Stenographisches Protokoll

134. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 8., und Donnerstag, 9. Juli 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

134. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 8., und Donnerstag, 9. Juli 1998

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 8. Juli 1998: 12.01 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 9. Juli 1998: 0.00 – 0.14 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz über die Änderung des Universitäts-Studiengesetzes

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Universitätszentrums für Weiterbildung mit der Bezeichnung Donau-Universität Krems geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste (KUOG)

4. Punkt: Bericht über den Antrag 809/A der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Edeltraud Gatterer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die bauliche Erweiterung der Universität Klagenfurt unter finanzieller Beteiligung des Landes Kärnten und der Landeshauptstadt Klagenfurt sowie über den Antrag 815/A der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die bauliche Erweiterung der Universität Klagenfurt unter finanzieller Beteiligung des Landes Kärnten und der Landeshauptstadt Klagenfurt

5. Punkt: Bericht über den Antrag 772/A (E) der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Neugestaltung des Universitätswesens in Österreich

6. Punkt: Bericht über den Antrag 805/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Gefahrgutbeförderungsgesetz erlassen wird sowie das Kraftfahrgesetz 1967 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden

9. Punkt: Bericht über den Antrag 738/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Novellierung des Telekommunikationsgesetzes


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134. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Bericht über die Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 und über den Antrag 301/A der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird

11. Punkt: Europäisches Übereinkommen über Staatsangehörigkeit samt Vorbehalten und Erklärungen der Republik Österreich

12. Punkt: Bericht über den Antrag 310/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 627/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311, geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Antrag 638/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend eine Novellierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes (Staatsbürgerschaftsnovelle 1998)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird

16. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Heeresgebührengesetz 1992 geändert wird

17. Punkt: Bericht über den Antrag 113/A (E) der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen betreffend die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht

18. Punkt: Bericht über den Antrag 160/A (E) der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Erhöhung des Landesverteidigungsbudgets in der XX. GP auf vergleichbares europäisches Niveau

19. Punkt: Bericht über den Antrag 593/A (E) der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft des österreichischen Bundesheeres in seiner milizartigen Struktur

20. Punkt: Bericht über die Petition Nr. 15 betreffend "Vorrang für Österreichs Sicherheit durch eine österreichische Sicherheitsdoktrin und die Anpassung des Landesverteidigungsplanes 85 (LVP 85)", überreicht vom Abgeordneten Herbert Scheibner

21. Punkt: Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle 1998

22. Punkt: Umweltkontrollgesetz

23. Punkt: Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundestheater (Bundestheaterorganisationsgesetz – BThOG) und Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1998 geändert wird

24. Punkt: Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen – BSEOG und Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert wird

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 13


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134. Sitzung / Seite 3

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Fernbleiben des Abgeordneten Peter Rosenstingl von dieser Sitzung 187

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4030/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 14

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 55

Redner:

Hermann Böhacker 55

Dr. Ewald Nowotny 58

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 59

Ing. Wolfgang Nußbaumer 60

Mag. Helmut Peter 61

Karl Öllinger 6


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134. Sitzung / Seite 4

2

Bundesminister Rudolf Edlinger 64

Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 420/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 16. September 1998 zu setzen 14

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 14

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 67

Mag. Walter Posch 69

Georg Wurmitzer 70

Dr. Martin Graf 71

Karl Smolle 72

Dr. Gabriela Moser 74

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 75

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 15

Feststellung des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder betreffend tatsächliche Berichtigungen in einer Kurzdebatte 59

Unterbrechung der Sitzung 108

Ausschüsse

Zuweisungen 13

Verhandlungen


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134. Sitzung / Seite 5

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1229 d. B.): Bundesgesetz über die Änderung des Universitäts-Studiengesetzes (1349 d. B.) 15

2. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Universitätszentrums für Weiterbildung mit der Bezeichnung Donau-Universität Krems geändert wird (1350 d. B.) 15

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1228 d. B.): Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste (KUOG) (1352 d. B.) 15

Redner:

Dr. Michael Krüger 15

DDr. Erwin Niederwieser 18

Dr. Martina Gredler 19

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 21

Mag. Terezija Stoisits 22

Dr. Johann Stippel 24

MMag. Dr. Willi Brauneder 25

Bundesminister Dr. Caspar Einem 26

Franz Morak 28

Dr. Martin Graf 29

Sonja Ablinger 31

Dr. Gertrude Brinek 32

Dr. Robert Rada 33

Dr. Günther Leiner 34

Dr. Elisabeth Pittermann 35

Dr. Michael Spindelegger 36

Annahme der Gesetzentwürfe in 1349, 1350 und 1352 d. B. 37

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 809/A der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Edeltraud Gatterer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die bauliche Erweiterung der Universität Klagenfurt unter finanzieller Beteiligung des Landes Kärnten und der Landeshauptstadt Klagenfurt sowie

über den Antrag 815/A der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die bauliche Erweiterung der Universität Klagenfurt unter finanzieller Beteiligung des Landes Kärnten und der Landeshauptstadt Klagenfurt (1353 d. B.) 38

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 772/A (E) der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Neugestaltung des Universitätswesens in Österreich (1354 d. B.) 38

Redner:

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 38

Mag. Walter Posch 39

Georg Wurmitzer 40

Reinhart Gaugg 41

Dr. Martina Gredler 42

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 42

Annahme des Gesetzentwurfes in 1353 d. B. 44

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1354 d. B. 44

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 805/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (1334 d. B.) 44

7. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1209 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1335 d. B.) 44

8. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1275 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Gefahrgutbeförderungsgesetz erlassen wird sowie das Kraftfahrgesetz 1967 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (1336 d. B.) 44

9. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 738/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (1337 d. B.) 44

Redner:

Ing. Walter Meischberger 44

Gabriele Binder 46

Dr. Gabriela Moser 47

Mag. Helmut Kukacka 48

Franz Lafer 50

Mag. Thomas Barmüller 52

Helmut Dietachmayr 54

Elfriede Madl 75

Günther Platter 77

Mag. Reinhard Firlinger 78

Rudolf Parnigoni 79

Heinz Anton Marolt 80

Josef Edler 81

Kurt Wallner 82

Theresia Haidlmayr 82

Annahme der Gesetzentwürfe in 1334, 1335 und 1336 d. B. 84

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1337 d. B. 84

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Walter Meischberger und Genossen betreffend Maßnahmen gegen den Mobiltelefon-Senderwald – Ablehnung 80, 84

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1283 d. B.): Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 und

über den Antrag 301/A der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird (1320 d. B.) 85

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1089 d. B.): Europäisches Übereinkommen über Staatsangehörigkeit samt Vorbehalten und Erklärungen der Republik Österreich (1319 d. B.) 85


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134. Sitzung / Seite 6

Berichterstatter: Helmut Dietachmayr 85

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 310/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird (1316 d. B.) 85

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 627/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311, geändert wird (1317 d. B.) 85

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 638/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend eine Novellierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes (Staatsbürgerschaftsnovelle 1998) (1318 d. B.) 85

Redner:

Wolfgang Jung 86

Anton Leikam 88

Dr. Michael Krüger (tatsächliche Berichtigung) 90

Dr. Volker Kier 91

Wolfgang Großruck 95

Mag. Terezija Stoisits 96

Anton Gaál 101

Dr. Helene Partik-Pablé 102, 110

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 104

Günther Platter 106


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134. Sitzung / Seite 7

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) 107

Franz Lafer 108

Paul Kiss 109

Dr. Peter Kostelka 111

Annahme des Gesetzentwurfes in 1320 d. B. 112

Genehmigung des Staatsvertrages in 1319 d. B. 112

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG 112

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1316, 1317 und 1318 d. B. 112

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Zurückziehung der Vorbehalte und Erklärungen Österreichs zum Europäischen Übereinkommen über Staatsangehörigkeit – Ablehnung 94, 112

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (1219 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird (1309 d. B.) 112

16. Punkt: Bericht und Antrag des Landesverteidigungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Heeresgebührengesetz 1992 geändert wird (1310 d. B.) 112

Redner:

Dr. Karl Maitz 113

Anton Gaál 114

Herbert Scheibner 115

Hans Helmut Moser 117

Ing. Gerald Tychtl 118

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 119

Annahme der Gesetzentwürfe in 1309 und 1310 d. B. 120

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 113/A (E) der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen betreffend die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht (1311 d. B.) 121

18. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 160/A (E) der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Erhöhung des Landesverteidigungsbudgets in der XX. GP auf vergleichbares europäisches Niveau (1313 d. B.) 121

19. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 593/A (E) der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft des österreichischen Bundesheeres in seiner milizartigen Struktur (1312 d. B.) 121

20. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Petition Nr. 15 betreffend "Vorrang für Österreichs Sicherheit durch eine österreichische Sicherheitsdoktrin und die Anpassung des Landesverteidigungsplanes 85 (LVP 85)", überreicht vom Abgeordneten Herbert Scheibner (1314 d. B.) 121

Redner:

Herbert Scheibner 122

Walter Murauer 124

Hans Helmut Moser 125

Marianne Hagenhofer 128

Andreas Wabl 129

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 132

Mag. Dr. Josef Trinkl 132

Wolfgang Jung 133


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134. Sitzung / Seite 8

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 135

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 136

Willi Sauer 137

Arnold Grabner 138

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1311, 1313, 1312 und 1314 d. B. 139

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend die würdige Entlassung der Milizsoldaten im Zuge der Verringerung der Milizorganisation des Bundesheeres und die Schaffung einer "Freiwilligen-Miliz" – Ablehnung 137, 139

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Vorlage des "Optionenberichtes" – Ablehnung 123, 139

21. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1201 d. B.): Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle 1998 (1327 d. B.) 140

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 140

Karlheinz Kopf 141

Mag. Thomas Barmüller 142

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 144

Ing. Monika Langthaler 145

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 148

Franz Stampler 149

Anna Elisabeth Aumayr 151

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 152

Dr. Gabriela Moser 153

Annahme des Gesetzentwurfes in 1327 d. B. 154

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1327 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Auswirkungen der Verpackungsverordnung (E 131) 154

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1327 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Verordnung für die Verbrennung von Abfällen sowohl in Abfallbehandlungsanlagen als auch in industriellen Anlagen (E 132) 154

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1327 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Neufassung des Abfallwirtschaftsgesetzes basierend auf dem Prinzip der Abfallvermeidung (E 133) 154

22. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1206 d. B.): Umweltkontrollgesetz (1328 d. B.) 155

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 155

Karlheinz Kopf 156

Karl Smolle 157

Otmar Brix 157

Ing. Monika Langthaler 159

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 160

Matthias Ellmauer 161

Rainer Wimmer 162

Annahme des Gesetzentwurfes in 1328 d. B. 163

23. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1207 d. B.): Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundestheater (Bundestheaterorganisationsgesetz – BThOG) und Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1998 geändert wird (1330 d. B.) 163

Redner:

Dr. Michael Krüger 163

Dr. Josef Cap 165

Mag. Dr. Heide Schmidt 166

Franz Morak 169

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 170

Mag. Walter Posch 172

Johannes Zweytick 173

Sonja Ablinger 174

Dr. Andreas Khol 175

Dr. Volker Kier 176

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 177

Mag. Dr. Heide Schmidt (tatsächliche Berichtigung) 178

Annahme des Gesetzentwurfes in 1330 d. B. 179

24. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1208 d. B.): Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessportein


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134. Sitzung / Seite 9

richtungen – BSEOG und Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert wird (1333 d. B.) 180

Redner:

Mag. Dr. Udo Grollitsch 180

Arnold Grabner 181

Karlheinz Kopf 182

Mag. Helmut Peter 184

Theresia Haidlmayr 184

Dr. Franz Löschnak 185

Franz Kampichler 185

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 186

Annahme des Gesetzentwurfes in 1333 d. B. 187

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Klara Motter und Genossen betreffend gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund (835/A) (E)

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend unterstützende Maßnahmen für begabte SchülerInnen (836/A) (E)

Karl Öllinger und Genossen betreffend Aufnahme von Erkrankungen des Stützapparates in die Berufskrankheitenliste (837/A) (E)

Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Erstellung eines Konzeptes zur Flexibilisierung von Studienabschlüssen (838/A) (E)

Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (839/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Sildenafilcitrat – VIAGRA (4644/J)

Anton Blünegger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Pensionsregelung für Kammerbedienstete bei der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol (4645/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend HIV/AIDS: erforderliche Maßnahmen seit Einführung neuer Therapien (4646/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Blutspenden von Hämochromatose-Kranken (4647/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Disziplinarverfahren gegen HochschullehrerInnen (4648/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend die illegale Abgabe von Arzneimitteln an Landwirte (4649/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Welser Westspange/Variantenuntersuchung (4650/J)


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134. Sitzung / Seite 10

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4651/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4652/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4653/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4654/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4655/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4656/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4657/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4658/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4659/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4660/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4661/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes (4662/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Versäumnisse des Ministeriums betreffend die Fertigstellung des Technischen Museums (4663/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Versäumnisse hinsichtlich der Sammlung historischer Lokomotiven des Technischen Museums (4664/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend negative Auswirkungen der Stillegung von Eisenbahnstrecken auf die Umwelt (4665/J)

Anton Heinzl und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend negative Auswirkungen der Stillegung von Eisenbahnstrecken auf die Umwelt (4666/J)


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134. Sitzung / Seite 11

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Bezahlung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe an einen kriminellen, wegen Quälen und der Kinderschändung an der eigenen Tochter verdächtigten türkischen Ausländer (4667/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend erforderliche neue Maßnahmen zur wirkungsvollen Bekämpfung der Hepatitis C (4668/J)

Dr. Michael Spindelegger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Untersuchung von möglichen strafbaren Handlungen der Verantwortlichen der Firma Metro Immobilien RevitalisierungsgesmbH (4669/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kunstförderung für Pornographie (4670/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Deponiebrand eines Kunststofflagers in Moosbrunn (4671/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Auflassung des Logistikcenters Attnang-Puchheim (4672/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend akkreditierte Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen und die EU-Osterweiterung (4673/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend die getrennte Sammlung und Verwertung von Kunststoffverpackungen (4674/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Grundwassersanierungsgebiete in Oberösterreich (4675/J)

*****

Mag. Helmut Peter und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend qualifizierte begleitende Begutachtung des parlamentarischen Gesetzgebungsprozesses (35/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4076/AB zu 4373/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (4077/AB zu 4385/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4078/AB zu 4356/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (4079/AB zu 4372/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4080/AB zu 4412/J)


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Stenographisches Protokoll
134. Sitzung / Seite 12

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen (4081/AB zu 4349/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (4082/AB zu 4378/J)


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Stenographisches Protokoll
134. Sitzung / Seite 13

Beginn der Sitzung: 12.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und eröffne zur anberaumten Zeit die 134. Sitzung des Nationalrates.

Für den heutigen Sitzungstag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Kammerlander, Wenitsch und Ing. Kaipel.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 4076/AB bis 4082/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Gesundheitsausschuß:

Antrag 827/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung einer einheitlichen bundesgesetzlichen Regelung für den Bezug von Arzthonoraren der Bundesärzte;

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Antrag 828/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend gleiche Höhe der Vergütung der Zivildiensteinrichtungen an den Bund,

Antrag 829/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Zivildienstantrittstermine;

Kulturausschuß:

Antrag 825/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die unentgeltliche Übereignung von beweglichem Bundesvermögen;

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 833/A der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Inverkehrbringen von Zier-, Gemüse- und Obstarten (Pflanzgutgesetz 1997), BGBl. I Nr. 73/1997, geändert wird,

Antrag 834/A der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Saatgutanerkennung, die Saatgutzulassung und das Inverkehrbringen von Saatgut sowie die Sortenzulassung (Saatgutgesetz 1997 – SaatG 1997), BGBl. I Nr. 72/1997, geändert wird;


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Rechnungshofausschuß:

Antrag 830/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird,

Antrag 831/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Rechnungshof (Rechnungshofgesetz 1948) geändert wird;

Verfassungsausschuß:

Antrag 832/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Klara Motter, Dr. Stefan Salzl und Genossen betreffend Studie über den Vollzug der österreichischen Tierschutzgesetze;

Verkehrsausschuß:

Amateurfunkgesetz 1998 – AFG (1218 der Beilagen)

Funker-Zeugnisgesetz 1998 – FZG (1250 der Beilagen).

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4030/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, daß das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine Kurzdebatte über die Beantwortung 4030/AB zur Anfrage 4334/J des Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann betreffend geplante Erhöhung der Grundsteuer durch den Herrn Bundesminister für Finanzen durchzuführen.

Diese Kurzdebatte findet nach § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung um 15 Uhr statt.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, daß Frau Abgeordnete Mag. Stoisits beantragt hat, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 420/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das B-VG geändert wird, eine Frist bis zum 16. September 1998 zu setzen.

Es wurde in diesem Zusammenhang auch das Verlangen vorgelegt, über diesen Fristsetzungsantrag eine kurze Debatte durchzuführen. Diesem Verlangen ist stattzugeben.

Diese zweite Kurzdebatte wird im Anschluß an die soeben angekündigte Debatte über die Anfragebeantwortung durchgeführt werden.

Sonstige Verlangen liegen mir nicht vor.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die Tagesordnung betrifft, ist vorgeschlagen, die Punkte 1 bis 3, 4 und 5, 6 bis 9, 10 bis 14, 15 und 16 sowie 17 bis 20 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Kollege Wabl stimmt dem auch zu. Daher können wir so vorgehen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.


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Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es wurde in der Präsidialkonferenz Konsens über die Dauer der heutigen Sitzung und die Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Es ist eine Tagesblockredezeit von 9 "Wiener Stunden" in Aussicht genommen, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126, Freiheitliche 117, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden. Ich frage daher: Gibt es gegen diesen Vorschlag im Plenum Einwendungen? – Dies ist nicht der Fall, dann ist es so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1229 der Beilagen): Bundesgesetz über die Änderung des Universitäts-Studiengesetzes (1349 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Universitätszentrums für Weiterbildung mit der Bezeichnung Donau-Universität Krems geändert wird (1350 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1228 der Beilagen): Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste (KUOG) (1352 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 3, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? – Das ist nicht der Fall. Dann gehen wir in die Beratungen ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.06

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Wissenschaftsminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der feierlichen Zeremonie im Reichsratssaal zur Angelobung des Bundespräsidenten setzen wir nun die Behandlung der Tagesordnung fort. Auf der Tagesordnung stehen die Entwürfe zur Neufassung des Universitäts-Studiengesetzes beziehungsweise die Einbindung der Bestimmungen des ursprünglichen Kunsthochschul-Studiengesetzes in die Materie des Universitäts-Studiengesetzes und das Kunstuniversitäts-Organisationsgesetz.

Von seiten der freiheitlichen Opposition darf ich der akkordierten Meinung Ausdruck verleihen, daß die Intention beider Gesetzesmaterien als richtig empfunden wird. Bereits in den Bestimmungen des Staatsgrundgesetzes ist eine Gleichrangigkeit von Wissenschaft, Forschung und Kunst vorgesehen. Die Einbindung der Bestimmungen des Kunsthochschul-Studiengesetzes und die Adaptierung der Bestimmungen des Kunsthochschul-Studiengesetzes und der Einbau in das Universitäts-Studiengesetz und damit die Schaffung der Gleichrangigkeit entsprechen auch einem Erfordernis der Verfassung.

Insgesamt ist es durchaus zu begrüßen, daß sich die Kunsthochschulen fortan "Kunstuniversitäten" nennen dürfen. Die Tatsache, daß es nicht nur bei dieser Etikette bleibt, sondern daß die


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wesentlichen Bestimmungen auch gleichrangig in die Bestimmungen des Universitäts-Studiengesetzes Eingang gefunden haben, ist im Kern in Ordnung.

Es bleibt aber dennoch ein Wermutstropfen, der hier zu beanstanden beziehungsweise zu beklagen ist. Die Erstentwürfe, die Ministerialentwürfe, waren aus der Sicht der Freiheitlichen Partei durchaus in Ordnung. Aber es hat nicht lange gedauert, und es hat dagegen, insbesondere von seiten der Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes, Einwände gegeben. Das waren nicht etwa sachliche Einwände, sondern allein Einwände, die von – ich möchte nicht einmal sagen – Gruppeninteressen oder Gruppenegoismen getragen waren, sondern vom Einzelegoismus eines Vertreters der Gewerkschaft des Öffentlichen Dienstes, nämlich des Professors Breunlich, der versucht hat, dem Gesetz jenen Stempel aufzudrücken, der es ihm weiterhin ermöglicht, seine Pfründe in ungeschmälerter und ungehinderter Form weiter zu erhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist das Bedauerliche an dieser Gesetzwerdung, und ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, daß der Herr Minister im Innersten durchaus auch der Meinung der FPÖ ist. Es ist bedauerlich, daß sich insbesondere die ÖVP in der Person des Wissenschaftssprechers Professor Dr. Lukesch vor den Karren des Einzelinteresses dieses Professors Breunlich hat spannen lassen.

Denn, meine Damen und Herren, seine Überlegungen zu einer eigenen Fakultät und zu einer ungeschmälerten Beibehaltung seiner Studienrichtung finden ja nirgendwo Zustimmung. Sogar von seiner eigenen Hochschule für Musik und darstellende Kunst sind ablehnende Äußerungen gekommen.

Es liegt etwa eine Mitteilung des Mozarteums vom 1. Juli 1998 vor, in der die Fakultätsgliederung, die Professor Breunlich für sich eingemahnt hat, beanstandet wird. Oder etwa die Hochschule für Musik in Wien wendet sich ebenfalls mit Vehemenz gegen dieses Einzelinteresse. Oder der Kunsthochschulausschuß der Österreichischen Hochschülerschaft: Auch von diesem wird darauf hingewiesen, daß der Vorsitzende der Bundessektion Hochschullehrer, Professor Breunlich, in seiner Doppelfunktion als Gewerkschafter und Abteilungsleiter sichtlich befangen ist. Und schließlich richten sich die Rektoren der sechs Kunsthochschulen geschlossen gegen dieses Einzelinteresse des Professor Breunlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist der Wermutstropfen, den wir zu beanstanden haben. Es ist zum Glück so, daß sich Professor Breunlich nicht zur Gänze durchgesetzt hat, wenngleich der Kompromiß – das sage ich ganz offen – ein fauler Kompromiß und legistisch nicht in Ordnung ist. Dieses Gesetz gibt den einzelnen Universitäten die Möglichkeit, selber eine Fakultätsgliederung zu beschließen. Das ist nicht das einzige Erfordernis, sondern es bedarf noch des Nachweises einer Effizienzsteigerung und einer entsprechenden Verordnung des Ministers. Ich meine, daß diese Effizienzsteigerung in der Praxis niemals nachgewiesen werden kann, sodaß es sich von vornherein offensichtlich um totes Recht handelt. Aber der Herr Wissenschaftssprecher Lukesch kann vor den Professor Breunlich hintreten und sagen: Ich habe mich in deinem Sinne eingesetzt, und das ist der Kompromiß, der herausgekommen ist.

Letztlich geht es Professor Breunlich offenkundig auch darum, daß er seine Dekanszulage kassiert. Das sind immerhin 168 000 S nach dieser Verordnung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Das dürfte auch einer der Gründe sein, wieso man zumindest zum Teil vor diesem Einzelinteresse kapituliert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist nicht die Demokratisierung, von der soeben der Herr Bundespräsident im Reichsratssitzungssaal gesprochen hat; das ist nicht die Phantasie, von der er im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung von Wissenschaft und Forschung gesprochen hat, wenn man hier wieder auf diesem Umweg dem Einzelinteresse Platz macht und alle Äußerungen der Rektoren, der Hochschülerschaft, der Rektoratsdirektoren mißachtet, nur damit ein Parteikollege zum anderen sagen kann: Ich habe mich für die Durchsetzung deiner Interessen eingesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Ein Weiteres darf ich insbesondere als Linzer Abgeordneter einmahnen: Das Studium Industrial Design an der Linzer Hochschule für Gestaltung – durch die heutigen Gesetzesbeschlüsse nunmehr Universität für Kunst und Gestaltung – ist richtigerweise, Herr Bundesminister, nicht als Studium der Künste vorgesehen, sondern ist ein ingenieurwissenschaftliches Studium – zu Recht, weil die technisch-naturwissenschaftliche Seite dieses Studiums unbestritten Vorrang hat. Von der Hochschule beziehungsweise Universität für Kunst und Gestaltung in Linz ist daher die dringende Bitte an Sie herangetragen worden – und diese möchte ich hier vorbringen und unterstützen in Form eines Abänderungsantrages –, daß die Absolventen der Studienrichtung Industrial Design auch mit einem entsprechenden, in Europa kompatiblen Titel ausgestattet werden, nicht mit dem Magister der Künste, Mag. artium, weil die technische, die wissenschaftliche Seite Vorrang hat. Das findet ja letztlich seinen Niederschlag in der Tatsache, daß es sich um ein ingenieurwissenschaftliches Studium handelt.

Professor Meru hat das eingemahnt. Er hat gesagt, es wird den Absolventen im internationalen Wettbewerb Nachteile bringen, die sich nicht nur als Künstler verstehen, sondern die ihr Hauptaugenmerk auf das Industrie-Design richten. Das ist auch der Grund dafür, daß die Abgeordneten Krüger und Kollegen folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Krüger, Dr. Povysil, Dr. Graf, Dr. Grollitsch, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte zur Regierungsvorlage (1229 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Universitäts-Studiengesetz – UniStG geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes (1349 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

Z 165 lautet wie folgt:

165. In der Anlage 1 Z 2.2 wird das Wort "Hochschulen" durch die Wortfolge "Universitäten der Künste", der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgender Halbsatz eingefügt:

"für Absolventinnen und Absolventen der Studienrichtung Industrial Design: ,Magistra des Industriedesigns‘ beziehungsweise ,Magister des Industriedesigns‘, lateinisch ,Magistra industrialis designationes‘ beziehungsweise ,Magister industrialis designationes‘, abgekürzt jeweils ,Mag. ind. des‘."

*****

Ich appelliere auch an meine oberösterreichischen Kollegen. Ich glaube, Herr Kollege Koppler wird es auch begrüßen, daß man diesen dringend notwendigen Titel, diese Abgrenzung hier einmahnt. Wir brauchen diese Regelung für unsere Studenten in Oberösterreich, das ist ein dringendes Ersuchen an Sie. Und es kann hier auch niemand sagen, damit würde die Hochschule für angewandte Kunst in Wien vor den Kopf gestoßen, denn, Herr Kollege Lukesch – ich möchte diese sachliche Diskussion durchaus beibehalten –, wenn sich jemand mehr den Künsten widmen möchte, dann kann er das Kunststudium des Designs wählen, dann muß er ja nicht das naturwissenschaftliche oder ingenieurwissenschaftliche Studium des Industrial Design wählen.

Ich appelliere daher an Sie, diesem sachlichen Abänderungsantrag zuzustimmen und in diesem Sinne Ihr Votum heute abzugeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.16


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der Abänderungsantrag Dr. Krüger, Dr. Povysil, Dr. Graf und Kollegen ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. – Bitte.

12.17

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die österreichischen Kunsthochschulen, die "Universitäten der Künste", wie sie bald heißen werden, zeichnen sich durch eine hohe Qualität und einen international sehr guten Ruf aus. Sie verbinden dies mit einem doch recht hohen personellen und finanziellen Aufwand und arbeiten derzeit auf einer veralteten gesetzlichen Grundlage, die sie die Entwicklung hin zu mehr Autonomie noch nicht mitmachen läßt.

Wir haben in Österreich im künstlerischen Ausbildungsbereich Nachholbedarf, was die Vermittlung der Künste anlangt, nicht zuletzt deswegen, weil – unterschiedlich nach Studium – bis zur Hälfte der Absolventinnen und Absolventen später im pädagogischen Bereich tätig ist. Wir haben umgekehrt im Bereich der Pädagogenausbildung Nachholbedarf, was das künstlerische Niveau und gewisse Parallelstrukturen anlangt. Da besteht ein Reformbedarf. Ich darf dazu aus einer Diskussion vom 2. Mai 1996, veranstaltet von der ÖH, ein kurzes Zitat bringen. Robert Temel sagt, daß wir eigentlich nicht eine Kunsthochschule haben – es geht hier um eine Wiener Kunsthochschule –, sondern in unserem Fall besteht sie aus 22 nebeneinander existierenden Kleinkunstschulen.

Dieses Nebeneinander zu beseitigen und auch diese Defizite auszugleichen, das sind die Ideen, die hinter diesen beiden Gesetzen stehen.

Ursprünglich war geplant, ein gemeinsames Studium zu installieren. Es gibt jetzt die Konstruktion vieler Gemeinsamkeiten zwischen der künstlerischen und der pädagogischen Ausbildung, die Studierenden werden aber selbst entscheiden können, in welchem Bereich sie ihre Schwerpunkte von Anfang an setzen.

Entscheidend für die Kunstuniversitäten ist, daß sie in Zukunft, so wie alle anderen Universitäten auch, eigenverantwortlich über ihre Studienpläne entscheiden können. Sie können sich selbst Auflagen hinsichtlich ihrer Qualität machen, und sie werden ebenso wie die Universitäten durch das UniStG und das UOG dazu angehalten, ihre Effizienz ständig zu überprüfen.

Wir haben, so wie wir das auch im Universitäts-Organisationsgesetz geregelt haben, relativ starke Richtlinienkompetenzen für die Kollegialorgane und in der täglichen Praxis einen großen Handlungsspielraum für die sogenannten Monokraten, das heißt für Rektoren, Dekane, InstitutsvorständInnen und so weiter.

Mit diesem Gesetz haben wir aber die Grundlage dafür geschaffen – das ist ganz entscheidend –, daß die Universitäten der Künste für ihr Tun wesentlich mehr Verantwortung übernehmen können, als dies bisher der Fall gewesen ist.

Ich darf aus der Studie des Wissenschaftsministeriums "Modelle künstlerischer Bildungswege in Europa" von Frau Kósa zitieren. Sie schreibt: "Die wichtigste Voraussetzung für tatsächliche Veränderungen ist aber, daß sich die Kunsthochschulen selbst aktivieren und die Verantwortung für ihre Entwicklung übernehmen können." Das wird mit diesen Gesetzen geschehen.

Wir haben als sozialdemokratische Fraktion im Organisationsrecht teilweise andere Vorstellungen gehabt, was die Zugänglichkeit zu verschiedenen akademischen Funktionen im Bereich der Kunsthochschulen anlangt. Dies gilt im besonderen für die Zugänglichkeit für den Mittelbau. Das Ergebnis dieser Diskussion liegt vor Ihnen. Dies bedeutet, daß die Funktion des Rektors wie auch jene des Institutsvorstandes für den Mittelbau im Prinzip zugänglich ist. Bei der Funktion des Institutsvorstands gibt es ein Vetorecht der Professorenkurie. Die Funktion des Studiendekans bleibt im wesentlichen den Professoren vorbehalten. Meiner Meinung nach stellt dies eine sehr sachgerechte Lösung dar.


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Zum Streitpunkt einer künftigen Fakultätsgliederung, ein Thema, das auch Kollege Krüger angeschnitten hat: Ich sage offen, daß wir diese meiner Meinung nach nicht brauchen. Dies entspricht meiner Überzeugung und auch der meiner Fraktion. Andererseits: Wäre es sinnvoll, eine Angleichung zwischen UOG und Kunsthochschul-Organisationsgesetz vorzunehmen und darauf zu bestehen, daß diese unter keinen Umständen Fakultäten haben dürfen, und solche überhaupt nicht vorzusehen? Meiner Meinung nach ist das Zulassen solcher Möglichkeiten unter den genau geschilderten einschränkenden Bedingungen besser als das Verweigern. Man sollte organisatorische Fragen auch nicht überbewerten, und die Binnenorganisation muß jede Universität letztlich für sich selbst entscheiden. Den Effizienznachweis muß darüber hinaus das Universitätskuratorium bestätigen.

Wenn die Argumentation stimmt, die von einigen Kunsthochschulen beziehungsweise von einer Person – Sie haben sie genannt – im besonderen vorgebracht worden ist, daß nämlich die Gliederung in Fakultäten die effizientere Lösung darstellen würde, dann wird ein entsprechender Nachweis zu erbringen sein. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, wird es nicht zu einer Fakultätengliederung kommen.

Ein Reformprozeß, der lange gedauert hat, wird heute abgeschlossen. Ich möchte mich sehr herzlich für die konstruktiven Gespräche bedanken, speziell auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ressort. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich glaube, sie verdienen es auch, namentlich genannt zu werden, denn diese Arbeit war sehr aufwendig. Mein Dank gilt im besonderen Mag. Mayer, Mag. Perle, Dr. Bast, Mag. Klemmer, Dr. Matzenauer, Sektionschef Höllinger und auch den Kollegen Wertgarner und Weißenburger im Ministerbüro. Sie haben sich in diesem Bereich wirklich über die Maßen engagiert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Danken möchte ich auch den Universitäten selbst für diesen Diskussionsprozeß. Er war für uns zwar anstrengend, aber sehr lehrreich. Wir haben viele wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Diese Gesetze sind nicht, wie wir das vom Rednerpult aus manchmal hören, ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, sondern sie sind ein entscheidendes Gesetzeswerk für die Erzielung von Gleichwertigkeit von Kunst und Wissenschaft und für eine Reform der Universitäten der Künste, damit diese ihren hervorragenden Ruf, den sie international derzeit innehaben, auch in das nächste Jahrtausend hinüberführen. Wir schaffen die gesetzlichen Voraussetzungen dafür, die Umsetzung obliegt den Universitäten selbst. Ich bin aber aufgrund der vielen Diskussionen zuversichtlich, daß sie diesen Umstrukturierungsprozeß auch zu einem guten Ende bringen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

12.25

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es freut mich sehr, daß dem Hohen Haus eine Materie vorliegt, die ich in der ursprünglichen Fassung eigentlich sehr begrüßt habe. Es war die Angleichung der Universitäten der Künste an das UOG 93 mit der Verwirklichung der Autonomie. Das bedeutet, daß die Erlassung von autonomen Satzungen, Planstellen, Geldmittelzuweisungen an Institute und Berufungsverfahren sozusagen als Kompetenz verlagert wurden. Dies führt natürlich dazu, daß an den Universitäten eine Vielfalt von Gestaltungsmöglichkeiten gegeben ist.

Die Vorgangsweise fand ich auch vorbildlich: Zunächst einmal hat man sich in langen Diskussionen informiert, um einen Erstentwurf zu gestalten. Anschließend hat man nach einem sehr heftigen Disput, der teilweise mit Unterschriftenkampagnen und ganzseitigen Inseraten in den Medien ausgetragen wurde, einen zweiten Entwurf akkordiert. Herr Bundesminister! Ich bin der Ansicht, daß man Sie loben sollte. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe mir überlegt, daß es eigentlich nicht Sie sind, den ich loben will. Vielmehr stehen Sie mir gewissermaßen im Weg. Denn ich möchte stellvertretend für die anderen Beamtinnen und Beamten Ihres Ressorts Frau Mayer danken, die sich meiner Meinung nach wirklich sehr viel Mühe gegeben hat, um ein gutes Gesetz vorzubereiten. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ


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und ÖVP.) Für dieses Engagement möchte ich mich bedanken. Solche Beamtinnen und Beamten wünsche ich mir in allen Ressorts.

Aber nun zu jenem Punkt, bei dem ich Sie bedauere, Herr Bundesminister. Ich bedauere Sie, daß Sie einer Fraktion angehören, die eingesteht, daß die ÖVP Partikularinteressen nachgeht. Die ÖVP strebt an, eine personalisierte Gesetzgebung zu erreichen. Wir haben in der letzten Sitzung ein Gesetz für 39 Personen in diesem Land geschaffen. Jetzt nehmen wir eine Änderung vor, die zwischen den Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP akkordiert worden und eigentlich auf das Bestreben eines Mannes zurückzuführen ist. Das halte ich für keine gelungene Sache.

Herr Bundesminister! Mit solch individualisierten Gesetzen meine ich die Möglichkeit der Schaffung von Fakultäten, die absolut nicht notwendig ist. Die Betroffenen selbst haben in großer Mehrheit gesagt, daß sie dies überhaupt nicht wollen. Herr Bundesminister! Sie selbst haben gesagt, daß Sie, solange Sie Bundesminister sind, die Notwendigkeit auf jeden Fall nicht anerkennen werden. Ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet. Es ist wirklich so, daß die Bestrebungen, eine Handvoll von Personen zu beglücken, dazu führen, daß man dann eigentlich personalisierte Gesetzesnovellen machen muß.

Herr Professor Lukesch! Ich wünsche mir, daß Sie uns noch möglichst lange erhalten bleiben, damit jedesmal eine Nachjustierung möglich ist, wenn wir Nachfolger und Nachbesetzungen haben, und gewissermaßen immer eine persönliche Note in jedes Gesetz hineinkommt, damit möglichst viele befriedigt werden. Das halte ich nicht für die Kompetenz eines Parlamentes. Denn das Parlament sollte sich eigentlich darauf beschränken, Gesetze zu erlassen, wenn diese notwendig sind und auf ein möglichst großes Gebiet anwendbar sind. Individualgesetze, wie sie offensichtlich angestrebt werden, sind sicherlich nicht das, was wir uns wünschen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Zu manchen Facetten des Gesetzentwurfes, die nicht so gelungen sind, erlaube ich mir noch einige Anmerkungen. Zum einen betrifft dies den Bereich des Films. Es ist durchaus plausibel, daß der Film nicht sozusagen pauschal eine Studienrichtung sein kann. Denn die Aufgabe eines Kameramannes ist sicherlich eine völlig andere als die eines Regisseurs. Meiner Meinung nach sollte man, sobald die Erfahrungen und Auswertungen der ersten Phase dieses neuen Studiums vorliegen, eine Nachjustierung vornehmen.

Im künstlerisch-theoretischen Bereich sehe ich durchaus Ausbaumöglichkeiten.

Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Krüger in puncto Industriedesign muß ich sagen, daß ich dies nicht so sehe. Für mich ist ein Industriedesigner eigentlich ein Künstler, der technisches Verständnis hat. Ich wünsche mir nicht, daß dies Techniker mit einem künstlerischen Verständnis sind. Ich halte es für sehr wichtig, daß ein Industriedesigner als Künstler und befreit von den Zwängen und Normen, die man in einer sehr technisierten Welt vorfindet, an die Materie herantritt. Denn die Materie lautet, Design in die technische Welt hineinzubringen. Daher glaube ich, daß wir es mit der Schaffung des Titels eines Mag. artium versuchen sollten.

Meiner Meinung nach stellen die Kremser Vorschläge bezüglich Straffung des Präsidiums – eine Materie, die jetzt auch zur Debatte steht – einen guten Vorschlag dar. Ich würde diesen Vorschlag gerne unterstützen.

Ich habe allerdings, um die Partikularinteressen der ÖVP zu untermauern, auch noch ein Anliegen. Herr Bundesminister! Ich zitiere das OTS der ÖVP vom 10. Juni, offensichtlich ein Text, der mit Ihnen akkordiert worden ist, Herr Professor Lukesch. Da steht unter "Universitäten der Künste in Innsbruck": "Dies ist letztlich auch deshalb gelungen, weil ÖVP-Klubobmann Khol seine Heimat in Tirol hat." – Ich freue mich, daß Herr Klubobmann Khol eine sehr schöne Heimat hat. Ich kann Ihnen dazu nur gratulieren. (Abg. Dr. Khol: Sie kommen ja auch aus Tirol! Sie sind auch zur Hälfte Tirolerin!) Natürlich, ich gratuliere Ihnen auch dazu. (Abg. Dr. Khol: Ihr Vater war immer sehr stolz darauf, ein halber Zillertaler zu sein!) Ich heiße auch so, Herr Khol! (Abg. Dr. Khol: Dann kritisieren Sie nicht Tirol!) Ich kritisiere Tirol nicht. Ich habe es gerade gelobt. Ich habe gesagt, daß Sie eine sehr schöne Heimat haben.


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Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, daß seit 36 Jahren versucht wird, in Salzburg eine medizinische Fakultät einzurichten. Übersiedeln Sie nach Salzburg, damit Salzburg eine medizinische Fakultät bekommt, oder bedarf es eines Klubobmannes einer anderen Fraktion, um die Errichtung einer medizinischen Fakultät in die Wege zu leiten? Ich kritisiere, daß es offensichtlich vom Wohnort eines Menschen als maßgebliches Element abhängt, ob es zur Schaffung von wichtigen Einrichtungen an eben diesem Ort kommt. Das ist eigentlich der verwerfliche Zugang, den die Kollegen von der ÖVP haben. Sie sollten sich dessen bewußt sein, daß Sie Gesetze für möglichst viele Leute machen und nicht Partikularinteressen nachgehen sollten. Sie sollten dem gegenüber resistent sein.

Ich weiß, daß Sie es wunderbar finden, wenn Sie Gesetzesmaterien so deformieren, daß sie ihrem ursprünglichen Ziel nicht mehr entsprechen. (Abg. Dr. Lukesch: Da dürfen wir keine Universitäten mehr gründen, Frau Kollegin! – Abg. Dr. Khol: Haben Sie etwas gegen die Kunst in Tirol? Wir gestalten es so, wie es die Mehrheit des Nationalrates will! Sie werden uns aus Ihrer Minderheitenposition heraus nichts diktieren!) Sie waren nicht im Ausschuß, Herr Kollege, Sie waren nicht im Ausschuß. (Abg. Dr. Khol: Aber ich habe die Verhandlungen im Ausschuß sehr genau verfolgt!) Es waren im Ausschuß alle der Meinung, daß wir diese Änderung nicht bräuchten. Da dies aber von einer Fraktion so massiv verlangt wird, wird dies eben einfach akzeptiert. Der Minister sagt sogar, wir bräuchten das nicht.

Ich sehe nicht ein, warum wir einer kleinen Gruppe von Menschen nachgeben sollten, um deren Partikularinteressen und das durchzusetzen, was mehr kostet, nämlich die zusätzliche Etablierung von Dekanaten. Das ist es, was ich nicht verstehe. Ich wollte es eigentlich nicht zitieren, aber Sie geben einer Person nach, die nach dieser Liste folgende Funktionen hat: Sie ist Mitglied der Raumkommission, der Personalkommission und der Berufungskommission. (Abg. Dr. Lukesch: Die ganz normalen Tätigkeiten eines Professors!) Wo ist denn diese Person noch überall Mitglied? – Es ist unglaublich. Dieser Mann hat natürlich alle Fäden in der Hand und kann alles erzwingen, was er will. Dieser Person geben Sie nach. Das finde ich in der Vorgangsweise inkorrekt.

Ich hätte mir gewünscht, daß wir Liberale diesem Gesetz zustimmen können. Aufgrund der Entwicklung, die dieses Gesetz in letzter Zeit genommen hat, bin ich leider nicht in der Lage, diesem zuzustimmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte.

12.34

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn ich den Oppositionsrednern so zuhöre, werde ich ja richtig stolz und bekomme eine neue Perspektive von meiner Bedeutung. (Abg. Böhacker: Aber nicht überbewerten, Herr Kollege!)

Frau Kollegin Gredler! Ich darf Ihnen aber etwas sagen: Was wir an dieser Stelle vertreten, sind nicht die Interessen eines einzelnen Mannes, sondern es sind die Interessen der ÖVP und der Kunst in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn Sie meinen Klubobmann und mich dafür kritisieren, daß wir uns besonders dafür eingesetzt haben, einen neuen Standort in Form der Universität der Künste in Innsbruck zu schaffen, dann verstehe ich Sie überhaupt nicht. Es gibt keinerlei kritische Stimmen in Tirol. Es gibt bereits seit zehn Jahren Pläne auf diesem Gebiet, einen künstlerischen Schwerpunkt in Tirol zu setzen. Wenn Sie die Geschichte unseres Landes ein wenig kennen würden, dann müßten Sie wissen, daß vom 15. Jahrhundert ausgehend bis in das 18. Jahrhundert Tirol ein Mittelpunkt des Kulturlebens Europas gewesen ist. An diese Tradition wollen wir wieder anknüpfen. Wir sind froh darüber und stolz darauf, daß uns dies gelungen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist ein feierlicher Tag im Parlament. Wir haben gerade die Angelobung des Herrn Bundespräsidenten verfolgt. Ich bin dem Herrn Bundespräsidenten sehr dankbar dafür, daß er unter den wesentlichen Anliegen, die er vorantreiben wird, auch die Wissenschaft, die Kunst und die Kultur unseres Landes genannt hat. (Beifall bei der


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ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. ) Diese Gesetze stehen also unter einem sehr guten Stern. Ein wenig von der Stimmung dieser Feierstunde können wir auch in den Nationalrat übernehmen, denn meiner Meinung nach hat sich der jetzt zwei Jahre dauernde Einsatz im Sinne einer Gleichwertigkeit von Kunst und Kultur sehr wohl gelohnt. Denn Österreich ist gerade wegen seiner Kunst und Kultur bekannt. Sie prägen unser Image im Ausland.

Meine Damen und Herren! Es ging uns dabei – ich verweise auf die Beiträge, die meine Handschrift und die der ÖVP-Vertreter im Wissenschaftsausschuß tragen – nicht um irgendeine Gleichmacherei, also nicht darum, Kunst und Wissenschaft über den gleichen Leisten zu schlagen oder gar die Kunst im Gewande der Wissenschaft in den Universitätsbereich hineinzubringen. Nein! Kollege Krüger hat richtig gesagt, daß Kunst und Wissenschaft bedeutende Bereiche der österreichischen Identität sind und nach dem Staatsgrundgesetz unter demselben Schutz und Freiheitsgebot stehen. Es ging uns darum, die Kunst als Kunst gegenüber der Wissenschaft zu emanzipieren. Das ist gelungen. Dafür danke ich auch dem Herrn Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme nun zur Kritik, die die Anpassung des Organisationsrechts und zum Teil des Studienrechts betrifft, die letztlich im Zuge der Diskussion erfolgt ist. Hier wird der Vorwurf erhoben, daß insbesondere meine Fraktion beziehungsweise ich nur dem Diktat oder dem Willen eines Vertreters der Musikhochschule in Wien gefolgt wäre. Ich lehne das ab und weise diesen Vorwurf auf das schärfste zurück. Wir haben ebenso viele Schreiben, die für die Möglichkeit der Einrichtung von Fakultäten plädieren, wie Schreiben, die dahin gehend lauten, daß diese nicht gebraucht würden.

Frau Kollegin Gredler! Ich verstehe Sie als Liberale überhaupt nicht, wenn Sie gerade diesen Punkt kritisieren. Sie wissen doch, daß es darum geht, Fakultäten als Möglichkeiten zuzulassen und den Universitäten zusätzlich einen organisatorischen Freiheitsgrad zu verschaffen, und zwar dann, wenn sie aufgrund ihres besseren – ich zitiere Hayek – lokalen Wissens den Nachweis erbringen können, daß dies in bezug auf die Ausbildung, aber auch die Weiterentwicklung der Kunst die effizientere und bessere Lösung wäre. Ich weigere mich als Abgeordneter der ÖVP, auf dieses lokale Wissen einfach zu verzichten und einen wohlverdienten Funktionär, so wie Sie das tun, zu beschimpfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Im Rahmen dieses Universitäts-Studiengesetzes sind auch bestimmte Stundenkontingente für die Ausbildung in Form von Lehrgängen reduziert worden, und zwar für den MAS – Master of Advanced Studies – und den MBA. Wir haben das wohlüberlegt und nach sorgfältiger Prüfung gemacht. Im Interesse der künstlerischen Ausbildung geht es in solchen Lehrgängen nicht zuletzt darum, einen größeren Markt für das hohe Gut der künstlerischen Ausbildung an unseren Kunstuniversitäten zu schaffen.

Wir haben aber gleichzeitig festgestellt und deutlich gemacht, daß sich dieses Stundenkontingent ausschließlich auf betreute Unterrichtseinheiten bezieht. Meiner Meinung nach werden wir mit 800 Stunden für einen MBA in betreuter Form international wettbewerbsfähig bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Idee dieser beiden Gesetze ist schon mehrfach genannt worden. Ich meine, daß die freien und sehr flexiblen Rahmenbedingungen, die an unseren Universitäten herrschen, erst recht für die Kunst notwendig sind. Herr Kollege Krüger! "Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit." – In diesem Sinne wollen wir diese Gesetze verstanden wissen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. )

12.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

12.41

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man im Ausland unterwegs ist und mit den Rahmenbedingungen und dem Ruf Österreichs als Studien- und Forschungsland konfrontiert wird, dann ist man immer – das muß man ehrlich sagen – stolz auf Österreich. Der Ruf unserer Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist international ein sehr hoher. Mir tut es immer gut, wenn ich damit konfrontiert werde.


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Nicht zuletzt deswegen bin ich auch mit dem Gesetz, das heute beschlossen werden soll, im großen und ganzen sehr zufrieden. Meiner Meinung nach wird die dafür notwendige Basis durch die Vorgangsweise, den Kunsthochschulen eine neue Organisationsform zu geben, die diesem ohnehin schon guten Ruf noch besser gerecht wird, noch verbessert. Dagegen spricht überhaupt nichts. Die Grünen freuen sich darüber. Das möchte ich ganz dezidiert feststellen.

Festhalten möchte ich die Mängel, die es im UOG 1993 gegeben hat, und auch die Kritik, die wir im Nationalrat vorgebracht haben. Das KUOG lehnt sich daran an. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß die Demokratisierung akademischer Organe und die Schaffung einer besseren organisatorischen Basis positiv sind. Vor allem ist es auch eine sehr positive Entwicklung, daß die Verbesserung des Standings, der Situation des Mittelbaues an den Kunstuniversitäten angestrebt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Österreich ist es aber offensichtlich nicht möglich, Dinge zu machen, die ganz unumstritten sind. Ich bin zwar keine Expertin auf diesem Gebiet, aber das sind die 182 anderen Abgeordneten auch nicht. Aufgrund meines Wissens, das ich mir bis jetzt angeeignet habe, scheint mir dies etwas zu sein, was relativ konsensual und im sprichwörtlichen Sinne auch konstruktiv durch Erarbeitung entstanden ist. – Herr Professor Lukesch ist vielleicht ein Experte. (Abg. Dr. Lukesch: Ein kleiner Experte!)  – So habe ich dies den Stellungnahmen, dem Begutachtungsverfahren und den weiteren Unterlagen, die man als Abgeordneter erhält, entnommen.

Im folgenden Verlauf wird die Angelegenheit aber gewissermaßen österreichisch. Nichts darf in Österreich perfekt sein, nichts darf wirklich ordentlich gemacht werden. Nichts darf so sein, wie es der eigentlichen Intention entspräche. Dann kommt es zu einem Ergebnis, das der von mir so hochgeschätzte Kollege Niederwieser folgendermaßen beschrieben hat: Wenn es um die Möglichkeit der Fakultätsgliederung auf Kunstuniversitäten geht, wäre Zulassen besser als Verweigerung, und man sollte organisatorische Fragen nicht überbewerten. – Was er sagt, ist an und für sich richtig. Aber es ist dann nicht mehr richtig, wenn man sich das gewissermaßen "Österreichische" dazu denkt und überlegt, was das in Österreich bedeutet.

In Österreich bedeutet genau diese Formulierung, die er gebraucht hat, ein Nachgeben gegenüber Einzelinteressen. Es zeigt schlicht und einfach auf – das sage ich als Nicht gewerkschaftsmitglied der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst –, welche Position die Gewerkschaft oder einzelne haben. Sie sind ein nicht zu übersehender Machtfaktor. Allgemein betrachtet, aus der Perspektive des Arbeitnehmervertreters und Interessenvertreters, ist das auch noch nichts Negatives. Kollege Niederwieser! Doch für die Auswirkungen, die das nach sich zieht, hege ich keine Sympathie und kein Verständnis.

Ich sehe nicht ein, daß sich die Regierung gemeinsam mit den Betroffenen in einem gut organisierten Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß zunächst zu einem Standpunkt aufrafft. Dann aber kommt jemand daher – zugegebenermaßen gehört er einer Fraktion an –, und in letzter Sekunde werden noch zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, die niemand will und braucht, was wir auch monatelang vorexerziert bekommen haben. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Das bedeutet, daß Sie durch dieses Gesetz Dinge zulassen, wodurch de facto die alte Struktur möglicherweise wieder eingeführt werden kann.

Das ist es im wesentlichen. Wenn man das nicht will, dann schreibt man es nicht hinein. Das sind ganz eindeutige, saubere und auch der Intention des Gesetzes entsprechende Möglichkeiten. Deshalb kann ich, so leid es mir tut – nicht nur ich, sondern auch Kollege Öllinger, wenn er bei der Abstimmung anwesend ist, und Frau Dr. Gredler –, diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Denn es ist wichtig, daß genau dieser Kritikpunkt im Parlament vorgebracht wird, um damit auch aufzuzeigen, welche Möglichkeiten – und damit meine ich Fallen – Sie für die Zukunft zulassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da die Kunst in Österreich insgesamt einen so positiven und hohen Stellenwert hat und Österreich überhaupt als Kunst- und Kulturland international gesehen einen wesentlich höheren Stellenwert besitzt – ich möchte das nicht abwerten – denn


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als Industrie- oder Agrarland, was jetzt nichts mit der Qualität der Produkte zu tun hat, sondern einfach damit zu tun hat, daß wir uns als kleines Land mit diesen ideellen Werten überproportional in der Welt präsentieren, ist das Augenmerk, das wir der Ausbildung schenken, auch so besonders wichtig. Sie wären daher meiner Meinung nach gut beraten, von diesem Ihrem Vorhaben noch in letzter Sekunde die Finger oder gewissermaßen die Feder zu lassen und bei der alten Struktur zu bleiben.

Gegen die anderen beiden Gesetzesvorlagen, die jetzt auch zur Abstimmung stehen, habe ich keine Einwände. Daß die Niederösterreicher ihre Donau-Universität haben, ist mir sehr sympathisch. Donau-Universität – das klingt wirklich gut und gefällt mir. Was damit vielleicht auch an Einzelinteressen von Ländern verbunden ist, ist durchaus legitim. Daß dies natürlich in eine Richtung gehen kann, die ein bißchen zu weit geht, zeigt die Tatsache einer möglichen Kunstuniversität in Innsbruck. Das ist nicht eine Geringschätzung des Bundeslandes Tirol. Herr Professor Khol! Ich höre das zum ersten Mal, ich lausche erstaunt. Vielleicht wird einmal etwas daraus, strengen Sie sich an! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

12.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stippel. – Bitte.

12.49

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Nationalrat hat in der 157. Sitzung der XVIII. Gesetzgebungsperiode am 16. März 1994 dem Bundesgesetz zur Errichtung des Universitätszentrums für Weiterbildung mit der Bezeichnung "Donau-Universität Krems" die Zustimmung erteilt.

Ich darf aus meiner damaligen Rede zitieren:

"Wir Abgeordnete und alle, die mit der Vorbereitung zu diesem Gesetz befaßt waren, standen vor zwei Wahlmöglichkeiten: entweder eine universitäre Einrichtung zu schaffen, die eine Universität darstellt – dann bräuchten wir heute kein Gesetz zu beschließen, denn dann hätte das UOG vollinhaltlich Gültigkeit und wäre vollinhaltlich die gesetzliche Basis für die Errichtung der Donau-Universität in Krems –, oder etwas ganz Neues zu schaffen, eine neue Einrichtung in die österreichische Bildungslandschaft zu stellen. Wir haben uns für die zweite entschieden, und daher ist es notwendig, dafür eigene gesetzliche Grundlagen zu schaffen ..." – Zitatende.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben damals in Niederösterreich sozusagen ein Kind aus der Taufe gehoben und haben erwartet, daß dieses Kind rasch zum Manne oder zur Frau reifen würde. – Leider hat sich das nicht nach unseren Erwartungen entwickelt. Das begann bereits beim Präsidium. Im Gesetz war ein Dreierpräsidium vorgesehen. Der Präsident ist nach einigen Monaten abhanden gekommen, eine Vizepräsidentin im Herbst 1996, sodaß bis heute nur eine einzige Vizepräsidentin übrig geblieben ist, der es jedoch auch nicht gelungen ist, aus diesem Kind eine Frau oder einen Mann zu machen.

Sehr geschätzte Damen und Herren, nur einige wenige Zahlen hiezu: Im Studienjahr 1997/1998 gab es nur 387 Studierende. Das Budget für diese 387 Studierenden betrug immerhin 113 Millionen Schilling, wobei 67 Millionen von der öffentlichen Hand aufgebracht wurden. Somit kostet ein Studienplatz an der Donau-Universität etwa 290 000 S. Die Studienplätze in Krems zählen also zu den teuersten in Österreich, falls sie nicht überhaupt die teuersten sind.

Es wird nun im Ministerium eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die in den nächsten zwei Jahren Vorschläge für eine Neuorganisation dieser Einrichtung vorlegen soll. Wir können aber nicht solange damit warten, eine Novellierung dieses Gesetzes durchzuführen, weil die Zeit aus zwei Gründen drängt:

Erstens muß die Wiederbesetzung der Führung mittels Ausschreibung erfolgen, und wir wollen das Gesetz dahin gehend novellieren, daß es statt eines Präsidiums in Hinkunft nur einen Präsidenten beziehungsweise eine Präsidentin gibt. Im Falle einer Verhinderung soll allerdings ein Stellvertreter – im Range eines Abteilungsleiters – seine Aufgabe wahrnehmen. Dieser muß


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mindestens einmal im Monat über alle wesentlichen Geschäftsfälle informiert werden. Damit ist das Vieraugenprinzip, das wir wollen, gewahrt.

Der zweite Punkt ist, daß durch die Außerkraftsetzung des AHStG die in diesem Bundesgesetz angeführten Studien nicht mehr angeboten werden können. Daher ist eine rasche Rechtsbereinigung dergestalt erforderlich, daß wir heute die Durchführung von Universitätslehrgängen gemäß § 23 bis 25 UniStG einschließlich der Verleihung akademischer Grade beschließen müssen (Beifall bei der SPÖ.)

12.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. – Bitte.

12.53

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr verehrter Herr Bundesminister, ich wende mich heute besonders vertrauensvoll an Sie. Wir wissen seit der Sitzung der Bundesversammlung, daß Sie in Ihrem Ressort massive Unterstützung vom Bundespräsidenten – sozusagen der Minoritenplatz vom Ballhausplatz – bekommen werden. Es scheint also, als würde sich dieses örtliche auch zu einem sachlichen Naheverhältnis verdichten. Infolgedessen stehe ich hier voller Freude – um allerdings nur über die Donau-Universität zu sprechen. Trotz jener Kompetenzankündigungen wird es Ihnen, sehr verehrter Herr Bundesminister, nicht erspart bleiben, sozusagen den Karren aus der Donau zu ziehen: aus dem Schlick, der sich dort besonders am Krems/Stein-Ufer allmählich abgelagert hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Würde ich Daten anführen wollen, könnte ich nahtlos an die Ausführungen des Herrn Vorredners anschließen. Ich möchte aber jetzt eher ein bißchen den Hintergrund beleuchten, um darzustellen, was wahrscheinlich auch heute wieder nicht passieren wird: Krems ist nicht Landeshauptstadt geworden, daher sollte die Stadt eine Universität bekommen. Eine Tabakfabrik war freigestanden, also mußte das Gebäude anderweitig genutzt werden. Es gab genug habilitierte und nicht habilitierte Hochschullehrer, die einen Zusatz- oder Hauptverdienst gesucht haben. Natürlich war auch für das Verwaltungspersonal in dieser ehemaligen Tabakfabrik genügend Platz. Zusammenfassend kann man sagen, daß diese Umstände eine schöne Gelegenheit geboten haben, etwas einzurichten. Also was macht man? – Man macht zuerst einmal eine Landesakademie.

Herr Bundesminister! Mit der Idee der Donau-Universität tauchte am Horizont – übertragen: sozusagen am Mündungsquellgebiet der Donau –, das heißt in Ihrem Ministerium, die große Hoffnung auf, daß man etwas Besseres daraus machen könnte. Denn was die Landesakademie gemacht hat, war eigentlich nichts anderes als eine Initiative für ein "Transportunternehmen", um Lehrer und Hörer von Wien nach Krems und natürlich wieder zurück zu karren – und das, obwohl jedermann weiß, daß man auch in Wien zum Heurigen gehen kann und deswegen nicht in die Wachau fahren muß.

Dann scheint also diese Donau-Universität am Horizont auf. Und was wird daraus? – Es wird wieder nichts. Zumindest entsteht keine Universität, sondern es wird eine lange Gesetzesbezeichnung daraus. Dies hat man jetzt auch eingesehen und beginnt mit einer "immensen" Korrektur: Um die Rechtssicherheit, speziell bei Rechtsauskünften, zu steigern, fügt man eine Kurzbezeichnung an: "DUK". Man wird das ja wohl deutsch aussprechen und nicht in Erinnerung an die Entenfamilie von Donald Duck "Duck" sagen. Es wird also aus der "Donau-Universität" die "DUK".

Herrn Kollegen Krüger könnte ich eigentlich den Rat mitgeben: Wenn er für Linz etwas plant, muß es keine Universität sein. Michel, du kannst ruhig etwas anderes machen, wir nennen es dann nur "Traun-Universität", denn der Name "Donau" – Linz an der Donau – ist in diesem Zusammenhang ja leider schon für Krems vergeben. Oder denken wir einmal an Oberhollabrunn – im Sinne von Schnitzlers "Professor Bernardi" will ich keinen Ort nennen, nur einen erfinden: Die Oberhollabrunner Fortbildungseinrichtung wäre dann die "Oberholla-Universität" (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Herr Kollege, wollen Sie dann dort das Rektorat übernehmen, in der "Oberholla"?)


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Sehr verehrter Herr Bundesminister! Wie Sie wissen, gab es in Krems einen MBA-Kurs, und zwar in Form einer Ges.m.b.H.; mit ihm haben sich Gerichte beschäftigt. Es gab einen dritten Präsidenten, der abhanden gekommen ist. Es gab einen zweiten Präsidenten, der abhanden gekommen ist. Wie liest sich das bei dem, was wir heute machen? – "Die Führung der täglichen Geschäfte einer Universität durch ein Kollegialorgan ist in der Praxis nur sehr schwer konsequent einzuhalten." – Das heißt, in der Theorie schon, nur in der Praxis geht es halt nicht. Und wenn schon die Präsidenten abhanden gekommen sind, machen wir aus dem, was sozusagen übrigbleibt, nur einen Präsidenten. Ich erwähne das jetzt nicht aus Ironie und auch nicht, um das irgendwie abzuwerten, aber: Es muß offenbar so geschehen, denn es findet sich kein zweiter oder dritter Präsident, der dorthin geht.

Damit sind wir eigentlich beim Kern der Sache: Es fehlt dieser Institution an Renommee. Herr Kollege Stippel hat das in anderen Worten sehr höflich gesagt, ich sage es jetzt mit einem zusammengesetzten Hauptwort: Es war eine Totgeburt. Herr Minister! Es wird wirklich Zeit – und ich bitte Sie inständig darum –, daraus etwas zu machen. Das sollte nicht erst innerhalb der nächsten zwei Jahren geschehen, sondern möglichst rasch.

Was die Legistik betrifft: Dieses Hinwegschleppen mit kleinen kosmetischen Operationen ist uns zuwenig. Wir wünschen uns eine Donau-Universität, die wirklich eine Universität ist. – Ansonsten möge man dort wieder zur Zigarettenfabrikation zurückkehren. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.

12.58

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich erlaube mir, zu zwei der bisher angesprochenen Themen auch einige Worte zu sagen.

Ich denke, daß die Neuordnung der Kunsthochschulstudienbereiche, und zwar sowohl des Organisations- als auch das Studienrechtes, tatsächlich Anlaß ist, heute zufrieden zu sein. Nach langen und ausführlichen Diskussionen mit allen, die in diesem Bereich interessiert und engagiert sind, ist es uns gelungen, ein Konzept vorzulegen und gemeinsam auch im entsprechenden Ausschuß zu verhandeln, das eine Integration der bisherigen Hochschulen der Künste in das System des UOG und in das System des Universitätsstudienrechtes bringt und das Universitäten der Künste in Österreich einrichtet. Damit wird die Gleichstellung, wie sie insbesondere von den Studierenden seit Jahren verlangt wird, auch für die Absolventen garantiert.

Es ist mir ein Anliegen, daß wir nicht nur in Sonntagsreden davon reden, daß Österreich und seine Studenten ein besonderes Naheverhältnis zur Kunst haben, daß Österreich eine Großmacht der Künste ist. Wichtig ist mir, daß auch konkret die Absolventen derartiger Studien eine seriöse, gleichwertige und universitäre Grundlage für ihr späteres Leben gewinnen können. Die Voraussetzungen dafür werden mit den heute vorliegenden Gesetzentwürfen geschaffen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich denke, wir sollten auch sehen, daß es in den heute zur Beschlußfassung anstehenden Vorlagen darum geht, die Autonomie, die bisher für die Universitäten gültig war, auch auf die künftigen Universitäten der Künste auszudehnen. Wir sind davon überzeugt, daß es den Hochschulen, den Universitäten angemessen ist, ein Mindestmaß an Selbstgestaltungsfähigkeit auch im organisatorischen Rahmen zu haben. Daher ist es ein konsequenter Schritt, auch den Universitäten der Künste diesen Rahmen einzuräumen.

Weiters geht es darum, daß wir, was die Besetzung beziehungsweise die Besetzbarkeit von Leitungsfunktionen in Universitäten angeht, einen weiteren Schritt unternehmen. Wir konnten nicht den gesamten Reformschritt, den wir vorgeschlagen haben, durchsetzen, aber wir machen einen Schritt weiter. Dieser Schritt geht in die Richtung, daß die Universitäten selbst, also die Wahlberechtigten innerhalb der Universitäten, darüber entscheiden können, ja darüber entscheiden sollen, wer die geeignetsten Führungspersönlichkeiten zur Wahrnehmung der Manage


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mentfunktionen innerhalb dieser Universitäten sein sollen. Wir haben daher auch die Funktion des Rektors für weitere Gruppen des sogenannten Mittelbaus geöffnet.

Zur Frage, die in den Ausführungen des Vorsitzenden des Wissenschaftsausschusses, aber auch anderer Redner relativ breiten Raum eingenommen hat, welche vorbereitenden Diskussionen der heutigen Konzeption, vor allem dem Organisationsrecht vorangegangen sind, lassen Sie mich folgendes grundsätzlich sagen: Wir haben unter sehr, sehr engagierter Arbeit der Beamtinnen und Beamten meines Hauses zwei Begutachtungsverfahren durchgeführt. Wir haben dabei versucht, möglichst große Übereinstimmung vor allem mit den Betroffenen selbst zu erzielen. Aber – und ich gebe auch das zu bedenken – natürlich war der vorliegende Gesetzentwurf, bevor er das Parlament erreicht hat und auch noch danach, Grundlage von Verhandlungen und Gesprächen mit der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, insbesondere der Sektion der Hochschullehrer. Ich denke, daß es auch gut war, daß wir das getan haben. Es geht dabei nicht nur um das Organisationsrecht, sondern in weiterer Konsequenz auch um das Dienstrecht der Betroffenen. Ich bekenne mich dazu, daß die Gewerkschaften in Österreich die Vertretung der Arbeitnehmer sind – auch im öffentlichen Dienst. Daher haben wir mit ihren Vertretern zu verhandeln. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In diesen Verhandlungen ist es notwendig, Kompromisse zu schließen. Lassen Sie mich zumindest ein Wort auch dazu sagen – ich wundere mich darüber, daß das heute in den Reden hier anders gesehen wurde –: Die parlamentarische Demokratie, die Demokratie insgesamt, lebt davon, daß versucht wird, gemeinsam Lösungen zu finden. Gemeinsame Lösungen setzen voraus, daß man bereit und in der Lage ist, Kompromisse zu schließen. Natürlich sind Kompromisse nicht das Wunschergebnis, das sich der einzelne vorgestellt hat. Man hat eine eigene Vorstellung, wie Dinge geregelt sein sollten, wenn man sie selbst und allein regeln könnte. Aber ich bekenne mich in vollem Umfang dazu, daß wir, wenn wir eine gemeinsame Grundlage finden wollen, ja müssen, auch Kompromisse zu schließen haben. Diese dürfen freilich die Sache selbst nicht zerstören.

Das, was wir in Sachen Organisationsrecht heute vorgeschlagen haben, ist die fakultative Einrichtung von Fakultäten auch an den Universitäten der Künste. Deswegen ist ja dieser Begriff kreiert worden. Es zwingt uns niemand dazu – außer die Einsicht –, so etwas zu tun. Solange diese Einsicht nicht vorliegt, werden wir es nicht tun. Und wenn sie vorliegt, dann – das verspreche ich Ihnen – werden wir es tun. Ich denke, wir sollten schon auch ein Mindestmaß an Achtung vor dieser Art des Umgangs mit anderen Auffassungen haben.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich ein Letztes zur Frage der Donau-Universität Krems sagen. Ich möchte nicht über die Entstehungsgeschichte der Donau-Universität sprechen, allerdings über die Perspektiven und über die Erfahrungen, die wir mit der lebenden Donau-Universität gemacht haben. Die Donau-Universität ist ein besonderes Instrument universitärer Bildungsarbeit: eine Universität, die sich bisher ausschließlich auf den Bereich der Fortbildung konzentriert hat. Ich denke, daß niemand im Hohen Hause bestreiten wird, daß das Angebot einer qualifizierten Fortbildung – sei es nach einer sekundären, sei es nach einer post-sekundären Ausbildung – zunehmend an Bedeutung gewinnt. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß die ausschließliche Konzentration auf die Grundausbildung falsch ist. Je mehr und dynamischer sich die Welt verändert, desto notwendiger ist es, begleitende Fortbildungsangebote zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Donau-Universität ist als Fortbildungs-Universität eingerichtet worden, aber – das ist richtig – sie hat bei den anderen, bei den sogenannten großen oder Grundausbildungs-Universitäten gewisse Akzeptanzprobleme. Ich denke, daß es wert ist, dieser Frage etwas näher nachzugehen und zu fragen, was die Gründe dafür sind. Dieselben Universitäten, die nicht wirklich bereit waren, mit der Donau-Universität zu kooperieren, waren aber gegebenenfalls sehr wohl bereit, Teile ihrer Lehrenden für die Donau-Universität einzusetzen. Anders gesagt: Dieselben Menschen waren bereit, sich als Lehrende an der Donau-Universität zu engagieren, aber gegebenenfalls auch als Kritiker zu fungieren.


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Es geht darum, entweder eine Basis für diese Kooperation zu finden – oder das Konzept der Donau-Universität zu ändern. Was wir nämlich nicht wollen – ich sage das ausdrücklich –, ist ein "Zwergerl", das Fortbildung betreibt gegen den Widerstand aller anderen Universitäten. Wir wollen, daß die anderen Universitäten begreifen, daß auch dort Fortbildung notwendig ist, und wir wollen, daß mit der Donau-Universität als einer geeigneten Einrichtung dafür Kooperation betrieben wird.

Wir haben daher eine zeitlich begrenzte Projektphase eingerichtet, in der wir entweder diese Kooperation mit den übrigen 18 Universitäten, wie sie künftig heißen werden, erreichen – oder wir werden die Donau-Universität zu einer Volluniversität, wahrscheinlich im wirtschaftlichen Bereich, umwandeln. Die kommenden nächsten beiden Jahre werden vermutlich auslangen, um die notwendigen Vorbereitungen für die Weiterentwicklung der Donau-Universität Krems zu leisten.

Folgendes steht mit Sicherheit fest: Die Donau-Universität Krems, der Standort Krems wird als Universitätsstandort erhalten bleiben. Und man sollte dabei auch nicht vergessen, daß die Donau-Universität in vielen Bereichen, insbesondere was die Ausstattung mit Controlling-Instrumenten und betriebswirtschaftliche Unternehmensführung betrifft, in der Zeit ihrer Existenz geradezu vorbildlich gearbeitet hat. Davon können sich die anderen Universitäten etwas abschauen. Sie wissen das zwar, aber ich möchte es heute trotzdem erwähnen.

Hohes Haus! Ich denke, wir sollten die Bildungsinstitutionen, die wir haben, weiterentwickeln und ständig kritisch auf ihre Leistungen hin überprüfen, aber wir sollten sie nicht verdammen. Vielmehr sollten wir ihnen helfen, ihre Aufgabe zu erfüllen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Morak. – Bitte.

13.07

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich möchte gleich zu einem Thema kommen, das mich im Zusammenhang mit diesem Gesetz schon die ganze Zeit beschäftigt hat. Dieser Punkt ist auch oft gefallen – und ich meine, oft mißverständlich interpretiert worden.

Im Laufe dieser Gesetzwerdung war das grundsätzliche Problem nie bei den Hochschulen im Bereich der bildnerischen Gestaltung zu finden, sondern ausschließlich bei der Musik. Das hat natürlich auch einen Grund und auch eine Geschichte. Die Grundintention des ersten Entwurfes zu diesem Gesetz war quasi gesamtschulhaft: Die Virtuosen, die Musiklehrer und die künftig diskursiv mit diesem Thema Beschäftigten sollten "zusammengepackt" werden. – Dazu möchte ich nur bemerken: Das sind drei grundsätzlich verschiedene Ausbildungsvarianten und natürlich auch drei grundsätzlich anders denkende Menschentypen.

Warum gab es diese Probleme nicht im bildnerischen Bereich? – Im bildnerischen Bereich steht nicht das Handwerk im Vordergrund – in der Musik hingegen sehr wohl! Es gibt keinen einzigen Virtuosen, der das Instrument nicht beherrscht. Das gilt es einmal zu erlernen. Dazu dienen natürlich die Musikhochschulen und auch der Einzelunterricht. Das bedeutet aber, daß einerseits vermittelnde Lehrerausbildung und andererseits eine Ausbildung zu höchst konkurrenzfähigen Virtuosen geboten werden müssen. Noch einmal gesagt: Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

In diesem Zusammenhang von einer "Lex Breunlich" zu reden, ist, sagen wir es einmal tiefstapelnd, nicht ganz korrekt. Ich kenne nämlich unzählige Professoren aus dem Konzertfach, die sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt haben, diesen "Mix" zu machen. Das Argument, damit das Niveau der IGP anheben zu können, kann man ebenso umdrehen – und das haben Sie auch getan! Sie haben nämlich gesagt, daß damit das Niveau des Konzertfaches niedriger gemacht beziehungsweise gesenkt werde.


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Ich meine, daß das Gesetz, so, wie es jetzt vorliegt, einen Ausgleich dieser beiden Interessen ... (Abg. Dr. Graf: Ich halte Sie für einen ausgezeichneten Rhetoriker, aber es fällt schon schwer, gegen seine eigene Überzeugung zu reden!) Wie meinen? (Abg. Dr. Graf: Es fällt schon schwer, gegen seine eigene Überzeugung zu reden!) Also bitte! Aus der eigenen Erfahrung heraus: Wenn mir auf der Schauspielschule einer gesagt hätte, ich soll Pädagogik machen, wäre ich ausgewandert. Mich hat das nie interessiert. Mich interessiert es möglicherweise jetzt. Aber mich hat es damals, in meinem Ausbildungsweg, nie interessiert. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Gut, lassen wir das, wir können das dann nachher bereden.

Ich meine, daß mit diesem Gesetz in diesem Interessenkonflikt ein fairer Ausgleich geschaffen wird. Die Kürzung der Studiendauer in manchen Bereichen – das sage ich jetzt auch gleich dazu – schafft Probleme. Ich glaube, daß wir alle dazu angehalten sind, für bessere Vorbildung zu sorgen – auch in den Landesmusikschulen und in den Musikschulen überhaupt –, weil die künstlerische Reife natürlich nicht nur von der Technik abhängig ist, sondern auch von der Zeit. Das heißt also, es ist von der Lebenszeit und davon, wie man an diese Sachen herangeht, abhängig. Ich meine, daß das Gesetz ein Anstoß dazu ist, eine grundlegende Verbesserung der musikalischen Vorbildung zu erzielen, und ich meine auch, daß wir das nötig haben.

Frau Dr. Gredler! Wenn Sie sich auf der einen Seite – wahrscheinlich vollkommen zu Recht – bei Frau Mag. Mayer und beim Herrn Minister bedanken, aber auf der anderen Seite sagen, daß es sich bei dieser Gesetzesvorlage um eine "Lex Lukesch" oder eine "Lex Breunlich" handle, dann verstehe ich Ihre Argumentation nicht ganz. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

13.12

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich habe es bereits vorhin gesagt: Es fällt dem Kollegen Morak, den ich an sich ja als guten Rhetoriker schätze, wirklich schwer, in dieser Frage das Wort zu finden. Sie haben nämlich folgendes gemacht, Herr Kollege Morak: Sie haben mit wenigen Sätzen, aber doch wortreich der Trennung zwischen Forschung und Lehre das Wort geredet. Und darauf läuft es in Wirklichkeit hinaus. Sie und Ihre Kollegen von der ÖVP halten im wesentlichen, wenn man das ein bißchen übertragen sieht, am Status einer Kunsthochschule fest und sind nicht wirklich für eine Umwandlung in eine Universität.

In übertragenem Sinne ist die Forschung in den Kunsthochschulen das konzertante Fach, und die Lehre ist die Pädagogik. Im Staatsgrundgesetz ist festgeschrieben, daß es auf der Universität – das ist das Kennzeichen der Universität – eine Einheit von Forschung und Lehre geben muß, und das ist zwingend. Davon kann man nicht abrücken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben mit der "Lex Breunlich" und der "Lex Lukesch" diese Bereiche wiederum geteilt gelassen. Und genau dort liegt der Kardinalfehler. Es mag schon sein, daß Sie mit der Pädagogik nichts anfangen können, aber: Es gibt nicht nur interessante Fächer auf der Universität, und man kann sich eben bei einer Gesamtausbildung nicht nur die Rosinen herauspicken! Das geht nicht. Das ist ein Ansatz, den auch Sie begreifen müssen.

Der Herr Bundesminister hat auch nicht seiner Überzeugung das Wort geredet, als er sagte, er sei mit dem vorliegenden Gesetzesvorschlag zufrieden. Sie haben damit recht, daß es in Wirklichkeit ein Kompromiß ist, der – in diesem Zusammenhang sollte man die Leistung der Freiheitlichen nicht schmälern, Sie hätten uns ruhig erwähnen können – auch mit unserer Hilfe beziehungsweise aufgrund unseres Vorstoßes durch das Einbringen dieses Gesetzentwurfes im ursprünglichen Sinn, und zwar in Form eines eigenen Initiativantrages, überhaupt erst zustande gekommen ist. Das, was Lukesch und Breunlich erreichen wollten, ist damit zumindest entschärft worden. Das ist letztendlich auch ein Verdienst unserer Fraktion gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin sehr enttäuscht darüber, daß unser Antrag, obwohl er vor der Regierungsvorlage ins Parlament gelangt ist, heute – aus welchen Gründen auch immer – nicht zur Debatte steht. Er fin


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det sich nicht auf der Tagesordnung, obwohl es einen Bericht des Wissenschaftsausschusses hiezu gibt. Man hat ja auch schon im Ausschuß versucht, diesen Antrag zu übergehen. Nunmehr ist es gelungen, ihn auch am Plenum vorbei zu behandeln. Aber unsere Fraktion wird aus der Not insofern eine Tugend machen, als wir sagen: Dieser Kompromiß, den Sie geschlossen haben, wird sich bald als fauler Kompromiß herausstellen. Sie werden sehen, daß sich die "Lex Breunlich" auf den Punkt bringen läßt: Einzelinteressen sind vor Gesamtinteressen gestellt worden.

Deshalb wird es auch früher oder später – wahrscheinlich früher – notwendig sein, eine Novelle zu machen. Wenn im Herbst aller Voraussicht nach dann noch einmal dieses Thema behandelt wird, sehe ich eigentlich gute Chancen dafür, daß unser Antrag, der ja bereits vorliegt, in Wirklichkeit schon die Novelle ist. Sie werden zu diesem Ergebnis kommen, und dies ist nichts Neues oder Verwunderliches. Das UniStG wurde am 25. April 1997 hier im Hohen Hause beschlossen. Bereits am 27. Februar 1998 mußte die erste Novelle gemacht werden, weil man letztlich Fehler eingestehen mußte.

Ich nehme deshalb an, daß es ungefähr im gleichen Zeitraum notwendig sein wird, gesetzliche Änderungen auch für die Kunsthochschulen herbeizuführen. Herr Minister! Das heißt also, daß Sie getrost in die weitere oder kürzere Zukunft gehen können: Die Novelle liegt bereits im Hohen Haus, und wir werden sie sicherlich noch in diesem oder in einem ähnlichen Sinn beschließen. Sie werden sich dann sicherlich an meine Worte erinnern.

Noch eine Sache zum Professor Breunlich: Es verwundert mich wirklich, daß Kollege Lukesch behauptet, die Ämterkumulierung, die Professor Breunlich betreibt, sei an der Universität ein "Normalfall". – Das ist nicht so, und Sie wissen das auch. Er hat sich kraft seiner Ämter – zum Leidwesen der Universität, sicherlich auch der SPÖ und der Freiheitlichen – bei der ÖVP durchgesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Er ist von allen demokratischen Gremien gewählt worden!)

Ich werde Ihnen aufzählen, welche Ämter er bekleidet, damit wir auch wissen, über welchen Mann wir reden und wen Sie, Herr Kollege Lukesch, verteidigen. Herr Professor Breunlich ist Mitglied des Zentralausschusses der Hochschullehrer, Vorsitzender der Bundessektion Hochschullehrer, Sprecher des Zentralausschusses für Hochschullehrer beim Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr. Er ist in der Raumkommission Seilerstätte, in der Gesetzeskommission, im Gremium zur Klärung der verschiedenen Anrechnungsmodalitäten innerhalb der einzelnen Abteilungen, in der Gastprofessorenkommission, in der Beratungsrunde in Budgetfragen, im Raumkontaktkomitee, in der Verwaltungsreformkommission, und er ist Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der Musikerzieher.

An dieser Stelle sagte der Herr Minister in der Anfragebeantwortung vom 28. Mai 1998 – und das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie sagen –, daß diese Beschäftigungen Professor Mag. Breunlichs gewiß das für Hochschullehrer übliche Maß übersteigen. – Und genauso ist es. Aber damit nicht genug. Er hat noch viele, viele andere Geschäfte, "G’schaftln" und Nebenjobs. Er ist ja auch schon universitätsbekannt – nunmehr universitätsbekannt; vorher war er hochschulbekannt. Die Hochschülerschaftsvertretung hat das bereits seit Jahren angeprangert. Das ist Ihr Mann. Ihr Mann hat sich durchgesetzt. (Abg. Dr. Lukesch: Bringen Sie bitte sachliche Argumente!) Bekennen Sie sich wenigstens zu diesem Mann, und versuchen Sie das nicht als "Normalfall" in Österreich abzutun! Er ist ein Urgestein von Bonzentum in Österreich, das hoffentlich bald der aussterbenden Spezies angehört. Das muß man hier feststellen: Sie von der ÖVP halten an diesem Urgestein fest, und das ist schlecht für die Universität! Sie, Herr Kollege Lukesch, sind selbst Universitätsprofessor und sollten das daher wissen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bleibe dabei: Forschung und Lehre dürfen nicht getrennt werden – auch nicht durch den Professor Lukesch! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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13.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

13.18

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Graf, ich muß sagen – und da gebe ich Ihnen durchaus recht –: Ich war auch über die Liste der Funktionen erstaunt, die Herr Breunlich innehat. Es kann mir auch niemand einreden, daß das ein übliches Ausmaß auf universitärer Ebene wäre. Da muß ich Ihnen recht geben.

Ich möchte gemeinsam mit den Abgeordneten Niederwieser und Lukesch einen Abänderungsantrag zum Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste einbringen. Der Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Dr. Lukesch, Ablinger und Genossen betreffend den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1228 der Beilagen): Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste (KUOG) (1352 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

1. Am Ende des ersten Satzes des § 35 Abs. 3 wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgender Satzteil angefügt:

"sofern die Planstelle ausschließlich einem einzigen Institut zugewiesen ist, sonst durch die Rektorin oder den Rektor auf Vorschlag der Universitätsdirektorin oder des Universitätsdirektors und nach Anhörung der beteiligten Institutskonferenzen."

2. § 35 Abs. 4 lautet:

"(4) Die Aufnahme der Allgemeinen Universitätsbediensteten an Instituten in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis erfolgt nach Maßgabe besonderer gesetzlicher Bestimmungen auf Antrag der Rektorin oder des Rektors, dem ein Vorschlag der Institutsvorständin oder des Institutsvorstandes nach Anhörung der Institutskonferenz zugrunde liegt, sofern die Planstelle ausschließlich einem einzigen Institut zugewiesen ist, sonst auf Antrag der Rektorin oder des Rektors, dem ein Vorschlag der Universitätsdirektorin oder des Universitätsdirektors nach Anhörung der beteiligten Institutskonferenzen zugrunde liegt. Die Aufnahme an anderen Universitätseinrichtungen erfolgt auf Antrag der Rektorin oder des Rektors, dem ein Vorschlag der Leiterin oder des Leiters der betreffenden Universitätseinrichtung zugrunde liegt."

3. Dem § 38 Abs. 1 wird der Punkt am Ende der Z 5 durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 6 angefügt.

"6. Im Fall der Gliederung der Universität der Künste in Fakultäten die Dekanin oder der Dekan für die Institutsvorständinnen oder Institutsvorstände im Wirkungsbereich der Fakultät."

4. Im § 45 Abs. 1 Z 3 wird nach dem Wort "Universitätsbediensteten" ein Beistrich gesetzt und folgende Wortfolge angefügt:

"die mehreren Instituten oder sonstigen Universitätseinrichtungen zugeordnet sind".

5. Im § 65 wird nach dem Abs. 2 folgender Abs. 3 eingefügt:

"(3) Die Aufgaben des Kupferstichkabinetts umfassen insbesondere

1. den planmäßigen Aufbau der bereits bestehenden Sammlung, Anlage neuer Sammlungen;

2. die Prüfung der Sammlung nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft auf ihren Erhaltungszustand und die Setzung geeigneter Maßnahmen zur Restaurierung und Sicherung;

3. Darbietung gewählter Objekte der Sammlungen für die Öffentlichkeit;


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4. Bestimmung, Inventarisierung und Katalogisierung der Bestände;

5. Unterstützung der Universitätsangehörigen im Lehrbetrieb und bei der Erschließung der Künste."

Der Abs. 5 erhält die Bezeichnung Abs. 4.

*****

Im wesentlichen geht es in Z 1 bis Z 4 um die Korrektur von Redaktionsversehen und in Z 3 um eine Klarstellung für den Aufgabenbereich des Kupferstichkabinetts. – Soweit zu diesem Abänderungsantrag.

Nur noch zwei ganz kurze Anmerkungen. Herr Abgeordneter Krüger! Sie haben das Studium des Industrial Design in Linz angesprochen: Tatsache ist, daß es sich bei der gewünschten Bezeichnung um einen Titel handelt, der bisher völlig unbekannt ist (Abg. Dr. Krüger: In Europa ist es bekannt!), und es ist nicht so, daß man dadurch in Linz irgendwelche Nachteile hätte. Deswegen soll es bei diesem Magister bleiben. Noch einmal: Man kann auf keinen Fall von irgendeinem Nachteil, in welcher Form auch immer, reden.

Der nächste Punkt betrifft etwas, was noch nicht erwähnt worden ist und worauf ich eigentlich im Zusammenhang mit dem KUOG stolz bin: Es ist uns nämlich gelungen, einen Vierparteienantrag zustande zu bringen und eine gemeinsame Regelung zu finden. Es wird jetzt nämlich die Arbeit erleichtert, weil man dem Wunsch der Gleichbehandlungsbeauftragten nachgekommen ist, daß sie entsandt und nicht gewählt werden, wie der ursprüngliche Vorschlag lautete. Das ist für die schwierige Arbeit, die dort von ihnen geleistet werden muß, positiv, denn das stärkt ihre Position, und ich finde es positiv, daß sich vier Parteien über diese Regelung einigen konnten.

Ansonsten stehe ich nicht an zu sagen, daß dieses Gesetz zwar ein Kompromiß ist, daß es aber im wesentlichen ein Gesetz ist, das doch von vielen, wenn auch nicht von allen, mit getragen wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Ablinger! Darf ich Sie eine Sekunde zu mir bitten!

Nächste Rednerin ist Frau Dr. Brinek. – Bitte.

13.23

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Mit den Universitäten der Künste ist die künstlerisch-wissenschaftlich geleitete Lehre in besonderer Weise herausgefordert. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß diese Herausforderung nun auf einer stärker selbstverantworteten, autonomeren Basis als bisher – und zwar sowohl im Bereich der bildenden Kunst als auch in jenem der darstellenden Kunst, der Musik und anderer spezifischer Sparten – bewältigt werden kann.

Wichtig ist, daß die Kunststudien im wesentlichen bei einem Lehrer oder einer Lehrerin, bei einem Künstler oder einer Künstlerin absolviert werden und diese Organisation in der größeren Autonomie besser gelingen kann. Inwiefern wir bisher schon unseren guten Ruf verteidigen konnten, zeigt die große Nachfrage ausländischer Studierender gerade im Bereich der Musik. Ich glaube, daß wir mit den neugeschaffenen Lehrgängen Absolventinnen und Absolventen aus dem Ausland, bei welchen vor allem Nachfrage nach dem Musikstudium besteht, die Möglichkeit bieten, nicht als "Primär"-Studenten und damit konkurrierend mit unseren, sondern als "postgraduale" Studenten die Lehrgänge zu besuchen und gegen eine entsprechende, international vergleichbare Gebühr zu studieren. Damit ist das Musikland Österreich auf alle Fälle auch für die Zukunft gesichert.


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Zweiter Punkt, der auch wichtig ist – er ist von meinen Vorrednern in gewisser Weise schon angesprochen worden –, ist die Klärung der Frage: Wo liegt der Unterschied zwischen bildender Kunst und Musik?

Das Spannungsverhältnis zwischen IGP, das heißt Instrumental- und Gesangspädagogik, und Konzertfach ist nicht so dramatisch, wie es manche darstellen. Es geht nicht um eine Trivialpädagogisierung der Musik. Das musikpädagogische Credo heißt auch heute bei Musik- und Gesangslehrern nicht, bloß einen verpopten Bach abzuspielen oder in traditioneller Werkbetrachtung zu verharren, nach dem Motto, über die Gunst-Musik zur Kunst-Musik, also je schüler- und studentenfreundlicher und trivialer, desto besser. Nein, auch in der Musikpädagogik ist ein hoher Anspruch zu erwarten, eine selbständige Fachkompetenz. Es gibt eigene Kompositionen für Studenten und Studierende. Denken Sie nur daran, wie lange eine Bruckner Symphonie ist und wie man bei der Erarbeitung Schritt für Schritt vorgehen muß.

Ich meine, daß der Kunstanspruch in der Instrumental- und Gesangspädagogik nicht aufgegeben wird und daß die Differenz zwischen Lehre und Forschung überhaupt nicht größer geworden ist. So trivial, wie Sie, Herr Dr. Graf, das bei Ihrem Vergleich darstellen, ist es in der Tat nicht. Es gibt ähnlich wie bei der Kooperation zwischen Diplomstudium und Lehramtsstudium im UniStG auch in diesem Fall ein Naheverhältnis beziehungsweise Integrationsverhältnis, das gelöst oder eingegangen werden kann. Es ist nicht sinnvoll – weder für das Konzertfach noch für die IGP –, da einen Keil hineintreiben zu wollen.

Der nächste Punkt, über den ich mich freue und für den ich sowohl dem Ministerium als auch der Verhandlungsseite an der Akademie selbst Anerkennung aussprechen möchte, betrifft die Gemälde-Galerie der Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz. Sie ist die zweitgrößte Sammlung Österreichs, die die Geschichte der europäischen Malerei vom späten Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert zeigt. Sie repräsentiert eine Lehrsammlung und eine öffentlich zugängliche Bundessammlung. Der Sammlungsbestand besteht aus Schenkungen und Legaten, im wesentlichen die Stiftung Lamberg.

Dem geschickten Verhandeln und geschickten Kooperieren zwischen der Akademie, das heißt ihrer engagierten Leiterin und dem Haus am Minoritenplatz, ist es zu verdanken, daß es gelungen ist, noch mehr Selbständigkeit zu erreichen, damit – und das als kleine Werbeeinschaltung – die Öffnungszeiten noch weiter ausgebaut werden können, die Attraktivität weiter gesteigert und der Reigen der selbstbewußten Museen erweitert werden kann.

Herr Bundesminister! Am Anfang der Debatte über die Neuordnung des Kunst-Studiums habe ich gesagt: Geben Sie, Herr Dr. Caspar Einem, sich und Gottfried von Einem eine Chance! Mit diesem Gesetz ist beiden eine Chance gegeben. Mit gutem Willen und mit Verantwortungsbewußtsein können wir ans Werk gehen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rada. Er hat das Wort.

13.28

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es wurde heute in den Debattenbeiträgen zu den Universitätsgesetzen bereits sehr viel gelobt, aber auch sehr viel kritisiert. Ich möchte aber trotzdem noch einige Gedanken zur Donau-Universität Krems anbringen.

Es hat Herr Abgeordneter Stippel ganz klar und deutlich die Entstehungsgeschichte dieser Universität dargestellt und darauf hingewiesen, daß nicht jener Zustrom der Studenten erfolgt ist, den wir erwartet haben. Trotzdem ist in diesem relativ jungen Betrieb auch relativ viel geschehen. So hat zum Beispiel der Herr Bundesminister angedeutet, daß gerade im Bereich Controlling und Wirtschaftlichkeit diese Universität das Ihre geleistet hat, wenngleich die Kosten für den einzelnen Studenten relativ hoch sind.


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Insgesamt glaube ich, daß diese Universität in Zukunft noch große Chancen haben wird, und man muß diese Chancen, die eröffnet werden, gerade im gemeinsamen europäischen Raum verstärkt bieten.

Eine ganz große Chance sehe ich in der organisierten, konsequenten und systematischen Zusammenarbeit zwischen Unternehmungen und der damit verbundenen Optimierung in der wissenschaftlichen Forschung.

Eine Art Kompetenzzentrum, das der Wirtschaft und den Unternehmen nützen kann, aber auch gleichzeitig dieser akademischen Ausbildungsstätte, wäre durchaus ein Zukunftsprojekt, das konsequent betrieben werden sollte.

Gerade für Niederösterreich mit seiner klein- und mittelbetrieblichen Wirtschaftsstruktur wäre ein solches Zentrum ein wertvoller Impuls und eine Belebung seines wirtschaftlichen Raumes, weil es, wie wir immer wieder feststellen müssen, gerade dort Auslagerungen und Auswanderungen in die benachbarten, arbeitsintensiveren Regionen von Wien gibt.

Ich sehe auch eine weitere Zukunftschance in den sogenannten Fernstudien. Die neuen und modernen Informationstechnologien machen es möglich. Da könnte sich die Donau-Universität Krems ein gesichertes Standbein für die Zukunft schaffen.

Ein weiterer Punkt: Die Donau-Universität Krems soll nicht bloß für postgraduale Studien als Ausbildungsstätte dienen, sondern in Form von Seminaren auch für Nichtakademiker eine Forschungs- und Weiterbildungsstätte sein.

Insgesamt meine ich, daß die Donau-Universität Krems Zukunft hat. Nur müssen wir ihr Zukunftsmöglichkeiten einräumen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte.

13.31

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir alle sind stolz darauf, in einem Kulturland zu leben, und dürfen das auf die künstlerische Leistung, die weltweit bekannt ist, zurückführen. Diese künstlerische Leistung geht von oben bis unten, und das finde ich ganz wesentlich, damit es überhaupt zu einer Leistungsfähigkeit im oberen Bereich kommen kann. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe gehört, daß im Mozarteum in Salzburg die Gefahr bestand, die Studienrichtung für Instrumental- und Gesangspädagogik, IGP, aufzulösen beziehungsweise abzuschaffen. Gott sei Dank ist es anders gekommen. Die Wichtigkeit der IGP liegt darin, daß da jene Pädagogen und Lehrer ausgebildet werden, die für das Landesschulmusikwerk eingesetzt werden. Und da wird Kultur auf breiter Ebene geschaffen.

Ich erinnere mich noch daran, daß in Dorfgastein, in diesem kleinen Ort, durch das Landesmusikwerk Salzburg ein Trompetist zu jener Größe geführt wurde, die zur Folge hatte, daß er heute der erste Trompetist der Philharmoniker ist. Durch diese eigentlich kleine Möglichkeit auf dem Lande ist dies möglich geworden. Daher bin ich sehr dankbar dafür, daß diese Institution weiterhin erhalten bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Pittermann.

Ich möchte, bevor ich ihr das Wort erteile, noch darauf hinweisen, daß der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Niederwieser, Dr. Lukesch, Ablinger und Genossen ausreichend unterstützt ist und in die Verhandlung mit einbezogen wird.


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Ich mache ferner darauf aufmerksam, daß wir demnächst eine Abstimmung mit Verfassungsbestimmungen durchführen werden und es daher an der Zeit wäre, daß das Plenum das erforderliche Präsenzquorum erfüllen würde.

Frau Abgeordnete, bitte.

13.34

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Durch die heute zu beschließenden Regierungsvorlagen 1228 und 1229 der Beilagen ist ein weiterer Schritt in Richtung Autonomisierung der Universitäten gelungen. Weitere Verbesserungen sind die Zusammenlegung einiger Studienrichtungen sowie die Verkürzung der Studiendauer. Es kommt außerdem zur Annäherung des österreichischen Studienrechts an internationale Gegebenheiten. Die Studien dienen nicht nur der künstlerischen, sondern auch der künstlerisch-wissenschaftlichen und künstlerisch-pädagogischen Berufsvorbildung. Die Studienrichtungen werden weder nach Instrumenten noch nach Materialien differenziert. Die Leistungsbeurteilung im zentralen künstlerischen Fach ist fortlaufend während der ganzen Studiendauer vorgesehen.

Die Zustimmung zu dieser Gesetzesvorlage war in der Begutachtung sehr groß. Das einheitliche Studien- und Organisationsrecht der Universitäten betont die Gleichwertigkeit von Wissenschaft und Kunst. Auch an den Kunstuniversitäten wird Wissenschaft betrieben. Der Gleichwertigkeit wird ebenso durch die Bezeichnung "Universität" Ausdruck verliehen.

Das KUOG regelt die Organisation im Kernbereich auf zwei Ebenen – eventuell auf drei, und zwar bei der Bildung von Fakultäten, welche meiner Meinung nach nicht sehr sinnvoll sind –: auf der Ebene der Gesamtuniversität durch den Rektor und dem Kollegialorgan Universitätskollegium und auf der Ebene der Institute mit dem Institutsvorstand und der Institutskonferenz.

Die Kollegialorgane haben Richtlinien und Kontrollkompetenz gegenüber den monokratischen Organen mit Detailentscheidungskompetenz. Die Kompetenzverlagerung vom Bundesministerium an die Universitäten der Künste gibt es vor allem im Bereich der Erlassung der autonomen Satzung, im Bereich der Planstellen und Geldmittelzuweisung an Institute sowie im Bereich von Berufungsverfahren und Berufungsverhandlungen mit Universitätsprofessoren, bei der Errichtung sowie Auflassung von Instituten sowie bei Bestellungen.

Die Aktivitäten der Institute sollen durch jährliche Arbeitsberichte des Institutsvorstandes, die der Rektor publizieren muß, beurteilt werden können. Durch regelmäßige Bewertung der Lehrveranstaltungen und Publikationen der Bewertungsergebnisse soll eine Verbesserung der Lehre bewirkt werden.

Dieses Gesetz, das die Universitäten der Künste den anderen annähert und deren Autonomie ermöglicht, ist zu begrüßen. Ein Wermutstropfen ist das schreckliche Juristendeutsch. Sind die Ausführungen der Mediziner durch lateinische Terminologie für medizinische Laien schwer bis unverständlich, so schaffen es die Legisten in den Ministerien spielend, sich für Laien schwer verständlich bis mißverständlich auszudrücken.

Meine Bitte an unsere Nationalratspräsidenten – alle drei sind wahrscheinlich aus gutem Grund Juristen –: Geben Sie den Wunsch nach verständlichen Formulierungen an alle Ministerien weiter!

Die Kreativität dieses Gesetzes ist groß. Neben inhaltlichen Werten drückt sie sich in den Erläuterungen durch Wortschöpfungen aus, denn die dort angesprochene "Transdisziplinarität" konnte ich in keinem Lexikon finden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Immer Neuem aufgeschlossen, geben wir jedoch dieser Regierungsvorlage gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Der vorläufig letzte Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.37

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte in meinen Ausführungen zunächst mit einer Richtigstellung hinsichtlich der Donau-Universität Krems beginnen. Herr Dr. Brauneder hat von hier aus behauptet, daß bei der Schaffung der Donau-Universität Krems der Umstand, ein leeres Gebäude in Krems füllen zu müssen, als Motivation eine Rolle spielte und daß es notwendig war, einer Stadt wie Krems im Zuge der Erhebung von St. Pölten zur Landeshauptstadt ein "Zuckerl" zu geben.

Meine Damen und Herren! Das ist eine arge Verkennung der wahren Situation. Die Idee der Schaffung einer Donau-Universität in Niederösterreich gibt es nämlich schon seit Beginn der achtziger Jahre. Damals haben das Land Niederösterreich und der damalige Landeshauptmann Ludwig gemeinsam mit Wissenschaftern – ich denke da an Herrn Professor Gottschlick und an Herrn Professor Raschauer – die Idee geboren, daß man auch für Niederösterreich, für das größte Bundesland Österreichs, eine Volluniversität schaffen soll. Das war in Wirklichkeit die Motivation für die Schaffung dieser Universität! Das ist etwas ganz anderes als das, was hier Herr Professor Brauneder darzustellen versucht hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine, daß es durchaus legitim ist, für das größte Bundesland Österreichs eine Volluniversität mit ordentlichen Studien anzudenken – gerade in einer Zeit, in der wir vor dem Phänomen stehen, daß in Wien an den Fakultäten der Wirtschaftsuniversität und an der juridischen Fakultät leider eine Massenuniversität mit allen negativen Erscheinungsformen gegeben ist.

Krems eignet sich als Standort, vor allem aufgrund seiner Nähe zu Wien, durchaus auch dazu, dort einmal ordentliche Studien einzurichten. Das ist aber sicherlich ein Plan, der Stück für Stück zu verwirklichen ist. Es ist nicht möglich, von Anfang an mit einer Universität voller Art und Weise zu starten.

Ich halte es aber für gelungen, mit einer postgradualen Ausbildung zu beginnen. Dazu darf ich feststellen, daß die Absolventen der Lehrgänge in Krems mit ihrer Ausbildung durchaus etwas anfangen können.

Ich habe selbst, als ich als Europaabgeordneter in Brüssel war, eine Reihe von Absolventen eines Lehrgangs in Krems – des Europalehrgangs – getroffen, die stolz darauf waren, daß sie viele verschiedene Wissenssachgebiete von dieser Donau-Universität Krems mitgenommen haben, und die diese Ausbildung auch einem Engagement in den Institutionen zugrunde legen konnten. Daher muß man auch einmal klar sagen, daß die Lehrgänge, die dort abgehalten wurden, für die Absolventen durchaus etwas Positives für ihren beruflichen Lebensweg dargestellt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin auch sehr froh darüber, daß wir den Schritt gewählt haben, daß mittlerweile auch ein akademischer Grad verliehen wird, wenn ein Lehrgang in Krems abgeschlossen ist. Dieser Mastertitel ist auch ein sichtbares Zeichen für die Absolvierung des Lehrgangs, und ich halte es für gut und richtig und auch für wichtig, daß das heute so erfolgt.

Ich meine aber, Herr Bundesminister, daß diese Novelle, wie sie nunmehr auf dem Tisch liegt, sicher nur ein Schritt – und das wurde ja von den Vorrednern erwähnt – in Richtung einer Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Donau-Universität Krems sein kann, aber nicht der letzte Schritt. Ganz im Gegenteil: Wir brauchen den nächsten Schritt, der uns dahin bringt, auch ordentliche Studien an dieser Universität zu verankern. Wir von der ÖVP wären ja bereit dazu gewesen, auch jetzt schon einen gesetzgeberischen Auftrag dafür zu geben, daß ordentliche Studien begonnen werden können. Wir wissen, daß das Zeit beansprucht, wir wären aber dazu in der Lage, das auch jetzt mit dem Koalitionspartner zu vereinbaren. Wir haben dafür bisher keinen Konsens gefunden, aber das bleibt für uns auf der Tagesordnung.


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Ich erwarte mir, daß die Prüfung seitens des Ministeriums, was eine Verlagerung von Teilen der Wirtschaftsuniversität nach Krems betrifft, sehr bald abgeschlossen sein wird. Ich würde mir wünschen, daß dieses Ziel, auch Teile einer Ausbildung der Wirtschaftsuniversität Wien in Krems absolvieren zu können, bald Wirklichkeit wird. – Besten Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstattung wünscht kein Schlußwort.

Ich bitte jetzt, die Plätze einzunehmen. Wir haben abzustimmen.

Wir stimmen über jeden Ausschußantrag getrennt ab.

Zunächst erfolgt die Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1349 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil des Gesetzentwurfes und danach über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes abstimmen lassen.

Ich mache darauf aufmerksam, daß der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, sodaß ich im Sinne der Geschäftsordnung zunächst einmal das für die Abstimmung erforderliche verfassungsmäßige Quorum feststelle.

Die Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend Z 165 des Gesetzentwurfes eingebracht.

Jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mehrheitlich angenommen worden.

Ich komme jetzt zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hier zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, wobei ausdrücklich das Vorliegen des verfassungsmäßig erforderlichen Quorums einer Zweidrittelmehrheit festzustellen ist.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich und bei Vorliegen des verfassungsmäßig vorgeschriebenen Quorums angenommen worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1350 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir stimmen in dritter Lesung ab.


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Wer dem Entwurf in dritter Lesung seine Zustimmung gibt, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden.

Jetzt stimmen wir noch ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1352 der Beilagen.

Zu diesem Entwurf haben die Abgeordneten DDr. Niederwieser, Dr. Lukesch und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, werde ich sogleich über den Gesetzentwurf in der Fassung des erwähnten Antrages abstimmen lassen.

Ich mache darauf aufmerksam, daß dieser Entwurf Verfassungsbestimmungen enthält. Ich stelle daher ausdrücklich das Vorhandensein der verfassungsmäßig vorgeschriebenen Anwesenheit der Abgeordneten fest.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1352 der Beilagen in der Fassung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Dr. Lukesch und Genossen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Ich stelle ausdrücklich fest, daß die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer dem in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich, mit dem verfassungsmäßig erforderlichen Quorum, angenommen worden.

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 809/A der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Edeltraud Gatterer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die bauliche Erweiterung der Universität Klagenfurt unter finanzieller Beteiligung des Landes Kärnten und der Landeshauptstadt Klagenfurt sowie

über den Antrag 815/A der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die bauliche Erweiterung der Universität Klagenfurt unter finanzieller Beteiligung des Landes Kärnten und der Landeshauptstadt Klagenfurt (1353 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 772/A (E) der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Neugestaltung des Universitätswesens in Österreich (1354 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet, sodaß ich zu Beginn der Debatte als erstem Redner Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl das Wort erteile. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

13.48

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorerst noch eine kurze Replik zur Donau-Universität. Sie haben das so dargestellt, Herr Minister, als wäre diese Universität nur von den großen Kollegen nicht akzeptiert worden. Aber trotz dieser Unsummen an Geld, die


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man dort hineingepumpt hat, ist auch die Akzeptanz am Markt und seitens der Studenten bisher ausgeblieben. Ich glaube, das sollte man der Vollständigkeit halber noch sagen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir fordern seit langem die Neuorganisation des Universitätswesens. Leider ist ja der Bericht des Universitätskuratoriums, der dazu sehr kritische Anmerkungen enthält, im Ausschuß enderledigt worden. Diese kritischen und sachlichen Anmerkungen sollten hier die Basis der Betrachtungen sein.

Wenn es zum Beispiel um das Thema Autonomie und Umsetzung des UOG 93 geht, dann fragt man sich schon: Warum spießt sich das eigentlich so? Warum geht in den letzten fünf Jahren die Umsetzung des UOGs und der Autonomie – samt Autonomiegewinn für die Universitäten – so langsam vor sich? (Abg. Dr. Lukesch: Kollege Schöggl, Ihre Universität ist ja schon im neuen Gewand des UOG!) Da drängt sich schon die Frage auf, ob es wirklich gewünscht wird, die Universitäten vollständig in diese Autonomie zu entlassen, oder ob man da nur wohldosiert vorgehen möchte, damit die Universitäten, die immer schon ein bißchen aufmüpfig waren, nicht politisch entgleiten.

Oder: Wie steht es mit der Budgethoheit im Personal- und Sachbereich oder mit der Frage der Pragmatisierung im Personalbereich, die wesentlich zu einer Erstarrung des Systems und zu Wettbewerbsverweigerung geführt hat?

Auch die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Universität läßt noch zu wünschen übrig. Wenn also in der Zeitschrift "Industrie" unter "Geburtsort Universität: Zahlreiche Universitäten erweisen sich als optimale Kindergärten für Unternehmen – Ein Modell für Österreich" die Schweiz und vor allem die Eidgenössische Technische Hochschule mit ihren Bemühungen zur Unternehmensgründung als positiv dargestellt wird, dann läßt dies hier auch entsprechenden Bedarf für Österreich erkennen. Auch hier ist viel zu tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele Fragen des Universitätswesens wurden vertagt, so zum Beispiel die Frage der Akkreditierung der privaten Universitäten. Aber auch die Themenkreise, die die Fachhochschulen und die Zusammenarbeit der Fachhochschulen mit den Universitäten betreffen, wurden auf die lange Bank geschoben.

Sehr geehrter Herr Minister! Sie haben ein Weißbuch verfaßt. Aber nur ein Weißbuch zu verfassen – in dem zwar die Ideen und Wunschvorstellungen fast aller Fraktionen enthalten sind –, das alleine ist zuwenig. Herr Minister, die Umsetzungen sind gefragt!

Noch ein Wort zum Ausbau der Universität Klagenfurt: Diese kleine Universität hat lange Zeit ein Schattendasein geführt. Es ist aber auffällig, daß der Erfolg und die Akzeptanz dieser Universität in dem Maße zugenommen haben, wie ihre ideologische Ausrichtung abgenommen hat. Vor allem die technisch ausgerichteten Studienrichtungen finden breite Akzeptanz. Der Bedarf an Kommunikation und dem Einsatz der neuen Telekommunikationstechniken hilft mit, die Marktposition dieser Universität zu stärken. Somit entspricht der Ausbau der Universität Klagenfurt dem Bedarf an Forschung und Lehre und ist zu begrüßen!

Ich wünsche den Kärntner Kollegen im Namen der freiheitlichen Fraktion viel Erfolg auf ihrem zukünftigen pragmatischen und von Ideologie freien Weg. Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

13.52

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Anschließend an meinen Vorredner möchte ich vor allem die Bemühungen der Universität Klagenfurt um Integration, das Verständnis für Minderheiten, das Leben für Toleranz würdigen sowie die Tatsache, daß die Universität Klagenfurt in den Jahren seit ihrem Bestehen ganz wesentlich zum einem geistigen Klima des Miteinanders beigetragen hat. (Demonstrativer Beifall der Abge


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ordneten Smolle und Dr. Gredler. ) Mit dem heutigen Gesetz findet die Universität Klagenfurt durch den Ausbau der Universität Klagenfurt eine entsprechende Würdigung.

Die Universität Klagenfurt ist ja in allen Rankings der österreichischen Universitäten in den letzten Jahren immer an der Spitze gelegen und verdient diesen Ausbau, zumal die bisherige "Hochschule für Bildungswissenschaften", wie sie damals bei der Gründung im Jahre 1970 geheißen hat, auf einen Stand von 1 200 Studierenden ausgelegt war, wobei schon damals die Stadt Klagenfurt und das Land Kärnten je 150 Millionen Schilling für Bau beziehungsweise Grundstücksbeschaffung aufgebracht haben. Im laufenden Studienjahr beträgt die Gesamtzahl der inskribierten Hörer über 4 500, das heißt, es hat fast eine Vervierfachung der Hörerzahl stattgefunden. Die Universität mußte sich schon seit Jahren mit Anmietungen, teilweise weit außerhalb der Universität, behelfen, um den Lehr- und Studienbetrieb einigermaßen aufrechterhalten zu können.

Daher ist mit Beschluß des Stadtsenates beziehungsweise des Landes Kärnten vom Mai beziehungsweise April 1997 die Entscheidung gefallen, dieses Projekt mit höchstens 180 Millionen Schilling zu fördern. Errichtet wird ein langgestreckter Baukörper, der sowohl die Erweiterung der Universitätsbibliothek beinhaltet als auch ein neues EDV-Zentrum schafft, ein Hörsaal-Zentrum, Institutsbereiche, Seminarräume, Universitätsverwaltung und Studentenaufenthaltsbereiche umfaßt und insgesamt eine Nettogrundrißfläche von über einem Hektar aufweist.

Die Gesamterrichtungskosten werden mit etwa 300 Millionen Schilling zu veranschlagen sein, wobei als Fertigstellungstermin Mitte 2000 in Aussicht genommen wird. Zu diesen Kosten werden noch Ausstattungskosten in der Höhe von rund 30 bis 35 Millionen Schilling kommen, wodurch die Universität den ihr zustehenden Rang erreichen und den Lehr- und Studienbetrieb in erweitertem Ausmaß – nachdem ja auch die Fakultäten ausgeweitet wurden, um für die Studenten diesen Lehr- und Studienbetrieb auch in Zukunft in zufriedenstellender Form aufrechterhalten zu können – fortsetzen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

13.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: gleichfalls 5 Minuten. – Bitte.

13.55

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die heutige Beschlußfassung des Nationalrates für die Universität Klagenfurt ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung dieser Bildungseinrichtung. Es soll, wie schon mein Vorredner erwähnt hat, die Nutzfläche um 11 000 Quadratmeter vergrößert werden und bis zum Studienjahr 2000/2001 bezugsfertig sein. Dieser Zubau entspricht der rasanten Entwicklung, die diese Universität seit ihrer Gründung im Jahre 1970 genommen hat. Sie wurde als "Universität für Bildungswissenschaften" mit einer Hörerzahl von 1 200 gegründet.

Dieses schmale Segment der Wissenschaft hat sich in der Folgezeit als nicht ganz tragfähig erwiesen, und so kam es im Jahre 1993 zu einer umfassenden Reform, bei der eine Fakultätsgliederung in eine philosophische Fakultät und in eine wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, inklusive Informatik, geschaffen wurde. Mittlerweile hat diese Universität 4 500 Studenten. Es ist derzeit die Einrichtung zweier neuer Studienrichtungen im Verordnungswege in Vorbereitung, und zwar einerseits der Studienrichtung Psychologie und andererseits der Studienrichtung Publizistik inklusive Medienwissenschaften.

Sie können sich vorstellen, daß unter diesen Prämissen die Raumnot in unserer Universität sehr groß ist, daß es notwendig war, sehr viele Institute auszulagern und eine Menge von Objekten außerhalb des Universitätsgeländes anzumieten, was wiederum hohe Mietkosten und organisatorische Probleme bedeutet. Deshalb ist der Neubau dringend notwendig, und die Volkspartei unterstützt dieses Vorhaben auf allen politischen Ebenen. Die Stadt Klagenfurt beteiligt sich mit 72 Millionen Schilling, das Land Kärnten mit insgesamt 108 Millionen Schilling und natürlich auch die Republik Österreich mit der Restsumme von 150 Millionen Schilling.


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Unsere Universität in Klagenfurt war von Anfang an ein Gemeinschaftswerk. Schon bei der Gründung haben das Land Kärnten und die Stadt Klagenfurt maßgebliche Beiträge geleistet. Was besonders erfreulich ist, ist die Tatsache, daß die Akzeptanz für unsere Hochschule in den Jahren ihres Bestehens gewachsen ist. Mir liegt eine sehr neue Studie des Linzer Market-Instituts aus dem April 1998 vor, und ich darf sie Ihnen zeigen. Hier ist die Zunahme der Akzeptanz in der Bevölkerung vom Jahre 1995 auf das Jahr 1998 deutlich sichtbar. (Abg. Schieder: Das kann niemand lesen!) Das Ergebnis ist sehr erfreulich. (Abg. Schieder: Aber das kann niemand lesen, Herr Kollege!) Lesen können Sie es nicht, aber Sie können sehen, daß der Streifen im Jahre 1998 (Abg. Schieder: Ich sehe zwei schwarze Striche!) bedeutend breiter ist als der Streifen im Jahre 1995, und das wollte ich Ihnen zeigen.

Es besteht hier also ein signifikanter Unterschied zu den Universitäten im übrigen Österreich, denn die Universität Klagenfurt hat in einer Zeit, in der die Akzeptanz im gesamtösterreichischen Durchschnitt eher stagniert und teilweise sogar absinkt, eine Zunahme der Zustimmung der Bevölkerung erreichen können. Mit der Uni Klagenfurt werden in signifikanter Weise die Stichworte "gute Ausbildung" und "gute Professoren" verbunden. So gesehen ist der Gesetzesbeschluß hier im Nationalrat auch auf ein starkes Votum der Betroffenen begründet. Deshalb möchte ich unserer Universität von dieser Stelle aus einen herzlichen Glückwunsch aussprechen und schließe mit dem Wunsch: Ad multos annos! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

13.59

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich hoffe, daß die architektonische Ausgestaltung der Universität Klagenfurt etwas schöner sein wird als die zwei schwarzen Striche, die uns Herr Abgeordneter Wurmitzer gezeigt hat. (Zwischenruf des Abgeordneten Wurmitzer. ) Ich meine, daß die heutige Entscheidung für die Stadt Klagenfurt und für die Universität Klagenfurt eine historische ist, weil es auch eine Abstattung des Dankes an jene Pioniere von vor 30 Jahren ist, die sich damals – teilweise gegen den Widerstand bestehender Universitäten – dafür eingesetzt haben, in Klagenfurt überhaupt eine Universität zu eröffnen, wenngleich diese zu Beginn ihrer Tätigkeit sehr links orientiert war und es Absolventen dieser Universität im Wirtschaftsleben in Kärnten nicht allzu leicht hatten, eine entsprechende Anstellung zu finden, weil immer wieder auch von Personalchefs betont wurde: Nein, von der Universität für Bildungswissenschaften in Klagenfurt nehmen wir keine Absolventen.

Diese Universität hat dank intensiver ... (Abg. Smolle: Was ist in Linz? Erklären Sie Linz!)  – Ja, Herr Smolle, genau das wissen Sie ja, denn Sie sind auch einer von denen, die negativ dazu beigetragen haben, daß Klagenfurt einen schlechten Ruf als Universitätsstadt bekommen hat. Ja, Sie sind einer davon! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Na, na, na!)

Aber die Universität Klagenfurt hat eine gute Entwicklung genommen. Darüber freuen wir uns, da es nunmehr zum Ausbau kommt, der es wiederum ermöglicht, entsprechende wirtschaftswissenschaftliche Zweige zu erweitern, die untrennbar mit dem wirtschaftlichen Aufstieg in einem Land verbunden sind. Wir halten es auch als Standortfrage der heutigen Wirtschaft und Industrie für notwendig, entsprechende Bildungsmöglichkeiten zu erweitern und anzubieten.

In Klagenfurt hat sich auch das außeruniversitäre Fernlerninstitut bewährt, das einen guten Ruf weit über die Grenzen hinaus genießt. Ich wünsche, daß die Umsetzung, so wie geplant, rasch über die Bühne geht, sodaß die Möglichkeit besteht, unter besseren Bedingungen als bisher die Raumsituation zu bewältigen und auch das inhaltliche Angebot entsprechend auszuweiten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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14.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nun ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler zu Wort gemeldet. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.01

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der erste Punkt, den wir besprechen sollten, ist der Erweiterungsbau der Universität Klagenfurt, den auch meine Fraktion sehr begrüßt. Herr Kollege Posch! Ich habe Ihren Worten entnommen, daß es sogar ein langgestreckter Bau sein soll. Ich hoffe, daß die Heizung dann mit Solarenergie betrieben wird, damit wir unser Engagement in puncto Alternativbeheizung möglichst progressiv unterstreichen können.

Ich wollte nur als Replik auf die Ausführungen meines Vorredners sagen, daß ich nicht glaube, daß mein Kollege Smolle einen solch umfassenden Einfluß hat, daß er den Ruf der Universität Klagenfurt ausmacht. (Abg. Dr. Graf: Dann unterschätzen Sie seinen Einfluß!) Ich glaube vielmehr, wenn er einen Ruf in Kärnten ausmacht, dann durch seine Internationalität, und das braucht eine Universität.

Ich möchte nun zum Antrag der Abgeordneten Krüger und Genossen kommen, denn ich glaube, man sollte sich damit wirklich näher befassen. Er enthält ein paar gute Punkte, die ich hervorstreichen möchte, zum Beispiel den Wegfall der Pragmatisierung zugunsten einer autonomen Gestaltung von Dienstverträgen. Ich muß sagen, ich halte es im Kern für einen richtigen Ansatz, daß man jene Leute an den Universitäten halten möchte, die zur Zufriedenheit sowohl im Bereich der Forschung als auch im Bereich der Lehre beigetragen haben. Das ist ein sehr guter Ansatz, allerdings habe ich meine Probleme – ich sollte eigentlich nur kurz reden – mit einigen anderen Punkten.

Sie sagen, postgraduale Ausbildung müsse ein fixer Bestandteil jeder Fakultät sein. Jetzt ist es allerdings so, daß um die Universitäten ohnehin postgraduale Fortbildung im üblichen Ausmaß gestaltet wird. Wenn Sie das nun hineinschreiben, müßten Sie auch sagen, wer die Kosten zu tragen hat: jene, die diese postgraduale Ausbildung konsumieren, oder hätte auch der Staat eine Verpflichtung dazu? Das könnte man ja auch sehr positiv diskutieren, inwiefern der Staat eine Verpflichtung hat, seine Bürgerinnen und Bürger weiter postuniversitär zu betreuen. Ich glaube jedoch nicht, daß wir momentan die Budgetmittel dafür zur Verfügung haben, aber es ist sicherlich ein Bereich, den wir in der Diskussion vertiefen sollten.

Nur mit einem kann ich gar nicht einverstanden sein: Für die Verwaltung der Universitäten sollen Vertreter des Wissenschaftsausschusses des Nationalrates sowie in Betracht kommende Landtagsabgeordnete nominiert werden. Ich muß sagen, ich bin eigentlich froh darüber, daß wir bestrebt sind, einen möglichst autonomen Zugang zu den Universitäten zu finden, sodaß sich die Politik mehr und mehr aus der Gestaltung einer Universität heraushält. Ich glaube, daß es besser wäre ... (Abg. Dr. Graf: Sie haben vorhin dem UniStG zugestimmt!) Ich habe dem UniStG deswegen zugestimmt, weil es ein Schritt in die Richtung war, die wir uns vorstellen. Ich habe nicht aus tiefstem Herzen zugestimmt – deshalb habe ich damals im Ausschuß dagegen gestimmt –, das habe ich auch zum Ausdruck gebracht. (Abg. Dr. Graf: Aber die Verwaltung haben Sie nicht kritisiert!)

Man muß aber sehen, daß es ein Schritt vorwärts ist. Ich hoffe, daß der nächste Schritt vom Bundesminister ohnehin in die Richtung gesetzt wird, die wir beide offensichtlich anstreben. Daß wir allerdings als Vertreter des Wissenschaftsausschusses im Parlament dann in universitären Gremien sitzen und uns in deren autonomen Bereich einmischen sollten, halte ich für keine geglückte Sache. Ich glaube, wir sollten Ihren Antrag einmal in Ruhe und mit wirklich guten Vorsätzen diskutieren. Der vorliegenden Kurzform kann ich angesichts der umfassenden Materie nicht zustimmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Vorläufig letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.06

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist heute ja ein Tag zum Feiern: Wir haben die Künste in ein neues Gewand gehüllt, und wir haben es der Universität


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Klagenfurt ermöglicht, sich aufgrund ihrer großen Erfolge auch räumlich auszudehnen. Ich bin froh darüber, daß jenes Kind, das damals unter meinem akademischen Lehrer – die Älteren werden sich noch an ihn erinnern –, Professor Stephan Koren, in die Welt gesetzt worden ist, heute so erfolgreich dasteht. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber ich lasse es mir nicht nehmen, durch den Antrag der FPÖ bezüglich Neugestaltung des Universitätswesens doch herausgefordert zu sein. Frau Kollegin Gredler! Ich stimme in weiten Bereichen mit Ihrer Kritik überein. Ich sage es aber pointierter: Der Antrag der FPÖ – ebenso wie ihr Antrag zur Universität Klagenfurt und ihrer Erweiterung – kommt erstens zu spät, zweitens ist er über bestimmte Strecken fehlerhaft; das muß man doch sehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der FPÖ! Insider können sich über Ihren Antrag wirklich nur wundern. Es klingt so, als seien die Reformen an österreichischen Universitäten sang- und klanglos an Ihnen vorübergegangen, als hätten Sie sie nicht mitbekommen. Herr Kollege Schöggl! Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, daß wir die autonomen Universitäten 1993 gegründet und eine entsprechende Übergangszeit vorgesehen haben – Ihre Universität ist ja schon im neuen Gewand –, um die Vorbereitungen für die Autonomie zu treffen.

Ich sage Ihnen etwas, Kollege Schöggl! Sie haben damals seitens der FPÖ das UOG 1993 gerade wegen der Autonomie und der Selbständigkeit abgelehnt! (Rufe bei der ÖVP: Genau! Abgelehnt!) Sie haben uns vorgeworfen, das wäre der Rückzug der Politik aus der Verantwortung. Heute wollen Sie vollautonome Universitäten im Gewand einer Stiftung. Woher das Geld kommt, wie das laufen soll, das sagen Sie natürlich nicht. Wer das kontrollieren soll, das sagen Sie auch nicht. Man kann sich also nur wundern.

Sie haben damals das Fachhochschul-Studiengesetz abgelehnt und gesagt: Wo ist denn da die staatliche Verantwortung für die Einrichtung solcher Fachhochschulen? Wo ist denn da das Konzept, das alles regelt, reglementiert? – Wir haben eine andere Meinung gehabt. Heute sehen wir, daß es fast eine Jahrhundertidee war, diese Fachhochschulen einzurichten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nehmen Sie auch zur Kenntnis, daß die Autonomie der Universitäten in bezug auf die Lehre und Studienplangestaltung im Jahre 1997 in diesem Haus beschlossen worden ist! Wieder bei Ablehnung der FPÖ. Ich habe es noch im Ohr, Präsident Brauneder hat mir damals gesagt, das sei rechtlich alles zu wenig determiniert und daher verfassungsrechtlich eigentlich bedenklich, daher lehnen Sie das ab. – Jetzt fordern Sie Universitäten, die auch selbst bestimmen sollen, welche Studienrichtungen sie anbieten; also weiter kann die Indetermination eigentlich nicht mehr gehen.

Ich glaube, Sie kennen den Ausspruch von Gorbatschow: Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte. – Sie wollen dieser Strafe entgehen. Aber ich sage Ihnen: Auf dem universitären Gebiet sind Sie allemal zu spät! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Ich schließe die Debatte.

Ein Schlußwort der Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Ich lasse über jeden Ausschußantrag getrennt abstimmen, und zwar zunächst über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1353 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Die Annahme erfolgte einstimmig.

Wir kommen zur dritten Lesung.


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Ich bitte um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch in dritter Lesung ist dieser Entwurf einstimmig angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1354 zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

6. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 805/A der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Mag. Helmut Kukacka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (1334 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1209 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1335 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (1275 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Gefahrgutbeförderungsgesetz erlassen wird sowie das Kraftfahrgesetz 1967 und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (1336 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 738/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (1337 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 6 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir beginnen die Debatte mit einer Wortmeldung des Abgeordneten Ing. Meischberger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

14.13

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Aufgrund der umfangreichen Tagesordnung möchte ich mich auf die Debatte betreffend das Handy-Verbot und den Antrag Moser in bezug auf den "Sendemastenwald" beschränken.

Was das Handy-Verbot und die Gesetzesnovelle beziehungsweise die Änderung im Kraftfahrgesetz aus 1967 betrifft, ist vielleicht einmal grundsätzlich darauf hinzuweisen, daß sich schon sehr oft ähnliches abgespielt hat. Wir haben erst in der letzten Sitzung hier eine Novelle zum Kraftgesetz debattiert und ausführlich behandelt. Es war nicht möglich, daß die ÖVP in der Handy-Frage gleich mit der SPÖ mitgeht, obwohl jeder gewußt hat, daß es irgendwann wieder so sein wird, wie es immer ist, daß nämlich die SPÖ die ÖVP an den Ohren Kukackas mehr oder weniger über den Tisch zieht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist auch in diesem Fall wieder passiert. Alles, was die Unterbrechung der Debatte und die neuerliche Diskussion darüber gebracht haben, ist eine Verschiebung des Termins des Inkrafttretens des Gesetzes auf den 1.7.1999. Das ist alles, was dabei herausgekommen ist.


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Ich darf aus unserer Sicht sagen, daß wir diesen Gesetzesvorschlag einmal grundsätzlich ablehnen. Es hat sich diesbezüglich an unserer Argumentation nichts geändert. Wenn man vorgibt, Fahrsicherheit garantieren oder verbessern zu können, nur weil man das Gerät beim Telefonieren nicht mehr in der Hand hält, so sind wir der Meinung – wie viele andere Fachleute auch –, daß es nicht das In-der-Hand-Halten des Gerätes ist, das letztlich vom Verkehr ablenkt, sondern das Gespräch an sich. Man müßte über das Telefonieren beziehungsweise das Verbieten des Telefonierens während der Fahrt debattieren, wenn es einem wirklich um die Fahrsicherheit geht. In Wirklichkeit geht es um etwas anderes: Es geht halt wieder darum, die Melkkuh der Nation, die Autofahrer, irgendwie zu prellen und ihnen das Leben schwer zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, daß ein emotional geführtes Gespräch ganz bestimmt viel mehr von der Konzentration auf die Straße ablenkt als das In-der-Hand-Halten des Gerätes. Gerade diese Gesetzesnovelle wird künftig für Fahrunsicherheit verantwortlich sein, schon alleine deshalb, weil – was jeder Freisprechanlagenbenutzer bestätigen kann – bei einer Verbindung Mund zum Mikrophon und den darin enthaltenen Fahrtgeräuschen und bei der Verbindung Lautsprecher zum Ohr das Verstehen, die Übertragungsqualität bei Freisprechanlagen ungleich schlechter ist, als wenn das Gerät direkt ans Ohr gehalten wird; das braucht sehr viel Aufmerksamkeit. Man muß sehr oft Sätze wiederholen beziehungsweise um Wiederholung eines Satzes bitten, weil man ihn nicht verstanden hat. Das lenkt in Wirklichkeit vom Fahren ab und nichts anderes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wäre es, was die Ablenkung betrifft, anders, wäre es wirklich das Gerät an sich, dann dürfte man, wenn man das konsequent durchdenkt, kein Radio mehr bedienen, man müßte die elektrischen Fensterheber als gesetzlichen Standard einführen, weil das Kurbeln schwer fahrgefährdend ist, man müßte irgendeinen Automaten erfinden, der das Rauchen automatisiert und die Zigarette zum Mund führt, weil man sonst fahrunsicher wäre, man müßte das Rauchen während des Fahrens verbieten, und man müßte in letzter Konsequenz auch das manuelle Schalten verbieten und die automatikbetriebenen Fahrzeuge zum gesetzlichen Standard machen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

All diese Dinge wären bei konsequentem Durchdenken dieses Antrages zu behandeln. Das geschieht natürlich nicht. Der Hintergrund ist der, daß es wieder um eine Geschäftemacherei geht, daß der Autofahrer wiederum zur Melkkuh der Nation gemacht wird. Man straft, man macht es den Versicherungen leichter, Debatten zu führen, wenn es um Auszahlungen aufgrund von Unfällen geht. Und schließlich wird die Regelung, daß der Minister per Verordnung festlegen wird, welches Freisprechgerät letztlich Standard genug ist, um das Ganze sicher zu gestalten, dazu führen, daß der Minister per Verordnung bestimmt, was auf dem Markt überhaupt erscheinen darf – und das bei Geräten, die im Schnitt zwischen 2 000 und 3 000 S kosten.

Das, finde ich, ist einfach zuviel! Dieses Gesetz ist bevormundend, es ist unausgereift, es ist vor allem ungerecht, und deshalb wird es von uns abgelehnt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Zeit drängt, trotzdem noch ein paar Worte zum Antrag Moser in bezug auf den "Sendemastenwald". Dieser Antrag erhält unsere Unterstützung, vor allem deshalb, weil er in die richtige Richtung weist. Es ist dringend notwendig, in diesem Bereich endlich einmal Grundlagen und Normen für die Prüfung und für die Kontrolle der gesundheitsschädigenden Auswirkungen, aber auch des wilden, exzessiven Ausbaus derartiger Sendemasten zu schaffen.

Wir haben bereits hier im Plenum Anträge eingebracht. Wir haben einen Antrag im Ausschuß selbst eingebracht, der wortgleich war mit einem einstimmig beschlossenen Antrag aus dem Salzburger Landtag. Er ist von der großen Koalition abgelehnt worden – aus welchen Gründen auch immer.

Der Bundesminister hat gemeinsam mit der Frau Bundesministerin Prammer in einer APA-Meldung festgestellt, daß das notwendig ist, und angekündigt, daß er eine Gesetzesvorlage machen wird. Warum die große Koalition jeden Antrag der Opposition, auch wenn er sehr vernünftig ist und auf andere Anträge eingeht, ablehnt, das ist einfach nicht mehr zu verstehen.


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Das ist, Herr Minister, allein schon deshalb nicht zu verstehen, weil wir vor der Vergabe der vierten Lizenz stehen. Was die Sendemasten betrifft, ist eine Rechnung anzustellen, und ich werde Ihnen das kurz vorrechnen: Aufgrund der derzeit vergebenen drei Lizenzen werden zirka 10 000 Sendemasten erwartet. Ungefähr 5 000 dieser 10 000 sind bereits gebaut. Diese 5 000 rufen schon einen derartigen Unmut und Protest in der Bevölkerung hervor, daß man nicht weiß, wie man die weiteren 5 000 überhaupt aufstellen soll.

Jetzt ist man dabei, die vierte Lizenz zu vergeben, für die man weitere 4 000 Sendemasten brauchen wird. Man will also diese 14 000 Sendemasten bauen, obwohl die 5 000 schon derartigen Widerstand in der Bevölkerung hervorgerufen haben. Wir wollen aber alle einen funktionierenden Sendebetrieb haben, daher ist dieses Problem zu lösen, bevor die vierte Lizenz vergeben wird, und es wäre gescheiter, darüber nachzudenken und zu debattieren, als jeden Antrag der Opposition abzulehnen, auch wenn der Antrag Moser in diesem Fall vielleicht ein bißchen zu weit geht.

Aus unserer Sicht ist die Parteienstellung der benachbarten Bürger zu weitgehend. Wenn wir diese Parteienstellung möglich machen würden, wäre es unmöglich, in Zukunft überhaupt noch einen Sendemast zu bauen. Die Wahrheit wird in der Mitte liegen, aber den Antrag unterstützen wir. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Gabriele Binder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

14.20

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich mit den Änderungen im Kraftfahrgesetz 1967 beschäftigen. Meiner Meinung nach ist diese Änderung mehr ein Gebot als ein Verbot, wenn es nämlich darum geht, während des Fahrens mit dem Handy zu telefonieren, und wenn es um die Maßnahmen geht, die dazu gesetzt werden.

Warum kommt es zu einer Änderung? – Laut Kuratorium für Verkehrssicherheit sind 90 Prozent der Verkehrsunfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen. Deswegen ist die Aufmerksamkeit des Lenkers von größter Bedeutung. Besonders in komplexen Verkehrssituationen kann die Aufmerksamkeit, die dem Telefonieren gewidmet wird, nicht rasch genug wieder auf die Straßenverkehrssituation ausgerichtet werden.

In einer Untersuchung der Universität München wurde die Ablenkung durch das Telefonieren am Steuer gemessen: Visuelle und akustische Reize der Umwelt müssen um 60 Prozent stärker ausgeprägt sein, damit sie der telefonierende Fahrer wahrnehmen kann.

Meine Damen und Herren! Wo liegen die Gefahren bei telefonierenden Fahrern? – Sie schneiden häufiger Kurven, sie überfahren öfter Sperrlinien, vergessen auf das Blinken und haben unter anderem Probleme bei Nachrangsituationen, beim Anfahren am Berg, beim Einparken und Reversieren. Außerdem wird die Reaktionszeit verlangsamt, und es kommt auch zu einer Rücksichtslosigkeit gegenüber Fußgängern. Rund drei Viertel der telefonierenden Lenker halten vor dem Zebrastreifen nicht an. 74,6 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Handys sind laut dieser Studie Auffahrunfälle. Der Fahrer selbst aber ist davon überzeugt, daß er fehlerfrei fährt.

Meine Damen und Herren! Zu diesen Veränderungen, daß dem Lenker das Telefonieren ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung während des Fahrens verboten ist: Die radikalste Lösung wäre ein grundsätzliches Telefonverbot. Die billigste Lösung ist der Druck mit dem Daumen auf den Knopf. Somit ist das Telefon ausgeschaltet, und man hat dann keinerlei Probleme, unfallfrei weiterzufahren.

Wichtig ist auch, daß die Anforderungen der Produktsicherheitsbestimmungen für Freisprecheinrichtungen durch Vorschriften und durch Verordnungen vom Bundesminister festgelegt werden. Die Übergangsregelung bis 1. Juli 1999 ist wichtig, damit sich die Autofahrer tatsächlich darauf einstellen können.


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Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß sich auch die Autoproduktion auf diese Regelungen einstellen wird und daß eine Mindestausstattung im Bereich der Freisprechanlage zur Grundausstattung eines Autos gehören und im Auto vorhanden sein muß.

Natürlich lenken andere Tätigkeiten während des Fahrens ebenfalls ab, aber es ist bewiesen, daß der Konzentrationskiller Nummer eins das Handy ist. Deshalb bin ich von dieser neuen Regelung überzeugt, dient sie doch der eigenen Sicherheit und Konzentration. Die beste Lösung ist nach wie vor das Ausschalten des Telefons. In diesem Gesetz wird eine Minimalforderung im Sinne von mehr Verkehrssicherheit und zum Schutz aller Verkehrsteilnehmer umgesetzt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser zu Wort gemeldet. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.25

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Eine Art von Sicherheitsdebatte kann auch dieser Tagesordnungspunkt werden, der insgesamt vier Untergruppen umfaßt. Ich stelle deshalb die Sicherheit voran, weil sie an sich gemäß Bundesverfassung für jeden Staatsbürger gewährleistet sein soll und weil sie sowohl die Sicherheit im Verkehrsbereich umfaßt als auch ein Grundrecht, nämlich die Rechtssicherheit. Soweit die Klammer zu den Beiträgen, die ich jetzt leisten möchte.

Ich knüpfe an die Ausführungen meiner Vorredner zur Frage des Handy-Verbots während des Autofahrens an. Das ist für uns kein Problem. Wir sind selbstverständlich dafür, daß jede Möglichkeit, jeder kleinste Schritt in Richtung mehr Verkehrssicherheit auch wahrgenommen wird.

Unserer Meinung nach ist dieser Schritt sowieso zu zögerlich gewesen. Von seiten der ÖVP sind da Verzögerungstaktiken angewendet worden – ich zitiere aus den Pressemeldungen. Die Diskussion wurde bereits Anfang Juni mit dem Hinweis darauf eingestellt, daß noch zu wenige Staaten das Handy-Verbot eingeführt hätten, daß noch keine praktischen Erfahrungswerte vorlägen, die tatsächliche Wirksamkeit auch noch nicht ausgelotet sei und es eigentlich ein Begutachtungsverfahren geben müßte.

Ich bin sehr erfreut, daß sich innerhalb eines Monats die Meinung gravierend geändert hat. Das Handy-Verbot wird allerdings mit etwas verzögerter Wirksamkeit umgesetzt werden. Mir wäre es lieber, wenn das schon mit Jänner oder März möglich gewesen wäre, nun ist der 1. Juli 1999 der Tag, an dem das Gesetz in Kraft treten wird. Das ist der Kompromiß der großen Koalition, den ich ein bißchen als Wermutstropfen empfinde. – Soweit zur Verkehrssicherheit.

Ich möchte beim Bereich Telekommunikation gleich beim Telefonieren mit dem Handy bleiben und meinen Antrag noch einmal argumentativ untermauern. Er geht auf Initiativen von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern zurück, die sich durch das Errichten von Sendemasten bedroht fühlen. Ich möchte hier nicht die gesundheitlichen Aspekte erwähnen, weil es jetzt in erster Linie um den Aspekt der Rechtssicherheit geht.

Es sollte an sich bei baulichen Maßnahmen immer Parteienstellung gewährleistet sein. Ich weiß, Herr Minister – wir haben ja auch schon im Ausschuß darüber gesprochen –, das ist Angelegenheit der Bauordnung der Länder. Aber die Länder handhaben das teilweise sehr unterschiedlich und haben auch die Tendenz, dies auf Bundesebene im Telekommunikationsgesetz einzufordern. Dementsprechend habe ich mit Hilfe universitärer Rechtsexperten den Antrag formuliert. Herr Prof. Kerschner von der Linzer Universität hat mir da einige Hinweise gegeben, inwiefern es sehr wohl verfassungsrechtlich und auch grundrechtlich zu argumentieren sei, daß die Parteienstellung bei der Errichtung von Sendemasten ein bürgerliches Grundrecht sein müßte.

Im Ausschuß wurde bereits klar – Kollege Kukacka hat darauf hingewiesen –, daß Parteienstellung eine Verhinderung, eine Verzögerung, eine Verlängerung der Verfahren nach sich ziehen


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würde. Das Aufstellen der Masten wäre sicher nicht im erforderlichen Tempo möglich. – Keine Frage, das stimmt.

Aber auf der anderen Seite hat ein Vorredner – ich glaube, es war Kollege Meischberger – darauf hingewiesen, daß bei dem Tempo, wie derzeit das Telefonieren mit Handys um sich greift und wie schnell derzeit Sendemasten errichtet werden – es sollen in den nächsten drei Jahren an die 16 000 in Österreich aufgestellt werden –, nicht nur der Landschaftsschutz auf der Strecke bleibt, sondern auch der Ortsbildschutz und vor allem auch ein bürgerliches Grundrecht, nämlich das Gehörtwerden bei verschiedenen baulichen Maßnahmen. Deshalb unser Antrag im Hinblick auf Parteienstellung als demokratiepolitische Grundforderung, die konkret am Beispiel der Telekommunikation eingefordert wird und gewährleistet werden soll.

Ich weiß auch, daß Reformbestrebungen im Ministerium im Gange sind, daß man in Zukunft mehrere Sender auf einem Masten plazieren möchte, daß also die verschiedenen Gesellschaften zusammenwirken und sich dann auch gegenseitig die Rechte der Mastenbenützung gewähren sollen. Das soll im Herbst als Novelle eingereicht werden. Das ist mir aber zuwenig. Vor allem bin mir nicht darüber im klaren, ob diese Novellierung auch die Anlagen auf Hausdächern betrifft, wo die Bewohner des betroffenen Hauses dann womöglich einer dreifachen Belastung ausgesetzt sein könnten – ich betone: sein könnten. Ich weiß nicht, ob Mastenanlagen auf Hausdächern bei dieser Novelle berücksichtigt werden. – Soweit ein kurzer Appell, was unseren Antrag betrifft, der demokratiepolitisch orientiert ist.

Abschließend noch eine andere demokratiepolitische Angelegenheit im Zusammenhang mit dem Luftfahrtgesetz. Die vorliegende Materie ist unproblematisch. Wir würden ihr ohneweiters unsere Zustimmung geben, wenn – das ist jetzt das große Wenn und Aber – aus diesem Anlaß und bei dieser Novellierung die Chance wahrgenommen worden wäre, gravierende Defizite im Umweltschutz im Partizipationsbereich zu beseitigen.

Es hätte die Möglichkeit gegeben, anläßlich dieser Novelle des Luftfahrtgesetzes auch die verschiedenen Anliegen der Bürgerinitiativen, die immer wieder, beispielsweise bei Pistenerweiterungen und so weiter, laut werden, mit zu berücksichtigen.

Man hätte einige offene Punkte dabei erledigen können. So wäre etwa eine Gelegenheit gewesen, den Anrainern bei Erneuerung beziehungsweise Vergrößerung von Bodeneinrichtungen oder Pisten Parteienstellung einzuräumen. Auch Sanierungsverfahren für bestehende Flughäfen hätten berücksichtigt werden können. Das wurde nicht gemacht. Desgleichen wurden vor allem jene Absprachen, die mit den verschiedenen Fluglärminitiativen schon am 24. Jänner 1995 getroffen worden sind, wurden ebenfalls nicht berücksichtigt. Gerade § 2 des Luftfahrtgesetzes hätte in diese Richtung geändert werden können.

Im Namen der verschiedenen Bürgerinitiativen, die sich immer wieder durch Fluglärm belästigt fühlen, müssen wir daher diese nicht wahrgenommene Chance zur Novellierung des Luftfahrtgesetzes zum Anlaß nehmen, dem vorliegenden Gesetzesänderungstext nicht zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

14.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.31

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben heute vier Verkehrsgesetze zu beraten, die eigentlich wenig miteinander zu tun haben. Wir müssen sie aber aus Zeitgründen gemeinsam behandeln. Ich kann deshalb nicht auf alle eingehen und werde mich vor allem mit jenen beiden beschäftigen, die auch für den einzelnen Bürger eine sehr große Bedeutung haben.

Am meisten betroffen sind die Autofahrer sicher vom sogenannten Handy-Verbot, denn der Handy-Boom übertrifft alle Erwartungen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden wieder 430 000 neue Teilnehmer registriert. (Abg. Dr. Pumberger: Wie kratzen Sie jetzt die Kurve?) Mit


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Stichtag 30.6.1998 gibt es in Österreich nun insgesamt rund 1,57 Millionen Mobilfunkbenutzer. Wir können in diesem Bereich ein steigendes Tempo feststellen. Es handelt sich geradezu um ein – ich möchte sagen – neues technisch-zivilisatorisches Massenphänomen. Das hat natürlich auch massive Auswirkungen auf den Autoverkehr und die Verkehrssicherheit. Genau das unterscheidet aber das Handy auch von anderen ablenkenden Tätigkeiten, da Hunderttausende Autofahrer über ein Handy verfügen und es selbstverständlich auch im Auto nutzen.

Natürlich gibt es auch andere Arten der Ablenkung – niemand wird das bestreiten –, wie etwa das Reden, Radiohören, Sendereinstellen, Anzünden von Zigaretten, Navigationssysteme und vieles andere mehr. Aber eine Kollegin hat bereits darauf hingewiesen, daß es bereits eine Reihe von Untersuchungen gibt, die bestätigen, daß das Handy im Auto eine ganz besondere Qualität der Ablenkung hat. Lenker, die ohne Freisprechanlage telefonieren, übersehen nicht nur viel häufiger wichtige Verkehrszeichen, sondern weisen auch ein viermal höheres Risiko auf, in Unfälle verwickelt zu werden. Fehler passieren insbesondere in jenem Moment, in dem man zum Telefonieren das Handy in die Hand nimmt. Es werden Kurven geschnitten, Mittel- und Seitenlinien überfahren, beim Abbiegen wird häufig ausgeschert. Das sind Fakten, an denen man nicht vorbeikommt! (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser. )

Ich halte deshalb fest: Man wird ablenkende Tätigkeiten beim Autofahren, zum Beispiel Zigarettenanzünden und -rauchen, Radioeinstellen et cetera, nicht ganz abstellen können. Aber es kommt darauf an, die Verhältnismäßigkeit zwischen Verkehrssicherheit und dem Grad der Ablenkung zu wahren. Erstere ist beim Telefonieren im Auto ohne Freisprechanlage eben nicht mehr gewährleistet. Das haben alle Untersuchungen gezeigt. Deshalb stimmen wir dieser Handy-Regelung zu.

Wir waren gegen einen Schnellschuß – das ist richtig –, deshalb haben wir uns dagegen gewehrt, daß ein Verbot schon mittels Initiativantrag mit der letzten Novelle der StVO beziehungsweise des KFG beschlossen worden ist, und zumindest eine Kurzbegutachtung gefordert, gerade weil so viele Autofahrer von dieser Maßnahme betroffen sind, weil sie den Autofahrer etwas kostet und weil sie in Europa erst in wenigen Staaten eingeführt ist.

Diese Kurzbegutachtung wurde auf unsere Veranlassung hin auch durchgeführt, und praktisch alle Begutachtungsstellen, mit Ausnahme des ÖAMTC, der sich etwas kritischer geäußert hat (Abg. Mag. Firlinger: Das ist aber milde formuliert!) , haben der Einführung der Freisprechanlage zugestimmt, meine Damen und Herren. Deshalb – das unterstützen wir – wird es auch keine Ausnahme für öffentliche Dienststellen oder die Exekutive geben. Wer beim Fahren telefonieren will, muß dies mit Freisprechanlage tun.

Der ÖAMTC hat eine kritischere Stellungnahme verfaßt und gemeint – was ich voll und ganz unterstütze –, daß Freisprechanlagen nicht der Weisheit letzter Schluß seien. Was aber hat der ÖAMTC als Konsequenz gefordert? Er hat gesagt, daß man beim Autofahren am besten überhaupt nicht telefonieren sollte. – Okay! (Abg. Ing. Meischberger: Das ist ein Pflanz!) Aber wer macht denn das? – Sie, Herr Kollege Meischberger, tun es ganz sicher nicht, davon bin ich überzeugt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Auch Telefonieren mit Freisprechanlagen, Herr Kollege, kann als grob fahrlässige Handlung mit allen rechtlichen Konsequenzen gelten. Das muß uns klar sein. (Zwischenruf des Abg. Ing. Meischberger. ) Denn die Straßenverkehrsordnung verbietet dort, wo es konkrete Gefahrenumstände gibt, ablenkende Tätigkeiten. Das gilt für das Handy ebenso wie für das Wechseln einer Kassette oder das Anzünden einer Zigarette. Daher ist eine Freisprechanlage auch keineswegs ein Freibrief zum Telefonieren. Das muß beachtet werden. Aber es gibt in Wahrheit keine sinnvolle Alternative dazu, und deshalb, meine Damen und Herren, haben wir uns auch dafür ausgesprochen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Meischberger. )

Wir wollen auch nicht, daß es sich um eine Alibilösung handelt, sondern daß tatsächlich ein Effekt für die Verkehrssicherheit erzielt wird. Es wurden Vorschläge gemacht wie etwa, daß man quasi alles zur Freisprechanlage erklären solle, auch Geräte, die um 150 bis 200 S am Markt sind. Das halte ich nicht für richtig. (Abg. Ing. Meischberger: Das ist Geschäftemacherei!)


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Deshalb sind wir dafür eingetreten, daß der Verkehrsminister mittels Verordnung festlegen muß, welche Anforderungen an eine solche Freisprechanlage zu richten sind. Ich halte fest, daß das Kuratorium für Verkehrssicherheit als Mindeststandard angibt, daß es keinerlei Kabelverbindung zwischen Fahrer und Fahrzeug geben soll, das heißt, Mikrophon und Lautsprecher sind im Kfz zu befestigen, Ohrhörer, Krawattenmikrophone und dergleichen sollen nicht zulässig sein.

Es geht uns jedenfalls darum, nicht irgendeine billige Alibilösung zu finden, nur damit sozusagen das Thema erledigt ist, unabhängig davon, ob es wirklich einen Sinn für die Verkehrssicherheit hat. Das war auch das Motto einiger Personen in diesem Hause. Wir werden jedenfalls eine solche Vorgangsweise nicht unterstützen.

Meine Damen und Herren! Ich halte fest, daß wir meiner Ansicht nach eine für die Verkehrssicherheit notwendige und für den Autofahrer praktikable und vertretbare Lösung gefunden haben, und deshalb stimmen wir auch zu. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch kurz zum Thema GSM-Antrag der Grünen sprechen. Wir haben bereits mehrmals darüber diskutiert. Ich kann auch diesem Antrag eine gewisse Notwendigkeit gar nicht absprechen. Selbstverständlich ist das Thema wichtig, selbstverständlich fühlen sich manche Bürger davon betroffen, wenngleich wir es dabei – ich habe das schon im Ausschuß gesagt, und ich scheue mich nicht davor, es nochmals zu sagen – in manchen Fällen mit einer Form von Florianiprinzip zu tun haben. Ich will es überhaupt nicht generalisieren, aber in manchen Fällen ist es so.

Es gibt immer mehr Handys, alle wollen telefonieren, möglichst überall, möglichst bequem, aber Sendeanlagen sollen nach Möglichkeit keine errichtet werden, denn sie passen nicht in die Landschaft, von ihnen geht vielleicht sogar mittels elektromagnetischer Strahlung Gefahr aus – also bitte nicht in meiner Nähe! Wir wollen zwar telefonieren – so wie, was durchaus legitim ist, die Grünen im Haus –, aber wir unterstützen alles, was die Errichtung von Sendeanlagen verhindert! – Das, meine Damen und Herren, ist auch nicht die richtige Vorgangsweise, mit der man seriös Politik machen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Herr Minister wird also, wie angekündigt, eine entsprechende Gesetzesvorlage erstellen. Bei dieser Vorlage wird eine umfassende Begutachtung notwendig sein, damit wir gemeinsam im Haus über sinnvolle und zukunftsorientierte Lösungen beraten können.

Wir brauchen meiner Ansicht nach selbstverständlich auch in dieser Frage einen Kompromiß – einen Kompromiß zwischen gesellschaftlichen Notwendigkeiten und gesellschaftlichen Bedürfnissen einerseits und den Bürgerrechten und Ängsten, die es diesbezüglich in manchen Kreisen der Gesellschaft gibt, andererseits. Zu einem solchen Kompromiß bekennen wir uns, und wir hoffen, daß er rasch zustande kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

14.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Lafer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.42

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Kukacka! Bezüglich der Verkehrssicherheit des Handy-Verbotes sind wir ganz auf Ihrer Seite, bezüglich Ihrer Aussage, wir müßten das aus Zeitgründen behandeln, nicht mehr. Zum einen deshalb, weil wir im Verkehrsausschuß bereits vor knapp vier Wochen andere Novellierungen behandelt haben, und zum zweiten, weil dieses Handy-Verbot mit 1. Juli 1999 in Kraft tritt, im Herbst jedoch, wie Sie genau wissen, eine weitere Novellierung des Führerscheingesetzes mit anderen Änderungen ansteht. Wo ist also der sogenannte Zeitgrund? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Den Schnellschuß, von dem Sie gesprochen haben, haben Sie sich meiner Meinung nach selbst gegeben. Sie haben sich in dieser Frage mit einer Husch-Pfusch-Aktion entblößt, denn mit einem Ein-Satz-Gesetz werden Sie dieses Problem mit Sicherheit nicht lösen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kukacka: Sie haben das Gesetz nicht gelesen! Es besteht nämlich


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aus viel mehr als einem Satz! Sie haben meine ursprüngliche Presseaussendung jetzt vorgelesen!) Ich brauche Ihre Presseaussendungen nicht zu lesen, sie decken sich alle und sind immer das gleiche. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kukacka! Sie haben am 17. Juni in Ihrer Presseaussendung – nur damit Sie wissen, daß ich Ihre Presseaussendungen auch lese – geschrieben, daß Sie es als Fehler betrachten, bei der 0,5-Promille-Lösung mitgestimmt zu haben. – Sie kennen ja Ihre eigene Aussendung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Trotzdem hat Sie die SPÖ, wie Kollege Meischberger bereits gesagt hat, an beiden Ohren über den Tisch gezogen. Sie sind vor Ihrem Koalitionspartner umgefallen. Es geht Ihnen nicht um Verkehrssicherheit, sondern Sie geben in Ihren gutgemeinten Standpunkten immer dann nach, wenn es die SPÖ von Ihnen verlangt. – Das ist ein Faktum. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Böhacker: Wieder einmal umgefallen!)

Des weiteren haben Sie, Herr Kollege Kukacka, angeführt, mit Ausnahme des Gutachtens des ÖAMTC hätten das alle befürwortet. Was aber haben die Mitglieder des Verkehrsausschusses – zumindest jene der Oppositionsparteien – nicht bekommen? – Kein einziges Gutachten, aus dem hervorgeht, daß dieses Handy-Verbot in dem von Ihnen behaupteten Ausmaß befürwortet wird. (Abg. Mag. Kukacka: Alle waren dafür, alle bis auf den ÖAMTC!)

Kollege Parnigoni hat gesagt, daß ihm neun bis zehn Gutachten zugegangen seien, die das befürwortet hätten. Wir haben sie nicht bekommen, das heißt, Sie arbeiten für sich allein und sind auf die Meinung der Opposition nicht angewiesen und wollen sich auch nicht damit abgeben. (Abg. Mag. Kukacka: Sie haben keine Ahnung!)

Kollege Parnigoni hat weiters gesagt, daß eine Nachjustieren unbedingt notwendig sein wird. – Dann frage ich Sie schon: Warum beschließen wir dann hier und heute eine Novellierung über ein Handy-Verbot, wenn wir bis zum Sommer des nächsten Jahres Zeit hätten? (Abg. Parnigoni: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!)

Ein Argument, das ebenfalls im ÖAMTC-Gutachten angeführt ist, ist jenes, daß dieses neue Verbot von seiten der Exekutive nur schwer zu exekutieren beziehungsweise zu überwachen ist, da keinem nachgewiesen werden kann, ob er wirklich telefoniert hat oder nicht – ausgenommen, wenn man direkt an jemandem vorbeifährt und es erkennen kann.

Mein Kollege Marolt wird noch mehrere andere Argumente bringen. Daher möchte ich noch zum Gefahrgutbeförderungsgesetz ein paar Anmerkungen machen.

Herr Minister! Hohes Haus! Das Gefahrgutbeförderungsgesetz ist grundsätzlich sehr positiv zu beurteilen – und wir werden diesem Gesetz auch zustimmen –, zumal durch dieses neue Gesetz zwei nationale Vorschriften wegfallen. Im Rahmen des alten Gesetzes gab es auch 17 Verordnungen, die nun durch Verordnung ersetzt werden. In puncto Lesbarkeit, Durchführung und auch Überwachung ist das natürlich eine wesentliche Erleichterung, auch wenn noch Punkte enthalten sind, die ...


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Präsident Dr. Heinrich Neisser
(das Glockenzeichen gebend): Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter. Ich mache nochmals darauf aufmerksam, daß das Telefonieren mit Handy im Plenarsaal untersagt ist. Sie werden doch in der Lage sein, das Handy abzustellen! (Abg. Böhacker: Das ist ein technisches Problem! – Rufe bei den Liberalen und den Freiheitlichen: Freisprechanlage!)

Setzen Sie bitte fort!

Abgeordneter Franz Lafer (fortsetzend): ... mit Sicherheit noch nicht zur Zufriedenheit gelöst worden sind. Es sind in diesem Gesetz neue Dinge enthalten, die die Überwachung und Kontrolle des Gefahrgutes zweifellos bevorteilen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.47

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist schon wahr, daß es bis zum 1. Juli 1999 noch einige Zeit dauert, aber wahr ist auch, daß einiges umgerüstet werden muß. Daher ist es sinnvoll, diese Beschlußfassung jetzt durchzuführen, damit klar ist: Das kommt, und es muß umgerüstet werden!

Das ist der Grund, warum es jetzt gemacht wird, aber ich teile die Auffassung, daß es durchaus hätte möglich sein müssen, dieses Verbot schon mit der letzten Verkehrspaket-Novelle zu beschließen. Zwar geht es bei diesem Handy-Verbot vordergründig offenbar darum, ob man telefonieren darf oder nicht, dahinter steht jedoch in Wahrheit der Anspruch auf mehr Verkehrssicherheit in Österreich.

Dazu ist klar zu sagen, daß die heute zu beschließende Regelung eigentlich ein Peanut in Sachen Verkehrssicherheit sein wird. Es ist durchaus ein Beitrag, aber im Range von Peanuts. Ich erinnere mich noch gut an die Debatte anläßlich der 0,5-Promille-Regelung, in der immer wieder gesagt wurde, der eigentliche Grund für die Unfälle in Österreich sei die überhöhte Geschwindigkeit, mit der gefahren wird, und daß wir daher Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit setzen müssen, indem wir etwas gegen die überhöhte Geschwindigkeit tun.

Aber die Koalitionsparteien und auch die Regierung haben nicht darauf gedrungen, daß wir in der Folge in diesem Haus irgendwelche Maßnahmen dagegen auch nur beraten hätten können. Das ist das eigentliche Versäumnis, das anzuprangern ist, und wir müssen auch bedenken, daß die Regeln für mehr Verkehrssicherheit in Österreich eigentlich sehr einfach sind.

Die erste Regel für mehr Verkehrssicherheit in Österreich sollte eigentlich heißen: Fahren Sie Bahn! Sie brauchen nur nicht mehr mit dem Auto zu fahren, sondern fahren Sie Bahn! – Das ist die erste Regel, die wir in Sachen mehr Verkehrssicherheit beachten sollten. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die zweite Regel für mehr Verkehrssicherheit in Österreich müßte, Herr Abgeordneter Parnigoni, Vorsitzender des Verkehrsausschusses, lauten: Fahren Sie mit angemessener Geschwindigkeit! Ich wiederhole: In dieser Frage gibt es, obwohl wir einen eigenen Unterausschuß hatten, keine von den Koalitionsparteien vorgeschlagenen Maßnahmen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Die dritte Regel ist – quasi in Vorgriff auf den Punkteführerschein, Herr Abgeordneter Lukesch –: Fahren Sie fließend und fahren Sie nicht aggressiv! (Beifall beim Liberalen Forum. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. ) Ich habe Sie nicht verstanden, Verzeihung. (Abg. Dr. Lukesch: ... Worte, an die wollte ich Sie erinnern, um Ihre Aussage, wir hätten in diesem Bereich nichts gemacht, zu relativieren!) Nein! In Sachen Geschwindigkeit ist nichts gemacht worden! Da werden Sie auch in dem umfangreichen Entschließungsantrag, der aus dem Unterausschuß hervorgegangen ist, keine Maßnahmen finden. Das ist das eigentliche Problem!

Ich erinnere Sie noch einmal daran, daß gerade die ÖVP zu Recht angemerkt hat ... (Abg. Dr. Lukesch: Sie wollen 80/100! Sagen Sie es doch!) Nein! (Abg. Dr. Lukesch: Selbstverständlich! 30/80/100!)

Herr Abgeordneter Lukesch! Beruhigung! (Abg. Dr. Lukesch: Sagen Sie es schon!) Legen Sie mir nicht etwas in den Mund, was ich nicht gesagt habe und auch nicht meine (Abg. Mag. Kukacka: Die Autofahrer fahren zu schnell!) , denn Sie wissen, daß die Geschwindigkeitsregeln, die wir in Österreich haben, sinnvollerweise auch besser überwacht werden müßten. Das war auch Ihre Forderung. Sie haben aber, seit wir die 0,5-Promille-Grenze in diesem Hause beschlossen haben, für diese Forderung nichts mehr getan. Daher war die damalige Argumentation meiner


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Meinung nach ein Ablenkungsmanöver, und es entlarvt sich im Laufe der Zeit auch als solches, aber dem muß man ins Auge sehen.

Meine Damen und Herren! Ich wiederhole: Die vorliegende Handy-Regelung ist notwendig, aber sie ist ein Peanut! In der konkreten, heute zu beschließenden Regelung wird interessanterweise dem Herrn Bundesminister auch noch eine Verordnungsermächtigung mit auf den Weg gegeben, mit der er unter Bedachtnahme auf die Verkehrssicherheit und den Stand der Technik alle Anforderungen an Freisprecheinrichtungen zu regeln hat. Darüber hinaus beinhaltet sie den interessanten Satz: "Freisprecheinrichtungen müssen den Anforderungen der Produktsicherheitsbestimmungen für Freisprecheinrichtungen entsprechen." 

Wir haben nun im Ausschuß extra darüber geredet, daß das in Wahrheit eine Verdoppelung dessen ist, was ohnehin gemacht werden muß. Der Herr Bundesminister hat zugestanden, daß es ein wenig überbordend sei. Dennoch wählen Sie die bürokratischste Art und Weise, diesem Problem Herr zu werden!

Das ist meiner Überzeugung nach die gleiche Linie, die Sie schon beim Führerscheingesetz mit einem eigenen Feuerwehrführerschein verfolgt haben. Denn auch diese Regelung hätte man anders einfacher gestalten können. Aber Sie haben offenbar einen Hang zur Erzeugung von besonderer Bürokratie. Der Feuerwehrführerschein war der erste Beweis dafür, diese Regelung ist der zweite Beweis – und das allein in den letzten Wochen.

Meine Damen und Herren! Daß eine Strafe nur dann fällig ist, wenn das Telefonieren mit einem Handy während einer Anhaltung gemäß § 97 Abs. 5 StVO festgestellt wird, ist der Überwitz! Das bedeutet, daß nur jemand, der, wenn er von den Organen der öffentlichen Sicherheit an die Straßenseite gewunken wird, telefonierend die Scheibe hinunterkurbelt und sagt: Herr Inspektor, warten Sie, denn ich muß jetzt fertigtelefonieren!, strafbar ist. Wenn das anders ist, ist er nicht strafbar – also nur im Vorbeifahren ist überhaupt nichts. (Abg. Böhacker: Da steht er ja schon!) Das ist nicht der richtige Weg. (Abg. Böhacker: Im Stehen darf er ja schon!)

Herr Abgeordneter! Wenn es um das Verstehen geht, dann kann ich dem Herrn Abgeordneten Meischberger noch etwas mit auf den Weg geben. (Abg. Böhacker: Stehen! Nicht ver stehen!) Die schlechte Verbindung bei den Freisprechanlagen während des Fahrens und das schwere Verstehen können auch daher kommen, daß man einfach zu schnell unterwegs ist. In diesem Fall steigen nämlich die Innengeräusche im Auto sehr stark an. Wesentlich einfacher ist es, ein bißchen langsamer zu fahren, dann versteht man auch mit Freisprecheinrichtungen durchaus sehr gut.

Diese Argumente werden meiner Ansicht nach nur vorgeschoben, um behaupten zu können, es bedürfe keiner Handy-Regelung, wiewohl ich zugebe, daß die konkrete Regelung, die von den Koalitionsparteien gemacht wurde, kritisierenswert ist, denn sie ist keine einfache, sondern eine sehr bürokratische Lösung.

Meine Damen und Herren! Zu einer weiteren Materie, die heute zur Verhandlung steht, nämlich dem Gefahrgutbeförderungsgesetz, sei nur angemerkt, daß sich die Liberalen auch in diesem Fall noch einmal vehement gegen jene Ausschußfeststellung aussprechen, die von den Koalitionsparteien im Ausschuß beschlossen wurde. Sie lautet, daß der Herr Bundesminister, der eine Verordnung gemäß § 11 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz zu erlassen hat, vorher eine Einigung auf Sozialpartnerebene erzielen muß. Das heißt, ein oberstes Organ der Vollziehung darf eine nach dem Gesetz notwendige Verordnung erst dann erlassen, wenn sich die Sozialpartner im Vorfeld geeinigt haben.

Das ist in dieser Diktion überbordend. Es hätte, Herr Abgeordneter Parnigoni, Herr Abgeordneter Kukacka, auch genügt, wenn man es so formuliert hätte, daß der Herr Bundesminister auf eine Einigung diesbezüglich hinwirken möge. Aber von parlamentarischer Seite dem Herrn Bundesminister als oberstem Organ der Vollziehung quasi aufzuerlegen, daß er eine nach dem Gesetz notwendige Verordnung erst dann erlassen darf, wenn Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer dem zugestimmt haben, ist unpassend und müßte eigentlich auch Ihnen aufgefallen sein. Wir jedenfalls halten das für falsch und kritisieren es auch entsprechend.


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Meine Damen und Herren! Als letzten Punkt möchte ich noch den Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Moser und des Herrn Abgeordneten Meischberger anschneiden, in dem es darum geht, eine unnötige Vermehrung von landschaftsbelastenden, freistehenden Sendeanlagen zu vermeiden. Insbesondere soll dadurch die Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden, die durch den Bau und den Betrieb dieser Sendeanlagen entsteht.

Wir wissen, daß gerade die gepulste Strahlung, um die es hier geht, durchaus unterschiedlich aufgefaßt wird, ein Problem jedoch wird generell übersehen: Wenn man die Sendeanlagen auf wenige Punkte konzentrieren will, dann bedeutet das, daß man die Feldstärken erhöhen muß. Genau diese sind aber das eigentliche Problem. Denn die Sendeanlagen in ihrer heutigen Form haben eine so niedrige Feldstärke, daß man, ohne fahrlässig zu sein, eine Gesundheitsgefährdung ausschließen kann. Andere Unterlagen sind mir bisher nicht auf den Tisch gekommen.

Nun eine stärkere Konzentration und weniger Sendeanlagen zu verlangen, wodurch bei den vorhandenen Sendeanlagen natürlich höhere Feldstärken notwendig werden, halte ich für den falschen Weg. Daher werden wir diesem Entschließungsantrag in der vorliegenden Form nicht zustimmen.

Denn wenn wir so tun, als würden wir nun im Hohen Hause ein Verfahrenspaket schnüren, das Einwendungen der gesundheitlichen Art vermehrt berücksichtigen soll – Sie wissen, daß die Anrainer aufgrund des Bauverfahrens ohnehin beim Sendeanlagenbau miteinbezogen sind –, und damit den Anschein erwecken, als würde man etwas gegen eine angebliche oder mögliche Gesundheitsgefährdung tun, was aber zwangsläufig immer darauf hinauslaufen müßte, daß diese Einwendungen nicht beachtet werden, da die Feldstärken der jetzigen Sendeanlagen so tief sind, dann halte ich das für ein falsches Vorgehen, weil dann der Eindruck entsteht, daß die Sorgen der Bevölkerung im Verfahren nicht wahrgenommen werden.

Daher müßten wir uns meiner Ansicht nach in diesem Hause einmal über die konkreten Gefährdungspotentiale einig werden. Es wäre schön, wenn wir im Ausschuß ein Gespräch darüber führen könnten und danach diese Debatte wiederaufnähmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste hat sich Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort gemeldet. Sie ist nicht im Saal. Die Rede findet nicht statt.

Herr Abgeordneter Dietachmayr ist der nächste. – Herr Abgeordneter, Sie haben eine Redezeitbeschränkung von 3 Minuten verlangt. Wenn Sie sich daran halten, ginge es sich aus. Andernfalls muß ich Sie um 15 Uhr unterbrechen, weil wir eine Anfragebesprechung haben. – Bitte.

14.56

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bei der Novellierung des Luftfahrtgesetzes geht es in erster Linie darum, daß für den Flughafen Linz/Hörsching, der ursprünglich ein Militärflughafen war, in den letzten Jahren aber immer mehr zu einem zivilen Flughafen geworden ist, nicht das Landesverteidigungsministerium, sondern das Verkehrsministerium als zuständige Behörde tätig wird.

Das erscheint mir insofern als sehr wichtig, als es gerade in der letzten Zeit um den Flughafen Linz/Hörsching sehr viele Diskussionen darüber gegeben hat, wie die Flugzeiten ausgedehnt werden könnten. Derzeit gibt es eine Beschränkung, gemäß der der Flugbetrieb zwischen 23 Uhr und 5 Uhr früh zu unterbrechen ist – also ein Nachtflugverbot. Es gibt nun massive Bestrebungen, dieses Nachtflugverbot aufzuweichen. Meiner Ansicht nach ist im Interesse der Anrainer dem nicht nachzugeben, denn diese zusätzlichen Flugbewegungen in der Nacht sollen, wie es von seiten der Flughafenbetreiber heißt, Frachtflüge sein, die besonders laut sind.

Es ist sicher richtig, daß die Menschen, die sich dort angesiedelt haben, schon damals gewußt haben, daß sie in der Nähe eines Flughafens leben, aber ich glaube, es ist das gute Recht der Bevölkerung, zumindest zwischen 23 Uhr und 5 Uhr in Ruhe schlafen zu können. Daher darf es zu keiner Ausweitung der Nachtflüge kommen, wie das auch von der oberösterreichischen


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Landesregierung bestätigt wurde. Es gibt vom zuständigen Verkehrsreferenten bereits eine negative Stellungnahme. In einem Brief an das Verkehrsministerium schreibt der zuständige Landesrat, der Vorschlag des Flughafens laute darauf, 200 bis 400 zusätzliche Nachtflugbewegungen zu gestatten. Aus bekannten Gründen könne das Land Oberösterreich keine positive Stellungnahme zum Ansuchen der Flughafen-AG abgeben.

Es ist jedoch bedauerlich, daß auch in dieser Frage wieder mit dem Arbeitsplatzargument spekuliert wird. Der Vizepräsident der Wirtschaftskammer Oberösterreich meint in den "Wirtschaftskammer Nachrichten": "ein striktes Nachtflugverbot am oberösterreichischen Flughafen würde sukzessive Hunderte von Arbeitsplätzen in unserem Bundesland vernichten." (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Ich halte dieses Argument für sehr schwach, denn was wäre dann am Flughafen Salzburg oder am großen Flughafen Zürich/Kloten, wo es zwischen 22.30 Uhr und 5 Uhr ebenfalls ein Nachtflugverbot gibt. Das, was für den großen Flughafen Zürich gilt, muß auch für den doch relativ kleinen Flughafen Linz/Hörsching gelten!

Ich darf dich, Herr Minister, ersuchen, den Bestrebungen zur Öffnung des Nachtflugverbotes auf keinen Fall die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 6 bis 9.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4030/AB

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Finanzen mit der Ordnungszahl 4030/AB. Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß gemäß der Geschäftsordnung der Erstredner 10 Minuten, weitere Redner nicht mehr als 5 Minuten und Mitglieder der Bundesregierung oder zu Wort gemeldete Staatssekretäre nicht länger als 10 Minuten reden sollen. Bei den Erstgenannten ist es eine Maximalbeschränkung, bei den Letztgenannten eine Sollbestimmung.

Zur Begründung erteile ich nun Herrn Abgeordnetem Böhacker das Wort. Wie gesagt: 10 Minuten maximale Redezeit.

15.01

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geschätzter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Bei den österreichischen Bürgern und Steuerzahlern ist eine breite Verunsicherung, eine zunehmende Sorge, ja vielfach sogar eine berechtigte Angst zu beobachten ob der wiederholt vor allem seitens der Sozialdemokraten aufgestellten Forderung, die Einheitswerte des Grundvermögens auf die Verkehrswerte zu erhöhen. Das Ergebnis wäre, daß es zu einer unerträglichen Substanzbesteuerung kommen würde, daß die Erbschafts- und Schenkungssteuer in gigantische Höhen anwachsen würde, daß es, bedingt durch die Anhebung der Grundsteuer und einer Umwälzung auf die Betriebskosten, zu einer Verteuerung bei den Mieten kommen würde und daß das schlußendlich einer Vernichtung von Eigentum gleichkommen würde.

Halbherzige Dementis aus den Reihen der Sozialdemokraten: Alles nicht wahr! Alles halb so schlimm! Wenn Anpassung, dann nur moderat! sind absolut unglaubwürdig. Zu oft gibt es Aussagen der sozialistischen Granden, Grund und Boden massiv stärker besteuern zu wollen, um damit die Löcher in den künftigen Budgets zu stopfen. Und es ist fast zynisch, wenn man immer wieder hören muß, daß man Grund und Boden, also Grundstücke, deswegen höher besteuern will, weil man Grundvermögen nicht in Niedrigsteuerländer auslagern kann.


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Weil das von seiten der Sozialdemokraten immer wieder dementiert wird, muß ich einige der erwähnten sozialdemokratischen Granden zitieren: Der Steuer- und Finanzsprecher der Sozialdemokraten, Abgeordneter zum Nationalrat Ewald Nowotny, wird im "WirtschaftsBlatt" zitiert: ",Seit 1972 ist der Hauptrichtwert für den Einheitswert einer Liegenschaft nicht mehr neu bestimmt worden.‘ Der Einheitswert müsse endlich an den Verkehrswert angeglichen werden." (Abg. Dr. Nowotny: Das habe ich nie gesagt!) Es ist wörtlich zitiert, unter Anführungszeichen! Klagen Sie doch das "WirtschaftsBlatt"! Ich gebe Ihnen diese Ausgabe. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Haben Sie entgegnet?)

Es ist typisch: Wenn etwas in der Zeitung steht, dann heißt es immer wieder: Das habe ich nie gesagt, das ist nicht meine Meinung! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Das ist typisch! Das paßt ja auch zu Ihrer Ideologie!) Herr Professor, kommen Sie ans Rednerpult, dementieren Sie, schreiben Sie dem "WirtschaftsBlatt" einen Brief und fordern Sie einen Widerruf dieser Aussage! Sie wissen ganz genau: Wenn in einer Zeitung etwas unter Anführungszeichen steht, dann ist es ein wörtliches Zitat. Betreiben Sie keine Kindesweglegung! Stehen Sie zu dem, was Sie gesagt haben, oder kommen Sie hier heraus und dementieren Sie das! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Keine Angst, das kommt schon!)

Zum zweiten: Peter Schachner-Blazizek, auch kein unbedeutender Sozialdemokrat: "Erhöhung der Besteuerung von Grund und Boden". – Hört, hört! Das ist vermutlich auch nicht wahr, wahrscheinlich auch nicht richtig.

Oder der sozialdemokratische Vordenker, die Zukunftshoffnung der SPÖ, Herbert Prock, Landesparteiobmann von Tirol: "Höhere Einheitswerte für die Grundsteuern". – Alles nicht wahr! Die Sozialisten waschen ihre Hände in Unschuld. Aber das sind die Forderungen, die auf dem Tisch liegen.

Wir Freiheitlichen haben daher im Interesse der geknechteten österreichischen Steuerzahler eine schriftliche Anfrage an den Bundesminister für Finanzen gerichtet – die kennt er ja, darum braucht er ja auch jetzt nicht zuzuhören (Bundesminister Edlinger spricht mit Abg. Dr. Stummvoll)  –, um endlich zu erfahren, was Stand der Dinge ist. Wohin geht die Reise? Wie unverschämt wird der Finanzminister in die Geldtaschen der Bürger greifen?

Die Antwort ist mehr als ernüchternd. Aber eigentlich bin ich gar nicht mehr überrascht. Der Finanzminister läßt zum wiederholten Male die anfragenden Abgeordneten, das Parlament schlicht und ergreifend dumm sterben. Wieder einmal hat sich der Herr Finanzminister hinter der Steuerreformkommission versteckt! (Beifall bei den Freiheitlichen .) Immer wieder, wenn es ihm gerade paßt, sagt er, er müsse erst abwarten, was die Steuerreformkommission sagt, und dann erst wolle er politisch werten.

Die Anfrage, was denn nun die Anforderungen an die Steuerreformkommission sind, hat er umfangreich beantwortet (Bundesminister Edlinger: Sechs Fragen!) , alle Fragen jedoch, die im Zusammenhang mit einer eventuellen Erhöhung der Grundsteuer stehen, hat er ausweichend, oberflächlich und nichtssagend beantwortet. (Abg. Haigermoser: Nichts Genaues weiß man nicht! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Seine Spezialität!)

Herr Bundesminister! Sie haben zur Frage 3 positiv festgestellt – und das ist lobend zu erwähnen – , daß im Interesse der Gleichmäßigkeit und der Vereinfachung der Besteuerung durch die Feststellung von Einheitswerten eine einheitliche Bewertung von Wirtschaftsgütern, die als Gegenstand mehrerer Steuern in Betracht kommen, beibehalten werden soll. Völlig d’accord, das ist richtig. Aber gleichzeitig stellen Sie die Rute ins Fenster, indem Sie schreiben: "Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch darauf hinweisen, daß sich nach der bestehenden Rechtslage der Einheitswert grundsätzlich nach dem Verkehrswert zu richten hat." – Rechtlich in Ordnung, aber das ist der Freibrief für die Anpassung der Einheitswerte an die Verkehrswerte und somit für eine Erhöhung.

Und wenn man sich in der Materie ein wenig auskennt ... (Bundesminister Edlinger: Aber einen Absatz weiter zitieren Sie jetzt auch! Seien Sie fair!) Herr Finanzminister, ich komme schon


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dazu. Jetzt gehen wir einmal in die Tiefe. (Abg. Tichy-Schreder: Wenn Sie in die Tiefe gehen, dann weiß ich schon, wie das weitergeht!)

Wie wird denn nun das Grundvermögen bewertet? – Einerseits unbebaute Grundstücke, Grund und Boden, und andererseits bebaute Grundstücke. – Unbebaute Grundstücke sind mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Der gemeine Wert hat nichts mit "gemein" zu tun, sondern ist, etwas vereinfacht dargestellt, Herr Bundesminister, der Veräußerungswert, also jener Wert, der im Zuge einer Veräußerung unter Hintanstellung persönlicher Zuständigkeiten anzusetzen wäre. Soviel zu den unbebauten Grundstücken. Das heißt mit einem Wort, Sie können nach der bestehenden Rechtslage den Einheitswert der unbebauten Grundstücke auf den Verkehrswert anheben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie werden nun Gebäude bewertet? Gebäude werden mit den Neuherstellungskosten bewertet – man höre und staune! –, abzüglich Abschläge, die vom Alter des Gebäudes abhängig sind. Auch da, Herr Finanzminister, haben Sie, wenn Sie eine neue Hauptfeststellung durchführen, die Möglichkeit, die Werte von Grund und Boden und von Gebäuden an die Verkehrswerte anzugleichen, ohne daß Sie die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern müssen.

Nun erwarte ich von Ihnen, daß Sie klar und deutlich die politische Aussage treffen, die Sie auch in der Anfragebeantwortung im Zusammenhang mit der Grundsteuer umschrieben haben. Sie schreiben: "Ohne den Ergebnissen der Steuerreformkommission vorgreifen zu wollen, kann ich aber jetzt schon versichern, daß die erwähnte Verfünffachung der Grundsteuer ganz sicher nicht meine Unterstützung finden wird." – Sehr fein umschrieben! (Abg. Edler: Klare Aussage!) Wollen Sie die Verdreifachung, die Vervierfachung – die Verfünffachung lassen wir aus –, die Versechsfachung, die Verzehnfachung?

Herr Finanzminister! Erklären Sie hier und heute dem Hohen Haus, dem Bürger draußen, daß Sie für eine Anhebung der Grundsteuer, für eine Anhebung der Einheitswerte hin zu den Verkehrswerten nicht zur Verfügung stehen! (Abg. Haigermoser: Das ist die Gretchenfrage!) Das ist es, was wir von Ihnen hören wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen .)

Herr Finanzminister, es gibt in der Zeitschrift "Der Eigentümer" einen hervorragenden Kommentar. Überschrift: "Spiel mit verdeckten Karten": "Jeder, der die Ecke kennt, aus der der frühere Wiener Stadtrat und nunmehrige Finanzminister Rudolf Edlinger ideologisch-politisch kommt, traut ihm zu, lieber heute als morgen von den Einheitswerten für das Grund- und Liegenschaftseigentum abzugehen und auf das System der Verkehrswerte umzustellen. (...) Rudolf Edlinger" – und da pflichte ich dem Kommentator bei – "ist aber auch politischer Taktiker genug, um die Katze der Verfünffachung der Grundsteuer nicht vor dem Super-Wahljahr 1999 aus dem Sack zu lassen." (Abg. Dr. Nowotny: Die "rote Katze" wurde das immer genannt!)

"So darf man aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, daß bis nach den Nationalratswahlen voraussichtlich im Herbst 1999 (oder auch früher) die Katze im Sack bleibt und die SPÖ mit verdeckten Karten spielt, um es nach geschlagenen Wahlen erneut zu probieren."

Herr Bundesminister! Lassen Sie endlich die Katze aus dem Sack und sagen Sie, was Stand der Dinge ist! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Nicht die rote!) Wir Freiheitliche werden derartigen Steuererhöhungen nicht die Zustimmung geben, denn eines ist klar: Die Belastungslawinen der letzten Jahre waren groß genug! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte.

Herr Minister, haben Sie sich zu Wort gemeldet? – Nein. Mir ist keine Wortmeldung des Herrn Bundesministers bekannt. (Abg. Dr. Nowotny tritt an die Regierungsbank und spricht mit Bundesminister Edlinger.)


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Herr Kollege Nowotny, Sie sind am Wort! (Heiterkeit. – Abg. Dr. Krüger: Er will nicht!) Maximale Redezeit: 5 Minuten.

15.11

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden das schon ordentlich koordinieren. (Abg. Haigermoser: Koordinationsmängel!) Was mir auffällt, ist, daß es offensichtlich eine neue Taktik der FPÖ gibt, und zwar die Taktik vehementes Einrennen offener Türen. Gestern haben Sie sich vehement gegen Kinderpornographie gewendet, so als ob irgend jemand in diesem Haus für Kinderpornographie wäre. Sie haben also völlig offene Türen eingerannt. (Abg. Dr. Krüger: Zur Sache!)

Ja, ich bin schon dabei. Heute wenden Sie sich gegen eine massive Erhöhung der Grundsteuern, so als ob es in diesem Haus irgend jemanden gäbe, der für eine massive Erhöhung der Grundsteuern eintreten würde. (Rufe bei den Freiheitlichen: Sie! – Abg. Haigermoser: Sie treiben Edlinger vor sich her! Edlinger will ja gar nicht!) Sie bauen hier einen Popanz auf beziehungsweise versuchen Sie, hier das Märchen von der "roten Katze" zu erfinden. Ich muß Sie enttäuschen: Mit diesem Märchen ist schon einmal etwas versucht worden, und es ist schiefgegangen. Es wird auch bei Ihnen schiefgehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Was Herr Kollege Böhacker heute hier gesagt hat, war im Prinzip eine Schilderung des gegenwärtigen gesetzlichen Zustandes. Ich meine, das ist korrekt. Was mir nicht ganz klar ist, ist, was Sie daraus für Schlußfolgerungen ziehen. Wollen Sie den derzeitigen gesetzlichen Zustand abschaffen? – Ich denke, das würde wahrscheinlich nicht ganz mit dem übereinstimmen, was Sie sonst machen wollen. (Abg. Böhacker: Ich möchte ein bißchen Praxis hören! – Abg. Haigermoser: Eine Versiebenfachung? Eine Versechsfachung? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Was die Frage der Grundsteuer betrifft, kann ich Ihnen eine sehr klare und eindeutige Antwort geben. Alles, was es in dieser Beziehung an öffentlicher Diskussion gibt (Abg. Dkfm. Holger Bauer: ... ist alles nicht wahr!), geht zurück auf Äußerungen des inzwischen leider verstorbenen Professor Heidinger von der Universität Graz, Steuerberater und Mitglied der Steuerreformkommission. Heidinger hat ein Papier für die Steuerreformkommission verfaßt. (Abg. Böhacker: Wann hat er das verfaßt?) In diesem Papier hat er auf zwei Dinge hingewiesen.

Erstens hat er darauf hingewiesen – und das ist unbestreitbar –, daß es schon seit erheblicher Zeit keine Neufeststellung der Einheitswerte gegeben hat und daß damit ein Problem der horizontalen Steuergerechtigkeit verbunden ist, weil sich der Wert der einzelnen Grundstücke natürlich unterschiedlich entwickelt hat. Heidinger hat darauf hingewiesen, daß damit die Gefahr einer verfassungsrechtlichen Problematik entsteht. Auch der deutsche Bundesverfassungsgerichtshof hat unter diesem Aspekt diese Regelungen aufgehoben, wie Sie vielleicht wissen. (Abg. Haigermoser: Der geht uns nichts an, der deutsche Bundesverfassungsgerichtshof!)

Schauen Sie, Herr Kollege, Sie wissen von all dem nichts, Sie interessiert das auch nicht. Ich spreche mit jenen, die sich inhaltlich vielleicht ein bißchen damit beschäftigt haben. Es wäre gut, wenn Sie sich ein bißchen aus der Schußweite begeben würden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Da kommt Beifall! Das ist eine gute Passage!)

Zum zweiten hat Heidinger – und das ist jetzt der sensible Bereich – in diesem Papier vorgeschlagen, die Grundsteuer zu erhöhen und auf der anderen Seite die Kommunalabgabe zu senken. Gleichzeitig wollte er auch noch die Erbschaftsteuer mit einem Schlag abschaffen. Wenn man den Hintergrund des Kollegen Heidinger kennt, dann weiß man, daß es eine sehr unternehmerfreundliche Position war, von der er ausgegangen ist. Darauf hat sich dann eine ganze Reihe von Zeitungsartikeln gegründet. – Das ist sozusagen die Basis, auf der das Ganze aufgebaut ist.

Ich möchte namens der sozialdemokratischen Fraktion hier sehr deutlich sagen: Die Steuerreformkommission hat ihre Arbeit noch nicht beendet. Es gibt daher keinerlei offizielle Papiere der Steuerreformkommission. Die Steuerreformkommission arbeitet unter Vertraulichkeit. Ich


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möchte es aber ganz deutlich sagen: Die Vorstellungen, die von Kollegen Heidinger gekommen sind, sind aus unserer Sicht völlig unrealistisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Es haben sowohl der Herr Bundesminister für Finanzen als auch ich erst vor 14 Tagen – ich weiß nicht, woraus Sie zitiert haben –, als das wieder zur Sprache gekommen ist, eine Aussendung verfaßt, die auch von den Zeitungen gebracht wurde und in der ich ausdrücklich erklärt habe: Diese Position Heidingers ist unrealistisch und wird weder vom Finanzminister noch von mir geteilt. – Ich glaube, damit sollte dieser Popanz eigentlich endlich ein Ende haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Firlinger: Sagen Sie doch, Sie wollen nur eine Verdreifachung statt einer Verfünffachung! Das möchte ich von Ihnen hören!)

Herr Kollege! Ein letzter Punkt, in aller Nüchternheit: Es müßte Ihnen doch bewußt sein, daß die Steuer, um die es hier geht, die Grundsteuer ist. Die Grundsteuer ist eine Steuer, die alleine den Gemeinden zukommt. Das heißt, der Finanzminister hat überhaupt kein fiskalisches Interesse an dieser Steuer. Wenn Sie schon nichts anderes überzeugt – dieser Punkt sollte Sie doch überzeugen! (Beifall bei der SPÖ.)

15.16

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Aus gegebenem Anlaß stelle ich fest, daß bei einer Kurzdebatte keine tatsächlichen Berichtigungen stattfinden können. Das steht in § 57a Abs. 3 der Geschäftsordnung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mühlbachler. 5 Minuten maximale Redezeit. – Bitte.

15.16

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zur heutigen Kurzdebatte eines prinzipiell feststellen. Ich glaube, daß diese Kurzdebatte zum heutigen Zeitpunkt mehr als überflüssig ist. (Abg. Mag. Firlinger: Wann wär’s denn recht?) Tatsache ist, daß die Steuerreformkommission die Aufgabe übernommen hat, einmal Vorschläge auf den Tisch zu legen. (Abg. Haigermoser: Warum hast du dich dann zu Wort gemeldet? Das ist eine freiwillige Rede! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Warum redest du dann?)

Sie haben gerade gehört, daß die Steuerreformkommission bis zum heutigen Tag die angekündigte Vielfalt von Vorschlägen noch nicht auf den Tisch gelegt hat. Daher halte ich eine Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt über Gerüchte, die irgendwo verbreitet wurden, für überflüssig. Das möchte ich klar und deutlich feststellen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zum zweiten. Zur Grundsteuer sage ich klipp und klar: Die Grundsteuer ist eine Gemeindeabgabe, und die Gemeinden sind davon betroffen. Ich habe keine große Sorge, daß sich im Bereich der Grundsteuer Wesentliches ändern wird, und zwar aus folgendem Grund – und da, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten Sie etwas mehr in die Tiefe gehen –: Ich habe in meinem Bezirk eine Untersuchung gemacht, inwieweit sich die Grundsteuer durch die Kommunalsteuer oder umgekehrt die Kommunalsteuer durch die Grundsteuer substituieren ließe, denn das war irgendwo einmal im Gespräch. Ich kann Ihnen gleich sagen: Diese Substitution ist so gut wie überhaupt nicht möglich, weil beispielsweise die Gemeinde Freistadt das Vierfache an Grundsteuer einheben müßte, damit die Kommunalsteuer substituiert würde, und die Nachbargemeinde Grünbach müßte das Eineinhalbfache einheben. Sie sehen also, daß das innerhalb der Gemeinden eine derart unterschiedliche Gewichtung ergäbe, daß die Gemeindefinanzen auf breitester Basis durcheinandergebracht und erschüttert würden.

Daher: Man kann über alles reden, und es muß auch für die Steuerreformkommission gelten, daß sie Gedankenfreiheit hat. Wenn die Ideen aber auf dem Tisch liegen, dann wird es ganz sicher unsere Aufgabe sein, in die Tiefe zu gehen und darüber zu diskutieren, was von diesen Vorschlägen überhaupt machbar ist.

Eines noch, Herr Abgeordneter Böhacker, bezüglich der Annäherung der Einheitswerte an die Verkehrswerte. Da geht es nicht um das Fünffache, da geht es um das Zehn- bis Zwanzigfache.


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(Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger. ) Selbstverständlich, denn Tatsache ist, daß die letzte Einheitswertfeststellung im Jahr 1973 stattgefunden hat (Abg. Haigermoser: Es wäre wirklich besser gewesen, du hättest heute nicht gesprochen!) , daß im Jahre 1983 die Wertverhältnisse 1973 um 35 Prozent angehoben worden sind und daß diese Wertverhältnisse 1973 um das Zehnfache anzuheben wären, um überhaupt an die Einheitswerte heranzukommen. (Abg. Dr. Krüger: Ist sie dir zu niedrig?)

Sehr geehrte Damen und Herren von den Freiheitlichen! Sie glauben immer wieder, Sie müssen Angst säen und die Bürger verunsichern. Sie werden doch nicht glauben, daß es mit einer ÖVP in der Regierung möglich sein würde, an diesem Gebäude etwas Wesentliches zu verändern. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger. ) Das können wir garantieren und dafür geradestehen! Ihre Angstmache betreiben Sie dort, wo man Ihnen noch glaubt. Aber diejenigen, die Ihnen glauben, werden Gott sei Dank immer weniger. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Mein Redebeitrag sollte lediglich dazu dienen, aufzuzeigen, daß sich die ÖVP auf der einen Seite dafür einsetzt, daß man prinzipiell einmal in der Steuerreformkommission Gedankenfreiheit läßt, ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte zu Ende führen!

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (fortsetzend): ... aber daß man auf der anderen Seite bei tatsächlichen Veränderungen wirklich sehr behutsam vorzugehen hat. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

15.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.22

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! In der Beantwortung der Anfrage haben Sie nur die Themenbereiche angeführt, die die Steuerreformkommission behandeln soll. Deshalb hat sich Kollege Nowotny gleich bemüßigt gefühlt, die Einheitswertdiskussion als Popanz hinzustellen. Aber das ist kein Popanz, denn Kollege Mühlbachler hat sich hier selbst entlarvt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch in der Anfragebeantwortung durch den Herrn Bundesminister wird klar darauf hingewiesen, daß gemäß der bestehenden Rechtslage sich der Einheitswert grundsätzlich nach dem Verkehrswert zu richten hat. (Abg. Dr. Nowotny: Als Prozentsatz natürlich!) Und in der Fragebeantwortung 4 bis 14 sagt er dann, daß lediglich die erwähnte Verfünffachung der Grundsteuer ganz sicher nicht seine Unterstützung findet. Herr Bundesminister, ich frage Sie: Die wievielfache Erhöhung der Grundsteuer wird wohl Ihre Unterstützung finden? Das hätten Sie beantworten müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesminister Edlinger: Das haben Sie mich nicht gefragt! – Abg. Haigermoser: Der Mühlbachler hat es gesagt!)

Herr Minister! Diese Anfragebeantwortung ist an sich sehr, sehr allgemein gehalten und geht nicht auf die Grundsätze ein. Die Grundsätze fehlen. Offensichtlich wollen Sie die Mißachtung der Vertrauensgrundsätze fortsetzen, jene Mißachtung der Vertrauensgrundsätze, die sich mit rückwirkenden Steuergesetzen in dieser Legislaturperiode ergeben hat, beispielsweise durch die rückwirkende Abschaffung des halben Einkommensteuersatzes oder durch die Änderung bei der Übertragung stiller Rücklagen oder durch die Neuregelung für Assanierungsmaßnahmen. Hiezu fehlt Ihr klares Wort in der Anfragebeantwortung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es fehlt in dieser Anfragebeantwortung aber auch die Formulierung von Wettbewerbsstrategien mit dem Ziel, die Resignation enttäuschter Investoren zu beenden oder die jahrelange strittige Auseinandersetzung zu vermeiden oder die von Ihnen mit, ich sage einmal, untauglichen Mitteln bekämpfte Steuerhinterziehung durch deutliche Verbesserung der Besteuerungsmoral zu verhindern. Sie planen offensichtlich keine Steuerreform mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft durch eine deutliche Senkung der Abgabenquote zu erhöhen. Auch diesbezüglich hätten Sie ein Signal geben können.


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Wir Freiheitliche fordern daher – und es wäre gut, wenn Sie hiezu klar Stellung beziehen könnten –, in einem ersten Schritt die Abgabenquote von derzeit 45,7 Prozent auf 40 Prozent zu reduzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Wir wollen aber auch keine Maschinensteuer, die das qualitative Defizit der österreichischen Wirtschaft noch weiter erhöhen würde; das qualitative Defizit, das sich ja im niedrigen Export-unit-value ausdrückt. Eine Steuerreform muß zum Ziel haben, durch Stärkung der Wirtschaft das Außenhandelsdefizit, das allein mit der EU im letzten Jahr 101,4 Milliarden Schilling betragen hat, auf Null zu reduzieren. Nur so sanieren Sie Ihr Budget und können dann auch verteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte jetzt noch einmal auf diese kolportierte Erhöhung der Einheitswerte zurückkommen: Ich warne sehr davor, denn es würde dies vor allem in nächster Zeit Zehntausende Betriebsübergaben durch Generationenwechsel betreffen. Es würde sich eine starke Eigenkapitalverminderung ergeben. Das wäre vor allem katastrophal für die Tourismuswirtschaft, katastrophal für alle KMUs. Deshalb unsere Forderung, hier keinerlei Veränderung vorzunehmen!

Ich komme jetzt zum Schluß. Ich sage dies alles auch im Lichte der Tatsache, daß die Entwicklung der Eigenkapitalquote in Österreichs Betrieben nach wie vor unbefriedigend ist und es daher immer wieder zu notwendigen Kapitalerhöhungen mit ausländischem Kapital kommt. Statt einer Verlangsamung würden Sie eine Beschleunigung des Ausverkaufs der österreichischen Wirtschaft erreichen. Und vergessen Sie nicht, Herr Finanzminister, daß die beiden Belastungspakete bis heute den Bürgern in Österreich 147 Milliarden Schilling an Kaufkraft abverlangt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Smolle: Bring die Sache ins Lot, Peter!)

15.27

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Eigentlich diskutieren wir hier über die Gemeindefinanzierung, die auf zwei Beinen steht, und ich meine, daß beide Beine reformbedürftig sind. Der derzeit gültige Finanzausgleich läuft bis 2001, und spätestens dann werden wir uns den Kopf darüber zerbrechen müssen, ob der abgestufte Bevölkerungsschlüssel in der existierenden Form in einer neuen Welt der Gemeinden noch berechtigt ist.

Und genauso ist die direkte Gemeindefinanzierung auf die falsche Bemessungsgrundlage gestellt. Die Getränkesteuer – Herr Bundesminister, das durfte ich Ihnen schon öfters nachweisen – ist im Euro-Raum nicht haltbar, weil sie zu Kaufkraftabflüssen in großen Dimensionen führen wird, welche die Steuerbasis laufend erodieren und schmälern. Und die Kommunalabgabe – es ist schon müßig, das immer wieder zu wiederholen – ist ein arbeitskostensteigernder Teil der Lohnnebenkosten. Es ist falsch, das Besteuerungsobjekt Arbeit zu besteuern, wenn man mehr Arbeit haben will. Also es hängen schon in der direkten Gemeindefinanzierung rund 26 bis 27 Milliarden Schilling in der Luft, weil sie in den Gemeinden auf der falschen Besteuerungsgrundlage eingehoben werden.

Die dritte große Säule der Gemeindefinanzierung im direkten Bereich ist die Grundsteuer. Herr Professor Nowotny hat kurz angetönt aus der deutschen Steuerdebatte, daß es nicht glaubhaft ist, Einheitswerte, die man im Jahr 1972 einer Hauptfeststellung unterzogen hat, jetzt immer nur in Prozentsprüngen wieder aufzuwerten, weil ja die Grundstücke unterschiedliche Werte entwickelt haben. Also es wird sehr wohl einmal notwendig sein, trotz aller politischen Angst davor, eine neue Hauptfeststellung zu machen, die noch nichts mit der Grundsteuerhöhe absolut zu tun hat, sondern diese Wettbewerbsverzerrung, diese Ungleichheit in der Wertentwicklung von Grundstücken ist in einer neuen Hauptfeststellung festzuhalten. Denn in Wirklichkeit sind es die Gemeinden, die über ihre Hebesätze (Zwischenruf des Abg. Böhacker )  – Luft anhalten, Hermann! – schlußendlich die Höhe der Grundsteuer bestimmen.


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Die Frage ist jetzt nur wieder, wie die Länder mit der Verweigerung oder Zusprache von Bedarfszuweisungen umgehen, wenn sie sagen: Du bekommst nur dann eine Bedarfszuweisung, wenn du all deine Steuern bis zur Gänze eingehoben hast. (Abg. Ing. Nußbaumer: Herr Kollege Peter! Wenn Sie einen Kredit brauchen, dann brauchen Sie einen großen und hohen Grundwert! Und es kann doch nicht das Ziel sein, wegen hoher Kredite, die man besichern muß, auch die Grundwerte und die Einheitswerte zu verändern! – Abg. Dr. Khol: Am Wort ist der Redner!)

Herr Ing. Nußbaumer! Darum geht es nicht. Wenn wir jetzt keine populistische Diskussion führen wollen, wenn wir nicht einen großen Popanz Grundsteuer hier aufbauen wollen, dann müssen wir einmal sachlich darüber diskutieren, daß diese seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr neu festgestellten Einheitswerte in sich ein steuerrechtliches Unding sind.

Die Frage, wie hoch die Grundsteuer ist, ist eine Frage der Hebesätze, und die Hebesätze sind erstens ein Beschluß der Gemeinden ... (Abg. Dr. Haider: Das ist glatter Kommunismus!)  – Mein Gott, Jörg Haider, du hast halt einfach nur flache Zwischenrufe. Du mußt ein bisserl nachdenken, bevor du solche Zwischenrufe machst. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger. ) Es geht jetzt einmal um die Grundsteuer und um die ganz konkrete Frage, auf welcher Bemessungsgrundlage sie erfolgt und wer denn bitte die Hebesätze beschließt. – Die Hebesätze beschließen die Gemeinden.

Jetzt kommt der nächste Punkt dazu: Ist eine Substanzsteuer überhaupt möglich? (Abg. Haigermoser: De facto das Land!) Lieber Helmut Haigermoser! Die Anzahl deiner Zwischenrufe verhält sich umgekehrt proportional zu deinem Wissen um diese Materie. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ. – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Ja, ja, ich weiß; ich will jetzt eigentlich auf all das nicht mehr antworten, was da an mein rechtes Ohr kommt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Ich bin ja so froh, daß ich auf dem rechten Ohr so schlecht höre. (Abg. Haigermoser: Alois Huber!)

Nun kommen wir zur nächsten Frage, nämlich wie wir mit der Substanzbesteuerung insgesamt umgehen. Ich lehne eine Substanzbesteuerung prinzipiell ab, weil ich glaube, wir sollten die Erträge besteuern und nicht die Substanz. Mit einer Ausnahme – und das ist die Argumentation für die Grundsteuer –: Je mehr Grund ein Grundeigentümer in seiner Gemeinde besitzt, desto mehr Anteil an Gemeindeleistungen hat er. So läßt sie sich begründen.

Zusammenfassend: Ich glaube, daß wir erstens endlich den politischen Mut haben müssen, eine neue Hauptfeststellung vorzunehmen, daß wir zweitens die Ermächtigungen der Gemeinden ändern, nämlich senken müssen, in der Frage ihrer Hebesätze, die sie im Gemeinderat autonom beschließen können. Und drittens kann es nicht darum gehen, neue Steuern einzuheben, sondern es geht darum, die direkte Gemeindefinanzierung, die heute mit der Basis Getränkesteuer und Kommunalsteuer auf der falschen Bemessungsgrundlage eingehoben wird, in den Griff zu bekommen.

Die 27 Milliarden Schilling an Getränkesteuer und Kommunalsteuer, die wir heute direkt im Gemeindebereich einheben, sind notwendig, um den Gemeinden einen Anreiz zu geben, in direkter Finanzierung wirtschaftlich tätig zu werden. Wenn sie dies auf falscher Bemessungsgrundlage tun, müssen wir eine neue Form der direkten Gemeindefinanzierung finden. Ich glaube, daß der Weg über den Finanzausgleich, über einen Beschäftigtenschlüssel und auch über den Getränkeverkauf, den man pro Gemeinde festlegen kann, eine neue Form der direkten Gemeindefinanzierung darstellen könnte. Die bisherige Diskussion war in diesem Sinne nicht nützlich! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Smolle: Das ist zu hoch für den Haigermoser!)

15.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

15.33

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Es war Kollege Mühlbachler, der gesagt hat: Wenn die Ideen auf dem Tisch liegen, dann ist es unsere Aufgabe, in die Tiefe zu schauen. Ich weiß nicht, Kollege Mühlbachler, wo die Tiefe


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ist oder was tief ist. (Ruf bei der ÖVP: Das ist relativ!) Aber die Materie, die wir heute hier diskutiert haben, war offensichtlich noch nicht tief genug. Vielleicht ist es etwas anderes Tiefes, in das Sie dann schauen wollen. Auf alle Fälle vermisse ich bei der Erörterung dieses Themas – und jetzt nicht bei der Grundsteuer, sondern bei dem allgemeinen Thema, das zugrunde liegt, denn die Anfrage bezieht sich ja nicht nur auf die Grundsteuer – die Tiefe.

Was ich gehört habe, war eine mehr oder minder geschickte Abwehr von Professor Nowotny, der gesagt hat, das stehe nicht zur Debatte, das war die Überlegung eines Professors. Aber was ich von Ihnen, Herr Professor Nowotny, schon lieber gehört hätte, wäre, ob eine Anhebung der Grundsteuer ein geeignetes Mittel ist, um mehr Verteilungsgerechtigkeit herzustellen. Da genügen mir natürlich die Aussagen der Kollegen von den Freiheitlichen nicht, die sich jetzt neben den Vertretern der Arbeiter als die berechtigten Vertreter des Immobilieneigentums darstellen.

Vielleicht würde es Dr. Haider tatsächlich belasten, wenn die Grundsteuer erhöht werden würde. (Rufe bei den Freiheitlichen: Pius Strobl!) Vielleicht wäre das wirklich das Problem der Freiheitlichen! Aber das kann doch nicht das Thema sein, über das wir diskutieren. – Bitte. (Abg. Dr. Haider: Pius Strobl ist der größte Immobilienmakler!) Ich rede jetzt einmal von den Besitzern, Herr Dr. Haider. Ich rede nicht von den Maklern, sondern ich rede von den Immobilienbesitzern, und da sind Sie nicht gerade ein kleiner! Und ich könnte mir vorstellen, daß die Anhebung der Grundsteuer auf einen Verkehrswert, wenn Ihr Unternehmen so gut geht, Sie etwas mehr kosten würde.

Aber das ist nicht unbedingt mein Thema. Mich interessiert: Ist die Anhebung der Grundsteuer beziehungsweise die Anhebung der Einheitswerte auf den Verkehrswert tatsächlich ein geeignetes Mittel, um mehr Verteilungsgerechtigkeit im Steuersystem herzustellen? Und da habe ich auch meine Zweifel. Diese Zweifel sind aber noch nicht klar geäußert worden. Wen würde die Anhebung belasten? – Die Landwirte, teilweise auch die Mieter und Mieterinnen. Was wäre die Antwort der Bundesregierung auf diese Frage? – Ausnahmebestimmungen oder ähnliches?

Mich hätte interessiert im Rahmen dieser Debatte: Welche Steuererhöhungen sind tatsächlich im Bereich des immobilen Vermögens geeignet und vorstellbar, um etwas mehr Verteilungsgerechtigkeit herzustellen? Herr Bundesminister! Eine Antwort von Ihnen auf diese Frage würde mich schon interessieren, nicht nur eine auf die Frage: Was machen wir jetzt mit den Einheitswerten, und wird es wirklich zu dieser Vernichtung von Eigentum kommen, welche die Freiheitlichen offensichtlich schon herandräuen sehen? (Abg. Dr. Haider: Frag den Wabl, wie es den kleinen Bauern geht!)

Herr Dr. Haider! Sie hätten mir zuhören sollen. Das war ein Satz, den ich vorhin gesagt habe. Das könnte ein Problem sein. Aber das kann man nur diskutieren, wenn man über Verteilungsgerechtigkeit in diesem Zusammenhang redet. Mit keinem einzigen Wort im Rahmen der Debatte, vor allem auch nicht von Ihrer Seite, hat man sich mit der Verteilungsgerechtigkeit des Steuersystems beschäftigt. (Abg. Dr. Haider: O ja!) Es kann ja nicht so sein, daß die unselbständig Beschäftigten, die Sie ja auch immer wieder schützen wollen, die Träger dieses Steuersystems sind und durch die kalte Progression und, und, und herangezogen werden sollen, um die Steuerlast alleine zu tragen. (Abg. Dr. Haider: Tut nicht umverteilen, sondern laßt die Leute etwas verdienen!)

Wenn dann Überlegungen geäußert werden, die auch andere Gruppen betreffen, schreien Sie ebenso auf. Also Sie müssen sich schon entscheiden: Für wen, in wessen Interesse und wozu soll hier Steuergerechtigkeit beziehungsweise Verteilungsgerechtigkeit geschaffen werden, und welche Steuern sind dafür geeignet? Das wäre eine Debatte gewesen, die in die Tiefe hätte führen können. Doch diese Tiefe war im Rahmen dieser Debatte tatsächlich nicht gegeben. (Beifall bei den Grünen.)


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134. Sitzung / Seite 64

15.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Edlinger. – Bitte.

15.38

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin an und für sich natürlich sehr froh, wenn hier eine Debatte über Steuerpolitik ausbricht, da diese, selbst wenn sie nur von einer Facette her andiskutiert wird, dazu beiträgt, wechselweise das Bewußtsein zu erweitern, und das ist eine Voraussetzung dafür, daß man möglichst offen über Probleme diskutiert, die zur Lösung anstehen.

Auf der anderen Seite bedauere ich, daß die Debatte über ein so ernsthaftes Thema, das natürlich einer sehr umfassenden Betrachtung ausgesetzt werden muß, wenn wir das erreichen wollen, was wir uns vorgenommen haben, an einem Aspekt hängenbleibt, auch wenn dieser punktuell bedeutend sein kann. Jede Veränderung in einem Steuersystem schafft Betroffenheit und ist für jeden einzelnen, der in die Gruppe der Betroffenen fällt, exorbitant wichtig. Aber es ist dies nur ein kleiner Bereich einer umfassenden Steuerreform, die wir eigentlich anpeilen.

Ich sage Ihnen folgendes in aller Offenheit: Wie viele Anfragen es auch gibt, ich werde sicher nichts verlautbaren, bevor klar ist, erstens in welchem Ausmaß wir uns eine Steuerreform, auch unter Zugrundelegung anderer wirtschaftspolitischer Notwendigkeiten, leisten können und zweitens wie auch jene strukturellen Veränderungen in der Steuerpolitik vorzunehmen sind, die wir wirtschaftspolitisch brauchen. Und als dritter, nicht unwesentlicher Aspekt, da nämlich jegliche Steuerreform, ob uns das paßt oder nicht, natürlich auch angewandte Gesellschaftspolitik ist, ist für mich auch die soziale Ausgewogenheit maßgeblich. Und unter diesen Kriterien gehe ich an die Lösung dieses Problems heran. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe auch schon anläßlich der Budgetdebatte für das Budget 1999 – mehr kann man doch, wenn man seriös bleiben will, nicht sagen, und Steuerpolitik ist für mich eigentlich viel zu ernst, um in irgendeiner Weise mit wechselweisen Ankündigungen zur Verwirrung der Menschen beizutragen – klar und deutlich festgestellt, daß es weder im Vollzug des Budgets 1998 noch für das Budget 1999 steuerpolitische Änderungen geben wird.

Natürlich wären unter Umständen stärkere Konsolidierungen durchaus positiv – ich gebe jedem recht, der meint, es ist vielleicht nicht ganz ambitioniert, wenn das nicht geschieht –, aber mir geht es auch darum – in der Tat war es nicht einfach, den Konsolidierungskurs, der in den Budgets 1996 und 1997 zum Ausdruck gekommen ist, auch in der Öffentlichkeit entsprechend zu erklären –, daß die Budgets 1998 und 1999 auch dazu verwendet werden, um die – und ich wiederhole es zum fünften Mal; ich muß es immer wieder sagen, weil ich oft den Eindruck habe, daß manche bestimmte Argumente nicht hören möchten – in den Budgets 1996 und 1997 notwendigen Einmalmaßnahmen durch strukturelle Änderungen zu ersetzen, um so auch in Österreich in Richtung einer nachhaltigen Stabilitätspolitik kommen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe vor mehr als einem Jahr die Steuerreformkommission beauftragt, tätig zu werden, und zwar durchaus mit einer klaren Zielsetzung, was wir uns eigentlich vorstellen. Ich war ja eigentlich bei der Beantwortung Ihrer Anfrage ganz entgegen meiner sonstigen Regel unglaublich ausführlich (Heiterkeit) , wie ich feststellen konnte, als ich das jetzt genauer gelesen habe. (Abg. Haigermoser: Ein braver Beamter!) Offensichtlich habe ich da zu viele Anfragen relativ rasch beantwortet. Nicht, daß es mir leid tut ... (Abg. Dr. Haider: Sie sind verpflichtet, ordentlich Auskunft zu geben!) Ordentlich, ja. Aber, Herr Abgeordneter Haider, Sie können mir nicht unterstellen, daß ich irgend etwas unordentlich erledigt hätte. (Beifall bei der SPÖ.) "Ausführlich" und "ordentlich" sind sogar semantisch zwei verschiedene Paar Schuhe. (Abg. Dr. Haider: Ihr Sparpaket ist jedenfalls nicht sehr ordentlich, weil die Ausgaben eingeschränkt und die Einnahmen erhöht werden! Das sagt sogar Ihr Koalitionspartner!)

Ich weiß nicht, worauf Sie da anspielen, denn an und für sich sind es zwei Maßnahmen, die ich im Rahmen jener beiden Budgets, die ich zu verantworten habe, gesetzt habe, und es wundert mich, daß Sie da dagegen sind. Es sind dies nämlich Maßnahmen, die ich zum Schutz der österreichischen Wirtschaft im Hinblick auf die nicht besonders delikaten Zigarettenimporte gesetzt habe. (Abg. Haigermoser: Das ist ja etwas anderes!) Nein, das sind viereinhalb Milliarden,


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nicht "etwas anderes"! (Abg. Dr. Haider: Dafür haben Sie 147 Milliarden kassiert!) Aber Sie haben das noch nie in irgendeiner Weise erwähnt, und es freut mich, selbst wenn es in einem Zwischenruf kommt, daß Sie manche Maßnahmen zumindest nicht für ganz unschlau halten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe also zum Punkt zwei der Anfrage der Abgeordneten der Freiheitlichen Partei extrem ausführlich geantwortet, allerdings muß man natürlich wissen, was unter den einzelnen Punkten gemeint ist. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich setze voraus, daß es in Ihrer Partei selbstverständlich eine Reihe von Fachleuten gibt, die wissen, was es heißt, wenn man vom Entlastungsfaktor Arbeit spricht, welche Aspekte darunter gemeint sind.

Ich möchte noch einmal sagen: Bezüglich der Steuerreform 2000 – und mit 2000 ist das Jahr gemeint – hat die Steuerreformkommission den Auftrag, bis in den Herbst des heurigen Jahres ... (Abg. Böhacker: Spätherbst!) Im Herbst: Auch der späte Herbst ist Herbst, ja? (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Die Steuerreformkommission hat also den Auftrag, im Herbst dieses Jahres einen abschließenden Bericht vorzulegen.

Ich möchte Ihnen wirklich in aller Deutlichkeit sagen, weil – ich glaube, vom Herrn Böhacker – das zweite Mal der Vorwurf erhoben wurde, ich verstecke mich hinter der Steuerreformkommission: Nein, das ist es nicht, sondern ich mißbrauche die Steuerreformkommission nicht, und daher gebe ich ihr die Zeit, die notwendig ist, um eine ordentliche Reform in allen Facetten auszuarbeiten, sodaß diese dann tatsächlich auch so vorgelegt wird, daß man damit auch etwas anfangen kann.

Die Aufträge an die Steuerreformkommission – ich zitiere jetzt nur den Punkt 2 der vier Hauptpunkte, wie ich sie in der Anfragebeantwortung an Sie zum Ausdruck gebracht habe – sind doch ganz klar: Wir wollen im Interesse der Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich den Faktor Arbeit entlasten. Diesbezüglich gibt es ein paar Möglichkeiten. Wir haben die Lohnnebenkosten zu überprüfen; auch da gibt es ein paar Möglichkeiten, wie man das bewerkstelligen könnte. Und die Aufgabe der Steuerreformkommission muß es sein, von der fachlichen Seite, aber auch von den Auswirkungen her in Varianten zu überlegen, was es bedeutet, wenn ich an diesem oder jenem Rädchen der Lohnnebenkosten drehe.

Denn die Lohnnebenkosten – das klingt, oberflächlich betrachtet, ganz einfach – sind ein essentieller Bestandteil der Finanzierung des österreichischen Sozialsystems. Das darf man doch nicht vergessen! Da sind ja Menschen betroffen, wenn man an diesem Rädchen dreht, und es entspricht meiner Verantwortung, erst genau nachzudenken, bevor man eine Diskussion über Punkte auslöst, die letztendlich dann auch in der Öffentlichkeit erklärt und von den Menschen unserer Republik auch verstanden werden müssen. Dafür braucht man ein bißchen Zeit, und ich bin daher nicht sehr beeindruckt, wenn man es an einer Stelle aufzieht. – Das also zur Entlastung des Faktors Arbeit.

Ein zweiter Bereich ist natürlich, andere Besteuerungselemente zu untersuchen, nämlich hinsichtlich ihrer Effektivität, hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit und letztendlich auch hinsichtlich der Aufrechterhaltung der sozialen Symmetrie.

Der dritte Bereich war, auch die Ressourcenbesteuerung zu überlegen. Daß das nur in einem europäischen Gleichklang möglich ist, brauche ich, glaube ich, nicht besonders zu betonen. (Abg. Böhacker: Das hören wir seit fünf Jahren! Da waren wir schon weiter als jetzt!) Ja, entschuldigen Sie, Sie tun ja so, als wenn wir Ihre Ressourcenbesteuerungen verhindert hätten.

Und da jetzt Herr Abgeordneter Prinzhorn anwesend ist: Ich bin sehr froh, daß ich ihm sagen kann, daß er mich völlig mißinterpretiert, was etwa jene Überlegungen angeht, die ich beim ECOFIN für die europäische Steuerharmonisierung angestellt habe. Da geht es nicht um eine Entwicklung nach oben, sondern es geht um Gerechtigkeit, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Natürlich gibt es da spezifische nationale Überlegungen, aber das ist eben letztendlich auch die Kunst der Diskussionen in den nächsten Monaten, einen Interessenausgleich zwischen den einzelnen Staaten zu finden.


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Grundsätzlich – dieser Teil der ECOFIN-Sitzung war öffentlich, daher verrate ich Ihnen ja nichts Neues – war absolut niemand dagegen, ganz im Gegenteil, alle 14 anderen Partner in der Europäischen Union haben jenes Arbeitsprogramm, das ich als österreichischer Finanzminister für den ECOFIN der nächsten sechs Monate vorgelegt habe, begrüßt, weil ich wichtige Fragen angeschnitten habe, weil ich sie in einer Form angeschnitten habe, die auch Diskussionsbereitschaft erkennen läßt, und zwar auch dort, wo man einer anderen Auffassung ist, und weil ich eigentlich davon überzeugt bin, daß eine gemeinsame Wirtschaftsunion auch eine harmonisierte Steuerpolitik braucht. (Abg. Dipl. Ing. Prinzhorn: Das sagen wir schon lange!)

Ja, aber wissen Sie, wenn zwei das gleiche sagen, ist es oft nicht dasselbe. Ich bin Finanzminister, und ich werde versuchen, mich mit meinen Kollegen zu arrangieren – im Interesse der Sache. Sie bauen immer Pappsoldaten auf. Wenn ich irgend etwas sage, heißt das Steuererhöhung. Das ist schlicht und ergreifend falsch, das sage ich Ihnen auch in aller Deutlichkeit. (Abg. Dr. Haider: Bis jetzt hat es gestimmt! Alles, was Sie gemacht haben, waren Erhöhungen!) Nein, ich habe überhaupt noch keine Steuern erhöht, Herr Haider, es tut mir wirklich leid, nein, überhaupt keine! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: 15 Prozent der Lohnsteuer!) Ich gehe mit jener Verantwortung vor, die notwendig ist. (Abg. Dr. Haider: Der kennt sein Budget nicht!)

Und noch etwas: Es wird jetzt im Parlament das dritte Mal von einem Freiheitlichen behauptet, daß die Abgabenquote in Österreich 45,7 Prozent ist. Das ist von EUROSTAT längst korrigiert, Herr Abgeordneter, auf 44,2 Prozent aufgrund des BIP-Wachstums. (Abg. Dr. Haider: Damit liegen Sie noch immer um 4 Prozent über dem EU-Schnitt!) Zum Beispiel hat das Land, das Sie erwähnen, Herr Abgeordneter Prinzhorn, nämlich Holland, eine Abgabenquote von 45,2 Prozent, und heute in Ihrer Aussendung sagen Sie, wir sollen uns die Holländer als Beispiel nehmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich kenne mich nicht mehr aus, was Sie eigentlich von mir wollen, denn wenn ich mir die Holländer zum Vorbild nehme, muß ich folgendes tun: die Abgabenquote in Österreich erhöhen und 40 Prozent der Leute teilzeitbeschäftigen. – Das ist eine Politik, die ich nicht mag, Herr Prinzhorn – ob Ihnen das paßt oder nicht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen in aller Offenheit: Wir werden eine Steuerreform vorbereiten, die Antwort auf wichtige Fragen dieses Landes gibt, eine maßvolle Steuerreform, die sicher nicht allen Wünschen gerecht wird. Aber eine Zielsetzung habe ich, und das sage ich in aller Deutlichkeit, und daher bin ich Ihnen dankbar für Ihre Anfrage: Ich werde eine Steuerreform machen, die den Österreichern garantiert ein Sparpaket im Jahr 2001 oder 2002, wie Sie das immer behaupten, erspart. Das ist meine politische Zielsetzung, denn Steuerpakete sind nicht die Politik, die ich eigentlich vertreten möchte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Die von der Geschäftsordnung vorgesehenen Wortmeldungen sind konsumiert. Damit ist die Debatte beendet.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu einer weiteren Kurzdebatte über einen Fristsetzungsantrag.

Diese Kurzdebatte betrifft den Antrag der Frau Abgeordneten Mag. Stoisits, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 420/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, eine Frist bis zum 16. September 1998 zu setzen.

Nach Schluß dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Antrag stattfinden.

Wir gehen nun in die Debatte ein.


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Zu Wort gemeldet ist Frau Kollegin Stoisits. Maximale Redezeit: 10 Minuten. Die weiteren Debattenredner sodann maximal 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.52

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Poštovani gospodin predsednik! (Ruf: Deutsch reden!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, an und begrüße Sie auch sehr herzlich. Am 20.3.1997 habe ich im Namen der grünen Fraktion einen Antrag eingebracht, der dem Verfassungsausschuß zugewiesen wurde, wo es auch eine Debatte in Form einer ersten Lesung zur Änderung der Bundesverfassung mit der Zielrichtung gab, eine sogenannte Staatszielbestimmung zur Achtung, Bewahrung, Förderung und zum Schutz der sprachlichen und kulturellen Vielfalt der Republik Österreich zu beschließen.

Dieser Initiativantrag der Grünen auf Ergänzung des Artikels 8 der österreichischen Bundesverfassung umfaßt nur einen Satz, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, den ich Ihnen noch einmal vorlesen möchte; so kurz ist der Antrag – was nicht heißt, daß er deshalb nicht schwergewichtig wäre. Dieser Satz lautet: "Die Republik Österreich bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt. Diese Vielfalt ist zu achten, zu bewahren, zu fördern und zu schützen."

Ein eigenständiges Bekenntnis der Republik Österreich zur Achtung, zur Bewahrung, zur Förderung und zum Schutz sprachlicher und kultureller Vielfalt fehlt bisher in unserer Verfassung. Minderheiten sind in mehrerlei Hinsicht, auch auf verfassungsrechtlicher Ebene, erwähnt und damit geschützt – Stichwort: Artikel 7 Staatsvertrag von Wien, aber auch das Volksgruppengesetz auf einfachgesetzlicher Ebene sei hier erwähnt –, aber das, was fehlt, ist ein Bekenntnis der Republik zur Vielfalt der Sprachen und Kulturen an – um es ein bißchen salopp zu sagen – prominenter Stelle in der Bundesverfassung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Idee, diesen Antrag einzubringen, stammt gar nicht so sehr von mir, sondern die stammt vielmehr von Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, und die stammt von anderen Politikerinnen und Politikern und Regierungsmitgliedern, vom Bundespräsidenten abwärts, die nach den tragischen Ereignissen in Oberwart und nach der Briefbombenserie nichts unversucht gelassen haben – das meine ich jetzt positiv –, um immer wieder die sprachliche und kulturelle Vielfalt in Österreich zu erwähnen, sie damit zu unterstützen und zu betonen, welch großer Wert das ist.

Das hat uns zur Überzeugung gebracht, daß es Sinn macht, diesen Antrag einzubringen. Daß es, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sinn gemacht hat und immer noch macht, das hat die erste Lesung gezeigt, und die Kollegen von den Oppositionsparteien, aber auch Mag. Posch von der SPÖ und der Herr Klubobmann Khol haben hier diese Idee, diese Überlegungen nicht nur gewürdigt, sondern gutgeheißen und sie unterstützt.

Das alles war voriges Jahr, meine sehr geehrten Damen und Herren, und seither ist nichts passiert. Mit diesem Antrag der Grünen ist also nichts passiert – er ist dem Verfassungsausschuß zugewiesen worden, dort ruht er –, aber es ist nicht nur das, was mich bewegt, Sie zu bitten, dem Verfassungsausschuß eine Frist zu setzen, sich mit dem Antrag zu beschäftigen, sondern es ist auch die Tatsache, daß die österreichischen Volksgruppen, vertreten durch Funktionäre von Organisationen, die Mitglieder des Volksgruppenbeirates sind, die uns Parlamentariern, aber auch dem Herrn Bundeskanzler als zuständigem Regierungsmitglied bereits vor mehr als einem Jahr, nämlich im Juni letzten Jahres, das Memorandum der österreichischen Volksgruppen überreicht haben.

Ein zentraler Punkt dieses Memorandums – und Memoranden, meine Damen und Herren, in der Volksgruppenpolitik gibt es nicht so oft – ist auch die Forderung nach einer sogenannten Staatszielbestimmung mit einem Inhalt wie dem, den ich formuliert habe, oder ähnlich, wobei dieser weitergehend durchaus auch vorstellbar wäre. Andere Länder, meine sehr geehrten Damen und Herren – das haben auch die Beiratsmitglieder und die Organisationen sowohl im Memorandum als auch in zahlreichen weiteren öffentlichen Stellungnahmen immer wieder betont –, gehen weit


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darüber hinaus. Ein Beispiel ist die Schweiz, die diesbezüglich ein ganz anderes Verständnis hat.

Aber die Idee und die Forderung ist ja auch in Österreich nicht neu. Die Österreichische Rektorenkonferenz hat bereits 1989 vorgeschlagen, daß im Volksgruppengesetz oder in einer anderen Gesetzesbestimmung auf verfassungsrechtlicher Ebene der Schutz der Volksgruppen und die Förderung und die Bewahrung der kulturellen Vielfalt gesetzlich verankert werden sollte, nicht als einfachgesetzliche Regelung, das haben wir im Volksgruppengesetz schon, sondern im Verfassungsrang.

1989, das ist jetzt schon eine gewisse Zeit her, und inzwischen ist viel passiert. Es ist viel Positives passiert, und es ist auch viel Negatives passiert, was selbstverständlich jetzt nicht unmittelbar die Verantwortung des Gesetzgebers oder eines nicht handelnden Gesetzgebers ist, aber der Gesetzgeber hat die Verantwortung, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß vieles möglich wird oder sein könnte, was noch nicht möglich ist.

Meine Damen und Herren! Nicht nur auf nationaler Ebene, auch auf internationaler Ebene gäbe es einiges zu tun, weil Österreich auch da säumig ist. Es ist noch nicht allzu lange her, da haben wir hier die Rahmenkonvention ratifiziert, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein anderes Dokument, das älter ist – älter im Sinne von bereits früher von Österreich unterzeichnet –, nämlich die Charta der Regional- und Minderheitensprachen, ist vom Parlament noch immer nicht ratifiziert. Das heißt, es ist quasi nur das Papier wert, auf dem es steht, weil es nur eine Absichtserklärung ist und nicht transformiert ist ins innerstaatliche Recht. Berufen kann sich darauf niemand.

Es gibt meiner Ansicht nach keine plausible Erklärung, das zu nicht tun, beziehungsweise nur eine, die zulässig ist: daß man Angst hat, daß sich tatsächlich konkrete Rechte und Ansprüche oder zumindest eine konkrete Grundlage für Forderungen aus der Ratifizierung dieser Charta ableiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte diese Liste jetzt noch fortsetzen. Der Stillstand in der Volksgruppenpolitik bezüglich der gesetzlichen Bedingungen ist mehr als evident. Es ruht nicht nur der Antrag der Grünen im Verfassungsausschuß, sondern es herrscht Ruhe – fast Grabesruhe! – in der Volksgruppenpolitik insgesamt. Die Verantwortlichen dafür sind zu benennen, ja sie sind ganz klar zu benennen: Es ist der Gesetzgeber.

Nun komme ich zu dem, was heute in der Früh, und zwar bereits um 8.30 Uhr, in der Sitzung des Hauptausschusses geschehen ist. (Abg. Schieder: Es gibt keine Initiative zur Ratifizierung!)  – Nein, ich rede jetzt nicht von der Ratifizierung, sondern von der Arbeit des Hauptausschusses, der sich zum wiederholten Male nicht dazu durchringen konnte, eine Vorlage, die in diesem Fall die Bundesregierung eingebracht hat, zu beschließen.

Das ist ein Spiel, das geradezu ungeheuerliche Blüten treibt: Die Regierung entschließt sich, dem Hauptausschuß eine Verordnung vorzulegen, aber der Hauptausschuß setzt sie zweimal einfach von der Tagesordnung ab, und zwar mit der Konsequenz, daß es damit nicht möglich ist, das Recht von Volksgruppenorganisationen der steirischen Slowenen, in den bestehenden Beirat für die Volksgruppe der Slowenen berufen zu werden, umzusetzen. Der Wunsch, das zu tun, ist jedoch seitens des Bundeskanzleramtes längst deponiert worden, denn sonst hätte man nicht die Verordnung im Ministerrat beschlossen und dem Hauptausschuß vorgelegt.

Das wurde – wofür ich absolut kein Verständnis habe – mit der Reziprozität argumentiert: Wir tun erst dann etwas für unsere steirischen Slowenen, wenn die Slowenen etwas für ihre Minderheit in Slowenien getan haben. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir diese Vorgangsweise auf andere Politikfelder umlegen würden, dann würden wir "schön" ausschauen! Ich will mir gar nicht vorstellen, welche Auswirkungen das hätte. (Abg. Jung: Stellen Sie es sich vor!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist meiner Meinung nach eine zutiefst beschämende Vorgangsweise, denn es wird ein Recht, das es seit dem Jahre 1955 in Verfassungsrang


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gibt – nämlich die Tatsache, daß es rechtliche Ansprüche seitens der steirischen Slowenen gibt: Artikel 7 des Staatsvertrages von Wien –, bewußt, absichtlich und willentlich vom Nationalrat mißachtet! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle. )

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Abgeordnete, den Schlußsatz bitte!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Das ist meiner Auffassung nach unverständlich und untragbar. Deshalb möchte ich eine Diskussion über die Staatszielbestimmung, um diesen Prozeß ein wenig in Gang zu bringen.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Fristsetzungsantrag. (Beifall bei den Grünen.)

16.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Posch. Ab jetzt beträgt die maximale Redezeit 5 Minuten. – Bitte.

16.03

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Stoisits hat schon gesagt, daß der vorliegende Versuch, ein Bekenntnis der Republik Österreich in der Verfassung zu verankern, gar nicht so sehr eine Idee der Grünen, sondern auch eine Idee der Regierungsparteien ist – insbesondere nach den Vorkommnissen von Oberwart. Ich teile diese Idee und ich bedauere es, daß Fortschritte in diesem Zusammenhang sehr langsam und sehr zäh vonstatten gehen. Ich würde mir da ein schnelleres Tempo wünschen.

Bis jetzt hat es ja kein eigenständiges Bekenntnis der Republik Österreich zu Minderheiten in der Bundesverfassung gegeben, wenn man von den völkerrechtlichen Verträgen von Saint Germain und von Wien gegenüber den siegreichen Alliierten absieht. Es hat aber sehr wohl eine jahrhundertelange gemeinsame Entwicklung, eine gemeinsame Tradition mit verschiedenen Sprachen, Kulturen und Religionen auf unserem Staatsgebiet gegeben, und wir können stolz auf diese Vielfalt sein.

Ich unterstütze alle Bemühungen, die auf Integration ausgerichtet sind, insbesondere im Hinblick auf die leidvolle Geschichte, die Minderheiten in Österreich in diesem Jahrhundert miterleben mußten. Ich denke in diesem Zusammenhang insbesondere an die Verfolgung beziehungsweise Fast-Ausrottung der Roma und Sinti im "Dritten Reich".

Aus diesem Grund unterstützen wir Sozialdemokraten den Geist dieser Staatszielbestimmung, wenngleich wir lieber eine andere Formulierung gewählt hätten, nämlich jene, daß sich die Republik Österreich zu ihren Volksgruppen und ihrer sich daraus ergebenden sprachlichen, kulturellen und ethnischen Vielfalt bekennt. Diese Formulierung würde dem Memorandum der österreichischen Volksgruppen entsprechen, die dieses im Vorjahr der Bundesregierung und dem Nationalrat überreicht haben und in dem die Aufnahme einer solchen Staatszielbestimmung in den Verfassungsrang gefordert wird. Obwohl der rechtliche Charakter einer solchen Staatszielbestimmung nicht bedeutend ist, wäre ein klares Bekenntnis der Republik zu ihren Minderheiten sehr zu begrüßen.

Obgleich in der Vergangenheit einige Fortschritte erzielt wurden – Frau Abgeordnete Stoisits hat es bereits gesagt: es wurde die Rahmenkonvention zum Schutz von Minderheiten unterzeichnet –, harrt leider, und zwar seit Jahren, die Sprachencharta noch immer ihrer Ratifikation. Das muß ich hier sagen. Und leider – das würde ich mir auch wünschen – gibt es in der Frage der steirischen Slowenen bis heute keine Einigung, weil die Junktimierung mit dem Kulturabkommen mit der Republik Slowenien dies derzeit unmöglich macht. (Abg. Dr. Khol: Ich habe gemeint, man hat keine gefunden!)  – Das weiß ich nicht, das würde ich für einen Widerspruch halten. Da die Regierung ja per Verordnung die Aufstockung des Volksgruppenbeirates beschlossen hat, nehme ich wohl an, daß sie vorher irgendeine Einigung erzielt hat. Insofern würde ich das sehr begrüßen.

Einer Fristsetzung über den Sommer, und zwar bis 16. September – also noch vor Beginn der Sitzungsperiode –, werden wir Sozialdemokraten nicht beitreten. Den Geist der Staatszielbe


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stimmung tragen wir aber mit, und wir würden uns auch schnellere Fortschritte auf diesem Gebiet wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.07

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Vorerst möchte ich hier mit einer böswilligen Behauptung in den Erläuterungen zum Antrag der Frau Abgeordneten Stoisits aufräumen.

Sie schreiben in Ihrer Begründung: Ein eigenständiges Bekenntnis der Republik Österreich zur Achtung, Bewahrung, Förderung und zum Schutz der sprachlichen und kulturellen Vielfalt fehlt. – Haben Sie noch nie das Volksgruppengesetz gelesen, Frau Abgeordnete Stoisits? (Abg. Mag. Stoisits: In der Verfassung!) Dort steht es ganz deutlich – ich zitiere wörtlich –:

Die Volksgruppen in Österreich und ihre Angehörigen genießen den Schutz der Gesetze. Die Erhaltung der Volksgruppen und die Sicherung ihres Bestandes sind gewährleistet. Ihre Sprache und ihr Volkstum sind zu achten. – Zitatende.

Das steht hier schwarz auf weiß, und Sie behaupten in Ihrer Antragsbegründung genau das Gegenteil! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stoisits: Das ist nicht in Verfassungsrang!)  – Ich werde auf Ihren Einwurf noch zu sprechen kommen.

Eben weil Ihr Manöver so durchsichtig ist, werden wir von der ÖVP Ihrem Fristsetzungsantrag nicht zustimmen. Für uns gibt es zwei Gründe, die dafür maßgeblich sind.

Erstens, Frau Kollegin: Es gibt viele politische Fragen, die man unter Zeitdruck regeln kann – eine Frage aber sicher nicht: den sensiblen Bereich der Volksgruppen! Das kann man unter Zeitdruck nicht lösen. Man verhindert nämlich auf diese Art und Weise einen möglichen Konsens, und diesen Konsens brauchen wir gerade in dieser Frage besonders.

Mir ist auch das Datum, das Sie eingesetzt haben, aufgefallen: 16. September 1998. Sie wollen also die Sommerpause dieses Hauses für derartige Verhandlungen nützen. Ich darf Ihnen dazu folgendes sagen: Die Volkspartei lehnt eine Fristsetzung ab – insbesondere eine, die in die Sommerpause fällt.

Der zweite Grund, warum wir einer Fristsetzung nicht zustimmen können, besteht darin, daß wir derzeit überhaupt keinen akuten Handlungsbedarf sehen. Es ist das Minderheitenrecht in Österreich sowohl in Verfassungs- als auch in Gesetzesrang eindeutig geregelt. Seit dem Jahre 1955 ist in Österreich der Staatsvertrag mit dem Artikel 7 in Kraft, und dieser österreichische Staatsvertrag ist unmittelbar anwendbares, gültiges Recht. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits. ) Das ist eine Tatsache.

Im Unterschied zu dem, was Sie sagen, ist Österreich der erste Staat in Mitteleuropa, der seit 1955 ein derartiges Regelwerk besitzt. Es stellt sich für uns auch die Frage, ob eine Verfassungsbestimmung nicht die Bestimmungen des Artikels 7 des Staatsvertrages konterkariert. Wir wollen daher diese Frage genauestens prüfen. (Abg. Mag. Stoisits: Keine Sorge! Ich beschäftige mich schon sehr lange damit – im Gegensatz zu Ihnen!)  – Sie wissen immer alles besser, wir hören das ja täglich aus Ihrem Munde. Wir lassen uns aber von Ihren Auffassungen nicht leiten! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir konnten gestern im Fernsehen feststellen, daß Sie ein gestörtes Verhältnis zur Republik Österreich und ihren Bürgern haben. Verlangen Sie nicht, daß wir Ihnen auf diesem Weg folgen! (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat seit dem Jahre 1976 ein umfassendes Volksgruppengesetz. (Abg. Wabl: Sie sollten das Rednerpult nicht mißbrauchen ...!) Es gibt sechs Volksgruppenbeiräte, es werden Jahr für Jahr 52 Millionen Schilling für die Volksgruppenförderung ausgegeben. Dazu kommen noch


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15 Millionen Schilling für die Förderung zweisprachiger Medien. Nicht enthalten in dieser Summe sind die Kosten für das zweisprachige Schulwesen in Österreich.

Österreich hat auch ein beispielhaftes Minderheitenschulwesen, auf das wir alle stolz sein können. Ich möchte an dieser Stelle den Kollegen Smolle ansprechen: Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir über das Minderheitenschulwesen diskutiert haben. Damals schon habe ich darauf aufmerksam gemacht, daß er noch einmal froh darüber sein wird, daß Österreich eine derartige Regelung getroffen hat und daß speziell Kärnten ein Ausführungsgesetz beschlossen hat, das wir überall in Europa herzeigen können.

Natürlich gibt es bei Minderheitenfragen immer offene Wünsche, aber wir vertreten die Auffassung, daß diese zuerst in den Volksgruppenbeiräten zu beraten und von den Volksgruppenbeiräten an die Regierung heranzutragen sind. Das ist deren ureigenste Aufgabe. Unserer Meinung nach gehören die Volksgruppenbeiräte aufgewertet, vor allem sollen die Mitglieder der Volksgruppenbeiräte in einem demokratischen Vorauswahlverfahren bestimmt werden.

Ich darf Ihnen auch sagen, daß wir einer Beschlußfassung des slowenischen Volksgruppenbeirates im Hauptausschuß derzeit deswegen nicht zustimmen, weil wir die Verhandlungen mit unserem südlichen Nachbarland nicht unterlaufen, nicht stören wollen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Die Bundesregierung wollte "stören"?!)

Wir meinen daher, daß eine Verstärkung der Legitimation der Beiratsmitglieder den Status der Beiräte deutlich anheben würde. Weiters vertreten wir die Auffassung, daß konkrete Maßnahmen der slowenischen Minderheit mehr nützen als Ihre Erklärungen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Dr. Graf vor. – Bitte, Herr Abgeordneter,

16.12

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist wichtig, daß wir in diesem Haus in Zukunft vermehrt über Staatszielbestimmungen sprechen. Daher wird die Freiheitliche Partei sowohl den Fristsetzungsantrag befürworten als auch in weiterer Folge die Intention unterstützen, die damit beabsichtigt ist.

Herr Kollege Wurmitzer, mit diesem Antrag wird überhaupt nicht dargestellt, daß die Leistungen Österreichs in der Volksgruppenfrage schlecht oder zu gering wären. Man kann es immer besser machen und immer noch mehr tun, aber ich glaube, gerade Österreich hat im europäischen Vergleich seit dem Jahre 1945 Meilensteine in der Volksgruppenfrage gesetzt. Wir würden uns auch auf europäischer Ebene solch ein Volksgruppengesetz wünschen, in dem die kulturellen und sprachlichen Minderheiten entsprechend geschützt werden – nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa! Meine Fraktion und ich halten das für sehr, sehr wichtig.

Wir haben ein ähnliches Bekenntnis zu den Volksgruppen bereits in unserem Parteiprogramm – und ich nehme an, daß Sie das relativ aufmerksam gelesen haben – verankert. Wir haben dort im Sinne einer Staatszielbestimmung die Volksgruppen entsprechend gewürdigt und auch als politische Partei verankert. Wir sähen es gerne, wenn dies auch in der österreichischen Verfassung zum Ausdruck käme, wobei man über die Formulierung durchaus reden könnte. Dazu dient ja auch die Behandlung im Ausschuß.

Ich verstehe daher überhaupt nicht, warum die ÖVP für die Verankerung eines Satzes enorm viel Zeit braucht. Dieser Satz lautet folgendermaßen: Die Republik Österreich bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt. Diese Vielfalt ist zu achten, zu bewahren, zu fördern und zu schützen.

Ich weiß in diesem Zusammenhang primär nicht, welches Zeitproblem Sie haben und was Sie alles hinterfragen müssen, ob Sie nun tatsächlich eine Staatszielbestimmung mit dieser Intention in der Verfassung wünschen oder nicht. Mir ist das relativ uneinsichtig. Und das hat auch nichts damit zu tun, ob die steirischen Slowenen nunmehr anerkannt werden oder nicht. Das


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wäre zwar ein weiteres – wenn auch wichtiges – zu lösendes Problem, hat aber mit der Staatszielbestimmung nichts zu tun.

In Wirklichkeit sollte in Österreich ein Signal dahin gehend gesetzt werden, diese Intention auch in der Verfassung festzuschreiben, und das sollte auch ein Signal an unsere europäischen Nachbarländer sein, daß sie uns das vielleicht im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft gleichtun. Wir könnten uns dafür stark machen, daß auch dort die Volksgruppenfrage endlich entsprechend und gerecht gelöst werden kann und wird. Das wäre vielleicht auch ein Signal an die Beitrittskandidaten zur Europäischen Union, die allesamt in der Regel keinen ausreichenden Volksgruppenschutz in ihren Rechtsordnungen verankert haben. Wenn wir selbst jedoch nicht einmal bereit dazu sind, in unserer Verfassung eine derartige Staatszielbestimmung zu verankern, werden uns die Beitrittskandidaten sehr wohl fragen, warum sie es dann verankern oder gar leben sollten.

In diesem Zusammenhang verweise ich wiederum auf die schon hinlänglich bekannten Bestimmungen einiger Beneš-Dekrete beziehungsweise auf die Partisanenbeschlüsse des AVNOJ (Beifall bei den Freiheitlichen), hinsichtlich derer eigentlich seitens der Republik Österreich überhaupt nichts weitergeht. Mit dieser Symbol- und Signalwirkung könnten wir wiederum mit gutem Beispiel vorangehen und für unsere Nachbarstaaten etwas einfordern, was wichtig und richtig ist.

Ich möchte noch einmal betonen: Wir sprechen uns für beides – für die Fristsetzung und für die Intention – aus, denn es ist nicht zuletzt unser Kollege Ofner gewesen, der seit nahezu 15 Jahren in diesem Hause permanent eine derartige Festschreibung als Staatszielbestimmung in unserer Verfassung fordert, wünscht und auch vorantreibt. Es tut mir leid, daß Grüne und Liberale in einem medialen Sommerloch versuchen, Kapital aus dieser Frage zu schlagen. (Abg. Wabl: Mediales Sommerloch! Das war immer die oberste Maxime der FPÖ! Auch in der Causa Rosenstingl!) Aber wenn es der Sache dient, soll es recht und billig sein. Das ist in Ordnung, machen wir es so! Hauptsache, das dient dem Zweck, daß diese Forderung endlich umgesetzt wird. Ich hoffe, daß man in dieser Frage auch die ÖVP irgendwann einmal so weit bekommt, daß sie sich zu den Minderheiten bekennt und nicht immer nur Sonntagsreden hält.

Da die Vorfälle von Oberwart angesprochen worden sind: Auch in diesem Zusammenhang sind uns die Versprechungen des Bundeskanzlers Vranitzky vor Ort an die Roma und Sinti noch sehr gut im Gedächtnis. Diese Versprechungen sind allesamt bis heute nicht eingelöst worden. Das ist ein Versäumnis der Regierung. Es wäre, glaube ich, im Ausschuß einmal notwendig, über die Versäumnisse der Regierung im Zusammenhang mit dieser ganzen Problematik zu sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.18

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Spoštovani gospod predsednik! Visoki Dom! Dragi prijatelji! Hohes Haus! Herr Präsident! (Abg. Kiss: Bravo, Karel!) Ich möchte einmal grundsätzlich sagen, daß wir diesen Fristsetzungsantrag unterstützen, vor allem auch deshalb, weil er die Diskussion in Gang bringt. In diesem Sinne verstehe ich auch den gestern eingebrachten Antrag der Abgeordneten Smolle und Wabl zum Thema Staatsgrundgesetz, Artikel 19: Neudefinition, umfassende Beschreibung der Volksgruppenrechte im Verfassungsrang.

Der Antrag der Kollegin Stoisits hat in meinen Augen nur einen Mangel: Er ist relativ allgemein gehalten. Wie uns namhafte Juristen bestätigen, ist es, wenn ein relativ deklaratorisches Werk gesetzt wird, immer ein Problem, inwieweit man diese Deklaration sozusagen zur Tageswirklichkeit hinführen kann. Das ist der einzige Punkt, in dem ich Herrn Graf recht gebe: Es kann nicht bei Ideen bleiben. Das gilt aber auch vor allem für die Freiheitliche Partei. Es genügt nicht, irgend etwas in ein Parteiprogramm zu schreiben, das keiner liest – nicht einmal Sie selbst. In der Realität brauchen die Volksgruppen ganz konkret die Unterstützung der hier im Parlament vertretenen Parteien.


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Kollege Posch hat gesagt, die Bundesregierung hätte Ideen. – Ideen haben wir genug. Entsprechende Taten sind wichtig; mit denen könnten wir leben, diese würden uns freuen. Ideen habe ich selbst so viele, daß sie wahrscheinlich in mehreren Legislaturperioden nicht realisiert werden könnten. Aber: Ideen alleine genügen nicht!

Wir sind bereit, an einer Neugestaltung des Volksgruppenrechts mitzuwirken. Gerade der gestrige Antrag ist ein solcher erster, breiterer Versuch. Ich freue mich darüber, daß mittlerweile auch Kollege Kostelka ein bißchen in seinen Akten gekramt und festgestellt hat, daß er den Antrag, den er über die Presse moniert hat, vor zwei Monaten erhalten hat und – wahrscheinlich, weil er Klubobmann ist – nicht dazu gekommen ist, ihn zu lesen. Aber dafür, ihm rechtzeitig die entsprechenden Zettel auf den Tisch zu legen, ist speziell Herr Kollege Posch verantwortlich. Er nennt sich ja Volksgruppenabgeordneter!

Also bitte auch in diesem Fall: Taten setzen und nicht nur allerhand versprechen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich hoffe – und dazu lade ich auch die Freiheitliche Partei ein –, daß wir zu einem sehr starken und guten Antrag kommen – wenn Sie wollen, auch zu einem Fünfparteienantrag. Der erste Schritt ist gesetzt: Wie sich das die Volksgruppen vorstellen, ist hier in zwei Anträgen dargestellt worden.

Natürlich muß man verstehen, in welcher Situation Volksgruppen derzeit sind. Wenn Frau Kollegin Stoisits das Memorandum heranzieht, muß man sagen: Dieses Memorandum ist unter äußerst starkem Druck der Regierungsparteien sozusagen auf ein Minimum reduziert worden, sodaß ich immer Probleme damit habe, dafür überhaupt das Wort "Memorandum" zu verwenden. Denn das Problem besteht darin, daß die Volksgruppenvertreter vor lauter Angst, die Regierungsparteien könnten sonst böse sein, an vielen Stellen – auch wortwörtlich – hineingeschrieben haben: Das wollen wir nicht!, Das brauchen wir nicht!, Das möchten wir gar nicht haben!

Das ist natürlich eine relativ unverständliche Vorgehensweise. Aber, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, vielleicht zeigt auch diese Anomalie, wie sich ein Volksgruppenvertreter sozusagen winden und drehen muß, welche Finten und Tricks er anwenden muß, um überhaupt gehört zu werden und mit seinem Anliegen durchzukommen.

Das Memorandum liegt jetzt der Regierung seit einem Jahr vor. Aber auch diese Minimalforderungen werden nicht erledigt! Daher bitte ich, meine nachdrückliche Einladung anzunehmen, meine persönliche, aber auch meine politische Einladung: Machen wir vernünftiges, gutes, umfangreiches Volksgruppen-Verfassungsgesetz und stellen wir ihm hinreichend ausführliche Bestimmungen in Form eines Ausführungsgesetzes zur Seite! Auch dieses Ausführungsgesetz liegt wie das Grundgesetz bereits vor. Ich werde diese Anträge wiederum einbringen.

Herr Kollege Schieder! Sie haben bedauert, daß der Initiativantrag noch nicht im Haus gestellt worden ist und daß noch kein Antrag zur Ratifizierung der Charta der Regional- und Minderheitensprecher vorliegt. (Abg. Schieder: Nein! Sondern daß es kein Initiativrecht zur Ratifizierung gibt! Das existiert nicht!) Gut, Sie meinen, das existiert nicht. Aber ich gehe gleichwohl davon aus, daß wir einen entsprechenden Antrag einbringen werden. Das wird – wenn Sie so wollen – ein kleiner Umweg sein, aber ein erlaubter. Ich werde die gesamte Charta als Antrag einbringen, und wir werden dann gleich sehen, ob es bei den Ideen bleibt oder ob zur Tat geschritten und unterschrieben wird. Es wird sich zeigen, ob es im Parlament heißen wird: Jawohl, das sind gute Dinge!

Etwas muß ich Ihnen im Widerspruch zu Herrn Bundeskanzler Klima sagen – ihm hat das irgend jemand aufgeschrieben, deshalb verzeihe ich es ihm, er kann nicht alles selbst wissen –: Er hat in einer Anfragebeantwortung des Liberalen Forums geschrieben, es gebe zum Beispiel bei den Roma keine 35 Maßnahmen, die man ergreifen müsse. Wir haben jedoch keine einzige Volksgruppe gefunden, für die nur 35 Maßnahmen hinreichend wären. Die Maßnahmen, die wir vorschlagen, gehen in die 70, 90 oder noch mehr.


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Bitte den Schlußsatz zu Ende zu bringen!

Abgeordneter Karl Smolle (fortsetzend): Somit liegt auch diese Materie hier in entsprechender Form vor. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, meine Damen und Herren von der FPÖ! Die Grünen und die Liberalen sind schon mit von der Partie. Machen wir Nägel mit Köpfen, machen wir ein effektives Volksgruppenrecht! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

16.23

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, jeder von Ihnen bekennt sich zum Wert der Sprache und zum Wert der Kultur. (Abg. Kiss: Da werden wir gleich etwas zum Staatsbürgerschaftsgesetz hören!) Jeder würde dieses Bekenntnis sicherlich auch eidesstattlich ablegen. Deshalb verstehe ich nicht, warum Sie nicht zu einem entsprechenden Bekenntnis in Verfassungsrang bereit sind: einem ganz einfachen Bekenntnis zur Vielfalt von Sprache und Kultur in Österreich.

Das kostet nichts, das geht fast mit einem Satz und mit einem Federstrich. Da besteht auch kein Zeitdruck und dergleichen, sondern das geht praktisch von heute auf morgen. Denn jeder von Ihnen steht sicherlich hinter diesem Wert und würde ihn wahrscheinlich auch persönlich in allen Diskussionen vertreten. Warum also verweigern Sie die Verankerung dieses Wertes, die Verankerung dieser Grundeinstellung und dieses Grundbekenntnisses in der Bundesverfassung? Warum tun Sie das nicht, wenn es nichts kostet, wenn es möglich ist und wenn es Ihrem persönlichen Werthorizont entspricht?

Trotzdem weigern Sie sich. Das ist mir völlig unverständlich, noch dazu an einem Tag und zu einer Zeit, zu der Österreich im Rampenlicht steht, in der das Scheinwerferlicht der Europäischen Gemeinschaften auf Österreich gerichtet ist, an einem Tag, an dem der Bundespräsident bei seiner Angelobung auf die vielen Dimensionen der österreichischen Geschichte hingewiesen hat. Bitte nehmen Sie den eigenen Bundespräsidenten ernst! Nehmen Sie die Worte von Herrn Dr. Klestil ernst und bekennen Sie sich hier zur Vielfalt – auch in der Verfassung!

Der Bundespräsident hat darauf hingewiesen, daß im Rahmen der EU-Präsidentschaft gerade Österreich in vielerlei Hinsicht die Aufgabe zukommt, aufgrund seiner vielfältigen Geschichte und seiner Geschichte vieler kultureller und sprachlicher Dimensionen jetzt für Europa etwas zu leisten. – Ein Beitrag, eine Leistung für Europa wäre dieses einfache, sachliche Bekenntnis in der Bundesverfassung!

Da nützt bitte auch kein Ausweichmanöver und keine Behauptung, daß die Frist zu kurz wäre. Der 16. September ist deshalb als Termin gesetzt worden, weil das nächste Plenum am 17. September stattfindet. Bis zum 16. müssen eben die Vorbereitungen getroffen werden, damit wir am 17. September – sozusagen am Ende des ersten Drittels unserer EU-Präsidentschaft – dieses deutliche Signal setzen können. Es geht um ein Zeichen, um ein Signal, um ein Wertebekenntnis in Verfassungsrang! Es ist an sich eine Tradition der österreichischen Geschichte, die damit in der Verfassung verankert werden soll.

Herr Kollege Wurmitzer! Sie haben darauf hingewiesen, daß wir womöglich ein gestörtes Verhältnis zur Republik hätten. Ich sage: Sie haben ein gestörtes Verhältnis zur Geschichte Österreichs, wenn Sie dieses Bekenntnis zur Vielfalt nicht wahrhaben wollen und wenn Sie dieses Bekenntnis zur Vielfalt im sprachlichen und kulturellen Bereich verweigern.

Auch auf rechtlicher Ebene ist noch ein Schritt notwendig, und zwar die Ratifizierung der Charta des Europarates über den Schutz der Regional- und Minderheitensprachen. Auch da sind wir noch säumig. Diese Charta muß in Österreich endlich ratifiziert werden, damit sie hier und jetzt Rechtscharakter erhält.


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Es geht daher um zwei Dimensionen: einerseits um die Verfassungsdimension – um das Bekenntnis – und andererseits um das Nachziehen auf rechtlicher Ebene. Wir brauchen die Ratifizierung dieser europäischen Charta auch zum Schutz für Regional- und Minderheitensprachen.

Ich habe gehört, daß diese Charta sofort nach ihrer Verabschiedung im Europarat vom österreichischen Gesandten an Ort und Stelle unterzeichnet wurde – sofort! Man hat sich also quasi unter europäischem Druck oder unter europäischer Beobachtung sofort dazu bekannt. Hier und jetzt allerdings steht die Ratifizierung nach wie vor aus.

Deshalb möchte ich noch einmal den Geist beschwören, den ein Vorredner aus Ihren Reihen – ich glaube, es war Kollege Posch – schon zitiert hat, einen Geist, dem er sich sehr wohl anschließen kann, einen Geist, den er mitträgt. Aber warum unternimmt er und warum unternimmt die sozialdemokratische Fraktion nicht den kleinen Schritt zur Verkörperung dieses Geistes im Rahmen der Verfassung in Form dieses einen Satzes in der Bundesverfassung?

Ich appelliere deshalb noch einmal an Sie: Unternehmen Sie diesen Schritt! Unterzeichnen Sie diesen Vorschlag! Nehmen Sie die Fristsetzung ernst und legen Sie ein Bekenntnis ab, wie es heute vormittag um 11 Uhr der Bundespräsident abgelegt hat! (Beifall bei den Grünen.)

16.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die von der Geschäftsordnung vorgesehenen Redemöglichkeiten sind damit erschöpft. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den soeben verhandelten Antrag. Ich bitte die Damen und Herren, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 420/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, eine Frist bis zum 16. September 1998 zu setzen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme nun die Verhandlungen über die Punkte 6 bis 9 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Madl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

16.29

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Herr Bundesminister ist noch nicht im Haus. Wenden wir uns nach der Debatte über die Volksgruppen wieder den Problemen des Verkehrsausschusses zu.

Dort ist unter anderem – neben dem emotionsbeladenen Thema des Handyverbotes in Autos – auch die Novelle zur Änderung des Luftfahrtgesetzes beschlossen worden. Diese Novelle wird einerseits die rechtliche Absicherung des zivilen Flugbetriebes auf Militärflughäfen mit sich bringen und andererseits die Voraussetzungen für eine weitere Öffnung von Militärflughäfen für den zivilen Luftfahrtbereich schaffen.

Es war ein uraltes Anliegen der steirischen Landesregierung – damals noch unter Landeshauptmann Krainer –, daß der Flughafen Zeltweg neben der militärischen Nutzung auch einer zivilen Nutzung zugeführt werden soll. Dieser damals von allen Parteien getragene Antrag und Beschluß der steirischen Landesregierung ist in den darauffolgenden Jahren leider Gottes auf Eis gelegt worden. Darum freut es mich ganz besonders, daß der Bundesminister im Ausschuß verdeutlicht hat, daß aufgrund des Gesetzes, das heute beschlossen werden soll, ein Signal für


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Zeltweg gesetzt wird, damit auch dieser Militärflughafen einer zivilen Nutzung zugeführt werden kann.

Ich freue mich wirklich darüber, daß der Bundesminister damit Intentionen der Freiheitlichen umsetzt (Beifall bei den Freiheitlichen), denn von der Freiheitlichen Partei sind schon mehrmals Anträge im steirischen Landtag eingebracht worden, in denen eine Einlösung jener uralten Forderung der steirischen Landesregierung verlangt wird. Ich bin sehr froh darüber, daß der Herr Bundesminister – (in Richtung des seinen Platz auf der Ministerbank einnehmenden Bundesministers Dr. Einem ) ich begrüße Sie nun – im Ausschuß signalisiert hat, daß er dieses Projekt vorantreiben wird.

Die zivile Nutzung des Militärflughafens Zeltweg wäre einerseits ein Signal für den bereits sterbenden Industriestandort Aichfeld-Murboden, weil es zu einer Belebung durch den Geschäftsreise- und Charterverkehr käme und dort eine neue Infrastruktur zu schaffen wäre. Andererseits käme es zu einer besseren Bewältigung von Großveranstaltungen auf dem A1-Ring. Die zivile Nutzung sollte ebenso ein Signal für die General Aviations sein, und zwar dahin gehend, daß in Österreich nicht nur Flughäfen zugesperrt und zugemacht werden – wie es in Trausdorf im Burgenland der Fall war –, sondern daß vorhandenes Potential verwendet und genützt wird. Aber es muß selbstverständlich auch sichergestellt sein, daß der Betrieb des Zivilflughafens im Konsens mit den Bedürfnissen der Region sowie mit der Belastbarkeit der Bevölkerung erfolgt. Wir werden dieser Novelle also zustimmen.

Nicht zustimmen werden wir dem Antrag der Koalitionsparteien zur Änderung des KFG. Meine Vorredner haben dafür schon einige Gründe genannt. Ich möchte hier noch einmal die Position der ÖVP zur Sprache bringen. Die ÖVP mit ihrem Verkehrssprecher Kukacka hat sich wieder einmal über den Tisch ziehen lassen. Genauso, wie es im Zusammenhang mit der 0,8- und 0,5-Promille-Grenze geschehen ist, ist das jetzt mit dem sogenannten Handyverbot in Autos der Fall. Herr Abgeordneter Kukacka hat noch vor 14 Tagen hier vom Rednerpult aus gesagt: Wir werden uns bis zum Herbst Zeit lassen. (Abg. Mag. Kukacka: Nein!) Ich kann Ihnen das entsprechende Protokoll heraussuchen. Sie kennen offenbar Ihre eigenen Reden nicht!

Wir werden ein ordentliches Gesetz machen, wir werden nichts übers Knie brechen – das waren Ihre Worte. (Abg. Mag. Kukacka: Ich habe gesagt: Wir machen eine Begutachtung!) 14 Tage später sind Sie umgefallen. Das einzige, was Sie erreicht haben, ist eine dreimonatige Aussetzung vom 1. April bis zum 1. Juli des nächsten Jahres. Das ist alles, was Sie erreicht haben. (Abg. Mag. Kukacka: Sie haben keine Ahnung!) Sie sind umgefallen, genauso, wie Sie damals bei Ihrer Zustimmung zur Senkung der Grenze von 0,8 auf 0,5 Promille umgefallen sind.

Wenn man sich das anschaut, zeigt sich, daß die ÖVP in der Vergangenheit immer wieder umgefallen ist – sei es beim Handyverbot, bei den 0,8 Promille oder bei den verkehrspsychologischen Tests, die eingeführt worden sind –, weil sie den Intentionen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit gefolgt ist. Dazu muß man wissen, daß im Kuratorium für Verkehrssicherheit die drei größten Versicherungen ihren Sitz haben, die selbstverständlich aus versicherungspolitischer Sicht, was die Kraftfahrer betrifft, aus sämtlichen Risiken aussteigen wollen. Sie befinden sich genau auf der Linie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, das sagt: Es darf nur noch dann telefoniert werden, wenn eine Freisprechanlage vorhanden ist.

Ich habe schon im Ausschuß gesagt, daß die Leute auf diese Weise in Sicherheit gewiegt werden sollen: Sie werden mit der Freisprechanlage telefonieren, und wenn dann ein Unfall passiert, wird die Versicherung sehr wohl aussteigen. Denn in der StVO steht, daß während des Betriebs eines Autos keine Ablenkung des Autofahrers stattfinden darf. Von den Versicherungen wird sehr leicht bewiesen werden können, daß dieser oder jener Unfall trotz einer Freisprechanlage passiert ist.

Genau das ist es, was die ÖVP ununterbrochen praktiziert: Zuerst versprechen Sie etwas, dann sagt der Koalitionspartner etwas anderes; es vergeht eine Woche oder zwei, und Sie sind schon wieder dabei! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kukacka: Sie haben keine Ahnung!)

16.35


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Platter. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

16.35

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich wollte mich eigentlich nicht mit dem Handyverbot auseinandersetzen, aber die Ausführungen der Abgeordneten Lafer und Madl veranlassen mich, dazu ganz kurz Stellung zu nehmen.

Lieber Abgeordneter Lafer! Ich hätte mir eigentlich gedacht, daß du dich als Fachmann – und als solchen möchte ich dich bezeichnen – auch fachlich mit diesem Thema auseinandersetzt. (Abg. Mag. Kukacka: Wirklich nicht!) Du hast deine Redezeit aber nur dazu verwendet, Herrn Mag. Kukacka zu kritisieren. Ich kann mich inhaltlich nicht damit auseinandersetzen, weil man bei einer inhaltslosen Rede nichts gegen den Inhalt sagen kann. Denn Herr Abgeordneter Lafer hat nichts anderes als konfuse populistische Floskeln von sich gegeben, und ich glaube, diese Floskeln sind im FPÖ-Wörterbuch zu finden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Böhacker: Ist das jetzt eine inhaltsschwere Rede?)

Frau Abgeordnete Madl! Ich mußte bei Ihrem Debattenbeitrag ein bißchen lachen. Sie haben von Umfallern gesprochen. Fragen Sie die Bevölkerung, wer bei der 0,5-Promille-Regelung der Umfaller war: Eindeutig die FPÖ ist bei der 0,5-Promille-Regelung umgefallen! Das ist so und wird auch immer so bleiben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und Freiheitlichen. – Abg. Madl: Wie es die SPÖ auch beim Internet macht! Genau so!)

Um eine Abkühlphase einzulegen, möchte ich auf das Güterbeförderungsrecht zu sprechen kommen. Denn wir müssen auch über andere Themen reden, nicht nur über das Handyverbot.

Meine Damen und Herren! Bei der ... (Anhaltende Rufe und Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Herr Präsident, ich glaube, ich kann weiterreden. (Abg. Madl: Ja, reden Sie weiter!)

Bei der Regierungsvorlage zur Änderung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes geht es vor allem darum, daß die Gefahrgutbeförderung EU-konform und effizient kontrolliert werden kann. Außerdem wird in diesem Gesetz definiert, wie die Vollziehung der Gefahrgutbeförderung durchgeführt wird und vor allem wer diese Kontrollmaßnahmen durchführen wird. Die Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften kann nur durch gut ausgebildete und gut geschulte Organe erfolgen.

Herr Minister! Ich bin sehr froh darüber, daß damit die Kompetenzen zwischen der Bundesgendarmerie und der Zollwache ganz klar geregelt werden können. Einerseits hat die Bundesgendarmerie die Möglichkeit, die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen und entsprechende Maßnahmen zu setzen, und andererseits wird auch die Mitwirkung der Zollorgane eindeutig geregelt. Die Zollorgane werden im Rahmen dieses Gesetzes ihre Tätigkeit auf Zollamtsplätzen durchführen. (Unruhe im Saal.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Entschuldigung, Herr Abgeordneter.

Ich bitte, die Zwiegespräche ein bißchen einzuschränken, besonders dann, wenn sie zu Lachsalven herausfordern. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wenn Platter seine Weisheiten von sich gibt!)

Abgeordneter Günther Platter (fortsetzend): Mir scheint, einige Damen und Herren haben nicht mitbekommen, daß wir vom Handyverbot schon lange weg sind und beim Gefahrgutbeförderungsgesetz angelangt sind.

Ich wollte sagen, daß nunmehr auch die mobilen Überwachungsgruppen die Möglichkeit haben, im Rahmen dieses Gesetzes die Unterbrechung der Beförderung anzuordnen und dann unverzüglich die Gendarmerie zu holen. Damit kann nun die Zollwache neue Aufgaben im Bereich des Gefahrgutbeförderungsgesetzes übernehmen, und darüber hinaus bleiben die Aufgaben der Gendarmerie gewahrt.


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Herr Minister! Sie wissen aus Ihrer früheren Tätigkeit als Innenminister, daß es zwischen der Bundesgendarmerie und der Zollwache immer wieder zu Konflikten gekommen ist, weil die Kompetenzen nicht klar geregelt waren. Die heutige Beschlußfassung ist meiner Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung, zumal hier der Konsens zwischen Gendarmerie und Zollwache gefunden wurde.

Ein weiterer Schritt, den das Innenministerium zu setzen hat, betrifft die Änderung des Zollrechts-Durchführungsgesetzes. Mit dieser sollen der Zollwache Ersteinschreitungsmaßnahmen im kriminalpolizeilichen Bereich gegeben werden, und die Gendarmerie soll im Gegenzug dafür Plombenöffnungen auch im kriminalpolizeilichen Bereich durchführen können.

Herr Minister! Ich freue mich, daß es zu dieser einvernehmlichen Regelung gekommen ist, und ich glaube, daß das auch ein Mehr an Sicherheit für unser Land bedeuten wird. (Beifall bei der ÖVP.)

16.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.41

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zunächst eine kurze Bemerkung in Richtung Gefahrgutbeförderungsgesetz. Wie meine Vorredner schon ausgeführt haben, werden wir dieser Materie zustimmen. Nicht zugestimmt, meine Damen und Herren, haben wir im Ausschuß der Ausschußfeststellung, denn diese ist haarsträubend, das möchte ich schon sagen.

Der Verkehrsausschuß geht davon aus, daß vor Erlassung einer Verordnung gemäß § 11 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz eine Einigung auf Sozialpartnerebene erzielt wird. Meine Damen und Herren! Ich halte es – das sage ich nicht zum ersten Mal – für eine Zumutung, daß in eine Ausschußfeststellung etwas über eine Institution, die nicht einmal in der Bundesverfassung erwähnt wird, hineinreklamiert wird. Da hört sich mein Rechtsempfinden auf, und daher gibt es eine ganz klare Ablehnung dazu! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kukacka: Da dürften wir nie etwas hineinschreiben!)

Der zweite Punkt, den ich hier erwähnen möchte, betrifft die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes, und zwar ist das ein Vorschlag der Grünen. Wir stimmen diesem vom Grundsätzlichen her zu, weil er unserer Meinung nach eine Maßnahme ist, einen neuen Modus zu initiieren, um in Zukunft zu versuchen, diesen Mastenwald unter ein Regulativ zu stellen. Meine Damen und Herren, dieses Regulativ ist notwendig. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den einstimmig verabschiedeten Antrag im Salzburger Landtag, den wir uns einfach vor Augen führen müssen. Wir können nicht so tun, als wäre das nichts, als würde uns das hier im Hohen Haus nichts angehen.

Ich meine aber, daß der Antrag der Grünen in einem Punkt mangelhaft ist, und zwar wenn die Grünen die Auffassung vertreten, man müsse eine uneingeschränkte Parteienstellung einräumen. Ich glaube, meine Damen und Herren, dann würde die Mühle stehen, dann ginge nichts mehr weiter, das würde uns zu sehr behindern. Vielmehr müßte in einem solchen Initiativantrag als Folge des Entschließungsantrages enthalten sein, unter welchen Bedingungen jemand eine Parteienstellung eingeräumt bekommt. Daher ersuche ich, auch einmal darüber nachzudenken, wie man einen solchen Antrag formuliert.

Dritter und letzter Punkt, meine Damen und Herren: Ich möchte die Gelegenheit benützen, darauf aufmerksam zu machen, daß die bisherige Tätigkeit des Telekom-Regulators, der Telekom-Regulierungsbehörde zu wünschen übrigläßt. Wir haben vier Lizenzvergaben auf dem GSM-Sektor und vier verschiedene Vergabeverfahren zu verzeichnen. Das erhöht die Rechtsunsicherheit und begünstigt meines Erachtens nach – ich habe das auch dem Herrn Minister gesagt – eine Klagenflut, weil jeder GSM-Betreiber unterschiedlich behandelt wird. Das führt zu unterschiedlichen Kosten, die schließlich der Konsument tragen muß. Und das kann es wohl nicht sein, daß auf der einen Seite sehr hohe Lizenzgebühren eingehoben werden – Hauptsache, die


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Kasse stimmt für den Finanzminister, für die Republik Österreich – und auf der anderen Seite dann herumgestritten wird, weil es Probleme bei der Zuweisung der Frequenzbereiche gibt und damit verbunden auch das Phänomen Sendermastenwald auftritt.

Ich glaube, man muß regulierend eingreifen und es zur Bedingung machen, daß verschiedene Anbieter Sendeanlagen gemeinsam nutzen. Das hätte im Grunde genommen schon in den Ausschreibungsbedingungen enthalten sein müssen. Im nachhinein, das gebe ich zu, ist das schwierig zu regeln, aber einen neuen Anlauf muß man machen. Daher richte ich die Bitte an alle Fraktionen, diesbezüglich sehr kreativ tätig zu sein und alles in Angriff zu nehmen, um aus diesem Wirrwarr herauszukommen, damit wir den Konsumenten wie auch den Netzbetreibern entsprechend entgegenkommen können. Denn die Leute wollen telefonieren und nicht, daß gestritten wird. (Beifall bei den Freiheitlichen .)

16.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

16.45

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich auf die Ausführungen meines Vorredners eingehen und zu den Positionen der Liberalen und der Freiheitlichen hinsichtlich des Antrages der Grünen Stellung beziehen. Generell bin ich der Meinung, daß wir im letzten Telekommunikationsgesetz eine sehr vernünftige Regelung geschaffen haben und die vorhandenen Frequenzen im Mobilfunkbereich nunmehr in einer sinnvollen Art und Weise losschlagen können, und zwar nicht nur, um die Kasse des Bundes zu füllen, sondern auch, um Sicherheit für allfällige Frequenznehmer zu erreichen.

Zum zweiten halte ich fest, daß es nicht 14 000 Sendemasten gibt. Diese Zahl habe ich nachprüfen lassen, Kollege Meischberger, sie scheint völlig aus der Luft gegriffen zu sein. (Abg. Ing. Meischberger: Welche Zahl?) – Ich spreche von den 14 000 Sendemasten, die Sie hier angezogen haben. (Abg. Ing. Meischberger: 10 000!) Sie haben gesagt, 10 000 und weitere 4 000, daher sage ich ... (Zwischenruf des Abg. Ing. Meischberger. ) Entschuldigung, ich habe es nachprüfen lassen, und daher kann ich sagen, daß Ihre Aussage nicht korrekt war. (Abg. Ing. Meischberger: Falsch!)

Ich gehe aber trotz alledem mit dem Inhalt des Antrages der Grünen konform, daß wir die Ängste der Bevölkerung hinsichtlich der Auswirkungen dieser Sendemastenproblematik ernst nehmen müssen. Daher bin ich sehr glücklich darüber, daß das Ministerium eine entsprechende Novelle vorbereitet, die darauf hinzielt, daß man allfällige Betreiber – vier werden es schlußendlich sein – mehr oder weniger zu einem sogenannten Sitesharing hinführt, was bedeutet, daß die Infrastruktur, die Masten gegen eine entsprechende Gebühr für Sendeanlagen genutzt werden sollten. Ich glaube, diesen Weg sollten wir gemeinsam entwickeln und gehen.

Hohes Haus! Herr Abgeordneter Lafer hat gemeint, wir hätten im Rahmen der Änderung der KFG-Novelle Gutachten eingebracht. – Sie werden es ihm sicher ausrichten, er ist im Moment nicht im Saal. (Abg. Blünegger: Er ist da!) – Entschuldigung! Die Situation war folgende: Wir wollten einen weiteren Termin für eine Sitzung des Verkehrsausschusses haben, um eine solche Kurzbegutachtung, wie sie Kukacka vorgeschlagen hat, einleiten zu können. Der Termin wurde von der freiheitlichen Fraktion abgelehnt, also haben sich die Koalitionsparteien entschlossen, ein politisches, ein koalitionäres Begutachtungsverfahren zu machen. Daher stehen uns die Gutachten auch zu, daher haben wir aus diesen Wissen geschöpft, und daher sind wir überzeugt davon, daß wir eine gute Regelung vorgeschlagen haben.

Ich darf Ihnen noch eines sagen, Kollege Lafer: Ich bin davon überzeugt, daß wir die Verkehrssicherheitsgesetze natürlich permanent anpassen werden müssen, dies ist ja auch in der Vergangenheit geschehen. Wir würden heute nicht die 20. StVO-Novelle beschließen, wenn es nicht permanent technische Neuerungen geben würde.


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Ich muß schon zum Ende meiner Ausführungen kommen, obwohl ich noch auf Kollegen Barmüller eingehen wollte. Ich glaube, alle Schritte, die gesetzt werden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, sind richtig, und das Ergebnis bestätigt dies auch. Im ersten Halbjahr 1998 ist die Zahl der Verkehrstoten von 530 auf 407, also um 23 Prozent – das sind 123 Tote – gesunken. Auch die Zahl der Toten bei Unfällen aufgrund von Alkoholisierung ist um 46,7 Prozent gesunken, was 19 Tote weniger in einem Halbjahr bedeutet. Das heißt also, daß wir aufgrund vieler sinnvoller Verkehrssicherheitsmaßnahmen etwa 250 Menschen in einem Jahr das Leben retten konnten. Das ist das Ziel und der Weg unserer Politik. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marolt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

16.49

Abgeordneter Heinz Anton Marolt (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz auf diese Handy-Causa eingehen. Herr Kollege Kukacka hat vorhin gesagt, es wären lauter positive Gutachten vorhanden. So ist es ganz und gar nicht.

Ich habe hier zum Beispiel eine Stellungnahme des ÖAMTC zum Entwurf der 21. KFG-Novelle, aus der ich einiges zitieren darf.

Da steht zum Beispiel: Der ÖAMTC hat sich von Anfang an diesen Vereinfachungen gegenüber kritisch verhalten und darauf hingewiesen, daß das Thema wesentlich komplexer ist und das Problem durch ein Einsatzgesetz nicht gelöst werden kann. Behauptungen, die Autofahrerklubs würden dieser Regelung ohnedies zustimmen, entbehren daher jeder Grundlage.

Oder: Weder das Führerscheingesetz noch die 0,5-Promille-Novelle wurden im Detail ausreichend diskutiert, zahlreiche Unklarheiten und Mißverständnisse machen Kraftfahrern und Behörden die Gesetzesanwendung schwer. Damals wie heute wurden die Warnungen des ÖAMTC vor einer überhasteten Beschlußfassung in den Wind geschlagen.

Was aber auch noch wesentlich ist: Verfolgt man die Medienreaktion zum geforderten Handyverbot in den letzten Monaten, vor allem die sich ausweitenden Werbeaktionen, wird man den Eindruck nicht los, daß der jetzt noch vor der Sommerpause in letzter Minute – bitte, lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen – vorgenommene Gesetzesbeschluß vor allem das Ziel verfolgt, der Elektronik- und Zubehörindustrie Zusatzumsätze zu verschaffen. – Und so weiter.

Meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Kukacka: Lesen Sie nur vor!) Das sagt alles über dieses Husch-Pfusch-Gesetz, das Sie hiemit beschließen wollen, aus.

Ich habe hier aber noch etwas viel Wichtigeres, und zwar einen Entschließungsantrag, den ich trotz der kurzen Redezeit einbringen darf.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Meischberger und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen den Mobiltelefon-Sendewald

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, alle Maßnahmen mit dem Ziel zu ergreifen, eine unnötige Vermehrung von landschaftsbelastenden, freistehenden Sendeanlagen zu vermeiden.

Insbesondere sollen:

– Richtlinien für den Bau und Betrieb dieser Sendeanlagen erstellt werden, die eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung ausschließen;

–


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eine Koordination der Konsenswerber von Funkanlagen erfolgen, damit eine Zusammenlegung von Anlagen verschiedener Anbieter auf gemeinsame Masten erfolgt und eine Mitbenutzung ermöglicht wird;

– die Nutzung vorhandener, außer Betrieb genommener Mastanlagen – zum Beispiel von Stromleitungen – beziehungsweise von solchen Standorten erreicht und damit neue Standorte von Sendemasten vermieden werden;

– eine Information der Standortgemeinden solcher Anlagen im Telekommunikationsgesetz vorgesehen werden.

*****

Ich bitte, diesen Entschließungsantrag positiv zu verabschieden. – Damit beende ich meine Ausführungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.53


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134. Sitzung / Seite 82

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Edler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

16.53

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, im wesentlichen führen wir heute eine Handy-Diskussion. Ein weiteres wichtiges und heute zu beschließendes Gesetz, das auch schon angesprochen wurde, ist aber das Gefahrgutbeförderungsgesetz. Ich möchte nochmals einzelne Punkte daraus ansprechen, weil es für die Sicherheit – das wurde auch schon betont – sehr wichtig ist.

Das Gesetz soll mit 1. September 1998 in Kraft treten. Es sind sechs EU-Richtlinien darin enthalten, die damit umgesetzt werden. Neben der Umsetzung der EU-Richtlinien zielt das vorliegende Gesetz auf die Verbesserung der Rechtsgrundlagen hinsichtlich der Regelung der Beförderung gefährlicher Güter ab und betrifft somit grundsätzlich alle wesentlichen Verkehrsträger: Straßenverkehr, Eisenbahnverkehr, Binnenschiffahrtsverkehr, See- und Luftverkehr.

Meine Damen und Herren! Von den hier noch zu erwähnenden Inhalten sind die nationalen und internationalen Bestimmungen über den Gefahrgütertransport von Bedeutung. Auch Kollege Platter hat schon die verstärkten Kontrollen angesprochen und erwähnt, daß nunmehr auch der Zoll zu kontrollieren legitimiert wird. Das erscheint mir wesentlich. Die beruflichen Probleme sind, wenn sie aufgetreten sind oder auftreten, noch zu bereinigen. Ich glaube aber, daß die Kolleginnen und Kollegen sowohl der Exekutive als auch des Zolldienstes gewillt sind, diese Dienstleistungen im Interesse der Sicherheit zu erfüllen.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Firlinger hat hier und vor allem auch im Ausschuß auf die kommende Verordnung Bezug genommen und kritisiert, daß wir von seiten der Regierungsparteien den Standpunkt vertreten haben – das ist in Österreich ein ungeschriebenes Gesetz –, daß solche Verordnungen auch sozialpartnerschaftlich zu vereinbaren sind. Kollege Firlinger! Die Sozialpartner haben für alle Bereiche, für die Wirtschaft, für die Arbeitnehmer und somit auch für die Republik, immer gute Entscheidungen getroffen, daher werden wir sie auch in Zukunft einbinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluß kommend: Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist dies ein Gesetz, das für alle Verkehrsträger bezüglich der gefährlichen Güter wesentlich mehr Sicherheit bringt. Ich möchte noch erwähnen: Unter besonderer Beobachtung wird der Gefahrengutbeauftragte stehen, damit er auch in Verbindung mit dem Unternehmensleiter in seiner Verantwortung nicht zu kurz kommt. Dies wird vor allem die Haftungen betreffen, die im großen und ganzen beim Unternehmer liegen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wallner. Gleichfalls 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

16.56

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das Luftfahrtgesetz sieht im wesentlichen die Festschreibung der Zuständigkeit des Ministers für Wissenschaft und Verkehr für die Abwicklung des zivilen Luftverkehrs auf Militärflughäfen vor. Damit wurde eine gesetzliche Basis dafür geschaffen, daß jetzt theoretisch auf allen Militärflughäfen die Abwicklung des zivilen Luftverkehrs, so er sinnvoll ist, möglich ist.

Ich möchte von dieser Stelle aus noch einmal die Forderung erheben, daß der Militärflughafen in der Obersteiermark, in Zeltweg, auch für zivile Zwecke geöffnet wird. Es ist dies eine Forderung, die die Sozialdemokraten bereits seit mehr als 25 Jahren auf Regionalkonferenzen, in Regionalprogrammen im Aichfeld, aber auch auf Landesebene erheben. Wenn jetzt Frau Kollegin Madl davon spricht, daß damit eine FPÖ-Initiative Wirklichkeit wird, so muß ich sagen, das ist bestenfalls eine Trittbrettoffensive – so positiv diese Absicht auch ist. (Abg. Madl: Aha!) Ich hoffe, Frau Kollegin Madl, daß Sie überhaupt wissen, wovon Sie sprechen. Ich kann es Ihnen sagen: Ich habe dort meinen Präsenzdienst absolviert, ich bin in der Region Obersteiermark geboren, ich lebe dort und vertrete auch die dortige Bevölkerung.

Es geht im wesentlichen darum, daß der Industriestandort, der einer der wesentlichsten in ganz Österreich ist – die Obersteiermark hat eine höhere Wertschöpfung als ganze Bundesländer –, gestärkt wird. Es ist eben Tatsache, daß viele Industrieunternehmen der Obersteiermark auf allen Kontinenten präsent sind und ihre Hochtechnologieprodukte oft innerhalb weniger Tage an einem bestimmten Ort in der Welt transportiert haben möchten. Dazu ist es wichtig, daß in unmittelbarer Nähe die Abwicklung mittels ziviler Luftfahrt möglich ist. – Punkt eins.

Punkt zwei: Natürlich gibt es für unsere Produkte aus der Obersteiermark Kunden und Interessenten aus der ganzen Welt. Für sie ist nur eine mühsame Anreise über Wien oder bestenfalls Graz möglich. Es ist jedoch sehr wichtig, daß sie rasch zu ihren Verhandlungspartnern in diesen Betrieben mit einer enorm hohen Exportquote kommen können.

Abschließend möchte ich bemerken: Es gibt bezüglich dieser Forderung parteipolitischen Konsens in der Obersteiermark. Ausgegangen ist die Initiative von den Sozialdemokraten – jüngst bei einer Konferenz der sozialdemokratischen Bürgermeister in der Obersteiermark. Ich glaube, es wäre wichtig, den Herrn Verteidigungsminister aufzufordern, endlich einer Öffnung zuzustimmen und auch die notwendigen Investitionen vorzunehmen, damit erstens der Industriestandort gestärkt ist. Zweitens ist das ein wichtiger Punkt zur Bekämpfung der Abwanderung in der Obersteiermark. (Beifall bei der SPÖ.)

17.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.00

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich Ihnen, Herr Minister Einem, recht herzlich dafür danken (demonstrativer Beifall des Abg. Müller ), daß es nächste Woche mit der "Selbstbestimmt leben"-Bewegung aus Oberösterreich einen Gesprächstermin zur leidigen Frage der Beförderungsrichtlinien gibt. Ich hoffe, daß es zu einer Lösung kommen wird, die die Beförderung der Menschen im öffentlichen Personennahverkehr möglich macht und wieder eine Barriere für behinderte Menschen durch eine entsprechende Änderung des Gesetzes beseitigt. Ich bin zuversichtlich und sage im Namen der "Selbstbestimmt leben"-Bewegung noch einmal danke für diesen Termin. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Aber jetzt zu den Tagesordnungspunkten. Herr Minister! Ich finde es wichtig und richtig, daß es endlich Freisprecheinrichtungen für Handybenutzer in Autos geben muß. Die Benutzung von


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Handies ohne Freisprecheinrichtung ist sehr gefährlich, da gleichzeitig telefoniert und mit dem Auto gefahren wird. Es gibt inzwischen jede Menge Angebote von Freisprecheinrichtungen in der Preisklasse von 500 S bis 5 000 S. Die Autofahrer wissen aber derzeit nicht, ob Freisprecheinrichtung gleich Freisprecheinrichtung ist. Ein Modell um 500 S muß nicht unbedingt der Verkehrssicherheit dienen. Es muß aber auch nicht sein, daß nur ein Modell, das 2 000 S, 3 000 S kostet, das richtige ist.

Herr Minister! Es ist ganz wichtig, auf dem Verordnungsweg Richtlinien dahin gehend herauszugeben, wie eine Freisprecheinrichtung ausgestattet sein muß und vor allem wo sie im PKW ganz konkret befestigt sein muß. Derzeit ist es so, daß das jeder irgendwie nach seinem Dafürhalten löst – in der Hoffnung, daß es bei Inkrafttreten dieses Gesetzes schon in Ordnung sein wird, wie er die Freisprecheinrichtung in seinem Auto montiert hat. Aber niemand weiß tatsächlich, wie es sein sollte. Um die Konsumenten und auch die Händler nicht zu verunsichern, welches Modell oder welche Modelle tatsächlich jene sind, die in PKWs eingebaut werden können, muß es Richtlinien geben. Sie sollten das sehr bald wissen, um ihnen Zeit zu geben, das Modell mit den für den jeweiligen PKW richtigen Voraussetzungen installieren zu können.

In diesem halben Jahr sollte die Möglichkeit bestehen, daß sich jeder Konsument, der ein Handy hat und Auto fährt, entsprechend ausrüsten kann. Diese Verordnung sind Sie uns noch schuldig. Aber ich gehe davon aus, daß Sie sehr bald in dieser Richtung aktiv werden und einen entsprechenden Text vorlegen werden, um die Kunden besser zu informieren. – Das ist das eine.

Herr Minister! Das zweite: Es geht seit Monaten – nicht nur österreichweit, sondern ganz speziell in Steyr – immer wieder um die Problematik des Aufstellens der Sendeanlagen für Mobiltelefone. In Steyr ist es konkret so, daß mitten in Siedlungsgebieten Sendemasten gebaut werden. Die Anrainer wehren sich dagegen, und zwar mit gutem Recht, weil sie Angst haben, daß sich die Strahlung dieser Anlagen auf ihre Gesundheit negativ auswirken könnte.

Es gibt nicht eine einzige konkrete Studie, die glaubhaft machen könnte, daß langfristig keine Gesundheitsgefährdung besteht. Denn jene Studien, die bis jetzt auf dem Markt sind, sind großteils von den Betreibern dieser Stationen finanziert oder organisiert, es gibt aber keine unabhängige Studie. Eine solche brauchen wir in Österreich ganz dringend, um die Ängste der Bürgerinnen und Bürger in diese Richtung abbauen zu können.

Herr Minister! Es wäre, so glaube ich, auch im Interesse der Lizenznehmer, wenn die Finanzierung der Studie aufgeteilt werden würde – und zwar 50 Prozent aus den Lizenzeinnahmen des Bundes und 50 Prozent von seiten der Mobillizenznehmer –, um für Österreich eine umfassende Studie zu erstellen und um die Ängste der Bevölkerung auszuräumen.

Herr Minister! Es ist nicht der richtige Weg und bringt auch keinen Frieden in bezug auf die Sendeanlagen, wenn Sie das Aufstellen der Sender ganz einfach an die Gemeinden übergeben. So ist es ohne Bürgerbeteiligung möglich, daß Anlagen dort aufgestellt werden, wo man eben glaubt hat, diese seien notwendig. Diesbezüglich muß in den nächsten Jahren im Interesse der Bürger und im Interesse der Aufklärung sicher einiges geschehen. Vor allem muß eines passieren: Es dürfen keine Sender mehr in Wohngebieten aufgestellt werden, solange nicht sichergestellt ist, daß es tatsächlich keine Gesundheitsgefährdung gibt.

Ich glaube, das sicherzustellen, wird sicher sehr schwierig sein, weil es noch keine Langzeiterfahrungen gibt. Deshalb wäre es sinnvoll und notwendig, daß der Bund in einem eigenen Gesetz eine Versicherung anbietet, wonach Bürgerinnen und Bürgern eventuelle gesundheitliche Schäden aufgrund dieser Anlagen abgegolten werden. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen durch diese Strahlungen nicht krank werden, aber wenn sie krank werden sollten, dürfen sie nicht vor dem Problem stehen, auch keinen Schadenersatzanspruch zu haben.

Im Interesse der Bürger müßte diese Möglichkeit für alle Beteiligten geschaffen werden, und das kann nur im Interesse einerseits des Bundes und andererseits der Betreiber dieser Anlagen sein. Ich bin guter Dinge, daß Sie dieses Problem sehr bald lösen werden, die Anliegen der


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Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen und damit die Ängste ein bißchen abbauen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Seitens der Berichterstatter wird kein Schlußwort gewünscht.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen. – Ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1334 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dem Kraftfahrgesetz ihre Zustimmung erteilen, dies bekunden. – Die Vorlage ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß diese Vorlage auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1335 der Beilagen.

Auch da darf ich im Falle der Zustimmung ersuchen, ein diesbezügliches Zeichen durch Erheben von den Sitzen zu geben. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in zweiter Lesung mit Mehrheit beschlossen wurde.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte für den Fall der Zustimmung in dritter Lesung, dies in gleicher Weise zu bekunden. – Die Vorlage ist in dritter Lesung ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Jetzt lasse ich über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz erlassen sowie das Kraftfahrgesetz 1967 und die Straßenverkehrsordnung geändert werden, samt Titel und Eingang in 1275 der Beilagen unter Berücksichtigung der dem Ausschußbericht beigedruckten Abänderungen abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Ich stelle fest, daß dies in zweiter Lesung einstimmig beschlossen wurde.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Im Falle der Zustimmung bitte ich auch in dritter Lesung um ein diesbezügliches Zeichen. – Dieses Gesetz ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen worden.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses, seinen Bericht in 1337 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Als letztes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Meischberger und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen den Mobiltelefon-Senderwald.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag Meischberger zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Damit haben wir diesen Teil der Tagesordnung erledigt.


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10. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1283 der Beilagen): Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 und

über den Antrag 301/A der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird (1320 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1089 der Beilagen): Europäisches Übereinkommen über Staatsangehörigkeit samt Vorbehalten und Erklärungen der Republik Österreich (1319 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 310/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird (1316 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 627/A der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311, geändert wird (1317 der Beilagen

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 638/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend eine Novellierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes (Staatsbürgerschaftsnovelle 1998) (1318 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen jetzt zu den Punkten 10 bis 14 der Tagesordnung.

Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Berichterstatter Abgeordneter Dietachmayr wünscht das Wort. – Bitte sehr.

Berichterstatter Helmut Dietachmayr: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich berichte in Ergänzung des schriftlichen Berichtes über den Punkt 11 der Tagesordnung: Europäisches Übereinkommen über Staatsangehörigkeit samt Vorbehalten und Erklärungen der Republik Österreich in 1089 der Beilagen.

Der Ausschuß für innere Angelegenheiten hat in seiner Sitzung am 30. Juni 1998 beschlossen, daß der gegenständliche Staatsvertrag gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist. Diesem Erfüllungsvorbehalt – das möchte ich bei dieser Gelegenheit ausdrücklich festhalten – wird durch die bei der Vertragsunterzeichnung eingelegten Vorbehalte und durch die Beschlußfassung der unter einem verhandelten Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 in 1320 der Beilagen Rechnung getragen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Der erste Redner ist Herr Abgeordneter Wolfgang Jung. – Bitte.


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17.14

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Bei der zur Debatte stehenden Staatsbürgerschaftsgesetznovelle hat, wie nicht anders zu erwarten, die Freiheitliche Partei einen fundamentalen Auffassungsunterschied in erster Linie zu dem in dieser Frage bestimmenden Teil der Regierungskoalition, nämlich zu den Sozialdemokraten. Ich möchte das an drei Beispielen verdeutlichen.

Zunächst einmal wies der Monat Juni im Vergleich zu den vergangenen Jahren die höchste Arbeitslosenrate in der Republik Österreich seit den fünfziger Jahren auf. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß der Leiter des AMS selbst erklärt hat, ein Zuwanderer mit Arbeitsplatz bedeute einen Arbeitsplatz weniger für Österreicher.

Zweiter Punkt: die Kriminalität. Sie wird von der Bevölkerung als unerträglich hoch empfunden, und wir alle wissen aus der Kriminalstatistik, daß es bereits ganze Deliktsbereiche gibt, die bestimmten Fremdengruppen zugewiesen werden können und von diesen kontrolliert werden. Man liest dann: serbische, ukrainische Killer, wenn wir uns an die letzte Zeit erinnern, nigerianische Drogenhändler und ähnliches mehr. Man liest aber auch manchmal abgekürzte Familiennamen, wobei aber anhand des Vornamens deutlich erkennbar ist, aus welchem Bereich die Leute kommen.

Dann wird gesagt, das seien bereits österreichische Bürger. Das stimmt. Damit wird zwar die Ausländertäterstatistik entlastet, aber es gibt für uns Österreicher keinen Kriminalfall weniger.

Letztlich haben wir durch die Gewährung des De-facto-Heimatrechts an zirka 80 000 Bosnier – eine Maßnahme unseres Innenministers – einen Bevölkerungszuwachs von etwa 1 Prozent der Staatsbevölkerung bekommen. Gemessen an Vergleichszahlen sieht man: Die Vereinigten Staaten haben im gesamten Zweiten Weltkrieg 21 000 Menschen aufgenommen. Wir haben mit einem Schlag 80 000 Bosnier aufgenommen.

Dabei bereiten wir ihnen alle Möglichkeiten zur Rückkehr. Wir bauen Altersheime für Bosnier, und die Bosnier weigern sich, in diese Altersheime zurückzugehen. Das ist eine geradezu absurde Situation, die wir haben! Das wird dann auch immer wieder damit begründet, daß sie zu Hause nicht akzeptiert werden. Man wirft vor allem den jüngeren unter diesen Bosniern vor, daß sie sich in der gefährlichen Zeit aus ihrer Heimat gedrückt und sich in den Westen abgesetzt hätten, wo es ihnen besser gegangen sei. Jetzt könnten sie mit westlicher Hilfe zurückkommen, aber sie werden zu Hause deswegen nicht akzeptiert, weil sie in der für ihre Heimat gefährlichen Zeit, als Bosnien als Staat durch Entbehrung und Opfermut der Dortgebliebenen geschaffen wurde, nicht da waren. Das ist aus der Sicht der Bosnier eine, so glaube ich, durchaus verständliche Aktion. Der Umkehrschluß würde allerdings bedeuten, daß diejenigen, die die Bosnier nicht akzeptieren, bei uns bleiben.

Österreich hat im Jugoslawienkrieg seine Hilfsbereitschaft mehr als genug unter Beweis gestellt, und wir alle wissen, daß die Überfremdung in gewissen Bereichen Österreichs – vor allem in Wien – ein brennendes Problem darstellt. Wenn Sie aus dem 1. Bezirk hinaus und in meinen Wahlkreis, in den 14. oder 15. Bezirk gehen, dann werden Sie bemerken, daß bereits mehr als 30 Prozent der Bevölkerung nicht mehr Deutsch als Muttersprache haben. Wer mich korrigieren will und sagt, das sind bereits eingebürgerte Österreicher, so hat er formal recht. Vom Gefühl der Leute im Bezirk her werden aber alle diejenigen, die sich nicht integriert haben, nicht als Österreicher empfunden, und das schafft Probleme. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler. )

Der Tschador bleibt ein fremdes Kleidungsstück in Österreich, Frau Kollegin, und der Geruch des schon sprichwörtlich gewordenen Hammelbratens wird zwar im Urlaub als exotisch empfunden, im heimischen Flur aber keineswegs gewünscht. Das kann ich Ihnen sagen! Und auch der Ruf des Muezzins soll in Österreich nicht die Kirchenglocken ersetzen, Frau Kollegin! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler. )

Die Österreicher sind, auch wenn Sie es manchmal behaupten, nicht fremdenfeindlich. Sie haben 1956 und 1968 Hunderttausende Flüchtlinge aufgenommen – aber Flüchtlinge aus unse


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rem eigenen Kulturkreis – und diese dann integriert; nicht jedoch kulturell völlig Fremde, die sich zum Teil nicht einmal integrieren wollen, zum Teil auch nicht können.

Sie wissen das, meine Damen und Herren in der Regierung, und Sie fühlen sich unter Zugzwang. Daher greift der Innenminister wieder einmal tief in die Trickkiste und sagt Aktionismus an, weil er den freiheitlichen Druck merkt. Man macht der ÖVP einige wenige Zugeständnisse, und sie fällt mit dem an und für sich brauchbaren und guten Großruck-Antrag um und macht im wesentlichen das, was die Sozialisten wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie immer! Wie immer!) Vor allem drückt sie sich um die Zentralfrage, ob Österreich ein Einwanderungsland ist oder nicht. Das ist die wichtigste Frage!

Nun komme ich zu unserem Antrag. Wir gehen davon aus, meine Damen und Herren, daß Österreich kein Einwanderungsland ist – weder von seiner Größe noch von seiner wirtschaftlichen Lage her. Dies würde zu einer tiefgreifenden kulturellen Änderung führen. (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. ) Wenn Sie von den Grünen und von den Liberalen immer wieder Vergleiche mit den USA bringen, ius soli und so weiter, dann muß ich Ihnen die Einwanderungssituation in den USA vor Augen führen, die eine völlig andere war. Dort wurde ein unbesiedeltes Land besiedelt beziehungsweise wurden dort in Wirklichkeit durchaus auch Ureinwohner verdrängt und ermordet. Aber das ist genau die Situation, meine Damen und Herren, die wir nicht wollen! Sie brauchen uns die USA und Kanada nicht als Musterbeispiel für unsere Situation vorzuhalten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kein Einwanderungsland zu sein, heißt natürlich nicht, daß wir überhaupt keine Fremden aufnehmen wollen. Die Verleihung der Staatsbürgerschaft muß aber – das ist für uns wichtig – im Interesse der Republik Österreich sein. Es muß daher auch jeder der Einwanderungswerber in der Lage sein, für seinen Unterhalt selbst aufzukommen. Wir wollen eine geordnete Familienzusammenführung. Was wir nicht wollen, sind Scheinehen, was wir nicht wollen, sind Kriminelle – egal, wie lang ihr Vorstrafenregister ist. Wenn besonders Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, sich zu deren Anwalt machen wollen und die Schärfe unseres Entwurfs kritisieren, dann erklären Sie den Österreichern ruhig, daß Sie auch Straftäter einbürgern wollen. Wir, meine Damen und Herren, verstehen uns als Vertreter der Österreicher und nicht als Anwälte der Kriminellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wollen auch keine fremdenpolitischen oder religiösen Probleme importieren. Erinnern Sie sich an die Kurdenunruhen in Deutschland: 40 000 Menschen auf der Straße, brennende Autos! Erinnern Sie sich an Bombenattentate in Berlin! Das hat Auswirkungen bis zu uns herein.

Es ist nicht unsere Aufgabe als österreichische Politiker, fremde Probleme ins Land zu importieren. Das geschieht aber besonders dann, wenn man Doppelstaatsbürgerschaften befürwortet, denn der Betroffene kommt unweigerlich in einen Loyalitätskonflikt zwischen seiner eigentlichen Heimat, für die er empfindet, und dem Staat, in dem er sich befindet. Solche Probleme gibt es zur Genüge. Schauen Sie, der halbe Balkankrieg wird durch illegale "Steuern" finanziert, die in Deutschland, Österreich und Holland eingehoben werden. (Abg. Schaffenrath: Wissen Sie, was Sie da sagen?) Hier zeigt sich deutlich, daß unterschiedliche Loyalitäten bestehen. Diese Szene fördert eine Subkultur, in der Politik und Verbrechen oftmals ineinander übergehen. Wir wollen das nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Letztlich aber ist für uns die Frage der Integrationsfähigkeit und der Willigkeit der Bewerber besonders entscheidend. Die Grundvoraussetzung dafür ist eine ausreichende und nicht nur oberflächliche Kenntnis der deutschen Sprache. Wir sind nicht willens, wie dies im Regierungsvorschlag geschieht, einen Alibipassus aufzunehmen, wir verlangen, daß der Bewerber sich in einer normalen Alltagssituation zurechtfinden, auskennen und ausdrücken können muß. Er muß über ein Mindestmaß an Wissen über unsere Rechtsstruktur verfügen, um seine künftigen Rechte als Staatsbürger auch wahrnehmen zu können.

Da kann ich Ihnen jetzt wieder die Amerikaner vorhalten, die Sie sonst uns gegenüber gerne zitieren. Schauen Sie sich einmal an, welche Prüfungen sie für den Erhalt ihrer Staatsbürgerschaft verlangen! Das ist ganz gewaltig.


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Geschieht dies nicht, kann der Fremde sich in unserem Kulturkreis niemals wirklich eingliedern. Er wird immer der Fremde bleiben; vielleicht nicht nur in der ersten, sondern auch in der zweiten Generation. Was das heißt, das sehen Sie, wenn Sie heute nach Marseille, nach Paris, nach Straßburg oder auch nach Brüssel in die Vorstädte gehen. Dort gibt es Afrikanerviertel, dort gibt es Araberviertel in der zweiten, in der dritten Generation, mit all den Problemen von Armut und Kriminalität. – Das ist es nicht, was wir für unsere Heimat wollen.

Österreich, meine Damen und Herren, hatte keine Kolonien. Trotzdem wird in einigen Stadtteilen Wiens schon mehr Türkisch und Serbisch als Deutsch gesprochen. Der Zustand der Häuser in diesen Gegenden ist oft erbärmlich. Daß daran Österreicher, die damit Profite machen, auch mit schuld sind, das ist durchaus richtig, aber das ist nicht das Zentrum der Problematik.

Die Akademie der Wissenschaften hat eine Studie erstellt, daß im Fall der Ostöffnung Hunderttausende Menschen nach Österreich strömen würden. Das kann unser Land nicht ohne tiefgreifende Veränderung und ohne kulturellen Bruch verkraften.

Wir Freiheitlichen werden dagegen ankämpfen und sehen uns im Bündnis mit der Mehrheit der Österreicher (Abg. Schieder: Alles furchtbar!) , die ihren Kindern ein schönes und ein lebenswertes Österreich, eine Heimat hinterlassen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Alles furchtbar!)

Herr Kollege Schieder, ich kehre an den Ausgangspunkt meiner Ausführung zurück, zur Arbeitslosenfrage, und da ist es wirklich furchtbar. Sie sagen, das ist alles furchtbar und Schwarzmalerei. (Abg Schieder: Nein! Ihre Haltung ist furchtbar!) 50 000 Arbeitsplätze haben Sie uns für den EU-Beitritt versprochen. Heute haben wir nicht 50 000 Arbeitsplätze mehr, heute haben wir die höchste Arbeitslosigkeit in Österreich. Das ist die Glaubwürdigkeit, die diese Koalitionsregierung immer wieder unter Beweis stellen will, aber nicht kann. Sie können es nicht, weil Sie in diesem Bereich versagt haben. Sie werden auch im Bereich des Staatsbürgerschaftsrechtes versagen, und die Probleme werden auf uns zukommen.

Sie werfen uns Schwarzmalerei vor und versprechen die Lösung der Staatsbürgerschaftsfrage. Die Österreicher wissen mittlerweile, was sie von Ihren Versprechungen zu halten haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Leikam.

17.24

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe leider nicht so viel Redezeit, um mich intensiver mit den Ausführungen meines Vorredners, des Abgeordneten Jung, auseinanderzusetzen, aber, Herr Abgeordneter Jung, das, was Sie jetzt hier in Ihrem Debattenbeitrag geliefert haben, war wohl aus der tiefsten und untersten Schublade herausgeholt. (Abg. Aumayr: Mein Gott, die alte Leier! – Abg. Jung: Das ist die Realität in Österreich!) So etwas kann wirklich nur von einem Abgeordneten einer Partei kommen, die davon gezeichnet ist, daß tiefster Fremdenhaß zu ihren innigsten Bemühungen gehört. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Das lassen wir uns von Ihnen nicht vorwerfen!) Diese Rede war von tiefstem Fremdenhaß gezeichnet, von tiefstem Fremdenhaß, meine Damen und Herren. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist eine Unterstellung! – Abg. Jung: Sie wollen die Probleme nicht sehen! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Jung! Da Sie hier die Arbeitsplatzsituation erwähnt haben, darf ich Ihnen folgendes sagen: Die von Ihnen genannten 80 000 in Österreich integrierten Bosnier, ehemalige Kriegsflüchtlinge, sind in den Arbeitsmarkt integriert. Und gar nicht so wenige dieser 80 000 arbeiten in Unternehmen von Abgeordneten, die in Ihren Reihen sitzen und die diese Bosnier, diese Kriegsflüchtlinge um billiges Geld beschäftigt haben. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! Wenn Sie die Leute nur zum Ausnützen brauchen, dann haben Sie hier wenigstens den Mut und den Charakter, das auch zuzugeben. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum. –


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Abg. Jung: Wie viele Österreicher haben keinen Arbeitsplatz? Wen vertreten Sie hier: die Österreicher oder die Bosnier? – Abg. Dr. Pumberger: Das ist eine ungeheure Unterstellung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Grundsatz der österreichischen Fremdenrechte, nämlich Integration vor Neuzuwanderung zu stellen, hat sich bewährt. Dieser Grundsatz ist auch in der Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz 1998 enthalten. Mit dieser Novelle soll – wie schon in den letzten Jahren gehandhabt – erreicht werden, daß als letzter Schritt einer geglückten Integration die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft erfolgen kann.

Es hat in den letzten Monaten, während derer immer wieder Gespräche über diese Novelle zwischen den Parteien im zuständigen Innenausschuß, aber durch die Medien letztlich auch in der Öffentlichkeit stattgefunden haben, unterschiedliche Diskussionen gegeben, und zwar unterschiedliche Diskussion in der Richtung, daß, wie wir soeben gehört haben, einer Partei diese Novelle viel zu weit geht, der anderen jedoch viel zu wenig weit geht, daß es für die einen eine zu restriktive Novelle ist und für die anderen eine zu großzügige Novelle. Man könnte also meinen, daß sich die Regierungsparteien etwa in der Mitte getroffen hätten und das vielleicht der richtige Weg wäre. Aber ich glaube, so leicht sollte man sich das wirklich nicht machen.

Wir vertreten die klare Meinung, daß die Verleihung der Staatsbürgerschaft etwas Besonderes ist, und daß jeder, der diese Staatsbürgerschaft erwirbt, besondere Pflichten, aber auch Rechte bekommt; beides hält sich in etwa die Waage. Unter Beachtung all dieser Punkte – Integration vor Neuzugang, Pflichten und Rechte eines Staatsbürgers – ist, wie ich feststellen möchte, eine gute, eine brauchbare, eine durchaus überschaubare und transparente Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz entstanden.

Wir haben durch diese Novelle erreicht, daß es erstmals in allen österreichischen Bundesländern einheitliche Fristen geben wird, daß die ungerechte Behandlung, wie sie bisher gegeben war, nämlich daß es vor allem in den westlichen Bundesländern zehn, zwölf Jahre gedauert hat, bis nach Ermessen der Länder die Staatsbürgerschaft verliehen wurde, es hingegen in der Bundeshauptstadt durchaus so war, daß Bewerber nach fünf oder nach sechs Jahren bereits die Staatsbürgerschaft verliehen bekommen haben, beseitigt wird. In dieser Novelle ist nun klargestellt, daß sich alle Bundesländer an diese Fristen zu halten haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Frau Kollegin Stoisits im Ausschuß gemeint hat, sie hat das Gefühl, daß es in Österreich neun verschiedene Staatsbürgerschaftsgesetze gibt, gerade wegen der unterschiedlichen Vorgangsweise der einzelnen Bundesländer, dann müßte sie eigentlich unserer Novelle die Zustimmung erteilen, weil in unserem Vorschlag dieser Eindruck eben nicht mehr entstehen kann, weil es einheitliche Fristen geben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Grundsätzlich haben wir die Fristen beibehalten. Wir sind nicht restriktiver geworden, wir sind in manchen Bereichen – erstmals auch taxativ in der Novelle aufgezählt – durchaus auch offener geworden. Wir zählen in dieser Novelle ganz konkret auf, wann die jeweiligen Länder schon nach sechs Jahren und in einigen Fällen schon nach vier Jahren die Staatsbürgerschaft verleihen können. Wir halten das für sehr wichtig und für sehr gut, weil es sich gerade bei diesen vorzeitigen Verleihungen der Staatsbürgerschaft durchwegs um Personen handelt, die wegen verschiedener erschwerter Bedingungen in unserem Lande anwesend sind.

Die Staatsbürgerschaft ist und darf nicht besonders leicht erwerbbar sein – das muß uns allen klar sein –, aber ich glaube, grundsätzlich sollte der Erwerb der Staatsbürgerschaft auch nicht so erschwert werden, daß nur ganz wenige sie bekommen können.

Der Vorwurf, daß wir in den letzten Jahren so wenige Staatsbürgerschaften verliehen hätten, daß man, wie Kollegin Stoisits im Ausschuß meinte, jeden schon persönlich kenne, der eine Staatsbürgerschaft verliehen bekommen hätte (Abg. Mag. Stoisits: Das ist so!), kann auch nicht aufrechterhalten werden. Denn immerhin hat es in den letzten zehn Jahren, von 1988 bis 1998, doppelt so viele Verleihungen von Staatsbürgerschaften gegeben wie vorher, also eine Steigerung von 100 Prozent; oder in Zahlen ausgedrückt: von 8 200 auf über 16 000.


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Wir haben in diese Novelle aber auch – dazu bekennt sich die sozialdemokratische Parlamentsfraktion – einige erschwerende Bedingungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft mit eingebaut. Wir bekennen uns dazu, daß künftige Antragsteller für die österreichische Staatsbürgerschaft deutsche Sprachkenntnisse haben müssen. Wir halten das für durchaus legitim und auch für einen Vorteil für den einzelnen Antragsteller, wenn er mit der Sprache jenes Landes, in dem er die Staatsbürgerschaft erwerben will, umgehen kann, wenn er sich verständigen kann, weil damit auch die Integration leichter ist für ihn. Wenn er die Sprache nicht beherrscht oder sich überhaupt nicht ausdrücken kann, was in den letzten Jahren auch sehr oft der Fall gewesen ist, dann wird er es auch sehr schwer haben, sich in diesem Land entsprechend zu integrieren. Daher bekennen wir uns zu diesem Punkt, den ich eigentlich gar nicht so sehr als Erschwernis betrachte, sondern eher als einen Vorteil für den einzelnen Antragsteller sehe.

Ich bekenne mich auch dazu, daß wir den Strafrahmen, der einen Ausschlußgrund von der Staatsbürgerschaft darstellt, von sechs Monaten auf drei Monate unbedingte Freiheitsstrafe herabgesetzt haben. Auch dazu bekenne ich mich, weil ich glaube, daß jemand, der die österreichische Staatsbürgerschaft haben will, auch die gesellschaftliche Ordnung unseres Landes akzeptieren sollte. Und wenn gegen jemanden eine entsprechende Freiheitsstrafe ausgesprochen worden ist, dann ist es, glaube ich, auch nicht mehr gerechtfertigt, daß man ihm die Staatsbürgerschaft verleiht.

Ich wundere mich da schon einigermaßen, Frau Kollegin Stoisits, daß im Antrag der Grünen, den ich auch durchgelesen habe, von einer dreijährigen Freiheitsstrafe die Rede ist. Ich bin zwar kein Abgeordneter, der sich im juristischen Bereich besonders gut auskennt, aber eine dreijährige Freiheitsstrafe ist schon eine sehr hohe Freiheitsstrafe. Da geht es schon um sehr, sehr schwere Brocken, und es kann, glaube ich, kein Verständnis dafür aufgebracht werden, daß dann sozusagen als Anerkennung für die dreijährige Freiheitsstrafe auch noch die Staatsbürgerschaft verliehen wird.

Ich bin auch nicht unglücklich darüber, daß Scheinehen künftighin nicht mehr möglich sein werden, weil in dieser Novelle eine Regelung enthalten ist, daß das nicht mehr gehen wird.

Meine Damen und Herren! Alles in allem glaube ich, daß es den Koalitionsparteien nach nicht leichten Verhandlungen – die Standpunkte waren zu Beginn durchaus unterschiedlich und lagen weit auseinander – doch gelungen ist, ein gutes, ein brauchbares, ein transparentes neues Staatsbürgerschaftsgesetz zu schaffen, mit dem wir recht gut leben können und das – wie ich noch einmal feststellen darf – auch für jene ein Vorteil sein sollte, die künftighin die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen und die wir als neue Bürger in unserer Republik begrüßen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Krüger gemeldet. – Bitte sehr.

17.34

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Abgeordneter Leikam hat die Behauptung aufgestellt, daß es freiheitliche Abgeordnete gebe, die bosnische Flüchtlinge zu Billigstlöhnen beschäftigen.

Ich weise diese Behauptung als unwahr zurück. Sofern tatsächlich bosnische Flüchtlinge beschäftigt worden sein sollten, dann selbstverständlich im Rahmen der kollektivvertraglichen Entlohnung.

Ich weise weiters die Unterstellung beziehungsweise die Behauptung des Herrn Abgeordneten Leikam zurück, daß freiheitliche Abgeordnete Fremdenhaß entwickeln. Wenn hier jemand haßt, dann ist aus Ihrer Wortmeldung dieser Haß uns Abgeordneten der Freiheitlichen gegenüber hervorgekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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17.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier.

17.35

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich meine, die Frage, was aus welcher Wortmeldung hervorgeht, ist sicher interpretierbar, aber eines steht für mich fest: Eine ganz, ganz massive Ablehnung jeder auch noch so kleinen freundlichen Geste gegenüber Menschen, die nicht hiesigen Blutes sind, ist aus den Ausführungen des Kollegen Jung schon deutlich erkennbar gewesen.

Und daß er als Fachmann zum Beispiel im Bereich der Kriminalität noch nicht einmal unterscheidet zwischen touristischer Fremdkriminalität und der Kriminalität hier ansässiger Menschen und daher Behauptungen aufstellt, die durch die Verkürzung noch nicht ganz falsch, aber in Wirklichkeit völlig unrichtig sind, was das Problem von Einbürgerung und Integration anlangt, das ist schmerzhaft, das ist sehr unangenehm. Das erweckt den Anschein, als ob es tatsächlich eine Einäugigkeit der Regierungsvorlage gebe.

Wenn die Regierungsvorlage in diesem Punkt einäugig ist, dann hat der Herr Bundesminister für Justiz das in seiner Stellungnahme zur Abgrenzung Straffälliger im Zusammenhang mit der Einbürgerung auf den Punkt gebracht, indem er formuliert hat, daß, wenn noch nicht einmal unterschieden wird zwischen bedingten und unbedingten Verurteilungen und wenn die Grenze für das Ausmaß der zulässigen Verurteilung von sechs auf drei Monate herabgesetzt wird, dies – ich zitiere wörtlich – "eine sachlich nicht gebotene Verschärfung der Verleihungshindernisse" sei. – Und das sagt der bekanntlich "radikale" und "extremistische" Bundesminister für Justiz.

Ich meine, dieser Position des Bundesministers für Justiz kann man sich einfach nur anschließen (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum) , denn es ist tatsächlich völlig unplausibel, was hier an überschießenden, offenbar ausschließlich an die Titelseiten von "Kronen-Zeitung" und "täglich Alles" adressierten Positionen in das Staatsbürgerschaftsgesetz aufgenommen wurde.

Wissen Sie, was das für Delikte sind, wegen derer man zu so einer Strafe von drei Monaten bedingt verurteilt werden kann? – Das ist zum Beispiel die üble Nachrede, das ist zum Beispiel die Sachbeschädigung, das ist zum Beispiel der Eingriff in Jagd- und Fischereirechte, das ist zum Beispiel die schwere Beeinträchtigung durch Lärm.

Ich meine, wenn wir ein Staatsbürgerschaftsrecht haben, in dem der § 181a des Strafgesetzbuches, die schwere Beeinträchtigung durch Lärm, ein Verleihungshindernis ist, dann ist es ein restriktives Staatsbürgerschaftsrecht. Wer das bezweifelt, der betreibt Schönfärberei, und insofern, Kollege Leikam, ist zwar der Anspruch "Integration vor Neuzuwanderung" ein Schlagwort, aber die Integration existiert nicht im wirklichen Sinn des Wortes. Dieses Gesetz ist einfach so restriktiv, daß es nicht integriert, sondern in Wirklichkeit fernhält.

Damit Ihnen deutlicher wird, was ich meine, darf ich Sie auch auf die Fristigkeiten hinweisen. Im Ausschuß hat Kollege Kiss – und ich gehe fast davon aus, daß er das heute anläßlich seiner Wortmeldung wiederholen wird – gesagt, es gibt Bundesländer in Österreich, die den Staatsbürgerschaftswerbern die Staatsbürgerschaft geradezu nachschmeißen. (Abg Kiss: Korrekt!) Das hat er gesagt. (Abg. Kiss: Korrekt!) Er hat weiters beklagt, daß die Fristen im Ermessensspielraum seitens der Bundesländer unterschiedlich wahrgenommen werden.

Das ist richtig, und ich habe Ihnen im Ausschuß gesagt und sage es von dieser Stelle aus auch: Es ist halt so ein Luder mit dem Föderalismus! Die Länder machen dann doch glatt, was sie wollen! Wenn man ein echter Föderalist ist wie der Kollege Kiss, dann muß man das rasch abstellen, denn wo kämen wir denn hin, wenn die Länder machen könnten, was sie wollen – bei einem Thema, das ihm nicht gefällt.

Es hat dem Kollegen Kiss deswegen nicht gefallen, weil sein Heimatbundesland, das Burgenland, immer sehr restriktiv war und die 10- und 30-Jahres-Fristen immer ausgenützt hat. Er war der Meinung: Wir als altes Bollwerk an der Grenze zum feindlichen Ungarn müssen die langen Fristen halten. Die verweichlichten Hintersassen in Wien hingegen haben kurze Fristen, und daher muß man die Fristen anheben.


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Okay, das kann man vertreten, wenn man Kiss heißt. Wir sind der Meinung, dieser Ermessensspielraum hätte nach unten gezogen werden müssen, dann hätte er sich auch harmonisiert.

Weil Kollege Jung davon gesprochen hat, daß Österreich kein Einwanderungsland sei, muß ich auf die Fristigkeitsfrage noch einmal eingehen. Es ist nicht so, Kollege Jung und Kollege Kiss, daß wir Ihnen die USA und Kanada vorhalten. Das machen wir schon auch manchmal, weil es lustig ist und weil es eben bedeutende Länder sind. Und wenn es um die NATO-Diskussion geht, können Sie die USA nicht hoch genug rühmen. Daher verwenden wir sie manchmal als Beispiel.

Aber ich halte Ihnen so exotische, extremistische und merkwürdige Länder wie Frankreich, wie Belgien, wie die Niederlande, wie Großbritannien vor. Das sind alles solch "exotische" Einwanderungsländer, wie sie Kollege Jung beschrieben hat, wo zuerst die Ureinwohner ausgerottet wurden, und dann hat man wieder Leute ins Land holen müssen. Also ich sehe das nicht so, ich bin nicht der Meinung, daß Frankreich, Belgien, die Niederlande und Großbritannien Länder in dem Sinn sind, wie Sie gemeint haben, Herr Kollege Jung. Diese Länder haben zum Beispiel Fristen von fünf Jahren. Diese Länder kennen selbstverständlich die Doppelstaatsbürgerschaft, und diese Länder haben wesentliche Elemente des ius soli, des Geburtsortsrechtes, eingebaut.

Herr Kollege Kiss und Herr Kollege Jung! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! So abwegig ist es nicht, daß wir in einer Zeit, in der wir Mobilität predigen, in der wir der Meinung sind, die Menschen müssen sich auf dem europäischen Kontinent frei bewegen und niederlassen können, doch etwas mehr als in diesem Gesetz am Geburtsort des Staatsbürgerschaftswerbers anknüpfen. Wenn man noch dazu weiß, daß von den Neueinbürgerungen in Österreich zuletzt 29 Prozent in Österreich Geborene waren, dann sollten Sie schon darüber nachdenken, ob Sie die Lebenswirklichkeit überhaupt noch treffen, wenn Sie sich so verkrampfen und dem Geburtsort keine nennenswerte Funktion zuordnen wollen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher ist dieses Gesetz, was die Fristen und die Doppelstaatsbürgerschaft anlangt, ein restriktives Gesetz, ein Gesetz, das die Staatsbürgerschaft sozusagen heilig spricht, zu einer Art höchstem Gut macht. Das heißt, es ist vor dem Hintergrund der europäischen Integration mit diesem Zugang ein gestriges Gesetz, weil wir uns mehr um die Unionsbürgerschaft bemühen sollten, als uns ausschließlich in diesem restriktiven Sinn mit einer Verschärfung des Staatsbürgerschaftsrechtes zu befassen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Vor dieser bösen Ahnung der Unionsbürgerschaft sind vielleicht auch die Ausführungen des Kollegen Jung zu verstehen, der die Ostöffnung in Zusammenhang mit dem Staatsbürgerschaftsrecht erwähnt hat. Denn natürlich, horribile dictu, wenn eines Tages unsere östlichen Nachbarländer, wie zum Beispiel Tschechien, Ungarn oder Slowenien, den Beitritt zur Europäischen Union geschafft haben werden, dann wird man sie nicht mehr so schleißig behandeln können, wie wir das mit den anderen in diesem Staatsbürgerschaftsgesetz tun, und das könnte in Ihrer Welt, Herr Kollege Jung, natürlich bedenklich sein. In unserer Welt ist es das nicht, denn was macht den Charakter unseres Landes aus? Daß es über Jahrhunderte mit offenen Grenzen zu diesen Ländern gelebt hat! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Ostöffnung bedeutet letztlich nichts anderes als den freiwilligen Zusammenschluß von Regionen und Gebieten, um die vor zirka 200 Jahren noch Kriege geführt wurden, um sie zu erbeuten. Jetzt kommen sie von selbst, und wir weisen sie ab!? Herr Kollege Jung! Wenn Sie das in Zusammenhang mit der Staatsbürgerschaftsdebatte erwähnen, dann macht mir das schwere Sorgen, weil Sie offenbar bereit sind, jedes Hindernis gegen die Ostöffnung aufzubauen, das Ihnen gerade einfällt. Daher war es mir wichtig, das an dieser Stelle zu erwähnen. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Deswegen haben Sie auch solche Angst vor der Doppelstaatsbürgerschaft, denn es könnte durch die Doppelstaatsbürgerschaft womöglich ein Mensch in die Lage kommen, daß er sich auf sein Gewissen konzentrieren muß und nicht ausschließlich auf den Eid, auf irgendeinen Oberkommandierenden. Ich sage Ihnen: Das wäre manchmal für die Moral und die Disziplin in dieser oder jener Truppe ganz heilsam, wenn sich ihre Angehörigen nicht nur auf


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den Eid beriefen, sondern manchmal auch auf ihr Gewissen! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Scheibner: Die Sprache sollte man wenigstens können, oder?)

Wenn Sie der Meinung sind, daß Krieg und Militär erstrangige Mittel zur Durchsetzung von politischen Inhalten sind, dann haben Sie recht, dann braucht der Staat den Fahneneid auf Tod und Leben, dann braucht er die singuläre Staatsbürgerschaft. (Abg. Scheibner: Das ist ja ein Unsinn, was Sie da bringen! Fragen Sie einmal den Moser, was er davon hält!) Dann braucht er sie unbedingt, nur dann kann er nämlich sagen: Du bist fahnenflüchtig!, wenn jemand den Wehrdienst verweigert. Ich meine, das sollte man einmal bedenken. Was wäre denn die Doppelstaatsbürgerschaft anderes als das, was wir im Bereich des Zivildienstes durchaus zulassen, nämlich daß so jemand möglicherweise nicht zu den Waffen eilt, sondern Zivildienst leistet? (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Das wird Ihnen ja wohl zumutbar sein, Herr Kollege Jung, zu erkennen, daß das ein weiterer Anknüpfungspunkt für Zivildienst wäre. Aber so weit denken Sie in Ihrer militärischen Welt natürlich nicht. Da hört der Horizont offenbar beim Stahlhelmrand auf. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher sage ich noch einmal: Das Staatsbürgerschaftsrecht, das Sie hier vorlegen, ist mißlungen. Es ist restriktiv. Es leistet keinen Beitrag zur Integration, und es ist wirklich traurig, daß man sich mit so etwas am Ende des 20. Jahrhunderts befassen muß. Statt eine europäische Perspektive einzubauen, bauen Sie eine hinterweltlerische Perspektive in das Gesetz ein. Und daß Sie das ganz genau wissen, kann ich Ihnen hier schlüssig darlegen, denn Kollege Dietachmayr hat dankenswerterweise als Berichterstatter zum nächsten Tagesordnungspunkt, der gemeinsam mit diesem in Verhandlung steht, etwas Wichtiges ausgeführt.

Der nächste Tagesordnungspunkt, der in Verhandlung steht, ist das Europäische Übereinkommen über Staatsangehörigkeit, vom Europarat erarbeitet, von den Europaratsmitgliedern unterschrieben. Mehr als 50 Staaten haben sich eine Rahmenordnung für die Staatsbürgerschaftsrechte gegeben. Und das war keine einfache Sache, denn Sie wissen, wer Mitglied im Europarat ist. Das war ein anspruchsvolles Unterfangen. Trotzdem ist Österreich dieses Europäische Übereinkommen zu weitherzig, trotzdem ist es der österreichischen Bundesregierung zu offenherzig.

Es ist das Problem aufgetreten, daß es sich dabei um einen Staatsvertrag nach Artikel 50 B-VG handelt, der durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist. Das haben wir auch im Ausschuß so besprochen. Heute mußten Sie plausiblerweise nachtragen, daß dieser Erfüllungsvorbehalt nach Artikel 50 Abs. 2 B-VG durch die heutige Staatsbürgerschaftsgesetznovelle einerseits – das wäre ja noch ganz gut –, aber vor allem durch die Vorbehalte, die Österreich bei der Unterzeichnung dieses Europäischen Übereinkommens gemacht hat, de facto erledigt ist, denn bei all jenen Punkten in dem Europäischen Übereinkommen, die etwas mehr Öffnung gebracht hätten, die etwas mehr Chancen für Integration geboten hätten, hat sich Österreich durch Vorbehalte aus dem Übereinkommen ausgenommen. Deswegen müssen wir keine besonderen Gesetze zur Erfüllung dieses Übereinkommens erlassen! Das sagt alles über das Staatsbürgerschaftsgesetz und über die dahinterstehende Gesinnung.

Zuerst unterschreiben wir ein Europäisches Übereinkommen zur Liberalisierung und zur Harmonisierung der Staatsbürgerschaftsrechte, und dann machen wir zwölf Vorbehalte und müssen unser Recht nicht anpassen. Und was für Vorbehalte das sind, das darf ich Ihnen an ein, zwei Beispielen vorführen.

In dem Europäischen Übereinkommen ist zum Beispiel vorgesehen, daß die Elternschaft ein wichtiger Aspekt für die Staatsbürgerschaft von Kindern ist. Das würde ja durchaus noch in Ihre Welt passen, weil Sie ja sehr stark auf das Abstammungsprinzip setzen. Aber bedauerlicherweise hat man auf der europäischen Ebene bei der Elternschaft zwischen der ehelichen und der unehelichen Elternschaft keinen Unterschied gemacht. Daher mußten Sie einen Vorbehalt formulieren, in dem Sie unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß der Vater eines unehelichen Kindes in der österreichischen Rechtsordnung in Staatsbürgerschaftssachen nicht als Elternteil zu verstehen ist. (Abg. Schaffenrath: Pfui!) Das ist eine so schwere Diskriminierung unehelicher Kinder, daß ich es überhaupt nicht fassen kann, daß irgend jemand, der sich selbst


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als christlich definiert oder der sich selbst als sozialdemokratisch definiert und noch dazu gemeinsam in einer Regierung sitzt, so etwas für erträglich hält. Ich halte das nämlich für unerträglich. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Von ähnlicher Qualität sind zehn dieser zwölf Vorbehalte. Daher darf ich jetzt folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kier, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zurückziehung der Vorbehalte und Erklärungen Österreichs zum Europäischen Übereinkommen über Staatsangehörigkeit

Der Nationalrat möge beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre Erklärungen Nr. 1 bis 10 zum Europäischen Übereinkommen über Staatsangehörigkeit zurückzuziehen. Sollten dadurch Bestimmungen dieses Übereinkommens mit Bestimmungen des österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetzes oder anderen Gesetzen unvereinbar sein, ist dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit deren Beschlußfassung die Widersprüche zu dem Übereinkommen beseitigt werden."

*****

Ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen in den Regierungsparteien: Jetzt und nur noch heute haben Sie die Chance, sich einen schweren Gesichtsverlust zu ersparen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Bei wem sollen wir das Gesicht wahren?), den Gesichtsverlust, daß Sie mit Mehrheit hier ein Regierungsübereinkommen mit Vorbehalten beschließen, welches zum Beispiel unehelich geborene Kinder schwer diskriminiert. Wenn Sie das gerne möchten, dann müssen Sie so abstimmen, wie Sie es wahrscheinlich schon vereinbart haben, und weil Sie Ihr freies Mandat ohnedies schon in einen Regierungspakt umgegossen haben, werden Sie wahrscheinlich zustimmen müssen. Aber ich meine, Sie sollten sich wirklich überlegen, ob das nicht eine Chance wäre. Die Bundesregierung hätte Zeit, sich zu überlegen, in welcher Form sie diese Vorbehalte, die sie ja schon erklärt hat, zurückzieht und welche Verbesserungen dazu im Staatsbürgerschaftsrecht notwendig sind.

Wir wären diesbezüglich diskussionsbereit. Ich meine, es wäre mehr als sinnvoll, wenn Sie das täten, denn einmal abgesehen von der Unerträglichkeit der Diskriminierung, die Sie hier vornehmen, haben Sie sich schon überlegt, welch "vorbildlichen" Eindruck das auf Mitunterzeichner des Europäischen Übereinkommens macht, wenn in den Protokollen, die international verteilt und letztlich auch hinterlegt sind, solche Vorbehalte drinnen stehen? Diese Vorbehalte lesen alle anderen 50 mitunterzeichnenden Staaten, und alle, die das lesen, haben ein ziemlich präzises Bild vom Zugang der Republik Österreich zu Menschenrechten, zur Menschenwürde, zur Gleichheit und insbesondere zum Umgang mit Kindern in diesem Fall.

Daher bitte ich Sie noch einmal: Stimmen Sie dem Entschließungsantrag, den ich zur Verlesung gebracht habe, zu! Das Übereinkommen für sich ohne die österreichischen Vorbehalte ist nämlich modern und fortschrittlich. Es steht allerdings in einem schweren Kontrast zur Staatsbürgerschaftsnovelle, die Sie hier vorlegen. Sie brauchen die Vorbehalte, um Ihre Staatsbürgerschaftsnovelle zu schützen. Das habe ich verstanden, aber ich kann es nicht akzeptieren. Nützen Sie daher den Weg dieses Entschließungsantrages! Er gibt der Regierung Zeit, weil sie nicht sofort handeln muß, sie hat eine Übergangsfrist zur Erfüllung dieser Entschließung. Es ist noch reparierbar, es ist noch nicht zu spät. Das heißt nicht, daß wir die Schleusen öffnen wollen, sondern das heißt nur, daß wir dem Rechtsstaat zu seinem Recht verhelfen wollen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

17.52


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kier und Mag. Stoisits, wie er hier vorgetragen und eingebracht wurde, steht mit in Verhandlung.

Am Wort ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.52

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es war notwendig, das Staatsbürgerschaftsgesetz zu novellieren, und die Zielsetzung der heute zu beschließenden Staatsbürgerschaftsgesetznovelle ist, mehr Rechtssicherheit, mehr Gerechtigkeit, mehr Gleichheit, mehr Integrationsbereitschaft, aber auch mehr Wertigkeit für die Mitgliedschaft in der Republik Österreich herbeizuführen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurden viele Vorschläge zur Novellierung des Staatsbürgerschaftsgesetzes eingebracht, es gab viele seriöse Diskussionsgrundlagen, aber auch viele Utopien, viele falsche Sozialromantismen und Absurditäten. Ich komme dann schon noch darauf zu sprechen.

Die Bundesländer waren hier federführend. Die Fachbeamten, die in der täglichen Praxis mit dem Vollzug der Staatsbürgerschaftsgesetze zu tun haben, haben gesagt, da paßt etwas nicht mehr zusammen, wir müssen hier etwas ändern, und haben die Initiative ergriffen. Das sind jene, die aus der Erfahrung ihrer Praxis reden können, und nicht jene, die aus dem geschützten Hohen Haus ihre Vorstellungen kundtun, wie es eigentlich gehen sollte, ohne jemals in der Praxis mit dieser Materie etwas zu tun gehabt zu haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Österreichische Volkspartei hat diese Vorschläge der Bundesländer im wesentlichen auch in ihren Antrag eingearbeitet. Die Berücksichtigung der Erfahrungen aus der Praxis ist für uns wichtig und für ein modernes Staatsbürgerschaftsgesetz, das den Anforderungen gerecht werden soll und auch wird, Voraussetzung.

Der vorliegende Vorschlag ist ein Kompromiß, der mit dem Koalitionspartner geschlossen worden ist. Ich gebe zu, daß wir nicht alle unsere Vorstellungen durchbringen konnten, aber ich glaube, daß wir mit der heutigen Beschlußfassung einen wesentlichen Markstein in der Weiterentwicklung eines modernen Staatsbürgerschaftsgesetzes setzen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der FPÖ geht alles zu weit. (Abg. Jung: Zuwenig weit!) Lieber Kollege Jung, du bist mir bekannt als ein Mann ohne Furcht und Tadel, als hochdekorierter Offizier des Bundesheeres. Ich verstehe deine Furcht nicht, die du vor einem Fremden, der vielleicht hereinkommt, vor einem Fremdarbeiter, der vielleicht notwendig ist, weil ihn die Wirtschaft braucht, hast. Ich habe nur einen Verdacht: Vielleicht hat heute in der Früh euer Parteiobmann Haider die Parole ausgegeben: Heute, liebe Kollegen, müssen wir uns im Parlament fürchten. Jeder hat sich zu fürchten, und wenn das einer nicht tut, läuft er Gefahr, daß er sein Mandat verliert. (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nur so kann ich mir die Furcht und die Angst vorstellen, denn anders wäre sie ja nicht begründbar. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Den Grünen, meine Damen und Herren, geht alles zuwenig weit. Ich zitiere aus dem Ausschußbericht über den Antrag der Grünen:

"Die Forderung, eine Einbürgerung nur dann zu gewähren, wenn die Antragsteller über hinreichende Kenntnisse des Deutschen verfügen, zielt in Wirklichkeit auf einen Verlust der Herkunftssprache(n) der Zuwanderer, da keine begleitenden sprachpolitischen Maßnahmen vorgesehen sind, die den Erhalt der jeweiligen Muttersprache sicherstellen. Eine derartige Initiative führt daher nicht zu einer Erschwerung der Zuwanderung, sondern auch zu einer Assimilation und einseitigen Anpassung an das Deutsche."

Das ist das andere Extrem. Die Grünen fordern allen Ernstes, daß die Österreicher die Sprache jener lernen sollten, die zuziehen, damit sie Staatsbürger werden können. Ich verstehe wirklich nicht, wo hier der Verlust der Heimatsprache sein soll. (Abg. Mag. Stoisits: Das ist ja Ihr Problem, daß Sie es nicht verstehen!) – Frau Stoisits, Sie kommen ja noch dran, Sie werden uns dann erklären können, wie diese Ihre Absurdität gemeint ist. (Beifall bei der ÖVP.)


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Auch die Liberalen haben diesbezüglich eine ganz eigenartige Auffassung. Ich zitiere wieder aus einem Ausschußbericht über einen Antrag der Liberalen: "Die Sorge vor einem ,Ansturm‘ von Ausländern auf die österreichische Staatsbürgerschaft ist dann unbegründet, wenn für Ausländer mit Wohnsitz in Österreich gleichzeitig integrationsfördernde Maßnahmen ergriffen werden, die den Anreiz, die österreichische Staatsbürgerschaft zu benötigen, um als gleichberechtigter Bürger behandelt zu werden, verringern."

Die Liberalen fordern also allen Ernstes: Gebt den Zuzüglern so viele Rechte in die Hand, daß die Staatsbürgerschaft für sie eigentlich nichts mehr wert ist.

Meine Damen und Herren der Liberalen! Auch dem können und werden wir nicht folgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Österreichische Volkspartei hat ein ganz klares Verständnis und eine ganz klare Sicht der Dinge. Wir halten es mit dem jahrtausendealten Prinzip der klassischen und humanistischen Gastfreundschaft, der Hospiteia. Damit Sie unsere Haltung kennen, darf ich Ihnen aus den "Irrfahrten des Odysseus" zitieren. Als Odysseus nach Hause kommt und sein Freund, der alte Schweinehirte Eumaios, ihn nicht erkennt, weil er als Bettler verkleidet ist, sagt Eumaios folgendes zu ihm:

"Gast, es wäre nicht recht – und käme ein geringerer Mann noch –, einen Gast zu mißachten; denn Zeus gehören ja alle, Fremdlinge und Darbende an, zwar klein, doch gerne gegeben, heißt es bei unsereinem."

Das ist die Auffassung, die die Österreichische Volkspartei hat: Gastfreundschaft jenen zu bieten, die bei uns Gäste sind, aber wir verlangen auch, daß sie sich an das Gastrecht halten und daß sie die Gesetze und Rechte der Republik Österreich befolgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es zieht sich wie ein roter Faden durch den Antrag, daß die Kenntnis der deutschen Sprache Voraussetzung dafür sein muß, die Staatsbürgerschaft zu erhalten. Und das, glaube ich, ist der wesentliche Kernpunkt in diesem neuen Antrag.

Ich zitiere noch einen, der unverdächtig ist. Es ist Wilhelm von Humboldt, der vor 200 Jahren gelebt hat und folgendes gesagt hat: "Die wahre Heimat ist eigentlich die Sprache." (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. ) Hören Sie zu, Frau Schaffenrath! "Sie bestimmt die Sehnsucht danach, und die Entfernung vom Heimischen geht immer durch die Sprache am schnellsten."

Er hat es bereits vor 200 Jahren erkannt, daß die Sprache ein wesentlicher Faktor der Heimat, der Integration ist, und genau darum geht es in unserem Antrag: daß sie entsprechend bewertet wird. (Beifall bei der ÖVP. – Weiterer Zwischenruf der Abg. Schaffenrath. ) Sie sind erschüttert. Sie können Ihre Erschütterung dann vom Rednerpult aus bekanntgeben.

Meine Damen und Herren! Für die Österreichische Volkspartei ist klar, daß die Staatsbürgerschaft und das Staatsbürgerrecht ein so kostbares und wertvolles Gut sind, daß es sich für den neuen Bürger lohnen und es ihm wert sein muß, die Sprache nicht nur zu kennen, sondern auch zu können und in der neuen Heimat bewandert zu sein, in der der neue Bürger seine Staatsbürgerschaft bekommt. Also es geht darum, die Sprache nicht nur zu kennen, sondern auch zu können. Das sehen wir als Voraussetzung für eine Integration, und zwar für eine lang anhaltende, andauernde Integration, wie es auch beispielsweise in Holland, in der Schweiz und anderen Ländern der Welt der Fall ist. (Beifall bei der ÖVP.)

18.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Daß der alte Eumaios schon blind war und den Odysseus nur an einer Narbe erkannt hat, war aber nicht auf eine Partei gemünzt, nehme ich an. (Heiterkeit.)

Am Wort ist Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

18.00

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovani gospodin president! Poštovani gospodin minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Zitaten, die Kollege Groß


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ruck gebracht hat, fällt mir nur folgendes ein: Die Einstellung der ÖVP in bezug auf Staatsbürgerschaftsangelegenheiten ist ähnlich alt wie die Zitate, die er gebracht hat. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Eine Platitüde in Plattheit jagt die andere!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entschieden lehne ich das Wort "Reform" in bezug auf die vorliegende Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes ab, denn das Wort "Reform" birgt schon in sich, daß es sich um einen Fortschritt handelt, jedenfalls um einen Schritt nach vorne. Diese Novelle könnte man höchstens – und das wäre, glaube ich, präzise – mit den Worten "Veränderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes" sozusagen neutral beschreiben. Es wäre neutral, wenn man es "Veränderung" nennen würde. Würde man sich die Mühe machen – und ich mache sie mir –, diese Novelle, die jetzt zur Beschlußfassung vorliegt, korrekt zu bezeichnen, dann müßte man sie summa summarum als eine Verschlechterung der Bedingungen beim Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft bezeichnen. Das ist das Ergebnis, das nach jahrelanger Diskussion über eine Reform des Staatsbürgerschaftswesens in Österreich herausgekommen ist.

Geschätzter Herr Minister! Das werfe ich Ihnen am meisten vor, obwohl Sie nicht alleine dafür verantwortlich sind, denn Dr. Einem als Ihr Vorgänger und selbst Dr. Löschnak haben diese Linie schon vertreten. Es wurde jahrelang von der Reform des Staatsbürgerschaftswesens gesprochen und eine Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes versprochen, womit suggeriert wurde – das Wort "suggeriert" möchte ich als neutralen Ausdruck verstanden wissen –, daß die Reform ein Schritt in Richtung Europäisierung des österreichischen Staatsbürgerschaftsgesetzes sein wird, was ja die allgemeine Diskussion der letzten Jahre auch erwarten ließ, nämlich daß eine Reform gemacht wird, die diesen Namen auch verdient.

Wir sind – und da kann man diskutieren, soviel man will – mit den gesetzlichen Bedingungen beim Zugang zur Staatsbürgerschaft, mit diesem Gesetz, das jetzt noch nicht beschlossen ist und bei welchem es noch einen Funken Hoffnung gibt, daß es noch Änderungen geben wird, also mit dem bestehenden Gesetz und mit dem neuen Gesetz Schlußlicht im europäischen Bereich, denn man kann nur Gleiches mit Gleichem vergleichen, und in diesem Fall können wir uns – und das hat, glaube ich, Kollege Kier schon gesagt – nur mit jenen Ländern, die eine ähnliche Struktur wie wir bei der Zuwanderung und damit auch im Staatsbürgerschaftswesen und bei den Staatbürgerschaftsverleihungen haben, sinnvollerweise vergleichen.

Sie haben – und zwar über die Jahre; über die Jahre kann man bei Ihnen nicht sagen, weil Sie ja erst eineinhalb Jahre Minister sind – in der Öffentlichkeit immer Erleichterungen angekündigt, doch das, was jetzt herausgekommen ist, sind schlicht und einfach Verschärfungen. Sie haben immer wieder angekündigt, daß es eine Vereinheitlichung der Fristen geben wird. Was ist dabei herausgekommen? – Während es im derzeit noch gültigen Staatsbürgerschaftsrecht vier Fristen gibt, wird es in Zukunft sechs Fristen geben. Es müßte ja noch nichts Schlechtes oder Negatives bedeuten, daß es eine Vielzahl von Fristen gibt, aber jene Fristen, die neu hinzugekommen sind, sind nicht etwa Korrekturen der überlangen Fristen beim Zugang zum Staatsbürgerschaftsrecht, sondern sind, wenn man es so nennen will, Zwischenfristen, die nichts am Wesen des gegenwärtigen Gesetzes ändern: 30 Jahre warten auf den Anspruch, Österreicher zu werden, und 30 Jahre – ja selbstverständlich! – Wohlverhalten. (Abg. Murauer: Eh klar!)

Zehn Jahre muß man seinen Hauptwohnsitz in Österreich haben, um überhaupt den Zugang zur Staatsbürgerschaft in Anspruch nehmen zu können. Damit ist noch überhaupt kein Recht verbunden, die Staatsbürgerschaft auch tatsächlich zu bekommen. Zehn lange Jahre! – Das ist die zweite Frist.

Die dritte Frist – alles, was ich zitiere, ist gültiges Recht und wird auch weiterhin Recht bleiben, denn da ändert sich nichts –: Es gibt immer noch, denn das Gesetz gilt ja noch, die Möglichkeit, unter besonders berücksichtigungswürdigen Umständen, das heißt, im absoluten Sonderfall, die Staatsbürgerschaft bereits nach vier Jahren verliehen zu bekommen. Diese Möglichkeit bleibt weiterhin bestehen – allerdings wird der Kreis jener, die diese Möglichkeit nützen können, durch das neue Gesetz radikal eingeschränkt.


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Geschätzter Herr Minister! Mein wesentlichstes Argument, warum ich Ihren öffentlichen Beteuerungen, es gebe Erleichterungen, absolut nicht Glauben schenken kann, gründet sich auf den Umstand, daß mit dem Codewort "Vereinheitlichung der Fristen" nicht weniger Unterschiede zwischen der Praxis in den einzelnen Bundesländern bestehen, weil die Fristen nirgends bindende Fristen sind – außer beim Rechtsanspruch nach 30 Jahren. Aber Sie wissen, daß es sehr selten vorkommt, daß es solche Veleihungen gibt.

Die Fristen, die man neu eingeführt hat, sind Nivellierungen nach unten, jetzt negativ gesprochen, denn jene Bundesländer, die die Staatsbürgerschaftswerber sozusagen nicht so lange haben warten lassen, bis kein Weg daran vorbeiging, werden ihre Praxis beibehalten. Ich glaube nicht, daß Oberösterreich seine Praxis in Hinkunft ändern wird, da man sogar, wenn ein Ausländer nach vielen Jahren Aufenthalt in Österreich um die Staatsbürgerschaft ansucht, den Arbeitgeber anruft und fragt: Ist er eh in Ordnung? und gar nicht dazusagt, worum es geht. Ich glaube nicht, daß das Land Oberösterreich diese seine Praxis ändern wird. Ja warum auch? – Das Signal, das vom Bundesgesetz ausgeht, ist doch: Machen wir es den Leuten so schwer wie nur möglich! Halten wir die Ausnahmen, die das Gesetz vorsieht, sozusagen so gering wie möglich! – Das ist die Botschaft, die damit verbunden wird!

Herr Bundesminister! Das ist für mich das unrühmliche Ende einer verheißungsvollen Diskussion und das unrühmliche Ende von verheißungsvollen Ankündigungen. Denn der Gesetzentwurf, den ich in der XVIII., in der IXX. und jetzt auch in der XX. Legislaturperiode eingebracht habe und der die Vorstellungen der Grünen skizziert – und wenn die Kolleginnen und Kollegen Interesse haben, können sie ihn ja im Ausschußbericht grob skizziert nachlesen; mir fehlt die Zeit, um in jedes Detail einzugehen –, enthält nämlich Gedanken, die nicht nur den Überlegungen der Grünen, sondern auch den Überlegungen aus dem Innenministerium, die Jahre zurückliegen, entsprungen sind. Die Überlegungen aus dem Innenministerium bildeten die Basis dafür. Das sind – das gebe ich zu – sozialdemokratische Vorstellungen, wie das Staatsbürgerschaftswesen in Österreich reformiert auszusehen hätte.

Also es ist nicht so, wie es die Kollegen der ÖVP darzustellen versuchen, nämlich nebulos und gänzlich an der Realität vorbei!

Zwei Linien gibt es: Es gibt erstens die Linie: "Was ist gut für dieses Land?" als Leitlinie beim Staatsbürgerschaftswesen und zweitens die Linie: "Was hebt uns in den Durchschnitt eines europäischen Niveaus?", und das wollen wir umsetzen. – Das wäre es gewesen, Herr Bundesminister, was dem Wunsch, eine Novelle, eine Reform zu machen, entsprochen hätte!

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie gesagt, nichts davon ist in der Novelle enthalten! – Die Fristen werden verlängert – vielfältigst verlängert! –, und der Zugang wird dadurch noch verschärft. Es wird – auf die Details möchte ich jetzt gar nicht eingehen; Herr Dr. Kier hat das ja schon ausführlich erläutert – die Sechs-Monate-Verurteilung auf drei Monate, sowohl bedingt als auch unbedingt, gesenkt. Aber meiner Meinung nach sind das ja Bagatelldelikte schlechthin! Dabei geht es ja darum, daß diese Menschen nicht unbedingt schnell zu einer Staatsbürgerschaft kommen wollen, sondern einen Anspruch durchsetzen wollen, aber dadurch keinen Anspruch durchsetzen können.

Es wird ja immer so getan, also würde jeder"Pülcher" – unter Anführungszeichen – sofort eine Staatsbürgerschaft bekommen. Ganz im Gegenteil! Die österreichische Staatsbürgerschaft – dazu bekenne ich mich ausdrücklich – ist ein hohes Gut, aber sie ist kein höheres Gut als andere Staatsbürgerschaften. Ich lehne einen Österreich-Chauvinismus in der Richtung, als wäre die österreichische Staatsbürgerschaft ein höheres Gut und damit mehr wert als andere, entschieden ab. (Abg. Scheibner: Für uns schon!)

Die österreichische Staatsbürgerschaft ist jener Rahmen, der – und jetzt beziehe ich mich auf Verleihungen von Staatsbürgerschaften – Mitbürgern und Mitbürgerinnen, die in Österreich mit uns schon lange leben, die Möglichkeit gibt – und das ist für mich der springende Punkt bei dieser Diskussion –, am demokratischen Leben in Österreich teilzuhaben. Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren: Hast du keinen österreichischen Reisepaß, so kannst du in Österreich


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selbstverständlich nicht einmal deinen Bürgermeister und deinen Bezirksrat wählen, wenn die Gemeinde so wie Tschanigraben im Burgenland nur 90 Einwohner hat, obwohl du schon Jahrzehnte in Österreich lebst. Und das ist der Punkt!

Die Menschen sind ungleich, solange sie diese Möglichkeit nicht haben, obwohl sie nach außen hin gleich behandelt werden. Sie zahlen die gleichen Steuern. Ich habe noch nie gehört, daß Ausländer weniger Steuern zahlen oder daß sie irgendein Privileg hätten. Sie müssen genauso wie alle anderen die Abgaben zahlen. Sie müssen sich selbstverständlich an alle Gesetze der Republik Österreich halten – mitreden dürfen sie allerdings nirgends!

Das ist für mich der Punkt, warum es eine Reform zu geben hat: damit wir diese Zweiklassengesellschaft nicht ad infinitum weiterführen. Das ist für mich auch ein wesentliches Argument für eine Doppelstaatsbürgerschaft. Ich bin weit davon entfernt, die Forderung aufzustellen, daß sofort jeder Mensch in Österreich eine Doppelstaatsbürgerschaft haben soll, und zwar nur deshalb, weil er auch die österreichische anstrebt. Meine Forderung ist die, sich zu überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, das ius soli – um jetzt den terminus technicus zu verwenden – als doppeltes ius soli verwirklicht zu sehen, was verhindern würde, daß jemand, der in Österreich geboren wird und dessen Eltern schon in Österreich geboren wurden, in Österreich immer noch Ausländer ist.

Wir produzieren ständig neue Ausländer, wenn die Kinder von Menschen, die in Österreich geboren sind, immer noch Ausländer sind. Was bin ich denn für ein Ausländer, wenn meine Eltern schon in Österreich geboren sind und ich dann nur deshalb, weil meine Eltern keinen österreichischen Reisepaß haben, Ausländer bin und damit von demokratischen Entscheidungsprozessen ausgegrenzt werde und nicht die gleichen Möglichkeiten wie Inländer habe?

Das sind die Überlegungen, Herr Bundesminister, die da anzustellen sind! (Zwischenbemerkung des Bundesministers Mag. Schlögl. ) Es tut mir leid, daß ich Sie anrede, aber Sie haben die Regierungsvorlage vorgeschlagen. Herr Dr. Khol hat anscheinend den Saal verlassen. Ah nein, er ist noch da! (Abg. Dr. Khol steht bei den Bänken links vom Präsidium und ist in ein Gespräch vertieft.) Er spricht hoffentlich zum Thema. (Abg. Schaffenrath: Ich glaube, er schämt sich!)

Es stimmt möglicherweise, daß sich die ÖVP in allen Punkten durchgesetzt hat, wie sie es ja lautstark verkündet hat. Für mich bedeutet inhaltlich die Tatsache, daß sich die ÖVP in allen Punkten durchgesetzt hat, daß sie in Wahrheit steigbügelhalterisch der FPÖ die Möglichkeit geboten hat, eine der letzten, noch nicht erfüllten Forderungen des Ausländervolksbegehrens der FPÖ durchzusetzen, nämlich die Forderung "Österreich ist kein Einwanderungsland" wieder ein Stück wahrer zu machen, indem man den Zugang zur Staatsbürgerschaft nicht erleichtert, sondern striktest verschärft.

Damit komme ich zum Stichwort "Deutschkenntnisse" und zu Ihrem Slogan "Integration statt Neuzuzug", Herr Bundesminister.

Herr Bundesminister! "Integration statt Neuzuzug", dieser Slogan steht sozusagen im Raum. – Selbstverständlich möchte ich, daß für jene, die schon mit uns leben, die nach Österreich gekommen sind, um quasi bei uns den Rest ihres Lebens zu verbringen, Maßnahmen gesetzt werden, mit welchen wir sie unterstützen. Aber wenn Sie, Herr Bundesminister, Ihrem eigenen Slogan treu gewesen wären, dann hätten Sie eine ganz andere Novelle vorlegen müssen, dann hätten Sie nämlich jene Punkte, die der Integration statt dem Neuzuzug dienen, in das Gesetz aufnehmen müssen. Statt dessen hat man folgendes hineingeschrieben: "Entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache sind zwingende Voraussetzungen beim Erwerb der Staatsbürgerschaft." (Abg. Großruck: Richtig!)

Jeder, der behaupten würde, nicht Deutsch zu können sei kein Nachteil, wäre ja ziemlich realitätsfern. Jedem Menschen, der in Österreich lebt, kann man nur sagen: Lerne Deutsch oder beherrsche die deutsche Sprache, denn es erleichtert dein Leben ungemein!, ob das jetzt sogenannte Inländer oder Ausländer betrifft (Abg. Scheibner: Was heißt "sogenannte"?), denn 400 000 Österreicher leben nicht im Inland, sondern im Ausland.


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Die Tatsache, daß Großeltern einen österreichischen Reisepaß haben, aber irgendwo anders leben, bewegt Österreich nicht dazu, ihnen die österreichische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Ganz im Gegenteil: Selbstverständlich dürfen sie sie behalten! Ob sie ein Wort Deutsch können, prüft selbstverständlich – sinnvollerweise, sage ich – niemand nach. Ob sie wissen, wieviel Quadratkilometer der Attersee hat, was eine Frage bei Staatsbürgerschaftsverleihungen in Oberösterreich ist, prüft selbstverständlich niemand nach, denn sie sind ja von Geburt an Österreicher.

Genau dieses Recht, wenn Sie es so wollen, diese Gleichbehandlung wäre doch auch für Menschen, die tatsächlich in Österreich leben, vorstellbar. Aber was macht man in Österreich? – In Österreich operiert man in dem neuen Gesetz mit unbestimmtem Gesetzesbegriff, der da lautet: "entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache". Was ist das eigentlich? – Entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache können sein: Orthographie fehlerfrei, richtiges Deutsch in Wort und Schrift sozusagen. Ich würde von mir nicht behaupten, daß ich das absolut fehlerfrei kann. Wirklich nicht! (Abg. Kiss: Du bist ja eine Kroatin!) Ich würde meinen, daß kaum jemand hier im Raum die deutsche Rechtschreibung komplett beherrscht, vor allem in Zeiten der Rechtschreibreform. Das kann man subsumieren unter "entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache". Aber es bleibt dem einzelnen Beamten in der Behörde überlassen, zu entscheiden, was "entsprechend" ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht nur, daß sich der Verdacht in mir immer mehr nährt, daß diese Unbestimmtheit dem Legalitätsprinzip der Verfassung nicht entspricht – das ist ja nur ein Aspekt –, kommt noch die Befürchtung dazu, daß der Willkür bei dieser Entscheidung Tür und Tor geöffnet wird. Das entspringt, Herr Bundesminister, keiner wilden Phantasie von mir, sondern den Erfahrungen, die im Staatsbürgerschaftsverleihungsverfahren in den letzten Jahren gewonnen wurden. Was das Ausmaß der Integration der Fremden ist, von der man sich leiten lassen soll, ist ein ähnlich unbestimmter Terminus, der Bestandteil dieses Gesetzes ist.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Weil sich meine Zeit schon dem Ende zuneigt, obwohl ich glaube, daß ich noch ein paar Minuten Redezeit hätte, möchte ich jetzt zusammenfassen, was für mich die wesentlichsten Punkte einer Reform des Staatsbürgerschaftswesens wären:

Erstens: Der Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft soll insgesamt erleichtert und gleichzeitig bundeseinheitlich geregelt werden. Beides trifft in dieser Gesetzesänderung nicht zu! (Abg. Kiss: Wie würde der aussehen?)

Zweitens: Es wäre – und das halte ich für eine zentrale Forderung! – der Rechtsanspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft bei Wohlverhalten nach 10 Jahren – bisher nach 30 Jahren – zuzuerkennen. Es bleibt jedoch beim alten Gesetz! (Abg. Kiss: Der Rechtsanspruch?)

Drittens: ZuwanderInnen soll in der zweiten und in der dritten Generation entweder die Optionsmöglichkeit bei Volljährigkeit gegeben werden – darüber gibt es in Deutschland eine große Diskussion – oder einfach bei Volljährigkeit der Rechtsanspruch auf die Doppelstaatsbürgerschaft, wie das beispielsweise in Frankreich der Fall ist.

Viertens: Es soll die Möglichkeit der Beibehaltung der bisherigen Staatsbürgerschaft geschaffen werden, was heißt, daß es möglich sein soll, eine Doppelstaatsbürgerschaft zu erwerben. Weiters soll die Regelung über die Fristen auf ein europäisches Niveau gehoben werden, was bedeutet, daß sie gesenkt werden sollen.

All diese Punkte, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind nicht erfüllt worden. Nicht einmal jene Ankündigung wurde realisiert – und diese habe ich sehr ernst genommen –, die von Herrn Professor Dr. Khol, Klubobmann der ÖVP, in einem Hearing mit Experten, das der grüne Klub hier im Parlament veranstaltet hat, gemacht wurde, in welcher er sehr sensibel auf folgende Frage reagiert hat: Ja können wir nicht wenigstens alten Menschen, über 60jährigen – es gibt ja auch 70jährige und noch ältere Menschen, die die Staatsbürgerschaft in Österreich anstreben beziehungsweise bekommen wollen; in der Regel sind das Flüchtlinge, weil es keine Zuwanderer nach Österreich gibt, die 70 Jahre alt sind –, die Last der Sprachtests und der Prüfungen ersparen?


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Denn das ist etwas, Herr Bundesminister, was es in allen sogenannten Einwanderungsländern, die auch einbürgern, gibt: daß alte Menschen entsprechende Kenntnisse der Sprache nicht nachzuweisen brauchen. Nirgendwo im Gesetz steht, daß jemand ohne Kenntnis der deutschen Sprache die Staatsbürgerschaft bekommen soll. Denn man würde ja nicht hineinschreiben "entsprechende Kenntnisse", wenn es auch ohne diesen Nachweis möglich sein sollte, diesen Zugang zu bekommen.

Ich halte das nicht für eine weltfremde Forderung der Grünen, sondern das ist eine geltende Regelung in jedem zivilisierten Land. Und dafür ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): ..., Herr Bundesminister, möchte ich die Kolleginnen und Kollegen um Unterstützung bitten, damit wenigstens ein Funken an humaner und damit auch rechtsstaatlichen Prinzipien eher entsprechender Regelung in dieser Novelle übrigbleibt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

18.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Anton Gaál. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.21

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn heute in einem Redebeitrag gesagt wurde – Dr. Kier war es vorhin, glaube ich, der das gesagt hat –, daß Integration für uns nur ein Schlagwort ist, so möchte ich schon festhalten – und die Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes zeigt es –, daß Integration vor Zuwanderung geht. Bei all dem Gescheiten, das du hier gesagt hast, möchte ich schon betonen, daß für uns – und die Novelle zeigt das auch – diese Integration eine Verpflichtung ist, der wir uns bemühen, tagtäglich gerecht zu werden.

Wenn man die bisherige Vorgangsweise ... (Abg. Dr. Kier: Aber nicht in der Novelle, sondern außerhalb der Novelle!) Nein, ich glaube, wenn man es genau liest und die Sache ein bißchen positiv sieht – bei aller konstruktiven Kritik, die gerade von deiner Seite gekommen ist und die ich persönlich und meine Freunde sehr ernst nehmen –, muß man schon sagen, daß man an der bisherigen Vorgangsweise sehen kann, daß man bei der Vollziehung des Gesetzes mit sehr viel Augenmaß und Verantwortungsbewußtsein vorgegangen ist, weil im gleichen Maße die Interessen der Österreicher und der Ausländer berücksichtigt worden sind.

Schon das bisher geltende Staatsbürgerschaftsgesetz, meine Damen und Herren, hat sich in der Vergangenheit sehr bewährt. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, kann ich schon sagen, daß wir da europaweit auf eine sehr erfolgreiche und anerkannte Politik verweisen können. Die heute zu beschließende Regierungsvorlage beweist, daß wir diese bewährte Politik fortsetzen wollen, denn, wie gesagt, das Gesetz nimmt Rücksicht auf die Interessen der österreichischen Bevölkerung und kommt gleichzeitig auch den Menschen, den Bedürfnissen der Menschen entgegen, die in Österreich eine neue Heimat gefunden haben.

Unserer Meinung nach liegen die Hauptpunkte für die Reform in der Vereinheitlichung der Zugangszeiten im Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, und dem haben wir Rechnung zu tragen, denn die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ist unserer Auffassung nach nicht nur einer von vielen Schritten einer erfolgreichen Integration, sondern der letzte, und wir sehen wirklich keinen Grund, von der bisher geübten Praxis abzugehen. Daher werden auch Doppelstaatsbürgerschaften wie bisher nur in Ausnahmefällen verliehen werden, sie sollen nicht zum Regelfall werden.

Was die vielzitierten Sprachkenntnisse betrifft, meine Damen und Herren, so hat hier nicht der eine über den anderen gesiegt, sondern wir haben in der Regierungskoalition einen sehr gesunden Kompromiß gefunden, mit dem es sich im wahrsten Sinne des Wortes auch leben läßt, denn das Maß für die Kriterien für die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist die Integration der Fremden, und ein wichtiges Integrationsmerkmal sind eben auch die Deutschkenntnisse, denen


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hier ein besonderes Gewicht zukommt. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben ja gezeigt, meine Damen und Herren, daß mangelnde Sprachkenntnisse eines der größten Integrationshindernisse darstellen. Daher meinen wir, daß gerade die Sprachkenntnisse nicht das Problem sein dürfen, sondern das Indiz für die Integration sein müssen.

Wir glauben daher, daß in bezug auf die Sprachbeherrschung in diesem Gesetz eine akzeptable Lösung gefunden werden konnte. Es wird weder eine Prüfung in Staatsbürgerkunde geben, noch wird die deutsche Sprache geprüft, sondern es geht ganz einfach um den Nachweis der deutschen Sprache. Daran werden wir auch festhalten, denn all jene unter uns, die sich mit diesem Problem und mit diesen Fragen beschäftigen – ich komme aus einem Bezirk, in dem wir, was die absoluten Zahlen betrifft, glaube ich, die meisten Ausländer in dieser Stadt haben, und meine Kollegin Fuchs wird das bestätigen –, wissen, daß es hier Probleme gibt. Diese Probleme sind politisch lösbar, und wir werden sie gemeinsam lösen.

Ich hoffe, daß Sie da einen Beitrag leisten, denn uns geht es um einen respektvollen und fairen Umgang mit allen fremden Menschen in unserem Land, und wir werden auch in Zukunft daran festhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Staatsbürgerschaftsgesetz hat hier das Miteinander zum Ziel. Bemühen wir uns doch um ein Zusammenleben, das möglichst ohne Konfrontationen abläuft und das von gegenseitigem Respekt getragen ist. Zuwanderung soll ganz einfach nicht passieren, sondern soll geregelt sein. Das Staatsbürgerschaftsgesetz, das wir heute hier zu beschließen haben, ist für mich ein Pakt für Fairneß und Anständigkeit und findet daher unsere volle Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

18.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.27

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Bezug nehmend auf die Wortmeldung des Herrn Kollegen Leikam: Bitte nehmen Sie endlich einmal zur Kenntnis, daß wir uns durch Ihre altbekannte Methode, die Freiheitlichen zu diffamieren, wenn Ihnen ihre Meinung nicht paßt, nicht einschüchtern lassen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nehmen Sie weiters zur Kenntnis, daß wir uns nicht mundtot machen lassen, wenn wir die Interessen der Österreicher vertreten (ironische Heiterkeit des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer ), wenn Sie uns vorwerfen, daß wir Fremdenhasser sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden uns das ganz einfach nicht gefallen lassen, und es stimmt auch überhaupt nicht. Wir lassen uns nicht verbieten, in der Fremdenpolitik andere Ziele zu haben als Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, und zwar im Interesse der Österreicher. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Der ehrlichen und anständigen!)

Eines möchte ich noch sagen: Ihre Kurzsichtigkeit und Ihre Einseitigkeit in Fremdenangelegenheiten sind ja wirklich zum Himmel schreiend. Wenn Sie, Herr Kollege Leikam, meinen, daß der Zuzug von 50 000 Arbeitskräften aus dem Ausland, die bereit sind, zu Billigstpreisen zu arbeiten, keinen Einfluß auf den Arbeitsmarkt hätte, dann sind Sie ein weltfremder Träumer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wissen Sie, es wäre doch viel besser, wenn Sie es zugeben würden, dann könnte man nämlich klar darüber diskutieren, dann könnte man sagen: Was kann man dagegen tun? (Abg. Leikam: Sie brauchen nur Ihre Kollegen zu fragen, die Ausländer beschäftigen. Fragen Sie Ihre Kollegen! Das ist ja nicht so schwierig! Es gibt ja genügend!) Aber zu sagen, daß es keinen Einfluß habe, wenn 50 000 Bosnier auf den Arbeitsmarkt zugezogen sind, das, muß ich sagen, ist absurd! (Abg. Leikam: Es gibt genügend Leute in Ihren Reihen!)


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Herr Kollege Großruck – ich weiß nicht, ob er da ist oder nicht – hat sich lustig gemacht über Herrn Kollegen Jung und ihn als angstvoll hingestellt, so, als ob er sich fürchten würde vor Ausländern. Er hat ihn lächerlich gemacht. (Abg. Kiss: Nein, nein, das Gegenteil hat er gesagt!) Wissen Sie, wenn Herr Kollege Großruck im 15. Bezirk wohnen würde (Abg. Kiss: Er hat nur gesagt, daß hier jemand die Parole "Fürchtet Euch!" ausgegeben hat!) , wo bei einem Ausländerwahlrecht unter Umständen ein türkischer Bezirksvorsteher gewählt werden würde, weil dort so viele Ausländer sind, dann würde er anders reden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Großruck! Wenn Sie im 16. Bezirk wohnen würden, wo in bestimmten Gebieten 60 Prozent Ausländer wohnen, dann würden Sie wahrscheinlich über Kollegen Jung nicht mehr so lächerlich urteilen und vermuten, daß er Angst hätte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Fuchs: Das ist Verunsicherung!)

Ich sehe das schon ein: Wenn Sie aus den Bundesländern kommen, haben Sie wahrscheinlich eine andere Sicht der Dinge. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Aber gehen Sie einmal mit offenen Augen durch Wien, dann werden Sie sehen, was sich hier abspielt. Darunter leiden die Österreicher, und deshalb vertreten wir die Interessen der Österreicher. Das bitte ich Sie endlich einmal zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Staatsbürgerschaftsgesetz konkret: Der Herr Minister hat selbst im Ausschuß zugegeben, daß sich in den letzten Jahren die Zahl der Einbürgerungen verdoppelt hat. 1997 waren es 16 274 Einbürgerungen. In Wien, wo besonders leicht eingebürgert wird, waren es 8 600, wobei die meisten bei Unterschreitung der Wartefrist eingebürgert worden sind.

Frau Kollegin Stoisits! Wenn man in diesem Zusammenhang behauptet, daß Österreich nicht human ist, dann ist das genauso falsch wie die Kritik, die von Herrn Kollegen Leikam oder von Herrn Kollegen Großruck geübt wurde. Tatsächlich wird die Staatsbürgerschaftsverleihung ganz einfach zu großzügig gehandhabt. Daran üben wir Kritik. Wir sehen nicht ein, warum jemandem die Staatsbürgerschaft förmlich nachgeworfen werden soll, warum jemandem nach vier Jahren Aufenthalt die Staatsbürgerschaft verliehen werden soll. Da ist ganz einfach noch keine Integration erfolgt. Deshalb sagen wir, daß man die Wartefristen nicht unterschreiten sollte: Zehn Jahre Aufenthalt in Österreich, und dann soll sich jemand um die Staatsbürgerschaft bewerben. Das ist unsere Ansicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Stoisits ist leider nicht mehr da. Sie meint, die österreichische Staatsbürgerschaft soll nicht höher bewertet werden als andere Staatsbürgerschaften, vergleichsweise in Europa. Das ist schon richtig. Aber daß sich die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach den Kriterien der kleinsten Parlamentspartei – oder der zweitkleinsten Partei, der Liberalen – richten soll, das ist ebenfalls absurd. Es ist vielmehr notwendig, daß man auch die Meinung der größten Oppositionspartei hört. Wir vertreten ja immerhin eine Million Wähler, und diese sind nicht einverstanden damit, wie hier mit der österreichischen Staatsbürgerschaft umgegangen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Fuchs: Und die 7 Millionen anderen? – Abg. Scheibner: 4 Millionen! 8 Millionen Wähler haben wir nicht in Österreich!)

Ich muß mich leider kurz halten. Zu den Deutschkursen möchte ich nur eines sagen: Die Deutschkenntnisse sind jetzt als wichtiges Kriterium eingeführt worden, aber leider verabsäumen Sie, Herr Minister, daß wirklich überprüft wird – und zwar generell und in Österreich einheitlich –, ob diese Deutschkenntnisse tatsächlich vorhanden sind. Jetzt wird wahrscheinlich der Beamte fragen: "Wie geht’s Ihnen?", und der Staatsbürgerschaftswerber sagt: "Gut!", und schon sind die Deutschkenntnisse bestätigt worden. Wir verlangen, daß die Alltagssituationen gemeistert werden können. Ich glaube, es ist doch wirklich nicht zuviel verlangt, wenn man von jemandem, der das wertvolle Gut der Staatsbürgerschaft erwirbt, erwartet, daß er seine alltäglichen Handlungen problemlos in der Sprache jenes Landes meistert, von dem er die Staatsbürgerschaft erhalten hat. Wir sind nicht zufrieden mit dieser Regelung der Deutschkenntnisse und hätten uns etwas anderes vorgestellt. (Abg. Gradwohl: Kollegen Stadler mit seinen Zwischenrufen vielleicht?)


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Eine Vereinheitlichung der Fristen findet ebenfalls nicht statt, und die Scheinehenproblematik ist auch nicht gelöst. Wir werden dieser Regierungsvorlage nicht zustimmen, weil wir uns andere Kriterien für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorgestellt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.

18.33

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs ein paar Zahlen nennen, die mir wichtig erscheinen und die, glaube ich, auch deutlich symbolisieren, daß Österreich ein Land ist, in dem es in der Vergangenheit sehr wohl möglich war, die Staatsbürgerschaft zu erhalten, und in dem es auch möglich ist, die Staatsbürgerschaft in der Zukunft zu bekommen.

Ich gehe davon aus, daß jeder weiß, daß wir 8,1 Millionen Einwohner haben. Davon sind mit Mitte dieses Jahres rund 750 000 ausländische Mitbürger. Den größten Anteil stellen Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien mit rund 330 000 dar, den zweiten großen Anteil bilden Menschen aus der Türkei mit rund 140 000, gefolgt von der Europäischen Union mit 90 000, wobei der Hauptanteil, nämlich 61 000, aus Deutschland kommt. Zusätzlich haben wir in den letzten zehn Jahren etwas mehr als 100 000 Menschen die Möglichkeit gegeben, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Im letzten Jahr, 1997, waren es genau 16 274. Davon entfällt der Hauptanteil auf das Land Wien – das stimmt –, und zwar 8 600. Ich möchte aber klar sagen, daß nur 20 Prozent dieser 8 600, die in Wien die Staatsbürgerschaft verliehen bekommen haben, sie vorzeitig verliehen bekommen haben, also vor zehn Jahren Aufenthalt in Österreich. Der Großteil hat sie bekommen, weil er ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nach sechs Jahren!) Nein. Der Großteil hat sie bekommen, weil der oder die Betreffende entweder mit einem Österreicher oder mit einer Österreicherin die Ehe eingegangen ist – das waren 1 379 – oder weil sie auf eheliche oder uneheliche Kinder oder Minderjährige erstreckt worden ist – in 2 601 Fällen –, und 1 792 Menschen haben die Staatsbürgerschaft bekommen, weil sie hier zehn Jahre lang ihren Wohnsitz hatten. Das heißt also, es sind genau 1 680 Menschen gewesen, die die Staatsbürgerschaft vor diesen zehn Jahren bekommen haben. Ich glaube, diese Zahlen sind wichtig zur Argumentation gegenüber der Behauptung, daß man in Wien in der Vergangenheit angeblich die Staatsbürgerschaft nachgeschmissen bekommen hat. Das stimmt meiner Meinung nach keineswegs.

Ebensowenig stimmt es, Herr Abgeordneter Jung, daß die ausländischen Mitbürger, die wir in Österreich haben, in einem so hohen Ausmaß kriminell sind. Gerade das Gegenteil ist der Fall. (Abg. Jung: Bei bestimmten Delikten, habe ich gesagt!) Bitte? (Abg. Jung: Ich habe von bestimmten Delikten, die von Ausländern verübt werden, gesprochen!) Gerade im Gegenteil, Herr Abgeordneter! Es zeigt sich, daß diese 750 000 ausländischen Mitbürger, die wir in Österreich haben, deutlich weniger kriminell sind als die inländischen Mitbürger. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Ihr eigener Sicherheitsbericht sagt das Gegenteil!)

Was hingegen stimmt, Herr Abgeordneter Jung, ist die Fremdenkriminalität. Das sind die Menschen, die kurzfristig ... (Abg. Scheibner: Ihr eigener Sicherheitsbericht sagt das Gegenteil!) Ja, aber das muß man sehr genau formulieren, und das muß man meiner Meinung nach auch sehr, sehr genau unterscheiden. Es ist ein Unterschied, ob ich jemandem, der einige Jahre in Österreich lebt, aber nicht österreichischer Staatsbürger ist, vorwerfe, daß er kriminell ist, oder ob ich es jenen Bevölkerungsgruppen vorwerfe, die aus verschiedenen Gründen kurzfristig über die Grenze kommen, hier Straftaten begehen und dann Österreich wieder verlassen. Diese Fremdenkriminalität geht quer durch den Gemüsegarten der Straftatbestände (Abg. Smolle: Rosenstingl ist ein solcher ausländischer Krimineller in Brasilien!)  – das beginnt bei Schidiebstählen im Winter und endet bei spektakulären Tatbeständen, wie wir sie vor kurzem gehabt haben, als vorige Woche beispielsweise zwei Italiener ein Verkehrsbüro überfallen haben oder als ein Reisebus überfallen wurde. Das ist die Bandbreite der Delikte. Bei dieser Fremdenkriminalität haben wir einen deutlichen Zuwachs. Hier hatten wir Ende der achtziger Jahre einen Anteil von


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9 Prozent. Dieser ist im Jahr 1997 auf 20 Prozent gestiegen und bei den schweren Delikten auf 30 Prozent.

Für mich ist es sehr wichtig, daß man hier unterscheidet und feststellt, daß die ausländischen Mitbürger, die in diesem Land wohnen, die in diesem Land integriert werden möchten und die in diesem Land auch eine Heimat für die Zukunft sehen, deutlich weniger kriminell sind, als es die inländischen Mitbürger sind. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum, bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Scheibner: Wo steht das? – Abg. Tichy-Schreder: In allen Statistiken! – Abg. Leikam: Im Sicherheitsbericht!) Herr Abgeordneter, in jedem Sicherheitsbericht! In bin gerne bereit, Ihnen den Sicherheitsbericht aus dem Jahre 1996 zu geben. (Ruf bei den Freiheitlichen: Darin steht das genaue Gegenteil!) Nein, glauben Sie mir! Aber ich bin gerne bereit, mit Ihnen dann anschließend darüber zu diskutieren. (Abg. Scheibner: 180 000 haben Sie bewertet von den 750 000, und dort steht, daß die Kriminalität gleich ist! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ja, wirklich, das stimmt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Partik-Pablé: In den Vorurteilen seid ihr so ...!) Nein, wir arbeiten nicht mit Vorurteilen, aber Herr Abgeordneter Jung hat gesagt, daß die Fremdenkriminalität, die Ausländerkriminalität deutlich höher ist. Ich habe hier versucht, klar aufzuzeigen, daß man unterscheiden muß zwischen der Kriminalität der Menschen, die in Österreich leben und ausländische Mitbürger sind, und der Kriminalität von Fremden, die kurzfristig die Grenze wechseln, nach Österreich kommen, Straftatbestände setzen und dann wieder weggehen. (Abg. Scheibner: Das ist richtig!) Hier muß man unterscheiden. Was die Fremdenkriminalität betrifft, so ist sie deutlich höher als bei den inländischen Mitbürgern. Die ausländischen Mitbürger, die hier wohnen, haben hingegen eine deutlich geringere Kriminalität. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist falsch! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein, das ist nicht richtig!) Dann schauen wir uns das gemeinsam an.

Für mich ist auch nicht richtig, was Frau Abgeordnete Stoisits gesagt hat: daß dieses Gesetz eine Verschlechterung ist, daß dieses Gesetz in der Zukunft die Staatsbürgerschaft restriktiv auslegt. Für mich stimmt auch nicht, daß es keine Reform und ausschließlich eine Verschlechterung ist. Ich billige zu, daß ich gerne andere Fristen gehabt hätte. Es gibt einen von meinem Ministerium ausgearbeiteten ersten Gesetzentwurf, in dem die Fristen von zehn Jahren deutlich gesenkt worden wären auf acht Jahre und in dem der Rechtsanspruch von 30 Jahren auf 15 Jahre reduziert worden wäre. Das waren Fristen, mit denen ich mit dem Koalitionspartner und mit den neun Ländern in die erste Verhandlungsrunde gegangen bin.

Wir haben vor allem aufgrund des Widerstandes der neun Länder, die sehr klar für die Beibehaltung der Zehnjahresfrist gewesen sind, das als Mindestfrist zur Kenntnis genommen. Wir haben aber deutlich gesagt, unter welchen Umständen es möglich ist, daß man bereits vor dem Ablauf von zehn Jahren die Staatsbürgerschaft erwerben kann.

Frau Abgeordnete Stoisits! Da sind einige Dinge dabei, die, glaube ich, ermöglichen, daß sehr viele ausländische Mitbürger, die in Österreich leben, die Staatsbürgerschaft erlangen können, bevor sie zehn Jahre lang den Hauptwohnsitz in Österreich hatten.

Erstens können alle Menschen, die Flüchtlinge sind, die Asyl gewährt bekommen haben, bereits nach vier Jahren die Staatsbürgerschaft erwerben. (Abg. Mag. Stoisits: Das ist bis jetzt auch so!) Das ist eine deutliche Verbesserung.

Zweitens: Es können alle, die in Österreich geboren sind, bereits nach sechs Jahren die Staatsbürgerschaft erwerben.

Drittens: Es können alle, die nachhaltig persönlich und beruflich integriert sind, nach sechs Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben. Das ist künftig in allen neun Bundesländern einheitlich so, und ich meine, das ist ein deutlicher Fortschritt.

Darüber hinaus ist es mir auch wichtig zu sagen, daß es für Minderjährige, die in der zweiten oder dritten Generation in Österreich leben, die Möglichkeit gibt, bereits mit dem 14. Lebensjahr um die österreichische Staatsbürgerschaft anzusuchen. Und wenn sie vier Jahre in diesem Land


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gelebt haben, haben sie den Anspruch – auch gegen den Willen der eigenen Eltern, falls das der Fall sein sollte –, die österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen. Was heißt das? – Ich glaube, wir haben eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, die ermöglichen, daß man deutlich vor der Zehnjahresgrenze die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben kann.

Weiters haben wir uns bemüht, die Kosten für den Erwerb der Staatsbürgerschaft deutlich zu senken, indem wir den Nachweis für das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatenverband so geändert haben, daß man nur alles Zumutbare getan haben muß, um aus dem bisherigen Staatsverband ausscheiden zu können. Das wird garantieren, daß es zu keinen hohen Abschlagszahlungen mehr kommt, wie das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. (Abg. Leikam: Das nehmen Sie auch nicht zur Kenntnis?)

Was für mich auch sehr wichtig ist, ist die Frage der Kriminalität und der drei Monate Haft. Eine vorsätzlich begangene Straftat, die mit mehr als drei Monaten Haft bestraft wurde, stellt ein Hindernis für die Verleihung der Staatsbürgerschaft dar. Das heißt also nicht, daß das für eine Straftat gilt, für die das Strafausmaß per Gesetz drei Monate beträgt, sondern daß tatsächlich eine Strafe im Ausmaß von mehr als drei Monaten verhängt worden ist. (Abg. Dr. Kier: Auch bedingt!)

Die Diskussion über die Frage des Vorbehaltes ist im Ausschuß sehr emotionell geführt worden. Ich möchte das alles hier nicht noch einmal wiederholen. Ich glaube, daß es aufgrund der Rechtslage sehr wohl sehr viele gute Gründe dafür gibt, daß man diesen Vorbehalt namhaft gemacht hat. Und ich möchte hier klar sagen, daß es wichtig und richtig ist, daß ein uneheliches Kind nicht automatisch die Staatsbürgerschaft des Vaters erhält. Was wäre beispielsweise, wenn ein österreichischer Staatsbürger in ein fremdes Land fährt und dort ein Kind zeugt? Man kann doch nicht diesem Kind automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft geben.

Ich glaube aber, daß man diesen Vorbehalt nochmals rechtlich prüfen sollte. Ich habe deshalb den Auftrag gegeben, zu untersuchen, ob bei der Beibehaltung des derzeit geltenden Rechts die Aufrechterhaltung dieses Vorbehalts durch Österreich notwendig ist. Falls die rechtliche Prüfung zu dem Ergebnis kommt, daß dieser Vorbehalt nicht aufrechterhalten werden muß, werde ich der Bundesregierung vorschlagen, daß dieser Vorbehalt zurückgezogen wird.

Das heißt zusammengefaßt, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß diese vorliegende Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz ein gelungener Kompromiß zwischen den Interessen und Bedürfnissen der neun Bundesländer und des Bundes ist. Sie ist meiner Meinung nach eine Novelle, die dazu beiträgt, daß die Integration der Menschen, die in Österreich leben, die österreichische Staatsbürger werden, erleichtert wird, sie ist eine Novelle, die transparent ist, die eine Verkürzung der Fristen bringt und die dazu beitragen wird, daß viele ausländische Mitbürger in den nächsten Jahren einen leichteren, besseren, schnelleren und gerechteren Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft haben werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Platter.

18.45

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Ich akzeptiere zweifellos Ihre Aussage, daß Sie die Interessen der Österreicher vertreten möchten. Aber bitte akzeptieren Sie auch, daß wir das ebenfalls mit Weitblick und mit einem besonderen Engagement tun. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr.  Partik-Pablé: Sie möchten, wir tun!)

Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Sie haben Kollegen Großruck falsch zitiert. Sie haben gemeint, Kollege Großruck habe in seinem heutigen Debattenbeitrag gesagt, daß Ihr Chef vermutlich heute in der Früh die Parole ausgegeben habe: Fürchtet euch! Kollege Großruck hat aber gesagt, er wird die Parole ausgegeben haben: Fürchtet euch vor den bösen Ausländern! – Lieber Kollege Großruck! Ich glaube, du hast gemeint, daß wir solch eine Politik zweifellos nicht mitvertreten können. (Beifall bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Ich möchte etwas anders argumentieren. Wir leben in einem äußerst schönen Land, einem Land, in dem man sich zweifellos wohl fühlt, in dem man sich sicher fühlt, einem Land, in dem die Lebensbedingungen sicherlich sehr angenehm sind. (Abg. Mag. Peter: In dem man Urlaub macht!) Eine Staatsbürgerschaft unseres Landes Österreich zu besitzen ist etwas Besonderes. Die österreichische Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut – Frau Abgeordnete Stoisits, Sie haben das selbst gesagt –, und dieses hohe Gut ist zweifellos zu verteidigen.

Meine Damen und Herren! Es sind daher klare und für alle Bundesländer gleiche Voraussetzungen für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft erforderlich. Wenn heute, meine Damen und Herren, das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert werden soll, dann freue ich mich darüber. Ich freue mich, daß die Voraussetzungen für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft grundlegend verschärft werden. Ich bekenne mich zum Unterschied von den Grünen und den Liberalen dazu, daß diese Verschärfung nun eintreten wird.

Neben den einzuhaltenden Fristen sind für mich die wichtigste Voraussetzung für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache. Das bedeutet nicht nur eine Verschärfung des österreichischen Staatsbürgerschaftsrechts, diese Kenntnisse sind vielmehr notwendig für eine vernünftige Integration. Daher ist dieser Passus im Gesetz schon längst überfällig.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß der Koalitionspartner dieser ÖVP-Forderung schlußendlich zugestimmt hat. Ich gebe gerne zu, daß Herr Innenminister Schlögl bei den Verhandlungen unsere Forderung nach grundlegenden Kenntnissen der deutschen Sprache eigentlich rasch akzeptiert hat. Da spürt man, daß der Herr Innenminister viele Jahre lang Bürgermeister war und die Empfindungen der Bürger kennt. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es gibt einige Punkte, die im Staatsbürgerschaftsrecht geändert werden und die ich als erfreulich bezeichnen möchte.

Erster Punkt: Der Rechtsanspruch nach 30 Jahren bleibt aufrecht, und es erscheint mir auch sehr wesentlich, daß die Zehnjahresfrist trotz anderslautenden Bestrebungen grundsätzlich aufrechtbleibt.

Zweiter Punkt: Bei besonderen Leistungen auf wissenschaftlichem, wirtschaftlichem, künstlerischem und sportlichem Gebiet wird die Frist von derzeit vier auf sechs Jahre angehoben. Das soll nun bundeseinheitlich erfolgen. Das ist eine deutliche Verschärfung dieses Gesetzes, das gebe ich zu. Die unterschiedliche Vorgangsweise der Bundesländer kann damit unterbunden werden.

Dritter Punkt: Eine weitere Verschärfung des Staatsbürgerschaftsrechts ist natürlich auch, daß künftig ein Verleihungshindernis gegeben ist, wenn jemand wegen einer Vorsatztat zu drei Monaten Haft rechtskräftig verurteilt wurde – früher waren es sechs Monate.

Meine Damen und Herren! Alles in allem ist das eine gute Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes. Ich bedanke mich beim Herrn Minister und beim Koalitionspartner, daß unsere guten Argumente akzeptiert wurden, und ich wünsche mir, daß eine möglichst große Mehrheit dem neuen, schärferen Staatsbürgerschaftsrecht die Zustimmung erteilen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Scheibner gemeldet. – Bitte sehr.

18.50

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Innenminister hat in seiner Replik auf Abgeordneten Jung behauptet, daß die Kriminalität bei länger in Österreich aufhältigen Ausländern, also bei Gastarbeitern, wesentlich niedriger ist, wie er wörtlich gesagt hat, als bei den vergleichbaren Inländern. Diese Behauptung ist unrichtig. (Abg. Smolle: Das stimmt! Das stimmt!)


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Ich zitiere aus dem Sicherheitsbericht 1996, in dem noch gerühmt wird, daß man jetzt aufgrund anderer Vergleichszahlen zu einer differenzierteren Bewertung dieser Zahlen kommt. Es heißt da auf Seite 135: "Auf Grund der nunmehr vorliegenden, wesentlich differenzierteren statistischen Daten läßt sich ... feststellen, daß die Kriminalitätsbelastung der männlichen Gastarbeiter von 19 bis unter 40 Jahren im Rahmen der Verbrechen gegen Leib und Leben, gegen fremdes Vermögen, gegen die Sittlichkeit, der Delikte gegen die Sittlichkeit und der Verbrechen insgesamt etwas höher ist als jene der österreichischen Wohnbevölkerung ...". (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Salzl: Der Minister kennt seinen eigenen Bericht nicht!)

18.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lafer. – Bitte.

18.51

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zu Beginn meiner Rede, Herr Bundesminister, möchte ich auf eine Zahl eingehen, die Sie schon im Ausschuß erwähnt haben, und zwar auf die angeblich 8 000 Einbürgerungen in Wien. Aufgrund einer Nachfrage beim Österreichischen Statistischen Zentralamt mit heutigem Datum möchte ich Ihnen mitteilen, daß es in Wien im Jahre 1997 9 012 Einbürgerungen gegeben hat und 3 478 Ausländergeburten. Das sind insgesamt 12 490 Personen. Dem stehen genau 12 025 Inländergeburten gegenüber. Das heißt, aus dieser Sicht ist der Anteil der Ausländer wesentlich vor jenem der Inländer. Ich möchte fast behaupten, das gleicht schon einer Umvolkung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Einer was ? Einer was, Herr Kollege? Schämen Sie sich für das Wort! – Anhaltende Zwischenrufe.)

Zum zweiten. Herr Kollege Leikam! Wenn Sie hier vom Rednerpult aus in Richtung der Freiheitlichen Partei ... (Abg. Smolle: Das ist ja empörend! – Abg. Leikam: Sie haben überhaupt keinen Charakter!) Der Vergleich darf zulässig sein – Behauptungen wurden nicht aufgestellt! (Abg. Leikam: Das ist doch unglaublich! – Abg. Smolle: Herr Präsident! Das geht doch nicht! Diesen Ausdruck wollen wir im Parlament nicht! – Weitere heftige Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist der Redner! – Bitte setzen Sie fort. (Weiterhin anhaltende Zwischenrufe.)

Ich unterbreche die Sitzung auf eine Minute.

(Die Sitzung wird um 18.53 Uhr unterbrochen und um 18.54 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren, wir werden diese Sitzung korrekt weiterführen.

Am Wort ist Herr Abgeordneter Lafer.

Abgeordneter Franz Lafer (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Nachdem ich vom Herrn Präsidenten auf einen Umstand aufmerksam gemacht worden bin, ziehe ich diesen Ausdruck zurück. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle. ) Ich fahre in meiner Rede fort. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege Leikam! Wenn Sie als Vorsitzender des Innenausschusses die Freiheitlichen hier vom Rednerpult aus mit Fremdenhaß und ähnlichem beflegeln (Abg. Leikam: Das ist doch der Beweis!), dann frage ich mich schon, wo hier die Gerechtigkeit bleibt. Sie dürfen solche Dinge machen, und die Freiheitlichen werden wegen jeder Aussage, die natürlich immer anders bewertet wird, zurechtgewiesen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Wie wollen Sie diesen Ausdruck bezeichnen? – Anhaltende Zwischenrufe.)

Aber ich möchte noch ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie wirklich, sich zu beruhigen. Wenn sich ein Redner eines Ausdrucks bedient, den er nachher zurückzieht, dann haben wir das immer akzeptiert. Anderes als dieses eine Wort habe ich nicht gehört. Wenn ich etwas überhört haben sollte, dann bitte ich um Entschuldigung, das könnte mir natürlich passieren.


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Aber dieses Wort ist mit dem Ausdruck des Bedauerns zurückgezogen worden, und jetzt ist der Redner am Wort. (Abg. Dr. Mertel: Er hat nichts bedauert! – Ruf bei der ÖVP: Bedauert hat er es nicht, leider!)

Abgeordneter Franz Lafer (fortsetzend): Ich möchte trotzdem noch einige Anmerkungen zum Staatsbürgerschaftsgesetz machen.

Wenn es von seiten der ÖVP jetzt heißt, daß die Novelle genau ihre Vorgaben beinhaltet, und sie sich bei der SPÖ dafür bedankt, daß ihre Forderungen übernommen worden sind, dann muß man dazu schon sagen – besonders in bezug auf die Grundregeln hinsichtlich der Bedachtnahme auf die entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache –, daß das nicht stimmt.

Im Antrag des Abgeordneten Großruck heißt es: ... in die Lebensverhältnisse im Land nicht oder nur unzureichend eingegliedert hat, er die Landessprache in Wort und Schrift nicht oder nur unzureichend beherrscht, der Fremde erfolgreiche Integrationsschulungen besucht hat ... – Das ist jedoch nicht mehr der Inhalt der Regierungsvorlage, wie sie heute hier auf dem Tisch liegt.

Ich behaupte also, wie ich es auch in meinem Debattenbeitrag zum vorhergehenden Tagesordnungspunkt getan habe: Auch da wurde Kollege Großruck wieder über den Tisch gezogen, um den Intentionen der SPÖ nachzugeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dieser Ihrer Forderung, die Sie schwarz auf weiß vorgelegt haben, könnte man durchaus einiges abgewinnen. Aber diese Handlungsweise ist nicht jene der Freiheitlichen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Großruck: Bei uns gibt es nicht nur entweder – oder, sondern sowohl – als auch!)

18.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. – Bitte.

18.57

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Lafer! Wenn Sie das Wort von der Umvolkung bewußt in den Mund genommen haben, so ist das verwerflich und bedauerlich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Wenn Sie es aber unbewußt getan haben, dann zeigt mir das, was in Ihrem Kopf drinnen ist – und das ist erst recht bedauerlich, glauben Sie mir das! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Smolle und Dr. Gabriela Moser . – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das zeigt gar nichts!)

Es zeigt mir nämlich, wie manche Funktionäre der Freiheitlichen Partei möglicherweise instrumentalisiert werden, in eine bestimmte Richtung hin zu denken, zu fühlen, zu handeln und zu argumentieren, Rassismus in dieses Land und damit auch in dieses Haus hineinzubringen. Das lehne ich ab, das lehnen wir ab! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Smolle. )

Daß die Staatsbürgerschaftsgesetznovelle natürlich ein vortrefflicher Boden ist, um in diese Richtung hin zu argumentieren, das zeigt ja die kontroversielle Diskussion, die wir jetzt zu diesem ... (Abg. Mag. Schweitzer: Bei den Scientologen wird instrumentalisiert, Kollege!) Ja, ja, selbstverständlich! Das zeigt ja diese kontroversielle Diskussion, die Beiträge, die gebracht worden sind, vor allem die verschiedenen Standpunkte der verschiedenen Parteien. Diese klaffen natürlich weit auseinander.

Was wesentlich ist, was zählt, ist, daß die Regierungskoalition eine Novelle eingebracht hat, eine Novelle mit Augenmaß, mit Vernunft, eine Novelle, die genau das bringt, was wir uns als Österreicher für die Österreicher einerseits, andererseits aber auch für jene Ausländer, die Österreicher werden wollen, wünschen: mit Maß, mit Ziel, vor allem mit Vernunft durchdachte Überlegungen, wie wir einen Ausländer Österreicher werden lassen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Wir von der Österreichischen Volkspartei haben drei Ziele gehabt:

Erstens: Wir waren in Absprache mit den Ländern der Meinung, daß vieles nicht im Lot ist. Wir hatten fast das Gefühl, daß es neun verschiedene Staatsbürgerschaftsrechte in Österreich gibt. Das kann nicht Sinn eines Rechts sein, das auf Bundesebene vorgegeben wird!


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Zum zweiten: Wir haben das Gefühl gehabt, daß es sehr unterschiedliche Vorgangsweisen hinsichtlich der Verleihung der Staatsbürgerschaft gibt. In einem Land ist es sehr restriktiv zugegangen, in einem anderen Bundesland dafür sehr großzügig.

Zwei Beispiele: Im Burgenland hat es im Vorjahr 183 Verleihungen der Staatsbürgerschaft gegeben, in Wien waren es 8 600. Zur Relation: Das Burgenland hat 300 000 Einwohner, Wien hat 1,5 Millionen Einwohner.

Jetzt gebe ich schon zu, daß Wien natürlich ansaugt, daß Wien als urbane Stätte viel, viel mehr Sogkraft hat als das Burgenland, aber dennoch ist dieses Verhältnis von Einwohnerzahl – fünfmal mehr Wiener – zu Bevölkerungszahl in bezug auf die Staatsbürgerschaft – 47mal mehr Verleihungen – eine Mißrelation.

Zum dritten – ein wesentlicher Bereich; ich glaube, das ist auch bedeutsam gewesen –: Wir waren der Meinung, daß die Staatsbürgerschaft ein hohes ideelles Gut ist. Dieses hohe ideelle Gut wird durch diese Novelle begründet. Wir sind der Meinung, daß damit ein gutes Gesetz geschaffen wurde, das Ausländern die Möglichkeit bietet, Österreicher zu werden, und daß damit das Motto dieser Regierungskoalition, dem sich der Herr Minister verschrieben hat, dem wir uns verschrieben haben, nämlich Integration vor Neuzuzug, genau durchdacht und auch in der Praxis gelebt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Dr. Partik-Pablé vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.0


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1

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir haben jetzt wieder einmal gesehen, daß Sie es ganz einfach nicht akzeptieren wollen, daß wir eine andere politische Meinung haben. (Abg. Grabner: Eh nicht!) Ich glaube, das müßten Sie endlich einmal akzeptieren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Aber wir haben das ja schon gesehen bei der Rede des Kollegen Jung. Sie sind auch über den Kollegen Jung hergefallen, weil er eine andere Meinung gehabt hat als Sie. Es muß doch in einem Parlament möglich sein, daß jemand – auch in einer so sensiblen Sache wie dem Fremdenrecht – eine andere Meinung vertritt. Sie wollen jeden mundtot machen, der eine andere Meinung vertritt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Nur die Worte!) Und das ist das Verwerfliche.

Sie sind immer diejenigen, die nach der Political correctness handeln wollen. (Abg. Schieder: Das ist keine Schande!) Sie wissen immer, was richtig ist, was anständig ist, was fair ist. Aber in der Praxis sind Sie meilenweit davon entfernt, political correct zu sein. Das möchte ich Ihnen sagen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Smolle. )

Sie glauben, Sie können sanktionslos unseren Obmann als "Führer" bezeichnen. Das machen Sie alles, aber wenn jemand von uns eine andere Meinung vertritt, dann wollen Sie ihm gleich das Grab schaufeln. So geht das einfach nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Sie stellen sich bloß!)

Herr Kostelka kann ohne Probleme mit der Faust auf den Tisch hauen. Stellen Sie sich vor, was Sie gemacht hätten, wenn das ein Freiheitlicher getan hätte! Ihn hätten Sie in Grund und Boden gestampft. Aber wir werden uns hier nicht den Mund verbieten lassen. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Sie stellen sich ja selbst bloß!)

19.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Abgeordneter Dr. Kostelka zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

19.03

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Es geht nicht darum, daß jemandem von Ihrer Fraktion der Mund verboten oder die Redefreiheit in diesem Kreis genommen werden soll. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie waren gar nicht da, als der Herr Leikam herübergeschüttet hat!) Das einzige, worum es geht, ist, daß wir uns mit dem auseinandersetzen, was Sie und was Ihr Kollege Lafer gesagt haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Gelacht haben sie bei euch in der Fraktion!) Und was man in diesem Zusammenhang wohl feststellen wird müssen, ist, daß man von der "ordentlichen Beschäftigungspolitik im Dritten Reich" über das "Straflager", über die Referenz, die man in Krumpendorf gerichtlich verurteilten KZ-Verbrechern erwiesen hat, bis zur "Umvolkung" eine kontinuierliche Linie ziehen kann (Beifall bei der SPÖ – Abg. Dr. Partik-Pablé: Denken Sie an den Arbeiter-Schwimmverein, wo Sie Behinderte diskriminieren! – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf ) , und daß Sie das mit der Behauptung entsprechend zu entschuldigen versuchen, daß jemand eine andere Meinung hat.

Wir respektieren Ihre Meinung im Zusammenhang mit einer Staatsbürgerschaftsgesetznovelle oder womit auch immer. Aber das Wort "Umvolkung" hat in diesem Haus, das auch einmal das Gauhaus war, eine ganz besondere Bedeutung, und wir sollten uns alle hüten, das als eine "andere Meinung" zu deklarieren. (Abg. Dr. Mertel, in Richtung Freiheitliche: Lernen Sie Geschichte!)

Ich sage Ihnen ganz offen: Ich habe zumindest erwartet, daß Sie herauskommen und so wie der Herr Präsident erklären werden: Das Wort ist mit dem Ausdruck des Bedauerns zurückgenommen worden, es ist als nicht gesagt zu betrachten. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. ) Sie haben sich aber neuerlich dazu bekannt. Und das hat für mich deswegen ganz besondere Bedeutung, weil uns allen klar sein muß: An dieser Stelle ist jedes Wort von jeder Verantwortung – in strafgesetzlicher Hinsicht, aber auch in jedem anderen Zusammenhang – frei. (Abg. Dr. Ofner: Gott sei Dank! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ihre ganzen Diffamierungen ebenfalls!) Doch jeder, der ein Wort über seine Lippen kommen läßt, muß sich bewußt sein, daß er dafür auch in aller Öffentlichkeit einzustehen hat.

Ich stelle fest: Es gibt den Ausdruck der "Umvolkung", der von einem Abgeordneten zurückgenommen, aber von einer anderen Abgeordneten dieses Hauses bedauerlicherweise wieder bestätigt worden ist. Ich bedauere dies zutiefst und schäme mich dafür! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort ist von seiten der Berichterstattung nicht verlangt worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt vorgenommen wird.

Frau Kollegin Stoisits, ich bitte, sich auf den Abstimmungsvorgang zu konzentrieren.

Wir stimmen zunächst ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1320 der Beilagen.

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält Verfassungsbestimmungen, sodaß ich im Sinne der Geschäftsordnung zunächst einmal feststelle, daß das verfassungsmäßig vorgeschriebene Präsenzquorum gegeben ist.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Ich stelle in diesem Zusammenhang fest, daß das verfassungsmäßig erforderliche Quorum der Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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134. Sitzung / Seite 112

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich  – bei Vorliegen des verfassungsmäßig vorgeschriebenen Zweidrittelquorums – angenommen worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Vorbehalten und Erklärungen der Republik Österreich in 1089 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag ist mehrheitlich angenommen worden.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen, wobei ich in diesem Zusammenhang auch auf die Ausführungen des Berichterstatters verweise.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kier, Mag. Stoisits und Genossen betreffend Zurückziehung der Vorbehalte und Erklärungen Österreichs zum Europäischen Übereinkommen über Staatsangehörigkeit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1316 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Kenntnisnahme erfolgt mehrheitlich. Mehrheitlich angenommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1317 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, seinen Bericht 1318 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich angenommen worden.

Damit sind die Abstimmungen erledigt.

15. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (1219 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird (1309 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht und Antrag des Landesverteidigungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Heeresgebührengesetz 1992 geändert wird (1310 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nunmehr zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


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Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Abgeordneter Wabl wünscht nicht, sich zu Wort zu melden, sodaß wir die Debatte mit Abgeordnetem Dr. Maitz beginnen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.11

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heute zur Beschlußfassung vorliegenden Novellen zum Wehrgesetz und zum Heeresgebührengesetz haben im wesentlichen drei Punkte zum Inhalt. Erstens: die besondere Entlohnung der Militärpiloten im Luftraumüberwachungsdienst. Zweitens: die Möglichkeit, Zeitsoldaten vier Monate länger in diesem Status zu belassen, um ihnen den Einstieg zum Berufssoldaten zu erleichtern. Drittens: die Verbesserung des Einkommens der Zeitsoldaten, die in Ausbildung stehen.

Zum ersten Punkt: Militärpiloten im Luftraumüberwachungsdienst. Sie wissen, daß wir vor nicht allzulanger Zeit eine Novelle beschlossen haben und daß in dieser Novelle durch ein Redaktionsversehen ungewollt alle Militärpiloten erwähnt sind und damit in die Sonderregelung hineinfallen würden. Gemeint war selbstverständlich, daß diese Sonderregelung ausschließlich für den Luftraumüberwachungsdienst gelten sollte. Deshalb ist auch die heutige Novellierung mit Verfassungsbestimmungen versehen, um diesbezüglich Klarheit zu schaffen und die Rückwirkung dieses Gesetzes sicherzustellen. Das ist ein Ausnahmefall, aber ein notwendiger Ausnahmefall.

Meine Damen und Herren! Weil heute in dieser Debatte von den Draken-Piloten die Rede sein wird, lassen Sie mich folgendes feststellen: Es gibt in Österreich immer noch Personen, die allen Ernstes meinen, für die Luftraumüberwachung könnte man Hubschrauber anstelle von Abfangjägern einsetzen. (Abg. Hans Helmut Moser: Wer behauptet denn das?) Ich möchte einen Vergleich aus dem Straßenverkehr heranziehen: Dieser Vorschlag wäre vergleichbar mit der Forderung, Traktoren als Zivilstreifen gegen Raserei auf Autobahnen einzusetzen.

Bei den rund 830 000 jährlichen Flugbewegungen über Österreich gibt es rund 70 unbekannte Flugobjekte, die abgefangen und identifiziert werden. In einem Spannungszustand – sei er auch tausend Kilometer weit weg von Österreich – kann es binnen weniger Minuten zu Auswirkungen kommen, die den österreichischen Luftraum und damit österreichisches Staatsgebiet verletzen. (Abg. Scheibner: "Akte X"!) Um dem begegnen zu können, brauchen wir einerseits unsere "Goldhaube" als Radarüberwachungssystem und andererseits leistungsfähige Flugzeuge mit ausgebildeten Piloten als Abfangjäger.

Zum zweiten Punkt: die mögliche Verlängerung der Zeitsoldatendienstzeit von sechs auf zehn Monate. Die Obergrenze von sechs Monaten war in der Praxis sowohl für die Zeitsoldaten als auch für das Bundesheer ein Problem; ein Problem in der Ausbildung durch den Zeitdruck und ein Problem bei einer möglichen Übernahme als Militärperson auf Zeit, also als Berufssoldat. Die vorgesehenen zehn Monate haben wir gewählt, um den Ausbildungsdruck und die Übernahme zu erleichtern. Eine noch längere Übergangszeit, wie sie auch in einem Abänderungsantrag vorgeschlagen wurde, ist, so glauben wir, nicht zielführend, denn wir wollen, daß künftige Berufssoldaten des österreichischen Bundesheeres ihre Ausbildungsschritte in angemessener Zeit schaffen. Das ist auch ein Qualitätsmerkmal, das wir uns von künftigen Unteroffizieren und Offizieren wünschen. (Abg. Scheibner: Ja, wenn sie aufgenommen werden!) Das ist ja auch ein Grund für die neuerliche Verlängerung um vier Monate. (Abg. Hans Helmut Moser: Kollege Maitz! Das war ja bekannt!)

Zum dritten Punkt: Entlohnung der Zeitsoldaten. Der Barbezug der Zeitsoldaten in den ersten sechs Monaten wird um 1 442 S erhöht und wird künftig 9 732 S betragen. Dazu kommen die Freifahrt mit dem öffentlichen Verkehrsmittel und die freie Unterkunft und Verpflegung ohne jede Einschränkung. Bisher gab es solche Einschränkungen. Das schafft mehr Gerechtigkeit und verstärkt den Anreiz zum Dienst als Zeitsoldat beim österreichischen Bundesheer. Das möchten wir erreichen.


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Meine Damen und Herren! Am Schluß dieses kurzen Beitrages gestatten Sie mir noch einen Dank an drei Abgeordnetenkollegen in diesem Hohen Haus auszusprechen, die mit mir gemeinsam in der vergangenen Woche einen Informationsbesuch beim europäischen Kommando der NATO und im NATO-Hauptquartier in Brüssel absolviert haben. Ich bedanke mich für die engagierten und sachkundigen Beiträge der Kollegen Gerald Tychtl, Wolfgang Jung und Thomas Barmüller.

Wir haben in Brüssel trotz unterschiedlicher Positionen – und das ist sehr wichtig! – als österreichische Delegation Beachtung und Anerkennung gefunden, und zwar sowohl bei den hochrangigen Gesprächspartnern der NATO als auch bei den Journalisten, die mit uns gereist sind. Ich erwähne nur: 15 Beiträge über diese Thematik in den Tageszeitungen, eine 5-Minuten-Reportage im Fernsehmagazin "Hohes Haus". Nochmals vielen Dank für das kollegiale Klima bei diesem ersten Besuch österreichischer Parlamentarier im NATO-Hauptquartier in Brüssel! Ich wünschte mir manchmal bei Sacharbeiten dieses kollegiale Klima auch hier im Hause. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaál. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.17

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Bei der vorliegenden Novelle zum Wehrgesetz geht es ja nicht nur um legistische Verbesserungen und materielle Modifikationen, sondern die Änderungen beinhalten auch politische Weichenstellungen, die im Zusammenhang mit der Adaptierung der Heeresgliederung ’92 zu sehen sind. Daher sind meiner Meinung nach die ständigen Wortmeldungen über die Aussetzung beziehungsweise die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht oder die Einführung einer Dienstpflicht nicht sehr hilfreich. Ich hoffe, daß diese neuerlichen Diskussionen so plötzlich, wie sie begonnen haben, auch wieder enden.

Meine Damen und Herren! In dieser Diskussion darf es nicht vorrangig um ein Ja oder Nein zum Berufsheer gehen, sondern vor allem um die Auswirkungen auf die Gesamtstruktur der militärischen Landesverteidigung. Eine Diskussion, die diesen wichtigen Aspekt ausklammert, ist meines Erachtens unseriös und daher auch abzulehnen. Denn: Welchen Umfang müßte eine Berufsarmee haben, will man ohne Präsenzdiener auskommen, um die Sicherheit in Österreich zu gewährleisten? Oder: Wie hoch wären die Kosten eines Berufsheeres? All diese Fragen sind offen.

Wer sich mit diesem Thema ernsthaft beschäftigt – und ich tue das –, muß zu dem Schluß kommen: Es gibt derzeit keine Alternative zur umfassenden Landesverteidigung, zur allgemeinen Wehrpflicht und zum Milizheer. Es muß uns daher gelingen, auf Basis des bestehenden militärischen, aber auch wirtschaftlichen und sozialen Potentials des Heeres die Gesamtstruktur zu verbessern.

Insbesondere die Personalkosten in der Höhe von zirka 63 Prozent belasten das Verteidigungsbudget und engen den für die Modernisierung des Bundesheeres erforderlichen Investitionsspielraum immer mehr ein. Jede Strukturänderung muß daher die Senkung der Personalkosten zum Ziel haben. Es muß unser langfristiges Ziel sein, die Personalausgaben zu senken. Mit der vorliegenden Änderung des Wehrgesetzes wird der richtige Weg zu einer neuen Personalplanung eingeschlagen, dem wir auch unsere Zustimmung geben und auf dem wir den Herrn Bundesminister unterstützen.

Meine Damen und Herren! Für diejenigen Wehrpflichtigen aber, die die Absicht haben, eine militärische Berufslaufbahn zu ergreifen, wird eine spezielle Verpflichtungsdauer geschaffen, die von bisher sechs Monaten auf zehn Monate verlängert wird. Wer noch Auswahlverfahren oder Ausbildungslehrgänge zu absolvieren hat, muß nicht vorzeitig in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis übernommen werden. Dadurch können Verwaltungskosten reduziert werden, und es kommt zu Kostenersparnissen bei Planstellen.


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Vernünftigerweise läßt man das dadurch eingesparte Geld den Zeitsoldaten zukommen, deren Monatsprämie auf über 7 000 S erhöht wird; beziehungsweise wird für jene Zeitsoldaten, die an einer Ausbildung oder einem Auswahlkurs für die Verwendung als Militärpersonen auf Zeit teilnehmen und damit einer verstärkten dienstlichen Inanspruchnahme ausgesetzt sind, diese Monatsprämie ab dem siebten Monat noch deutlich erhöht.

Meine Damen und Herren! Diese finanzielle Besserstellung der Zeitsoldaten führt zwar letzten Endes zu einer Kostenneutralität, also de facto kommt es noch zu keinen finanziellen Einsparungen, aber die Weichen werden in die richtige Richtung gestellt. Uns geht es darum, Menschen, die sich entschlossen haben, für eine bestimmte Zeit einen militärischen Beruf zu ergreifen, auch dementsprechend abzusichern.

Daher meine ich, daß man dieser Wehrrechtsänderung guten Gewissens zustimmen kann. Sie geht, wie ich schon gesagt habe, in die richtige Richtung.

Herr Bundesminister! Wir wollen daher – das möchte ich in diesem Zusammenhang noch einmal erwähnen –, auch was die Beschaffungen angeht, in Zukunft dafür sorgen, daß es mehr Transparenz, mehr Nachvollziehbarkeit gibt, als dies in der Vergangenheit der Fall war, damit nicht nur der militärische Aspekt im Vordergrund gesehen wird, sondern auch der volkswirtschaftliche Nutzen, und damit wir, wo immer wir die Möglichkeit dazu haben, finanzielle Mittel lukrieren, um diese Gelder in den Schutz und in die Sicherheit der Soldaten investieren zu können. Das ist ja ein gemeinsames Anliegen, das wir verfolgen.

Ich glaube, diese Wehrgesetznovelle geht in die richtige Richtung, und wir werden ihr auch unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Am Wort ist jetzt Herr Abgeordneter Scheibner. 6 Minuten freiwillig gewählte Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.23

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Danke, Herr Präsident.

Herr Bundesminister! Wir sind natürlich gerne bereit, Versehen und Irrtümer, die in Ihrem Ressort passieren und die zugegeben werden, zu beheben. Wir helfen da mit, und wir werden dem auch zustimmen. Ich hoffe, daß auch alle anderen Versehen, die in Ihrem Ressort – auch politisch – passieren, zugegeben werden, und wir werden versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Da hätten wir einiges zu tun, aber auch da wären wir bereit, bei einer Reparatur mitzuhelfen.

Aber, Herr Bundesminister, wie diese Reparatur erfolgt, etwa bei der Frage der Militärpiloten, das ist schon etwas bedenklich, nämlich vor allem die Art und Weise, wie man da mit den Verfassungsbestimmungen umgeht. Es ist klar, daß dieses rückwirkende Inkrafttreten als Verfassungsbestimmung statuiert werden muß, aber daß die Gehaltsregelung für die Militärpiloten selbst als Verfassungsbestimmung beschlossen werden muß, das halte ich zumindest für bedenklich und zweifelhaft, denn das bedeutet ja für die Zukunft, Herr Bundesminister, daß jede Änderung der Gehaltsbestimmung für die Militärpiloten wieder als Verfassungsgesetz mit Zweidrittelmehrheit dieses Haus durchlaufen muß, und das halte ich doch für etwas übertrieben. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich hätte mir vorgestellt, daß man das genauer bearbeitet und da auch die Verfassungsrechtler zu Rate zieht. Wir werden in diesem Zusammenhang eine entsprechende Abänderung einbringen.

Zum zweiten: Kollege Maitz, es war für mich jetzt interessant, zu hören, daß der Draken auch für die UFO-Bekämpfung herangezogen wird. Aber bezüglich der Problematik gebe ich dir recht. Unsere Draken sind wichtig, und unsere Piloten sind wichtig – Gott sei Dank haben wir sie jetzt endlich in ausreichender Zahl. Nur würde ich mir erhoffen, daß wir neben Gehaltsbestimmungen unseren Drakenpiloten auch andere Perspektiven für ihre zukünftige Tätigkeit geben könnten


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(Beifall bei den Freiheitlichen) und daß wir so rasch wie möglich zu einer Entscheidung über den Nachfolger des Draken kämen, denn sonst haben wir bald Piloten, aber keine Flugzeuge mehr. Es wäre doch schade, wenn wir diese Piloten für die AUA – so wichtig die AUA und die Lauda-Air sind – ausgebildet hätten, die dann sehr gerne auf diese zugreifen wird.

Zur Frage der Zeitsoldaten. – Auch hier gibt es zugegebenermaßen Verbesserungen, da die erste Anstellung junger Kadersoldaten jetzt vier Monate länger dauern kann. Aber, Herr Bundesminister, wir glauben, daß diese vier Monate zu kurz sind. Sie wissen ganz genau, welche Probleme der von Ihnen verordnete Aufnahmestopp bei der Truppe gebracht hat: daß viele junge Österreicher, die den Wunsch haben, beim Bundesheer zu bleiben, die Laufbahn eines Berufsunteroffiziers zu ergreifen, wieder weggeschickt werden müssen, weil durch den Aufnahmestopp innerhalb der Sechsmonatefrist nicht die notwendigen Dienstposten zur Verfügung stehen und diese Zeitsoldaten kurz nach den sechs Monaten nach Hause geschickt werden müssen.

Wir glauben – und das ist auch die Meinung der Truppe –, daß diese vier Monate zusätzlich zuwenig sind, daß man zumindest über die Jahresfrist kommen müßte, um eine größere Flexibilität bei diesem Mangel an Dienstposten, den Sie "verordnet" haben, erreichen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb werden wir auch in diesem Bereich einen Abänderungsantrag einbringen, und ich habe jetzt die ehrenvolle Aufgabe, diese beiden Abänderungsanträge zu verlesen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Scheibner und Kollegen zum Bericht des Landesverteidigungsausschusses (1309 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (1219 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 1990 geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Ausschußbericht wird wie folgt geändert:

1. Die Z 3 (§ 2 Abs. 1) lautet:

"§ 32 (1) Wehrpflichtige, die den Grundwehrdienst vollständig geleistet haben, können auf Grund freiwilliger Meldungen nach den jeweiligen militärischen Erfordernissen zum Wehrdienst als Zeitsoldat in der Gesamtdauer von höchstens zwölf Monaten herangezogen werden."

2. In Z 6 wird der Ausdruck "Verfassungsbestimmung" gestrichen, und der § 69a Abs. 5a lautet:

"(5a) Militärpiloten im Luftraumüberwachungsdienst gebührt als Entlohnung ein Monatsentgelt von 59 000 S einschließlich allfälliger Teuerungszulagen."

*****

Weiters bringe ich ein den

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Scheibner und Kollegen zum Bericht und Antrag des Landesverteidigungsausschusses (1310 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Heeresgebührengesetz 1992 geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Ausschußbericht wird wie folgt geändert:

1. Die Z 2 (§ 6 Abs. 1 Z 1) lautet:


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"1. bei einem Verpflichtungszeitraum von höchstens einem Jahr

a) bis zum Ablauf des sechsten Monates eines Wehrdienstes 29,57 vH,

b) ab dem siebenten Monat des Wehrdienstes 32,99 vH

und"

2. Die Z 5 (§ 7a Abs. 1 erster Satz) lautet:

"§ 7a (1) Wehrpflichtige, die den Grundwehrdienst oder einen Wehrdienst als Zeitsoldat mit einem Verpflichtungszeitraum von höchstens einem Jahr oder im Anschluß an solche Präsenzdienste den Aufschubpräsenzdienst leisten, haben Anspruch auf kostenlose Benützung der Massenbeförderungsmittel."

*****

Wir glauben, daß durch diese Abänderungsanträge einerseits die verfassungsmäßige Ungereimtheit korrigiert werden könnte und zum zweiten eine wirklich substantielle Verbesserung für die Zeitsoldaten und Flexibilität bei der Truppe gewährleistet sein könnten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die beiden Abänderungsanträge, die der Abgeordnete Scheibner verlesen hat, sind geschäftsordnungsgemäß eingebracht worden, ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung mit einbezogen.

Jetzt ist Abgeordneter Hans Helmut Moser am Wort. – Bitte. (Abg. Hans Helmut Moser: 4 Minuten bitte!)

19.29

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf den Kollegen Gaál eingehen und ihn ersuchen, sich vielleicht beim nächsten Tagesordnungspunkt noch einmal zu Wort zu melden. Er hat schon jetzt die Frage des Aussetzens der allgemeinen Wehrpflicht im Prinzip angesprochen. Er hat irgendwie die Diskussion vorweggenommen oder versucht, zumindest eine gewisse Position seiner Fraktion hier darzustellen. Ich fände es sehr positiv, wenn wir beim nächsten Punkt zu diesem Thema eine erste ausführlichere Diskussion führen könnten. Denn, Kollege Gaál, so, wie es von dir dargestellt worden ist, daß es nämlich keine Alternative zur umfassenden Landesverteidigung, zur allgemeinen Wehrpflicht und zum Milizsystem gibt, stimmt es nicht, und so kann die Diskussion nicht geführt werden.

Niemand stellt die umfassende Landesverteidigung in Frage, niemand stellt das Milizsystem als solches in Frage, sondern es ist zu diskutieren, ob sich die strategischen Voraussetzungen insgesamt so verändert haben, daß sehr wohl auch als Konsequenz die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt und durch ein Freiwilligenheer ersetzt werden kann.

Daher würde ich dich ersuchen, lieber Kollege Gaál, daß wir unsere Argumente dann beim nächsten Tagesordnungspunkt austauschen.

Nun zum eigentlichen Tagesordnungspunkt, zur Novelle zum Wehrgesetz. Herr Bundesminister! Bei der letzten Novelle zum Wehrgesetz wurde ja eine umfassende, große Novelle zum Wehrgesetz angekündigt. Bedauerlicherweise ist es aus mir unerklärlichen Gründen – und Sie sind im Ausschuß auch nicht näher darauf eingegangen – nicht zu dieser Novelle gekommen. Übrig geblieben ist, daß wir heute im Hohen Hause eine Änderung vornehmen müssen, die de facto ein Ausbessern eines Murkses bedeutet, der im legistischen Dienst des Verteidigungsministeriums passiert ist.


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Ich kann dem nicht beistimmen, daß es, wie Kollege Maitz es formuliert hat, da zu einem Redaktionsversehen gekommen ist, denn eines ist klar: Es war immer gemeint, daß es sich bei dieser Regelung über die Militärpiloten ausschließlich um die Militärpiloten der Luftraumüberwachung handelt. Daß es sich nur um diese Draken-Piloten handeln kann, geht eindeutig aus den Erläuternden Bemerkungen hervor und ist auch eindeutig aus der Diskussion sowohl im Ausschuß als auch hier im Hohen Hause hervorgegangen.

Ich befürchte, daß sich diese ganze Diskussion und diese Novelle eigentlich erübrigen werden, denn, Herr Bundesminister, wenn es zu keiner Entscheidung über die Nachfolge des Draken seitens Ihres Ressorts kommt, dann werden wir keine Draken-Piloten mehr haben und dann werden auch diese gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr notwendig sein.

Denn eines ist evident: Es steht ein Abwandern unserer Draken-Piloten ins Haus. Deren Verträge laufen in ein bis zwei Jahren aus, und die Herren werden, da sie ja nicht wissen, ob es tatsächlich zu einer Nachfolge für den Draken kommt, dann dem Bundesheer den Rücken kehren.

Daher bräuchten wir eigentlich diese Novelle nicht mehr, denn bislang sind Sie es uns schuldig geblieben, die Entscheidung über die Nachfolge des Draken herbeizuführen.

Eines, Herr Bundesminister, ist klar – und Sie sind dafür verantwortlich –: Seit Anfang des Jahres 1997 ist die Garantie für den Betrieb der Draken ausgelaufen, ist eine Garantie seitens des Herstellerwerkes nicht mehr gegeben, und wir fliegen bereits gegen die Statistik. Ich hoffe, daß es zu keinem Unfall kommt, aber wenn es zu einem Unfall kommt, dann trägt die politische und die militärische Führung Ihres Ressorts die Verantwortung für den Schaden, der dadurch entsteht. Eine derartige Situation ist nicht vertretbar (Beifall beim Liberalen Forum) , und daher verlange ich, daß es umgehend zu einer Entscheidung über die Nachfolge des Draken kommt – oder Sie stellen den Flugbetrieb ein.

Der zweite und letzte Punkt: die Novelle des Heeresgebührengesetzes. Auch da geht es wieder um ein Nachbessern. Herr Bundesminister! Es war allen bekannt, zumindest jenen, die langjährige Truppenerfahrung haben, daß die Festlegung mit den Zeitsoldaten-kurz auf sechs Monate unzureichend ist, und auch jetzt wird wieder nur eine unzureichende Verlängerung beschlossen. Gehen Sie bitte hinaus zu den Kommandanten, gehen Sie hinaus zur Truppe! Die Wehrsprecher waren alle gemeinsam draußen bei der Truppe, und dort wurde uns erklärt, unter zwölf Monaten sei eine Regelung nicht sinnvoll. Es sind mindestens zwölf, wenn nicht 18 Monate notwendig, um die Problematiken zu vermeiden, die sich auf der einen Seite aus einem nicht funktionierenden Personalmanagement innerhalb des Ressorts und auf der anderen Seite aus der Notwendigkeit ergeben, daß wir für die Militärpersonen auf Zeit eine Planstelle brauchen und über den Zeitsoldaten kurz einen zeitlichen Puffer schaffen müssen.

Ich glaube, die Verlängerung um vier Monate ist nicht ausreichend. Wir werden daher der Verlängerung, die der Kollege Scheibner beantragt hat, auch unsere Zustimmung geben.

Insgesamt wollen wir aber, weil sie eine Verbesserung darstellt und weil sie in der anderen Frage eine Klarstellung bringt, auch dieser Novelle unsere Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Am Wort ist jetzt Herr Abgeordneter Ing. Tychtl. 5 Minuten freiwillige Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.35

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir verhandeln nun zwei Novellen, das Wehrgesetz und einmal das Heeresgebührengesetz betreffend. Mein besonderes Anliegen ist natürlich auch die Verlängerung des Dienstes des Zeitsoldaten-kurz auf eine längere Dauer, aber mit einem anderen Schwerpunkt, weil ich glaube, daß wir immer wieder feststellen können, daß viele Ursachen für Unzukömmlichkeiten gerade in der Ausbildung liegen.


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Grundsätzlich aber ist es für eine gediegene Ausbildung notwendig, jene Leute, die sich zum Truppenoffizier ausbilden lassen wollen, nicht nur ordentlich auszubilden, sondern auch zu beobachten, ob sie alle Fähigkeiten mitbringen, diesen Posten tatsächlich auszufüllen. Es werden ja jene Truppenoffiziere, die daraus hervorgehen, letztendlich wieder zu Ausbildnern, haben dort die Aufsicht und müssen dafür Sorge tragen, daß die ihnen anvertrauten Damen und Herren auch jene Ausbildung erhalten, die sie möglicherweise zum Überleben brauchen. (Beifall des Abg. Dr. Ofner. )

Ich glaube daher, daß das ein ganz, ganz wichtiger Punkt ist, ein Punkt, den man nicht unterschätzen sollte. Gerade in der Frage der Bundesheer-Beschwerdekommission erleben wir immer wieder, daß dies ein zentraler Punkt ist, und daher messe ich diesem Punkt auch so große Bedeutung bei.

Ich möchte mich deshalb auch dafür aussprechen, den Vorschlag zu unterstützen, der im Heeresgebührengesetz festgemacht ist, daß nämlich Freifahrten ermöglicht werden. Bis jetzt war es ja so, daß, wenn der Verpflichtungszeitraum weniger als ein Jahr betrug, Freifahrten auf Massenbeförderungsmitteln möglich waren. Allerdings wäre es durch die Änderung jetzt zu einer Ungleichheit gekommen. Wenn nämlich der Verpflichtungszeitraum unter einem Jahr läge, hätte der Betreffende nur vier Fahrten zwischen Wohnort und Dienstort. Ich glaube, dies ist also im Sinne der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung ein wichtiger Punkt.

Ebenso liegt mir am Herzen, daß wir auch zukünftig gerade den Zeitsoldaten, wenn sie sich länger verpflichten, unser besonderes Augenmerk zuwenden, weil ich glaube – und das haben auch meine Vorredner schon ausgeführt –, daß dies der Ansatzpunkt, Herr Bundesminister, für die zukünftige Ausbildung zum Offizier, für den zukünftigen Bestand unserer Soldaten und unseres Heeres ist. Wir alle haben ja auf unsere Fahnen geheftet, daß wir diesem Bereich jede Unterstützung zukommen lassen wollen.

Wir werden daher diesen beiden Vorschlägen unsere Zustimmung geben, und ich wünsche mir, daß auch zukünftig den Soldaten und den Truppenoffizieren die nötige Aufmerksamkeit gewidmet wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Scheibner. )

19.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Herr Bundesminister Dr. Fasslabend zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

19.38

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die heutige Beschlußfassung über die Luftraumüberwachungspiloten stellt eine Klarstellung dar auf einem Gebiet, das militärisch gesehen von allerhöchster Priorität ist – dies nicht nur deshalb, weil militärische Kampfführung ohne ausreichenden Schutz aus der Luft de facto unwirksam geworden ist, sondern auch deshalb, weil gerade im Luftbereich die kürzeste Vorwarnzeit und damit auch das größte Überraschungsmoment gegeben ist, und weil drittens auf diesem Gebiet auch der größte und rascheste technische Fortschritt stattfindet. Es wird also mit einer Klarstellung der Regelung, was die Bedienungsmannschaft betrifft, zweifellos auch insgesamt für die Verteidigungsfähigkeit des Landes ein sehr wichtiger Schritt gesetzt.

Zweitens beschließen Sie heute eine Regelung, die die Zeitsoldaten betrifft. Erst vor wenigen Jahren haben wir den Zeitsoldaten ermöglicht, ein Dienstverhältnis mit der Republik Österreich einzugehen, das den Sicherheitserfordernissen der Betroffenen und den Qualitätsansprüchen des österreichischen Bundesheeres Genüge tut. Wir haben gleichzeitig auch eine Regelung getroffen, die vorsieht, daß das Ausbildungsniveau gesteigert wird, und wir bieten mit der heutigen Regelung die Möglichkeit, daß einerseits die Selektion in diesem Bereich noch besser stattfindet, daß aber auf der anderen Seite der Zeitraum nicht so weit ausgedehnt wird, daß Zeitsoldaten ohne ausreichende Ausbildung – die eben erst mit dem Eingehen eines Dienstverhältnisses stattfindet – in Kontakt mit den Grundwehrdienern kommen und Ausbildungsaufgaben wahrnehmen.


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Insofern, so meine ich, ist das eine insgesamt sehr wichtige Regelung für das österreichische Bundesheer, und ich bedanke mich bei allen, die konstruktiv daran mitgewirkt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Bundesminister.

Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung ist nicht gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen über jeden Ausschußantrag getrennt ab. – Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils ihren Platz einzunehmen.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1309 der Beilagen.

Die Abgeordneten Scheibner und Genossen haben dazu einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher der Praxis folgend zunächst über die von dem Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Ich mache darauf aufmerksam, daß der Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält. Ich stelle daher im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung in der Verfassung vorgeschriebene erforderliche Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Scheibner und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffern 3 und 6 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über die Ziffern 3 und 6 in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, wobei ich ausdrücklich festhalte, daß das verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelquorum gegeben ist.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt mehrheitlich. Mehrheitlich angenommen, auch bei Vorliegen der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Die Annahme erfolgt einstimmig, wobei hier selbstverständlich auch das verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelquorum gegeben ist.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1310 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Scheibner und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.


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Ich werde zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Scheibner und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffern 2 und 5 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Abänderungsantrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Dieser Gesetzentwurf ist in der Fassung des Ausschußberichtes mehrheitlich angenommen.

Schließlich stimmen wir noch über die restlichen, bisher noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Teil ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

17. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 113/A (E) der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen betreffend die Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht (1311 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 160/A (E) der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Erhöhung des Landesverteidigungsbudgets in der XX. GP auf vergleichbares europäisches Niveau (1313 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 593/A (E) der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft des österreichischen Bundesheeres in seiner milizartigen Struktur (1312 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Petition Nr. 15 betreffend "Vorrang für Österreichs Sicherheit durch eine österreichische Sicherheitsdoktrin und die Anpassung des Landesverteidigungsplanes 85 (LVP 85)", überreicht vom Abgeordneten Herbert Scheibner (1314 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 17 bis 20 der Tagesordnung. Darüber wird die Debatte unter einem durchgeführt.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.


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Wir beginnen die Debatte mit einer Wortmeldung des Abgeordneten Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

19.46

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren in diesem Haus mittlerweile recht häufig grundlegende Fragen der Sicherheitspolitik. Heute haben wir endlich einmal die Gelegenheit dazu – aufgrund einiger Oppositionsanträge und der schon erwähnten Petition –, auch ein wenig über die Probleme des Bundesheeres zu diskutieren, die ja fast noch gravierender sind als die Mängel in der Sicherheitspolitik, wobei das eine das andere durchaus ergänzt oder bedingt.

Herr Verteidigungsminister, zuerst zu unserem Antrag auf Erhöhung des Landesverteidigungsbudgets. Dieser wurde im Ausschuß leider von der Koalition abgelehnt. Ich verstehe das nicht ganz, denn immer wieder – auch gestern von diesem Rednerpult aus – bekommen wir zu hören, daß das Bundesheer zuwenig Geld hat und daß für eine ordentliche Landesverteidigung auch entsprechende budgetäre Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Auch von den Sozialdemokraten höre ich immer wieder, daß in Zukunft zumindest ein Anteil von 1 Prozent am Bruttoinlandsprodukt für die Landesverteidigung zur Verfügung stehen sollte.

In Wirklichkeit haben Sie vor wenigen Wochen das Budget für 1999 beschlossen, in dem abermals Österreichs Schlußlichtposition in Europa mit einem Anteil von unter 0,8 Prozent am Bruttoinlandsprodukt zementiert wird. Sie, Herr Bundesminister, wissen ganz genau, daß mit diesem geringen Budget nicht einmal ein Notbetrieb durch unsere Landesverteidigung aufrechtzuerhalten ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Auch Sie wissen ganz genau, daß es mit diesem Budget fahrlässig – wenn schon nicht vorsätzlich gefährdend – ist, unsere Soldaten im Ernstfall in einen Einsatz zu schicken.

Man merkt diese Fahrlässigkeit ja mittlerweile tagtäglich, etwa bei der Infrastruktur, Herr Bundesminister. Wir haben Sie gewarnt! Wir haben Sie nicht einmal, sondern mehrmals gewarnt, daß es gefährlich ist, die Soldaten mit diesem Gerät in einen Einsatz zu schicken. Es war erst jüngst leider wieder ein Toter zu beklagen bei dem Hubschrauberabsturz, bei dem die Verdachtsmomente sehr stark dahin gehen, daß es sich dabei um einen Materialfehler gehandelt hat – um einen Materialfehler bei einem Gerät, das 30 Jahre alt ist, Herr Verteidigungsminister! Unsere Hubschrauber, unsere Abfangjäger, unsere Schützenpanzer: All das hat bald Museumswert! Die sind 30 Jahre alt oder mehr, und es ist unverantwortlich, unsere Soldaten mit diesem Gerät arbeiten zu lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Verteidigungsminister! Wir haben Ihnen bereits gesagt: Durch Ihr Versäumnis in den letzten Jahren, eine rasche Nachbeschaffung zu erzielen, sind Sie mitverantwortlich an all den Dingen, die hier passieren. Den ersten Toten haben wir leider schon zu beklagen.

Auch bei den PANDUR und ULAN – überall! – ist zu erkennen, daß nichts weitergeht, obwohl hier zum Teil die Beschaffungsvorgänge schon beschlossen worden sind. In der Vergangenheit war es nicht einmal möglich, die anfallenden Kosten, die dem Bundesheer durch die Assistenzeinsätze an der burgenländischen Grenze und durch die Fülle an Auslandseinsätzen entstehen, die Sie in den letzten Monaten und Jahren beschlossen haben, zusätzlich dem Landesverteidigungsbudget zuzuschießen.

Sie selbst haben immer wieder gesagt, das sei nicht notwendig, denn das werde ja ohnehin bei den jährlichen Budgetverhandlungen berücksichtigt. – Aber plötzlich ist zu hören, daß doch Schritt für Schritt derartige Initiativen gesetzt werden sollen, daß verschiedene Auslandseinsätze – ab dem nächsten Jahr auch in Bosnien – zusätzlich dotiert werden sollen. Ich freue mich darüber, Herr Bundesminister, daß Sie – leider sehr spät! – endlich einmal zumindest vom Prinzip her auf unsere Forderung reagiert haben. Was mich allerdings weniger freut, ist die Kostenberechnung, die Sie diesen Kostenersätzen zugrunde legen, denn 200 Millionen Schilling für die UNO-Mission "Minurso" und für den Bosnien-Einsatz können doch nicht wirklich die tatsächlichen Kosten sein, die Ihrem Ressort entstehen. Auch die Kostenersätze für den Assistenzeinsatz sind nicht einmal berechnet, geschweige denn dem Budget zugerechnet worden.


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134. Sitzung / Seite 123

Innenminister Schlögl hat, als es um die Ausweitung des Grenzeinsatzes gegangen ist, 1 Milliarde Schilling zusätzlich gefordert. – Und er hat sie bekommen. Sie aber haben nichts bekommen, weil Sie auch nichts verlangt haben. Das ist das Problem, Herr Verteidigungsminister, daß Sie sich nämlich nicht einmal in Verhandlungen mit Ihrem Koalitionspartner trauen – geschweige denn, daß Sie sich durchsetzen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Deshalb wäre es doch sinnvoll, diesen Antrag zu unterstützen.

Zur Frage der Miliz: Sie haben durch Ihre Heeresgliederung-neu/neu wieder eine massive Reduzierung bei der Milizkomponente unseres Heeres statuiert. Wir hoffen – und wir wollen das mit diesem Antrag erreichen –, daß man bei der Personalplanung auch auf die Qualität der Milizsoldaten Rücksicht nimmt und daß man sie, wenn man schon viele Tausende Milizsoldaten, die in ihrer Freizeit für die Landesverteidigung Dienst machen, und wenn man sie schon verabschieden muß, zumindest in allen Ehren verabschiedet – und nicht so wie bei der letzten Heeresreform, als man einen Termin bekanntgegeben hat, zu dem sie ihr Gerät abgeben mußten. Das Ganze war auch gleich mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, was mit ihnen passiert, wenn sie diesen Termin nicht einhalten. Ich meine, daß man mit Menschen, die im Dienste unserer Landesverteidigung stehen, so nicht umgehen kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Verteidigungsminister! Zu der Petition, die ich für sinnvoll halte und als unbedingt notwendig erachte: Ich möchte hier anregen, einmal über die Geschäftsordnung zu diskutieren, die es notwendig macht, daß man, wenn ein Fachausschuß eine derartige Petition behandelt, nur darüber berichtet, daß man sie eben in Verhandlung genommen hat, aber nicht wirkliche Maßnahmen ergreifen kann. Wenn uns daran gelegen ist, die Instrumente der direkten Demokratie auszubauen, dann sollte es uns auch ein Anliegen sein, hier auch konkrete Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In diesem Sinne: Es ist das ein sinnvoller Antrag in dieser Petition, daß man nämlich den Landesverteidigungsplan, der noch aus den siebziger Jahren stammt, in eine völlig andere Struktur faßt, dies einmal hier im Parlament diskutiert und eine neue Verteidigungsdoktrin schafft. Und aufgrund dieser Verteidigungsdoktrin sollte man dann die entsprechenden Maßnahmen für das Bundesheer setzen – und nicht so, wie Sie das machen: daß man eine Heeresgliederung sozusagen in den luftleeren Raum setzt, obwohl man kein Geld für die Umsetzung hat, und erst später, irgendwann einmal, darüber diskutiert, wann denn endlich ein Optionenbericht kommt, wann denn endlich eine Grundsatzentscheidung in der Sicherheitspolitik getroffen wird.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Herbert Scheibner und Kollegen betreffend die Vorlage des "Optionenberichtes"

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend den sogenannten Optionenbericht vorzulegen, damit dieser die sicherheitspolitischen Entscheidungen für den zukünftigen Weg Österreichs treffen und auch eine neue, daraus abgeleitete Verteidigungsdoktrin (Landesverteidigungsplan) erarbeitet werden kann."

*****

Ich hoffe, daß Sie zumindest diesem Entschließungsantrag zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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134. Sitzung / Seite 124

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Murauer. Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 5 Minuten angegeben. – Bitte.

19.53

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Scheibner, es wäre natürlich jetzt lukrativ, auch miteinzustimmen und zu sagen: mehr Geld für alle Ministerien, mehr Geld natürlich auch für das Verteidigungsministerium. Das wäre schön, und ich hoffe, daß wir das bald erreichen werden. Sie wissen aber auch, daß wir Sparbudgets haben! Sich immer hier herauszustellen und nur zu sagen: Wir brauchen mehr Geld, dann können wir alles erledigen! – alles können wir nie erledigen –, mit dieser einfachen Formel geht das wirklich nicht, Kollege Scheibner! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner:  ...aber unsere Leute sterben!)

Ich möchte mich jetzt mit der Abschaffung beziehungsweise Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht befassen, wozu es ja einen Entschließungsantrag des Kollegen Helmut Moser gibt.

Kollege Moser! Österreich hat in der WEU, wie wir beide wissen, nur Beobachterstatus; das ist ein Faktum. Wir sind ja beide in der letzten Reihe gesessen und haben beobachtet! Leider Gottes! Wir haben in Sachen NATO nicht einmal einen Optionenbericht. Also: Der Anlaß als solcher ist nicht gegeben.

Zur Frage, ob man von einem Berufsheer so einfach wieder zur allgemeinen Wehrpflicht zurückkehren kann, wie Sie ebenfalls in Ihrem Antrag ausführen: Das bezweifle ich schon sehr; das stelle ich wirklich sehr in Frage. Was ich aber nicht bezweifle und was ich unterstreiche, ist, daß man über allgemeine Wehrpflicht oder Berufsheer durchaus diskutieren, daß man überlegen sollte, welche Konsequenzen beides hat. Man sollte auch überlegen, in welche Richtung das österreichische Bundesheer, in welche Richtung unsere Landesverteidigung gehen sollte.

Diese Diskussion wird natürlich auch von uns in der Österreichischen Volkspartei geführt; es gibt dazu auch prominente Stimmen. So hat sich unser Klubobmann dazu geäußert und gemeint: Wenn Österreich NATO-, wenn es WEU-Mitglied ist, dann haben wir auch darüber zu diskutieren. – Es gibt bei uns bekanntlich kein Denkverbot, wie das anscheinend in anderen Parteien – ich meine da insbesondere die Freiheitliche Partei – üblich sein dürfte. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist ungeheuerlich, Denkverbot zu unterstellen!)

Meine Damen und Herren! Wir müssen permanent die Landesverteidigung anpassen und müssen darüber diskutieren, ob unsere Landesverteidigung noch den allgemeinen Bedingungen entspricht. (Abg. Scheibner: Ihr seid mitverantwortlich an den Toten durch dieses Gerät!)

Lassen Sie mich grundsätzlich feststellen, daß die Landesverteidigung Angelegenheit aller Österreicher ist und nicht nur bestimmter Berufsgruppen. Ich darf in diesem Zusammenhang auch Botschafter Dr. Steiner zitieren, der hinter dieser Meinung, hinter dieser Mission steht. Ich möchte Landesverteidigung und Bundesheer nicht mit anderen Dienstleistungen vergleichen, die wir uns in unserer Gesellschaft mittlerweile leisten wollen oder leisten müssen, nicht aber unbedingt ein Berufsheer.

Faktum ist auch, daß sechs von zehn Vollmitgliedern der WEU ihre Soldaten auf der Basis der allgemeinen Wehrpflicht rekrutieren und somit, Kollege Moser, keine Verpflichtung zum Berufsheer gegeben ist – also auch nicht als Mitglied der WEU oder der NATO.

Wir diskutieren natürlich die Heeresgliederung-neu – die Heeresgliederung-neu samt Adaptierung, Kollege Scheibner. Auch wenn das immer wieder in Frage oder in Mißkredit gestellt wird: Das Bundesheer bedarf einer ständigen Orientierung gemäß den Gegebenheiten, und dazu kommt noch, daß die Heeresgliederung-neu adaptiert werden muß. Ich möchte wissen, was Sie sagen würden, wenn sie nicht adaptiert werden würde. Die Landesverteidigung und das Bundesheer orientieren sich nach den Bedrohungsbildern.

Wir diskutieren selbstverständlich auch den Weg von der Raumverteidigung zur Grenzsicherung, die Mobilstärken, moderne Waffensysteme und High-Tech im Bundesheer. Daß hier die


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Notwendigkeit besteht, hochqualifiziertes Kaderpersonal in entsprechender Stärke zu haben, ist eine Selbstverständlichkeit. Das wird auch in Zukunft so gesehen werden müssen, denn nur durch die Strukturanpassung der Heeresgliederung wird auch den professionellen, mobilen Kräften Rechnung getragen. Das möchte ich hier feststellen und fixieren.

Nicht diskutieren möchte ich – und sollten wir – über das Milizsystem, denn ohne Miliz gibt es keine Landesverteidigung. Dies sei hier fixiert und festgestellt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn wir eine Diskussion über die allgemeine Wehrpflicht beziehungsweise das Berufsheer führen, dann sollten wir in diesem Zusammenhang auch die Frage des Zivildienstes ohne allgemeine Wehrpflicht überlegen und mitdiskutieren. Wir sollten die Kosten einsetzen und uns klar darüber sein, daß andere europäische Staaten, die zum Berufsheer übergegangen sind, eine Kostenexplosion erlebt haben. Ich erinnere nur an Belgien und Spanien, denen dadurch enorme Kosten entstanden sind und noch entstehen. Ich darf in diesem Zusammenhang auch den Überalterungseffekt zur Diskussion bringen.

Die Assistenzeinsätze des Bundesheeres, meine Damen und Herren, werden nicht mehr in der Form, wie wir es gewohnt sind, durchgeführt werden können. Die letzten Katastrophenfälle in der Steiermark und in Niederösterreich haben bewiesen, daß unser Bundesheer seinem Auftrag – dort, wo andere nicht mehr können, dazusein und zu helfen – wieder gerecht geworden ist. Diese Assistenzeinsätze, so meine ich, wären nicht durchführbar, wenn wir ein Berufsheer hätten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich komme zum Schluß. General a. D. Helge Hansen, ehemals NATO-Oberbefehlshaber in Zentraleuropa, meinte: Der wehrpflichtige Soldat ist zweifellos kein Expeditionssoldat, aber der ideale Landesverteidiger. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Dem kann ich mich nur anschließen. Die Position der ÖVP dazu ist, daß es zurzeit kein Thema ist, über ein Berufsheer nachzudenken oder dieses in absehbarer Zeit einzuführen.

Als letzten Satz: Ich bedanke mich als Abgeordneter aus der Stadt Steyr dafür, daß die Trollmann-Kaserne in Steyr nicht geschlossen wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

19.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser zu Wort. Wollen Sie eine freiwillige Redezeitbeschränkung? (Abg. Hans Helmut Moser: 10 Minuten!)  – 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Scheibner: So lang?)

20.00

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Es ist ein umfangreiches Thema! – Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es sind vier Tagesordnungspunkte, die jetzt unter einem diskutiert werden. Es gäbe zu den einzelnen Punkten sehr vieles zu sagen, aber ich möchte mich zunächst auf zwei Bereiche beschränken.

Das eine ist der Antrag des Kollegen Scheibner im Zusammenhang mit der budgetären Dotierung für das Bundesheer. Meine sehr geehrten Damen und Herren, da wohnen zwei Seelen in meiner Brust: Auf der einen Seite weiß ich als Offizier und Angehöriger des Bundesheeres, daß mit den vorhandenen budgetären Mitteln eine moderne Armee nicht aufgebaut werden kann, daß es nicht möglich ist, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb durchzuführen, und daß vor allem die Heeresgliederungen, die bisher unter Federführung von Herrn Minister Fasslabend beschlossen worden sind – die Heeresgliederung 1992 ebensowenig wie die jetzige Heeresgliederung –, nicht entsprechend umgesetzt werden können.

Meine Damen und Herren! Es ist evident und wird seitens der Heeresangehörigen immer wieder kritisiert, daß zuwenig finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Ich darf nur an die Umsetzung des Mech-Pakets erinnern. Herr Bundesminister! Bis heute ist diese Umsetzung nicht geschehen, obwohl im Landesverteidigungsrat bereits im Dezember 1996 grünes Licht dafür gegeben worden ist und wir die Zusage bekommen haben, daß es innerhalb Jahresfrist oder vielleicht in


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einem etwas längeren Zeitraum – es mag den einen oder anderen Monat länger dauern – zu einer vollständigen Umsetzung kommen wird. Das ist noch nicht geschehen.

Es ist die Frage der Modernisierung der Hubschrauber und der Transportflugzeuge offen. Wir haben veraltetes Fluggerät. Zur Umsetzung der Heeresgliederung sind klare rüstungspolitische Ziele gesetzt worden, unter anderem die Luftbeweglichkeit des Bundesheeres zu verbessern, sowohl 1992 als auch bei der jetzigen Heeresgliederung. Es ist sogar eine luftbewegliche Infanteriebrigade beschlossen worden, aber dieser fehlt der notwendige Transportraum. Er fehlt auch deshalb, weil die Beschaffung nicht wirklich sichergestellt ist.

Ich bedauere es, daß es jetzt durch die Verwendung veralteten Gerätes zu einem Hubschrauberabsturz gekommen ist und wir bereits einen Toten zu beklagen haben. Ich sage es noch einmal, Herr Bundesminister: Sie als politisch Verantwortlicher des Ressorts tragen ebenso wie die Heeresspitze dafür die Verantwortung, wenn weiterhin überaltetes Gerät betrieben wird und wenn es in diesem Zusammenhang zu Verletzungen, zu Toten und zu Sachbeschädigung – auf welche Art auch immer – kommt. Darauf möchte ich Sie hier im Nationalrat in aller Deutlichkeit hinweisen! (Abg. Meisinger: Bergepanzer!)

Wir haben ein Problem im Zusammenhang mit der Motorisierung des Heeres. Wir wissen, daß der Fuhrpark vor dem Zusammenbrechen steht. Im Zustandsbericht ist angeführt worden, daß umgehend – in nächster Zeit – an die 1 000 LKW beschafft werden müssen. Dafür sind die finanziellen Voraussetzungen nicht gegeben. Das gilt ebenso für das Pioniergerät, die Mannesausrüstung – diese Liste könnte ich beliebig fortsetzen. – Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist die, Herr Bundesminister, daß eine Reform des Bundesheeres – "Soviel Geld, soviel Heer" – beschlossen worden ist, unter der Prämisse, daß es in den nächsten Jahren zu keiner Steigerung des Verteidigungsbudgets kommen wird. Das war die Prämisse für diese Heeresreform, und darauf hat sich die Bundesregierung geeinigt. Daher muß ich davon ausgehen, daß die Heeresgliederung, die vom Verteidigungsministerium vorgeschlagen und jetzt im Ministerrat beschlossen worden ist – es hat eine Empfehlung des Landesverteidigungsrates gegeben; ich habe dagegen gestimmt, ebenso Kollege Scheibner –, mit dem vorhandenen Geld umgesetzt und realisiert werden kann.

Das heißt, Sie brauchen gar nicht mehr Geld! Es ist daher nicht wirklich schlüssig, eine Aufstockung des Verteidigungsbudgets – so wie Kollege Scheibner das tut – zu verlangen, weil ja nicht einmal der politisch zuständige Verteidigungsminister selbst mehr Geld will und weil die Reformschritte, die er setzt, unter dieser Prämisse entsprechend umgesetzt und festgelegt worden sind. (Abg. Jung: Deswegen heißt er auch "Werner mit der leeren Tasche"!) Das heißt, es ist kein zusätzlicher Bedarf gegeben, und daher kann ich dem Antrag des Kollegen Scheibner meine Zustimmung nicht geben.

Es kommt im Zusammenhang mit der Heeresreform folgendes hinzu, Herr Bundesminister: Ich bedauere es, daß diese Heeresreform beschlossen worden ist, ohne daß dafür die notwendigen sicherheitspolitischen Vorentscheidungen getroffen worden sind, ohne daß die Betroffenen entsprechend eingebunden worden sind oder daß man sich mit anderen Vorstellungen und anderen Ideen auseinandergesetzt hätte  – mit dem Ergebnis, daß wir eine Heeresreform haben, die im Prinzip nicht realisierbar und umsetzbar ist, eine Heeresreform, die intern keine Zustimmung gefunden, sondern nur großen Frust ausgelöst hat, weil im wesentlichen die Truppe zerschlagen wird und die Militärbürokratie weiter bestehenbleibt. – Herr Bundesminister! Das ist ein falscher Weg, der weder finanzierbar ist noch entsprechend unterstützt werden kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Einen weiteren Punkt möchte ich heute kurz anschneiden, weil der Herr Bundesminister morgen bei der Beschlußfassung über eine Novelle zum Beamten-Dienstrechtsgesetz nicht anwesend sein wird. Mit der morgigen Novelle zum Beamten-Dienstrechtsgesetz wird auch eine neue Spitzengliederung des Bundesheeres festgelegt, Herr Bundesminister! Mit dieser neuen Spitzengliederung des Bundesheeres ist genau das eingetreten, was ich vorhin


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gesagt habe: Die funktionsfähigen Kommanden im Bereich der Truppe werden zerschlagen, die Militärbürokratie wird aufgebaut.

Ich bitte Sie, uns heute darüber zu informieren, was die Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes wirklich bedeutet. Ich darf aus den Erläuterungen dazu zitieren: Es gibt einen Stabschef beim Bundesminister. Diesem Stabschef des Bundesministers für Landesverteidigung sind insbesondere einige Organisationseinheiten zugeordnet. Zur wirkungsvollen Wahrnehmung und Koordinierung dieser Aufgaben bezieht der Stabschef des Bundesministers den Zugriff auf die Gesamtorganisation des Bundesheeres, und zwar sowohl in der Zentralstelle als auch im nachgeordneten Bereich. (Abg. Jung: Da wird der Generalstabschef eingeführt, und die SPÖ stimmt zu!) Er steht organisatorisch außerhalb und durch seine Besonderheit gleichgeordnet neben den Sektionen. Das heißt, damit wird eine zusätzliche Sektion geschaffen. Dem Stabschef des Bundesministers obliegt daher auch die Koordinierung zwischen den einzelnen Sektionen. (Abg. Jung: Da wird der klassische Generalstabschef gemacht!)

Herr Bundesminister! Das ist der geradezu klassische Generalstabschef. Wenn Sie den klassischen Generalstabschef wollen, dann sagen Sie es hier! Machen Sie eine klare, neue Spitzengliederung des Bundesheeres! Wenn Sie mit der Amtsführung des derzeitigen Generaltruppeninspektors nicht einverstanden sind – aus welchen Gründen immer –, dann sagen Sie es und ziehen Sie die notwendigen personellen Konsequenzen daraus. Aber still und heimlich eine komplette Neustrukturierung der Spitzengliederung vorzunehmen, dagegen möchte ich mich mit aller Entschiedenheit verwahren!

Ich denke, daß die Spitzengliederung, die dabei herauskommt, auch nicht die optimale Spitzengliederung für das kleine österreichische Bundesheer ist. Aber ich darf Sie, Herr Bundesminister, ersuchen, uns hier und heute Antwort zu geben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich komme zum Punkt über die Frage der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht und zu meinem Antrag.

Herr Kollege Murauer und Herr Kollege Gaál! Es geht nicht um die Diskussion, ob wir ein Berufsheer einführen wollen, sondern es geht darum, ob die Voraussetzungen gegeben sind, die allgemeine Wehrpflicht auszusetzen. (Abg. Murauer: Was ist die Konsequenz daraus?) Herr Kollege Murauer! Ich muß Ihnen jetzt sagen, daß die Frage des Wehrsystems eine Frage der Form der Rekrutierung ist. Es ist zu unterscheiden, ob eine Zwangsrekrutierung erfolgt – in Klammern: allgemeine Wehrpflicht – oder ob die Rekrutierung aufgrund von Freiwilligkeit erfolgt.

Eine Zwangsrekrutierung aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht ist dann gerechtfertigt und sinnvoll, wenn eine umfassende Bedrohung des Gesellschaftssystems gegeben ist und daher – bezogen auf Österreich – jeder österreichische Staatsbürger aufgefordert ist, seinen Beitrag zu leisten, auch ... (Abg. Murauer: Das ist deine Auslegung! – Abg. Dr. Trinkl: Das ist deine Theorie!) Nein, das ist nicht meine Theorie, lieber Herr Kollege, das ist die Grundidee der allgemeinen Wehrpflicht! Lesen Sie es nach, lernen Sie österreichische Militärgeschichte, dann werden Sie auch wissen, daß die Grundidee der allgemeinen Wehrpflicht in der Idee der "lever en masse" wurzelt, in der Idee, daß jeder Bürger der Revolution aufgerufen ist, die Erfolge und Ergebnisse der Revolution auch zu verteidigen. Das ist die Grundidee der allgemeinen Wehrpflicht, liebe Herren Kollegen! (Abg. Murauer: Du gestattest auch den Blick über die Grenzen hinaus, um die Erfahrungen von dort einzubeziehen!)

Demnach geht es darum, das Gesellschaftssystem durch die Mobilisierung aller Kräfte – also auch durch die Zwangsrekrutierung zum Wehrdienst – zu schützen und zu bewahren. Liebe Herren Kollegen von der ÖVP! Diese Grundvoraussetzungen sind spätestens seit der politischen Entwicklung im Jahre 1989 und danach nicht mehr gegeben. Wir haben keine umfassende, gesamtheitliche Bedrohung unseres Gesellschaftssystems mehr. Wir haben keine militärische Bedrohung mehr.

Herr Kollege Murauer kennt als Mitglied des Verteidigungsausschusses auch die Analysen des Verteidigungsministeriums, aus denen klar hervorgeht, daß diese Bedrohung nicht mehr gegeben ist. (Abg. Scheibner: Das ist aber eine gefährliche Argumentation!) Daher besteht die Mög


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lichkeit, das System vom Grundsatz her neu zu überdenken und ein neues Wehrsystem entsprechend einzuführen. Erst recht besteht diese Möglichkeit, wenn ... (Abg. Murauer: Das ist der liberale Ansatz! Derjenige der ÖVP ist ein anderer!) Das ist unser liberaler Ansatz! Daher wollen wir darüber diskutieren.

Es besteht insbesondere dann diese Möglichkeit, wenn wir auch in ein europäisches, internationales Sicherheitssystem eingebettet sind. (Abg. Murauer: Das heißt wie?) Daher sieht unser Antrag vor (Abg. Murauer: Wie heißt es, dieses Sicherheitssystem?) , daß wir mit dem Beitritt zur Westeuropäischen Union auch die Möglichkeit nutzen sollten, das Wehrsystem zu überdenken und das Wehrsystem dahin gehend zu verändern, daß die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt und durch ein freiwilliges System ersetzt wird.

Herr Kollege Murauer! Das Freiwilligensystem kennt auch die Miliz, weil kein funktionierendes Wehrsystem auf die Miliz verzichten kann. Jedes funktionierende Wehrsystem kennt den Berufskaderanteil, und jedes kennt den Milizanteil. Im Zusammenspiel dieser beiden Komponenten wird auch ein neues Wehrsystem für Österreich festzulegen sein. Das heißt, im Freiwilligenheer, wie wir es sehen, wird es auch eine Freiwilligenmiliz geben. Daher wird alles daranzusetzen sein, diese Freiwilligenmiliz auch in Zukunft systematisch zu unterstützen und weiterzuentwickeln, als wichtigen Schritt in ein neues, modernes Wehrsystem.

Ich komme zum Schluß, weil meine Zeit (Abg. Dr. Trinkl: ... ist abgelaufen!) zu Ende ist und ich keine zusätzliche Redezeit mehr habe. Es tut mir leid, aber ich gehe davon aus, daß wir darüber in Zukunft weiterdiskutieren werden können.

Ich denke, daß die Voraussetzungen dafür gegeben sind, unser bestehendes Wehrsystem entsprechend zu überdenken, und daß wir unser Wehrsystem auch ändern können, und zwar im Hinblick auf ein modernes Wehrsystem, zu dem der Trend in Europa geht: nämlich hin zur Freiwilligkeit. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg.


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Scheibner: Jetzt hast du nichts zur WEU gesagt!)

20.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Hagenhofer zu Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.12

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Moser, ich möchte mich gerne mit dem Entschließungsantrag des Liberalen Forums befassen, und zwar im Hinblick auf eine ausreichende Pensionsvorsorge für Soldaten des österreichischen Bundesheeres.

Sie haben in Ihrem Einleitungssatz zu Recht angeführt, daß sich Österreich seit 1960 an der Entsendung und Bereitstellung von Truppen für die Vereinten Nationen beteiligt. Sie haben weiters darauf hingewiesen – und das ist meiner Ansicht nach das Besondere an dieser Aktion –, daß den UN-Soldaten 1988 der Friedensnobelpreis verliehen wurde. Ich denke, das ist auf der einen Seite eine besondere Auszeichnung. Es ist aber auf der anderen Seite auch eine besondere Leistung der Soldaten, die sich für die Wahrung des Weltfriedens einsetzen.

Ihr Antrag auf pensionsrechtliche Absicherung hat zwei wesentliche Schienen: zum einen die grundsätzliche Linie des Zugangs zu unserem Pensionsrecht, das auf Beitragsmonate abstellt, zum anderen Ihre Hinweise auf die Ersatzzeiten – das derzeit geltende Recht für außerordentlichen Präsenzdienst oder die freiwilligen Waffenübungen und so weiter –, die Sie anführen.

Herr Kollege Moser! Meine Fraktion steht für diese Situation und grundsätzlich auch für Ihren Antrag. Wenn wir davon ausgehen, daß wir diese Ersatzzeiten in Beitragsmonate ... (Abg. Scheibner: Frau Kollegin! Dieser Antrag steht nicht auf der Tagesordnung!) Selbstverständlich ist er miteinbezogen! (Abg. Scheibner: Er war zwar im Ausschuß, ist aber nicht auf der Tagesordnung! – Abg. Dr. Trinkl: Aber das macht nichts! Es ist gar nicht so schlecht, ihn trotzdem zu behandeln! – Weitere Zwischenrufe.) Also gut, wir reden trotzdem darüber. Ich bin sehr dankbar dafür, daß wir darüber reden können, weil es ein wesentliches Thema ist. (Abg. Scheibner: Nur, wenn Sie sich falsch abstimmen ...!) Nein, da stimmen wir sicherlich nicht "falsch" ab.

Das Thema ist aus unserer Sicht auf alle Fälle insofern wesentlich, als wir, wenn wir darüber reden, Ersatzzeiten grundsätzlich als Beitragszeiten anzurechnen, davon ausgehen müssen, daß es dann nicht nur um die Ersatzzeiten in bezug auf den Wehrdienst gehen kann. Wir haben dann selbstverständlich auch alle anderen Ersatzzeiten – sprich die Ersatzzeiten für Kindererziehung, die Ersatzzeiten der Arbeitslosigkeit, die Ersatzzeiten der Arbeitssuche – mitzudiskutieren.

Herr Bundesminister! Aus diesem Grund möchten wir vorschlagen, zu überlegen, ob diese Auslandseinsätze nicht eventuell im Rahmen von Dienstverhältnissen abgewickelt werden könnten. Denn dann wären Beiträge zu bezahlen, und dann wären diese Soldaten auch pensionsrechtlich entsprechend abgesichert.

Wir möchten Sie auch ersuchen, Herr Bundesminister, daß Sie die Gesamtproblematik anhand dieses Antrages – auch wenn er nicht zur Verhandlung steht, betrifft er doch das Thema – eingehend prüfen und daß Sie uns Lösungsmöglichkeiten, speziell auch in diesem Fall, zur Verfügung stellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Murauer. )

20.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr ergreift Herr Abgeordneter Wabl das Wort. (Abg. Murauer: Schmerz laß nach!) 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.16

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich danke für die ergreifenden Einleitungsworte. (Abg. Smolle: Du hast nicht einmal gedient beim Heer! Du weißt ja nichts vom Bundesheer! – Heiterkeit.)

Herr Abgeordneter Smolle (Abg. Murauer: Der weiß das! Der kennt sich da aus!), ein sehr, sehr geschätzter Minderheitenvertreter, glaubt offenbar, er muß hier durch irgendwelche extrem peinlichen Bemerkungen auffallen. Ich halte das für sehr unangebracht. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Der Vorschlag des Herrn Abgeordneten Moser – er ist jetzt nicht da ... (Abg. Dr. Trinkl: Ist er ein "weißer Jahrgang"? – So alt ist er nicht? – Abg. Murauer: Oder war er untauglich?) Nein, nein, Abgeordneter Smolle wurde sogar für den Heeres-Nachrichtendienst angeworben. Es ist nicht so, daß er untauglich für militärische Aufgaben wäre. Man hat geglaubt, im jugoslawischen Raum ... (Abg. Dr. Ofner: So einen Scherz würde ich nicht machen!) Das ist kein Scherz. (Abg. Dr. Trinkl: Wer ist angeworben worden? – Abg. Murauer: Kollege Wabl scherzt nicht!) Also, das haben meine Verbindungsleute herausgefunden! (Heiterkeit. – Abg. Scheibner: Verbindungsleute hat er! – Abg. Schwarzenberger: Sein Nachrichtendienst war das! – Weitere Zwischenrufe.) Aber damit möchte ich mich jetzt nicht auseinandersetzen. (Abg. Scheibner: Aber das wäre noch interessant: Smolle ...?)

Herr Abgeordneter Moser hat einen Antrag eingebracht aus einem sehr gegenteiligen Motiv: die allgemeine Wehrpflicht zu überdenken und abzuschaffen, sie zumindest jetzt einmal auszusetzen. Meine Damen und Herren! Wir sollten – und haben das im Landesverteidigungsausschuß zum Teil getan – sehr offen darüber diskutieren, ob das Institut der allgemeinen Wehrpflicht noch zeitgemäß ist.

Herr Abgeordneter Maitz! Sie sind ein strikter Verfechter der allgemeinen Wehrpflicht. Herr Kollege Khol sieht das ein bißchen anders. Ich weiß nicht, wie das der Herr Bundesminister sieht. Ich glaube, daß wir in Zukunft ein Mischsystem haben werden aus beamteten ... (Abg. Dr. Maitz: Haben wir jetzt schon!) Wir werden einen relativ großen Teil als Berufsheer haben, wie das schon jetzt der Fall ist, und der Ergänzungsbedarf wird durch Freiwilligenmiliz erfolgen. Ich glaube, daß das Zukunft hat und sinnvoll ist in einer Gesellschaft, die im Grunde genommen in fast allen Lebensbereichen ein arbeitsteiliges Verfahren propagiert.


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Es gibt nur wenige Bereiche, in denen das nicht geschieht; dazu gehört der Haushaltsbereich. In dieser Hinsicht gibt es Bemühungen einzelner politischer Gruppen, die Arbeit zu teilen, weil das so vernünftig zu sein scheint. Ich bin übrigens auch ein strikter Gegner solcher Bemühungen.

Aber ich halte es für unerträglich, daß in einem Land wie Österreich – eigentlich halte ich es in jedem Land dieser Welt für unerträglich – die Menschen von einem gewissen Alter an selbstverständlich dazu erzogen oder herangebildet werden, daß sie andere Menschen umbringen können – oder positiv ausgedrückt: daß sie ihr Land schützen oder ihre Familien verteidigen können. (Abg. Murauer: Positiv ist: schützen können!)

Ich halte das für eine Vorgangsweise, die nicht klug ist, abgesehen davon, daß es eine Zumutung für jeden 18jährigen ist, daß er dazu gezwungen wird, eine bestimmte Zeit in einem Ausbildungsapparat zu verbringen, der alles andere als demokratisch ist. (Ruf bei der ÖVP: Das ist eine eigenartige Ausrede!)

Meine Damen und Herren! Wir haben andere Motive, aber Kollege Moser hat dieses Thema zu Recht angesprochen, und ich finde, man sollte darüber offen diskutieren. Herr Kollege Gaál! Ich weiß schon, Sie behaupten, es gebe dazu keine Alternative. Mir kommt die Diskussion von Ihrer Seite ein bißchen schizophren vor – verzeihen Sie mir diesen Ausdruck. (Abg. Mag. Barmüller: Gespalten!)

Heute vormittag haben wir die Rede des Bundespräsidenten gehört, der etwas verklausuliert, aber mit aller Deutlichkeit für den NATO-Beitritt geworben hat. (Abg. Dr. Trinkl: Sehr gute Rede!)

Herr Abgeordneter Gaál! Sie von der sozialdemokratischen Fraktion tun jedoch so, als hätte diese Diskussion nicht stattgefunden. Sie stecken den Kopf in den sozialdemokratischen rieselfreudigen Sand. Kollege Cap denkt darüber nach, wie man die NATO den eigenen Genossen noch besser schmackhaft machen kann. Aber wir sollten offen darüber diskutieren, welche die Vor- und Nachteile dieser Art von Bündnissen sind.

Meine Damen und Herren! Wir haben in diesem Zusammenhang eine Verpflichtung. Ich muß sagen, die Worte, die der Bundespräsident heute im Zusammenhang mit der Neutralität wieder gewählt hat, als er gemeint hat, sie müsse sich hin zur Solidarität entwickeln, stellen für mich tatsächlich eine – ich habe das schon einmal von diesem Rednerpult aus klargestellt und zum Ausdruck gebracht – Geringschätzung der bisherigen Rolle Österreichs dar.

Herr Bundesminister! Sie werden mir recht geben, daß Österreich seine Neutralität niemals als Beiseitestehen verstanden hat, sondern immer als Ausdruck einer besonderen Art der Solidarität, die nicht in plumper Waffenbrüderschaft besteht, wie Sie das offensichtlich meinen, Herr Maitz. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.  – Ruf bei der ÖVP: Und diese zu verteidigen!)

Das ist das Problem! Die Frage der Neutralität wurde in Österreich immer solidarisch verstanden, von der gesamten Reihe der Staatsmänner, auch von seiten der ÖVP. Ich verstehe daher nicht, wie es dazu kommt, daß ein Bundespräsident in einer derart einseitigen – um kein schärferes Wort zu verwenden – Erklärung ganz bestimmten gesellschaftlichen Interessen das Wort redet (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz ) , indem er die Frage der Neutralität auf ein Beiseitestehen, auf ein Wegschauen oder auf ein Trittbrettfahren reduziert, wie das auch von manchen ÖVP-Politikern gesagt wird.

Herr Kollege Gaál! Schauen Sie sich an, was morgen im Hauptausschuß von Herrn Bundesminister Fasslabend wieder vorgelegt werden wird. (Abg. Scheibner: Schon erledigt, Herr Wabl!)  – Heute schon erledigt? – Dann bin ich zumindest um einen halben Tag hintennach. (Rufe bei der ÖVP: Wie meistens!)  – Das lasse ich mir gerne gefallen, denn wenn ich an die Debatte zwischen den Sozialdemokraten und Ihnen denke, dann frage ich mich wirklich, ob das abgestimmt und angenommen worden ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz. )


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Herr Abgeordneter Maitz, die Waffenbrüderschaft, die Sie propagieren, ist das älteste Modell überhaupt! (Beifall bei den Grünen.)

Dieser Antrag – und das steht auch hier zu Debatte, meine Damen und Herren –, den der "Kameradschaftsbund" in Form von Petitionen eingebracht hat und den Herr Scheibner transportiert hat (anhaltende Zwischenrufe des Abg. Dr. Maitz ) , in dem Sie wieder diese "bescheidenen" Summen für einen Militärapparat verlangen, der meines Erachtens ein klassisch obszöner ... (Abg. Dr. Maitz: Sie sind ein klassischer Demagoge!)

Herr Abgeordneter Maitz! Ich habe immer mit Abscheu zugehört (lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP) , als in der damaligen Sowjetunion alles als "Friedensorganisation" bezeichnet worden ist: Jeder Aufmarsch der Armee wurde als Friedenspropagandamarsch verkauft. Sie glauben, wenn Sie die Begriffe einfach mißbrauchen (Abg. Dr. Maitz: Schauen Sie sich doch Bosnien an!) , dann sind Sie auf der richtigen Spur! (Abg. Dr. Maitz: Das ist ja ungeheuerlich!) Herr Abgeordneter Maitz! Herr Murauer! Schauen Sie ... (Abg. Dr. Petrovic  – in Richtung des Abg. Dr. Maitz –: Was ist mit den Türken? – Heftige Gegenrufe bei der ÖVP.) Sie kämpfen Arm in Arm mit türkischen Armeeangehörigen, die ein ganzes Volk auszurotten drohen! Das ist Ihre Form der Friedenserhaltung! Sie glauben ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Aber selbstverständlich!

Wo sind denn Ihre kritischen Stellungnahmen zur Türkei, Herr Maitz? (Abg. Dr. Maitz: Der Vergleich, die österreichische Sicherheitspolitik mit der der Sowjetunion zu vergleichen, ist schon toll!) Wo sind sie denn? (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Maitz und Dr. Petrovic. )

Der Herr Außenminister hat gestern hier laut verkündet, es sei innerhalb der EU kein einziger Schuß abgegeben worden. Er hat nicht vom Kriegszustand in Irland gesprochen, der jetzt zum Glück durch die letzten Verhandlungen entschärft worden ist, der aber leider wieder aufzukeimen droht. Er hat nicht davon geredet, welch unglaubliche Auseinandersetzungen es in jüngster Zeit in Spanien gegeben hat.

Herr Abgeordneter Maitz! Sie verwechseln einige Dinge, und ich bitte Sie, darüber nachzudenken, daß das, was Sie hier ununterbrochen im Verbund mit den Freiheitlichen propagieren, nämlich eine massive Verbesserung der budgetären Situation im militärischen Bereich auf bis zu 140 Milliarden Schilling ... (Abg. Scheibner: Die wollen ja nicht!)  – Sie wollen schon, nur die Sozialdemokraten sagen: Dafür haben wir kein Geld! (Abg. Scheibner: Ein völliger Unsinn!) Herr Kollege Scheibner, Sie wissen das ganz genau. (Abg. Scheibner: Er fordert es ja nicht einmal, der Herr Minister!) Das sind die internen Papiere; verschwiegen und versteckt hat er schon seine geheimen Wünsche. Wenn Herr Fasslabend mit seiner Frau zu Hause sitzt, dann denkt er sich wahrscheinlich oft, wenn er so zusammenzählt ... (Ruf bei der ÖVP: Da wird er wohl etwas anderes machen! Da wird er keine Panzer zählen!)  – Panzer zählt er nicht, sondern er bespricht sich mit seiner Frau.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Maitz! Sie sollten sich über diese Dinge nicht so aufregen. (Abg. Dr. Maitz: Es gibt Grenzen!)  – Ja, das glaube ich. Wenn Sie ständig Solidarität mit Waffenbrüderschaft verwechseln, wenn Sie Aufrüstung in Österreich mit umfassender Landesverteidigung verwechseln, wenn Sie Frieden mit Kampfeinsätzen verwechseln, dann muß ich mich leider kritisch mit Ihnen auseinandersetzen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Maitz: Wer hat denn in Bosnien den Frieden hergestellt? – Abg. Dr. Petrovic: Wer hat denn die "ethnische Säuberung" unterstützt?)

Herr Abgeordneter Maitz! Sie haben sich heute hier bei Ihren Reisegefährten für die Teilnahme an der Reise ins NATO-Hauptquartier bedankt. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Maitz und Dr. Petrovic. ) Ich würde mich bei Ihnen bedanken, wenn Sie mit demselben Ernst und mit demselben Engagement mit Ihren Kolleginnen und Kollegen nach Ankara reisten und dem dortigen militärischen Hauptquartier klarmachen würden, daß es Völkermord ist, was dort passiert (Beifall bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum), und was Sie mit Ihrer neutralen österreichischen solidarischen Haltung dagegen zu tun gedenken. Das sollten Sie tun; dann würde ich mich bei Ihnen und auch beim Herrn Minister Fasslabend bedanken.


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Herr Abgeordneter Maitz! Sie verabschieden sich von der Geschichte, Sie distanzieren sich von der österreichischen Geschichte (Abg. Dr. Maitz: Friedenseinsätze, das zählt alles nichts?) , die seit 1945 immer solidarisch mit jenen war, die unterdrückt waren (Abg. Dr. Maitz: UNO-Einsätze der österreichischen Soldaten zählen nichts?) , die in Gefahr waren, wobei sich österreichische Politiker und die österreichische Bevölkerung niemals abseits gestellt haben.

Es wird Ihnen nicht gelingen, die österreichische Geschichte der Zweiten Republik als Trittbrettfahrerei und unsolidarisches Verhalten abzutun. (Abg. Dr. Maitz: Das sagt doch niemand!) Dagegen werden hoffentlich die Sozialdemokraten sein – und hoffentlich auch die Bevölkerung in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

20.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dr. Fasslabend zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

20.29

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zu den im Ausschuß diskutierten Fragen, die sich insbesondere auf die Heeresorganisation, aber auch auf die Aufrüstung bezogen haben, möchte ich folgendes kurzes Statement abgeben.

Die Frage der Heeresorganisation ist für mich immer eine Frage gewesen, für die es keine ideologischen Scheuklappen geben darf. Für mich waren immer die militärische Effizienz, die Kosten und die politische Machbarkeit eines Systems ausschlaggebend.

Ich habe nie einen Zweifel daran gelassen, daß ein Systemwechsel in Österreich einer grundlegenden Entscheidung über die Einbindung Österreichs in eine Sicherheitsorganisation – etwa NATO oder WEU – bedarf, um ernsthaft und verantwortungsvoll diskutiert werden zu können. Ich habe auch nie einen Zweifel daran gelassen, daß ich diese Diskussion und eine Entscheidung in diese Richtung für notwendig erachte.

Zweitens: Es wurde die Frage des Stabschefs angesprochen. Das ist die Abbildung der derzeitigen Verhältnisse. Zweifelsohne ist der Generalstabschef der Generaltruppeninspektor, der mit der Planung, Koordination und Inspektion des gesamten militärischen Bereiches beauftragt ist und dies auch in Zukunft ausüben wird.

Der dritte Bereich betrifft die Ausrüstung. Wir haben in den letzten Jahren zweifellos deutliche Verbesserungen erreichen können: mehr als eine Vervierfachung der Kampfkraft der Artillerie, die Einführung moderner Waffensysteme. Ich denke hiebei an Boden-Boden-Lenkwaffen, an Boden-Luft-Lenkwaffen und an Luft-Luft-Lenkwaffen. Mit der Einführung von PANDUR, von LEO und JAGUAR kam es zu einer wesentlichen Verstärkung im Mech-Bereich. Ebenso wurde die Führungsfähigkeit durch einen gewaltigen Ausbau der EDV erhöht.

Selbstverständlich kann kein Zweifel darüber bestehen, daß gerade diese Tatsachen zeigen, daß ein enormer Aufholbedarf vorhanden war und daß es immer noch einen Aufholbedarf gibt, der nicht zu unterschätzen ist. Es wird unsere Aufgabe sein, in den nächsten Jahren gemeinsam diesen Aufholbedarf entsprechend zu verringern. – Ich danke Ihnen im voraus für Ihre Unterstützung dabei! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Wabl: Oje, jetzt kommt wieder so eine Waffenrede, eine Schießrede!)

20.32

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde keine "Waffenrede" halten, möchte aber doch einige Bemerkungen zur Forderung der Petition 15 machen, in der eine Anpassung des Landesvertei


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digungsplanes 1985 verlangt wird. Dieser Landesverteidigungsplan enthält Zielsetzungen für die umfassende Landesverteidigung, aber auch Maßnahmen zu ihrer Verwirklichung.

Viele Ausführungen werden nach wie vor Gültigkeit haben: die Ausführungen zur zivilen Landesverteidigung, zur geistigen Landesverteidigung, teilweise wahrscheinlich auch zur wirtschaftlichen Landesverteidigung. Sicher gilt das jedoch nicht mehr für den Bereich der militärischen Landesverteidigung. Durch den Untergang des Kommunismus und durch die Auflösung des Warschauer Paktes hat sich das Bedrohungsbild für die Republik Österreich zum Glück wesentlich verändert; auch die Sicherheitspolitik der EU hat sich vor diesem Hintergrund weiterentwickelt.

Es stimmt, daß es derzeit kein einheitliches Dokument zur Sicherheitsdoktrin über die neue österreichische Verteidigung gibt. Es steht aber außer Zweifel, daß wir alle Sicherheitsbemühungen auf europäischer und internationaler Ebene unterstützt und dafür auch die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen haben. Wir haben das Gesetz über die Kooperation und Solidarität für die Entsendung von Truppen ins Ausland beschlossen, wir haben den Vertrag von Amsterdam ratifiziert, und wir können nunmehr an friedensschaffenden Aktionen teilnehmen. Wir leisten unseren Beitrag im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, im Rahmen der Europäischen Union. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Bemühungen und den Einsatz unseres Außenministers Schüssel im Kosovo hinweisen, wo er sich in den letzten Tagen um eine Lösung bemüht hat, um weiteres Blutvergießen zu verhindern.

Aufgrund einer Lagebeurteilung der österreichischen Bundesregierung im Jahre 1992 wurde schließlich die Heeresgliederung-Neu eingeführt. Durch die Strukturanpassung 1998 wurde versucht, das Bundesheer auf die neue Situation hin auszurichten.

Daher ist, bevor es zur Erstellung eines neuen österreichischen Landesverteidigungsplanes kommen kann, die Politik gefragt. Wir haben die Frage zu beantworten: Wie geht es mit der Sicherheitspolitik Österreichs weiter? Welchen Weg will Österreich gehen? (Abg. Scheibner: Darauf warten wir ja schon seit Jahren!)  – Wir von der Österreichischen Volkspartei haben unsere Vorschläge auf den Tisch gelegt, unser Optionenbericht liegt im Form eines Antrages hier im Hause auf. Unsere Vorschläge, in einen intensiven Dialog mit der WEU und der NATO einzutreten, um die Möglichkeiten eines Beitrages, einer Bündnissituation abzuschätzen, liegen vor. (Beifall bei der ÖVP.)

Dafür bedarf es einer gemeinsamen Vorgangsweise, und wir sind zu dieser Gemeinsamkeit auch bereit. Voraussetzung dafür ist aber eine ehrliche und ernsthafte Diskussion des Inhalts: Wie können wir größtmögliche Sicherheit für unsere Bevölkerung erreichen? – Erst wenn diese Frage beantwortet ist, können wir daran gehen, Details zu erarbeiten und in einem neuen Landesverteidigungsplan zusammenzufassen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.36

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausführungen der Kollegin Hagenhofer waren durchaus interessant und überlegenswert, auch wenn sie nicht direkt zum Tagesordnungspunkt paßten. Man wird über diese Dinge reden müssen. Ich möchte aber den Kollegen von der SPÖ in diesem Zusammenhang auch etwas zu bedenken geben: Es kann jedem passieren, daß er zu etwas spricht, was nicht auf der Tagesordnung steht. Aber überlegen Sie sich, welches Hohngelächter ausgebrochen wäre, wenn das einem Freiheitlichen passiert wäre! (Beifall bei den Freiheitlichen und Ruf: Ja! So ist es!)

Nun zu Ihnen, Herr Bundesminister. Auch wenn es nicht immer den Anschein hat, so habe ich durchaus Respekt vor Ihrer militärpolitischen und sicherheitspolitischen Kenntnis und Ihrem Wissen auf diesem Sektor. Die Problematik ist das fehlende Geld und die fehlende Durchset


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zungsfähigkeit von Ihnen und Ihrer Fraktion im Rahmen der Koalition; dies führt zu derartigen Zuständen und Unfällen wie dem jüngsten Hubschrauberabsturz. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es hätte noch schlimmer ausgehen können! In diesem Hubschrauber ist einer meiner Jahrgangskameraden umgekommen. Zwei Mitfliegende sind kurz vorher ausgestiegen, sonst wären es drei Tote gewesen.

Aber die Schuld liegt nicht nur beim Minister allein, die Schuld liegt auch bei diesem Haus, und zwar bei Ihnen von der großen Koalition, meine Damen und Herren! Sie geben diesen Piloten den Auftrag, Rettungseinsätze zu fliegen, Grenzsicherungseinsätze zu fliegen. Das entsprechende Gerät und die Ausrüstung geben Sie ihnen jedoch nicht. Da nehmen Sie Tote in Kauf. Diesen Vorwurf kann Ihnen niemand abnehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden es Ihnen weiter vorhalten. Ich hoffe, es wird nicht mehr solch tragische Anlässe geben. Ich fürchte aber, daß dies der Fall sein wird.

Nun zum Kollegen Murauer, der vom Denkverbot bei der FPÖ gesprochen hat. Wissen Sie, wo tatsächlich Denkverbot herrscht? – Im Bundesheer! Ich habe hier einen Befehl des Generaltruppeninspektors an die Kommandanten und an die Dienststellenleiter – nicht an untergeordnete Soldaten –, in dem es um Heeresgliederung, Landesverteidigungsplan und ähnliche Dinge geht, die die Zukunft des Heeres und die Kommandanten wesentlich betreffen. Da gibt es ein Denkverbot. Der GTI wendet sich an die Kommandanten und die Dienststellenleiter. Ich zitiere:

Mit dem Anlaufen der vor uns liegenden zirka eineinhalbjährigen Umsetzungsperiode ist nicht bereits ein Nachdenkprozeß darüber eingeleitet, wie es nachher weitergehen soll. – Das soll man noch nicht einleiten! – Es ist nicht die Zeit für Spekulationen darüber, was nachher kommen soll. Weder hat der Herr Bundesminister den Generaltruppeninspektor mit solchen Aufgaben – nachdenken! – betraut, noch sind meinerseits diesbezügliche Aufträge ergangen. – Zitatende. Also ein Denkverbot für die führenden Offiziere im Bundesheer: nur nicht nachdenken, was dabei herauskommen könnte!

Meine Damen und Herren! Das erinnert mich sehr an einen Spruch, den ich in meiner Schulzeit einmal gelernt habe: Der eine fragt: Was kommt danach?, der andre nur: Ist’s recht?, und also unterscheidet sich der Freie von dem Knecht.

Herr Minister! Wollen Sie Knechte oder wollen Sie denkende Offiziere? Wenn Sie letzteres wollen, dann muß dieser Befehl des Herrn Generaltruppeninspektors wirklich zurückgenommen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder ist es vielleicht wirklich so, daß er im Zuge der neuen Struktur ... (Abg. Smolle: Herr Jung! Wie kommen Sie denn zu diesem Befehl?)  – Für Sie habe ich leider keine Zeit. Es ist es mir nicht wert, auf Ihre Einwendungen einzugehen. (Abg. Smolle: Können Sie uns das kurz erklären?)

Herr Minister! Hat der Generaltruppeninspektor im Bundesheer nichts mehr zu reden? Ist das vielleicht auch der Grund, warum er heute nicht hier ist? Ist er wirklich schon durch den zukünftigen Generalstabschef des Bundesheeres, also Ihrem jetzigen Kabinettschef, entmachtet? (Abg. Smolle: Sind Sie ein Kommandant?) Das ist eine wirklich interessante Frage, die sich stellt, denn wenn man das liest, so sieht man, daß es sich eindeutig um einen Generalstabschef handelt. Da haben Sie die SPÖ eindeutig und geschickt übertölpelt. Meine Gratulation dazu! (Abg. Smolle: Woher haben Sie den Befehl?)

Die Frage ist nur: Gab es da vielleicht ein Gegengeschäft – Abwehramt oder sonst irgendwas? Das werden wir in nächster Zeit noch sehen, wir werden es genau beobachten. Nur: Der Befehl des Herrn Generaltruppeninspektors, Herr Minister, ist eine Schande für das Bundesheer. Er gehört auf der Stelle zurückgenommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Woher haben Sie den Befehl?)  – Er ist aus dem Verlautbarungsblatt, er wird überall verlautbart. Sie können ihn auch haben, wenn Sie wollen. Er ist nicht aus dem Heeres-Nachrichtenamt.(Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.40


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Präsident Dr. Heinrich Neisser:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich freue mich, daß ich als Abgeordneter einer Fraktion zu Ihnen sprechen kann, in der kein Denkverbot verhängt wird, und dem es auch gestattet ist, genügend Zeit aufzuwenden, um mit jedem einzelnen von Ihnen eine Diskussion zu führen.

Diese Diskussion ist notwendig. Wir haben ja heute gesehen, wie breit das Spektrum der Meinungen in unserer Republik ist, und diese Meinungen müssen ernst genommen und ausdiskutiert werden. Aufgrund der Tagesordnung wird die notwendige Zeit dafür heute sicher nicht vorhanden sein. Ich muß mich daher auch auf einige Details beschränken.

Zum Liberalen Forum. (Abg. Hans Helmut Moser: Das sind wir!) Kollege Moser! (Abg. Hans Helmut Moser: Hier!) Auf in die WEU!, diese Parole ist nicht neu, noch eher neu sind die Forderungen nach der Aussetzung der Wehrpflicht und dem Freiwilligenheer. Das sind Schlagworte, ich hätte jedoch gerne gewußt, wie das funktionieren soll. Ein Freiwilligenheer wird man nur mit einem nicht unbeträchtlichen finanziellen Anreiz lukrieren können, und damit wären wir wahrscheinlich bei den Kosten eines Berufsheeres. Warum also das Freiwilligenheer? Ich glaube ja nicht, daß du dir ein Freiwilligenheer auf der Basis vorstellst, wie wir es jetzt probieren. Die Einstellung: Ob ich morgen noch in den Dienst komme oder nicht, ist meine Sache!, würde der Landesverteidigung und dem gesamten Heer keinen guten Dienst erweisen. (Abg. Hans Helmut Moser: So wollen wir das nicht!)

Außerdem wundert es mich, daß du glaubst, mit der Freiwilligkeit die Professionalisierung zu erhöhen. Also da sehe ich den Zusammenhang in keiner Weise. Weitere Diskussionen dazu werden stattfinden. (Abg. Scheibner: Ein Freiwilliger ist schon mehr motiviert!)

Meine Damen und Herren! Interessant sind auch die Forderungen der Freiheitlichen betreffend Finanzierung. Natürlich sind auch die Sozialdemokraten dafür, 1 Prozent mehr für das Bundesheer "aufzureißen". (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Scheibner und Jung. ) Diese Forderung ist nicht neu, aber die Koalition hat sich dazu bekannt, daß jedes Ministerium Forderungen zurücknehmen muß, weil sie im Augenblick nicht finanzierbar sind; ebenso das Bundesheer. (Abg. Scheibner: Warum darf das der Schlögl?)

Kollege Scheibner! Ich hoffe, du schreist dann auch noch so weiter. (Abg. Scheibner: Ich schreie nicht!) Der Finanzierungsvorschlag, den du bringst und der im Bericht abgedruckt ist, ist lesenswert: "Die zusätzlichen Mittel für das Landesverteidigungsbudget konnten neben Umschichtungen von Zuschüssen an defizitäre Betriebe, die sich unerklärlicherweise im Bundesbesitz befinden, etwa durch den Erlös von Verkäufen von Liegenschaften und Kasernen ...." – Unerklärlicherweise defizitäre Betriebe, die sich im Bundesbesitz befinden! Einen Absatz höher kann man zwischen den Zeilen lesen, was der Kollege Scheibner damit meint: Vergleicht man damit die Aufwendungen für die Infrastruktur der ÖBB: 32,05 Milliarden Schilling.

Soll es etwa das sein? Wir nehmen den Bundesbahnen das Geld weg und finanzieren damit die Panzer? (Abg. Dr. Ofner: Das hast aber du gesagt!) Wir machen ein Loch zu und das andere Loch auf – das ist der Finanzierungsvorschlag der Freiheitlichen Partei! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei den Freiheitlichen: Da hast du aber falsch zwischen den Zeilen gelesen!)

Meine Damen und Herren! Es ist auch die NATO-Debatte angeklungen. Es war klar, daß diese Diskussion nicht ohne NATO-Debatte ablaufen wird. Wir werden diese NATO-Debatte führen, wir werden das ohne Scheuklappen und mit allen Argumenten tun.

Interessant waren auch die Kurzargumente, die Kollege Tychtl von diesem Besuch mit nach Hause gebracht hat. Er hat gesagt, es solle sich niemand einbilden, es gebe eine NATO ohne WEU oder eine WEU ohne NATO. (Ruf bei der ÖVP: Das ist aber eine schwierige Kombination, WEU ohne NATO!) Es soll sich auch niemand einbilden, daß wir uns die Beistandspflicht aus


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suchen können! Das erste Mal vielleicht, das zweite Mal vielleicht auch noch, aber dann schon nicht mehr, dann werden wir sehr deutlich an unsere Pflichten erinnert werden. Und darüber sollten wir schon nachdenken!

Ich halte es für gut, daß es sich die österreichische Bundesregierung, das österreichische Parlament vorbehält, zu entscheiden, wohin Soldaten geschickt werden. Es war gut, unsere Soldaten ins Ausland zu schicken, es war aber auch genauso gut, unsere Soldaten nicht nach Somalia zu schicken – ein weiser Entschluß, den die Regierung getroffen hat. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Obwohl Kollege Maitz mir immer wieder erklärt, das sei kein Thema mehr, werden wir darüber diskutieren müssen, wie es mit den Atomwaffen ausschaut. Kollege Maitz! Du hast bei den Diskussionen immer gesagt: Es ist alles geregelt, nur das Gesetz in Verfassungsrang unterschreiben wir nicht! – Vielleicht ist ja doch nicht alles geregelt.

Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß der Optionenbericht noch in dieser Legislaturperiode dem Hohen Haus vorgelegt werden wird, ich glaube aber sehr wohl, daß wir das Thema Neutralität, die für mich nach wie vor einen Wert hat – und damit bin ich ja nicht der einzige in Österreich, es gibt sehr viele Österreicherinnen und Österreicher, die das auch so sehen –, in der Wahlwerbung 1999 behandeln werden. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei den Freiheitlichen: Das glaube ich! Wahlkampf! Jetzt ist es heraußen! Das ist ja unglaublich!)

20.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Lassen Sie jetzt bitte Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl zu Wort kommen, der mit 4 Minuten Redezeit auskommen möchte! – Bitte.

20.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sehe ab von der Wahlkampfankündigung durch Kollegen Kummerer und repliziere auf Kollegen Murauer, der hier von Denkverboten gesprochen hat: Gedanken sind bekanntlich frei, aber was hier nichts verloren hat, ist Inkompetenz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Debatten über die Landesverteidigung sprechen immer Freunde des Bundesheeres. Die Sicherheit unserer Heimat und das Wohlergehen unserer Soldaten liegt uns bestimmt allen am Herzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den Äußerungen des Herrn Bundespräsidenten bei seiner Angelobung heute möchte ich folgendes sagen (Abg. Schwarzenberger: Das war eine gute Rede!): Bei allem Verbindenden hinsichtlich der Sorge um das Heer klafft eine Lücke zwischen dem Reden und dem Handeln, der Wirklichkeit.

Herr Bundesminister! Ich habe hier die "Milizinfo", darin findet man die Gliederung, und es steht zum Beispiel bei der 7. Jägerbrigade: mit Masse luftbeweglich. – Herr Minister, das ist eine Illusion! Die Luftbeweglichkeit ist natürlich nicht einmal im mindesten gegeben. Die tragischen Vorfälle der letzten Tage zeigen ja ganz besonders, daß das Gerät wirklich am Boden bleiben muß, einfach weil es gefährlich ist, ein überaltertes Gerät in Betrieb zu nehmen.

Sehr geehrter Herr Minister! Wir haben bei einem der Soldatengespräche hier im Hause – Kollege Gaál war dabei – den Hilfeschrei der Angehörigen einer Hubschraubereinheit vernommen, die innigst darum gebeten haben, daß man bei der Neubeschaffung hilft, weil sie einfach sehen, in welchem Zustand das Gerät ist.

Aber auch die Miliz, vor allem die Aufrechterhaltung der Milizstruktur, macht uns große Sorge. Wir brauchen eine starke Kadermiliz – ohne Miliz sind nämlich auch die erfolgreichen Auslandseinsätze nicht durchzuführen. Wir ersehen allein aus Ihrer Anfragebeantwortung, daß letztlich nur mehr 25 Prozent der Wehrpflichtigen zu einer Beorderung kommen und daß aufgrund des immensen Aufwandes – acht Monate als Systemerhalter durchdienen – für die Miliz beziehungsweise für die Beorderung eigentlich nur mehr ganz wenige Leute übrig bleiben. Daran erkennt


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man, daß die Milizstruktur ebenfalls sehr gefährdet ist. Aus diesem Grund bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl, Scheibner und Kollegen betreffend die würdige Entlassung der Milizsoldaten im Zuge der Verringerung der Milizorganisation des Bundesheeres und die Schaffung einer "Freiwilligen-Miliz"

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, durch geeignete legistische, finanzielle und sonstige Maßnahmen dafür zu sorgen, daß

1. bei der Entorderung von 50 000 Milizsoldaten im Zuge der Adaptierung der Heeresgliederung bevorzugt jene Milizsoldaten behalten werden, die weiterhin freiwillig dem ÖBH angehören wollen beziehungsweise die aufgrund ihrer Kenntnisse und Fertigkeiten unbedingt beordert bleiben sollten,

2. im Zuge dessen die verstärkte Rekrutierung und der Aufbau einer sogenannten Freiwilligen-Miliz als Grundstock der Angehörigen des zukünftigen Miliz-Kaders (Kaderübungspflichtige) stattfinden kann und

3. die Entorderung der übrigen Milizsoldaten in würdiger Form erfolgt, sowie

4. darüber dem Nationalrat bis zum 1. Mai 1999 zu berichten."

*****

Herr Minister! Wir haben heute gesehen, wie sich die Garde redlich bemüht hat, einen fehlerlosen Auftritt zu absolvieren. Aber die Garde am Heldenplatz auf- und abmarschieren zu lassen, ist zuwenig. Dahinter muß eine schlagkräftige Organisation stehen – die Bundesregierung –, und Sie haben da wirklich Handlungsbedarf. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl vorgetragen hat, ist geschäftsordnungsgemäß überreicht, ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Sauer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.50

Abgeordneter Willi Sauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte kurz auf die Ausführungen des Abgeordneten Wabl eingehen. Er hat gesagt, die österreichischen Soldaten würden dazu ausgebildet, Menschen umzubringen. Er hat das dann eingeschränkt und gemeint, um das Land zu verteidigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere österreichischen Soldaten werden sehr wohl dazu ausgebildet, mit der Waffe umzugehen. Sie werden aber auch dafür ausgebildet, Menschen in Not zu helfen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das hat er auch gesagt!)

In einem Artikel der Zeitung des österreichischen Zivilschutzverbandes "Magazin für Zivil- und Katastrophenschutz" wird das ganz besonders erwähnt. Dort steht: Bundesheersoldaten machten 800 000 Liter Wasser trinkbar. Die Profis beim Hochwassereinsatz. Zivilschutz, wie er lebensnah und menschlicher kaum praktiziert werden kann. Die Soldaten des österreichischen Bundesheeres machten während der Hochwasserkatastrophe in Polen im Sommer 1997 mehr als 800 000 Liter Wasser wieder trinkbar. Hier waren echte Profis am Werk.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Solche Profis gibt es nur, wenn sie eine gediegene Ausbildung erhalten. Darüber hinaus sind diese Profis aber nicht nur im Ausland am Werk, sondern auch bei uns in Österreich. Genau heute vor einem Jahr gab es auch in Österreich eine Hochwasserkatastrophe. Angesichts der Bilanz dieser Hilfeleistung – es waren im Jahre 1997 3 732 Soldaten im Katastropheneinsatz, sie haben insgesamt 164 800 Arbeitsstunden geleistet – sollten wir diesen Soldaten gerade heute herzlich danke sagen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Allein in Niederösterreich, wo das Hochwasser am stärksten war, standen 2 600 Mann mit knapp 400 Fahrzeugen im Einsatz, insgesamt wurden 137 000 Arbeitsstunden geleistet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist in meinen Augen echter Zivilschutz! Eine umfassende Landesverteidigung mit einer allgemeinen Wehrpflicht und einem Milizheer ist auch meiner Überzeugung nach etwas ganz Besonderes. Die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht kommt daher für mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Frage (Zwischenruf des Abg. Scheibner ) , da ich der Meinung bin, daß den jungen Österreichern auch eine gewisse Pflicht abverlangt werden kann. Sie müssen lernen, nicht nur von der Gesellschaft etwas zu verlangen, sondern auch für die Gesellschaft in vielen Bereichen etwas zu geben – und das lernt man beim österreichischen Bundesheer.

Mit einem nochmaligen Dank an die Einsatzkräfte des österreichischen Bundesheeres im zivilen Bereich möchte ich hiemit meinen kurzen Redebeitrag beenden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es ist nun Herr Abgeordneter Grabner zu Wort gemeldet. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.54

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Durch die in den letzten Jahren veränderten politischen Konstellationen hat sich das Bedrohungsbild für Österreich gewandelt. In der derzeitigen Situation ist es daher nicht notwendig, unser Bundesheer auszubauen. Vielmehr muß mit den vorhandenen Mitteln effektiver gewirtschaftet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Strukturen des österreichischen Bundesheeres müssen in Zukunft so verändert werden, daß es sowohl für den Aktivstand und als auch in der Folge für den Milizstand zu einer zeitgemäßen Heerespolitik kommt. (Abg. Jung: Bravo!) Diese Strukturveränderungen sollten sinnvoll umgesetzt werden und nicht, wie vom Bundesministerium für Landesverteidigung geplant ist, indem das Artillerieregiment III in Wiener Neustadt aufgelöst und das Personal auf das Panzerartilleriebataillon IX und die Artillerieschule in Baden aufgeteilt wird. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Bei dieser Standortkonzentration fehlt mir die Sinnhaftigkeit, denn das Artillerieregiment III in Wiener Neustadt ist ein moderner, personalstarker Verband. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Diese Eigenschaften weist das Panzerartilleriebataillon IX aber nicht auf. Da es zu wenig Geld gibt, wäre es, wie wir immer gesagt haben, doch sinnvoller, das Artillerieregiment III in Wiener Neustadt bestehen zu lassen, dafür aber das Panzerartilleriebataillon IX aufzulösen und dessen Personal der am gleichen Ort befindlichen Artillerieschule einzugliedern. Wie man hört, sollen die schweren Waffen in die Steiermark kommen. In der betroffenen Gemeinde gibt es wegen dieser Waffen bereits Proteste.

Meine Fraktion hat sich im Gegensatz zu anderen Fraktionen, die das Bestreben haben, das österreichische Bundesheer in ein Berufsheer umzufunktionieren, für ein Bundesheer mit Milizunterstützung ausgesprochen.

Meine Damen und Herren! Die vorhandene Gliederung von aktiven Beständen in Verbindung mit der allgemeinen Wehrpflicht, die später in die Milizverbände eingegliedert werden, halte ich für sinnvoll. Unter Berücksichtigung der derzeitigen Bedrohung Österreichs ist dieses System als ausreichend zu bewerten.


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Zum Budget: Selbstverständlich will jeder Minister viel mehr haben. (Abg. Scheibner: Er nicht!) Aber erstens kommt Minister Fasslabend der Verkauf der Kasernen zugute, und zweitens haben andere Ministerien aufgrund des Sparpakets noch weniger bekommen. (Abg. Scheibner: Das Innenressort!)

Ein interessanter Standpunkt der Freiheitlichen ist, daß durch die Beschränkung der freiwilligen Waffenübung die Sicherheit und die Mob-Bereitschaft des Bundesheeres in Gefahr wäre. – Meine Damen und Herren! Ich denke, jeder weiß, daß das österreichische Bundesheer international einen hohen Stellenwert genießt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Was ist denn das für ein Unsinn?)

20.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es gibt keine Wortmeldung mehr. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung ist nicht verlangt worden.

Wir kommen zur Abstimmung, wobei über jeden Ausschußantrag getrennt abgestimmt wird. Ich bitte Sie daher, die Plätze einzunehmen.

Zunächst stimmen wir ab über den Antrag des Landesverteidigungsausschusses, seinen Bericht 1311 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungsausschusses, seinen Bericht 1313 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Landesverteidigungsausschusses, seinen Bericht 1312 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen nun ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl und Genossen betreffend die würdige Entlassung der Milizsoldaten im Zuge der Verringerung der Milizorganisation des Bundesheeres und die Schaffung einer Freiwilligenmiliz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungsausschusses, seinen Bericht 1314 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Scheibner und Genossen betreffend Vorlage des Optionenberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.


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21. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1201 der Beilagen): Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle 1998 (1327 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir beginnen die Debatte mit einer Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Schweitzer, der sich mit einer vierminütigen Redezeit zufrieden gibt. – Bitte.

21.01

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle ist – so möchte ich das aus Sicht der Freiheitlichen beurteilen – eine konsequente Weiterführung des eingeschlagenen Weges, die Abfallproblematik über Erleichterungen für die Müllverbrennung zu lösen. Nach der Deponieverordnung, die bereits in diese Richtung ging, wurde diese Novelle mit den Stimmen der Regierungsparteien im Ausschuß beschlossen, und sie wird heute auch im Plenum beschlossen werden. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Meiner Meinung nach ist das ein eindeutiges Anzeichen dafür, daß diese Regierung nicht gewillt ist, Strategien zur Vermeidung von Abfall umzusetzen. Herr Bundesminister, es gibt viele gut funktionierende Beispiele in anderen Ländern, die durchaus nachahmenswert wären. Die Regierungsparteien in Österreich können sich aber nicht dazu entschließen.

Ich sehe nicht ein, warum es bei uns nach wie vor keine verbindliche Pfandregelung gibt und eine Explosion der Zahl an Plastikgebinden zu bemerken ist, wodurch unheimlich viel neuer Abfall produziert wird, obwohl es gerade in der Kunststoffsammlung ein Riesenproblem gibt, das bis jetzt nicht gelöst werden konnte. Es türmen sich die Kunststoffberge auf allen Deponien, niemand kann sie verwerten, und das Geld, das dafür eingesammelt wurde, wurde längst ausgegeben. Das ist der Grund dafür, warum nun die Müllverbrennung erleichtert werden soll.

Herr Bundesminister! Sie haben es noch immer nicht geschafft, Vermeidungsziele in die Verpackungsverordnung einzuarbeiten, und die längst fällige Drucksortenverordnung fehlt nach wie vor – ganz zu schweigen davon, daß wir endlich einmal gemeinsam einen Vorschlag für ein Kreislaufwirtschaftskonzept diskutieren. Es gibt im Ausland Ansätze, die wir uns ansehen könnten, die wir übernehmen könnten, die wir auch für Österreich adaptieren könnten. Das wären Ansätze dafür, wie man das Abfallproblem besser in den Griff bekommt als mit einer radikalen Verbrennungstour. So kann es ja tatsächlich nicht funktionieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Wir in Österreich rühmen uns immer hoher Umweltstandards. – Von wegen! In der Frage der Abfallvermeidung sind uns vergleichbare Länder, auch innerhalb der Europäischen Union, weit voraus. Das wissen Sie auch!

Ich habe in dieser Regierungsvorlage aber auch ein positives Detail gefunden, und zwar bezüglich der mobilen Verbrennungsanlagen. Ich sehe die Möglichkeit, daß wir mit mobilen Verbrennungsanlagen in der Altlastensanierung vorwärts kommen könnten. Denn das wäre allemal besser als die bis jetzt – zum Beispiel bei der Räumung der Fischer-Deponie – praktizierte Vorgangsweise. Den Mist von Niederösterreich in das Burgenland zu transportieren, ist keine Altlastensanierung. Diesbezüglich wäre meiner Ansicht nach der Einsatz der mobilen Verbrennungsanlagen durchaus positiv.

Aber die Müllverbrennung darf nicht die alleinige Problemlösungsstrategie sein! Das kann nicht die Lösung des Abfallproblems sein. Vor allem: Wenn zusätzliche Kapazitäten errichtet werden, müssen diese auch ausgelastet werden, damit diese Verbrennungsanlagen wirtschaftlich betrieben werden können. Darin sehe ich eine große Gefahr, Herr Bundesminister. Denn wenn wir


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große Verbrennungskapazitäten haben, sind wir auch dazu gezwungen, den entsprechenden Mist zu machen oder heranzutransportieren, damit diese Anlagen ausgelastet sind.

Kollege Schieder! Sie schütteln den Kopf. Wissen Sie, daß es in Amerika Verträge gibt, daß die ... (Abg. Schieder: Ich war elf Jahre dafür in der Landesregierung zuständig, ich kenne das genau! Ich weiß das, danke!) Wissen Sie, daß diese Verträge eingehalten werden müssen? (Abg. Schieder: Aber man muß sie nicht machen!) Man muß die Menge an Mist, die man seinerzeit vertraglich festgelegt hat, einfach aufbringen. Darin sehe ich eine große Gefahr, der wir rechtzeitig begegnen müssen.

Herr Bundesminister! Es ist für mich bei dieser Novelle inakzeptabel, daß die Kennzeichnung von Abfalltransporten entgegen der ursprünglichen Absicht erneut gefallen ist. Ihre Begründung im Ausschuß, daß man das "A" für Abfall mit dem Nationalitätenkennzeichen verwechseln könnte, war nicht wirklich glaubwürdig, ebensowenig wie die Ausrede, es gäbe ohnehin schon so viele Aufschriften auf den Lastwägen, das würde niemand mehr sehen. Das war nicht wirklich glaubwürdig! Lassen Sie sich für die heutige Begründung etwas Besseres einfallen!

Ich komme zum Schluß. – Herr Bundesminister, dieses mehrfach novellierte Abfallwirtschaftsgesetz wird langsam unlesbar. Kollegin Aumayr hat Ihnen das bereits im Ausschuß demonstriert. Man verirrt sich relativ leicht in diesem Kompetenzwirrwarr. Denken wir über eine neue Gesamtlösung nach und überlegen wir, wie wir vielleicht ein Kreislaufwirtschaftskonzept zustande bringen könnten! Das wäre weitaus sinnvoller als eine festgeschriebene Müllverbrennung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.06

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schweitzer, du hast nicht ganz unrecht mit deiner Feststellung, daß das Abfallrecht generell schon sehr häufig novelliert wurde und dadurch in seiner Lesbarkeit sicher nicht mehr optimal sei.

Wir haben deshalb dieser Gesetzesnovelle auch einen Entschließungsantrag beigegeben, in dem wir den Herrn Bundesminister bitten, rasch eine Vorlage mit dem Arbeitstitel "AWG 2000", also Abfallwirtschaftsgesetz 2000, vorzubereiten, weil wir auch der Meinung sind, daß wir durch die ... (Abg. Ing. Langthaler: Die Landeshauptleutekonferenz hat es eigentlich gefordert!) Wir haben es im Ausschuß gefordert. Wir haben diese Entschließung dort beschlossen und werden sie, so hoffe ich, auch heute beschließen, weil es einfach Sinn macht.

Die Abfallproblematik ist gigantisch und wird ständig größer, aber nicht nur in Österreich, sondern weltweit. Das hat natürlich mit unserer Lebensführung und leider mit der Wohlstandsentwicklung zu tun und ist nicht so leicht in den Griff zu bekommen. (Abg. Aumayr: Das ist aber kein Grund, schlechte Gesetze zu machen!) Die immer weiter verbesserten Lösungsansätze haben schließlich auch zur Lösung dieser Problematik (Abg. Aumayr: Nicht geführt!) geführt. – Schauen Sie sich bitte die Zahlen an, die Verwertungszahlen und so weiter, dann werden Sie das auch erkennen! Sie wissen ohnehin ganz genau, daß es so ist, aber für eine Oppositionspartei gehört es sich, zu polemisieren und zu kritisieren. (Abg. Mag. Schweitzer: Tun wir ja gar nicht!)

Lieber Karl Schweitzer! Es kommt noch dazu, daß du auf der einen Seite eine Drucksortenverordnung forderst, weil man auch die Drucksorten noch regeln müsse. Im Grunde wäre das aber nichts anderes als eine Erweiterung der Verpackungsverordnung, welche du wiederum schmähst und kritisierst. (Abg. Mag. Schweitzer: Weil keine Reduktionsziele drinnen sind!) Entscheide dich also bitte einmal für das eine oder das andere!


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Wir sollten meiner Meinung nach unsere Kraft künftig auf einen völligen Neubau des Gesetzes verwenden, und ich bin sehr zuversichtlich, daß dazu vom Herrn Bundesminister in absehbarer Zeit ein sehr guter Vorschlag kommen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte noch kurz auf die vorliegende Novelle eingehen. Sie ist aufgrund der Entwicklung der letzten Monate und Jahre sowie durch die Erkenntnisse aus der Anwendung des Gesetzes notwendig geworden; sie wird dem Abfallbesitzer beziehungsweise Abfallsammler einige Klarstellungen bringen sowie den kleinen und vor allem den landwirtschaftlichen Betrieben Erleichterungen bei den Problemstoffen bringen. Die Gemeinden können für die Entsorgung im Wege der Problemstoffsammlung von Großbetreibern Geld verlangen.

Wichtig ist das Ausstufungsverfahren, das dringend notwendig ist und vor allem Erleichterungen in der Abwicklung für die Wirtschaft bringt. Das erweiterte Vermischungsverbot ist meiner Überzeugung nach aus ökologischer Sicht notwendig, auch wenn es natürlich nicht von allen Betroffenen gerne gesehen wird, da es eine weitere Einschränkung aus ökologischem Interesse darstellt. Aber es ist notwendig, letztendlich auch bei der Weitergabe von gefährlichen Abfällen.

Wir haben auch noch einen Abänderungsantrag gestellt, der Klarstellungen für die Funktion und die Verantwortlichkeit der Abfallbeauftragten beinhaltet. Weiters wird es, wie in den Ausschußfeststellungen nachzulesen ist, in Bälde einen Erlaß des Herrn Ministers geben, der die Mindesterfordernisse in der Ausbildung dieser Abfallbeauftragten festlegt, den Inhalt der Abfallwirtschaftskonzepte konkretisiert und vor allem eine einmalige Aktualisierung der älteren Konzepte, die im Jahre 2000 bereits über fünf Jahre alt sein werden, vorschreiben wird. Auch das ist ein meiner Überzeugung nach richtiger Schritt in Richtung betrieblicher Abfallvermeidung beziehungsweise betriebliche Abfallkonzepte.

Alles in allem handelt es sich um sinnvolle Maßnahmen – zum Teil Anpassungen an das EU-Recht, zum Teil notwendige Anpassungen aufgrund der gemachten Erfahrungen sowie ein deutlicher Hinweis im Entschließungsantrag auf eine rasche Neukonzeption dieser gesamten Materie. Wir sind meiner Ansicht nach insgesamt gesehen auf dem richtigen Weg, wenngleich man attestieren muß, daß es nicht leicht ist, das Problem Abfall in den Griff zu bekommen, und es wird auch weiterhin nicht leicht sein! (Beifall bei der ÖVP.)

21.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.11

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das AWG entwickelt sich im Umweltbereich immer mehr zu dem, was das ASVG im Sozialbereich ist. Die Änderungen seit 1992 nehmen überhand, das ist ja bereits kurz angesprochen worden. (Abg. Kopf: Es ist aber trotzdem gut, wie das ASVG!)  – Das ist die Frage! Denn wenn es wirklich so gut wäre, lieber Kollege Kopf, müßte man es nicht so häufig ändern.

Tatsache ist aber, daß die im Abfallwirtschaftsgesetz festgeschriebenen politischen Zielsetzungen in ihrer Bedeutung immer mehr geschwächt werden, obwohl sie langfristig angelegt sind und niemand verlangt, daß sie von heute auf morgen erreicht werden müssen. Die einzelnen Änderungen führen immer stärker dazu, daß diese langfristig angelegten Ziele nicht mehr jene Priorität haben, die sie eigentlich haben sollten. Insbesondere scheint mir mit dieser Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle die Müllvermeidung noch stärker in den Hintergrund gedrängt zu werden, als das bisher ohnehin schon der Fall war.

Es sei auch angesprochen, daß Herr Abgeordneter Smolle, der im Umweltausschuß diese Materie für die Liberalen verhandelt hat, dasselbe Erlebnis hatte wie wir, als das AWG im Jahre 1996 geändert wurde. Auch damals waren den Oppositionsparteien umfangreiche Abänderungsanträge erst sehr kurz vor der Sitzung zugegangen, im Ausschuß selbst gab es dann trotz Unterbrechung keine inhaltliche Diskussion mehr darüber. Es fehlt also an der konstruktiven Debatte, und wir meinen, daß die Ergebnisse dieses Prozesses auch so aussehen.


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Zu den konkreten Änderungen ist zu sagen, daß es von seiten der Liberalen nicht als positiv zu bewerten ist, daß in Zukunft Massenverfahren bereits ab 100 Personen angesetzt werden und damit auch vereinfachte Zustellungsmodalitäten Platz greifen. Das ist eine Verschlechterung, die nicht notwendig ist, insbesondere deshalb, weil ja, wenn es um Massenverfahren geht, nicht mehr ein Anrainerbegriff nach der Gewerbeordnung gilt, sondern dann nur noch etwa die unmittelbar anrainenden und an das betreffende Grundstück anstoßenden Eigentümer von anderen Grundstücken Parteienstellung haben werden.

Aus der entsprechenden Gesetzesstelle läßt sich erkennen, daß es immer stärker zu einer Rückführung auf einen sehr engen Bereich kommt und damit auch die tatsächliche Betroffenheit in den Verfahren nicht mehr berücksichtigt wird. Daher haben die Verwaltungsverfahren in immer geringerem Maße interessenausgleichende Wirkung und sind deshalb zur Problemlösung natürlich nicht geeignet. Das ist ein Prozeß, der gestoppt und nicht – wie Sie es mit dieser Novelle tun wollen – gefördert werden sollte.

Die Abfalltransportkennzeichnung ist bereits angesprochen worden. Daß sie im Entwurf enthalten war, hielten wir für positiv. Daß sie es in der nunmehrigen Vorlage nicht ist, halten wir für negativ. Insbesondere der Umstand, daß es für die Rückstände aus der Müllverbrennung zu einer Befreiung vom ALSAG-Beitrag kommt, ist unverständlich, und zwar deshalb, weil das in Wirklichkeit eine Förderung der Müllverbrennung bedeutet, Herr Bundesminister, und daher aus unserer Sicht unsachlich ist, weil andere Verfahren, die dieselben qualitativen Kriterien erfüllen müssen wie die Müllverbrennung, nicht vom ALSAG-Beitrag befreit werden.

Das heißt, das Argument, daß die aus der Müllverbrennung stammenden Rückstände nicht mehr einer Altlastensanierung unterliegen und deshalb nicht beitragspflichtig sind, weil sie inert sind, müßte auch für alle anderen Verfahren gelten, die denselben inhaltlichen Kriterien unterliegen. – Das ist jedoch nicht der Fall. Daher halten wir das für eine Einseitigkeit, die in bezug auf die Prioritäten des Abfallwirtschaftsgesetzes verräterisch ist und vermieden werden sollte. Auch das ist ein Grund, warum wir diese Novelle nicht positiv bewerten.

Meine Damen und Herren! Die Erleichterungen bei den mobilen Anlagen, die letztlich durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes notwendig geworden sind, zeigen aber, daß keine endgültige Lösung gefunden worden ist. Und das Jahr 2000 scheint nach diesem Abfallwirtschaftsgesetz eine besonders magische Grenze zu sein. In Wirklichkeit dürfte sie aber mystisch sein, denn angesichts dieser Vorlage wird es wohl inhaltlich keine wesentlichen Änderungen geben.

Herr Bundesminister! Da auch in allen Entschließungsanträgen auf das Jahr 2000 gezielt wird, ist es unverständlich, daß zu diesem Zeitpunkt kein Ergebnis über eine Neufassung des Abfallwirtschaftsgesetzes vorliegen muß, sondern nur dem Nationalrat über den Stand der Verhandlungen zu berichten sein wird. Das ist mehr oder weniger gar nichts, denn daß Sie die Verhandlungen aufnehmen, glauben wir ohnehin, aber daß nicht einmal ein inhaltliches Zwischenziel gesetzt wird, ist abzulehnen.

Meine Damen und Herren! Ich will aber nicht verschweigen, daß das Umweltministerium bei den Regierungsvorlagen durch seine sehr umfangreichen Kostenschätzungen in zunehmendem Maße positiv hervorsticht. Und ich will ebenfalls nicht verschweigen, daß etwa die Möglichkeit des Bundesministeriums für Umwelt, Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörden, die nach § 10 des ALSAG erlassen worden sind, zu beheben oder abzuändern, aufgrund unserer Erfahrungen als positiv zu bewerten sind.

Diese kleinen Positiva sind jedoch angesichts dessen, daß die langfristigen Ziele durch diese Novellen in zunehmendem Maße konterkariert werden, natürlich nicht ausreichend, um eine positive Bewertung dieser Regierungsvorlage zu gewährleisten. Daher werden die Liberalen, dem Rechnung tragend, diese Novelle ablehnen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

21.17


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134. Sitzung / Seite 144

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Zu Wort gemeldet ist Herr Dipl.-Ing. Kummerer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

21.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte in der gebotenen Kürze einige Anmerkungen zum Abfallwirtschaftsgesetz machen – auf den allgemeinen Teil ist bereits Kollege Kopf eingegangen –: Es gibt einschließlich des Themas Schlacken, worüber wir im Ausschuß eingehend diskutiert haben, von den Sozialdemokraten ein klares Ja zur Verbrennung und zur Förderung der Verbrennung, denn wir halten sie für notwendig. (Abg. Mag. Barmüller: Aber sachlich nicht gerechtfertigt!)

Die Verbrennung hat eine große Konkurrenz – weder von der technischen Ausstattung her, denn die Rauchgasentschwefelung, die Rauchgasreinigung ist teuer, noch von den Transportwegen und auch nicht von den Überkapazitäten her, sondern schlicht und einfach dadurch, daß durch die Schließungszeiten der Deponien immer mehr unbehandelter Abfall zu Dumpingpreisen in die noch offenen Deponien kommt, und die Verbrennungsanlage derartige Dumpingpreise nicht bieten kann.

Ich habe eigentlich geglaubt, daß die Einstellung, wonach Verbrennung schlecht und alles andere gut sei, von gestern sei. Daher wundert es mich, daß die Verbrennung heute neuerlich verteufelt und in Mißkredit gezogen wird. Es ist keine Frage, daß es auch andere Systeme gibt, die vielleicht einmal funktionieren werden, zurzeit funktioniert meiner Ansicht nach jedoch nur die Verbrennung wirklich zufriedenstellend.

Der Transport ist notwendig! Bezüglich des Abänderungsantrages, den Kollegin Langthaler einbringen wird, ist zu sagen, daß wir einer Kennzeichnung von Abfalltransporten nicht zustimmen werden, da wir es nicht für notwendig halten. Wir sind der Meinung, daß man bei gefährlichem Abfall über die Gefahrgutkennzeichnung das Auslangen findet, und die Mülltransportfahrzeuge mit "normalem" Hausmüll für die Bevölkerung ohnehin eindeutig erkennbar sind.

Warum sind die Abänderungsanträge so spät gekommen? (Abg. Dr. Gredler: Wie immer!)  – Es wurden in der Koalition noch einige Details verhandelt, über die es dann zu einem Kompromiß gekommen ist. Ein solcher Kompromiß betraf die Rolle des Abfallbeauftragten. Wir sind mit diesem Kompromiß einverstanden. Die Situation des Abfallbeauftragten zu verbessern, konnten wir mit unseren Forderungen aber nicht erreichen.

Ich sage auch ganz offen: Wir sind davon ausgegangen, daß die Protokollanmerkung der Bundesregierung akkordiert ist und in das Gesetz übernommen wird. Wir mußten dann jedoch zur Kenntnis nehmen, daß das bei unserem Koalitionspartner nicht der Fall war und neu verhandelt wurde. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. )

Was erwarten wir uns von einem Abfallbeauftragten noch in Zukunft? – Wir erwarten uns eine Sicherstellung seines Aufgabengebietes, daß er arbeiten kann und arbeiten darf, daß er das Material zur Verfügung gestellt bekommt. Wir setzen uns dafür ein, daß er nach einem Vier-Augen-Prinzip arbeiten wird müssen, und wir wollen für den Abfallbeauftragten auch eine Ausbildung von etwa 60 Wochenstunden verpflichtend sehen. – Das konnte im ersten Schritt nicht umgesetzt werden, das wird unser Wunsch für die Novelle beziehungsweise für die Überarbeitung des Abfallrechtes sein.

Zweiter Punkt: das Abfallwirtschaftskonzept. Diesbezüglich habe ich die Wirtschaft nicht ganz verstanden, und zwar wie es eigentlich zu dieser Weigerung gekommen ist, das Abfallwirtschaftskonzept kontinuierlich fortzuschreiben. Die Firmen, die es tun, konnten dadurch ökonomisch durchaus einen Erfolg erzielen. Es ist leider nicht gelungen, Kontinuität in die Novelle hineinzubringen, auch dieser Wunsch wird im Jahre 2000 anstehen. Die Überarbeitung im Jahre 2000 ist für uns ein Erfolg, den wir akzeptieren.


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Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich festhalten, daß ich nicht finde, daß das Abfallwirtschaftskonzept 2000 eine Utopie ist. Wir gehen daran, es umzusetzen, um im Jahre 2000 mit einem modernen Gesetzeswerk einen erfolgreichen Weg weiterzugehen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

21.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.22

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Schweitzer und auch Herr Abgeordneter Barmüller haben bereits darauf verwiesen, daß uns von der Opposition vor allem gefehlt hat, daß überhaupt keine Diskussion über den Bereich der Abfallvermeidung stattgefunden hat. Früher war es eigentlich das Ziel – wenn wir über ein Abfallwirtschaftsgesetz diskutiert haben, auch in der öffentlichen Debatte –, auch legistisch abfallminimierend, abfallvermeidend einzugreifen.

Warum kommt das weder im Ausschuß noch – leider! – in der öffentlichen Debatte in der Diskussion kaum noch vor, obwohl uns die Daten zeigen würden, wie notwendig es ist?  Um nur ein Beispiel zu nennen: Im Bereich der Getränkeverpackungen ist der Anteil der Einweg-Kunststoffflaschen enorm gewachsen; allein in den letzten zwei Jahren gab es einen Zuwachs von 2 auf 27 Prozent – das zeigen alle Marktuntersuchungen –, bei einem gleichzeitigen Rückgang von Mehrweggebinden.

Wir hatten gerade in Österreich lange Zeit im Bereich der Mehrweg-Getränkeverpackungen einen enorm hohen Standard. Nun geht es auch in Österreich – und das ist keine europäische Angleichung, die ich mir gewünscht hätte – genau in diese Richtung: weg von Mehrweggebinden, hin zu Einweggebinden.

Das Ganze passiert nicht zufällig. Es hat vor Jahren mit den Rahmenbedingungen zu diesem Abfallwirtschaftsgesetz begonnen, mit den begleitenden Verordnungen, zum Beispiel der Verpackungsverordnung, wobei nicht nur auf mehr Kunststoff, sondern vor allem auf den Bereich der Müllverbrennung gesetzt wurde.

Deshalb, Herr Abgeordneter Kummerer: Ich halte diese Novelle – wie auch die letzte 1996, das ist eben die Grundlage für den großen Einstieg in die Müllverbrennung in Österreich – nicht nur aus ökologischen Gründen für schlecht, sondern ich halte es auch aus ökonomischen Gründen für schlecht, und ich halte es vor allem deshalb für so schlecht, weil damit Abfallvermeidung nicht mehr möglich sein wird.

Müllverbrennung bedeutet einfach, daß Anlagen – zentrale, große Anlagen – mit einem Jahresvolumen von mindestens 120 000, 130 000 Tonnen Müll gebaut werden, damit sich die Verbrennung überhaupt rentiert; und diese Anlagen brauchen Müll. Wo und warum sollte dann noch irgend jemand wirklich Interesse daran haben, konkret auf Vermeidungsstrategien zu setzen und sich zu überlegen: Wie schaut denn ein Produkt aus, das wirklich vom Anfang bis zum Schluß ökologisch vertretbar ist?

Wir sollten über ökologisches Design von Produkten, über den Lebenszyklus eines Produktes diskutieren, man sollte sich Produkte eben nicht nur entsorgungsorientiert ansehen, sondern wirklich schon bei der Produktion auch die Industrie dazu verleiten, sich zu überlegen: Wie kann man ein Produkt auf den Markt bringen, sodaß es nicht nur bei der Produktion sowenig Umweltprobleme wie möglich verursacht, sondern auch bei der Anwendung und anschließend bei der Entsorgung sowenig Probleme wie möglich bereitet?

Das, Herr Minister, ist der eigentliche Hintergrund, warum wir über nachhaltiges Wirtschaften und nachhaltige Entwicklung diskutieren. Diese Gesetzesnovelle hat damit nichts mehr zu tun, sie ist entsorgungsorientiert, sie beschäftigt sich mit der mehr oder weniger gut geordneten Entsorgung von Abfällen. Keiner behauptet, daß jetzt sofort die ökologische Katastrophe ausbricht, wenn man dieses Gesetz in dieser Form beschließt, es ist jedoch nicht nur ein klares Bekennt


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nis zur Müllverbrennung, sondern auch dazu, daß man im Bereich der Abfallvermeidung keine Initiativen setzen will. Das ist einer der Punkte, die aus ökologischer Sicht und natürlich von Seite der Grünen absolut zu kritisieren sind; dahin gehend war auch die Diskussion von unserer Seite in den letzten Monaten.

Es wird jetzt immer bei der Debatte über die Müllverbrennung so getan, als wäre das Problem technologisch gelöst. Abgesehen davon, daß eine Müllverbrennungsanlage 2 Milliarden Schilling kostet, also unglaublich teuer ist: Wenn man nur annähernd soviel Ressourcen in dezentrale, mechanisch-biologische Anlagen investieren würde, dann, Herr Abgeordneter Kummerer, hätte man bald auch bei dieser Technologie ein Restprodukt, das problemlos zu deponieren wäre. Ich gebe Ihnen ja recht, daß der Zustand einer Reaktor-Deponie und die herrschenden Dumpingpreise bei Deponien absolut unbefriedigend sind. Ich bin die letzte, die so etwas verteidigen würde. Nur: Daß das passieren wird, haben wir auch vorausgesehen, daß nämlich die Deponiepreise sinken und die Deponien zu Billigstpreisen aufgefüllt werden.

Bis Sie Ihr Konzept mit Müllverbrennungsanlagen durchgesetzt haben, werden zwei, drei, vier Jahre vergehen; so lange brauchen Sie für die entsprechenden Prüfungen, für den Bau, für die Inbetriebnahme. Bis dorthin wird eine ganz andere Situation vorherrschend sein: Da werden viele der Deponien, die wir haben, in weiten Bereichen aufgefüllt sein. Hätte man gleichzeitig schon vor Jahren und auch jetzt annähernd soviel sowohl in die technologische Entwicklung als auch konkret in dezentrale mechanisch-biologische Anlagen investiert, hätte man sich nicht nur viel Geld erspart, sondern man könnte tatsächlich eine Entsorgungsform wählen, die wirklich dazu verleitet, sich auch für Industrien den Produktionsprozeß betreffend etwas zu überlegen.

Mir wäre es in der Diskussion über Abfallpolitik sehr wichtig, daß man sich nicht dauernd daran festklammert, die Abfälle, die entstehen, zu entsorgen. – Ja, das ist das einfachste: Man nimmt sie, schmeißt sie in eine Müllverbrennung – von Schlacke und Asche sagt man, sie seien inert – und deponiert sie. Problem vergessen, erledigt.

Das hat aber nichts mit nachhaltiger Wirtschaft zu tun. Wenn Sie es ernst meinen, über nachhaltige Entwicklung zu diskutieren, daß eben nicht nur die letzte Phase eines Produktes berücksichtigt und versucht wird, da das Problem zu lösen, dann sollten Sie das gesamtheitlich ansehen. Sie sollten die Produktqualität verbessern, es sollten wirklich von vornherein nur jene Produktionsverfahren gewählt werden, bei denen keine großen Probleme bei der Entsorgung mehr entstehen, sondern wobei durch mechanisch-biologische Verfahren auch dann ein Endprodukt erhalten werden kann, das problemlos deponiert werden kann. So kann man über nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Produktionsweisen diskutieren. Das hielte ich für eine seriöse Diskussion das Abfallwirtschaftsgesetz 2000 und die Frage betreffend, wie im nächsten Jahrtausend Produktlinienentwicklung aussehen soll. Das ist eine seriöse Diskussion – und nicht nur eine entsorgungsorientierte.

Ich halte es auch für problematisch, wenn man meint, das Thema Müllverbrennung sei jetzt technologisch gelöst. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß erst vor wenigen Wochen in Montreal eine große, von der UN organisierte Konferenz stattgefunden hat, und zwar zur Frage: Welche Chemikalien sind es, die uns insgesamt die meisten Probleme bereiten, die man deshalb weltweit wirklich verbieten muß? – Neben den alten "Klassikern" von DDT und PCBs sind das welche – und sie sind ausführlich genannt –, die, ohne daß man es will, als ungewollte Beiprodukte bei Verbrennungen entstehen: Dioxine und Furane.

Nun weiß ich, daß in Österreich ein sehr strenger Grenzwert gilt und daß in diesem Zusammenhang in den letzten Jahren technologisch einiges geschehen ist, das will ich nicht in Abrede stellen. Es ist aber nach wie vor so, daß Dioxine und Furane – auch wenn es nur in geringen Mengen ist – emittiert werden.

Wenn man die Erhebungen über die Bodenbelastung vom Umweltbundesamt liest, dann sieht man, daß das nach wie vor ein Problem ist, und es ist nicht zu lösen, weil es auch mit der Müllverbrennung in dieser Form nicht hundertprozentig in den Griff zu bekommen ist.


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Ich verstehe nicht, warum gerade so stark von seiten der Sozialdemokraten die Möglichkeit einer parallelen Entwicklung einer anderen Entsorgungs- oder Behandlungsform – nämlich die mechanisch-biologische – verhindert wird. Ich halte das für eine einseitige Position und hoffe, daß sich das in den nächsten Monaten doch noch ändern wird.

Ich möchte noch ganz kurz die anderen Kritikpunkte ansprechen, weshalb wir Grünen dieser Gesetzesänderung keinesfalls zustimmen können: Ich halte die Ausstufung für gefährliche Abfälle, so wie es in der Novelle im § 4a enthalten ist, für falsch. Das ist eine legistische Asymmetrie und kann, gerade weil ja Abfall automatisch als ausgestuft gilt, wenn die Behörde nicht innerhalb von sechs Wochen reagiert, in Zukunft zweifellos Probleme bereiten.

Die befristete Sonderregelung für mobile Anlagen im § 15 ist eines der vielen Beispiele, die das Fehlen aufzeigen, daß es kein einheitliches Umweltanlagenrecht in Österreich gibt. Diese Sonderregelung ist meiner Ansicht nach durch nichts zu rechtfertigen. Mobile Anlagen können dasselbe Gefährdungspotential haben wie statische. Deshalb wäre natürlich eine § 29-Untersuchung wie bei anderen Anlagen auch für mobile Anlagen notwendig.

Die Abfalltransporte wurden angesprochen. Es gab einen Ministerialentwurf aus dem Umweltressort, wonach Abfalltransporte gekennzeichnet hätten werden sollen. Besonders für alle aus dem Bundesland Tirol ist es vielleicht interessant zu wissen: Das Umweltministerium selbst hat eine Untersuchung durchgeführt und herausgefunden, daß mindestens 5 Prozent der Transite durch Tirol Abfalltransite sind, das bedeutet in absoluten Zahlen rund 60 000 LKW in Österreich.

Ich hielte eine Kennzeichnung, so wie es auch in Deutschland gehandhabt wird, für richtig und notwendig und bringe deshalb einen gleichlautenden Abänderungsantrag ein, so wie er ursprünglich in der Ministerialvorlage enthalten war:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Langthaler, Freundinnen und Freunde zur Regierungsvorlage (1201 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (AWG-Novelle 1998) in der Fassung des Ausschußberichtes 1327

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (1201 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (AWG-Novelle 1998) in der Fassung des Ausschußberichtes 1327

Der Nationalrat hat beschlossen:

Nach Z 29 wird folgende Z 29a eingefügt:

"29a. Dem § 20 werden nach dem Abs. 3 folgende Absätze 4 und 5 angefügt:

(4) Fahrzeuge, mit denen Abfälle auf öffentlichen Straßen befördert werden, müssen mit zwei weißen Schildern mit einer gut lesbaren Schrift ,A‘ in schwarzer Farbe an der Vorderseite und Rückseite des Fahrzeuges oder des Zuges während der Beförderung gekennzeichnet sein. Für das Anbringen der Tafeln hat der Fahrzeuglenker zu sorgen.

(5) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie kann mit Verordnung österreichische Eingangs- und Abgangszollstellen für die Verbringung von Abfällen in die oder aus der Europäischen Gemeinschaft festlegen."

*****


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Ich hoffe, daß die beiden anderen Oppositionsparteien diesem Abänderungsantrag zustimmen, um ein Signal zu setzen, daß wenigstens ein Teil dieses Hohen Hauses eine solche Regelung für gut gehalten hätte.

Die Befreiung der Rückstände aus der Müllverbrennung aus dem Altlastensanierungsbeitrag paßt natürlich in das Bild. Wenn man Müllverbrennung wirklich finanziell fördern will, dann nimmt man das aus. Ich bin davon überzeugt davon, daß das gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Es ist nicht einzusehen, warum man eine Sonderregelung schafft und einen solchen finanziellen Anreiz bietet.

Herr Minister! Es stimmt mich traurig, daß Sie als Umweltminister einer solchen Regelung zustimmen. Sie wissen als Chemiker selbst genau, daß Schlacken und Aschen nie hundertprozentig inert sind, und Sie können mir nicht erzählen, daß für Sie Schlagworte wie "erdkrustenähnlich" et cetera glaubwürdig sind. Das ist nicht so. Jeder, der es nicht glaubt, soll einfach einmal mit mir auf den Flötzersteig oder zur Spittelau gehen und kann sich ansehen, daß sich da zwar einiges verbessert hat, daß jedoch Schlacken und Aschen noch immer Reststoffe sind, die einer besonderen Deponierung bedürfen, für die deshalb auch selbstverständlich nach wie vor ein Altlastensanierungsbeitrag bezahlen werden sollte. Eine Befreiung halte ich für ökologisch und politisch falsch.

Ich hoffe, daß das eintritt, was Sie versprechen, daß nämlich die Novelle im Jahre 2000 um vieles besser sein wird als das, was Sie hier heute beschließen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

21.34

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Langthaler! Auf der einen Seite gibt es die Möglichkeit, Müll um einige hundert Schilling auf einer althergebrachten Deponie zu deponieren, auf der anderen Seite steht man jedoch vor der Wahl, auch einige tausend Schilling pro Tonne für die Entsorgung, für die thermische Verwertung zu bezahlen. Das ist, so glaube ich, ein Punkt, bei dem es absolut nicht nachvollziehbar ist, warum Sie behaupten, daß die Forcierung der thermischen Müllverwertung – der Müllverbrennung – die Erzeugung von Müll geradezu begünstigen würde.

Denn was geschieht denn auf dem Markt? – Auf dem Markt wird ja auch der Preis geregelt. Wenn die Entsorgung über Müllverbrennungsanlagen in Zukunft zweifellos teurer sein wird als die billige, ökologisch jedoch durchaus bedenkliche Ablagerung in Deponien, dann wird sicherlich Druck vom Markt her kommen, weniger Müll zu produzieren, und das ist ja auch durch Zahlen belegbar.

Frau Abgeordnete Langthaler! Daß wir in Österreich nicht auf Müllvermeidung setzen würden, stimmt ja nicht. Lesen Sie den Abfallwirtschaftsplan 1998, der jetzt dem Parlament zugeleitet wird! Es ist zwar so, daß wir beim Primärmüll, das heißt, das, was zuerst einmal an Hausmüll anfällt, ein Niveau erreicht haben, das nicht mehr weiter unterschritten werden kann. Es gibt zwar eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Müllwachstum; in absoluten Zahlen gesehen wächst es jedoch sehr wohl. Aber weil Herr und Frau Österreicher dank der gekonnten Abfallpolitik der letzten Jahre zu wahren Trennungs- und Wiederverwertungsweltmeistern geworden sind, sinkt die Menge des Restmülls, der dann in die Deponie oder in die Müllverbrennung kommt, kontinuierlich und signifikant weiter ab. – Das zum Einen.

Zum Zweiten, von Chemiker zu Chemiker: Ich lasse mich von Experten sehr wohl davon überzeugen, daß Schlacken und Aschen aus modernen Müllverbrennungsanlagen in hohem Maße inert sind und jedenfalls bedenkenlos deponiert werden können. Das sind keine Mengen, die uns in Zukunft Altlastensanierungsprobleme bereiten werden, und daher halte ich es für gerecht


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134. Sitzung / Seite 149

fertigt, wenn man in diesem Zusammenhang in Zukunft von einem Altlastensanierungsbeitrag Abstand nimmt.

Es ist ja nicht so, daß die mechanisch-biologischen Anlagen jetzt und in Zukunft keine Chance hätten. Bis jetzt funktionieren sie auf großtechnischer Basis offensichtlich nicht ausreichend, weder in Österreich noch sonst so. Sie wissen ganz genau, daß die Deponieverordnung sogar gewisse Varianten offen läßt, die trotz des Widerstandes mancher Experten von mir mit hineingenommen worden sind.

Aber heute kann man zuverlässig über Müllverbrennungsanlagen entsorgen, daher wollen wir bis zum Jahre 2004 jene Kapazitäten in Österreich erreicht haben, derer es bedarf.

Sie haben die Dioxin- und Furan-Grenzwerte angesprochen: Die besagten 0,1 Nanogramm pro Kubikmeter werden gerade im Müllverbrennungsbereich unterschritten; das ist ein sehr verantwortungsbewußter Grenzwert. Ich würde mich darüber freuen, wenn dieser Grenzwert auch in anderen Bereichen immer und überall eingehalten werden könnte. Laut Umweltbundesamt, das ja heute noch Gegenstand der Debatte sein wird, stammt jener Anteil, der in Österreich an Hintergrundbelastung an Dioxinen und Furanen vorhanden ist, zum Großteil aus dem Ausland.

So viel zu diesem Thema, das für Sie, aber auch für den Umweltsprecher der Freiheitlichen ein großes Thema war, nämlich die Begünstigung der Verbrennung. Begünstigung ist es keine, sondern es ist eine Einräumung einer fairen Chance, einer guten und vernünftigen Möglichkeit, um die entsprechende Infrastruktur in unserem Lande zu schaffen.

Daß das Abfallwirtschaftsgesetz als einerseits großes, andererseits als junges Gesetzeswerk innerhalb der nächsten Jahre einer großen Novelle unterzogen werden soll, ist, so glaube ich, völlig normal. Zehn Jahre sind ins Land gezogen. Die AWG-Novelle 2000 soll in Angriff genommen werden, und ich bedanke mich für den diesbezüglichen Entschließungsantrag des Hohen Hauses.

Ich bedanke mich aber auch abschließend für den Entschließungsantrag des Hohen Hauses, mit dem ich, aber auch der Herr Wirtschaftsminister aufgefordert werden, auf Basis des § 29 Abfallwirtschaftsgesetz die entsprechenden Verordnungen zur Verbrennung von Abfällen – primär geht es um gefährliche Abfälle, aber dann in Folge auch um nicht gefährliche Abfälle – bereitzustellen. Ich meine, daß diese Verordnungen sehr wohl auf dem § 29 AWG basieren sollten und nicht etwa auf anderen Gesetzesmaterien.

Meine Damen und Herren! Soviel aus meiner Sicht zu dieser wichtigen Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes, die eine Reihe von wesentlichen Punkten erfüllt, auf die ich aber deswegen nicht näher eingehen muß, weil sowohl Herr Abgeordneter Kopf als auch der Vertreter des Regierungspartners SPÖ, Herr Abgeordneter Kummerer, darauf schon ausführlich verwiesen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Stampler. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

21.40

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bevor ich mit meinen Ausführungen zur AWG-Novelle beginne, möchte ich folgendes festhalten: Österreich hat ein vorbildliches Umweltrecht. Wir halten Standards, von denen Umweltpolitiker in anderen Ländern nur träumen können. Die Abfallwirtschaft betreffend verfügen wir über ein international anerkanntes und gelobtes System, ebenso bei der Sanierung der Altlasten. Ich zitiere aus dem § 1 des AWG: In Z 4 ist genau festgelegt, daß die Abfallwirtschaft danach auszurichten ist, daß nur solche Stoffe als Abfälle zurückbleiben, deren Ablagerung kein Gefährdungspotential für nachfolgende Generationen darstellt. Vorsorgeprinzip. – Zitatende.


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134. Sitzung / Seite 150

§ 2 präzisiert näher, indem der Grundsatz "Vermeidung vor Verwertung vor Entsorgung" festgelegt wird, zu dem die Österreichische Volkspartei immer gestanden ist.

Ich halte es für sehr wichtig, daß in unserem Abfallwirtschaftsgesetz nicht der einen oder anderen Methode der Verwertung der Vorzug gegeben wird, sondern nur das Ziel, künftige Generationen nicht zu gefährden, vorgegeben ist. Wir haben damit ein nachhaltiges Gesetz, denn der Stand der Technik ist eine sich ständig ändernde Variable. Entsorgungstechniken, die heute nur denkbar sind, können bereits morgen die Regel sein. Aber all diese Veränderungen müssen immer auf das Ziel der Abfallwirtschaft ausgerichtet sein und Berücksichtigung im AWG finden. Damit bin ich schon bei der Novelle.

Meine Damen und Herren! Diese Novelle paßt das Abfallwirtschaftsgesetz durch Begriffsveränderungen nicht nur an das EU-Recht an, sondern sie bringt auch viele Verbesserungen sowohl für die Wirtschaft als auch für die Umwelt. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird nun ermächtigt, per Verordnung festzulegen, unter welchen Voraussetzungen und zu welchem Verwendungszweck sich bei bestimmten Abfällen die Abfalleigenschaft ändert.

Es wurde der § 4a in bezug auf Ausstufung angesprochen; dazu möchte ich kurz Stellung nehmen. Im neuen § 4a ist nun ein Verfahren geregelt, unter dessen Voraussetzungen es möglich ist, den Nachweis zu bringen, daß bestimmte gefährliche Abfälle als nicht gefährlich zu stufen sind. Dieses Verfahren ist sehr streng, der Nachweis darf nur durch externe befugte Fachpersonen erfolgen, und Abfall gilt so lange als gefährlich, bis das Verfahren abgeschlossen ist.

Es wurden auch die Fristen kritisiert. Dazu möchte ich sagen, daß es immer die Grünen sind, die sich beschweren, wenn eine Behörde zu lange Fristen braucht, um Entscheidungen zu finden.

Nun möchte ich noch folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Peter Keppelmüller und Genossen betreffend die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (1201 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird (1201 der Beilagen), in der Fassung des Ausschußberichtes (1327 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel I wird in der Z 45 im Abs. 10 Z 1 der Verweis "§ 45 Abs. 6a, 6b und 14 bis 18" durch den Verweis "§ 45 Abs. 6a, 6b und 14, 15, 17 und 18" ersetzt.

2. Im Artikel I wird in der Z 45 dem Abs. 10 folgende Z 4 angefügt:

"4. (Verfassungsbestimmung) § 45 Abs. 16 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/1998 tritt mit 1. Oktober 1998 in Kraft."

3. Im Artikel II wird in der Z 2 jeweils die Bezeichnung Abs. 5 durch Abs. 6 ersetzt.

*****

Herr Bundesminister! Zum Abschluß möchte ich Ihnen und den Beamten des Ministeriums für diese gute Regierungsvorlage danken und Ihnen vor allem dafür meinen Dank aussprechen, daß in dieser bereits alle Kosten des Gesetzes, wie dies im Konsultationsmechanismus vorgesehen ist, angeführt wurden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.45


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Der soeben verlesene Antrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Aumayr. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Das wird der Höhepunkt des Abends!)

21.45

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Stampler, Sie haben davon gesprochen, daß es durch diese Gesetzesnovelle zu Erleichterungen für die Wirtschaft und zu Vorteilen für die Umwelt kommt. Ich beweise Ihnen nur an einem einzigen Beispiel, wie schwierig diese Versprechen, die Sie gegeben haben, einzuhalten sind. (Rufe bei der ÖVP: Ihr müßt aufpassen!) Ich kann Ihnen nur sagen: Dieses Gesetz ist genauso, wie Herr Kollege Kopf es bereits im Ausschuß zugegeben hat: Sie sind auch nicht stolz auf dieses Gesetz.

Schauen Sie sich die Seite 5 dieser Novelle an: § 4a, Abs. 5! (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Hören Sie bitte zu, welche Gesetze in diesem Land heute beschlossen werden!

Übernimmt ein Deponiebetreiber einen bestimmten Abfall und zeigt er in der Folge für den Zweck der Deponierung aus seiner Deponie den Nachweis der Nichtgefährlichkeit gemäß Abs. 1 Z 1 – Abs. 1 Z 1 heißt: der Abfallbesitzer eines bestimmten Abfalls beziehungsweise Z 2: der Abfallerzeuger von Abfällen aus einem definierten Prozeß in gleichbleibender Qualität für einen in der Verordnung näher zu bestimmenden Zeitraum – an, so gilt dieser Abfall mit der Anzeige gemäß Abs. 1 als nicht gefährlich. Diese Rechtsfolge tritt nicht ein, wenn der Anzeige eine falsche oder verfälschte Beurteilung im Sinne des Abs. 4 zugrundeliegt.

Abs. 4: Äußert sich der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie innerhalb von sechs Wochen ab Einlangen der Anzeige oder innerhalb der in Abs. 2 oder 3 angegebenen Fristen nicht – jetzt kann ich Ihnen die Absätze 2 und 3 wieder vorlesen, die sind genauso lang, das sind mindestens 20 Zeilen. Allein im Abs. 5 – in diesem einen Abs. 5! – gibt es sechs Querverweise, und ich kann Ihnen sagen: Dieses Gesetz ist praktisch nicht nachvollziehbar für den "Otto Normalverbraucher"; der soll es aber nachvollziehen können. (Abg. Dr. Khol: Das habe ich alles verstanden!) Es ist unlesbar, der Bürger kann es kaum "handlen".

Es ist genau solch ein Gesetz wie damals, als Frau Kollegin Frieser beim "Sommerloch" gesagt hat, sie werde unlesbaren Gesetzen nicht mehr zustimmen. (Abg. Dr. Khol: Das hat die Cordula Frieser gut verstanden!) Heute beschließen Sie mit dieser Gesetzesnovelle genau so ein schlechtes Gesetz. (Abg. Dr. Khol: Dieses Gesetz ist bei durchschnittlicher emotionaler Intelligenz gut verständlich!)

Herr Bundesminister! Diese Novelle ist wie die Abfallpolitik der Regierung: konzeptlos, ohne Perspektive. Verbrennen ist ganz einfach keine Perspektive. Es hat ja auch ein wahrer Siegesfeldzug der PET-Flaschen stattgefunden. Es ist überhaupt keine Frage: Die Kunststofflasche hat ja längst die Einwegflasche verdrängt, und die muß natürlich verbrannt werden. (Abg. Mag. Barmüller: Die Glasflasche!)  – Ja, die Glasflasche, ist klar.

Folgendes möchte ich noch sagen, Herr Bundesminister, weil Sie vom Abfallwirtschaftsgesetz 2000 gesprochen haben: Das Jahr 2000 ist bereits jetzt total überfrachtet: ein Abfallwirtschaftsgesetz, eine Steuerreform 2000. Die Regierung verspricht für das Jahr 2000 wirklich, was das Zeug nur hält. Ich hoffe, das Jahr 2000 wird nicht alt ausschauen, bevor es überhaupt gekommen sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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134. Sitzung / Seite 152

21.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

21.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im Grunde genommen habe ich es leicht, ich habe nur vier Minuten Redezeit. Der Herr Bundesminister hat sehr klar dargestellt, worum es bei dieser Novelle geht, und warum wir versuchen, die Chancengleichheit der Müllverbrennung zu erhöhen.

Tatsächlich – und das gebe ich zu – ist dieser Gesetzentwurf entsorgungsorientiert, weil wir zurzeit zwei Probleme haben, wenn wir die ehrgeizigen Ziele, die wir uns in der Deponieverordnung mit dem Jahr 2004 gesteckt haben, erreichen wollen.

Wir haben erstens das Problem, daß derzeit unzulängliche Deponien zu Dumpingpreisen aufgefüllt werden – das hat mit Müllvermeidung auch nichts zu tun –, und zweitens, daß man versucht, auch unzulängliche Verbrennungsanlagen einzusetzen. Daher bekommen Verbrennungsanlagen, die allen modernen Erkenntnissen und allen Richtlinien des Emissionsschutzes genügen, ein – wenn Sie es so nennen wollen – "Zuckerl". Das ist wichtig, und dazu bekennt sich auch meine Fraktion. Ich kann wirklich nicht verstehen, warum es keinen Vermeidungseffekt geben soll, wenn eine billige, schlechte Deponie einer relativ teuren Verbrennungsanlage gegenübergestellt wird. Dieser Vergleich hinkt.

Ich bin aber einer Diskussion über alternative Verfahren gegenüber durchaus offen. Eine solche Diskussion müßte meiner Ansicht nach jedoch so sachlich verlaufen wie kürzlich eine große Veranstaltung zur mechanisch-biologischen Abfallbehandlung, die der Herr Bundesminister initiiert hat, oder wie es in einem Brief des Interessentenverbundes MBA formuliert ist, der uns – ich nehme an, daß auch andere Umweltsprecher diesen Brief bekommen haben – zu einer Diskussion auffordert – ich zitiere –:

"Gerade unser Interessentenverbund vertritt die Auffassung, daß es keine Diskussion thermische Verwertung kontra mechanisch-biologische Behandlung geben kann. Denn eine optimierte Abfallbewirtschaftung soll standortabhängig aus der mechanisch-biologischen Vorbehandlung (,Restmüllsplitting‘) der thermischen Verwertung der daraus gewonnenen, heizwertreichen Fraktionen und der Deponierung der in beiden Verfahren schlußendlich sich ergebenden Restfraktionen erfolgen." – Zitatende.

Auf dieser Basis kann man sicherlich diskutieren; und auch bei der klassischen thermischen Müllverbrennung gibt es Ansätze für andere, vielleicht bessere Verfahren, nur muß man sich endlich dazu entschließen, Anlagen zu bauen. Es ist wenig hilfreich, wenn immer wieder Vorbehalte geschürt werden, wie etwa in der Zeitung "täglich Alles", in der zum Thema "Wie gefährlich ist Müllverbrennung?" behauptet wird, daß mit dieser Novelle Schlacken und Aschen – in Klammern: mit Dioxin beladen – aus der Regelung herausgestrichen würden. – Das ist unseriöse Panikmache (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Immer diese Medien!) und hat mit seriöser Diskussion nichts mehr zu tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist also keine Einseitigkeit, wenn wir derzeit die Müllverbrennung forcieren. Wir brauchen das, wenn wir im Jahre 2004 das Ziel erreichen wollen, daß nur noch inertes Material abgelagert wird. Jeder seriöse Umweltpolitiker muß sich zu Novellen wie dieser bekennen, obzwar auch ich der Meinung bin, daß wir im Sinne von mehr Klarheit und Vereinfachung das geplante Abfallwirtschaftsgesetz 2000 anstreben müssen, das eine überaus wichtige Weichenstellung sein wird.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg, und ich ersuche Sie daher, dieser notwendigen Novelle Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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134. Sitzung / Seite 153

21.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser.

Die Restredezeit Ihres Klubs beträgt 16 Minuten. (Abg. Dr. Gabriela Moser: 3 Minuten!) Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

21.53

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch kurz in drei Minuten drei Aspekte ansprechen.

Herr Minister! Sie haben gesagt, wir sollten die Diskussion seriös verfolgen. Ich gebe Ihnen recht darin. Allerdings muß man seriöser Weise auch erwähnen, daß in der Deponieverordnung der Zeitraum bis zum Jahr 2004 erstreckt wurde, damit man Zeit hat, Müllverbrennungsanlagen zu errichten. Hätte man diesen Zeitraum verkürzt und den Sanierungsdruck bei den Deponien verstärkt, dann stünden Deponien zu Dumpingpreisen nicht mehr lange zur Verfügung. Das ist ein Aspekt, den man ehrlicherweise erwähnen muß.

Der zweite Aspekt ist, daß sich, wie meine Vorrednerin bereits erläutert hat, Müllverbrennungsanlagen erst ab 20 000 Tonnen im Jahr rentieren. (Bundesminister Dr. Bartenstein: 200 000!) Sogar noch höher, ich höre von Ihnen 200 000 Tonnen. – Das hat jedoch einen massiven "Mülltourismus" und damit auch mehr Verkehrsaufkommen zur Folge, es bedingt den Transport – ein "Müll-Herumkutschieren" – von der Peripherie in die Zentren, wo die Müllverbrennungsanlagen sinnvollerweise postiert werden müßten – wenn man sie will; ich will sie nicht! Ein derartiger "Mülltourismus" ist ein Problem, das teilweise schon beim Alpentransit erwähnt worden ist, nämlich daß zusätzliches Verkehrsaufkommen entsteht und insofern kontraproduktiv ist. Das ist der zweite Aspekt.

Werte Herren von der Sozialdemokratie! Der dritte Aspekt ist, daß die biologisch-mechanische Behandlung, die ebenfalls die Voraussetzungen der Deponierung nach der Deponierichtlinie für 2005 erfüllen kann – im kleintechnischen Bereich hat sie sich bewährt, in den neuen Bundesländern unseres Nachbarlandes Deutschland wird sie forciert –, ideal für die Arbeitsplatzbeschaffung in den Regionen ist. Diese Technologie ist arbeitsintensiver und gewährleistet Arbeitsplätze in den Regionen, während die Verbrennung Arbeitsplätze aus den Regionen abzieht und sie in verdünnter Form, da es weniger Arbeitsplätze sind, in den Zentren konzentriert. Deswegen verstehe ich nicht, daß Sie aus arbeitsmarktpolitischen Gründen nicht für die biologisch-mechanische Methode eintreten.

Das sind drei Aspekte, die bei einer Mülldiskussion seriöserweise immer herangezogen werden müssen, und die Sie bei dieser Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes zuwenig oder gar nicht beachtet haben. Sie sind eben in den Fängen einer an sich eindimensionalen Großtechnologie, sollten aber in Hinblick auf nachhaltige Vermeidung von Müll vieldimensional orientiert sein – beispielsweise könnten die Produktionsbedingungen umgestaltet und die Produktdesigns geändert werden. Das wäre ein zukunftsträchtiger, ein vieldimensionaler Weg, auch im Hinblick auf Technologieaspekte! Das sollte mehr berücksichtigt werden. Es tut mir leid, daß Sie diesen Weg nicht gehen. (Beifall bei den Grünen.)

21.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters findet nicht statt.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein. – Ich bitte die Damen und Herren, den jeweiligen Platz einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1327 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Kopf, Dr. Keppelmüller und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.


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134. Sitzung / Seite 154

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Anträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst gemäß § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung fest, daß das verfassungsmäßig vorgesehene Präsenzquorum gegeben ist.

Die Abgeordneten Ing. Langthaler und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Z 29a in Art. I enthält.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Kopf, Dr. Keppelmüller und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. I Z 45 und Art. II Z 2 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang, nun in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Ich stelle abermals die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Abermals stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1327 der Beilagen beigedruckte Entschließung, Anlage 2, betreffend Auswirkungen der Verpackungsverordnung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 131.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1327 der Beilagen beigedruckte Entschließung, Anlage 3, betreffend Verordnung für die Verbrennung von Abfällen sowohl in Abfallbehandlungsanlagen als auch in industriellen Anlagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich auch dafür um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 132.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1327 der Beilagen beigedruckte Entschließung in Anlage 4 betreffend Neufassung des Abfallwirtschaftsgesetzes basierend auf dem Prinzip der Abfallvermeidung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Angenommen. (E 133.)

Das Abstimmungsverfahren ist damit beendet.


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22. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1206 der Beilagen): Umweltkontrollgesetz (1328 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.00

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen glauben, daß es gut und richtig ist, wenn sich der Staat von Aufgaben, die die Privatwirtschaft besser lösen kann, zurückzieht. Deshalb unterstützen wir alle Entwicklungen, Herr Bundesminister, wo dies tatsächlich sinnvoll ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber bezüglich der Ausgliederung des Umweltbundesamtes sind wir der Ansicht, daß die staatliche Kontrolle nicht aus der öffentlichen Verwaltung entlassen werden soll, vor allem deshalb nicht, weil, wie der Rechnungshof nachgewiesen hat, durch eine Ausgliederung in der geplanten Form die Kosten offensichtlich steigen werden. So wie beim Rechnungshof eine Privatisierung aus Objektivitätsgründen nicht möglich ist, sollte man auch das Umweltbundesamt in der von Ihnen vorgesehenen Form nicht privatisieren.

Es ist ohnehin keine echte Privatisierung, da das "Gängelband" zur öffentlichen Hand aufrecht bleibt. Der Bund bleibt hundertprozentiger Eigentümer und finanziert das Ganze weiter jährlich mit 222 Millionen Schilling. Von einer Privatisierung, wie der "Normalverbraucher" sie sich vorstellt, kann also keine Rede sein. Sie haben das alles unter Kontrolle und sprechen trotzdem von einer Privatisierung. Herr Bundesminister! Das ist Scheinprivatisierung, die noch dazu um einiges mehr an Kosten verursacht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird dadurch, wie Sie aus mehreren Schreiben von Ingenieurkonsulenten, von Zivilingenieuren, die auch Sie erhalten haben, wissen, für private Anbieter eine staatlich subventionierte und damit wettbewerbsverzerrende Konkurrenz geschaffen, da das in einer freien Marktwirtschaft natürlich für all jene, die keine staatliche Unterstützung haben, zum Existenzproblem wird, Herr Bundesminister. Deshalb sehe ich in dieser Ausgliederung nicht nur die Kontrolle in der bisherigen Form nicht mehr gewährleistet, sondern noch dazu eine Existenzgefährdung für Privatberufler, die wir in einer Welt, in der der Wettbewerb ohnehin immer schärfer wird, nicht auch noch von staatlicher Seite her zusätzlich brauchen können.

Herr Bundesminister! Außerdem wurde in § 18 der Direktor "zufällig" bis zum Erreichen seines Pensionsalters "einzementiert". Es spricht zwar nichts gegen Herrn Direktor Struwe, der seine Aufgaben hervorragend erfüllt hat, aber es ist doch eigenartig und bemerkenswert, daß der derzeitige Direktor des Umweltbundesamtes sozusagen einzementiert wird, bis er sein Pensionsalter erreicht hat. – Bemerkenswert!

Hingegen konnte man sich auf eine Erwähnung der Zweigstellen in Klagenfurt und in Salzburg nicht einigen. – Auch bemerkenswert! (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Bartenstein. )

Herr Bundesminister! Weiters ist eine juristische Ungenauigkeit bemerkenswert. In § 12 Abs. 1 schreiben Sie von "einem oder zwei" Geschäftsführern. – Wie viele werden es sein? (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Ich tippe auf zwei! – Abg. Ing. Langthaler: Zwei! Einer rot und einer schwarz! Es werden zwei oder vier!) Zwei? Womöglich einer rot und einer schwarz? Kann das sein? (Ironische Nein-Rufe bei den Freiheitlichen.) – Nein, wahrscheinlich nicht. Aber Sie werden uns vielleicht, wenn Sie wollen, eine Antwort darauf geben.


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Herr Bundesminister! Eine Ausgliederung in dieser Form ist eine Augenauswischerei und wird von niemandem, der sich damit beschäftigt hat, ernst genommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser: Posch! Ein Roter, ein Schwarzer oder zwei Schwarze? – Abg. Kopf: Höchstens zwei gute! – Abg. Dr. Haider: Habt ihr ja nicht!)

22.04

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich verstehe Ihre Aufregung nicht ganz. (Abg. Haigermoser: Wir sind überhaupt nicht aufgeregt! Du bist nervös!) Es ist eine völlig normale (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Aumayr: Aber ja! – Abg. Haigermoser: Ja!) Formulierung in der Ermächtigung einer Gesellschaftserrichtung, für den Fall vorzusorgen, daß es zweckmäßig erscheint, zwei Geschäftsführer zu haben – etwas, was nicht unbedingt sein muß. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Wie war es im Bundesamt für Zivilluftfahrt?) Ich kann mich gut an die immer wieder erhobenen Forderungen erinnern, daß bei der Führung von Gesellschaften das Vieraugenprinzip gelten soll. (Zwischenruf der Abg. Aumayr ) Aber das soll jetzt auf einmal durchbrochen werden. Ihr richtet euch eure Argumentation auch immer so her, wie ihr sie gerade braucht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Rot-schwarz oder nur schwarz?)

Meine Damen und Herren! Wie schon mein Vorredner bekennen auch wir uns dazu (Abg. Haigermoser: Das glaube ich auch, rot-schwarz! Wenigstens ehrlich!) , daß Aufgaben, die nicht zwingend von der Hoheitsverwaltung des Bundes wahrgenommen werden müssen, sondern durchaus auch von entweder in Bundesbesitz befindlichen Gesellschaften – was in diesem Fall sinnvoll ist – oder aber auch generell von solchen, die in dritter Hand sind, durchgeführt werden können, nicht ad infinitum in der bundeshoheitlichen Verwaltung behalten werden.

Die Aufgaben des Umweltbundesamtes können unserer Ansicht nach jedenfalls von einer Gesellschaft, in diesem Fall mit beschränkter Haftung, durchgeführt werden. Eine derartige Konstruktion bietet viele Vorteile. Das straffe und enge Korsett der Bundesverwaltung mit all den Dingen im Dienstrecht – (Zwischenruf der Abg. Rieß ) ja, für jene, die schon drinnen sind! – bietet im Vergleich zum Angestelltengesetz zuwenig Flexibilität und schreibt zu viele Restriktionen vor. Die neue Struktur erlaubt dem Amt viel mehr Flexibilität, auch in der Beschäftigung Dritter über Vertragskonstruktionen und so weiter, also all das, was das Umweltbundesamt dringend braucht.

Kein Mensch hat ein Interesse daran, die Leistungen des Umweltbundesamtes a) einzuschränken oder b) in irgendeiner Form in ihrer Wirkung zu schmälern. Ganz im Gegenteil: Das Umweltbundesamt hat in der Vergangenheit wertvolle Arbeit geleistet und wird das auch weiterhin tun. Aber die neue Gesellschaftsform bietet viele Möglichkeiten, flexibler zu arbeiten und über die Aufgabenstellung und über die Beauftragung durch den Bund hinaus dort, wo es sinnvoll ist, auch für Dritte tätig zu werden.

Es galt aber natürlich auch sicherzustellen, daß keine unlautere Konkurrenzierung von in diesem Markt tätigen Zivilingenieuren entsteht, da das Umweltbundesamt ja eine Grundsubvention für die Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben vom Bund erhält. Das war der Grund für die Ausschußfeststellung (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist die neue Waffe: Ausschußfeststellung!) mit dem Hinweis auf § 6 Abs. 4 der EU-Richtlinie über die Koordinierung des Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, die natürlich auf jeden Fall – das ist ja selbstverständlich, soll aber noch einmal dokumentiert sein – Berücksichtigung finden muß.

Insgesamt haben wir im Rahmen dieser Ausgliederung eine gute und vernünftige Form gefunden, und zwar mit Begleitmaßnahmen im Gesetz, durch die wir einerseits sicherstellen, daß das Umweltbundesamt die Aufgaben für den Bund selbstverständlich weiterhin voll wahrnehmen kann, durch die wir andererseits aber dem UBA mehr Flexibilität in der Abwicklung seiner Aufgaben ermöglichen und – drittens – den Weg dafür ebnen, daß bestehende Einrichtungen künftig zur Entlastung des Bundesbudgets auch für Dritte nutzbar gemacht werden können. Allein


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die Tatsache, daß das Budget, das bisher jährlich gestiegen ist, nun gedeckelt werden konnte, wird dem Bundesbudget in den kommenden Jahren einiges an Entlastung bringen.

Ich halte das insgesamt für eine gelungene Form einer Ausgliederung, ein Thema, das wir gerade heute noch mehrfach bei den nachfolgenden Tagesordnungspunkten zu besprechen und zu beschließen haben. Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.10

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Visoki Dom! Gospod Minister! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Kopf hat zwar gerade versucht, es so darzustellen, als ob alles Schlechte in diesem Gesetz durch den Ausschußbericht ohnehin sozusagen konterkariert würde, ich muß aber festhalten, daß durch den Ausschußbericht eigentlich nur das schlechte Gewissen, das Sie bei der Verabschiedung dieser Materie hatten, ein bißchen beruhigt wird. Ich stelle ganz kurz in einigen Punkten dar, warum das Liberale Forum diese Vorlage ablehnt.

Erstens sind wir der Auffassung, daß Umweltkontrolle absolut auch von Privaten durchgeführt werden kann, und wir sehen in der Vorlage eine einseitige Bevorzugung des Umweltbundesamtes. Ich halte das für eine ungerechtfertigte Bevorzugung. Sie selbst haben bereits die diversen Schreiben von Zivilingenieurbüros, die so manche Aufgabe des UBA übernehmen könnten, erwähnt. Gleichzeitig wird immer wieder bejammert, daß das Forschungs- und Entwicklungsbudget der Betriebe, besonders der Gewerbebetriebe, zu gering ist. Daher wäre es sehr wichtig, daß diese Betriebe zusätzliche Aufträge bekommen. Es ist das auch eine Bevorzugung gegenüber der Universität und anderen Forschungsinstituten. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Wieso gegenüber der Universität?)

Meine Damen und Herren! Quersubventionen sind weiterhin möglich. Wir wissen, daß Private nicht zum Selbstkostenpreis anbieten können, weil sie eben gewinnorientiert sind. Daher ist das eine sehr klare und ungerechtfertigte Bevorzugung. Sie wissen auch, daß das Umweltbundesamt keine Abgaben zahlt. Auch diese Steuerbefreiung ist durch die Ausschußfeststellung keineswegs beseitigt. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ungeheuerlich!)

Sehr ungut und sehr schlecht fühlt man sich angesichts des Umstandes, daß das Umweltbundesamt einerseits Kontrollor und andererseits gleichzeitig Auftragnehmer ist. Wie man es unter einen Hut bringen will, daß ein und dieselbe juristische Person sozusagen beide Aufgaben gleichzeitig ausführt, das muß man mir erst erklären. Ich bin auch der Auffassung, daß damit EU-Richtlinien verletzt werden. Es steht im Widerspruch dazu. Es handelt sich dabei um eine einseitige Bevorzugung mit Bundesmitteln. Sie schreien immer nur bei den Ambulatorien, dabei wäre es vernünftig, auch in dieser Frage den konsequenten Weg zu gehen, den Sie anderswo beschreiten.

Die zentralen Fragen aber lauten: Wird es zu einer Ersparnis kommen? Wird die Effektivität gesteigert? – Darauf sagen wir klar: nein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brix. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Schweitzer: Da bin ich aber neugierig! Er war immer gegen die Ausgliederung!)

22.12

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich sage es gleich vorweg: Herr Abgeordneter Schweitzer hat recht. Ich war und bin auch heute noch gegen die Ausgliederung, weil ich glaube, daß das Umweltbundesamt damals, als Umweltminister Steyrer es geschaffen hat, in dieser Form das beste war, das für die Umweltpolitik geschaffen werden


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konnte. (Abg. Haigermoser: Dabei war ich Geburtshelfer, Brix! Vergiß das nicht! Da haben wir noch mit euch regiert!)  – Ich war nur Geburtshelfer bei meinem Buben. Das war mir viel mehr wert, das war wirklich etwas Schönes! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das war nicht sehr gut!)

Aber da ich damals – und ich stehe auch heute noch dazu – der Meinung war, daß das Umweltbundesamt in dieser Form das beste war, das es gegeben hat, glaube ich, daß es uns allen, die damit beteiligt waren, unter den gegebenen Umständen gelungen ist, ein Gesetz zu schaffen, das es diesem Amt wieder ermöglicht, eine wirklich objektive Umweltkontrolle für Österreich zu sein. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) Das ist eindeutig so!

Ich wiederhole: Ich stimme dafür, weil ich nun der Meinung bin, daß es (Abg. Ing. Langthaler: Sind Sie dagegen oder dafür?) unter diesen Umständen das beste ist! (Abg. Ing. Langthaler: Unter welchen Umständen?) Mit "unter diesen Umständen" meine ich, daß zuerst eine Teilausgliederung zur Diskussion stand. Wir alle, auch Sie, Kollegin Langthaler, haben davon gesprochen, daß es damit zu einer Zerschlagung des Umweltbundesamtes kommen würde. (Abg. Haigermoser: Das ist ein politischer "Elchtest"!) Mit diesem Gesetz aber haben wir es als Ganzes erhalten. (Abg. Ing. Langthaler: Also nicht ein bißchen schlecht, sondern ganz!)

Ich füge noch einen zweiten Punkt an: Es ist nicht nur als Gesamtes erhalten, sondern dieses Gesetz ist (Abg. Haigermoser: Brix! Zu Weihnachten bekommst du von uns einen Ganzkörperspiegel!) , und das widerspricht den Ausführungen meines Vorredners, sehr wohl EU-konform. Ich widerspreche auch einem weiteren Vorredner, Herrn Kollegen Schweitzer, der behauptet hat, es werde nun alles zusammengeworfen, sie seien zwar öffentlich, können aber auch auf dem Privatmarkt auftreten, die Steuer werde ihnen auf jeden Fall nachgelassen.

Das Umweltbundesamt wird natürlich weiterhin in öffentlicher Form als das Kontrollinstitut Österreichs für die Umwelt auftreten. Es wird jene Maßnahmen durchführen können, die ihm aufgrund dieser Stellung zustehen, sich in der geteilten Form aber dadurch, daß es nun auch private Aufträge übernehmen kann, die Butter – Sie gestatten, daß ich Sie zitiere, Herr Bundesminister (Bundesminister Dr. Bartenstein: Gerne!)  – auf das Brot dazuverdienen können. Bei der Übernahme von privaten Aufträgen hat es jedoch nicht die gleiche Bedeutung wie in jenen Fällen, in denen es als öffentliches Amt in Erscheinung tritt. Das ist richtig und gut. (Abg. Smolle: Aber wie soll es diese Rollen gleichzeitig spielen, Herr Kollege? – Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. )

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! In der abweichenden persönlichen Stellungnahme der Abgeordneten Monika Langthaler steht, daß es sich die Republik Österreich nicht leisten könne, die einzige von privaten Interessen unabhängige Einrichtung zur Kontrolle der Umwelt zu verlieren. (Abg. Ing. Langthaler: So ist es!)

Sehr richtig! Darum haben wir das Gesetz so abgefaßt, daß dieses Amt weiterhin als einziges eine objektive Kontrolle für die Umwelt gewährleistet. (Abg. Ing. Langthaler: Dann wissen Sie aber nicht, was drinnen steht!) Sie werden von diesem Pult aus mit keinem einzigen Satz widerlegen können, daß das Umweltbundesamt in seiner Gesamtheit nicht weiterhin eine objektive Kontrollinstitution bleibt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Wozu dann die Ausschußfeststellung?)

Wir haben – Kollege Kopf hat bereits davon gesprochen – in diesem Gesetz eine Basissubvention für die Bundesländer geschaffen, sodaß auch dort die finanziellen Grundlagen erhalten bleiben. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Eine großartige Schöpfung!) Die Filialen in Salzburg und in Klagenfurt, die vom Abgeordneten Schweitzer angesprochen wurden, werden weiterhin bestehen bleiben. Wir werden mit Argusaugen darauf achten, daß sie im Interesse jener, die diese Filialen in Anspruch nehmen, auch erhalten bleiben. Auch das bleibt so, wie es ist.

Liebe Kollegin Langthaler und meine Damen und Herren dieses Hauses! Das Umweltbundesamt ist diesem Haus verpflichtet und wird alle drei Jahre einen Umweltkontrollbericht vorlegen – genauso, wie es bis jetzt war. Weiters haben wir mit diesem Gesetz erreicht, daß die Mitglieder des Umweltbundesamtes auf Wunsch der einzelnen Fraktionen künftig verpflichtet sind, in die


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Klubs zu kommen, um dort Anfragen zu beantworten. Wir haben damit also ein "gläsernes", objektives Institut, das die Umwelt weiterhin in allen Fragen prüfen und kontrollieren wird.

Wir haben aber – das möchte ich schon noch erwähnen – auch etwas anderes erreicht. Im morgigen "Kurier" steht auf Seite 2 – (Abg. Mag. Schweitzer: Otmar, deine Zeit ist abgelaufen!) aber nur beim Reden! (Abg. Mag. Schweitzer: Etwas anderes habe ich nicht gemeint!)  –, daß die Vertragsbediensteten dort mehr verdienen sollen als die Beamten. Wir – die Regierungspartner ÖVP und SPÖ – haben uns gemeinsam bemüht, für die Vertragsbediensteten alle Rechte zu schaffen, damit, wenn dieses Gesetz am 1. Jänner 1999 in Kraft tritt, jene Frauen und Männer nicht benachteiligt sind.

Das ist unsere Argumentation. Darin liegt unsere Stärke. Denn im Gegensatz zu Ihrer Ausschußfeststellung, Frau Kollegin Langthaler, tun wir etwas für die Menschen dort, sie liegen uns mehr am Herzen als das Papier, auf das Sie solche Dinge drucken lassen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Langthaler: Die sehen das aber ein bißchen anders!)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluß kommen: Ich glaube, durch das neue Umweltkontrollgesetz bleibt das Umweltbundesamt, das Minister Steyrer damals geschaffen hat, weiterhin – nur jetzt in einer anderen Form – der objektive Hüter unserer Umwelt. (Beifall bei der SPÖ.)

22.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun Frau Abgeordnete Ing. Langthaler gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.19

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Brix! Ich weiß nicht, ob Sie wirklich glauben, was Sie soeben gesagt haben (Abg. Brix: Ja!) , oder ob es nur eine Art traumtänzerischer Annahme ist, daß alles so bleiben wird, wie es ist. (Abg. Brix: Ich tanze ziemlich schlecht!)

Ich frage mich bis heute – und man konnte mich auch in vielen Diskussionen nicht davon überzeugen –, warum Sie das Umweltbundesamt, das doch gut funktioniert, mit dem eigentlich alle zufrieden sind, ausgliedern wollen.

Eine Kontrollstelle, einen derart sensiblen Bereich, dessen höchster Wert es ist, glaubwürdig zu sein, unabhängig agieren zu können, jetzt in den Wettbewerb zu entlassen, wenn auch mit einer gesicherten, für die nächsten Jahre angeblich stabilen Basisfinanzierung (Abg. Smolle: Was ist das denn für ein Wettbewerb?)  – die sogenannte Butter auf’s Brot muß man sich halt auf dem Markt verdienen –, führt natürlich zu einer Wettbewerbsverzerrung gegenüber anderen Zivilingenieurbüros! Das wissen wir alle. Und natürlich gibt es eine absolute Interessenkollision. Man kann nicht am Vormittag einen Betrieb kontrollieren und am Nachmittag hingehen, um einen Auftrag zu akquirieren. Das ist absurd, Herr Kollege Brix! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle. )

Niemand kommt auf die Idee, den Rechnungshof zu privatisieren. Ich habe schon oft argumentiert, und auch Rechnungshofpräsident Fiedler hat mehrmals darauf hingewiesen, daß dies budgetär nichts bringt. Am Anfang war es immer das Hauptargument, daß man Ausgliederungen machen muß, weil das budgetär etwas bringen würde. – Gut. Wir haben uns dieses Argument angesehen, wir haben es diskutiert, es wurden verschiedene Stellen eingeschaltet. Aber unter dem Strich kommt heraus, daß das budgetär nichts bringen wird.

Zweites Argument: Das UBA muß oder soll organisatorisch besser und freier agieren können. Es sollen andere oder bessere Arbeitsbedingungen geschaffen werden. – Herr Minister! Ich verstehe das nicht. War es bisher so stark unter Ihrer beziehungsweise unter politischer Kuratel, daß man wünscht, es könnte in Zukunft freier oder besser arbeiten? – Nein, das war es hoffentlich nicht.

Ich habe die Berichte, die Arbeit des Umweltbundesamtes in den letzten Jahren sehr geschätzt. Ich glaube, daß man ein solches Umweltbundesamt zweifellos etwa in der Struktur, in der Admi


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nistration verbessern kann, daß man es organisatorisch, daß man es möglicherweise auch personell verbessern kann, daß man einiges einfach an die Veränderungen anpassen kann. Aber insgesamt – und das gilt, glaube ich, wirklich für alle Parteien, da besteht eine seltene Einmütigkeit – waren eigentlich immer alle Fraktionen in diesem Haus mit der Arbeit des Umweltbundesamtes äußerst zufrieden. Ich sehe tatsächlich die Unabhängigkeit des UBA stark gefährdet.

Herr Abgeordneter Brix! Ich kann es mir wirklich nicht vorstellen, daß das Umweltbundesamt so weiter arbeiten wird wie bisher, daß es nicht in den nächsten Jahren ... (Abg. Brix: Warum?)  – Ja, warum, Herr Abgeordneter Brix? Glauben Sie nicht, daß es eine Interessenkollision geben wird? (Abg. Brix: Nein, sicher nicht!) Glauben Sie nicht, daß man, wenn man akquirieren muß und soll, um die Labors besser ausgelastet zu haben, eben natürlich auch zu jenen Stellen geht, die umgekehrt in indirekter oder direkter Form auch kontrolliert werden müssen? (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.  – Abg. Smolle: Sicher, ganz klar!)

Herr Abgeordneter Brix! Ich verstehe Sie nicht! Das Land, in dem Sie leben, in dem Sie Umweltpolitik machen, ist ein kleines Land. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Brix. ) Jeder kennt jeden, jede Firma kennt die andere! Das ist doch lächerlich. Selbst bei bestem Willen, bei besten Voraussetzungen wird das nicht gelingen. (Abg. Smolle: Wo sie recht hat, hat sie recht!)

Noch einmal: Niemand kommt sonstwo auf die Idee, die Kontrolle zu privatisieren. "Macht braucht Kontrolle!" war doch vor über sechs Jahren ein populärer Wahlkampfslogan, und in vielen Bereichen würde das schon stimmen. Bei der Umweltkontrolle stimmt es jedenfalls. Es gab für das Parlament immer eine gute – und so wird es hoffentlich in den nächsten Jahren noch sein – Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt.

Ich verstehe die Sozialdemokraten nicht. Für mich bleibt bei solchen Beschlüssen – es ist so, daß Sie da wirklich zu 100 Prozent umfallen, Herr Abgeordneter Brix, und eigentlich auf die ÖVP-Strategie zu 100 Prozent hineinfallen! – immer nur die Frage offen: Wie fühlt man sich eigentlich so in einer ÖVP-Alleinregierung, wobei man aber als Partei eigentlich die Mehrheit hätte? – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.  – Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Danke!)

22.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

22.24

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Abgeordneter Schweitzer, Sie haben mir den Vorwurf gemacht, ich hätte von einer Privatisierung gesprochen, obwohl es nicht einmal eine Scheinprivatisierung des Umweltbundesamtes gäbe. – Das ist grundfalsch. Ich habe immer von einer Ausgliederung gesprochen. Es handelt sich ganz sicher um keine Privatisierung, es wird auch keine sein, weil sich am hundertprozentigen Eigentum des Bundes am Umweltbundesamt nichts ändern soll und nichts ändern wird.

Es war von Anfang an meine Absicht, die Ausgliederung des Umweltbundesamtes dafür zu nützen, das Umweltbundesamt zu stärken, die Sicherung der Zukunft des Umweltbundesamtes in den Vordergrund zu stellen, und es – wie Herr Abgeordneter Brix das heute gesagt hat – dem Umweltbundesamt zu ermöglichen, zum heutigen Brot morgen auch die Butter verdienen zu können, und zwar deswegen, weil die Leistungen, die im Umweltbundesamt erbracht werden, so hervorragende sind, daß sie durchaus marktfähig sind, und man Leistungen erbringen kann, die auf dem freien Markt auch Umsatz und letztlich Ertrag erwarten lassen.

Es ist aber keinesfalls richtig, Frau Abgeordnete Langthaler und meine Herren von den Freiheitlichen, die Sie das mehrfach erwähnt haben, daß es jetzt um eine Wettbewerbsverzerrung ginge, die Private etwa in ihrer Existenz gefährden würde.

Meine Kollegen von der freiheitlichen Fraktion! Ich wundere mich ja überhaupt: Gestern hat Herr Abgeordneter Ofner die freien Berufe in beachtlicher Art und Weise verächtlich gemacht, heute sind Sie wieder die Beschützer der kleinen und mittleren Unternehmer.


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Aber zurück zum Umweltbundesamt. Mit drei Bestimmungen im Umweltkontrollgesetz wird einer Wettbewerbsverzerrung entgegengewirkt. Es wird erstens klargestellt, daß bei Leistungen gegenüber Dritten im § 6 Abs. 1 ein zumindest kostendeckendes Entgelt einzuheben ist – daß es nur der Ausnahmefall sein kann, daß das Entgelt kostendeckend ist, das fixiert eine Ausschußfeststellung; im Regelfall wird ein Gewinnaufschlag anzusetzen sein –, zweitens, daß es ein Verbot der Quersubventionierung gibt, und drittens, daß subventionierte Bereiche in gesonderten Rechnungskreisen zu führen sind. Die Wettbewerbsverzerrung gegenüber Privaten sehe ich also absolut nicht.

Die Kontrollfunktionen des Umweltbundesamtes bleiben voll aufrecht. Ich freue mich auch, daß diese Ausgliederung des Umweltbundesamtes in Übereinstimmung nicht nur mit der Leitung, sondern auch mit der Personalvertretung des Hauses über die politische Bühne gehen kann. Wenn es stimmt, daß gut Ding Weile braucht, dann beschließt das Hohe Haus heute ein gutes Gesetz für eine bessere Zukunft des Umweltbundesamtes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.27

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Smolle! Wir haben kein schlechtes Gewissen, wie Sie das vorhin gemeint haben. – Im Gegenteil: Wir sind guten Mutes; wir haben gemeinsam mit unserem Koalitionspartner eine Vorlage zustande gebracht, die sicherlich in die Zukunft reichen wird.

Die Umweltkontrolle, die nach dem Umweltkontrollgesetz dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie obliegt, wird in ihrer Konzeption geändert und den EU-Richtlinien angepaßt. Das Umweltbundesamt, das seine Aufgaben gut wahrgenommen hat, wird in Übereinstimmung mit dem Budgetprogramm aus der Bundesverwaltung ausgegliedert. Es behält aber auch nach der Ausgliederung den besonderen Status einer Umweltschutzfachstelle des Bundes in der Rechtsform einer GesmbH.

Die Ausgliederung des Umweltbundesamtes ist im Budgetprogramm der Bundesregierung der Jahre 1996 bis 2000 angeführt. Außerdem ist im Koalitionsübereinkommen ausdrücklich die Ausgliederung von Dienststellen der öffentlichen Verwaltung vorgesehen. Das Umweltbundesamt hat durch seine ausgezeichneten Forschungsarbeiten und Kontrollberichte die österreichische Umweltpolitik wesentlich mitgeprägt und sich dadurch einen guten Ruf erworben.

Es wird auch weiterhin mit wichtigen Umweltschutzaufgaben betraut. Es kann jetzt Aufträge nicht nur von den Bundesministerien oder den Gebietskörperschaften entgegennehmen, sondern es wird zur Durchführung der Umweltkontrolle für den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie und zur Unterstützung der Umweltpolitik des Bundes herangezogen sowie zur Bereitstellung von fachlichen Grundlagen und Stellungnahmen.

Die GesmbH soll künftig, wie gesagt, auch die Möglichkeit bekommen, im Auftrag von Dritten bestimmte Leistungen gegen Entgelt zu erbringen. Vorrang sollen aber trotzdem die Leistungen gegenüber dem Bund und den anderen Gebietskörperschaften haben. Die Entgelte sollen über den reinen Kostendeckungsbeitrag hinausgehen, das heißt, es sollen Gewinne erwirtschaftet werden.

Der Bundesminister hat gerade vorhin wieder betont – er betonte dies schon mehrfach –, man werde besonders darauf aufpassen, daß es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen gegenüber privaten Anbietern kommt und daß es keine Dumpingpreise geben wird.


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Das UBA hat jetzt mit den geänderten und zeitgemäßen Organisationsstrukturen viel mehr Möglichkeiten und kann flexibler am Markt agieren. Damit wird die Geschäftsführung transparenter gemacht, die öffentliche Kontrolle bleibt trotzdem erhalten. Der oder die Geschäftsführer, Herr Kollege Schweitzer, werden dem Nationalrat, dem Bundesrat und der Bundesregierung jederzeit für Auskünfte und zur Unterstützung zur Verfügung stehen.

Prinzipiell möchte ich zu den Ausgliederungen folgendes anmerken: Es wird immer wichtiger, daß der Staat die Verwaltung neu organisiert, denn die Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die Ansprüche an den Staat werden höher. Der Bürger erwartet sich vom Staat ähnliche Servicequalität, wie er sie von anderen Dienstleistungen gewöhnt ist. Daher muß die Politik den Staat neu gestalten und verbessern.

Der Staat muß sich vom traditionellen Bild hin zu einem Dienstleistungsstaat entwickeln. Er muß bürger- beziehungsweise kundenorientierter werden. Um das zu verwirklichen, muß sich der Staat auf seine Kernfunktionen konzentrieren und betriebswirtschaftliche Tätigkeiten privatisieren beziehungsweise ausgliedern.

Zurzeit werden ja bekanntlich nicht nur die Ausgliederung des Umweltbundesamtes, sondern auch des Bundesrechenzentrums und so weiter durchgeführt. Diese Ausgliederungen bedeuten aber nicht, daß sich der Staat aus der Verantwortung zurückzieht, sondern er nimmt diese Aufgaben nur anders wahr. Der Staat muß über Rahmenbedingungen dafür sorgen, daß seine Bürger durch die Ausgliederungen Vorteile haben, daß die Leistungen für die Bürger billiger und schneller erbracht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das heißt, es geht nicht um bloße Deregulierung, sondern um eine hoffentlich verbesserte neue Regulierungskultur. In diesem Sinne begrüße ich den Kompromiß, den diese Ausgliederung darstellt, und hoffe, daß das Umweltbundesamt in seinem neuen Gewand, ausgestattet mit neuen Möglichkeiten, den Anforderungen des Marktes besser gewachsen sein wird, und daß es seine Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit dieses Hohen Hauses erfüllen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. )

22.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Wimmer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.32

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich in aller Kürze zur Rechtsformänderung des Umweltbundesamtes noch ein paar wesentliche Punkte in Erinnerung rufen; vieles wurde ja heute schon gesagt.

Das Umweltbundesamt ist eine wichtige Institution, die seit 1985 die österreichische Umweltpolitik ganz wesentlich mitgestaltet. Ihre Forschungsarbeit wird international anerkannt, ihre Grundlagenarbeit ist für die österreichische Umweltpolitik unverzichtbar. Ich sage das deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil ich meine, daß mit der Ausgliederung des Umweltbundesamtes in der vorliegenden Form ein guter Kompromiß gefunden wurde.

Das war nicht immer so. In den Diskussionen der letzten Monate fiel oft das Stichwort "Teilausgliederung". Offen gesagt, damit wäre diese wichtige Kontrollinstanz zerschlagen worden, und zwar mit fatalen Folgen. Diese Gefahr ist jetzt gebannt. Das Umweltbundesamt bleibt in seiner Einheit erhalten, es bekommt sogar einen besonderen Status, es wird Umweltfachstelle des Bundes.

Als ganz wichtigen Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich auch noch ansprechen, daß die Anbindung dieser Bundesanstalt an die Bundesländer sehr gut funktioniert hat. Die Außenstellen Klagenfurt und Salzburg haben sich ja bestens bewährt, und ich möchte von dieser Stelle aus sagen, daß wir mit Argusaugen darauf schauen werden, daß diese Außenstellen auch in Zukunft erhalten bleiben, weil sie notwendig sind.


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Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zentral geführte Institutionen können oft sehr sinnvoll sein. Nichts gegen die Bundeshauptstadt Wien, aber ein bißchen etwas müßt ihr uns in den Bundesländern schon auch noch lassen (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP); überhaupt dann, wenn es Sinn macht, so wie in diesem Fall.

Die Mitarbeiter des Umweltbundesamtes werden in Zukunft selbständiger als bisher ihre hervorragende Arbeit leisten können. Das war auch letztlich das Ziel, das mit dem neuen Umweltkontrollgesetz realisiert werden soll. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es wird kein Schlußwort des Berichterstatters gewünscht, daher treten wir sofort in das Abstimmungsverfahren ein. – Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, ihren Platz einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1328 der Beilagen.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sofort zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

23. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1207 der Beilagen): Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundestheater (Bundestheaterorganisationsgesetz – BThOG) und Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1998 geändert wird (1330 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zu Punkt 23 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.36

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst muß ich feststellen, die Anwesenheit eines Regierungsmitgliedes zu vermissen. Ist die "Chefsache" Kultur schon derart offenkundig gescheitert, daß sie sich – vom Bundeskanzler möchte ich gar nicht reden, der gibt uns ja sowieso in Kulturfragen nie die Ehre – auch in der Abwesenheit des Kunststaatssekretärs manifestiert? (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Regierungsvorlage über die Neuorganisation der Bundestheater ist ein Auftrag an ein Betriebsberatungsunternehmen vorausgegangen. Der einzige Auftrag an dieses Betriebsberatungsunternehmen lautete: Es darf sich nichts ändern! Das ist das Entscheidende, und darin liegt die Doppelbödigkeit bei dieser Ausgliederung, die in Wirklichkeit eine Scheinausgliederung ist, die nichts anderes als eine Neuorganisation unter Beibehaltung aller alten Mittel ist.

Denn wie hat sich die Situation vor der Reform dargestellt? – Der Bundeskanzler entschied schon bisher über die Einsetzung der einzelnen Theaterdirektoren. Darunter war dann der Bun


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destheaterverband, und darunter wieder die einzelnen Bühnen. Laut Regierungsvorlage ist es nicht anders: Der Bundeskanzler übt die Gesellschafterrechte in der Holding aus, die Holding ist nichts anderes als eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die bisher die Agenden des Bundestheaterverbandes wahrgenommen hat, und unten rangieren die einzelnen Bühnen als Gesellschaften. Es hat sich in Wirklichkeit überhaupt nichts geändert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gegenstand der Reform ist auch die Einsetzung eines kaufmännischen Geschäftsführers. Sie wissen ja, es entspricht einer langjährigen Forderung des Rechnungshofes, auch kaufmännische Geschäftsführer einzusetzen.

Wie schaut diese Position allerdings aus? – Der kaufmännische Geschäftsführer hat in Wirklichkeit, ebenso wie die bisherigen kaufmännischen Geschäftsführer, die es ja schon gegeben hat, nichts zu reden. Der künstlerische Leiter, der Direktor, schlägt den kaufmännischen Direktor vor. Erst vor einigen Tagen hat Holender triumphierend ausgerufen: Ich habe mir meinen kaufmännischen Direktor bereits bestellt, bereits ausgesucht!

Bei Stimmuneinigkeit in der Geschäftsführung – also zwischen dem kaufmännischen Geschäftsführer und dem künstlerischen Geschäftsführer – entscheidet der künstlerische Geschäftsführer. (Abg. Dr. Leiner: Das finde ich gut, wirklich sehr gut!) Daher ist das nichts anderes, als daß die Hierarchie aufrechterhalten wurde und in Wirklichkeit der kaufmännische Geschäftsführer nichts zu reden hat. Das ist einer der Punkte, warum wir meinen, daß jeglicher Gestaltungswille fehlt.

Es fehlt die Bereitschaft, die Parteipolitik, die Politik der Regierungsparteien aus dem Bereich der Bundestheater abzuziehen. Das ist das Entscheidende, denn es ist ein Anachronismus, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß in Österreich nach wie vor der Bundeskanzler entscheidet, wer jeweils Direktor bei den einzelnen Bühnen ist. Das ist doch nicht die Aufgabe eines Bundeskanzlers! Zeigen Sie mir ein Land in Europa oder in der westlichen Hemisphäre, wo eine derartige Regelung analog angewendet wird!? Zeigen Sie mir das! (Abg. Dr. Leiner: Frankreich!)

Genauso ist es bei den Bundesmuseen. Darauf werden wir ja morgen noch zu sprechen kommen.

Wie schaut es mit der Holding aus? – Die Holding hat alle Rechte, wie sie es bisher schon hatte, und darüber hinaus noch mehr. Schauen Sie sich den § 4 der Regierungsvorlage an, dann werden Sie sehen, welche umfassenden Rechte die Holding bei den einzelnen Untergesellschaften hat!

Zum Beispiel: Die Bestellung der kaufmännischen Geschäftsführer, Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses – alles der unteren Gesellschaften –, ja sogar die Entscheidung über die Erteilung von Prokura und Handelsvollmacht und, man höre und staune, die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung. – Also alle Macht der Holding, alle Macht dem zukünftigen Bühnengeneraldirektor Dr. Springer!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Wirklichkeit hat sich nichts geändert. Die Organisationsform ist eine andere, aber die alten Probleme sind geblieben. Die Gewaltentrennung, von der etwa der Rektor der Hochschule für Angewandte Kunst spricht, zwischen Parteipolitik, zwischen Regierungspolitik und den Bühnen, diese Gewaltentrennung wurde nach wie vor nicht durchgeführt. Es hat sich lediglich die Rechtsform geändert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bundeskanzler und der Staatssekretär haben in Wirklichkeit keinen Gestaltungswillen bewiesen. Sie haben sich nicht getraut, eine mutige Verwaltungsreform, eine mutige Reform im Sinne einer Loslassung der Bundestheater von möglichen Maßregeln des Bundestheaterverbandes, jetzt Holding, beziehungsweise des Bundeskanzlers zu schaffen. Eine solche Loslösung ist nicht erfolgt, und das ist das, was wir insgesamt am meisten beanstanden. Es hat sich nichts geändert. Die Kosten werden mehr; die Reform ist steckengeblieben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.41


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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Mehr, bitte!)

22.41

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin völlig anderer Auffassung als mein Vorredner. Ich glaube, daß das eine gelungene Vorlage ist. Ich glaube, daß sie in Wirklichkeit mehr künstlerische Autonomie ermöglicht, daß sie mehr Eigenverantwortung ermöglicht, daß sie mehr wirtschaftliche Selbständigkeit und mehr Effizienz ermöglicht. Das sind alles ganz wichtige Kriterien, denn da geht es um viele, viele Steuerschillinge, und diese sollen ja auch effizient verwendet werden, zugleich soll aber auch die künstlerische Autonomie dabei gewahrt bleiben.

Es sind viele Vorteile mit diesem Modell verbunden, zum Beispiel die Ausgliederung aus dem Stellenplan oder die Ausgliederung – vielfach immer wieder gefordert – aus der Einjährigkeit des Bundesbudgets. Das ist ganz wichtig, weil man ja langfristig Verträge abschließen muß. Fragen Sie einmal den Chef der Staatsoper, wie wichtig die Ausgliederung aus der Kameralistik im Endeffekt ist. Also ich denke, daß das eine gelungene Lösung ist, daß wir diese Vorlage wirklich mühsam erarbeitet haben, und daß durch sie mit Sicherheit dafür gesorgt wird, daß die österreichische Kulturidentität weiterentwickelt und ausgebaut werden kann,

Es ist noch ein Element dabei, das ich für ganz wichtig erachte. Wie Sie ja wissen, hat es eine sehr kontroversielle Debatte gegeben über die Art und Weise, wie man das Publikum einbeziehen will, und fälschlicherweise wurde das immer so interpretiert, daß das letztlich zu einer Zensur führen soll. Das kann nicht die Intention einer Publikumseinbeziehung sein. Aber man muß sich die Frage stellen, ob es genügt, daß sozusagen nur an der Theaterkassa abgestimmt wird – oder ob es darüber hinaus etwas geben soll.

Darüber hinaus hat es ja schon die Einrichtung der Publikumsgespräche gegeben, nur war das halt eine fakultative Einrichtung. Durch diese Vorlage wird aus der fakultativen Einrichtung eine obligatorische Einrichtung, und was das Ganze natürlich noch wirksamer macht: Es ist institutionalisiert, es umfaßt die Häuser. In den Häusern werden jeweils Vertreter aus dem Publikum direkt gewählt. Es wird niemand zwischengeschaltet, es werden nicht irgendwelche Funktionäre aus irgendwelchen Vereinen, Instituten und Vereinigungen, sondern es wird direkt aus dem Publikum gewählt.

Das Publikumsforum, das sich aus je vier Theaterbesuchern der drei Häuser zusammensetzt, wählt dann in der konstituierenden Sitzung einen Vorsitzenden, der gemeinsam mit der künstlerischen Leitung der jeweiligen Häuser wirklich obligatorisch diese Publikumsgespräche durchführt, die einen Beitrag dazu leisten sollen, daß die künstlerische Arbeit gedeihlicher funktionieren kann, damit es da und dort organisatorische Anmerkungen gibt.

Ich denke, das ist ein Weg in Richtung sozialer Demokratie, die auch eine kulturelle Basis haben muß. Ich glaube, das ist damit auch im wesentlichen garantiert. Es geht nicht um das Heranzüchten von Publikumsfunktionären, denn diese Vertreter dürfen auch nur ein weiteres Mal für dieses Publikumsforum kandidieren, und dann nicht mehr. Es gibt keine Zwischenschaltung, sondern eine direkte Beteiligung des Publikums. Wenn da in verantwortungsvoller Weise agiert wird, dann kann das wirklich zum Nutzen der Häuser, zum Nutzen unseres kulturellen Images, unserer kulturellen Identität angewendet werden.

Summa summarum ist es eine gelungene Vorlage, und man kann nur hoffen, daß auch in der Umsetzung das eingehalten wird, was die Vorlage verspricht. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Zweytick. )


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22.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. Gleichfalls 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

22.46

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich kann mich den Worten meines Vorredners wirklich nicht anschließen, der meinte, daß das eine gelungene Vorlage sei, wiewohl ich schon sage, daß die Ausgliederung an sich und damit die Möglichkeit, mehr Eigenverantwortung für die Theater zu schaffen, eine positive ist. Das war eine alte Forderung der Liberalen.

Wir haben uns eine solche Lösung zwar nicht in dieser Form vorgestellt, aber durchaus mit dieser Tendenz. Ich möchte heute gar nicht so mit Sicherheit beurteilen, ob es gescheit ist, jetzt eine eigene Gesellschaft für das Theaterservice gemacht zu haben, ob es nicht besser gewesen wäre, eine Tochtergesellschaft zu schaffen. Aber das, glaube ich, ist nicht der Kern.

Von der Tendenz her halte ich diese Konstruktion für nicht schlecht. Man hat jedoch erstens einmal bei weitem nicht alle Fragen, die durch diese Konstruktion aufgeworfen werden, behandelt, geschweige denn gelöst, sondern man hat zweitens auch falsche Weichenstellungen vorgenommen.

Was die offenen Fragen betrifft, so zitiere ich jetzt nur beispielsweise aus einer der Zeitungen: "Weitere Fragen betreffen" – da ist vorne schon vieles aufgelistet – "die Gebäudeerhaltung und die Aufteilung der Räumlichkeiten im Komplex Hanusch-Hof, vor allem ist aber naturgemäß die Finanzierung immer noch das Hauptthema."

Diskutiert wird auch – und das ist meiner Meinung nach ein wesentlicher Punkt –, in welcher Form die neuen Kollektivverträge ausgehandelt werden sollen. Die einzelnen Häuser wollen Verhandlungsspielraum, die Holding legt Wert darauf, daß es sich dabei nur um Betriebsvereinbarungen handelt und sie letztverantwortlich Verträge abschließt. – Ich halte das nicht für gut. Ich glaube, daß man mit einer solchen Vorgangsweise der Intention der Vorlage, nämlich die Eigenverantwortung zu stärken, nicht entgegenkäme.

Neben diesen offenen Fragen, die ich vorhin genannt habe, muß man auch auf folgendes eingehen, was im Zuge der Verhandlung der Vorlage überhaupt nicht behandelt wurde, obwohl es eine der Ursachen für die Unwirtschaftlichkeit der Häuser ist: die bestehenden Kollektivverträge.

Was mich auch stört, ist, daß man mit dem jetzigen Gesetz eine Zweiklassengesellschaft geschaffen hat, ohne sich damit auseinanderzusetzen, in welcher Form man für jene, die mit den sogenannten wohlerworbenen Rechten in die neue Konstruktion fallen, zumutbare Übergangsregelungen für einen Einstieg ins neue System schaffen hätte können, um sie nicht sozusagen mit ihren Benefizien ausdienen zu lassen, während alle, die neu dazukommen, diejenigen sind, die dann die neuen Verträge bekommen und schlechtergestellt sind.

Kollege Khol weiß, daß wir bei unseren Überlegungen, als wir die Politikerpyramide verhandelt haben, den Versuch gemacht haben, mit gutem Beispiel voranzugehen, was die Pensionsregelung betrifft. Das war gar nicht so leicht, wie Sie wissen. Bei uns war es leicht, das durchzusetzen, aber für manche von den Regierungsfraktionen war es nicht so leicht, darunter auch manche Abgeordnete dieses Hauses, die immer gegen die Privilegien wettern, haben sich bei ihrer Optionsmöglichkeit für das Privileg entschieden; und das betrifft die Abgeordneten auf dieser Seite.

Das ist zwar nur ein Detail am Rande, aber ein sehr symptomatisches Detail. Wir haben gehofft, mit unserer Übergangsregelung ein Beispiel auch für den restlichen öffentlichen Dienst zu geben, und nun haben wir auch im Bereich der Bundestheater vergleichbare Fälle. Das heißt, man hätte durchaus für die Betroffenen eine Übergangsregelung schaffen können, in der festgehalten ist, bis zu welchem Alter man es sich aussuchen kann, ob man ins neue System umsteigen oder noch im alten bleiben will. – Das ist nicht geschehen, sondern die einen, die übergeführt werden, haben noch ihre alte Bundestheaterpension, die nächsten werden eine ASVG-Pension bekommen. Ich halte das für gravierend, denn es hätte die Gelegenheit gegeben, eine gerechtere Lösung zu finden, aber sie ist verabsäumt worden, aus welchen Gründen auch immer.


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In den derzeitigen Kollektivverträgen sind Skurrilitäten enthalten, die zwar vielleicht wie Belustigungen klingen, aber symptomatisch und mit ein Grund dafür sind, warum die Häuser nicht in einer vernünftigen Form geführt werden können. Diese Sonderregelungen sind deswegen so skurril, weil es Sonderregelungen für einen besonderen Beruf sind.

Wenn ich etwa Bühnenarbeiter werde, dann weiß ich, daß ich verschiedene Gegenstände hin- und herschieben, hin- und hertragen muß. Passiert das im gleichen Stockwerk, gibt es keine Sonderzulagen. Sobald der Transport aber über ein Stockwerk geht, gibt es für ein Piano 260 S, für ein Cembalo 206 S, für ein Spinett gibt es nur 103 S. Und das ist unabhängig davon, wie viele Personen es tragen. (Abg. Dr. Khol: Frau Kollegin! Haben Sie jemals ein Klavier von einem Stock in einen anderen getragen? Das ist eine knallharte Sache!)

Selbstverständlich ist das eine harte Sache, aber das ist an sich ein harter Beruf – das weiß ich – und sollte daher auch ordentlich bezahlt werden. Diese Kinkerlitzchen werden aber extra angeführt, unabhängig davon, wie viele Menschen dabei tätig sind. Wenn es sich um ein schweres Klavier oder um ein Spinett handelt, dann werden sie logischerweise entsprechend viele Leute dafür nehmen. Jeder einzelne bekommt aber eine Zulage. Seien Sie nicht böse, aber das sind Kuriositäten, die meiner Meinung nach ein falsches Signal geben! (Abg. Dr. Khol: Solange Sie kein Klavier getragen haben, glaube ich Ihnen das nicht!)

Es gibt einiges Skurriles bei den Bühnenarbeitern. Sobald der Arbeiter zum Beispiel ein Kostüm anzieht, bekommt er 181 S extra. Sobald er mit einer Kutte, wie es heißt, "herangezogen" wird, bekommt er Kuttengeld, 92,30 S. (Abg. Dr. Khol: Das ist etwas Schönes!)

Nein, das sind Kinkerlitzchen! Normalerweise bestreitet man mit solchen Beispielen irgendeine lustige Veranstaltung. Sie sind aber symptomatisch, und deswegen halte ich es für notwendig, darüber zu reden, denn sie führen zu einem Punkt, der noch viel ernster ist, nämlich die Arbeitszeitregelung.

Wir wissen genau, wie schwierig es ist, mit Bühnenarbeitern Proben und ähnliches durchzuführen, weil aufgrund der Arbeitszeitregelung zwei Schichten geführt werden. Die erste Schicht beginnt um sieben Uhr früh und muß um 16.30 Uhr enden, die zweite Schicht beginnt um 14.30 Uhr und endet um 23 Uhr. Sobald nun jemand nur um eine Stunde länger bleiben müßte, weil etwa die Probe länger dauert, fängt die zweite Schicht an. Das ist verrückt!

Es gibt Theater, in denen es anders gemacht wird. Deswegen hat der Kulturausschuß zwei Hearings mit Experten, auch aus dem Ausland, veranstaltet, die uns gesagt haben, wie es in anderen Ländern gemacht wird. Das hat doch Sinn gemacht! – In Zürich zum Beispiel gibt es einen anderen Durchrechnungszeitraum, und die Überstunden fallen erst dann an, wenn dieser Durchrechnungszeitraum überschritten ist. Man kann nun darüber reden, ob das eine Woche, ein Monat oder ein Jahr sein soll.

Das sind die eigentlichen Probleme der Theater! Sie sägen auch an der künstlerischen Arbeit, weil sie das Budget beschneiden. Darüber hätte man nachdenken müssen, aber kein einziger Gedanke wurde daran verschwendet. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Dr. Petrovic. )

Herr Kollege Khol! Ich komme nun zu Ihrem Steckenpferd, dem jetzt sogenannten Publikumsforum. Dieses Publikumsforum ist ein glatter Rückschritt gegenüber der derzeit herrschenden Praxis. Man muß jedoch dazusagen, daß – dafür sei den Kulturschaffenden Dank, und auch wir haben meiner Meinung nach einiges dazu beigetragen – von diesem ominösen Fach- und Publikumsbeirat, den Sie sich ursprünglich nach dem Muster Ihres Buches gewünscht haben, nichts übriggeblieben ist. (Abg. Dr. Khol: Sagen Sie den Titel, den Preis und den Verlag!)

Preis und Verlag kenne ich nicht, aber den Titel sage ich gerne, er lautet: "Mein Credo". (Abg. Dr. Khol: Molden Verlag, 250 S!) Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie es so offenlegen. (Abg. Dr. Khol: Danke!)

Von diesem Publikumsbeirat ist nichts geblieben, das vermerke ich mit Freude. Das ist jedenfalls etwas, bei dem Sie sich, wie auch in anderen Dingen, nicht durchsetzen konnten, auch


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wenn Sie das jetzt als einen Erfolg verkaufen wollen. Der Beirat wäre ein ständisch organisiertes Unternehmen gewesen. Was das mit Bürgernähe zu tun haben soll, weiß ich nicht, aber es ist Ihr Verständnis von Bürgergesellschaft. Deswegen sagen Sie auch "Bürgergesellschaft" und nicht "BürgerInnen gesellschaft".

Das Publikumsforum, das nun herausgekommen ist, ist aber ebenfalls ein Übel. Dieses ist bürokratisch, es ist bevormundend und diskriminierend. (Abg. Dr. Khol: Es ist entsetzlich!) Sie nehmen das nicht ernst, und das halte ich für bedauerlich. (Abg. Dr. Khol: Nein! Ich nehme das nicht ernst!)

Ich weiß nicht, wie viele Kolleginnen und Kollegen sich angeschaut haben, wie das organisiert werden soll, wie eine derartige Wahl überhaupt zustandekommt. Es dürfen nämlich überhaupt nur Leute daran teilnehmen und sind aktiv wahlberechtigt, die das aktive Wahlrecht zum Nationalrat haben. – Wo ist der Kollege Amon? Wo sind denn die jungen, kulturbegeisterten Leute, die in der Staatsoper und im Burgtheater am Stehplatz stehen? In diesem Alter verbringt man besonders viel Zeit im Theater, aber diese Jungen schließen Sie von den Publikumsgesprächen aus! (Abg. Smolle: Unerhört!)

Das ist wirklich ein Skandal, und ich weiß nicht, ob das überhaupt jemand wahrgenommen hat. (Abg. Smolle: Unerhört!) Ausländer, also auch EU-Bürger, dürfen nicht daran teilnehmen, (Abg. Zweytick: Gott sei Dank dürfen sie nicht teilnehmen!) und zwar deshalb nicht, weil nur jene teilnehmen dürfen und aktiv wahlberechtigt sind, die das aktive Wahlrecht zum Nationalrat besitzen (Abg. Zweytick: Ist das etwas Schlechtes!) und – diese Lächerlichkeiten kommen noch dazu – ein Abonnement haben oder Besucher eines der Theater sind, wobei diese Besuchereigenschaft durch eine Karte, die nicht älter als sechs Monate sein darf, nachgewiesen wird. Das ist eine derartige Lächerlichkeit, daß Sie sich eigentlich schämen sollten, so etwas in ein Gesetz hineinzuschreiben. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich halte das für eine Verhöhnung des Parlaments, und es ist auch eine Verhöhnung durch den Kollegen Cap, daß er das noch lobt. – Daß du dich nicht genierst! Ich verstehe dich überhaupt nicht! Eine derartige Regelung als Bürgernähe zu verkaufen, ist eine Zumutung! Das heißt, alle jungen Leute, die noch nicht 18 Jahre alt sind, dürfen überhaupt nicht mitreden. Das ist doch glatte Diskriminierung! Ihr setzt euch sogar für eine Herabsetzung des Wahlalters ein, aber bei einem Publikumsgespräch darf erst ein 18jähriger mitstimmen. Das muß man sich einmal vorstellen!

Diese Partnerschaft, die Sie so loben, diese neue Bürgergesellschaft sieht so aus, daß nur noch das Gespräch mit den Publikumsfunktionären stattfindet. Lieber Kollege Cap, ich weiß nicht, warum du glaubst, daß jetzt auf einmal Publikumsgespräche stattfinden sollen. Das Gegenteil ist wahr! (Abg. Dr. Cap: Nein!) Denn es heißt zwar, daß es ein öffentliches Publikumsgespräch sein soll, aber entschuldige bitte, das hier ist auch eine öffentliche Veranstaltung, aber darf deswegen jemand von der Galerie mitreden? Darf jemand vom Balkon mitreden?

Das heißt, es bleibt den Teilnehmern überlassen, ob man überhaupt jemanden miteinbezieht. Wenn man Glück hat, wird das geschehen, aber es sitzen bereits zwölf Funktionäre dort am Podium, einbetoniert zunächst für drei Jahre, wenn es gut geht, für sechs Jahre. Dazu kommt, daß überhaupt nur mitreden darf, wer vorher 25 Unterstützungserklärungen bekommen hat. Der Vereinsmeier Khol sichert damit seine Vereinsmeier ab, und das will er dann als ein Publikumsgespräch verkaufen, weil jetzt auf einmal mit Funktionären geredet wird, die bis auf sechs Jahre festgeschrieben werden können.

Das ist auf einmal die Beteiligung des Publikums? Alle anderen schließt man aus! Zwölf sitzen draußen, daneben sitzt der Geschäftsführer. Weißt du, wie das im Moment abläuft? – (Abg. Dr. Cap: Jede Sitzung ist öffentlich!) Künftig dürfen sie, wie die Funktionäre reden! (Abg. Dr. Cap: Richtig!) Wen interessiert es denn, wenn sie über Organisationsabläufe reden, Marketing und Kartenvertrieb oder die "Erfüllung des kulturpolitischen Auftrages" diskutieren?

Weißt du, was jetzt bei Publikumsgesprächen passiert? Warst du schon einmal bei einem? – Jetzt ist es so, daß interessierte Zuschauerinnen und Zuschauer, die im Programm lesen, daß


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eines stattfindet, hingehen und mit Schauspielern und dem Regisseur reden können. (Abg. Dr. Cap: Genau das wird weiter sein!) Das kann nach dieser Vorlage nicht mehr sein (Abg. Dr. Cap: O ja!), und hättest du es gewollt, lieber Josef, und Sorge gehabt, daß das nicht alle Theater machen, dann hättest du in das Gesetz hineingeschrieben, daß jedes Theater dazu verpflichtet ist, zweimal im Jahr Publikumsgespräche abzuhalten. Schluß, aus! (Abg. Dr. Cap: Das steht ja drinnen, mindestens!) Dafür hättest du sogar meine Zustimmung bekommen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Was du machst, ist, Funktionäre zu "züchten", die das Publikum scheinbar vertreten. Er (in Richtung des Abg. Dr. Khol) redet von Bürgernähe, wenn seine Leute – genau abgezählt – dort sitzen, die sagen, was gut und richtig ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap. ) Wenn das euer Kulturverständnis ist, dann, muß ich sagen, wundert es mich nicht, daß hier ein Kulturkampf entsteht. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abgeordneten Dr. Petrovic und Dr. Khol. )

22.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Franz Morak. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Das Engagement ersetzt die Sachkunde!)

22.58

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Frau Dr. Schmidt, für eine Erregung, wie Sie sie gerade hingelegt haben, ist es doch schon ein bißchen spät. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap. )

Sie haben von der Ausgliederung geredet und von einer alten Forderung der Liberalen. – So alt sind die Liberalen aber noch nicht. Oder meinen Sie die Forderung, die Sie gestellt haben, als Sie noch bei der "F" waren? Was meinen Sie jetzt? (Zwischenruf des Abg. Dr. Kier. )

Bezüglich der Kollektivverträge gebe ich Ihnen recht. Das ist ein altes Versäumnis, das auch von mir relativ oft eingefordert wurde und das das augenblickliche Generalsekretariat nie zusammengebracht hat. Aber Sie haben gesagt, Sie wollten den Arbeitern dort etwas wegnehmen ... (Abg. Dr. Schmidt: Nein! Ich will sie ordentlich entlohnen!)

Entschuldigen Sie! Wissen Sie, wieviel ein Meister, der 25 Jahre lang gearbeitet hat, dort verdient? – 16 000 S! Und dem wollen Sie etwas wegnehmen? Das Kuttengeld zum Beispiel, oder was sonst? Also das ist lächerlich, darüber wollen wir uns gar nicht unterhalten. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Dr. Cap und Dr. Nowotny.  – Abg. Hans Helmut Moser: ... nur ein Schauspieler!) Ja! Wir sind nicht beim Bundesheer, befehlen können Sie anderswo! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap. )

Die Überführung der Bundestheater in eine privatrechtliche Gesellschaftsform ist grundsätzlich – und ganz egal, wie das passiert ist – etwas Wesentliches. Ich kann Ihnen sagen, daß die Ausgliederungsverhandlungen auf objektiver Basis, sehr konsensual und auf sehr guten Gutachten fußend geführt worden sind. Die Faktenlage war also wunderbar.

Das Ganze fand außerdem noch – weil das in der Diskussion sehr oft erwähnt wurde – unter dem Prätext statt, daß keine Kindesweglegung stattfindet. Das heißt, der Staat bekennt sich nach wie vor zu seinen Theatern, und das ist bereits mehr, als viele andere Staaten – ich würde sagen: die meisten – für ihre Theater tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Zwei Punkte waren wesentlich: erstens die Sicherung des Status quo durch eine ausreichende Budgetierung der Theater und zweitens die Festschreibung der erwarteten Leistung im Kulturauftrag und dessen – und darauf lege ich Wert – angemessene Vermittlung!

Die Handlungsspielräume der einzelnen Häuser, finanzielle wie künstlerische, wurden dadurch – wir haben das heute schon öfter gehört – wesentlich erweitert. Die Zuordnung der Verantwortung ist mehr, als man glaubt. Wenn ein Direktor weiß, für wen er Theater spielt, woher er das Geld nimmt und wie er wirtschaften muß, ist das ein wesentliches Korrektiv (Abg. Dr. Cap: Das ist richtig!)  – genau, Herr Cap! – für die österreichische Theaterlandschaft. Glauben Sie mir, das ist mehr, als man zu hoffen gewagt hat.


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Transparenz der Kostenstruktur: Endlich herrscht einmal Kostenwahrheit! Was kostet wieviel in diesem Haus? Das war bisher nicht klar. Es hat möglicherweise jemand im Generalsekretariat gewußt, aber gesagt hat er es nie.

Auch der Zugriff auf den Kartenverkauf der Häuser ist wesentlich, denn es gab ein ewiges Lamento darüber, daß das nicht funktioniert. So haben oft Leute Karten etwa in Graz bestellt und dann nicht bekommen. Bei mir liegen Stapel von Briefen, in denen sich Leute über den Kartenverkauf beschwert haben. Auch das ist jetzt im Zugriff der Häuser, das wird sich also radikal verändern. (Abg. Motter  – ironisch –: Genau! Jetzt wird es "besser"!)

Keine Kameralistik und Rücklagenfähigkeit: Jeder einzelne Direktor kann nun endlich auch einmal Geschäftsmann sein. Glauben Sie mir: Jene Direktoren, die im Moment am Werk sind, lechzen danach! Sie wollen das. Es bedeutet, daß Mittel für Sponsoring lukriert werden können. Ich erinnere den Herrn Staatssekretär daran, daß der Operndirektor in Zürich 8 Prozent des Gesamtbudgets aus Sponsoringmittel bezieht. – Also hoppauf, meine lieben Direktoren, nun gilt es! Die Anforderungen an die Direktoren werden damit größer und breiter.

Ein Wort noch zum Publikumsbeirat, dann ist die Redezeit ohnehin zu Ende: Ich habe mich dazu nie zu Wort gemeldet, aber in den Verhandlungen meine Position beschrieben. Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen: Alles, was in diesem Saal heute darüber gesagt wurde, ist ein Sambucus nigra, das heißt ein Holler. (Heiterkeit bei der ÖVP.) In Wahrheit war es nur heiße Luft, was darüber gesprochen wurde. (Abg. Dr. Kier: Der Beirat ist heiße Luft!)  – Im Gegensatz zur Mittelverteilung an den Häusern, zum Kontrahierungszwang der Häuser, zu den Werkstättenproblematiken oder zum Durchgriffsrecht der Holding kann man sich diesen Diskussionsbeitrag in dieser Problematik wirklich schenken. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap. )

23.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zu Wort. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Sie haben es jetzt sehr schwer, aber Sie können gewinnen! – Abg. Dr. Rasinger: Die Latte liegt hoch, Frau Abgeordnete!)

23.04

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich beginne sehr profan und verlese, bevor sie wieder in Vergessenheit geraten, drei Abänderungsanträge.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und PartnerInnen


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Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Regierungsvorlage zum Bundestheaterorganisationsgesetz in der Fassung des Kulturausschußberichts (1330 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

§ 2 Abs. 5 letzter Satz wird wie folgt geändert:

"Ein wesentliches Element der künstlerischen Qualität ist das Orchester, das in höchster Qualität in dem dafür erforderlichen Umfang aufrechtzuerhalten ist."

*****

Wir zielen damit auf eine Gleichstellung der Volksoper ab.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und PartnerInnen

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Regierungsvorlage zum Bundestheaterorganisationsgesetz in der Fassung des Kulturausschußberichts (1330 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

§ 16 entfällt.

*****

(Abg. Dr. Khol: Das ist das Publikumsforum!) Es handelt sich um das Publikumsforum, dazu komme ich noch. (Abg. Schwarzenberger: Was haben Sie gegen Mitwirkung?)

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic, Dr. Cap, Dr. Khol und PartnerInnen

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Regierungsvorlage zum Bundestheaterorganisationsgesetz in der Fassung des Kulturausschußberichts (1330 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

§ 1, erster Satz wird wie folgt geändert:

"Die Wiener Staatsoper, die Wiener Volksoper, das Burg- und Akademietheater sind die repräsentativen Bühnen der Republik Österreich und spielen eine wesentliche Rolle innerhalb des österreichischen Kulturlebens."

*****

Der Unterschied liegt darin, daß der "Bundestheaterverband" wegfällt. Das war in den Vorgesprächen offenbar nicht erreichbar (Abg. Dr. Khol: Die roten Brüder wollten das!) , geschieht aber nun vielleicht doch, da wir einen zumindest Vierparteienantrag zustande gebracht haben. (Abg. Dr. Khol: Schmidt macht’s möglich!) Die fünfte Partei (die Rednerin weist auf die leeren Plätze der Freiheitlichen) ist uns überhaupt abhanden gekommen. (Abg. Dr. Khol: Die sind ins Theater gegangen!)

Ich komme zurück zu meinen eigentlichen Ausführungen und insbesondere natürlich zu den Ausführungen des Kollegen Morak: Es sind offenbar ganz neue Zeiten im Theater angebrochen, da sich die Theaterdirektoren vornehmlich danach sehnen, Kaufleute zu werden. (Rufe bei der ÖVP: Auch!) Ja, auch!

Es wurde in allen Redebeiträgen – und das scheint kein Zufall zu sein – an erster Stelle immer die Wirtschaftlichkeit sowie der Ausbruch aus der Kameralistik genannt und betont, wie effizient man nun arbeiten könne.

Das Liberale Forum und die Grünen bringen hier gemeinsame Abänderungsanträge ein, obwohl wir in der Grundphilosophie wahrscheinlich von verschiedenen Vorstellungen ausgehen, aber bei diesen Änderungen übereinstimmen.

Es hat mir bis jetzt niemand bewiesen – und das kann auch niemand beweisen, es hat weder der Herr Staatssekretär getan, noch die Klubobleute der Regierungsparteien oder die Abgeordneten Cap oder Morak –, warum denn das wirtschaftlicher sein soll. Um die Einjährigkeit des Budgets zu überwinden, ist es wahrlich nicht notwendig. Es gibt innerhalb der Bundesadministration, etwa im Sozialbereich oder in anderen Bereichen, selbstverständlich Fondskonstruktionen, die ihrer Natur nach mehrjährige, langjährige Gebarungen haben müssen. Das wäre also ohne weiteres möglich.


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Auch den Handlungsspielraum der einzelnen Häuser zu erhöhen oder erweiterte Teilrechtsfähigkeit, das ist bereits jetzt möglich. In jenen Bereichen, in denen es Ausgliederungen gab, etwa bei der sozialen Verwaltung, aber auch in anderen Bereichen ist alles teurer geworden. Es wurde der Oppositionskontrolle entzogen und einer rot-schwarzen Kuratel unterstellt. Wo dabei die Effizienz liegen soll, konnte bisher nie aufgezeigt werden.

Ich möchte einmal eine Studie sehen, die belegt, daß irgend etwas effizienter geworden ist, bevor Sie das Hohelied der Effizienz im Kulturbereich bereits im vorhinein anstimmen.

Es fehlt mir auch der Glaube, daß im künstlerischen Bereich neue Freiheiten und große Handlungsspielräume anbrechen, wenn diese mit Aufsichtsräten, die bestellt werden, verbunden sind. Wie wird das vor sich gehen in dieser Regierung? – Es wird wieder nach den jeweils doppeläugigen Prinzipien, den roten und den schwarzen, ablaufen. (Abg. Wabl: Rotauge und Schwarzauge!) Das ist zu erwarten.

Insgesamt glaube ich, daß diese Organisationsreform, über die man sicherlich hätte diskutieren können, in Wirklichkeit anstelle einer Diskussion über die Weiterentwicklung von Kunst und Kultur, auch der Theaterlandschaft in diesem Land betrieben wird. Es schmerzt mich außerdem, daß augenscheinlich der Status quo festgeschrieben wird, da zwar beim Burgtheater erfreulicherweise die zeitgenössische Literatur erwähnt wird, man sich aber offenkundig damit abgefunden hat, daß in der Staatsoper ein sehr traditionelles und konventionelles Repertoiremusiktheater betrieben und der Anspruch auf anderes nicht einmal mehr gestellt wird.

Diese Quotenüberlegungen – der "Traum" des Theaterdirektors, einmal so ein richtiger Kaufmann zu sein – weitergedacht, wird, so fürchte ich, die Staatsopernphilosophie, nach der volle Auslastung das Größte und das Zeitgenössische eher heikel ist, möglicherweise auf alle Häuser übertragen. Ich hoffe, ich werde eines Besseren belehrt. Ein großer Wurf ist das jedenfalls nicht.

Zum Publikumsbeirat hat Frau Dr. Schmidt eigentlich schon alles Erforderliche gesagt. Sie hätte vielleicht noch hinzufügen können, daß, abgesehen von den Österreichern und den über 18jährigen, auch nur diejenigen teilnehmen dürfen, die nicht mit einer Tüte Popcorn im Publikum knistern oder einschlafen und, wenn sie doch einschlafen, jedenfalls nicht laut schnarchen.

Ich bin sehr enttäuscht über diese Novelle. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

23.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jene drei Abänderungsanträge, über die Frau Abgeordnete Petrovic berichtet hat, die Anträge Schmidt/Petrovic, Schmidt/Petrovic und Schmidt/Cap/Khol/Petrovic, stehen mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

23.10

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zunächst festhalten, daß der bisherige administrative Zusammenschluß in Form des Bundestheaterverbandes sehr gut funktioniert hat und die Arbeit des Bundestheaterverbandes ausdrücklich loben, denn schließlich waren die Bundestheater in der Vergangenheit die repräsentativen Staatsbühnen Österreichs und haben wesentlich zum kulturellen Bild Österreichs beigetragen.

In der jetzigen Ausgliederung sehe ich dennoch etliche Vorteile. Mit der Aufsplitterung in vier GesmbHs beziehungsweise in drei Bühnengesellschaften und eine Theaterservicegesellschaft, die von zwei Geschäftsführern geleitet werden – einem künstlerischen und einem kaufmännischen, das wurde schon gesagt –, kommt es auf alle Fälle zu mehr Eigenverantwortung des jeweiligen Direktors für sein Budget. Jeder Direktor entscheidet in seinem Bereich autonom, und das ist sicher ein großes Plus und ein großer Vorteil, wenngleich ich vor übertriebenen Erwartungen, wonach es gelingen werde, die zwei kritischen Kostenstellen, nämlich die Pensionen und die Technik, in den Griff zu bekommen, warnen möchte, da die Zielsetzung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, nämlich Gewinne zu erzielen, mit den Staatsbühnen, sofern sie ihren Bildungsauftrag erfüllen sollen, nie erreicht werden kann.


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Es ist meiner Überzeugung nach trotzdem eine gute Konstruktion, daß gemäß § 7 Abs. 2 des Bundestheaterorganisationsgesetzes die Gesellschaften jährlich eine Basisabgeltung von rund 1,8 Milliarden Schilling erhalten werden, mit denen sie wirtschaften können, und daß darüber hinaus gemäß § 7 Abs. 3 den Theatern weitere Mittel zugeführt werden können, falls das Geld trotz wirtschaftlicher, sparsamer und zweckmäßiger Gebarung nicht ausreicht. Der Staat wird sich also in Zukunft nicht aus seiner Verantwortung davonstehlen.

Leider muß ich bedauern – das muß ich sagen –, daß der Beirat in seiner bürokratischen Variante nicht gefallen ist, sondern nur einen anderen Namen bekommen hat, nämlich "Publikumsforum", und daß statt der bürokratischen Variante mit den Seniorenbeiräten und Bundesjugendbeiräten eine populistische Lösung gefunden wurde. Ich teile ein bißchen die Sorge, daß das ein Instrumentarium sein könnte, das dazu geeignet ist, Zensur zu üben. Da ich prinzipiell gegen Zensur bin, bin ich auch gegen jede Zensurbehörde, falls das Instrumentarium "Publikumsforum" diese Zielsetzung haben sollte.

Ich begründe diese meine Sorge mit der Konstruktion in § 16, in dem steht: "Gegenstand der Publikumsgespräche sind insbesondere folgende Bereiche: 1. Die Erfüllung des kulturpolitischen Auftrages". Ich lese in § 2, was unter dem kulturpolitischen Auftrag zu verstehen ist, nämlich die "Pflege der klassischen deutschsprachigen und internationalen Theaterkunst und Kultur", die "Förderung des Zeitgenössischen und innovativer Entwicklungen unter besonderer Berücksichtigung österreichischen Kunstschaffens und dessen Stärkung im internationalen Vergleich" und die "Gestaltung der Spielpläne in die Richtung, daß diese ein innovatives und pluralistisches Angebot in Form und Inhalt sowie auch künstlerisch risikoreiche Produktionen beinhalten und den Aspekt der Kunstvermittlung besonders bei Kindern und Jugendlichen berücksichtigen".

Das scheint mir doch in einem Widerspruch zu den Aufgaben dieses Publikumsforums zu stehen. Im Abs. 7 heißt es nämlich: "Dem Publikumsforum kommt keine Zuständigkeit in Fragen zu, die in die künstlerische Autonomie der Bühnengesellschaften fallen."

Ich glaube, daß man es durchaus bei der bisherigen informellen Form der Publikumsgespräche belassen hätte können. Die Einrichtung dieser potentiellen Zensurbehörde trübt ein wenig die Freude über ein im Prinzip gut gelungenes Bundestheaterorganisationsgesetz, das im wesentlichen seine Aufgaben erfüllen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

23.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte. (Abg. Wabl: Mach keine Schande! Ein Südsteirer muß etwas Anständiges sagen!)

23.15

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Man kann natürlich im vorhinein über das, was entstehen wird, bereits urteilen. Wie es tatsächlich kommen wird, weiß, glaube ich, letztlich niemand. Aber ich bin überzeugt davon, daß jede Novelle, die in diesem Hause eine Mehrheit erreicht, eine Verbesserung des gegenwärtigen Status quo sein wird. Daher begrüße ich das vorliegende Gesetz, welches neue Strukturen schafft, die vor allem zur Sicherstellung des künstlerischen Angebotes und der kreativen Entwicklung der Bühnen beiträgt.

Das erscheint mir sehr wichtig, da man die Arbeit im künstlerischen Bereich nicht von generellen gesellschaftspolitischen Entwicklungen abkoppeln kann. Man muß denen, die in diesem Bereich tätig sind, Rahmenbedingungen vorgeben, die es ihnen ermöglichen, sich an neue Gegebenheiten anzupassen, damit sie ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen können. (Abg. Wabl: Du bist der Morak der Weinbauern!) Herr Kollege Wabl! Du wirst das sicher gut verstehen, weil wir uns sehr gut kennen.

Vor allem die Stärkung der Autonomie und die Vergrößerung des Handlungsspielraumes der Direktoren sollten ein großer Ansporn für Veränderungen sein. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wabl. ) Das scheint mir sehr wesentlich zu sein. Es bedeutet eine weitere Öffnung und eine größere Transparenz, und es ist dadurch selbstverständlich auch ein Ansporn, eine andere


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Form der Motivation, der man gegenwärtig schon Rechnung tragen kann. Es wird nun möglich, mit Qualität täglich ausverkauft zu sein – ich wünsche es. Aber die Chancen, die Möglichkeiten sind neu. Deshalb liegt es nun auch an den Direktoren, wirtschaftlich zu denken, zu er wirtschaften und nicht zu ver wirtschaften.

Festzuhalten ist, daß der Staat weiterhin 2 Milliarden Schilling pro Jahr in die Theater investiert. Gerade, weil alle Österreicherinnen und Österreicher durch ihre Steuergelder zur Erhaltung der Bundestheater beitragen, ist es wichtig, ein partizipatorisches Element einzurichten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kier. ) Herr Kollege Kier! Meiner Meinung nach wird dem mit der Einrichtung des Publikumsforums auch Rechnung getragen.

Das Publikumsforum besteht aus zwölf Mitgliedern – das wurde ja schon öfters angesprochen und auch detailliert erklärt –, die vom Publikum der Bundestheater direkt gewählt werden, unabhängig vom Alter. Wesentlich ist dabei das Wahlalter. (Abg. Dr. Schmidt: Sie wollen die Jugend nicht mitreden lassen! Und nur ja keine Ausrede!) Darin unterscheiden sich unsere Meinungen, Frau Kollegin Schmidt als Vorsitzende des Kulturausschusses! Das gibt jedem Österreicher die Möglichkeit einer demokratischen Mitsprache, und damit wird außerdem sichergestellt – und das scheint mir ebenfalls sehr wichtig zu sein –, daß es sich nicht um die Angelegenheit einer Kulturschickeria handelt.

Aufgabe dieses Forums wird es unter anderem sein, die Erfüllung des kulturpolitischen Auftrages zu kontrollieren. Im kulturpolitischen Auftrag ist festgehalten, daß die Durchführung von Gastspielen an anderen Bühnen, bei Festivals oder anderen Spielstätten, insbesondere in den Bundesländern, anzustreben ist, eine Forderung, die ich als südsteirischer Abgeordneter natürlich voll und ganz unterstütze. Gerade in meinem Wahlkreis, der südlichen Steiermark, sind in den vergangenen Jahren die verschiedensten Initiativen in den Bereichen des kulturellen Lebens gesetzt worden. Eine zeitgemäße Kulturpolitik muß diese Verbreiterung des kulturellen Lebens, die für den Fremdenverkehr genauso wichtig ist wie für die kulturelle Identität der Regionen, unterstützen und fördern.

Ich bin der Meinung, daß es sich bei der Ausgliederung der Bundestheater und deren Neuorganisation – und da möchte ich mich den Aussagen unseres Klubobmannes anschließen – um ein Jahrhundertgesetz handelt. Damit wird einer langjährigen Forderung der Österreichischen Volkspartei, nämlich die Bundestheater auszugliedern und auf eine privatwirtschaftliche Basis zu stellen, endlich Rechnung getragen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

23.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

23.19

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn man die Meinungen der verschiedenen Parteien zu dieser Vorlage zusammenfaßt, kann man sagen, daß die FPÖ – die jetzt nicht da ist – über den damals noch anwesenden Herrn Krüger vermittelt hat, daß die Ausgliederung keine Ausgliederung sei, nichts habe sich geändert, gar nichts sei besser geworden.

Die Liberalen haben gesagt, daß sie im Grunde genommen positiv und in der Tendenz richtig sei. Einige Dinge seien dabei ihrer Meinung nach nicht in Ordnung.

Die Grünen wiederum haben gesagt, es sei überhaupt nicht notwendig, daß es zu einer Ausgliederung kommt.

Vor dieser Bandbreite, die in der Beurteilung entwickelt worden ist, kann ich sagen, daß die Vorlage offensichtlich eine gute ist, wenn die einen sagen, gar nichts habe sich geändert, und die anderen, es sei gar nicht notwendig. Es kann also keine so schlechte Vorlage sein.

Ich stimme dieser Vorlage auch gerne zu, obwohl ich dazusage – ähnlich wie Kollege Posch –, ich würde mit einem Paragraphen weniger, der darin enthalten ist, lieber zustimmen.


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Kollege Morak hat, was das Publikumsforum betrifft, von heißer Luft gesprochen. Ich weiß nicht genau, was er damit gemeint hat. Ich erinnere mich jedoch an Ihren Beitrag im Ausschuß, Herr Khol, wo Sie über das "arm’s-length-principle" in England gesprochen haben. Die Idee dahinter sei, daß sich die Politik ein bißchen zurückzieht, die Experten an die Sache läßt und sich sozusagen von diesen beraten läßt. – Das ist gut und interessant, dieses Modell gibt es ja bei uns in anderen Bereichen auch.

Aber die Experten, von denen Sie sprechen, sind jene Experten, die offensichtlich Theaterabos besitzen. – Okay. Gut. Das heißt aber nicht, daß sie im Theater gewesen sein müssen. Sie haben die Abos und sind damit Experten in Theaterfragen. Sie waren innerhalb des letzten halben Jahres vielleicht einmal im Theater und sind Experten; weil sie einmal im Theater waren, sind sie Experten. (Abg. Dr. Schmidt: Oder sie kennen jemanden, der ihnen eine Karte gibt!)  – Oder man kennt jemanden, der einem eine Karte gibt. Wenn jemand einen Bruder oder eine Schwester hat, der oder die einmal im Theater war, dann ist er Experte in Theaterfragen.

Ich glaube aber auch, daß das nicht die wesentliche Frage ist, die Begründung habe ich jedoch interessant gefunden. Insofern glaube ich auch, daß es eine gute Vorlage ist; das Publikumsforum hätte ich jedoch für entbehrlich gehalten.

Ganz zum Schluß, weil es wieder gut dazu paßt: Im übrigen, Herr Staatssekretär, bin ich der Meinung, die Wiener Philharmoniker sollten auch Frauen aufnehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen.)

23.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

23.22

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Debatte findet in einer außerordentlich angenehmen und kultivierten und hochstehenden Atmosphäre statt. Die Diskussion um die Bundestheater hat den Effekt gehabt, daß sich eine Fraktion zur Gänze aus diesem Haus zurückgezogen hat. – Ach wenn es doch nur ewig bliebe! (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich glaube, einen Punkt sollten wir heute abend festmachen: Österreich ist ein Kulturland. Die Bundestheater sind für Österreich eine identitätsstiftende Institution. Wir setzen heute einen wagemutigen, wichtigen Schritt, um diese Kulturinstitution in eine große, finanziell abgesicherte Freiheit zu entlassen, und wir erwarten von diesen Theatern, daß sie ihre großen Leistungen für unsere Kultur auch in dieser neuen Rechtsform fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Mir wäre es lieber gewesen, wenn wir noch zwei Schönheitsfehler hätten beseitigen können, die das Gesetz, weil es einen Kompromißcharakter trägt, hat. Meiner Meinung nach ist die Holding entbehrlich. Es gibt drei Theatergesellschaften, drei Bühnengesellschaften, darüber ein Dach, eine sogenannte Muttergesellschaft, die Holding, die die Eigentümerfunktionen wahrnimmt. Diese Holding ersetzt den derzeitigen Bundestheaterverband.

Frau Kollegin Petrovic und Frau Kollegin Schmidt! Ich bin sehr dankbar dafür, daß es Ihnen gelungen ist, diesen Bundestheaterverband auch verbal aus der Vorlage zu entfernen. Mir ist das in sechswöchigen Verhandlungen nicht gelungen. Man braucht oft sachkundige Assistenz. Herzlichen Dank! Jetzt ist auch der Bundestheaterverband aus dem Gesetz entfernt, und die Holding hat nur sechs bis zehn Mitarbeiter. Daher ist dieses "Ungeheuer von Loch Ness", das so viele Künstler zur Verzweiflung gebracht hat, das so viele Theaterkrisen in diesem Land ausgelöst hat – ich erinnere an die "Tannhäuser"-Perücken für 450 000 S und die Krise um Herrn von Karajan – besiegt.

Das war alles Bundestheaterverband, und ich hoffe, das gehört nun der Vergangenheit an. Jetzt herrscht der Markt, jetzt herrscht Verantwortung, jetzt gibt es zurechenbare Kostenstellen, zurechenbare Erfolge. Ich glaube, daß wir die künstlerische Freiheit in diesem Bundestheaterwerk in der Zukunft wesentlich besser geschützt haben als bisher.


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Stichwort "Publikumsforum". Ich finde, das ist großartig. Ich freue mich, daß sich die Sozialdemokraten an Altvater Bruno Kreisky wenigstens in diesem Punkt erinnert haben, der einmal davon gesprochen hat, man möge die Gesellschaft mit Demokratie durchfluten. Die Konservativen, Herr Kollege Cap, sind immer an der Spitze des Fortschritts – und die Liberalen und die Grünen werden schon noch merken, daß Demokratie ein sehr gutes Lösungskonzept ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Schmidt! Wovor fürchten Sie sich? Ich habe es ja verstanden, daß sich die betroffenen Künstler und die betroffenen Kunstmanager nicht gerne einem öffentlichen Diskurs stellen. Das verstehe ich. Für einen Künstler und für einen Theaterdirektor ist es das Wichtigste, daß irgend jemand zahlt, und er kann dann machen, was er will. Das ist künstlerische Freiheit – finde ich großartig. Ich würde an deren Stelle auch so handeln. Daß dann die Kunstkritiker sagen, furchtbar (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt ), da gibt es andere, die eine Meinung haben und diese vertreten können, dann ist ja unser Monopol weg, die Herren in den Gazetten, die Nachfolger von Hanslick, das muß man sehen, das verstehe ich alles. (Beifall bei der ÖVP.) Aber daß Sie da dabei sind, daß sich das großartige Liberale Forum, das "Partner" hat, das von einer Partnergesellschaft spricht, gegen die Demokratie wendet, das verstehe ich nicht. (Abg. Mag. Barmüller: Operettendemokratie!) Das verstehe ich überhaupt nicht.

Ich glaube, daß wir damit einen sehr guten Weg gegangen sind. Ich habe die Worte unseres Bundespräsidenten von heute in der Bundesversammlung so gut im Ohr, der von der "Bürgergesellschaft" gesprochen hat. Schon am gleichen Tag setzt dieser Nationalrat einen Schritt in diese Richtung, um unserem Bundespräsidenten recht zu geben, nämlich betroffene Bürger einzuladen, ihre eigene Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen und einen öffentlichen Diskurs zu wagen. Jeder kann mitreden, jeder kann mitsprechen.

Der oder die Vorsitzende – vielleicht wird es ja eine Vorsitzende – dieses Publikumsforums kann dann schließlich im Aufsichtsrat mitstimmen – und das ist der große Unterschied zu den Publikumsgesprächen, Frau Petrovic und Frau Schmidt –, sitzt mit Sitz und Stimme im Aufsichtsrat, und die Theaterdirektoren müssen sich den Ergebnissen der Publikumsgespräche stellen. Sie müssen dann erklären, warum sie einem Herrn Mühl das Burgtheater zur Verfügung gestellt haben. Wenn ein Theaterdirektor so etwas entscheidet, ist das sein gutes Recht, aber er muß sich gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber dem Steuerzahler rechtfertigen. Wenn er das nicht will, dann ist er kein Demokrat. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden heute also die Theater in eine neue Freiheit entlassen. Wir wünschen allen künstlerischen Direktoren, allen kaufmännischen Direktoren viel Erfolg!

Für uns alle hoffe ich, daß diese Bühnen weiterhin Teil unseres Seins, Teil unserer Hoffnungen und Teil unserer Lebensfreude sein werden. (Beifall bei der ÖVP.)

23.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Restliche Redezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Ah-Rufe bei der ÖVP.)

23.29

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollte mich nur beim Klubobmann Khol bedanken (Rufe bei der ÖVP: Zu Recht!), wirklich herzlich bedanken (Abg. Schwarzenberger: Dieser Dank kommt von Herzen!), und zwar nicht für den niveauvollen Beitrag, Herr Kollege Khol, sondern für das zugespitzte "demokratiepolitische Niveau".

Jetzt wissen wir, was Sie unter der Bürgergesellschaft verstehen. Ich sage bewußt "Bürgergesellschaft", der Herr Bundespräsident hat heute auch die "Bürgerin" nicht über die Lippen gebracht, nur den "Bürger". Selbst beim Bürger und den Kindern ... (Rufe bei der ÖVP: Oje!)

Das wissen wir jetzt. Wir sind Ihnen dankbar dafür. Wir wissen auch, was Sie unter der Durchflutung mit Demokratie verstehen. Wenn Sie unter Durchflutung mit Demokratie das Publikumsforum verstehen, dann muß ich sagen: Das ist Steinzeitdemokratie, Herr Kollege! Das ist Stein


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zeitdemokratie. (Abg. Dr. Khol: Aha! Davor fürchten Sie sich! Vor der "Feuerstein-Demokratie"!) Wenn Sie es wirklich demokratisieren hätten wollen, hätten Sie sich mehr einfallen lassen müssen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das ist eine völlig verklemmte Konstruktion – verklemmt! –, die außerdem mit dem Handelsrecht, das wir gerade im Zusammenhang mit der Holding so gelobt haben, nicht gut zusammenpaßt.

Wissen Sie, wie das Publikum im Theater abstimmt? – Mit den Füßen und mit den Karten, aber nicht mit dem Publikumsforum, verstehen Sie mich? Das ist nicht gut. Wenn Sie einen Dialog mit Menschen haben wollen, die ins Theater gehen, und Sie versuchen, das so zu institutionalisieren, wie Sie das gemacht haben, dann sind Sie ein Formalist, aber kein Demokrat. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

23.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Staatssekretär. – Bitte, Herr Staatssekretär.

23.30

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann : Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Im wesentlichen ist in den Beiträgen die unterschiedliche Haltung zu der Bundestheaterausgliederung, die während der Diskussion um dieses Gesetz zum Ausdruck gekommen ist, wiedergegeben worden.

Eines der Grundziele, die wir mit dieser Theaterreform und wahrscheinlich mit den bestmöglichen Mitteln, die uns momentan zur Verfügung stehen, zu erreichen versuchen, ist, daß wir die hervorragende Qualität, die derzeit an unseren Bundestheatern erbracht wird, auch in Zukunft sichern wollen. Es geht hierbei um eine Organisationsform, die im Theaterwesen international üblich ist. Ich erinnere daran, daß alle großen deutschen Bühnen GesmbHs sind. Auch in vielen anderen Teilen der Welt sind große Bühnen GesmbHs. Wir erfinden da nicht eine Organisationsform für "Theater-Neu", sondern wir wenden einen Erfahrungswert an, der international schon lange gegeben ist, um eine Organisationsform, zugeschnitten auf unsere Bundestheater, auch bei uns zu etablieren.

Es geht auch nicht darum, die Theater vom Staat abzukoppeln. Es gibt ein klares Bekenntnis des Staates, Verantwortlicher dieser Theater zu bleiben. Im Gesetz wird auch eine Basissumme genannt, die auf alle Fälle dem Theaterwesen zur Verfügung stehen muß. Auch das ist neu, das hat es noch in keinem Gesetz gegeben, daß man eine Minimalsumme, eine Minimalausstattung gesetzmäßig festlegt. Das empfinde ich als eine wesentliche Verbesserung des früheren Zustands, Frau Abgeordnete Petrovic, weil dadurch eine entsprechende Absicherung der Qualität gewährleistet ist.

Worin liegen die Vorteile in der Zukunft? – Ein sehr großer struktureller Vorteil ist darin zu sehen, daß die Pensionslasten aus dem Bundesbudget wegfallen und langsam in ein ASVG-Budget übergeführt werden und damit eine Entlastung des Bundesbudgets eintritt, von der ich annehme, daß sie in der Summe der Kunst verbleibt, sodaß wir strukturell Mittel freibekommen, die langfristig auch die Qualität dieser Theater absichern.

Ich glaube auch, daß die Konstruktion der Holding eine sehr wesentliche Voraussetzung für den Erfolg dieser gewaltigen Organisation ist, weil es auch eine Eigentümervertretung geben muß, eine geordnete Eigentümervertretung, die, wenn man sie direkt an das Ministerium angliedern würde, wieder eine eigene Abteilung erfordern würde. Wir wissen alle, daß die Effizienz einer Administration innerhalb des Ministeriums nicht so gegeben ist, wie wenn diese Administration ebenfalls in eine privatrechtliche Organisationsform eingebunden ist. – Das waren unsere Gedanken zu diesem Punkt.

Die zweite Aufgabe war, die künstlerische Freiheit, also die Eigenverantwortung des künstlerischen Direktors, zu stärken. Wir haben das in diesem Gesetz ganz bewußt und mit gezielten Maßnahmen gemacht. Das bedeutet, daß die Politik aus dem Tagesgeschäft weiter ausgeglie


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dert ist, sich aber nicht der Verantwortung für die Gesamtheit entziehen kann. Das wiederum bedeutet, daß wir im Tagesgeschäft eine wesentlich größere Entscheidungsfreiheit der Direktoren erreichen sowie den Direktoren in der eigentlichen Entwicklung der Finanzgebarung einen Freiraum eingeräumt haben. Diese Rücklagenfähigkeit ist eine ganz wesentliche Erleichterung für die Spielplanung, und ich glaube, daß damit ein wesentlicher Fortschritt gegeben ist.

Zum Publikumsforum möchte ich, da es auch heute wieder zu den kontroversesten Ansichten gekommen ist, nur folgendes sagen: Derzeit gibt es an allen Bundestheatern Publikumsgespräche. Diese Form des Publikumsforums ist nichts anderes als eine Institutionalisierung dieses Publikumsgespräches. Das heißt, das Publikumsforum selbst hat keine andere Aufgabe – lesen Sie das Gesetz! – als die Organisation dieser Publikumsgespräche. Derzeit werden diese Publikumsgespräche auch durchgeführt. Sie finden nur auf freiwilliger Basis, von den Direktoren organisiert, statt. Von nun an ist jeder Direktor in ein Institut eingebunden und muß diese Publikumsgespräche durchführen. Er kann sich sein Publikum nicht aussuchen, sondern es handelt sich um eine Organisation, die einer Verpflichtung nachkommen muß, nämlich zweimal pro Jahr diese Publikumsgespräche – die, wie gesagt, jetzt auch schon stattfinden – auch weiterhin durchzuführen. Nichts anderes ist die Aufgabe; nur die Organisation dieser Gespräche. Einer dieser Vertreter hat die Vertretungsbefugnis im Aufsichtsrat. (Abg. Mag. Peter: Institutionelle Publikumsgespräche! Jetzt habe ich es verstanden!)

Was kann dieses Publikumsforum entscheiden? – Im wesentlichen kann es überhaupt nichts entscheiden, es darf ausschließlich ein Diskussionsforum sein, es darf keine Empfehlungen geben und auch keine Zensur ausüben, so wie es immer wieder behauptet wird, sondern es handelt sich um einen Dialog mit der Kunst.

Ich darf Ihnen auch ausdrücklich versichern, daß wir die Einmischung in künstlerische Belange aus dem Aufgabenbereich des Publikumsforums herausgenommen und dafür Sorge getragen haben, daß keinerlei – auch nur im entferntesten – Ansätze der Zensur möglich sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Peter: Das nennt man: zum Krenreiben!)

Es wurde im wesentlichen noch eine Frage gestellt, und zwar die Vermögensübertragung betreffend. (Rufe bei der ÖVP: Uhrzeit!) Frau Abgeordnete Schmidt hat gesagt, es gebe keine klare Vermögensübertragung. Ich möchte auf den § 5 verweisen: Die historische Bausubstanz bleibt im Besitz des Bundes, und die Gebrauchssubstanz bleibt im wesentlichen bei den Häusern, die sie jetzt auch tatsächlich verwalten. – Das heißt, es ist eine klare Trennung gegeben, diese ist aus dem Gesetz entnehmbar. Damit ist auch die Aufteilung, wer die Last für die Erhaltung der Substanz zu tragen hat, ganz klar geregelt.

Ich glaube, daß es ein Gesetz ist, das die Qualität dieser hervorragenden Theater absichert und auch in Zukunft gewährleistet, daß wir Häuser von internationalem Ruf in Wien zur Verfügung haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

23.38


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Schmidt gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Jetzt wird es gemischt!)

23.38

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Herr Staatssekretär hat eben gemeint, daß das Publikumsforum einzig die Aufgabe habe, die Publikumsgespräche zu organisieren. Ich berichtige tatsächlich, indem ich den § 16 Abs. 4 erster Satz zitiere, denn da steht:

Das Publikumsforum hält gemeinsam mit dem jeweiligen künstlerischen Geschäftsführer der Bühnengesellschaft pro Kalenderjahr und Bühnengesellschaft mindestens zwei im Spielplan angekündigte öffentliche Publikumsgespräche ab. – Zitatende.

Das heißt, das Publikumsforum hält die Gespräche ab. (Abg. Dr. Khol: Öffentliche!) Es hat sie vorher allerdings auch zu organisieren. (Abg. Dr. Cap: Gemeinsam!) Der Herr Staatssekretär hat gemeint, es würde nur organisieren, und dieses ist unrichtig. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Als erstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1330 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen Abänderungsanträge eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Khol, Dr. Schmidt und Dr. Petrovic einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst der Reihe nach über die von den Abänderungsanträgen betroffenen Teile des Gesetzentwurfes und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Wir kommen als erstes zur Abstimmung über den Abänderungsantrag Dr. Cap, Dr. Khol, Dr. Schmidt, Dr. Petrovic, der sich auf Artikel 1 § 1 erster Satz bezieht.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung erteilen, ein bejahendes Zeichen geben. – Dies ist mit Mehrheit so angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 1 § 2 Abs. 5 bezieht.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesen Antrag unterstützen, sich von den Sitzen erheben. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Ich darf sogleich über Artikel 1 § 2 Abs. 5 letzter Satz in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen lassen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diese Fassung unterstützen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit so beschlossen.

Schließlich haben die Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung des § 16 in Artikel 1 beinhaltet.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für die Streichung des § 16 Abs. 1 aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 1 § 16 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen als nächstes ab über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist in zweiter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Mitglieder des Hohen Hauses, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, ein Zeichen geben. – Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.


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24. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1208 der Beilagen): Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen – BSEOG und Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert wird (1333 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir verhandeln nunmehr Punkt 24 der Tagesordnung.

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Grollitsch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.43

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Khol hat dem Redner den Rücken zugewandt.) Herr Dr. Khol! (Abg. Dr. Khol: Guten Abend!) Grüß Sie Gott! (Abg. Dr. Khol: Sind Sie wieder da?) Ihre Vorderseite ist wesentlicher ansehnlicher. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Schieder: Das ist an der Sexismusgrenze! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Klubobmann Khol! Sie haben mich vor wenigen Minuten übersehen, als nur wenige Vertreter unserer Fraktion im Saal waren. Sie haben die Abwesenheit meiner Fraktion genützt, um uns in undemokratischer Art und Weise zu beleidigen, und gemeint, in unserer Abwesenheit ließen sich die Themen viel einfacher, zweckmäßiger und kultivierter behandeln.

Ich darf Ihnen sagen, daß wir die nun anstehende Frage im Verfassungsausschuß geklärt haben, wo Sie auch nicht anwesend waren. Vielleicht ist es deswegen dort sehr sachlich und nüchtern zugegangen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Am Anfang war die Forderung der Freiheitlichen nach Privatisierung von Bereichen, die der Staat schlecht verwaltet. Ausserwinkler hat 1993 die zweckfremde Verwendung der preisgünstigen Bundessporteinrichtungen aufgedeckt und vollmundig eine private Neuorganisation angekündigt. Dann wurde viel Geld für eine aufwendige INFORA-Unternehmensberatungsstudie ausgegeben.

Nach einer ausgiebigen Denkpause und gewohnt angemessener zeitlicher Verzögerung nahm die Regierung die Privatisierungsidee der Freiheitlichen auf. Es folgte klammheimlich ein sogenanntes Prekarium. – Für Nichteingeweihte: Das ist eine Bittleihe, die jederzeit wieder entziehbar ist. Gemeint ist, daß man klammheimlich St. Christoph und das Kitzsteinhorn an den ÖSV bittend verliehen hat und den Spitzerberg dem österreichischen Aero-Club ebenso bittend zur Leihe angeboten hat.

Nunmehr haben wir ein BSEOG. Herr Schieder hat im Ausschuß die Assoziation zur Rinderseuche hergestellt, nicht meine Wenigkeit (Abg. Schieder: Nein, ich habe gesagt: dieselbe Abkürzung!), er hat die gleiche Abkürzung gemeint. Ich befürchte, daß das Gesetz einen verderblichen Virus für den österreichischen Sport enthält. Das wird die Zukunft weisen.

Ich schränke ein, daß wir dieses BSEOG allerdings im Detail noch nicht kennen. Wenn man die Kuschelei und die Verhandlung der letzten Stunde auf Regierungsebene beobachtet hat, müßte man überfallsartig mit Abänderungsanträgen rechnen, die möglicherweise den Sinn dieses Gesetzes – wie wir es ja gewohnt sind – verkehren. Wir werden uns dann entscheiden, liebe Klubkollegen, wie wir uns verhalten wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Ursache dieses Gesetzes – und das sei offen gesagt – ist dem Sportbericht 1996 zu entnehmen: 180 Millionen Schilling Zuschuß haben die Bundessporteinrichtungen benötigt, 228 000 Nächtigungen gab es dort. Das ist eine durchaus beachtliche Zahl; die Quoten sind gestiegen. Wenn man das umrechnet, hat den Steuerzahler jede Nächtigung pro Aufnahme in einem Heim 800 S gekostet.


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Daß man mit diesem Geld die Bundessportheime derart zugerichtet hat, daß sie nur mehr gegen Bitte verleihbar sind und jetzt durch ein Gesetz, das wir beschließen sollen, vom Bundeskanzler freihändig an irgendwelche, vermutlich ihm naheliegende Verbände und Vereine verschenkt werden, das ist betrüblich.

Wir werden gleich, und Kollege Grabner wird mich sicherlich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (fortsetzend): Wir werden gleich hören, daß diese Lösung eine für den Sport gute ist. Ich erlaube mir, das zu bezweifeln, und erbitte von Herrn Grabner Aufklärung: Warum war das BSEOG überhaupt notwendig? – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Kollege Grollitsch! Sie haben von einem Abänderungsantrag gesprochen, ihn aber nicht eingebracht. Ich würde bitten, daß man das noch tut.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Grabner. – Bitte.

23.48

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Grollitsch hat mit 800 S pro Nacht gerechnet. Ich darf sagen, daß die Aufnahme der Sportler in Bundessportheimen aus der Bundessportförderung finanziert wurde. Es war natürlich im Gesetz gedeckt, daß die Sportler dort billiger wohnen konnten. Das wird auch in Zukunft so sein, dafür sind die Bundessportheime ja gebaut worden.

Ich darf überhaupt danke sagen. Wir haben in den letzten Wochen einige sehr wichtige Gesetze für den Sport hier im Plenum beschlossen, egal, ob es das Glücksspielgesetz ist, wodurch die Sicherheit gegeben ist, daß 420 Millionen Schilling im heurigen Jahr dem Sport zukommen, ob es die Zeltfeste sind – oder eben heute dieses Gesetz.

Meine Damen und Herren! Das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen und das Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz geändert wird, ermöglichen die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wobei der Bund 100prozentiger Eigentümer bleibt. Dadurch wird eine effizientere und transparentere Förderung des Spitzen- und Leistungssportes und in weiterer Folge des Sports und der Weiterbildung insbesondere an Schulen, an Bildungsanstalten oder Universitäten sowie des Breitensportes ermöglicht, wobei es zu einer Entlastung des Staatshaushaltes kommt.

Meine Damen und Herren! Die Gesellschaft hat die primäre Aufgabe, den Betrieb der Bundessporteinrichtungen aufrechtzuerhalten, für die Vermietung der Sportanlagen und der Unterkünfte sowie die Bereitstellung von Verpflegung und die sportliche Betreuung der Gäste nach betriebswirtschaftlichen Aspekten zu sorgen.

Ebenso hat sie Richtlinien für die Nutzung der Sporteinrichtungen durch Personen und Institutionen, die im Interesse des Spitzen- und Leistungssportes, der Sportaus- und -weiterbildung, insbesondere an den Schulen und anderen Bildungseinrichtungen, wie etwa den von mir bereits erwähnten Universitäten, sowie des Breitensportes förderungswürdig sind, zu erlassen.

Diese Richtlinien haben Grundsätze für die Vergabe der Unterkünfte in einer Prioritätenliste und die konkrete Festlegung jenes Personenkreises, dem die ermäßigten Entgelte zu verrechnen sind, zu enthalten. Der Normaltarif ist für jede Sporteinrichtung gesondert festzustellen, da er die Basis für die Berechnung der Zuschüsse bildet und die Höhe der ermäßigten Entgelte für die Benützer festlegt.

Meine Damen und Herren! Der Zuschuß des Bundes auf die Differenz des Normaltarifes ist pro Kalenderjahr mit 37,5 Millionen Schilling begrenzt. Ob das für den Sport reicht, wird noch zu besprechen sein. An den bestehenden Dienstverträgen wird es keine Änderungen geben. Bei einem Neueintritt werden die Dienstnehmer jedoch nach dem ASVG angestellt.


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Herr Staatssekretär! Ich bitte Sie, daß man, falls es noch nicht gemacht wurde, mit dem gesamten Personal der Bundessportheime spricht und sie über die Neugestaltung informiert. Neun Sporteinrichtungen sollen frühestens mit 1. Jänner 1999 in das Eigentum der Gesellschaft übergehen. Die Bundessportschule Spitzerberg wurde bereits im Februar dieses Jahres an den Aero-Club, die Bundessportheime Kitzsteinhorn und St. Christoph an den Österreichischen Schiverband zur Nutzung übertragen.

Meine Damen und Herren! Dies geschah deshalb, weil diese Verbände diese Einrichtungen schon bisher konzentriert genutzt haben. Durch die Änderung dieses Gesetzes wird das Eigentum der erwähnten Sportstätten an die Gesellschaft übertragen, die dann in den zwischen dem Bund und dem Aero-Club beziehungsweise dem Österreichischen Schiverband geschlossenen Nutzungsvertrag eintritt. (Abg. Dr. Graf: Das ist kein Nutzungsvertrag, sondern ein Prekarium!)

Herr Kollege! Von Sport haben Sie keine Ahnung, reden Sie also nicht mit! Gehen Sie wieder hinaus! Sie waren jetzt weiß Gott wie lange nicht da. (Abg. Hans Helmut Moser: Sei nicht so streng!) Herr Kollege Moser! Es war ruhig, solange die "F" nicht da war. Nun sind sie wieder da, haben keine Ahnung, aber etliche reden mit. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nunmehr gelungen, mit einer positiven Regierungsvorlage, die in Zusammenarbeit mit Herrn Staatssekretär Dr. Peter Wittmann und mit unserem Koalitionspartner entstanden ist, zu erreichen, daß die Sicherung und der Ausbau des Spitzensportes sowie des Breitensportes für die Zukunft ermöglicht wird. Als Sportsprecher der SPÖ muß ich sagen, daß dieses Gesetz für den Sport von großer Wichtigkeit ist. (Beifall bei der SPÖ.)

23.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Nußbaumer: Sportsprecher! – Abg. Grabner: Morgen acht Uhr vor der Rampe: 100 m!)

23.53

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! (Anhaltende Rufe im Plenum. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Die Bundessporteinrichtungen sind tatsächlich unverzichtbare Einrichtungen für den österreichischen Sport, und ich konnte mich in den letzten Monaten bei mehreren Besuchen dieser Einrichtungen davon überzeugen, daß Sie durch die Bank in gutem Zustand sind und Sportstätten haben, die für unseren Sport immens wichtig sind (Abg. Mag. Schweitzer: Karlheinz! Du hast sie aber nicht so oft besucht wie dein Landsmann, der Bertram Jäger?! Nein!) und unseren Sportlern erhalten bleiben müssen.

Das Problem bei diesen Einrichtungen war – wie auch bei vorher schon diskutierten Einrichtungen des Bundes – schlicht und einfach, daß das enge Korsett der Gesetze bei Bundesbediensteten gerade jene Flexibilität nicht zuläßt, die ein solcher Betrieb mit Beherbergung und Verpflegung sowie saisonalen Schwankungen in der Auslastung und so weiter notwendig hat. (Abg. Mag. Peter: Das ist alles nicht vorgesehen!)

Das Bundesgesetz für die Bundesbediensteten ist zu eng. Es wird künftig leichter möglich sein, die Effizienz in der Betriebsführung zu steigern, und damit auch dem Bund helfen, Geld zu sparen, ohne die Leistungen für die Sportler einschränken zu müssen. Darauf ist Bedacht zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Ausgliederung erfolgt in Form einer GesmbH, die im Eigentum des Bundes verbleibt. Das ist eine sportpolitische Entscheidung, die wir so getroffen haben, weil wir der Meinung sind, daß ein zwar im Gesetz als Möglichkeit für die Bundesregierung vorgesehener Verkauf an Dritte nur dann möglich ist, wenn die im Gesetz definierten sportpolitischen Zielsetzungen eingehalten werden und weiterhin gewährleistet sind und daraus kein Hotelbetrieb mit Sportanlagen für potente Nutzer entsteht. (Abg. Mag. Peter: Ist das etwas Unanständiges?) In diesem Fall schon, da diese Einrichtungen den Sportlern zu günstigen Konditionen erhalten bleiben sollen und nicht für betuchte Hobbysportler da sind.


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Das Gesetz sieht aber auch vor, daß diese Gesellschaft der Bundessportorganisation übertragen werden kann, denn es ist und soll unser Ziel sein, daß, falls wir darüber zu einer Einigung kommen, der Sport diese Einrichtungen im Sinne des Sportes, aber nach den Vorgaben dieses Gesetzes nach Möglichkeit selbst führt. Darüber wird mit der Bundessportorganisation verhandelt. Es soll weiters möglich sein, die Betriebsführung einzelnen Sportverbänden zu übertragen. Das ist bereits im Wege dieses Prekariums an den Aero-Club beziehungsweise an den ÖSV geschehen. Und das war auch sinnvoll, da es sich dabei um drei Einrichtungen handelt, die genau für die Sportarten dieser Verbände konzipiert sind, und es macht durchaus Sinn, daß diese Verbände diese Einrichtungen selbst führen.

Ich muß in diesem Zusammenhang einen kleinen Abänderungsantrag einbringen, der Klarstellung über die Möglichkeit der Vergabe des Bundes beziehungsweise der Gesellschaft sowie der Übertragung der Betriebsführung an entweder die BSO oder an Sportverbände bringen soll.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kopf, Dr. Löschnak, Grabner und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. In Artikel I lautet § 2 Abs. 4 Z 2:

"2. die Betriebsführung von Bundessporteinrichtungen gemäß § 1 Abs. 2 einem Sportverband im Sinne des Bundes-Sportförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 2/1970, zu übertragen."

2. In Artikel I lautet § 20 "Außerkrafttreten von Bestimmungen" wie folgt:

"§ 20. § 2 Abs. 4 Z 2, § 4 und §§ 6 bis 8 treten außer Kraft, wenn kein Geschäftsanteil an der Gesellschaft mehr im Eigentum des Bundes steht."

*****

Wichtig ist, in diesem Zusammenhang vielleicht noch zu erwähnen, daß die Fördertarife für die Sportler erhalten bleiben sollen, die begünstigte Benützung der Einrichtungen für Sportler also weiterhin möglich ist, aber auf eine Subjektförderung umgestellt wird. Das bedeutet, daß der Sportler, der in diesen Richtlinien aufgezählt ist – Kollege Grabner hat es schon kurz erwähnt –, der Förderungsempfänger ist und nicht mehr die Einrichtung. Das heißt, für jede Nächtigung eines förderungswürdigen Sportlers gibt es einen Zuschuß, sodaß er selber nur den niedrigeren Tarif zahlen muß, aber nicht die Einrichtung bekommt diese mit 37,5 Millionen Schilling jährlich gedeckelten Zuschüsse.

Wichtig ist weiters noch, daß es in dieser Gesellschaft einen Aufsichtsrat gibt, der auch die Richtlinien für die Nutzung erstellen soll. Darin sind im wesentlichen alle Vertretungen des Sports, und zwar sowohl auf Regierungsebene als auch den Sportorganisationen selbst, vertreten, also Bundeskanzleramt, Finanzministerium, Unterrichtsministerium und die Bundessportorganisation. Damit ist meiner Meinung nach auch gewährleistet, daß diese Einrichtungen künftig weiterhin im Sinne des Sportes genützt werden können.

Herr Staatssekretär! Ich möchte Ihnen und auch dem Präsidenten der Bundessportorganisation abschließend einen recht herzlichen Dank für die konstruktiven Verhandlungen aussprechen. Ich bin der Überzeugung, daß durch dieses Gesetz eine für den Sport sehr wichtige Einrichtung erhalten wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Schön lange haben Sie gebraucht!)


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134. Sitzung / Seite 184

23.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Kopf verlesen hat, ist ordnungsgemäß eingebracht, unterfertigt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Restliche Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

23.59

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es ist soweit: Die wichtigen Bundessportzentren werden ausgegliedert. Wir werden dann hoffentlich in der Lage sein, nicht – wie 1998 prognostiziert – satte 130 Millionen Schilling an Verlust zu schreiben.

Warum ist das eigentlich nicht schon früher gemacht worden? Wo war das Problem, nicht schon früher eine so vernünftige Aktion zu setzen? – Schön ist die Begründung in den Erläuterung/Allgemeiner Teil. Ich zitiere aus Zeitmangel nur sehr wenig, in Summe beweist es, daß – Sie sollten es lesen! – der Staat eigentlich nicht in der Lage ist, einen Dienstleistungsbetrieb zu führen:

"Nach dem Besoldungsschema des Bundes bestehen außerdem Einkommensunterschiede, die nicht leistungsbezogen begründbar sind (zum Beispiel können unter Umständen Küchenhilfskräfte höhere Entgelte beziehen als ein junger Chefkoch), erfolgsorientierte Entlohnungskomponenten fehlen zur Gänze."

Sie sollten sich das wirklich durchlesen. Darin wird schonungslos damit abgerechnet, was die staatliche Verwaltung nicht kann. Darum ist diese Ausgliederung prinzipiell positiv zu sehen.

Ich freue mich nicht besonders darüber, daß in § 3 die Verfügung der Geschäftsanteile ein "Durchhaus" wird nach dem Motto, zuerst macht man die GesmbH, um dann gleich zu bestimmen, wer am Parlament vorbei ihre Anteile bekommt. Es wäre sauberer und klarer gewesen, gleich den Antrag einzubringen, die Bundessportheime auszugliedern und sie der Bundessportorganisation oder wem auch immer zu übergeben. Das wäre eine klare Entscheidung gewesen, der das Hohe Haus in dieser Form hätte zustimmen können.

Dennoch halte ich das für eine gute Sache. Wir sparen Verluste und bringen bessere Leistung. Warum nur haben Sie es nicht früher gemacht? (Beifall beim Liberalen Forum.)

0.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Restliche Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

0.01

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir werden der Ausgliederung zustimmen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, daß es ganz einfach nicht richtig ist, die Förderung von 37,5 Millionen Schilling als Subjektförderung zu bezeichnen. Es handelt sich dabei um keine Subjektförderung, da letztendlich nicht der Sportler selbst, sondern die Institution "Sporteinrichtung" gefördert wird. Würde es sich um eine Subjektförderung handeln, dann müßten Sie dem einzelnen Sportler die Differenzkosten bezahlen, und dieser könnte sich dann ein Sportzentrum oder eine Gruppe aussuchen, bei deren Veranstaltung er mitmachen will oder nicht. In der vorliegenden Form ist es keine Subjektförderung, sondern eine indirekte Förderung, und letztendlich bleibt es bei der Objektförderung. Und das halte ich nicht für sinnvoll.

Ich habe mit Herrn Kopf bereits Gespräche aufgenommen. Er hat mir zugesagt, daß wir dieses Thema behandeln werden. Denn ich bin für eine tatsächliche Subjektförderung und hoffe, daß, wenn es zu einer tatsächlichen Subjektförderung kommt, auch die Sportstätten den Druck verspüren, ihr Qualitätsangebot zu verbessern. Denn derzeit ist es so, daß nicht jedermann oder jederfrau, auch wenn sie in den förderungswürdigen Sportverbänden integriert ist, tatsächlich eine Sportstätte beanspruchen oder benutzen kann, und zwar deshalb nicht, weil die Adaptierungen, das heißt der barrierefreie Zugang zu den einzelnen Bundessportstätten, nach wie vor nicht sichergestellt sind, und gerade in den letzten Jahren die anfängliche Tendenz, diese Sportstätten barrierefrei zu gestalten, wieder ein Stück nachgelassen hat – was immer auch der Grund dafür ist.

Solange jedoch der Bund im Besitz dieses Objektes ist, ist er aufgefordert und verpflichtet, im Sinne der Gleichstellungsbestimmung, die wir morgen vor genau einem Jahr beschlossen


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haben, diese Adaptierungen an den Bundessporteinrichtungen schleunigst vorzunehmen, damit sie ihren Auftrag wirklich erfüllen.

Wir werden diesem Antrag, wie gesagt, zustimmen. Ich werde aber weiterhin ein Auge darauf werfen, daß es nicht so weit kommt, daß die Verantwortung auf die GesmbH abgeschoben wird. Der Bund hat noch einiges zu erfüllen, und ich werde das auch in Zukunft einfordern. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

0.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Löschnak. – Bitte.

0.04

Abgeordneter Dr. Franz Löschnak (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Im Gegensatz zu Herrn Abgeordneten Grollitsch begrüßt der österreichische Sport diese Gesetzesvorlage und damit die Möglichkeit, Bundessporteinrichtungen selbst betreiben zu können.

Ich habe bereits am 26. Mai zu diesem Thema im Plenum ausführlich Stellung nehmen können. Daher kann ich mich heute auf einige wenige Sätze beschränken und im Kern das wiederholen, was ich am 26. Mai 1998 hier gesagt habe, nämlich daß im österreichischen Sport drei Prämissen beachtet werden müssen.

Erstens: Es muß sichergestellt werden, daß der Förderungszweck erhalten bleibt, das heißt, die Bundessporteinrichtungen müssen primär dem Sport dienen.

Zweitens: Es muß sichergestellt werden, daß mit einem effizienten Management auch Kosteneinsparungen erzielbar sind, das heißt, in Summe muß der Sport dadurch gewinnen.

Und drittens: Es muß sichergestellt werden, daß kein Mißbrauch mit den Bundessporteinrichtungen geschehen kann, das heißt, die Förderungsmittel dürfen nicht falsch eingesetzt werden.

Daher hat die BSO ihre Vorstellungen für die Übernahme des Betriebs der Bundessporteinrichtungen präzisiert. Wir haben dem Herrn Staatssekretär ein 17-Punkte-Papier übergeben und einen Termin für nächste Woche bekommen. Ich hoffe, daß wir die Gespräche über diese Übertragung zügig führen und baldigst zu einem Schluß kommen können, damit die Kritik des Abgeordneten Peter, nämlich daß das zu spät geschehen sei, zumindest für jenen Teil, der exekutiv nachfolgen kann, nicht angebracht ist. Ich hoffe im Sinne des österreichischen Sports, daß Sie uns Lob spenden können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kampichler. – Bitte.

0.06

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Fraktionskollege und teilweise meine Vorredner haben die Materie sehr präzise dargestellt. Mein Kollege Karlheinz Kopf hat diese Sache natürlich nicht nur präzise dargestellt, sondern auch exzellent verhandelt. Ich darf ihm dazu sehr herzlich gratulieren und freue mich, daß dieses Ergebnis zustande gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Deswegen kann ich mich kurz fassen und Ihnen zumindest zwei Minuten schenken, die wir heute nacht länger im Bett verbringen dürfen. (Beifall und Bravorufe des Abg. Dr. Khol. )

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Unsere Bundessporteinrichtungen spielen für den österreichischen Spitzensport eine wichtige Rolle. Sie genießen vor allem international großes Ansehen. Die Ausgliederung verlangt von den Verantwortlichen gewaltige Anstrengungen. Die Latte liegt für die Betreiber, für die zukünftigen Chefs sehr hoch. Sie werden diese Latte aber überspringen. Wir sichern mit dieser Ausgliederung den Fortbestand unserer guten Einrichtungen und damit den sportlichen Erfolg auch in Zukunft.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade in den letzten Jahren wurden sehr erfolgreiche Sportler in diesen Einrichtungen ausgebildet. Als Niederösterreicher erlauben Sie mir, ganz kurz die großartigen Leistungen, die im Bundessportzentrum Südstadt erbracht wurden, zu erwähnen.

Großartige Sportler wie im Bereich des Radsports Wechselberger, Königshofer, Zadrobilek oder Luttenberger, bei den Fechtern Wendt und Ludwig oder im Bereich des Tennissports Thomas Muster, Alexander Antonitsch, Horst Skoff, Barbara Paulus und viele, viele andere mehr wurden in Maria Enzersdorf in der Südstadt ausgebildet und sind zu international erfolgreichen Sportlern geworden. Nicht vergessen dürfen wir unsere Frauenhandballmannschaft, die ebenfalls zu den erfolgreichsten der Welt zählt.

Seit 1980 sind in der Südstadt permanent 120 Betten ausgebucht gewesen. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 2 160 Athleten betreut. Ich gratuliere den Verantwortlichen und bedanke mich für ihr Engagement und die Leistungen, die sie in ihrem Bereich erbracht haben. Ich wünsche für die Zukunft nicht nur sportlichen, sondern auch wirtschaftlichen Erfolg. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

0.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekretär. – Bitte.

0.09

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz ein paar Anmerkungen machen. Es ist darum gegangen, diese Bundessporteinrichtungen dem Sport zu erhalten, und nicht darum, zu privatisieren und damit ein neues Konkurrenzverhältnis zu der schon sehr gut ausgebauten Hotellerie in Österreich zu entwickeln, denn der Sport sollte weiterhin der Hauptnutznießer dieser Einrichtungen bleiben.

Zweitens ist es darum gegangen, eine Organisationsform zu finden, die durch Kostentransparenz und Kosteneffizienz gekennzeichnet ist und gewährleistet, daß eine Subjektförderung in Zukunft möglich ist.

Ich darf Sie, Frau Abgeordnete Haidlmayr, ganz kurz korrigieren. Die erwähnten 37,5 Millionen Schilling sind reine Subjektförderung, weil der Differenzbetrag zwischen gefördertem Tarif und Normaltarif nunmehr direkt abgeführt wird. Das heißt, daß derjenige Sportverein, der darum ansucht, die Förderung direkt bezieht, um auf den Normaltarif aufzahlen zu können. Das gilt auch für den Einzelsportler. Daneben werden auch noch Investitionen in Höhe von 55 Millionen Schilling in diese Bundessporteinrichtungen gesteckt.

Zum behindertengerechten Ausbau darf ich festhalten, daß seit zehn Jahren alle Generalsanierungen unter dem Gesichtspunkt behindertengerechte Ausbauten durchgeführt werden. Entsprechende Anstrengungen werden durch die Tatsache, daß die Einrichtungen im wesentlichen auch den Behindertensportwochen zur Verfügung stehen, bewiesen. Grundsätzlich gilt es, ein Bekenntnis zum österreichischen Sport abzulegen und diese Spitzensporteinrichtungen für den Sport zu sichern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1333 der Beilagen.

Es liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Kopf, Dr. Löschnak und Genossen vor, der sich auf Artikel 1 § 2 Abs. 4 Z 2 und § 20 bezieht.


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Da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, werde ich so vorgehen, daß ich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung dieses Abänderungsantrages Kopf/Dr. Löschnak abstimmen lassen werde.

Wir kommen somit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dieser Vorlage, wie ich sie beschrieben habe, ihre Zustimmung erteilen, sich von den Sitzen erheben. – Das ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung den vorliegenden Gesetzentwurf unterstützen, dies durch ein Zeichen der Zustimmung bekunden. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Damit haben wir die Tagesordnung erledigt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Anträge 835/A bis 839/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4644/J bis 4675/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Peter, 35/JPR, an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

Feststellung betreffend Abwesenheit eines Abgeordneten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich stelle fest, daß Herr Abgeordneter Peter Rosenstingl dieser Sitzung unentschuldigt ferngeblieben ist.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für heute, Donnerstag, den 9. Juli 1998, 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 0.14 Uhr