich ist. Diesbezüglich wäre einiges zu überlegen und anzugehen.

Auch die Sportstätten lassen zu wünschen übrig. Es gibt noch kaum Sportstätten, die wirklich so adaptiert sind, daß sie für alle benutzbar sind, nämlich auch für Behinderte. Ich meine also, gerade im Bereich des Behindertensportes ist noch einiges zu tun, und es besteht überhaupt kein Grund zur Euphorie oder dafür, so zu tun, als ob in Österreich der Behindertensport dem Nichtbehindertensport bereits gleichgestellt wäre. Das ist nicht der Fall, obwohl in Artikel 7 Abs. 2 der Bundesverfassung voriges Jahr im Juli festgeschrieben wurde, daß Behinderte und Nichtbehinderte gleichgestellt werden müssen. Die Verwirklichung des Gleichheitsgrundsatzes haben Sie in diesem Bereich noch einzulösen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte mich aber in meiner Rede nicht nur auf den Sportbereich beschränken, sondern es gibt auch einiges zum Bereich Frauenangelegenheiten und behinderte Frauen zu sagen.

Frau Ministerin Prammer! Ich kann es Ihnen nicht ersparen: In Ihrem Maßnahmenpaket zur Wiedereingliederung von Frauen wird nicht ein einziges Mal der Begriff "behinderte Frauen" erwähnt. Wenn Sie sich die darin enthaltenen Maßnahmen anschauen, dann werden Sie fest


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