Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / 23

Wenn wir aber ernsthaft über die Senkung der Lohnsummensteuern sprechen, dann reden wir entweder von großen Beträgen oder wir reden am besten gar nicht darüber. 80 Milliarden Schilling sind ein schöner Betrag, aber 5 Milliarden oder dergleichen - ich befürchte, daß das bei der Steuerreformkommission herauskommen wird - sind der Rede nicht wert, das spielt auf dem Arbeitsmarkt und bei der Nachfrage nach Arbeitskräften überhaupt keine Rolle.

Der Vertreter der SPÖ, Kollege Nowotny, hat vor allem massiv darauf gedrungen, daß Gegenfinanzierungsvorschläge notwendig seien, und darauf hingewiesen, daß der Spielraum gering sei, daß die Kassen leer seien und so weiter. Dazu möchte ich folgendes sagen: Es gibt einen Spielraum für die Steuerreform, mit dem die Arbeitskosten wesentlich gesenkt werden würden, und zwar wenn Sie sie durch eine Erhöhung der Energiesteuern, die ökologisch gesehen sowieso notwendig ist, gegenfinanzieren. Damit können Sie die Lohnsummensteuersenkung massiv vorantreiben und ebenso einen großen Polster für die Senkung der Lohn- und Einkommensteuer, also für die Privathaushalte, schaffen. Das ist in diesem Gesamtkonzept ohnehin notwendig.

Diese Steuerreform ist verwirklichbar - auch bei leeren Kassen. Dafür ist es nicht notwendig, irgendwelche Polster im Budget vorzusehen, das ist auch bei leeren Kassen verwirklichbar, wenn man will. Diese Steuerreform, die die ökologischen Notwendigkeiten abdeckt, die durch eine Senkung der Lohn- und Einkommensteuertarife mit Negativsteuerkomponente eine soziale Absicherung schafft und die durch die Senkung von Steuern auf Arbeit beschäftigungsfördernd wirkt, ist dringend notwendig. Das wäre mein Appell an die SPÖ, aber auch an die ÖVP: Die Steuerreform ist möglich, wenn der politische Wille dafür vorhanden ist. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

11.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Hostasch. - Bitte, Frau Ministerin.

11.57

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der nationalen, aber auch in der internationalen Diskussion ist es unbestritten, daß Fragen der Steuerstruktur, also des Niveaus der Steuern, aber auch der Belastungsverteilung eine Bedeutung für und eine Auswirkung auf das Beschäftigungsniveau haben. Es bestehen grundsätzliche ökonomische Wechselwirkungen, zum Beispiel daß ein Einfluß der Besteuerung auf die Förderung beziehungsweise auch auf die Hemmung von Investitionsentscheidungen und damit auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze gegeben ist. Aber auch das Verhältnis zwischen Direktlohn- und Lohnnebenkosten ist ein wichtiger Faktor für die Aufnahme zusätzlicher Arbeitskräfte. Nicht zuletzt ist auch das Verhältnis zwischen Brutto- und Nettolöhnen zu beachten, wobei letztere wieder die Spielräume für Konsum- und Kaufentscheidungen abstecken, aber auch das Verhältnis zwischen Transferleistungen und Einstiegslöhnen beziehungsweise das Einsetzen der Besteuerung, die gerade im Niedriglohnsegment auch auf die Aufnahme einer Beschäftigung grundsätzlichen Einfluß hat, ist wesentlich.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auch nicht verhehlen, daß für mich die Diskussion zu dieser Frage noch nicht abgeschlossen ist und ich einige Zweifel habe, ob es eine richtige Politik wäre, daß Beschäftigung für bestimmte Problemgruppen dadurch gefördert werden soll, daß diese Problemgruppen steuerlich entlastet werden. Ich habe Bedenken, ob eine derartige Politik im Sinne unseres Verständnisses für Beschäftigungspolitik richtig wäre. Aber ich glaube, es ist wichtig, die Diskussion in dieser Frage weiterzuführen, weil man in anderen Ländern diesen Weg zu gehen versucht und uns nicht zuletzt die Vergleichsmodelle, die wir im Rahmen der Nationalen Aktionspläne für Beschäftigung zum Gegenstand unserer gemeinsamen Beratungen machen werden, helfen werden, zu einer größeren Bewertungsmöglichkeit zu kommen.

Welche Bedeutung die am Faktor Arbeit ansetzende Besteuerung für die Standortqualität einer Volkswirtschaft kurzfristig hat, läßt sich anhand der Lohnstückkostenentwicklung der heimischen Industrie aufzeigen, sehr geschätzte Damen und Herren.


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