Stenographisches Protokoll

129. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 17. Juni 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier


Stenographisches Protokoll

129. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode                    Mittwoch, 17. Juni 1998


Dauer der Sitzung

Mittwoch, 17. Juni 1998: 9.02 – 21.05 Uhr

*****

Tagesordnung

Ergänzung und Neureihung der Tagesordnung ................................................... 31

1. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „Schilling-Volksabstimmung“

2. Punkt: 1. Euro-Finanzbegleitgesetz

3. Punkt: Bericht über den Antrag 790/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird

4. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative Nr. 12 betreffend Wiederholung der EU-Volksabstimmung

5. Punkt: Wirtschaftskammergesetz 1998 – WKG

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird

7. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Repu­blik über die Zusammenarbeit und die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen

8. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Kroatien über die Übernahme von Personen an der Grenze

9. Punkt: Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union und von Artikel 41 Abs. 3 des EUROPOL-Übereinkommens über die Vor­rechte und Immunitäten für EUROPOL, die Mitglieder der Organe, die stellvertre­ten­den Direktoren und die Bediensteten von EUROPOL

10. Punkt: Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich;

Übereinkunft über die vorläufige Anwendung zwischen einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union des Übereinkommens auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union be­tref­fend die Auslegung des Übereinkommens über den Einsatz der Infor­ma­tions­technologie im Zollbereich durch den Gerichtshof der Europäischen Gemein­schaf­ten im Wege der Vorabentscheidung;

Erklärung zur gleichzeitigen Annahme des Übereinkommens über den Einsatz der In­for­mations­technologie im Zollbereich und des Protokolls betreffend die Ausle­gung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemein­schaften im Wege der Vorabentscheidung;

Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2 des Protokolls auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabent­scheidung

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem integrierten Vertriebenen aus Bosnien und Her­ze­gowina das weitere Aufenthaltsrecht gesichert wird

12. Punkt: Bericht über den Antrag 797/A der Abgeordneten Anton Leikam, Paul Kiss und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 – FrG), BGBl. I Nr. 75/1997, geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 681/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein­reise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997), BGBl. I Nr. 75/1997, in der geltenden Fassung, geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Antrag 701/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremden­gesetz 1997), BGBl. I Nr. 75/1997, in der geltenden Fassung, geändert wird

15. Punkt: Bericht über den Antrag 702/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1999 § 9 Abs. 2 Landwirtschaftsgesetz 1992

17. Punkt: Bundesgesetz, mit das Heeresdisziplinargesetz 1994 geändert wird

18. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (31 E Vr 162/98, Hv 6/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Anton Heinzl

*****

Inhalt

Personalien

Feststellung des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder betreffend Fernbleiben des Abgeordneten Peter Rosenstingl von dieser Sitzung ....................................................................... 193

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen, dem Ver­kehrs­ausschuß zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 769/A (E) be­treffend Semmering-Basistunnel – Neue Südbahn gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 7. Juli 1998 zu setzen                31

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................... 31

Redner:

Mag. Thomas Barmüller .......................................................................... 105

Winfried Seidinger................................................................................... 106

Werner Amon ......................................................................................... 107

Mag. Karl Schweitzer .............................................................................. 108

Mag. Doris Kammerlander ...................................................................... 109

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ............................................................. 111

Antrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen, dem Wirt­schaftsausschuß zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 803/A (E) betreffend Lizenzgebühren für die Übertragung der Fußball-WM ge­mäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 18. Juni 1998 zu setzen                    31

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................... 31

Redner:

Mag. Karl Schweitzer .............................................................................. 111

Peter Schieder ........................................................................................ 112

Dkfm. Dr. Günter Puttinger ...................................................................... 113

Heinz Anton Marolt ................................................................................. 115

Mag. Terezija Stoisits .............................................................................. 116

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ............................................................. 118

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 32

Anträge   auf   Durchführung   einer   geheimen   Abstimmung   –   Ab­lehnung  100, 101, 100, 101

Fragestunde

Unterricht und kulturelle Angelegenheiten ................................................... 13

Mag. Karl Schweitzer (209/M); Mag. Dr. Josef Höchtl, Maria Schaffenrath, Karl Öllinger, DDr. Erwin Niederwieser

Dr. Dieter Antoni (205/M); Reinhart Gaugg, Werner Amon, Karl Öllinger, Maria Schaffenrath

Mag. Dr. Heide Schmidt (208/M); Sonja Ablinger, Mag. Dr. Udo Grollitsch, Franz Morak

Mag. Dr. Josef Höchtl (203/M); Karl Öllinger, Franz Riepl, Mag. Karl Schweitzer

Karl Öllinger (207/M); Maria Schaffenrath, Mag. Kurt Gaßner, Mag. Karl Schweitzer, Franz Stampler

Mag. Karl Schweitzer (210/M); Katharina Horngacher, Karl Öllinger, Klara Motter, Dr. Robert Rada

Dr. Josef Cap (206/M); Dr. Michael Krüger, Dr. Gertrude Brinek, Klara Motter

Werner Amon (204/M); Karl Öllinger, Klara Motter, Emmerich Schwemlein, Dr. Martin Graf

Ausschüsse

Zuweisungen ................................................................................................... 31

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über das Volksbegehren „Schilling-Volksabstimmung“ (1065/1251 d. B.) ............................................................................................ 32

2. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1187 d. B.): 1. Euro-Finanzbegleitgesetz (1241 d. B.) ...................................................................... 32

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 790/A der Abge­ord­neten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungs­gesetz 1981 geändert wird (1248 d. B.) ................ 32

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Bürgerinitiative Nr. 12 betreffend Wiederholung der EU-Volksabstimmung (1252 d. B.) .................................................................... 32

Redner:

Dr. Michael Krüger ................................................................................... 33

Dr. Ewald Nowotny ................................................................................... 35

Dr. Alexander Van der Bellen .................................................................... 36

Ing. Leopold Maderthaner ......................................................................... 38

Ing. Wolfgang Nußbaumer ........................................................................ 39

Mag. Helmut Peter .................................................................................... 41

Bundesminister Rudolf Edlinger .........................................................  42, 47

Mag. Reinhard Firlinger ............................................................................ 44

Dr. Kurt Heindl .......................................................................................... 45

Mag. Karl Schweitzer ................................................................................ 46

Jakob Auer ............................................................................................... 49

Mag. Gilbert Trattner ................................................................................ 50

Georg Schwarzenberger (tatsächliche Berichtigung)..................................... 51

Dr. Alfred Gusenbauer .............................................................................. 52

Mag. Walter Posch .................................................................................... 53

Kurt Eder .................................................................................................. 54

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1251 und 1252 d. B. .........................  55, 56

Annahme der Gesetzentwürfe in 1241 und 1248 d. B. ......................................... 56

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1155 d. B.): Wirtschaftskammergesetz 1998 – WKG (1267 d. B.) .......................................... 56

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungs­vorlage (1154 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammer­gesetz 1992 geändert wird (1263 d. B.)           56

Berichterstatterin: Marianne Hagenhofer ......................................................... 56

Redner:

Helmut Haigermoser ................................................................................. 57

Ing. Leopold Maderthaner ......................................................................... 59

Mag. Helmut Peter .................................................................................... 61

Rudolf Nürnberger .................................................................................... 65

Karl Öllinger ............................................................................................. 66

Dr. Gottfried Feurstein .............................................................................. 71

Reinhart Gaugg ........................................................................................ 73

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 74

Bundesministerin Eleonora Hostasch ........................................................ 75

Dr. Kurt Heindl .......................................................................................... 77

Dr. Volker Kier .......................................................................................... 78

Dkfm. Dr. Günter Puttinger ....................................................................... 82

Dr. Volker Kier (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 84

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................. 84

Mag. Herbert Kaufmann ............................................................................ 85

Ing. Wolfgang Nußbaumer ........................................................................ 87

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner ..................................................... 88

Rudolf Schwarzböck ................................................................................ 89

Anton Blünegger ...................................................................................... 91

Günter Kiermaier ...................................................................................... 93

Sigisbert Dolinschek ................................................................................. 94

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................... 95

Erhard Koppler ......................................................................................... 96

Kurt Eder .................................................................................................. 98

Peter Marizzi ............................................................................................ 99

Annahme der Gesetzentwürfe in 1267 und 1263 d. B. ...............................  101, 102

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Ge­nossen betreffend grundlegende Reform des Arbeiterkammer­-Wahl­rechts – Ablehnung ................................  92, 102

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regie­rungsvorlage (1052 d. B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit und die gegen­seitige Hilfeleistung bei Katastrophen (1197 d. B.) ................................... 102

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Re­gie­rungsvorlage (951 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Re­publik Österreich und der Regierung der Republik Kroatien über die Über­nahme von Personen an der Grenze (1195 d. B.) .................................. 102

Redner:

Hans Helmut Moser ................................................................................. 102

Anton Gaál ............................................................................................. 104

Mag. Terezija Stoisits .............................................................................. 118

Dkfm. Dr. Günter Puttinger ...................................................................... 119

Dr. Gabriela Moser .................................................................................. 121

Dr. Helene Partik-Pablé ........................................................................... 121

Kurt Wallner ........................................................................................... 123

Bundesminister Mag. Karl Schlögl .......................................................... 124

Walter Murauer ....................................................................................... 125

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller ............................................................. 126

Mag. Karl Schweitzer .............................................................................. 127

Genehmigung der Staatsverträge in 1197 und 1195 d. B. ................................... 128

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Sicherheit der Atomkraftwerke in den osteuropäischen Staaten – Ablehnung ...................  122, 128

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Re­gie­rungsvorlage (894 d. B.): Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Ver­trags über die Europäische Union und von Artikel 41 Abs. 3 des Europol-Überein­kommens über die Vorrechte und Immunitäten für Europol, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von Europol (1194 d. B.) ......... 128

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (952 d. B.): Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Einsatz der Informations­technologie im Zollbereich;

Übereinkunft über die vorläufige Anwendung zwi­schen einigen Mitgliedstaa­ten der Europäischen Union des Überein­kom­mens auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Einsatz der Informations­technologie im Zollbereich;

Protokoll auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Einsatz der Infor­mationstechnologie im Zollbereich durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung;

Erklärung zur gleichzeitigen Annahme des Übereinkommens über den Ein­satz der Informationstechnologie im Zollbereich und des Protokolls betref­fend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof der Euro­päischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung;

Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2 des Protokolls auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Aus­legung des Übereinkommens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung (1196 d. B.) ...................................................................... 129

Redner:

Franz Lafer ............................................................................................. 129

Anton Leikam ......................................................................................... 130

Hans Helmut Moser ................................................................................. 132

Paul Kiss ................................................................................................. 134

Mag. Terezija Stoisits .............................................................................. 135

Bundesminister Mag. Karl Schlögl .......................................................... 137

Günter Kiermaier .................................................................................... 138

Wolfgang Jung ....................................................................................... 139

Wolfgang Großruck ................................................................................ 141

Dr. Harald Ofner (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 142

Genehmigung der Staatsverträge in 1194 und 1196 d. B. ................................... 143

Beschlußfassungen im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG ............................... 143

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Re­gie­rungsvorlage (1032 d. B.): Bundesgesetz, mit dem integrierten Vertrie­benen aus Bosnien und Herzegowina das weitere Aufenthaltsrecht gesichert wird (1193 d. B.) .............................................................................. 143        

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 797/A der Abgeordneten Anton Leikam, Paul Kiss und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 – FrG), BGBl. I Nr. 75/1997, geändert wird (1213 d. B.) ............................................................ 143

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 681/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997), BGBl. I Nr. 75/1997, in der geltenden Fassung, geändert wird (1217 d. B.) ................................................................ 143

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 701/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997), BGBl. I Nr. 75/1997, in der geltenden Fassung, geändert wird (1212 d. B.) ........................................... 143

15. Punkt: Bericht über den Antrag 702/A der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, geändert wird (1214 d. B.) ..................................................................................................................... 144

Redner:

Dr. Helene Partik-Pablé ........................................................................... 144

Emmerich Schwemlein ........................................................................... 146

Dr. Volker Kier ........................................................................................ 147

Dr. Karl Maitz .......................................................................................... 151

Mag. Terezija Stoisits .............................................................................. 152

Helmut Dietachmayr ................................................................................ 156

Wolfgang Jung ....................................................................................... 157

Karl Freund ............................................................................................. 159

Karl Smolle ............................................................................................. 160

Bundesminister Mag. Karl Schlögl .......................................................... 161

Ludmilla Parfuss ..................................................................................... 163

Franz Lafer ............................................................................................. 164

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................ 165

Herbert Scheibner ................................................................................... 166

Annahme der Gesetzentwürfe in 1193 und 1213 d. B. ....................................... 168

Kenntnisnahme der Ausschußberichte in 1217, 1212 und 1214 d. B. ................. 168

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Ge­nos­sen betreffend humanitäres Aufenthaltsrecht für Kosovo-Flüchtlinge – Ablehnung ................................  155, 168

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Bericht der Bundesregierung (III-124 d. B.) über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1999 gemäß § 9 Abs. 2 Landwirtschafts­gesetz 1992 (1157 d. B.) ......................................................... 168

Redner:

Anna Elisabeth Aumayr .......................................................................... 168

Georg Schwarzenberger ......................................................................... 170

Karl Smolle ............................................................................................. 172

Heinz Gradwohl ...................................................................................... 174

Robert Wenitsch ..................................................................................... 175

Katharina Horngacher ............................................................................. 175

Franz Koller ............................................................................................ 177

Arnold Grabner ....................................................................................... 177

Anneliese Klein ....................................................................................... 178

Jakob Auer .....................................................................................  178, 183

Anna Elisabeth Aumayr (tatsächliche Berichtigung) ................................... 179

Emmerich Schwemlein ........................................................................... 180

Mag. Dr. Josef Trinkl .............................................................................. 180

Franz Kampichler ................................................................................... 182

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer .................................................. 184

Anna Elisabeth Aumayr (tatsächliche Berichtigung) ................................... 185

Kenntnisnahme des Berichtes III-124 d. B. ....................................................... 186

17. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regie­rungs­vorlage (1191 d. B.): Bundesgesetz, mit das Heeresdisziplinar­gesetz 1994 geändert wird (1259 d. B.)                186

Redner:

Mag. Thomas Barmüller .......................................................................... 186

Dr. Karl Maitz .......................................................................................... 187

Anton Gaál ............................................................................................. 189

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend ................................................... 190

Ing. Gerald Tychtl ................................................................................... 190

Annahme des Gesetzentwurfes in 1259 d. B. ................................................... 192

18. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Lan­desgerichtes St. Pölten (31 E Vr 162/98, Hv 6/98) um Zustimmung zur be­hörd­lichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Anton Heinzl (1189 d. B.) ......................................................................................... 192

Annahme des Ausschußantrages ................................................................... 192

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem der Hilfs­mittelbegriff im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, im Gewerb­lichen So­zial­ver­sicherungsgesetz, im Bauern-Sozialversicherungsgesetz und im Be­amten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wird (807/A)

Edith Haller und Genossen betreffend geschlechtsneutrale Regelung für Nachtar­beit (808/A) (E)

Mag. Walter Posch, Edeltraud Gatterer und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz über die bauliche Erweiterung der Universität Klagenfurt unter finanzieller Beteiligung des Landes Kärnten und der Landeshauptstadt Klagenfurt (809/A)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Aufklärung über geraub­te beziehungsweise abgepreßte Kunstgegenstände in österreichischen Museen sowie deren Rückgabe (810/A) (E)

Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Änderung des Universitäts-Studiengesetzes (811/A)

Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Änderung des Allgemeinen bürgerli­chen Gesetzbuches in der geltenden Fassung und des Forstgesetzes 1975, BGBl. 1975/440, zuletzt geändert durch BGBl. 1995/532 (812/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend steuer­liche Absetzbarkeit von Kunstankäufen (4531/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend „Kunst und Bau“ (4532/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Ansteckungsgefahr mit Hepatitis C beim Piercing (4533/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend gemeinsame Strategien für Blut und Blutpräparate in der EU (4534/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Panzerabwehrfähigkeit der Truppen des Bundesheeres (4535/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung be­treffend Ankauf eines Hauses für den österreichischen Militärattaché in Belgrad (4536/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung be­treffend Auslandsreisen (4537/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung be­treffend Fahrzeugausstattung/Nachbeschaffung (4538/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Frauen­angelegen­heiten und Verbraucherschutz betreffend Hormonfleisch in der EU (4539/J)

Franz Koller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Fa­milie betreffend Einkommensverlust durch Neuregelung der Familienbeihilfe (4540/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Drogenparty“ im Wiener Sicherheitsbüro (4541/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend UVP-Pflicht der Tullner Südumfahrung (4542/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend eklatant niedrigere Bezahlung der Mitglieder des Volksopernorchesters (4543/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Übungsvolksschule der Pädak Salzburg (4544/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Ju­gend und Familie betreffend Umsetzung von EU-Störfallrecht und MVA Flötzer­steig (4545/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Österreichisches Insti­tut für Europäische Sicherheitspolitik (ÖIES) (4546/J)

Andreas Wabl und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Österreichisches Institut für Europäische Sicherheits­politik (ÖIES) (4547/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Wei­sung in der Causa „Pyhrn-Prozeß“ (4548/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Unter­richt und kulturelle Angelegenheiten betreffend Zukunft des Pathologisch-anatomi­schen Bundesmuseums im „Narrenturm“ (4549/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend „radikalen Kurswechsel in der Kulturpolitik“ (4550/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Ange­legenheiten betreffend Subventionierung von nicht-konfessionellen Schulen in privater Trägerschaft (4551/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und So­ziales betreffend Aktion „Freitag der 13.“ – öffentliche Fragestunde zur Arbeits­markt­politik (4552/J)

Manfred Lackner und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft betreffend den Felssturz „Breiter Berg“ (4553/J)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die EU-Förderung für Maßnahmen zum Schutz von Gewaltopfern im Rahmen des DAPHNE-Programms (4554/J)

Wolfgang Großruck und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Bahnstrecke Wels – Passau (4555/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4000/AB zu 4337/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (4001/AB zu 4327/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die An­frage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (4002/AB zu 4333/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Ab­geord­neten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen (4003/AB zu 4278/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Ab­ge­ord­neten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (4004/AB zu 4325/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abge­ord­neten Ing. Monika Langthaler und Genossen (4005/AB zu 4307/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Ab­ge­ord­neten Reinhart Gaugg und Genossen (4006/AB zu 4335/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (4007/AB zu 4289/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4008/AB zu 4291/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (4009/AB zu 4292/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4010/AB zu 4322/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4011/AB zu 4329/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (4012/AB zu 4341/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (4013/AB zu 4293/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4014/AB zu 4317/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4015/AB zu 4318/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Gerfried Müller und Genossen (4016/AB zu 4287/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten Andreas Wabl und Genossen (4017/AB zu 4339/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage Dr. Gabriela Moser und Genos­sen (4018/AB zu 4300/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Öllinger und Genossen (4019/AB zu 4345/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4020/AB zu 4436/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Monika Langthaler und Genossen (4021/AB zu 4304/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeord­neten Ing. Monika Langthaler und Genossen (4022/AB zu 4305/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (4023/AB zu 4294/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4024/AB zu 4299/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4025/AB zu 4301/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4026/AB zu 4314/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mathias Reichhold und Genossen (4027/AB zu 4326/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (4028/AB zu 4330/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Franz Steindl und Genossen (4029/AB zu 4331/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (4030/AB zu 4334/J)

 

 

 

 

 

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich begrüßen. Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, und eröffne die 129. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert oder entschuldigt gemeldet ist heute niemand.

Fragestunde


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen zur Fragestunde, und ich beginne jetzt – um 9.02 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Die 1. Anfrage stellt Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer an die Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten. Ich bitte ihn, die Frage zu formulieren.


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

209/M

Wie stehen Sie zur Überlegung, im Zuge der Erweiterung der Schulautonomie finanzielle Mittel bereitzustellen, um die derzeit bei den Pädagogischen Instituten durchgeführte Lehrerfortbildung zumindest teilweise zu privatisieren?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich bitte erstens um ein wenig Aufmerksamkeit und zweitens um Beantwortung durch die Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu dieser Frage ist folgendes fest­zustellen: Es haben sich im Bereich der Lehrerweiterbildung, der Lehrerausbildung bereits zahl­reiche neue Entwicklungen ergeben. Die Pädagogischen Institute arbeiten mit privaten Anbie­tern zusammen. Die Schulen arbeiten mit den Pädagogischen Instituten zusammen und können sich daher auch verschiedene Weiterbildungsangebote aus verschiedenen Ländern, auch von verschiedenen Anbietern holen. Das heißt, es gibt eine sehr gute Weiterentwicklung, und ich meine, daß gerade das Modell der schulinternen Lehrerfortbildung – in Abkürzung SchiLF genannt – ein zukunftsweisendes Modell ist.

Das heißt also, eine Schule bestellt sich als Ganzes eine Weiterbildung, und diese Weiter­bildung wird dann von den PIs in Zusammenarbeit mit privaten Anbietern organisiert.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Unser aller Interesse ist, daß sich die Schulautonomie tatsächlich weiterentwickelt. Es kann nicht so sein, daß nur der Aspekt der gering vorhandenen Finanzen zur Einführung der Schulautonomie geführt hat. Deshalb lautet meine Frage: Wäre es nicht sinnvoll, im Zuge der Schulautonomie und der damit verbundenen Entwicklung eines eigenen Schulprofils die Möglichkeit zu schaffen, sich die Lehrerfortbildung auf dem freien Markt zu besorgen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Die Schulautonomie ist ein Entwicklungsschritt zu mehr Selbständigkeit, mehr eigener Entschei­dungsfähigkeit. Die Schulen arbeiten mit den Pädagogischen Instituten bestens zusammen. Es gibt keine Hierarchie in dem Sinn, daß die Pädagogischen Institute im Bereich der Lehrer­weiterbildung den Schulen irgend etwas auf das Auge drücken. Das heißt, das gemeinsame Organisieren der Weiterbildung, der Lehrerbildung findet bereits statt.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Dr. Höchtl, bitte.


Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl¦ (ÖVP): Frau Bundesministerin! Die Frage der Schul­autonomie hat auf die einzelnen Bereiche ihre Auswirkung. Ich möchte Sie daher, weil bei der ersten Frage die finanzielle Autonomie angesprochen worden ist, folgendes fragen: Wie hat sich eigentlich diese finanzielle Autonomie in den letzten Jahren verbessert?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Im Zuge der Autonomie wurden Kennwerte erarbeitet. Diese Kennwerte geben den Schulen die Möglichkeit, in einem bestimmten Rahmen selbständig zu agieren. So haben die Schulen jetzt die Möglichkeit, über 100 000 S in ihrem Budget selbst zu verfügen, die Landesschulräte können über 500 000 S verfügen. Im Zuge der zweckgebundenen Gebarung wurde die Möglichkeit ge­schaffen, daß die Schule die Einnahmen, die sie hat, für eigene Wünsche, für eigene Bedürf­nisse ausgeben darf. Das heißt, eine Schule kann im Rahmen dieser zweckgebundenen Gebarung für Räumlichkeiten, die sie vermietet, Einnahmen erwirtschaften.

Weiters gibt es die Möglichkeit der Teilrechtsfähigkeit, die auch vom Parlament neu beschlos­sen wurde. Damit können Schulen Angebote, Wissensangebote, Kurse und Speziallehrgänge am Markt der Erwachsenenbildung verkaufen. Damit können ebenfalls für die Schulen Einnah­men erwirtschaftet werden.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Frau Abgeordnete Schaffenrath, bitte.


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (Liberales Forum): Frau Ministerin! Sie selbst haben die Bedeutung der Lehrerfortbildung und der Lehrerausbildung angesprochen. Wir alle wissen, daß nur bestens ausgebildete Lehrer und Lehrerinnen den Anforderungen einer Schulreform, ins­besondere im inhaltlichen, pädagogischen, methodischen und didaktischen Bereich, gerecht werden können. Wie stehen Sie zur Frage einer einheitlichen Lehrer- und Lehrerinnen­aus­bildung an den Universitäten, indem dort pädagogische Fakultäten für alle Lehrer und Lehrerin­nen, die nach dem Stufenlehrerprinzip ausgebildet werden sollen, eingerichtet werden?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte um Beantwortung.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Erstens haben wir in Österreich kein Stufenlehrerprinzip, sondern wir haben das differenzierte Schul­wesen. Zweitens meine ich, daß die Lehrer- und Lehrerinnenausbildung an den Pädagogischen Akademien eine hervorragende Ausbildung ist, und ich glaube daher nicht, daß es sinnvoll wäre, diese Ausbildung an die Universitäten zu transferieren.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Frau Bundesministerin! Die Überlegungen zur Lehrplan­reform 1999 würden nach Ansicht von Experten wesentlich mehr Aufwendungen für Fortbildung und Weiterbildung von Lehrern und Lehrerinnen notwendig machen. Welche Überlegungen haben Sie diesbezüglich getroffen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Der Lehrplan 1999 wird in einem groß angelegten Modell erarbeitet, also nach der Methode der offenen Planung. Das heißt, es werden möglichst viele an der Erarbeitung der Lehrplan­grundlagen beteiligt sein. Es ist kein neuer Lehrplan. Es ist eine Zusammenfassung, eine Konzentration des bereits Bestehenden. Das heißt, es werden keine neuen Inhalte geschaffen. Das Wichtige dabei sind neue Lehr- und Lernformen, damit die Zusatzqualifikationen, die sogenannten Soft skills, in den Schulen vermittelt werden. Für diese neuen Lehr- und Lern­formen werden bereits zahlreiche Kurse an den Pädagogischen Instituten angeboten. Natürlich ist es notwendig, diese Kurse auch weiterhin den Lehrern und Lehrerinnen anzubieten.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser ist der nächste Fragesteller.


Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser¦ (SPÖ): Frau Bundesministerin! In Südtirol und Italien werden demnächst Kindergärtnerinnen auf Fachhochschulniveau ausgebildet. Wir haben nach wie vor Probleme mit der Anerkennung der österreichischen Pflichtschullehrerausbildung in der Bundesrepublik Deutschland, also damit, daß die Lehrer ihre Tätigkeit bis hin zur Klassen­führung ausüben dürfen. Sind Ihnen diese Probleme bekannt, und was gedenken Sie dagegen zu tun?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Es sind keine neuen Problemstellungen bekannt. Die bekannten drei Problemstellungen wurden inso­ferne bereinigt, als durch das neue Universitäts-Studiengesetz die Ausbildung an den Pädago­gischen Akademien als erster Studienabschnitt anerkannt wird. Es wurde auch Übereinstim­mung mit den deutschen Behörden getroffen, daß es dann als hochschulartiges Studium anerkannt wird. Mir sind also keine neuen Problemstellungen bekannt, seitdem wir im letzten Jahr diese Sache mit den Deutschen ausdiskutiert haben.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. Der erste Fragenkomplex ist damit behandelt.

Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir kommen zur 2. Anfrage, die Herr Abgeordneter Antoni eingebracht hat. – Bitte.


Abgeordneter Dr. Dieter Antoni¦ (SPÖ): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

205/M

Wie werden die neuen Berufslehrgänge, die jenen zur Verfügung stehen, die keinen Lehr­platz haben, im Detail abgewickelt?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich bitte um Beantwortung.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Diese Berufslehrgänge sind in den Arbeitsgruppen bereits koordiniert worden. Es wird folgende Umsetzung geben: In den einzelnen Bundesländern sind Arbeitsgruppen unter der Federführung der jeweiligen Landesregierung eingerichtet. Diese Arbeitsgruppen haben festzustellen, für wie viele Jugendliche es notwendig sein wird, im Herbst ein Angebot zu machen. Deshalb ist es auch so wichtig, daß in dieser Arbeitsgruppe alle mit dieser Frage befaßten Institutionen vertre­ten sind. Das heißt also, das sind die Sozialpartner genauso wie das AMS, denn das AMS hat den besten Überblick darüber, wie viele Jugendliche tatsächlich in Frage kommen werden.

Nach meinem derzeitigen Wissensstand zeichnet es sich ab, daß zusätzliche Berufslehrgänge in Oberösterreich, in der Steiermark und in Wien notwendig sein werden. Aus verschiedenen anderen Bundesländern habe ich die Mitteilung erhalten, daß eigene Berufslehrgänge nicht notwendig sein werden. Wenn das Land dann die entsprechenden Maßnahmen konzipiert hat, wird diese Maßnahme zusammen mit einer Trägerorganisation umgesetzt werden. Die Bean­tragung der finanziellen Mittel vom Finanzministerium, die gestern beschlossen wurden, erfolgt dann über das AMS. Das AMS ist praktisch das Bindeglied zur Auszahlung der Mittel durch das Finanzministerium. Träger dieser Berufslehrgänge können verschiedene Einrichtungen sein; soweit ich informiert bin, gibt es bereits ein großes Interesse seitens des BFI und auch seitens mancher WIFIs.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Zusatzfrage? – Herr Dr. Antoni, bitte.


Abgeordneter Dr. Dieter Antoni¦ (SPÖ): Frau Bundesministerin! Wir haben gestern unter anderem auch das Konstrukt der Vorlehre beschlossen. Wie soll denn die inhaltliche Gestaltung der Lehrpläne für die Vorlehre aussehen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Nach meiner Information ist es zwischen den Sozialpartnern koordiniert, daß die Vorlehre in etwa die Lehrinhalte eines ersten Lehrjahres umfassen soll, das auf längere Zeit aufgeteilt wird. Das heißt, die Lehrpläne für die Vorlehre werden auch den dementsprechenden Lehrberufen im ersten Lehrjahr entsprechen, werden aber auf längere Zeiten aufgeteilt werden. Ich begrüße es außerordentlich, daß diese Vorlehre im Berufsausbildungsgesetz verankert ist, denn dadurch ist es ein berechenbares Angebot, und es ist auch gewährleistet, daß die Vorlehre anerkannt und dann praktisch auf eine Lehre angerechnet wird.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Gaugg.


Abgeordneter Reinhart Gaugg¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sie wur­den von Ihrer Kollegin, Frau Bundesministerin Hostasch, dazu aufgefordert, Schulräume kosten­los für Berufslehrgänge zur Verfügung zu stellen. Werden Sie dieser Aufforderung nach­kommen, und wie hoch schätzen Sie die Kosten für das Lehrpersonal in diesen Gruppen ein?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Ich wurde von Frau Kollegin Hostasch nicht dazu aufgefordert, die Schulräume zur Verfügung zu stellen, sondern es war mein Vorschlag, daß man dann, wenn bei den Lehrlingsstiftungen zu wenig Betrie­be für die praktische Ausbildung zur Verfügung stehen, diese praktische Ausbildung in den Werkstätten von Berufsschulen oder in den Werkstätten von berufsbildenden höheren Schulen durchführen kann. Es fallen dafür keine Personalkosten an, da die Personalkosten den Berufslehrgängen zugerechnet werden und diese in den eigens gestern dafür vorgesehenen Mitteln inkludiert sind.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Herr Abgeordneter Amon stellt die nächste Zusatzfrage.


Abgeordneter Werner Amon¦ (ÖVP): Geschätzte Frau Bundesministerin! Inwieweit wurden die Aufnahmekapazitäten an den berufsbildenden höheren und mittleren Schulen erweitert?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Die Aufnahmekapazitäten an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen wurden in den letzten Jahren sehr stark ausgeweitet. In den letzten drei Jahren wurden 15 000 zusätzliche Ausbildungsplätze an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen geschaffen, was bedeutet, daß wir den Auftrag der Politik, den Jugendlichen, die fähig sind, eine berufsbildende höhere Schule zu besuchen, und den Jugendlichen, die die Voraussetzungen erfüllen, einen derartigen Ausbildungsplatz anzubieten, sehr ernst genommen haben.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Frau Bundesministerin! Haben Sie eine pädagogische Erklärung oder Rechtfertigung dafür, warum für den Besuch von Berufslehrgängen ein positiver Abschluß der achten und neunten Schulstufe notwendig und ein Entgelt in Höhe von 2 000 S vereinbart ist und für den Besuch von Arbeitsstiftungen die Absolvierung des Jahrganges 1998 und 1999 und ein Entgelt in Höhe von 2 900 S beschlossen ist? – Hier gibt es offensichtlich eine Ungleichbehandlung. Außerdem haben damit die älteren arbeitslosen Jugendlichen keinen Zugang mehr zu den Lehrlingsstiftungen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Die Voraussetzungen für den Zugang zu den Lehrlingsstiftungen sind von den Sozialpartnern akkor­diert worden. Auch diese 2 000 S sind von den Sozialpartnern vorgeschlagen worden. Bei den Lehrlingsstiftungen ist es so, daß die Lehrlinge die Deckung des Lebensunterhaltes erhalten. Es wird aber unter dem Strich dasselbe herauskommen, weil von der Deckung des Lebensunter­haltes, also von den 2 900 S, noch der Beitrag für die Sozialversicherung abgezogen wird, während umgekehrt bei den Jugendlichen, die 2 000 S erhalten, die Sozialversicherung extra zu bezahlen ist. Da besteht also ungefähr ein Gleichgewicht.

Bei dieser Angelegenheit war es mir wichtig, daß Jugendliche, die sich in einer Lehrlingsstiftung befinden, die sich in Berufslehrgängen befinden, nicht die gleiche Entschädigung erhalten wie Jugendliche, die in Betrieben eine Lehre machen, damit ein Anreiz besteht, möglichst schnell von einer Lehrlingsstiftung in einen Betrieb zu wechseln.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Frau Abgeordnete Schaffenrath, bitte.


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (Liberales Forum): Frau Ministerin! Wir haben gestern das Jugendbeschäftigungssicherungsgesetz beschlossen. Primär diskutieren wir darüber, wie viele junge Menschen untergebracht werden können. Die Diskussion über die Qualität und über den Inhalt ist bisher viel zu kurz gekommen. Als wesentliches Qualitätskriterium für diese Berufs­lehrgänge sehe ich die Ausbildung der Lehrer und Lehrerinnen, die dort unterrichten werden, an.

Ich möchte Sie daher fragen: Welche Ausbildungserfordernisse werden Sie für die Lehrer und Lehrerinnen in diesen neuen Berufslehrgängen oder Lehrlingsstiftungen festsetzen, und wie werden Sie diese konkret überprüfen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesminister, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Ich glaube, daß die Berufsschullehrer für die Berufslehrgänge und auch für die Lehrlingsstiftungen bestens ausgebildet sind. Es ist der Sinn dieser Maßnahme, daß das möglichst einer Lehre gleichkommt, und zwar dahin gehend, daß der Jugendliche bereits nach einem Jahr in ein normales Lehrverhältnis umsteigen kann. Ich meine nicht, daß dafür irgendeine Änderung in der Ausbildung der Berufsschullehrer notwendig ist. Diese sind dafür bestens ausgebildet.

Wichtig ist, daß in diesen Berufslehrgängen genauso wie in den Lehrlingsstiftungen ein Grund­lagenlehrgang, eine Grundlagenlehrausbildung angeboten wird, und zwar entweder in die kauf­männische Richtung oder in die technische Richtung oder zum Beispiel in eine touristische Richtung, je nachdem, was im Land gefragt sein könnte, damit dann der Jugendliche in ver­schie­dene einschlägige Lehrberufe umsteigen kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke, Frau Bundesministerin.

Ich bitte Frau Abgeordnete Dr. Heide Schmidt, die 3. Anfrage zu formulieren.


Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt¦ (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

208/M

Bis wann werden Sie welche kultur- und bildungspolitischen Leitlinien sowie die betriebswirt­schaftliche Vorbereitung der einzelnen Museen sicherstellen, um die mit 1. Jänner 1999 beginnende Vollrechtsfähigkeit der Häuser nicht nur formal, sondern vor allem ihrem Sinn entsprechend wirksam werden zu lassen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte um Beantwortung.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Die kultur- und bildungspolitischen Leitlinien ergeben sich für jedes Museum aus seinem bisherigen Sammlungsbestand, aus seiner geschichtlichen Entwicklung und aus dem Sammlungsgut, das an den Museen vorhanden ist. Daran arbeiten die einzelnen Museen zügig weiter, denn sie haben den Auftrag zu bewahren, zu sammeln, wissenschaftlich aufzuarbeiten und auszustellen. Die Museen werden nicht alle mit 1. Jänner 1999 in wissenschaftliche Anstalten umgewandelt sein. Sie wissen, daß das Kunsthistorische Museum als erstes diesen Schritt wagen wird; die Vorbereitungen dazu wird Generaldirektor Seipel treffen. Wir sind ein Ministerium, das sehr auf seine Mitarbeiter setzt und das nicht von oben herab jede Leitlinie und jeden Inhalt vorgibt. Das heißt, die Umwandlung in eine wissenschaftliche Anstalt mit einer eigenen Museumsordnung wird von Herrn Generaldirektor Seipel vorbereitet werden. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zusatzfrage? – Bitte.


Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt¦ (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! So wie Sie das darstellen, entspricht das offenbar nicht ganz der Wahrnehmung der betroffenen Direktoren, ausgenommen des Direktors Seipel. Es gibt, wie Sie wissen, eine Reihe anderer Stellung­nahmen von Betroffenen.

Eine möchte ich als symptomatisches Beispiel zur Grundlage meiner Zusatzfrage machen, näm­lich die des Technischen Museums – ungeachtet dessen, daß in der Fragestellung die beginnende Vollrechtsfähigkeit enthalten ist. Das heißt also, insofern war die Korrektur nicht notwendig. Doch nun zu meiner Frage: Für wie geeignet halten Sie diesen Budgetansatz 1999 zu einem Zeitpunkt, zu dem die betriebswirtschaftliche Untersuchung der Häuser noch gar nicht vorhanden ist, um überhaupt die Ausgangsdaten zu gewinnen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Da das Budget 1999 bereits im Parlament beschlossen wurde, gibt es nur die Möglichkeit, dieses Budget nach dem bestehenden Schlüssel aufzuteilen. Für das Technische Museum ist aber Vorsorge getroffen worden. Demnach wird im Museumsgesetz auch eine entsprechende Be­stimmung verankert sein, und zwar dahin gehend, daß zusätzliche Mittel für die Eröffnung und den Betrieb des Technischen Museums zur Verfügung gestellt werden müssen. Dies ist bereits mit dem Finanzministerium so besprochen. Auch die Summe ist bereits festgelegt, diese wird auch ein Teil des Museumsgesetzes sein.

Darüber hinaus ist klarzustellen, daß – dies bleibt uns in keinem Fall erspart, egal ob die Museen wissenschaftliche Anstalten sind oder wie bisher im Budget verankert bleiben – beson­dere Notwendigkeiten und besondere neue Entwicklungen extra bedacht, extra verhandelt, extra ausdiskutiert und auch extra in einem Budget berücksichtigt werden müssen. Hiezu ist eine Escape-Klausel im Museumsgesetz enthalten, die dann zur Anwendung kommt, wenn es ganz besondere Maßnahmen gibt, die auch budgetär abzudecken sind.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Ablinger, bitte.


Abgeordnete Sonja Ablinger¦ (SPÖ): Frau Bundesministerin! Inwiefern werden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf die Situation der kommenden Vollrechtsfähigkeit vorbereitet? Gibt es Überlegungen hinsichtlich irgendwelcher Ausbildungsprogramme?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich bitte um Beantwortung.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Ich glaube, daß die Aufgabenstellung für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in einer wissen­schaftlichen Anstalt eine sehr ähnliche sein wird, wie sie derzeit in den Museen zu erfüllen ist. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben in den Besprechungen mit mir darauf gepocht, daß sich gerade in ihrem Auftrag als wissenschaftliche Mitarbeiter nichts ändern darf.

Wer vorbereitet werden muß, sind die kaufmännischen Mitarbeiter und die gesamte Buch­haltung. Selbstverständlich wird dafür eine Begleitung, eine Beratung zur Verfügung gestellt und eine entsprechende Ausbildung der Mitarbeiter stattfinden. Gerade im Kunsthistorischen Mu­seum, das die Teilrechtsfähigkeit schon bisher in höchstem Maße angewendet hat, sind die Mit­arbeiter bereits auf diese Selbständigkeit eingeschult. In den anderen Museen wird dies laufend erfolgen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch, bitte.


Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch¦ (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Die eigentliche Ursache für das von Ihnen soeben erwähnte Gesetz hinsichtlich der neuen Rechtsstellung der Bundesmuseen ist zweifellos der Sparstift. Der Rechnungshof hat in seiner Stellungnahme zu diesem Gesetz die Einsparung im Personalsektor als einzig realistische oder einzig mögliche Einsparung genannt.

Frau Bundesministerin! Wo sehen Sie das Einsparungspotential im Personalbereich? Sehen Sie ein solches auch in der Zentralstelle?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Ich sage es ganz klipp und klar: Der Sparstift ist nicht die Grundlage für dieses Gesetz. Von mir wird eine Politik verfolgt, die den einzelnen Häusern mehr Selbständigkeit und mehr Autonomie geben soll. Der Sparstift kann in der Zentralstelle deswegen nur genau im derzeitigen Ausmaß angesetzt werden, weil die Zentralstelle – nämlich die Sektion IV – nach wie vor die Koor­dinationsaufgabe und die Beratung und Betreuung der Museen bei den Budgetverhandlungen innehat. Ich habe darauf verzichtet, eine darüberliegende Holding zu errichten, wie dies bei den Bundestheatern der Fall ist. Ich brauche keine Holding, meine „Holding“ ist die Sektion IV. Die Sektion IV hat diese Aufgaben wahrzunehmen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordnete Morak, bitte.


Abgeordneter Franz Morak¦ (ÖVP): Frau Bundesministerin! Worin sehen Sie die spezifischen Vorteile der von Ihnen gewählten Anstaltslösung in bezug auf die Bundesmuseen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Bundesministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Die Bundesmuseen sind Institutionen, die für das Geschichtsbewußtsein und die Kultur eines Volkes von besonderer Bedeutung sind. Wenn Bundesmuseen in GmbHs umgewandelt würden, würde damit das Signal gesetzt, daß diese gewissermaßen auf den freien Markt entlassen werden und die Einnahmen an erster Stelle stehen.

Es war den Mitarbeitern und insbesondere den Museumsdirektoren sehr wichtig, daß der wissenschaftliche Aspekt im Anstaltengesetz betont wird und diese Anstalten sehr wohl privatrechtliche Gebietskörperschaften sind, jedoch nicht wie GmbHs konstruiert sind, denn diese erwecken praktisch immer den Eindruck, sie seien im Wirtschaftsbereich angesiedelt. Dieses Signal der wissenschaftlichen Anstalten ist ein Signal dafür, daß sie einerseits sehr wohl selbständig und eigenständig agieren und eigene Mittel erarbeiten können, daß aber anderseits der Staat die Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse und ihre Grundausstattung zu sichern hat.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Es wird keine Zusatzfrage gewünscht. Damit haben wir diesen Komplex beendet und kommen zur 4. Anfrage, die Herr Abgeordneter Dr. Höchtl formuliert.


Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl¦ (ÖVP): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

203/M

Welche politischen Ziele wollen Sie im Rahmen der EU-Präsidentschaft im Bildungsbereich erreichen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Die EU-Präsidentschaft im Bildungsbereich ist insbesondere von der Erstellung der neuen Bildungs­programme SOCRATES II und LEONARDO II und dem neuen Jugendförderungsprogramm geprägt. Wichtig ist, daß die Mobilität bei diesen Programmen in besonderem Maße unterstützt wird und es weniger Zentralismus und weniger Bürokratie gibt. Diesbezüglich befinden wir uns in einem intensiven Diskussionsprozeß mit der Kommission. Wichtig ist uns auch, daß die Qualität der Berufsbildung im berufsbildenden Bereich in diesen europäischen Programmen an oberster Stelle steht.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zusatzfrage, bitte.


Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl¦ (ÖVP): Frau Bundesministerin! Wie den verschiedensten Medien zu entnehmen war, hat sich die österreichische Präsidentschaft in den einzelnen Ministerien einer ziemlich starken Vorbereitung erfreut. Meine Frage lautet: Wie gestaltet sich das Programm des österreichischen EU-Vorsitzes im Bildungsbereich?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Den Bildungsbereich betreffend wird im Oktober 1998 eine informelle Sitzung der Bildungsminister in Baden bei Wien stattfinden. Diese steht unter dem Motto „Bildung ist mehr“. Mit der Wahl dieses Mottos wollen wir signalisieren, daß Bildung nicht nur dem Nützlichkeitsdenken unterworfen sein darf, sondern daß zu einer umfassenden Bildung mehr Aspekte als nur employ ability notwendig sind. Deswegen haben wir diesen Titel gewählt.

Darüber hinaus wird es eine Reihe von Konferenzen geben: eine Konferenz in Wien zur „Entwicklung beruflicher Qualifikationen und Kompetenzen“, eine Konferenz in Bregenz im Rahmen der Bregenzer Festspiele, „Kreativität und kulturelle Bildung“, eine Konferenz zum Thema „Kunsthochschulen und Arbeitswelt“ in Salzburg und eine Südosteuropa-Konferenz in Graz, bei der wir die europäische Bildungszusammenarbeit für Frieden, Stabilität und Demo­kratie diskutieren werden. Weiters wird es im November in Wien ein großes europäisches Treffen zum Thema „Qualitätsevaluierung an Schulen“ geben.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Frau Bundesministerin! Können Sie sich vorstellen, daß Österreich beziehungsweise Sie als Bundesministerin die Europareife im Bildungsbereich end­lich auch dadurch unter Beweis stellen, daß im Bereich der Gymnasien beziehungsweise Mittelschulen eine dritte lebende Fremdsprache in den Regelunterricht eingeführt wird, und damit die Idee eines Europagymnasiums oder einer Europamittelschule, wie sie in anderen europäischen Ländern durchaus etabliert ist, auch in Österreich Platz realisiert wird?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Es gibt bereits zahlreiche Europaschulen und auch Europagymnasien in Österreich – ich kann Ihnen gerne eine Liste mit diesen geben.

Wir haben vor kurzem einen Schulversuch bewilligt, in dem eine dritte lebende Fremdsprache als zusätzliches Angebot für die Schülerinnen und Schüler aufgenommen ist. Ich bin aber der Ansicht, daß es eine Überforderung wäre, allen Schülern generell eine dritte lebende Fremd­sprache zu verordnen, meine aber, daß wir dahin gehend arbeiten müssen, die Autonomie an den weiterführenden Schulen, an den Gymnasien und an den Bundes-Oberstufenreal­gymnasien stimmtso weit auszubauen, daß eine dritte lebende Fremdsprache ohne große Schwierig­keiten angeboten werden kann.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordneter Riepl, bitte.


Abgeordneter Franz Riepl¦ (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wo immer man heute Bildungsfragen diskutiert, wird auf die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens hingewiesen. Sie selbst haben sich, soweit ich informiert bin, in letzter Zeit in diese Richtung geäußert, die Wirtschaft äußert sich in diese Richtung, und auch die Arbeitnehmervertretungen äußern sich in diese Richtung. Wichtige Träger dieses lebenslangen Lernens sind im Bereich der Erwach­senenbildung angesiedelt.

Daher lautet meine Frage: Welche Perspektiven und welche Zielvor­stellungen haben Sie bezie­hungsweise die zuständige Abteilung in Ihrem Ressort für dieses Jahr – vor allem auch für die Zeit der EU-Präsidentschaft – zur Intensivierung der Erwach­senenbildung entwickelt?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Ich glaube, daß der gesamte Bereich der Erwachsenenbildung weit über mein Ressort hinausgeht. Der Weiterbildungsbereich ist ein riesiger Bereich, in dem Milliarden Schilling umgesetzt werden und an dem sehr viele Institutionen und Betriebe beteiligt sind. Das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreut einen vergleichsweise kleinen Teil und fördert diesen vergleichsweise kleinen Teil mit etwa 130 Millionen Schilling, die im Budget vorgesehen sind.

Uns ist es wichtig, die Zielsetzungen gemeinsam mit den Erwachsenenbildungsorganisationen festzulegen. So haben wir zum Beispiel heuer den Schwerpunkt auf besondere Angebote für Frauen gelegt. Ich halte das für etwas sehr Wichtiges. Wir haben mit den Erwachsenenbildungs­organisationen vereinbart, daß diese im technischen Bereich spezielle Kurse für Frauen anbie­ten sollen – auch zu Zeiten, während derer Frauen Zeit haben, damit ein Wiedereinstieg in den Beruf möglich wird.

Derzeit berät die Arbeitsgruppe, welche Zielsetzungen für die nächste Zeit notwendig sind. Ich meine, daß es unsere Aufgabe ist, neueste Trends aufzuzeigen, diese mit den Erwachsenen­bildungsorganisationen zu besprechen und im Rahmen unserer Fördermöglichkeit zu unter­stützen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordneter Schweitzer, bitte.


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Inwie­weit sind seitens Ihres Ministeriums konkrete Vorbereitungen zur Einführung der auf euro­päischer Ebene ab dem Jahre 2000 vorgesehenen Europapaß-Berufsbildung in Österreich ge­troffen worden?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Bei der letzten Bildungsministerkonferenz wurde beschlossen, daß die Kommission einen Bildungspaß erarbeitet, in dem Ausbildungen in den verschiedenen EU-Mitgliedsländern, die keinen Rege­lungen entsprechen, festgehalten werden können. Ich halte das für sehr zielführend, weil in die­sen Bildungspaß jedes absolvierte Praktikum oder jede sonstige Ausbildung eingetragen wer­den kann.

Von den Mitgliedstaaten sind dazu keine Vorkehrungen zu treffen. Dieser Paß wird von der Kommission erarbeitet, den einzelnen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt und kann im Anschluß denjenigen, die sich im Ausland aufhalten, zur Verfügung gestellt werden.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Das Liberale Forum wünscht keine Zusatzfrage. (Abg. Mag. Schweitzer: Es gibt eine Reihe von Vorbereitungen! „Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft“!)

Wir kommen zur 5. Anfrage. Herr Abgeordneter Öllinger, ich bitte Sie, diese zu formulieren.


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

207/M

Wie stehen Sie, Frau Bundesministerin, zu der von der EU-Kommission geplanten und von uns begrüßten Ausarbeitung einer Empfehlung zur Einschränkung von Werbung in Schulen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich bitte um die Beantwortung.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: In Österreich ist die Werbung an den Schulen bereits deutlich eingeschränkt. Durch die Ziel­vorgabe, die im Schulorganisationsgesetz festgehalten ist, ist sie bereits eingeschränkt. Diese Zielvorgaben schränken die Werbung ein. Ich glaube, daß diese Frage, die derzeit auf euro­päischer Ebene diskutiert wird, genau in diese Richtung tendiert und Einschränkungen behan­delt, die in Österreich bereits wirksam sind.

Die Möglichkeit des Sponsorings wurde erst vor sehr kurzer Zeit an den Schulen eingeführt, sodaß wir meiner Meinung nach erst einmal entsprechende Erfahrungen sammeln müssen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Frau Bundesministerin! In anderen Ländern ist die Wer­bung an den Schulen wesentlich mehr eingeschränkt. In Österreich ist in den letzten Jahren – seitdem Werbung an den Schulen erlaubt wurde – vor allem das Provisionsgeschäft mit Wer­bung aufgeblüht. Eine Einschränkung wäre durchaus vorstellbar.

Frau Bundesministerin! Wollen Sie diesbezüglich Initiativen setzen, vor allem im Bereich der Provisionen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Ich habe den Auftrag gegeben, diesen Problembereich aufzuzeigen und die gegenwärtige Situation festzuhalten. Wenn es wirklich Vorkommnisse gibt, bei denen man einschreiten muß, dann werden wir dies ganz sicher tun. Ich muß mir aber zuerst einen Überblick verschaffen. Es gibt nämlich auch Länder, in denen es keineswegs Provisionen gibt, die das gesamte Sponsoring gemeinsam in die Hand genommen haben und die Mittel gemeinsam auf die Schulen verteilen.

Wir werden uns die verschiedenen Modelle anschauen, und wenn die Notwendigkeit zum Einschreiten besteht, dann werden wir einschreiten.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Abgeordnete Schaffenrath, bitte.


Abgeordnete Maria Schaffenrath¦ (Liberales Forum): Frau Ministerin! Die Liberalen haben die neu geschaffene Teilrechtsfähigkeit grundsätzlich sehr begrüßt. Welche langfristigen Einspa­rungen für das Bundesbudget beziehungsweise welche Summe an Mitteln für die autonome Verwaltung an den Schulen erwarten Sie sich von dieser Maßnahme? Vor allem: Sehen Sie aufgrund des Jugendbeschäftigungssicherungsgesetzes nicht die Gefahr, daß die von den Schulen lukrierten Mittel wieder eingeschränkt werden, weil Schulräumlichkeiten für diese Lehr­gänge und Stiftungen kostenlos zur Verfügung gestellt werden müssen, Betriebskosten jedoch anfallen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Erstens ist festzustellen, daß diese Übergangslehrgänge, Berufslehrgänge und auch Lehrlingsstiftungen als Übergangsmaßnahmen gedacht sind, da von der Wirtschaft immer wieder betont wird, daß man in einigen Jahren Lehrlinge wahrscheinlich mit der Lupe wird suchen müssen.

Zweitens meine ich, daß durch die Möglichkeit der Teilrechtsfähigkeit Speziallehrgänge und Kurse im Rahmen dieser Teilrechtsfähigkeit angeboten werden können; diese Speziallehrgänge und Kurse laufen ja aus. Wir brauchen diese Werteinheiten sehr dringend für die zusätzlichen 15 000 Plätze, die wir an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen in den letzten Jahren zusätzlich geschaffen haben. Das heißt, zu den Ressourcen, die auf Bundesebene zur Verfügung gestellt werden, brauchen wir zusätzlich auch für jene Jugendlichen, die ein ent­sprechendes Zusatzangebot in Anspruch nehmen, Ressourcen. Wieviel das genau ausmachen wird, werden wir erst feststellen können, wenn wir wissen, welche Kurse auslaufen und welche nicht mehr weitergeführt werden.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordneter Mag. Gaßner, bitte.


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner¦ (SPÖ): Frau Bundesministerin! Zweifellos ist das Sponsoring als eine Form der Werbung zu begrüßen, mit der öffentliche Schulen und Schulen mit Öffent­lichkeitsrecht zusätzliche finanzielle Mittel lukrieren. Ihre positive Einstellung dazu, Frau Mini­sterin, ist ja in der kürzlich vorgestellten Broschüre „Werbung und Sponsoring“ in Schulen dokumentiert. In dieser Broschüre sind Richtlinien enthalten, wie sich Schulen beim Abschluß von Werbe- und Sponsorverträgen verhalten sollen.

Meine konkrete Zusatzfrage: Wie lassen sich Verträge der genannten Art in öffentlichen Schulen und Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht durch den Gesetzgeber kontrollieren, und zwar im Hinblick auf die Höhe der eingebrachten Mittel und im Hinblick auf den Inhalt der Verträge? In der schriftlichen parlamentarischen Anfragebeantwortung mit der Nummer 2918/AB teilen Sie nämlich mit, daß die Offenlegung eines Sponsorvertrages zwischen einem privaten Schulerhal­ter mit Öffentlichkeitsrecht und dem jeweiligen Sponsor nur mit dessen ausdrücklicher Zustim­mung erfolgen kann.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Die Kontrolle von Rechtsgeschäften, die öffentliche Schulen eingehen, obliegt selbstverständlich den jeweiligen regionalen Schulbehörden, das heißt dem Landesschulrat, den Juristen der Lan­desschulräte et cetera. Wenn aber zum Beispiel ein privater Schulerhalter – eine Kirche, ein Kloster, ein Orden – mit jemandem einen privatrechtlichen Vertrag abschließt, so ist es sicher nicht meine Angelegenheit, dies beim privaten Schulerhalter zu kontrollieren.

Wenn irgendwelche Mißstände auftreten und man feststellt, daß Jugendliche in eine falsche Richtung beeinflußt werden, dann muß selbstverständlich die Schulbehörde erster Instanz vor Ort eingreifen. Es gibt aber keine Offenlegungspflicht zwischen einem privaten Schulerhalter – sei es eine Waldorfschule oder eine Klosterschule – und einem Sponsor. Ich glaube, es steht uns auch nicht zu, in diese privatrechtlichen Geschäfte einzugreifen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke schön. – Herr Abgeordneter Schweitzer stellt die nächste Zusatzfrage.


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Die von der EU-Kommission ausgearbeitete und von den Grünen so begrüßte Einschränkung von Werbung steht im krassen Gegensatz zu Ihren Äußerungen in bezug auf die Finanzierung der Schul­autonomie. Sehen Sie dadurch die Finanzierung der Schulautonomie gefährdet?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Die Schulautonomie muß nicht finanziert werden, sondern im Rahmen der Autonomie haben die Schulen die Möglichkeit, zusätzliche Finanzmittel zu erschließen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wofür? Für die Schulautonomie!) Nein, nicht für die Schulautonomie. (Abg. Mag. Schweitzer: Schulautonomie braucht ja Geld!) Nein. Schulautonomie ist eine neue Form der Verwaltung der Schule. Die Schule kann aber im Rahmen ihrer Autonomie Geldmittel erschließen, um andere und neue Angebote für die Jugendlichen an den Schulen zu machen. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ja die Schulautonomie!)

Von der EU wurde in keiner Art und Weise irgendeine Vorgabe für eine Werbebeschränkung gemacht. Es gibt eine Diskussion darüber. Ich halte es aber nicht für notwendig, in Österreich neue Akzente zu setzen, weil bei uns die Werbung automatisch durch die Zielsetzung der Schule und durch die Zielsetzungen, die im Schulorganisationsgesetz festgehalten sind, eingeschränkt ist. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Stampler, bitte.


Abgeordneter Franz Stampler¦ (ÖVP): Frau Bundesministerin! Unter Ihrer Ressortleitung wurde das Werbeverbot an den Schulen gelockert, allerdings unter Beibehaltung bestimmter Verbote. Kürzlich fand unter der Leitung des Vorsitzenden des Unterrichtsausschusses, Kollegen Höchtl, im Parlament eine Enquete betreffend Sekten statt, bei der die Sorge hinsichtlich einer Unterwanderung von Sekten in den verschiedenen Schichten ausgesprochen wurde.

Daher meine konkrete Frage: Halten Sie die bestehenden Verbote gerade im Hinblick auf Sekten für ausreichend?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Ich meine, daß die bestehenden Regelungen im Schulorganisationsgesetz, die Werbung jeglicher Art im Bereich der Beeinflussung durch Sekten verbieten, ausreichend sind. Sie können aber sicher sein, daß wir gerade in diesem Bereich sehr sensibel sind und genauestens kontrollieren. Sollte sich irgendwo etwas abzeichnen, wird sofort eingeschritten. Wir versuchen, Kinder zu starken Persönlichkeiten zu machen, die sich von derartigen Werbungen nicht verführen lassen. (Beifall bei der ÖVP.)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke vielmals. Damit haben wir die 5. Anfrage abgehandelt.

Die 6. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Schweitzer.


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

210/M

Auf welcher rechtlichen Basis beruht die bedenkliche Praxis, daß Lehrergewerkschafter hin­sichtlich der Abgeltung von Mehrdienstleistungen nach der Änderung des § 61 des Gehalts­gesetzes 1956 nicht wie alle anderen Kolleginnen und Kollegen behandelt werden, sondern zusätzlich zu den Abgeltungen für die tatsächliche Erbringung von Mehrleistungen noch eine beachtliche Pauschalvergütung beziehen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich bitte um die Beantwortung.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Die bisherige Regelung für die Personalvertretung war im Rahmen der Gesetze völlig legal. § 61, laut dem es die Pauschalvergütung nicht mehr geben wird, tritt erst mit 1. September 1998 in Kraft. Es finden laufend Verhandlungen statt, um für die Personalvertretung eine neue Regelung zu finden. Die nächste Verhandlung findet am 23. Juni 1998 statt, und Sie können sicher sein, daß ab September die Regelung für die Personalvertreter der neuen Gesetzeslage angepaßt wird.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zusatzfrage, bitte.


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Sind Sie in der Lage, Angaben darüber zu machen, wie viele Personalvertreter ungefähr von dieser momen­tanen gesetzlichen Regelung profitieren, und in welchem Ausmaß das Budget davon betroffen ist?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich bitte um die Beantwortung.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Diese Angaben kann ich nicht machen. Ich meine, daß in diesem Zusammenhang verschiedene Angaben dazu dem Datenschutz unterliegen. Es wurde aber bereits in schriftlichen Anfrage­beantwortungen die Zahl der davon betroffenen Personalvertreter genannt.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Horngacher, bitte.


Abgeordnete Katharina Horngacher¦ (ÖVP): Frau Bundesminister! Sie wissen, daß es wegen der Mehrdienstleistungen und auch wegen der Neuregelung der Reifeprüfungen große Unruhe gegeben hat. Wie weit sind Sie nun mit diesen Verhandlungen? Ist in der Lehrerschaft inzwi­schen etwas Ruhe eingekehrt? Wie weit sind die Verhandlungen mit den Lehrervertretern jetzt gediehen, und wie schauen die Perspektiven für den Herbst aus?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Ministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: In der Neuregelung des § 61 ist erstens festgehalten, daß diejenigen Mehrdienstleistungen, die tat­sächlich erbracht werden, auch tatsächlich bezahlt werden. Das bringt für manche Lehrerinnen und Lehrer eine Besserstellung. Zweitens soll das Maturajahr als verkürztes Jahr angerechnet werden.

Im Zuge der Diskussion sind leider sehr viele Mißverständnisse transportiert worden. Es ist uns gelungen, diese Mißverständnisse aufzuklären. Im Zuge der Diskussion hat sich auch gezeigt, daß es manche Entwicklungen gibt, die von vornherein, auch von der Seite der Lehrer­gewerk­schaft, nicht bedacht worden sind. So ist zum Beispiel erst jetzt klargestellt worden, daß die Vorbereitung auf die Matura abzugelten und nicht in die Gegenrechnung einzubringen ist.

Es wurde mit der Gewerkschaft vereinbart, daß bis zum kommenden September erstens die Verkleinerung der Maturakommissionen und zweitens die Einbringung nur noch eines Themas für die Maturaarbeiten festgelegt wird. Drittens: Die Vorbereitung auf die Matura wird selbst­verständlich zusätzlich abgegolten. Viertens werden auch die Förderkurse, die an den Schulen gehalten werden, in die Gegenrechnung nicht mit eingerechnet. Das sind Fragen, die erst vor kurzem aufgetaucht sind und die wir jetzt geregelt haben. Dazu zählt auch, daß die Pflege­freistellung gleich einem Krankenstand gerechnet wird. Das sind durchwegs Weiterent­wick­lungen und Verbesserungen.

Ich möchte auch noch festhalten, daß gerade im Bereich der Projektwochen Verbesserungen und keine Verschlechterungen vorgenommen wurden. Das wurde aber leider etwas falsch transportiert und falsch gesehen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Frau Bundesministerin! Die Feststellung und Berechnung der Lehrerarbeitszeiten über die Stundenwertigkeit beruht auf einem extrem mechanischen und eigentlich deregulierten Arbeitszeitschema, das im wesentlichen nur die Vorbereitung und die Nachbereitung der Unterrichtstätigkeit berücksichtigt.

Können Sie sich vorstellen, daß Sie als Bundesministerin Initiativen setzen, um die Lehrer­arbeitszeiten umfassend zu bewerten, also auch jenen Bereich, der über die unmittelbare Unter­richtstätigkeit hinausgeht und der mittler­weile neben der Unterrichtstätigkeit das wesentliche Ele­ment der Lehrertätigkeit darstellt – Schulgemeinschaftstätigkeiten und und und –, sodaß alles einbezogen wird?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Es gibt bereits ein neues Selbstverständnis bei Lehrern und Lehrerinnen, nämlich daß viel mehr dazu­gehört und Lehrer-Sein mehr als nur unterrichten ist.

In der Diskussion um die Lehrerleitbilder ist diese Frage bereits aufgeworfen worden. Ich meine, daß eine genaue Arbeitsbeschreibung, eine genaue Aufgabenbeschreibung in Zukunft beson­ders wichtig sein wird. Wir werden das gemeinsam mit einem neuen Gehaltsmodell diskutieren müssen. Dazu muß man natürlich anmerken, daß die ganze Sache sehr schwierig ist.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Klara Motter, bitte.


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! Werden Sie Maß­nahmen unterstützen, um durch eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen den Bezug von Mehrleistungsentgelten für dienstfrei gestellte Personalvertreter zu untersagen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Nach derzeitigem Recht beziehen die Personalvertreter ihre Zulagen auf gesetzlicher Basis. Ab 1. September 1998 gilt der neue § 61, dann wird es auch eine Neuregelung für die Personalvertretung geben. Die nächste Verhandlung dazu findet am 23. Juni statt.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordneter Dr. Rada, bitte.


Abgeordneter Dr. Robert Rada¦ (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Wie Sie bereits aus­geführt haben, wird nach dem kommenden § 61 Mehrdienstleistung nur dann noch abge­golten, wenn sie auch tatsächlich in Form von Unterrichtserteilung gehalten wird. Es gibt aber sehr viele Lehrer, die in außerschulischen Organisationen arbeiten und sehr wohl sehr viel für die Schule leisten. Ich denke in diesem Zusammenhang etwa an den Schwimmunterricht oder die Erste-Hilfe-Kurse im Rahmen des Österreichischen Jugendrotkreuzes. Denken Sie daran, für diese Lehrergruppe Ausnahmeregelungen zu schaffen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Es kann ganz sicher für diese Lehrergruppe keine Ausnahmeregelung geschaffen werden. Es kann ganz sicher nicht angehen, daß man für private Organisationen Überstunden bezahlt. Ich kann mir das auf keinen Fall vorstellen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke schön. – Herr Abgeordneter Dr. Rada, es ist keine weitere Zusatzfrage möglich.

Wir kommen zum 7. Fragenkomplex, den Herr Dr. Cap formuliert.


Abgeordneter Dr. Josef Cap¦ (SPÖ): Frau Bundesministerin! Gerade im Zuge der geplanten Neuorganisation im Bereich der Bundesmuseen stellt sich die Frage nach dem Selbst­ver­ständnis, das sich diese Bundesmuseen dann – gerade unter diesen Bedingungen – geben werden. Haben Sie irgendwelche Initiativen vor, gibt es bei Ihnen eine Strategieabteilung, die die Rahmen ...


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Herr Abgeordneter Cap! Ich bitte um die Verlesung der Anfrage.


Abgeordneter Dr. Josef Cap¦ (fortsetzend): Das war nur ein Kreativmoment von mir. (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen. – Abg. Mag. Peter: Das ist eine philosophische Frage!)

Meine Frage lautet:

206/M

Ist für Sie ein Suchen der einzelnen Bundesmuseen nach einem neuen Selbstverständnis erkennbar?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Auf eine kreative Frage bitte eine kreative Antwort.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Wie wir bereits in der letzten Sitzung des Kulturausschusses gesagt haben, erscheint es mir wichtig, gemeinsam mit den Museen eine Museumskonzeption 2010 zu erarbeiten. Das heißt, daß ich inhaltlich den Museen keine neue Vorschreibungen machen möchte. Die Inhalte der Samm­lungen ergeben sich aus den gewachsenen Sammlungen und aus den Weiterentwicklungen.

Ich meine aber, daß wir für alle Museen gemeinsame Zielsetzungen erarbeiten sollten. Zum Bei­spiel: Um den Museen mehr Eigenständigkeit zu geben, haben wir wissenschaftliche Anstalten eingerichtet. Weiters sind in den verschiedenen Bereichen Evaluierungen notwendig. Wir wer­den als erstes den wissenschaftlichen Bereich evaluieren, um festzustellen, welche wissen­schaftlichen Arbeiten wirklich geleistet werden.

Wichtig ist auch, daß die Museen Jugendliche besonders ansprechen sollten. Dazu gehört Mu­seumspädagogik in den einzelnen Museen, die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Schulen, die Anpassung der Ausstellungsart der Museen an die modernen Erfordernisse. Auch dem sogenannten Erlebnistourismus ist in gewisser Weise Rechnung zu tragen. Die inter­nationale Zusammenarbeit, insbesondere im Ausstellungsbereich, ist ein sehr wichtiger Schwer­punkt. Speziell mit den ehemaligen Staaten des Ostblocks, also mit den Reformstaaten in Mittel- und Osteuropa, sollten verstärkt Kontakte aufgebaut werden, damit sich Zusammenarbeit sowohl im Sammlungs- als auch im Ausstellungsbereich ergibt.

Ich meine, daß wir die Museumskonzeption 2010 mit diesen Zielsetzungen gemeinsam erar­beiten sollten, sodaß dann im nächsten Kulturbericht aufgezeigt werden kann, wie jedes Mu­seum diese Zielsetzung umsetzen möchte.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke schön. – Zusatzfrage.


Abgeordneter Dr. Josef Cap¦ (SPÖ): Sehen Sie durch den Umstand, daß im Zuge dieser Umstellung ein kommerzieller Faktor in diesen Bereich Eingang findet, ein Spannungselement zwischen Quantität und Qualität im Selbstverständnis gegeben oder nicht?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Span­nungsfelder wird es immer wieder geben. Ich halte die Spannungsfelder für sehr wichtig, um Motivationsschübe für die Arbeit zu erzeugen. Ich meine, daß der Stellenwert eines Museums nicht an der Zahl der Besucher gemessen werden kann, meine aber auch, daß es nicht verboten ist, viele Besucher zu haben.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Dr. Krüger, bitte.


Abgeordneter Dr. Michael Krüger¦ (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Sie haben von mehr Eigenständigkeit, mehr Autonomie für die Museen gesprochen. Wieso sieht der neue Entwurf zum Bundesmuseumsgesetz abermals vor, daß der Minister – das ist ein österreichisches Unikum – selbständig die Entscheidung zu treffen hat, wer als Direktor dieser neuen Museen eingesetzt wird?

Sie wissen, daß es für den Experten aus Holland unverständlich war, daß die Politik so weit geht, über die Bestellungsvorgänge und die konkrete Bestellung dieser Bundesmuseen­direk­toren zu entscheiden. Wann gedenken Sie hier Abhilfe zu schaffen? Wieso geben Sie dieses Recht der Bestellung nicht einem Aufsichtsgremium, wie etwa dem Kuratorium oder einem anderen Aufsichtsgremium, das hier einzuführen wäre?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Ich gedenke, hier keine Abhilfe zu schaffen. Den Darstellungen des Kollegen aus den Niederlanden liegen andere Voraussetzung zugrunde. Man sollte in der Politik nicht immer Äpfel mit Birnen vergleichen.

In Holland haben die Museen einen Finanzierungsgrad durch den Staat von höchstens 40 Pro­zent. In Österreich werden sie immer noch zu 90 oder mehr Prozent aus Steuergeldern finan­ziert. Und solange ich für 1 Milliarde Schilling aus Steuermitteln verantwortlich bin, möchte ich auch die letzte Entscheidung darüber treffen, wer diese Steuermittel dort verwalten soll. Es gibt ein Gremium, das ein Objektivierungsverfahren und einen Dreiervorschlag macht; die schluß­endliche Bestellung muß aber mir vorbehalten bleiben, weil ich für die Verwendung dieser Mittel verantwortlich bin.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Mit kurzen Fragen und kurzen Antworten könnten wir alle acht Fragen erledigen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek.


Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek¦ (ÖVP): Frau Bundesministerin! Dankenswerterweise haben Sie richtiggestellt, wie sich die Genese dieser neuen Museumssituation gestaltet hat. Ich möchte Sie fragen, wie die im § 4 genannten Ziele der Museen, die Sie selbst gerade noch einmal aus­geführt haben, vereinbart werden – etwa mit dem Pionier Seipel XXX gekl. Hu, der im Hinblick auf die Museumsordnung schon aktiv ist –, sodaß auch die Sammlungsleiter und die wissenschaft­lichen Interessen berücksichtigt werden beziehungsweise deren Stimme Gehör findet.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Selbst­verständlich wird jeder Entwurf für eine Museumsordnung mit den davon betroffenen Samm­lungsleitern und wissenschaftlichen Mitarbeitern in den einzelnen Museen besprochen. Das ist die Methode der offenen Planung, die ich mir auch von jedem Direktor im jeweiligen Museum erwarte.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Frau Abgeordnete Klara Motter, bitte.


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! Ich habe eine Frage zur Nationalbibliothek, und zwar zu den verschwundenen Kunstgegenständen. Ist dieser Diebstahl aufgeklärt? Wenn nicht: Wie weit sind die Untersuchungen gediehen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Bundesministerin! Es bleibt Ihnen überlassen, ob Sie aufgrund des „Zusammenhangs“ antworten. – Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Der Diebstahl ist angezeigt worden. Die Ermittlungen laufen. Er ist nicht aufgeklärt, und ein Zwischenergebnis wird demnächst vorgelegt.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke vielmals. – Herrn Abgeordneten Amon bitte ich, die letzte Frage zu formulieren.


Abgeordneter Werner Amon¦ (ÖVP): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

204/M

Welche Fortschritte haben Sie für die berufsbildenden Schulen in diesem Schuljahr erreicht?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Frau Ministerin, bitte.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Das berufsbildende Schulwesen hatte zahlreiche Weiterentwicklungen. Es gibt ein neues Aufnahme­verfahren. Es wurde die Berufsreifeprüfung eingeführt. Es gibt eine Verordnung über ab­schließende Prüfungen, über Diplomprüfungen und eigene Maturaprüfungen. Durch die Teil­rechtsfähigkeit der Schule gibt es die Möglichkeit, in den betrieblichen Weiterbildungsbereich einzusteigen. Es gibt ein neues Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige. Es gibt weiters die neuen Diplomprüfungszeugnisse, die die Qualifikationen, die an den berufsbildenden Schulen erworben werden, europaweit ausschildern.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Amon? – Nein, dann kommt Herr Abgeordneter Öllinger an die Reihe.


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Frau Bundesministerin! Im Unterrichtsausschuß haben wir eine Debatte über die Blockschulzeiten an den Berufsschulen geführt. Sie haben ver­sprochen, sich dafür einsetzen, daß an den Berufsschulen in ganz Österreich, also in allen Bundesländern, Blockschulzeiten eingeführt werden. Gibt es diesbezüglich schon ein End­ergebnis? Gibt es überall Blockschulzeiten, oder ist es nach wie vor in manchen Bundesländern Usus, den Berufsschulunterricht über Berufsschultage durchzuführen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Da ich eine große Anhängerin der Subsidiarität bin, liegt es mir fern, überall Blockschulzeiten zu verord­nen. Es gibt Länder, von denen durchaus glaubhaft dargelegt wird, daß sie und auch die Wirt­schaft mit den einzelnen Schultagen äußerst zufrieden sind.

Ich habe im Ausschuß gesagt, daß dort, wo von der Wirtschaft her der Wunsch besteht, Block­zeiten einzuführen, die Schule flexibel darauf eingehen wird und auch für verschiedene Modelle offen ist. Das kann so weit gehen, daß wir die zweimonatige Blockzeit auf zweimal einen Monat aufteilen, wie dies bereits in Tirol in Imst geschehen ist.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Frau Abgeordnete Motter, bitte.


Abgeordnete Klara Motter¦ (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die weiterhin im Steigen begriffenen Mehrleistungszulagen an den berufsbildenden höheren Schulen einzudämmen?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Wie ich bereits bei der Budgetberatung dargelegt habe, sind die Mehrleistungen nicht im Steigen begriffen. Man darf die absoluten Zahlen der Budgets nicht als Maß für das Ansteigen nehmen, da die Mehrleistungen auch teurer werden. Die Zahl der Mehrleistungen, nämlich die Stun­denanzahl, ist reduziert worden. Durch den Umstand, daß die Lehrer älter werden, steigen jedoch die Kosten.

Natürlich ist es mir ein Anliegen, die Mehrdienstleistungen abzubauen und jungen Kollegen und Kolleginnen die Möglichkeit zu geben, zu unterrichten. Insbesondere die Maßnahme des Nationalen Aktionsplans zur Beschäftigung, und zwar daß die Vordienstzeiten aus der Privat­wirtschaft beim Einstieg in ein Lehramt höher angerechnet werden, wird uns dabei helfen, jungen Kollegen und Kolleginnen die Chance zu geben, an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen zu unterrichten. Damit werden gleichzeitig Mehrdienstleistungen abgebaut.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke. – Herr Abgeordneter Schwemlein, bitte.


Abgeordneter Emmerich Schwemlein¦ (SPÖ): Frau Bundesministerin! Ich möchte auf die ursprüngliche Frage des Kollegen Amon zurückkommen. Ihre Aufzählung hat schwerpunkt­mäßig die BMS und die BHS beinhaltet. Was haben Sie im wesentlichen an Verbesserungen für die Berufsschule vor? An welche Formen von Aufwertung denken Sie?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Die Berufsschulen erfahren insbesondere durch die Möglichkeit, eine Vorbereitung auf die Berufs­reifeprüfung anzubieten, eine Aufwertung. Dieses Angebot wird auch schon von zahlreichen Institutionen wahrgenommen.

Weiters haben die Berufsschulen derzeit eine große Herausforderung dadurch, daß die Lehr­pläne für die neuen Lehren, also für die neuen Lehrberufe, die kürzlich verordnet worden sind, konzipiert werden müssen.

Ich meine, daß unsere Berufsschulen sehr gute Schulen sind und daß speziell im Berufs­schulbereich die Weiterentwicklungen enorm sind. Die Berufsschullehrer und die Berufsschulen müssen sich immer auf den neuesten Stand der Technik und auf den neuesten Stand der Entwicklung in all diesen Bereichen einstellen.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke schön. – Herr Abgeordneter Dr. Graf, bitte.


Abgeordneter Dr. Martin Graf¦ (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Auch dieses Jahr werden nicht alle Lehrlinge auf dem Arbeitsmarkt unterkommen. Welche Maßnahmen planen Sie, plant Ihr Ressort? Mit wie vielen Schulabgängern, die im nächsten Schuljahr zur Überbrückungshilfe im Rahmen der Berufsschulen untergebracht werden müssen, rechnen Sie?


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Bitte, Frau Ministerin.


Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer¦: Im Rahmen der Berufsschule gibt es keine eigene Überbrückung. Es gibt die Berufslehrgänge, die von den Ländern beziehungsweise von Privatinstitutionen angeboten werden. Diese sind wie Lehren konzipiert. Es gibt weiters die Lehrlingsstiftungen. Diese Maßnahmen sind bereits gestern beschlossen worden.

Die Zahl der Jugendlichen kann erst mit Ende des Schuljahres festgestellt werden, wenn man wirklich weiß, wie viele Lehrplätze zur Verfügung stehen. Es wird aber damit gerechnet, daß etwa 2 500 Jugendliche in Berufslehrgängen ein erstes Ausbildungsjahr erhalten.


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke schön.

Damit sind die 60 Minuten der Fragestunde abgelaufen. Alle Fragen wurden beantwortet.

Ich danke der Frau Bundesministerin. (Beifall bei der ÖVP.)

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sit­zungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 4000/AB bis 4030/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Antrag 804/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Post-Betriebsverfassungsgesetz geändert wird,

Antrag 806/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend gesetzliche Anerkennung der Blindenführhunde als Hilfsmittel;

Verkehrsausschuß:

Antrag 805/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird.

*****

Fristsetzungsanträge


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, daß Herr Abge­ordneter Mag. Barmüller beantragt hat, dem Verkehrsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 769/A (E) der Abgeordneten Amon und Genossen betreffend Semmering-Basistunnel – Neue Südbahn eine Frist bis zum 7. Juli 1998 zu setzen.

In diesem Zusammenhang liegt auch das gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über den Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Diese Debatte setze ich für 15 Uhr fest. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluß der Debatte erfolgen.

Weiters teile ich mit, daß Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer beantragt hat, dem Wirtschafts­ausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 803/A (E) der Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen betreffend Lizenzgebühren für die Übertragung der Fußball-WM eine Frist bis zum 18. Juni 1998 zu setzen.

Auch hiezu liegt gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung das Verlangen vor, eine Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Diese Debatte wird im Anschluß an die soeben bekanntgegebene Debatte über den voran­gehenden Fristsetzungsantrag stattfinden, und die Abstimmung wird nach der Debatte erfolgen.

Ergänzung der Tagesordnung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich darf bekanntgeben, daß die Abgeordneten Dr. Kostelka und Dr. Khol im Sinne des § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung beantragt haben, die Tagesordnung der heutigen Sitzung um den

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1155 der Beilagen): Wirt­schaftskammergesetz 1998 (1267 der Beilagen) sowie um den

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1154 der Bei­lagen): Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz geändert wird (1263 der Beilagen)

zu ergänzen.

Im Falle einer diesbezüglichen Ergänzung werden diese Vorlagen als Punkte 5 und 6 in die Tagesordnung eingebaut. Es ist aber dazu ein Beschluß des Nationalrates mit Zweidrittel­mehr­heit erforderlich.

Ich unterbreite daher dem Hohen Haus den Antrag der Abgeordneten Dr. Kostelka und Dr. Khol zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der vorgeschlagenen Ergänzung der Tagesordnung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist mit Zweidrittelmehrheit ange­nommen.

Wie schon angedeutet, werden dadurch die bisherigen Tagesordnungspunkte 5 bis 16 die Punkte 7 bis 18.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 1 bis 4, 5 und 6, 7 und 8, 9 und 10 sowie 11 bis 15 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

*****

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten der Tagesordnung wie folgt erzielt: Es wurde eine Tagesblockredezeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126 Minuten, Freiheitliche 117 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich frage daher: Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das einvernehmlich so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über das Volksbegehren „Schilling-Volksabstimmung“ (1065/1251 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1187 der Beilagen): 1. Euro-Finanzbegleitgesetz (1241 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 790/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz 1981 geändert wird (1248 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Bürgerinitiative Nr. 12 betreffend Wie­derholung der EU-Volksabstimmung (1252 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nun nehmen wir die Verhandlung der Tagesordnungspunkte 1 bis 4 in Angriff. Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Wünscht einer der Berichterstatter oder die Berichterstatterin das Wort? – Das ist nicht der Fall. Daher gehen wir in die Beratungen ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Es wurde eine Redezeit von 6 Minuten ge­wünscht. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.05


Abgeordneter Dr. Michael Krüger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Eingangs meines Debattenbeitrages möchte ich einmal mehr klarstellen, daß das Volksbegehren „Schilling-Volksabstimmung“, wie schon der Begriff sagt, nicht a priori auf eine Verhinderung der Einführung des Euro – zu welchem Zeitpunkt auch immer – ausgerichtet war, sondern auf die Durchführung einer Volksabstimmung. Ich glaube, das ist etwas ganz Wesent­liches. (Zwischenruf des Abg. Auer.) Der Kollege von der ÖVP wird mir sicherlich recht geben, daß die Volksabstimmung ein wichtiger Bestandteil der direkten Demokratie ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Schwimmer: Das ist eine Minderheitsfeststellung, Herr Krüger!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der Österreichischen Volkspartei! Man kann sich natürlich auf den überheblichen Standpunkt zurückziehen und sagen: Was geht mich der Bürger an? Was interessiert mich der Bürger? Wenn er einmal seine Stimme in der Wahlzelle abge­geben hat, dann vergessen wir ihn für vier Jahre, und kurz vor der nächsten Nationalratswahl packen wir unsere Werbe- und Wahlkampfslogans wieder aus. – Das ist offensichtlich Ihre Ein­stellung. Daher regen Sie sich so auf, wenn wir in einer derart wichtigen Frage wie der Aufgabe des Schilling und der Einführung des Euro eine Volksabstimmung beantragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein schlechteres Demokratieverständnis, eine gering­schätzigere Einstellung zum Wesen der direkten Demokratie, zum direkten Bürgerwillen, als Sie es leider zeigen, kann man sonst nicht finden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es stellt sich aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur die Frage, ob in einer derart wichtigen Angelegenheit eine Volksabstimmung, eine Entscheidung durch den Souverän, durch die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes freiwillig durchzuführen ist, sondern sogar die Frage, ob nicht nach verfassungsrechtlichen Erwägungen eine Volksabstimmung geboten ist. Sie wissen ja, daß die österreichische Bundesverfassung dann eine Volksabstimmung zwingend vorschreibt, wenn wesentliche Bauelemente unserer Verfassung abgeändert oder außer Kraft gesetzt werden sollen.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wer wird bestreiten, daß der österreichische Schilling ein wichtiger Bestandteil des Gesamtgefüges unserer Verfassung ist?! Der österrei­chische Schilling kommt in unzähligen Gesetzen, auch in Gesetzen, die in Verfassungsrang stehen, vor. Wenn man also diese Auffassung vertritt, die von namhaften Verfassungsexperten unterstützt wird, dann handelt es sich nicht nur um eine Frage des grundsätzlichen Demo­kratie­verständnisses, des grundsätzlichen Verständnisses der Regierungsparteien gegenüber dem Souverän, gegenüber der direkten Demokratie, sondern dann ist es sogar rechtlich und verfas­sungsgesetzlich geboten, diese Volksabstimmung durchzuführen. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Propagandamaschine, die die Regierung aus Anlaß dieses Volksbegehrens „Schilling-Volksabstimmung“ in Gang gesetzt hat, hat nicht nur mich, sondern, glaube ich, auch sehr viele andere, insbesondere große Teile der Bevölkerung, an die immense Propagandamaschine anläßlich der Vorbereitung auf den EU-Beitritt erinnert. Damals war kein Argument zu billig, um nicht in die Waagschale geworfen zu werden, um die Wählerinnen und Wähler über die Auswirkungen des Beitritts zur Europäischen Union zu täuschen. Damals wurde davon gesprochen, daß die Pensionen gefährdet seien, daß die Teuerung überdurchschnittliche Ausmaße annehmen werde, wenn Österreich nicht der Euro­päischen Union beitritt.

Daß der Schilling nicht verlorengeht, sondern beibehalten wird: das war auch eines jener einsei­tigen Propagandamärchen, die Sie den Österreicherinnen und Österreichern aufzutischen ver­sucht haben – und das ist Ihnen leider teilweise gelungen. Denn es gab ja eine Reihe von Wortmeldungen prominentester Abgeordneter und Politiker der Regierungsparteien, die damals vor der Volksabstimmung über den Beitritt zur Europäischen Union hoch und heilig versprochen haben, daß der Beitritt zur Europäischen Union am Bestand des Schilling nichts ändern wird.

Und was ist in der Praxis geschehen? – Kaum waren wir bei der Europäischen Union, wurde diese Argumentationslinie verlassen, und man hat erneut, nun aus Anlaß dieses Schilling-Volksbegehrens, die Propagandamaschine gestartet, und zwar um Millionenetats, und mit allen möglichen wahren und unwahren Geschichten und Märchen versucht, die Österreicherinnen und Österreicher davon abzuhalten, dieses Volksbegehren auch tatsächlich zu unterschreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht ja bei der Einführung des Euro nicht nur darum, daß wir unseren liebgewordenen Schilling aufgeben müssen, sondern auch um die Frage, welche Erwartungen mit dem Euro verbunden sind. Und es geht auch um die Frage, ob die Einführung einer gemeinsamen Währung am Beginn beziehungsweise im ersten Drittel eines Integrationsprozesses in Europa stehen soll oder erst die Krönung sein soll. Denn eines hat die Vergangenheit, haben die vergangenen 2 000 Jahre gezeigt: daß es noch nie in der Ge­schichte der zivilisierten Menschheit einen großen Wirtschaftsraum gegeben hat, dem man künstlich eine gemeinsame Währung vorgeschrieben hat. Und das ist der springende Punkt!

Meine Fraktion ist nicht gegen den Euro schlechthin, sondern wir sind der Ansicht, daß die Einführung des Euro verfrüht kommt, denn die Integration ist noch nicht so weit voran­geschritten. Es ist zwar davon die Rede, daß die Konvergenzkriterien von den Beitrittsländern eingehalten wurden, aber wie schaut es denn in der Praxis aus? Wie sind denn diese Kon­vergenzkriterien zustande gekommen? Sind sie tatsächlich von den einzelnen Volkswirtschaften in die Tat umgesetzt worden? Ich meine, man kann nicht mit Recht darauf antworten, daß alle Kriterien erfüllt wurden. Ja glauben Sie wirklich, daß etwa Portugal jene Stabilität besitzt, die es dem Land tatsächlich erlauben würde, mit Recht am Euro, an der Europäischen Währungsunion teilzunehmen? Oder glauben Sie, daß die verschiedenen Budgettricks, derer sich ja auch unser Finanzminister bedient, tatsächlich Gewähr dafür bieten, daß die Konvergenzkriterien nicht nur nominell, sondern auch wirtschaftlich eingehalten werden?

Wir glauben das nicht, und es stellt sich daher die Frage: Ist dieser Maastricht-Vertrag über­haupt erfüllt worden? – Professor Adamovich, Präsident des Verfassungsgerichtshofes, sagte, auch diese Frage ist natürlich verfassungsrechtlich zu stellen, denn wenn ein Vertrag abge­schlossen wird – wie der Vertrag von Maastricht, der ja auch Bestandteil des Beitrittsvertrages von Österreich ist –, dann ist zu überprüfen, ob die dort bedungenen Voraussetzungen auch tatsächlich eingehalten wurden oder nicht. Wenn man zum Befund kommt, sie wurden nicht eingehalten, etwa dadurch, daß Portugal die Konvergenzkriterien nicht erfüllt, dadurch, daß Belgien die Konvergenzkriterien nicht erfüllt, dadurch, daß Österreich sie nur deshalb erfüllt, weil bestimmte Budgettricks, bestimmte Budgetkosmetik angewendet wurde, ja dann stellt sich die Frage, ob dieser Vertrag überhaupt eingehalten wurde. Also wenn man zu diesem Befund kommt – und namhafte Wissenschafter teilen diese Meinung –, dann muß man sagen, daß die Konvergenzkriterien und damit die Voraussetzungen für eine Wirtschaftsunion nicht erfüllt wurden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Noch kurz zur Bürgerinitiative betreffend Wiederholung der EU-Volksabstimmung. Im Ausschuß hat es ja Einhelligkeit darüber gegeben, daß die EU-Volksabstimmung nicht zu wiederholen ist. Ich glaube, es ist wichtig, daß wir uns dazu bekennen; das geschieht auch von seiten unserer Fraktion. Man kann, wenn man einmal eine derart wichtige Frage dem Souverän vorgelegt hat und nachdem von nahezu zwei Drittel der Beitritt hier befürwortet wurde, nicht an anderer Stelle nur kurze Zeit danach eine derartige Volksabstimmung wiederholen. Man kann nicht Abstimmungen so lange wiederholen, bis ein genehmes Ergebnis herauskommt. Man hat sich da dem Souverän zu unterwerfen, und dieser Souverän hat eben im Sinne eines Beitrittes zur Europäischen Union entschieden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.16


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nowotny. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.16


Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny¦ (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Das Schilling-Volks­begehren, das die FPÖ eingeleitet hatte, war ein deutlicher Mißerfolg. Es ist daher nicht er­staunlich, daß Herr Abgeordneter Haider, der sich zuerst sehr dafür engagiert hat, heute hier durch Abwesenheit glänzt. (Ruf bei der ÖVP: ... der Kultursprecher!) Mit Kultur hat das auch nicht viel zu tun. Er mußte einspringen. (Abg. Auer: Die Finanzsprecher sind abhanden gekom­men! – Abg. Gaugg: Herr Oberlehrer! Wo waren Sie gestern?) Aber ich muß zugeben, Abgeordneter Krüger hat die Kurve an sich recht elegant gekratzt. Eigentlich hat er über den Euro überhaupt nichts gesagt, sondern hat sich in allgemeine Diskussionen über Volksbegehren und über direkte Demokratie ergangen. Das ist alles ganz interessant, gehört nur eigentlich nicht unmittelbar zum Thema.

Ich möchte folgendes ganz kurz zum Inhalt sagen: Gerade in diesen Wochen, in denen wir sehen, daß es weltwirtschaftlich im Währungsbereich größte Unsicherheiten gibt, hat sich Europa und haben sich die Währungen Europas als ein Hort der Stabilität erwiesen. Der Euro ist bereits international akzeptiert von den Märkten, und es wäre verheerend gewesen, wenn wir Ihrem Vorschlag gefolgt wären und eine Verschiebung angestrebt hätten. Der Schilling wäre Gegenstand von internationalen Währungsspekulationen geworden. Wir können froh sein, daß die österreichische Bevölkerung so klug war und sich gegen diesen abenteuerlichen Vorschlag ausgesprochen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Worum es jetzt geht, ist die konkrete Vorbereitung auf die Einführung des Euro. Und das Euro-Finanzbegleitgesetz, das ja heute hier hauptsächlich Gegenstand der Diskussion ist, ist einfach ein konkreter Punkt dieser Vorbereitung, wie wir sie auch in anderen Bereichen, etwa im Justizbereich, haben. Im Rahmen des Finanzministeriums geht es ja vor allem um zwei Be­reiche: einerseits um den Aktionsplan des Bundes, wo die administrativen Umstellungen vorge­sehen sind, und anderseits um das Euro-Finanzbegleitgesetz, das wir heute hier zu beschließen haben. Für beide Bereiche gilt das Prinzip der Euro-Verordnung der EU: kein Zwang, kein Verbot. Das heißt, niemand wird bis zum Jahre 2002 gezwungen, auf Euro umzustellen, aber es kann auch niemandem verwehrt werden, auf Euro umzustellen. Dafür werden im wesentlichen hier die Voraussetzungen geschaffen. – Einige meiner Kollegen werden noch darauf eingehen.

Ich möchte noch kurz erwähnen, daß neben Fragen der Euro-Umstellung in diesem Gesetz auch eine Reihe anderer Materien behandelt wird, die das Bankwesengesetz, das Wertpapier­aufsichtsgesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz betreffen. Eines muß ich schon sehr offen sagen: Es ist natürlich nicht ganz unproblematisch, wenn man in ein Euro-Umstellungs­gesetz eine Reihe von Materien hineinpackt, die unmittelbar mit der Euro-Umstellung nichts zu tun haben. Wir haben diesbezüglich auch eine entsprechend kritische Diskussion im Ausschuß gehabt, und zwar, wie ich glaube, zu Recht. Es ist eben auch wichtig, doch dann sehr deutlich zu sagen: Was sind die einzelnen Punkte? Wir haben im Zuge der Diskussion im Ausschuß Verän­derungen durchgeführt. Ich freue mich zum Beispiel, daß es uns gelungen ist, durch einen Ab­än­derungsantrag zum Bankwesengesetz zu erreichen, daß es zu keiner Benachteiligung der Gemeinden gegenüber den anderen Gebietskörperschaften kommt.

Insgesamt kann man davon ausgehen, daß das Euro-Finanzbegleitgesetz wieder einer der Schritte ist, mit denen wir korrekt, seriös, gut vorbereitet diese Umstellung erreichen. Es ist eine große Umstellung, es ist eine Umstellung, die natürlich auch mit erheblichen Kosten verbunden ist, denen auch Nutzen gegenüberstehen, aber es ist, glaube ich, eine Umstellung, die im Inter­esse der gesamten österreichischen Wirtschaft ist, die zu einer größeren Stabilität im Rahmen dieses großen Währungsraumes beiträgt und die wir daher begrüßen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.21


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Bitte.

10.21


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen¦ (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Die Grünen werden heute drei Berichten beziehungsweise Vorlagen zustimmen, dem vierten Bericht jedoch nicht. Was das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz betrifft, so glauben wir, daß es einmal angesagt wäre, grundsätzlich die Struktur beziehungsweise das Verhältnis zwischen Kontrollbank und den beteiligten Banken zu besprechen, von den Organen der Kontrollbank beziehungsweise der Besetzung der Organe bis hin zu der eigenartigen Situation, daß ja die Kontrollbank in bezug auf die Abwicklung der Ausfuhrfinanzierung immer auf die Banken angewiesen ist.

In den anderen Bereichen allerdings stimmen wir zu. Ich möchte zu Beginn auf Herrn Krüger eingehen, weil die Einführung des Euro ja doch eine wichtige Sache ist, ebenso wie das von der FPÖ eingeleitete Volksbegehren.

Herr Dr. Krüger! Sie sind doch Rechtsanwalt, und insofern hat es mich etwas erstaunt, daß Sie zwar zu Punkt 4 der heutigen Tagesordnung betreffend die Bürgerinitiative zur Wiederholung der EU-Volksabstimmung gesagt haben, man müsse einmal akzeptieren, was der Souverän beschlossen hat, und man könne nicht ewig Abstimmungen wiederholen, bis das herauskommt, was man gerne hätte. (Abg. Dr. Krüger: „Der Schilling bleibt erhalten!“ hat man damals gesagt!) Hat man gesagt, aber Sie als Anwalt und als gutinformierter Staatsbürger – das nehme ich einmal an – mußten natürlich ebenso wie ich wissen, daß mit der Volksabstimmung 1994 das Schicksal des Schillings besiegelt war. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.)

Daß die Regierungspropaganda dieses Faktum nicht gerade in den Vordergrund gestellt hat, diesbezüglich gebe ich Ihnen ja vollkommen recht. Auch ich habe mir Äußerungen von Staatssekretär Ditz oder Äußerungen der damaligen Nationalbank-Präsidentin Schaumayer vgl. Si notiert, die in der Tat zumindest stark irreführend waren. Aber nichtsdestoweniger mußte jedem, der einigermaßen über den Maastricht-Vertrag informiert war, klar sein, daß ein Land wie Öster­reich, das sich keine Escape-Klauseln oder Opting-out-Klauseln wie Dänemark und Großbritan­nien beziehungsweise das Vereinigte Königreich ausbedungen hat, damit die Zukunft des Schillings besiegelt hat. (Abg. Dr. Krüger: ... die Maastricht-Kriterien erfüllt sind!) Ja, ja.

Natürlich konnte man 1996 beziehungsweise zu Beginn 1997 noch im Zweifel darüber sein, ob die Maastricht-Kriterien tatsächlich erfüllt werden. Insofern verstehe ich ja die politische Aus­richtung des Volksbegehrens. Aber daß ausgerechnet Sie als Jurist auf die juristische Frage mit keinem Wort eingehen, das hat mich dann doch gewundert. Es hat ja damals, 1997, aus An­laß des von Ihnen angekündigten und eingeleiteten Volksbegehrens eine erhebliche juristi­sche Debatte auch in den österreichischen Tageszeitungen gegeben. Ich darf Sie nur daran erinnern, daß Professor Korinek vgl.Si die Situation in einem Zeitungsartikel in meinen Augen sehr klar und unmißverständlich zusammengefaßt hat, daß nämlich die Einführung des Euro kein Bun­des­gesetz mehr erfordert, sondern durch die österreichische Ratifizierung des EG-Vertrages – da­bei handelt es sich vor allem um Artikel 109/J – abgehakt und beschlossen ist. Und sobald der Rat der EU in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs mit qualifizierter Mehr­heit entschieden hat – und er hat ja inzwischen entschieden –, daß Österreich an der gemein­samen Währung teilnimmt, ist diese für Österreich eingeführt. – Punkt.

Diese Entscheidung wirkt für Österreich unmittelbar. Das heißt, ein „Beitritt“ – unter Anfüh­rungszeichen – Österreichs zur Währungsunion war nie vorgesehen, ist nicht vorgesehen, son­dern wirkt aufgrund dieser Rechtslage unmittelbar. Das kann man jetzt bedauern, man kann sagen, das ist eine falsche Konstruktion des Vertrages und so weiter, man kann sagen, die Bevölkerung war 1994 darüber nicht aufgeklärt. Diesbezüglich würde ich Ihnen ja recht geben, aber so ist die Rechtslage – ob uns das paßt oder nicht.

Ein Verfassungsgesetz, das aufgrund dieses Volksbegehrens erlassen worden wäre – im Fall des Falles, daß Sie damit durchgekommen wären –, ein solches Verfassungsgesetz wäre, soweit ich das beurteilen kann, gemeinschaftsrechtswidrig und daher wirkungslos gewesen. Insofern wiederholen Sie in einer gewissen Weise das, was man der Bundesregierung für 1994 vorwerfen könnte. (Abg. Dr. Krüger: Man wurde getäuscht!) Ich würde nicht das Wort „Täu­schung“ verwenden, aber über die Regierungspropaganda von damals kann man tatsächlich debattieren.

Aber mit Ihrem Volksbegehren von 1997 suggerieren Sie der Bevölkerung etwas, was ebenso (Bundesminister Edlinger: Täuschung!) – um nicht wieder das Wort „Täuschung“ zu verwen­den – einfach unrealistisch und unmöglich war.

Zu der von Ihnen gestellten rhetorischen Frage: Warum darf Österreich nicht, was Dänemark, Schweden und das Vereinigte Königreich dürfen, nämlich nicht teilnehmen? – Dänemark und das Vereinigte Königreich haben sich das ausbedungen, Österreich nicht. Dazu kann man wohl sagen, das ist ein Versäumnis der Regierung, aber das ist Schnee von gestern. Bei Schweden ist das anders: Schweden hat sozusagen von Haus aus vermieden, die Konvergenzkriterien zu erreichen, indem es dem Wechselkursmechanismus nicht beigetreten ist. (Abg. Dr. Krüger: ... daß die Konvergenzkriterien nicht erreicht werden!)

Ich glaube, Herr Kollege Krüger, das Problem beim Volksbegehren war im wesentlichen, daß bis zum Schluß unklar blieb, welche Zielrichtung die Freiheitlichen eigentlich damit verfolgen. Im Text des Volksbegehrens sagen Sie zum Beispiel, eine Volksabstimmung ist zwingend vorzu­sehen, während in der Werbung für das Volksbegehren den ganzen Herbst hindurch davon kaum die Rede war. Da war von ganz anderen Dingen die Rede. Da haben Sie eine Ver­schiebung der Einführung der Währungsunion verlangt. Dafür allerdings brauchen Sie keine Volksabstimmung, sondern das hätte der Rat rechtzeitig beschließen müssen. Dafür wiederum hätten Sie viel früher tätig werden müssen, wenn Sie das für sinnvoll gehalten hätten.

Sie haben in der Werbung und in den Broschüren, die Sie herausgegeben haben – ich habe mir das alles genau angeschaut – die Risken der Währungsunion sehr pointiert. – Das tue ich auch, das habe ich auch getan. Aber der Punkt ist nicht, ob die Währungsunion riskant ist, sondern ob die Alternativen zur Währungsunion von Österreich aus gesehen nicht noch riskanter sind. Das haben Sie der Bevölkerung verschwiegen. Auf Ihre Art, sozusagen nicht ganz ehrlich, wie die Regierungspropaganda 1994. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Abgesehen davon, aber das sind dann schon Kleinigkeiten: Wenn Sie den Euro für so gefährlich halten, wenn Sie unbedingt an die Weichheit des Euro nach innen und nach außen glauben, ja wie kommen Sie dann in Gottes Namen darauf, daß der Schilling an den Euro gebunden wer­den muß? Das war eine Forderung von Ihnen.

Gleichzeitig, das war auch eine Forderung von Ihnen aus dem Jahre 1997, sollten aber die Währungsreserven der Notenbank, der Oesterreichischen Nationalbank, gesenkt werden. Also das läßt sich sicher nicht vereinbaren: die Währungsreserven abbauen und den Schilling sich selbst überlassen. Mein Beileid zum Abschneiden des Volksbegehrens! Das war, glaube ich, im wesentlichen selbstverschuldet. (Abg. Dr. Krüger: So wie bei der EU-Volksabstimmung! Das dauert ein bißchen länger! Nächstes Jahr!) – Es kann durchaus sein, daß Sie noch ein paar Zinsen aus dem von Ihnen eingesetzten Kapital lukrieren werden. Das wird man 1999 sehen.

Zum Euro-Finanzbegleitgesetz nur noch eine kurze Bemerkung: Es handelt sich im wesent­lichen um technische Anpassungen, die, soweit wir das beurteilen können, durchaus in Ordnung sind. Eine Randbemerkung erlauben Sie mir jedoch: Ich frage mich manchmal, wozu das Begut­achtungsverfahren eigentlich gut ist, wenn, obwohl durchaus sinnvolle Bemerkungen gemacht werden beziehungsweise aufgrund unklarer Gesetzespassagen Fragen gestellt werden, in der Letztfassung des Ausschußberichts alles genauso ist wie zuvor.

Da gibt es zum Beispiel nachvollziehbare Kommentare der Arbeiterkammer zum § 9 im Bereich des Euro-Anleihengesetzes, wo eben nicht klar ist, was die dort festgeschriebenen Kosten­tragensregelungen bedeuten. Geht das auf die Kunden, die das Depot haben? Geht es auf den Emittenten? Was dürfen die Banken, was dürfen sie nicht? – Die Bedenken kommen von der Arbeiterkammer, nicht von den Grünen. Trotzdem wird es nicht berücksichtigt. Es kommt sehr oft vor, daß derartige Stellungnahmen untergehen, selbst wenn sie mitunter von sehr honorigen Persönlichkeiten dieses Hauses unterzeichnet werden, wie seinerzeit von Frau Hostasch oder mitunter Kollegen Maderthaner und Stummvoll, wenn es um Stellungnahmen der Wirtschafts­kammer geht. – Ich danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

10.31


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maderthaner. – Bitte.

10.31


Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sehe es nicht nur als die Pflicht des Nationalrates an, sich mit dem sogenannten Schilling-Volksbegehren auseinanderzusetzen, son­dern es ist auch gut, daß wir heute nochmals Gelegenheit haben, dieses Volksbegehren vor aller Öffentlichkeit als das hinzustellen, was es eigentlich immer war: Panikmache, die wegen der Polemik, die die Initiatoren des Volksbegehrens praktiziert haben, gar nicht so ungefährlich war.

Aber eines muß man den Freiheitlichen lassen: Sie sind konsequent. Wer gegen Europa ist, muß natürlich auch gegen die gemeinsame Währung sein, das kann man durchaus feststellen.

Meine Damen und Herren! Aber es hat sich wiederum gezeigt, daß die Österreicherinnen und Österreicher vernünftiger sind, als die Freiheitliche Partei erlaubt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Zwischen dem 24. November und dem 1. Dezember 1997 wurden bei dem Volksbegehren nur 253 000 Stimmen beziehungsweise Unterschriften erzielt, das ist bloß ein Viertel der FPÖ-Wähler bei der letzten Nationalratswahl. Dazu muß man sagen, daß es auch in den eigenen Reihen durchgefallen ist.

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Bei diesem Volksbegehren haben Sie die Österreicherinnen und Österreicher in manchen Bereichen bewußt irreführen wollen. Sie haben behauptet, der Übergang zum Euro sei mit Vermögensverlusten für die Sparer verbun­den. Das ist falsch, meine Damen und Herren! Durch die Umrechnung entsteht nämlich kein Wertverlust, auch die Kaufkraft des Schillings wird beeinflußt. Auch in Form von Spareinlagen kann sich durch eine solche Umrechnung gar nichts ändern, unabhängig von der konkreten Höhe des Umrechnungskurses. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hat sich denn der Ecu entwickelt?) Und von besonderer Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse zeugt auch die aufgestellte Behauptung (Abg. Mag. Schweitzer: Von 12,25 auf 14!), daß der Schilling bis zum 1. Jän­ner 2002 gegenüber dem Euro an Wert verlieren werde. (Abg. Mag. Schweitzer: 200 Milliarden Schilling!)

Dies ist schon deswegen völlig unmöglich, da – wie jedes Kind weiß, meine Damen und Her­ren – der Schilling-Euro-Umrechnungskurs mit Jahreswechsel 1998/1999 unwiderruflich fest­gelegt wird. Das ist auch eine klare Tatsache!

Meine Damen und Herren! Die Liste dieser falschen Behauptungen, die die Initiatoren des Volksbegehrens aufgestellt haben, ließe sich noch lange fortsetzen. Aber wir sollten uns eigentlich nicht dazu hergeben, um die von einer kleinen Gruppe bewußt geschürten Ängste hier nochmals aufzuwärmen, sondern es liegt an uns, die Chancen, aber auch die Probleme der Währungsumstellung aufzuzeigen – seriös und sauber – und die Chance wahrzunehmen, auch diesbezüglich eine gute Aufklärung zu betreiben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.)

Wir können einmal grundsätzlich positiv vermerken: Wir ersparen uns jährlich rund 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, das sind etwa 24 Milliarden Schilling, an Transaktionskosten. Das ist eine Tatsache! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Kosten der Wechselkursrisken fallen weg, das ist die nächste positive Tatsache. Es wird keine einseitigen Auf- oder Abwertungen mehr geben können, die in der Vergangenheit immer wieder zu Wettbewerbsverzerrungen geführt haben. Das konnten wir alle feststellen, und das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir werden an einer Weltwährung teilnehmen, das heißt unsere Unter­nehmen werden auf den Weltmärkten nicht mehr ausschließlich auf den US-Dollar angewiesen sein, auch das ist positiv. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der leichtere Markzugang und die bessere Vergleichbarkeit der Preise sind meiner Meinung nach ebenfalls besondere Vorteile des Euro. Das liegt, glaube ich, auf der Hand.

Österreich wird vor allem auch deswegen von der Währungsumstellung profitieren, weil der Großteil, nämlich zwei Drittel des gesamten Exports und etwa drei Viertel unserer Warenimporte im EU-Raum abgewickelt werden. Die Teilnahme an der Europäischen Wirtschafts- und Wäh­rungsunion ist deshalb für nahezu alle Produktions- und Dienstleistungsbereiche, ganz beson­ders auch für den Tourismus, geradezu lebenswichtig für die Zukunft.

Ganz nebenbei werden wir als kleines Industrieland ein überproportionales Gewicht im Rat der Europäischen Zentralbank haben. Denn da gilt auch das Prinzip: ein Staat, eine Stimme, wenn es um die Gestaltung der Europäischen Währungspolitik geht.

Selbstverständlich, meine Damen und Herren – das muß man auch sagen –, verursacht die Einführung des Euro zum Zeitpunkt der Umstellung auch Kosten, das ist gar keine Frage (Abg. Wabl: Wer trägt die Kosten?), und auch Unsicherheiten. Alles, was sich ändert, muß sozusagen in der ersten Phase auch sicher und entsprechend umgesetzt werden.

Herr Kollege! Egal, wer die Kosten trägt, im Endeffekt wird es allen Österreichern zugute kom­men, daß wir einer neuen, dieser gemeinsamen Währung angehören. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist nicht egal!) Diese Kosten entstehen nur einmal, nicht immer wieder, wie bei jedem sonstigen Wechselvorgang. Einmal Kosten, aber dafür immer Vorteile! – So kann man das formulieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich gebe auch zu, daß es natürlich stimmt, daß nationale Gestaltungsräume in der Euro­päischen Wirtschafts- und Währungsunion eingeschränkt werden. Allerdings ändert sich damit aber praktisch nichts an der bisherigen Praxis der österreichischen Geldpolitik, weil wir uns ja schon seit den siebziger Jahren – das muß man einmal sehr deutlich und klar sagen – freiwillig an der Deutschen Mark orientiert haben und wir den Wechselkurs auch bisher praktisch nie als Anpassungsinstrument an geänderte Wirtschaftslagen genutzt haben, wie dies vielleicht man­che unserer Nachbarn – vor allem unser südlicher Nachbar – getan haben.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Fakten sprechen für sich: Das magere Ergebnis eines Volksbegehrens kann von uns sicher nicht unterstützt werden. Das wollen wir auch gar nicht, weil es erstens auf unrichtigen Grundlagen beruht, zweitens gegen die Interessen der überwiegenden Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher gerichtet ist, drittens der öster­reichischen Wirtschaft bei einer Realisierung immensen Schaden zufügen würde, und es vier­tens eigentlich auch ein Mißbrauch eines sehr wichtigen Instruments der direkten Demokratie darstellt.

Meine Damen und Herren! Jeder kann sich sehr leicht vorstellen, wie viele bürokratische Aufwendungen eingespart werden können, wenn die Klein- und Mittelbetriebe, die vermehrt exportieren, nicht umrechnen müssen, sondern in der gleichen Währung fakturieren können und nicht Angst haben müssen, daß zwischen Auftragsannahme und Lieferung unter Umständen eine Veränderung der Währungsparität stattfindet. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Einführung des Euro verlangt eine ernsthafte Auseinan­der­setzung mit dem Thema und den damit verbundenen Problemen. Aber mit dem Volksbegehren der Freiheitlichen Partei wird niemandem in unserem Lande ein Dienst erwiesen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.38


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. – Bitte.

10.38


Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident Maderthaner! Damit auch Sie es begreifen (Beifall bei den Freiheitlichen – Rufe bei der ÖVP: Na na!): Die Freiheitlichen sind nicht gegen Europa, sondern gegen die Maastricht-Verträge. Die Freiheitlichen sind nicht gegen den Euro, sondern gegen die zu frühe Einführung ohne Volksabstimmung, ohne Befragung der Bürger, Herr Mader­thaner! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber ich habe noch sehr viele Dinge hier zu sagen:

Denn die Summe von Schilling-Volksabstimmung, 1. Euro-Finanzbegleitgesetz, Ausfuhrfinanzie­rungsförderungsgesetz und Bürgerinitiative EU-Volksabstimmung irritiert natürlich den Bürger genauso wie Herr Bundeskanzler Mag. Klima, der sich dem EU-Vorsitz, wie er gemeint hat, irritiert nähert.

Österreich verstrickt sich mehr und mehr im europäischen Vorsitztaumel. Verstrickt in der Fülle ungelöster Fragen zu Beginn dieser Vorsitzführung, taumelnd, weil die Staaten Österreich nach dem Briefing fragen und sich die Antworten gleich selber geben, weil sie sie nicht bekommen.

Zwei Wochen vor der ersten EU-Präsidentschaft müßten Österreichs Politiker noch einiges lernen, schreibt heute „Die Presse“, die Ihnen sicher sehr wohlgewogen ist.

Nun sind einmal diese Probleme vorhanden: Der Finanzstreit um die EU-Mitgliedsbeiträge ist voll entbrannt. Deutschland setzt sich für eine Reduzierung ein und setzt sich auch durch – etwas, was Österreich machen hätte sollen. Ohne Finanzprogramm läßt sich aber auch das Reformprogramm der Agenda 2000 nicht verwirklichen. Ohne Finanzprogramm ist der Beginn von Verhandlungen zur Osterweiterung nicht möglich, Herr Finanzminister. Ohne Finanz­programm sind auch die von Österreich geplanten institutionellen Reformen nicht plan- ge­schweige denn umsetzbar. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Edlinger.)

Deutschland traut Österreich anscheinend wenig Fortschritt während seiner Präsidentschaft zu. Wie sonst ist es zu erklären, daß Deutschland schon jetzt für die Zeit nach unserer Präsi­dentschaft drei Gipfel, und zwar gleich beginnend im Jänner 1999, festgesetzt hat? Das sind die aktuellen, auch in diesem Bereich noch nicht gemachten Hausaufgaben, möchte ich hier fest­stellen. Die Euro-Einführung, glauben Sie, sei schon nicht mehr aktuell. Ich sage Ihnen, der Schock der Anpassung wird erst auf uns zukommen. Der Staat wird nämlich zusätzlich Kosten haben, die er bei einer rascheren und besseren Vorbereitung vermeiden hätte können, und der Bürger wird für seinen Schilling nicht mehr jenen Wert in Euro zurückbekommen, den er bei Österreichs Beitritt 1995 gehabt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das können Sie wegreden, Herr Präsident Maderthaner, wie Sie wollen. Das ist so. Ich habe vor einem Kaufkraftverlust von 200 Milliarden Schilling gewarnt. Nationalbankdirektor Dr. Wala, übrigens ein Genosse von Ihnen, hat beschwichtigt und vom „20 Jahre langen, sich im Tugend­kreis bewegenden Hartwährungsblock“ gesprochen.

Herr Finanzminister! Dieser „Tugendkreis“ kann aber doch nicht so aussehen, daß man 20 Jahre lang eine Hartwährungspolitik betreibt und auf Tourismus und Export wenig Rücksicht nimmt, um dieses Prinzip später genau dann zu verlassen, wenn es um die Festlegung des Umtauschkurses geht.

Deshalb hat auch Professor Winckler im Hauptausschuß eine sehr richtige Meinung zum Aus­druck gebracht, als er sagte, er erachte es für unangebracht, zur Umrechnung des Geld­vermögens laufende Wechselkurse heranzuziehen. Ökonomisch sinnvoll sei nur die Anwendung von Kaufkraftparitäten. Man könne nur hoffen, daß die Festlegung der bilateralen Kon­versions­raten in Entsprechung zu den Kaufkraftparitäten erfolgen wird.

Herr Finanzminister! Ich bitte Sie, achten Sie darauf. Aber, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie werden dieses Problem nicht zur Zufriedenheit der österreichischen Bürger lösen. Dazu sind wir zuwenig gut vorbereitet – ich behaupte das – und auch viel zu langsam.

Laut Ihrer Anfragebeantwortung müssen Sie, Herr Finanzminister, insgesamt 450 Gesetze ändern, die für die Euro-Einführung nötig sind. Das heute zur Abstimmung kommende 1. Euro-Finanzbegleitgesetz ist neben dem Bankwesengesetz und neben dem Notenbankgesetz erst das dritte von diesen 450 Gesetzen, das Sie ändern. Bei diesem Tempo würde das für das heurige Jahr zehn Gesetze ergeben, und wir würden dann 45 Jahre brauchen, bis wir alle zur Einführung nötigen Änderungen durchgeführt hätten. Ob es dann den Euro noch geben wird, das ist sehr fraglich. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Das nehmen Sie aber selber nicht ernst!)

10.44


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.44


Abgeordneter Mag. Helmut Peter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Euro kommt, trotz Schilling-Volksbegehren, trotz Petitionen zur Wiederholung der EU-Volksabstimmung. Mit 1. Jänner 1999 haben wir eine gemeinsame Währung von elf Nationen in Europa, und das ist eine so großartige Leistung, daß wir uns diese nicht von Rechtspopulisten und anderen Miesmachern schlechtmachen lassen sollten. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP.)

Ein großer Schritt in der europäischen Einigung ist weitergebracht worden. Wir haben, wie Nowotny richtig sagt, einen gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsraum, der sich durch interne Stabilität auszeichnet. Was das in den heutigen weltwirtschaftlichen Rahmenbedin­gun­gen heißt, ist schwer meßbar, ist schwer wägbar, ist aber sicherlich von ganz großer Bedeutung.

Es ist viel handwerkliche Anpassung notwendig. Der Herr Bundesminister hat uns das Euro-Finanzbegleitgesetz vorgelegt, eine unendlich komplexe Materie. Wir Liberalen werden zustim­men, weil wir glauben, daß wir diesen Prozeß der Anpassung fortsetzen müssen, weil wir, Herr Bundesminister – ich sage es ganz offen –, Vertrauen in die Spitzenbeamten Ihres Hauses ha­ben, daß sie diese Anpassungsgesetze entsprechend fachlich und sachlich richtig machen.

Die Mühen der Ebenen stehen vor uns, viele, viele Anpassungen und Änderungen. Wer die österreichische Seele kennt, weiß ja, daß das Wort „neu“ immer als Bedrohung begriffen wird, weil es mit Veränderung verbunden ist. Es wird also einige Veränderungen geben.

Ich fordere Sie auf, Herr Bundesminister, ins Hohe Haus möglichst bald, nicht erst nach vielen Jahren, einen Vorschlag einzubringen, der zeigt, wie Ihrer Vorstellung nach die Oesterreichische Nationalbank ihre Aufgaben neu definieren soll. Es gibt Diskussionsbedarf über die Frage der Mindestreserve, über die Frage der Währungsreserven, über die Frage des Aufgabenumfangs. Das ist nicht eine Diskussion, die hier und heute geführt werden muß, aber ich fordere Sie auf, daß Sie diese Diskussion nicht in camera caritatis führen, sondern daß Sie diese Diskussion auch in den Finanzausschuß des Hohen Hauses hineintragen, um dort das Hohe Haus mitar­beiten zu lassen.

Die Umstellungen in den Betrieben werden ohne Zweifel Geld kosten. Es wird eine Menge Ärger geben, Ärger vor allem mit einem Währungsauszeichnungsgesetz. Das ist so notwendig wie ein Kropf. In der Zeit der Informationsgesellschaft, in der Zeit, in der ein Taschenrechner mit Euro-Umrechnung – wir haben uns damit beschäftigt – für rund 10 S zu haben ist, ist es doch viel einfacher, wenn Sie jeden Unternehmer in Österreich, vom Würstelstand bis zum Billa, vom Kleinstbetrieb bis zum Großkonzern, verpflichten, seinen Kunden zur kostenlosen Entnahme einen Taschenrechner zur Verfügung zu stellen, auf dem man nur die Ziffern einzutippen braucht und auf eine Schilling- oder Eurotaste drücken kann. Selbst wenn sich jemand einen oder zwei oder drei Rechner nehmen sollte: mehr als zehn wird er nicht nehmen, denn was sollen die Menschen mit mehr Rechnern tun? Es kommt noch immer viel, viel billiger, wenn die Wirtschaft dafür 100, 200, 300 oder sogar 400 Millionen Schilling ausgibt und damit den Menschen eine totale Information – zeitgemäß elektronisch – bietet, als wenn wir heute für ein halbes oder für ein dreiviertel Jahr alle Computerprogramme ändern oder für ein halbes oder dreiviertel Jahr neue Preislisten schreiben müssen.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut spricht von Kosten von 1 bis 2 Milliarden Schilling. Geben wir, statt dieses Geld auszugeben, doch lieber einen neuen Werbeträger weiter, den die großen Markenartikelhersteller je nach Bedarf liefern werden, sodaß überall ein Umrechner von Euro auf Schilling vorhanden ist. So ersparen wir uns dieses Währungsumstellungsgesetz. Ich halte es für einen Unsinn, überhaupt darüber zu diskutieren. Der Lernprozeß in der Bevölkerung wird durch diesen Taschenrechner und andere kleine Behelfe, auf denen man durch Drehen die Währungsumrechnung einstellen kann, viel mehr unterstützt.

Ab dem Jahre 2002 – spätestens im Juni, vielleicht im Oktober – wird der Euro Geschichte sein, er wird selbstverständlich sein. Bis dorthin ist auch die Präsidentschaft Österreichs in der Euro­päischen Union vorbei, die aus wirtschaftlicher Sicht, aus liberaler Sicht die Weiterentwicklung der europäischen Partnerschaft bringen muß. Unsere Exportwirtschaft profitiert davon jeden Tag. Der Exportboom läßt sich darauf zurückführen.

Die Beseitigung der Inländerdiskriminierung aber, die wir in Österreich immer noch in vielen, vielen Bereichen haben, wäre eine interne Aufgabe für die österreichische Präsidentschaft, eine Aufgabe, die wir intern erledigen müssen. Wir haben immer noch ein Gewerberecht, das im Gewerbezugang den Inländer diskriminiert. Wir haben einen Ladenschluß, der inländische Geschäfte diskriminiert. Wir haben eine Bürokratiebelastung, die Kosten verursacht und auf österreichische Unternehmungen diskriminierend wirkt. Unsere Arbeitskosten sind die viert­höchsten in der Europäischen Union, unsere Bruttolöhne sind nur die neunthöchsten in der Europäischen Union, und das Steuerrecht im indirekten Bereich – denken Sie an die vielzitierte Getränkesteuer, ich habe es dem Herrn Finanzminister schon öfters vortragen dürfen – wird dazu führen, daß die Menschen im Euro-Raum ihr Bier dort kaufen, wo es um 15 Prozent billiger ist. Denn für 15 Prozent Ersparnis pro Kiste Bier, Herr Finanzminister, da gehen Sie gern über die Innbrücke hinüber nach Simbach. (Bundesminister Edlinger: Aber nicht von Wien!) Nicht von Wien, aber von Braunau! Das ist Ihr Geld, das dort mit über die Innbrücke hinübergetragen wird. Davon bekommen Sie nämlich dann keine Mehrwertsteuer. Davon bekommen Sie über­haupt keine Steuern. Schaffen Sie also die Inländerdiskriminierung ab, damit wir wirklich eurofähig sind!

Meine Damen und Herren! Die Neubewertung der gelebten Solidarität und Subsidiarität, die wir auf dem Gipfel in Cardiff diskutiert haben, ist positiv. Ein europäischer Rahmen soll durch nationales Gesetz umgesetzt werden. Aber eines sage ich insbesondere der freiheitlichen Fraktion: In diesem Europa ist kein Platz für neue Nationalismen, es ist kein Platz für Rechts­populisten! Sie betreiben hier wirklich und wahrhaftig die falsche Politik! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP. – Ruf bei den Freiheitlichen: Das sagst nur du, Kollege Peter!)

10.50


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zum Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Finanz­minister. (Abg. Mag. Schweitzer: Cardiff hast du noch nicht verfolgt, nicht wahr? – Abg. Mag. Pe­ter: Bitte? – Abg. Mag. Schweitzer: Cardiff hast du noch nicht verfolgt! – Abg. Koppler: Du, ich hab dich nicht verstanden! – Abg. Mag. Peter: Auf einmal leben sie wieder!) Am Wort ist der Herr Finanzminister!

10.50


Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger¦: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin in der Tat verblüfft, wenn ich diese Diskussion verfolge: Gestern spät abends aus Cardiff zurückgekommen, wo ich an dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs teilgenommen habe, erfahre ich heute von einigen Abgeordneten dieses Hauses, was dort angeblich gewesen ist, obwohl das nicht stattgefunden hat! (Heiterkeit der Abgeordneten Leikam und Ing. Tychtl.) Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen, daß sämtliche Argumentationen, die ich von Ihrer Seite gehört habe, möglicherweise Gegenstand von diversen subjektiven Kommentaren gewesen sind – das gehört zur Demokratie –, aber ganz einfach nicht Faktum des Cardiffer Gipfels waren.

Das ist in aller Deutlichkeit hier festzustellen, denn in der Tat ist natürlich eine Konferenz von Staats- und Regierungschefs eine sehr wichtige Angelegenheit, die Schlußfolgerungen sind zu beachten. Ich bin überzeugt, meine Herren Abgeordneten, daß Sie die Schlußfolgerungen noch gar nicht gelesen haben, ja nicht einmal gelesen haben können, weil sie bislang natürlich nicht in vollem Wortlaut in den Medien erschienen sind und, wie ich annehme, auch gar nicht erscheinen werden. Aber ich bin selbstverständlich gerne bereit, Ihnen auch jene Schluß­fol­gerungen zur Verfügung zu stellen (Abg. Dr. Krüger: Die Schlußfolgerungen ziehen wir dann!), weil ich es überhaupt nicht schätze, daß man aus der Entfernung, nach Studium bestimmter Quellen, die es unter Umständen gibt, aus einer derartigen Mixtur wie aus dem Kaffeesud heraus bestimmte Schlüsse zieht, die unter Umständen sehr peinlich sind, wenn man dann die Schlußfolgerungen tatsächlich sieht.

Ich möchte nur ein paar Beispiele nennen. So finde ich es wirklich erstaunlich, daß Herr Abge­ordneter Nußbaumer entdeckt hat, daß es innerhalb der Europäischen Union durchaus kontro­versielle Diskussionen zur Agenda 2000 gibt. Diese Agenda 2000 gibt es nämlich nicht erst seit gestern, sondern sie ist selbstverständlich ein ganz entscheidendes Dokument für die nächsten sieben Jahre in der Europäischen Union, nicht nur in bezug auf die Finanzperspektive, die eine sehr wichtige Frage ist, sondern auch als politisches Papier im Hinblick auf eine Forcierung der wirtschaftlichen Koordination, im Hinblick auf die Frage, in welcher Weise sich bei Aufrecht­erhaltung – und selbstverständlich nicht Infragestellung – der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank die Kommunikation etwa mit dem Rat für Wirtschafts- und Finanzpolitik regelt, oder im Hinblick auf die Frage der Realisierung der Steuerharmonisierung, auch als ein ganz wesent­licher Aspekt der Ausschaltung innerer Irritationen, die es in der Europäischen Union ohne jeden Zweifel gibt.

Die erste Irritation ist mit 1. Jänner 1999 zumindest für elf Mitgliedstaaten ausgeschaltet, näm­lich durch die gemeinsame Währung und durch den Wegfall der Wechselkursschwankungen, die der österreichischen Volkswirtschaft zum Beispiel im Jahre 1995 etwa ein Prozent des Brut­toinlandsproduktes gekostet haben. Diese Währungsturbulenzen, die damals von der italieni­schen Lira ausgegangen sind, und die Tatsache, daß Italien eben unser zweitwichtigster Han­delspartner ist, zeigen, daß es schon von Bedeutung ist, daß wir auch im bilateralen Verkehr zwischen Österreich und Italien von sehr stabilen Währungskonditionen ausgehen können.

Es ist, bitte, nicht überraschend, daß ein Finanzrahmen für sieben Jahre, nämlich für die Zeit von 2000 bis 2006, zunächst einmal unterschiedliche Auffassungen zutage bringt, daß die Mittelmeerstaaten andere Interessen haben als beispielsweise die Staaten Zentraleuropas, daß die Kohäsionsländer inklusive Irland in Einzelfragen andere Auffassungen haben als etwa Österreich oder die Bundesrepublik Deutschland. Wenn Sie, Herr Abgeordneter Nußbaumer, sagen, die Deutschen verlangen einen Korrekturmechanismus – wenn ich das sehr hart aus­drücken darf – oder – moderater formuliert – ein System der gerechten Lastenverteilung, dann möchte ich Sie schon davon in Kenntnis setzen, daß ich so wie der deutsche Finanzminister Dr. Waigel, so wie der schwedische Finanzminister Asbrink und so wie der niederländische Finanzminister Zalm selbstverständlich auch dieselben Schritte unternommen habe, indem ich zu einem sehr frühen Zeitpunkt in einem Brief an Präsidenten Santer die Position Österreichs als Nettozahler dargestellt habe und selbstverständlich auch dezidiert verlange, daß es zu einer gerechten Lastenverteilung kommt.

Die Verhandlung dieses Pakets ist die Frage des nächsten dreiviertel Jahres, und Österreich hat ein sehr klares Programm, wie das gehen wird. Dahinter steht nicht die Hoffnung, daß wir die Agenda 2000 unter dem finanziellen Aspekt bis zum Dezember lösen können, sondern es geht darum, die Voraussetzungen im technischen Bereich, im Bereich der horizontalen Mittelflüsse, aber natürlich auch relativ weit bis hin zur Ermöglichung politischer Entscheidungen zu schaffen. Wer einmal innerösterreichischen Finanzausgleich verhandelt hat, weiß, daß hier selbst­verständlich bis zum letztmöglichen Augenblick die jeweiligen Positionen vertreten werden, daß verhandelt wird im subjektiven Interesse des jeweiligen Staates. Daher muß man diese Ver­handlungen – und das sage ich in aller Deutlichkeit – mit Ruhe beginnen. Man darf nicht nervös werden. Wer nervös wird – das weiß ich aus innerösterreichischen Finanzausgleichsverhand­lungen –, der legt ab, und zwar Geld. Das ist gar keine Frage. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Daher ist Hektik überhaupt nicht angebracht, sondern wir haben im Einvernehmen mit der Kommission, im Einvernehmen mit den anderen europäischen Staaten einen Fahrplan. Wenn Sie sagen, wir sind auf die Präsidentschaft nicht vorbereitet, dann möchte ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen, daß es natürlich ein Programm gibt, daß wir, obwohl wir die Präsidentschaft noch nicht angetreten haben, die Euro-11-Gruppe, jenes wichtige wirtschaftspolitische Koor­dinationsgremium, bereits unter österreichischem Vorsitz konstituiert haben. Es war dies eine schwierige Sache, und es wurde sowohl in formeller als auch in inhaltlicher Hinsicht durchaus auch international anerkannt, wie wir diese natürlich vorhandenen Konflikte auch in dieser Frage zwischen den großen Staaten, die hier nicht einer Meinung waren, ausräumen konnten und wie letztendlich dieses in der Zukunft ganz besonders wichtige Gremium aus der Taufe gehoben worden ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden sicherlich noch mehrmals Gelegenheit haben, über diese Fragen zu diskutieren. Ich möchte nur noch auf einen Punkt eingehen.

Herr Abgeordneter Dr. Krüger hat gemeint – ich formuliere das jetzt ein bißchen locker –, die Tatsache der Einführung des Euro mit 1. Jänner 1999 – ich nehme an, daß ich Sie nicht falsch interpretiere, wenn ich das etwas einfacher darstelle – ist das Aufzäumen des Pferdes von der falschen Seite. Darf ich Sie so locker interpretieren? – Sie nicken, also dann habe ich ver­stan­den, was Sie gemeint haben. Ich bin da völlig anderer Auffassung. Ich bin nämlich deshalb einer anderen Auffassung, weil ich davon überzeugt bin, daß, wenn Europa seine Kraft, die es imstande ist, im internationalen Wettbewerb in dieser sich dramatisch verändernden welt­politischen Realität auszuspielen, auch tatsächlich ausspielen will, dann müssen wir versuchen, alle Irritationen, die es innerhalb Europas, innerhalb auch der Europäischen Union, aufgrund der nationalen Kleinstaatlichkeit gibt, auszuschalten.

Natürlich ist es theoretisch denkbar, zunächst die Steuerharmonisierung zu realisieren, dann eine Abstimmung von Sozialstandards, von Umweltstandards durchzuführen, und sich erst am Ende der Währung zuzuwenden. Aber aufgrund der normativen Kraft des Faktischen, also durch den Umstand, daß ja jeder in der Europäischen Union überzeugt ist, das optimale Steuer­system, das optimale Sozialsystem, ein im Sinne der Bürger angemessenes Umwelt­stan­dard­system zu haben, passiert dann nichts außer Grußadressen, es sei denn, man schafft Rah­menbedingungen, durch die auf diese Differenzen – als zweiten und dritten Schritt im Sinne des Ausräumens jener Irritationen, von denen ich gesprochen habe – Druck ausgeübt wird.

Insoferne bin ich der Überzeugung, daß die Wirtschafts- und Währungsunion in diesen elf Staaten Druck auf die Harmonisierung der Steuer- und Sozialsysteme sowie auf die Umwelt­standards ausüben wird, aber nicht im Sinne einer Nivellierung nach unten, denn in allen diesen Staaten gibt es demokratische Gesellschaften, und in diesen muß auch auf sozial- und umwelt­politische Normen Rücksicht genommen werden.

In diesem Sinne, sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Krüger, bin ich der Auffassung, daß die gemeinsame europäische Währung jener Turbo ist, den wir brauchen, um die europäischen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, daß die internationalen Herausforderungen im Inter­esse der Bürger unserer Staaten optimal wahrgenommen werden können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter.)

11.01


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.01


Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Von den Höhen des Gipfels von Cardiff möchte ich mich wieder in die Nie­derungen der österreichischen Finanzpolitik begeben und gleich konkret auf das 1. Euro-Finanz­begleitgesetz eingehen.

Herr Bundesminister! Sie haben ein Gesetz geschaffen, dessen grundsätzliche Notwendigkeit zwar – zumindest aus meiner Sicht – unbestritten ist, da die Einführung des Euro – egal, wel­cher Auffassung man diesbezüglich ist – eine Reihe von Anpassungsmaßnahmen erforderlich macht. Andererseits – und das ist ein schwerwiegender Kritikpunkt – wird nur ein sehr kleiner Teil der direkten Anpassungsmaßnahmen für den Euro erledigt, und es wurden Ergänzungen eingear­beitet, die mit der Einführung des Euro absolut nichts zu tun haben.

Konkret: Was hat etwa die Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes, durch die man nun – bei günstigem Wind – hineinschwindelt, daß es den Versicherungsgesellschaften möglich ist, Investmentzertifikate zu verkaufen, mit dem Euro zu tun? Erklären Sie uns das einmal, denn ich sehe zwischen diesen beiden Dingen wirklich keinen Zusammenhang. Auch Ihr Staatssekretär im Finanzministerium, Herr Dr. Ruttenstorfer, hat sehr offen zugegeben, daß das eben mit­erledigt worden sei. Aber ich sehe keine Notwendigkeit dafür. Ich betrachte das eher als Etiket­tenschwindel, denn offenbar wurde wieder einmal ein Deal gemacht: Der Versicherungs­wirt­schaft werden ein paar Zugeständnisse gemacht, dafür macht die Versicherungswirtschaft ihrer­seits ein Zugeständnis an die Bundesregierung. So scheint es mir zumindest zu sein!

Herr Bundesminister! Wir haben uns bereits im Vorjahr im Zuge der Schaffung des neuen Wert­papier-Aufsichtsgesetzes, das ursprünglich Wertpapier-Institutsaufsichtsgesetz geheißen hat, ausführlich darüber unterhalten, wie die Rahmenbedingungen für Finanzdienstleister in Öster­reich in Zukunft zu regeln sein werden. Das Finanzministerium hat eine sehr strenge Inter­pretation der EU-Richtlinien vorgenommen, welche später adaptiert werden mußte.

Ich sehe aber nicht ein, daß man zwar die Wertpapieraufsicht mit einem Budget von 47 Mil­lionen Schilling versieht, der Versicherungswirtschaft aber Freiräume schafft, die nicht der Wert­papieraufsicht unterliegen. Denn die zahlreichen Versicherungsmakler, die nun Freiräume bekommen, unterliegen hinsichtlich ihrer Konzessionierung nicht der Wertpapieraufsicht! Damit wird eine Tür geöffnet, das Zulassungsverfahren der Wertpapieraufsicht zu umgehen. Ich frage mich also, Herr Bundesminister, wozu es ein Budget von 47 Millionen Schilling gibt, wenn der Kreis derer, für die die Wertpapieraufsicht tätig wird, immer kleiner wird.

Ich glaube, daß wir uns von dieser Denkweise schnell verabschieden und darauf hinarbeiten müssen, daß es in Österreich, ähnlich wie in Großbritannien, eine Finanzmarktaufsicht für alles gibt. Der Herr Staatssekretär hat mir zugesichert, daß man das irgendwann einmal angehen wird, nur: Irgendwann ist zuwenig!

Herr Bundesminister! Ich wünsche mir eine Aufsicht, der sich alle unterwerfen und vor der es Waffengleichheit gibt und keine Türl-auf-Türl-zu-Politik, wo man dem einen Privilegien gibt und den anderen knebelt. Das kann nicht sein! Wenn es bei dieser Regelung bleibt, dann wird es – das kann ich Ihnen versichern – zu einer Menge von Umgehungs-Anstellungsverträgen der Ver­sicherungsgesellschaften kommen. Es wird ein kräftiges Durcheinander geben, was nicht im Interesse einer ordnungsgemäßen Wertpapieraufsicht liegt.

Daher appelliere ich bereits heute an Sie, das zu ändern. Unter anderem aus diesem Grund werden wir dem Euro-Begleitgesetz nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.06


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.06


Abgeordneter Dr. Kurt Heindl¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Firlinger, ich möchte zunächst folgendes klarstellen: Auch wir sind der Auffassung, daß die im Euro-Begleitgesetz eröffnete Möglichkeit für Versicherungen, Investmentfonds zu führen, zur Folge haben muß, daß jene Wohlverhaltensregeln, die im Abschnitt II des Wertpapier­auf­sichts­gesetzes verankert sind und für Banken gelten, sinngemäß auch bei Versicherungen Anwen­dung finden. Wenn es in diesem Punkt Unklarheiten gibt, wird man das klarstellen müssen. – Das nur zu diesem Thema.

Ich möchte nun einige Gedanken zu Novellierung des Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetzes darlegen. Diese ist unserer Auffassung nach dringend notwendig. Ab 1. Jänner nächsten Jahres gilt der Euro im unbaren Zahlungsverkehr als Realität. Vor allem für unseren Außenhandel ist das von besonderer Bedeutung. Um während der Übergangszeit bis zur Einführung der Euro-Banknoten und -Münzen die Ausstellung von Garantien auch in Euro zu ermöglichen, ist diese Novellierung dringend notwendig. Damit wird nicht zuletzt auch den Wünschen der Export­wirtschaft Rechnung getragen. Angesichts der Bedeutung des Außenhandels für die öster­reichische Wirtschaft und für Österreich insgesamt ist diese Novellierung besonders wichtig.

Der Export war auch in den letzten Jahren Motor unserer Wirtschaft. Allein die Zahlen des Jahres 1997 lassen erkennen, daß die Exporte um 16,5 Prozent, die Importe aber nur um 10 Prozent gestiegen sind. Das Handelsbilanzdefizit konnte dadurch von 100 Milliarden Schilling auf 68 Milliarden Schilling verringert werden. Die Exportquote liegt mittlerweile bei 28,5 Prozent und trägt somit zu einem Drittel zur aktiven Leistungsbilanz bei. Allein in den Jahren von 1992 bis 1997 haben sich unsere Exporte real um 60 Prozent verbessert.

Diese Entwicklung hält an. Die letzten veröffentlichten Zahlen für Österreich von Eurostat, dem Europäischen Statistischen Zentralamt, zeigen eine ähnliche Entwicklung: Im ersten Quar­tal 1998 stiegen die Exporte um zirka 10 Prozent, die Importe hingegen um etwas weniger als 6 Prozent. Dadurch wurde auch die Abdeckung des Außenhandelsdefizits verbessert.

Der Exportboom hat natürlich auch positive Auswirkungen auf unsere Beschäftigungssituation – laut letztem Wifo-Bericht insbesondere auf den Sektor der marktorientierten Dienstleistungen. Ebenso hat sich unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit wieder merklich verbessert: Öster­reich ist laut „Global Competitiveness Report“ des World Economic Forum auf Platz 20 vorge­rückt. Wie wichtig diese Exportgarantien für unsere Exportwirtschaft sind, zeigt auch eine Ana­lyse des Wirtschaftsforschungsinstitutes, die zum Ergebnis kommt, daß ohne diese Garantien eine Regionalisierung und Diversifizierung unserer Exporte auf fernere Märkte hin unmöglich wäre.

Daher kann man dieser Novellierung nur zustimmen und sagen: Rasch erledigt, für die Export­wirtschaft dringend notwendig! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.09


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Gleichfalls 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.09


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Der Finanzminister kommt rechtzeitig (Bundesminister Edlinger – seinen Platz auf der Regierungsbank einnehmend –: Das kann ich mir doch nicht entgehen lassen!), um auf folgende Frage im Anschluß vielleicht eine Antwort zu geben: Haben die Teilnehmer an der europäischen Währung die seinerzeit von ihnen selbst definierten Voraussetzungen für die Einführung dieser Währung wirklich erfüllt? Herr Finanzminister, wie müßte Ihre wahrheitsgemäße Antwort lauten? – Sie müßte lauten: Nein! Der Großteil der Teilnehmer hat diese Voraussetzungen nicht erfüllt.

Die Schlußfolgerung lautet: Man führt etwas ein, wofür die Voraussetzungen nicht erbracht wurden. Das ist eine logisch nachvollziehbare Schlußfolgerung!

Herr Bundesminister! Sie haben heute gesagt, es sei gut, daß dieses System mit der gemein­samen Währung kommt, obwohl die meisten Teilnehmer die Voraussetzungen nicht erfüllen. Die bisherigen Konsolidierungsanstrengungen reichen in den meisten Mitgliedsländern nicht aus, um eine endgültige Konsolidierung zu erreichen. Immerhin liegt der durchschnittliche Schul­denstand der Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach wie vor bei 72,1 Prozent.

Was haben Sie als Voraussetzung definiert? – Sie haben 60 Prozent definiert, das heißt, dieser Wert wird um 12,1 Prozent überschritten. Diese Voraussetzung wurde also nicht erfüllt: Nicht­genügend! – Soviel zum ersten.

Zum zweiten: Laut EWI-Bericht wurde die erforderliche Defizitquote vieler Mitgliedstaaten nur durch Maßnahmen mit zeitlich begrenzter Wirkung erreicht. Herr Bundesminister! Das besagt der EWI-Bericht, das sagen nicht wir Freiheitlichen. Manche haben es „kreative Buchhaltung“ genannt. Manche, die diese sprachliche Phantasie nicht entwickelt haben, haben gemeint, es sei geschummelt worden. – Auch da wurden die Voraussetzungen nicht erfüllt: Nichtgenügend!

Herr Bundesminister, ziehen wir Bilanz: Nur Dänemark, Finnland ... (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Smolle: Hat der Rosenstingl auch eine „kreative Buchhaltung“?) Warum regen Sie sich auf? Das sind Fakten, meine Herren!

Nur Dänemark, Finnland, Irland, Luxemburg und das Vereinigte Königreich haben annähernd eine uneingeschränkt und dauerhaft tragbare Situation erreicht. Ist Dänemark beim Euro dabei, Herr Bundesminister? – Nein, Dänemark ist nicht dabei. Ist das Vereinigte Königreich dabei? – Nein, es ist auch nicht dabei. (Abg. Dr. Nowotny: Überraschung! Überraschung!)

Herr Bundesminister! Es ist bemerkenswert, daß gerade jene Länder, die die Voraussetzungen objektiv erfüllen, jetzt an der gemeinsamen Währung nicht teilnehmen. Das sollte Ihnen doch zu denken geben! (Zwischenruf der Abg. Dr. Krammer.) Sehr wohl dabei sind jedoch Belgien mit einer Staatsverschuldung von über 120 Prozent und Italien mit der kreativsten Buchhaltung der Welt und einer Staatsverschuldung von ebenfalls über 120 Prozent. Das ist geradezu unglaub­lich! (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

In Anbetracht dessen, daß die Bundesregierung den Vorsatz hat, gleichzeitig mit der Einführung der gemeinsamen Währung hohe beschäftigungspolitische Ziele zu erreichen, muß ich Sie fragen, Herr Bundesminister, wie denn das zusammenpaßt. – In der Europäischen Union gibt es derzeit 20 Millionen Beschäftigungslose. In der Zeit der österreichischen EU-Präsidentschaft soll diese Zahl massiv gesenkt werden. Schüssel hat gesagt, bis Ende des Jahres werde bereits 1 Million Arbeitsplätze geschaffen worden sein. – Ich bin gespannt darauf, wie das bei gleich­zeitiger Einführung des Euro funktionieren wird.

Bringt der Euro in nächster Zeit positive Impulse für die Beschäftigung? – Nein, Herr Bundes­minister, mit Sicherheit nicht! Der Wettbewerb wird sich verschärfen – manche begrüßen das auch –, das heißt, viele neue grenzüberschreitende Fusionen werden zusätzliche Arbeitsplätze kosten, nicht bringen. Die nationalen Regierungen und Parlamente werden weiter an Einfluß verlieren. Das ist Ihnen aber recht, denn damit haben Sie keine Schuld mehr an der folgenden Entwicklung. Sie können sagen, daß nicht Sie, sondern „die in Brüssel“ und viel mehr noch die Multis die Handels- und Wettbewerbspolitik bestimmen. Diese Handels- und Wettbewerbspolitik wird aber Arbeitsplätze kosten – und keine Arbeitsplätze bringen. Das kann ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen!

Die Macht der Märkte wird die Macht der Politik ersetzen. Ihnen bleibt in Hinkunft nur die Mög­lichkeit, das Tanzbärengesetz zu novellieren – und sonst nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.14


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es hat sich nun Herr Bundesminister Edlinger zu Wort gemel­det. – Bitte, Herr Minister.

11.15


Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger¦: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde es mir natürlich nicht zur Gewohnheit machen, jemandem, der mich direkt anspricht, immer sofort zu antworten, aber in diesem Fall muß ich das tun, da soeben Dinge mit einer so unglaublichen Selbstüberschätzung im Brustton der Überzeugung (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP) dargelegt worden sind, daß einem der Betreffende fast schon leid tun kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es noch nie erlebt, daß man aus einem sehr ernsthaften Dokument wie dem EWI-Bericht das herauslesen kann, was Herr Abgeordneter Schweitzer gerade getan hat. Nicht die österreichische Bundesregierung oder irgendeine andere nationale Regierung hat entschieden, daß wir die Kriterien erfüllen, wir haben uns nicht selbst beurteilt, sondern wir Österreicher haben uns – wie andere auch – in einem sehr ernsthaften Konvergenzprozeß in den letzten vier Jahren massiv bemüht, die dem Maastricht-Vertrag zu­grunde liegenden Kriterien zu erreichen. (Abg. Jung: Die Nichterfüller haben sich selbst be­stätigt, daß sie sie erfüllt haben!)

Ich muß in aller Deutlichkeit sagen, daß sowohl der EWI-Bericht als auch der Bericht der Euro­päischen Kommission und einige Berichte nationaler Notenbanken – ich habe nur jenen der als besonders streng und monetaristisch geltenden Deutschen Bundesbank, jenen der Oester­reichischen Nationalbank sowie den holländischen gelesen – zum Schluß kommen, daß jene elf Länder, die mit 1. Jänner 1999 die Wirtschafts- und Währungsunion bilden, hinsichtlich der beiden von Ihnen angesprochenen Kriterien sehr wohl die Voraussetzungen erfüllen.

Denn es steht nicht in den Maastricht-Verträgen, daß ein Schuldenstand von 60 Prozent erreicht sein muß (Abg. Mag. Schweitzer: Nein! 120 Prozent!), sondern daß sich der Schuldenstand der an der Währungsunion teilnehmenden Staaten massiv, merkbar, deutlich – oder welchen Aus­druck immer Sie verwenden wollen, es kommt auf die Übersetzung an – in Richtung dieser 60 Prozent zu bewegen hat. Die ökonomische Erklärung für den Wert von 60 Prozent ist gar nicht so einfach zu finden, aber nehmen wir einmal zur Kenntnis, daß es eben so ist. Das erreichen diese elf Staaten beziehungsweise jene, die nicht ohnehin unter 60 Prozent liegen, ganz deutlich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist interessant, daß Sie zwar die Defizitquote von 3 Prozent anführen – in der Tat steht im EWI-Bericht, daß der eine oder andere Staat diesen Wert durch eine Summe zeitlich begrenzter Maßnahmen erreicht hat –, jedoch verschweigen, daß im Zusammenhang mit Österreich – und das ist ja das österreichische Parlament – etwas anderes steht, nämlich daß zwar die Budget­ziele der Jahre 1996 und 1997 durch eine Summe von Einmalmaßnahmen erzielt worden sind, daß aber in den Jahren 1998 und 1999, deren Budgetstruktur zum Zeitpunkt der Beurteilungen bereits erkennbar war, die Defizitziele erreicht werden, weil Österreich die Wirkung der Einmal­effekte, die erforderlich waren, um 1996 und 1997 die Ziele zu erreichen, in der Zwischenzeit durch Nachhaltigkeit ersetzt hat. (Zwischenruf des Abg. Jung.) Aber nein, hören Sie auf! Sie haben ja gar keine Ahnung. Es ist ja geradezu unglaublich, was da vorhin erzählt worden ist.

Tatsache ist, daß wir an einer anderen Stelle kritisiert worden sind – das haben Sie auch schon erwähnt –: Österreich sei für die Jahre 1998 und 1999 bei der Konsolidierung zu wenig ambitioniert, weil das Defizit in den Jahren 1997 bis 1999 bundesbudgetmäßig um nur 0,2 Pro­zent sinken werde – gesamtstaatlich um etwas mehr. Dieser Umstand war aber ein bewußtes politisches Ziel, da wir gewußt haben, daß die Ziele, die 1996/1997 durch eine Summe von Einmalmaßnahmen erreicht worden sind, nun durch Maßnahmen der Nachhaltigkeit ersetzt wurden, diese Bundesregierung jedoch, als sie in der derzeitigen Zusammensetzung angetreten ist, der österreichischen Bevölkerung versprochen hat, daß es keine Steuererhöhung geben werde. Und das haben wir auch eingehalten!

Daher habe ich mich an und für sich in dieser Kritik durchaus wiedergefunden. Wir waren viel­leicht zu wenig ambitioniert, aber wir haben jene Ziele, die wir uns gesetzt haben, erreicht. Das möchte ich in aller Deutlichkeit feststellen, weil das wichtig ist und viel zu ernst, um diese Fragen zum Gegenstand populistischer Diskussionen zu machen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Der Schröder ist dann ein Populist?)

Wissen Sie, Herr Schröder befindet sich im Wahlkampf, und da habe ich für vieles Verständnis. Aber Sie befinden sich offensichtlich in einem Dauerwahlkampf, und dafür habe ich schon weniger Verständnis. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Keine Polemik von der Regierungsbank aus!)

Ich weiß nicht, ob das polemisch war; ich glaube nicht. Wenn es polemisch war, dann bitte ich um Entschuldigung. Das war meine Meinung, und diese werde ich doch von diesem Pult aus sagen dürfen. Ich wollte niemanden beleidigen, denn das ist wirklich nicht mein Stil. (Abg. Hai­germoser: Ich habe auch niemanden beleidigt!)

Zwei Bemerkungen zum Diskussionsbeitrag des Herrn Abgeordneten Schweitzer: Wenn Sie sagen, daß die Fusionen, die heute in Europa und darüber hinaus stattfinden, Resultate der Europäischen Union oder des Euro sind, dann muß ich anmerken, daß Sie offenbar eine selektive Wahrnehmung haben (Abg. Jung: Beschleunigte!), denn die größten Fusionen hat es im letzten Jahr in der Schweiz gegeben, und die Schweiz ist weder in der EU noch beim Euro dabei. Es hat auch große Fusionen in den Vereinigten Staaten gegeben, und es ist mir nicht bekannt, daß die Vereinigten Staaten beim Euro dabei sind oder eine EU-Mitgliedschaft anstreben.

Es sind das ganz einfach Strukturierungsprozesse, mit denen ich gar keine Freude habe. Sie haben jedoch dahin gehend recht, daß solche Prozesse zurzeit nicht zu verhindern sind. Das sind Strukturveränderungen, die sich aus der Marktwirtschaft ergeben, aber das hat mit dem Euro und der Europäischen Union absolut nichts zu tun.

Ich bin ja durchaus bereit, kritische Diskussionen zu führen, und ich weiß auch, daß wir noch viele Aufgaben im Zusammenhang mit der Beschäftigungspolitik, im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Koordination und im Zusammenhang mit der Sicherung unserer Sozialsysteme vor uns haben. Das ist überhaupt keine Frage. Aber: Argumentieren Sie mit Fakten – und nicht auf polemische Art und Weise! Dafür stehe ich nicht zur Verfügung. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.22


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nunmehr hat sich Herr Abgeordneter Auer zu Wort gemeldet. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

11.22


Abgeordneter Jakob Auer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schweitzer, folgendes ist schon klarzustellen: Wenn gerade für jemanden eine Nachhilfestunde gegeben wurde, dann wohl für Sie; und diese war offen­sichtlich auch dringend notwendig. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Bisher war ich der Meinung, Sie seien Sportprofessor. Sie sollten aber lieber unter die Kindermärchenschreiber gehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das ist ja sagenhaft: Da stellt sich ein freiheitlicher Mandatar hier ans Rednerpult und bekrittelt eine „kreative Buchführung“. Schauen Sie einmal in Ihrem eigenen Bereich nach! Da haben Sie Arbeit genug, Ihre „kreative Buchführung“ in Ordnung zu bringen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

So konfus wie in Ihrer Partei, bei Ihren Budgets und in Ihren Landesorganisationen geht es in der Regierung und beim Bundesbudget wirklich nicht zu! Nehmen Sie das zur Kenntnis, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Merken Sie sich: Österreich war das erste Land, das die Konvergenzkriterien erfüllt hat. Und darauf sollten wir stolz sein! (Ruf bei den Freiheitlichen: Auf Kosten der Arbeitnehmer!)

Sie meinten auch noch die Frage stellen zu müssen, ob der Euro Beschäftigung bringt. – Sehen Sie sich den Wirtschaftsteil der „Oberösterreichischen Nachrichten“ von heute an, in dem fest­gehalten wird, daß die Rahmenbedingungen erfreulicherweise außergewöhnlich günstig sind. Drei Faktoren für mehr Beschäftigung werden angeführt: das niedrige Zinsniveau, die niedrigen Rohölpreise und die Einführung des Euro, meine Damen und Herren!

Ich gebe auch Herrn Kollegen Peter recht, der meinte, das sei eine großartige Leistung; zwar durchaus mit Schwierigkeiten verbunden, aber eine großartige Leistung. Wenn Sie von den Freiheitlichen schon sonst nichts fertigbringen, dann sollten Sie zumindest zur Kenntnis neh­men, was unabhängige Wirtschaftsjournalisten – und ich meine, die „Oberösterreichischen Nachrichten“ gehören zu jenen Blättern, die tatsächlich eine objektive Wirtschaftsbericht­erstattung betreiben – schreiben. Das sollten Sie zumindest akzeptieren! (Abg. Gaugg – einen Zeitungsartikel in die Höhe haltend –: Lesen! 18 Millionen Arbeitslose!)

Ich verstehe ja, daß Sie Schwierigkeiten haben, den heutigen Ausführungen des Herrn Bun­desministers zu folgen. (Abg. Jung – den „Standard“ in die Höhe haltend –: „EU könnte Pleite­welle verstärken“! – Das ist keine freiheitliche Zeitung!) – Bleiben Sie bei Ihren Sandkasten­spielen, da haben Sie genug zu tun, Herr Kollege Jung! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ich verstehe ja, daß ihr Schwierigkeiten habt. Das verstehe ich! Ihr Wirtschaftssprecher ist nicht da (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer), Finanzsprecher Schreiner mußte das Mandat zurücklegen, Trattner ist damit beschäftigt, eure Finanzen in Ordnung zu bringen, daher kommen heute der Kultur- und der Sportsprecher zum Rednerpult und melden sich zum Euro und zum Euro-Finanzbegleitgesetz zu Wort. – Das kann nur schiefgehen, das verstehe ich. Aber das liegt an Ihrer Klubstrategie, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Stadler muß nach Niederösterreich, Haider hat keine Zeit: Dabei kann ja nur ein Wirbel herauskommen. Da müssen Sie sich etwas überlegen, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Abg. Jung: ... das wißt ihr ganz genau!)

Zum Schluß noch ein paar Worte zu einem Thema, das ebenfalls in Diskussion steht, nämlich die doppelte Preisauszeichnung. Hinsichtlich der Währungsumstellung gehe ich davon aus, daß die Kunden alle Informationen bekommen, die sie zu ihrer Orientierung brauchen. Die öster­reichische Kreditwirtschaft wird daher zur Gewöhnung an den Euro jedenfalls bei den Giro­konten den Saldo doppelt auszeichnen, nämlich in Schilling und in Euro. Dasselbe gilt auch für die Sparbücher. Und es wird einige Banken geben, die dies bereits früher als gesetzlich normiert durchführen werden.

Dieser Umstand, meine Damen und Herren, sollte auch einmal positiv erwähnt werden. Den Banken werden nämlich viele Kosten, die sich aus dieser Umstellung ergeben, nicht abgegolten werden.

Insgesamt gesehen ist das ein mutiger Schritt. Herr Bundesminister, ich gratuliere Ihnen und der Koalitionsregierung zu diesen Maßnahmen, die heute hier gesetzt werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.27


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Trattner. 4 Mi­nuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.27


Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Auer, über die Buchführung der ÖVP brauchen Sie mir nichts zu erzählen. Zahlen Sie von der ÖVP erst einmal die Steuer­schulden, und dann reden wir weiter! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal. – Präsi­dent Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Aber, Herr Finanzminister, wir sind ja schon ein Stückchen weitergekommen. Sie geben mittler­weile bereits zu, daß es sich nicht um strukturelle Maßnahmen, sondern um Einmalmaßnahmen gehandelt hat. Wenn Sie 15,8 Milliarden Schilling an Steuerguthaben auf Einnahmen umbuchen, was überhaupt nicht maastrichtkonform ist, dann ist das „kreative Buchhaltung“! Diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen. Wenn Sie aus dem Budget, aus dem Wirtschaftsressort 10 Milliarden Schilling in die ASFINAG ausgliedern, so hat sich doch am Schuldenstand gar nichts geändert, sondern Sie haben einfach nur Mittel umgeschichtet. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ja, diese 10 Milliarden Schilling haben Sie aus dem Wirtschaftsbudget heraus­genom­men.

Herr Finanzminister! Wir haben hinsichtlich vieler unserer Aussagen beziehungsweise Emp­fehlungen recht bekommen; wir haben ja auch von Ihnen selbst recht bekommen. Sie treten in Brüssel auf und sagen: Wir wollen niedrigere Beiträge zahlen, so wie es die Deutschen verhan­delt haben. – Wer hat denn das ursprünglich verlangt? – Nicht die Regierungsparteien, sondern die Freiheitlichen haben das verlangt! Sie haben eben einen Verzögerungseffekt von ein, zwei Jahren, dann erst kommen Sie darauf, was richtig und sinnvoll ist. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Was haben wir Freiheitlichen damals anläßlich des EU-Beitritts im Zusammenhang mit der Steuerharmonisierung gesagt? – Es gibt ungleiche Steuersätze, ungleiche Bemessungsgrund­lagen, und es wird zu einer Flucht in sogenannte Niedrigsteuerländer kommen. Das haben wir schon vor dem EU-Beitritt gesagt. Herr Finanzminister! Heute, nach vier Jahren, kommen Sie darauf, daß Harmonisierungsschritte notwendig sind – allerdings mit einer Zeitverzögerung von vier Jahren. Nehmen Sie doch einfach die Vorschläge von uns Freiheitlichen früher zur Kennt­nis, denn dann wäre der Schaden für das Bundesbudget beziehungsweise für die Bevölkerung nicht so groß! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht wir, sondern der Experte Pichelmann hat gesagt, daß es keine strukturellen Budget­maß­nahmen gibt, und er meinte weiters, es werde ein neues Belastungspaket in Höhe von 40 bis 50 Milliarden Schilling notwendig werden. Sie, Herr Minister, haben eine Steuerreform für das Jahr 2000 angekündigt. Gestern haben Sie sie jedoch schon auf das Jahr 2001 verschoben.

Was die österreichische Bevölkerung braucht, was für das Wirtschaftswachstum getan werden muß, wissen Sie, Herr Finanzminister, genausogut wie jeder einzelne Abgeordnete hier im Hohen Haus. Es geht nämlich darum, daß Sie sich nicht auf das Wachstum durch Exporte verlassen können, sondern nur auf das Wachstum, das durch die Inlandsnachfrage entsteht. Das funktioniert nur durch eine Entsteuerung nichtentnommener Gewinne bei Unternehmen. Das geht nur durch eine Steuerreform, und zwar durch ein Absenken der direkten Steuern. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

Wie ernst Sie die ganze Sache tatsächlich meinen, zeigen die Maßnahmen, die Sie getroffen haben. Diese werden Sie nämlich einholen. Sie haben 2 Milliarden Schilling aus der erhöhten Steuervorauszahlung geholt. Sie werden noch draufkommen, was Sie die Verlustvorträge kosten werden, die im nächsten Jahr gegenverrechnet werden können. Sie haben überhaupt kein Interesse an einer Entlastung beziehungsweise daran, die Administrationskosten für die Unternehmen, die Umstellungskosten zu senken, damit auch Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden können.

Herr Finanzminister! In der Regierungsvorlage 1187 der Beilagen haben Sie nicht einmal erlaubt, daß für die Umstellungskosten entsprechende Rückstellungen gebildet werden dürfen. Das kostet Milliardenbeträge! Es ist Ihnen völlig egal, daß die Unternehmer keine Vorsorge treffen können. Sie wollen eine hohe Bemessungsgrundlage für einen hohen Steuersatz haben, damit Sie der Erreichung der Konvergenzkriterien einnahmenseitig nachkommen können. Wie es aber der österreichischen Wirtschaft und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Österreich geht, ist Ihnen völlig egal. Und das werfen wir Ihnen vor.

Sie sind Sozialdemokrat, und Sie haben dafür zu sorgen, daß entsprechend Vorsorge getroffen werden kann, damit nicht noch mehr Arbeitslosigkeit in Österreich entsteht. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

11.31


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter Schwarzenberger hat eine tatsächliche Berichtigung begehrt. – Beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.31


Abgeordneter Georg Schwarzenberger¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Trattner hat behauptet, die ÖVP hätte hohe Steuerschulden. – Diese Aussage ist unrichtig. (Abg. Gaugg: Ihr zahlt Steuern nicht! Zahlt es endlich!)

Ich berichtige: Die ÖVP hat keine Steuerschulden! Sie sollten das endlich einmal zur Kenntnis nehmen und nicht unbewiesene Behauptungen in den Raum stellen und so von Ihrem eigenen Finanzdilemma abzulenken versuchen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.32


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

11.32


Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer¦ (SPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat so, daß mit dem Euro ein Meilenstein zur europäischen Integration gesetzt wird. Viele hatten ihre Zweifel daran, ob es möglich sein wird, die großen Anstrengungen, die die Mitgliedstaaten unternehmen mußten, tatsächlich zu einem guten Ergebnis zu bringen.

Ich meine, es waren letztlich viele überrascht, daß es elf Staaten geschafft haben, die Maas­tricht-Kriterien zu erfüllen. Das ist ein Beweis dafür, daß, wenn man sich innerhalb der Euro­päischen Union auf eine gemeinsame Zielsetzung einigt, die politische Dynamik zum Erfolg führen kann. Die Einführung des Euro ist selbstverständlich ein großer integrationspolitischer Erfolg, aber der Euro ist nicht das Ende dieser Entwicklung, sondern letztlich ein Zwischen­schritt.

Mit dem Euro wird nämlich ein neues Kapitel aufgeschlagen, nämlich das Kapitel einer gemein­samen europäischen Wirtschaftspolitik. Wir alle wissen, daß die nächsten Schritte vor allem in Richtung Beschäftigungspolitik und Steuerharmonisierung gesetzt werden müssen.

Der Euro ist aber auch – und das ist ganz wichtig! – ein Instrument, das Druck in Richtung verstärkter politischer Integration in der Europäischen Union ausüben wird. Denn ich kann mir nicht vorstellen, daß der Euro gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank lange ohne ent­sprechende politische Koordinierungsmaßnahmen alleine bestehen wird können. Das heißt, es wird Druck auf verstärkte politische Integration geben. Das erachte ich nicht nur als einen not­wendigen, sondern auch als einen höchst positiven Prozeß. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurden in der heutigen Debatte von einigen Ver­tretern der Freiheitlichen Partei Aussagen gemacht, die vom Finanzminister bereits in geeigneter Art und Weise qualifiziert wurden. Kollege Trattner hat auf die großen Verdienste der Frei­heitlichen in der Debatte um den Euro hingewiesen. Was ist dazu zu sagen? – Zu fordern, weniger Beiträge innerhalb der Europäischen Union zahlen zu wollen, ist keine allzu große Kunst. Bedeutend schwieriger ist es jedoch, in einer solidarischen Aktion innerhalb der Euro­päischen Union diese niedrigeren Beiträge auch durchzusetzen und zu verhandeln.

Sie haben weiters gemeint, schon immer darauf hingewiesen zu haben, daß eine Steuer­har­monisierung erforderlich sei. – In diesem Punkt unterscheiden wir uns nicht. Nur: Man muß auch feststellen, daß im Rahmen einer Art Tagesordnung der Europäischen Union ein Schritt nach dem anderen erfolgen muß. Für den Euro wurde in den Verträgen von Maastricht bereits die Grundlage geschaffen, er wird daher jetzt Wirklichkeit. Der nächste Schritt wird ganz sicher eine Steuerharmonisierung sein. (Abg. Mag. Trattner: Da geht es um Prioritäten!) – Natürlich! Aber die Prioritäten wurden in den Verträgen festgelegt und, wie Sie wissen, wurden diese Verträge in Österreich mit einer Zweidrittelmehrheit approbiert.

Ein letzter Punkt, Herr Kollege Trattner, weil ich glaube, daß Sie da anderer Auffassung sind als viele Mitglieder Ihrer Fraktion. Ein grundsätzlicher Unterschied ist nach wie vor nicht ausgeräumt und kommt immer wieder zum Vorschein. Offensichtlich sind einzelne Leute in Ihrer Fraktion nach wie vor der Meinung, daß das Konzept der europäischen Integration nicht besser ist als das Konzept einer stärkeren eigenen nationalstaatlichen Verantwortung. – Das ist meiner An­sicht nach der politische Punkt, der hier zu diskutieren wäre: Überlebt man wirtschaftspolitisch besser alleine – oder überlebt man besser im Zuge der gesamten Europäischen Union, auch auf den Weltmärkten?

Einige Ihrer Leute setzen auf den Nationalismus. Wir setzen auf die europäische Zusammen­arbeit. (Abg. Mag. Trattner: Darüber sollte man diskutieren!) Genau diesen politischen Kern­punkt wird man ausräumen müssen. Diese Defizite kommen zwar nicht in Ihren Debatten­bei­trägen, Kollege Trattner, aber in jenen anderer Freiheitlicher immer wieder zum Vorschein. Kernfrage ist und bleibt: Ja oder nein zu Europa? Erst mit einem Ja zu Europa werden die Beiträge der Freiheitlichen Partei auch im Detail glaubwürdiger werden. (Beifall bei der SPÖ.)

11.37


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

11.37


Abgeordneter Mag. Walter Posch¦ (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn heute der Bericht über das Volksbegehren „Schilling-Volksabstimmung“ quasi enderledigt wird – nämlich negativ –, wird ein Schlußstrich unter ein FPÖ-Volksbegehren gezogen, das mit einer klaren Niederlage geendet hat. Statt unter die zehn stimmenstärksten Volksbegehren zu kommen, haben nur 254 000 Menschen dieses Volksbegehren unterzeichnet. Das sind wesentlich weni­ger, als erwartet wurde. Da helfen auch Ausflüchte nicht, etwa daß viele Österreicher im Geiste mitunterschrieben hätten, wie Frau Riess-Passer gesagt hat, daß man das Thema Euro dis­kutieren wolle, wie es Ihr Parteiobmann gesagt hat, oder daß es nur um den richtigen Zeit­punkt der Einführung gehe.

Das geschieht nicht aus mangelndem Respekt vor dem Souverän, den 254 000 Unterzeichnern. Die Mehrheit der Österreicher hat eben offensichtlich anders entschieden, und das ist auch eine Art Plebiszit.

Wenn mit 1. Jänner 1999 die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion in Kraft tritt, wird es nicht eine neue Rechnungseinheit namens Euro geben, wie es Herr Abgeordneter Krüger for­muliert hat, oder eine „Esperanto-Währung“, wie Herr Abgeordneter Stadler gesagt hat; es wird auch kein fragwürdiges Währungsprojekt geben. Man setzt sich damit nicht über die Köpfe der Österreicher hinweg. Die diesbezügliche Volksabstimmung hat ja bereits stattgefunden, nämlich jene über den Beitritt zur EU im Jahre 1994. Das hat Ihnen Herr Abgeordneter Van der Bellen bereits zu erklären versucht. Es wird Ihnen ja wohl auch nicht entgangen sein, daß sogar Ihr eigener Wirtschaftssprecher, Herr Abgeordneter Prinzhorn, einbekannt hat, daß ein Ausschei­den Österreichs aus dem Euro-Verbund nicht verkraftbar wäre. – Aus all diesen Gründen ist dieses Volksbegehren in Wirklichkeit politisch nicht ganz ernst zu nehmen.

Dabei hätte die Einführung des Euro durchaus eine inhaltliche Auseinandersetzung verdient, weil es selbstverständlich Risken und Nachteile gibt. Es sollte nicht verschwiegen werden, daß die Umstellung auf Euro nicht bloß ein technischer Vorgang ist, es steckt auch kein öko­nomischer Sachzwang dahinter: Der Sinn des Euro besteht in seinen politischen Zielen, nämlich in der Einschränkung und schließlich in der Beendigung der innereuropäischen Konkurrenz. In­sofern ist er die konsequente Weiterentwicklung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und des Binnenmarktes.

Es geht um die Bewirtschaftung Europas durch einen politischen Standortbetreuer und Wäh­rungshüter, nämlich die Europäische Zentralbank, und um die Ausschaltung des innereuro­päischen Nationalismus. Und das ist ein primär politisches Ziel und real natürlich eine Macht­verschiebung zuungunsten der Nationalstaaten.

Selbstverständlich wird der Euro eine stabile und harte Währung sein, ein verläßliches Kredit­geld, weil mit der Einigung auf die Stabilitäts- und Konvergenzkriterien in Wirklichkeit das inner­europäische Recht auf Einmischung in die Haushaltsführung der Partner unausgesprochen etabliert wurde, um eine stabile Währung zu gewährleisten. Und dafür wurde politisch ein hoher und schmerzhafter Preis bezahlt – ich denke nur daran, wie die einzelnen Nationalstaaten ihre unsolide Haushaltsführung beseitigt haben: durch Privatisierungen, durch den Verkauf von Staatsbesitz, durch Kürzungen im Sozialbereich, Sparpakete und so weiter; das darf ja nicht verschwiegen werden.

Daher macht mir weniger die Stabilität des Euro Sorge als vielmehr der politische Preis, der für die Stabilität gezahlt werden mußte. Es ist ja nicht zu leugnen, daß mit der einseitigen Orien­tierung der Konvergenzkriterien auf geldpolitische Rücksichtnahme – nämlich Inflation, Zinsen, Defizit und Verschuldung – ohne Berücksichtigung des Faktors Arbeit beziehungsweise der Arbeitslosigkeit großer sozialpolitischer Handlungsbedarf entstanden ist.

18 Millionen Arbeitslose im EU-Europa bei 150 Millionen Erwerbstätigen, davon ein Viertel jugendliche Arbeitslose, sind kein ökonomischer Sachzwang, sondern ein politischer Skandal. Und man sollte sich nicht wundern, daß bei den letzten Regionalwahlen in Ostdeutschland die rechtsradikale DVU ohne Parteistrukturen und ohne dort beheimateten Spitzenkandidaten auf Anhieb zweistellige Wahlergebnisse eingefahren hat. Das sollte uns eine Mahnung sein; auf eine solche Standortpolitik können wir getrost verzichten.

Daher meine ich, daß wir uns verstärkt des Themas Arbeitslosigkeit annehmen müssen. Dies­bezüglich habe ich großes Vertrauen in die österreichischen Sozialpartner und deren Krisen- und Konfliktmanagement und auch in deren Bewußtsein und Verständnis eines fried­lichen und verantwortungsbewußten Interessenausgleichs, so wie er in den letzten Jahren gewachsen ist.

Das Volksbegehren „Schilling-Volksabstimmung“ können wir also getrost der Geschichte über­lassen.

Ich bringe abschließend folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen betreffend den Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1187 der Beilagen): 1. Euro-Finanz­begleit­gesetz (1241 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (1187 der Beilagen): 1. Euro-Finanzbegleitgesetz in der Fassung des Ausschußberichtes (1241 der Beilagen) wird geändert wie folgt:

Art. 1 § 7 lautet:

„§ 7(1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme von § 2 am 1. Oktober 1998 in Kraft.

(2) (Verfassungsbestimmung): § 2 tritt am 1. Oktober 1998 in Kraft.“

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

11.42


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der von Herrn Abgeordneten Mag. Posch soeben vorge­tra­gene Abänderungsantrag ist geschäftsordnungsmäßig eingebracht worden, ausreichend unter­stützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Als vorläufig letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Eder zu Wort gemeldet. Gleichfalls 4 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.43


Abgeordneter Kurt Eder¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Daß Österreich wie erwartet von Anfang an beim Euro mit dabei sein wird, bestätigt die hohe Wirtschaftskraft unseres Landes und die zielführende Politik der Bundesregierung unter der Führung der Sozialdemokraten. Das 1. Euro-Finanzbegleitgesetz ist daher wesentlich mehr als nur ein Sammelwerk an technischen Anpassungen. Es ist viel­mehr auch Ausdruck der europäischen Reife unseres Landes, einer Reife, an der undif­ferenzierte Kritik von seiten mancher Oppositionspolitiker – wie wir das auch heute hier erlebt haben –, die besser danach trachten sollten, in den eigenen Reihen Ordnung zu schaffen, sicherlich nichts ändern kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Prognosen zufolge wird die Wirtschafts- und Wäh­rungsunion dazu beitragen, die Wachstumsrate in Europa im Durchschnitt in den Bereich von rund 2,5 Prozent zu bringen. Die Inflationsrate wird sich auf niedrigerem Niveau einpendeln, das Investitionsklima gerade für Realinvestitionen wird sich deutlich verbessern. Ernstzunehmende Wirtschaftsfachleute gehen davon aus, daß letztlich nicht weniger als 50 Prozent des Welt­han­dels in Zukunft in Euro abgewickelt werden könnten. Und ich brauche hier wohl nicht extra zu betonen, was das für den Arbeitsmarkt bedeutet.

Gleichzeitig halte ich es mit Bundesminister Edlinger, der die Situation hervorragend auf den Punkt gebracht hat, indem er gesagt hat: Der Euro ist ein Zahlungs-, aber kein Wundermittel. Es wäre unseriös, meine Damen und Herren, zu behaupten, der Euro könnte kurzfristig alle unsere ökonomischen Probleme, vor allem jenes der Arbeitslosigkeit, mit einem Schlag beheben. Dazu bedarf es eines Bündels von Maßnahmen nationaler wie europäischer Art. 

Die Ausschaltung von Wechselkursschwankungen zwischen den Teilnehmerländern wird aber zum Beispiel zweifelsohne auch auf den Arbeitsmarkt stabilisierend wirken. Denken wir nur an die verschiedenen Probleme, denen unser Land in den vergangenen Jahren im Gefolge von Währungsabwertungen unserer Nachbarländer ausgesetzt war. Wir werden uns daher vieles überlegen und viel unternehmen müssen, um diese dritte Stufe zu flankieren. Das Hauptaugen­merk muß dabei auf der Beschäftigungspolitik, wie meine Vorredner schon gesagt haben, liegen.

Ebenso muß die aus Wettbewerbsgründen unbedingt erforderliche Harmonisierung der euro­päischen Steuersysteme vorangetrieben werden. Hierin liegt ein Schlüsselfaktor, wenn es etwa darum geht, Arbeit steuerlich zu entlasten und die grenzenlose Mobilität des Kapitals zumindest etwas besser in den Griff zu bekommen.

Eine besonders wichtige Aufgabe wird aber auch weiterhin in der erforderlichen Aufklä­rungs­arbeit liegen. Wenngleich alle Umfragen zeigen, daß die Akzeptanz des Euro in der Bevölkerung sehr groß ist und laufend zunimmt, müssen wir doch ernsthaft mit den zum Teil noch immer be­stehenden Ängsten umgehen. Dazu gehört eine rechtzeitige und verantwortungsvolle Vorberei­tung, der unter anderem auch dieses 1. Euro-Finanzbegleitgesetz dient. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.46


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst stimmen wir ab über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 1251 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen. Die Kenntnisnahme erfolgte mehrheitlich.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1241 der Beilagen. Hierzu haben die Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen einen Abänderungsantrag hinsichtlich Art. 1 § 7 eingebracht.

Der vorliegende Gesetzentwurf und der eingebrachte Abänderungsantrag enthalten je eine Ver­fassungsbestimmung, sodaß ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäfts­ordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgeschrie­benen Anzahl der Abgeordneten feststelle.

Zumal der Abänderungsantrag nur die Inkrafttretensbestimmung betrifft, werde ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes in 1241 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Nowotny, Dr. Stummvoll und Genossen abstimmen lassen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Ich stelle in diesem Zusammenhang ausdrücklich das Vorliegen des verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Quorums von zwei Dritteln fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Auch hier ist das Vorliegen der verfassungsgesetzlich vorgeschriebenen Zweidrittelmehrheit festzustellen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1248 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 1252 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme sind, um ein entsprechendes Zei­chen. – Die Kenntnisnahme dieses Berichtes erfolgt einstimmig.

5. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1155 der Beilagen): Wirtschaftskammergesetz 1998 – WKG (1267 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1154 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird (1263 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir kommen jetzt zu den Punkten 5 und 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung über den Tagesordnungspunkt 5 wurde verzichtet. Aller­dings hat sich zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung zum schriftlich verteilten Aus­schußbericht 1263 der Beilagen die Frau Berichterstatterin, Frau Abgeordnete Hagenhofer, zu Wort gemeldet.

Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen Ihrem Wunsch entsprechend das Wort.


Berichterstatterin Marianne Hagenhofer¦: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Ich bringe eine Druckfehlerberichtigung zum Ausschußbericht 1263 der Beilagen.

Dort wird erwähnt, daß der Abgeordnete Karl Öllinger einen Abänderungsantrag betreffend den Entfall des § 21 Z 3 des Arbeiterkammergesetzes gestellt hat. – Dieser Antrag war jedoch ein gemeinsamer Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Dr. Volker Kier. Es müssen daher die entsprechenden Sätze auf Seite 1 des Ausschußberichtes wie folgt lauten:

„Weiters wurde von den Abgeordneten Karl Öllinger und Dr. Volker Kier ein Abänderungsantrag betreffend den Entfall des § 21 Z 3 des Arbeiterkammergesetzes gestellt. Der Abänderungs­antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Dr. Volker Kier fand keine Mehrheit.“

Herr Präsident! Ich danke.


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Ich danke Ihnen, Frau Berichterstatterin, für Ihre Ausführun­gen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als erster hat sich Herr Abgeordneter Haigermoser zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.52


Abgeordneter Helmut Haigermoser¦ (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Sie von der Koalition beschließen heute mit dem Wirtschaftskammergesetz, mit dem ich mich befassen möchte, kein gutes Gesetz. Im Ausschuß war das Unbehagen auch bei manchem Abgeordneten der Koalitionsparteien spürbar, als nach Abschluß der Diskussion deutlich erkennbar war, daß das gegenständliche Gesetz eigentlich niemandem einen guten Dienst er­weist: nicht dem Parlament, nicht der Öffentlichkeit und auch nicht den Pflichtmitgliedern in der Wirtschaftskammer.

Ich bedauere, meine Damen und Herren, daß damit weder die Schlagkraft der Wirtschafts­kammer noch die Akzeptanz dieser Einrichtung verbessert wird, die in Teilbereichen auch Positives leistet. Es wird sogar das Gegenteil eintreten, was die Akzeptanz anbelangt, denn trotz Begutachtung, Herr Präsident Maderthaner, bleiben alle wesentlichen Kritikpunkte bestehen: keine wirkliche Strukturreform, keine Änderung bei den zwangsweisen Mehrfachmit­gliedschaften – Sie, Herr Präsident Maderthaner, haben noch 1990 mit Brief und Siegel versprochen, daß Sie zumindest bei den Mehrfachmitgliedschaften bremsend eingreifen wer­den –, ein demokratiepolitisch äußerst bedenkliches Wahlrecht – ich werde im einzelnen noch mit Beispielen darauf hinweisen –, und bei der Beibehaltung der verschiedensten Zwangs­umlagen ist sogar eine Verschärfung durch die nunmehrige Einführung von Verzugszinsen eingetreten.

Nun zum Wahlrecht. Die einzelnen Paragraphen sind nur bruchstückhaft herausgearbeitet, meine Damen und Herren. Sie, Herr Präsident Maderthaner, führen mit dem § 73 ein, daß Inhaber ruhender Gewerbescheine nach dem jetzigen Entwurf nicht mehr automatisch aktiv wahlberechtigt sind. Diese können aber das Wahlrecht ausüben, wenn sie einen Antrag auf Aufnahme in die Wählerliste stellen. Das bedeutet, daß dieser Passus eine unendliche Büro­kratie nach sich zieht, Herr Präsident (Abg. Dr. Puttinger: Gar keine!), zusätzlichen Aufwand. Und er ist vor allem deshalb bedenklich, weil plötzlich zwei Kategorien von Wahlrecht entstehen: für Aktive normales Wahlrecht, für Ruhende nur ein Wahlrecht auf Antrag, obwohl sie genau­so – allenfalls verminderte – Pflichtmitgliedsbeiträge zu bezahlen haben.

Es ist zu bedenken, daß diese Regelung überhaupt nicht administrierbar ist. Beispiel eins: Je­mand hat vier Gewerbeberechtigungen – Sie bleiben ja bei den Mehrfachmitgliedschaften –, davon ist eine ruhend. Er ist daher in der Wählerliste automatisch eingetragen. Muß jetzt diese Person für die eine ruhende noch zusätzlich einen Antrag stellen?

Beispiel zwei: Wie erklärt man jemandem, der zum Zeitpunkt der Wahl und auch schon einige Zeit vorher sein Gewerbe aktiv ausübt, aber zum Stichtag zehn Wochen vor der Wahl ruhend gemeldet war, daß er einen Antrag hätte stellen müssen, Herr Präsident Maderthaner?

Daher unser Alternativvorschlag: alle aktiv wahlberechtigt lassen oder gänzlich streichen. Das wäre ein nachvollziehbarer Vorschlag gewesen, der auch in das Wahlrecht Gerechtigkeit hätte ein­ziehen lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei einer anderen Geschichte, Herr Präsident Maderthaner, haben Sie auch etwas Fracksausen bekommen. Sie hatten bei einer der letzten Novellierungen eine Begrenzung der Funktionsdauer von 15 Jahren eingeführt – die alten Innungsmeister dürften also nur drei Perioden im Amt blei­ben. Jetzt haben Sie das Ganze wieder auf 20 Jahre aufgedoppelt. Ich möchte das gar nicht beurteilen, aber Sie haben diese Funktionsbegrenzung von 15 Jahren seinerzeit als die große Reform angepriesen – und jetzt fallen Sie wieder zurück hinter diesen nach Ihren Aussagen Reformschritt. Das ist nur eine sogenannte Kleinigkeit, aber immerhin ist es auch signifikant für den Geist, der sich durch dieses Gesetz, durch diesen großen Wurf, wie Sie es bezeichnen, zieht.

§ 76, Anordnung der Wahlen: eine völlig unsinnige Neuregelung der Wahltage. Ein Rahmen von vier Tagen wird gewährt, wobei jede Landeskammer am letzten dieser vier Tage die Wahllokale geöffnet haben muß. – Gut. Ein Beispiel: Sonntag bis Mittwoch: Sonntag geöffnet, dann zwei Tage nicht, aber am Mittwoch wieder. – So ein Wahltohuwabohu gibt es sonst nirgends auf der ganzen Welt, und so etwas bezeichnen Sie als Fortschritt!

Wir haben vorgeschlagen: zwei Wahltage, Sonntag und Montag, und die Geschichte ist erledigt, und jeder kann seiner Wahlverpflichtung nachkommen.

Jetzt kommt es aber noch viel dicker. Im § 85, Wahlausschreibung, heißt es in Absatz 2, daß man, um überhaupt antreten zu können, bei mehr als fünf Wahlberechtigten zwei Unterstützer braucht. Das heißt, daß bei sechs Wahlberechtigten – und solche Gremien gibt es zuhauf – 33 Prozent Unterstützung erforderlich ist, damit überhaupt ein Wahlvorschlag eingebracht wer­den kann. Ich frage mich, wie die Sozialdemokratie einem solchen Passus zustimmen kann.

Das war ja der Grund für das Unbehagen, meine Damen und Herren. Das bedeutet nämlich, daß die Minderheitsfraktionen überhaupt nicht mehr antreten können – ich sage das jetzt nicht nur für den Freien Wirtschaftsverband –: Das ist demokratiepolitisch eine Katastrophe. Wenn man das auf das Nationalratswahlrecht umlegt, würde das bedeuten, daß die ÖVP 1,8 Millionen Unterschriften braucht, um überhaupt antreten, um kandidieren zu können, also 33 Prozent Unterschriften der Wahlberechtigten.

Meine Damen und Herren, Sie tun damit der Wirtschaftskammer keinen guten Dienst! Sie tun auch der Demokratie keinen guten Dienst. Ich beschwöre Sie daher, diese Dinge nicht zu beschließen. Ich weiß, daß es heute zu spät ist, aber im Ausschuß sind Sie darauf nicht ein­gegangen, Sie sind drübergefahren.

Und dann kommt es noch viel dicker: Inhaber von Einzelunternehmen dürfen sich jetzt bei der Stimmabgabe vertreten lassen. Der Herr Maier kann jetzt den Herrn Huber wählen schicken. – Meine Damen und Herren! Das ist doch in der heutigen Zeit demokratiepolitisch überhaupt nicht mehr argumentierbar. (Abg. Dr. Krüger: Unglaublich!) Das gleiche, geheime, persönliche Wahl­recht, eines der Fundamente der Demokratie, der demokratischen Rechtsausübung, wird damit ad absurdum geführt. (Abg. Dr. Graf: Ein Wahnsinn!)

Ich verstehe die Sozialdemokraten wirklich nicht. Ich weiß, daß das Arbeiterkammergesetz ein Gegengeschäft zum Wirtschaftskammergesetz ist, aber wie man so etwas hineinschreiben kann, ist mir absolut unverständlich. Der Verfassungsgerichtshof wird Ihnen die Geschichte zurückschmeißen, glauben Sie mir das. Ich bin nur ein einfacher Kaufmann, aber es ist für mich unvorstellbar, daß das heute mit Mehrheit in diesem Hause beschlossen wird, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt so viele Beispiele dafür – ich werde gar nicht mehr fertig mit der Aufzählung –, daß eine Moritat heute hier zur Beschlußfassung ansteht und kein taugliches Gesetz, um Probleme zu lösen. (Abg. Dr. Graf: Ständestaat!)

Im § 42 heißt es lapidar: „(3) Zur Außenwirtschaftsförderung unterhält die Bundeskammer entsprechende Einrichtungen“. Punkt, Ende. Kollege Nußbaumer wird noch darauf eingehen. Ein Milliardenimperium wird mit einem Halbsatz gestreift! Das ist ja auch nicht im Sinne der Akzeptanz dieser an sich guten Einrichtung, meine Damen und Herren.

Dann gibt es noch eine wilde Geschichte im § 62, Stellvertretung: Nichtanwesende „können ihr Stimmrecht schriftlich einem anderen stimmberechtigten Mitglied des betreffenden Kollegial­organes übertragen.“ Das heißt also, ich sage dem Franz, daß er für mich in dem Gremium abstimmt. (Abg. Dr. Graf: Das gibt’s ja gar nicht!) Das müssen Sie sich vorstellen! Für Beschlüs­se muß mindestens ein Drittel anwesend sein. Es gibt Fachgruppen mit fünf Mandaten: Zwei Mandatare müssen anwesend sein, es genügt daher bei Übertragung von nur einem Stimmrecht die Anwesenheit eines einzigen Mandatars zur Beschlußfassung. (Abg. Dr. Graf: Das ist ja unglaublich!)

Also dieser betreffende Mandatar zeigt mit zwei Händen auf und stimmt darüber ab, was da be­schlossen werden kann.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie inständig, diese Dinge so zu sehen, wie wir sie hier und im Ausschuß auf den Tisch gelegt haben. Es ist keine Bösartigkeit der Opposition, wenn sie auf diese Defizite hinweist, denn dieses Gesetz wird von der Öffentlichkeit als das gesehen werden, was es ist, nämlich als ein demokratiepolitischer Unfall. Daher werden wir Ihnen Gelegenheit dazu geben, geheim abzustimmen.

Schon aufgrund dieser wenigen Beispiele, die noch ellenlang fortsetzbar wären, ist festzuhalten, daß es nicht verständlich ist, warum Sie dieses Wirtschaftskammergesetz, Herr Bundes­mini­ster – es stammt aus Ihrem Hause, es handelt sich um eine Regierungsvorlage –, in dieses Haus gebracht haben, und es ist mir nicht verständlich, daß es nach der Abstimmung im Aus­schuß auch hier im Plenum eine Mehrheit finden wird. Ich muß sehr bedauernd zur Kenntnis nehmen, daß Sie nichts dazugelernt haben, was das Wahlrecht anlangt – neben anderen struk­turellen Problemen, die aufgetaucht sind. Ich möchte nicht sagen, bei Philippi sehen wir uns wieder, sondern mit Sicherheit vor dem Verfassungsgerichtshof. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Peter.)

12.01


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Maderthaner. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.01


Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haigermoser! Es wäre natürlich ein Wunder, wenn Sie an diesem neuen Wirtschaftskammergesetz ein gutes Haar ließen. Natürlich ist das alles für Sie schlecht; das ist mir klar, ich verstehe es auch, dem kann die Opposition nicht gut zustimmen. Nur sollten Sie auch das erwähnen, was gut ist, aber das werde ich versuchen darzustellen. (Abg. Aumayr: Das wird schwierig werden! – Weitere Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das Wirtschaftskammergesetz – meine Damen und Herren, hören Sie zu! –, das heute im Nationalrat zur Debatte steht, symbolisiert nach außen hin durchaus den Wandel, dem unsere Gesellschaft, die österreichische Wirtschaft und deren Standesvertretung in den letzten Jahr­zehnten unterworfen waren. Und es soll auch die Dynamik ermöglichen, die unsere Wirtschaft und jeder einzelne Betrieb heute und in Zukunft brauchen. Es löst das Handelskammergesetz aus dem Jahr 1946 ab, das in der Zwischenzeit elfmal novelliert worden ist. Wir wollen jedenfalls da­mit eine gesetzliche Grundlage der Interessenvertretungen der österreichischen Wirtschaft neu und übersichtlich ordnen, und das ist mit diesem Gesetz geschehen.

In den letzten Jahren sind die gesetzlichen Interessenvertretungen unseres Landes manchmal in öffentlicher Diskussion gestanden und zum Teil auch sehr heftig kritisiert worden, aber sie haben sich alle dem Votum ihrer Mitglieder gestellt. Auch das möchte ich noch einmal fest­halten. Bei der Befragung der Mitglieder in den Wirtschaftskammern Ende 1995/Anfang 1996 haben sich 82 Prozent unserer Mitglieder zu ihrer gesetzlichen Interessenvertretung bekannt. Das ist ein eindrucksvolles Votum, dem wir gerecht zu werden versuchen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube auch eines behaupten zu dürfen: Die erfolgreiche Ent­wicklung unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft und unseres Landes ist in erster Linie auf den Fleiß der Österreicherinnen und Österreicher, auf die Betriebe, die auch bereit sind, Risiko zu übernehmen und sich auch im Ausland entsprechend zu präsentieren, zurückzuführen. (Abg. Gaugg: Was hat das mit dem Wirtschaftskammergesetz zu tun? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie ist aber auch darauf zurückzuführen, daß wir stabile politische Ver­hältnisse, ein festgefügtes Kammersystem und eine gut funktionierende Sozialpartnerschaft ha­ben. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Denn damit, daß Sie ständig nur kritisieren und alles schlechtmachen, werden Sie die Gesell­schaft nicht weiterentwickeln und in der Wirtschaft keine positivere Entwicklung herbeiführen können. (Abg. Aumayr: Gehen Sie wenigstens auf einen Punkt ein!) Bei all den Diskussionen, meine Damen und Herren, um Zeitgemäßheit oder Sinnhaftigkeit ... (Weitere heftige Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen.) – Sie können sich ja zu Wort melden, Sie brauchen ja nicht dauernd hereinzuschreien! Kommen Sie an das Rednerpult, und zeigen Sie, was Sie können! (Beifall bei der ÖVP.)

Trotz all der Diskussionen um Zeitgemäßheit oder Sinnhaftigkeit unserer gesetzlichen Interes­senvertretungen und des Modells der Sozialpartnerschaft in Österreich sollten wir die Erfolge unserer Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten beachten, die sich im großen und ganzen sehr gut entwickeln konnte – ungebremst von öffentlich ausgetragenen Arbeitskämpfen, sondern in gemeinsamer Verantwortung. (Abg. Aumayr: Volksfestrede!)

Meine Damen und Herren! Vergleichen wir unser wirtschaftspolitisches Konfliktlösungsmodell mit jenen anderer Länder. Schauen Sie doch einmal hinaus, das können Sie durchaus tun, und dann werden Sie sehen, daß wir es ganz gut schaffen! Wir können jedenfalls feststellen, daß diese Art von Wirtschaftspolitik und Zusammenarbeit, die sich bei uns im großen und ganzen bewährt hat, anderswo erst mühsam eingeführt werden muß, und wir werden sehr oft darum beneidet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Darauf sind zum Teil wirtschaftliche Erfolge auch in anderen Ländern zurückzuführen, die sich an unserem Modell orientieren. Sie sehen das, wenn Sie die Zahlen vergleichen, die Arbeits­losenzahlen, vor allem die Zahlen der Jugendarbeitslosigkeit. Manche Länder haben unser Sozialpartnermodell aufgegriffen, wie zum Beispiel die Niederlande, die es jetzt eingeführt haben, weil die Erfahrungen, die wir damit gemacht haben, gut waren; und ich glaube, daß sie hier richtig handeln.

Glauben Sie mir eines: Bei den Auslandsreisen, die ich im Interesse der österreichischen Wirt­schaft mache, werden zwei Dinge immer hinterfragt: Das eine ist das österreichische Aus­bildungsmodell mit der dualen Ausbildung, das zweite ist das Modell der Sozialpartnerschaft. Darum werden wir im Ausland sehr oft beneidet, und es wird auch sehr oft als Vorbild für das eigene Land herangezogen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was wollen wir mit dem neuen Wirtschaftskammergesetz erreichen, meine Damen und Her­ren? – Wir wollen erstens die Organisation flexibler und anpassungsfähiger an neue Entwick­lungen machen, wir wollen die Fachorganisationen und Sektionen so organisieren, wie es unsere Mitglieder, unsere Betriebe brauchen, und nicht so, wie es vielleicht den Buchstaben des Gesetzes bisher entsprochen hat. Wir haben also im Bereich der Organisation Änderungen und eine Neuorientierung vorgenommen.

Das neue Wirtschaftskammergesetz schafft zweitens die Voraussetzung dafür, daß wir unsere Organisation noch schlagkräftiger und gleichzeitig auch schlanker gestalten können. Das heißt, weniger Organe beziehungsweise die Verkleinerung bestehender Organe verursachen gerin­gere Kosten. Konkret wird zum Beispiel bei manchen Fachorganisationen zurückge­schraubt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir haben jedenfalls – meine Damen und Herren, das könnten Sie sich durchaus als Vorbild nehmen – seit dem Jahre 1994 920 Millionen Schilling eingespart. Wir heben heute um 920 Mil­lionen weniger ein als im Jahr 1994! Zeigen Sie mir bitte ein zweites Beispiel, wo das funktioniert hat! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Drittens: Wir erwarten auch entsprechende Kostenoptimierungen durch die Anpassung der Fachorganisationen an die wirtschaftlichen Möglichkeiten unserer Mitglieder.

Und viertens: Beim Wahlrecht, das Sie so kritisieren, wurde, so glaube ich, durchaus ein guter Versuch unternommen, die bisherige Kompliziertheit des Wahlvorganges aufzuheben, und die unmittelbare Vertretungsmöglichkeit der einzelnen Mitglieder umgesetzt.

Was die Vertretung betrifft, meine Damen und Herren: Diese wollten wir ganz einfach des­wegen, weil wir wissen, daß gerade die Unternehmer in ihrer Zeitgestaltung sehr eingeschränkt sind, und daher sollte es so etwas auch geben. Die Funktionäre in den Fachorganisationen werden wie bisher direkt gewählt, und die bereits bestehenden Minderheitsrechte wurden abgesichert; ja sie wurden sogar noch ausgedehnt – denken Sie nur an die Bezirksstellen! Wir haben also die Rechte nicht eingeschränkt, sondern sogar ausgeweitet! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das stimmt nicht! Das Gegenteil ist der Fall!) – Das stimmt, Herr Kollege! Lesen Sie sich das Gesetz genau durch!

Die Ausübung des aktiven Wahlrechts wird nunmehr erleichtert, weil einerseits die Dauer der Wahlen verlängert wurde – das ist durchaus eine Erleichterung – und weil andererseits die Wahlkartenwahl erleichtert wurde.

Schließlich ging es uns auch darum, das WKG in seiner Struktur übersichtlicher zu gestalten und in seiner Sprache verständlicher zu formulieren. Wie wir wissen, ist das in der Legistik nicht immer ganz einfach.

Das Wirtschaftskammergesetz 1998 sehe ich als Instrument und Voraussetzung dafür, daß die Interessenvertretung der österreichischen Wirtschaft in all ihrer Vielfalt ihre Mitglieder realitäts­nahe betreuen und die Interessen der österreichischen Unternehmen schlagkräftig vertreten kann. Darum geht es uns, auch für die Zukunft. Das geht nur mit einem Gesetz, das in die Zeit paßt, und das liegt heute zur Beschlußfassung vor. (Beifall bei der ÖVP.)

12.08


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.08


Abgeordneter Mag. Helmut Peter¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren „Kammerzwillinge“ auf der Regierungsbank! (Heiterkeit.) Meine Damen und Herren! An der Wiege eines jeden Unternehmers in Österreich steht seine „Mutter“ – die Wirtschaftskammer – und kassiert die Einverleibungsgebühr. (Abg. Tichy-Schreder: Eintragungsgebühr!) Eintra­gungsgebühr, Inkorporationsgebühr. (Abg. Tichy-Schreder: Eintragungsgebühr!) Eintragungs­gebühr. Sie werden schon das richtige Wort in dem neuen Gesetz gefunden haben.

Dann kassiert sie die Grundumlagen für die Fachgruppen; und das ist alles in Ordnung so. Aber warum sagen Sie uns Unternehmern eigentlich nicht, wieviel Kammerumlage wir bezahlen? – Sie wissen ganz genau, Dr. Stummvoll, daß die Summe der österreichischen Unternehmer kei­ne Ahnung davon hat, daß sie eine KU 2 bezahlt. (Abg. Dr. Stummvoll: So dumm sind die Unternehmer nicht!) Daß die Wirtschaftskammer, die nicht müde wird, sich gegen die Lohn­nebenkosten zu erheben, sich selbst über Lohnnebenkosten finanziert, das ist der Skandal der Wirtschaftskammer Österreich! (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie erhöhen die Lohnnebenkosten, indem Sie Ihre Organisation über Lohnnebenkosten finanzieren! Das ist der Skandal, Herr Dr. Stummvoll!

Wie wollen Sie denn den Sozialdemokraten etwas über Lohnnebenkosten erzählen, wenn Sie 0,5 Prozent der Lohnnebenkosten selbst verursachen, weil Sie schlicht und ergreifend zu viel Geld brauchen?! (Abg. Dr. Stummvoll: Die Unternehmer sind nicht so dumm, wie Sie glauben!) 7 000 Millionen Schilling im Jahr! 7 Milliarden Schilling im Jahr kostet die Wirtschaftskammer Österreich! Das ist die teuerste Wirtschaftskammerorganisation in der gesamten Europäischen Union, gerechnet auf die Unternehmer. Keine einzige Wirtschaftskammerorganisation nimmt ihren Mitgliedern soviel Geld ab, wie Sie es tun! Das ist die Schande bei dieser ganzen Frage. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Ing. Maderthaner.)

Meine Damen und Herren! Wenn man also in einem neokorporatistischen System Pflicht­mit­glieder hat, dann trägt man doch Verantwortung, und wenn man Verantwortung trägt, ist das auch Verantwortung hinsichtlich der Schaffung von Rahmenbedingungen für die österreichi­schen Unternehmer. Machen wir doch einen Drittvergleich mit der Europäischen Union, wie denn die Rahmenbedingungen der österreichischen Unternehmer sind! Nur dann können wir die Leistungen der Wirtschaftskammer wirklich messen.

Wir haben in Österreich die vierthöchsten Arbeitskosten innerhalb der Europäischen Union, aber leider nur die neunthöchsten Bruttolöhne. Wir haben eine sehr bedauernswerte und schlechte Ertragslage in den kleinen und mittleren Unternehmungen. Diesbezüglich können Sie jederzeit bei der Nationalbank nachfragen. Wir haben eine Eigenkapitalsituation, die in vielen Branchen negativ ist – daran müssen doch auch die Rahmenbedingungen schuld sein. Wir haben einen Risikokapitalmarkt, der trotz vieler Bemühungen dieser Bundesregierung leider noch nicht wirklich funktioniert. Wir haben einen Bürokratieaufwand, den wir alle regelmäßig hier im Hause beweinen, aber dann beschließen Sie ein Landarbeitergesetz.

Liebe Frau Bundesminister! Ich habe mir das ausgerechnet: Dieses Landarbeitergesetz in Vorarlberg betrifft nur 164 Menschen. Dafür braucht man jedoch ein eigenes Landesgesetz! Zuerst wird ein Bundesgesetz gemacht, dann neun Landesgesetze, und schließlich wird die Bürokratieflut beklagt.

Es gibt immer noch keine Gründerwelle in Österreich. Fragen Sie den Kreditschutzverband! (Abg. Haigermoser: Am Papier schon!) Am Papier findet sie statt, aber sie findet dort nicht statt, wo wir sie haben wollen. Und das unternehmerische Klima in diesem Lande ist ja alles andere als erfreulich.

Das heißt, wenn ich die meßbaren Leistungen meiner Wirtschaftskammer, deren Mitglied ich bin, die mich immerhin an die 130 000 S im Jahr kostet, betrachte, dann kann ich nur sagen: Sie ist im Drittvergleich nicht erfolgreich. Für 7 Milliarden Schilling in einem neokorporatistischen System, verbrämt durch die Pflichtmitgliedschaft, müßte schon etwas Besseres an Rahmen­bedingungen herausschauen.

Ich kenne schon das Selbstlob der Verhinderer, die immer sagen: Wenn es uns nicht gäbe, wäre es noch viel schlimmer! Was wir schon alles verhindert haben! – Ich war doch 20 Jahre lang Funktionär der Bundeskammer, nur der vorzeitige Austritt aus der Funktionärstätigkeit hat mich vor dem Titel des Kommerzialrates bewahrt. (Abg. Dr. Stummvoll: Was haben Sie denn erreicht? – Abg. Dr. Trinkl: Was haben Sie erreicht? Erzählen Sie uns Ihre Leistungen!)

Wir haben uns in dieser Zeit immer wieder anhören müssen, was denn alles verhindert wurde. Herr Dr. Stummvoll, mit Ihren finanziellen Mitteln verändere ich die Welt! Das Budget des Libe­ralen Forums verbrauchen Sie an einem Tag, das ist das Problem. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die kontrollierte Schizophrenie der Verhinderer findet hier im Parlament statt. Die Wirt­schaftskammerfunktionäre, die auf Listen des Wirtschaftsbundes in dieses Haus gewählt wur­den, sind Zerrissene. Arthur Koestler beschreibt das in seinem Buch „Sonnenfinsternis“ so wunderbar: Sie schaffen sich laufend neue Realitäten. – Die Kammerposition, die Sie den Mitgliedern in der Kammerzeitung mitteilen, und Ihr Abstimmungsverhalten hier herinnen sind der Skandal. Sie müssen wirklich an kontrollierter Schizophrenie leiden. (Demonstrativer Beifall des Abg. Meisinger.)

Ihre Sonntagsreden den Mitgliedern gegenüber und dann die Gesetzesbeschlüsse, die Sie hier fassen – ja haben Sie zwei Identitäten? Kommen Sie hier herein, und sind Sie andere Men­schen nach dem Motto: Einmal sind wir in der Kammer, und einmal sind wir im Parlament und tun genau das Gegenteil? – Wissen Sie, mich als Unternehmer können Sie nicht mehr foppen, ich habe zu viele Informationen, aber die Mehrheit der Unternehmer nimmt Ihnen das leider noch ab. (Abg. Dr. Stummvoll: Ein „schönes“ Demokratieverständnis!)

Ich komme gerade dazu: Ich weiß schon, in der Demokratie gibt es eine Mehrheitsentscheidung. Selbstverständlich! In der Demokratie gibt es einen Kompromiß, aber deshalb haben Sie als Wirtschaftskammerfunktionäre hier herinnen nichts verloren, weil Sie von einer gesetzlichen Interessenvertretung sind. Ein ganz anderer Fall sind die freiwilligen Interessenvertretungen (Ah-Rufe bei der ÖVP), die sich ihren Mitgliedern täglich stellen. Sie haben Ihre Zwangsmitglieder, die Sie bezahlen müssen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Schlußendlich ist die Wirtschaftskammer nicht mehr und nicht weniger als die Machtbasis des Wirtschaftsbundes. Ich verstehe schon, daß Sie diese Machtbasis verteidigen, denn da geht es um Geld, Einfluß und wieder Geld. Ja natürlich verteidigen Sie das. Allein der Wirtschaftsbund bekommt aus den Mitteln der Wirtschaftskammer 100 Millionen Schilling im Jahr, der Freie Wirtschaftsverband 12 Millionen und der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender 12 Millionen. Das stammt aus den sogenannten wahlwerbenden Gruppen. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie behaup­ten, die Mehrheit der Unternehmer irrt sich, nur Sie haben recht! Das ist Demokratie?!)

Nein, das behaupte ich nicht, ich weise nur die Mehrheit der Unternehmer darauf hin, was Sie ihnen nicht sagen, weil Sie, Herr Dr. Stummvoll, nicht einmal den Mut dazu haben, Ihren Mit­gliedern zu sagen, was Sie kosten, wieviel Geld Sie ihnen aus der Tasche ziehen. (Abg. Dr. Stummvoll: Mitgliederbefragung!) Schreiben Sie jedem Mitglied einmal im Jahr einen Brief und bedanken Sie sich für die Summe der Beiträge, die es geleistet hat! Aber dazu sind Sie nicht mutig genug, weil Sie genau wissen, daß dann die Hölle in der Bundeskammer brennt. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Stummvoll: Sie negieren die Mitgliederbefragung!)

Jetzt komme ich zu Ihrer Abstimmung: Diese Abstimmung war die größte Farce, die es in dieser Zweiten Republik je gegeben hat. Es war eine sogenannte No-na-net-Frage. (Abg. Dr. Stumm­voll: Waren Sie dort?) – Nein, dort bin ich nicht hingegangen, ich lasse mich von Ihnen nicht als Nasenbär durch die Landschaft ziehen. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Sie haben bei dieser Abstimmung eine Frage gestellt, die ein Popanz war. Sie haben den Mitgliedern nicht gesagt, was sie zahlen, wie hoch die Beiträge sind, sondern Sie haben sie gefragt: Wollt ihr eine Wirtschaftskammer oder wollt ihr keine? – Ich will auch eine Wirtschaftskammer, aber ich will sie so haben, wie es Präsident Maderthaner gesagt hat: flexibler, mitgliedernäher, schlag­kräf­tiger und schlanker. Alle vier von Maderthaner angesprochenen Voraussetzungen erfüllt sie aber nicht. Das ist der Jammer dabei. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Sie behaupten, die Unternehmer sind so dumm und wissen nicht, was sie zahlen?)

Ihre Argumentation ist perfide, Herr Dr. Stummvoll, weil Sie ganz genau wissen, daß die Summe der 200 000 Mitglieder, die Sie haben, natürlich nicht weiß, daß vom Finanzamt über die KU 2 und über die KU 1 ein halbes Prozent der Lohnnebenkosten eingehoben wird. (Abg. Dr. Trinkl: Er berechnet sie ja selbst! Für wie dumm halten Sie die Leute eigentlich?) Wenn sie das ohnehin wissen, dann schreiben Sie es Ihren Mitgliedern auch! Jeder Unternehmer, mit dem ich rede und dem ich erzähle, was er denn wirklich an Beiträgen bezahlt, sagt: Das habe ich nicht gewußt. Wenn ich das gewußt hätte! Wenn ich den Maderthaner das nächste Mal erwische, mache ich ihm rote Augen! – Recht hätte er. (Abg. Dr. Trinkl: Jetzt weiß ich, warum die Libe­ralen in der Kammer keine Mandate haben!)

In dieser verpolitisierten Kammer wollen wir keine Mandate! In einer wirklichen Wirt­schafts­vertretung ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist ein verpolitisierter Verein, das ist ein Teil des Neokorporatismus in Österreich, bei dem es nicht um die Interessenvertretung der Unternehmer geht. Da geht es um die parteipolitische Macht des Wirtschaftsbundes und um die 100 Millionen Schilling, die Sie im Jahr kassieren. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Ing. Maderthaner: Lächerlich!)

In einer Legislaturperiode kassieren Sie 500 Millionen Schilling von der Wirtschaftskammer, Geld der Unternehmer, das Sie für den Wirtschaftsbund verwenden! (Abg. Ing. Maderthaner: Das ist eine Frechheit! Eine Frechheit, diese Behauptung! Das müssen Sie beweisen!) 100 Millionen pro Jahr! Kommen Sie herunter, und machen Sie eine tatsächliche Berichtigung, Herr Präsident! Pudeln Sie sich nicht auf! Kommen Sie herunter, machen Sie eine tatsächliche Berichtigung! 100 Millionen pro Jahr – das macht in fünf Jahren eine halbe Milliarde Schilling aus, die der Wirtschaftsbund an finanziellen Mitteln von den Unternehmern als wahlwerbende Gruppe bekommt. (Abg. Böhacker: Maderthaner hat gesagt, das ist eine Frechheit!) – Die Wahrheit ist offensichtlich eine Frechheit.

Meine Damen und Herren! Dennoch, als ehemaliger Kammerfunktionär, als Insider möchte ich die Gelegenheit nützen, eines zu tun, nämlich vielen Mitarbeitern in der Wirtschaftskammer zu danken, die sehr Gutes leisten. Da gibt es hervorragende Frauen und Männer, da gibt es ausgezeichnete Persönlichkeiten, Funktionäre und Mitarbeiter. Ich möchte hier den Namen eines Mannes nennen, der mir persönlich sehr nahestand, der vor drei Monaten ganz plötzlich verstorben ist: Das ist Dr. Otmar Scheuba, Fachgruppensekretär der Hotellerie in Ober­öster­reich, ein Mitarbeiter, wie ihn sich jedes Unternehmen nur wünschen kann, dem hier von dieser Stelle aus nachträglich noch einmal Dank gesagt werden soll.

Meine Damen und Herren! Es geht also bei dem neuen Wirtschaftskammergesetz um den Machterhalt, um Geld und Einfluß. Eigentlich sollte es um Reengineering gehen, das heißt, darum, sich die Frage zu stellen, Herr Dr. Stummvoll, wie man die guten Leistungen der Wirt­schaftskammer um das halbe Geld erbringen kann. Das ist nämlich jene Frage, die wir Unter­nehmer uns täglich stellen: Wie können wir mit geringeren Kosten gleich gut sein? – Das be­deutet allerdings Machtverzicht, das gebe ich schon zu. Da haben Sie ein bißchen weniger Einfluß, da können Sie ein bißchen weniger Geld lukrieren, da geht es dann an Ihre Macht. Darum tun Sie es nicht, meine Damen und Herren!

Der Vorschlag, den Sie uns hier vorlegen, ist ein kläglicher Versuch. Er wird keinem der von Maderthaner selbst genannten Ziele gerecht. Er bringt keine wirkliche Flexibilisierung, die Mitgliedernähe findet nicht statt, eine schlagkräftige Vertretung wird es nicht geben, und schlan­ker wird sie auch nicht werden. Nur eines wird es geben: Jedes Jahr weiter 7 000 Millionen Schilling bezahlen! Und das ist der Skandal! (Abg. Dr. Stummvoll: Kein Applaus! – Abg. Nürnberger: Nicht einmal die eigene Fraktion applaudiert!)

Meine Damen und Herren! Hätten Sie den Mut zu einer wirklichen Reform gehabt, hätten Sie verstanden, was Reengineering ist, dann hätten Sie die Sektionen abgeschafft. Sie wissen ganz genau, daß die Fachgruppen, die Innungen, die Gremien ganz wichtig sind; dort werden die Fachinteressen der Mitglieder vertreten, die sind unverzichtbar. Ich erkläre Ihnen heute folgen­des: Wenn die Mitgliedschaft bei einer Fachgruppe freiwillig wäre, bliebe ich freiwillig Mitglied bei dieser Fachgruppe. Da sind tüchtige Leute tätig. Aber die Sektionen sind völlig verzichtbare Ebenen. Hätten Sie den Mut zum Reengineering gehabt, hätten Sie die Sektionen weggelassen.

Sie schreiben in das Gesetz, daß jedes Bundesland ein WIFI haben muß. Ich halte das WIFI für gut, es könnte ein bißchen wirtschaftlicher und effizienter sein – aber warum muß es in jedem Bundesland ein WIFI geben?

Warum können nicht die Vorarlberger und die Tiroler sagen, daß sie ein gemeinsames WIFI einrichten? Warum können sich nicht das WIFI Wien und das Bundes-WIFI aus Gründen der Kostenersparnis zusammentun? – Sie haben einen Wahlmodus festgelegt, den Kollege Haiger­moser schon beschrieben hat, und Sie haben die unsäglichen Mehrfachmitgliedschaften weiter­hin beibehalten. Siebenmal darf man bei Ihnen Mitglied sein! Einmal will ich es gerne freiwillig sein. Aber wozu siebenmal, bitte? – Weil Sie siebenmal mein Geld wollen. Ich verstehe es schon.

Die Reform, meine Damen und Herren, die Sie gemacht haben, haben Sie mit jenem Ziel erreicht, das Sie sich gesetzt haben – und nicht mit jenem, von dem Maderthaner gesprochen hat –, nämlich den Status quo zu erhalten.

Sie haben außerdem das neue Gesetz klammheimlich durch das Hohe Haus gebracht. Sie haben es mit einer Zweidrittelmehrheit nachträglich, klammheimlich, damit die Öffentlichkeit nicht zuviel erfährt, geschwind auf die Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses gesetzt. Dann haben Sie es heute – mit Zweidrittelmehrheit beschlossen – geschwind auf die heutige Tagesordnung des Nationalrates gesetzt, und zwar wieder klammheimlich. Sie wollten keine Diskussion darüber. Ich verstehe schon, Sie genieren sich für dieses Gesetz! (Beifall beim Libe­ralen Forum und bei den Freiheitlichen.)

12.21


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Nürnberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.21


Abgeordneter Rudolf Nürnberger¦ (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf vorausschicken, daß es bekannt ist, daß ich eigentlich Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter bin, und ich könnte mich daher jetzt eigentlich zurücklehnen und über die Diskussionen, die es innerhalb der Bundeswirtschaftskammer, einer Arbeitgebervertretung, gibt, freuen.

Herr Abgeordneter Peter! Sie haben mich bezüglich der Lohnnebenkostendiskussion ange­sprochen. Ich habe nicht lange einen inneren Kampf mit mir geführt, und ich kann Ihnen nicht beipflichten. Sie wenden sich ja gegen alles und jedes. Sie wollen auf anderer Ebene die Lohn­nebenkosten senken. Sie haben solche Kampfesreden auch schon gegen Arbeitnehmer gehal­ten. Am liebsten möchten Sie die Gewerkschaften abschaffen (Abg. Mag. Peter: Nein! Gewerk­schaften sind gut!) und die Arbeitnehmerinteressenvertretungen schwächen. Ihrer Meinung nach sollen wir liberaler werden, Arbeitszeitgesetzbestimmungen aufheben, den Urlaubszuschuß abschaffen. Sie wünschen sich, daß wir all das machen. Wir kennen Ihre Forderungen, die Sie erheben. Da, lieber Herr Abgeordneter Peter, kann ich nicht mitmachen.

Ich bin jetzt nicht der Ex-officio-Verteidiger der Wirtschaft – das bin ich bei Gott nicht (ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Beifall bei der SPÖ) –, aber da ich Ihre Doppelzüngigkeit kenne, weiß ich, wie man das zu werten hat. Wenn Sie sagen, daß Sie gar keine Mandate in der Kammer haben wollen, dann muß ich Ihnen darauf erwidern: Es hat schon der Fuchs in der Fabel gesagt, daß die Trauben sauer sind, weil er sie nicht erreichen konnte. (Beifall bei der SPÖ.)

Kandidieren müssen Sie einmal! Kandidieren Sie einmal und schauen Sie, ob Sie Mandate gewinnen können! Wenn Sie nämlich auf der einen Seite die Leistungen der Referenten der Bundeswirtschaftskammer loben, werden Sie ja auf der anderen Seite zugeben müssen, daß es irgendwo eine politische Führung geben muß. Also bewerben Sie sich, und wenn Sie Mandate gewinnen, dann können Sie dort mitgestalten!

Eine grundsätzliche Feststellung erlaube ich mir, schon zu machen: Die Kammern sind in Österreich seit Jahrzehnten Bestandteil des politischen Systems, der politischen Kultur, und wir sind damit bis jetzt gut gefahren, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Peter lacht. Sie nehmen wahrscheinlich Ihre eigene Rede ohnehin nicht ernst, sonst würden Sie jetzt nicht so verschmitzt lachen. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Peter: Es ist doch erlaubt, daß Sie mich amüsieren!) Ja, sicherlich. Ich habe mich bei Ihrer Rede ja auch amüsiert. (Abg. Mag. Peter: Na sehen Sie!) Ich habe noch nie eine so „gute“ Rede gehört.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun möchte ich mich als Arbeitnehmervertreter den Arbeiterkammern zuwenden, denn auch in diesem Bereich – und nicht nur im Bereich der Bundeswirtschaftskammer – wird heute die Wahlordnung im neuen Arbeiterkammergesetz novelliert.

Ich gebe zu, daß die Kammern in Diskussion geraten sind, aber sie haben den richtigen Schluß daraus gezogen. Vor allem die Arbeiterkammer hat sich in sich reformiert. Außerdem bekennen sich die Mitglieder zu ihrer gesetzlichen Interessenvertretung. Ich darf darauf hinweisen, daß sich bei der Mitgliederbefragung eine überwältigende Mehrheit der Arbeitnehmer für die Kam­mern ausgesprochen hat. (Abg. Blünegger: No na!) Das war sicherlich keine No-na-Frage! Es hat eine überwältigende Zustimmung gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Gaugg! Für dich wäre es am besten, als Wanderbettler durch die Lande zu ziehen, anstatt dich einzumischen. Das wäre viel vernünftiger. (Abg. Gaugg: Was ist los?)

Die Aufgabe des Gesetzgebers ist es, für die Kammern die entsprechenden Rahmen­bedin­gungen zu schaffen, damit sie ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen können.

Lassen Sie mich einige wenige Punkte, die mit dem vorliegenden Gesetz beschlossen werden, aufzählen: Es wird die rechtliche Grundlage dafür geschaffen werden, in Zukunft eine ständige Mitgliederevidenz zu führen; das war bisher nicht der Fall. Dadurch werden die Kammern in die Lage versetzt, die Mitglieder effizient und permanent zu informieren und zu betreuen. (Abg. Gaugg: Das stimmt ja nicht!) Es kommt zu einer Straffung des Wahlverfahrens, das demo­kratischer ablaufen wird. Die Ausübung des Wahlrechts wird erleichtert. Das Wahlverfahren wird wählerfreundlicher. So kommt es zu einer Verlängerung der Wahlzeit, damit in Zukunft mehr Menschen die Möglichkeit haben, zur Wahl zu gehen.

Ein ganz wichtiger Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Herabsetzung des Wahlalters – sowohl beim aktiven als auch beim passiven Wahlrecht. Ich halte es für gut, daß von nun an auch junge Menschen, die als Lehrlinge in die Wirtschaft kommen, die Interessen­vertretung mit wählen können. Beim passiven Wahlrecht wird das Wahlalter auf 19 Jahre herabgesetzt.

Ich appelliere jetzt schon an alle wahlwerbenden Gruppen im Rahmen der Arbeiterkammer – in der eigenen Kammer werde ich dafür Sorge tragen, meinen Beitrag dazu zu leisten –, dann auch den jungen Menschen mit dem im Gesetz vorgesehenen Alter die Möglichkeit zur Kandidatur zu geben, damit auch junge Menschen die Interessen in der Kammer in den diversen Gremien vertreten können.

Ganz zum Schluß ein besonders wichtiger Hinweis aus meiner Sicht, aus Sicht eines Vertreters einer Arbeitergewerkschaft: der Entfall der Wahlkörper.

Es ist das ein Schritt in die richtige Richtung, meine sehr geehrten Damen und Herren (demo­nstrativer Beifall des Abg. Meisinger), nämlich ein Schritt zur Angleichung der arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen der Arbeiter und Angestellten. Aber ich würde mir wünschen, daß dieses Hohe Haus in sehr naher Zukunft eine Kodifikation des Arbeitsrechtes beschließen wird, damit es auch in diesem Bereich zu einer Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten kommt. Wie schon gesagt: Die Abschaffung der Wahlkörper ist ein Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol.)

Die vorliegende Novelle zum Arbeiterkammergesetz garantiert, daß die gesetzliche Interessen­vertretung der Arbeitnehmer in Zukunft die Interessen der Arbeitnehmer noch effizienter ver­treten kann, und damit wird die Akzeptanz der Arbeiterkammern sehr hoch steigen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.27


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.27


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde zunächst nur ganz kurz auf das Wirt­schafts­kammergesetz eingehen, dem Sie selbst offensichtlich nicht viel Bedeutung beigemessen haben, weil Sie es in Form eines Junktims über die Bühne gebracht und auch nur kurzfristig dem Ausschuß zugewiesen haben.

Eines fällt, Herr Bundesminister, bei der umfassenden Bewertung dieses Wirtschaftskammer­gesetzes schon auf: Die Stellungnahme, die der Rechnungshof abgegeben hat, straft alle Ankündigungen, daß es sich bei diesem Gesetz um einen Versuch handeln sollte, die Wirt­schaftskammer effizienter zu machen, Lügen. Es ist der Stellungnahme des Rechnungshofes eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Der Rechnungshof sagt folgendes: Es ist in bezug auf die Effizienz eigentlich nichts geschehen. Die Organisationsstrukturen sind nach wie vor – und wer­den es auch in Zukunft sein – sehr aufwendig, egal, ob es sich um ehrenamtliche oder nicht ehrenamtliche Funktionäre handelt. Eine straffere Organisation könnte einen wirtschaftlicheren Einsatz der aufgebrachten Beiträge ermöglichen und eine raschere Entscheidungsfindung gewährleisten. Die vorgesehenen Neuerungen gegenüber dem Handelskammergesetz vermö­gen nach Ansicht des Rechnungshofes nichts an der aufwendigen Organisationsstruktur zu ändern.

Wenn man dabei berücksichtigt, daß der Rechnungshof in seiner politischen Leitung, die auch nicht irrelevant sein dürfte, eine Grundhaltung zum Ausdruck bringt, die Ihnen sonst ja nicht fremd sein dürfte, dann ist das eigentlich ein vernichtendes Urteil über diese Wirtschafts­kam­merreform. – Mit dieser Bewertung der Wirtschaftskammerreform möchte ich es zunächst ein­mal bewenden lassen.

Ich komme nun auf das Arbeiterkammergesetz zu sprechen, aber in diesem Zusammenhang möchte ich zunächst einmal einen Ausflug in die internationale Politik machen. Ich habe in der Früh beim Herfahren die heutige Ausgabe der „Neuen Zürcher Zeitung“ gelesen und dabei einen sehr interessanten Beitrag auf Seite zwei gefunden, in welchem über den Begriff der „nationalen Präferenz“ in Frankreich diskutiert wird. Dabei handelt es sich um eine vom Front National, also der rechtsextremen Partei, im französischen Parlament angezettelte Diskussion über die Frage, ob die Franzosen gegenüber den Ausländern, die es auch in Frankreich gibt, Vorrechte im Arbeits- und Sozialrecht erhalten und behalten sollen oder nicht. Es herrschte allgemeines Ent­setzen in der französischen Innenpolitik, weil der ehemalige Premierminister Balladur bereit war, in diese Diskussion mit dem Front National einzusteigen.

Der Tenor der Argumentation bei allen anderen Parteien war: Wir diskutieren nicht über diese Frage mit dem Front National! Es kommt nicht in Frage, daß wir die sozialen und die politischen Rechte der Ausländerinnen und Ausländer – die es eben auch in Frankreich gibt – nur des­wegen, weil uns der Front National diese Debatte aufzwingen will, auf die Franzosen beschrän­ken!

Ich könnte, Herr Abgeordneter Feurstein, einige – auch vom Premierminister Balladur nicht bestrittene – Tatsachen anführen, die Sie von den Regierungsparteien gegenüber Ausländern in unserem Land immer noch bestreiten. Zum Beispiel sagte Balladur, der im Moment mit den Rechtsextremen im selben Eck steht, es sollten jenen, die in Frankreich Sozialabgaben leisten, keineswegs die damit verknüpften Leistungen vorenthalten werden. Es geht da – laut Balladur – nur um Leistungen wie die Sozialhilfe und ähnlich gelagerte Leistungen, die nicht an Abgaben, an Versicherungsbeiträge geknüpft sind.

Sie von der ÖVP gehen da viel weiter. Auch Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, befinden sich mit dem, was Sie gegenüber Ausländern fordern, im selben Eck wie der Front National in Frankreich. Diesen Vorwurf kann man Ihnen leider nicht ersparen, wenn man diesen Artikel liest. (Der Redner hält eine Ausgabe der „Neuen Zürcher Zeitung“ in die Höhe. – Zwischenruf des Abg. Koppler.) Lesen Sie diesen Beitrag in der „Neuen Zürcher Zeitung“ von heute! Man kann Ihnen nicht ersparen, zu sagen, daß Sie sich im selben Eck wie der Front National befinden.

Damit bin ich beim Arbeiterkammerwahlrecht angelangt. Kollege Koppler! Schau dir einmal an, in welchen EU-Mitgliedstaaten es noch die Verweigerung des passiven Wahlrechts für Aus­länderinnen und Ausländer gibt! (Abg. Koppler: Ja, da gebe ich dir recht!) Das einzige Land in der Europäischen Union, in welchem den Ausländern dieses Recht noch verweigert wird, ist Österreich.

Österreich ist das einzige EU-Land – obwohl es durch einen EU-Vertrag daran gebunden ist, den in Österreich lebenden Ausländern, den EU-Staatsangehörigen, den ihnen gleichgestellten Bürgern das passive Wahlrecht zu gewähren –, in dem es das noch gibt. Das, nehme ich an, wissen Sie, Herr Abgeordneter König. Sie waren ja – genauso wie Herr Abgeordneter Mock – einer derjenigen, die sich um den EU-Vertrag sehr bemüht haben, die ihn unterzeichnet haben, und ich nehme schon an, daß Sie sich diesen EU-Vertrag vorher genau angeschaut haben.

Ich nehme an, daß alle Abgeordneten in diesem Haus den EU-Vertrag kennen und wissen, daß mit dieser Bestimmung, die Sie heute beschließen wollen, trotzig und aufrecht zum Ausdruck gebracht wird: Wir Österreicher lassen uns von der EU nicht sagen, welche Rechte wir in unserem Land den Ausländern gewähren sollen!

Ich nehme an, daß Sie die einschlägigen Vertragsbestimmungen kennen, etwa die Verordnung 1621 aus dem Jahre 1968, die keine alte ist, sondern die in Summe den Ausländerinnen und Ausländern, sprich: in erster Linie natürlich den EU-Bürgern (Abg. Dr. König: Nur den EU-Bürgern!), in zweiter Linie allen Gleichgestellten, also den EWR-Bürgerinnen und -Bürgern, und in dritter Linie natürlich mit der gleichen Argumentation auch sonstigen gleichgestellten Per­sonen (Abg. Dr. König: Nein!) – und das sind jene Personen, die durch die Assoziations­abkommen gleichgestellt werden, wie zum Beispiel durch den Assoziationsvertrag mit der Türkei, aber auch durch jenen mit den Maghreb-Staaten; da sind alle Länder, die mit der EU gleichwertige Verträge abgeschlossen haben, mit eingeschlossen (Abg. Dr. König: Nein, das stimmt nicht!) – gleiche Rechte einräumt.

Daß Sie bewußt den Angehörigen dieser Länder und Staaten die gleichen Rechte verweigern wollen, ist ein starkes Stück, Herr Abgeordneter König! (Abg. Dr. König: Diese Ausweitung stimmt nicht!) Es ist deswegen ein starkes Stück, weil es da eindeutige Verträge gibt.

Herr Abgeordneter Kostelka, auch wenn Sie nicht im Saal sind, frage ich Sie dennoch: Wenn Sie im Vorfeld der Debatte über das Arbeiterkammergesetz in einem Brief an Organisationen schreiben, daß Sie versichern, daß sich die SPÖ nach wie vor für das passive Wahlrecht ein­setzen wird, daß es aber leider eine Abstimmung gibt, bei welcher Sie für das passive Wahlrecht nicht eintreten können, weil Sie einen Koalitionspartner haben, der dagegen ist, daß Sie aber selbstverständlich trotzdem dafür sind, dann frage ich Sie: Was für eine Haltung einer politischen Partei ist das?

Herr Abgeordneter König! Herr Abgeordneter Mock! Sie waren einer der Proponenten, die den EU-Vertrag für Österreich mitverhandelt haben. Ja wissen Sie nicht mehr, was in diesem Vertragsdokument steht? Wissen Sie das nicht mehr? (Abg. Dr. König: Deutliche Unter­scheidung der Drittländer!) – Es geht nicht nur um die Drittländer. Herr Abgeordneter König, weichen Sie nicht aus! Mit der Bestimmung im Arbeiterkammergesetz, das heute beschlossen wird, wird auch den EU-Staatsangehörigen, den EWR-Staatsangehörigen das passive Wahl­recht vorenthalten. Ich komme noch darauf zu sprechen, daß das gar nicht möglich ist. Sie beschließen es aber dennoch so.

Herr Abgeordneter Verzetnitsch und Herr Abgeordneter Nürnberger, um in der Reihe weiter­zugehen, haben Sie nicht in den Gremien des ÖGB in den letzten Jahren immer wieder das passive Wahlrecht beschlossen? Wie werden Sie heute stimmen? Sie haben sich doch für das passive Wahlrecht eingesetzt, und Sie sind durch Beschlüsse Ihrer Organisationen, die Sie auch hier im Hohen Hause vertreten, gebunden.

Herr Abgeordneter Kaufmann, das gilt natürlich auch für Sie!

Herr Abgeordneter Maderthaner! Sie sind ein ganz interessanter Spezialfall, und zwar schon alleine deswegen, weil heute ein Wirtschaftskammergesetz beschlossen wird, in welchem das passive Wahlrecht zumindest für EU-Bürger enthalten ist. Das ist doch interessant! Aber da steht auch zu lesen – Herr Abgeordneter König, jetzt sollten Sie zuhören! –, daß das passive Wahlrecht bei den Wirtschaftskammerwahlen nicht nur den EU-Bürgern, sondern auch den Bürgern gleichgestellter Staaten gewährt wird. – Das finde ich interessant!

In der Wirtschaftskammer und in der Hochschülerschaft ist etwas möglich, was bei den Arbeiter­kammerwahlen nicht möglich ist, nicht möglich sein darf, sogar verboten ist. Wo kämen wir denn da hin, wenn wir den Ausländerinnen und Ausländern, die in Österreich leben, auch noch das passive Wahlrecht zur Arbeiterkammerwahl einräumen würden – wenn wir ihnen ohnehin schon alle anderen sozialen Rechte verweigern?!

In der Wirtschaftskammer ist es möglich, auch in der Hochschülerschaft ist es möglich, aber in der Arbeiterkammer darf es nicht möglich sein, denn da könnten ja unter Umständen irgend­welche Exzesse zwischen den betroffenen ausländischen Gruppierungen drohen. Diese Argu­mentation war ja von Ihrer Seite zu vernehmen – eine ungemein plumpe, ausländerfeindliche Argumentation, die eigentlich unvorstellbar ist, zumindest bei dem Niveau einer christlichen Volkspartei.

Herr Abgeordneter Brauneder, damit ich auch noch zu den Freiheitlichen komme, und Herr Abgeordneter Haider! War es nicht der Abgeordnete Haider, der immer wieder betont hat: Den langjährig hier im Land lebenden Gastarbeitern müssen dieselben Rechte eingeräumt werden! Gegen diese sind wir nicht, sie sind gleich fleißig und tüchtig wie die Inländerinnen und Inländer! – Das ist doch das, was der Abgeordnete Haider immer wieder sagt. (Abg. Ing. Nuß­baumer nickt zustimmend. – Abg. Dr. Grollitsch: Kommt schon noch!) Wo ist denn Ihre Stimme zum passiven Wahlrecht bei den Arbeiterkammerwahlen?

Herr Abgeordneter Brauneder hat sich für das passive Wahlrecht für ausländische Studierende stark gemacht. Wo ist denn Ihre Stimme für das passive Wahlrecht bei den Arbeiterkam­mer­wahlen? Warum differenzieren Sie zwischen der Arbeiterkammer und der Hochschülerschaft? – Beide Organisationen sind Körperschaften öffentlichen Rechts. Es gibt keinen Unterschied, außer daß es sich in dem einen Fall um Arbeitnehmer, in dem anderen Fall um Studierende handelt. Erklären Sie uns diese Ungleichbehandlung in diesem Haus, meine Damen und Herren! Sie können es nicht erklären!

Ich sage Ihnen, Herr Abgeordneter Schwimmer, Ihr Debattenbeitrag, den Sie im Jahre 1994 geleistet haben, ist in meiner „abweichenden persönlichen Stellungnahme“ für die parlamen­tarische Debatte sozusagen verewigt. Es ist köstlich, zu lesen, wie Sie argumentiert haben, warum das passive Wahlrecht verweigert werden, warum es nicht festgeschrieben werden soll.

Herr Abgeordneter Schwimmer hat gesagt, das gebe es ohnehin über die EU-Richtlinie. Herr Abgeordneter Schwimmer, Sie verwechseln Richtlinie mit Verordnung. Es gibt eine Verordnung, und diese ist tatsächlich unmittelbar rechtswirksam.

Wir haben also heute die „köstliche“ Situation, daß ein Gesetz beschlossen wird, in welchem ein Punkt enthalten ist, nämlich das passive Wahlrecht, von dem alle hier im Hohen Haus vertretenen Parteien wissen, und zwar spätestens nach dieser meiner Rede – aber ich nehme an, Sie wußten es schon vorher –, daß er gegen das EU-Recht verstößt (Abg. Dr. Khol: Das ist ein Unsinn!), und zwar in den Grundsätzen. Herr Abgeordneter Mock! Sie waren nicht da, Sie haben nicht zugehört! (Abg. Dr. Khol: Khol, nicht Mock!) Khol – tatsächlich. Entschuldigung! Sie haben mir ja nicht zugehört!

In den Grundsätzen verstößt dieser Punkt gegen das EU-Recht. Ich darf Sie außerdem, falls Sie das noch immer nicht glauben, daran erinnern, daß die EU-Kommission Anfang der neunziger Jahre – die Frau Bundesministerin wird das sicher wissen – ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Großherzogtum Luxemburg angestrengt hat, weil das Großherzogtum Luxemburg seinen ausländischen Bürgern das aktive Wahlrecht verweigert hat.

Dann hat es ein Vertragsverletzungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof gegeben. Der Europäische Gerichtshof hat geurteilt und hat gesagt, das Großherzogtum Luxemburg wird zu Recht beschuldigt, das vorenthalten zu haben, und es muß das aktive und passive Wahlrecht einräumen. Das Großherzogtum Luxemburg ... (Abg. Dr. Khol: Kollege Öllinger, gestatten Sie mir einen Zwischenruf?) Bitte. (Abg. Dr. Khol: Das war bei Betriebsräten und bei gewerk­schaft­lichen Einrichtungen!) Nein! Nein! (Abg. Dr. Khol: Die Körperschaften öffentlichen Rechts sind ausdrücklich ausgenommen! Explizit!)

Für diesen Zwischenruf bin ich sehr dankbar. Wissen Sie, worum es gegangen ist? – Nicht um die Betriebsräte, sondern um die Berufskammern, also eine vergleichbare Körperschaft öffent­lichen Rechts. (Abg. Dr. Khol: Nein, eben nicht!) Das ist ausdiskutiert und steht auch in der entsprechenden Judikatur. Es ging um die Berufskammern, und das war parallel. (Abg. Dr. Khol: Nein, das ist falsch!)

Jetzt sage ich Ihnen, was weiter passiert ist. Das Großherzogtum Luxemburg war etwas nach­lässig und hat sich gedacht: Na ja, da können wir uns Zeit lassen, das muß nicht so schnell gehen. Aber die EU-Kommission hat sich das nicht gefallen lassen, Herr Abgeordneter Khol, und hat sehr schnell und sehr kurzfristig ein neues Vertragsverletzungsverfahren gegen Luxem­burg angestrengt. (Abg. Dr. Khol: Ich werde das gleich prüfen lassen!) Der EuGH hat im Jahre 1994 entschieden, daß das sofort geändert werden muß, und Luxemburg hat seit 1994 das aktive und passive Wahlrecht für ausländische Arbeitnehmer und Berufe bei seinen Berufs­kammern eingeführt.

Ich kündige Ihnen an, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, daß wir an die EU-Kommission herantreten werden, sofern Sie das heute beschließen wollen, was zu Beginn einer EU-Präsidentschaft eigentlich eine Ungeheuerlichkeit darstellt. Zu Beginn der österreichi­schen Präsidentschaft erklärt das österreichische Parlament, es will sich nicht an die ent­sprechenden Verträge halten.

Ich kündige Ihnen an: Wir werden an die EU-Kommission herantreten und darum ersuchen, daß ein Vertragsverletzungsverfahren gegenüber der Republik Österreich geprüft und gegebenen­falls eingeleitet wird; und ich bin mir ganz sicher, daß der Europäische Gerichtshof im Falle Österreichs nicht anders entscheiden kann und wird, als das bei Luxemburg der Fall war. Österreich wird daher möglicherweise noch in den Monaten seiner Präsidentschaft die Blamage erleiden, daß es wegen einer Vertragsverletzung in einer ganz simplen, einfachen menschen­rechtlichen Materie verurteilt werden wird, und zwar nur deswegen, weil Sie wider besseres Wissen billigen Populismus gegenüber den Freiheitlichen betreiben und ihnen nicht nachstehen wollen. Weil Sie ihnen nicht nachstehen wollen, werden Sie sich wegen dieser billigen popu­listischen Aktion erstens einmal dem Vorwurf aussetzen müssen, daß Sie in diesen Fragen genauso agieren wie die Freiheitlichen, zweitens werden Sie in diesen Fragen auch verurteilt werden.

Es liegt in Ihrer Hand, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ob Sie sich dafür entscheiden, einen würdigen Beginn dieser österreichischen Präsidentschaft zu haben und kei­nen Vertrag zu verletzen, oder ob Sie durch diese Vertragsverletzung die Präsidentschaft hier in Österreich mit einem gar nicht so kleinen Schandfleck beginnen wollen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Ich lasse mir das Urteil kommen!)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter! Ich möchte nur der Vollständigkeit halber darauf aufmerksam machen: Den Abänderungsantrag haben Sie nicht verlesen. (Abg. Öllinger: Das muß ich noch nachholen!) – Bitte.


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (fortsetzend): Danke, Herr Präsident.

 

Ich bringe Ihnen noch den Abänderungsantrag, der sich genau auf das passive Wahlrecht bezieht, zur Kenntnis:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Dr. Volker Kier, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkam­mergesetz 1992 geändert wird (1263 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geän­dert wird (1263 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

§ 21 Z 3 entfällt.

*****

Danke.

12.44


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der Abänderungsantrag, den Sie eben verlesen haben, ist ge­schäftsordnungsmäßig überreicht worden, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Es hat sich jetzt Herr Abgeordneter Dr. Feurstein zu Wort gemeldet. 8 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.44


Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein¦ (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Jedesmal, wenn es um die gesetzlichen Inter­essenvertretungen geht, hören wir die gleichen Vorwürfe, die gleichen Anschuldigungen von der Opposition. Bei jeder Debatte kommen die gleichen Argumente. Mir ist klar, warum: Die Sozial­partnerschaft ist die große Errungenschaft, die in Österreich vor jetzt mehr als 40 Jahren ein­gerichtet worden ist, die uns den sozialen Frieden gewährleistet hat. Österreich hat durch die Interessenvertretung keine Streiks, hat keine Auseinandersetzungen auf der Straße wie in Frankreich – Frankreich ist gerade erwähnt worden (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) –, und wir, die Regierungsparteien, stehen voll zu diesen Interessenvertretungen, meine Damen und Herren. Darin unterscheiden wir uns grundsätzlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ing. Langthaler: Ich habe geglaubt, Sie sind ein demokratischer Redner, Herr Abgeordneter Feurstein!)

Sie haben von uns vor drei Jahren eine Urabstimmung verlangt. Sie haben gehofft, über diese Urabstimmung könnten Sie die Fundamente der gesetzlichen Interessenvertretungen in Frage stellen. Sie wurden sehr enttäuscht, denn die Urabstimmung hat in allen Bereichen große Mehr­heiten gebracht: für die Landwirtschaftskammern, für die Wirtschaftskammern, für die Arbeiter­kammern, und zwar in allen Bundesländern, meine Damen und Herren. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir stehen zu den österreichischen Mitgliedern in den Kammern, und diese stehen zu den Kammern. Ich meine, wir sollten diese Einrichtungen nicht durch ständige Kritik und durch Unterstellungen, wie sie heute wieder gemacht worden sind, durch Unterstellungen, die auch in die Richtung gehen, daß Gelder falsch verwendet würden, in Frage stellen. Das lehnen wir ab, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es ist bezeichnend, daß Sie keine besseren Argumente haben als formale Einwendungen, die in großen Bereichen zum Teil sogar in Unwahrheiten gipfeln, die Sie uns beziehungsweise den Vertretern in den Interessenvertretungen unterstellen. Ich bin kein Vertreter einer Interessen­vertretung, ich bin nicht einmal Mitglied einer Interessenvertretung, aber ich stehe umso mehr dazu, meine Damen und Herren, da ich weiß, was wir diesen Männern und Frauen, die dort zum großen Teil ehrenamtlich wirken, verdanken.

Sie beschuldigen Menschen, die ehrenamtlich in diesen Organisationen tätig sind, oft für bescheidene Kostenersätze. (Abg. Meisinger: Wollen Sie sagen, daß der Arbeiterkammer­präsident ehrenamtlich tätig ist?) Diese Menschen beleidigen Sie ständig, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zu diesen beiden Gesetzen: Wir verändern nicht die Struktur der beiden Kammern, nämlich der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer; was verändert wird, ist das Wahlrecht. Und das Wahlrecht wird in einer Art und Weise verändert, daß es demokratiefreundlicher werden soll. Es soll den Zugang zu den Wahlen erleichtern. Deshalb haben wir erreicht, daß die Brief­wahl durchgeführt werden kann. Das ist eine wesentliche Erleichterung für die Arbeitnehmer, jetzt praktisch in jeder Gemeinde – auch außerhalb der gesetzlichen Wahlzeiten – wählen zu können. Es war dies eine Forderung, die die ÖVP, insbesondere der ÖAAB, immer wieder vorgebracht hat. Die Briefwahl wird durch diese Novelle, die wir heute beschließen, verwirklicht, meine Damen und Herren.

Zweiter wichtiger Punkt: Das geänderte Wahlrecht ist freundlich für alle wahlwerbenden Grup­pen. Ich möchte diese Freundlichkeit gegenüber allen wahlwerbenden Gruppen ganz deutlich unterstreichen. Erstens einmal werden die Beisitzer in den Wahlkommissionen voll akzeptiert und bezahlt, soweit sie Mitglieder von wahlwerbenden Gruppen und im Vorstand der Arbeiter­kammer vertreten sind. Zweitens – und das ist neu – erhalten alle wahlwerbende Gruppen Ab­schriften von den Wählerevidenzen, von den Wählerlisten mit Namen, Geburtsdatum, Anschrift, Beschäftigungsort und Wohnort, meine Damen und Herren. (Abg. Gaugg: Das gibt es ja bisher schon!) In dieser Form haben sie das bisher nicht bekommen. Es ist also ausdrücklich demo­kratiefreundlich.

Das ist eine Erleichterung, die auch Sie für Wahlwerbung bekommen werden, Herr Abgeord­neter Gaugg. Sie sollten das anerkennen, daß dieses Recht nun allen wahlwerbenden Gruppen zugestanden wird. (Abg. Gaugg: Sind Sie zu sonst nichts in der Lage?)

Ich komme zu dem entscheidenden Punkt, den Abgeordneter Öllinger in den Vordergrund ge­rückt hat. Meine Damen und Herren! Die österreichischen Interessenvertretungen sind Körper­schaften öffentlichen Rechts (Abg. Öllinger: Das habe ich gesagt!), nämlich Körperschaften öffentlichen Rechts mit – und das ist ein wesentlicher Unterschied! – hoheitsrechtlichen Rechten und Befugnissen. (Abg. Öllinger: Wo denn?) Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer haben beide hoheitsrechtliche Befugnisse. (Abg. Öllinger: Wo denn?) Ich zähle sie Ihnen jetzt nicht im Detail auf. (Abg. Dr. Kier: Sie haben Selbstverwaltung!) Sie haben im Rahmen der Selbst­ver­waltung übertragene Aufgaben, die aber hoheitsrechtlichen Charakter haben. (Abg. Dr. Kier: Das ist Selbstverwaltung!) – Im Rahmen der Selbstverwaltung, selbstverständlich im Rahmen der Selbstverwaltung. (Abg. Dr. Kier: Aber das ist doch nicht hoheitsrechtlich!) Das ist ganz ent­scheidend. Danke für diesen Hinweis, meine Damen und Herren. (Abg. Dr. Khol: Die Gemeinde hat auch Selbstverwaltung! – Abg. Dr. Kier: Die Kammern haben Selbstverwaltung, aber kein Hoheitsrecht! – Abg. Dr. Khol: Wenn jemand bei mir so etwas antwortet, bekommt er eine Fünf!)

Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, gestalten wir das passive Wahlrecht genauso, wie es für den Nationalrat, für die gesetzgebenden Körperschaften grundsätzlich gegeben ist. Es ist das ein ureigenstes Recht der Staatsbürger. Es gibt ohnehin nur noch wenige Rechte, die an die Staatsbürgerschaft gebunden sind. Das Wahlrecht, insbesondere das passive Recht, ge­wählt zu werden, ist ein solches Recht, das ganz entscheidend an die Staatsbürgerschaft ge­bunden sein soll, meine Damen und Herren.

Ich frage mich, welchen Sinn denn die österreichische Staatsbürgerschaft noch haben soll, wenn nicht dieses ureigenste Recht, gewählt werden zu dürfen, gewählt werden zu können, sich bewerben zu können, daran gebunden ist.

Ich sage auch ganz klar: Unserer Meinung nach sind die sozialrechtlichen, die arbeitsrechtlichen Bereiche für Inländer und Ausländer genau gleich zu regeln. Das wurde auch schon mit der letzten Arbeitslosenversicherungsgesetz-Novelle geregelt, meine Damen und Herren. Aber wir verlangen und wir treten dafür ein, daß österreichische Staatsbürger eben dieses Recht – näm­lich das passive Wahlrecht – primär haben sollen und auch weiter ausüben können sollen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich komme zum Schluß. Diese Vorlagen, die wir jetzt beschließen, insbesondere das Arbeiter­kammerwahlrecht, erfüllen viele Wünsche, die von den Arbeitnehmern, insbesondere von den Vertretern des ÖAAB, für die Kammer immer wieder gefordert wurden. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir stehen zu dieser Novellierung des Wahlrechtes, wir stehen insbesondere auch deshalb dazu, weil wir der Meinung sind, daß es demokratiepolitisch eindeutig ein Fortschritt ist. (Abg. Meisinger: Das stimmt nicht! Das ist gegen die Demokratie!) So geben wir diesen Wahl­rechts­novellen mit der Änderung des Arbeiterkammerwahlrechtes, insbesondere aber auch des Wirt­schaftskammerwahlrechtes sowie dessen Verbesserung, gerne unsere Zustimmung. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.52


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.52


Abgeordneter Reinhart Gaugg¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Bundesministerin! Mit der Beschlußfassung des Arbeiterkammerwahlrechtes wird ein Stück Demokratie in unserer Republik zu Grabe getragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dieses Arbeiterkammerwahlrecht, verbunden mit den Änderungen bei der Wirtschaftskammer, ist ein sozialpartnerschaftlicher Kuhhandel, bei dem die einzelnen Mitglieder der Interessen­vertretungen die Opfer sind. Diese Einbetonierung des Bonzentums dürfte in der Form wohl nur mehr in Kuba bei einem Herrn Fidel Castro möglich sein (Beifall bei den Freiheitlichen), aber in keinem demokratischen Land dieser Erde ist ein derartiges Wahlrechtsverfahren überhaupt noch denkbar.

Sie sprechen von Vereinfachung, von der Möglichkeit der Wahlteilnahme, und Sie erweitern das Wahlrecht von zwei Tagen auf drei Wochen. Hurra! Jetzt werden die Wahlkommissionen drei Wochen lang mit den Urnen unter dem Arm durch die Betriebe wandern, und in jenen Betrieben, in denen man sicher sein kann, daß die Sozialistische Partei die große Mehrheit hat, werden sie lange verweilen (Abg. Koppler: Wir sind ja nicht in Niederösterreich!), und in jenen Betrieben, bei denen man befürchten muß, daß schon die Demokratie Einzug gehalten hat, daß dort Freiheitliche und eventuell ÖAABler sitzen, wird man halbstündige Wahlzeiten festsetzen. Denn all diese Dinge werden von Ihnen nicht gesetzlich geregelt, sondern ausschließlich dem Vor­stand der einzelnen Länderkammern überlassen.

Sie, Herr Sozialsprecher der ÖVP, sprechen von den ehrenamtlichen Funktionären. Vor denen ziehe ich den Hut, denn es ist ja bewundernswert, daß die bei Rot und Schwarz noch immer zuschauen, daß die Abkassierer oben sitzen, daß diese Bonzen noch immer vorhanden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Sie sitzen doch auch!) Der letzte Rech­nungs­hofbericht in der Steiermark hat es wieder zutage gefördert: Es ist zwar an der Spitze, ganz oben, gekürzt worden, aber da gibt es namenlose Abteilungsleiter, die es sich überlegen, in die Privatwirtschaft oder in einen Managementvertrag zu gehen, weil sie solche Verträge bei der Arbeiterkammer haben, daß sie dort wie Millionäre behandelt werden.

Das sind Ihre Ehrenamtlichen! Bis hin zum Herrn Rechberger, der mich noch immer beschäftigt. Und wissen Sie, warum? – 1,16 Millionen Schilling hat die Arbeiterkammer, haben die Beitrags­zahler in der Steiermark dafür zahlen müssen, daß der Herr Rechberger eine Zusatzpension bekommt. Dann hat das Gericht festgestellt, daß ihm diese Zusatzpension nicht zusteht. Doch vom Herrn Rechberger können Sie jetzt nichts mehr holen, denn er ist in Konkurs. Daher sollten die 1,16 Millionen Schilling von jenen zurückverlangt werden, die dem zugestimmt haben, daß das bezahlt wird. Da würde ich mir Ihre Unterstützung erwarten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Wir reden in fünf Jahren über Postenschacher bei Ihnen!)

Alle kritischen Stimmen wurden unbeachtet gelassen; egal, ob hier Bedenken wegen des Wahlgeheimnisses angesprochen werden, egal, ob die Bedenken den Wahlmanipulationen – wie es wörtlich heißt – gelten. Das wird auf die Seite getan! Darauf geht man nicht ein. Und warum? – Weil Ihre Fraktion in einem Regierungsbündnis mit der SPÖ ist, und im Zuge des Arbeiterkammerwahlrechts haben Sie noch ein paar Wünsche bezüglich der Wirtschaftskam­mer, die Sie jetzt unter Umständen noch günstigerweise unterbringen können und ähnliches mehr. (Abg. Mag. Firlinger: Kuhhandel!)

Wo ist denn die Ehrenamtlichkeit? (Abg. Koppler: In Oberösterreich ist ein Freiheitlicher verur­teilt worden, weil er Wahlschwindel gemacht hat!) Wo ist denn die Ehrenamtlichkeit? – Koppler, du bist auch einer von denen, die begünstigt sind durch dieses System! Du bist das Parade­beispiel dafür, daß dieses Arbeiterkammersystem einmal reformiert gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Sind Sie nicht auch irgendwo Funktionär?) Freiwilligkeit in der Mitgliedschaft! – Dann wäre es nicht mehr so lässig und locker möglich, daß du dort ein bißchen Kaiser, da ein bißchen Kaiser bist, und da motzt du immer herum.

100 Millionen Schilling jährlich – 100 Millionen Schilling jährlich! – müssen die Arbeitnehmer dafür aufbringen, daß es eine Bundesarbeitskammer gibt. Über 100 Millionen Schilling im Jahr für einen Palast in Wien, dafür, daß der Präsident der Bundesarbeitskammer 10 Prozent mehr Gehalt bekommt und so weiter. Dafür bringen die Arbeitnehmer das Geld auf.

Aber damit nicht genug! Auch der ach so „verarmte“ Österreichische Gewerkschaftsbund mit Mitgliedsbeiträgen von 1,5 Milliarden Schilling jährlich lukriert auch noch einmal rund 30 Mil­lionen Schilling pro Jahr aus den Zwangsbeiträgen der Arbeiterkammer. Darüber reden wir ein­mal! Reden wir einmal über Demokratie in der Arbeiterkammer (Abg. Koppler: Darüber können wir ruhig reden!), aber reden wir nicht über Wahlzeiten, die sich über drei Wochen ziehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wo, meine Herren Vertreter der Bundesregierung, ist die Gewähr dafür, daß bei den Wahlen nicht manipuliert wird? Wo ist die Garantie? (Abg. Koppler: In Oberösterreich hat ein Frei­heitlicher manipuliert bei den Wahlen!) Wie werden die Urnen verstaut? Wer ist in der Wahl­kommission? Wie schaut die Wahlbeteiligung in den Betrieben aus? Wie wird sie überprüft? Wo erfolgt die Auszählung in den einzelnen Betrieben?

Mehr Demokratie, mehr Verwaltungsvereinfachung ... (Abg. Koppler: In Oberösterreich ist ein Freiheitlicher verurteilt worden, aber sonst keiner!) – Koppler, hör zu! Das ist auch eine Eigen­schaft. Die Arbeiterkammer ist die einzige Kammer, die nicht einmal ihre Mitglieder kennt, und sie wird sie auch nach Änderung des Arbeiterkammerwahlrechts noch immer nicht kennen, denn der Herr Bürgermeister Häupl hat in einer Stellungnahme festgestellt, daß er nicht in der Lage ist, mitzuteilen, wer wann und wo Mitglied der Arbeiterkammer ist.

Das ist Ihre Reform? – Das ist nichts anderes, als der Manipulation, dem Wahlschwindel und der parteipolitischen Einflußnahme bei Wahlen Vorschub zu leisten! (Abg. Koppler: Wie der Schelm denkt, so ist er!) Das ist nichts anderes als das Einbetonieren des Bonzentums in den Kammern! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

12.58


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter! Ich möchte nur der Vollständigkeit halber darauf hinweisen: Die durch Sie angekündigte Verlesung des Entschließungsantrages fand nicht statt. (Abg. Gaugg: Das kommt noch!) Ich halte es nur der Vollständigkeit halber fest.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich jetzt Herr Abgeordneter Öllinger gemeldet. 2 Minuten Redezeit. Beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen. – Bitte.

12.58


Abgeordneter Karl Öllinger¦ (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Feurstein hat in seinem Debattenbeitrag behauptet, die Arbeiterkammern hätten hoheitliche Funktionen im österreichischen Recht auszuüben. – Diese Tatsachen­behaup­tung des Abgeordneten Feurstein ist unrichtig.

Die Arbeiterkammern sind – gleich wie die Wirtschaftskammern und die Österreichische Hoch­schülerschaft – Körperschaften öffentlichen Rechts. Aus dieser Funktion allein ergibt sich noch keine hoheitliche Tätigkeit der Arbeiterkammern.

Träfe die Behauptung des Abgeordneten Feurstein zu, daß die Arbeiterkammern hoheitliche Funktionen hätten, so träfe dies in noch größerem Ausmaß auf die Wirtschaftskammern und natürlich auch auf die Hochschülerschaften zu. Dann dürften Sie aber dieses Wirtschafts­kammergesetz nicht beschließen. (Beifall bei den Grünen.)

12.59


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es hat sich jetzt Frau Bundesministerin Hostasch zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

13.00


Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch¦: Geschätzter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Werter Ministerkollege! Erlauben Sie mir einige grundsätzliche Bemerkungen zu der Debatte zu zwei Kammergesetzen. Ich bedanke mich beim Hohen Haus für die Festlegung der Tagesordnung in der Form, daß beide Kammergesetze unter einem diskutiert werden können, weil ich glaube, daß damit zu Recht zum Ausdruck kommt, daß die Zusammenarbeit dieser beiden gesetzlichen Interessenvertretungen für die Lösung von Problemen, die in unserem Land für Unternehmen und auch ... (Abg. Haigermoser: Warum sind Sie dann nicht einmal erschienen bei den vereinbarten Terminen betreffend die Lehrlinge beim Herrn Wirtschaftsminister? – Seine Aussage war das! Nur wegen der Zusam­menarbeit, ich frage nur!) Herr Kollege Haigermoser! Ich glaube, wenn Sie gestern bei der Debatte im Hohen Haus anwesend gewesen sein sollten, dann hätten Sie gesehen, wie die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsressort und Sozialressort funktioniert. (Beifall bei der SPÖ.) Ich bedauere, wenn Sie vielleicht nicht alles nachvollziehen können, was diese Ressorts gemeinsam für die Jugend in diesem Land, aber auch für die Wirtschaft in diesem Land tun. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Aber erlauben Sie mir, noch einmal zu den Gesetzen zurückzukommen, weil ich glaube, daß sie für beide Interessenorganisationen eine wichtige Grundlage sind, ihre Wahlrechte auf eine noch bessere, demokratische, moderne Ebene zu stellen. Es waren nicht zuletzt die Mitglieder­befragungen und die Erfahrungen aus den Mitgliederbefragungen, die gezeigt haben, daß die bisher geltenden Kammergesetze für die Abwicklung der Wahl nicht mehr zeitgemäß und auch nicht mitgliederorientiert sind und es daher sinnvoll ist, eine bessere Lösung zu finden.

Und wenn ich mich jetzt etwas mehr auf das Arbeiterkammergesetz konzentriere, dann werden Sie das, so hoffe ich wenigstens, verstehen, wenn ich Ihnen sage, daß ich sehr stolz darauf bin, daß ich die Chance hatte, in einer bestimmten Phase der Geschichte der österreichischen Ar­beiterkammern und der Bundesarbeitskammer mit daran beteiligt gewesen zu sein, nachweisen zu können, daß es sehr wichtig ist, eine gesetzliche Arbeitnehmerinteressenvertretung neben den freiwilligen Interessenvertretungen zu haben. Und ich möchte mit aller Deutlichkeit sagen: Wer die gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer schwächt oder sie gar abschaffen möchte, der schadet den Interessen der Arbeitnehmer in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, daß wir mit diesem neuen Wahlrecht – und das muß natürlich durch mein Ressort noch ergänzt werden mit einer entsprechenden Verordnung über die Durchführungsbestimmungen – auch sicherstellen werden, daß alle unsere Wahl­grundsätze, die für die demokratischen Wahlen gelten, selbstverständlich zu 100 Prozent auch für die Arbeiterkammerwahl gelten werden. Es ist damit gewährleistet, daß demokratische Voraussetzungen absolut gegeben sein werden.

Erlauben Sie mir, sehr geschätzte Damen und Herren, doch auch darauf einzugehen, was hier in bezug auf die gesetzliche Mitgliedschaft ausgeführt wurde. Das sollte doch freiwillig möglich sein, hieß es da. Meine Damen und Herren! Die gesetzliche Mitgliedschaft ist der Kern einer Kammer, und sie kann nur dann eine Kammer sein, wenn es eine gesetzliche Mitgliedschaft gibt. Kammern ohne gesetzliche Mitgliedschaft durch ihre Mitglieder gibt es nicht, dann sind es keine Kammern. (Abg. Mag. Trattner: Das versteh’ ich nicht!)

Ich bin sehr froh darüber, daß beide Mitgliederbefragungen ein überzeugendes Votum gebracht haben. Die Mitglieder haben gesagt: Ja, wir wollen neben unseren freiwilligen Interessen­vertre­tungen die gesetzlichen Interessenvertretungen haben. Und wenn hier auch die Fragestellung kritisiert wurde, sehr geschätzte Damen und Herren: Klarer, offener und deutlicher kann eine Fragestellung nicht sein: Wollen Sie die Kammer als Ihre gesetzliche Interessenvertretung: ja oder nein? – Klarer und ehrlicher kann keine Frage sein.

Ich frage Sie, sehr geschätzte Damen und Herren von den Freiheitlichen: Wenn Sie die Frage nach der Legitimation Ihrer Partei stellen, wie würde denn da die entsprechende Fragestellung bei Ihnen aussehen? So oder anders? Und wenn Sie die Frage stellen: Wollen Sie die FPÖ?, erwarten Sie ein Ja oder ein Nein? – Ich glaube, eine offenere, eine ehrlichere Fragestellung als die, die die Kammern gewählt haben, gibt es nicht, und trotzdem war das Votum so hoch. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Da gibt es ja keine Zwangsmitgliedschaft! Der Vergleich hinkt! – Abg. Haigermoser: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich!)

Und wenn hier vom Herrn Abgeordneten Gaugg der „Palast“ der Bundesarbeitskammer ange­sprochen wurde: Ich fürchte, er hat sich noch nie in diesen „Palast“ begeben und dort feststellen müssen, daß es erstens kein Palast und zweitens gar nicht die Bundesarbeitskammer ist, weil die Bundesarbeitskammer kein eigenes Haus hat. Sie hat auch keine eigenen Räumlichkeiten, sondern es werden in den Räumlichkeiten der Wiener Arbeiterkammer durch Personenidentität auch die Aufgaben der Bundesarbeitskammer wahrgenommen. Ich würde doch bitten, sich gerade als jemand, der in der Arbeiterkammer auch Funktionen hat, besser zu informieren und nicht solche Behauptungen aufzustellen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es wurde auch der Vorwurf erhoben, die Arbeiterkammer wisse ja nicht einmal, wer ihre Mitglieder sind. Zu Recht sagen die Funktionärinnen und Funk­tionäre, die Verantwortlichen in der Arbeiterkammer: Wir möchten wissen, wer unsere Mitglieder sind, und sie nicht nur anonym als Gesamtgruppe sehen. Und daher bitte ich Sie, gerade die­sem Gesetz die Zustimmung zu geben, weil mit der Mitgliederevidenz erstmals die Chance gegeben ist, daß die Kammer genau weiß, wer ihre Mitglieder sind (Abg. Gaugg: Frau Minister! Was sagen Sie zur Stellungnahme der Stadt Wien?), und sie daher zielgruppenorientierter agieren kann und so gemeinsam mit den Gewerkschaften eine noch bessere Arbeitnehmer­politik machen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Was sagen Sie zur Stadt Wien?)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaugg, Sie sprechen da ein spezi­fisches Wiener Detailproblem an, und dieses Problem werden wir auch mit der Stadt Wien lösen, werden die Verantwortlichen in der Wiener Kammer lösen. Es ist aufgrund einer bestimm­ten Arbeitnehmersituation in Wien eine klassische Wiener Frage.

Erlauben Sie mir, sehr geschätzte Damen und Herren, auch noch eine Bemerkung zur Frage des passiven Wahlrechtes. Ich mußte in der Begutachtung feststellen, daß die Verankerung des passiven Wahlrechtes im Arbeiterkammergesetz derzeit noch keine politische Mehrheit findet. Ich möchte mich nicht hinter juristischen Interpretationen, nicht hinter Interpretationen von Richt­linien, Assoziationsabkommen oder anderem hier verstecken, sondern festhalten: Es ist in dieser Frage der politische Konsens noch nicht zu finden. Trotzdem glaube ich, daß es wichtig ist, daß wir uns gemeinsam bemühen, doch eine Lösung zu finden, daß auch alle nichtöster­reichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, wenn sie sich in unserem Land aufhalten, wenn sie längere Zeit hier beschäftigt sind, wenn sie dazu beitragen, daß sich dieses Land weiterentwickelt, wenn sie Arbeitsprodukte liefern, auch die Möglichkeit haben, aktiv und auch passiv für ihre Interessenvertretung einzustehen und dieser auch zur Verfügung zu stehen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Mit dem neuen Arbeiterkammergesetz schaffen wir eine sehr wichtige, gute Grundlage für eine moderne Interessenvertretung, die sich auf Basis eines neuen Gesetzes noch optimaler für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einsetzen kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.08


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschrän­kung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.08


Abgeordneter Dr. Kurt Heindl¦ (SPÖ): Herr Präsident! Verehrte Mitglieder der Bundesregie­rung! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in aller Kürze mit dem Wirtschafts­kammer­gesetz auseinandersetzen, welches ohne Zweifel ein Teil des Fundaments der Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft ist.

Das neue Wirtschaftskammergesetz hat die Neufassung und Entrümpelung des durch zahl­reiche Novellierungen unübersichtlich gewordenen Handelskammergesetzes zum Ziel. Ich möchte nicht auf Details eingehen, möchte aber doch anmerken, daß ich nicht leugne, daß ich mir einige Teile dieser Novelle anders vorgestellt hätte. Das ist nun einmal so bei einem Kompromiß: Da ist der Zufriedenheitspegel relativ niedrig – und das ist er bei mir, das möchte ich deutlich sagen.

Trotz zahlreicher Neuregelungen bleibt aber die Grundintention erhalten, eine alle Unternehmer umfassende Organisation zur Stärkung der Wirtschaft im Sinne des Interessenausgleiches zu sein. In den Erläuterungen steht neben vielen anderen Grundzügen das, was mir am wichtigsten zu sein scheint: der Interessenausgleich als zentrale, vom Staat den Wirtschaftskammern über­antwortete Aufgabe. – Jawohl! Die Wirtschaftskammer spielt im Rahmen der Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft eine wichtige Rolle; es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen.

Der Gesichtspunkt eines grundsätzlich gemeinsamen Ziels ist die Basis bei der Austragung unterschiedlicher Interessenpositionen. Innere Stabilität und eine niedrige Streikstatistik sind maßgebliche Standortfaktoren Österreichs. Beide Umstände haben den Aufstieg Österreichs zu jener Position bewerkstelligt, die wir heute international einnehmen. Wirtschaftlicher Wohlstand ist nicht nur die beste Basis für sozialen Frieden, sie ist auf jeden Fall die Grundlage für die Finanzierung eines großzügigen Sozialsystems.

Die gesamtwirtschaftliche Orientierung der sozialpartnerschaftlichen Politik hat wesentlich dazu beigetragen, daß Österreich in den vergangenen Jahrzehnten in bezug auf Wachstum, Preis­stabilität, Arbeitslosenrate besser abgeschnitten hat als die meisten anderen Industrieländer. Konjunktureinbrüche und rezessive Tendenzen wurden in unserem Land durch diese Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft immer besser bewältigt.

Meine Damen und Herren! Die Sozialpartnerschaft war von Anfang an ein stabilitäts­bewah­rendes Instrument, das der Lösung der Verteilungskonflikte auf dem Verhandlungsweg diente. Der Klassenkampf wurde, wie es Bruno Kreisky einmal auf seine Art formulierte, „sublimiert”. Es ist kein Zufall, daß – auch wenn er in Österreich immer wieder zu Recht kritisch hinterfragt wird – einer der bedeutendsten noch lebenden Ökonomen, Kenneth Galbraith, in einem Inter­view vor einiger Zeit gerade zu dieser österreichischen Wirtschaftspolitik – und ich glaube, bei aller parteipolitischen Interessenunterschiedlichkeit sollte man sich die Worte dieses großen Ökonomen überlegen – sagte: Ich glaube, das österreichische Wirtschaftsmodell ist das beste der Welt. Es gibt zum Beispiel kein Land, in dem seit 1945 der Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern so rational und zivilisiert erfolgt ist wie in Österreich.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, ein schöneres Kompliment als von einem so renom­mierten Mann kann man sich nicht wünschen. Gerade in der heutigen Zeit rasanter wirt­schaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen, wie der Weiterentwicklung der EU, wie des Binnenmarktes, wie der Globalisierung, wie der Entwicklung der einzelnen Handelsblöcke, wird der Sozialpartnerschaft auch in Zukunft eine wesentliche Rolle zukommen. Von ihr können und sollen Rahmenbedingungen ausgearbeitet werden, die den Wohlstand auch in Zukunft erhalten.

Meine Damen und Herren! Wenn ein Konsens darüber gelingt, dann wird die Sozialpartner­schaft auch in Zukunft trotz manchmal geäußerter Kritik akzeptiert sein. In diese Richtung soll dieses Gesetz wirken.

Abschließend möchte ich nochmals betonen, daß ich manches in diesem Gesetz nur sehr schwer akzeptiere, zum Beispiel, daß uns nicht einmal die Abschaffung der Eintragungs­gebüh­ren gelungen ist; ich möchte das nur als einen unter vielen von mir nicht goutierten Punkten hier anmerken. Das zeigt, daß wir nicht stehenbleiben dürfen, sondern schon heute überlegen müssen, in welche Richtung wir dieses Wirtschaftskammergesetz weiter reformieren werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.13


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.13


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese beiden Gesetze werden gemeinsam verhandelt, etwas, was Herr Kollege Feurstein als besondere Qualität heraus­gestrichen hat. Das hat schon etwas für sich. Ich meine aber, einer der Hauptgründe für die gemeinsame Behandlung wird wohl sein, daß, wenn man das nicht gemeinsam verhandeln würde, das eine oder andere in dem einen oder anderen Gesetz vielleicht etwas anders ausge­fallen wäre. So ist aber durch die annähernde Gleichzeitigkeit der Verhandlung sichergestellt, daß die Wirtschaftskammer – in diesem Fall – die Arbeiterkammer in Geiselhaft halten kann.

Herr Kollege Nürnberger! Sie haben sehr treffend einige positive Argumente gebracht, die ich unterstreichen möchte. Nur haben diese Argumente alle auf die Arbeiterkammer zugetroffen, nicht auf die Wirtschaftskammer: die Straffung des Wahlverfahrens, der Entfall der Wahlkörper et cetera, pp. Sie haben aber diese Ihre Rede als Verteidigungsrede angelegt. Sie haben zwar gesagt, Sie sind nicht der Ex-offo-Verteidiger der Wirtschaftskammer, aber das hat ohnedies niemand vermutet und wollte Ihnen auch niemand unterstellen. (Abg. Nürnberger: Gott sei Dank!)

Sie haben, meinen Fraktionskollegen angreifend, gesagt, wie wunderbar das alles ist im Bereich der Kammern, und haben positive Reformschritte der Arbeiterkammer dargestellt, die ich Ihnen attestiere. Nur 1 : 1 treffen genau diese Reformansätze auf die Wirtschaftskammer nicht zu, denn dort gibt es nämlich 1 500 Körperschaften des öffentlichen Rechts. (Abg. Dr. Stummvoll: 1 005!) 1 005. – Bitte, ich lasse gerne mit mir in der Größenordnung von 300, 400 auf oder ab diskutieren. (Abg. Dr. Stummvoll: Ein paar mehr oder weniger, darauf kommt es nicht an!)

Bei der Arbeiterkammer – Herr Kollege Nürnberger, bitte um Ihre Aufmerksamkeit! – gibt es, wenn ich das richtig verstanden habe, zehn: neun Länder und die Bundesarbeitskammer. Okay, sage ich. Eine bestimmte Mindeststruktur wird wohl notwendig sein, aber nicht weit über 1 000. Der Rechnungshof hat 1 500 beim Namen genannt, und den habe ich zitiert. Wenn Sie inzwischen von 1 500 auf 1 005 geswitcht haben: Ich bin nicht in der Lage, das abzuzählen, denn wenn es so viele Körperschaften öffentlichen Rechts ... (Abg. Haigermoser: Es sind exakt 1 298!) Danke! Da sehen Sie, wie dieser Index der Körperschaften des öffentlichen Rechts schwankt.

Wir haben also 1 200, sagen wir. Einigen wir uns auf einen Mittelwert. (Abg. Dr. Stummvoll: Stimmt auch!) Herr Kollege Stummvoll, als Generalsekretär müssen Sie nicht jede Zahl im Kopf haben. Sollen es 1 200 sein, 1 200 Träger hoheitlicher Aufgaben nach dem Verständnis des Kollegen Feurstein. (Abg. Dr. Stummvoll: Am einfachsten wäre es, die Wirtschaftskammer zu fragen! Es wäre einfacher, Sie hätten mich vorher gefragt!) Er meint, eine Körperschaft öffent­lichen Rechts sei automatisch mit der Trägerschaft hoheitlicher Aufgaben verbunden. Ich mache Sie aufmerksam: Auch die anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften sind Körper­schaften öffentlichen Rechts, und niemand in diesem Haus wird vermuten, daß sie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Seien Sie also sorgfältiger mit den Rechtsbegriffen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger.)

Das große Geschrei, das erhoben wurde, als mein Kollege Helmut Peter hier gesprochen hat, war von dem Sprichwort geleitet: „Wenn man dir gibt, dann nimm! Wenn man dir nimmt, dann schrei!“ Sie wissen ganz genau, die Schlüsselfrage ist, wie man diese wesentlichen Bereiche finanziert. Wenn ich mir zum Beispiel die Landwirtschaftskammern vergegenwärtige, die derzeit nicht zur Diskussion stehen, dann wird es langfristig vielleicht intelligent sein, sich mehr einfallen zu lassen, als nur die Bauern abzuzocken für die Kammern. Man wird vielleicht eine zusätzliche öffentliche Finanzierung bereitstellen müssen. (Abg. Schwarzböck: Sie sind ja völlig ahnungs­los!)

Herr Kollege Schwarzböck! Schrecken Sie sich nicht gleich so! Sie gehören einer schrump­fenden Bevölkerungsgruppe an. Man wird dafür vielleicht öffentliche Mittel bereitstellen müssen, über die bäuerliche Bevölkerung hinausgehend, wenn das so wichtig ist. Das wollte ich damit zum Ausdruck bringen.

Die Finanzierungsfrage lautet: Wer hat mitzureden bei der Finanzierung? Das ist ein Schlüs­selaspekt. Wenn Sie schon zufrieden sind mit den öffentlichen Mitteln, die Sie bekommen, soll es mir umso lieber sein.

Daher noch einmal: Ich sage ausdrücklich, daß das, was der Herr Kollege Nürnberger zur Verteidigung der Wirtschaftskammer vorgebracht hat, auf die Arbeiterkammer zutrifft, aber leider nicht auf die Wirtschaftskammer.

Ich möchte allerdings einen Punkt im Arbeiterkammergesetz doch etwas kritischer beleuchten. Ich begrüße es, daß jetzt Ansätze für eine Mitgliederevidenz vorhanden sind. Das begrüße ich. Ich stelle aber schon etwas bewußt provokant die Frage in den Raum: Das ist 50 Jahre lang nicht notwendig gewesen? (Abg. Dr. Trinkl: Nicht gegangen!) Verstehen Sie mich? Das fällt einem schon deutlich auf, daß offenbar erst jetzt bemerkt wurde, daß man seine eigenen Mitglieder nicht kennt. Es ist daher ein Quantensprung nach vorne, wenn das jetzt möglich ist. Nur: Warum das ausgerechnet die Sozialversicherungsträger sein müssen, weiß ich nicht. In dieser sehr weichen Form scheint mir das im Gesetz nicht gut ausformuliert zu sein. Ich meine, da wäre vielleicht eine Verbesserung möglich.

Aber der wirkliche, der absolute Schwachpunkt des Arbeiterkammergesetzes ist das passive Wahlrecht der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer im Bereich der Arbeiterkammerwahlen. Wir wissen uns diesbezüglich mit der Mehrheit des Hauses an und für sich relativ einig, aber leider sind Sie in diesem Fall in der Geiselhaft jener, die der Meinung sind, Rechte müssen in erster Linie an der Staatsbürgerschaft festgebunden werden. Sie sitzen hier in der Falle.

Dabei wissen Sie es ganz genau. Sie wissen, im Bahnbetriebsverfassungsgesetz gibt es das passive Wahlrecht für die Ausländer. Als wir in den Ausschußberatungen versucht haben, das auch auf das Arbeitsverfassungsgesetz und das Postbetriebsverfassungsgesetz auszudehnen – die Bestimmungen sind im übrigen ansonsten in diesen Gesetzen völlig gleichlautend, sind wortidentisch; bei der Bahn haben wir es, bei der Post nicht und beim Arbeitsverfassungsgesetz auch nicht, und der Analogieschluß ist natürlich die Arbeiterkammer –, wurde das von der Kollegin Reit­samer nicht einmal zur Verhandlung zugelassen, rechtsirrigerweise vielleicht. Poli­tisch war es nicht inopportun, weil man sich eine unangenehme Diskussion erspart hat.

Von diesem Pult aus sage ich Ihnen jedoch: Wenn Sie dem Antrag, der jetzt hier wieder vorliegt – Kollege Öllinger hat ihn eingebracht –, heute Ihre Zustimmung nicht geben, dann wohl deswegen, weil Sie sich in Geiselhaft der Wirtschaftskammer befinden. Eine Sozialpartner­schaft, die sich dadurch manifestiert, daß man sich wechselseitig in Geiselhaft nimmt, erachte ich für übel, Herr Kollege Stummvoll! Da können Sie den Kopf schütteln, soviel Sie wollen. (Abg. Dr. Stummvoll: Weil das Unfug ist!)

Auch die Unvereinbarkeitsfrage ist nicht vom Tisch. Denn je mehr Sie die hoheitlichen An­sprüche der Körperschaften des öffentlichen Rechtes einmahnen, desto mehr wird Ihnen auf­fallen müssen, daß Sie der Gewaltenteilung zuwiderhandeln, wenn Sie die Funktionsträger der Körperschaften des öffentlichen Rechtes als Mandatare in diesem Haus sitzen haben. Nur darum geht es.

Dasselbe gilt im übrigen meiner Meinung nach auch für den öffentlichen Dienst. Öffentlicher Dienst und gleichzeitige Ausübung von Mandaten in Parlamenten, das ist an sich unvereinbar. Diese Unvereinbarkeitsdebatte sollten wir einmal führen! Sie ist nicht auf die Körperschaften des öffentlichen Rechtes fokussiert, und die größere Zahl wird dann wohl die Beamtenfrage betreffen. Da wird sich auch herausstellen, daß vielleicht mancher oder manche im dienst­recht­lichen Gewande des Beamten einherschreitet, der von der Funktion her eigentlich keiner ist. Das würde vielleicht wieder eine heilsame Verwaltungsreform-Diskussion anstoßen.

Zum passiven Wahlrecht in der Wirtschaftskammer ein vielleicht wichtiger Hinweis: Man hat sich hier ein bißchen berühmt, es sei dort besser, weil dort immerhin auf den EWR und auf die Europäische Union Bedacht genommen worden sei. Aber wissen Sie auch, wie es sich mit der Gegenseitigkeitsregelung in Ihrem Gesetz, das Sie so rühmen, verhält, nämlich mit der Gegen­seitigkeit im passiven Wahlrecht in der Wirtschaftskammer? Wissen Sie, wer über diejenigen entscheidet, die in der Wirtschaftskammer passiv wahlberechtigt sind? – Der Vorstand! Der Vorstand der Bundeskammer stellt mit Beschluß fest, mit welchen Staaten Gegenseitigkeit besteht. Das heißt, der Vorstand setzt in diesem Fall – das hat Kollege Feurstein vielleicht im Auge gehabt – tatsächlich einen hoheitlichen Akt, nämlich indem er Wahlrecht zuerkennt oder nicht. Das ist im rechtsstaatlichen Sinn sehr, sehr grenzwertig. Ich bitte Sie, genau zu überlegen, ob Sie da nicht etwas überzogen haben! (Beifall beim Liberalen Forum und des Abg. Öllinger.)

Das passive Wahlrecht darf nicht von der Agenda genommen werden. Denn die Verknüpfung der gesetzlich verpflichtenden Mitgliedschaft mit den Mitwirkungsrechten ist unauflösbar. Wenn Sie nicht allen Ihren Mitgliedern die gleichen aktiven und passiven Wahlrechte geben, dann stellen Sie sich in Wirklichkeit selbst in Frage. Und wenn Sie das nicht bemerken, dann haben Sie in dem Fall offenbar ein gestörtes Verhältnis zum demokratiepolitischen Gesichtspunkt dieser Sache.

Das ist auch nicht weiter überraschend. Schlagen Sie einmal das Wirtschaftskammergesetz auf, und lesen Sie den § 25 oder wenigstens dessen Überschrift! Dieser Paragraph nennt sich „Voll­versammlung“. Da würde man vermuten, daß es sich um die Versammlung aller Mitglieder handelt. Aber so ist es überhaupt nicht, sondern damit ist eine Funktionärsversammlung gemeint! Und in einem Gesetz, in dem eine Funktionärsversammlung als „Vollversammlung“ bezeichnet wird, ist bis zur Wurzel hinunter der demokratiepolitische Wurm drinnen. Mit dieser Bezeichnung entlarven Sie alles!

Wenn Sie glauben, daß die Präsidenten, die Sektionsleiter, der Vorsitzende des Finanz­ausschusses, der Kurator des Wirtschaftsförderungsinstitutes und einige von den Wählergrup­pen entsandte Mitglieder – das ist wahrscheinlich ohnedies schon eine unangenehme Konzes­sion, daß man da noch ein paar Leute dabeihaben muß – zusammen als „Vollversammlung“ zu bezeichnen sind, dann ist über Ihr Demokratieverständnis alles gesagt. Denn unter einer Voll­versammlung würde man die Versammlung aller Mitglieder verstehen.

Kollegin Fekter hat – bezogen auf die Bundesebene – gefragt: Wollen Sie, daß sich alle 300 000 versammeln können? – Ich habe Sie darauf aufmerksam gemacht, daß Sie gar keine 300 000 Mitglieder haben, sondern nur 300 000 Gewerbescheine. Außerdem war das gar nicht der An­spruch, denn erstens geht es dabei um die Länderebene, und zweitens ist es ein Etiketten­schwindel sondergleichen.

Ich habe schon im Ausschuß gesagt, daß ich hier keinen Abänderungsantrag stelle, weil mir das wirklich nicht der Mühe wert ist. Aber wie ich bemerkt habe, stellen auch Sie heute keinen Abänderungsantrag. Das heißt: Obwohl wir Sie ausdrücklich darauf hingewiesen haben, daß eine Vollversammlung, die eine reine Funktionärsversammlung ist, demokratiepolitisch ein Offenbarungseid ist, finden Sie es nicht der Mühe wert, wenigstens diesen mehr als nur sprachlichen Schönheitsfehler zu beheben.

In diesem Sinne meine ich, Ihnen noch einmal folgendes für den Fall sagen zu müssen, daß Sie nicht damit anfangen, im Bereich der Wirtschaftskammer eine tiefgreifende innere Struktur­reform durchzuführen. Kollege Maderthaner hat hier gesagt: Wir haben 920 Millionen Schilling weniger an Einnahmen, und das haben wir erspart. Damit haben Sie uns gesagt, in welche Richtung man argumentieren muß. Man muß Ihnen die Einnahmen kürzen, dann fangen Sie zu sparen an, denn von selbst tun Sie das offenbar nicht. Sie leben anscheinend nach dem Motto: Was wir einnehmen, müssen wir auch ausgeben.

Das ist keine gute Philosophie für eine Wirtschaftsvertretung. Die wäre nämlich jetzt schon berechtigt, weniger auszugeben, als sie einnimmt, und mehr Geld in die produktiven Bereiche zu investieren. Sie könnte zum Beispiel von sich aus sagen: Wir haben ein Gesamtbudget von 8,4 Milliarden Schilling im Jahr. 1 Milliarde davon widmen wir der Förderung von Lehrlingen, im nächsten Jahr eine zweite und im übernächsten Jahr noch eine. Überhaupt werden wir uns bemühen, innerhalb von vier Jahren von 8,4 Milliarden auf 5 Milliarden Schilling herunter zu kommen.

Das wären Aussagen, die ich mir von einer effizienten Wirtschaftsvertretung erwarten würde – mit oder ohne gesetzliche Mitgliedschaft. Glauben Sie mir, daran hängt nicht mein Herzblut! Mein Herzblut hängt an der Nichtmöglichkeit der Mitwirkung an ihrer Ausgabengestaltung durch die Mitglieder, weil Sie sich die Beiträge über Gesetze holen. Die Mitgliedschaft selbst ist nicht das Problem, sondern der unvernünftige, teilweise unredliche und teilweise schädliche Ge­brauch, den Sie von dem Geld machen. Das ist das eigentliche Übel.

In diesem Falle – ich sage das, obwohl ich nicht der Ex-offo-Verteidiger der Arbeiterkammer bin – könnten Sie von Ihren Kollegen in der Arbeiterkammer vielleicht ein bißchen lernen. Dort haben sie auch ihre Probleme, aber in dieser Hinsicht sind sie ein bißchen straffer organisiert. Es ist dort nur merkwürdig, daß wir zwei gleich starke Organisationen nebeneinander haben, ÖGB und AK, Verein und durch Gesetz geregelte Organisation. (Abg. Nürnberger: Was ist daran merkwürdig?) Das würde nach einer tiefgreifenden Reform rufen. Ich sage nicht, mit welchem Ergebnis, aber das würde nach einer tiefgreifenden Reform rufen. (Abg. Verzetnitsch: Wo ist das Problem?)

Das Problem ist, daß sich dort letztlich ein merkwürdiges Wechselspiel ergibt. Selbst­verständ­lich brauchen Sie das, weil Sie zwei Rote brauchen, damit Sie gegen zwei schwarze Sozial­partner den Proporz halten können. (Abg. Koppler: Aber geh!) Aus anderen Gründen hätte das relativ wenig Sinn. (Abg. Nürnberger – die Hände zusammenschlagend –: Na!) Daß mir die Gewerkschaften sympathischer sind, nämlich vom Grundsatz der freiwilligen Organi­sation her sympathischer sind, das bestreite ich keine Sekunde. Aber ich meine, daß sich die Synergie zwischen diesen beiden Organisationen beliebig verbessern ließe. (Abg. Verzetnitsch: Sie verbessern sie ja auch!)

Zum Beispiel ließe sich die Gewerkschaft dabei auch demokratisieren. Allerdings ist das ihr eigenes Problem, weil sie ein Verein ist und es selbst machen muß. Aber zeigen Sie mir einmal, wo in der Gewerkschaft die Mitglieder jemals gewählt haben! (Abg. Verzetnitsch: Laufend! – Abg. Nürnberger: Laufend!) Zeigen Sie mir das, zeigen Sie mir, wo man als gewöhnliches Gewerkschaftsmitglied einmal wählen kann! Zeigen Sie mir das! (Abg. Grabner: Sie haben überhaupt keine Ahnung! – Abg. Verzetnitsch: Laufend!) Ich bin seit 1978 gewerkschaftlich organisiert, aber ich bin noch zu keiner einzigen Wahl eingeladen worden. Zu keiner einzigen Wahl! Wenn Sie mir die Betriebsratswahlen vorhalten, dann sage ich Ihnen: Dazu muß ich nicht Gewerkschaftsmitglied sein. Das hat eine andere Rechtsgrundlage. Wenn Sie indirekte Wahl­verfahren anwenden, dann seien Sie bescheidener in Ihrer Kritik in anderen Bereichen.

In der Arbeiterkammer haben Sie die Wahlrechte – mit Ausnahme des passiven Wahlrechtes – vorbildlich reformiert. Das habe ich heute schon gesagt. Seien Sie nicht so wehleidig, wenn dann einmal ein wunder Punkt zur Sprache kommt! (Abg. Edler: Das ist kein wunder Punkt! Wenn Sie nicht zu Versammlungen gehen ...!) Das ist ein demokratiepolitisches Defizit, und nur die Geduld Ihrer Gewerkschaftsmitglieder erlaubt es Ihnen, das so zu machen. Daher bitte ich Sie: Nehmen Sie das nicht als bösartig, und sagen Sie nicht immer sofort pfui. Denken Sie lieber nach, ob nicht doch etwas dran ist. Denn irgendwann einmal könnte Ihnen die Verdrossenheit Ihrer Mitglieder im Gewerkschaftsbund auf den Kopf fallen. Dort kann man nämlich austreten. Die Statistiken der Mitgliederzahlen sind nicht beruhigend; mir selbst ist das allerdings gleich­gültig. (Zwischenruf des Abg. Edler.) Meine Hauptsorge ist das nicht, aber Sie sollten sich darüber den Kopf zerbrechen.

Daher sage ich Ihnen: Diese Seite hat im Kammerbereich einen Vorsprung, aber im Bereich der freiwilligen Organisation hat sie hochgradigen Reformbedarf. Es war mir aus ganzheitlichen Gründen wichtig, das hier erwähnt zu haben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.29


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.29


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau und Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Normalerweise braucht man auf die Ausführungen der Vorredner nicht so sehr einzugehen. Aber was heute von den Liberalen – besonders vom Abgeordneten Peter – vorgebracht worden ist, erfordert sicherlich, sich ganz kurz den Liberalen zuzuwenden. (Abg. Dr. Trinkl: Dem „Schwarzen Peter“!)

Es ist schon klar, daß Sie sich aus einem falsch verstandenen Liberalismus gegen die Kammer aussprechen. Sie hängen auch in der Wirtschaft jenen eigentlich schon überholt geglaubten Grundsätzen der zügellosen Freiheit an. Nicht umsonst war ein Wirtschaftssystem, das auf der sozialen Marktwirtschaft basiert, bisher immerhin das weltweit erfolgreichste System. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Nürnberger.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Liberalen! Manchester-Liberalismus oder ein veralteter Paläoliberalismus löst nur die Probleme von wenigen. Daß wir von der Kammer als Interessenvertreter insbesondere der Klein- und Mittelbetriebe Ihnen dabei im Wege stehen, ist mir klar. Darüber brauche ich gar nicht mehr zu diskutieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! 1849 wurde in Wien als Resultat der März-Revo­lution von 1848 – also vor 150 Jahren – die erste Handelskammer auf österreichischem Boden nach Vorbildern aus dem französischen Raum gegründet. Schon diese Kammer war von zwei wesentlichen Elementen geprägt: der obligatorischen Mitgliedschaft und dem Interessenaus­gleich. 1868, also vor genau 130 Jahren, wurde erstmals ein definitives Kammergesetz be­schlossen, das ebenfalls von der Interessenvertretung aller Branchen ausging.

Jetzt, im Jahr 1998, liegt – dafür möchte ich dem Bundesminister besonders danken – ein über­arbeitetes Wirtschaftskammergesetz zur Abstimmung vor, das den Gedanken der Selbst­verwaltung als Organisationsform der Arbeit von Unternehmern für Unternehmer stärkt. Herr Kollege Kier! Das dürften Sie bis jetzt noch nicht verstanden haben, sonst könnten Ihre Ausfüh­rungen nie in diese Richtung gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Maderthaner hat darauf hingewiesen, daß es sich um eine moderne, flexible, anpas­sungsfähige, aber auch schlanke Organisation handelt. Ich darf Ihnen dazu einige Schlagworte sagen. Wenn Sie das Gesetz gelesen haben, dann müßten Sie wissen, daß eine Übertragung von Kompetenzen des Wirtschaftsministeriums an die Kammerorganisation stattfindet, daß eine Überarbeitung des Fachgruppenkataloges vorgenommen wird, daß eine Verankerung von Arbeitsgemeinschaften enthalten ist, sodaß Querschnittsmaterien bearbeitet werden können, und daß mehr Delegierungen erfolgen. Sie müßten also wissen, daß die Erlassung von Rah­mengeschäftsordnungen möglich ist und daß es zu einer Verringerung der Zahl der Organe sowie zu deren Verkleinerung kommt. (Abg. Dr. Stummvoll: Das hat er alles ignoriert!) Das alles ignorieren Sie, das wissen Sie nicht! Sie dürften also das Kammergesetz tatsächlich nicht gelesen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Im Vorfeld dieser Parlamentsdebatte im Ausschuß, aber auch heute wurde mehrmals versucht, die Kammern in ein schiefes Licht zu rücken. (Abg. Dr. Kier: Nicht alle!) Zu hohe Kosten für die Organisationsstruktur, das haben genau Sie gesagt, Herr Kollege! Erst vor einer oder zwei Minuten haben Sie gesagt, die 8,7 Milliarden Schilling seien zuviel. Darf ich Ihnen einmal genaue Zahlen sagen, damit Sie wissen, worüber Sie reden, Herr Kollege Kier? (Abg. Dr. Kier: Lesen Sie den Rechnungshofbericht!)

Die 8,7 Milliarden Schilling stimmen, nur: Wissen Sie, wie diese sich zusammensetzen? – Wir haben 1,6 Milliarden Schilling für die Außenhandelsorganisation. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.) Herr Kollege Kier! Wir haben 1,9 Milliarden Schilling für die Fachgruppen und Fachverbände. Das sind lauter Beträge, die die Unternehmer selbst festlegen. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn der Unternehmer null sagt, dann würde es null sein. Auch wenn der Fachverband null sagt, würde es null sein. (Abg. Dr. Kier verläßt seinen Sitz und geht in Richtung Ausgang.)

Sie brauchen nicht hinauszugehen, weil ich Ihnen nachweise, worüber Sie Blödsinn daherreden! (Rufe bei der ÖVP – in Richtung des Abg. Dr. Kier –: Zuhören!) Herr Kollege Kier! Wissen Sie, daß das Budget für die gesamte Wirtschaftskammer Österreich 751 Millionen Schilling aus­macht? Wissen Sie, daß der Rest in den einzelnen Landeskammern ist? Wissen Sie, daß sich ein Drittel dieses Budgets auf das Wifi bezieht, daß ein Drittel der Beträge die Kosten des Wifi sind? (Abg. Dr. Kier: Warum zahlen Sie dann Ihre Schulden nicht zurück?)

Sie wollen die Bildungseinrichtungen abschaffen! Sie wollen, daß sie nicht mehr existieren, weil Sie sagen: Da gehört das Geld weg, es gehört halbiert! (Abg. Dr. Kier: Ich habe „abschaffen“ gesagt?) Sie haben gesagt, die Hälfte des Budgets gehört weg. Ein Drittel ist Wifi! Darf ich Ihnen das noch einmal sagen: Ein Drittel ist Wifi, bitte, begreifen Sie es endlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Einige Worte noch zur Außenhandelsorganisation: Dort wurde in den letzten Jahren von 2 Milliarden auf 1,6 Milliarden Schilling eingespart. (Abg. Dr. Kier: Haben Sie die Pensions­rücklagen vergessen?) Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kier! Jetzt frage ich Sie als Liberalen: Wollen Sie diese Außenhandelsorganisation dem Staat übertragen? (Abg. Dr. Kier: Nein! – Abg. Dr. Gredler: Nein!) Glauben Sie nicht, daß die Selbstverwaltung mehr bringt? Wollen Sie, daß es doppelt soviel kostet? – Das wissen Sie genausogut wie wir, Herr Kollege Kier! Es kann doch nicht liberales Gedankengut sein und muß Ihrem Selbstverständnis zuwiderlaufen, daß Sie eine gut arbeitende Organisation in eine andere Richtung treiben. Das kann doch nicht wahr sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wichtig ist – das beweisen viele Untersuchungen –, daß die gebündelte Interessenvertretung den Unternehmen auf Dauer wesentlich billiger kommt als jede andere Organisationsform, freiwillige Mitgliedschaften, wie sie der Abgeordnete Peter haben will, und alle bunten Vögel, die sich auf diesem Markt herumschlagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kiss: Kier ist schon ein Nervenbündel!)

Eine kleine Bemerkung noch zu einem Punkt, der immer wieder vorgebracht wird – von den Freiheitlichen im Ausschuß und jetzt hier von den Liberalen –, nämlich zur Unvereinbarkeit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sie hier von den Freiheitlichen, den Liberalen und den Grünen sitzen! Die Grünen vertreten keine Interessen der Grünen? Die Liberalen vertreten keine liberalen Interessen? Und wenn Herr Peter sagt, daß er als ÖHV-Präsident sich das leisten kann: Ist er dann kein Interessenvertreter mehr? Oder in welcher Funktion kommt er dann hierher? Ist er jetzt kompatibel oder nicht kompatibel? – Ich weiß es nicht. (Abg. Dr. Stummvoll: Kier weiß es auch nicht!) Bitte klären Sie das einmal in Ihren eigenen Reihen ab, aber nicht in anderer Form! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihre Ansicht ist wirklich nur eine sehr enge Sicht der Dinge. Da verengt sich der liberale und der freiheitliche Blick auf einmal zur Breite von ganz, ganz kleinen Sehschlitzen. Das ist es, was übrigbleibt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haiger­moser: Du sitzt in einem Glashaus!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke und bin fest davon überzeugt, daß ohne eingeengtes Blickfeld und ohne diese Sehschlitze, die Sie ja noch offen haben, bei objektiver Betrachtungsweise ein modernes Kammerrecht, wie wir es heute geschaffen haben (Abg. Kiss: Kier ist jetzt ein Nervenbündel! Schau ihn an!), die Interessenvertretung der Wirtschaft – das, was die Unternehmer wollen und was sie mit 82 Prozent bestätigt haben – entsprechend würdigt und in die richtige Richtung bringt! (Beifall bei der ÖVP.)

13.37


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kier gemeldet. Die Bestimmungen der Geschäftsordnung sind bekannt. – Bitte.

13.37


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Kollege Puttinger hat hier die Behauptung aufgestellt, daß ich die Außenhandelsorganisation gerne in die Hände des Staates legen möchte. – Das ist tatsächlich unrichtig. (Abg. Dr. Stummvoll: Was wollen Sie denn? Sagen Sie, was Sie wollen!)

Erstens habe ich mich in meiner Rede überhaupt nicht mit der Außenhandelsorganisation beschäftigt, und zweitens hielte ich es im übrigen für einen schweren Fehler, sie dem Staat zu überantworten. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist keine Berichtigung! – Abg. Mag. Steindl: Wo ist die Berichtigung?)

Ich sage nur, daß es tatsächlich unrichtig und wahrheitswidrig ist. Es ist bewußt wahrheits­widrig! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Stummvoll: Was war das jetzt? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.38


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hof­mann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.38


Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Puttinger dürfte das neue Wirtschaftskammergesetz offensichtlich doch nicht so gut kennen. Wie sonst könnte er hinsichtlich der Finanzen solche Worte gebrauchen?

Ich verweise zum Beispiel auf § 65, Delegierung. Aufgrund der Unsicherheiten – der sich ändernden Mehrheitsverhältnisse, der sich ändernden Stärke der wahlwerbenden Gruppen – haben Sie es als notwendig erachtet, beispielsweise die bisherige Vierfünftelmehrheit der Dele­gierung auf eine Zweidrittelmehrheit zu ändern. Das sind Ihre Minderheitsrechte!

Kollege Puttinger! Wenn es um Interessenkollisionen, um die Unvereinbarkeit geht, haben Sie, wie es scheint, ein sehr, sehr kurzes Gedächtnis. Wie sieht es denn mit jener Resolution aus, die von der Kammer beschlossen wurde und an den Nationalrat sowie an die Bundesregierung gerichtet war – Anpassung der Mehrwertsteuer und ähnliche Forderungen waren darin ent­halten, federführend Generalsekretär Stummvoll und Präsident Maderthaner –, die Sie aber für den ÖVP-Wirtschaftsbund nicht eingebracht haben? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Freiheitlichen waren es, die diese Resolution eingebracht haben! Wir haben aber dazu­gesagt: Das ist nicht die Idee der Freiheitlichen, obwohl wir sie für gut halten. Wir erachten sie für gut und richtig, aber wir haben uns dafür kein Federchen an den Hut gesteckt. Sie haben das mit dem Vorwurf, daß die Freiheitlichen populistisch seien, abgelehnt: Ihre eigene Resolution der Bundeswirtschaftskammer!

Oder wie war es denn, als sich Herr Präsident Maderthaner und der Wirtschaftsbund bei der Abschaffung der Getränkesteuer stark gemacht haben? – Gerade Sie, Herr Kollege Puttinger, müßten das wissen! Was war denn damit? – Da lassen Sie Zigtausende Konsumenten, Gäste unterschreiben und sagen, wir, der Wirtschaftsbund, werfen uns auf die Schienen, daß diese unsinnige Getränkesteuer abgeschafft wird. (Abg. Dr. Puttinger: Daß ihr die Texte immer nur hundertprozentig abschreibt!)

Was machen Sie denn tatsächlich? Wie ist denn das Abstimmungsverhalten von Kollegen Maderthaner und von Kollegen Stummvoll hier in diesem Hause, wenn es zwickt und die Interessen der Gewerbetreibenden aufgrund Ihres Klubzwangs nicht vertreten werden können? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puttinger: Dann sagen Sie dazu, daß ihr 100 Milliar­den im selben Paket gefordert habt!)

Ich muß Ihnen sagen: Beschämend war die Rede des Präsidenten Maderthaner, der kritisiert hat, die Opposition könne nichts anderes, als Kritik zu üben. (Abg. Dr. Stummvoll: Tun Sie nicht schulmeistern!)

Herr Kollege Haigermoser hat Fakten aufgezählt, wo es eckt und wo es sich spießt, während sich Herr Präsident Maderthaner hergestellt und nichts anderes als Allgemeinplätze angeschnit­ten hat, und zwar hat er angekündigt, er wird die Vorteile des neuen Wirtschaftskammer­geset­zes aufzeigen. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) – Tatsache ist, er hat sich dies­bezüglich verschwiegen und hat Allgemeinplätze eingenommen. (Abg. Dr. Stummvoll: Man kann auch viel reden und nichts sagen!)

Dann nenne ich einmal das, was Sie, Herr Generalsekretär Stummvoll, im Wirtschaftsausschuß angesprochen haben, und zwar unter anderem die Vorteile, die Sie genannt haben: die schlankere Struktur der Kammer. Ist das die schlankere Struktur, wenn die Zahl der über 1 000 Gebietskörperschaften öffentlichen Rechts nicht reduziert wurde? (Abg. Dr. Stummvoll: Gebietskörperschaft sind wir keine!) Wofür brauchen wir Sektionen? – Sie haben nicht daran gedacht, diese Ebene total abzuschaffen! (Abg. Dr. Stummvoll: Gegen den Willen der Mit­glieder?! – Abg. Dr. Puttinger: Gegen den Willen der Mitglieder werden wir das nicht machen!) – Dafür ist kein Bedarf vorhanden!

Tatsache ist – angesichts der Bürokratie, die fröhliche Urständ feiert, Herr Puttinger –: Sie haben es verstanden, aus 108 Paragraphen des alten Handelskammergesetzes 150 Para­graphen mit zum Teil weniger Klarheit als vorher zu schaffen. – Das ist eine Tatsache! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben vor allem eines verwechselt, und zwar die Begriffe „Bürokratie“ und „Demokratie“. Bürokratieabbau, haben Sie gesagt. Tatsächlich betreiben Sie mit diesem Wahlrecht, das Sie mit diesem Wirtschaftskammergesetz einführen, den Abbau der Demokratie. Kollege Haiger­moser hat das Problem der Unterstützungsunterschriften angeführt. Es ist demokratiepolitisch bedenklich, was sich jetzt bei dieser Ausübung des gleichen, des geheimen und persönlichen Wahlrechts abspielt, sehr geehrte Damen und Herren!

Frau Bundesministerin Hostasch! Abschließend sei gesagt: Der Dank an das Hohe Haus, daß diese beiden Gesetze gemeinsam behandelt werden, ist überflüssig. Wenn Sie wollen, bedanken Sie sich bei der ÖVP – das ist aber wahrscheinlich auch nicht notwendig. Dann muß sich Herr Bundesminister Farnleitner bei der SPÖ bedanken, daß man derartige Gesetze, die demokratiefeindlich sind, beschließt. Sie gemeinsam machen es in trauter Zweisamkeit möglich. – Ich wünsche Ihnen dabei viel „Glück“, unsere Unterstützung bekommen Sie dazu nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.44


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kauf­mann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.44


Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Das AK-Gesetz 1992 hat der AK Reformmöglichkeiten eingeräumt, und die Arbeiterkammer hat diese Reformmöglichkeiten genützt. Die Arbeiterkammern sind heute Einrichtungen, die weithin akzeptiert sind. Es sind Interessenvertretungen. Das Fach­wissen dieser Interessenvertretung und die Beiträge dieser Interessenvertretung werden allge­mein akzeptiert und auch beachtet und finden auch Eingang in viele Gesetze, Verordnungen et cetera.

Wir sind darüber hinaus Dienstleistungsbetriebe geworden, die tatsächlich Hunderttausende österreichische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beraten, für sie intervenieren, die sie bei Gericht oder bei Behörden vertreten und die für diese Arbeitnehmer tatsächlich wieder Milliar­denbeträge zurückgewinnen, die sie ohne Arbeiterkammern und ohne Gewerkschaft nicht bekommen hätten. – Das ist der große Wert der Arbeiterkammer. Diese Akzeptanz ist auch in der Mitgliederbefragung, die immerhin eine 70prozentige Beteiligung und eine 90prozentige Zustimmung ergeben hat, eindeutig nachgewiesen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir arbeiten in den Arbeiterkammern ununterbrochen daran, diese Akzeptanz auch tatsächlich zu erhalten und in den Köpfen der Mitglieder als notwendige Institutionen akzeptiert zu bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Novelle, die heute zur Diskussion steht, betrifft im wesentlichen das Wahlrecht zur Arbeiterkammer, und ich will nur drei Anmerkungen dazu machen.

Erstens einmal: Es geht prinzipiell darum, daß die Ausübung des Wahlrechts für den einzelnen leichter wird. Es geht also darum, daß insbesondere im Betrieb, in einem Betriebssprengel ge­wählt werden kann. Jener, der nicht in einem Betriebssprengel wählt, hat die Möglichkeit der Briefwahl.

Zweiter Punkt betreffend die drei Wochen. Es ist die gesamte Wahldauer natürlich auf drei Wochen ausgedehnt, aber dies bedeutet ja nicht, daß in einem Betrieb drei Wochen lang gewählt wird! (Abg. Dolinschek: Die Möglichkeit besteht!)

Liebe Kolleginnen von der FPÖ, insbesondere liebe Arbeiterkammerfunktionäre! Wenn wir diese Frist von drei Wochen verkürzen würden, würden wir pro Tag so viele Wahlsprengel haben, daß insbesondere ihr die einzelnen Sprengelwahlkommissionen überhaupt nicht beschicken könnt. Das heißt, in je weniger Sprengeln pro Tag gewählt wird – das bedeutet eben die Ausdehnung auf drei Wochen –, umso leichter fällt es insbesondere den kleinen wahlwerbenden Gruppen, tatsächlich in den Kommissionen mit vertreten zu sein.

Dritte Anmerkung zum passiven Wahlrecht: Bezüglich passives Wahlrecht vertrete ich rechtlich die gleiche Auffassung, die Kollege Feurstein hier vertreten hat, inhaltlich muß ich aber dazu­sagen, daß sowohl die sozialdemokratische Fraktion als auch die Frau Ministerin und auch die meisten Arbeiterkammern tatsächlich für das passive Wahlrecht der Ausländer eingetreten sind. Nur werden sich die Arbeiterkammern – wohl oder übel – auch nach dem richten, was hier im Hohen Haus beschlossen wird.

Nächster Punkt, zum System schlechthin: Ich glaube, daß die Zeit einer totalen neoliberalen Wirtschaftsgesinnung vorbei ist, daß die Zeit einer Ellbogengesellschaft langsam vorbeigeht und daß es wieder modern wird, ein kooperatives Wirtschaftssystem zu leben. Wir haben hier in Österreich dadurch die beste Form solcher kooperativer Wirtschaftssysteme, daß gesetzliche Einrichtungen, nämlich die Kammern, mit freiwilligen Einrichtungen – auf unserer Seite die Gewerkschaft, auf der Handelskammerseite die Industriellenvereinigung und, und, und – zusammenarbeiten. Das System lebt daher aufgrund der Dualität von gesetzlichen Einrich­tungen und freiwilligen Einrichtungen, und das soll auch in Zukunft so bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, daß ansonsten tatsächlich die Gefahr bestünde – Kollege Nußbaumer hat das im Wirtschaftsausschuß relativ genau analysiert –, daß sich in den großen Bürokratien der EU gegenüber et cetera nur mehr die Industrien, die Banken, die großen Versicherungen darstellen können (Abg. Haigermoser: Das ist richtig!) und daß die Kleinen, die Gewerbetreibenden, die Arbeitnehmer, die Bauern, auf der Strecke bleiben. (Abg. Haigermoser: Aber das ist jetzt der Fall! Das ist aber der Fall mit dem derzeitigen System, Herr Kollege Kaufmann!)

Damit das nicht der Fall ist, brauchen wir die Kammern, denn nur durch die gesetzliche Veran­kerung der Interessen der Kleinen in den Kammern ist deren Mitsprache auch besser gewährleistet, als wenn das nicht der Fall wäre. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser.) – Ja eben, weil die Wirtschaftskammer eben auch andere Interessen als die der IV vertritt! Gott sei Dank, so soll es sein! Das kann sie nur, weil sie eben eine gesetzliche Mitgliedschaft hat!

Letzter Punkt – Kollege Gaugg ist jetzt nicht hier –: Er hat wieder die übliche Kammer­beschimpfung von sich gegeben. Ich kann dazu nur berichten: In der Arbeiterkammer ist auch eine erhebliche Anzahl von freiheitlichen Arbeitnehmern mit vertreten, und diese freiheitlichen Arbeitnehmer arbeiten in der Regel in den Gremien sehr konstruktiv und offensiv mit. Sie loben üblicherweise auch die Arbeiterkammer in allen Instanzen über den grünen Klee!

Ich würde bitten, daß man hier im Parlament nicht anders redet als in den Körperschaften der Arbeiterkammer, in denen nämlich die gleichen Funktionäre nur Lob für diese Institutionen finden und den Wert dieser Institutionen herausstreichen. Also wenn das richtig ist, dann bitte ich, das auch hier zu sagen und nicht Populismus zu betreiben.

Abschließend: Die Zeiten eines Rechbergers, wie sie Kollege Gaugg angeschnitten hat, sind zum Glück längst vorbei. Wir sind moderne Einrichtungen geworden – Einrichtungen, die sich ununterbrochen um Effizienz, um die beste Vertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bemühen.

Wir leben im System der Kooperation von freiwilligen und gesetzlichen Interessenvertretungen, sprich – das ist auch im Gesetz verankert – im System der Kooperation von ÖGB und Arbeiter­kammer. Dieses funktionierende System bringt für die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ungeheuer viele Vorteile. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.51


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Nuß­baumer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.51


Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Ich darf zunächst und einleitend, Frau Minister Hostasch, auf Ihre Worte zurückkom­men. Sie haben von modernen und demokratischen Kammergesetzen gesprochen, und Sie sagten, es sei gut, daß beide Gesetze gemeinsam diskutiert werden. Frau Bundesminister! Bei allem Respekt, entscheidend ist natürlich nicht, ob diese beiden Gesetze gemeinsam diskutiert werden, entscheidend ist, ob sie gut sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Problem der Modernität wurde schon mehrfach angesprochen: Modern wäre schlanker, wäre schneller und nicht so aufwendig in der Organisationsstruktur, wie es beispielsweise der Rechnungshof kritisiert hat, und demokratisch wäre eine Kammer ohne Pflichtmitgliedschaft. – Das muß man immer wieder emotionslos betonen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Pflichtmitgliedschaft ist daher einer von drei Bereichen, die ich ansprechen will, die mir eigentlich die Zustimmung zu diesen Gesetzen unmöglich machen.

Erster Bereich: die Pflichtmitgliedschaft. Sie ist nicht zeitgemäß, sie ist alt, sie ist fortschritts­hindernd. Die Pflichtmitgliedschaft hindert die Wirtschaftskammer, beispielsweise Mitglied der UNICE in Brüssel zu werden. Das ist oder wäre Österreichs Vertretung der Klein- und Mittelbetriebe, und sie ist nicht existent. (Abg. Tichy-Schreder: Herr Kollege! Das hat bereits der Minister im Ausschuß gesagt, daß das nicht stimmt! Das ist ja nicht wahr!)

Ich habe mich noch einmal vergewissert: Die Sozialpartner auf der EU-Ebene sind der Euro­päische Gewerkschaftsbund und die UNICE, und in der UNICE ist die Bundeswirt­schafts­kammer als Mitglied nicht vertreten, sondern ausschließlich die Industriellenvereinigung. Vereini­gungen mit Pflichtmitgliedschaften haben statutengemäß keinen Zugang zur UNICE und sind auch nicht EU-konform. EU-konform ist die Finanzierung, das wurde festgestellt. (Abg. Tichy-Schreder: Es gibt Veränderungen im Rahmen Europas! Es gibt Veränderungen im Rahmen Europas!) – Ja, aber bis jetzt hat es sie nicht gegeben, und es gibt sie auch nach wie vor nicht.

Wenn ich schon bei der Finanzierung bin, nenne ich ein kleines Beispiel der nicht sehr klaren Organisation der Wirtschaftskammer in bezug auf die Einhebung der KU 1 und KU 2. Nach wie vor erhalten die Finanzlandesdirektionen Provisionen bis zu 4 Prozent. Als Beispiel wird mir Oberösterreich mit 400 Millionen Eingang genannt; davon bekommt die Finanzlandesdirektion als Provision derzeit 3,5 Prozent. Das heißt also, das ist eine Größenordnung, bei der man zumindest einmal hinterfragen muß, warum man für eine Einhebung, die heute automatisch über die EDV geht, 3,5 Prozent verrechnen muß. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tichy-Schreder: Das ist genauso beim Rundfunkbeitrag! Das ist wie bei der Rundfunkgebühr!)

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Außenwirtschaftsorganisation. Diese ist jetzt ausdrücklich im Kammergesetz geregelt, ohne daß eine nähere organisatorische Einglie­derung beschrieben wäre. Ein Milliardenvolumen wird ausschließlich durch das Generalsekre­tariat verwaltet. Ich verstehe schon, daß Sie die Finanzierung der Außenwirtschaftsorganisation ein für allemal sicherstellen wollten, aber dabei haben Sie die Frage der Rechnungshof­prüfungs­kompetenz nicht berührt oder zumindest nicht geklärt. Bis jetzt wurde die Außenwirtschaftsorga­nisation vom Rechnungshof nach der Gesetzmäßigkeit, nach der Zweckmäßigkeit und nach der Wirtschaftlichkeit geprüft. Offensichtlich ist das jetzt nicht mehr so, da die Kammer nicht nach allen drei Prüfungsverfahren vom Rechnungshof geprüft wird.

Drittens möchte ich noch die Verflechtung der Funktion des Präsidenten und des General­sekretärs mit einem politischen Mandat ansprechen. Ich habe das im Ausschuß auch gemacht, es wurde heute schon besprochen. Die Diskussion über die Unvereinbarkeit muß einfach auf­genommen werden – allein schon aufgrund der hoheitlichen Tendenz der Kammerentwicklung.

Ich habe Ihnen im Ausschuß nicht nur die freiheitliche Meinung dazu gesagt. Auch Ihre ÖVP-Kammermandatare in Vorarlberg lehnen eine Verquickung dieser Funktion mit der Politik striktest ab und führen das auch durch – auch mit der Begründung, daß die schwerfällige, nicht eben schlanke, privilegienbehaftete Kammer durch zusätzlichen politischen Einfluß die Vertre­tung der Pflichtmitglieder nicht friktionsfrei und vor allem nicht eindeutig wahrnehmen könne. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unter Eindeutigkeit verstehe ich das Abstimmungsverhalten im Parlament. Es ist wohl unbe­stritten, daß aus erklärlichen Zwängen in einer Vielzahl von Abstimmungsverfahren gegen die Interessen der eigenen Klientel gestimmt wird oder gestimmt werden muß. Ich sehe dies als äußerst problematisch an, vor allem wegen der Häufigkeit solcher Fälle.

Zum Schluß noch zur Bemerkung, die der Rechnungshof gemacht hat: „Die Neuerungen ver­mögen nichts an der aufwendigen Organisationsstruktur der Kammer zu ändern“, hat er fest­gestellt. Sie haben die Chance vertan, durch Straffung einen wirtschaftlichen Einsatz der Mitgliedsbeiträge zu ermöglichen und damit eine rasche Entscheidungsfindung herbeizuführen – ganz zu schweigen von Fällen der Folgekosten, die laut Gesetz vorgeschrieben, aber nicht ausgerechnet sind und dem Hohen Haus vorliegen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.57


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Bundesminister.

13.57


Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner¦: Herr Präsi­dent! Hohes Haus! Geschätzte Kollegen! Ich melde mich zum sozialen Dialog, weil ich mich einmal mehr in diesem Saal mit Herrn Abgeordneten Nußbaumer auseinandersetzen muß, damit er mir einmal zuhört. Ich bitte nochmals, im sozialen Dialog in Europa zwei Dinge auseinanderzuhalten:

Es gibt den seit der Gründung der Europäischen Gemeinschaften, jetzt der Europäischen Union, gebildeten sozialen Dialog des Wirtschafts- und Sozialausschusses, der als Institution respek­tiert wird und hohen Einfluß hat. Wir wissen aus Erfahrung, daß etwa 80 Prozent der gemein­samen Empfehlungen dieser Sozialpartner, in der sehr wohl die Kammern vertreten sind, von der Kommission und den Ministerräten sehr ernst genommen werden. Obwohl darüber nicht jeden Tag in unseren Zeitungen berichtet wird, findet dieser Dialog trotzdem und weiterhin erfolgreich statt.

Der zweite Bereich ist der engere soziale Dialog, in dem drei genannte Sozialpartner, UNICE, CEEP und die ETUC, gemeinsam Empfehlungen abgeben können, die dann Europarecht wer­den können. Dieser engere soziale Dialog hat aus österreichischer Sicht bisher drei eher magere Ergebnisse gebracht. Es geht uns – auch Kollegin Hostasch – darum, daß auch die Organisationen der kleinen und mittleren Unternehmen, die die Hauptverantwortung der Be­schäftigungspolitik in Europa tragen, in diesen sozialen Dialog eingeschaltet werden. Wir haben uns auch für unsere Präsidentschaft vorgenommen, darauf hinzuweisen.

Zu der von Ihnen so gerühmten Organisation, die Sie hervorstreichen: Wie viele andere auch verbringen die meisten ihre Zeit mit Lobbying und Treffen von Experten in Brüssel. Wir sollten daher zurücknehmen und sagen: Der soziale Dialog in Europa muß weiterentwickelt werden! – Aber ich bitte Sie darum, daß es nicht über die jetzt genannten Lobbyorganisationen passiert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Weil ich mehrfach darauf angesprochen worden bin, zum nächsten Punkt: Ich kann aus meiner beruflichen Tätigkeit sagen, es gibt weniger kritische Bevölkerungssubstrate, als es gerade die Unternehmer sind. (Abg. Haigermoser: Das werden sie wohl noch „derfen“! Das werden sie wohl noch „derfen“!) – Hören Sie doch einmal zu!

Ich glaube, gerade dieser so kritische Teil der Bevölkerung sollte, wenn man ihm, wie das mit dem Wirtschaftskammergesetz passiert, in einer Reihe von Dingen noch mehr Selbst­bestim­mung zugesteht, in der Lage sein, zu sagen, wir wollen so viele Organisationen haben oder nicht. – Was nicht passieren kann und was wir aus der Vergangenheit wissen, ist: An die Stelle eines jeden Verbandes, den wir zu meiner Zeit in der Kammer eingespart haben, ist mindestens ein doppelt so teurer freier Verband getreten.

Die Autonomie bedingt, daß die Unternehmer wissen, wofür sie zahlen. Wenn sie damit unzu­frieden sind, dann mögen sie ihre Organisationsstrukturen selbst ändern. Es kann aber nicht Aufgabe der Gesetzgeber sein, zu sagen, so viele Verbände dürft ihr oder dürft ihr nicht haben. Daher ist dieses Gesetz für die Unternehmer – so wie bei manchen Deregulierungen – eine Art Einladung, wenn sie nicht zufrieden sind, die Organisationsstruktur selbst zu ändern, denn dann zahlen sie auch weniger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Haiger­moser: Mit der Delegiertenstimme dann, Herr Minister!)

14.01


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Schwarzböck. 5 Minuten freiwillige Redezeit­beschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser: Wenn der Schuhmacher solche Reifen hätte, würde er letzter werden bei jedem Rennen!)

14.01


Abgeordneter Rudolf Schwarzböck¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Der Beitrag der Kammern und der österreichischen Sozialpartnerschaft zur jahrzehntelangen positiven Entwicklung Öster­reichs, vor allem in der Zweiten Republik, ist wohl unbestritten und wird national und inter­national vielfach gewürdigt. Stabilität und sozialer Frieden sind seit Jahrzehnten ein Marken­zeichen unseres Landes.

Ich habe in den vergangenen 18 Jahren gerade im Bereich der Bauernvertretung unzählige Male erlebt, daß viele Delegationen aus den Reformländern, aus unseren östlichen Nachbarländern zu uns kommen, um sich über das Kammersystem, über die gesetzlich autorisierten Kammern zu informieren. Interessanterweise habe ich erst vorgestern mit der slowenischen Bauern­vertretung darüber gesprochen. 85 Prozent der slowenischen Bauern arbeiten konsequent am Aufbau einer Kammer nach österreichischem Muster und haben mit enormem Widerstand der politischen Parteien und Interessenlagen außerhalb der Landwirtschaft zu kämpfen.

Meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien! Für einen slowenischen Bauernvertre­ter hätte sich aufgrund Ihrer Debattenbeiträge die Situation im Grunde genommen umgedreht. Dort möchte man eine berufliche Selbstbestimmung verwirklichen, aber die Parteien und Regie­renden möchten dies im Hinblick auf das Kräfteverhältnis eher verhindern. Sie als Vertreter des „kleinen“ Mannes, der gegen die Regierungsallmacht und die Macht der großen Koalition auftritt, stellen es so dar, als würde das berufsständische Interesse von Arbeitnehmern, Wirtschafts­treibenden und Bauern geradezu durch die autonome, gesetzlich autorisierte Berufsvertretung untergraben werden. Ich glaube, das geht schon fast ins Komische hinein.

Kein Bereich des politischen Lebens in Österreich ist in den letzten Jahren so intensiv diskutiert, demokratisch hinterfragt und überprüft worden. Meine Damen und Herren! Die Mitglieder­befragungen sind in fast allen wichtigen Kammerbereichen abgeschlossen. Die Rechnungshof­prüfung ist nicht nur gesetzlich vorgegeben, sondern bereits umgesetzt. Die Niederösterreichi­sche Landwirtschaftskammer wird seit fünf Wochen von neun Rechnungshofbeamten geprüft, und zum ersten Mal auch die Landwirtschaftskammer.

Die Unvereinbarkeit von Mandat und Kammerfunktion, die Herr Kollege Nußbaumer soeben hinterfragt hat, wird aus Ihrer Sicht schön langsam zur Persiflage. Herr Kollege Nußbaumer! Ich nenne Ihnen dazu zwei Beispiele. Mich als Mitglied des Parlaments und bäuerlichen Interessen­vertreter beschäftigt seit Jahren – auch in meiner Selbstdefinition – die Frage, ob das vereinbar ist oder nicht. Aber anstatt daß Sie uns vorzeigen, wie konsequent Sie die Meinung vertreten, nachdem Sie jahrelang und jahrzehntelang diese Unvereinbarkeit als Parteilinie ausgegeben haben, haben Sie mit dem jetzt aus dem Nationalrat ausgeschiedenen Kollegen Reichhold ge­nau das Gegenteil bestätigt. Reichhold hat sehr wohl als Abgeordneter des Nationalrates für das Präsidium der Kärntner Landwirtschaftskammer kandidiert und nichts daran gefunden, sich zum Vizepräsidenten wählen zu lassen. Erst mit seinem Eintritt in die Landesregierung hat er die Vizepräsidentschaft zurückgelegt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweites Beispiel: Der Fraktionsführer Ihrer Partei in der Niederösterreichischen Landwirtschafts­kammer, die mir sehr viel bedeutet, hat überhaupt nichts daran gefunden, jahrelang Bundesrat und Fraktionsführer der Freiheitlichen zu sein und der Vollversammlung der Landwirtschafts­kammer anzugehören. Er hat nicht einmal eine Minute darüber nachgedacht, als er vom Bundesrat in den Niederösterreichischen Landtag gewechselt ist, die Kammerfunktion aufzu­geben oder das Mandat nicht anzutreten. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) Wo setzen Sie Ihre politischen Vorhaben um?

Wie oberflächlich, ja geradezu penetrant oberflächlich hier diskutiert wird, hat wieder einmal Kollege Kier bewiesen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sollten nicht immer vorhalten!) Meine Damen und Herren! Kollege Kier hat, weil er sich mit der Argumentation der Wirtschaftskammer schwer­getan hat, hier wörtlich – das ist wahrscheinlich im Protokoll nachlesbar – davon gesprochen, daß es unerträglich sei, wie die Landwirtschaftskammer die Bauern abzocke. Ich habe noch einmal versucht, mit ihm sachlich darüber zu diskutieren, und habe Kollegen Kier unter vier Augen gefragt – ich kann jetzt nicht mehr mit ihm diskutieren, weil es ihn nicht mehr interes­siert –, wie hoch er den Durchschnittsbeitrag eines österreichischen Bauernhofes für die Pflicht­mitgliedschaft in der Kammer einschätzt. Als ich ihn aufforderte, mir eine Zahl zu nennen, hat er gemeint: 10 000 S. Als ich ihm erklärt habe, daß es durchschnittlich 200 S seien, hat er gesagt: Sie haben mich auch mißverstanden! Ich möchte, daß der Staat mehr Beiträge für die Kammer­arbeit leistet. Das heißt also, die Liberalen wollen hinsichtlich der autonomen Kammerge­barung – bei 15 Prozent Eigenmittelaufbringung für unsere Arbeit, weil wir auch hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen haben – eine stärkere Verschiebung zu Lasten des Staates.

Meine Damen und Herren! Ich frage mich, ob Sie noch irgendeinen politisch liberal Interes­sierten finden, der eine derartige Denkungsart ernsthaft nachvollziehen könnte. Ich kann es nicht. Über 90 Prozent aller Befragten haben in klaren demokratischen Abstimmungen ihr Bekenntnis zu dieser Form des Kammerwesens und zur Sozialpartnerschaft abgegeben. Min­destens die Hälfte Ihrer Wähler, Herr Kollege Nußbaumer, muß für die Pflichtmitgliedschaft gestimmt haben, denn in einigen Handelskammern hat die Freiheitliche Partei als wahlwerbende Gruppierung doppelt so viele Stimmen bekommen, wie es Nein-Stimmen zur Pflichtmit­glied­schaft gegeben hat.

Angesichts dessen möchte ich Sie auffordern: Gehen Sie von Ihrer penetranten Ignoranz demokratischer Grundströme in Österreich weg und bringen Sie sich in sachliche Diskussionen über die Säulen der österreichischen Realpolitik ein! (Beifall bei der ÖVP. – Rufe bei den Frei­heitlichen: Na, na!)

14.07


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Blünegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.07


Abgeordneter Anton Blünegger¦ (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das heutige Arbeiterkam­mergesetz, das geändert werden soll, ist für mich ein demokratiepolitischer Rückschritt um ein Jahrhundert, denn wenn man die Wahldauer von zwei Tagen auf drei Wochen ausdehnt, dann, glaube ich, ist das kein Vorteil, sondern ein Rückschritt und demokratiepolitisch sicherlich nicht der richtige Weg.

Es ist heute schon darüber gesprochen worden, wie die Freiheitliche Partei zu der Pflicht­mit­gliedschaft steht. Sie selbst schreiben in der Gesetzesnovelle vor, wann das Mitglied wählen soll. Sie sagen ihm aber nicht einmal den genauen Tag, sondern Sie suchen sich selbst einen Tag aus, wann Sie zu dem Mitglied hingehen wollen. Das ist sicherlich nicht der richtige Weg. Aber Sie hängen sich auf das Ergebnis der Mitgliederbefragung auf, die Sie genau in dieser Art und Weise durchgeführt haben, wie Sie jetzt die neue Wahl durchführen wollen. Sie wollen zum Mitglied hingehen, und Sie wollen das Mitglied beeinflussen; das hat unter anderem auch die Mitgliederbefragung gezeigt.

Kollege Kaufmann hat angeführt, daß es eine über 70 Prozent liegende Wählerbeteiligung gab. Ich möchte ihn berichtigen: Es gab keine 70prozentige Wählerbeteiligung, sondern es waren 66,6 Prozent (Abg. Edler: Und die Länder haben 90 Prozent!), und davon haben 90,6 Prozent die Zustimmung gegeben. Das sind die Tatsachen, Kollege Kaufmann! Aber du als Kam­merfunktionär weißt genauso wie ich als langjähriger Kammerfunktionär, wie diese Mitglieder­befragung über die Bühne gegangen ist.

Diese Mitgliederbefragung war nicht so geheim, wie sie eigentlich hätte sein sollen. Sie sind mit der Urne hingegangen und haben gesagt: Unterschreib nur, nur unterzeichnen! (Abg. Edler: Keine Unterstellungen!) Die Fragestellung selbst kann natürlich demokratiepolitisch folgender­maßen ausgelegt werden: Ich als Arbeitnehmer möchte keine Arbeitnehmervertretung. – Dazu werde ich sagen: No na, selbstverständlich möchte ich eine Arbeitnehmervertretung! Aber ob ich die Pflichtmitgliedschaft haben will oder nicht, das ist aus dieser Befragung nicht hervor­gegangen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Sind die Leute so dumm, Kollege Blünegger?)

Kollege Edler! Schau dir die Eisenbahner an, dann weißt du, wie sehr sie durch die sozial­demokratische Politik, die du vertrittst, benachteiligt sind.

Die Ausdehnung der Wahldauer von zwei Tagen auf drei Wochen ist meiner Meinung nach ein Ergebnis dessen, daß die Mitgliederbefragung zur Pflichtmitgliedschaft so gut ausgegangen ist und die Wahlbeteiligung in Österreich 66,6 Prozent betragen hat.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit diesen beiden Bundesgesetzen, die heute beschlossen werden, dem Bundeswirtschaftskammergesetz und dem Arbeiterkammergesetz, sollte eigentlich die Tradition in Österreich aufrechterhalten bleiben, doch die beiden Parteien betrachten diese Organisationen nicht als die Organisationen ihrer Mitglieder, sondern sie betrachten sie – ich brauche nur in die Runde zu schauen – als politische Erbhöfe von Rot und Schwarz. So schaut auch die derzeitige Situation aus.

Jetzt möchte ich noch auf die Äußerungen des Kollegen Nürnberger betreffend Straffung der Wahl eingehen. Dazu muß ich ihn folgendes fragen: Ist das eine Straffung, wenn man vorher zwei Tage gehabt hat und jetzt drei Wochen dazu braucht? Weiters hat er sich wegen des einheitlichen Arbeitnehmerbegriffes gerühmt. Dazu kann ich ihm nur empfehlen, einmal die Anträge, die die freiheitlichen Arbeitnehmer in der Tiroler Arbeiterkammer im Jahre 1989 gestellt haben, nachzulesen, in denen ein einheitlicher Arbeitnehmerbegriff gefordert wird. Kollege Nürn­berger sollte danach trachten, daß die „Aktion Fairneß“, die die Gewerkschaft gemacht hat, endlich einmal über die Bühne geht, damit es zu einem wirklich einheitlichen Arbeitnehmer­begriff in ganz Österreich kommt. (Abg. Koppler: Die unsere Gewerkschaft gemacht hat!)

Kollege Koppler! Meine Gewerkschaft war auch dabei. Ich selbst habe die „Aktion Fairneß“ unterschrieben. Jetzt warte ich noch darauf, daß von seiten der Bundesregierung die Um­set­zung dieser Aktion endlich einmal in Angriff genommen wird. Aber Rot und Schwarz als Einheitspartei sind sich darüber einig, es nicht zu tun. Das ist Tatsache! (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Ich möchte nun folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Gaugg, Dolinschek, Ing. Meisinger, Blünegger zur Regierungs­vorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird (1154 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (1263 der Beilagen) betreffend grundlegende Reform des Arbeiterkammer-Wahlrechts

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales und Gesundheit wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der eine Novellierung des Arbeiterkammer-Wahlrechtes unter Beach­tung folgender Grundsätze vorsieht.

Erstens: Zusammenlegung der Wahlen in ganz Österreich auf einen Sonntag, möglichst kom­biniert mit einer anderen bundesweiten Wahl;

Zweitens: automatische Zusendung einer Wahlkarte gleichzeitig mit der Information der in der Wählerliste aufgenommenen Wahlberechtigten, die sowohl zur persönlichen Stimmabgabe in einem Wahllokal als auch zur Briefwahl berechtigt;

Drittens: Einrichtung eines Wahllokals in jeder Gemeinde, wo das Stimmrecht mit jeder Wahlkarte wahrgenommen werden kann und

Viertens: Auszählung der Stimmen auf Bezirks- oder Landesebene.“

*****

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Natürlich wären noch sehr viele Punkte zu erwähnen, die direkt im Zusammenhang mit dem Kammergesetz beziehungsweise mit der Vorlage des Kammergesetzes stehen. Es gibt auch diesbezüglich genügend Rechnungs­hof­kritik. Leider ist meine Redezeit schon abgelaufen, und aus Gründen der Solidarität möchte ich daher zu meinem Schlußsatz kommen.

Wir Freiheitlichen werden natürlich dem Arbeiterkammergesetz in dieser Form nicht zustimmen. Wir erwarten uns aber von den Koalitionsparteien, daß sie unserer Aufforderung an die Frau Bundesministerin und unserem Entschließungsantrag zustimmen, damit es in Österreich demo­kratiepolitisch aufwärtsgeht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.14


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ord­nungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kiermaier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minu­ten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.14


Abgeordneter Günter Kiermaier¦ (SPÖ): Herr Präsident! Meine Frauen Bundesministerinnen! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach 52 Jahren ist es bestimmt kein Luxus mehr, wenn man darangeht, ein Gesetz, das durch elf Novellierungen schon etwas unübersichtlich geworden ist, neu zu formulieren und in eine verständliche Fassung zu bringen. Nicht zuletzt sind wir das den Betroffenen schuldig, die mit diesem Gesetzeswerk in der Praxis umgehen müssen. Allerdings wird trotz zahlreicher Neuregelungen an den Grundstrukturen des alten Handelskammergesetzes festgehalten, was ja kein Fehler ist.

Die Reformansätze sind vielleicht nicht gerade spektakulär, aber für die tagtägliche Arbeit in der Kammer wichtig. Die Organisation soll flexibler und anpassungsfähiger werden und kann künftig ihre globalen Aufgaben selbst gestalten. So können zum Beispiel die Sektionen, die den Über­bau über die jeweiligen Innungen und Fachgruppen darstellen, durch den Kammertag um- oder neugestaltet werden. Sie sind im Gesetz nur mehr grundsätzlich vorhanden und werden durch eine vom Kammertag zu beschließende Sektionsordnung festgelegt. Die Fachverbände und Fachgruppen sollen in Zukunft schneller an die neuen wirtschaftlichen Gegebenheiten angepaßt und meiner Meinung nach zahlenmäßig reduziert werden. Allerdings ist das nicht so einfach, wie wir heute schon gehört haben, weil die jeweiligen Fachgruppen und Innungen von sich aus oft wenig Bereitschaft dazu zeigen.

Es ist aber schon ein Vorteil, daß die Anzahl der Organe sowie der Ausschußmitglieder von Fachverbänden und Fachgruppen verringert und daß der überaus schwerfällige Sektionstag zur Gänze abgeschafft wurde.

Neu ist die Aufwertung und gesetzliche Verankerung von Arbeitsgruppen, die gerade in bran­chenübergreifenden Bereichen sehr wichtig sind. Wichtig ist auch die Betonung der föde­ralistischen Struktur der Kammer. Als Vizepräsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich weiß ich das zu schätzen. Es ist nun einmal so, daß die Interessen der Bundesländer aus vieler­lei Gründen verschieden sind. Daß die Bundeskammer als Koordinierungsstelle und als Ver­handlungspartner vor allem für die Sozialpartnerschaft unentbehrlich ist, ist, glaube ich, jedem klar.

Ebenso klar ist auch die Frage der Pflichtmitgliedschaft, meine Damen und Herren. Nicht zuletzt hat dies der mit 82 Prozent überwiegende Teil der Bevölkerung sehr deutlich in seinem Votum bewiesen – entgegen allen anderen Aussagen. Daß es die Opposition anders sieht, ist klar, nur sollte sich das gerade der RFW etwas genauer überlegen. Als Niederösterreicher weiß ich, wovon ich rede. Es wird nämlich mit der Zeit schon allen Betroffenen etwas zuwider – ich möchte mich da sehr vornehm ausdrücken –, wie sich Vertreter dieser Wählergruppe in allen Gremien der Kammer, vom Vizepräsidenten angefangen bis zu den Sektionen, als Sektions­obmann-Stellvertreter kooptieren lassen, im Hause die Rolle der biederen Funktionäre spielen und zur gleichen Zeit dieselbe Kammer in ihren Zeitungen und in der Öffentlichkeit als Zwangs­kammer abkanzeln. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Status, den ich in meiner eigenen Landes­kammer vertrete, ist der, daß wir dort als Opposition oder als kleinere Wählergruppe sehr gut behandelt werden und konstruktiv mitarbeiten können. Ich möchte dieses Klima auch von dieser Stelle aus einmal sehr deutlich positiv erwähnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Ihnen diese Kammer so zuwider ist, daß Sie sie als Zwangskammer und ihre Mitglieder als Zwangsmitglieder beschimpfen, dann nehmen Sie doch endlich die Kooptierungen in dieser Kammer nicht mehr an, dann haben Sie doch endlich einmal den Charakter, meine sehr geehrten Damen und Herren (Beifall bei SPÖ und ÖVP), und ziehen Sie Ihre Funktionäre von dort zurück! Lassen Sie sich keine Aufwandsentschädigungen auszahlen, wenn Sie eine Tätigkeit, die Sie für sinnlos erachten, nicht machen wollen! (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es ist auch sehr interessant, was wir von Kollegen Kaufmann gehört haben, nämlich, daß es in der Landwirtschaft genauso läuft. Sie glauben einfach, Sie können auf jeder Hochzeit anders tanzen, nur wird man Ihnen das auf Dauer nicht mehr abnehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Kollege Hofmann hat einmal mehr die Getränkesteuer angesprochen. Wissen Sie, eines ist schon interessant: Sie spielen sich hier als die großen Abschaffer der Getränkesteuer auf, und in allen Gemeindestuben, in denen Sie sitzen, pochen Sie auf die Erhaltung der Getränkesteuer. So wird das nicht gehen, so können Sie das Volk auf Dauer nicht zum Besten halten! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wirtschaftskammer und die Arbeiterkammer sind die Garanten und Pfeiler des Sozialpartnersystems, jener Sozialpartnerschaft in diesem Lande, die seit dem Krieg Wohlstand, Erfolg und inneren Frieden gebracht hat und in ganz Europa mit größter Achtung und Wertschätzung beurteilt wird – eine Entwicklung, die die Menschen in unserem Lande sehr schätzen. Ich versichere Ihnen, die überwältigende Mehrheit unseres Vol­kes ist daran interessiert, daß dieses System so bleibt. Die Arbeiterkammer und die Wirtschafts­kammer werden auch in Zukunft die Garanten für ein gutes, ruhiges und soziales Klima in diesem Lande sein und leisten damit unserem Volke einen sehr großen Dienst. – Ich danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.20


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.20


Abgeordneter Sigisbert Dolinschek¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Nach dieser Rede von Herrn Kiermaier könnte man fast Weihrauch hier herin­nen aufsteigen sehen. (Zwischenruf des Abg. Koppler.) Fünf Minuten. Ich habe nicht viel Zeit, Herr Koppler; danke für die Erinnerung.

Frau Bundesminister! Sie haben gesagt, Sie sind sehr stolz auf dieses Arbeiterkammergesetz. Das haben Sie im Jahr 1992 auch schon gesagt. Ich kann mich gut daran erinnern. Es ist Ihr gutes Recht, diese Meinung zu haben. Meine Begeisterung hält sich in Grenzen. Das war auch seiner­zeit so. Denn im Prinzip habe ich genau zwei Punkte gefunden, mit denen ich mich identifizieren kann, mit denen ich einverstanden bin, und zwar die Zusammenfassung der drei Wahlkörper zu einem Wahlkörper. Arbeiter, Angestellte und Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe sollen einen Wahlkörper bilden. Das ist völlig in Ordnung. (Abg. Edler: Von den Freiheitlichen gefordert!) Ich habe nicht viel Zeit. Ich habe nur fünf Minuten Zeit, Herr Kollege. Du kannst ja selbst hier eine Rede halten.

Der zweite Punkt ist die Herabsetzung des Wahlalters. Ich könnte mir vorstellen, daß jeder Lehrling, egal, ob er 15 oder noch jünger ist, das Recht erhält, wenn ein Lehrverhältnis besteht, wählen zu gehen, also das aktive Wahlrecht auszuüben. Allerdings muß ich darauf hinweisen, daß es in Kärnten Bestrebungen gab, bei Gemeinderatswahlen das Wahlalter auf das 16. Le­bensjahr zu senken.

Dazu hat das Bundesministerium für Inneres wie folgt Stellung genommen – ich zitiere –: Es besteht Interesse an einer homogenen österreichischen Rechtslage und somit daran, das aktive Wahlrecht für alle Wahlen zu österreichischen Vertretungskörperschaften mit Vollendung des 18. Lebensjahres zu verknüpfen. – Aufgrund dieser Stellungnahme des Bundesministeriums für Inneres ist das dann in Kärnten fallengelassen worden. Ich könnte mich allerdings mit einer Herabsetzung des aktiven Wahlalters durchaus identifizieren, ich hätte nichts dagegen.

Meine Bedenken habe ich schon hinsichtlich der Mitgliederevidenz. Es ist zwar recht und schön, wenn alle wahlwerbenden Gruppen eine Wählerevidenz bekommen. Aber wenn jetzt ein Arbeit­nehmer, der mehrere Jahre lang in einem Bundesland beschäftigt war, in ein anderes Bundes­land zieht, dann dürfte er eigentlich in einem anderen Bundesland nicht wählen, da die Stich­tags­rege­lung zwei Jahre ist. Er wird auch nicht erfaßt. Das ist, glaube ich, noch nicht ganz ausgereift. Aber vielleicht können Sie mir darauf eine Antwort geben.

Was die Verlängerung der Wahlzeit betrifft, läßt Herr Ceausescu herzlich grüßen. Wenn man sich das anschaut, dann merkt man, daß Kontrolle alles ist. Dies hat die Sozialdemokratische Partei im Prinzip so ausgearbeitet, daß sie überall ihre Kontrollen hat. Denn die Verlängerung der Wahlzeit von derzeit zwei Tagen auf bis zu drei Wochen kann durch Beschluß des Vor­standes der jeweiligen Arbeiterkammer erfolgen. Jetzt gibt es natürlich die Möglichkeit, in einem Betrieb einen Tag zu wählen, zwei Tage oder drei Tage, wenn Mehrschichtbetrieb ist, überhaupt nicht in einem Betrieb zu wählen, wenn der Betriebsinhaber nicht einverstanden ist, mehrere Be­triebe zusammenzuziehen. Oder man dehnt es dort, wo rote Funktionäre tätig sind, auf drei Wochen aus.

Auf Leute, die auf Urlaub oder im Krankenstand sind, wird sanft Druck ausgeübt. Das kennen wir von der letzten Arbeiterkammerwahl. Leute, die nicht dabei waren, wurden angerufen, sie mögen zur Wahl gehen.

Mit den unterschiedlichen Modalitäten hinsichtlich der Wahlzeiten kann ich mich ganz einfach nicht identifizieren. Meiner Meinung nach müßte es so sein, daß es einen Wahltag gibt, und zwar sollte es ein Sonntag sein; das ist die einzig gerechte Lösung. Weiters sollte Briefwahl möglich sein, und es sollten auch Wahlkarten ausgestellt werden. Dann braucht die Arbeiter­kammer, eine Institution, die für die Bürger da ist, nur mehr ordentlich zu arbeiten, und dann wird sie auch Zuspruch finden.

Frau Bundesminister! Sie verweisen darauf, daß die Mitgliederbefragung so ein großer Erfolg war. Wenn ich bei einer Mitgliederbefragung jene Frage stelle, die Sie vorher erwähnt haben, und in den Betrieb gehe und jeden einzelnen an seinem Arbeitsplatz befrage, dann wird doch sicher keiner nein sagen. Das ist doch ganz klar. Ähnlich ist es, wenn wir von der FPÖ eine Umfrage machen und die Leute fragen, ob sie für die FPÖ sind oder nicht. Die Antwort ist klar. Aber in der Wahlzelle schaut alles ein bißchen anders aus. Es ist so wie bei den Meinungs­umfragen und Wahlen. Aber lieber gewinne ich Wahlen und keine Meinungsumfragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.25


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.25


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll¦ (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! (Zwischenruf des Abg. Blünegger.) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Drei Minuten heißt drei kurze Schwerpunkte.

Erster Schwerpunkt: Ich bedanke mich bei der Mehrheit des Hohen Hauses, die im Wirt­schafts­ausschuß signalisiert hat, wir beschließen heute die gesetzliche Basis für etwas, was Bestandteil der Erfolgsstory unseres Landes in den letzten Jahrzehnten war, meine Damen und Herren. Das sollte man anerkennen: Ohne Kammern gibt es keine Sozialpartnerschaft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Kammern sind keine Einrichtung der Vergangenheit. Lesen wir nach, was beim EU-Gipfel in Cardiff gesagt wurde! Die EU will die Sozialpartner im Dienste der Beschäftigungspolitik wesent­lich stärker heranziehen (Abg. Haigermoser: Wer hält euch auf? Anfangen bitte!), weil sich mit Ausnahme Ihrer Fraktion herumgesprochen hat, daß man Beschäftigungspolitik nur mit der Wirtschaft und mit den Gewerkschaften machen kann und nicht gegen die Wirtschaft und gegen die Gewerkschaft, Herr Kollege. Das haben Sie offensichtlich noch nicht begriffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Die vielkritisierte Struktur der Wirtschaftskammer. Ich sage Ihnen ganz offen, ich kann mir auch eine einfachere Struktur vorstellen. Aber ich respektiere den Willen meiner Mit­glieder. Wenn die Mitglieder diese Struktur wollen – und ich akzeptiere auch das demokratische Prinzip –, wenn die Mehrheit es will, dann will ich niemanden zwangsbeglücken. Sie von der Opposition treten für Zwangsbeglückung ein, meine Damen und Herren, wir für die Respek­tierung des Willens unserer Mitglieder. Wir sind Anhänger des demokratischen Prinzips. Daher diese Struktur der Kammer, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Da sind Sie jetzt baff!

Dritter Punkt: Kosten der Interessenvertretung. (Abg. Blünegger: Drei Wochen zur Wahl!) Die Freiheitliche Partei hat uns jahrelang vorgehalten: Schaut in die Schweiz, dort gibt es keine Pflichtmitgliedschaft, dort ist alles viel billiger. Die Studie der Schweiz liegt seit drei Jahren vor. Seither sprechen Sie nicht mehr von der Schweiz als Vorbild. Warum? – Das Ergebnis war: In der Schweiz gibt es zwar keine Pflichtmitgliedschaft, es gibt freiwillige Mitgliedschaft, aber man muß in fünf oder sechs Verbänden Mitglied sein, um gewisse Vorteile zu haben. Es stellt sich heraus, die freiwillige Mitgliedschaft in der Schweiz ist genauso teuer wie die Pflichtmit­gliedschaft in Österreich.

Ich darf ankündigen, wir werden in der nächsten Woche eine Studie über Großbritannien publizieren, weil man uns gesagt hat, in Großbritannien kostet die Interessenvertretung viel weniger. Ergebnis ist, daß in Großbritannien die Arbeitgeberverbände bis zu 90 Prozent ihres Budgets aus Staatsmitteln, das heißt aus Steuergeldern bekommen. Das wollen Sie haben, Herr Kollege: Abhängigkeit vom Staat? Wir wollen unabhängig sein vom Staat, und das heißt finanzkräftig sein. (Abg. Haigermoser: Was ist die Kammerumlage? – Das ist eine Steuer! Wie ein Finanzamt!) Gerade mit Blickrichtung ins nächste Jahrtausend brauchen wir eine starke, unabhängige und auch finanziell abgesicherte Interessenvertretung im Interesse aller Arbeits­plätze, auch im Dienste der Standortsicherung Österreichs. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.28


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Koppler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.28


Abgeordneter Erhard Koppler¦ (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundes­minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Was die ArbeitnehmerInnen von den ständigen Attacken der Freiheitlichen gegen die Arbeiterkammer halten, haben sie bei einer Urabstimmung – das wurde heute schon einige Male erwähnt – im Jahre 1996 zum Aus­druck gebracht. (Zwischenruf des Abg. Blünegger.)

Mehr als zwei Drittel aller ArbeitnehmerInnen Österreichs nahmen an der Mitgliederbefragung teil, und 90,6 Prozent stimmten für die Arbeiterkammer. Ein beeindruckendes Ergebnis, wie ich meine, und eine Abfuhr für die blauen AK-Abschaffer. (Abg. Haigermoser: Koppler! Wer hat diese Rede geschrieben?) Es geht den Freiheitlichen in Wirklichkeit nur darum, im Interesse des Kapitals eine gewichtige Stimme für Arbeiter und Angestellte unseres Landes zum Schweigen zu bringen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Das hättest du deinen Vorstandsdirektoren bei der VOEST sagen müssen!)

Die Mitgliederbefragung habe ich erwähnt. Das ist nicht allein auf die große Bedeutung der Befragung zurückzuführen, sondern auch auf die Anwendung eines einfachen und modernen Wahlverfahrens. Ein Vergleich mit der AK 1994 zeigt die Notwendigkeit für den Gesetzgeber auf, das Wahlverfahren möglichst einfach, transparent, straff und unter Einsatz moderner Technik zu gestalten. (Abg. Blünegger: Drei Wochen Dauer – das ist straff?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen das Ziel anstreben, den Arbeitern und Angestellten Österreichs die Ausübung ihres demokratischen Mitbestimmungsrechtes in ihrer Kammer so leicht wie möglich zu machen. (Abg. Gaugg: Jawohl, ich bin ganz deiner Meinung! Warum macht ihr das nicht?)

Ich möchte nun folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen zum Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales (1263 der Beilagen) über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz 1992 geändert wird (1154 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Z 50 lautet wie folgt:

„50. (Verfassungsbestimmung) Nach § 100 Abs. 6 werden folgende Abs. 7 und 8 angefügt:

,(7) §§ 17a Abs. 1, 2, 4 und 5, 18, 19, 20, 21, 22 Abs. 2, 22 Abs. 3 zweiter Satz, 24 Abs. 1, 26, 27 Abs. 4, 28, 29 Abs. 1, 3 und 4, 31 Abs. 3, 32, 33 Abs. 1 bis 4 und 6, 34, 35, 36, 37, 38 Abs. 1 und 3, 39 Abs. 1, 40 Abs. 1, 44, 45, 45a, 48 Abs. 3, 49 Abs. 6, 50 Abs. 2 und 3, 52 Abs. 1 zweiter Satz, 61 Abs. 3 und 4, 72, 81 Abs. 2, 82 Abs. 2, 86, 90 Abs. 3, 92 Abs. 1, 98 Abs. 4 und 102 Abs. 9 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/1998 treten mit 1. August 1998 in Kraft. Mit Ablauf des 31. Juli 1998 treten §§ 24 Abs. 2 letzter Satz, 25 Abs. 2 zweiter Satz, 27 Abs. 2 dritter Satz, 30, 38 Abs. 2, 39 Abs. 3 und 61 Abs. 5 außer Kraft.

(8) (Verfassungsbestimmung) §§ 10 Abs. 2 Z 1 und 17a Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/1998 treten mit 1. August 1998 in Kraft.’“

*****

Meine Damen ... (Abg. Haigermoser: Das ist das „beste“ Gesetz des Jahrhunderts! Eine Inhaltsangabe!) Sie können noch so schreien, mich als Betriebsrat können Sie nie aus der Fassung bringen. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die dem Hohen Haus heute vorliegende Novelle zum Arbeiterkammergesetz nutzt die bei der Mitgliederbefragung, wie schon erwähnt, gemachten positiven Erfahrungen und hat folgende wesentliche Neuerungen zum Inhalt – ich glaube, das sollte man doch punktuell noch einmal sehr deutlich zum Ausdruck bringen, obwohl dies schon einige Male geschehen ist, aber Sie verstehen es trotzdem nicht (Beifall bei der SPÖ) –:

Erstens: Verlängerung der Wahlzeit von zwei Tagen auf bis zu drei Wochen.

Zweitens: Errichtung von Betriebswahlsprengeln in allen größeren Betrieben.

Drittens: Einführung der Briefwahl.

Viertens: Entfall der Wahlkörper.

Fünftens: Herabsetzung des Wahlalters.

Sechstens: Darüber hinaus sollen alle Arbeiterkammern künftig eine ständige Mitgliederevidenz führen. – Ich glaube, das ist notwendig und eine echte Reform in unserer Arbeiterkammer.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abschließend eine persönliche Bemerkung, mit der sich, wie ich meine, die sozialdemokratische Fraktion einverstanden erklären kann. Es ist sehr bedauerlich – und ich meine das sehr ernst –, daß es nicht gelungen ist, auch den länger in Österreich arbeitenden und steuerzahlenden ArbeitnehmerInnen, die nicht EU-Ausländer sind, das passive Wahlrecht zu ihrer beruflichen Interessenvertretung einzuräumen. Ich hoffe, daß wir auch dieses Problem in der nächsten Zeit einer positiven Erledigung zuführen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluß, meine sehr verehrten Damen und Herren: Als ehemaliger Präsident eines ehe­maligen Bundesligavereins glaube ich in eurem Namen sprechen zu können, wenn wir der österreichischen Nationalmannschaft heute in St. Etienne alles Gute wünschen. (Allgemeiner Beifall.)

14.37


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der eben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.37


Abgeordneter Kurt Eder¦ (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich einige Anmer­kungen zum Wirtschaftskammergesetz machen und auch zum Verlauf der Diskussion und der zahlreichen Kritik, die von seiten der Oppositionsparteien gekommen ist.

Ich darf auf eines hinweisen: Es hat auf Einladung der Kollegin Tichy-Schreder die Möglichkeit gegeben, bereits im Vorfeld viele Dinge zu diskutieren und zu überlegen. Es waren aber nicht allzu viele Kollegen Ihrer Fraktion dabei, Kollege Haigermoser. (Abg. Haigermoser: Kein Inter­esse an der Befehlsausgabe!) Es ist schon in Ordnung, aber das zeigt doch Ihr Interesse an dem Gesetz, und damit deklarieren Sie sich bereits selbst. Ich will aber etwas anderes sagen. Wenn Sie so unkommunikativ sind und mit anderen nicht reden wollen, wenn Sie eingeladen werden, dann zeichnet das Sie persönlich aus. So ähnlich haben wir wahrscheinlich auch die Situation eingeschätzt. (Abg. Haigermoser: Dazu ist der Ausschuß da!)

Im Ausschuß haben Sie ausführlich ebenfalls noch einmal reden können und haben das auch getan. Das war ganz in Ordnung, aber man kann auch außerhalb von Ausschüssen in zwischen­menschlichem Kontakt über Themen reden. Wenn Sie das alles ablehnen, dann muß ich sagen, das ist auch Charaktersache. (Abg. Haigermoser: Hat das etwas mit Charakter zu tun?) Das kann man tun oder nicht tun. Wir haben gesehen, Sie tun es halt nicht. Wir nehmen das auch zur Kenntnis. Wir haben es getan, und ich muß sagen, es hat mir doch sehr viel an Neuigkeiten und neuen Überlegungen gebracht, denn Überlegungen, die ich auch dort äußern konnte, waren natürlich schon, daß die Bundeswirtschaftskammer oder die Wirtschaftskammer, wie sie jetzt heißt, natürlich einen großen Bedarf gehabt hat, eine Reihe von Gesetzesnovellen, die sich seit 1946 bis heute entwickelt haben, in ein neues Gesetz einzubringen und dieses Gesetz möglichst so zu gestalten – und so habe ich es auch verstanden –, daß man auch innerhalb dieses Bun­desgesetzes weiter enorm rationalisieren kann und rationalisieren muß. Das ist ein wichtiger Punkt, den ich hier einmal anführen will.

Der zweite wichtige Punkt und der Grund dafür, warum ich mich heute zu Wort gemeldet habe, ist, hier einmal auch aufzuzeigen, was Mitglieder und Mitarbeiter der Bundeswirt­schafts­kammer vor allem im Ausland in den Außendienststellen bewegen können.

Ich möchte nur kurz an einem kleinen Beispiel zeigen, was ein Handelsdelegierter, nämlich jener in Norwegen, in der Lage war mitzubewegen, und zwar Dr. Maier, den ich im Jahre 1981 in Oslo kennengelernt habe. Damals wurden Überlegungen dahin gehend angestellt, was Österreich nach Oslo exportieren und was Österreich aus Norwegen importieren könnte. Damals ist man draufgekommen, daß Norwegen enorm viel Erdgas besitzt. Die Idee im Jahre 1981 war, Erdgas aus Norwegen nach Österreich zu bringen.

Als wir, Dr. Maier und ich, diese Idee diskutiert haben, hat uns damals niemand wirklich ernst genommen. Auch die österreichischen Energieunternehmen, selbst die OMV, bei der ich be­schäftigt bin, haben das nicht ernst genommen. Aber es war diesem Handelsdelegierten zu verdanken, der keine Ruhe gegeben hat, der sich ständig bemüht und an diesem Projekt gear­beitet hat, daß es mit der Zeit immer deutlicher wurde, daß doch über dieses Thema nachge­dacht und darüber diskutiert werden sollte.

Dieser Dr. Maier hat nicht Beamtenqualität – das meine ich jetzt nicht negativ –, sondern er hat Managerqualität in der Form bewiesen, daß er einfach von sich aus Motor gewesen ist, bis auch alle anderen dieses Thema ernst genommen haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das zeichnet schon diese Leute aus, denn – und das möchte ich auch deutlich sagen – es hat zehn Jahre lang gedauert, und im elften Jahr haben die norwegischen und die österreichischen Erdöl- und Erdgasunternehmen Verträge abge­schlossen und dann groß verkündet, nun hat Österreich ein zweites Standbein bei der Erdgas­versorgung und ist nicht mehr nur von Rußland abhängig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind auch Leistungen von Handelsdelegierten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich würde auch Sie bitten, sich diese Leistungen anzusehen. Es ist überhaupt nichts dabei, wenn derartige Leistungen im Vorder­grund stehen.

Eine zweite Leistung, um auch einen Handelsdelegierten aus dem Süden zu nennen, nämlich Dr. Lanc, in Abu Dhabi und Dubai, einem Markt, einem Feld, in dem es sehr viel Kapital und Geld gibt. Wir sollten be­müht sein, möglichst mit jenen Ländern, in denen Kapital vorhanden ist, Joint-ventures und Gentle­men’s Agreements einzugehen.

Auch dieser Handelsdelegierte ist permanent, beinahe Tag und Nacht darum bemüht, Öster­reich zu präsentieren, vorzustellen, Ausstellungen zu machen, und hat es ebenfalls geschafft und war nicht ganz unbeteiligt daran, daß heute ein 20prozentiger Anteil der OMV einem Unter­nehmen aus Abu Dhabi gehört. Auch das ist Wirtschaftsgeschichte, meine sehr verehrten Damen und Herren, und auch dafür muß man diesem Handelsdelegierten danken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, allein an diesen beiden Beispielen kann man schon erkennen, wie wichtig die Bundeswirtschaftskammer, wie wichtig aber auch die Sozialpartner und die Bundesarbeitskammer sind. Dies wollte ich an diesem Beispiel noch einmal dokumen­tieren. Ich hoffe, daß diese Beispiele auch in der Kammer weitergetragen werden und daß auch alle anderen Handelsdelegierten – und ich nehme an, daß diese mindestens ebenso emsig sind, es ist nur nicht immer alles, was man an Leistungen erbringen kann, so spektakulär – in dieser Form weiterarbeiten. Daher kann ich heute diesem Gesetz mit gutem Gewissen zustimmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.41


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.41


Abgeordneter Peter Marizzi¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzter Herr Bun­desminister! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als letzter Redner hiezu darf ich mich gleich den Ausführungen des Herrn Kollegen Eder anschließen. Wenn man in Taiwan oder in Peking ist, sieht man, wie sehr sich die Mitarbeiter der Kammer um Aufträge für die österreichische Wirtschaft bemühen und darum, Arbeit für die Arbeitnehmer der österreichischen Wirtschaft zu schaffen. Ich möchte also hier nur anmerken, daß das, was Kollege Eder in seinen zwei Beispielen angeführt hat, auch für Taiwan und für China, wo ich dies miterleben konnte, gilt. Die Handelsdelegierten sind auch dort sehr bemüht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um auf das Wirtschaftskammergesetz zurückzukom­men. Kollege Haigermoser! Die Grundlage für dieses Gesetz haben die Sozialpartner geschaf­fen. Ich weiß, daß das Leben aus Kompromissen besteht. Man kann nicht überall zufrieden sein, aber – und da bin ich der gleichen Meinung wie Kollege Schwarzböck – wir können froh darüber sein, daß der wirtschaftspolitische Radius in Richtung Osteuropa gerichtet ist. Viele Länder wären froh, wenn sie so eine gute wirtschafts- und sozialpolitisch ausgewogene Partnerschaft hätten. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das können Sie nicht madig machen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es geht um die Flexibilität der Selbstvertretung. Es geht darum, daß die Organisation schlanker und effizienter wird. Ich werde nicht immer ein Halleluja anstimmen. Herr Kollege Haigermoser! Ich habe dir im Ausschuß, als du über das Wahlrecht gesprochen hast, aufmerksam zugehört. Ich glaube, daß in bezug auf das Wirtschaftskammergesetz einiges verbesserungswürdig ist. Ich sage das auch mit aller Deutlichkeit.

Kollege Nußbaumer hat gesagt, daß die Pflichtmitgliedschaft alt, unmodern und überholt sei. 1996 wurde eine Mitgliederbefragung durchgeführt – die Zahlen wurden ja schon genannt, daher brauche ich nicht im Detail darauf einzugehen. Immerhin zwei Drittel der österreichischen Bürger, die in Betrieben, im Gewerbe und in der Industrie tätig sind, haben ja zu einer Pflicht­mitgliedschaft gesagt. Wenn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Frei­heitlichen, die Pflichtmitgliedschaft nicht wollen, wenn sie Ihnen zu unmodern ist, dann sagen Sie, daß Sie in dieser Organisation nicht mehr mitwirken wollen, und ziehen Sie Ihre Funktionäre aus den Kammern ab. Sie wollen das System von innen zerstören. Das ist nicht konsequent. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das muß ich auch einmal mit aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Haigermoser und Blünegger.)

Letzter Punkt: Ich glaube, im Gesetz gibt es auch einen Passus bezüglich Jungunternehmer. Ich meine, daß die Sozialpartnerschaft auch angetreten ist, Jungunternehmer zu fördern und regionale Innovationszentren zu errichten. In Wiener Neustadt und Ternitz – um jetzt vielleicht ein bißchen zu meinem „Kirchturm“ zurückzukommen – entwickeln sich diese regionalen In­novationszentren bereits sehr gut. Rund um diese Innovationszentren entstehen Betriebe, die ausschließlich von Jungunternehmern geführt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammenfassend – Kollege Heindl hat es so treffend gesagt –: Die österreichische Sozialpartnerschaft hat den Aufstieg in diesem Land über mehr als 50 Jahre mitgestaltet. Sie ist ein wesentlicher Faktor für die wirtschaftliche und die soziale Entwicklung in Österreich. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.44


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils ihren Platz einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1267 der Beilagen.

Es liegt ein Antrag von 20 Abgeordneten auf Durchführung einer geheimen Abstimmung zum Wirtschaftskammergesetz 1998 in 1267 der Beilagen vor.

Eine derartige geheime Abstimmung ist durchzuführen, wenn dies der Nationalrat beschließt.

Ich lasse daher über den gegenständlichen Antrag abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Durchführung einer geheimen Abstimmung eintre­ten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag auf geheime Abstim­mung ist damit abgelehnt.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwe­senheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung geben möchten, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit mehrheitlich angenommen.

Ich stelle abermals ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1263 der Beilagen.

Es liegt auch hier ein Antrag von 20 Abgeordneten auf Durchführung einer geheimen Abstim­mung vor.

Die geheime Abstimmung ist durchzuführen, wenn dies der Nationalrat so beschließt.

Ich lasse daher über den gegenständlichen Antrag abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für eine geheime Abstimmung eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir fahren daher im Abstimmungsverfahren fort.

Es haben die Abgeordneten Öllinger, Dr. Kier und Genossen einen Abänderungsantrag einge­bracht.

Ferner haben die Abgeordneten Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Weiters liegt ein vom Abgeordneten Öllinger eingebrachtes Verlangen auf getrennte Abstim­mung vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Abänderungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Dr. Kier und Genossen sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile, und zwar der Reihe nach, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfs unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen abstimmen lassen.

Da der vorliegende Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeiterkammergesetz geändert wird, sowie der von den Abgeordneten Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen einge­brachte Abänderungsantrag Verfassungsbestimmungen enthalten, stelle ich wiederum die Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über Z 4 § 19 und Z 5 § 20 in der Fassung des Aus­schußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Öllinger, Dr. Kier und Genossen haben einen Abänderungsantrag einge­bracht, der die Streichung der Z 3 des § 21 in Z 6 zum Inhalt hat.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abge­lehnt.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über Z 6 § 21 Z 3 in der Fassung des Aus­schußberichtes.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berück­sichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Reitsamer, Dr. Feurstein und Genos­sen betreffend Z 50.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Dies ist mehrheitlich angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfas­sungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehrheit.

Abermals stelle ich ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend grundlegende Reform des Arbeiterkammer-Wahlrechts.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minder­heit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1052 der Beilagen): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit und die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen (1197 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (951 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Re­gierung der Republik Kroatien über die Übernahme von Personen an der Grenze (1195 der Beilagen)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich rufe nun die Punkte 7 und 8 der Tagesordnung auf, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. 5 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.50


Abgeordneter Hans Helmut Moser¦ (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zur Debatte stehen zwei Regierungsvorlagen und zwei Berichte des Ausschusses für innere Angelegenheiten, die im Prinzip inhaltlich nicht zusammengehören. Daher wird es notwendig sein, hier noch etwas konkreter auf die einzelnen Punkte einzugehen. Dazu nun folgende Anmerkung zum ersten Bericht, nämlich zum Überein­kommen mit der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit und die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß dieses Übereinkommen für unser Land ein ganz wichtiges ist und auch im Lichte der Tatsache gesehen werden muß, daß es der Bundes­regierung nicht gelungen ist, die Inbetriebnahme eines Atomkraftwerkes in unserem Nachbar­land Slowakei zu verhindern. Es ist ganz entscheidend, daß es zumindest für den Fall der Fälle – und ich hoffe, daß es nie dazu kommen wird – eine reibungslose Zusammenarbeit und auch eine entsprechende gegenseitige Unterstützung und Hilfe gibt.

Es geht aber nicht nur um diesen einen möglichen Anlaßfall, sondern auch darum, daß generell Hilfe bei Katastrophenfällen geleistet werden muß und geleistet werden soll. Daher glaube ich, daß diese internationale Zusammenarbeit besonders verstärkt und intensiviert werden muß. Aus diesem Grund ist dieser Vertrag von großer Wichtigkeit und Bedeutung. Er regelt die Vorbeu­gung und die Bekämpfung von Katastrophen, die Festlegung von Ansprechstellen und sieht eine Erleichterung des Grenzübertrittes und, was ganz wichtig ist, eine Erleichterung im Zusammen­hang mit der Ein- und Ausfuhr von entsprechenden Hilfsgütern vor. Es kommt darauf an, im Falle einer Katastrophe rasch, wirksam und effizient zu helfen.

Es geht aber auch um die Regelung von Schadensfällen. Ich meine, daß es dabei notwendig ist, unbürokratisch vorzugehen. Es macht auch keinen Sinn und ist nicht von Vorteil, daß man sich gegenseitig die entstandenen Kosten aufrechnet. Wichtig ist vor allem, daß jene Helferinnen und Helfer, die sich im Rahmen der internationalen Katastrophenhilfe beteiligen, für mögliche Schä­den, die nun einmal bei entsprechenden Hilfeleistungen auftreten können, schadlos gehalten werden. Ich glaube daher, daß dieses Abkommen eine sehr große Bedeutung für unser Land hat.

Es ist aber auch wichtig, daß wir darangehen, in unserem Land klare Verantwortlichkeiten und klare Kompetenzen festzulegen. Wir müssen die notwendigen Maßnahmen und Schritte im Rahmen der zivilen Landesverteidigung und im Rahmen des österreichischen Zivilschutzes set­zen, damit ein koordiniertes Zusammenwirken mit den Hilfskräften im Ausland und den eigenen Kräften, die im Falle einer Katastrophenhilfe zum Einsatz kommen, klaglos funktionieren kann.

Herr Bundesminister! Ich meine, daß wir in diesem Bereich einen Nachholbedarf haben und Handlungsbedarf besteht. Es wird notwendig sein, zu einer effizienteren und verstärkten Koor­dination im Rahmen der zivilen Landesverteidigung und im Rahmen unserer Zivilschutz­organisationen zu kommen. Weiters wird es notwendig sein, die organisatorischen Strukturen aufeinander abzustimmen und die entsprechenden Kommunikationen aufzubauen. Um rasch Hilfe leisten zu können, braucht man die notwendigen Fernmeldeverbindungen und die notwen­digen Anlaufstellen, also die notwendigen Strukturen. Das vermisse ich in unserem Land. Ich erwarte mir, daß diesbezüglich die notwendigen Schritte gesetzt werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wichtig ist ferner die Tatsache, daß die Ausbildung der Hilfskräfte, vor allem die gemeinsame Ausbildung, entsprechend vorangetrieben wird. Ich erwarte mir deshalb, daß auch seitens des Innenministeriums Übungen durchgeführt werden, bei denen österreichische Hilfskräfte mit slowakischen Hilfskräften die Katastrophenhilfe entsprechend üben und trainieren, um so zu einem optimierten Zusammenwirken zu kommen. Wir werden daher diesem Abkommen unsere Zustimmung geben.

Meine Damen und Herren! Dem Schubabkommen mit der Republik Kroatien werden wir Liberalen nicht zustimmen. Es ist schon klar, daß die Herausforderungen der Zukunft eine verstärkte internationale Zusammenarbeit verlangen. Es wird nötig sein, speziell im Bereich Justiz und Polizei enger zusammenzuarbeiten. Dafür muß es tatsächlich die notwen­digen Ab­kommen geben, insbesondere auch im Bereich der Sicherheitsverwaltung. Aber diese Abkom­men, die auch die Übergabe von Personen regeln können und sollen, dürfen nicht zu Lasten der wesentlichen Grund- und Freiheitsrechte gehen. Ich meine, wir sind noch nicht soweit, daß wir ein derartiges Schubabkommen mit der Republik Kroatien abschließen können. Wir meinen, daß die Voraussetzungen, vor allem im Hinblick auf das Asylrecht, noch nicht gegeben sind.

Aus unserer Sicht gilt es, einen sehr hohen Standard zu verlangen, damit wir auch in Zukunft unseren humanitären Verpflichtungen gerecht werden können. Ich glaube, daß diese Voraus­setzungen noch nicht gegeben sind. Es geht vor allem auch darum, daß das weitere Abschieben eines möglichen Illegalen, der über Kroatien nach Österreich eingereist ist, in das Drittland, sein Heimatland, durchgeführt werden könnte. Ich meine, daß das unseren Menschenrechts­prinzi­pien widersprechen würde. Daher wollen und werden wir diesem Gesetzesantrag, diesem Schubabkommen, nicht unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.57


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaál. Herr Abgeordneter, es stünden Ihnen bis 15 Uhr knapp 3 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

14.57


Abgeordneter Anton Gaál¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätz­ten Damen und Herren! Ich glaube, daß es sinnvoll und notwendig ist, den Vertrag über die Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik zu unterzeichnen. Es handelt sich dabei um ein Abkommen beziehungsweise um einen Abschluß, der mit anderen Nachbarstaaten bereits erfolgt ist. Man muß die Annahme beziehungsweise den Abschluß dieses Vertrages völlig getrennt vom Kampf gegen die Inbetriebnahme des Kraftwerkes Mochovce, überhaupt vom Kampf gegen die Schrott-AKWs rund um Österreich sehen.

Die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Zivilschutz und Katastrophenhilfe muß unabhängig von grenznahen AKWs in den Reformländern in einem gemeinsamen, durch die Osterweiterung noch größer werdenden Europa verstärkt werden. Es geht um eine grenz­überschreitende Katastrophenhilfe. Mittelfristig brauchen wir ein über die Europäische Union hinausgehendes gesamteuropäisches Katastrophenhilfeabkommen, das quasi den multilate­ra­len Mantel für dieses bilaterale Abkommen bilden soll. Wir wissen, daß das AKW Mochovce ohne Klärung der Sicherheitsfragen in Betrieb genommen worden ist. Da die Inbetriebnahme offensichtlich nicht zu verhindern war, müssen wir nunmehr mit allen Mitteln versuchen, die zweitbeste Lösung, nämlich die Ausstattung des Reaktors mit westlichen Sicherheitsstandards, zu erreichen.

Mochovce darf kein Prestigeprojekt werden, um dessen Sicherheit die Slowakei vermeintlich allein Bescheid zu wissen glaubt. Dieses Denken gefährdet ganz Mitteleuropa. Wenn ein Staat wie die Slowakei zu einem gemeinsamen Europa gehören will, dann ist in diesem Fall gemein­same Sicherheit angesagt. Die Sicherheit des Kraftwerkes Mochovce ist ein gesamteuro­päisches Anliegen.

Wir müssen nach der Inbetriebnahme von Mochovce mit Störfällen rechnen und gemeinsam mit der Bevölkerung im Rahmen des Zivilschutzes für den Krisenfall, der hoffentlich nie eintreten wird, wirksame Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen treffen. Es ist lohnend und auch möglich, sich wirksam zu schützen. Wir wissen auch, daß private Maßnahmen und richtiges Verhalten eine großräumige Verstrahlung zwar nicht verhindern können, aber sie reduzieren die schäd­lichen Folgen deutlich.

Wir bieten daher auch konkrete Unterstützung und österreichisches Zivilschutz-Know-how vor Ort für die slowakischen Bürger an.

Wir dürfen nicht aufhören, zu versuchen, unsere Nachbarstaaten von der Richtigkeit einer Ener­gie­versorgung ohne Nukleartechnologie zu überzeugen. Das wird uns allerdings nur gelingen, wenn wir auch in vielen Ländern der EU ein Umdenken bewirken und bereit sind, die Slowakei beim Ausstieg aus der Kernenergie zu unterstützen.

Meine Damen und Herren! Nur so wird es möglich sein, die Gefahren der Kernkraft in Mittel­europa zu minimieren, und dafür wollen wir uns gemeinsam einsetzen, dazu wollen wir unseren Beitrag leisten. Vielleicht ist dieser Vertragsabschluß der erste richtige Schritt hin zu einer besseren, ehrlichen und konstruktiven Zusammenarbeit mit der Slowakischen Republik. (Beifall bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

15.00


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke, Herr Abgeordneter.

Kurze Debatten über Fristsetzungsanträge


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich unterbreche nun die Debatte zu den Punkten 7 und 8 der heutigen Tagesordnung, um zwei Kurzdebatten durchzuführen.

Die erste Kurzdebatte betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Mag. Barmüller, dem Ver­kehrs­ausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 769/A (E) der Abgeordneten Amon und Genossen betreffend Semmering-Basistunnel eine Frist bis zum 7. Juli heurigen Jahres zu setzen.

Nach Schluß der Debatte wird die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag durchgeführt werden.

Ich gehe in die Debatte ein und mache darauf aufmerksam, daß gemäß § 57a der Geschäfts­ordnung der Erstredner 10 Minuten, alle anderen Redner 5 Minuten Redezeit zur Verfügung haben.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte sehr.

15.01


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bau des Semmering-Basistunnels hat nicht nur zwischen den Koalitionsparteien, sondern auch zwischen Bund und Ländern schon zu einiger Verwirrung geführt. Sogar in einzel­nen Teilorganisationen der Regierungsfraktionen gibt es diesbezüglich sehr unterschiedliche Ansichten. Als Folge davon ist eine Lösung bis heute nicht in Sicht.

Ausgangspunkt war, daß im Vorfeld der niederösterreichischen Landtagswahlen Landeshaupt­mann Pröll ein neues Naturschutzgesetz in Niederösterreich initiiert hat, das in der Folge vom Landtag beschlossen worden ist und mit dem der Bau des Semmering-Basistunnels aus natur­schutz­rechtlichen Gründen abgelehnt worden ist. Wahr ist, daß man von seiten der Bundes­regierung die Möglichkeit gehabt hätte, Einspruch gegen dieses Gesetz zu erheben. Man hat das aber nicht getan, weil die niederösterreichischen Wahlen unmittelbar bevorstanden und man einen wichtigen Vertreter der Koalitionspartei in der Öffentlichkeit nicht konterkarieren wollte.

Die Unstimmigkeiten, die es in der Folge gegeben hat, sind dann von den Koalitionsparteien hier im Haus dadurch entschärft worden, daß man je einen Entschließungsantrag eingebracht hat. Der Entschließungsantrag von seiten der ÖVP zielt auf den Semmering-Basistunnel und die Neue Südbahn ab, und der Entschließungsantrag der SPÖ, am gleichen Tag eingebracht, be­trifft interessanterweise ebenfalls den Semmering-Basistunnel und die Neue Südbahn. Beide Anträge haben also in Wirklichkeit den gleichen Inhalt.

Man tritt jetzt in den jeweiligen Bundesländern mit diesen Entschließungsanträgen wachelnd vor die Wählerinnen und Wähler hin und sagt: Wir haben einen Entschließungsantrag eingebracht, nun soll die Bundesregierung etwas tun. – Aber die Entschließungsanträge liegen in den jeweili­gen Ausschüssen, und es passiert nichts mit ihnen.

Meine Damen und Herren! Von seiten der ÖVP ist gefordert worden, daß die Bundesregierung er­sucht wird, falls bis Ende Mai 1998 von der niederösterreichischen Landesregierung keine Aktionen gesetzt werden, Maßnahmen zu ergreifen, nämlich unter anderem ein Gesetzes­prü­fungs­verfahren zu beantragen. Um das auch wirklich Platz greifen zu lassen, haben wir heute diesen Fristsetzungsantrag eingebracht. Dem Verkehrsausschuß soll eine Frist bis zum 7. Juli gesetzt werden, über die beiden Entschließungsanträge der Koalitionsparteien zu verhandeln. Damit wäre es möglich, noch vor dem Sommer eine wirkliche Positionierung der Koalitions­par­teien in Sachen Semmering-Basistunnel zu erreichen. Wir bitten Sie daher aus diesem Grund, dem Fristsetzungsantrag zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.04


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Alle weiteren Redner haben eine Redezeit von 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Seidinger. – Bitte.

15.04


Abgeordneter Winfried Seidinger¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Der Fristsetzungsantrag des Liberalen Forums gibt uns die Möglichkeit, nach kurzer Zeit jetzt wieder über den Semmering-Basistunnel, dieses Bauvorhaben von größter Bedeutung für viele Bundesländer in unserem Lande, zu sprechen.

Ich möchte kurz die Situation, in der wir uns zurzeit befinden, schildern und anhand von Fakten und Daten die Argumente untermauern und die Möglichkeiten sichtbar machen. Es ist ein langer Weg, aber Sie können beruhigt sein, ich werde Sie nicht in die Antike zurückführen, sondern mich unmittelbar mit jenen Ereignissen beschäftigen, die in den letzten Wochen und Monaten eingetreten sind.

Bundesminister Einem hat Ende April die Ausschreibung widerrufen, weil es nach dem PPP-Prinzip einfach nicht möglich war, den Anbietern so faire Bedingungen zuzugestehen, daß man den Bau hätte durchführen können. Kollege Barmüller hat bereits gesagt, daß es am 18. De­zem­ber von seiten des Niederösterreichischen Landtages zum Beschluß eines Naturschutz­gesetzes gekommen ist, das massive Einspruchsmöglichkeiten gegen den Bau des Tunnels eröffnet hat.

Obzwar Einem widerrufen hat, hat er gleichzeitig gesagt, daß er am Bau des Tunnels festhalten werde, allerdings werde eine Neuausschreibung erst ab dem Jahr 2000 möglich sein. Er hat auch Alternativen untersucht. In den letzten vier Monaten sind 16 Varianten für eine leistungs­fähige Nord-Süd-Bahnachse überprüft worden, aber keine kam an die Semmering­strecke heran. So wurde die häufig genannte Südostspange über das Burgenland als mehr als dreimal so teuer beschrieben. Der Ausbau der Südstrecke mit dem Semmering-Basistunnel würde laut letztem Stand rund 11 Milliarden Schilling kosten, die Südostspange über 30 Milliarden Schilling.

Außerdem ist eine leistungsfähige Bahnverbindung unbedingt notwendig, noch dazu, da wir damit rechnen können, daß die Verkehrsströme aus den Reformländern zunehmen werden. Sollen sie Österreich berühren, sollen sie Österreich miteinschließen, oder sollen sie an Öster­reich vorbeiziehen und im Süden über Slowenien und Ungarn fließen?

Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß es verschiedenste Bemühungen gibt – das hat auch Minister Einem festgestellt –, die Landeshauptleute der einzelnen Bundesländer miteinzu­bin­den. Das ist auch gelungen. Nur in Niederösterreich geht es nicht, mit Landeshauptmann Pröll spießt es sich gewaltig. (Abg. Kampichler: Mit Landesrat Bauer!) – Herr Kampichler! Ich werde schon darauf zurückkommen.

Zwei Entschließungsanträge von SPÖ und ÖVP, die im wesentlichen von den steirischen und Kärntner Abgeordneten getragen werden, sind dem Inhalt nach fast identisch, nur hinsichtlich der Ausfertigung sagen sie vielleicht etwas anderes aus. Während die SPÖ die Bundesregie­rung auffordert, für dieses Projekt einzutreten, geht es bei den Kollegen von der ÖVP darum, daß die Bundesregierung ersucht wird, falls der Berufungsbescheid in der Landesregierung nicht bis Ende Mai erledigt wird, ein Gesetzesprüfungsverfahren in die Wege zu leiten.

Meine Damen und Herren! Ich wäre sehr dafür, aber für ein Gesetzesprüfungsverfahren braucht man zuerst eine einhellige Meinung im Ministerrat, und diese einhellige Meinung des Minister­rates ist sicher nicht zustande zu bringen.

In der Steiermark wurden 1993 mehr als 20 000 Unterschriften pro Semmering-Basistunnel ge­leistet. Die SPÖ Steiermark hat im Jänner auf dem Grazer Hauptplatz 106 000 Unterschriften pro Semmering-Basistunnel und für diese wichtige Nord-Süd-Verbindung übergeben.

Ich glaube, daß wir auch im Parlament darangehen könnten, dieselbe Sprache zu sprechen, wie es der Steiermärkische Landtag getan hat, der mit Stimmeneinhelligkeit dafür gewesen ist. Es wird für uns sehr interessant sein, wie die anderen Parteien in der Steiermark stimmen werden und ob, da es doch immer heißt, daß die ÖVP für den Föderalismus eintritt, das auch auf das Parlament übertragbar ist.

Meine Damen und Herren! Ich frage mich immer: Ist etwas hilfreich, ist es der Sache dienlich, ist es zielführend, ist es erfolgversprechend? Was den Fristsetzungsantrag des Liberalen Forums betrifft: Ist es wirklich möglich, bis zum 7. Juli des heurigen Jahres solche Entscheidungen zu treffen, die zukunftsweisend sind? – Weil das nicht der Fall sein kann, wird die SPÖ diesen Fristsetzungsantrag ablehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.10


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Er hat die gleiche Redezeit. – Bitte.

15.10


Abgeordneter Werner Amon¦ (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Fristsetzungsantrag des Kollegen Barmüller wird der Versuch unternom­men, den von den steirischen und Kärntner ÖVP-Abgeordneten eingebrachten Antrag bezie­hungs­weise die von ihnen gesetzte Initiative zu unterstützen. Ich möchte ausdrücklich sagen, daß uns das durchaus freut. Wie Sie wissen, Herr Kollege Barmüller, geht es in diesem unse­rem Antrag nicht ausschließlich darum, die Rechtssicherheit herzustellen, obwohl uns das Herstellen der Rechtssicherheit natürlich sehr, sehr wichtig ist.

Ich möchte aber doch ein bißchen ausholen, weil sozusagen die Genesis des Semmering-Basis­tunnels ja eine sehr lange ist. Es handelt sich nicht um ein Projekt, das sich ein paar Steirer oder ein paar Kärntner irgendwann eingebildet haben, sondern es ist dies durchaus ein Projekt von europäischer Dimension. Nicht umsonst ist auch im EU-Beitrittsvertrag von 1994, der ja von vier Parteien hier in diesem Hause beschlossen worden ist, der Ausbau der Pon­tebba­ner Achse ausdrücklich erwähnt. Teil dieser Achse ist auch die Neue Südbahn mit dem Kern­stück des Semmering-Basistunnels. (Abg. Wabl: Warum können Sie dem Fristsetzungs­antrag nicht zustimmen, Herr Amon?)

Aber die Geschichte des Semmering-Basistunnels geht ja noch weiter zurück. Bereits im Jahre 1989 gab es einschlägige Beschlüsse der Bundesregierung und in weiterer Folge auch Be­schlüsse von drei Bundesländern. In Kärnten gab es im Jahre 1991 ein Memorandum, in dem der Ausbau des Semmering-Basistunnels und der gesamten Südbahn gefordert wurde. Einen ähn­li­chen Beschluß gab es in der Steiermark. Ja selbst im niederösterreichischen Landesver­kehrs­konzept von 1991 werden sowohl der Ausbau der Südbahn als auch der Bau des Sem­mering-Basistunnels innerhalb der nächsten zehn bis 15 Jahre gefordert. Des weiteren rang die niederösterreichische Landesregierung dem Bund ebenfalls 1991 ein Übereinkommen ab, in dem verkehrspolitische Zielsetzungen zur Realisierung der Eisenbahnhochleistung sowie die Errichtung des Semmering-Basistunnels zur Ermöglichung eines effizienten Verkehrs in diesem Bereich festgehalten sind.

Mir sind die näheren Umstände nicht bekannt, die letztlich dazu führten, daß es in Nieder­öster­reich zum Beschluß jenes Naturschutzgesetzes gekommen ist. Faktum ist, daß das zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit geführt hat, vor allem aber auch zu einer Verunsicherung des zuständigen Verkehrsministers, der daraufhin die öffentliche Ausschreibung zurückgenommen hat.

Aber zurück zu unserem Antrag und zur Wiederherstellung der Rechtssicherheit. In einer Ver­ein­barung zwischen Landeshauptmann Pröll und Landeshauptfrau Waltraud Klasnic hat man sich darauf geeinigt, daß die niederösterreichische Landesregierung nicht, wie sie die Möglich­keit hätte, bis Ende August mit der Bescheiderlassung wartet, sondern sie hat vielmehr bereits in der vergangenen Woche jenen Bescheid erlassen, der nunmehr den Rechtsweg für die HL-AG eröffnet.

Ich habe heute mit den zuständigen Herren in der HL-AG telefoniert, und sie haben mir mitge­teilt, daß sie bereits Ende des Monats eine entsprechende Beschwerde beim Verfassungsge­richts­hof einbringen werden, und zwar eine Beschwerde, die sich auf Artikel 144 des Bundes-Verfassungsgesetzes bezieht und eine deutlich schnellere Prozedur in Gang setzt, als das mit­tels einer Klage der Bundesregierung möglich wäre. (Abg. Wabl: Ziehen Sie den Antrag zurück!)

Ich möchte noch einmal ausdrücklich feststellen, daß ich mich natürlich freue, daß uns Kollege Barmüller jetzt über den Weg eines Fristsetzungsantrages Unterstützung zusagt. Ich möchte aber doch darauf verweisen, daß ich dich, Kollege Barmüller, bevor wir den Antrag eingebracht haben, eingeladen habe, diesem Antrag beizutreten, und daß du in zwei Punkten widersprochen hast, nämlich einerseits im Hinblick darauf, daß wir uns nicht ausschließlich auf ein PPP-Modell versteifen, und zum zweiten, daß wir eben jene Ministerratsklage wollen, die du auch in Frage gestellt hast.

Ich freue mich aber, daß Bundesminister Einem in einer Anfragebeantwortung vom 7. Mai ausdrücklich festhält: Sollte es wider Erwarten zu keiner PPP-Finanzierung des Semmering-Basistunnels kommen, werden andere Finanzierungsalternativen überlegt werden müssen, wo­bei ich auch bisher die Möglichkeit einer ausschließlich öffentlichen Finanzierung nicht ausge­schlossen habe. – Wir werden den Herrn Minister hier beim Wort nehmen! (Beifall des Abg. Fink.) Der Semmering-Basistunnel ist ein Projekt von europäischer Dimension, und ich gehe daher davon aus, daß die Gerichte den Weg für den Bau freigeben werden. (Beifall bei der ÖVP.)

15.16


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweitzer. – Bitte.

15.16


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwei Steirer – zwei völlig unverständliche Standpunkte und Vorgangs­wei­sen. Kollege Barmüller hat einen Fristsetzungsantrag eingebracht, der sich mit dem Sem­mering-Basistunnel auseinandersetzt. Wir Freiheitliche werden diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, weil wir grundsätzlich der Auffassung sind, daß Anträge so rasch wie möglich zu behandeln sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das heißt ja nicht, daß man sich mit dem Inhalt des Antrages einverstanden erklären muß. (Zwi­schen­ruf des Abg. Seidinger.) Man kann ja dann über den Inhalt, über die unterschiedlichen Standpunkte, die die einzelnen Vertreter der Parteien im Ausschuß haben, diskutieren und unter Umständen auch zu einer Lösung kommen.

Aber eines, Kollege Barmüller, ist für mich interessant, nämlich die Tatsache, daß am 9. Juni ein Antrag betreffend Alternative zum Semmering-Basistunnel ohne Wortmeldung im Verkehrs­aus­schuß vertagt wurde, und zwar auch mit Zustimmung des Liberalen Forums. Das verstehe ich nicht ganz. Auf der einen Seite wollen die Liberalen darüber diskutieren, wie es in Sachen Semmering weitergehen soll, und auf der anderen Seite stimmen sie ohne Wortmeldung der Vertagung eines Antrages zu, der den gleichen Gegenstand zum Inhalt hat. Also da wird mit zweierlei Maß gemessen. Warum das so ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Kollege Barmüller wird es irgendwann einmal erklären.

Ganz witzig wird es, wenn Kollege Amon, der froh sein sollte, daß sein Antrag endlich behandelt wird, auf einmal hier vom Rednerpult aus erklärt, er wolle eigentlich nicht, daß wir über diesen Antrag verhandeln, deshalb sei er gegen die Fristsetzung. – Kollege Amon! Wozu der Antrag?

Ich glaube, ich weiß, warum der Antrag jetzt nicht behandelt werden soll. – Weil der Inhalt natür­lich äußerst problematisch ist. Sie haben nur eines im Sinn, nämlich daß der Semmering-Ba­sistunnel gebaut wird. Was Sie aber alles an Hoffnungen mit dem Bau dieses Semmering-Basis­tunnels verknüpfen, entbehrt jeglicher realistischen Grundlage. Wie soll ein Loch dazu führen, daß auf einmal die Wirtschaftsstandorte in der Steiermark und in Kärnten belebt wer­den? (Ruf bei der SPÖ: Infrastruktur!) Wie soll ein Loch zur Belebung der Wirtschafts­stand­orte beitragen? Es gäbe eine Fahrzeitersparnis von mickrigen 20 Minuten! Wie soll das einen Wirtschaftsstandort beleben? Können Sie mir das erklären? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Fink! Ihre Landeshauptstadt Graz wird durch den Bau dieses Loches nicht aus der eisen­bahntechnischen Sackgasse herausgeholt. (Abg. Dr. Maitz: Keine Ahnung!) Graz bleibt in dieser Sackgasse und als Wirtschaftsstandort weiter uninteressant! Das Loch ändert nichts an der Situation von Graz. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Das gleiche gilt natürlich auch für Klagenfurt. Was soll sich an der Situation von Klagenfurt beziehungsweise von Kärnten ändern, wenn ein Loch durch den Semmering gebaut wird? (Abg. Dr. Maitz: Güterverkehr!) Könnt ihr mir das bitte logisch nachvollziehbar erklären? – Nein! Deshalb wollt ihr auch nicht, daß diesem Antrag eine Frist gesetzt wird, da ihr das, was darin steht, nicht argumentieren könnt. Ihr wollt nicht darüber reden!

Etwas, was tatsächlich Sinn gemacht hätte, steht natürlich nicht drinnen, und das wäre der Bau der Südostspange. Das würde Sinn machen! Das würde viele, viele Probleme sukzessive lösen: Der einzige große internationale Flughafen Österreichs, Wien-Schwechat, ist nicht versorgt mit einer entsprechenden Eisenbahnanbindung, die Landeshauptstadt Eisenstadt ist nicht versorgt mit einer Bahnverbindung, die Landeshauptstadt Graz ist ebenfalls nicht mit einer übergeord­neten Bahnverbindung versorgt, und auch Klagenfurt ist nicht versorgt mit einer übergeordneten Bahnverbindung. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Liebe Freunde! Die Südostspange würde Sinn machen: für Wien-Schwechat, für Eisenstadt, für den gesamten südburgenländischen Raum und auch für den oststeirischen Raum, Kollege Fink. All die Wochenpendler könnten unter Umständen Tagespendler werden, wenn es eine vernünfti­ge Eisenbahnverbindung gäbe. Das würde Sinn machen, das würde neue Strukturen schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Liebe Freunde! Das wäre nicht ein ganz banales Loch, das noch dazu mit Investitionskosten von 11 Milliarden Schilling verbunden ist. Wer hat denn das Geld für die Vorlaufstrecken? Wiener Neustadt – Gloggnitz, wer wird denn das bezahlen? Wer hat das Geld für die Strecke von Mürz­zuschlag nach Bruck, wieviel kostet das denn? Was wird der Ausbau der Strecke von Bruck nach Graz kosten? – Liebe Freunde! Diese Kosten kommen ja noch zu diesen 11 Milliarden Schilling dazu! Damit wäre die Südostspange schon längst gebaut.

Kollege Steindl als ÖVPler im Burgenland würde sich massiv darüber freuen, wenn die ÖVPler der Steiermark endlich einsehen würden, daß der Semmering-Basistunnel ein Nonsens ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.21


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

15.21


Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander¦ (Grüne): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP! Sie haben ein Problem, und das merkt man natürlich, wenn man Ihre Argu­men­tation verfolgt. Sie haben ein Problem: Sie können sich offensichtlich nicht entscheiden, ob Klasnic, Pröll oder Schüssel der Vorzug in der Meinungsbildung zu geben ist; es konzentriert sich aber vermutlich auf Pröll und Schüssel. Das ist das Problem, das Sie diesbezüglich haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie haben zu Hause, im eigenen Land große Versprechungen gemacht, die Sie jedoch nicht halten können, weil Ihnen die eigenen Leute davonrennen beziehungsweise weil sie auch von seiten der Bundesregierung nicht gehalten werden können.

Das Erstaunlichste haben Sie ja heute selbst geliefert: Sie haben einen Antrag eingebracht, be­züg­lich dessen Sie einer Fristsetzung aber nicht zustimmen. – Da frage ich mich: Wozu haben Sie den Antrag am 12. Mai eingebracht, wenn Sie ein Monat später im Parlament sagen: Na ja, die Hochleistungsstrecken AG bringt jetzt ohnehin eine Beschwerde ein, da brauchen wir ja eigent­lich gar nicht mehr über den Antrag abzustimmen. Wir sind davon überzeugt, daß das euro­paweit gelöst wird. Damit braucht sich das Parlament in Österreich gar nicht mehr zu befassen, weil das sowieso europaweit gelöst wird. – Wozu haben Sie dann einen Antrag einge­bracht? – Wahrscheinlich nur um zu Hause zu dokumentieren, daß Sie etwas gemacht haben!

Aber das gilt genauso für Sie von der SPÖ. Sie bringen auch einen Antrag ein und stimmen der Fristsetzung für die Behandlung Ihres eigenen Antrages nicht zu. Es ist dasselbe in Rot, was da in Schwarz passiert! (Zwischenruf des Abg. Seidinger.) Und wozu? – Damit Sie in der Steier­mark verkaufen können, was Sie alles für den Semmering-Basistunnel machen. Sie haben so­gar angekündigt, eine Volksbefragung durchzuführen. Wo ist die Volksbefragung, Herr Kolle­ge Seidinger, wo ist die Volksbefragung, die Sie angekündigt haben? – Keine Rede mehr davon! Sie sagen kein Wort mehr von einer Volksbefragung, weil in der Bundesregierung Ihr eigener Bundeskanzler offensichtlich aufgrund der Stimmungen oder der Mehrheitsverhältnisse oder der nicht vorhandenen Einhelligkeit, die notwendig ist, umgefallen ist.

Dann haben Sie doch wenigstens den Mumm, der Fristsetzung Ihres eigenen Antrages zuzu­stimmen! Was soll denn anderes passieren, als daß Sie eben darüber diskutieren und sich mit Ihrem Antrag auseinandersetzen? – Das, meine ich, wäre das einzige, womit Sie Legitimität be­wei­sen und womit Sie zeigen könnten, ob es Ihnen ernst ist oder nicht. Aber Anträge einzu­brin­­gen und dann zu argumentieren, es entscheiden eh die anderen, die bringen sowieso Be­schwer­den ein, daher brauchen wir hier heute nicht abzustimmen, das finde ich ziemlich faden­scheinig, um es einmal so zu beschreiben. (Beifall bei den Grünen.)

Die Freiheitliche Partei hat in letzter Zeit mit den Begriffen „Loch“ und „Löcher“ Schwierigkeiten, weil sie damit möglicherweise ihre Löcher im Finanzsäckel assoziiert – das mag ja richtig und rechtens sein –, aber daß das nichts mit Verkehrspolitik zu tun hat, das weiß Kollege Schweitzer, denke ich, auch. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Schweitzer! Wenn Sie all die Energie, die Sie aufgewendet haben – dasselbe gilt aber auch für ÖVP und SPÖ –, auch für Straßenprojekte einsetzen würden, dann wären Sie allesamt ein Stück glaubwürdiger. Denn ich sage Ihnen: Während vor allem Sie von ÖVP und SPÖ hier Fristsetzungen nicht zustimmen und darüber philosophieren, wo die Fernverkehrs­dreh­scheibe sein wird – ob am Semmering oder im Wiener Raum oder ob es die Südostspange sein wird –, werden Straßen geplant und gebaut, über Berge drüber, durch Berge durch, ohne irgendwelche Bedenken, ohne irgendwelche Einschränkungen irgendwelcher Naturschutz­gesetze – und das ist es, was mir vor allem zu denken gibt.

An die großen Parteien sei folgendes gesagt: Während Sie eine Verzögerungspolitik betreiben und dieser Fristsetzung nicht zustimmen, gehen kostbare Wochen verloren, in denen man sich Gedanken machen sollte, ob der Nord-Süd-Verkehr nicht bald an Österreich vorbeigehen wird. Während Sie hier kleinkrämerisch diskutieren, ob die Südostspange oder der Semmering-Basistunnel oder sonst eine Variante die richtige ist, werden die Planungen außerhalb Öster­reichs, vorbei an Österreich fortgesetzt, und Sie können sich nicht einmal dazu aufraffen, einer solchen Kleinig­keit wie einer Fristsetzung zuzustimmen.

Sie von ÖVP und SPÖ haben diesbezüglich ein Problem innerhalb Ihrer Parteien. Lösen Sie das Pro­blem, bevor Sie in der Steiermark Versprechungen machen und bevor (Präsident Dr. Fi­scher gibt das Glockenzeichen) – das ist mein letzter Satz – eine Landeshauptfrau nach Hause zurückkehrt und ein jämmerliches Ergebnis präsentiert: Statt im August wird im Mai entschie­den, und wie man sieht, nicht einmal im Mai! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

15.27


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir stimmen nunmehr ab über den Antrag, dem Verkehrsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 769/A (E) der Abgeordneten Amon und Genossen betreffend Semmering-Basis­tunnel – Neue Südbahn eine Frist bis zum 7. Juli 1998 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Fristsetzungsantrag ist daher abgelehnt.

*****

Wir kommen zu einer weiteren Kurzdebatte und daher auch zu einer weiteren Abstimmung in etwa 25 Minuten.

Diese Kurzdebatte betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer, dem Wirt­schafts­ausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 803/A (E) des Abgeordneten Dr. Krüger betreffend Lizenzgebühren für die Übertragung der Fußball-WM eine Frist bis zum 18. Juni 1998 zu setzen.

Auch hierüber wird die Abstimmung im unmittelbaren Anschluß an die Debatte durchgeführt werden.

Ich mache wiederum darauf aufmerksam, daß nach § 57a der Geschäftsordnung die Rede­zeiten jeweils 5 Minuten betragen, mit Ausnahme des Begründers des Fristsetzungsantrages, dem eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung steht.

Als Begründer ist nun Herr Abgeordneter Schweitzer zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.

15.28


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! In ungefähr eineinhalb Stunden, um 17 Uhr, wird der ORF ein weiteres Spiel der zurzeit in Frankreich stattfindenden Fußballweltmeisterschaft übertragen. Es ist noch dazu ein Spiel, an dem auch Österreich teilnimmt: Österreich gegen Chile.

Wir konnten erleben, daß die Fußballweltmeisterschaft auch in Österreich außerordentliches Interesse geweckt hat und daß die Einschaltziffern besonders hoch sind; sie liegen weit über den normalen Einschaltquoten, die wir bei Sportübertragungen gewohnt sind.

Der ORF vermarktet die öffentliche Wiedergabe der Übertragung der Fußballspiele, indem er der Firma Orbit Exklusivrechte für die Wiedergabe auf Vidiwalls und, was besonders bemer­kens­­wert ist, auch auf Geräten eingeräumt hat, die größer als haushaltsübliche TV-Geräte sind; das heißt, ein TV-Gerät mit 72 Zentimetern Bildschirmdiagonale fällt bereits in diese Größen­ord­nung „größer als haushaltsübliche Geräte“. Eine Wiedergabe, die auf derartigen Geräten – also 72 Zentimeter plus – stattfindet, unterliegt einer Lizenzgebühr ab 15 000 S. (Abg. Wabl: Das ist Kapitalismus!)

Das ist Kapitalismus, Kollege Wabl! Darauf werde ich noch einmal zurückkommen. Kollege Wabl sagt, das ist „Kapitalismus“.

Wir wissen, daß es in vielen privaten Haushalten inzwischen Fernsehgeräte gibt (Abg. Wabl: Freie Marktwirtschaft!), die diese Diagonale von 72 oder mehr Zentimetern aufweisen, und wir wissen, daß viele Gastronomiebetriebe die Übertragung der Fußballweltmeisterschaft im ORF dazu genutzt haben, solche Geräte anzuschaffen, um Publikum in ihre Lokale zu bekommen, weil sie wissen, daß viele Leute Fußballspiele gerne in Gesellschaft anschauen. Da haben die Gastwirte eine Chance gesehen, um mehr Gäste für ihr Lokal zu gewinnen.

Jetzt soll dafür ein Betrag von mindestens 15 000 S gezahlt werden. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ja ein Wahnsinn! Wer steckt dahinter?) Der Sublizenzwerber wird darauf hingewiesen (Abg. Öllinger: Erzähl uns etwas über Kapitalismus!), daß die Firma Orbit GmbH, Kollege Öllin­ger, sämtliche terrestrische in Österreich geltende Aufführungsrechte an der Ausstrahlung der Fußball-WM hält. Dies betrifft Aufführungen auf Basis aller in Österreich empfangbarer Signale; Zuwiderhandlungen werden strafrechtlich verfolgt. (Abg. Öllinger: Das ist Kapitalismus!)

Es gilt die verschuldensunabhängige Mindestpönale von 500 000 S – also einer halben Million –als vereinbart, die jedoch weitergehende Ansprüche nicht ausschließt. Darüber hinaus ist es dem ORF vorbehalten, seine Rechte überall dort geltend zu machen, wo seine bezie­hungs­weise die für ihn von der Firma Orbit organisierten Veranstaltungen unterlaufen werden.

Das heißt also, wenn jetzt Schnüffler unterwegs sind, dann können viele Lokalbesitzer zur An­zei­ge gebracht werden, die einen größeren Fernseher mit 72 Zentimetern Bildschirmdiagonale haben. (Abg. Wabl: Für was für ein Marktwirtschaftssystem bist du denn? Für das Rosen­stinglsche?) Meine Herren von den Grünen! Was ist denn? Warum regt ihr euch auf? Warum macht ihr denn so viele Zwischenrufe? Die Schnüffler können viele Gastwirte in finanzielle Probleme stürzen, wenn diese mit 500 000 S Strafe belegt werden können.

Jetzt kommen wir schön langsam dem Grund der Aufregung der Kollegen Wabl und Öllinger näher – handelt es sich doch bei dem, der die Lizenz vom ORF bekommen hat, um niemand geringeren als den bei den burgenländischen Grünen sehr gut bekannten Pius: nicht um Pius XII. in Rom, der seinerzeit den Segen „urbi et orbi“ gespendet hat, nein: Es handelt sich um Pius I. Strobl von den Grünen mit der Firma Orbit, meine Herren von den Grünen! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie Rufe: Da schau her!)

Kollegen Schöll haben Sie immer vorgeworfen, daß er so etwas wie ein Immobilienhai sei – ich kann mich an diese Ausdrücke erinnern. Auch im Immobiliengeschäft hat sich Kollege Pius Strobl schon als Hai erwiesen, aber mit der Firma Orbit hat er sich noch einmal zum Hai hochstilisiert – zu einem, der Länge mal Breite kassiert. (Abg. Wabl: Freie Marktwirtschaft!) Wie war das mit dem Kapitalismus, Kollege Wabl? Ach so, freie Marktwirtschaft ist das! (Abg. Haigermoser: Monopol!) Dabei handelt es sich doch offensichtlich um ein Monopol, Kollege Wabl.

Meinem bescheidenen Wissen nach handelt es sich bei Pius Strobl um einen, der im ORF-Kuratorium sitzt. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das auch noch!) Ist es so? Sitzt er im ORF-Kuratorium, der Kollege Pius Strobl? Er wird doch kein Kurator sein! Nein, Strobl ist kein Kura­tor, oder? – Oder doch? Findet jetzt nicht irgendwann die Wahl des Generalintendanten statt, und sitzt nicht Strobl im Kuratorium, und wählt dieses Kuratorium nicht den Generalintendanten? Könnte unter Umständen das Stimmrecht des Pius I. von den Grünen und diese Lizenz, die er über die Firma Orbit bekommen hat, irgend etwas mit seinem Stimmrecht im Kuratorium zu tun haben? – Sicher nicht! (Abg. Haigermoser: Nein, so ein Zufall!)

Meine lieben Freunde von den Grünen! Kapitalismus ist ganz schön grün geworden in der Person des Pius Strobl, des seinerzeit wirklich hervorragend agierenden Grünen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man muß sich ja nicht dafür schämen, wenn einer von den Grünen geschäftstüchtig ist. Aber wenn er seine Position als Kurator unter Umständen dazu benutzt hat, um diese Lizenz zu be­kommen, dann ist das schon sehr bedenklich und der Entschließungsantrag der Freiheit­lichen natürlich mehr als begründet. Deshalb möchte ich höflich darum ersuchen, daß der Fristsetzung für die­sen Entschließungsantrag auch seitens der Grünen zugestimmt wird. Es geht ja immerhin dar­um, die österreichischen Gastronomen vor einer gefährlichen Drohung zu schützen, die in der Form des kapitalistisch geschäftemachenden Kurators Pius Strobl auf sie zukommen könnte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Besser als Rosenstingl!)

15.36


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Schieder. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

15.36


Abgeordneter Peter Schieder¦ (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Falls es noch gestattet ist, sich einem Thema auch sachlich zu nähern, dann möchte ich darauf hinweisen, daß sich die öffentlichen Vorführrechte für Sportübertragungen aus einer Summe von Einzelrechten ableiten. (Abg. Haigermoser: 72-Zentimeter-Bildschirm!)

Die Übertragung von Sportveranstaltungen durch einen Rundfunkunternehmer stellt per se ein gewerbsmäßig hergestelltes Filmwerk dar, wie der Oberste Gerichtshof jüngst entschieden hat. Im Sinne der Wirtschaftlichkeit hat der ORF zu prüfen, was er dafür zahlt, daß er die Rechte der Über­tragungen bekommt. Diese werden immer teurer, und man weiß nicht, ob sie nicht eines Tages nicht mehr finanzierbar sein werden. Im Sinne der Wirtschaftlichkeit kann der ORF jene Rechte, die er erhalten hat und nicht selber nützt, auch nicht wahllos verschenken, sondern er ist dazu verpflichtet, diese zumindest teilweise auch im Wege von Marketingleistungen refun­diert zu bekommen.

Der ORF hat die Übertragungsrechte mit hohem finanziellen Aufwand als Exklusivrechte für Öster­reich erworben. Die ihm zur Verfügung stehenden Rechte sind daher Exklusivrechte für Österreich. Im Rahmen seiner Verantwortlichkeit gegenüber den Gebührenzahlern hat sich der ORF entschlossen, diese Exklusivrechte für die öffentliche Wiedergabe der Sendungen über die Fußball-WM im Wege von Großbildprojektionen exklusiv zu vergeben. (Abg. Haigermoser: Was ist, wenn ich auf den 72 Zentimetern den ZDF einschalte?) Hören Sie zu! Ich möchte das sachlich erklären, ohne Ihre Unterbrechungen! (Abg. Haigermoser: 72 Zentimeter ZDF auch?)

Der ORF hat nicht, was er auch könnte, Exklusivrechte für öffentliche Übertragungen in Gast­wirt­­schafts­betrieben, Kaffeehäusern, Pensionen, Hotels durchgesetzt (Abg. Haigermoser: Und Würstelstände!), sondern explizit festgehalten (Abg. Dr. Graf: Dieses Thema macht sogar den Kollegen Schieder nervös!), daß diese Übertragungen, die auch öffentliche Übertragungen sind und nicht bloß für den Hausgebrauch, in Lokalen über haushaltsübliche TV-Geräte ohne Li­zenzie­rung stattfinden können. Größere Übertragungen auf Vidiwalls wurden lizensiert.

Er hat diesbezüglich im November 1997 mehrere Agenturen eingeladen, konkrete Angebote zu legen, weil er diese Übertragungen zumindest als Marketinginstrument für sich selbst benutzen wollte. Es wurden mehrere Angebote gelegt, und daraus ist die Agentur Orbit als Bestangebot vom ORF ausgewählt worden.

Meine Damen und Herren! Das ist ein ganz normaler wirtschaftlicher Vorgang betreffend den Erhalt, das Kaufen und das Verwerten von Rechten, wie in vielen anderen Unternehmen auch. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Nein, das war eine Ausschreibung vom November des vergangenen Jahres, das haben nicht nur Insider gewußt.

Gestern, meine Damen und Herren – es ist nicht einmal 24 Stunden her – wurde hier gefordert, daß sich die Parteien nicht beim ORF einmischen, es wurde gesagt, daß man ihn arbeiten lassen muß. – Zu Recht haben das alle gesagt. Aber nicht einmal 24 Stunden hat es gehalten, denn schon heute treten Sie hier im Parlament auf und mischen sich in einen einzelnen wirt­schaftlichen Vorgang des ORF ein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Es geht um die Kri­mi­nalisierung! – Abg. Haigermoser: Pius der Erste!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich schon in Einzelvorgänge einmischen wollen, dann würde ich Ihnen empfehlen, sich wegen des Programms heute um 3.25 Uhr einzumischen. Da wird nämlich gespielt: „Der Gorilla und die Strafkolonie im Dschungel“, und diesbezüglich hätten Sie die Absetzung verlangen können, denn der Film handelt davon, daß einer in ferne Länder reist und dort verhaftet wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Haigermoser: Das ist ein Artenschutzübereinkommen! – Abg. Dr. Graf: Da wird sogar Kollege Schieder nervös! – Abg. Haigermoser: ... steht auf der Roten Liste! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

15.41


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. Gleiche Re­de­zeit. – Bitte.

15.41


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Haigermoser, darf ich auch meine Stellungnahme abgeben? (Abg. Haigermoser: Du hast ein Mikrophon, ich habe keines!)

Ich kann mich der Meinung von Herrn Schieder in vielen Punkten anschließen, aber in einem nicht: Ich glaube, es war bislang nicht üblich, daß der ORF die Übertragungsrechte von Sport­veranstaltungen, Weltmeisterschaften – sei es im Skibereich, sei es im sonstigen Sport­bereich – verkauft hat, und somit war es auch nicht möglich, der Gastronomie, den Kaffeehäusern, den Hotels und ihrer Klientel die kostenlose Übertragungsberechtigung wegzunehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe in einem Punkt den Freiheitlichen recht (Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen) – ich komme schon auch noch auf andere Sa­chen –, nämlich hinsichtlich der Tatsache, daß der ORF die Lizenz ausgerechnet an die Firma Orbit vergeben hat, deren Geschäftsführer der frühere Bundesgeschäftsführer der Grünen und derzeitige ORF-Kurator Pius Strobl ist. Der ORF hat die Lizenz somit seinem eigenen Kurator gegeben (Abg. Böhacker: Jawohl!), und ein Kuratorium ist für mich ein Aufsichtsrat. Meiner Meinung nach ist das unvereinbar – wenn schon nicht gesetzlich, dann zumindest moralisch! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Moralische Verantwortungslosigkeit ist es auch, einer Firma, die eine Konventionalstrafe von 500 000 S als verschuldensunabhängige Mindestpönale festlegt, Rechte zu übertragen. Ich glaube, das ist etwas, was wir genauso aufzuzeigen haben und – gestatten Sie mir, einen kleinen Schwenk zu den Freiheitlichen zu machen – was ver­gleich­bar ist mit den Aussagen des Herrn Kleindienst, der sagt, jeder, der sich über einen Polizi­sten beschwert, wird verklagt. Ich glaube, da gibt es gewisse Parallelen. Das hat aber nichts mit der Sache selbst zu tun. (Abg. Haigermoser: Das war jetzt kleinlich! Das war kleinlich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn jemand ORF-Kurator ist, wenn jemand sozu­sa­gen Aufsichtsratsmitglied in einer derartigen Firma ist, dann steht es ihm bitte nicht einmal zu, sich um diese Aufträge zu bewerben. Das glaube ich hier feststellen zu müssen, denn immerhin gibt es noch Unvereinbarkeiten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Jawohl! Bravo!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen wir das beiseite. Er hat also das Recht, solche Aufführungen zu machen, große und exklusive Weltmeisterschaftsevents zu veranstalten. Damit bin ich einverstanden. Aber es kann ja nicht so sein, daß jeder kleine Wirt, jeder kleine Restau­ra­teur, Hotelier, Pensionsbesitzer dafür zu bezahlen hat. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordne­ten der Frei­heitlichen.) Es ist niemals die Zielsetzung gewesen, das öffentliche Interesse des Rundfunks in diese Richtung zu treiben. (Abg. Mag. Schweitzer: Bravo Puttinger!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 16. April – wir beschäftigen uns mit dieser Ange­legenheit ja schon seit Monaten – hat uns der ORF folgendes geschrieben: Die Rechte der Wieder­gabe der Sendungen über die Fußballweltmeisterschaft im Wege von Großbild­pro­jektionen im Rahmen von Großveranstaltungen sind exklusiv vergeben. – Das war eine eindeu­tige Erklärung des ORF. In den nachfolgenden Wochen wurden den Kunden Verträge zuge­sandt – jene Knebelungsverträge, die ich erwähnt habe und in denen sie aufgefordert wurden, Lizenzgebühren zu bezahlen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß die Firma Orbit an die AKM herangetreten ist und gebeten hat, ihr die Adressen bekanntzugeben, an denen Übertragungen stattfinden, damit sie sich an diese wenden kann. Ich frage Sie schon, Herr Kollege Wabl: Ist das der grüne Bürger­schutz, von dem Sie immer reden? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das sind die Grünen!) Fragen Sie Ihren Kollegen: Ist das der grüne Bürgerschutz, den Sie haben wollen beziehungsweise den Sie immer predigen?

Wir hatten immer wieder Kontakt mit dem ORF. (Abg. Haigermoser: Das ist nämlich interes­sant!) Dann kam es zur Zurücknahme auf die haushaltsübliche Bildschirmgröße, und zwar erst am 29. Mai, durch ein Schreiben des ORF! (Abg. Mag. Schweitzer: Kollege Schieder, das haben Sie nicht gewußt, oder? Warum haben Sie es dann verteidigt?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da kommt in mir schon der Verdacht hoch, daß man vielleicht nur gewartet hat, bis die Weltmeisterschaft angefangen hat, um dann all jene sitzen zu lassen mit ihren Schwierigkeiten, die durch Rechtsanwälte an die Öffentlichkeit getragen wer­den. Das kann nicht im Interesse des öffentlichen Auftrages des Rundfunks sein. Das kann meiner Ansicht nach auch nicht zur Rechtssicherheit beitragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! So kann es sicherlich nicht laufen, wenn es darum geht, öffentliche Übertragungen von Weltmeisterschaften, bei denen Österreich vertreten ist, in die Öffentlichkeit zu bringen, unseren Bürgern näher zu bringen. (Abg. Haigermoser: Wir zah­len doch alle Gebühren, bitte!)

Wir von der ÖVP werden mit dem Justizminister Kontakt aufnehmen, um eine entsprechende Än­de­rung im Rahmen der nächsten Urheberrechtsnovelle zu verlangen. (Abg. Mag. Schweit­zer: Werdet ihr mitstimmen mit uns?) Das ist der einzig richtige Weg, um das auf Dauer sicher­zustellen.

Was Ihren Weg, den Weg der Freiheitlichen, betrifft, nämlich an den Wirtschaftsminister mit der Bitte um Verhandlungen heranzutreten, so wissen Sie, daß das sowieso nichts bringt, weil die Zeit uns ja davonläuft. Aus diesem Grund möchte ich feststellen, daß die ÖVP mit diesem Frist­setzungsantrag nicht mitgeht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: So ein starker Anfang und so ein schwacher Schluß!)

15.46


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marolt. – Bitte.

15.46


Abgeordneter Heinz Anton Marolt¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Glauben Sie nicht, daß ich heute bei meiner sogenannten Jungfernrede sofort Kritik in Richtung ORF oder auch in Richtung Grüne üben werde. Ich denke gar nicht daran. Ich werde Ihnen auch sagen, warum. Ich will es mir bei meiner ersten Rede nicht mit dem ORF ver­scher­zen, denn ich will heute – wenn auch die Mehrheit für diesen Fristsetzungsantrag, hinter dem wir alle stehen sollten, nicht zustande kommen sollte –, wenigstens eines bewirken, nämlich die Grußbotschaft des Kärntner Tourismus österreichweit nach außen zu tragen. (Ruf bei der ÖVP: Ja, sicher!)

Wenn es mir gelingt, heute wenigstens zu sagen, daß Kärnten eines der schönsten Länder ist und ich mich persönlich als Abgeordneter bemühen werde, seine Interessen hier im Hohen Haus kundzutun und zu vertreten, habe ich heute schon einiges dazu beigetragen, Politik zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie Beifall und Bravorufe der Abg. Dr. Mertel.)

Aber, meine Damen und Herren, ich gebe trotzdem die Hoffnung nicht auf (Abg. Dr. Partik-Pablé: Schärfer werden!), daß dieser Entschließungsantrag durchgebracht wird, und zwar mit Frist­setzungstermin 18. Juni. Vielleicht haben wir die Chance, das morgen auch wirklich abzu­han­deln, denn ich glaube, daß gerade die Tourismuswirtschaft in Österreich, die krisen­ge­schüttelt, krisengebeutelt ist, es verdienen würde, nicht mit zusätzlichen Belastungen konfron­tiert zu werden – Belastungen, die meines Erachtens wirklich unerhört sind. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Da hat er recht!)

Wenn ich mir den Entschließungsantrag meiner Fraktion durchlese – und ich habe das, ich sage es Ihnen ganz offen und ehrlich, erst vor kurzem gemacht; ich bin ja erst gestern mit allen Wür­den ausgestattet in dieses Hohe Haus eingetreten – so kann ich Ihnen eines sagen: Eine Strafandrohung von 15 000 S ist unerhört in einer Zeit, in der der Tourismus und auch das Gast­gewerbe einmal die Chance bekommen, Geld zu verdienen, nämlich in der Zeit der Fußball-WM.

Meine Damen und Herren, geben Sie der krisengeschüttelten Tourismusbranche doch die Chan­ce, wenigstens in diesen wenigen Wochen und Tagen Geld zu verdienen und nicht Strafen zahlen zu müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Glauben Sie mir, ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß wir vielleicht doch noch zu einem guten Er­gebnis kommen werden. In der aktuellen Ausgabe des linksgerichteten, wie man mir gesagt hat, „Falter“ – Ausgabe 25/98 – heißt es (Abg. Öllinger: Wer sagt Ihnen solche Sachen?) – ich zitiere –: „Auch kleine Wirtsleute würden von der Strobl-Firma Orbit zur Kasse gebeten, be­hauptet Peter Altendorfer“. (Abg. Mag. Schweitzer: Peter Altendorfer! Das ist eine Selbstkritik! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist eine Selbstkritik!) Wenn ich hier weiters lese, daß Peter Alten­dorfer zu den Grünen zu zählen ist und jetzt in den Gemeinderat übersiedelt ist, dann, glaube ich, kann man auch von den Freunden der Grünen erwarten, daß sie wenigstens diesem Antrag, nämlich dem Antrag der Freiheitlichen, die Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich blicke nun auch in Richtung ÖVP, einer Partei, die seinerzeit – und ich kann das sagen – wirtschaftsorientiert ausgerichtet war. (Rufe bei der ÖVP: Immer noch!) Ich möchte auch in diese Richtung appellieren, dem Entschließungsantrag der freiheit­lichen Gemeinschaft die Zustimmung zu erteilen. Denn, meine Damen und Herren, ich kenne sehr viele touristische Betriebe, die ihre Stimme für die ÖVP abgegeben haben, und diese erwarten sich Ihre Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich brauche jetzt nicht ins Detail einzugehen, es ist von meinem Vor­red­ner an und für sich alles gesagt worden. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Es ist natürlich ein bißchen ein Nachgeschmack ... (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Was ist mit der Höflichkeit des Hauses einem neuen Redner gegenüber?)

Meine Damen und Herren! Ich werde mich jetzt kurz fassen. Im wesentlichen habe ich, glaube ich, meine Meinung kundgetan. (Abg. Dr. Mertel: Eine Richterin zeigt diesem Haus die Zunge! Eine Richterin zeigt diesem Haus die Zunge! Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen!)

Ich bitte um die Zustimmung zu dieser beantragten Fristsetzung bis 18. Juni 1998 und schließe hiermit meine Ausführungen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.51


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

15.51


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits¦ (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Pošto­vane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie sieht es jetzt aus mit den Grünen? – Abg. Dr. Graf: Wieviel Geld fließt in die Parteikassa?) Seit 1986, seitdem die Grünen im Parlament sind, ist es bei uns üblich, daß wir Fristsetzungsanträgen unsere Zu­stimmung geben, weil wir das – und dies unabhängig von der inhaltlichen Frage – als ein Recht des Parlaments erachten, sich sozusagen selbst ernstzunehmen und sich mit Anträgen, ob sie jetzt von Regierungsfraktionen oder von Oppositionsfraktionen kommen, auseinander­zusetzen. (Abg. Dr. Mertel: Regierungsfraktionen stellen Fristsetzungsanträge?)

Das wollen die Freiheitlichen heute. Sie haben gestern einen Antrag eingebracht und möchten, daß sich der zuständige Ausschuß, nämlich der Wirtschaftsausschuß, mit diesem Antrag be­schäftigt. Dagegen ist nichts einzuwenden. Meine Kolleginnen und Kollegen und ich werden die­sem Ansinnen der Freiheitlichen Partei, daß das Parlament arbeiten soll – und mag es sich mit noch so unsinnigen Anträgen beschäftigen (Abg. Mag. Schweitzer: Ah!) –, zustimmen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Frau Mertel, ich habe nur den Schwemlein nachgemacht! – Abg. Dr. Graf: Sie hat nur den Schwemlein nachgemacht! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Da hätten Sie nur den Schwem­lein ansehen müssen! – Abg. Dr. Graf: Sie hat dem Schwemlein den Spiegel vorge­halten!)

Und das ist der zweite Teil meiner Ausführungen: die Frage der Sinnhaftigkeit dieses Antrages.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das paßt sehr gut zur gestrigen Debatte um den ORF – die Zukunft des ORF, die wirtschaftliche Basis des ORF –, und ich knüpfe ein wenig an die Worte von Kurator Schieder an, dem ja ganz offensichtlich heute die Zukunft, die wirt­schaftliche Zukunft des ORF ein ganz wichtiges Anliegen ist; das war es auch gestern verbal, allerdings nicht, als es um die Möglichkeit ging, die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. (Abg. Schieder: Heute gefällt es dir besser?) Heute gefällt es mir besser, weil es nämlich tatsächlich auch darum geht, ein Beispiel dafür zu geben, wie man dem ORF die Möglichkeit geben soll, für das eigene wirtschaftliche Überleben zu sorgen, ohne andere – und das ist ja die wesentliche Frage – dadurch zu beeinträchtigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir, Herr Präsident Puttinger, haben im April dieses Jahres den besorgten Brief des Dr. Feichtenberger vom Verband der Konzert­lokal­besitzer bekommen, so wie Sie. Ich habe Dr. Feichtenberger in meiner Eigenschaft als parla­men­ta­rische Mediensprecherin der Grünen auch umgehend geantwortet und ihn dahin gehend beruhigt, daß die Geschäfte, die der ORF macht, keinerlei Auswirkungen auf die Geschäfts­tätigkeit der einzelnen Gastwirte in Österreich haben (Abg. Dr. Lukesch: Wieso kennen Sie den Vertrag? Woher haben Sie den Vertrag?) und daß es, so wie es in der Vergangenheit keinen Grund zur Besorgnis gab, auch diesmal keinen gibt. (Abg. Dr. Lukesch: Wieso kennen Sie den Vertrag?) Die Gastwirte dürfen das, was sie immer durften, nämlich Fernseher in ihren Lokalitäten aufstellen und ihren Gästen die Möglichkeit geben, die Fußballweltmeisterschaft zu verfolgen. (Abg. Dr. Puttinger: Früher durften sie alles aufstellen!)

Wenn aber, Herr Präsident Puttinger, der ORF um sündteures Geld – und das ist ja der sprin­gen­de Punkt bei der ganzen Angelegenheit, daß Sportübertragungsrechte eines der absolut teu­ersten Güter sind, die es im Zusammenhang mit diesen immateriellen Werten gibt – selbst die Rechte erwirbt, dann steht ihm doch wohl selbstverständlich das Recht zu, diese in Form von Exklusivrechten weiterzugeben. Es könnte theoretisch auch so funktionieren, daß der ORF die Rechte nicht einmal exklusiv weitergibt – selbstverständlich gegen Entgelt –, sondern mit 300 Gastwirten oder Restaurantbesitzern Einzelverträge abschließt. Ob das sinnvoll und wirt­schaftlich ist und ob es sich auch in dieser Zeit bewerkstelligen läßt, das mag dahingestellt sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe die Besorgnis absolut nicht, denn für mich ist die Rechtslage klar: Daß es in dieser Rechtsfrage auch unterschiedliche Auffassungen gibt und daß einige einen anderen Standpunkt vertreten, das liegt im Wesen des Rechts, das ja einen Interpretationsspielraum zuläßt. Es gibt Möglichkeiten, diesen Interpretationsspielraum auch auf dem Gerichtsweg ausjudizieren zu lassen, das steht jedem offen. (Abg. Mag. Schweitzer: Wenn der Lizenznehmer Kurator ist! – Abg. Haigermoser: Insidergeschäfte!) Das hat auch Herr Dr. Feichtenberger – ich habe es in einem „Standard“-Kommentar gelesen – ähnlich gesehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Mag. Schweitzer: Der Lizenznehmer ist Kurator und Grüner!)

Darum, Herr Präsident Puttinger, machen Sie sich bitte keine Sorgen darüber, ob die Grünen Bürger­rechte vertreten. Weit intensiver, weit konkreter und pointierter in der Sache haben wir das in dem Sinn getan. Der Brief ist natürlich Ihnen – weil er ja nicht an Sie gerichtet war – nicht zur Verfügung gestanden, aber es gibt keinen Grund zur Sorge. Darüber zerbrechen wir uns den Kopf selbst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!


Präsident Dr. Heinz Fischer¦ (das Glockenzeichen gebend): Bitte die Redezeit beachten!


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits¦ (fortsetzend): Mein letzter Satz: Wenn es hier jemanden gibt, der sich Sorgen um Vereinbarkeiten oder Unvereinbarkeiten im Zusammenhang mit dem ORF-Kuratorium macht (Abg. Mag. Schweitzer: Pius Strobl!), dann gibt es eine ganz einfache Möglichkeit: Der Verfassungsausschuß soll sich mit dem ORF und mit der Rundfunkgesetz­novelle der Grünen beschäftigen. Darin gibt es klare Positionen. Stimmen Sie dem zu, handeln Sie im Sinne der Gastwirte und der Bürger! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Es darf gelacht werden!)

15.58


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich die Debatte über diesen Fristsetzungsantrag.

Wir kommen zur Abstimmung, und ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Antrag, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 803/A (E) des Abgeordneten Dr. Krüger betreffend Lizenzgebühren für die Übertragung der Fußball-WM eine Frist bis 18. Juni 1998 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Damit ist diese Fristsetzungsdebatte beendet.

Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Ich nehme die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 7 und 8 wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits und nach ihr Herr Abgeordneter Puttinger.

15.59


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits¦ (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beiden Tagesordnungspunkte, die jetzt zur Verhandlung stehen, sind einerseits ein Überein­kom­men zur gegenseitigen Hilfeleistung, in diesem Fall zwischen zwei Nachbarstaaten, der Slo­wa­kei und Österreich. Darauf möchte ich jetzt nicht näher eingehen, denn das wird meine Kollegin Dr. Moser nachher tun. Es geht um etwas, was im Moment eine sehr brisante Frage ist – Stich­wort Mochovce.

Ich möchte mich kurz mit dem zweiten Tagesordnungspunkt, der Ihnen zur Abstimmung vor­liegt, beschäftigen, betreffend das sogenannte Schubabkommen – so heißt es nicht, das ist nur eine Kurzformel – zwischen Österreich und Kroatien.

Das Interessante daran ist nicht, daß es ein Schubabkommen ist – Schubabkommen haben wir hier schon öfters verhandelt –, sondern daß es um ein Schubabkommen geht, das nicht mit einem Nachbarland, nicht mit einem Land, mit dem Österreich eine gemeinsame Grenze hat, abgeschlossen wird.

Ich habe grundsätzlich absolut nichts gegen ein Abkommen, das dazu dient, die Abschiebung von Personen, die die Staatsbürgerschaft des jeweiligen Landes haben, mit dem das Abkom­men geschlossen wird, zu ermöglichen. Das ist meiner Ansicht nach dringend notwendig und des­halb auch gewünscht. In diesem Zusammenhang gibt es gewisse Formalitäten, die man regeln muß. Das ist das Wesen von Schubabkommen.

Meine Damen und Herren! Mir fehlt aber das Verständnis für das nun vorliegende Schubab­kom­men, in dem Kroatien, also kein Nachbarstaat Österreichs, verpflichtet werden soll, einen Dritt­ausländer, der sich momentan – natürlich rechtswidrig, sonst würde man ja nicht versuchen, ihn außer Landes zu bringen – in Österreich befindet und sich irgendwann einmal in Kroatien auf­gehalten hat, wieder zu übernehmen. Denn das ist der Gegenstand dieses Schubabkom­mens.

Schubabkommen, die mit direkt angrenzenden Staaten geschlossen werden, haben eine gewis­se Logik. Damit kann etwa jemand, der, wie wir es erst kürzlich hatten, von Ungarn illegal nach Öster­reich kommt und sich hier aufhält, wieder nach Ungarn abgeschoben werden. Wenn aber je­mand in ein Land abgeschoben werden soll, mit dem wir keine gemeinsame Grenze haben, dann erhebt sich die Frage, wie derjenige nach Österreich gekommen ist. Es geht dabei wohl­ge­merkt um Personen, die nicht die kroatische Staatsbürgerschaft haben – das ist ja der sprin­gende Punkt an der ganzen Sache.

Aus dieser Materie ergibt sich meiner Ansicht nach der dringende Verdacht, daß Österreich – und in diesem Fall die österreichischen Asylbehörden – damit die sogenannte sichere Drittland­politik, die wir betreiben, wirklich „wasserdicht“ machen will. Denn dieses Abkommen bedeutet, daß auch politisch Verfolgte, das heißt Flüchtlinge, deren Fluchtweg durch Kroatien nach Öster­reich geführt hat, irgendwann einmal wieder nach Kroatien zurückgeschickt werden können. Und es besteht die Gefahr, daß einem politischen Flüchtling in einem Staat wie Kroatien, den ich be­stimmt nicht als ein sicheres Drittland bewerten würde – Sie kennen alle die fragile politische Situation in Kroatien –, das Recht, einen Asylantrag nach der Genfer Konvention überhaupt zu stellen, durch die Abschiebung aus Österreich genommen wird.

Dieses Schubabkommen ist deshalb meiner Meinung nach ein neuerlicher Beweis für die Politik Österreichs, sich gegenüber den Nicht-EU-Nachbarstaaten abzuschotten, die Grenzen noch dichter zu machen, als sie es ohnedies bereits sind, und Fluchtwege für politisch, rassisch oder religiös verfolgte Menschen auf dem Landweg gänzlich unmöglich zu machen. Denn praktisch jeder Weg nach Österreich führt heutzutage über ein sogenanntes – nach der Interpretation des Innenministeriums beziehungsweise des Bundesasylamts – sicheres Drittland.

Deshalb lehnen wir erstmals ein Schubabkommen ab, denn die Gefahr, daß dadurch ein poli­tisch Verfolgter einer neuerlichen Gefährdung ausgesetzt wird, ist mir und meinen Kolleginnen und Kollegen im konkreten Fall zu groß. Solange nicht in hohem Ausmaß Gewißheit darüber besteht, daß Flüchtlinge auch in Kroatien die Möglichkeit haben, ihre Fluchtgründe in einer Wei­se darzulegen, daß sie ein entsprechendes Verfahren bekommen, so lange können wir Schub­abkommen mit Ländern wie Kroatien nicht zustimmen.

Ich möchte – unabhängig davon – noch einen zweiten Aspekt erwähnen. Es ist nicht einzu­sehen, daß Österreich versucht, Verantwortung und damit auch Lasten auf Kroatien, einem Land, das wirtschaftlich wesentlich schlechtergestellt ist und noch von den Auswirkungen des Krie­ges vor ein paar Jahren gezeichnet ist, abzuwälzen.

Slowenien hat sich offensichtlich geweigert, die österreichische Abschiebepolitik mit zu voll­ziehen. Darum gibt es nun ein Schubabkommen mit Kroatien. Ich weiß nicht, wie das zustande gekommen ist, aber ich kann mir vorstellen, daß das nicht allein mit politisch sanftem Druck, son­dern geradezu politischer Nötigung passiert ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Minister! Was haben Sie gemacht? – Abg. Jung: Sie haben gesagt, wir fahren nicht auf Urlaub!) Das ist der Grund für unsere Skepsis und die Ablehnung dieses Schubabkommens. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

16.06


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Puttinger. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. Ich erteile ihm das Wort.

16.06


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, Frau Stoisits, daß wir beim Thema „Österreich und die Slowakei“ mehr gemeinsam haben als bei der vorheri­gen Diskussion, die wir ebenfalls hintereinander zu führen hatten.

Ich möchte heute auf die gegenseitige Katastrophenhilfe mit der Slowakei eingehen. Wie in ganz Europa ist man auch auf österreichischer Seite bemüht, mit den Nachbarstaaten die Hilfeleistung im Katastrophenfall zu regeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Österreich hat mit Deutschland und mit Liechtenstein bereits diesbezügliche Verträge abgeschlossen. Unmittelbar vor der Ratifikation stehen die Ver­träge mit Ungarn und Slowenien, Vertragsverhandlungen werden mit Italien, der Schweiz und Tschechien geführt. – Mit der Slowakei gab es auf diesem Gebiet bisher keine Regelung. Durch den vorliegenden Vertrag soll nun ein völkerrechtlicher Rahmen für die gegenseitige Hilfe­leistung bei Unglücksfällen geschaffen werden.

Hohes Haus! Es ist dies ein äußerst wichtiger Schritt im Sinne einer effizienten und raschen Hilfe­leistung im Katastrophenfall. Denn durch diese Regelung wichtiger Bereiche wird für Kata­strophen­einsätze Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen. Ich möchte aus den 18 Punkten der Vereinbarung fünf oder sechs herausnehmen, die, wie ich glaube, sehr wesentlich sind und über die man sich Klarheit verschaffen sollte.

Erstens: Von großer Bedeutung ist sicherlich vor allem die klare Feststellung, welche österrei­chi­schen und welche slowakischen Behörden bei der Entgegennahme von Hilfeansuchen über­haupt zuständig sind. Dies ist für die Koordination in Unglücksfällen unbedingt und unum­gäng­lich notwendig. Auf österreichischer Seite werden im Bedarfsfall das Innenministerium oder das Land Niederösterreich beziehungsweise die burgenländische Landesregierung zuständig sein, auf slowakischer Seite immer der Innenminister.

Zweitens: Hilfsmannschaften sollen die jeweiligen Staatsgrenzen unbürokratisch passieren kön­nen. Reisedokumente sind nicht mehr vonnöten. – Die Beseitigung der Einreiseformalitäten ist ein äußerst wichtiger Passus. Dies erst ermöglicht eine schnelle Hilfe. Sie können sich sicher vor­­stellen, daß wertvolle Zeit verstreichen würde, wenn an der Grenze erst die Erledigung der Zoll- und Grenzformalitäten vor sich zu gehen hätte.

Drittens: Der Einsatz von Luftfahrzeugen für schnelle Hilfsmaßnahmen, vor allem für die schnel­le Heranführung von Hilfsmannschaften, wird ebenfalls in diesem Vertrag geregelt. Luft­fahr­­zeu­ge können im Katastrophenfall jeden Flughafen anfliegen, sie haben es nur der Flugsicherung zu melden. Flugzeuge mit militärischem Charakter haben natürlich ein Ansuchen an den hilfe­suchenden Staat zu richten.

Viertens: Wichtig sind aber auch die Vorschriften bezüglich der Einfuhr von Suchtgiften und psy­chotropen Substanzen in den hilfesuchenden Staat. Es wird in der Vereinbarung festge­hal­ten, daß das natürlich nur in medizinischer Hinsicht gestattet ist und daß auch eine entsprechende Aufsicht in Gestalt von Ärzten dafür notwendig ist. Ein Mißbrauch wird daher von vornherein aus­geschaltet.

Als fünften Punkt darf ich die Regelung im Hinblick auf die Ersatzkosten erwähnen. Ein hilfe­leistender Staat bekommt keinen Ersatz der Kosten für Hilfeleistungen.

Sechstens: Artikel 2 regelt den Schadenersatzanspruch Österreichs und der Slowakei. Beide Staaten kommen überein, auf Schadenersatzansprüche zu verzichten, sei es einerseits bei Schä­den der Gesundheit oder im Falle des Todes eines Helfers oder andererseits für Ver­mö­gensschäden. Es ist kein Haftungsrahmen gegeben. – Regreßansprüche an den hilfelei­sten­den Staat werden also nicht erhoben. Es wäre sicherlich auch nicht sehr sinnvoll oder einzu­sehen, daß, wenn im Rahmen von Hilfeleistungen Schäden entstehen, der hilfeleistende Staat dafür auch noch haftbar gemacht werden würde.

Hohes Haus! Ein meiner Ansicht nach insgesamt sehr wichtiger Punkt in diesem Vertrag ist die Tat­sache, daß diese Hilfeleistungen grundsätzlich freiwillig erfolgen. Es steht damit jedem Rechts­träger frei, auf das Ersuchen der zuständigen Stelle entweder positiv oder negativ zu reagieren. Jeder Rechtsträger in Österreich kann frei verantwortlich und für den jeweiligen Fall entscheiden, ob er Hilfestellung anbietet oder nicht.

Daher werden der Bundesminister für Inneres und die zuständige Landesregierung einem Hilfe­er­suchen der slowakischen Republik nur dann entsprechen können, wenn die wichtigsten Trä­ger­organisationen, sei es nun das Rote Kreuz, das Hilfswerk, der Arbeiter Samariter Bund oder die Feuerwehren, selbst, eigenständig die Bereitschaft zu dieser Hilfeleistung feststellen. Es be­steht für österreichische staatliche Stellen somit unmittelbar keine rechtliche Möglichkeit, aufgrund dieses Vertrages Rechtsträger zu Hilfseinsätzen zu verpflichten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß dieser völkerrechtliche Vertrag ein wichtiger Baustein in den Beziehungen dieser zwei Staaten ist. Durch diesen Vertrag wird nicht nur erst im Katastrophenfall rasche und unbürokratische Hilfe gewährleistet, sondern es können bereits in der vorbeugenden Zusammenarbeit viele vertrauensbildende Maßnahmen gesetzt werden, die zum Wohle der Slowakei und Österreichs vereinbart werden.

Hohes Haus! Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung zu diesem internationalen Vertrag. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Heindl.)

16.13


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Das Wort erhält Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

16.13


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser¦ (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat von einem völkerrechtlichen Vertrag und vertrauensbildenden Maßnahmen gesprochen. Beides ist im Zusammenhang mit diesem Kata­strophenhilfsleistungsabkommen sehr wohl gerechtfertigt, denn beides zählt praktisch zur Grundvoraussetzung, zum Einmaleins nicht nur der Nachbarschaftshilfe, sondern auch der Kata­strophenvorsorge.

Aber man muß darüber hinaus denken. Im vorliegenden Fall gilt unsere Zustimmung dieser Grundvoraussetzung, dem Einmaleins der Nachbarschaftshilfe bei Katastrophenfällen. Es ist aber in anderen Bereichen notwendig, noch einen Schritt weiterzugehen, und zwar auch im Hin­blick auf völkerrechtliche Verträge und Vertrauenselemente.

Zum Punkt „völkerrechtliche Verträge“: Es muß auf europäischer Ebene – und ich sehe darin vor allem eine Aufgabe für die Präsidentschaft Österreichs – auf jeden Fall zu völkerrechtlichen Vereinbarungen über die Sicherheit im Bereich der Atomkraftwerke kommen.

Nach wie vor wird es zur nationalen Angelegenheit erklärt, wenn ein Staat ein Atomkraftwerk in Betrieb nimmt oder ein altes in Betrieb hält, das nicht nur für sein eigenes Land, sondern auch für die Nachbarstaaten, ja sogar für ganz Mitteleuropa zur tickenden Zeitbombe wird. Das kann nicht so weitergehen! Es muß endlich einmal geregelt werden, daß Sicherheitsstandards völker­rechtlich verbindlich werden.

Ich sehe den heutigen Beschluß sozusagen als einfache Pflichtübung und gleichzeitig Auftrag an, daß man die wesentliche Sicherheitsfrage, nämlich jene im atomaren Bereich, forciert und offensiv angeht. – Soviel zum Völkerrechtlichen! Es muß auf EU-Ebene endlich einmal in Angriff genommen und zu einem möglichst günstigen Abschluß gebracht werden.

Nun zum Punkt „Vertrauensbildendes“: Es ist meines Erachtens gerade im Zusammenhang mit dem AKW Mochovce nicht besonders vertrauensbildend gewesen, daß man relativ spät, nämlich erst im Jahr 1995, mit Angeboten an die slowakische Regierung beziehungsweise die Kraft­werks­errichter herangetreten ist, einen anderen Weg als den der atomaren Energiever­sor­gung zu beschreiten. Es hätte bereits früher beziehungsweise zumindest in der Zeit zwi­schen 1995 und 1997 massiver Schritte bedurft, Vertrauen in eine andere Technologie zu er­wecken. Man hätte Vertrauen in die Technologie der Gas-Dampf-Koppelung verbreiten können, mit der die Energiebedürfnisse der slowakischen Bevölkerung auf einem besseren Weg als durch den Bau von Mochovce beziehungsweise durch den Weiterbetrieb von Bohunice befrie­digt werden könnten.

Meiner Ansicht nach ist dieser heutige Tagesordnungspunkt, die Katastrophenhilfe, auf jeden Fall eine massive Aufforderung an die Bundesregierung, alles zu unternehmen, um die Reaktor­blöcke 2 und 3 in Mochovce möglichst nicht aktivieren zu lassen und – noch viel wichtiger – endlich darauf zu dringen, daß – wie es Me#iar versprochen hat – Bohunice abgeschaltet wird.

Das sind die eigentlichen Sicherheitsaufgaben, die ausgehend vom nun vorliegenden Kata­strophen­hilfegesetz auf jeden Fall in Angriff genommen werden müssen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle. – Abg. Mag. Posch: Alte Liebe rostet nicht! – Abg. Kiss: Du kannst deine Heimat nicht verbergen!)

16.17


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

16.17


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé¦ (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, ich habe Sie bisher immer für sehr friedfertig und gutmütig gehalten, aber nach den Ausführungen der Frau Stoisits, nach diesen kryptischen Äußerungen, muß ich annehmen, daß Sie wie ein Folterknecht durch Europa reisen und die Kroaten gezwungen haben, dieses Ab­kommen zu unterfertigen.

Ich bin nicht der Meinung von Frau Stoisits, daß dieses Abkommen schlecht ist. Ganz im Gegen­teil: Ich befürworte das Abkommen (Abg. Smolle: Hätte mich ja auch gewundert!), da ich glaube, daß wir gerade in Anbetracht des Schengener Abkommens dazu gezwungen sind, unsere Grenzen international besser abzusichern. Denn alle Menschen, die illegal durch Öster­reich durchreisen, werden von der Bundesrepublik Deutschland wieder zu uns zurückgeschickt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist also unbedingt notwendig, danach zu trachten, daß auch jene Staaten, die nicht direkt an unser Gebiet grenzen, aus denen aber sehr viele Personen illegal zu uns kommen, ihre Grenzen besser sichern. Das heißt also, daß wir der Regierungsvorlage über dieses Abkommen unsere Zustimmung geben.

Mit dem zweiten Abkommen, dem Vertrag zwischen Österreich und der Slowakei betreffend eine gegenseitige Hilfeleistung, bin ich wie auch meine Fraktion inhaltlich durchaus einver­stan­den. Das einzige Problem, das ich damit habe, ist – und ich habe das auch schon im Ausschuß geäußert –, daß das Verantwortungsgefühl, das wir mit diesem Vertrag zum Ausdruck bringen, nämlich in Katastrophenfällen Hilfe zu leisten, sehr einseitig ist. Denn die Slowakei bringt dieses Verantwortungsgefühl nämlich nicht auf.

Wir haben vor kurzem gesehen, wie beinhart die Slowakei ihre Ansichten vertritt, wenn es um die Betreibung des Kraftwerkes Mochovce geht. Alle internationalen Rügen und Aktivitäten haben überhaupt nichts gefruchtet. Nicht einmal die Gutachten wurden gewürdigt. Die Slowakei ist einfach ihren Weg gegangen.

Das hat mich auch dazu bewogen, im Ausschuß den Antrag zu stellen oder zumindest zu bitten, man möge diesen Vertrag noch nicht abschließen, sondern zurückstellen, da ich glaube, daß es ein Druckmittel wäre, um den Slowaken zu sagen, daß, solange sie ihre Atomlinie ohne Rück­sicht auf die Nachbarstaaten weiterverfolgen, Österreich einen derartig weitreichenden Freund­schafts­vertrag nicht abschließen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Herr Minister hat gemeint, es wäre nicht die richtige Gelegenheit, mit diesem Abkommen Druck auf die Slowakei auszuüben, weil es sich mehr oder weniger um einen Routinevertrag han­delt. – Herr Minister! Ich stehe nach wie vor auf dem Standpunkt, daß man diesen Vertrag zum jetzigen Zeitpunkt nicht hätte unterzeichnen sollen, weil meiner Meinung nach jede Gele­gen­heit wahrgenommen werden muß, ein Signal zu setzen, daß die Slowakei beziehungsweise jeder Staat, insbesondere einer, der in die EU aufgenommen werden möchte, eine inter­na­tionale Verantwortung trägt und auch darauf Rücksicht nehmen muß, welche Gefahren mit dem Betrieb eines solchen Kraftwerkes für ein benachbartes Land wie Österreich verbunden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir hätten meiner Meinung nach unserem Protest dadurch Ausdruck verleihen sollen, daß wir diesen Vertrag nicht abschließen. Wir Freiheitlichen werden aber trotzdem zustimmen.

Ich werde aber einen Entschließungsantrag einbringen, den ich jetzt verlesen möchte. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie diesem Antrag Ihre Zustimmung geben könnten. xxxvgl. Pau

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Kollegen betreffend Sicherheit der Atomkraft­werke in den osteuropäischen Staaten

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Um das Leben und die Gesundheit aller Europäer, insbesondere der Österreicherinnen und Öster­reicher, zu schützen und die Umwelt vor irreparablen Schäden zu bewahren, wird die Bun­des­regierung ersucht, ihre Anti-Atomlinie konsequent im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen zu vertreten. Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, alle diplomatischen und rechtlichen Möglichkeiten, insbesondere innerhalb der Europäischen Union, auszuschöpfen, um Maß­nah­men zu ergreifen, die eine Stillegung von Mochovce bewirken, für die Zukunft die Planung, den Bau und die Inbetriebnahme weiterer Atomkraftwerke verhindern und dafür Sorge tragen, daß bereits laufende Atomkraftwerke an die Sicherheitsstandards der EU-Staaten angepaßt wer­den.“

*****

Ich bitte Sie darum, sehr geehrter Herr Minister – ich kann mir allerdings vorstellen, daß Ihre Fraktion nicht zustimmen wird –, im Interesse unseres Entschließungsantrages auch im Rah­men der EU tätig zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.22


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag liegt vor, ist ausreichend unterfertigt, zum Thema eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Kurt Wallner. – Bitte.

16.22


Abgeordneter Kurt Wallner¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zwischen Österreich und seinen westlichen Nachbarstaaten sowie einigen weiteren westeuropäischen Staaten bestehen bereits seit vielen Jahren vertragliche Regelungen über die Übernahme von Personen an der Grenze. Weiters ist Österreich seit vielen Jahren darum be­müht, mit seinen übrigen Nachbarn und allen anderen mittel- und osteuropäischen Staaten Abkommen über die Übernahme von Personen abzuschließen.

Nun ist es gelungen, ein derartiges Abkommen mit Kroatien abzuschließen, ein Abkommen, das von meiner Fraktion begrüßt wird. Es stellt das erste Schubabkommen dar, das die Rücknahme von Drittausländern vorsieht, das mit einem Staat abgeschlossen wurde, mit dem Österreich keine gemeinsame Grenze verbindet.

Warum ist dieses Abkommen mit Kroatien so wichtig? – Bis heute besteht zwischen Österreich und Kroatien keine vertragliche Regelung über die Übernahme eigener Staatsbürger und von rechtswidrig aus einem in den anderen der beiden Staaten eingereisten Drittausländern sowie die Durchbeförderung von Drittausländern. Da ein derartiges Abkommen jedoch für Österreich im Zuge einer verantwortungsvollen Sicherheitspolitik von großer Bedeutung ist, ist es zu be­grüßen, daß nun eine vertragliche Regelung mit der Republik Kroatien zustande gekommen ist.

Auch in der EU existiert eine Empfehlung des Rates, bilaterale Rückübernahmeabkommen zwi­schen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten abzuschließen. Viele EU-Staaten haben dieser Empfehlung bereits Folge geleistet, und zwischen den Schengen-Staaten und Polen besteht ein multilaterales Übereinkommen.

Der Vertrag mit Kroatien, der nun vorliegt, stellt ein modernes, in der Durchführung einfach zu handhabendes Schubabkommen nach EU-Muster dar. So wurden nach diesem Schema auch entsprechende Abkommen mit Ungarn, Slowenien und der Slowakei abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Natürlich muß im Zusammenhang mit diesem Schubabkommen mit Kroatien auch erwähnt werden, daß der eine oder andere an der Rechtsstaatlichkeit Kroatiens Zwei­fel äußern kann, wie das auch im Ausschuß schon geschehen ist. Ich möchte dazu be­merken, daß Kroatien Mitglied des Europarates ist; und daraus ergibt sich eine Verpflichtung zur Rechts­staatlichkeit. Im übrigen, so glaube ich, sollten wir alle dazu beitragen, daß auch west­liche Grundwerte in diesem jungen Staat Kroatien Platz greifen. Ich kann mir vorstellen, daß ein solcher Vertrag, wie er uns heute zur Beschlußfassung vorliegt, auch seinen Teil dazu beitragen kann.

Sehr verehrte Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, daß die Durchbeförderung von Drittausländern von Österreich natürlich dann abgelehnt werden kann, wenn der Drittausländer im Zielstaat oder in einem allfälligen weiteren Durchbeförderungsstaat Gefahr läuft, unmenschlicher Behandlung, Strafe oder sogar der Todesstrafe unterworfen zu werden oder in seinem Leben, seiner Freiheit – aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner sozialen Ansichten – bedroht wäre. Weiters kann die Durchbeförderung abgelehnt wer­den, wenn der Drittausländer im ersuchten Staat strafgerichtlich verfolgt werden müßte be­ziehungs­­weise ihm im Zielstaat oder einem anderen allfälligen weiteren Durchbeförderungsstaat strafrechtliche Verfolgung droht.

Die sozialdemokratische Fraktion wird dem vorliegenden Abkommen die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.25


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Danke, Herr Abgeordneter. (Bundesminister Mag. Schlögl spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Wallner.) Der Herr Bundesminister darf jetzt nicht abgelenkt werden, weil er am Wort ist. – Bitte.

16.26


Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl¦: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich sehr herzlich für die bisherigen Diskussionsbeiträge. Zur Diskussion stehen zwei internationale Verträge, die meiner Überzeugung nach von großer Bedeutung und Wichtigkeit sind.

Der erste Vertrag, jener zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die Zusammenarbeit und die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen, ist eine Art Routine­vertrag, ein Vertrag, wie er mit einigen anderen Nachbarstaaten bereits abgeschlossen wurde. Ich meine aber trotzdem, daß dieser Vertrag gerade in der jetzigen politischen Situation der Aus­einan­dersetzung mit der Slowakei über die Frage der Inbetriebnahme von Mochovce zusätzliche Bedeutung erhält.

Ich akzeptiere einerseits vollkommen den Standpunkt, der von Frau Abgeordneter Partik-Pablé hier dargelegt wurde, nämlich daß man der Meinung sein kann, daß solch ein Vertrag ein zusätzliches Druckmittel ist. – Das ist eine Argumentation, die zweifelsohne nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Andererseits muß man genauso die Meinung akzeptieren, daß es gerade in der jetzigen Situation wichtig ist, einen solchen Vertrag abzuschließen, damit wir, falls wirklich ein Worst-Case-Szenario eintritt – was wir alle nicht hoffen – und es zu einem Unglück kommt, wenigstens die Möglichkeit haben, Auswirkungen auf die Slowakei und auf Österreich so weit wie möglich zu minimieren.

Bei Abwägung dieser zwei Standpunkte komme ich persönlich – und ich hoffe, auch die Mehr­heit dieses Hauses – zur Ansicht, daß dieser Vertrag unterstützt werden soll, daß dieser Vertrag abzuschließen ist. Wir wären alle gut beraten, heute diesem Vertrag die Zustimmung zu erteilen.

Herr Abgeordneter Moser hat in seinem Debattenbeitrag unter anderem gefordert, daß es auch praktische Übungen geben muß. Das heißt, es muß getestet werden, ob die Zusammenarbeit über­haupt funktioniert. Und ich darf mitteilen, daß im nächsten Jahr eine solche Übung zwi­schen Österreich, Ungarn und der Slowakei geplant ist, um im Rahmen des „Partnership for Peace“-Abkommens festzustellen, ob eine Zusammenarbeit in der Praxis funktioniert. Die Übungsannahme wird sein, daß es zu einem Großchemieunfall am Bahnhof Preßburg kommt.

Ich bin der Ansicht, daß es sehr wichtig und notwendig ist, solche Abkommen nicht nur zu schließen, sondern sie auch in der Praxis auszuprobieren, damit wir einigermaßen für den Ernst­fall gerüstet sind.

Das zweite Abkommen, das heute bereits sehr kontroversiell diskutiert wurde, betrifft die Frage des Schubabkommens mit Kroatien. Wie nicht anders zu erwarten war, verteidige ich natürlich dieses Schubabkommen und meine, daß dieses notwendig und wichtig ist, vor allem auch des­we­gen, weil es dazu dient, die Frage illegal Eingereister und die Abschiebung jener Menschen, die illegal nach Österreich eingereist sind, besser und schneller lösen zu können.

Ich möchte noch drei Dinge dazu sagen, die mir wichtig erscheinen:

Erstens: Im Vertrag, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen, wird der Schutz vor Verfolgung klar geregelt. In diesem Vertrag ist auch klar enthalten, daß die Durchbe­för­de­rung beziehungsweise die Abschiebung von Drittausländern nicht beantragt werden kann, wenn diese Drittausländer Gefahr laufen, in ihrem Leben oder mit Verfolgung bedroht zu werden. Das ist im Artikel 4 Abs. 2 ganz klar geregelt.

Zweitens – das ist meiner Meinung nach auch wichtig –: Österreich hat zwar keine direkte Gren­ze zu Kroatien, aber natürlich ist es per Flugzeug jederzeit möglich, direkt aus Kroatien nach Öster­reich einzureisen. Dadurch entsteht eine Reihe von Problemen, und es wird nun durch dieses Abkommen eine direkte Abschiebung erleichtert.

Drittens, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es stimmt nicht, daß wir nur mit unseren Nach­barstaaten Schubabkommen haben, sondern wir haben auch bereits mit einer Reihe von Nichtnachbarstaaten solche Abkommen geschlossen.

Ich möchte Ihnen nur einige wenige aufzählen. Es sind dies: Belgien, Luxemburg, die Nieder­lande, Frankreich, Polen, Rumänien und Tunesien, Länder, mit denen wir bereits ähnliche Rück­über­nahmeabkommen haben. Und ich sage gleich dazu: Ich strebe an, daß wir noch mit einer Reihe weiterer Staaten solche Schubabkommen abschließen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da haben Sie recht!) So wird zum Beispiel mit Bulgarien ein solches Abkommen abgeschlossen, das in den nächsten Tagen – nämlich dann, wenn der bulgarische Innenminister nach Österreich kommt – unterzeichnet und dem Parlament vorgelegt werden wird. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Frau Stoisits wird schimpfen mit Ihnen!)

Kritik gehört zum täglichen Geschäft eines Politikers. In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte ich Sie um Unterstützung für beide Abkommen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.31


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte.

16.31


Abgeordneter Walter Murauer¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mei­ne Damen und Herren! Ich erlaube mir, hier einige mir wichtig erscheinende Punkte im Zu­sam­menhang mit dem Abkommen mit Kroatien betreffend Übernahme von Personen an der Grenze darzulegen.

Frau Abgeordnete Stoisits hat hier gemeint, es sei Druck von der österreichischen Regierung, von der Politik Österreichs ausgeübt worden. Ich möchte darauf hinweisen, daß es sich dabei ganz eindeutig um ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Kroatien handelt – und nicht um ein einseitiges Abkommen. Der Herr Bundesminister hat schon darauf hingewiesen, daß wir ja damit nicht das erste und letzte derartige Abkommen geschlossen ha­ben, sondern daß mit einer Reihe europäischer und osteuropäischer Staaten – Nachbar­staaten wie Nichtnachbarstaaten – solche Abkommen geschlossen wurden beziehungsweise auch in Zukunft geschlossen werden.

Meine Damen und Herren! Dieses Abkommen dient einerseits der Eindämmung illegaler Ein­wan­derung und Zuwanderung in unser Land und andererseits der Sicherheit unseres Landes be­ziehungsweise jener der Europäischen Union. Ziel ist es – abgesehen von der Eindämmung illegaler Zuwanderung –, eine humane Behandlung nach den Menschenrechten sicherzustellen. Da es, wie bereits betont wurde, keine gemeinsame Grenze zwischen Österreich und Kroatien gibt, sind besondere Verpflichtungen beider – ich unterstreiche: beider  Vertragspartner not­wendig; und diese wurden festgelegt.

Um jetzt nur kurz die drei wichtigsten Punkte zu erwähnen. Erstens: Die jederzeitige formlose Über­nahme eigener Staatsbürger muß gewährleistet sein. Zweitens: Eine Übernahme aus Dritt­län­dern ist verpflichtend. Drittens wird damit die Durchbeförderung von Drittausländern fixiert.

Neben einer Kostenersparnis, die in Aussicht gestellt wurde, wird immer vom Regelfall der Rück­übernahme gesprochen, von Formalitäten, die möglichst geringgehalten werden, und vom Abbau der Bürokratie. Jeder Staat hat sich damit auch verpflichtet, völkerrechtliche Grundregeln selbstverständlich anzuerkennen und Verantwortung gegenüber den betroffenen Personen zu zeigen.

In diesem Zusammenhang muß auch erwähnt werden, daß der Umgang mit den Fremden­ge­setzen, mit den betreffenden Menschen entsprechenden Stellenwert hat: Wenn das Leben, wenn die Freiheit eines Menschen in Gefahr ist – beispielsweise aus Gründen der Rasse, der Religion, einer politischen Zugehörigkeit oder wegen Androhung der Todesstrafe –, dann müs­sen natürlich besondere Vorkehrungen getroffen und von einer Rückbeförderung Abstand ge­nom­­men werden. Rücksicht soll selbstverständlich auch auf kranke, alte oder pflegebe­dürftige Menschen genommen werden.

Meine Damen und Herren! Es geht dabei um ein Abkommen, dem man die Zustimmung erteilen kann, ja soll, und zwar im Sinne der Sicherheit unseres Landes und Europas insgesamt. (Beifall bei der ÖVP.)

16.34


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. – Bitte.

16.34


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin der vorletzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt und – zugegebener­maßen – ein wenig nervös (Abg. Kiss: Warum?), denn nach mir wird eine der großen Zukunfts­hoffnungen der FPÖ hier zum Rednerpult kommen und sicherlich etwas über die „verfehlte Atompolitik der Regierung“ sagen, und ich kann ihm nicht mehr antworten. Es kommt nämlich nach mir als Redner der Atom-, Umwelt-, Sport-, Unterrichts-, Wirtschafts-, Medien-, Verkehrs- und Innensprecher der FPÖ, Herr Abgeordneter Karl Schweitzer. Vielleicht habe ich jetzt sogar eine seiner vielen Funktionen vergessen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Innensprecher bin ich! Falsch informiert!) Er hat ja auch zu innenpolitischen Themen Stellung genommen.

Liebe Burgenländer! Von Karl Schweitzer werden wir noch einiges hören – mehr, als wir bisher schon gehört haben. Ich muß zugeben, er profiliert sich zunehmend, auch wenn ihm Herr Mini­ster Edlinger heute wieder ein kleines verbales „Reiberl“ gegeben hat. – Aber der Karli ist ja lernfähig, das wissen wir. (Abg. Dr. Krüger: Was man von dir nicht behaupten kann!)

Nun zum Abkommen mit der Slowakischen Republik: Es war zu erwarten, daß im Zusam­men­hang mit diesem Abkommen – wir erleben ja derzeit geradezu eine „pikante“ Zeit mit der Slowa­kei, unser Verhältnis zu diesem Land ist derzeit etwas getrübt – auch die Frage Atomkraftwerke angeschnitten wird. Kollegin Moser von den Grünen hat das ja auch angesprochen, allerdings relativ moderat, relativ kurz, aber sie hat geradezu gebetsmühlenartig ihre Vorwürfe in Richtung österreichischer Regierung, in Richtung Koalition, die hier große Versäumnisse aufzuweisen hätte, wiederholt. Sie will einfach nicht zur Kenntnis nehmen, daß auf diesem Gebiete, und zwar sowohl von der Regierung als auch vom Parlament, viel getan wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem jene aus Oberösterreich! Kürzlich waren ja oberöster­rei­chische Abgeordnete unter Führung eines ÖVP-Mandatars hier im Parlament, um mit den Mitgliedern des Umweltausschusses das Thema Temelin zu besprechen. In den Medien gab es in diesem Zusammenhang relativ großen Widerhall; es wurde durchaus objektiv in allen Zeitun­gen darüber berichtet – ob es das linke „Volksblatt“ war, die „Kronen Zeitung“ oder andere.

In der „Kronen Zeitung“ kam dann an anderer Stelle – und das ist typisch für unsere Grünen – auch wieder unser Ex-Kollege Anschober zu Wort, der meinte, daß diese Veranstaltung, bei der es um Temelin ging, ein „oberösterreichischer Weckruf“ für das Parlament in Wien gewesen sei. – Entweder hat Anschober die letzte Zeit, als er noch hier bei uns war, geschlafen – oder wir sollten ihm vielleicht doch mehr Informationen über unsere Aktivitäten zukommen lassen.

Jedenfalls meine ich, daß das gegenständliche Abkommen sehr wichtig ist – wichtig zur Be­wußtseinsbildung, auch im Hinblick auf Nachbarländer, die uns ja zunehmend, wie zum Beispiel Ungarn, auch in der Frage Mochovce unterstützen. Natürlich gibt es einen Wermutstropfen, nämlich das geschwundene Vertrauen zur Slowakei. Ich möchte noch einmal darauf hinwei­sen – Kollege Schweitzer wird ja sicherlich wieder mit den Forderungen der Freiheitlichen im Zu­sam­men­hang mit der Osterweiterung aufwarten –, daß auch da der Ausstieg aus der Atomener­gie zur Bedingung gemacht werden muß. Das heißt also, die FPÖ bemüht sich mit allen Mitteln, Kollege Schweitzer, mit solchen Anträgen Premier Me#iar Wahlhilfe zu geben, denn genau das ist es, was er braucht, um im Herbst die Wahlen in der Slowakei zu gewinnen. Das ist ein sehr „gescheiter“ Weg, den wir Sozialdemokraten nicht mitgehen werden.

Ich hoffe aber auch – fast schon zum Schluß kommend –, daß Kollege Schweitzer mir heute end­lich Antwort auf eine Frage geben wird, die ich schon oft gestellt habe, und zwar, ob er inzwi­schen seinen Kollegen Prinzhorn davon abgebracht hat, eine Stromleitung nach Bayern zu bauen, damit Atomstrom zu uns nach Österreich kommt. Diese Einstellung ist ein wenig wider­sprüch­lich, und ich hoffe stark darauf, daß Kollege Schweitzer uns heute eindeutig erklären wird, daß Prinzhorn überredet wurde, von diesem Vorhaben Abstand zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie sehen also, Kollege Schweitzer, es gäbe breite Zustimmung für Prinzhorn, wenn er diese Leitung nicht bauen würde.

Abschließend, meine Damen und Herren: Der richtige Weg wäre eine gemeinsame Position in der Atompolitik, ein möglichst geschlossenes Bild zu vermitteln, die Bemühungen des Parla­ments und der Regierung auch künftig massiv zu unterstützen, an der Bewußtseinsbildung der Bürger, insbesondere in der Slowakei, zu arbeiten – aber nicht zu drohen, Kollege Schweitzer. Diesen Weg sollten wir gemeinsam gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.39


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.


16.40


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Verehrter Herr Kollege Keppelmüller, unser Wirtschaftssprecher Prinzhorn, mit dem ich heute ein sehr konstruktives Gespräch zur Position der Freiheitlichen betreffend unse­ren Beitrag zum ElWOG geführt habe, hat mir versichert, daß er gerne bereit ist, die Energie­ver­sor­gung seiner Betriebe komplett auf die Basis von erneuerbarer Energie zu stellen, wenn die Bun­des­regierung endlich entsprechende Anreize für die Produktion erneuerbarer Energie schafft und endlich entsprechende Einspeisetarife beschließt, derer man sich in der Euro­päischen Union nicht schämen muß. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber das, was Sie an Maßnahmen für die Förderung der erneuerbaren Energie bis jetzt be­schlos­sen haben, spottet tatsächlich jeder Beschreibung. Wir sind Schlußlicht in Europa. Dafür hätten wir uns eigentlich zu schämen.

Kollege Keppelmüller! Deine Sorge, daß ich mich jetzt wieder mit der gescheiterten Antiatom­politik der Bundesregierung auseinandersetze, ist völlig unbegründet. Ich werde mich heute mit der gescheiterten Antiatompolitik der Bundesregierung nicht wirklich auseinandersetzen. Ich werde mich auch nicht mit der Tatsache auseinandersetzen, daß die Bundesregierung im Zu­sam­­menhang mit der Inbetriebnahme von Mochovce die seinerzeitige Antiatomlinie völlig ver­lassen hat und nicht mehr auf den Ausstieg aus der Kernkraft setzt, sondern einfach Geld dafür bereitstellen will, daß die Kernkraftwerke im Osten sicherer gemacht werden. Das ist ein klares Ver­lassen der seinerzeitigen Fünfparteienlinie. – Aber damit werde ich mich heute nicht aus­einan­dersetzen, Herr Kollege Keppelmüller!

Es ist für uns nur bedauerlich, daß auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen mit der Slo­wa­kei rund um die Inbetriebnahme des Kraftwerkes Mochovce – die Slowakei hat uns quasi als Sahnehäubchen auf die ganze Diskussion mitgeteilt, daß auch Bohunice nicht vom Netz genom­men wird – dieses Abkommen geschlossen wird, ein Abkommen, das Me#iar signalisiert: Alles, was von seiten der Slowakei gemacht wurde, wird in Österreich für richtig gehalten. Es wird durch dieses Abkommen bestätigt.

Deshalb halte ich den Zeitpunkt des Abschlusses dieses Abkommens für nicht besonders günstig gewählt. Nichtsdestotrotz werden wir mit Bauchweh zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.42


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Damit ist die Debatte geschlossen.

Der Wunsch nach Berichterstattung liegt mir ebenfalls nicht vor.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen, und ich bitte, die Plätze einzunehmen; wir stimmen über die einzelnen Ausschußanträge getrennt ab.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angele­gen­heiten, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 1052 der Beilagen die Ge­nehmi­gung zu erteilen.

Mit Rücksicht darauf, daß durch den vorliegenden Staatsvertrag Verfassungsrecht geändert wird, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung das für die Abstim­mung erforderliche Vorhandensein des Verfassungsquorums fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluß des gegen­ständlichen Staatsvertrages, dessen Artikel 9 Abs. 1 und 2 sowie Artikel 3 Abs. 1 verfas­sungsändernd sind, die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, daß diese Zustimmung zum Staatsvertrag einstimmig erteilt wird.

Wir gelangen als nächstes zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen betreffend Sicherheit der Atomkraftwerke in den osteuro­päischen Staaten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Dr. Partik-Pablé eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist daher abgelehnt.

Als nächstes gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 951 der Beilagen die Geneh­migung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein diesbezügliches Zei­chen. – Dieser Staatsvertrag ist mit Mehrheit genehmigt.

Damit haben wir diese Punkte der Tagesordnung erledigt.

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (894 der Beilagen): Protokoll aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union und von Artikel 41 Abs. 3 des EUROPOL-Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL, die Mitglieder der Organe, die stellvertretenden Direktoren und die Bediensteten von EUROPOL (1194 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (952 der Beilagen): Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Euro­päische Union über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich;

Übereinkunft über die vorläufige Anwendung zwischen einigen Mitgliedstaaten der Euro­päischen Union des Übereinkommens aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich;

Protokoll aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Übereinkommens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zoll­bereich durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorab­entscheidung;

Erklärung zur gleichzeitigen Annahme des Übereinkommens über den Einsatz der Infor­mationstechnologie im Zollbereich und des Protokolls betreffend die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung;

Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 2 des Protokolls aufgrund von Arti­kel K.3 des Vertrags über die Europäische Union betreffend die Auslegung des Überein­kom­mens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich durch den Ge­richts­hof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung (1196 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Wir gelangen zu den Punkten 9 und 10, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ich gehe in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Lafer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

16.46


Abgeordneter Franz Lafer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Regierungsvorlage, die heute behandelt wird, hätte schon am 27. November 1997 im Innenausschuß behandelt werden sollen und ist damals aus uner­klär­lichen Gründen von der Tagesordnung abgesetzt worden. Das heißt, die seinerzeitige Regie­rungsvorlage 767 der Beilagen und die heutige Regierungsvorlage hätten natürlich zusammen verhandelt werden müssen, da sie auch zusammengehören.

In der seinerzeitigen Regierungsvorlage 767 der Beilagen geht aber schon aus dem Artikel 41 hervor, daß dieses Protokoll, das heute hier beschlossen werden wird, von allen Mitgliedstaaten nach dem Ratsbeschluß gemäß deren verfassungsrechtlichen Vorschriften angenommen werden muß.

Was bedeutet das? – Das heißt, wir haben kein Mitbestimmungsrecht, wir sind schon in die Geiselhaft der EU genommen worden. Wir Freiheitlichen haben schon vor dem EU-Beitritt er­klärt, daß es in manchen Bereichen überhaupt keine Mitbestimmung mehr geben wird, weil uns die EU vorschreibt, was wir beschließen müssen.

Herr Kollege Leikam hat in einer Fragestunde damals gemeint, daß die EUROPOL keine Exeku­tiv­befugnisse haben soll, daß sie nicht selbständig ermitteln darf, sondern nur eine Service­funktion haben soll. Das heißt, daß sie auch nicht operativ tätig werden kann.

Ich habe mir die Presse ein bißchen durchgeschaut, Herr Kollege Leikam. Schon im Jahre 1996 war den „Oberösterreichischen Nachrichten“ folgendes zu entnehmen – ich darf zitieren –: „Zum ersten Mal ist auch davon die Rede, daß EUROPOL mit operativen Befugnissen ausgestattet wird.“ (Abg. Gradwohl: Die Rechtsmaterie sollen Sie durchschauen, nicht die Zeitungen!)

Wenn man sich die Pressemeldungen ansieht, dann wird immer deutlicher, daß in der nächsten Zeit operative Schritte vorgesehen sind, um ein gutes Vorgehen gegen die organisierte Krimina­lität mit all ihren Nebenwirkungen zu ermöglichen.

Den „Salzburger Nachrichten“ vom 16. Juni ist zu entnehmen, daß in Deutschland der Ratifi­zierung dieses Protokolls ein monatelanger Rechtsstreit vorausgegangen ist. Kay Nehm, der deutsche Generalbundesanwalt, bezeichnete diese strafrechtliche Immunität für Exekutivbeamte in einem Gutachten als Anachronismus und wies zurück, daß man ohne diese Immunität durch Klags­fluten lahmgelegt werden könnte. Sogar der deutsche Völkerrechtler Jochen Frowein­  äußerte Zweifel, ob die Immunität mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar sei, da dem Bürger dadurch jede Beschwerdemöglichkeit genommen werde.

In einem weiteren Presseartikel erklärte sogar der deutsche Innenminister Kanther, eine Not­wendigkeit für diese Immunität bestehe nicht und man habe sich dem Wunsch der EU beugen müssen. – Auch hier ist wieder erkennbar, daß das Recht bereits von der EU ausgeht und von den nationalen Staaten nicht mehr vollzogen werden kann.

Aber ich möchte trotzdem aus einem Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ mit dem Titel „Braucht EUROPOL die Immunität?“ vom 20. Jänner 1998 zitieren:

„Zum einem privilegiert das Protokoll Europa und seine Bediensteten steuerlich. Solche Bevor­zu­gungen internationaler Organisationen lassen sich vor dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit im Sinne gleicher Besteuerung kaum rechtfertigen, werden aber seit langem schon schulter­zuckend hingenommen. Wirklich prekär ist dagegen, daß EUROPOL Immunität von der Ge­richts­bar­keit genießt und seine Vermögensbestände, Liegenschaften und Guthaben von jeder Durch­suchung, Beschlagnahme, Einziehung und sonstigen Form des Zugriffs frei sind. Auch die Archi­ve sind dem Protokoll zufolge unverletzlich. Organe und Personal von EUROPOL genießen ,Im­mu­nität von jeglicher Gerichtsbarkeit hinsichtlich der von ihnen in Ausübung ihres Amtes vor­ge­nommenen mündlichen und schriftlichen Äußerungen sowie Handlungen‘ (Artikel 8 des Proto­kolls).“

Ich glaube, daß sich da eine Polizei über dem Staat entwickelt, was für Österreich sicherlich nicht gut ist. Es wäre sicherlich eine längere Debatte notwendig gewesen, auch mit Experten, um darüber Einigkeit erzielen zu können. Eine solche Regelung, glauben die Freiheitlichen, ist verfassungsrechtlich und demokratiepolitisch äußerst bedenklich. Außerdem wird damit die Souve­ränität Österreichs untergraben. Deshalb werden wir dieser Vorlage keine Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.51


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte.

16.51


Abgeordneter Anton Leikam¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Hohes Haus! Es stimmt: Am 16. Dezember des vergangenen Jahres hat der Nationalrat das EUROPOL-Übereinkommen hier beschlossen. Es war bedauerlich, daß der zweite Teil dieses Übereinkommens, nämlich das Protokoll des EUROPOL-Übereinkom­mens, nicht diskutiert und beschlossen werden konnte. Wenn Kollege Lafer meint, daß es aus ihm uner­­klär­lichen Gründen damals nicht möglich war, diese beiden wirklich zusammen­gehö­ren­­den Teile des Übereinkommens zu beschließen, dann muß ich ihm sagen: Der aus­schließliche Grund, warum das nicht möglich war, Kollege Lafer, liegt bei Ihrer Fraktion. (Abg. Kiss: Das weiß er ja nicht mehr!)

Sie haben es abgelehnt, im Ausschuß über den zweiten Teil, über das Protokoll zum EURO­POL-Übereinkommen, zu diskutieren, weil es nach Ihrer Auffassung erst kurz vor der Ausschuß­sitzung den Fraktionen zugestellt worden ist. Wir haben auf Ihre Einwände Rücksicht ge­nom­men und haben es am 16. Dezember nicht hier im Hause behandelt. (Abg. Aumayr: Das ist aber eine Ausrede! Wann nehmen denn Sie auf unsere Fraktion Rücksicht?) Das ist keine Aus­rede, das sind Fakten! Wir haben auf Sie Rücksicht genommen, aber Sie sind anscheinend gar nicht glücklich darüber! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol.) Das werden wir uns das nächste Mal wieder überlegen. – Das war jedenfalls der Grund.

Meine Damen und Herren! Ich bin auch davon überzeugt, daß das gemeinsam diskutiert hätte werden müssen, dann wäre wahrscheinlich vieles ausgeblieben, was in den letzten Tagen in Österreich zum zweiten Teil, zu diesem Protokoll, von manchen Journalisten geschrieben, aber auch von manchen Abgeordneten gesagt worden ist. Es sind völlig falsche Voraussetzungen, von denen von seiten der Medien ausgegangen wird. Denn die Immunitäten und die Vorteile der EUROPOL-Beamten sind ja nicht Gegenstand dieses Protokolls. Die Immunitäten und die Vorteile der EUROPOL-Beamten haben wir ja schon im Artikel 41 des EUROPOL-Überein­kommens hier im Parlament beschlossen. Das ist Faktum! Das ist ein Beschluß, über den man nicht mehr disku­tie­ren kann. Nur die Beschlußfassung des zweiten Teils war damals nicht möglich, aus den Grün­den, die ich genannt habe. Daher verstehe ich die ganze neuentflammte Diskussion eigent­lich nicht.

Herr Kollege Lafer! Sie haben aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zitiert. Ich habe diesen Artikel auch bei mir. Es stimmt das, was Sie hier an Bedenken eingebracht haben, aber dieser Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ist ein sehr langer, ein sehr umfangreicher. In 95 Prozent dieses Artikels wird genau das befürwortet, was Sie hier kritisiert haben. Es sind einige Bemerkungen über die Immunitäten der EUROPOL-Beamten mit enthalten, darüber, was dem Autor in diesem Zusammenhang nicht paßt, aber der überwiegende Teil dieses Artikels ist durchaus positiv, und er bekennt sich auch zu den Immunitäten. Der Autor beschreibt auch, warum diese Immunitäten notwendig ist.

Sie haben einmal mehr darauf hingewiesen, daß EUROPOL vielleicht doch operative Handlun­gen in Österreich setzen könnte. Das ist nur dann möglich, meine Damen und Herren, wenn dieses Haus, wenn das österreichische Parlament, wenn alle nationalen EU-Parlamente eine Erwei­te­rung des EUROPOL-Abkommens beschließen. Im beschlossenen EUROPOL-Abkom­men und im Proto­koll, um das es heute geht und das heute zu ratifizieren ist, sind diese opera­tiven Handlun­gen nicht enthalten. Genau das ist der fatale Irrtum, dem anscheinend manche Journalisten und auch Abgeordnete unterliegen, wenn sie vom Eurocop in Österreich schreiben, wenn sie dar­über berichten, daß es zum Beispiel „Kleindienst mal zehn“ sei, daß sich niemand beschweren könne. Das ist alles nicht in diesen Bestimmungen enthalten! (Abg. Jung: Aber das ist Realität!)

Nein, das ist nicht Realität! Es gibt diese operativen Einsätze in unserem Lande nicht. Das EUROPOL-Abkommen ist da ganz klar.

Herr Kollege Lafer! Eine Bitte, auch an alle anderen, die es ähnlich machen wie Sie: Lesen Sie nicht nur Zeitungen, befassen Sie sich nicht nur mit dem, was die Zeitungen schreiben, lesen Sie bitte auch die Vorlagen, die kommen, dann werden Sie genau sehen, daß all das, was Sie in den Zeitungen gelesen haben, ganz einfach nicht den Tatsachen entspricht! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Kiss.) EUROPOL hat ganz klar geregelte Aufgaben, sie sind punktuell aufge­zählt. Es ist überhaupt kein Problem, herauszulesen, worum es geht.

Sie haben bei Ihrer Rede am 16. Dezember – ich habe auch nachgeschaut – den Artikel 38 zitiert, der angeblich die operativen Einsätze regelt. Der Artikel 38 beinhaltet jedoch aus­schließlich den Datenaustausch. Er befaßt sich nicht mit den von Ihnen hier genannten opera­tiven Handlungen.

Was ist EUROPOL? Was will EUROPOL? – EUROPOL ist ein weiterer Schritt zur effizienteren Krimina­litäts­bekämpfung auf internationaler Basis. (Abg. Lafer: Wieso steht dann in Artikel 38 die Verhaftung?) EUROPOL ist ein weiterer Schritt zu mehr Sicherheit für die österreichische Bevölke­rung, meine Damen und Herren! Und ich glaube, das ist das Wesentliche, an dem wir uns fest­halten sollten. EUROPOL ist ganz und gar nicht das, was Sie hier gemeint haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lafer.)

EUROPOL wird die europäische Informationszentrale im Datenaustausch sein, Herr Kollege Lafer. Das wissen Sie genausogut wie ich. Mich wundert nur eines, Herr Kollege Lafer: Sie sind von Beruf Gendarmeriebeamter. Sie müssen ja auch interessiert daran sein, daß in diesem Lande die Kriminalitätsbekämpfung effizienter durchgeführt werden kann. Sie selbst müßten es ja besser wissen als ich! Ich bin kein Gendarmeriebeamter oder Exekutivbeamter, aber auch ich weiß, daß man mit den althergebrachten Methoden – Räuber und Gendarm – heute die Kri­minalität nicht mehr bekämpfen kann. Das ist ganz einfach nicht möglich! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wissen aus Ihrer eigenen Fraktion, daß man international agieren muß, um mancher Herren habhaft werden zu können. Das geht nicht mehr auf engstem Raum, und daher brauchen wir diese internationale Zusammenarbeit. (Abg. Jung: Keine Privilegien! Darum geht es!)

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. – Zu den Privilegien sage ich dann auch noch ein Wort. – (Abg. Jung: Keine Immunität!) Es ist allerdings nicht mit EUROPOL vergleichbar, weil es im opera­tiven Teil geschehen ist. Es hat vor einigen Tagen in Kärnten einen ganz großen Erfolg aufgrund der Schengener Bestimmungen gegeben. Eine deutsche Entführung mit Lösegelderpressung ist wunderbar beendet worden. Deutsche und Kärntner Kriminalbeamte haben hervorragend zu­sammengearbeitet. (Abg. Jung: Aber sie waren nicht immun!)

Ja, ich habe eingangs gesagt, es hat nichts mit EUROPOL zu tun, aber es zeigt einen wichtigen Teil der internationalen Zusammenarbeit von Polizeibehörden, wie sie in den Schengener Durch­­führungsbestimmungen enthalten sind. Das war der erste spürbare Erfolg in unserem Land aufgrund der Schengener Durchführungsbestimmungen, die auch dieses Parlament bes­chlossen hat. – Das nur als Vergleich dazu.

Zu den Immunitäten: Man kann über die Immunitäten natürlich diskutieren. Ich habe mehrere Aus­­sendungen unseres Innenministers gelesen, der genau in dieser Richtung vorgegangen ist. Man kann über die Immunitäten grundsätzlich diskutieren, dann aber, meine Damen und Her­ren, über alle Immunitäten! Warum sollte gerade ein Teil der Europäischen Union aus­ge­klam­mert werden und alle anderen Teile der Europäischen Union davon nicht betroffen sein? (Abg. Jung: Sie bieten es ja an!) – Wenn wir über Immunitäten diskutieren, dann finden Sie uns als Partner.

Ich weiß von meinem Klubobmann und vom Klubobmann der Österreichischen Volkspartei, daß sie sich Gedanken darüber machen, ob wir diese Immunitäten noch in dem Umfang brauchen. Wie wir den Medien entnehmen konnten, gibt es Anfang Oktober eine große Regierungs­kon­ferenz der EU in Melk in Niederösterreich, wo über eine Entbürokratisierung der Europäischen Union diskutiert werden wird. Es wäre eine gute Gelegenheit, auch über die Änderung der Immunitäten nachzudenken. Unsere Zustimmung ist da durchaus gegeben.

Nur: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt, meine Damen und Herren, jenen Teil auszuklammern, der sich mit der Kriminalitätsbekämpfung beschäftigt, während alle anderen Immunität genießen sol­len, dafür werden Sie uns nicht als Partner gewinnen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.00


Präsident Dr. Heinz Fischer¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. – Bitte.

17.00


Abgeordneter Hans Helmut Moser¦ (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­des­minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn ganz kurz auf meinen Vorredner, Kollegen Leikam, eingehen. Lieber Kollege Leikam! Du hast unter anderem festgestellt, daß du die Diskussion über die Immunität nicht verstehst, weil wir darüber de facto schon gesprochen beziehungsweise diese im Zusammenhang mit dem Übereinkommen zur EUROPOL schon be­schlossen haben. So gesehen stimmt das schon, nur: Damals haben wir die grundsätzliche Fest­legung beschlossen, nämlich daß es für die EUROPOL gewisse Immunitäten gibt; beim Pro­tokoll geht es nun aber um die Ausgestaltung. Daher ist es sehr wohl legitim und sehr wohl not­wendig, daß wir über die Art und Weise und über die Form der Immunität, die die EUROPOL-Ange­hörigen bekommen, diskutieren und sprechen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich stimme mit dir überein, daß es sinnvoll und notwendig ist, über die Problematik der Immu­ni­tät von Angehörigen internationaler Organisationen, von Angehörigen des Diplomatischen Corps, von Angehörigen von Polizeitruppen und von Angehörigen der Vereinten Nationen gene­rell zu diskutieren, und daß wir allenfalls zu einer Neuregelung der Immunität für Angehörige in­ter­­­­nationaler Organisationen kommen. Das ist ein Thema, bei dem Österreich, unsere Vertre­ter – sei es der Innenminister, aber in erster Linie wird es Aufgabe des Außenministers sein – auf europäischer Ebene aktiv werden müssen. Es geht ja dann auch darum, internationale Ab­kom­­men entsprechend zu korrigieren, neu zu verhandeln und zu beschließen. – Das ist das eine.

Das zweite, Kollege Leikam, ist die Frage: Was ist die EUROPOL? – So, wie es von dir darge­stellt wor­den ist, hast du nur die halbe Wahrheit gesagt, sie ist nämlich mehr als nur eine Infor­mations­zentrale. Es stimmt schon, daß jetzt eine Informationszentrale eingerichtet worden ist; jetzt geht es darum, daß es zu einem Informationsaustausch kommt. Nur, lieber Kollege Lei­kam – das weißt du ganz genau (Abg. Leikam: Das war die Zeit, ich hätte ohnehin gerne mehr ge­sagt!) –, besteht sehr wohl die Möglichkeit, gerade im Zusammenhang mit dem Amsterdamer Ver­trag, daß EUROPOL nach fünf Jahren operativ tätig werden kann. (Abg. Leikam: Das steht nicht im Amsterdamer Vertrag!)

Nach Artikel K 2 – bitte, den Artikel K 2 nachzulesen – kann sie operativ tätig werden, wenn das der Rat beschließt, gemeinsam mit den entsprechenden nationalen Institutionen und Einrichtun­gen. (Abg. Leikam: Das habe ich ja gesagt!) Aber, lieber Herr Kollege Leikam, das geht über das, wie du es jetzt dargestellt hast, nämlich als eine reine Informationszentrale auf euro­päischer Ebene, weit hinaus, sondern nun wird der erste Schritt für eine operative Tätigkeit von Eurocops im Rahmen der Europäischen Union gesetzt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es stellt sich natürlich die Frage, ob das generell notwendig ist und ob man das wirklich braucht. Bei Diskussionen über die EUROPOL haben wir immer gesagt, daß selbstverständlich im Zu­sam­menhang mit der Bekämpfung der internationalen Kriminalität, im Zusammenhang mit der Frage der Drogenkriminalität, mit den verschiedensten Formen der organisierten Kriminalität, denen wir ausgesetzt sind – und wir haben diese Herausforderung entsprechend zu bewälti­gen –, die Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit der Exekutivkörper besteht. Daher haben wir Liberale grundsätzlich nichts gegen die EUROPOL. Wir haben auch grundsätzlich nichts dagegen, daß sie bestimmte Vorrechte hat; es ist nur die Frage, in welcher Art und Weise die Kontrolle dieses Polizeiapparates erfolgt, in welcher Art und Weise ein aus demokra­tie­po­litischen, aus rechtsstaatlichen Gründen notwendiges Kontrollinstrumentarium eingerichtet wird. Das fehlt nämlich, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

EUROPOL steht außerhalb des Rechtsstaates, EUROPOL entwickelt sich zu einem Staat im Staat, und EUROPOL hat keine zivile Kontrolle, wie es zumindest wir in entwickelten Demo­kra­tien, in entwickelten demokratischen Staatengemeinschaften als notwendig erachten. Für uns Liberale ist es eine Notwendigkeit, daß Nachrichtendienste, daß Polizei- und Exekutiv­körper, aber auch Armeen einer zivilen Kontrolle, einer parlamentarischen, demokratischen und rechts­staat­lichen Kontrolle unterliegen. Dies ist aber im Rahmen von EUROPOL nicht gegeben, und daher lehnen wir diese Regelungen mit allem Nachdruck ab! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene diese Kontrollinstanzen, und ich hätte mir schon erwartet, daß seitens der österreichischen Vertreter bei den Verhandlungen auf EU-Ebene diese Forderungen erhoben werden. Ich glaube, daß es not­wendig sein wird, gerade auf europäischer Ebene, und zwar im Europäischen Parlament, einen Kontrollausschuß für EUROPOL einzurichten. Ich erwarte mir vom Herrn Innenminister und von unserer Bundesregierung insgesamt, daß Österreich diesbezüglich Initiativen setzt.

Aufgrund der Tatsache, daß die wesentlichsten Grundvoraussetzungen und Mindeststandards einer rechtsstaatlichen Kontrolle, einer demokratiepolitisch notwendigen Kontrolle dieses Exe­kutiv­körpers nicht gegeben sind, wird es notwendig sein, eine Nachverhandlung des Überein­kommens zur EUROPOL, aber auch eine Nachverhandlung des Protokolls vorzusehen. Ich erwarte mir entsprechende Initiativen seitens des österreichischen Innenministers und der österreichi­schen Bundesregierung. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.07


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. Freiwillige Rede­zeit­beschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.07


Abgeordneter Paul Kiss¦ (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Manchmal verstehe ich die Welt nicht, wenn wir über Fragen der inneren Sicherheit und der internationalen Kriminalität sprechen, denn was offensichtlich ist, wollen manche in diesem Haus anscheinend doch nicht zur Kenntnis nehmen.

Ich gehe einmal davon aus, daß niemand der 183 Abgeordneten das Problem der organisierten Kriminalität nicht als ein bedrohliches Problem sieht. Ich gehe davon aus, daß es keine einzige Fraktion in diesem Haus gibt, die nicht sagt, die organisierte Kriminalität muß nicht nur auf na­tionaler, sondern kann erst auf internationaler Ebene erfolgreich bekämpft werden. Und ich gehe letztlich auch davon aus, daß wahrscheinlich niemand in diesem Haus daran zweifeln wird, daß es dazu der entsprechenden Instrumentarien bedarf (Abg. Jung: Aber nicht der Immu­nität!), um dieser organisierten Kriminalität auf internationaler Ebene Herr zu werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich verstehe also manchmal im wahrsten Sinne des Wortes nicht, wie in diesem Haus argumentiert wird.

Ich kann – wir haben uns ja manchmal einen schönen Schlagabtausch geliefert, obwohl wir in der Koalition sitzen – heute Kollegen Leikam folgendes attestieren: Er hat die Situation, wie sie sich um EUROPOL dargestellt hat, minutiös geschildert, und ich unterstütze ihn bei dieser sei­ner Schilderung, weil es genau die Freiheitlichen gewesen sind, die an das Rednerpult treten und monieren, daß wir heute das Protokoll beschließen werden. Ihretwegen, werte Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei, haben wir ein halbes Jahr lang zugewartet! Dann kommt Kollege Lafer hier heraus und sagt: Wir haben keine Zeit gehabt, darüber hätten wir noch reden müssen, ihr habt uns keine Möglichkeit gegeben, unsere Gedanken einzubringen! (Abg. Jung: Wenn Sie es zu spät ausliefern, dann können Sie nicht die Schuld auf die anderen schieben!)

Kollege Lafer! Sie haben ja die Situation völlig verschlafen! Sie haben ein halbes Jahr lang in der Pendeluhr geschnarcht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Pauli, nur keine Panik!) Sie wissen ja gar nicht, wovon Sie reden! Seien Sie mir nicht böse! (Zwischenruf des Abg. Jung.) Aber geh, Kollege Jung, Sie waren ja überhaupt nicht dabei. Wovon reden denn Sie? Sie wissen es ja gar nicht! Sie wollen mir da Dinge „rein­drücken“, die überhaupt nicht stimmen!

Schauen Sie nach, was wir im Dezember im Innenausschuß besprochen haben, schauen Sie nach, was wir hier im Plenum beschlossen haben, und attestieren Sie zumindest eines: daß wir in einer Form vorgegangen sind, wie sie vorbildlicher nicht sein könnte! Wir sind den Freiheitlichen entgegengekommen, und darum sind wir heute erst da, wo wir längst schon vor einem halben Jahr hätten sein sollen, darum beschließen wir erst heute das Protokoll! Das ist Ihre Schuld! Und jetzt sagen Sie auf einmal, Sie haben keine Zeit gehabt, Sie konnten sich nicht informieren, wir sind nicht in Diskussion mit Ihnen eingetreten. (Abg. Dr. Ofner: Das ist die Methode „Haltet den Dieb!“!) – Aber geh’n S’, hören Sie mir auf mit solch einem Unsinn! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wahr ist – und das ist meiner Meinung nach natürlich das Verwunderliche –, daß die Freiheit­liche Partei, die immer die große Lippe in bezug auf die innere Sicherheit und die Kriminalitäts­be­kämpfung führt (Abg. Dr. Ofner: Nur keinen Neid, Pauli!), heute hier offensichtlich gegen dieses Protokoll und damit gegen die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, damit gegen das internationale Bandenwesen nicht nur nicht auftreten will, sondern es sogar begünstigt. (Abg. Dr. Ofner: Pudel dich nicht auf! Das glaubt dir ja „eh“ keiner!)

Aber wer weiß, was da der Hintergedanke ist. Wir haben ja in den letzten Wochen so einiges aus dieser Reichshälfte (in Richtung Freiheitliche weisend) gehört, und es könnte doch sein, daß Sie möglicherweise gewissen Per­sön­lichkeiten und Elementen aus Ihrer Partei, die einmal in Ihrer Partei gewesen sind, mit Ihrer Vorgangsweise Vorschub leisten wollen. Ich will Ihnen aber über­haupt nichts unterstellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Faktum ist, daß der Herr Bundesminister in Angelegenheiten betreffend EUROPOL ein klares Ja der ÖVP bekommt, ein klares Ja dafür, in der vorskizzierten Art und Weise vorzugehen, denn wir sagen: Wenn EUROPOL kommt, haben wir jenes Instrumentarium, das wir brauchen, um der organisierten Kriminalität in ihrer vielfältigsten Art und Weise auf internationaler Ebene wirk­sam begegnen zu können. Es wird eben durch diesen Informationsfluß, durch die Daten­vernetzung, durch den Datenaustausch, durch den Datenausgleich möglich sein, auf Drogen­händler, auf Waffenhändler, auf Schieber, welcher „Qualität“ auch immer, Zugriff zu haben und natürlich auch der illegalen Einschleusung von Persönlichkeiten wirksam zu begegnen. Wo­durch ist es denn sonst, wenn nicht in dieser Form der europäischen Polizei, möglich? Anders – so sehen wir es zumindest seitens der ÖVP – ist es garantiert nicht möglich. Darum sagt die ÖVP ja zu EUROPOL, ja zum Protokoll. Herr Bundesminister, agieren Sie – Sie haben unsere Unterstützung! (Beifall bei der ÖVP.)

17.12


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.12


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits¦ (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! „Die Immunität schützt die EUROPOL-Mit­arbeiter vor gezieltem Rufmord und vor einer lähmenden Anklageflut durch Mafiaanwälte.“ – Nicht, daß Sie etwa glauben, daß das vom Herrn Kleindienst stammt – das würde mich ja nicht wundern –, nein, das ist vom Herrn ... (Abg. Leikam: Das steht in der „Frankfurter Allge­meinen“!) – „Frank­furter Allgemeine“ – davon träumt der Herr, der das geschrieben hat. Das ist vom Herrn Abge­ord­neten zum Europäischen Parlament Pirker, ÖVP. Ich frage mich, wozu braucht dieses Land noch einen Kleindienst, wenn es sowieso einen Pirker gibt. Wozu braucht dieses Land einen Kleindienst, wenn es sowieso das Protokoll gibt, das den Eurocops – das schreibt Pirker auch, es sind keine Eurocops, es sind Computerexperten, um die es hier geht – Immunität einräumt?

Wozu brauchen wir die FPÖ mit ihren geradezu skurrilen Vorschlägen, wenn diese Sache ohne­dies von der Koalition erledigt wird? Dieses Mal ist es eben nicht ein Abgeordneter zum Na­tional­rat, sondern einer, der in Brüssel zu sein pflegt: der Herr Abgeordnete zum Euro­päischen Parlament Pirker.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Herr Kollege Kiss davon spricht, daß man effiziente Mittel braucht, um dem organisierten Verbrechen entgegenzutreten, dann wäre doch jeder schwachsinnig, der sagte: Nein, das stimmt nicht. – Ja selbstverständlich braucht die Poli­zei Möglichkeiten, um eingreifen zu können. (Abg. Kiss: Das war auch meine Annahme, von der ich aus­ge­gangen bin!) Ich wüßte auch keinen vernünftigen Menschen hier in unserem Kreis, der das je in Abrede gestellt hätte. Aber, werter Herr Kollege Kiss, das Immunitätsprotokoll ist ja nur ein Ausfluß des EUROPOL-Übereinkommens, denn gäbe es kein EUROPOL-Übereinkommen, bräuchten wir nicht über die Immunitäten zu sprechen.

Der Vorsitzende des Innenausschusses, Kollege Leikam, hat auf den Artikel 41 im EUROPOL-Über­einkommen hingewiesen, in dem das geregelt ist. Natürlich kann nicht alles im EUROPOL-Übereinkommen geregelt sein, gibt es aber das Protokoll, um das es heute geht, nicht, dann ha­ben diese Immunitäten sozusagen kein Fleisch und auch keine Wirksamkeit, denn im Artikel 41 steht nichts „Gefährliches“, außer der Möglichkeit, solche Immunitäten zu schaffen, und diese werden eben geschaffen. Diese werden für die Herren Computerexperten, um die es hier geht – und ich beschränke mich auf die Computerexperten –, geschaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich geht es hier nicht um die Frage, welche Möglichkeiten es für effiziente Verbrechensbekämpfung gibt, sondern für mich geht es hier um die Frage, ob mit diesem Übereinkommen ganz bestimmten, als Computerexperten einge­setzten Polizisten – denn Polizisten sind sie ja immer noch –, die Möglichkeit geboten wird, sich bei Fehlhandlungen strafrechtlichen Sanktionen zu entziehen. Darum geht es.

Es kann mir hier niemand weismachen, daß das irgend etwas mit operativer Tätigkeit zu tun hätte. Ich weiß auch, daß davon noch nicht die Rede ist und daß diese Eurocops – nennen wir sie so, denn das klingt so nett; Eurocops, auch wenn sie bis jetzt „nur“ Computerexperten sind – noch nicht im operativen Kriminalgeschäft – im positiven Sinne – tätig sind, wenn sie „nur“ mit Daten zu tun haben. Ja, was gibt es denn in der heutigen Zeit für unbescholtene Bürger und Bürgerinnen Gefährlicheres, als daß über sie Daten gesammelt werden? (Abg. Kiss: Ein paar Sachen gibt es da schon!) Der Herr Minister hat ja in seiner heutigen Aussendung – ich glaube, der Obmann des Innenausschusses hat es auch schon zitiert – gesagt, was diese EUROPOL-Zentrale ist: die Zentralstelle für den polizeilichen Informationsaustausch. – Das ist zwar die Wahrheit, aber darin liegt auch die Gefahr.

Die Gefahr ist, daß Menschen, die in der Zentralstelle des polizeilichen Informationsaustausches sitzen, mit den Daten machen können, was sie wollen, ohne daß ein Bürger, eine Bürgerin euro­paweit oder in jenem Rahmen, innerhalb dessen dieses Immunitätsprotokoll schon gilt, auch nur die geringste Möglichkeit dazu hat, eine Beschwerde gegen dieses Handeln zu erheben. Ja, glauben Sie nicht, Herr Kollege Leikam, daß Datenmißbrauch ähnlich gefährlich sein kann wie eine Waffe im eigentlichen Sinn? (Abg. Leikam: Datenmißbrauch steht drinnen!) Das ist meine Sorge, und darum sage ich, nichts unterscheidet Kleindienst von diesem Papier, denn da steht, daß es keine Möglichkeit gibt, Beschwerden gegen Fehlverhalten von Computerexperten in der EUROPOL-Zentrale zu erheben. Das ist jetzt nicht mehr möglich.

Was dort mit den Daten passiert, welcher Verwendung sie zugeführt werden, das entzieht sich jegli­cher Kontrolle. Und das sind meine Hauptbedenken und meine Hauptkritik. Wir Grüne ha­ben das schon im Winter vorgebracht, als das EUROPOL-Übereinkommen hier zur Diskussion stand. Kollege Anschober – ich weiß nicht, ob er damals noch im Nationalrat war, jedenfalls hat er sicherlich im Ausschuß dazu Stellung genommen – hat ja damals davor gewarnt. Was ist das Gefährliche an der EUROPOL? – Nicht die Tatsache, daß sie Verbrechensbekämpfung betreibt, denn das ist die Zielbestimmung und wird ja gewünscht, sondern das Gefährliche ist, daß sich die EUROPOL mit Übereinkommen wie diesem Protokoll über die Immunitäten der EUROPOL-Ange­hörigen tatsächlich außerhalb des in Österreich jetzt so vielzitierten „Verfassungsbogens“ stellt. Denn das Legalitätsprinzip der österreichischen Bundesverfassung wird hier nicht beachtet.

Das ist es, was nicht nur der kleinen Fraktion der österreichischen Grünen Sorge bereitet, son­dern auch – im politischen Sinne – gewichtigeren Männern wie dem Vizepräsidenten des Deut­schen Bundestages Hirsch, der im Rahmen der Diskussion, die diesbezüglich in Deutschland gelaufen ist, vehement dagegen Stellung bezogen hat. Das ist das, was ich in Österreich ver­misse, und dieses Fehlen der Diskussion darüber bedauere ich.

Sie können jetzt sagen, auch wir haben einen Teil der Mitverantwortung dafür, daß es in Öster­reich diese öffentlichen Diskussionen über die EUROPOL und das Immunitätsprotokoll nicht gibt. (Abg. Kiss: Aber geh, ihr versucht doch eh die ganze Zeit, das aufzublasen! Ihr tut ja unun­ter­brochen anzünden!) Diese öffentliche Diskussion wird im Keim mit einer gewissen Rhetorik zu ersticken versucht. Immer wird von der „OK“ gesprochen, und jeder glaubt, wenn dieses Kür­zel für organisierte Kriminalität zu hören ist, es müsse jeder sofort schmähstad sein, es müsse jede Kritik sofort verstummen, denn die organisierte Kriminalität ist sozusagen der Popanz. Or­gani­sierte Kriminalität ist eine Gefahr, aber die Aushöhlung des Rechtsstaates ist dadurch nicht gerechtfertigt! (Beifall bei den Grünen.) Das ist es, Kollege Kiss, was uns hier Sorge bereitet.

Deshalb treten wir in solcher Weise gegen Politiker auf, die nicht Kleindienst heißen, sondern die Pirker heißen und davon sprechen, daß man sich gegen gezielten Rufmord und lähmende Anklageflut von Mafiaanwälten wehren will. Das ist ja so entlarvend! (Abg. Kiss: In Artikel 24 sind alle Kontrollmechanismen taxativ aufgezählt! Nur nachlesen!)

Kollege Kiss! Es schmerzt mich, wenn eine noch so große Partei wie die ÖVP – allzu groß ist sie ja nicht mehr –, eine so wesentliche und auch so geschichtsträchtige Partei wie die ÖVP, eine Partei, die für die Demokratie in Österreich Wesentliches geleistet hat, da so einfach drüberfährt und damit zum Ausdruck bringt, daß ihr alles Wurscht ist. (Abg. Kiss: Es fährt doch überhaupt niemand drüber!)

Meine Damen und Herren! Es ist bedauerlich! Aber wir brauchen wirklich keinen Kleindienst, solange es Herren wie Leikam, Kiss, Pirker und – aber der wird ja erst dazu sprechen – Schlögl in Österreich gibt. (Beifall der Abg. Dr. Petrovic, die als einzige Abgeordnete von den Grünen im Saal ist. – Rufe bei SPÖ und ÖVP: Oje!)

17.21


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Jetzt gelangt Herr Bundesminister Mag. Schlögl zu Wort. – Bitte, Herr Minister.

17.21


Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl¦: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Stoisits, ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, Vorrechte und Immunitäten von EUROPOL-Bediensteten zu rechtfertigen oder zu verteidigen (Beifall bei der SPÖ – Abg. Mag. Stoisits: Aber Sie haben eine Regierungsvorlage eingebracht!), und ich möchte auch klar sagen, daß ich mit keiner Form von Immunitäten irgend etwas am Hut habe, und daß Sie mich bei allen Maßnahmen finden können, mit denen Immunitäten abgeschafft werden, und ich werde das auch in meinem Debattenbeitrag noch sehr klar ausführen.

Was mir aber wichtig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, daß dieses EUROPOL- Übereinkommen endlich ratifiziert wird; dazu gehört einfach auch das Protokoll über die Vor­rechte und Immunitäten für EUROPOL, das ist ein integraler Bestandteil davon.

Ich meine, daß das EUROPOL-Übereinkommen ein ganz wesentlicher Schritt ist, um der Inter­nationa­lisierung der Kriminalität zu begegnen und gemeinsam zu erreichen, daß internationale Kriminalität erfolgreicher und besser als bisher bekämpft wird. Ziel von EUROPOL ist es, Zu­sam­menarbeit zur Verhütung und zur Bekämpfung des Terrorismus, des Drogenhandels und aller anderen Formen der internationalen Kriminalität zu erreichen.

Ich glaube, daß EUROPOL in ihrer Konzeption als Zentralstelle für den polizeilichen Infor­mations­austausch und für Verbrechensanalyse äußerst notwendig und wichtig ist. Durch die Einrichtung von EUROPOL soll die grenzüberschreitenden polizeiliche Zusammenarbeit zwi­schen den Mit­glied­staaten der Europäischen Union eine neue Qualität erfahren und dadurch zu einer Effizienz­steigerung bei den Aktionen gegen das internationale Verbrechen führen.

EUROPOL nimmt eine Servicefunktion für die nationalen Sicherheitsbehörden ein und hat die Auf­gabe, bei internationalen Kriminalitätsfällen effizient und rascher als bisher handeln zu kön­nen. Konkret wird EUROPOL bei der Verhütung und Bekämpfung des Drogenhandels, bei Schlepperei, bei Menschenhandel, bei KFZ-Schiebereien und bei der Bekämpfung von Geld­wäsche aktiv werden.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, Frau Abgeordnete Stoisits, daß EUROPOL keine opera­tiven Befugnisse hat (Abg. Mag. Stoisits: Noch nicht!), sondern lediglich eine wichtige und not­wen­dige Funktion in der Analyse und bei der Bereitstellung der Analyseergebnisse für die nationalen Sicherheitsbehörden ausübt. Es geht daher keineswegs um eine Aufhebung der Rechtsstaatlichkeit für einen Teil der Exekutive, und es geht dabei auch nicht darum, ein „euro­päisches FBI“ zu schaffen.

Frau Abgeordnete Stoisits! Sollten EUROPOL-Beamte irgendwann einmal operative Befugnisse erhalten – der Vertrag von Amsterdam regelt solche operativen Befugnisse nicht –, dann wird die Frage der Immunitäten zwischen den Mitgliedstaaten neu zu verhandeln sein. Das ist klar geregelt. (Abg. Kiss: Rat auch!) Ja! Ich bin aber auch der Meinung, daß dann, wenn operative Befugnisse für EUROPOL bestehen, die Immunitäten entbehrlich sind und wegfallen sollten.

Klarzustellen ist auch, daß die EUROPOL-Bediensteten keine „Eurocops“ sind, auch wenn das sehr gut klingt, sondern internationale, hochqualifizierte Verwaltungsbeamte. Österreich stellt bislang zwei Mitarbeiter, und weil sich die Grünen darüber beschweren, daß es nur zwei sind, möchte ich sagen, daß auch wir gerne mehr hätten. Es bewerben sich leider keine Beamtinnen und Beamten dafür. Vielleicht gibt es aber den einen oder anderen, den Sie uns nennen können, der sich dafür meldet. (Abg. Kiss: Jung hat Interesse! – Heiterkeit.) Ressortüberschreitend kann ich mir das vorstellen, Herr Abgeordneter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wichtig ist auch, klarzustellen, daß nur dann, wenn alle EU-Staaten sowohl das EUROPOL-Abkommen als auch die vorliegenden Immunitätspro­tokolle ratifizieren, EUROPOL ihre Arbeit mit 1. Oktober aufnehmen kann. Es liegt an der Mehr­heit im öster­reichischen Parlament, ob EUROPOL die Tätigkeit aufnehmen kann oder nicht, und ich möchte Sie daher bitten – es gibt keine konstruktive Stimmenthaltung in dieser Frage, wie es in der heutigen Ausgabe einer Tageszeitung steht –, dieses Abkommen zu unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nun das Wichtigste in sechs Punkten zusammenfassen:

Erstens: EUROPOL hat derzeit keine operativen Befugnisse. Die EUROPOL-Bediensteten sind keine „Eurocops“, sind keine Polizisten, sondern sie sind internationale Verwaltungsbeamte.

Zweitens: Die Immunitäten laut dem Protokoll entsprechen im wesentlichen den internationalen Standards für alle anderen internationalen Beamten; ob das EU-Beamte sind, ob das Beamte des Internationalen Währungsfonds sind, ob das Interpol-Beamte sind – da gelten sie ja min­destens genauso wie für EUROPOL-Beamte (Abg. Leikam: Bessere!) –, ob das Beamte der UNO sind oder ob das Beamte anderer internationaler Organisationen sind.

Drittens: Operative Befugnisse können nur durch eine Änderung der EUROPOL-Konvention be­wirkt werden. Diese Änderung kann nur durch eine Entscheidung im österreichischen Parlament und durch eine solche in anderen Parlamenten erfolgen.

Viertens: Im Falle einer solchen Änderung der Aufgaben von EUROPOL muß die Frage der Immu­nitäten neu behandelt werden.

Fünftens: Ich sage ein klares Ja zur Kontrolle von EUROPOL durch Europaparlament und Euro­päischen Gerichtshof. (Beifall beim Liberalen Forum.) Das ist Bestandteil des Arbeitsprogramms für die österreichische Präsidentschaft, nämlich, daß wir das mit ganzer Kraft unterstützen werden. Ob wir das schon während der Präsidentschaft Österreichs positiv erledigen können, weiß ich nicht. (Abg. Dr. Gredler: Das machen Sie schon!) Aber Tatsache ist, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, daß es in dieser Frage auch in anderen Staaten zunehmende Sensibilität gibt. Die Debatte im deutschen Parlament, im Deutschen Bundestag, hat sehr deut­lich gezeigt, daß das nicht nur in Österreich der Fall ist.

Sechstens: Ich sage auch ein Ja zu einem grundsätzlichen Überdenken und auch Aufgeben von Immunitäten, und zwar sowohl in der EU als auch in anderen internationalen Organisationen. Ich darf Ihnen versichern, daß ich mich dafür einsetzen werde, und bitte Sie, mich und die österrei­chische Bundesregierung über das Europaparlament dabei zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.28


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Danke, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. 5 Minuten freiwillige Redezeitbe­schrän­kung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.28


Abgeordneter Günter Kiermaier¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns unter dem Tagesordnungspunkt 10 mit dem Übereinkommen über das Zollinformationssystem, kurz ZIS genannt, in 952 der Beilagen. Im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich der Justiz und des Inneren der EU wurde dieses Übereinkommen über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich erarbeitet. Dieses Übereinkommen ist vom Europäischen Rat bei seiner Tagung im Juni 1995 in Cannes gebilligt und am 26. Juni 1995 von den Botschaftern unterzeichnet worden.

Mit diesem Übereinkommen werden den Zollverwaltungen ein gemeinsames Vorgehen und der automatische Austausch von personenbezogenen und auch anderen Daten ermöglicht. Dieses Über­ein­kommen ist ein Gegenstück zur Verordnung Nr. 515, der sogenannten Amts­hilfe­ver­ordnung, welche am 13. März 1998 in Kraft getreten ist. Ziel dieser Verordnung ist die Gewähr­leistung der ordnungsgemäßen Anwendung der Zoll- und Agrarregelungen auf Grundlage eines automatisierten Datenaustausches.

Meine Damen und Herren! Zweck dieses Systems ist die Verhinderung, Ermittlung und Verfol­gung schwerer Verstöße gegen einzelstaatliche Rechtsvorschriften. Es wird damit wesent­lich leichter gelingen, der Wirtschaftskriminalität europaweit konzentriert entgegenzutreten.

Es wird der Verkehr von verbotenen Waren, die Beschränkungen unterworfen sind oder geson­derter Kontrolle unterliegen, wesentlich erschwert werden. Aber auch die sogenannte berühmte Geldwäsche und der Drogenhandel werden damit entschieden besser bekämpft werden können.

Das Übereinkommen legt sechs Kategorien fest, unter denen Daten erfaßt, eingegeben oder abgefragt werden können. Es sind dies Waren, Transportmittel, Unternehmen, Personen, Tendenzen bei Betrugspraktiken und letztendlich die Verfügbarkeit von Sachkenntnissen.

Was die Bestimmungen über den Betrieb und die Sicherheit des ZIS sowie den Datenschutz betrifft, so sind diese weitgehend identisch mit der Amtshilfeverordnung. Das ZIS ist eine zentrale Datenbank, die über Terminals benützt werden kann, und es wird von der Kommission technisch betrieben.

Wichtig ist auch zu wissen, daß Informationen in der ZIS-Datenbank – und das ist ganz wesent­lich – nur so lange gespeichert werden dürfen, wie sie konkret für Präventivmaßnahmen, Er­mittlun­gen und Strafverfolgungsmaßnahmen genützt werden können. Danach sind sie zu löschen. Personenbezogene Daten dürfen nur soweit aufgenommen werden, wie dies für den Zweck des ZIS notwendig ist. Die nationalen Datenvorschriften und die diesbezüglichen Bestim­mungen des Übereinkommens des Europarates vom 28. Jänner sind einzuhalten und werden laufend von einer gemeinsamen Aufsichtsbehörde, von Datenschutzbeauftragten der Mitglieds­länder kontrolliert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns mit größter Kraftanstrengung um gesamt­europäische Sicherheit durch das System EUROPOL bemühen, dann ist es einfach unmög­lich, da die Wirtschaftskriminalität nicht einzubeziehen.

Sicherheit ist nicht teilbar, Sicherheit muß den gesamten Lebensbereich umfassen. Daher wird meine Fraktion diesem Projekt im Sinne einer umfassenden europäischen Sicher­heits­politik natürlich gerne die Zustimmung erteilen. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzenberger.)

17.32


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Jung. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.32


Abgeordneter Wolfgang Jung¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Regierungsvorlage: Übereinkommen über Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL ist jener Tagesordnungspunkt, an dem wir uns stoßen, weil wir uns einfach fragen, wieso für Eurocops Vorrechte und Immunitäten notwendig sind. Wir fragen uns: Worin unter­scheiden sie sich von den österreichischen Polizisten, die bisher ihren Dienst recht erfolgreich getan haben?

Der ÖVP-Sicherheitssprecher Pirker – anscheinend gibt es mehrere Sicherheitssprecher in der ÖVP – hat ausdrücklich gesagt, daß die EUROPOL im Jahre 1997 2 600 Fälle zu bearbeiten hatte und daß davon 92 OK-Fälle in Österreich mit Hilfe von EUROPOL geklärt wurden. Ja wie, frage ich Sie, haben die EUROPOL-Bediensteten das bisher ohne Immunität geschafft? Jetzt soll das in Zukunft einfach nicht mehr möglich sein? Das können Sie doch niemandem klar­machen. Das ist doch keine ernstzunehmende Sache. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Bediensteten von EUROPOL werden sich in Österreich an keine Gesetze halten müssen, sie be­sitzen Immunität gegen jegliche Gerichtsbarkeit in Ausübung ihres Amtes und werden nach Beendigung ihrer Tätigkeiten auch für Straftaten nicht belangt, schreiben die „Salzburger Nach­richten“.

Man soll sich nicht auf Zeitungsartikel stützen, hat Kollege Leikam gemeint. Na dann zitiere ich den Polizeipräsidenten von Düsseldorf. Dieser hat folgendes dazu gesagt: Ein beispielloser Vorgang, ärger als im NS-Staat. – Das ist ein Polizist, ein Sozialdemokrat von seiner politischen Herkunft her. Sie können doch nicht sagen, daß all diese Leute nichts davon verstehen. Auch der deutsche Verfassungsgerichtshof hat sich dazu geäußert. Ganz aus der Luft gegriffen scheinen diese Vorwürfe also doch nicht zu sein.

Wir Freiheitlichen wehren uns dagegen, daß mit dem vorliegenden Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL eine neue privilegierte Schicht geschaffen wird. Sie lassen die Grenzen in Europa fallen, Sie schaffen die Duty-free-Läden ab, die Zollfreiläden für den „kleinen Mann“, aber für eine neue politische Kaste, für einen neuen europäischen „Adel“, der ein bißchen rot durchwirkt ist, schaffen Sie auf allen Ebenen Sonderbedingungen. Sie schaf­fen sie für EUROPOL, sie schaffen sie für die Richter und ihre Familien, wobei sich schon ein jeder fragt, warum Sie das tun.

Mit diesem Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten für EUROPOL schaffen Sie Son­der­bedingungen für einen neuen europäischen „Adel“, und das ist etwas, was die Bevölke­rung nicht begreift und was wir ihr klarmachen werden. Wir werden dagegen intensiv auftreten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß zu diesen Privilegien, schreiben die „Salzburger Nachrichten“ – und das ist gewiß kein frei­heitliches Blatt, sondern ein Blatt, das eher der Kirche und nicht Scientology zuzuordnen ist, Herr Kollege Kiss –, ein Steuerprivileg gehört, ist ein groteskes Detail.

Aber es ist bezeichnend dafür, daß sich hier eine neue europäische Bürokratenklasse über alles hinwegsetzt und sich besser dünkt als die Bürger, die sie in Europa vertreten. So werden Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, die Österreicher nicht näher an den Europa­ge­danken bringen. So werden Sie auch nicht das Vertrauen in ein funktionierendes Europa stärken können.

Mit einer solchen Immunität – und mit diesen Worten möchte ich meine Ausführungen schließen –, schreiben die „Salzburger Nachrichten“, erhebt sich eine Polizeitruppe nicht nur über die Verbrecher, sondern auch über jenes Volks, von dem angeblich das Recht ausgeht. – Zitatende.

Dem ist wirklich nichts hinzuzufügen. Das charakterisiert diese Situation ganz genau.

Was wir Freiheitlichen kritisieren, ist nicht die Verbrechensbekämpfung, die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, sondern der Umstand, daß damit unnötig eine neue Bürokratenkaste geschaffen wird, ähnlich wie Sie es in den Kammern und überall gewohnt sind. Sie empfinden ja nichts dabei, wenn die Leute Privilegien in diesem Bereich bekommen, Sie sind es ja schon seit Jahrzehnten so gewohnt, meine Damen und Herren von der großen Koalition, aber die Öster­reicher empfinden das als ungerecht, und die Österreicher wehren sich dagegen. Das können Sie in allen Blättern nachlesen, außer vielleicht in Ihren eigenen Parteizeitungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dafür besteht beim Österreicher kein Verständnis, auch wenn es der Kollege Kiss zu verdrehen versucht, der den anderen sagt, sie würden nichts davon verstehen – er ist der Lehrer, der große Schriftgelehrte auf diesem Sektor –, und auch wenn es der Kollege Leikam zu verdrehen versucht.

Darum geht es in erster Linie, und das wird nicht angenommen, auch wenn Sie es noch so sehr zu verdrehen versuchen, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiss: ... wenn Sie einen solchen Unsinn da unten reden!)

17.37


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Es ist jetzt noch Herr Abgeordneter Großruck zu Wort ge­meldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.37


Abgeordneter Wolfgang Großruck¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Freiheitliche Partei hatte einmal eine Wahlkampfparole ausgegeben, die lautete: „Österreich zuerst!“ Ich glaube, das nehmen Sie heute sehr wörtlich. Es hat nämlich jetzt das Fußballspiel Österreich gegen Chile begonnen, und die Bänke sind leer. Ich glaube, so hat es der Herr Führer Haider nicht gemeint, aber ich habe Verständnis dafür – im Sinne der Sportler. (Abg. Dr. Ofner: Tatsächliche Berichtigung, bitte!)

Meine Damen und Herren! Es ist heute sehr viel Konstruktives und inhaltlich Positives über die Ratifizierung des vorliegenden Vertrages, des Protokolls gesagt worden, und zwar von den Kollegen Leikam und Kiss und danach erläuternd auch vom Herrn Bundesminister. Ich glaube, dem braucht man nichts hinzuzufügen, es ist inhaltlich alles gesagt worden.

Es ist gut, meine Damen und Herren, daß darüber diskutiert wird, ob EUROPOL zu viele oder vielleicht zu wenige Rechte bekommt. Es ist gut, daß gewisse Schutzmaßnahmen eingeführt werden und eingeführt werden sollen, und ich vertraue auch auf das Wort unseres Herrn Bun­des­ministers, der gesagt hat, er werde sich dafür einsetzen, daß die Schutzmechanismen und die Kontrollmechanismen verstärkt werden. Es ist gut, daß es Kontrollrechte und Kontroll­mög­lich­keiten gibt, aber vor allem ist eines gut: daß es die EUROPOL gibt. Ich glaube, daß Sie alle dieser meiner Meinung sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich teile die Bedenken, die von seiten der Grünen und von seiten der Frau Kollegin Stoisits gekommen sind, überhaupt nicht, denn Ängste sind schlechte Ratgeber. Ich weiß nicht, warum Frau Kollegin Stoisits soviel Angst hat. Sie ist nicht da, sonst hätte ich ihr gesagt: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben!, aber ich wünsche ihr trotzdem ein langes Leben.

Noch einmal: Ich teile die Bedenken der Kollegin Stoisits nicht, meine Damen und Herren, denn wenn Sie sich den Vertrag von Amsterdam anschauen, dann sehen Sie, daß genau definiert ist, welche Aufgaben die EUROPOL zu erfüllen hat, nämlich unterstützend einzugreifen. Die EURO­POL soll nicht im operativen Bereich tätig werden, sondern im analytischen Bereich. Sie soll Da­ten erheben. Ihre Aufgaben sind genau geregelt. (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser.)

Herr Kollege Moser! Wenn Sie sich den Vertrag durchgelesen haben, dann weiß ich nicht, wo­vor Sie so große Angst haben. Angsthase sind Sie wahrscheinlich keiner (Abg. Hans Helmut Moser: Bin ich nicht!), und deshalb brauchen Sie sich auch nicht zu fürchten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es geht um etwas Wesentliches, nämlich um die Waffengleichheit. Es geht darum, daß das Recht, Gesetz und Ordnung zum Schutze der Bürger durchgesetzt werden, daß Verbrechen und organisierte Kriminalität bekämpft werden. Darum geht es, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Es geht um eine Güterabwägung: um die Sicherheit und um den Schutz des Bürgers, und das ist bei weitem höher anzusiedeln als die Intimsphäre und die Persönlichkeitsrechte von Verbrechern.

Meine Damen und Herren! Da schließt sich der Kreis der Diskussion, die Frau Kollegin Stoisits diese Woche im „profil“ geführt hat. Wenn Sie das lesen, erfahren Sie, daß sie auch die Fahn­dungs­methoden mittels DNA-Gentest beklagt. Also dafür fehlt mir, Frau Kollegin Stoisits, wirk­lich das Verständnis. Gerade die Erfolge, die diese Untersuchungen, die diese Gentests in letzter Zeit gebracht haben, rechtfertigen deren Einsatz. Ich erinnere an den Kindesmord in Deutsch­land, ich erinnere aber auch daran, was in der Ausgabe des „Volksblattes“ vom 15. Juni stand – ich zitiere –: „DNA-Analyse wies Spur zu Sexualverbrecher“. – Wenn diese neuen Fahn­dungs­methoden, diese neuen Ermittlungsmethoden, mit denen Verbrechen bekämpft und Ver­brecher gefunden werden können, die mit anderen Methoden nie hätten eruiert werden können, nicht als positiv bewertet werden, dann verstehe ich Ihre Haltung bei Gott wirklich nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte abschließend den Leiter des Kriminalpsychologischen Dienstes im Innenministerium, Thomas Müller, zitieren, der unter anderem ein ganz hervorragendes Bild, ein zutreffendes Charakterbild des Herrn Fuchs abgegeben hat, der in einem Streitgespräch mit Frau Stoisits im letzten „profil“ schlußendlich folgendes gesagt hat: „Und ich sage“ – so Müller wörtlich –, „daß wir nicht immer wie gebannt auf den möglichen Mißbrauch starren sollen, wenn es darum geht, Neues im Kampf gegen Verbrechen einzusetzen. Daß es funktioniert, haben wir jetzt wieder einmal gesehen.“ – Ich glaube, diesen Worten des Herrn Thomas Müller ist nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der ÖVP.)

17.42


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter Dr. Ofner hat eine tatsächliche Berichti­gung begehrt. – Bitte, Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Darstellung der Behauptung, die Sie berichtigen wollen.

17.42


Abgeordneter Dr. Harald Ofner¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Großruck hat den Obmann der Freiheitlichen Partei als „Führer“ bezeichnet.

Ich stelle richtig: Die Freiheitliche Partei hat keinen Führer (Abg. Dr. Höchtl: Einen Anführer!), die Freiheitliche Partei hat einen Obmann. (Abg. Dr. Fekter: Sind Sie führerlos? – Abg. Schwar­zen­berger: Sie sind führerlos!) Wer die Freiheitliche Partei bezichtigt, einen „Führer“ zu haben, der stellt sie bewußt in die Nähe der NSDAP, und Vorredner des Herrn Abgeordneten Großruck haben dafür hier vor wenigen Sitzungen einen Ordnungsruf erhalten.

Es wäre auch hier ein Ordnungsruf zu verhängen. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!) Das geht über eine tatsächliche Berichtigung hinaus! Aber wer hier eine Partei, die 1 Million Wähler hat, in die Nähe der NSDAP stellt und sagt, sie hat einen „Führer“ (Abg. Kiss – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Was ist mit dem da?), der ist mit einem Ordnungs­ruf zu bedenken.

17.43


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter, der Schluß Ihrer Ausführungen war wirk­lich keine tatsächliche Berichtigung mehr.

Es hat sich niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Abg. Dr. Ofner: Ich be­an­trage einen Ordnungsruf, so wie ihn Schwarzenberger bekommen hat in dieser Ange­legenheit!) Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstatter ist nicht verlangt worden.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angele­gen­­heiten, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 894 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Herr Abgeordneter Kukacka hat seinen Platz erreicht, und er kann daher in die Ab­stimmung miteinbezogen werden. (Heiterkeit.) – Dieser Ausschußantrag ist mehrheitlich ange­nom­men.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegen­heiten im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Kund­ma­chung der englischen, dänischen, spanischen, französischen, finnischen, gälischen, griechi­schen, italienischen, niederländischen, portugiesischen und schwedischen Fassungen des Staats­vertrages durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für aus­wärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Dieser An­trag ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Ab­schluß des gegenständlichen Vertragswerkes in 952 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Wer hierzu die Zustimmung erteilt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen auch hier ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, daß die Kundmachung der Fas­sungen des Übereinkommens, der Übereinkunft, des Protokolls und der Erklärungen mit Aus­nahme der nur in deutscher Sprache vorliegenden Erklärung der Republik Österreich zu Artikel 2 des Protokolls in dänischer, englischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, italienischer, niederländischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1032 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem integrierten Vertriebenen aus Bosnien und Herze­gowina das weitere Aufenthaltsrecht gesichert wird (1193 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 797/A der Abge­ord­neten Anton Leikam, Paul Kiss und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 – FrG), BGBl. I Nr. 75/1997, geändert wird (1213 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 681/A der Abge­ord­neten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­des­­gesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997), BGBl. I Nr. 75/1997, in der geltenden Fassung, geändert wird (1217 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 701/A der Abge­ordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997), BGBl. I Nr. 75/1997, in der geltenden Fassung, geändert wird (1212 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 702/A der Abge­ordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, geändert wird (1214 der Beilagen)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Wir kommen zu den Punkten 11 bis 15 der heutigen Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir beginnen die Debatte mit einer Wortmeldung der Frau Abgeordneten Dr. Partik-Pablé. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.47


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Hohes Haus! So harmonisch meine erste Wortmeldung zu zwei Themen war, die durchaus auch Kritikpunkte enthalten haben, so kontroversiell sieht meine Fraktion einige dieser Punkte, die wir jetzt behandeln. Ich möchte zum Bundesgesetz, mit dem der Aufenthalt der Bosnier in Österreicher verlängert wird, sprechen, außerdem spreche ich dann auch noch zum Antrag, den ich betreffend die Änderung des Fremdengesetzes eingebracht habe. Da geht es darum, daß Schubhäftlinge, die die Nahrungsaufnahme verweigern, zwangsernährt werden sollen.

Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst zur Verlängerung des Aufenthaltsrechtes der Bosnier: Die gesamte Vorgangsweise rund um die De-facto-Flücht­linge ist wirklich nicht dazu geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in Ihre Fremdenpolitik zu bestärken oder überhaupt zu wecken.

Das fängt damit an, daß niemals richtige Angaben darüber gemacht wurden, wie viele De-facto-Flüchtlinge Österreich überhaupt aufgenommen hat. Da ist zuerst einmal von 70 000 Flüchtlin­gen die Rede gewesen, dann nach und nach hat man von 80 000 geredet, und in der letzten Ausschußsitzung hat der Herr Minister gesagt – das ist beweisbar –, daß wir 92 000 bis 93 000 Bosnier als De-facto-Flüchtlinge in Österreich aufgenommen haben. Also es ist immer wieder verschleiert worden, wie viele Bosnier Österreich während der letzten Jahre tatsächlich versorgt hat.

Zweitens hat genauso eine Verschleierungspolitik über die Verweildauer stattgefunden. Da ist zuerst davon geredet worden – wobei diese Bosnier nach der Genfer Flüchtlingskonvention überhaupt kein Recht darauf hatten, hier in Österreich als Flüchtlinge anerkannt zu werden –, daß wir ihnen den Status von De-facto-Flüchtlingen geben, und nach ein paar Monaten würden sie ohnehin wieder in ihre Heimat zurückkehren. Das ist nicht möglich gewesen, weil die krie­gerischen Auseinandersetzungen nicht innerhalb von ein paar Monaten beendet waren.

Dann hat es geheißen, mit Ende des Krieges würden sie zurückkehren. Endlich kam es soweit, daß der Krieg vorbei war. Das Dayton-Abkommen ist geschlossen worden, alle Voraus­setzun­gen für einen dauerhaften Frieden waren vorhanden. Dann hat es wieder geheißen: Bis zum Som­mer 1998 – das ist als letzter Termin genannt worden – werden wir die bosnischen Flücht­linge hier in Österreich beherbergen.

Jetzt ist der Sommer 1998 gekommen. Jetzt heißt es, all diese Flüchtlinge – vielmehr De-facto-Flüchtlinge muß man ja sagen – sollen eine Niederlassungsbewilligung bekommen, die ihnen das Recht gewährt, praktisch bis zum Lebensende in Österreich zu bleiben.

Nach der Aussage des Herrn Innenministers sind inzwischen aber bereits ungefähr 53 000 auf­grund einer Aufenthaltsbewilligung in Österreich geblieben. Trotz großzügiger Rückkehrhilfen sind nur 10 000 zurückgekehrt. Das heißt, von einer Rückkehr kann überhaupt keine Rede sein, sondern der Großteil ist hiergeblieben, und der Rest wird aufgrund des Gesetzes, das Sie heute beschließen werden, in Österreich bleiben – und noch dazu quotenfrei. (Abg. Smolle: Sehr vernünftig! Bis jetzt habe ich keinen Fehler gesehen!)

Herr Kollege Smolle! Nach Ihrer Philosophie ist das vernünftig, aber diese Politik wurde unge­achtet dessen gemacht, daß es dadurch in Österreich zu einem unerhörten Verdrängungs­wett­be­werb auf dem Arbeitsmarkt gekommen ist (Zwischenrufe beim Liberalen Forum), unabhängig davon, daß es eine ungeheure Wohnungsnot gegeben hat, daß in Wien alle möglichen Schul­probleme vorhanden waren (Abg. Smolle: Diese Wohnungsnot bei uns wurde durch die Bosnier erhöht?!) – na selbstverständlich! (Beifall bei den Freiheitlichen) –, und ungeachtet dessen, daß es daneben auch noch eine Reihe von Ausländern gibt, die schon jahrelang auf der Liste stehen und eine Aufenthaltsbewilligung haben wollen. (Abg. Smolle: Kollegin Pablé! Sie setzen Ihre Demagogie seit Jahren fort! Seit Jahren!) Da sind alle Bosnier vorgezogen worden. (Abg. Smolle: Weil sie keine andere Möglichkeit hatten! Wohin hätten sie gehen sollen? Das ist ja lächerlich!)

Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie mit dieser Politik bei den Österreichern wirklich Aner­ken­nung finden, insbesondere auch deshalb nicht, weil 5 Milliarden Schilling ausgegeben worden sind: alles im Vertrauen darauf, daß nach Abschluß der kriegerischen Handlungen diese Flücht­linge wieder nach Hause zurückkehren werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Daß die internationale Staaten­ge­meinschaft angesichts dessen kein sehr großes Interesse daran hat, an einer Umverteilung der Lasten mitzuwirken, ist mir auch ganz klar. Denn wenn Österreich und auch die Bundesrepublik Deutschland in einer so großzügigen Weise allen De-facto-Flüchtlingen die Möglichkeit geben, bis ans Lebensende im Land zu bleiben, warum soll dann überhaupt eine Lastenverteilung stattfinden?

Ganz im Gegenteil: Wenn die nächste Flüchtlingswelle anrollt – und das wird ja nicht mehr sehr lange dauern, wie man Zeitungen entnehmen kann –, dann werden wieder die Österreicher die ersten sein, die sagen: Ja, wir nehmen alle auf, und dann geben wir ihnen auch noch eine Aufenthaltsbewilligung. – Eine Zustimmung zu dieser Politik können Sie von uns nicht erwarten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein paar Worte zu meinem Antrag möchte ich Ihnen auch noch ... (Abg. Smolle: Sie sitzen seit Jahren hier herinnen und sind kein Quentchen klüger geworden!) – Herr Präsident! Könnten Sie vielleicht den Herrn Kollegen Smolle darauf aufmerksam machen, daß er mich nicht nieder­plär­ren soll! Er kann einen Zwischenruf machen, aber mich nicht niederschreien, bitte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Das sind wir vom Stadler seit Jahren gewohnt! – Weitere Zwischenrufe.)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Frau Abgeordnete! Entschuldigen Sie, aber so schwach sind Sie vom Rednerpult aus nicht. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Ofner – in Richtung des Libe­ralen Forums –: Als nächstes wird er wieder „Führer“ schreien! Das macht dann auch nichts!)


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé¦ (fortsetzend): Trotz Mikrophon gelingt es mir nicht, des Herrn Smolle Herr zu werden. Er hat eine wirkliche Führer-Stimme! (Abg. Dr. Keppelmüller: Da haben Sie den Stadler noch nicht gehört! – Weitere Zwischenrufe und Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Meine Damen und Herren, vielleicht könnten Sie die Zwi­schenrufe jetzt wieder einstellen! – Bitte.


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé¦ (fortsetzend): Herr Minister! Ein paar Worte möchte ich noch zu Ihrer Haltung – auch zu Ihrer Haltung hier im Plenum – sagen betreffend die Behand­lung von Schubhäftlingen, die sich durch Hungerstreik freipressen. Wir haben ja schon etliche Male über dieses Thema diskutiert, denn Sie haben in sehr unbefriedigender Weise dem Umstand Rechnung getragen, daß sich da Menschen – 2 000 waren es im Vorjahr – ganz ein­fach unserer Rechtsordnung widersetzen. Ich glaube, nichts ist ärger für einen Rechtsstaat, als wenn die staatlichen Behörden zuschauen, wie die Gesetze gebrochen werden, wie Gesetze nicht vollzogen werden können.

Herr Minister! Ich bitte Sie noch einmal, daß Sie da endlich etwas unternehmen. Sie haben ge­sagt, Sie werden hungerstreikende Schubhäftlinge in öffentliche Krankenhäuser bringen. – Gut und schön. Aber was wird dort geschehen? Um 6 000 S pro Tag werden Sie die Hunger­streiken­den gut aufpäppeln lassen, dann werden Sie sie freilassen, weil Sie offensichtlich keine andere Möglichkeit sehen, wie Sie mit diesen Leuten umgehen sollen, die das Recht des österreichischen Staates schon bei ihrer Einreise gebrochen haben, die es in vielen Fällen dann noch mehrfach im Inland gebrochen haben, weil sie kriminell tätig geworden sind, und die sich dann auch noch dem Vollzug entziehen.

Da können Sie ebenfalls nicht mit unserer Zustimmung rechnen (Abg. Schaffenrath: Das ist ja men­schenunwürdig, was Sie da von sich geben!), und ich bitte Sie, hier endlich einmal zu han­deln! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Smolle: Dürrer Applaus bei den Freiheitlichen! – Abg. Schwarzenberger: Sie sind ja auch führerlos geworden!)

17.55


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Schwemlein. 5 Mi­nu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Smolle: Dürrer Ap­plaus! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

17.55


Abgeordneter Emmerich Schwemlein¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Es bedarf einer hohen Leidensfähigkeit, der Frau Kollegin Partik-Pablé zu lauschen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie können ja hinausgehen, wenn es Ihnen schwerfällt!)

Ich meine, daß es wichtig ist, einmal zu hören, worum es in dieser Regierungsvorlage geht. In die­ser Regierungsvorlage geht es darum, Vertriebenen den weiteren Aufenthalt in Österreich zu sichern. Ich gebe zu, daß das eine Möglichkeit ist, Emotionen wachzurufen, daß das eine Gei­steshaltung sein kann, Einzelschicksale bewußt in der Art und Weise darzustellen, daß Angst­gefühle geschürt werden, daß man ein scheinbares Schmarotzertum oder sonstige negative Erscheinungsbilder in Migrationsbewegungen hineininterpretiert. (Abg. Dr. Of­ner: Was dir alles einfällt in diesem Zusammenhang, ist interessant!)

Meine Damen und Herren! Überlegen Sie, mit welchem Zugang man diese Debatte führen kann. Es gibt zwei Möglichkeiten. Ich stelle Ihnen jene Möglichkeit vor, die die Freiheitliche Par­tei gewählt hat. Ich nehme dazu den Antrag 627/A  der Frei­heit­lichen, Staatsbürgerschafts­ge­setz. Da steht: „(Verfassungsbestimmung) ... (2) Österreich ist kein Einwanderungsland.“ – Das heißt schon einmal: Alle Schotten dicht! Niemand hat zu uns hereinzukommen! Niemand darf bei uns Schutz, niemand darf bei uns Sicherheit, niemand darf bei uns menschliche Wärme empfangen. (Abg. Jung: Das sagen Sie! Einwanderung hat nichts mit Asyl zu tun, Herr Kolle­ge!) – Das lehnen wir kategorisch ab! (Beifall bei der SPÖ.)

Unser Zugang, meine Damen und Herren, hat der humanitäre Aspekt zu sein. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das war schon immer so, daß Sie nichts verstehen von dieser Sache! Herr Minister! Sie sollten dem Kollegen Schwemlein einmal Nachhilfeunterricht geben!) Und aus diesem Grund ha­ben wir Überlegungen dahin gehend angestellt – sie finden sich in dieser Regierungsvorlage –, wie wir nun versuchen sollen, diesen zirka 95 000 Bosniern, die in Österreich sind, zu begegnen.

Frau Kollegin Partik-Pablé hat nicht nur richtige Zahlen genannt. Es wurden in etwa 65 000 Bos­nier integriert, zirka 12 000 sind weitergereist, etwa 12 000 sind zurückgekehrt, und gut 5 000 sind in Bundesbetreuung. Und um diese 5 000 geht es! (Abg. Jung: Aber woher denn!) Um 5 000 Schicksale geht es in einem Land mit über 8 Millionen Einwohnern, in einem Land, das zu den reichsten Ländern dieser Welt gehört. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber warum gehören wir zu den reichsten Ländern? Schauen Sie sich unsere Staatsschulden an!)

Daher wollen wir folgendes umzusetzen versuchen: Es geht bei dieser Gruppe von 5 000 bos­nischen Flüchtlingen darum, daß wir zirka 850 Bosniern aus der bosniakisch-kroatischen Föde­ration Hilfestellung geben, damit sie zurückkehren können. Es geht darum, daß wir versuchen, daß die Gruppe der Verbleibenden – das sind gut 4 000, 4 400 Menschen aus der Republika Srpska – mit begleitender Unterstützung zurückkehren kann.

Es geht darum, daß wir eine Gruppe von gut 1 000 Personen in Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern weiterhin betreuen. Denn das möchte ich an dieser Stelle auch hervor­heben, meine Damen und Herren: Es ist uns gelungen, den vielen Flüchtlingen, die bei uns Sicher­heit gesucht und bekommen haben, zu helfen, und zwar nur dadurch, daß Bund und Län­der vernünftig und ernst zusammengearbeitet und diesen Menschen genau jenen Schutz gebo­ten haben, den sie gebraucht haben. Ich möchte von dieser Stelle aus allen Verantwortlichen meinen Dank aussprechen, daß sie dazu bereit waren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht darum, daß wir alle auch in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium und dem So­zial­ministerium – da möchte ich ganz besonders Herrn Bundesminister Schlögl und Frau Bundesministerin Hostasch meinen Dank aussprechen – danach trachten, daß diese Menschen Arbeit erhalten, daß sie über Saisonarbeit Anschlußbeschäftigung bekommen.

Und selbstverständlich geht es um die Ärmsten aller Armen; man schätzt in etwa 300 bis 500 Per­sonen. Vergessen Sie eines nicht, meine Damen und Herren: Wir haben uns zum Ziel ge­setzt, mit jedem einzelnen ein persönliches Gespräch zu führen. Da geht es nicht darum, daß wir alle über einen Leisten scheren, sondern durch Einzelgespräche wird festgestellt, wie man für jeden einzelnen das Bestmögliche für die Zukunft erreichen kann. Zirka 300 bis 500 Per­sonen sind es, die dauerhaften Schutz brauchen. Das sind jene, die schwerkrank sind, schwer traumatisierte Waisen und Zeugen vor dem internationalen Kriegsverbrechertribunal.

Meine Damen und Herren! Ich habe leider nicht mehr viel Redezeit. Ich hätte gerne noch einiges gesagt. Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich gerade bei einem derartigen Thema Emotionen zeige, aber ich tue es deshalb, weil ich im Jahre 1956 nach dem ungarischen Aufstand als Flüchtling nach Österreich gekommen bin. Das gesamte Hab und Gut meiner Familie waren zwei Koffer. Wir mußten alles zurücklassen. Ich weiß, wie es einem Flüchtling ergehen kann, und ich möchte, daß so wenig Menschen wie möglich dieses Schicksal mit mir teilen müssen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

18.01


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Ab­geordneter.

18.01


Abgeordneter Dr. Volker Kier¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zunächst folgenden Antrag der liberalen Fraktion zur Kenntnis bringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kier, Partnerinnen und Partner betreffend Regierungsvorlage (1032 der Beila­gen) über ein Bundesgesetz, mit dem integrierten Vertriebenen aus Bosnien und Herzegowina das weitere Aufenthaltsrecht gesichert wird, in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für innere Angelegenheiten (1193 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (1032 der Beilagen) über ein Bundesgesetz, mit dem integrierten Vertrie­be­nen aus Bosnien und Herzegowina das weitere Aufenthaltsrecht gesichert wird, in der Fas­sung des Berichtes des Ausschusses für innere Angelegenheiten (1193 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

1. § 3 Abs. 1 wird geändert und lautet:

„Fremden, die aufgrund der Verordnung BGBl. II Nr. 215/1997 zum Aufenthalt berechtigt sind, die sich hier ständig aufhalten und denen eine endgültige Rückkehr in ihre Heimat aus huma­nitären Gründen noch nicht zuzumuten ist, ist von der Behörde (§ 88 Abs. 1 FrG) auf Antrag ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht von jeweils sechs Monaten im Bundesgebiet zu erteilen und im Reisepaß ersichtlich zu machen. Diesen Fremden ist nach den vorhandenen Möglichkeiten ein Reintegrationsangebot zu unterbreiten.“

2. § 3 Abs. 2 wird geändert und lautet:

„Ist wahrscheinlich, daß Fremden, die aufgrund des § 1 Abs. 2 Z 2, 3, 4 und 6 der Verordnung BGBl. II Nr. 215/1997 zum Aufenthalt berechtigt sind, eine Rückkehr in ihre Heimat aus huma­nitären Gründen auf Dauer nicht zuzumuten ist, so ist ihnen sowie ihren Ehepartnerinnen bzw. Ehepartnern und minderjährigen Kindern eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs 4 FrG mit der erforderlichen Gültigkeitsdauer zu erteilen.“

*****

Dieser Abänderungsantrag ist aus Sicht der liberalen Fraktion deshalb notwendig, weil sich ge­zeigt hat, daß der vorliegende, im Bericht des Innenausschuß enthaltene Gesetzestext zwar grundsätzlich in die richtige Richtung geht, aber mangelhaft und zum Teil zielverfehlend ist, weil er gerade jene Personen nicht erfaßt, die im eigentlichen Sinn des Wortes hilfsbedürftig sind.

Ich bin der gesicherten Überzeugung, daß es sich hier um einen legistischen Fehler handelt und um keine gezielte Absicht, und ich bitte daher, dem Abänderungsantrag der liberalen Fraktion die Mehrheit zu geben. Er synchronisiert eigentlich nur das, was im Gesetz vorgesehen ist, mit der derzeitigen Rechtslage in der Verordnung. Und er zielt vor allem auf Personen ab, zum Bei­spiel Mütter mit Kindern oder auch über 50jährige, die tatsächlich reale und nicht ohne weiteres lösbare Probleme haben.

Ich möchte schon auch darauf hinweisen, daß sich in diesem Fall zum Beispiel das Innenmini­ste­riums sogar mit einem eigenen Schreiben an das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales gewendet hat, das ja für Beschäftigungsfragen zuständig ist, und ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß eben Kriegsvertriebene aus den Regionen Banja Luka, Doboi, Pale, Trebinje und so weiter ein besonderes Ziel sein sollten für die Integration in den Arbeits­markt, weil diese voraussichtlich auch nach Auslaufen der Betreuungssituation aufgrund der serbischen Besetzung dieser Gebiete keine Heimkehrmöglichkeiten haben werden.

Kollege Schwemlein hat die Dinge ja auch schon treffend ausgeführt. Aber es ist mir wirklich ganz wichtig, einmal von diesem Pult aus zu sagen: Wer sich immer nur und ganz aus­schließlich und in einem engherzigen Sinn an der Genfer Flüchtlingskonvention festklammert, gleich­zeitig aber behauptet, Schutzbedürftigen Hilfe gewähren zu wollen, der ist nicht im Ein­klang mit sich selber. Da wird ständig behauptet: Gegen echte Flüchtlinge hätten wir ja ohne­hin nichts!, und dann haben wir echte Flüchtlinge – und was geschieht? Ob sie „De-facto-Flücht­lin­ge“ heißen oder ob wir eben aufgrund einer unbefriedigenden Rechtslage Gesetze be­schließen müssen, damit wir ihnen rechtliche Deckung geben können oder nicht, das darf in so evident hu­ma­nitären Fällen keine Rolle spielen. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Wer sich so extrem und ausschließlich auf die Genfer Flüchtlingskonvention zurückzieht, der ist nicht guten Willens. Gerade in unserer Heimat Österreich, die ja bei Kriegsende erlebt hat, was es bedeutet, wenn Hunderttausende in die Flucht getrieben werden – Hunderttausende! –, sollte, unabhängig von der mit Recht immer wieder in Erinnerung gerufenen ungarischen Tra­gödie 1956, mehr Verständnis für diese Menschen vorhanden sein.

Blenden wir doch wirklich einmal zurück auf die letzten Kriegsmonate des Jahres 1945 und die un­mittelbar nachfolgenden Zeiten: Wenn wir uns seinerzeit, als tatsächlich Menschenmassen in die Flucht getrieben wurden und Unrecht in größtem Ausmaß gesetzt wurde, so verhalten hät­ten, wo wären diese Menschen geblieben, die heute – Gott sei Dank! – alle längst in diesem Land integriert sind? Die Not war damals sicher bedeutend größer als 1956, und heute in die­sem Land von einer „Not“ zu sprechen, die uns nicht in die Lage versetzen würde, Flüchtlinge auf­zu­nehmen, das ist nicht nur zynisch, das ist fast schon pervers. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei den Grünen.)

Das gebe ich schon zu: Es mag einen Unterschied ausmachen, ob es sich bei Flüchtlingen um sogenannte Neusprech-, um sogenannte Altösterreicher deutscher Zunge handelt, oder schlicht und einfach nur um Menschen, die Hilfe brauchen, aber nicht von vornherein der deutschen Spra­che mächtig sind, weil sie zu dem Zeitpunkt, als sie die Flucht angetreten haben, nicht ge­wußt haben, daß es wichtig ist für einen Flüchtling, der sich vor Krieg, Verfolgung und Terror auf die Flucht begibt, vorher noch rasch einen Deutschkurs zu machen, damit er in Österreich als Flüchtling anerkannt wird. So kommt mir das vor. Das kann aber doch bitte nicht die Frage sein! (Abg. Dr. Maitz: Ist es auch nicht!)

Nein, meine Kritik ist gar nicht an die Regierungsparteien gerichtet. Ich meine nur, das Gesetz, das wir hier beschließen, sollte noch verbessert werden. Die Intention – das sage ich noch ein­mal – ist absolut richtig. Nur: Bei Kopfzahlen, die nicht nennenswert sind im Verhältnis zu anderen Problemen, die wir haben und die sich als leistbar herausgestellt haben, so zu argu­mentieren, geht einem wirklich sehr ans Gemüt, und ich wollte das von dieser Stelle aus ganz unmiß­ver­ständlich sagen.

Ich bitte daher noch einmal, unseren Abänderungsantrag genau zu lesen.

Ein zweiter Aspekt, der geradezu in unmittelbarem Zusammenhang damit steht, sind die beiden Anträge, die die Kollegin Partik-Pablé eingebracht hat und die auch mit in Verhandlung stehen in dieser Debatte, und zwar der eine zur Schubhaft und der andere zum Verfassungsgerichtshof.

Schubhaft im Sinne dieses Antrages ist eine im Verwaltungsverfahren ablaufende Schubhaft. Der Herr Bundesminister hat dankenswerterweise im Innenausschuß in der Debatte dazu aus­geführt, daß er der Auffassung ist, daß in diesem Verwaltungsverfahren Zwangsernährung ein unverhältnismäßiges Mittel wäre. Das ist zum Teil bitter, weil einem manchmal vielleicht wirklich die Nerven durchgehen können, wenn getrickst wird – das gibt es alles, ich will nicht naiv wirken –, aber es ist eben dem Rechtsstaat angemessen, zu sagen: Wir haben das Verhältnis­mäßig­keitsgebot, und das ist nicht zu übersteigen, das ist eine Hürde, die wir ernst nehmen müssen, sonst reißt uns das ein.

Daher können wir den Antrag der Kollegin Partik-Pablé bezüglich Zwangsernährung von Schub­häftlingen nicht annehmen – aus diesem Grund, aus diesem schlichten, einfachen Grund der Verhältnismäßigkeit der Mittel in einem Rechtsstaat, der sich selbst ernst nimmt.

Und wenn von diesem Rednerpult aus der Eindruck zu erwecken versucht wird, es handle sich dabei um irgend­welche Schwerkriminelle, die abzuschieben sind: Die finden sich nicht in den Schubhaften des Herrn Innenministers. Die sind im Zweifelsfall in den Strafvollzugsanstalten vor ihrer Ab­schie­bung, und die werden selbstverständlich so behandelt wie Strafhäftlinge, bei denen die Zwangs­ernährung als letztes Mittel möglich ist, wo es auch Inquisitenabteilungen für diesen Zweck gibt. Aber die sind ja nicht der Verhandlungsgegenstand dieses Antrages, sondern es sind die in administrativer Schubhaft Befindlichen.

Ich bin dem Herrn Bundesminister wirklich sehr dankbar dafür, daß er klar zum Ausdruck gebracht hat, daß Zwangsernährung ein unverhältnismäßiges Mittel wäre. Daher ist der Antrag der Kolle­gin Partik-Pablé, der freiheitlichen Fraktion in diesem Punkt aus liberaler Sicht völlig unakzepta­bel.

Den Gipfelpunkt allerdings stellt der Antrag dar, den die Kollegin Partik-Pablé im Zusammen­hang mit dem Verfassungsgerichtshof und der aufschiebenden Wirkung eingebracht hat. Die auf­schiebende Wirkung, die der Verfassungsgerichtshof zuerkennen kann oder auch nicht, dieses Institut ist ein originäres Recht des Verfassungsgerichtshofes. Er muß die Möglichkeit haben, zu sagen: aufschiebende Wirkung – ja oder nein. Einen verfassungsändernden Antrag zu stellen, in welchem dem Verfassungsgerichtshof das Recht abgesprochen werden soll, im Verfassungsrang darüber zu entscheiden, ob der Verfassungsgerichtshof der Meinung ist, auf­schie­bende Wirkung soll gegeben werden oder nicht, das hat in meinen Augen schon an­nähernd gesamtändernden Charakter bezüglich der Regelungen des Verfassungs­gerichts­hofes. Dann braucht man ja keinen Verfassungsgerichtshof mehr, wenn er nicht mehr berechtigt ist, bei den Prüfungsverfahren, die er abwickelt, zu entscheiden, ob es eine aufschiebende Wirkung geben soll oder nicht.

Dieser Antrag ist nur getrieben von der Intention, unter allen Umständen, bevor alle rechtlichen Möglichkeiten in unserem Land ausgeschöpft sind, bestimmte Menschen expedieren zu können. Um dieses Ziel zu erreichen, wird selbst ein Verfassungsgrundsatz, nämlich, daß der Verfas­sungs­gerichtshof in diesem Fall über dem Gesetz steht und eben die Verfassungskonformität zu prüfen hat, gebrochen. Daher ist dieser Antrag ganz unangenehm. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Abschließend noch eine Bitte: Wir haben einen Antrag betreffend ausländische Studierende eingebracht, die an Universitäten studieren, die in Österreich eine Niederlassung haben, und die von der Verwaltungspraxis des Innenministeriums beziehungsweise der nachgeordneten Dienst­stellen nicht wie Studenten behandelt werden, obwohl diese Zweigstellen der ausländischen Uni­v­ersitäten selbstverständlich nur dann als solche anerkannt werden können, wenn die jeweilige Universität in ihrem Heimatland eine anerkannte Universität ist. Wir haben einen Antrag einge­bracht, der darauf abzielt, solche Studierende mit anderen ausländischen Studierenden gleich­zu­stellen und sie fremdenrechtlich gleich zu behandeln wie andere ausländische Studierende in diesem Land.

Ich hielte es für einen nennenswerten Fortschritt, wenn wir uns dazu entschließen könnten, uns auf der Ebene der Hohen Schulen zu öffnen. Die Tatsache, daß es solche Einrichtungen auslän­di­scher Universitäten in Österreich gibt, ist grundsätzlich segensreich. Mit Verlaub ... (Abg. Dr. No­wotny: Da muß man aber schon die Qualität anschauen!) Selbstverständlich, Herr Kol­lege Nowotny, muß man die Qualität anschauen, aber die Qualität muß dahin gehend geprüft werden, ob das eine Universität ist, die in ihrem Heimatland anerkannt ist.

Und ich stimme auch mit Ihnen überein, und zwar vielleicht im Sinne einer Analogie zu den siche­ren Drittländern, daß durchaus Länder vorstellbar sind, deren Universitäten an sich nicht anzuerkennen sind, sodaß wir sagen: Das mag zwar dort anerkannt sein, aber unseren Standards entspricht es nicht. Darüber kann man diskutieren, aber die USA würde ich nicht primär zu den Ländern zählen, wo tel-quel Universitäten nicht so ... (Abg. Dr. Nowotny: Sehr verschieden!)

Ich bin in diesem Punkt diskussionsbereit, aber die Position des Innenministeriums, daß auf keinen Fall eine ausländische Universität, wenn sie hier eine Zweigniederlassung betreibt, den Status erlangen kann, ist mir in der umgekehrten Richtung zu sehr verkürzt. Daher dieser Antrag.

Wenn der Kollege Nowotny durch seine Zwischenruf-Diskussion seine Bereitschaft erklärt, dies­bezüglich den Eisbrecher in seiner Fraktion zu machen, damit wir das versachlichen können (Beifall beim Liberalen Forum), damit wir das einer ausgewogenen Lösung zuführen können – er kommt ja aus der Scientific Community und wäre daher sicherlich besonders legitimiert –, dann sind wir gerne gesprächsbereit. Ich nehme ja nicht an, daß unser Antrag heute eine Mehrheit finden wird. Wir sind daher nach dem heutigen Tag gerne gesprächsbereit. Suchen wir eine kompromißfähige Lösung!

Das Ziel ist klar: Irgendeine windige Pseudo-Universität meinen wir auch nicht damit. Man muß nur klare Definitionen finden, denn auch hiebei handelt es sich nicht um nennenswerte Größen­ordnungen.

Und als Ceterum-censeo-Schluß möchte ich doch auch einmal folgendes zu bedenken geben: Wir müssen allmählich aufpassen, daß eines Tages nicht auch unsere Universitäten, wenn wir sie nicht bald reformieren, in anderen Ländern vielleicht nicht mehr anerkannt werden. – Nicht schon morgen, aber nicht so spät, wie Sie glauben, könnte das geschehen, denn der Reform­stau an den Universitäten ist beträchtlich.

Das geht jetzt nicht hier Anwesende der Ordinarien, Habilitierte an – Sie verstehen mich schon richtig –, aber wir haben einen großen Reformstau, und es könnte uns, wenn wir dazu über­gehen, nach Gutdünken zu befinden, welche ausländische Universität wir ernst nehmen oder nicht, passieren, daß irgendwo einmal eines Tages einer sagt: Diese „komische“ Universität in Inns­bruck, wo man das „Alpendoktorat“ erwerben kann, die anerkennen wir nicht mehr. Da wür­den wir schön schauen! Daher bitte ich, behutsam zu sein mit solchen Argumenten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.15


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der von Herrn Abgeordneten Dr. Kier vorgetragene Abände­rungs­antrag ist geschäftsordnungsgemäß überreicht worden und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Maitz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minu­ten. – Bitte.

18.16


Abgeordneter Dr. Karl Maitz¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Es ist schon ausgeführt worden, daß wir heute mit dem Integrations­ge­setz für Kriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina eine rechtlich einwandfreie Grundlage schaf­fen. Dieses Gesetz ermöglicht bosnischen Flüchtlingen und deren Familienangehörigen unter ganz bestimmten Bedingungen ohne Berücksichtigung in der Quote das Aufenthaltsrecht in Österreich. Voraussetzung ist, daß sie vor dem 1. Oktober 1997 eingereist sind, daß sie die Vor­­aus­setzungen für eine Niederlassungsbewilligung erfüllen, das heißt also, daß Arbeit, Wohnung, Versicherung gewährleistet ist, daß sie ihr Aufenthaltsrecht auf der Verordnung für Kriegsflüchtlinge abstützen und sie bereits mehrjährig in Österreich erlaubt berufstätig sind.

Es gibt also sehr wohl sehr konkrete Voraussetzungen für jene, die hier integriert sind und hier bleiben wollen. Unter diesen Bedingungen ist auf Antrag auf Dauer die Niederlassungs­be­willigung zu erteilen.

Der Teil, der uns besonders am Herzen liegt, sind die Sozialfälle. Durch den Abänderungsantrag der Abgeordneten Leikam und Kiss ist im Einvernehmen mit dem Innenminister eine menschlich saubere Lösung angeboten worden. Der neue § 3 umfaßt Bosnienflüchtlinge, die dauerhaften Schutz benötigen und voraussichtlich nie mehr heimkehren können, also zum Beispiel – Kollege Schwemlein und Kollege Kier haben sie beim Namen genannt – schwerkranke und besonders alte Menschen, traumatisierte Personen, Waisen, Behinderte oder Zeugen vor dem inter­nationalen Kriegsverbrechertribunal.

Lassen Sie mich drei konkrete Beispiele aus der Betreuungsarbeit in Graz nennen.

Erstens: Familie R. aus Zvornik. Ihr Heimatort ist nach wie vor besetzt, es gibt in der gesamten Region keine Rückkehr von Minderheiten. Frau Tima R. ist 60 Jahre alt, ihr Mann ein Jahr älter. Die Frau wurde bereits zweimal wegen eines Tumors operiert. Die gemeinsame Tochter ist spastisch behindert; eine Betreuung in Bosnien ist ausgeschlossen.

Zweiter Fall, ganz konkret kennengelernt: Familie K. Frau K. stammt aus Velika Kladusa, einer Gemeinde in Bosnien, in die man eigentlich zurückkönnte. Aber Frau K. hat zwei Söhne, Mirsad und Dzevad. Dzevad beendet nächstes Jahr seine Lehre in Österreich. Mirsad geht ins Gymna­sium. Der Mann von Frau K. kam im Krieg ums Leben. Frau K. wird regelmäßig von einer The­ra­peutin betreut und war mehrere Wochen im Landesnervenkrankenhaus in Graz. Eine Rück­kehr von Frau K. würde nach Meinung der Ärzte mit Sicherheit einen Suizid nach sich ziehen.

Dritter Fall: das Ehepaar Z. Ferid und Shaza. Sie stammen aus Bijelina. In diese östliche Region der Republika Srpska wird es nach Meinung des UNHCR in den nächsten Jahren sicher keine Rückkehr geben. Beide sind bereits über 70 Jahre alt, die Kinder leben in Österreich, allerdings in sehr bescheidenen Verhältnissen. Sie sind aber selbstverständlich bereit, so wie auch für Österreicher dieser Grundsatz gilt, sich bei der Versorgung der Eltern finanziell zu beteiligen.

Sollen wir jetzt dieses alte Ehepaar – und das ist schon die Frage auch an die Frau Kollegin Partik-Pablé, die nicht mehr da ist – , das alles verloren hat, dessen Kinder in Österreich leben, irgend­wohin nach Bosnien zurückschicken? – Das hielte ich für unmenschlich. (Abg. Jung: Hunderttausende ...!) Ich weiß, daß Sie eine andere Meinung haben, aber „Ausländer raus!“ ist in diesen Sozialfällen sicher nicht die richtige Antwort! (Beifall bei der ÖVP.)

Schon diese wenigen Beispiele zeigen die ganze Dramatik. Deshalb ist es gut und richtig, daß für diese Sozialfälle – und das ist den Verhandlungen des Bundesministers mit den Landes­haupt­leuten zu verdanken – künftig Bund und Land jeweils zur Hälfte die Kosten übernehmen werden.

Aus der praktischen Erfahrung – und weil auch Kollege Kier das angesprochen hat – möchte ich einen anderen Lösungsvorschlag für diejenigen unterbreiten, die bisher ausschließlich deshalb, weil sie einer ethnischen Minderheit angehören, das Aufenthaltsrecht erhalten haben. Herr Bun­des­minister Schlögl! Ich bin davon überzeugt, daß das Gesetz ausreicht. Um den Fall für die­jeni­gen Personen zu lösen, die bisher ausschließlich mit der Begründung, einer ethnischen Minderheit anzugehören, den Aufenthaltstitel bekommen haben, jetzt aber vom neuen § 3 Abs. 1 nicht mehr erfaßt werden, sollten wir ihnen durch einen Durchführungserlaß jenes Recht zu­kommen lassen, das ihnen zusteht.

Das heißt, es möge die Fremdenpolizei angewiesen werden, künftig bei Anträgen solcher Per­sonen jedenfalls auch die Gründe der Ziffern 2, 3, 4, 6 und 7 – Kollege Kier hat sie angeführt – zu prüfen und nicht gleich eine Ablehnung mit der Begründung auszusprechen, daß in deren erstem Antrag ausschließlich die Zugehörigkeit zur ethnischen Minderheit als Entscheidungs­grundlage angeführt war. Auch in diesem Fall wäre Rücksicht zu nehmen – darauf beziehen sich die angeführten Ziffern – auf Waisen, Kranke, Alte, traumatisierte Personen sowie Zeugen am inter­nationalen Gerichtshof für das ehemalige Jugoslawien und – jetzt kommt die General­klau­sel – Personen, die aus anderen schwerwiegenden Gründen nicht für ihren eigenen Lebens­unterhalt aufkommen können und deren Versorgung in Bosnien-Herzegowina nicht gesichert ist.

Herr Bundesminister! Im Interesse dieser Personen bitte ich Sie, für einen solchen Erlaß zu sor­gen, damit wir auch diese Unsicherheit aus dem Weg schaffen und keine gesetzes­ändern­den Abänderungsanträge brauchen.

Meine Damen und Herren! Der bisherige Erfolg der Bosnien-Aktion gründet sich auf einen ge­samt­gesellschaftlichen Konsens in Österreich – dem stimmen manche Abgeordnete nicht zu, aber ich bin davon überzeugt, daß er in der Bevölkerung weitgehend vorhanden ist –, auf eine großzügige Hilfsbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher und auf eine vorbildliche rechtliche Umsetzung. Ich bin sicher, daß wir den Vertriebenen aus Bosnien in Österreich auch weiterhin eine Zukunft in Sicherheit und Würde ermöglichen können. (Beifall bei der ÖVP.)

18.23


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Khol: Schon wieder?)

18.23


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits¦ (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Klubobmann Khol hat Probleme damit, daß ich mich oft zu Wort melde. Herr Klubobmann! Ich melde mich, wenn es notwendig ist – was bleibt mir als Mediensprecherin, als Integrations­sprecherin und als Verfassungssprecherin meiner Fraktion anderes übrig? – Aber vielleicht wird es nach den nächsten Wahlen leichter sein. Wenn es mehr Abgeordnete der Grünen im Parla­ment gibt, dann teilt sich das besser auf, und dann komme ich vielleicht nicht mehr so oft zu Wort. (Abg. Schwarzenberger: Das ist Realitätsverweigerung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt aber zum Ernst dieser Tagesordnungspunkte, die mehrere Vorlagen umfassen. (Abg. Dr. Khol: Heute nichts auf kroatisch?) Dobar dan. – Der erste Punkt zu diesem Gesetz, das einen so extrem sperrigen Titel hat ... (Ruf bei der ÖVP: Nur „dobar dan“? – Weitere Zwischenrufe.) Ich könnte die ganze Rede so halten, aber was macht dann der Herr Präsident, wenn doch die Staatssprache der Republik Deutsch ist? (Abg. Dr. Fischer: Das kann ich auch!) Dann muß sich Herr Präsident Neisser damit beschäftigen! To ni nikakov problem, gospodin minister. Mogu%e da se malo nau#ite. (Ruf bei der SPÖ: Sie kann es wirklich!) Ja. (Abg. Dr. Khol: Vor allem würde ich jetzt „dobar ve#er“ sagen!)

Es ist irgendwie mehr als tragikomisch, wenn wir uns nach den ernsten Ausführungen von Herrn Dr. Maitz jetzt – ich mich über mich selbst oder Sie sich über mich – lustig machen. Aber dieses Bosnier-Gesetz ist wirklich eine Angelegenheit mit extrem viel Tiefgang, das hat Kollege Maitz hier sehr eindrucksvoll geschildert. Man sieht, daß das Mittel, das die Opposition sonst wählt – nämlich Einzelfälle zu schildern –, durchaus gerechtfertigt ist, weil es immer auch um ein Einzel­schicksal geht.

Ich möchte vorweg als erstes feststellen: Ich freue mich, daß es zu einer gesetzlichen Regelung kommt und das Aufenthaltsrecht der Flüchtlinge aus Bosnien – derjenigen, die nicht zurück­keh­ren können – jetzt auf eine gesetzliche Ebene gestellt wird. Wir sind endlich von der Unsicher­heit befreit, jedes Jahr darauf warten zu müssen, ob es eine Verordnung geben wird, und daran zu denken, wie sie wohl aussehen wird, während die betroffenen Menschen in Angst und Furcht leben, einerseits noch durch das Trauma, das ihre Flucht verursacht hat, und zum anderen we­gen der Unsicherheit, in der sie hier schon über Jahre – ich sage es jetzt drastisch – gehalten wurden und werden. Das hat jetzt ein Ende. (Demonstrativer Beifall des Abg. Schwemlein.)

Das erachte ich für sehr positiv, Kollege Schwemlein, aber dieses Ende ist – mir kommt das irgend­wie sehr österreichisch vor – eher nicht so, wie es sein könnte und wie es – das ist es, was mich an dieser ganzen Bosnien-Geschichte am meisten stört – auch der Tradition der letzten sieben Jahre entspräche. Denn was in den letzten sieben Jahren in Österreich sowohl von staatlicher Seite – ich erinnere nur an das Aufenthaltsrecht für die Bosnier –, aber vor allem auch von gesellschaftlicher Seite und von Einzelpersonen geleistet wurde, das wird als eine wirklich beispielhafte Phase, als eine beispielhafte Aktion in die Geschichte Österreichs ein­gehen, ähnlich, wie das Jahr 1956 – bei aller Tragik, die es in Ungarn verursacht hat – für Öster­reich ein wichtiges Jahr war. Heute ist das so etwas wie eine Jahreszahl in unserer Geschichte, die uns daran erinnert, daß wir stolz darauf sein können, wie sich unsere Landsleute – ich war damals noch gar nicht auf der Welt – verhalten haben. Dasselbe gilt für die bosnischen Flücht­lin­ge. Das ist, grob gesprochen, meine Erfahrung diesbezüglich.

Da das vorliegende Gesetz den sperrigen Titel „Bundesgesetz, mit dem integrierten Vertriebe­nen aus Bosnien und Herzegowina das weitere Aufenthaltsrecht gesichert wird“ trägt, frage ich mich übrigens, ob sich die Legisten nicht einen Namen ausdenken könnten, der den Sach­verhalt mit drei Worten – oder vielleicht sogar nur mit einem Wort – umschreibt und den sofort jeder versteht. Ich frage mich, aus welchem Grund solche Wort- und Satzungetüme notwendig sind, um zu beschreiben, worum es geht: Flüchtlinge aus Bosnien, die nicht mehr zurück­können, dürfen hierbleiben. Es geht um das Bleiberecht für Bosnien-Flüchtlinge.

Jetzt komme ich zurück auf den Kritikpunkt und frage Sie, warum man das nicht komplett macht, Herr Bundesminister! Ich muß jetzt nicht mehr lange ausführen, worum es geht, weil das Kollege Kier mit dem von den Liberalen eingebrachten Abänderungsantrag bereits getan hat. Ich möchte Ihnen nur eines sagen, meine Damen und Herren: Auch wenn wir uns darüber freuen, daß es eine gesetzliche Regelung gibt, müssen wir feststellen, daß sie große Lücken hat.

Es handelt sich nicht um Ist-Bestimmungen, es sind also keine Bestimmungen, wonach es An­sprüche gibt, sondern es wird wieder in erster Linie auf das Ermessen abgestellt. Was Kollege Kier vorgelesen hat, das bedeutet in Wirklichkeit nichts anderes als den Wunsch und die For­derung, Ermessen durch Anspruch zu ersetzen, nämlich den Anspruch auf ein Aufent­halts­recht für jene Gruppen, die er beschrieben hat und die schon umfaßt sind, sowie auch für jene Grup­pen, die noch nicht umfaßt sind. Letztere hat nicht er beschrieben, sondern Kollege Maitz, als er das Beispiel der alten Leute vorbrachte. Herr Kollege Maitz! Ihr Vorschlag ist selbstver­ständlich auch ein Vorschlag, der möglich ist. Aber wenn es schon ein Gesetz gibt, dann frage ich mich, warum man das – sofern man das will –  nicht gleich direkt im Gesetz festschreibt.

Ich möchte auf die FPÖ gar nicht eingehen, denn die FPÖ ist in diesen Fragen nicht nur von einer blindwütigen Absicht gekennzeichnet, alle Bosnier tunlichst so schnell wie möglich wieder aus Österreich zu vertreiben (Abg. Dr. Graf: Das ist doch überhaupt nicht wahr!), sondern die Stel­lung­nahmen der Freiheitlichen im Ausschuß und auch heute sind in erster Linie von einer tiefen Unkenntnis und einem tiefen Desinteresse gegenüber der Situation in Bosnien-Herze­gowina geprägt. Daß niemand von denen jemals dort war – außer vielleicht, wenn man damals Waffen dort hinunter geschmuggelt hat, und so weiter und so fort, nicht aber jetzt –, das scheint ohnehin klar zu sein. (Abg. Dr. Graf: Das ist auch nicht wahr!)

Aber der Herr Bundesminister ist zumindest einmal – vielleicht auch öfter – in Bosnien gewesen, daher möchte ich meinen, daß er weiß, wovon er redet. (Abg. Dr. Graf: Das ist alles nicht wahr!) Darum müßte er auch wissen, wie eine tatsächliche – jetzt untechnisch gesprochen – komplette Regelung aussehen könnte. Das zum ersten Punkt.

Zum zweiten Punkt: Zwar hat Herr Dr. Maitz soeben angedeutet, daß es Verhandlungen, Über­legungen oder vielleicht auch schon endgültige Entscheidungen über die Finanzierung des Auf­enthalts von besonders schwer geprüften Menschen wie traumatisierten Flüchtlingen aus Bosien geht, aber es interessiert mich sehr, wie es tatsächlich ist, Herr Bundesminister! Denn ich habe die Sorge, daß der Bund den Ball den Ländern zuschiebt und die Länder den Gemeinden. Letzt­lich ist dann niemand zuständig, sodaß jeder – auf gut österreichisch gesprochen – sagt: Geht’s zur Caritas!

Das ist aber nicht allein eine Frage eines humanitären Aktes und Verhaltens von kirchlichen Orga­nisationen, sondern ich erblicke darin eine Verpflichtung der Republik, daß sie sich, wenn sie eine gesetzliche Basis schafft, auch darüber Gedanken macht, wie die Finanzierung erfol­gen wird. Man muß offen aussprechen, daß das etwas kostet. Es kostet etwas, alte Menschen, die aus ihren Dörfern oder Städten vertrieben wurden und heute keine Möglichkeit zum Zurück­kehren haben, in Österreich zu versorgen. Denn wären sie aktiv, gesund und jung genug, dann wären sie keine Versorgungsfälle.

Es besteht kein Unterschied zwischen alten, kranken Bosniern und alten, kranken Österrei­chern. Sehr viele von den alten, kranken Bosniern haben allerdings keine Angehörigen, sie ha­ben kein soziales Umfeld, auf das sie sich stützen könnten, sondern sind wirklich in einer Lage, wie wenn man eine Tanne in einem Urwald aussetzt. Das ist ungefähr das Gefühl, das ich im­mer habe, wenn ich die Schicksale dieser Menschen hier in Österreich mitverfolge. Deshalb stelle ich meine konkrete Frage nach dem Stand dieser Verhandlungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt weitere Punkte, die auch offengeblieben sind und über die ich mir ebenfalls Sorgen mache, auch wenn es da nicht so dramatisch wie bei den Alten ist, die im Gesetz sozusagen überhaupt nicht erfaßt sind. Es geht auch um Studierende, die heute ihren aufenthaltsrechtlichen Status in Österreich aufgrund ihres Studiums haben. Sie werden das Studium – einige von ihnen voraussichtlich schon bald – abschließen, und was ist dann? – Wir wissen, daß das Bleiberecht für Studierende im österreichischen Aufenthaltsrecht ein auf die Dauer des Studiums beschränktes ist. Aber was ist mit Flüchtlingen aus Bosnien, die aufenthaltsrechtlich zu Studenten mutiert sind und nicht mehr dorthin zurückkönnen, woher sie gekommen sind, weil sie in dem jeweiligen Teil Bosniens einer Minderheit angehören?

Es ist jetzt nicht meine erste Forderung, zu sagen, daß sie ebenfalls gesetzlich abgesichert wer­den müssen. Aber es wäre mir wesentlich, zumindest zu hören, welche Absicht der Herr Bun­des­minister im Hinblick darauf hat, wie seine ihm untergeordneten Stellen und Beamten sich dann zu verhalten gedenken und ob es ein Aufenthaltsrecht für diese kleine Gruppe – es sind wahrscheinlich nur wenige Fälle – geben wird. Das sind die Fragen dazu.

Wir – die Grünen und die Liberalen – sind mit unserer Kritik an dem Gesetz und unseren Forde­rungen nach Abänderung nicht allein. Auch die Caritas – eine wohl von jedem Linksverdacht freie Organisation – hat in einem Schreiben an alle Klubobleute – wie ich annehme, weil auch unse­re Klubobfrau eines bekommen hat – formuliert, worin die Kritikpunkte liegen. Nicht nur die Caritas, sondern auch der Vertreter in Österreich der Hochkommissarin für Flüchtlinge hat dies an uns alle und an die Öffentlichkeit herangetragen.

Eine zweite Bemerkung zur Novelle zum Fremdengesetz: Ich werde ihr zustimmen und muß das gewissermaßen schon deshalb tun, da es um eine Korrektur geht, die schon seinerzeit beim Be­schluß eingefordert wurde, weil es so unsinnig war, daß jemand zwar nach Österreich kom­men darf, um hier zu arbeiten, daß aber in Österreich die Aufenthaltserlaubnis überprüft wird. Das ist äußerst bürokratisch und um fünf Ecken gedacht, außerdem ist dieses Denken gekennzeichnet von einer auch xenophobischen Legistik. Dies ist kein Vorwurf an die einzelnen Legisten, son­dern an den Auftrag, den die Politik ihnen gibt. Was man sich da alles ausdenkt ... (Die Rednerin blickt in Richtung der Beamtensitze hinter der Regierungsbank.) Herr Sektionschef, da hilft gar nichts! Ach so, das hat dem Herrn Minister gegolten? – Dort ist es richtig plaziert, weil er die Politik zu vertreten hat, nicht aber die Beamten des Ressorts.

Herr Minister! Ich habe jetzt vergeblich darauf gewartet, daß Sie reagieren, obwohl Sie sich im Aus­schuß für den kleinen künstlerischen Grenzverkehr und für den kleinen sportlichen Grenz­ver­kehr noch irgendwie erwärmt und eingesehen haben, daß es auch dort unsinnig ist, wenn die Regelun­gen so sind wie jetzt. Es ist im Zuge dieser Novelle zum Fremdengesetz nichts vorbe­reitet.

Kolleginnen und Kollegen! Es geht darum, daß es für diesen Austausch – den Volkstums-, Brauch­tums-, Sportlertums- und Feuerwehrtums-Austausch über die Grenze zur Slowakei, zu Tschechien, zu Ungarn, zu Slowenien – unheimlich komplizierte Regelungen gibt, die man ver­einfachen sollte. Warum kann nicht eine Band, die beim Feuerwehrfest in Österreich spielt, nach Österreich kommt und hier einen Auftritt hat, ohne dafür eine Beschäftigungsbewilligung oder sonst etwas zu brauchen, nicht einfach über die Grenze fahren, hier auftreten und zurück­fahren? Warum müssen solche Schikanen sein, wie, daß sich eine Band, die irgendwo an der tsche­chischen Grenze zu Hause ist, am Konsulat in Prag eine Aufenthaltserlaubnis zu besorgen hat, um – vielleicht nur ein paar Kilometer – über die Grenze fahren und hier beim Fest spielen zu können? Da kann mir niemand erklären, daß man das – wenn man will – nicht sowohl poli­tisch als auch legistisch lösen kann.

Ähnliches gilt für die Fußballer. Das ist etwas sehr Wichtiges, weil in jedem kleinen Verein in Grenz­nähe sogenannte Legionäre spielen und für sie dasselbe gilt. Darum bringe ich diese Bitte vor, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Als letzten Punkt möchte ich einen Entschließungsantrag an die Kolleginnen und Kollegen heran­tragen. Er betrifft ein leider jetzt aktuelles Problem, nämlich das Problem der Flüchtlinge aus dem Kosovo. Herr Minister! Ich habe Ihre öffentlichen Aussagen diesbezüglich sehr genau ver­folgt (Beifall des Abg. Wabl), weil ich Ihre Sensibilität gegenüber dem Problem kenne. Die öffentlichen Aussagen sind zwar erfolgt, aber sie sind nicht klar und eindeutig.

Es ist heute ein Gebot der Stunde – da alle wissen, daß Krieg im Kosovo herrscht –, daß Men­schen, die von diesem Krieg betroffen sind, in Österreich die Möglichkeit bekommen, Schutz zu finden, und sei es nur temporär. Es muß nicht auf Dauer sein, aber so, daß sie die Gewißheit haben, hier – wenn es ihnen überhaupt gelingt, nach Österreich zu flüchten – ein Aufenthalts­recht zu bekommen. Das ist auch Inhalt unseres Entschließungsantrages, der wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Freunde und Freundin­nen betreffend humanitäres Aufenthaltsrecht für Kosovo-Flüchtlinge

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres, wird aufgefordert, unver­züglich Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, daß den betroffenen Flüchtlingen aus dem Kosovo zumindest bis zum Ende des Konfliktes im Kosovo ein Aufenthaltsrecht in der Republik Österreich gewährt wird.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darin ist noch keine Rede von einem Abschiebestopp, weil ich heute einen Abschiebestopp gegenüber dem Kosovo als etwas geradezu Human-Selbstverständliches ansehe. Wir können nicht in einer Situation, in der wir wissen, wie es im Ko­sovo zugeht – das wissen zumindest all jene, die fernsehen und Zeitung lesen, und davon gehe ich bei politischen Höchstfunktionären aus –, in den Kosovo beziehungsweise in die Re­publik Jugoslawien, wovon der Kosovo ein Teil ist, abschieben. Denn es kann nicht sicher­ge­stellt werden, daß es für Kosovo-Albaner nicht so etwas wie Vergeltungsmaßnahmen seitens der jugoslawischen Regierung gibt. Es geht dabei tatsächlich um Gefahr für Leib und Leben im eigentlichen Sinn.

Herr Bundesminister! Das ist etwas, was heute Gebot der Stunde wäre. Ich brauche mich jetzt nur auf den Herrn Vizekanzler zu berufen  –  in ein paar Tagen wird er ja EU-Ratspräsident sein –, er hat dazu in der Öffentlichkeit eindeutig Stellung bezogen. Ich meine, daß die Bundes­regierung in dieser Frage wohl mit einer Zunge sprechen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erspare mir Ausführungen zu den freiheitlichen Anträgen. Die Anträge der Freiheitlichen sprechen eine Sprache, die sich selbst richtet! (Beifall bei den Grünen.)

18.39


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Mag. Stoi­sits vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt. Er wurde überreicht und steht mit in Verhand­lung.

Ich erteile jetzt das Wort Herrn Abgeordneten Dietachmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.40


Abgeordneter Helmut Dietachmayr¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Maria Loley – ich glaube, sie ist hinlänglich bekannt für ihr Eintreten für Flücht­lings­hilfe und war auch selbst Opfer der Briefbombenserie – wurde heute mit der Ver­dienst­medaille der Republik für ihr Eintreten in Wien ausgezeichnet. Ich glaube, wir können ihr von hier aus gratulieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP, bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben bereits sehr wesentliche Punkte dieses Ge­setzes angeführt. Ich möchte zusammenfassend nochmals kurz erwähnen, daß die Integrations­bemühungen des Bundes und der Länder im Rahmen der sogenannten Bosnier-Aktion trotz aller Kritik sehr erfolgreich waren. Eine große Zahl dieser Fremden, die 1992 nach Österreich gekommen sind, hat in der Zwischenzeit Beschäftigung und Existenzsicherung gefunden. Da es sich aber nur um ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht handelt, ist für bestimmte Personen­gruppen die Möglichkeit eines weiteren Aufenthaltes in Österreich sicherzustellen, was mit diesem Gesetz nun geschieht.

Es gibt einen Anteil an bosnischen Vertriebenen, deren Heimkehr zwar grundsätzlich möglich ist, deren Aufenthalt in Österreich aber noch nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt beendet wer­den kann. Grundsätzlich werden diese Fremden natürlich zur Rückkehr in ihre Heimat aufge­fordert, es werden ihnen auch Hilfen angeboten, und sie werden durch Reintegrationsprojekte entsprechend gefördert, aber es gibt verschiedene Vertriebene, deren Aufenthaltsrecht in Öster­reich dauerhaft sein muß. Das sind Menschen, die dauerhaften Schutz benötigen, die voraus­sichtlich auch nie mehr in ihre Heimat zurückkehren können: Es handelt sich um Schwerkranke, um Traumatisierte, um Waisen und Zeugen, die vor dem internationalen Kriegsverbrecher­tribu­nal gestanden sind.

Nun möchte ich noch erwähnen – trotz aller Kritik, die immer wieder von manchen Seiten kommt –, daß selbst der Hochkommissär der Vereinten Nationen für die Flüchtlingshilfe, ge­nauer gesagt das Regionalbüro in Wien, nämlich Herr Werner Blatter, der auch vielen von Ihnen bekannt ist, da er uns Abgeordneten durch seine Briefe immer seine Bemühungen und seine Wünsche bekanntgibt, in einem Brief vom 8. Juni dieses Jahres schreibt:

Unser Amt begrüßt die Absicht der österreichischen Bundesregierung, den Aufenthalt jener Ver­triebenen aus Bosnien-Herzegowina, die weiterhin internationalem Schutz bedürfen, einer dau­er­haften aufenthaltsrechtlichen Lösung zuzuführen. – Er führt ebenfalls an, um welche Perso­nengruppen es sich handelt.

Die Kritik daran ist, daß es sich eben nur um ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht handelt und daß kein Rechtsanspruch darauf besteht. Aber er führt in diesem Schreiben auch an: Eine groß­zügige Hilfsbereitschaft und eine vorbildliche Umsetzung internationaler Richtlinien begründen den bisherigen Erfolg der Bosnier-Aktion in Österreich, das an die 90 000 Personen aufnahm. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Über eines müssen wir uns schon im klaren sein, nämlich daß na­türlich auch der UNHC, also diese regionale Rückkehrkonferenz, die am 28. April in Banja Luka stattgefunden hat, dabei festgeschrieben hat, welche Rahmenbedingungen im eigenen Land vorliegen müssen, damit Flüchtlinge zurückkehren können.

Der Sonderbeauftragte des UNHCR, Nicholas Morris, hat bei dieser Konferenz wörtlich gesagt: Es wird keine Stabilität und keinen dauerhaften Frieden in Südeuropa geben, solange keine Lösungen für die Flüchtlinge und die Vertriebenen gefunden werden.

Ich glaube, mit diesem Gesetz leistet Österreich einen weiteren Beitrag zur Lösung des Konflikts und zeigt Flagge hinsichtlich seiner großzügigen humanitären Haltung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.44


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Jung. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Wieviel? (Zwischenbemerkung des Abg. Jung.) – Bitte, Herr Abge­ord­neter.

18.44


Abgeordneter Wolfgang Jung¦ (Freiheitliche): Es kommen schon wieder die entsprechenden Äußerungen von oben.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aus diesem Anlaß gleich einen Schritt zurück machen und noch einmal auf die Ausführungen von Kollegen Großruck eingehen. Herr Präsident! Ich muß sagen, ich bin über die Vorgangsweise anläßlich der Entgleisung dieses Herrn irritiert. Bisher wurden für solche Ausdrucksweisen Ordnungsrufe erteilt. Kollege Großruck konnte von hinnen nach dannen ziehen, ohne auch nur gerügt zu werden.

Herr Präsident! Hier wurde in bösartiger Art und Weise und ganz bewußt ein mehr als unzu­läs­siger Zusammenhang hergestellt. Herr Präsident! Ich betone, es besteht kein Zusammenhang zu dem genannten Großruck, aber wenn ich zwischen ihm und einem berüchtigten Heim­wehr­führer aus seiner engeren Umgebung oder sonstigen Hahnenschwanzlern einen Zusam­men­hang herstellen würde, wäre das genauso unzulässig. (Abg. Schwarzenberger: Wer war das?) – Fragen Sie ihn einmal! Kollege Großruck kennt Herrn Starhemberg sicher.

Solche Methoden, Herr Präsident, sind – das sage ich bewußt – schäbige Untergriffe, die benützt werden, wenn Argumente fehlen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzen­berger: Jedenfalls war der Großruck human in der Ausdruckswahl!)

Nun zur Thematik Bosnien-Flüchtlinge. Es wird immer so getan, als ob es nur um einige tausend Leute ginge. Das Problem, das sich uns hier stellt, ist ein wesentlich größeres. Es wer­den Einzelschicksale geschildert, die in ihrem Spezialfall schlimm, ja teilweise schrecklich sind – das ist keine Frage. Aber diese Einzelschicksale gibt es weltweit zigmillionenfach. (Abg. Schwem­lein: Leider!) Wir in Österreich werden nicht alle Probleme der Welt lösen. Im Gegen­teil: Wir in Österreich werden mit den Österreichern, wenn wir Maß und Ziel verlieren, Probleme bekommen. Da können Sie sich noch so sehr an den Kopf greifen, Herr Kollege Schwemlein!

Es geht nicht um ein paar tausend, es waren insgesamt rund 100 000 Bosnier, die in Öster­reich ... (Abg. Schwemlein hebt die Hände über den Kopf.) – Sie recken die Hände in die Höhe. Das entspricht in etwa fast 1,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung, Herr Kollege, und das bedeutet schon etwas! So einfach ist die Sache nicht zu sehen! Gerade Sie, Herr Kollege Schwem­lein, als Sozialist bemerken die Probleme nicht, die in der Bevölkerung auftauchen. Das sind die Probleme der Wähler, die Ihnen davonlaufen, weil es ihnen zuviel wird. (Abg. Schwem­lein: Wie viele sind noch da?)

Ich brauche nur Beispiele aus meinem Bezirk Liesing zu bringen: In der vergangenen Woche gab es laufend Anrufe wegen solcher Problematiken, in verschiedenen Parks gab es Vor­komm­nisse und so weiter, weil es den Gemeindebauten-Wählern – Ihren Wählern! – einfach zuviel wird, weil die kritische Menge bereits überschritten ist, und das wollen wir nicht! (Beifall bei den Frei­heitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir wollen jenen Asyl geben, die es brauchen, aber es muß ein Ende absehbar sein.

In diesem Zusammenhang zitiere ich Aussagen des Flüchtlingsbeauftragten der Bundesrepublik Deutschland, der wörtlich gesagt hat: Jede Gastfreundschaft hat ihre Grenze, die respektiert wer­den muß. Deutschland hat bisher nur wenige hundert Bosnier abgeschoben – von insgesamt 350 000 im vergangenen Jahr 995 und 612 in diesem Jahr –, jedoch waren – das muß man auch dazusagen – bis Mai dieses Jahres schon 180 000 zurückgekehrt.

Dort funktioniert es, dort geht es, meine Damen und Herren! Sie wollen doch nicht sagen, daß Deutschland, das von allen Ländern am meisten gezahlt hat, inhuman ist! – Diesbezüglich hat der Flüchtlingsbeauftragte gesagt: Diese Zurückhaltung kann nur bleiben, wenn vor allem die 30 000 verbliebenen Flüchtlinge aus dem Föderationsgebiet in den nächsten Wochen Deutsch­land verlassen, denn an diesem Maß wird in Zukunft auch gemessen werden, ob wir in der Lage sein werden, neue, echte Asylanten und Flüchtlinge aufzunehmen.

Schauen Sie, was im Kosovo passiert! Glauben Sie im Ernst, wir schaffen wiederum eine Flüchtlingswelle von vielleicht 100 000 oder noch mehr Albanern, wenn wir nicht diejenigen zurückschicken, ... (Abg. Smolle: Was heißt „wieder“, Herr Kollege?) – Ja, das wird kommen! Ja sicher, es wird kommen! (Abg. Smolle: Was heißt „wieder“? Das „Wieder“ möchte ich erklärt haben!) – Ich verstehe nicht, welches Problem Sie mit dem Wort „wieder“ haben. Das heißt: noch einmal, ein wiederholtes Mal, sollten Sie das nicht verstehen, Herr Kollege! Ich kann es Ihnen leider nicht auf Slowenisch sagen, davon verstehe ich nicht soviel. Wieder heißt: zum wiederholten Male. (Abg. Smolle: Das ist eine Schande!)

Wir haben in Österreich 1956 Flüchtlinge aufgenommen, wir haben 1968 Flüchtlinge aufgenom­men, wir haben sie am Beginn des Balkankrieges aufgenommen – das wissen Sie sehr genau, Herr Kollege Smolle –, und wir haben auch aus dem Kosovo Flüchtlinge aufgenommen. Aber es gibt eine Zeit, in der sie dorthin zurückgehen müssen, wo ihre Heimat ist, und ihre Heimat hat die Verpflichtung, sie aufzunehmen, auch wenn es vielleicht Probleme gibt, weil wahrscheinlich noch größere Problemfälle auf eine Lösung warten. Das ist es. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.49


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Herr Abgeordneter! Ich möchte auf Ihre beginnenden Sätze Bezug nehmen. Ich habe mir das Protokoll kommen lassen und stelle fest, Herr Abgeordneter Großruck hat an die Adresse der Freiheitlichen Partei in diesem Haus gesagt:

„Es hat nämlich jetzt das Fußballspiel Österreich gegen Chile begonnen, und die Bänke sind leer. Ich glaube, so hat es der Herr Führer Haider nicht gemeint, aber ich habe Verständnis dafür – im Sinne der Sportler.“

Ich möchte ausdrücklich festhalten, daß ich diese Formulierung nicht goutiere, und bitte, in Zukunft von solchen Ausdrucksweisen Abstand zu nehmen!

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Freund. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.50


Abgeordneter Karl Freund¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr ge­schätzten Damen und Herren! Die Beschlußfassung des Fremdenpakets im vergangenen Som­mer hatte in erster Linie den Sinn, die Rechtsstellung der sich legal in Österreich aufhaltenden Ausländer zu verbessern. Es wurden im Fremden- und Asylgesetz notwendige Veränderungen und Korrekturen durchgeführt, die aus meiner Sicht die in den letzten Jahren in der Praxis bestehenden Probleme sehr gut gelöst haben.

Die Grundsätze der österreichischen Ausländerpolitik lauten: Integration vor Zuwanderung, also eine verbesserte Integration der bereits in Österreich lebenden Ausländer. Aber die illegale Einwanderung muß konsequent verhindert werden.

Das Fremdenpaket ist nun fast ein ganzes Jahr lang in Kraft. Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Gesetz zeigen die Richtigkeit und den Erfolg dieser Grundsätze. Man kann daher sagen, daß sich das Fremdenrecht in Österreich im großen und ganzen bewährt hat.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Selbst bei gut ausgearbeiteten Gesetzesvorlagen können keine 100prozentigen Lösungen gefunden werden. Mit der heutigen Novelle werden solch praktische Schwierigkeiten, die sich mit dem Vollzug des neuen Fremdenpaketes ergeben haben, bereinigt. Im Fremdengesetz 1997 ist die Erteilung von Aufenthaltstiteln den ausländi­schen Behörden vorbehalten. Die Ausstellung des Sichtvermerks erfolgt vom Ausland aus. Der Behördenweg geht daher über Botschaft, Außenministerium, Innenministerium, Landesre­gie­rung zum zuständigen Sachbearbeiter in der Bezirkshauptmannschaft und denselben Weg wieder zurück. In der Regel dauert ein solches Verfahren mehr als sechs Wochen.

In Österreich entsteht vorübergehend ein starker Bedarf an Arbeitskräften zur Bewältigung der landwirtschaftlichen Spitzenarbeitszeiten, zum Beispiel im Gemüsebau, bei der Gurkenernte, bei der Erdbeerernte und so weiter. Es geht also um den Einsatz der sogenannten Saisonniers. Da dieser Arbeitskräftebedarf aber nur zum Teil von inländischen Arbeitskräften gedeckt werden kann, werden ausländische Arbeitskräfte herangezogen. Die Bauern sind in dieser Zeit auf diese Erntearbeiter angewiesen; ansonsten droht ihnen ein Ernteausfall.

Derzeit dauern, wie schon bereits erwähnt, solche Verfahren immens lang. Welche Probleme gibt es daher? – Einerseits ist eine rasche und flexible Vorgangsweise auf einen entsprechen­den Arbeitskräftebedarf in Österreich trotz vieler Arbeitsloser nicht möglich; andererseits besteht hinsichtlich der davon betroffenen Fremden kein Bedürfnis an der Ausstellung durch die Bezirks­hauptmannschaft.

Inhalt des koalitionären Initiativantrages ist daher eine selbständige Ausstellung des Sichtver­merks für besondere Gruppen vom Ausland aus, sofern eine Beschäftigungsbewilligung vorliegt. Es soll für Betriebsentsandte, Saisonarbeiter, Gastforscher und Künstler die Möglichkeit ge­schaffen werden, daß für sie direkt von der österreichischen Botschaft im Ausland eine Aufent­haltserlaubnis ausgestellt werden kann – allerdings nur bei Sichtvermerken bis zu einer maximal und nicht verlängerbaren Dauer von sechs Monaten.

Das ist ein wesentlicher Schritt zur Verwaltungsvereinfachung und zur Entbürokratisierung. Es ist nicht mehr notwendig, daß beispielsweise ein Tscheche, ein Pole oder ein Slowene oder wer auch immer Tage und Wochen wartend bei der Botschaft verbringen muß, bis endlich seine Sichtver­merksbewilligung ausgestellt wird. Damit wird den Wünschen der österreichischen Wirtschaft, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, aber auch den Anregungen der Wissen­schaft Rechnung getragen.

Dieses vereinfachte und entbürokratisierte Verfahren wird bereits mit 1. August 1998 in Kraft treten und kann daher bereits in wenigen Wochen angewendet werden. Deshalb gebe ich diesem Gesetzentwurf gerne meine Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

18.54


Präsident Dr. Heinrich Neisser¦: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser: Jungfernrede?)

18.54


Abgeordneter Karl Smolle¦ (Liberales Forum): Gospod predsednik! Visoki Dom! Dragi prijatelji! Herr Präsident! Hohes Haus! Es freut mich ganz besonders, daß Kollegin Partik-Pablé wieder in den Saal zurückgefunden hat, weil ich dann vielleicht doch einige Richtigstellungen anbringen kann und diese auch Ihren Vortrag unmittelbar betreffen. (Abg. Haigermoser: Noch eben hast du die grünen Körner aufgepickt! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich glaube, wir gehen bald wieder, wenn ich Sie höre!)

Sie haben leider in all diesen Jahren nichts dazugelernt. Ich war voller Hoffnung, daß es auch bei den Freiheitlichen so etwas wie Einsicht gibt, aber Sie setzen Ihre relativ armselige Politik vor allem in bezug auf Fremde und Asylanten fort. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Schwemlein. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind auch nicht besser geworden!)

Das ist – entschuldigen Sie den Ausdruck, aber ich muß es so sagen – eine Schande, das war eine Schande und bleibt eine solche. Sie sind nicht in der Lage, Ihre Politik zu ändern. Ihre Orientie­rung ist Populismus, blanker Populismus. Die Menschen interessieren Sie nicht. Sie haben keinen humanen Zugang zu den Dingen, sondern Sie haben einen schlampigen und populistischen Zugang, und das ist das Problem der Freiheitlichen Partei! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Es wird jetzt vielleicht ein bißchen verwundern, daß von der Opposi­tionsbank auch einmal ein Lob in Richtung Regierung kommt. Meine Damen und Herren! Ich war, wie Sie wissen, nach meiner Tätigkeit hier im Hause intensiv in den Relationen Österreich – Slowenien tätig. Ich möchte von dieser Stelle aus für ein großes Projekt Dank abstatten, das wir zusammen mit Österreich realisieren konnten, nämlich einen lückenlosen Volksschulunterricht, Grundschulunterricht in Slowenien für bosnische Kinder.

Ich stehe nicht an, dafür danke zu sagen. Ich danke auch, weil ich davon betroffen war – als Mitarbeiter, als Mithelfer – der Caritas und Herrn Quendler. Ich möchte von dieser Stelle aus auch den Kärntner Flüchtlingsbeauftragten, Herrn Steiner, erwähnen. Ich hoffe, daß es diesen Leuten nicht schadet, wenn ich sie lobe, daß ihnen die Freiheitlichen nicht wieder daraus einen Strick drehen; ich hoffe das.

Meine Damen und Herren! Wir haben es mit einer Anfangsphase, mit einer grundsätzlichen Bereit­schaft der Österreicher zur Integration und zur Hilfe für die Flüchtlinge zu tun. Ich selbst kom­me aus einem Hause, das wir 1945, 1946, 1949, 1956 und 1957 mit Flüchtlingen teilen mußten, und wir haben es gern getan. Ich habe als Kind bereits gelernt, wie wichtig es ist, zu teilen. Ich wünsche der Freiheitlichen Partei niemals, Flüchtling sein zu müssen. Ich wünsche Ihnen nie, auch Kollegin Partik-Pablé nicht, daß Sie jemals in ein Land kommen, in dem es Politi­ker à la Partik-Pablé gibt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Jung.)

Wir sollten in diesen Dingen etwas mehr auf Caritas und UNHCR hören, auf jene, die sensibler sind.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber in diesem Zusammenhang noch ein paar Worte zum Fremdengesetz sagen. Herr Minister! Die Grundtendenz der Fremdenpolitik, der Fremden­gesetze, des Aufenthaltsgesetzes und der Ausländerbeschäftigung ist eine Abschottungspolitik. Ich halte diese grundsätzlich nicht für vernünftig. Wir müssen uns öffnen. Wir müssen uns vor allem auch zu jenen Ländern öffnen, die in Kürze Teil dieser EU sein werden, bei der wir dabei sind. Ich glaube, wir sollten den Geist so „wehen“ lassen, wie er eben „wehen“ möchte.

Auch wir brauchen in den Regionen Erneuerungen. Wir brauchen genau an den Grenzen viele gemeinsame Projekte – genau an diesen Grenzen, die wir jetzt so abschotten. Es ist doch un­sinnig, Herr Minister, daß Personen, die einen Sonntagsausflug machen, oder Personen, die etwas privat einkaufen gehen oder geschäftlich unterwegs sind, stundenlang an den Grenzen warten müssen, damit sie in das andere Land fahren können.

Setzen Sie endlich eine zügige, getrennte Grenzabfertigung in die Tat um, einerseits für EU-Bürger und andererseits für Bürger der Nachbarländer. Personen aus anderen Ländern, die auf längeren Reisen sind, müssen dann einfach zur Kenntnis nehmen, daß sie an Grenzen etwas länger warten müssen.

Aber es geht nicht an, daß Sie diesen ganz normalen Grenzübergang mit so viel Bürokratie so belasten. Ich fahre selbst oft über die Grenze. An der Grenze sitzen drei und mehr Herren und Damen, und die Abfertigung geht trotzdem schleppend vor sich. Es ist unverständlich. Lösen Sie dieses Problem an den Grenzen zu unseren Nachbarländern, um Aktivitäten diesseits und jenseits der Grenze zu fördern! (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Es geht doch nicht an, meine Damen und Herren, daß man Leute mit einem Aufenthaltsverbot für ein Jahr belegt, bloß weil sie zufällig ein Musikinstrument im Kofferraum hatten. Es ist doch natürlich, daß Slowenen aus Slowenien Kärntner und auch slowenisch sprechende Kärntner besuchen. Das müßte eine Selbstverständlichkeit sein. Dasselbe gilt auch für das Burgenland. Es gibt immer wieder Beschwerden, daß der ganz normale Austausch von Kulturschaffenden nicht möglich ist. Das ist keine offene Grenze, wie wir sie uns wünschen, sondern das ist eine Grenze, bei der wir irgendwelche Pflichtübungen machen – wahrscheinlich unter Umständen auch zur Beschäftigung von Zollbeamten. Aber das ist eben nicht das Ziel einer Grenze, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich möchte noch auf ein ganz spezifisches Problem eingehen, und das ist sowohl an den Wirt­schafts­minister als auch an Sie und andere Minister adressiert. Wir bekommen regelmäßig Be­schwerden übermittelt, aus denen hervorgeht, daß LKW-Fahrer, die Waren von der einen Seite auf die andere Seite der Grenze bringen, Schikanen ausgeliefert sind. Herr Minister! Es wäre höchst an der Zeit, daß Sie diesbezüglich etwas unternehmen – vor allem auch, um den Grenz­wirtschaftsverkehr zu garantieren, damit dieser nicht durch bürokratische Hemmnisse behindert wird.

Wir wissen von den Schikanen an der Grenze. Dazu zitiere ich eine vielleicht doch erlaubte Zeitung, die auch Ihrer Gesinnungsgemeinschaft nahesteht, die von Schikanen an der Grenze be­richtet und davon, daß Arbeitsplätze gefährdet sind. (Abg. Wabl: Karel, hör auf! – Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung der Grünen –: Da könnt ihr froh sein, daß ihr den los seid!) Seit diesen Schikanen gibt es einen enormen Rückgang im Bereich des kleinen Grenzverkehrs, nämlich einen 50pro­zen­tigen Rück­gang des Warenaustausches. Und angesichts dessen sollten Sie doch Maßnahmen treffen.

Noch einmal: Hören Sie bitte nicht auf die FPÖ, sondern hören Sie auf jene Leute, die Be­troffene betreuen: Das ist die Caritas, das ist die UNHCR. Das sollte das Maß unserer Arbeit hier sein, vor allem auch im Bereich des Fremdengesetzes! (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.01


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Schlögl. – Bitte, Herr Bundesminister.

19.01


Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl¦: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Beginn der Bund-Länder-Unterstützungsaktion für bosnische Kriegsflüchtlinge sind nunmehr sechs Jahre vergangen, und von den rund 90 000 bis 93 000 bosnischen Kriegsflüchtlingen, die in diesen Jahren nach Österreich gekommen sind, sind sehr viele inte­griert worden. Rund 32 000 Menschen haben Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung bekommen. Wenn man das auf die Familienmitglieder hochrechnet, kann man sagen, daß zirka 63 000 bosnische Kriegsflüchtlinge dadurch erfolgreich in unserem Land integriert werden konnten.

12 000 Vertriebene sind in andere Staaten weitergewandert, 10 000 bis 11 000 sind großteils mit Unterstützung der österreichischen Bundesregierung wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Mit Ende Mai dieses Jahres befanden sich rund 5 100 bosnische Kriegsflüchtlinge in der Unter­stützungsaktion des Bundes und der Länder.

Ich glaube, in einem Punkt der heutigen Debatte sind wir uns alle einig, nämlich daß diese Unter­stützungsaktion, die mit 31. Juli 1998 ausläuft und in der Vergangenheit immer wieder verlän­gert worden ist, nun einer endgültigen neuen Lösung harrt. Und ich glaube, daß die vorlie­genden Gesetzentwürfe beziehungsweise Abänderungsanträge diese endgültige Lösung bringen werden.

Ich gehe davon aus, daß aufgrund dieser neuen gesetzlichen Regelung jene Vertriebenen, die in Österreich Arbeit und Unterkunft gefunden haben, und ihre Angehörigen ein zeitlich unbe­grenztes Aufenthaltsrecht bekommen werden. Wir bemühen uns auch im Zusammenhang mit dieser Regelung gemeinsam mit den Ländern und dem Sozialressort zu erreichen, daß in den nächsten Wochen und Monaten für alle noch nicht integrierten Bosnier entsprechende Be­schäfti­­gungs­möglichkeiten gefunden werden. Diese entsprechenden Beschäftigungs­möglich­keiten sollen vor allem für jene Gruppe gefunden werden, die der ethnischen Minderheit der Republik Srpska angehören.

Das heißt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir haben sehr vielen Menschen in Österreich Hilfe und Aufnahme geboten. Wir haben sehr viele Menschen, die nach Österreich ge­flüchtet sind, in unser Land integriert, und sehr viele dieser bosnischen Kriegsflüchtlinge sind nicht nur integriert, sondern zum Teil bereits österreichische Staatsbürger geworden. Für die restlichen 5 100 haben wir mit der heute vorliegenden Gesetzesnovelle eine klare Regelung geschaffen.

Im wesentlichen kann man diese Menschen in drei Gruppen unterteilen. Die erste Gruppe sind die rund 850 Bosnier, die aus der Föderation kommen. Für diese ist grundsätzlich eine Heim­kehr möglich, und wir wollen diese Heimkehr auch mittels finanzieller Unterstützung, mittels Rückkehrhilfe beziehungsweise mittels konkreter Projekte in den nächsten Wochen umsetzen.

Die zweite Gruppe umfaßt die rund 4 300 Bosnier, die aus der Republik Srpska stammen. Diese Personen können derzeit nur schwer oder nur organisiert und mit gezielter, begleitender Unter­stützung des Aufnahmelandes zurückkehren.

Die dritte Gruppe setzt sich aus zirka 300 bis maximal 500 Personen zusammen; Personen, die einen dauerhaften Schutz benötigen und voraussichtlich nie mehr heimkehren können. Es han­delt sich dabei nicht nur um schwer traumatisierte Personen, sondern auch um schwerkranke Menschen, Waisen und Zeugen. Für diese Menschen, für die keine Rückkehr zumutbar ist, soll dieses Gesetz ein bleibendes Aufenthaltsrecht und ein dauerhaftes Bleiberecht schaffen. Dar­über sind wir uns auch mit den Landeshauptleuten einig. Mit den Landeshauptleuten wurde auch eine Absprache darüber getroffen, daß die allfälligen Kosten, die für diese Menschen entstehen, durch eine gemeinsame Aktion des Bundes und der Länder gedeckt werden. Zudem gibt es eine gemeinsame Vereinbarung, die in den nächsten Wochen zwischen dem Bund und den Ländern beschlossen werden wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte aber auch darauf hinweisen, daß wir nicht nur das tun, was hier heute debattiert und aufgezeigt worden ist, sondern daß sich Österreich auch an einer Vielzahl von Rückkehrprojekten in den letzten Jahren beteiligt hat beziehungs­weise eine Vielzahl von Rückkehrprojekten bereits unterstützt und in den nächsten Wochen und Monaten auch umsetzen wird. Das Projekt Bürgelkopf ist eines davon, das im Rahmen der Berufsschulungen durchgeführt wird, aber auch das Projekt Altersheim in Travnik, und auch in anderen Städten gibt es weitere Projekte.

Ich meine, daß die österreichische Bundesregierung, der österreichische Nationalrat und die neun österreichischen Bundesländer sehr viel dazu beigetragen haben, daß die bosnischen Kriegs­flüchtlinge eine entsprechende Unterstützung bekommen.

Eine Beendigung des Aufenthaltsrechtes und das Ende der Unterstützungsaktion ergibt sich somit nur für jene Menschen, denen eine Rückkehr in die Föderation möglich ist, und für Perso­nen, die aufgrund besonderer Projekte in einzelne Gebiete der Republik Srpska, in die soge­nannten offenen Städte zurückkehren können.

Weiters wird es eine Beendigung des Aufenthaltsrechtes für jene Menschen geben, die trotz der Möglichkeit und des Angebotes zum Zugang zum Arbeitsmarkt dieses Angebot nicht ange­nom­men haben oder die Möglichkeit zur Rückkehr im Rahmen eines Projektes ohne Grund ab­lehnen. Ich glaube, daß darüber auch Einverständnis herrschen muß, daß für jene Menschen, die weder bereit sind, in Österreich Arbeit anzunehmen, noch bereit sind, zurückzukehren, noch das Angebot des Weiterwanderns nützen, die Aktion beendet ist und der Aufenthalt ebenfalls nicht verlängert werden kann.

Zusammengefaßt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich bin der Meinung, daß Öster­reich den bosnischen Vertriebenen in einem internationalen nicht da gewesenen Ausmaß, das mit keinem anderen Land vergleichbar ist, Hilfe und Unterstützung gegeben hat. Ich bin der Über­zeugung, daß Österreich sowohl im Bereich der Integration, der finanziellen Unterstützung durch Spenden oder Sachgüterleistungen die Rückkehrhilfe großartig unterstützt hat. In diesem Sinne, glaube ich, können wir stolz darauf sein, was wir gemeinsam geleistet haben. Das jetzige Gesetz dient dazu, diese Aktion abzurunden und zu beenden. Ich ersuche Sie deshalb, diesem Gesetzentwurf und dem Abänderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.08


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte, Frau Abgeordnete. 5 Minuten frei­willi­ge Redezeitbeschränkung.

19.08


Abgeordnete Ludmilla Parfuss¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte zu drei Punkten des Bereichs Inneres Stellung nehmen.

Punkt eins: Wir beschließen heute mehrheitlich ein Gesetz, das eine vereinfachte bürokratische Abwicklung bei der kurzfristigen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Saisonarbeitskräfte ge­währleistet. – Herr Kollege Freund hat das schon angeschnitten. – Zu betonen wäre, daß die Änderung des Fremdengesetzes vom Minister selbst ausgegangen ist, der damit dem Wunsch der Wirtschaft umgehend entsprochen hat. Auf das Problem aufmerksam gemacht wurde der Herr Bundesminister am 4. April dieses Jahres, und reagiert haben der Herr Minister und das Parlament schon heute, also sehr rasch.

In einem Brief des Bundesverbandes der Erwerbsgärtner Österreichs wurde die Problematik der behördlichen Abwicklung aufgezeigt. Auch Herr Klubobmann Kostelka hat einen diesbe­zügli­chen Brief bekommen. Darin wurde der langwierige Weg vom Beginn des Ansuchens der Saison­ar­beitswerber auf Aufenthalt in Österreich bis zur Bewilligung desselben aufgezeigt. Dauerte in der Vergangenheit dieses Procedere nur ein paar Tage, so ist es ab 1. Jänner 1998 zu einem wahren Amtswegmarathon von drei bis vier Wochen gekommen.

Nunmehr werden diese in der Praxis entstandenen Probleme beseitigt. Künftig dürfen die öster­reichischen Vertretungsbehörden im Ausland Saisonarbeitskräften ohne Einschaltung des Innen­mini­steriums eine Aufenthaltsgenehmigung für maximal sechs Monate erteilen. Voraus­setzung ist natürlich eine gültige Beschäftigungsbewilligung, die als Vorweis dienen soll.

Herr Kollege Freund hat ja schon ausgeführt, für wen dieses gilt, und ich meine, mit dieser raschen Reaktion des Ministers und des Gesetzgebers ist bewiesen, daß Wünsche der Bevöl­kerung sehr ernst genommen werden.

Punkt zwei: Vorerst muß ich sagen, ich bin sehr beruhigt, daß Frau Dr. Pablé den Herrn Bun­des­minister wieder kritisiert hat, denn das kann eigentlich für uns nur heißen, wir machen die richtigen Gesetze, und wir sind wieder auf dem richtigen Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Dr. Partik-Pablé! Wir unterscheiden uns meiner Meinung nach in der politischen Sichtweise sehr eklatant, und deshalb werden wir auch Ihren Antrag ablehnen. Die FPÖ fordert, daß ein im Hungerstreik befindlicher Schubhäftling zwangsernährt werden soll. Das heißt, er soll in das nächstgelegene Gefangenenhaus oder in eine Strafvollzugsanstalt überstellt werden und gegen seinen Willen Nahrung eingeflößt bekommen. – Ich finde, diese Personen, die ohnehin vielfach mit Gewalt in der Vergangenheit konfrontiert wurden, würden wieder erneut Gewalt erleben, denn nichts anderes wäre das.

Man darf nicht vergessen, daß das Vergehen, das diese Personen begangen haben – wie zum Beispiel eine illegale Einwanderung –, lediglich eine Verwaltungsstrafe nach sich gezogen hat. Daß dieses Vergehen nicht gleichzusetzen ist mit dem Vergehen von Strafgefangenen versteht sich von selbst, und deshalb dürfen diese Personen auch nicht so behandelt werden. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Vielmehr müssen Maßnahmen gesetzt werden, damit Hungerstreik erst gar nicht als Lösungs­möglichkeit in Betracht gezogen wird. Wir wollen daher eine Reform der Schubhaft mit einem Bündel von Verbesserungen, die der Herr Bundesminister bereits in Angriff genommen hat, ein­leiten.

Dritter Punkt: Wir lehnen auch den Antrag des Abgeordneten Dr. Kier bezüglich Webster Univer­sität ab, denn das Grundprinzip des Fremdengesetzes 1997 baut auf dem Prinzip der regel­baren Migration auf, und mit einem uneingeschränkten Zugang würde man dieses Grundprinzip umgehen.

Zu sagen wäre noch, daß zwischen der Webster Universität in Wien und dem Wissenschafts­ministerium ein gutes Gesprächsklima herrscht, und es wurde bereits die Anerkennbarkeit von Prüfungen an der Webster Universität für österreichische Universitätsstudenten erreicht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lafer. Freiwilli­ge Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.13


Abgeordneter Franz Lafer¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf den Antrag meiner Kollegen Partik-Pablé, Scheibner, Lafer Bezug nehmen, in dem es darum geht, daß das Asylgesetz geändert wird. Sie wissen vom Ausschuß her, daß die Bestimmungen, denen aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes zukommt, nicht mehr gewährt werden sollen, und zwar bei Beschwerden beim Unabhängigen Bundes­asylsenat, beim Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und beim Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe hier ein paar Beispiele, die ich in aller Kürze an­führen möchte. Es handelt sich dabei um Anfragebeantwortungen. Ein türkischer Staatsan­ge­höriger ist im Jahre 1991 eingereist, hat sich illegal im Bundesgebiet aufgehalten und hat dann über den gesamten Instanzenzug hinweg aufschiebende Wirkung zuerkannt bekommen. Dieser Anfragebeantwortung, in der uns auch der Herr Bundesminister für Inneres recht gegeben hat, ist auch zu entnehmen, daß er sich seither in Österreich aufhält und nicht berufstätig ist, daß er strafbare Handlungen begangen hat und zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Auch sein Untermieter hat zum Schluß aufschiebende Wirkung zuerkannt bekommen.

Ein weiteres Beispiel: Ein Asylwerber, Elmar Vakas, ist ebenfalls im Jahre 1991 nach Österreich gekommen und hat auch aufschiebende Wirkung zuerkannt bekommen, nur ist dieser Fall noch viel krasser: (Abg. Smolle: Herr Kollege! Halten Sie uns doch nicht mit solchen Stories auf!) In der Zeit, in der er sich illegal in Österreich aufgehalten hat, hat er auch noch rund 683 750 S vom Sozialamt der Stadt Salzburg erhalten. – Diese Beispiele könnten fortgesetzt werden, aber darum geht es jetzt nicht.

Der Herr Bundesminister für Inneres hat – das ist einem Stenographischen Protokoll zu ent­nehmen – in einer Fragestunde auf eine diesbezügliche Frage meiner Kollegin Dr. Partik-Pablé geantwortet, daß es sicher einige tausend solcher Fälle sind, die derzeit beim Verwaltungs­gerichtshof und Verfassungsgerichtshof liegen.

Herr Bundesminister! Ich möchte jetzt noch zwei Zitate aus dem Jahre 1997 bringen, eines aus der „Kronen Zeitung“ vom 23. Juli 1997, in der es heißt:

„Ich habe von meinem zuständigen Sektionschef Unterlagen bekommen, daß sich in Österreich vermutlich rund 500 bis 700 kriminelle Ausländer aufhalten und weiter Straftaten begehen. Eine ,Aktion scharf‘ mit dem Ziel, straffällig gewordene Ausländer sofort aus Österreich abzu­schie­ben, läuft. Schuld daran ist die Gesetzeslage in Österreich, die von Kriminellen (Drogendealern, Einbrechern, Räubern, et cetera) ausgenutzt wird.“

Herr Bundesminister! Es kommt aber noch anders. Im „Kurier“ vom 13. August 1997 steht unter anderem: „Ich möchte, daß die aufschiebende Wirkung in diesen Fällen aberkannt wird!“ – Zitatende. Damit hätten wir die Möglichkeit der Abschiebung.

Herr Bundesminister! Aus diesem Grund haben wir auch diesen Antrag eingebracht. Und ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei: Sie haben es sozusagen vor Ihren Füßen. Wenn Sie diesem Antrag nicht zustimmen, dann sind Sie im Endeffekt auch gegen Ihren eigenen Bundesminister. Daher ersuche ich Sie, diesem Antrag zuzustimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.16


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.17


Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich kann jetzt gleich auf Kollegen Lafer replizieren, da auch ich mir vorgenommen habe, zum Antrag von Frau Kollegin Partik-Pablé Stellung zu nehmen und zu begründen, warum wir diesen Antrag ablehnen.

Sie verlangen, daß es praktisch eine Sonderbestimmung für Asylfälle gibt, daß die Regelun­gen im Verwaltungsgerichtshofgesetz, die allgemeine Gültigkeit haben, für den Bereich des Asyl­rechts keine Geltung haben sollen. – Ich halte das für eine rechtsstaatlich problematische Vor­gangsweise, und ich halte es auch für eine völlig überzogene Vorstellung.

Sie haben hier einige Fälle vorgetragen, die zeigen sollen, daß die Asylgesetze mißbraucht werden. Ich will diese einzelnen Fälle jetzt gar nicht ansprechen, ich denke, daß es da und dort Mißbrauch geben kann. Wir müssen aber abwägen zwischen dem Rechtschutzinteresse, das wir alle haben müssen, nämlich daß politisch Verfolgte in unserem Land sicher sind, und der Tatsache, daß einzelne Menschen vielleicht Bestimmungen mißbrauchen.

Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, daß Menschen, die politisch verfolgt werden, in Öster­reich Schutz finden müssen. Daher ist es für uns unvorstellbar, diesem Antrag zuzustimmen, denn wir haben ein gutes Asylgesetz. Wir haben es erst vor einem Jahr beschlossen, und es ist in etwa seit einem halben Jahr in Kraft. Wir versuchen, eine verantwortungsbewußte Politik gegen­über den Flüchtlingen zu betreiben, wir versuchen, einen hohen Standard an Rechts­schutz zu gewähren, und diesen Standard werden wir wegen Ihrer Vorstellungen sicherlich nicht verlassen.

Sie haben angesprochen, daß der Verwaltungsgerichtshof überlastet ist. Man kann doch das Pro­blem des Verwaltungsgerichtshofes nicht dadurch lösen, daß man den Rechtsschutz be­seitigt. Sie wissen doch, welche Folgen es hat (Abg. Dr. Partik-Pablé: Lösen Sie es halt an­ders!), wenn jemand in ein Land abgeschoben wird, wo ihm Gefängnisstrafe oder sogar der Tod droht. Daher kann ein Land wie Österreich, das als Asylland Tradition hat, das das Schicksal der Flüchtlinge ernst nimmt, einer solchen Regelung, wie Sie sie planen, nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.20


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheib­ner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.20


Abgeordneter Herbert Scheibner¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Redezeit ist kurz. Trotzdem möchte ich vor allem die Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei schon ersuchen, in einer derartigen Debatte nicht immer Asylpolitik mit Einwanderungs- und Fremdenpolitik zu verwechseln und die Dinge so darzustellen, als hät­ten wir Forderungen, die wir in der Fremden- und Einwanderungspolitik erhoben haben, in der Asylpolitik gestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Hlavac und auch Frau Kollegin Parfuss! Sie haben gesagt, Sie seien gegen die Zwangsernährung, die wir für jene illegalen Einwanderer oder illegal in Österreich Aufhältigen verlangt haben, die versuchen, sich mit einem Hungerstreik aus der Schubhaft freizupressen. Das ist natürlich – das gebe ich durchaus zu – eine unangenehme Maßnahme. Der Herr Bun­des­minister hat auch gesagt, er sei dagegen, er werde aber andererseits dafür sorgen, daß dieser Unsitte der Hungerstreiks Einhalt geboten wird, denn es gibt bei den Illegalen schon Anlei­tungen, schon Tips, wie man sich durch Hungerstreik aus der Schubhaft befreien kann.

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Parfuss! Herr Bundesminister! Nur: Wo sind denn diese Maßnahmen? Wir warten darauf. Wir wissen doch ganz genau, daß viele Probleme, über die wir in der Ausländerpolitik diskutieren, vor allem durch Illegale verursacht werden, in bezug auf Kriminalität etwa.

Kollegin Parfuss, Sie kommen aus der Steiermark, dort gibt es diese Probleme nicht. Aber schauen Sie sich in den Problemzonen Wiens einmal um, welche Schwierigkeiten da vorhanden sind! Da ist keine Rede mehr von Integration, weil dann plötzlich alle Ausländer in einen Topf geworfen werden. Und genau deshalb verlangen wir ja Unterstützung für Integration, Unter­stüt­zung für politisch Verfolgte, aber auch alle Maßnahmen gegen Mißbräuche, alle Maßnahmen gegen Mißstände, wie sie etwa bei Illegalen vorkommen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Kriminalität.

Daher muß man wohl sagen: Wenn Ihnen nichts Besseres einfällt, um dieses Freipressen durch Hungerstreik zu verhindern, dann ist diese unangenehme Maßnahme immer noch besser, als daß wir aufgeben und sozusagen einen Freibrief für alle Illegalen erlassen, in der Versenkung verschwinden zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Zweitens zur Frage dauernder Aufenthalt für Bosnienflüchtlinge. Ich stelle auch hier noch einmal deutlich fest, so wie ich es bereits im Ausschuß gesagt habe: Selbst­verständlich – und das muß ein Prinzip sein – haben wir die Verpflichtung, allen politisch Ver­folgten in Österreich, soweit dies möglich ist, Asyl zu gewähren. Darüber gab es auch keine Diskussion, es herrschte Konsens im Zuge des Jugoslawien-Krieges, daß wir selbstverständlich alles in unserer Macht Stehende tun, um den Verfolgten Hilfe zu geben. Das war auch ein Konsens in der Bevölkerung.

Nur: Damals ist man davon ausgegangen, daß jene, die hier Aufenthalt bekommen, dann, wenn sich die Situation gebessert hat, wenn keine Verfolgung mehr zu erwarten ist, in ihre Heimat zurückkehren. (Unruhe im Saal. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Vielleicht kann man für Ordnung sorgen!)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Hohes Haus! Es dürfte ein Ereignis eingetreten sein, von dem das Präsidium nichts weiß. Es ist nicht so schlimm, aber ich möchte doch bitten, den Geräuschpegel etwas zu senken. (Rufe: Bei der Fußball-WM steht es 1 : 1! – Abg. Dr. Khol: Ein Eingebürgerter hat ein Tor geschossen!) – Danke für die Information.

Bitte, Herr Abgeordneter, setzen Sie fort!


Abgeordneter Herbert Scheibner¦ (fortsetzend): Ich schließe mich der Freude über den Aus­gleich in diesem Fußballspiel an, hoffe aber, daß wir trotzdem noch einige Minuten über politisch Verfolgte diskutieren können.

Herr Bundesminister! Mir ist es wichtig, daß hier ein Signal gesetzt wird. Selbstverständlich muß man behutsam vorgehen. Selbstverständlich kann man es nicht verantworten, Flüchtlinge in eine ungewisse Zukunft zu schicken, wenn nicht sichergestellt ist, daß sie nicht mehr verfolgt werden. Aber man kann doch nicht akzeptieren, daß diese hunderttausend politisch Verfolgten auf Dauer und auf ewig hier in Österreich bleiben. Es gibt die Kosovo-Krise, wo man fürchten muß, daß es wieder zu Flüchtlingsströmen kommt. Wird dann noch die Bereitschaft der Bevöl­ke­rung gegeben sein, so großmütig wie in der Vergangenheit dafür zu sorgen, daß diese Flüchtlinge aufgenommen werden, wenn man damit rechnen muß, daß es über den Umweg der Asylpolitik wieder zu einer versteckten Einwanderung von 80 000, 90 000 oder 100 000 Auslän­dern kommt?

Das ist das Problem, das wir mit dieser Regelung haben. Selbstverständlich treten wir für Unterstützung von politisch Verfolgten ein, wir wollen aber kein gesetzliches Signal, daß es über diesen Asylstatus in Wirklichkeit zu einer dauerhaften Einwanderung kommen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.25


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Da kein Schlußwort seitens der Berichterstatter gewünscht wird, treten wir in das Abstim­mungs­verfahren ein, und ich bitte, zu diesem Zweck den jeweiligen Platz einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1193 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Kier und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 3 Absätze 1 und 2 eingebracht, und ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür ein­treten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abge­­lehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Gesetzesbestimmung in der Fassung des Aus­schußberichtes, und ich ersuche Sie für den Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1213 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehr­heit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte Sie, falls Sie dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zustimmen wollen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Dies ist gleichfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen betreffend humanitäres Aufenthaltsrecht für Kosovo-Flüchtlinge.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minder­heit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angele­gen­heiten, seinen Bericht 1217 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angele­gen­heiten, seinen Bericht 1212 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angele­genheiten, seinen Bericht 1214 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

16. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Bericht der Bundes­regierung (III-124 der Beilagen) über Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1999 gemäß § 9 Abs. 2 Landwirtschaftsgesetz 1992 (1157 der Beilagen)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich rufe nun den 16. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. 6 Minuten freiwillige Redezeit­beschrän­kung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.28


Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Drei Maßnahmen werden für die Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1999 angeführt. Ich konzentriere mich auf die ersten zwei Maßnahmen.

Einkommenssituation 1997, ganz klar festgehalten: wieder ein Verlust für die Bauern. Min­de­stens 3 Prozent Einkommensverlust für die Landwirtschaft werden in diesem Bericht bereits pro­gnostiziert. Ich bin sicher, man wird nicht auskommen damit. Es werden wahrscheinlich wieder mindestens 5 Prozent werden.

Zweite Maßnahme: Empfehlungen der § 7-Kommission. Herr Bundesminister, Sie schreiben in Ihrem Bericht, die § 7-Kommission habe empfohlen, die bäuerlichen Familien vor weiteren sozialen Belastungen zu bewahren.

Herr Bundesminister! Dieser Forderung nach keinen weiteren Verschlechterungen im sozialen Bereich wollen Sie jetzt gerecht werden, nachdem im Rahmen des Strukturanpassungs­ge­setzes unbeschreibliche Verschlechterungen im sozialen Bereich für die Bauern und für die bäuerlichen Familien beschlossen wurden. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Aufgabe der Mitversicherung, an die Subsidiarität, an die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge.

Herr Kollege Donabauer! Ich weiß, das kostet Sie nur einen Lacher. (Abg. Donabauer: Weil Sie nicht wissen, wovon Sie reden!) Sie wissen nicht, wie schwierig es für die Bauern ist, bei ständig sinkendem Einkommen diese Sozialversicherungsbeiträge noch zu bezahlen. Aber bei Ihrem Einkommen kostet Sie das natürlich nur einen Lacher, das ist klar. (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Oder die massiven Verschlechterungen bei der Bäuerinnenpension. Und nun sagen Sie, nach­dem Sie all diese Verschlechterungen beschlossen haben: Aber jetzt, bitte schön, keine weite­ren Verschlechterungen mehr! – Herr Bundesminister! Das gilt doch nur bis zum nächsten Bela­stungspaket. Sie betreiben Bauerntäuscherei und gehen mit den Bauern äußerst zynisch um!

Herr Bundesminister! Um bei den Empfehlungen der § 7-Kommission zu bleiben: Diese § 7-Kom­­mission fordert seit 1995 die Mehrwertsteueranpassung, so wie sie im Europavertrag fest­gehalten ist. Seit vier Jahren ist diese Mehrwertsteueranpassung überfällig! 6,5 Milliarden Schilling schulden Sie den Bauern, Herr Bundesminister! Dieses Geld ist den Bauern vertraglich zugesichert! Sie fügen den österreichischen Bauern einen Einkommensverlust von sage und schreibe 6 500 Millionen Schilling zu! Vor den Wahlen versprechen Sie den Bauern die Einhal­tung der Verträge, nach den Wahlen wollen Sie davon nichts mehr hören! (Beifall bei den Freiheit­lichen.)

Was sagt zum Beispiel der oberösterreichische Landeshauptmann Pühringer? – Er forderte am 21. April 1998, daß es zu einer raschen Anpassung der Vorsteuerpauschale für die Bauern kom­men muß. Die Bundesregierung solle endlich die noch immer vorhandene Benachteiligung seit dem EU-Beitritt beseitigen. – Herr Bundesminister, aber Sie reagieren nicht! Jahr für Jahr nehmen Sie den Bauern 1,7 Milliarden Schilling – bei ständig sinkendem Einkommen! – weg! Das ist wirklich ein Skandal! Ich bin neugierig, wie lange Sie noch die Bauernexistenzen dieser Koalition opfern wollen! Etwas anderes ist es nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Ein anderer Punkt ist die Betriebsmittelverbilligung. Auch diese haben Sie den Bauern vor dem EU-Beitritt versprochen. Von der Dieselölrückvergütung hört man nichts mehr. Es fordern nur Kollege Auer, Kollege Schwarzenberger, Kollege Schwarzböck, alle Bau­ern­bundfunktionäre in Presseaussendungen immer wieder, daß der Dieselölpreis gesenkt wer­den muß. Aber wie ernst das gemeint ist, hat Herr Kollege Auer in seinem letzten Debatten­beitrag klar und deutlich gezeigt. – Ich habe das Protokoll hier! (Ruf bei den Freiheitlichen: Das haben wir alle gehört!)

Herr Bundesminister! Was sagt Ihr Parteimitglied, Kollege Auer, in seinem Debattenbeitrag zur Landwirtschaft über die Dieselölpreisrückvergütung beziehungsweise über die Dieselölpreis­sen­kung? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Er ist mundtot gemacht worden von den Sozialisten!) Kollege Auer sagte folgendes – ich zitiere –:

„Das ergäbe ein Ersparnis von ... 12 000 S bis 15 000 S, wenn es sich um einen etwas größeren Betrieb handelt. Diesen Betrag kann man bei der jetzigen Preissituation, bei anderen Produkten, zum Beispiel bei einer Partie Mastschweine, leicht verspielen. Daher, so meine ich, sollten wir uns wesentlicheren Dingen zuwenden ...“

Herr Bundesminister! So lautet die Aussage von einem Bauern: 12 000 S bis 15 000 S – was ist das schon? Das kann man bei einer Partie Mastschweine verlieren, das sind doch Peanuts! – Das ist wirklich ein Skandal! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich muß sagen: Sie schauen diesem Spiel zu! Sie beschließen all diese Dinge mit, und Sie halten einfach die Verträge nicht ein! Sie sind vertragsbrüchig, Herr Bundesminister! (Neuer­licher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Um beim heutigen Großereignis Fußball zu bleiben: Sie begehen an den Bauern ein Foul nach dem anderen! Sie lassen die Bauern ins Abseits laufen! Herr Bundesminister! Sie müßten eigent­lich schon längst die rote Karte bekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.34


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzen­berger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.34


Abgeordneter Georg Schwarzenberger¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Aufgrund der knappen Redezeit nur einige Sätze zu den Ausführungen von Frau Abgeordneter Aumayr. Sie hat wahrscheinlich übersehen oder überhaupt noch nicht begriffen, daß wir allein durch die Senkung des fiktiven Ausgedinges von 35 auf 30 Prozent im heurigen Jahr unseren ärmsten Bauernpensionisten 250 Millionen Schilling gebracht haben. Frau Abgeordnete Aumayr! Soviel haben die Bauern mehr bekommen. Sie verwechseln das mit Belastungen. (Abg. Aumayr: Sie haben die Sozialversicherungsbeiträge erhöht!)

Zur Mitversicherung in der Krankenversicherung, die Sie noch erwähnt haben, ist folgendes zu sagen: Das trifft im heurigen Jahr überhaupt nicht zu. Außerdem gibt es eine lange Übergangs­zeit, denn alle, die jetzt mitversichert sind und deren Arbeitsverhältnis sich nicht ändert, bleiben bis an ihr Lebensende mitversichert. Hier gibt es eine lange Übergangszeit. Davon ist man im heurigen Jahr mit Sicherheit noch nicht betroffen.

In einem Punkt muß ich Ihnen recht geben: Was die Mehrwertsteuerpauschalierung anlangt, sind wir enttäuscht, daß unser Koalitionspartner in diesem Bereich nicht zu überzeugen ist. Wir hatten kürzlich eine Vorsprache bei Finanzminister Edlinger, und er hat uns darauf hingewiesen, daß all jene Bauern, die glauben, daß sie mehr Vorsteuer bezahlt haben, als sie für ihre Produkte an Mehrwertsteuer eingenommen haben, die Möglichkeit haben, zu einer Regelbe­steu­erung überzutreten. Sie müssen sich auf fünf Jahre verpflichten und können dafür bereits im heurigen Jahr die Mehrwertsteuer, die sie, wenn sie investiert haben, mehr einbezahlt haben, wieder herausholen. Das ist sicherlich eine gewisse Arbeitsbelastung, aber wenn es höhere Beträge ausmacht, steht es sich dafür. Auch Abgeordneter Ofner wird wissen, daß er, wenn er mehr an Mehrwertsteuer für Investitionen ausgegeben hat, als er für seine Rechnungen einge­nom­men hat, das vom Finanzamt zurückbekommt. (Abg. Aumayr: Darum geht es gar nicht! Sie sind ein Vertragsbrecher, Herr Kollege!) Und das bekommen selbstverständlich auch die Land­wirte zurück.

Sehr viele Bauern, die investieren, haben sich diese Mühe gemacht, und ich kenne einige, die in den vergangenen Jahren, etwa für die Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes, 200 000 S und mehr an Mehrwertsteuer vom Finanzamt ausbezahlt bekommen haben. (Abg. Aumayr: Diese Aussage werde ich den Bauern schicken!) Die Arbeit der Aufzeichnung muß sicherlich geleistet werden, aber das müssen auch alle anderen Berufsgruppen tun. Wir hätten auch lieber die Pau­schalierung, aber dort, wo es weit fehlt, empfehlen wir den Bauern, Aufzeichnungen zu machen, und dann bekommen sie selbstverständlich die Vorsteuer zurückbezahlt. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei den Freiheitlichen: Wollen Sie alle in die Buchhaltung treiben? – Abg. Aumayr: Ein Skandal!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte mich nun dem heutigen Thema, dem Grünen Plan, widmen. Der europaweite Wettbewerb seit dem EU-Beitritt auch im landwirt­schaft­lichen Bereich hat natürlich die Bauern vor große Herausforderungen gestellt. Die Bauern haben diese Herausforderungen angenommen und versuchen jetzt, die Marktchancen zu nützen. Auf die Preisbildung haben wir von der Politik her wenig Einfluß. Aber unsere Aufgabe ist es, die Bauern zu unterstützen, daß auch Absatzsicherheit vorhanden ist. Denn was hilft ein guter Preis, wenn man das Produkt dann nicht absetzen kann?

Der Grüne Plan zeigt jene Maßnahmen auf, mit denen die Bauern aus dem Budget 1999 unter­stützt werden können. Die wesentlichsten Abgeltungen der Leistungen der Bauern sind die Flä­chen- und Tierprämien, die zum Großteil aus Mitteln der Europäischen Union bezahlt werden. Es gibt auch eine Abgeltung der Umweltleistung, und Österreich hat dafür immerhin einen Be­trag von rund 7,5 Milliarden Schilling im Grünen Plan verankert. Dieser wird im heurigen Jahr an die Bauern ausbezahlt für die Umweltleistungen, die sie für unsere Gesellschaft erbringen. Es gibt weiters die Ausgleichszulage für Bergbauern und benachteiligte Regionen sowie die Investi­tionsförderung. – Das sind die vier Hauptkapitel der Abgeltung der Leistungen der Bauern.

Wir befassen uns aber auch intensiv mit der Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik und der Programme für eine integrierte ländliche Entwicklung. (Abg. Aumayr: Machen Sie ein­mal die Hausaufgaben!) Um den nationalen Spielraum möglichst vollständig auszuschöpfen (Abg. Aumayr: Nein, den haben Sie nicht ausgeschöpft!), wurde eine Reihe von Arbeitskreisen ein­gesetzt, die Vorschläge erarbeiten, in welche Richtung die Diskussion in der Agenda 2000 gehen kann beziehungsweise in welche Richtung wir den nationalen Spielraum – in der Agen­da 2000 sind ja etwa 30 Prozent der Förderung als nationaler Spielraum vorgesehen – lenken können.

Um die Bewirtschaftung der Berggebiete und benachteiligten Gebiete auch in Zukunft zu sichern, bedarf es einer Weiterentwicklung der Ausgleichszulage einschließlich der Einführung eines Sockelbetrages.

Zweck eines solchen Sockelbetrages sollte es sein, daß vor allem in Berggebieten und benach­teilig­ten Gebieten, wo sehr kleine Strukturen herrschen, die Betriebe, auch die kleineren Neben­er­werbsbetriebe erhalten bleiben, weil es auch Aufgabe der Infrastrukturfinanzierung ist, daß Täler besiedelt bleiben. Würden in solchen Tälern nur noch zwei, drei Vollerwerbsbetriebe übrig­bleiben, wären die Infrastrukturkosten sicher von den wenigen Verbleibenden nicht mehr zu finanzieren.

Aus diesem Grund legen wir Wert darauf, daß die volle Besiedlung erhalten bleibt. Dazu sollte der Sockelbetrag in der Ausgleichszulage eine wesentliche Maßnahme sein. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Gradwohl.)

Wir könnten uns auch vorstellen, daß die Höhe des Sockelbetrages von der Viehhaltung abhän­gig ist, weil natürlich bei der Veredelung ein höherer Arbeitsaufwand entsteht, als das in einem Betrieb der Fall ist, der nur ein Marktfruchtbetrieb ist und aus diesem Grund die ständigen Auf­wendungen nicht in diesem Ausmaß hat, sodaß wir in diesem Bereich gestalten können. Wir sind auch in Gesprächen mit unserem Koalitionspartner, mit der Sozialdemokratischen Partei, was diesen Bereich anlangt, bereits sehr weit gekommen; wir bekommen ihre Unterstützung. (Abg. Dr. Ofner: Wie beim Dieselöl!)

Auch die Vorschläge in der Agenda 2000 – nicht alles in der Agenda 2000 ist schlecht – betref­fend Erhöhung der Ausgleichszulage von derzeit 180 Ecu auf 200 Ecu möchte ich besprechen: Was bisher als Obergrenze pro Hektar gegolten hat, gilt in Zukunft als Durchschnitt einer Region. Wenn Österreich eine Region ist, wird dabei ein Spielraum entstehen, wodurch jene Be­trie­be, die unter schwierigen klimatischen, aber auch geographischen Voraussetzungen produ­zie­ren müssen, entsprechend unterstützt werden können.

Ich möchte einen weiteren Bereich hier hervorheben, und da gibt es in einigen Bundesländern Lösungsansätze, und zwar betreffend Erhaltung des Wegenetzes. Im Bundesland Salzburg gibt es bereits seit dem Jahre 1984 ein Wegerhaltungsgesetz, wodurch alle Gemeinden mit Hilfe des Bevölkerungsschlüssels, das heißt, gemessen an der Bevölkerungszahl, einen gleich hohen Betrag einzahlen, während die andere Hälfte das Land zahlt. Damit werden die Wege erhalten. Wir rechnen im Schnitt etwa mit einem Erhaltungsbeitrag von 25 000 S bis 30 000 S pro Kilo­meter Güterweg, den vielfach die Bauern noch selbst zahlen, während dieses Wegenetz aber der gesamten Bevölkerung zur Verfügung steht. Aus diesem Grund müßte es auch dazu in der nächsten Zeit einen wertvollen Beitrag geben, um zur Existenzsicherung dieser Bauern in be­nach­teiligten Regionen beizutragen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Gradwohl.)

19.42


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. Die Restredezeit Ihres Klubs beträgt 14 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.42


Abgeordneter Karl Smolle¦ (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod minister! Spošto­vane dame! Spoštovane gospodje! Visoki Dom! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich werde die einleitenden Worte in slowenisch bis ans Ende dieser Legislaturperiode und vielleicht auch noch in der nächsten wiederholen (Abg. Dr. Khol: Bei welcher Partei wirst du denn in der nächsten Periode sein?), sodaß es schön langsam sozusagen eine Selbstverständlichkeit sein wird, daß auch die Sprache unserer Volksgruppen hier im Parlament Heimat hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Es ist natürlich nicht sehr angenehm, nach zwei solch fulminanten Rednern anzutreten, noch dazu als relativer Anfänger in der Agrarpolitik. Aber wie Sie mich kennen, bin ich ein bißchen fleißig, ein bißchen mutig – und vor allem auch belehrbar und werde mir Ihre Debattenbeiträge im Ausschuß gut anhören.

Aber, meine Damen und Herren, ich bin auch sehr gut gebrieft von meinem Vorgänger Barmüller. Er hat gesagt: Halte dein kritisches Ohr offen! Du hast es, verwende es auch im Ausschuß! – Und das werde ich tun.

Meine Damen und Herren! Herr Minister! Es ist natürlich schön, wenn Herr Schwarzenberger erzählt, was alles in letzter Zeit, in den letzten zehn, 20, vielleicht 40 Jahren geschehen ist, vor allem unter der Führung der Österreichischen Volkspartei. Nur, meine Damen und Herren: Erklären Sie mir dann den Rückgang des bäuerlichen Einkommens! Erklären Sie mir die enorme Verteuerung der Betriebsmittel, die die Bauern nicht mehr bewältigen! Erklären Sie mir die ganze Problematik der Entsiedelung des ländlichen Raumes! Erklären Sie mir die Armut, die es teilweise auch bei den Bauern gibt, vor allem bei den älteren Bauern! Das alles müssen Sie mir erklären!

Beschäftigen Sie sich doch mit den Problemen! Ich habe das auch noch von seinerzeit in Erinnerung: Die ÖVP sang immer ein Loblied auf sich selbst, meine Damen und Herren. Das ist aber der falsche Weg. Man muß sehr kritisch sein, vor allem auch sich selbst gegenüber. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich bekenne mich dazu – auch als Mitglied des Liberalen Forums, das ist ganz klar –, daß wir darüber nachdenken müssen, wie wir den ländlichen Raum gestalten und wie wir dem Bauern helfen, dort zu bleiben, wo er sein will.

Meine Damen und Herren! Da gibt es doch das ausgezeichnete Modell des Liberalen Forums betreffend Grundsicherung. Es wäre ein erster mutiger Weg, zu sagen: Probieren wir es einmal mit dieser Berufsgruppe. Das ist eine gute Idee, eine vernünftige Idee. Beginnen wir, sie zu realisieren, damit der Bauer endlich davon wegkommt, das Gefühl zu haben, er sei immer von irgendwelchen Subventionen, von Förderungen und Entschädigungen abhängig. 50 Prozent – das wissen wir – muß der Bauer heute schon aus diesem Bereich lukrieren, damit er überleben kann, und er hat dabei kein gutes Gefühl, meine Damen und Herren. Wer ist gerne auf Förderungen angewiesen und gerne davon abhängig, daß freundliche Politiker in diesem Haus ihm etwas als milde Gabe gewähren und sozusagen auf den Tisch legen?

Es geht um die Einkommensicherung. Ein Weg dazu wäre die Grundsicherung. Es geht auch um die internationale Wettbewerbsfähigkeit, es geht auch ganz klar darum – und das sage ich wirklich eindeutig –, daß wir eine Buchführungspflicht für Landwirte erreichen müssen, und zwar nicht nur gegenüber dem Finanzamt, sondern damit die Landwirte auch sehen, wieviel Arbeitsaufwand dahintersteckt, diese so schwer erarbeiteten Erträge zu erzielen.

Es ist auch wichtig, den ländlichen Raum nicht in dieser Form zu betrachten: hier Bauer, dort Touristiker, da Gewerbetreibender, da Forstwirt, dort Gastwirt. Meine Damen und Herren! Wenn wir kein ganzheitliches Konzept für den ländlichen Raum entwickeln, können wir „zusperren“. Wir retten den Bauern nicht allein. Wir retten auch den Tourismus nicht allein, sondern: Wir können das nur als gesamtheitliches Konzept durchsetzen. (Beifall beim Liberalen Forum.) Das muß einmal in Ihre Köpfe hinein! Hören Sie auf, Lobbyismus zu betreiben! Kümmern Sie sich vielmehr um den ländlichen Raum, denn im ländlichen Raum gibt es, wie wir wissen, viele Probleme.

Ich möchte aber diese Gelegenheit auch dazu nützen, auf ein ganz prekäres Problem hinzu­weisen. Wie Sie wissen, ist vor allem die ländliche Bevölkerung – und ich spreche da vor allem von Kärnten – enorm belastet durch die neuen Kanalprojekte, die als große zentralistische Idee geboren wurden, vor allem von den Sozialdemokraten. Man transportiert sozusagen – entschul­di­gen Sie diesen Ausdruck! – den Dreck kilometerweit in eine zentrale Kläranlage.

Es wäre eindeutig möglich, kostengünstige, wesentlich kostengünstigere, vor allem auch für die Bauern und die ländliche Bevölkerung, kleinere Lösungen zu suchen. Können Sie sich vor­stellen, daß in der Gemeinde Eisenkappel, in Kärnten, ein Kanalanschluß eine halbe Million Schilling kostet? Können Sie sich das vorstellen? Zeigen Sie mir den Bauern, der so viel Geld zur Verfügung hat, daß er sich einen Anschluß zu einem Kanal leisten kann! Das sind ja unsinnigste Sachen! Und das alles unter dem Vorwand des geltenden Wasserrechtsgesetzes.

Meine Damen und Herren! Da müssen wir wirklich neue Gedanken entwickeln. Es geht nicht auf dem alten ÖVP-Weg weiter. Es hat natürlich auch keinen Sinn, was die FPÖ macht, die alle paar Wochen irgend etwas lizitiert und sagt: Hoffentlich kriegen wir ein paar Stimmen bei den nächsten Wahlen! – Die Bauern sind der FPÖ Wurscht.

Auf die ÖVP kann man nur noch mit einem halben Ohr hören. Die Freiheitlichen kann man in die­sem Bereich überhaupt vergessen, denn ihnen geht es nur um Stimmenfang. (Abg. We­nitsch: Was? Kollege! Sie haben noch nie in Ihrem Leben gearbeitet!) Sie vergessen ja die Bau­ern bis zur nächsten Wahl! (Abg. Wenitsch: Ich bin selber Bauer! Ich habe in meinem Leben sicher mehr gearbeitet als Sie! Was bilden Sie sich eigentlich ein!) Bis zur nächsten Wahl vergessen Sie die Bauern, das ist ganz klar.

Meine Damen und Herren! Beginnen wir, den ländlichen Raum ... (Abg. Wenitsch: Sie haben in Ihrem Leben noch nie gearbeitet, bitte!) – Aber reden Sie nicht! Da waren Sie noch ohne Hosen, habe ich schon mit Pferd und Pflug geackert, nämlich nach dem Krieg! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber: Ein Dankeschön für das Kompliment betreffend meine Jugend, Herr Kollege. Da hat es Sie noch nicht gegeben, habe ich schon mit dem Pferd am Feld gearbeitet, das möchte ich Ihnen nur sagen. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Wenitsch.) Ich rede nicht vom Wetter. Ich habe am Feld gearbeitet. Ja, auch ich war ein Bauernbub wie viele von uns hier, und ich weiß, wovon ich rede. (Abg. Wenitsch: Jaja!)

Abschließend, Herr Minister, möchte ich Sie bitten: Geben Sie mir ein paar Wochen Zeit zum Lernen, ich bin ein sehr lernfähiger, lernbereiter Mensch. Aber nehmen Sie zur Kenntnis: Sie werden einen sehr kritischen Begleiter des Liberalen Forums in meiner Person haben! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Wenitsch: Das glaub’ ich!)

19.50


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradwohl. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.50


Abgeordneter Heinz Gradwohl¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zu dem zur Debatte stehenden Bericht haben meine Vorrednerinnen und Vorredner bereits Stel­lung genommen. Ich möchte mich den Ausführungen des Kollegen Schwarzenberger betreffend Sockelbetrag anschließen. Die diesbezüglichen Verhandlungen sehen auch wir sehr positiv. Die Notwendigkeit für unsere ländliche Region und für unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft kann ich von dieser Stelle aus nur unterstreichen. Ich bin überzeugt davon, daß wir in absehbarer Zeit auch entsprechende Maßnahmen setzen können, um den ländlichen Raum lebenswert und liebenswert zu erhalten.

Meine Damen und Herren! Zurück zum Grünen Plan, der eine Kurzauflistung der Verwendung der Budgetmittel im Agrarbereich darstellt. Besonders herausgreifen und auch lobend erwähnen möchte ich, sehr geehrter Herr Bundesminister, Ihre Gesprächsbereitschaft und Diskussions­be­reit­schaft und -fähigkeit, aber auch die Fähigkeit, Andersdenkende anzuhören, deren Meinun­gen zu diskutieren und durchaus auch darauf einzuschwenken.

Herr Bundesminister! Ich zitiere aus einer Zielsetzung, die auch aus dem Bericht des Aus­schusses für Land- und Forstwirtschaft hervorgeht: „Österreich wird in der EU darauf hinwirken, daß bei der Konzeption von Agrarförderungen verstärkt soziale Kriterien Berücksichtigung fin­den.“ – Diese Formulierung auch im Ausschußbericht stellt einen klaren Beweis für die Richtig­keit unserer bisherigen Thesen dar. Ich bin sehr froh darüber, daß wir heute in dieser Einig­keit dieses Thema behandeln – 1995 hat es noch ein wenig anders ausgeschaut –, und ich bin zuversichtlich: Wir sind damit auf dem richtigen Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darüber hinaus befinden wir uns damit international gesehen in äußerst guter Gesellschaft. Nicht nur durch die nationalstaatlichen Möglichkeiten, die mit dem Landwirtschaftsgesetz 1997 beziehungsweise mit dem ÖPUL 1998 geschaffen wurden, haben wir diesen Weg schrittweise in diese Richtung fortgesetzt und damit auch zur Erhaltung des ländlichen Raumes, des lebendigen Landes am Land beigetragen, sondern auch auf inter­nationaler Ebene gibt es dazu Positionierungen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aus einer APA-Aussendung von gestern zitieren, in der zu lesen ist, daß Europaparlamentarier die Kleinbauern schützen wollen. Und weiters heißt es: Ausgleichszahlungen sollten den weniger wettbewerbsfähigen Betrieben helfen, ihre Anpas­sungs­schwierigkeiten abzubauen. – Zitatende.

Das ist ein weiterer Beweis dafür, daß wir uns auch in Europa auf dem richtigen Weg befinden, ja ich behaupte sogar, daß wir Vorreiter für diesen Weg waren. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir diesen Weg gemeinsam weitergehen, so werden wir auch die positiven Dinge, die in der Agenda 2000 enthalten sind, für unsere klein­strukturierte Landwirtschaft nutzen, umsetzen können und damit das Land, den ländlichen Raum lebendig erhalten.

Aber nicht nur in EU-Staaten, sondern auch in europäischen Staaten, die nicht Mitglieder der Europäischen Union sind, werden diese Wege beschritten, die von uns vorgeschlagen und in Dis­kussion gebracht wurden. Ich zitiere etwa aus der „Neuen Zürcher Zeitung“ von gestern, daher absolut aktuell. Da ist unter dem Titel „Kein Bundesgeld für reiche Bauern“ die Ober­grenze beschrieben. – Da heißt es: „Bauern sollen künftig keine Direktzahlungen mehr erhalten, die zu einem Einkommen von mehr als 120 000 Franken führen.“ – Ende des Zitats.

Damit haben wir wiederum eine Bestätigung dafür, daß diese Diskussion über Obergrenzen, die wir seit einigen Jahren führen, durchaus nicht nur innerhalb der EU, sondern auch bei Nicht-EU-Mitgliedern bereits Fuß gefaßt hat und zu greifen beginnt.

Daher abschließend noch einmal: Hochachtung, Herr Bundesminister, für Ihre Haltung, für die Diskussionsbereitschaft und für die Fähigkeit, andere Meinungen zu akzeptieren, aufzugreifen und gemeinsam zur Umsetzung zu bringen. Aber – wie sollte es anders sein –: Ich ersuche Sie gleichzeitig, auch zukünftig diesen gemeinsamen Weg, den wir eingeschlagen haben, fortzu­setzen und weiterzutreiben. Ich bin überzeugt davon, daß wir dann mit unserer österreichischen Agrargestaltung, mit unseren kleinstrukturierten Bauernhöfen das Überleben in Europa und vor allem auch auf dem Weltmarkt sichern können. (Beifall bei der SPÖ.)

19.56


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wenitsch. Maxi­male Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

19.56


Abgeordneter Robert Wenitsch¦ (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Kollege Schwarzenberger, Sie haben vorhin gesagt, Sie wollen die europäische Land­wirt­­s­chaftspolitik weiterentwickeln. Wissen Sie, worauf die europäische Landwirtschaftspolitik setzt? – Erstens: auf mehr Stillegungsflächen; 12 Prozent werden von Experten der Kommission an­ge­fordert. Sie wollen damit eine Politik unterstützen, die auf brutalen Raubbau an der Umwelt setzt – des Bauern höchstem Gut –, die auf Agrarindustrie und Gentechnik setzt. (Abg. Schwar­zenberger: Sie leben in der Vergangenheit!)

Das wollen Sie fördern, Herr Kollege Schwarzenberger! Ihre Larve ist vom Gesicht. Sie wollen mit Ihrem Stillhalten im Zusammenhang mit der Vorsteuerpauschale – damit die Bauern endlich den Schaden, der ihnen entstanden ist, rückvergütet bekommen – die Bauern hinhalten und sie damit auf Umwegen in die Buchhaltung zwingen. Das ist ja ganz interessant, Herr Kollege! Die Bauern werden sicher „Freude“ damit haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Smolle! Wir haben uns über Sie sehr geärgert! Sie behaupten, daß die Freiheitlichen es mit den Bauern schlecht meinen. – Ich bin selbst Bauer, Herr Kollege, und von der Land­wirt­schaft verstehe ich bestimmt mehr als Sie, das können Sie mir glauben! Ich habe auch be­stimmt in der Landwirtschaft schon mehr gearbeitet als Sie! Und das lasse ich mir von Ihnen nicht bieten! Das möchte ich Ihnen deutlich sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Smolle.)

Herr Minister! Die Bauern leiden darunter, daß die degressiven Ausgleichszahlungen auslaufen und Entlastungen auf dem Betriebsmittelsektor von Ihnen in den letzten vier Jahren nicht herbei­ge­führt werden konnten. Die Bauern leiden nach wie vor, ja sogar mehr denn je – das traue ich mir zu behaupten – unter einer ausufernden Bürokratie. Sie stöhnen unter dem Joch der Gewer­be­ordnung, die Sie mit entworfen haben, Herr Minister, und Sie geben den Bauern mit diesen ungleichen Wettbewerbsbedingungen in Österreich keine Chance mehr für die Zukunft.

Herr Minister! In meinen Augen sind Sie dafür verantwortlich, daß in Österreich die Bauern massenhaft von ihren Höfen getrieben werden. Sie haben dieses Bauernsterben in Österreich zu verantworten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.58


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Horngacher. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.58


Abgeordnete Katharina Horngacher¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Grüne Plan, über den wir jetzt diskutieren, beinhaltet Maßnahmen für die Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1999.

Da sich die Koalitionsregierung 1996 zu einer bäuerlichen, leistungsfähigen Landwirtschaft in Richtung einer ökologischen und sozial verträglichen Bewirtschaftung bekannt hat, ist der Weg eigentlich vorgezeichnet: Wesentliche Elemente dieses Programmes sind die Maßnahmen für Verkehrserschließung im ländlichen Gebiet, und das ist für uns in Tirol besonders wichtig. Denn man muß natürlich schon beachten, daß eine Straße in der Stadt eine Selbstverständlichkeit ist, während der Weg zu vielen Höfen auf dem Land erst gebaut werden muß. Dazu sind Eigen­leistungen der Bauern notwendig, die eben erbracht werden müssen.

Österreich ist ein Land mit einem hohen Anteil an Berggebieten. Daher ist die Aufrechter­haltung der Bewirtschaftung auch aus ökologischen Gründen vordringlich. Die kleinstrukturierte Land­wirtschaft, besonders im Berggebiet, ist zu einem großen Teil auch auf Neben- und Zuer­werb angewiesen. Die Bauern sind diesbezüglich ja sehr kreativ. Sie bieten beispielsweise Urlaub am Bauernhof an und schaffen die verschiedensten Einkommenskombinationen.

Eine wesentliche Maßnahme aber für die Bauern ist die Verbesserung des Maschinen- und Be­triebs­hilferinges. Sie müssen sich einmal vorstellen: Wenn der Bauer oder die Bäuerin erkrankt, ist selten eine Ersatzkraft vorhanden. Deshalb muß man ein Netz aufbauen – dieses haben wir zum Teil schon aufgebaut –, sodaß man Ersatzkräfte bekommt.

Wenn man das weiterspinnt – und das wollen wir –, dann soll man dieses Netz auch nützen kön­nen, wenn der Bauer und die Bäuerin einmal auf Urlaub gehen, denn das gehört heute zur Lebens­qualität. Einem jungen Bauern oder einer jungen Bäuerin sagen zu müssen, er be­zie­hungsweise sie müsse von nun an 365 Tage im Jahr von morgens bis abends im Stall arbei­ten, ohne einmal wegzufahren, ohne einmal Urlaub machen zu können, ist keine schöne Aus­sicht. Darum ist der Aufbau dieses Netzes sehr notwendig, denn auch die Bauern wollen – wie alle anderen auch – an der Wohlstandsentwicklung teilhaben können. Wir von der ÖVP wollen einen leistungsfähigen Bauernstand erhalten.

Beim kommenden österreichischen EU-Vorsitz wird es wichtig sein, daß unser Bundesminister Molterer Lösungen für eine flächendeckende Landwirtschaft erarbeitet, denn diese ist heute im Berggebiet bereits gefährdet. Die besondere Situation der Bergbauern muß berücksichtigt wer­den. Wenn die § 7-Kommission zur Empfehlung kommt, die bäuerlichen Familien vor weiteren sozialen Belastungen zu bewahren, möchte ich aber darauf hinweisen, daß dadurch die soziale Absicherung zumindest nicht verschlechtert werden darf. Für die bäuerlichen Familien ist es wichtig, ein vergleichbares soziales Netz zu haben – wie andere Familien eben auch. (Zwischen­ruf der Abg. Aumayr.)

Frau Aumayr, es ist doch wohl eine gewaltige Verbesserung, daß die Bauern mit ihrem Kranken­schein vom 20prozentigen Selbstbehalt befreit sind und nur noch die Krankenscheingebühr bezahlen müssen. (Abg. Aumayr: Die Bäuerinnenpension ist auch ...!)

Die Bäuerinnenpension ist etwas, wo unbedingt eine Übergangsfrist von fünf Jahren nötig ist. Dafür werden uns wir von der ÖVP weiterhin einsetzen. Aber bei der Beschlußfassung über die Bäuerinnenpension habt ihr von den Freiheitlichen gar nicht mitgestimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein zentrales Anliegen ist es natürlich, die Ausgleichszahlungen durch einen Sockelbetrag zu ergänzen. Das haben meine Vorredner schon gesagt, das ist eine lebenswichtige Sache für die Bauern.

Frau Aumayr! Eine Agrarpolitik der Freiheitlichen ist für mich nur schwer erkennbar. Allzu oft schon habe ich erlebt, daß ihr eure Politik danach ausrichtet, wie die letzte Meinungsumfrage war (demonstrativer Beifall des Abg. Smolle) – und das ist mir für solch eine kleine Berufs­grup­pe, wie es die Bauern sind, zu kritisch und viel zu riskant. (Abg. Aumayr: Sie vernichten sie mit Ihrer Politik! Sie vernichten den Bauernstand!)

Zu den Ausführungen des Herrn Smolle möchte ich noch folgendes sagen: Eine Grund­siche­rung wäre schön. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Aumayr.) Der Bauer will wirtschaften kön­nen. Er möchte einen bestimmten Preis für seine Produkte. Er will wirtschaften und zugleich Bauer bleiben können. Grundsicherung wird ihm nämlich dann wieder als Subvention vorge­rechnet werden. (Abg. Mag. Barmüller: Sie verlangen das selber! Sie verlangen einen Sockel­betrag!) So ist es – und das wollen wir nicht. (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Wir wollen in Österreich auch weiterhin wirtschaftende Bauern haben. (Beifall bei der ÖVP.)

20.03


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Koller. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Aumayr – in Richtung des Abg. Smolle –: Auf Ihr Niveau sind wir wirklich gespannt! Ein „hohes“ Niveau!)

20.03


Abgeordneter Franz Koller¦ (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Der Grüne Plan – beziehungsweise die Maßnahmen für die Landwirtschaft, die wir heute hier behandeln – ist ähnlich wie im Vorjahr: Er ist dünn, enthält keine Zahlen, kein Programm für die Zukunft, die eigenen Vorgaben werden nicht eingehalten, und die Forderungen der § 7-Kommission werden nicht erfüllt.

Herr Minister! Warum nützen Sie nicht den nationalen Spielraum, um die Ausgleichszahlungen zu kompensieren? – Sie haben sich bei den Budgetverhandlungen vom Finanzminister über den Tisch ziehen lassen. Ergebnis: 1,1 Milliarden Schilling weniger. Mit der Anhebung der Mehrwert­steuer und der Wiedereinführung der Mineralölsteuerrückvergütung könnten den Bauern 3 Milli­arden Schilling im Jahr zurückgeführt werden.

Herr Minister! Die Aussage des steirischen Agrarlandesrates Pöltl in der heutigen Ausgabe der „Kleinen Zeitung“ sagt wohl alles aus: Markt zeigt Bauern sein bitteres Gesicht. Der Agrarlan­des­rat sieht in der Hinwendung zur Marktwirtschaft dennoch die einzige Möglichkeit für die Landwirtschaft.

Was heißt das? – Wachsen und weichen! Das Bauernsterben wird munter weitergehen. Das ist Ihre Politik, Herr Minister. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.05


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Grabner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Kurz und bündig kriegt es heute der Herr Minister!)

20.05


Abgeordneter Arnold Grabner¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Der Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen zur Förderung der Land- und Forstwirtschaft zeigt, daß Österreich nationale Fördermaßnahmen gemeinsam mit EU-För­dermaßnahmen und EU-Marktförderungsmaßnahmen umsetzen kann. Was man beson­ders bemerken muß, ist, daß die Bundesregierung dabei Kriterien berücksichtigt hat, die im Sinne einer sozialen, ökologischen Agrarförderung sind.

Meine Damen und Herren! Diese Maßnahmen zeigen, daß sich Österreich dafür einsetzen wird, daß diese Förderungen auch innerhalb der EU umgesetzt werden. Diese Berücksichtigungen sind nach Meinung der sozialdemokratischen Fraktion sehr wichtig, um die Leistungsfähigkeit und den Bestand unserer bäuerlichen Betriebe zu erhalten, und das ist meiner Ansicht nach von großer Bedeutung. In Zukunft wird es unerläßlich sein, durch diese Förderung einen Anreiz zu geben, um verschiedene Entwicklungen innerhalb der bäuerlichen Betriebe zu ermöglichen. Das ist deshalb so wichtig, meine Damen und Herren, damit sich die Betriebe neue Marktchancen im internationalen Wettbewerb erschließen können.

Der vorliegende Bericht enthält zweifellos die Umsetzung des Regierungsübereinkommens vom 11. März 1996. Dieses beinhaltet die Zielsetzung der gerechten Verteilung der Fördermittel und der Ökologisierung der Landwirtschaft für einen breiten Raum. Rund um die Auseinander­setzung um die Diskussion im Zusammenhang mit der Verbesserung des ÖPUL und der Frage, ob Sockelbeträge und Förderungsobergrenzen eingeführt werden sollen, sind noch hochinteres­sante Stellungnahmen zu erwarten.

Der Bericht der Bundesregierung – der Grüne Plan –, meine Damen und Herren, ist unserer Mei­nung nach positiv zu beurteilen. Deshalb wird unsere Fraktion diesem Bericht auch die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

20.07


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Klein. 2 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Schwarzenberger: Geben Sie ihr mehr! Für eine „Jungfernrede“ sind 2 Minuten wenig!)

20.07


Abgeordnete Anneliese Klein¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Seit Jahren ist eine Verschlechterung der Einkommenssituation der Bauern festzustellen. Es ist bekannt – das ist dem Grünen Plan 1996 zu entnehmen –, daß es zu einem Rückgang der bäuer­li­chen Einkommen um 7 Prozent pro bäuerlichem Arbeitsplatz gekommen ist und es um 8 000 Arbeitsplätze weniger als im Jahr davor gibt. – Aber weiterhin verteidigen die Vertreter der Regierungsparteien vehement ihre Landwirtschaftspolitik.

In einer Zeit, in der die Bauern massive Einkommensverluste hinnehmen müssen, werden unse­ren Bauern weitere Belastungen wie etwa die Erhöhung der Sozialversicherung aufge­bürdet. Ist das die Landwirtschaftspolitik, die Sie weiterhin betreiben wollen, Herr Minister? – Ihre Agrar­politik hat dazu geführt, daß Tausende Arbeitsplätze auf Bauernhöfen vernichtet wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch der vielfach versprochene Bürokratieabbau ist bis jetzt ausgeblieben. Während die Zahl der Bürokraten, die die Bauern in unserem Land verwalten, immer größer wird, wird die Zahl der Bauern hingegen immer geringer. Dies zeigt auch das Agrarbudget, in dem 3 Milliarden Schilling weniger für die Bauern, aber fast 60 Beamte mehr im Ministerium vorgesehen sind. Wollen Sie so die Arbeitsplätze der Bauern sichern? – Wir Freiheitlichen treten für eine Agrarpolitik ein, bei der die Arbeitsplätze auf den Bauernhöfen gesichert werden – und nicht jene an den Schreib­tischen im Ministerium! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch die Kosten für Betriebsmittel sind im Jahre 1996 um rund 3,4 Prozent gestiegen. Dies ge­schah durch höhere Treibstoffpreise, Verteuerung bei Maschinen und Geräten, gestiegene Ver­wal­tungs­kosten und vor allem auch, weil die den Bauern versprochene Mehrwertsteuer­anpas­sung nicht durchgeführt wurde, obwohl das den Bauern im Europavertrag versprochen wurde. Dies ist jedoch bis heute nicht umgesetzt worden.

Eine weitere Belastung für die Bauern wurde durch das AMA-Gesetz geschaffen, welches Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, beschlossen haben. Da sich der Handel weigerte, weiterhin Agrarmarketingbeiträge bei Wein, Obst und Gemüse einzuheben, haben Sie den Obst-, Gemüse- und Kartoffelbauern – so wie Sie es bei den Weinbauern ge­macht haben – Beiträge auferlegt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie haben im Bereich des Weinbaus die Einhebung von 750 S pro Hektar Weingartenfläche veranlaßt; genauso wie 15 Groschen je Liter Wein – unabhängig davon, ob man dieses Produkt vermarkten kann oder es für den eigenen Gebrauch verwendet. Es wird auch nicht unterschieden, ob der Wein gela­gert wird oder nicht. Man hat die Flächensteuer trotzdem zu bezahlen. (Abg. Schwarzböck: ... informieren Sie sich!) Es zeigt sich also, daß auch im Bereich des Weinbaus in den letzten Jahren eine verfehlte Agrarpolitik der Regierungsparteien betrieben wurde, die für viele Wein­bauern das Ende bedeutet – und noch bedeuten wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen werden uns weiterhin für das Wohl der Bauern einsetzen. Ich fordere Sie daher auf: Beenden Sie die massiven Belastungen der Bauern! Das haben unsere Bauern nicht verdient! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.11


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.11


Abgeordneter Jakob Auer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mir ist bewußt, daß mir die knapp bemessene Redezeit einige Schwierigkeiten bringen wird, dennoch muß ich mit einigen Sätzen auf die Ausführungen einer Vorrednerin, nämlich die der Kollegin Aumayr, eingehen.

Daß es mit der Objektivität der Frau Kollegin Aumayr nicht sehr weit her ist, ist ja bekannt. Daß es mit dem Wissen um die Agrarpolitik auch nicht sehr weit her ist, ist auch bekannt. Daß es mit der Wahrheit von politischen Aussagen auch schon manche Schwierigkeiten gegeben hat, ist eben­falls bekannt. (Abg. Aumayr: Zum Beispiel?) Aber bis heute habe ich nicht gewußt, daß sie nicht einmal das lesen kann, was ich gesagt habe. Es wäre nämlich wünschenswert nachzu­lesen, was ich tatsächlich zum Dieselpreis gesagt habe.

Ich habe bei der Budgetdebatte ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es wichtig wäre, die Treibstoffpreise, die Betriebsmittel zu verbilligen. Das kann man nachlesen! Das steht drinnen! Bitte nachlesen! Aber – so sagte ich – die Verbilligung hinsichtlich der 3 000 Liter Dieselöl pro Betrieb, die sich ergäbe, wäre vernachlässigbar. Ich sagte weiters, wir sollten uns wichtigeren Din­gen zuwenden – obwohl dieses Thema wichtig ist, gar keine Frage.

Ich habe nie das Wort „Peanuts“ verwendet, Frau Kollegin Aumayr! Suchen Sie es doch im Protokoll! (Abg. Aumayr: Das habe ich auch nicht behauptet!) Dann sagen Sie das zumindest objektiv, wenn Sie schon nicht in der Lage dazu sind, das wiederzugeben, was ich gesagt habe. Lesen Sie es zumindest vor, dann wäre Ihnen schon geholfen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwemlein.)

Unbestritten – und das wiederhole ich zum x-ten Male – ist: Mir ist ein Bundesminister Molterer dreimal lieber als Ihre Agrarpolitik! Lesen Sie Ihre eigenen Kärntner Agrarprogramme – das wäre wünschenswert –, in denen Sie genauso von Marketingbeiträgen und anderem daherfa­bu­lie­ren! Sie brauchen uns nicht vorzuhalten, daß die AMA-Beiträge quasi den Tod der Bauern verursachen würden.

Es ist wichtig, daß es uns gelingt, Marken aufzubauen. Es ist weiters wichtig, daß es unseren Bauern möglichst gelingt, ihre Produkte auf den Märkten zu positionieren. Und es ist ebenfalls wichtig, daß die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen vorgibt und nicht einen derarti­gen Zickzackkurs fährt, den uns die Freiheitliche Partei hier täglich vorzeigt, genauso wie das in ihrem eigenen politischen Lager der Fall ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.14


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Aumayr zu Wort gemeldet. Maximale Redezeit: 2 Minuten. Die Geschäftsord­nungs­bestimmungen sind bekannt. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Jetzt erzählt sie uns, daß sie lesen kann! – Abg. Auer: Wörtlich vorlesen!)

20.14


Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr¦ (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Kollege Auer hat fälschlicherweise hier vom Rednerpult aus behauptet, ich hätte ihn falsch zitiert, weil ich nicht in der Lage sei, sozusagen richtig vom Blatt zu lesen. (Abg. Schwarzenberger: Ich berichtige, daß ich lesen kann!) Als Beweis dafür hat er angeführt, daß ich einen Ausdruck gebraucht habe, und zwar „Peanuts“.

Herr Kollege Auer! Ich berichtige tatsächlich: Ich habe aus Ihrer Rede aus dem Stenographi­schen Protokoll wortwörtlich vorgelesen: Das Ergebnis gäbe ein Ersparnis bei 3 000 Litern ... (Abg. Auer: Vorne anfangen!) – Ja bitte, ich fange an. (Abg. Auer: Oben anfangen! Oben anfan­gen!)

Ich zitiere: „Nehmen wir nun an, daß eine Verbilligung von 3 bis 4 S pro Liter möglich ist, was durchaus wünschenswert und vielleicht auch notwendig wäre. Das ergäbe ein Ersparnis von 3000, ja 12 000 und 15 000 S, wenn es sich um einen etwas größeren Betrieb handelt. Diesen Betrag kann man bei der jetzigen Preissituation bei anderen Produkten, zum Beispiel bei einer Par­tie Mastschweine, leicht verspielen. Daher, so meine ich, sollten wir uns wesentlicheren Dingen zuwenden ...“

Herr Kollege Auer! Das haben Sie wortwörtlich gesagt. „Peanuts“ war nur meine zusätzliche Bemerkung dazu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.16


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Aus dem Protokoll zitiert! – Abg. Schwarzenberger: War das eine tatsächliche Berichtigung?)

20.16


Abgeordneter Emmerich Schwemlein¦ (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Lieber Kollege Georg Schwarzenberger, es ist nicht entscheidend, ob das jetzt eine tatsächliche Berichtigung war oder nicht, sondern es war zumindest für uns das erstmalige Erlebnis, daß Kollegin Aumayr – wenigstens von der Technik her – in der Lage ist, zu lesen. Das ist ja auch schon eine positive Erfahrung! Diesen einen Teil hat sie damit erfüllt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben im Zuge dieser Debatte, und zwar mehrmals, die Prä­ambel dieses Berichtes gehört. Diese Präambel zielt darauf ab, daß es uns darum gehen muß, die Erhaltung der bäuerlichen Familienbetriebe zu sichern. (Abg. Aumayr: Er liest auch nur ab!) Das ist an und für sich von der Zielsetzung her durchaus positiv und auch wünschenswert. Wie schaut aber die Realität aus?

Herr Bundesminister! Vorhin hat ein freiheitlicher Redner gesagt, die Zahl der landwirtschaftli­chen Betriebe sei dramatisch zurückgegangen. Ich hingegen habe gehört, in Salzburg sei das – zum Glück! – nicht der Fall gewesen. Dort betrug die Veränderung offensichtlich 3 Prozent, was ich vom Präsidenten der Landwirtschaftskammer gehört habe. (Abg. Schwarzenberger: 1 Pro­zent in drei Jahren!) Tatsache aber ist, daß es uns allen darum gehen muß, unter welchen Vor­aussetzungen es möglich ist, diese Betriebe zu erhalten.

Wenn man liest, wie sich die Einkommensentwicklung in den letzten Jahren darstellt, dann sieht man, daß das schon Besorgnis bei uns allen hervorrufen sollte. In den Jahren 1994 bis 1996 ist der Einkommensabstand zwischen Bergbauern und Nicht-Bergbauern wieder um 21 Prozent gestiegen, zwischen Bergbauern der Zone 4 und Nicht-Bergbauern sogar um 23 Prozent.

Ein weiteres Beispiel dazu: Es gibt über 80 000 landwirtschaftliche Betriebe in der Förde­rungs­kategorie zwischen 0 S und 50 000 S, das heißt, diese über 80 000 Betriebe bekommen eine durchschnittliche Förderung von gut 22 000 S, aber es gibt nur 2 000 landwirtschaftliche Betrie­be mit einer durchschnittlichen Förderung, die zwischen 600 000 S und über 1 Million Schilling liegt.

Herr Bundesminister! Ich meine, diese Mittelverteilung ist nicht gerecht. So wie es mein Kollege Gradwohl ja bereits gesagt hat, hoffe auch ich, daß die Signale weiter in die Richtung gehen, daß man zu einer sozial gerechteren Verteilung der Mittel kommt und nicht darauf bedacht ist, die Einkommen der Bauern ausschließlich über die Produktion sicherzustellen – denn das ist nicht möglich.

Wir müssen uns auch gleichzeitig darum bemühen, daß auf alle Fälle junge Menschen verstärkt Qualifizierungmaßnahmen erfahren, denn nur dann haben sie eine Chance, sich in der äußerst schwierigen Situation zu behaupten, in der sie sich befinden, und ihre Betriebe – vor allem die elterlichen Betriebe – auch in Zukunft erhalten zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

20.19


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Frei­willi­ge Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.19


Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl¦ (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich mich als Nicht-Landwirt in der heutigen Debatte zu Wort melde, möchte ich damit unterstreichen, daß die Erhaltung des ländlichen Raumes das Anliegen aller sein muß! (Beifall bei der ÖVP.)

Immerhin lebt der Großteil der österreichischen Bevölkerung außerhalb der großen Städte; in der Steiermark sind das nahezu 70 Prozent.

Der ländliche Raum ist dann in Gefahr, wenn es nicht gelingt, die bäuerlichen Existenzen auf Dauer zu sichern, denn nur der Bestand der landwirtschaftlichen Existenzen wirkt der Abwan­de­rung entgegen und stellt sicher, daß das Land nicht im wahrsten Sinne des Wortes zuwächst.

Wir von der ÖVP stellen nicht nur das Überleben der Kulturlandschaft, sondern das Überleben der darin lebenden Menschen in den Mittelpunkt unserer Bemühungen. Frau Kollegin Klein, Sie müssen vorsichtig sein mit Versprechungen, jeden Arbeitsplatz in der Landwirtschaft sichern zu wollen. (Abg. Schwarzenberger: Das ist ein Wahlversprechen!) Dieses Versprechen könnte Sie in Zukunft sehr teuer kommen, wenn es nämlich als Wahlversprechen ausgelegt wird. (Heiter­keit und Beifall bei der ÖVP.)

Zu Recht wird heute vielfach gefordert, daß sich auch der Bauer dem Markt stellen muß. Viele Bauern sind dazu auch bereit, auch wenn ihnen der Markt, wie Pöltl heute in der „Kleinen Zeitung“ meint, zurzeit ein „bitteres Gesicht“ zeigt. Was wir aber tun können, ist, unseren Bauern die gleichen Bedingungen zu bieten, wie sie in anderen Ländern der EU geboten werden. Ich appelliere an alle Fraktionen – an alle Fraktionen in diesem Hause! –, alles zu tun, um unsere Bauern in der EU wettbewerbsfähig zu machen! (Beifall bei der ÖVP.)

Als Vertreter einer 5b-Region bin ich sehr stolz auf viele Initiativen, die beweisen, daß der länd­liche Raum bereit ist, den Herausforderungen der Zeit zu begegnen. Ich nenne in diesem Zu­sam­menhang etwa gemeinsame Projekte von Landwirtschaft und Gewerbe, den Qualitäts­schlachthof in Weiz, das ALMO-Projekt, die professionelle Nutzung der Bioenergie für Fernwär­me­projekte, ich denke aber auch an die Initiative steirischer „Kraftspendedörfer“, an die zahlrei­chen Tourismus-Leitprojekte oder einfach, Hannes Zweytick, an die Erfolgsstory des steirischen Weinbaues. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gilt, die angebotenen EU-Mittel bestmöglich zu nutzen, und ich möchte in diesem Zusam­men­hang ausdrücklich die Leistungen der ILE-Berater der Landwirtschaftskammern hervorhe­ben: Sie leisten wirklich ausgezeichnete Arbeit, und ich möchte ihnen für diese Arbeit im Interesse des ländlichen Raumes sehr, sehr herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich gebe zu: Unsere Bauern in der Oststeiermark haben Sorgen, Sorgen im Zusammenhang mit der Osterweiterung und Sorgen im Zusammenhang mit der Agenda 2000. Ich weiß aber, daß diese Bauern bei unserem Bundesminister Molterer und bei den kampfbewährten Bauern­vertretern in guten Händen sind. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Meisinger.)

Die Erhaltung des ländlichen Raumes ist eine Frage, die uns alle angeht, und es ist daher mit aller Vehemenz zu fordern, daß mehr Strukturmittel in strukturschwache Gebiete des ländlichen Raumes gelangen. Ich möchte von dieser Stelle aus betonen: Der Finanzausgleich, wie er der­zeit in Österreich gehandhabt wird, ist ungerecht! Es verstehen kleine Gemeinden, die große Aufgaben haben, nicht, daß sie für einen Einwohner 7 800 S, große Städte aber 15 500 S aus gemeinschaftlichen Bundesabgaben erhalten sollen.

Erlauben Sie mir zum Abschluß, ein Zitat zu bringen, das 100 Jahre alt ist.

„Ich würde als Gesetzgeber das Wachstum der Städte möglichst erschweren, das Leben auf dem Land möglichst begünstigen. Ich würde nicht Unterrichtsanstalten, Kasernen, Kranken­häuser, Fabriken, Kunstinstitute, Behörden usw. in eine Stadt konzentrieren, sondern all derlei im Land möglichst verteilen.“ (Zwischenruf der Abg. Aumayr.) – Das war ein Zitat von Peter Rosegger aus dem Jahre 1998 – 100 Jahre alt! (Heiterkeit.) Ich habe dem nichts hinzuzufügen. (Abg. Schrefel: 1898!) – Ich danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

20.24


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kampichler. Redezeitbeschränkung: gleichfalls 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.24


Abgeordneter Franz Kampichler¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Kapitel des Grünen Planes für das Jahr 1999 ist dem Thema Ver­kehrs­erschließung in ländlichen Gebieten gewidmet, ein wichtiger Bereich, der zur Über­lebens­frage im ländlichen Raum werden kann.

Für landwirtschaftliche Betriebe oder für Streusiedlungen in benachteiligten, entlegenen Gebie­ten ist eine zeitgemäße Verkehrserschließung von enormer Bedeutung. Bewohner von Ballungs­zentren haben kaum Vorstellungen davon, unter welch schwierigen Bedingungen in solchen Gebieten Menschen zur Arbeit oder Kinder zur Schule kommen. Der Wegebau ist deshalb vordring­lichstes Anliegen in ländlichen Gemeinden.

Mit Unterstützung des Landes, des Bundes – und in 5b-Zielgebieten auch durch die EU – wer­den jährlich allein in Niederösterreich 300 bis 400 Kilometer an Güterwegen zur Aufschließung der Regionen gebaut. Für 1999 sind in meinem Bundesland für 5b-Gebiete Fördermittel des Bundes in Höhe von 264 Millionen Schilling vorgesehen. Dazu kommen natürlich noch die Mittel des Landes, der Gemeinden und der Interessenten.

Die Interessentenbeiträge, meine sehr geehrten Damen und Herren, können gerade für kleinere Betriebe sehr belastend sein (Zwischenbemerkung des Bundesministers Mag. Molterer) – das stimmt alles, was da drinnen steht, das ist ja ganz klar –, aber für eine Gemeinde ist es natürlich sehr, sehr erfreulich, wenn Wegeprojekte abgeschlossen werden können. Ich freue mich, daß in diesen Tagen in meiner Gemeinde der letzte Bauernhof mit einem attraktiven Weg erschlossen wird, damit die Rettung, die Feuerwehr bequem und rasch zufahren können, wenn das erfor­derlich ist – ein Umstand, meine sehr verehrten Damen und Herren, der für Stadtbewohner eine absolute Selbstverständlichkeit darstellt, im ländlichen Raum aber nur mit sehr hohem finanziel­len Aufwand und nur sehr mühsam realisiert werden kann.

Dieses Wegenetz, meine sehr verehrten Damen und Herren, braucht natürlich, wenn es er­richtet ist, laufend eine Wartung, und deshalb ist es notwendig, in Zukunft, wenn das Wegenetz im ländlichen Raum länger geworden ist, auch die Förderungsmittel für die Erhaltung dieses Wegenetzes entsprechend aufzustocken. (Beifall bei der ÖVP.)

In Niederösterreich stehen dafür derzeit Budgetmittel in der Größenordnung von 100 Millionen Schilling zur Verfügung, wobei 50 Millionen – also die Hälfte – von den Gemeinden aufzubringen sind. Wir brauchen, um unser Wegenetz funktionsfähig zu erhalten, dringend zusätzliche Mittel für diesen Bereich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, ganz kurz noch auf einen Aspekt hinzuweisen, der den ländlichen Raum belastet: Trotz des zwischenzeitlich gut ausgebauten ländlichen Straßennetzes haben unsere Schulkinder oft einen sehr langen und schwierigen Schul­weg. Die derzeit gültige Regelung bewirkt, daß viele Kinder, bis sie zum Schulbus kom­men, schon einen sehr weiten Weg verkraften müssen und dann oft auf Umwegen in die Schule geführt werden, weil einfach wirtschaftlich und rationell gefahren werden muß und viele Kinder sozusagen eingesammelt werden müssen.

Durch den Wegfall der Ausnahmeregelungen beim Transport von Kindern kommt es zu Ver­schlechterungen für den ländlichen Raum, und viele Kinder drohen – im wahrsten Sinne des Wortes! – auf der Strecke zu bleiben. Sehr viele kleine Schulbusunter­neh­mer sind nicht in der Lage, die neuen Vorschriften zu erfüllen und werden ihre Betriebe einstellen müs­sen. Den Gemeinden drohen dadurch zusätzliche Kosten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sicherheit ist gewiß oberste Priorität beim Transport von Kindern in die Schule, aber wenn die Kinder dann zu Fuß gehen beziehungsweise sehr, sehr lange warten müssen, droht ein neues Gefahrenpotential. Wir müssen da Regelungen fin­den, und zwar nicht am grünen Tisch, sondern vor Ort bei den Betroffenen. Und ich bin zuversichtlich, daß uns auch das gelingen wird.

Geschätzte Damen und Herren! Der Grüne Plan sichert Lebensqualität und Lebensgrundlage nicht nur für Bauern, sondern für alle Bewohner in diesem Bereich. Er ist Leitbild für eine positive Entwicklung des flächenmäßig größten Teiles unseres Landes. (Beifall bei der ÖVP.)

20.29


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer; zweite Wortmeldung. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.29


Abgeordneter Jakob Auer¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Um dem Hohen Hause darzulegen, wer tatsächlich objektiv die Fakten wiedergegeben hat, zitiere ich wörtlich aus dem Stenographischen Protokoll vom 27. Mai 1998 über die Debatte betreffend das Bud­getkapitel Landwirtschaft, und zwar aus meiner eigenen Rede, in der es heißt:

„Es ist unbestritten, daß der Dieselpreis in Österreich, verglichen mit jenem anderer euro­päischer Länder, relativ hoch ist. Es ist weiters unbestritten, daß es positiv wäre, wenn dieser geringer wäre.“

Das haben Sie nicht gelesen, Frau Kollegin Aumayr! Haben Sie es nicht gesehen? (Abg. Aumayr: Ich habe Ihre ganze Rede gelesen!) Dann nehme ich zurück, daß Sie nicht lesen können. Dann sollten Sie vielleicht auch Ihre Brille verwenden. – Sie sollten so fair sein, wenn Sie jemanden zitieren, nicht falsche Behauptungen zu unterstellen.

Ich lese weiters aus dem Stenographischen Protokoll der 124. Sitzung vor:

„Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich folgende Rechnung aufstellen: Ein durch­schnitt­licher bäuerlicher Betrieb, so wie er von euch Freiheitlichen immer wieder beschrieben wird, verbraucht pro Jahr rund 3 000 Liter Dieselöl. Ich glaube, das wird nicht zu bestreiten sein.“

Und weiters:

„Nehmen wir nun an, daß eine Verbilligung von 3 bis 4 S pro Liter möglich ist, was durchaus wünschenswert und vielleicht auch notwendig wäre.“ – Auch das hat Frau Abgeordnete Aumayr nicht vorgelesen! (Abg. Aumayr: Weiter!) Das hast du ja bereits erwähnt. (Abg. Aumayr: Weiter! Lies weiter! – Abg. Meisinger: Lies weiter!)

Ich würde wirklich bitten: Wenn Dinge hier zitiert werden, dann wahrhaftig und so, wie gesagt. (Die Abgeordneten Aumayr und Meisinger: Weiterlesen!)

Weiters habe ich gesagt – ich zitiere –: „Das ergäbe eine Ersparnis von 3 000, ja bis zu 12 000 und 15 000 S, wenn es sich um einen etwas größeren Betrieb handelt. Diesen Betrag kann man bei der jetzigen Preissituation bei anderen Produkten, zum Beispiel bei einer Partie Mast­schweine, leicht verspielen.“ (Heiterkeit der Abg. Aumayr.)

Und dann habe ich gesagt:

Daher, so meine ich, sollten wir uns wesentlicheren Dingen zuwenden und gerade auch in bezug auf Dieselöl danach trachten, daß nachwachsende eigene Produkte gefördert werden – und nicht fossiler Treibstoff aus dem Ausland, meine Damen und Herren!“

So viel Fairneß sollten Sie das nächste Mal haben. – Nur so viel zur „Objektivität“ der freiheit­lichen Kollegin Aumayr. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber eines ist heute wieder einmal festzustellen: Kaum muß aus politischen Gründen der freiheitliche Agrarsprecher Reichhold aus dem Parlament wieder weg, um in Kärnten den Platz zu halten, werden hier von Kollegin Aumayr Dinge gesagt, die absolut nicht wahr sind. (Beifall bei der ÖVP.)

20.32


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Mag. Molte­rer. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.32


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer¦: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur einige wenige Sätze zu den bisherigen Debattenbeiträgen sagen.

Frau Abgeordnete Aumayr, ich würde darum ersuchen, daß Sie beim Zitieren des Grünen Plans nicht beim Punkt 3 aufhören, sondern berücksichtigen, daß der Grüne Plan auch einen Punkt 4 umfaßt, der die Maßnahmen enthält, die es für die Land- und Forstwirtschaft im Jahre 1999 gibt.

Herr Abgeordneter Koller, so lange ist es noch nicht her, daß wir hier das Budget diskutiert haben, in dem Sie genau die Zahlen nachlesen können, die für jeden einzelnen Förderungs­posten zur Verfügung gestellt werden, denn ich nehme ja an, daß Sie wissen, daß das Budget und der Grüne Plan eine Einheit darstellen.

Frau Abgeordnete Aumayr, ich möchte auch auf die Frage der Betriebsmittelpreise eingehen, weil dieser Punkt in jedem Debattenbeitrag von Ihnen angesprochen wird. Ich möchte zu den Preis­indices der land- und forstwirtschaftlichen Betriebsmittel, von denen ich hier einige aus­gewählt habe, nur folgendes festhalten: Wenn man das Jahr 1986 als Hundert, also als Be­mes­sungsgrundlage, heranzieht, so kostet beispielsweise der Handelsdünger im Jän­ner 1998 57,7 – das heißt real massiv weniger als noch vor zehn Jahren. Ich denke auch etwa an die Reduktion der Pflanzenschutzmittelpreise, die seit 1986 eingetreten sind, oder an den massiven Rückgang der Futtermittelpreise, die für die Bauern, für die Veredelungsproduzenten eingetreten sind.

Richtig ist, daß die Energiepreise seit 1986 gestiegen sind. Ich würde Sie daher um eine fairere Argumentation bitten, soweit Ihnen das möglich ist. (Abg. Dr. Fekter: Das ist nicht möglich bei der Aumayr!) Und, Frau Abgeordnete Aumayr, weil Sie von der Fußballersprache geredet haben, würde ich Sie bitten, zur Kenntnis zu nehmen, daß es in der Fußballersprache auch die Möglichkeit gibt, daß sich jemand ins „Abseits“ stellt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Die Aumayr ist schon im Abseits! – Abg. Dr. Khol: Hat sie gesagt „Abseits“ oder „Achatz“?)

Herr Abgeordneter Smolle, ich nehme gerne das Angebot an, das Sie mir gemacht haben, daß ich Sie in die Agrargeheimnisse einführen soll. Angeblich habe ich keine schlechten pädago­gischen Fähigkeiten. Wir werden an Ihnen meine Fähigkeiten messen können, aber auch Ihre Lernbereitschaft, Herr Abgeordneter Smolle. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Wenitsch, ich verstehe nicht, daß Sie kritisieren, daß der Flächenstillegungs­pro­zentsatz der Kommission nicht, wie Sie gesagt haben, mit 12 Prozent, sondern mit 10 Prozent Flächenstillegung vorgeschlagen wird. Ich halte es aus bäuerlicher Sicht für richtig, daß dieses Instrument der Mengensteuerung dann eingesetzt wird, wenn der Preisdruck gegeben ist. Daher unterstütze ich diesen Vorschlag sogar, und ich verstehe nicht, daß Sie hier Kritik geäußert haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Klein, ich möchte mich bei Ihnen ausdrücklich für den Stil Ihrer Rede bedan­ken. Er ist ungewöhnlich ... (Abg. Schwarzenberger: Für die FPÖ!) – Das habe nicht ich ge­sagt, Herr Abgeordneter Schwarzenberger, aber ich gebe Ihnen recht. – Ich teile nur nicht Ihre Ein­schätzung, was die Frage Marketing betrifft. Da bin ich anderer Meinung, denn es ist sehr notwendig, daß die Bauern entsprechende Marketingoffensiven unterstützen, weil ja letztendlich die Bauern die Leidtragenden davon wären, wenn der Markt nicht die entsprechende Aufnahme­bereit­schaft hätte. Daher ist es aus meiner Sicht notwendig, daß die Marketingbemühungen – und der Bund, die Bundesregierung tut das auch: das Budget spricht Bände – entsprechend unterstützt werden.

Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend nur noch festhalten, daß dieser Grüne Plan aus meiner Sicht eine gute und taugliche Grundlage auch für das kommende Jahr darstellt, weil er die wesentlichen Eckpunkte festhält. Er besagt erstens – und das ist Politik der Bundesre­gie­rung –, daß etwas für die Betriebe in den benachteiligten Gebieten geschehen muß. Die Abge­ord­neten Gradwohl, Schwemlein beziehungsweise Schwarzenberger haben auch darauf hinge­wiesen, daß es unsere gemeinsame Position ist, den Sockelbetrag für die kleineren Betriebe im Berggebiet zu verwirklichen. Die Agenda-Vorschläge geben uns da erste Perspektiven.

Es ist zweitens klar, daß auch in Zukunft die Umweltorientierung im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit ausgebaut werden muß; ich denke etwa an das Umweltprogramm.

Es ist weiters klar, daß auch die Landwirtschaft mehr als bisher mit den Gesetzen des Marktes und daher mit Vermarktungsschwerpunkten ausgestattet und ausgerüstet werden muß. Es ist für mich logisch, daß die Investitionsförderung für die Bauern auch in Zukunft gegeben sein muß.

Ich teile die Einschätzung des Herrn Abgeordneten Kampichler, daß die Frage des ländlichen Raums eine zentrale Rolle in dieser Zukunftskonzeption spielt – beginnend bei der Verkehrs­infra­struktur bis hin zu neuen Fragen der Technologie im ländlichen Raum. Ich denke etwa an die Informations- und Kommunikationstechnologie, die selbstverständlich auch in den Bauern­höfen Einzug halten muß. Es ist klar, daß die Frage der Energie- und Rohstoffproduktion, die von Kollegen Barmüller gekommen wäre, hätte er heute gesprochen – nächstes Mal wird es Herr Kollege Smolle mit einbauen –, ein unverzichtbarer Bestandteil dieser Konzeption der Zu­kunft ist und selbstverständlich auch – und auch das gibt der Grüne Plan vor – die Möglichkeiten und die Mittel der Ausbildung.

Ich möchte daher abschließen, meine Damen und Herren, so wie ich es immer halte: Es hat keinen Sinn, hier ein Bild zu zeichnen, das nicht der Realität entspräche. Ich zeichne daher kein rosiges oder rosarotes Bild der Landwirtschaft. Ich bin aber genausowenig bereit – aus welchen Gründen auch immer – ein Bild mit zu zeichnen, das in seiner Düsternis einfach nicht stimmt. Wer ein solch düsteres Bild zeichnet, sieht nicht, daß es in der Landwirtschaft gerade auch bei den jungen Bauern Optimismus gibt. Ansonsten wäre diese rege Tätigkeit in bezug auf Investi­tionen beziehungsweise der 5b-Projekte einfach nicht vorstellbar. Lassen wir die Kirche so ge­sehen im Dorf, und helfen wir lieber alle zusammen, damit wir den schwierigen Teil der Agen­da bewältigen! Das ist unsere gemeinsame Aufgabe, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.39


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Aumayr gemeldet. Redezeit: 2 Minuten. Die Geschäftsordnungsbestimmungen sind bekannt. – Bitte.

20.39


Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr¦ (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Kollege Auer hat in seiner Rede behauptet, ist hätte beim Zitieren seiner Rede vom 27. Mai 1998 Dinge behauptet, die nicht wahr sind. – Das ist unrichtig.

Der von mir zitierte Teil, Herr Kollege Auer, war absolut korrekt. Ich bin aber absolut nicht verpflichtet, Ihre gesamte Rede zu verlesen. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Schwimmer: Ein fragwürdiges Geständnis!)

20.40


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zum Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten damit in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher, den jeweiligen Platz einzunehmen. (Unruhe im Saal.) Ich bitte, die Plätze einzunehmen, um abstimmen zu können; bitte, etwaige Diskussionen auf später zu verschieben.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forst­wirtschaft, den vorliegenden Bericht III-124 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tun möchte, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit angenommen.

17. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (1191 der Bei­la­gen): Bundesgesetz, mit dem das Heeresdisziplinargesetz 1994 geändert wird (1259 der Beilagen)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wir gelangen nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. Restredezeit Ihres Klubs: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.41


Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller¦ (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundes­mini­ster! Meine Damen und Herren! Das Heeresdisziplinargesetz, dessen Novellierung jetzt hier zu besprechen ist, wird auch von den Liberalen in einigen Punkten positiv beurteilt.

Auch wir bewerten die Reduzierung der Disziplinarkommissionen sowie den Umstand, daß in Zukunft rechtskundige Personen als Vorsitzende der Disziplinarkommission tätig sein müssen, als positiven Schritt. Wir halten es auch für sinnvoll, daß die Bestellung des Disziplinaranwaltes und seiner Stellvertreter direkt durch den Bundesminister für Landesverteidigung erfolgt, und wir anerkennen, daß es für die Beschuldigten einige Verbesserungen hinsichtlich der Verjährungs­zeit oder der Einführung einer absoluten Strafverjährung, und zwar im Ausmaß von drei Jahren, gibt.

Es hat uns aber schon im Ausschuß beschäftigt – und ich habe das dort auch angemerkt und mit einem Abänderungsantrag unterstrichen –, daß unserer Meinung nach einige Bestimmungen in einem Spannungsverhältnis zur MRK stehen. – Ich hatte vorhin kurz die Gelegenheit, mit Herrn Abgeordneten Maitz darüber zu sprechen. Er hat gesagt, nach den Diskussionen im Aus­schuß sei das von den Koalitionsparteien behoben worden. Wir hatten aber keine Gelegenheit, Argumente auszutauschen. Ich halte daher unseren Abänderungsantrag aufrecht und darf ihn kurz in seinen wesentlichen Punkten erläutern.

Einerseits bezieht er sich auf § 5 Abs. 1, der in Z 3 wie folgt geändert werden soll: „In allen Fäl­len, in denen der wesentlichste Gesichtspunkt eines Straftatbestandes bereits von den Strafge­richten wie auch von den Verwaltungsbehörden rechtskräftig beurteilt worden ist, ist die Verhän­gung eines Disziplinararrestes unzulässig.“

Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß es nicht angeht, wegen einer Sache zweimal vor Gericht gestellt zu werden. Ich weiß – und das haben wir auch im Ausschuß erörtert –, daß es deswegen grundsätzlich ein Spannungsverhältnis zu den Disziplinarrechten gibt. Bei einem Dis­ziplinararrest von nicht mehr als 21 Tagen besteht ein solches Spannungsverhältnis. Wir Libe­ra­len sind der Meinung, daß es an solchen in der Judikatur entwickelten Grenzen nicht hängen sollte, wenn es um eine Novellierung geht, sondern wir sollten diese Frage grundsätzlich entschei­den. Daher schlagen wir diese Abänderung vor.

In Punkt zwei lautet der Abänderungsantrag, daß § 73 Abs. 1 entfällt und die Absätze 2 bis 7 zu den Absätzen 1 bis 6 werden. – Eine Wirkung dieser Änderung wäre, daß es in Zukunft nicht mehr – wie derzeit – möglich sein soll, die mündliche Verhandlung ohne den Beschuldigten durch­zuführen, wenn es scheint, daß der Sachverhalt aufklärbar wäre. Unserer Meinung nach sollte man die Unmittelbarkeit des Verfahrens sehr straff halten und in dieser Frage keinen Deut nachgeben. Diese bereits existierende Bestimmung wäre daher abzuschaffen.

Im dritten Punkt unseres Abänderungsantrages geht es um § 83 Abs. 4, der wie folgt lauten soll: „Die Verteidigung des Beschuldigten während eines Einsatzes ist nur durch einen Verteidiger seiner Wahl zulässig“. – Derzeit soll es nur durch einen Soldaten zulässig sein. Meine Damen und Herren! Unserer Überzeugung nach besteht auch in diesem Punkt ein Spannungsverhältnis zur MRK, und die Freiheit in der Wahl des Verteidigers sollte nicht beeinträchtigt werden.

Insgesamt sind wir der Auffassung, daß auch Sie mit uns daran mitwirken könnten, die er­wähnten Spannungsverhältnisse gegenüber der MRK abzubauen. Wir laden Sie deshalb herz­lich ein, unserem Abänderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.44


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben in seinen Kernpunkten vorgetragene Abän­de­rungs­antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Abänderungsantrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Barmüller, Moser und Partner/innen betreffend Heeresdisziplinarbericht 1994 in der Fassung des Ausschußberichtes

Der Nationalrat möge beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Heeresdisziplinargesetz 1994 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Heeresdisziplinargesetz 1994 wird wie folgt geändert und lautet:

1. § 5 Abs. 1 wird wie folgt geändert und lautet:

„§ 5 Abs. 1 Z. 3: In allen Fällen, in denen der wesentlichste Gesichtspunkt eines Straftat­be­standes bereits von den Strafgerichten wie auch von den Verwaltungsbehörden rechtskräftig beurteilt worden ist, ist die Verhängung eines Disziplinararrestes unzulässig.“

2. § 73 Abs. 1 entfällt. Abs. 2 bis 7 werden zu Abs. 1 bis 6

3. § 83 Abs. 4 wird wie folgt geändert und lautet:

„§ 83 Abs. 4: Die Verteidigung des Beschuldigten während eines Einsatzes ist nur durch einen Verteidiger seiner Wahl zulässig.“

*****


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.45


Abgeordneter Dr. Karl Maitz¦ (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Novelle zum Heeresdisziplinargesetz 1994 hat, um es allgemein zu formu­lie­ren, drei Zielbereiche: zum einen Vereinfachung, Kostensenkung und Effizienz­steige­rung, zum zweiten Beschleunigung des Verfahrens und mehr Rechtssicherheit und zum dritten eine klare Abgrenzung zwischen Disziplinar- und Strafrecht.

Die drastische Verringerung der Anzahl der Kommissionen von 19 auf künftig zwei ermöglicht – wie Kollege Barmüller bereits erwähnt hat – Kostensenkung und Effizienzsteigerung, bietet aber auch die Möglichkeit, zu einer einheitlichen Spruchpraxis bei Disziplinarvergehen zu kommen. Die erste Instanz wird künftig in einer Disziplinarkommission tätig werden, in der zweiten Instanz wird es eine Disziplinaroberkommission geben. Die regionalen Belange werden durch die Ein­richtung von Senaten in Wien, Graz und Salzburg ermöglicht.

Zum zweiten Bereich: Durch die Verkürzung der Verjährungsfristen werden die Verfahren be­schleunigt und können nicht mehr von beiden Seiten endlos verschleppt werden. Fehlverhalten muß künftig spätestens innerhalb von sechs Monaten zur Anzeige gebracht werden, die Dauer der Verfahren ist durch die Drei-Jahre-Begrenzung nunmehr deutlich abgesteckt.

Mündliche Verhandlungen können künftig auch in Abwesenheit des Beschuldigten stattfinden – jedoch unter einer einzigen Voraussetzung, nämlich daß dessen Anwesenheit zur Wahrheits­findung nicht erforderlich erscheint. Darin unterscheiden wir uns vom Kollegen Barmüller, denn was ist der Sinn dieser Bestimmung? – Verfahren können damit nicht durch kuriose Entschul­digungsgründe, wie wir sie in letzter Zeit erlebt haben, unendlich verzögert werden. Das ist der eigentliche Grund dafür, warum wir bei klarem Sachverhalt das Verfahren auch ohne mündliches Gehör durchführen wollen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.)

Der Rechtssicherheit des Beschuldigten dient die neue Möglichkeit, Berufung gegen die Ein­leitung eines Verfahrens und gegen Verhandlungsbeschlüsse einzulegen. Dieses ordentliche Rechts­mittel ist – das ist sehr wesentlich – an ein weisungsfreies Kollegialorgan im Bundes­kanzleramt zu richten. Der Vorsitzende dieser Kommission und sein Stellvertreter sind Richter; daher ist diese Berufungsbehörde voll und ganz mit den Verfahrensgarantien gemäß Artikel 6 der Menschenrechtskonvention in Einklang.

Zur klaren Abgrenzung zwischen Disziplinar- und Strafrecht im Sinne der Menschenrechts­kon­vention wurde das Ausmaß der möglichen Haft- und Arreststrafe von 21 auf 14 Tage reduziert. Es ist ganz besonders wichtig, dabei zu betonen, daß diese Haft- und Arreststrafen aus­schließlich bei schweren Vergehen unter besonders schwierigen Umständen im militärischen Einsatzfall verhängt werden dürfen. Derartige Einsätze in diesem Sinn sind laut § 2 des Wehrge­setzes ein militärischer Einsatz im Fall der Landesverteidigung und der Assistenzeinsatz im Dienste des Bundesministeriums für Inneres, der mit scharfer Munition erfüllt wird und daher ein gefährlicher Einsatz ist.

Ich wiederhole: Es gibt keine Haft- und Arreststrafe im Friedensbetrieb sowie beim Hilfseinsatz nach Naturkatastrophen. Auch darin sind wir vielen westeuropäischen Staaten voraus. Die No­velle 1998 zum Heeresdisziplinargesetz bringt daher für alle Beteiligten sinnvolle Verbesserun­gen und wird unsere Zustimmung erhalten.

Ich bringe nun folgenden Abänderungsantrag ein, der die Vorgangsweise für den Fall, daß eine gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlung gleichzeitig eine Pflichtverletzung ist, verdeutlicht:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Maitz, Gaál, Dr. Ofner, Scheibner und Kollegen zum Bericht des Landes­verteidigungsausschusses (1259 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (1191 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Heeresdisziplinargesetz 1994 geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Ausschußbericht wird wie folgt geändert:

1. Die Z. 3 lautet:

„3. § 5 Abs. 1 lautet:

,§ 5 (1) Stellt eine gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlung zugleich eine Pflichtverletzung dar, so ist von der disziplinären Verfolgung abzusehen, wenn’“ – damit gehen wir weiter als Kollege Barmüller –

„,1. dies ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist und

2. der Pflichtverletzung ausschließlich der für einen gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Tatbestand maßgebende Sachverhalt zugrunde liegt.‘“

2. In Z. 4 (§ 5 Abs. 3 bis 5) lautet der Abs. 5 erster Satz:

„(5) Pflichtverletzungen, die zugleich eine von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare und mit nicht mehr als zweijähriger Freiheitsstrafe bedrohte Handlung darstellen, sind, falls die Bestimmung des Abs. 1 nicht Platz greift, ohne Unterbrechung des Disziplinarverfahrens unver­züglich disziplinär zu ahnden.“

*****

Damit wird eine Klarstellung vorgenommen, und ich ersuche um Annahme der Gesetzesvorlage einschließlich des Abänderungsantrages. (Beifall bei der ÖVP.)

20.52


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Der soeben verlesene Abänderungsantrag ist ord­nungs­gemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Gaál. 5 Minuten freiwillige Redezeit­be­schränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.52


Abgeordneter Anton Gaál¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die nun vorliegende und zur Beschlußfassung anstehende Gesetzesvorlage enthält aufgrund der praktischen Erfahrungen der vergangenen Jahre eine Reihe von grundsätzlichen Verwaltungsvereinfachungen.

Es werden vorrangig organisatorische Veränderungen im Aufbau der Disziplinarorgane normiert. So wird es etwa künftig zu einer drastischen Reduzierung der Anzahl der Disziplinar­kommis­sionen, und zwar sowohl in erster als auch in zweiter Instanz, und damit zu einer Effizienz­steigerung kommen. Es wird nur noch eine Disziplinarkommission in erster Instanz und eine in zweiter Instanz, also eine Disziplinaroberkommission, geben – bisher hat es in der Berufungs­instanz fünf Kommissionen gegeben.

Darüber hinaus werden die Vorsitzenden der Disziplinaroberkommission sowie deren Stell­ver­tre­ter rechtskundige Beamte sein, wodurch, wie wir immer wieder gefordert haben, eine Qua­litäts­verbesserung der Kommissionen und mehr Professionalität in Disziplinarverfahren sicher­­gestellt werden. Es werden damit natürlich auch generell die Bedingungen für die Be­diensteten im Disziplinarverfahren verbessert.

Weiters wird durch die Neustrukturierung der Kommissionen auch die Spruchpraxis verbessert. Es wird österreichweit eine bundeseinheitliche Rechtssprechung geben. Durch eine Vielzahl von verschiedenen Maßnahmen – es wurde bereits eine erwähnt – wird die Verwaltung vereinfacht und das Verfahren gestrafft; Umstände, die ebenfalls finanzielle Einsparungen mit sich bringen. Gleichzeitig wird damit ein weiteres Ziel dieser Gesetzesnovellierung, nämlich eine Beschleu­nigung der Disziplinarverfahren zu erreichen, verwirklicht.

Meine Damen und Herren! Es ist noch eine Vielzahl von Maßnahmen zu nennen, die zur Verbesserung der rechtlichen Stellung der Beschuldigten führen werden, etwa die Halbierung der Frist für die Verfolgungsverjährung von derzeit einem Jahr auf sechs Monate, die Einführung einer absoluten Strafbarkeitsverjährung von drei Jahren ab Verfahrenseinleitung sowie die erhebliche Herabsetzung des Höchstausmaßes der freiheitsentziehenden Disziplinarstrafen im Einsatz.

Die Bestimmung, daß bei Vorliegen von groben Mängeln, die beispielsweise durch eine Be­schwerde offenkundig werden, die Aufhebung des Disziplinarerkenntnisses ausschließlich durch den Bundesminister für Landesverteidigung möglich ist, liegt ebenfalls im Interesse der Be­diensteten.

Insgesamt wird mit diesem neuen Heeresdisziplinarrecht den Intentionen des Beamten-Dienst­rechtsgesetzes Rechnung getragen. Wir geben daher dieser Gesetzesvorlage unsere Zustim­mung. (Beifall bei der SPÖ.)

20.54


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Fassl­abend. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.54


Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend¦: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Hohes Haus! Wie von den Debattenrednern bereits sehr klar festgestellt wurde, dient dieses Gesetz einerseits der Vereinfachung, der Konzentration und der Verrechtlichung, andererseits aber auch einer Verbesserung der Stellung des Beschuldigten. Es ist also einfach ein der Zeit angepaßtes Gesetz.

Ich bedanke mich bei allen, die dazu beigetragen haben, insbesondere für die konstruktive Aus­schußarbeit, die von relativ breitem Konsens getragen war, besonders für die dort gemachten Verbesserungsvorschläge hinsichtlich der Textierung, die offensichtlich zu einem eindeutigen Erfolg geführt haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Ofner.)

20.55


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Scheibner. – Allerdings ist die Redezeit seines Klubs bereits konsumiert. (Abg. Dr. Lukesch: Die Aumayr hat ...! – Abg. Jung: Die Aumayr hat berichtigt!)

Als nächster zu Wort gemeldet ist daher Herr Abgeordneter Ing. Tychtl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.55


Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl¦ (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Heeresdisziplinarrecht mit der Neuerlassung des Heeres­disziplinargesetzes 1994 hat eine umfassende Änderung erfahren. Mit Wirkung vom 1. Jänner 1998 wurden im Zusammenhang mit der Öffnung des Bundesheeres für freiwillige militärische Dienstleistungen von Frauen, Soldatinnen, erforderliche Adaptierungen des militärischen Diszi­plinar­rechtes vorgenommen.

Die praktischen Erfahrungen haben gezeigt, daß eine Reduzierung der Anzahl der Kommis­sionen, wie von meinen Vorrednern bereits ausgeführt, notwendig war. Es ging gleichzeitig vor allem um eine Verwaltungsvereinfachung und Effizienzsteigerung dieser Kommissionen. Diese im Heeresdisziplinarrecht enthaltenen Abweichungen von den Disziplinarbestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 im Sinne einer möglichst großen Vereinheitlichung auf ein unbedingt notwendiges Maß zu reduzieren, ist ebenfalls Ziel dieser Änderung.

Einige Aufgaben – etwa die Berufungsentscheidung über den Einleitungs- und Verhandlungs­be­schluß – sollen in Zukunft so wie im Disziplinarrecht nach dem Beamten-Dienstrechts­ge­setz 1979 von der beim Bundeskanzleramt eingerichteten Berufungskommission wahrgenom­men werden. Dies dient der Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes und der Beschleunigung der Disziplinarverfahren. Künftig sollen Disziplinarverfahren nur mehr dann unterbrochen wer­den, wenn sie zugleich eine gerichtlich strafbare Handlung darstellen, die mit mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist. Auch dies ist ein wesentlicher Punkt zur Beschleunigung des Verfahrens.

Ebenso dient die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft im Stadium gerichtlicher Vorerhebungen der Verfahrensökonomie. Bisher durften zum Beispiel von der Disziplinar­behörde keinerlei Erhebungsschritte gesetzt werden, wenn ein Strafverfahren anhän­gig war. Wegen anhängiger Gerichtsverfahren unterbrochene Disziplinarverfahren werden nach Ende der Unterbrechung binnen einem halben Jahr abzuschließen sein.

Der größte Teil dieser Novelle bezieht sich auf die Neuorganisation der Disziplinarkommission. – Durch die Reduzierung der Zahl der Kommissionen wird es zu einer Qualitätssteigerung kommen und ein beträchtlicher bisheriger Aufwand eingespart werden. Künftig soll mit einer rechtskräftigen Dienstenthebung von Soldaten im Präsenzdienst unmittelbar eine vorzeitige Entlassung aus dem Heerespräsenzdienst verbunden sein. Da der Präsenzdiener im Falle einer Dienstenthebung Anspruch auf unentgeltliche Unterbringung und Verpflegung im militärischen Bereich hat, wird derzeit dem Sicherungsgedanken einer Dienstenthebung, nämlich das Fernbleiben von der Truppe, nicht Rechnung getragen.

Die vorliegende Novelle bringt also sicherlich eine wesentliche Einsparung und eine Verwal­tungs­vereinfachung mit sich, allerdings – und das liegt mir auch am Herzen – erwecken Ein­sparungen immer wieder Ängste bei den Betroffenen. Dabei geht es mir vor allem um die Frage, was mit den einzelnen Disziplinarreferenten passiert, die ja mit dieser Problematik ganz beson­ders vertraut sind und ihre Sache auch sehr gut machen.

Meine Frage lautet daher: Wie geht es mit diesen Dienstposten weiter? Was werden diese Disziplinarreferenten in Zukunft machen? Es scheint mir wichtig zu sein, mit den Betroffenen rechtzeitig zu sprechen, um ihnen ihre zukünftigen Möglichkeiten aufzuzeigen, damit sie noch effizienter und zielstrebiger als bisher ihren Aufgaben nachkommen.

Dem Gesetzentwurf beziehungsweise diesen Einsparungsmaßnahmen geben wir vollinhaltlich die Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

20.59


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Da kein Schlußwort seitens des Herrn Berichterstatters verlangt wird, treten wir in das Abstim­mungsverfahren ein, und ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils ihren Platz einzunehmen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1191 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes 1259 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Maitz, Gaál, Dr. Ofner und Genossen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den Zusatzantrag, dann über die von den Abänderungsanträgen be­trof­fenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwe­sen­heit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung der Z 3 in § 5 Abs. 1 und eines neuen Abs. 4 in § 83 bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minder­heit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Maitz, Gaál, Dr. Ofner und Genossen einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf Z 3 § 5 Abs. 1 sowie Z 4 § 5 Abs. 5 bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. An­genommen.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen einen Abänderungsantrag ein­gebracht, der sich auf Z 32 § 73 Abs. 1 bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung zu diesem Antrag ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zei­chen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Damit erübrigt sich auch eine Abstimmung über die beantragte Änderung der Absatz­be­zeichnungen.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über Z 32 § 73 Abs. 1 in der Fassung der Regie­rungs­vorlage.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehr­heit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in 1191 der Beilagen, nun in der Fassung des Aus­schußberichtes 1259 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ange­nommen. – Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zwei­drittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustim­mung erteilen möchten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. – Abermals stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit ausdrücklich fest.

Damit ist das Abstimmungsverfahren beendet.

18. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (31 E Vr 162/98, Hv 6/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Anton Heinzl (1189 der Beilagen)


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1189 der Beilagen, nach dem folgendes zu beschließen ist:

Erstens: In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes St. Pölten vom 29. April 1998 um Zu­stimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Heinzl wird im Sinne des Ar­ti­kels 57 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz festgestellt, daß ein Zusammenhang zwischen der von den Privatanklägern behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit des Ab­ge­ordneten Heinzl besteht.

Zweitens: Einer behördlichen Verfolgung des Abgeordneten Heinzl wird zugestimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag die Zustimmung erteilen wollen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.


Feststellung betreffend Abwesenheit eines Abgeordneten


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich stelle fest, daß Herr Abgeordneter Rosenstingl auch zu dieser Sitzung nicht erschienen ist.

Einlauf


Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder¦: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 807/A bis 812/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4531/J bis 4555/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, 18. Juni 1998, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 21.05 Uhr

 

                                         Österreichische Staatsdruckerei: 85 0755