Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 83

zwar als hochqualifiziertes Arbeitsfeld auch für junge Menschen. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Sonja Moser. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. - Bitte, Frau Abgeordnete.

22.51

Abgeordnete Dr. Sonja Moser (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Als Familiensprecherin unserer Partei möchte ich zum Antrag der Grünen betreffend Legalisierung von Cannabis und dem Antrag der Liberalen betreffend Entkriminalisierung von Cannabis Stellung nehmen.

Für die ÖVP ist es undenkbar, daß eine Freigabe von Drogen erfolgt. Wir können uns eine Entkriminalisierung von Drogensüchtigen vorstellen (Beifall bei der ÖVP) - das sind Kranke -, aber niemals eine Freigabe von Drogen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Ein kurzer Blick nur auf das "Paradebeispiel" Holland: Die EU versucht dort seit Jahren, die vorgenommene Liberalisierung der Drogengesetze wieder in den Griff zu bekommen. Es ist eine Verneunfachung bei LSD- und eine Verdreißigfachung bei Ecstasy-Trips festzustellen. - Das kann doch wirklich nicht das Ziel sein!

Ich beschäftige mich nun seit über zwölf Jahren mit Jugendszenen, Jugendkulturen und Jugendkulten und habe zwei direkte Zugänge für Drogenkonsum herausgefunden. Das eine ist die "Lebensbewältigung". Drogen dienen dabei der Kompensation von Wirklichkeit oder, wenn man so will, der Flucht aus emotionalen und/oder sozialen Defizit- und Desintegrationsgefühlen. Der "klassische" Drogensüchtige konsumiert nach diesem Funktionsmuster. Wie einschlägige wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, praktizieren Süchtige in der Regel polytoxikomanen Drogenkonsum. Sie tendieren zu harten Drogen und werden dabei in der Regel sozial auffällig.

Der zweite Zugang führt über den Lebensstil. Einfach ausgedrückt, geht es um die Symbolwelten der Szene: Kleidung, Sprache, Musik, Eßgewohnheiten und die Droge passen zu einer Szene. So gehört zum Beispiel zur Punkszene das Bier, zur Skaterszene Cannabis und zur Technoszene Ecstasy und Amphetamine.

Drogenmythen haben in den jugendkulturrelevanten Pop- und Musikkulturen eine lange Tradition. Seit den sechziger Jahren wurde und wird Jugendkultur, in der Regel vermittelt über die Musik, in der einen oder anderen Form mit Drogen assoziiert. Immer schon sah man in der Wirkung von Popmusikkultur oder Popkultur eine potentielle Gefährdung der Jugendlichen: zum einen, weil man die Leitbildwirkung jener Pop- und Rockstars fürchtete, die einen drogenorientierten Lebensstil zur Schau trugen, zum anderen, weil etliche Rocktexte Drogengebrauch thematisierten und insofern - so nahm man auch an - zum Drogenkonsum verführen sollten.

"Kampf dem toleranten Drogenumfeld", so lautete auch die UNO-Devise. Aus drei Studien - der Grazer, der Hamburger und der Kölner Studie - wissen wir, welche Drogen zu welchem Prozentsatz genommen werden. 69 Prozent der befragten Jugendlichen aus der Technoszene hatten zum Beispiel Erfahrung mit Cannabis, 49 Prozent mit Ecstasy, 44 Prozent haben bereits Amphetamine genommen, 37 Prozent Halluzinogene wie LSD, und 31 Prozent haben Erfahrung mit Kokain.

Forderungen ergeben sich auf zwischenmenschlicher und auf nationaler Ebene. Das vorliegende "World Competitiveness Yearbook" listet im Detail die Stärken und Schwächen der 46 untersuchten Staaten auf. Note eins erreicht Österreich bei sozialer Sicherheit, Papierrecycling-Quote und Lebensqualität. Wir können es uns also leisten, gegenseitige Rücksichtnahme zu üben. Die nationale Ebene wäre zum Beispiel damit angesprochen, daß wir meinen: Erstens: Geschäft ist nicht Geschäft, wenn Alkohol ausgeschenkt und nicht nach dem Alter gefragt wird. Zweitens: die "No drugs"-Kampagne unserer Bundesministerin Gehrer, und drittens, daß stabile und intakte Familien immer noch Halt und Geborgenheit bieten.


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