Stenographisches Protokoll

145. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 4. November 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

145. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 4. November 1998

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 4. November 1998: 9.01 – 23.12 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1997

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Handelsstatistische Gesetz 1995 geändert wird

8. Punkt: Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken, angenommen in Madrid am 27. Juni 1989

9. Punkt: Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG zur Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der "Ennsnahen Trasse" und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben

10. Punkt: Sonderbericht des Rechnungshofes über Heilmittel und Heilbehelfe

11. Punkt: Änderungen der Liste in Anlage I zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 15

Rufe zur Sache 19, 21, 23, 24, 25

Wortentziehung 25

Ordnungsruf 220

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt gegen die Tagesordnung gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung 15

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 (1) der Geschäftsordnung 16

Redner:

Mag. Dr. Heide Schmidt 16

Dr. Peter Kostelka 17

Mag. Johann Ewald Stadler 18

Dr. Andreas Khol 19

Andreas Wabl 20

Mag. Thomas Barmüller 22

Georg Wurmitzer 23

Dr. Helene Partik-Pablé 24

Dr. Volker Kier 25

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 26

Herbert Scheibner 27

Einwendungen finden keine Mehrheit 41

Unterbrechung der Sitzung 29

Einwendungen der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic gegen die Tagesordnung gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung 15

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 (1) der Geschäftsordnung 15

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 29

Dr. Peter Kostelka 30

Mag. Gilbert Trattner 31

Dr. Andreas Khol 33

Dr. Volker Kier 34

Dr. Alexander Van der Bellen 35

Dr. Jörg Haider 36

Mag. Helmut Peter 37

Mag. Reinhard Firlinger 38

Dr. Kurt Heindl 39

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 40

Einwendungen finden keine Mehrheit 41

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 64

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch, Mag. Thomas Barmüller, Andreas Wabl und Genossen, den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG zur Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der "Ennsnahen Trasse" und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben, gemäß § 53 Abs. 6 GOG der Geschäftsordnung an den Rechnungshofausschuß rückzuverweisen – Ablehnung 180, 193

Aktuelle Stunde (31.)

Thema: "Steuern senken – Arbeit schaffen"

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 42

Bundesminister Rudolf Edlinger 44

Hermann Böhacker 48

Dr. Ewald Nowotny 49

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 51

Mag. Helmut Peter 53

Dr. Alexander Van der Bellen 54

Reinhart Gaugg 56

Ing. Kurt Gartlehner 57

Dr. Michael Spindelegger 58

Dr. Volker Kier 59

Karl Öllinger 61

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 15

Ausschüsse

Zuweisungen 63

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Dr. Jörg Haider 63

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Regierungspfusch bei Schwarzarbeit (5090/J) 104

Begründung: Dr. Volker Kier 108

Bundesministerin Eleonora Hostasch 112

Debatte:

Mag. Helmut Peter 119

Mag. Herbert Kaufmann 121

Ingrid Tichy-Schreder 124

Dr. Jörg Haider 126

Karl Öllinger 128

Maria Schaffenrath 131

Franz Riepl 133

Dr. Gottfried Feurstein 135

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 137

Karl Smolle 139

Karl Donabauer 140

Sigisbert Dolinschek 142

Anton Leikam 143

Reinhart Gaugg 144

Entschließungsantrag der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten – Ablehnung 132, 145

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (III-140 d. B.) über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1997 (1453 d. B.) 64

Redner:

Heinz Anton Marolt 64

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 68

Mag. Helmut Peter 71

Dr. Kurt Heindl 74

Karl Öllinger 76

Mag. Franz Steindl 78

Helmut Haigermoser 80

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 82, 93

Günter Kiermaier 83

Dr. Jörg Haider 85

Edeltraud Gatterer 88

Edith Haller 89

Mag. Johann Maier 90

Anton Blünegger 92

Kenntnisnahme des Berichtes III-140 d. B. 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Anton Marolt und Genossen betreffend Abschaffung der Getränkesteuer bei gleichzeitiger Kompensation der Einnahmenausfälle für die Gemeinden – Ablehnung 67, 94

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Anton Marolt und Genossen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft – Ablehnung 67, 94

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1391 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (1454 d. B.) 94

3. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1385 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 geändert wird (1455 d. B.) 94

4. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1411 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird (1456 d. B.) 94

5. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1410 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird (1457 d. B.) 94

Redner:

Ing. Wolfgang Nußbaumer 94

Ingrid Tichy-Schreder 95

Ing. Monika Langthaler 96

Georg Oberhaidinger 97

Helmut Haigermoser 99

Mag. Helmut Peter 99

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 100

Peter Marizzi 101

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 101

Annahme der Gesetzentwürfe in 1454, 1455, 1456 und 1457 d. B. 102, 103

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1274 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden (1458 d. B.) 145

7. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1156 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Handelsstatistische Gesetz 1995 geändert wird (1459 d. B.) 145

8. Punkt: Regierungsvorlage: Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken, angenommen in Madrid am 27. Juni 1989 (1315 d. B.) 145

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

Redner:

Ing. Wolfgang Nußbaumer 146

Mag. Dr. Josef Trinkl 147

Ing. Monika Langthaler 148

Mag. Johann Maier 149

Helmut Haigermoser 150

Mag. Helmut Peter 151

Mag. Herbert Kaufmann 152

Mag. Kurt Gaßner 153

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 154

Annahme der Gesetzentwürfe in 1458 und 1459 d. B. 155, 156

Genehmigung des Staatsvertrages in 1315 d. B. 156

Beschlußfassung gemäß Artikel 49 Abs. 2 B-VG 156

9. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG zur Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der "Ennsnahen Trasse" und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben (1460 d. B.) 156

Redner:

Ute Apfelbeck 156

Hermann Kröll 157

Mag. Thomas Barmüller 160

Otmar Brix 164

Andreas Wabl 165

Georg Wurmitzer 170

Andreas Wabl (tatsächliche Berichtigung) 173

Mag. Dr. Udo Grollitsch 173

Kurt Eder 175

Karl Smolle 176

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 180

Mag. Thomas Barmüller (tatsächliche Berichtigung) 183

Karl Smolle (tatsächliche Berichtigung) 183

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 183

Hannelore Buder 186

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 187

Franz Stampler 188

Dr. Gabriela Moser 189

Josef Edler 191

Dr. Günther Kräuter 192

Kenntnisnahme des Berichtes des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses 194

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes in 1460 d. B. 194

10. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Sonderbericht des Rechnungshofes (III-136 d. B.) über Heilmittel und Heilbehelfe (1461 d. B.) 194

Berichterstatterin Gabriele Binder (Druckfehlerberichtigung) 194

Redner:

Dr. Alois Pumberger 194

Dr. Elisabeth Pittermann 195

Klara Motter 197

Mag. Franz Steindl 199

Dr. Gabriela Moser 201

Kurt Wallner 201

Dr. Helene Partik-Pablé 202

Dr. Sonja Moser-Starrach 203

Mag. Herbert Haupt 205

Franz Hums 205

Dr. Alois Pumberger (tatsächliche Berichtigung) 207

Dr. Brigitte Povysil 207

Erhard Koppler 208

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler 209

Ute Apfelbeck 211

Mag. Kurt Gaßner 212

Bundesministerin Eleonora Hostasch 213

Kenntnisnahme des Berichtes III-136 d. B. 214

11. Punkt: Regierungsvorlage: Änderungen der Liste in Anlage I zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (1399 d. B.) 214

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

Redner:

Karlheinz Kopf 214

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 215

Mag. Karl Schweitzer 217

Ing. Monika Langthaler 218

Genehmigung des Staatsvertrages 219

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG 220

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 220

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 62

1431: Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird

1432: Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds

1441: Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird

1450: 2. Budgetüberschreitungsgesetz 1998 – 2. BÜG 1998

1451: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1998 geändert wird (3. BFG-Novelle 1998)

1452: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert wird (3. BFG-Novelle 1999)

Zu 1428: Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1428 d. B. betreffend Mineralrohstoffgesetz – MinroG

Berichte 63, 64

III-146: Bundesrechnungsabschluß für das Jahr 1997

III-150: Bericht betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeitraum 1995-1996; Bundesregierung

III-151: Stenographisches Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema "Einführung des Minderheitsvotums am Verfassungsgerichtshof"

III-152: Bericht betreffend das auf der 84. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Protokoll von 1996 zum Übereinkommen über die Handelsschiffahrt (Mindestnormen), 1976; Bundesregierung

III-153: Bericht betreffend das auf der 84. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 179) über die Anwerbung und Arbeitsvermittlung von Seeleuten und die Empfehlung (Nr. 186) betreffend denselben Gegenstand; Bundesregierung

Vorlage 40 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 2. Quartal 1998; BM f. Finanzen

Vorlage 41 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 3. Quartal 1998; BM f. Finanzen

Vorlage 42 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 3. Quartal 1998; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend geschlechtergerechten Sprachgebrauch in Verordnungen (920/A) (E)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Sicherung der Aufgabenerfüllung durch die Außenwirtschaftsabteilung (-organisation) durch nachhaltige Strukturreformen, Effizienzsteigerungen und Einsparungen in allen Bereichen der Kammern der gewerblichen Wirtschaft (921/A) (E)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Schaffung der Möglichkeit der Anrechenbarkeit von Mitgliedsbeiträgen zu freiwilligen Interessenvertretungen auf die Kammerumlage (922/A) (E)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Reform des Dienst- und Besoldungsrechts für Lehrer (923/A) (E)

Dr. Mag. Maria Theresia Fekter, Dr. Johannes Jarolim und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geändert wird (924/A) (E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen betreffend das seltsame Verhalten der Staatsanwaltschaft Wels (914/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Gottfried Feurstein und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Information über die Anwendbarkeit der Vertragsschablonen in staatsnahen Unternehmen (5042/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten über die schulische Auseinandersetzung mit der Kristallnacht (5043/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Bespitzelung der FPÖ durch das "Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes" (5044/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundeskanzler betreffend den Inhalt der Hinweise, die die Bundesregierung vom "Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes" (DÖW) erhält (5045/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Tauglichkeit wehrpflichtiger Österreicher (5046/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Privatjustiz des Bundesministers für Inneres (5047/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die NS-Wiederbetätigung des Vereines "Dichterstein Offenhausen" im Sinne des § 3 Verbotsgesetz (5048/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die skandalöse Verfolgung Verstorbener sowie die Verletzung des § 1 Abs. 5 Tilgungsgesetz 1972 durch den Bundesminister für Inneres (5049/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über Beruf und Ausbildung der Sanitäter erlassen wird und mit dem das MTF-SHD-Gesetz und das Ausbildungsvorbehaltsgesetz geändert werden soll (5050/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Meldepflicht von Organspendern (5051/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend den Stellenwert der Fußgesundheit in Österreich (5052/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die neuesten Eskapaden der Staatspolizei (5053/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Maßnahmen zur Verminderung der zunehmenden Lernschwäche (5054/J)

Walter Murauer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend den Ministerialentwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über Beruf und Ausbildung der Sanitäter erlassen wird und mit dem das MTF-SHD-Gesetz und das Ausbildungsvorbehaltsgesetz gändert werden (5055/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Irreführung der britischen Öffentlichkeit durch die österreichische Botschaft (5056/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Handhabung des Amtsgeheimnisses (5057/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Handhabung des Amtsgeheimnisses (5058/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend einseitige Vermittlung von Lehrinhalten im Zuge der Berufsschulausbildung (5059/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend das erklärungsbedürftige Verhalten der Staatsanwaltschaft Wels (5060/J)

Anton Blünegger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Einführung eines bundes- beziehungsweise EU-einheitlichen Seniorenausweises (5061/J)

Anton Blünegger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einführung eines bundes- beziehungsweise EU-einheitlichen Seniorenausweises (5062/J)

Anton Blünegger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend letzten Stand des Verfahrens zum Ausbau der B 169 "Zillertaler Bundesstraße" (5063/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Künstlersozialversicherung (5064/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Zwangsuntersuchungen von beeinträchtigten Menschen (5065/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend entwürdigende und rassistische Äußerungen in Gerichtssälen (5066/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Fahrplanauskunft "Call Center" (5067/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Anhebung der Exporterstattungen für Rindfleisch (5068/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kälbertransport (5069/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Kälbertransport (5070/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Bergbauförderung (5071/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Weißbuch zur Reform der Kulturpolitik in Österreich (5072/J)

Gabriele Binder und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Jugendschutz und Jugendförderung (5073/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Katastrophenfonds-Überschuß (5074/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Aufwendungen des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur finanziellen Förderung der Tageszeitung "Der Standard" (5075/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Besetzung von Planstellen beim Landesgendarmeriekommando für Kärnten (5076/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Maßnahmen zur Förderung "nicht-marktfähiger Arbeit" (5077/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Zession des Anspruchs auf Erstattung von Wahlarztkosten im Ausland an private Versicherungen (5078/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend mangelhafte Informationstätigkeit über Maßnahmen des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (5079/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Strafanzeige gegen die Arbeitsvereinigung der Sozialhilfe Kärntens (AVS) (5080/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Weitergabe von geheimen Stapoakten (5081/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Duldung nationalsozialistischer Wiederbetätigung durch die Bundespolizeidirektion Salzburg (5082/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. September 1998 (B4-0824/98 und 0852/98) und die darin geforderte Aufhebung von § 209 StGB und unverzügliche Begnadigung und Freilassung aller in Österreich nach § 209 StGB inhaftierten Personen (5083/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Behinderung der gerichtlichen Aufklärung des Baukartells (5084/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die negativen Folgen für das Ansehen Österreichs durch die Beibehaltung des menschenrechtswidrigen Paragraphen 209 StGB (5085/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Gebrauch von Mitteln mit Waffenwirkung (§ 9 Waffengebrauchsgesetz) durch die österreichische Sicherheitsexekutive (5086/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend erkennungsdienstliche Daten von Prostituierten in Wien (5087/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Bereich des Landes Steiermark (5088/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend amtliche Abmeldung durch das Meldeamt des Bezirkspolizeikommissariates Leopoldstadt (5089/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Regierungspfusch bei Schwarzarbeit (5090/J)

Dr. Gottfried Feurstein und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Versagen der Aufsichtsorgane im Fall Rieger-Bank (5091/J)

Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend finanzbehördliche Erhebungen sowie Auskunftsersuchen hinsichtlich Hochzeiten und Taufen (5092/J)

Walter Murauer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Einführung der Briefwahl (5093/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Präferenzen der Österreicher hinsichtlich ihres Urlaubsziels (5094/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Vergabe von Mitteln des Verkehrssicherheitsfonds ohne gesetzlich vorgeschriebener Beiziehung des Verkehrssicherheitsbeirats (5095/J)

Karl Freund und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Resolution des oberösterreichischen Landtags zum FLAG (5096/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Grenzübergang Schönegg/Prêdni Vytôn (5097/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Beschaffung von Heilhelfen durch die Sozialversicherungsträger (5098/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Sicherheit in langen Eisenbahntunnels der ÖBB (5099/J)

Ing. Walter Meischberger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Manipulationssicherheit von Fahrtenschreibern (5100/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Tauglichkeitsprüfungen für den Fahrdienst (5101/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Geschäftsführung der Bundesregierung (5102/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Arbeitsbedingungen bei der Sicherheitswache, Bundespolizeidirektion Wels, Wachzimmer Polizeidirektion (5103/J)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Exmatrikulation von Studentinnen an der Pädagogischen Akademie (5104/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Sicherheit in den Justizanstalten (5105/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Strahlende Zeitbomben und Katastrophenschutz (5106/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend fehlenden Schießplatz im Bundesland Vorarlberg (5107/J)

Karl Gerfried Müller und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Maßnahmen gegen irreführende Gewinnspiele (5108/J)

Karl Gerfried Müller und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verbot irreführender Gewinnspiele (5109/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Schaffung zweier Autobahnanschlüsse im Bereich der A2 Raum Wien Süd (5110/J)

Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Kosten von Vollstreckbarkeitserklärungs- und Exekutionsverfahren im Zusammenhang mit dem Lugano Abkommen (5111/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Falschgeldmeldungen" (5112/J)

Günther Platter und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Änderung des Journaldienstsystems bei der BPD Innsbruck (5113/J)

Günther Platter und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Besetzung der Planstelle eines Hauptsachbearbeiters im Kriminalbeamteninspektorat der BPD Innsbruck (5114/J)

Ing. Leopold Maderthaner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einhaltung von Zollvorschriften (5115/J)

Karl Freund und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend die Imagekampagne für Rindfleisch (5116/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verwendung von Schußwaffen (5117/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Berufsbild Tageseltern und Pflegeeltern (5118/J)

Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die österreichische Bankenaufsicht (5119/J)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Abhaltung von unbezahlten Englischstunden durch eine Englischstudentin für den Direktor der Pädagogischen Akademie des Bundes in Feldkirch während dessen Abwesenheit vom Unterricht (5120/J)

Elfriede Madl und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Personalvertretung von Bundeslehrern an höheren Schulen (5121/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Staatsschutzbericht 1997" (5122/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend erkennungsdienstliche Maßnahmen bei der Verbrechensbekämpfung (5123/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend angeblich versuchter Zigarettenschmuggel eines österreichischen Diplomaten (5124/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Konsumentenschutz betreffend Milchhygieneverordnung (5125/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Bereich des Landes Steiermark (5126/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Ergebnisse der "Lehrlingsoffensive" (5127/J)

Emmerich Schwemlein und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Ausbildung der Volksschullehrer für den Unterricht in der Verbindlichen Übung "Lebende Fremdsprache" (5128/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (4526/AB zu 4936/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (4527/AB zu 4925/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4528/AB zu 4912/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (4529/AB zu 4884/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen (4530/AB zu 4854/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4531/AB zu 4909/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (4532/AB zu 4898/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (4533/AB zu 4880/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (4534/AB zu 4891/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4535/AB zu 4916/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (4536/AB zu 4919/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer und Genossen (4537/AB zu 4924/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (4538/AB zu 4888/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (4539/AB zu 4840/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (4540/AB zu 4935/J)

des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (4541/AB zu 4895/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (37/ABPR zu 38/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (38/ABPR zu 39/JPR)

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist 9 Uhr, und ich eröffne die 145. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 141. Sitzung vom 7. Oktober sowie der 142., 143. und 144. Sitzung vom 8. Oktober sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dr. Schwimmer, Zweytick und Haidlmayr.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer wird durch Herrn Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer vertreten.

Einwendungen gegen die Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic das schriftliche Verlangen vor, die Punkte 2 bis 5 der heutigen Tagesordnung abzusetzen. Gleichzeitig verlangen die unterfertigten Abgeordneten, daß über diese Einwendungen eine Debatte durchgeführt wird.

Außerdem hat sich Frau Abgeordnete Dr. Schmidt zur Geschäftsordnung gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

9.02

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist bekannt, daß die Liberalen schon in der letzten Präsidialsitzung der heutigen Tagesordnung deswegen nicht zugestimmt haben, weil die unterschiedliche Verfahrensweise, nämlich die formale Verfahrensweise, wie mit Vorlagen der Regierungsfraktionen und mit solchen der Opposition umgegangen wird, für sie nicht akzeptabel ist.

Es ist weiters bekannt, daß die Liberalen einen Bericht des Innenministers verlangt haben, um zur Sache Soronics Stellung zu nehmen. Ich weiß – und wir haben das auch in der Präsidiale besprochen –, daß ein solcher Bericht nicht erzwungen werden kann. Ich denke aber, daß beide Dinge gemeinsam zeigen, wie die Mehrheit in diesem Haus und die Vertreter der Mehrheit in der Regierung mit der Opposition und mit den Informations- und Kontrollrechten des Parlaments umgehen.

Ich beantrage daher, daß der Tagesordnungspunkt 9, in dem es um den Rechnungshofbericht über den Bau der Ennsnahen Trasse geht, als Tagesordnungspunkt 2 behandelt wird, weil nur auf diese Weise gewährleistet ist, daß über die Kontrollrechte des Parlaments zu einer Tageszeit diskutiert werden kann, zu der das öffentlich auch noch wahrgenommen wird.

Herr Präsident! Ich ersuche – und dieses Ersuchen liegt Ihnen auch schriftlich vor –, über diesen Antrag eine Einwendungsdebatte durchzuführen.

9.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegen nunmehr zwei Verlangen auf Durchführung einer Einwendungsdebatte beziehungsweise Veränderung der Tagesordnung vor. Es liegen auch zwei Verlangen gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung vor, eine getrennte Debatte durchzuführen. Diesen Verlangen ist nach der Geschäftsordnung stattzugeben.

Nach § 60 der Geschäftsordnung ist das Einwendungsverlangen des Liberalen Forums als erstes und das der Grünen als zweites zu behandeln. Nach § 50 der Geschäftsordnung beschränke ich die Redezeit auf 5 Minuten, die Maximalzahl der Redner pro Klub liegt bekanntlich bei drei.

Als erste zu Wort in der Einwendungsdebatte im Sinne des Antrages des Liberalen Forums gelangt Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. (Bundesminister Edlinger begibt sich von seinem Platz auf der Regierungsbank weg.) – Herr Finanzminister, würden Sie noch eine Sekunde dableiben! – Gegenstand der Einwendungsdebatte ist das Verlangen, den Punkt 9 der Tagesordnung als Punkt 2 zu fixieren. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Kostelka: Wieso muß der Herr Finanzminister dableiben, Herr Präsident? – Heiterkeit. – Abg. Dr. Schmidt: Vielleicht gibt er doch noch eine Erklärung ab!)

9.05

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Minister, so Sie noch da sind! Hohes Haus! Man weiß, daß wir Liberalen die Geschäftsordnung immer sehr ernst nehmen, und ich bin daher sehr sensibel gegenüber dem Vorwurf, daß die in der Geschäftsordnung vorgesehenen Instrumente mißbräuchlich eingesetzt werden. Ich habe einen solchen Vorwurf, bevor man noch meine Ausführungen dazu vernommen hat, bereits in der Präsidiale, die vor wenigen Minuten stattgefunden hat, seitens der Regierungsfraktionen gehört. Ich möchte dem begegnen, weil es nicht meine Absicht ist, die Geschäftsordnung zu mißbrauchen, sondern ganz im Gegenteil: weil ich auf Fairneß in diesem Parlament Wert lege. Zur Fairneß gehört auch dazu, die Geschäftsordnung richtig einzusetzen. Aber es gehört auch dazu, die Grenzen der Geschäftsordnung dann auszuloten, wenn die Mehrheit in diesem Parlament die Minderheit dazu zwingt. Und genau in dieser Situation befinden wir uns jetzt.

Wir haben in der letzten Präsidiale, als es um die Erstellung der Tagesordnung ging, wieder einmal – aber es wird immer unverblümter – erlebt, welch unterschiedlicher Maßstab – nicht inhaltlicher Maßstab, sondern Maßstab der parlamentarischen Vorgehensweise – an Vorlagen angelegt wird, je nachdem, ob sie von den Regierungsfraktionen des Hauses oder ob sie von den Oppositionsparteien des Hauses eingebracht werden.

Daß die Mehrheiten darüber entscheiden, wie etwas auszusehen hat, ist klar, daß sich aber die Mehrheiten ihre Geschäftsordnung de facto machen, ist nicht einzusehen. So, wie wir in diesem Land eben auch eine Realverfassung haben, die sich immer weiter von der geschriebenen Verfassung entfernt, so ähnlich scheint es mir nun auch mit der Praxis in diesem Haus zu sein: Es wird eine Realgeschäftsordnung praktiziert, die mit dem Geist der geschriebenen Geschäftsordnung überhaupt nichts mehr zu tun hat. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das heißt aber für die Opposition, daß man, wenn man das erlebt, die eigentlichen Aufgaben dieses Parlaments, nämlich auch die Kontrolle durchzuführen, besonders berücksichtigen muß.

Als der Tagesordnungspunkt "Ennsnahe Trasse" als Tagesordnungspunkt 9 gereiht wurde, war das schon etwas, wobei mir nicht ganz wohl in meiner Haut war. Dennoch habe ich mir gedacht, man wird auch an diesem Tagesordnungspunkt zu dieser Zeit all das relevieren können, was zu relevieren ist. Inzwischen ist aber doch einiges passiert, nachdem wir das in der Präsidiale besprochen haben. Es sind nämlich weitere Schritte gesetzt worden, aus denen ersichtlich war, daß die Kontrollaufgaben dieses Parlaments, daß die Informationsrechte der Minderheit in diesem Parlament, nämlich der Oppositionsparteien, von den Regierungsfraktionen nicht ernst genommen werden.

Als die Liberalen einen Antrag auf Bericht des Innenministers in der Sache Soronics gestellt haben, hat dieser das zwar zur Kenntnis genommen, ist dem aber nicht nachgekommen. Ich weiß schon, daß man einen solchen Bericht nicht erzwingen kann. Ich frage mich nur: Wie soll ein Parlament seinen Kontrollrechten nachkommen, wenn die Information seitens jener, die sie haben, dem Parlament gar nicht gegeben wird, wenn wir in der Zeitung lesen müssen, daß der jetzige Innenminister den früheren Innenminister bei der Staatsanwaltschaft anzeigt – und wenn Sie mich fragen, zu Recht anzeigt –, weil dieser Akten zu Hause hat?

Aber ich sehe, wie die ÖVP mit derartigen Dingen umgeht, denn als wir diese Datenschutzverletzung angeprangert haben, hat Vizekanzler Schüssel nichts anders zu tun gehabt, als sich in einer doch sehr eindeutigen Weise zu artikulieren, indem er gemeint hat, es wäre nicht angebracht, hier aufgeregt herumzuschnattern – das wird Frau Dr. Rossmann interessieren, das kann sie ihrer Sammlung über die Sprache mancher Männer in diesem Hause einverleiben –, und hat dazugesagt, es sei nichts Besonderes, daß ein ehemaliger Minister Akten zu Hause habe.

Wenn ich das höre und wenn ich sehe, wie ÖVP und SPÖ im Rechnungshof-Unterausschuß auch bezüglich Ennsnahe Trasse vorgegangen sind, indem sie nämlich gemauert haben, wenn es darum ging, Auskunftspersonen zu laden, wenn ich jetzt lese – und dieser Brief ist eben erst eingelangt –, daß die Landeshauptfrau der Steiermark, die sich lieber "Landeshauptmann" nennt, der Auffassung ist, daß die Auskünfte, die in diesem Rechnungshofunterausschuß gegeben werden, absolut ausreichend sind – und das sagt sie erst, nachdem man sie gemahnt hat, einen Brief des Präsidenten des Nationalrates gefälligst auch zu beantworten –, dann sage ich: Es ist zu spät, diese Thematik als Tagesordnungspunkt 9 zu nachtschlafender Zeit zu behandeln. Dieser Punkt muß zu einem Zeitpunkt behandelt werden, zu dem auch Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Galerie sind und sich anhören können, wie die Mehrheit in diesem Parlament mit der Minderheit umgeht, zu einem Zeitpunkt, zu dem auch noch Journalisten anwesend sind, um darüber zu berichten, weil wir keine andere Wahl haben, als das in die Öffentlichkeit zu tragen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

9.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.10

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Dr. Schmidt, ich habe in der Präsidiale nicht den Vorwurf erhoben, daß die Geschäftsordnung mißbraucht wird, sondern ich habe von einer mißbräuchlichen Verwendung gesprochen, und ich bleibe bei dieser Bemerkung, denn Sie haben in Ihrem Redebeitrag praktisch kein einziges Wort dazu gefunden, was wirklich Gegenstand dieser Debatte ist, daß nämlich die Wirtschaftslenkungsgesetze von der Tagesordnung genommen werden sollen, Gesetze, die in 56 Tagen in Kraft treten sollen. (Abg. Smolle: Thema verfehlt! Thema verfehlt!) Ich bitte Sie daher um Verständnis dafür, daß ich davon ausgehe, daß Sie den alten österreichischen Grundsatz: Lerne zu klagen, ohne zu leiden! auch hier im Parlament praktizieren. (Abg. Mag. Peter: Sie sind bei der falschen Debatte! Das ist peinlich!)

Die Opposition in diesem Hause hat Rechte, wie es sie kaum in einem anderen Parlament gibt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol. – Widerspruch bei den Freiheitlichen.) Bei einer Klubstärke von fünf Mitgliedern gibt es Rechte wie in keinem anderen Parlament. (Abg. Wabl: Zur Sache! Zur Sache!) Sie können Sondersitzungen verlangen, sie können Dringliche Anfragen stellen, und zwar eine nicht unwesentliche Anzahl pro Sitzungsjahr, und haben darüber hinaus weitere Rechte, die es woanders nicht gibt. (Abg. Mag. Peter: Falscher Zettel!)

Es ist Ihnen in der Präsidiale darum gegangen, 13 Punkte von Kollegen Peter auf der Tagesordnung zu haben; damals war keine Rede von Oppositionsrechten und vom Umgang mit Oppositionskontrollrechten. (Abg. Smolle: Mittlerweile hat sich der Soronics gemeldet!) Heute gehen Sie im wesentlichen auf die damaligen Vorschläge des Kollegen Stadler ein. Ich nehme an, daß das eher etwas damit zu tun hat, wie und wann etwas in der Öffentlichkeit diskutiert wird und was Inhalt der Diskussionsargumente ist. Ich bitte Sie um Verständnis dafür, daß wir dieser medialen Vorgangsweise nicht zustimmen werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tichy-Schreder.)

9.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Abgeordneter Mag. Stadler. Wir verhandeln über die Umreihung der Tagesordnungspunkte 9 und 2. – Bitte, Herr Abgeordneter Stadler.

9.12

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Kostelka, Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, daß die Freiheitlichen diese Umreihung der Tagesordnung bereits in der Präsidialkonferenz, die diese heutige Sitzung vorbereitet hat, verlangt haben. Damals hat uns nur Herr Kollege Wabl unterstützt, mittlerweile ist auch bei den anderen Fraktionen durchgesickert, daß man über den Umgang der beiden Regierungsparteien mit Kontrollrechten in diesem Haus einmal diskutieren muß, und zwar an prominenter Stelle. Da hat Frau Kollegin Schmidt recht.

Nur, Frau Kollegin Schmidt, gestatten Sie mir einen Nebensatz: Sie sollten sich nicht ständig über die Geschäftsordnung aufregen, wenn Sie von diesen beiden Regierungsparteien bei der letzten Geschäftsordnungsreform über den Tisch gezogen worden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Lernen Sie daraus: Wenn Oppositionsrechte auf dem Spiel stehen, dann sollte die Opposition über alle ideologischen Grenzen hinweg zusammenstehen! (Abg. Wabl: Die Tagesordnung wird in der Präsidiale festgelegt!)

Herr Kollege Wabl, Sie haben ja völlig recht – ich unterstütze Sie heute, ich danke auch für Ihre Unterstützung in der letzten Präsidialsitzung –, wenn Sie sagen, man müsse einmal über diesen rot-schwarzen Umgang mit den Kontrollrechten des Parlaments diskutieren. Man muß darüber diskutieren, wie im Unterausschuß vorgegangen wird, Herr Kollege Brix. Herr Kollege Brix, der sonst nie auffällt, sagte, er sei gegen eine Untersuchung, weil dadurch die Ennsnahe Trasse sehr gefährdet würde. Das ist im Protokoll nachzulesen. Es ist unglaublich, einen derartigen Unsinn zu verzapfen – nur um zu verhindern, daß das Parlament kontrollieren darf.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen folgendes: So wie Sie in diesem Haus im Unterausschuß des Rechnungshofausschusses in der Frage Ennsnahe Trasse vorgegangen sind, so wie Sie mit dem Heeresbeschaffungswesen umgegangen sind, als man dem Haus leere Blätter zugeleitet hat – leere Blätter, blanko kopiert, da war oben nur ein Briefkopf zu sehen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch) –, so wie man damit umgeht, Herr Kollege Lukesch, so geht man um bei einer Gesinnungstäterschaft! Man kann es derzeit im Wiener Landtag nachvollziehen, wie Sie mit der Baukartellaffäre umgehen. Das ist die Gesinnung dieser Fraktion, mit der Sie in einem Boot sitzen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Wer ist denn Vorsitzender?) Das ist Gesinnungstäterschaft, meine Damen und Herren!

Es ist bezeichnend, daß ein Wiener Abgeordneter der Sozialdemokraten im Ausschuß jegliche Kontrolle verhindert. Das ist bezeichnend. Das ist Ihre Gesinnung, Ihre demokratiefeindliche, kontrollfeindliche Gesinnung, die Sie hier an den Tag legen! Antidemokratische Gesinnung in Reinkultur ist das (Abg. Edler: Wer hat denn den Vorsitz?) – derzeit nachzuvollziehen im Wiener Landtag beim Umgang mit der Baukartellaffäre, die wir übrigens schon vor zwei Jahren aufgedeckt haben! Vor zwei Jahren bitte! Wir werden noch darüber diskutieren müssen, wie die Justiz mit all diesen Dingen umgeht, aber das wird noch eine eigene Diskussion bringen.

Nur, meine Damen und Herren, darüber zu klagen, daß in diesem Haus keine Kontrolle stattfindet, ist das eine, das andere ist, darüber nachzudenken, wie die Regierungsparteien mit Akten der Regierung umgehen. Da nimmt sich ein Minister, wenn er in Pension geht, vertraulichste Handakten mit. Wo lagert er sie ab? – In der Parteiakademie der Österreichischen Volkspartei, meine Damen und Herren. (Abg. Haigermoser: Wo?) In der Parteiakademie der Österreichischen Volkspartei! Das ist jenes Springer Schlößl, das die ÖVP einem jüdischen Vorbesitzer abgestohlen hat. In der Parteiakademie ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, ich bitte... (Abg. Dr. Haider: Das stimmt ja!)

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Präsident, das stimmt. Ich wollte nur auf einen Zwischenruf erläutern, um welches Gebäude, um welche Partei es sich hiebei handelt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Aber Sie können doch nicht einer Partei vorwerfen, gestohlen zu haben. (Abg. Mag. Stadler: Selbstverständlich!) Bitte, ich weise das vom Präsidium aus zurück, Herr Abgeordneter! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Präsident! Es wurde massenhaft jüdisches Vermögen gestohlen, und heute ist es im Besitz von Großparteien, meine Damen und Herren, Herr Präsident! Das halte ich für schandbar – ich würde das zurückweisen, Herr Präsident, nicht meine Ausführungen dazu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Akten, die man dem Parlament nicht zuleitet – Herr Präsident, das ist auch eine Aufgabe, die Kontrollrechte des Hauses zu wahren –, finden sich in der Parteiakademie der ÖVP, finden sich in der Parteiakademie der SPÖ im Renner-Institut, finden sich in einem Denunzianten-Institut wie dem DÖW, meine Damen und Herren. Das ist die Realität in dieser Republik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny.)

Das ist die Realität: Das Parlament hat nichts zu kontrollieren. (Abg. Dr. Nowotny: Sie mißbrauchen die Immunität!) Wer mißbraucht hier die Immunität, Herr Kollege Nowotny? Herr Kollege Nowotny, Professor Jagschitz hat gesagt ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, bitte zur Umreihung der Tagesordnung zu sprechen.

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Präsident, bitte gestatten Sie mir, auf den Zwischenruf Ihres Kollegen und Genossen Nowotny einzugehen. Nach österreichischer Rechtsprechung ist es zulässig, über dieses Denunzianten-Institut zu sagen, daß es ein Denunzianten-Institut ist, wenn es um das DÖW geht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Unglaublich! Unglaublich!) Es gibt ein Urteil, ich übermittle Ihnen dieses Urteil.

Wir werden das Verlangen nach Umreihung der Tagesordnung unterstützen, weil es auch unser Anliegen war, und wir freuen uns darüber, daß auch schon andere Fraktionen draufgekommen sind, wie in diesem Lande mit Akten umgegangen wird und wie in diesem Lande mit einem demokratisch gewählten Parlament umgegangen wird. Jeder bekommt Akten, solange er sich im parteinahen Bereich von Rot und Schwarz befindet, nur das Parlament bekommt keine Akten, um seine Kontrollrechte wahrnehmen zu können. Das ist Ihre antidemokratische Gesinnungstäterschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Khol. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.18

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Debatte steht der Antrag der Liberalen, den Punkt 9 der Tagesordnung, "Ennsnahe Trasse", vorzureihen, und zwar mit der Begründung, daß man dann den Bericht des Rechnungshof-Unterausschusses zu einer Zeit debattieren könne, zu der die Medien und die Öffentlichkeit das noch verfolgen können.

Ich verstehe Ihre Entrüstung nicht, Frau Abgeordnete Schmidt. Sie haben gestern angekündigt, daß Sie heute eine Dringliche Anfrage bezüglich Schwarzarbeit an Frau Minister Hostasch richten werden. Wenn es Ihnen wirklich wichtig wäre, zu einer medienfreundlichen Zeit – um das geht es Ihnen ja – den Bericht des Rechnungshof-Unterausschusses zu diskutieren, dann brächten Sie doch bitte keine Dringliche Anfrage ein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hans Helmut Moser: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!)

Es liegt also an Ihnen: Wenn Sie heute keine Dringliche Anfrage einbringen – ich sichere Ihnen zu, wir bringen auch keine ein –, wird dieser Bericht heute zu einem Zeitpunkt diskutiert, zu dem Sie als kleine Fraktion ihn diskutiert haben wollen.

Da es bei Einwendungsdebatten keine tatsächlichen Berichtigungen gibt, muß ich, Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung auf die Anschuldigung des Herrn Stadler betreffend Parteiakademie der ÖVP, sie sei gestohlen, wie folgt antworten: Die Parteiakademie der ÖVP liegt auf den sogenannten Springer-Gründen, die der Baronin Rothschild gehört haben. Diese Springer-Gründe wurden zwangsgeraubt, man nennt das "Arisierung". (Abg. Dr. Haider: Gestohlen!) In der nationalsozialistischen Zeit hat es dort eine Gauschule gegeben. (Abg. Mag Stadler: Gestohlen! – Abg. Dr. Haider: Gestohlen habt ihr es!) Im Jahre 1945 wurden sie in die öffentliche Verwaltung, an die Stadt Wien, übertragen. Die Stadt Wien hat dort ein Studentenheim bis in das Jahr 1947 betrieben. 1947 wurde das Rückstellungsverfahren abgeschlossen, und die Baronin Rothschild, eine Tochter der Springer-Erben, hat dieses ganze Besitztum im Jahre 1953 an den Verein "Wiener Volksheime" verkauft.

Der Verein "Wiener Volksheime" hat das bis zum Jahre 1974 verwaltet (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Wabl), und 1974 hat die Parteiakademie – das war alles freiwillig (Abg. Wabl: Alles freiwillig?!) – der Österreichischen Volkspartei (Abg. Wabl: Seit 1947 alles freiwillig, Herr Khol?! – Abg. Dr. Fekter: 1953!) vom Eigentümer Verein "Wiener Volksheime" diesen Grund gekauft. (Abg. Dr. Haider: ... und die Krauland-Akten aus dem Ministerium entfernt!)

Das heißt also, diese Ausführungen waren absolut unrichtig und eine vorsätzliche Unwahrheit (Beifall bei der ÖVP), weil Herr Stadler genau weiß, daß es so ist (Abg. Dr. Haider: Wo sind denn die Krauland-Akten, die ihr aus dem Ministerium entfernt habt? – weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen): Rückgestellt nach dem Rückstellungsgesetz, verkauft – und zwar nicht 1947, sondern 1953 – und von der Politischen Akademie 1974 gekauft. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

9.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Haider: Was sind die Akten aus dem Krauland-Ministerium? Weggeschafft! – Abg. Dr. Haider – zu einem Abgeordneten der ÖVP –: Geh doch hinaus, wenn du dich traust!)

9.21

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die ÖVP und die SPÖ lieben es seit längerem, Causen, die sie in der Öffentlichkeit nicht diskutieren wollen, auf der Tagesordnung sehr weit hinten zu reihen. Das ist an sich nichts Neues in der "Qualität" der demokratischen Kultur der ÖVP und ihres Koalitionspartners.

Es ist nichts Neues, daß Anträge, die von der Opposition kommen, schubladisiert werden, nicht behandelt werden, ein Ergebnis zweiter und dritter Klasse bekommen. Das alles ist nichts Neues, meine Damen und Herren.

Neu ist allerdings die "Qualität", die uns Herr Khol hier darbietet, indem er meint, die Opposition könnte doch auf ihre parlamentarischen Rechte verzichten. Dann könnten wir die Dinge statt um Mitternacht vielleicht schon um 22 Uhr behandeln! Er meint, wir könnten die Debatten hier vielleicht etwas rascher abführen, es habe ja ohnedies keinen Sinn zu diskutieren, denn es sei doch ohnehin schon alles ausgemacht.

Der Höhepunkt darin, wie die ÖVP parlamentarische Kontrolle, parlamentarische Debatten und demokratische Auseinandersetzungen kommentiert, ist allerdings in den letzten Tagen von seinem obersten Parteikollegen beigetragen worden.

Frau Kollegin Schmidt hat schon von der ungeheuerlichen Tatsache gesprochen, daß Minister dieser Republik offensichtlich meinen, sie könnten Akten mit nach Hause nehmen. An diesem Vorgang gabt es Kritik seitens der Opposition. Was aber sagte unser "herziger" Außenminister und Vizekanzler Schüssel dazu? – Schüssel wörtlich zum Fall Soronics: Es ist nicht nötig, zu schnattern. (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist ja auch wahr!) Dieses aufgeregte Herumschnattern der Opposition, was soll das? – Zitatende.

Herr Schüssel hat noch nicht ganz verstanden, daß es nicht ganz in die demokratische Kultur eines westeuropäischen Landes paßt, daß Minister selbstverständlich Akten mit nach Hause nehmen. (Beifall bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum.) Er hat nicht ganz verstanden, daß das nichts mit einem "Schnattern" zu tun hat. Aber ich habe den Verdacht, der Sprachgebrauch des Herrn Außenministers hat sich in der letzten Zeit überhaupt ein bißchen geändert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Wabl! Wir diskutieren die Vorreihung des Rechnungshofberichtes!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Danke schön, Herr Präsident! Ich hätte mir schon gewünscht, daß Sie bei Herrn Kollegen Kostelka, der nicht ganz verstanden hat, daß wir nicht in der Debatte Soronics, sondern in der Debatte Ennsnahe Trasse sind, auch darauf hinweisen. (Abg. Dr. Kostelka: Aber Kollegin Schmidt hat sich dem Antrag Petrovic selbstverständlich angeschlossen!) Da haben Sie nur geschmunzelt, Herr Präsident. Aber ich nehme diese Kritik selbstverständlich gerne zur Kenntnis.

Meine Damen und Herren! Zum Thema Ennsnahe Trasse flatterte uns ein Brief der Frau Klasnic ins Haus – ÖVP-Mitglied, Landeshauptfrau der Steiermark –, deren Aussage oder Auskunftserteilung im Kontrollausschuß, im Rechnungshofunterausschuß mehrmals abgelehnt wurde, wobei Herr Wurmitzer und Herr Lukesch eine elegante "Pimperlmauer" oder "Schnattermauer" – oder wie immer man dazu sagen möchte – errichtet haben, um zu verhindern, daß die Frau Landeshauptfrau hier Auskunft gibt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Der Herr Präsident des Nationalrates hat einen Brief geschrieben, in dem er sein Befremden darüber ausdrückt, daß die Mitglieder der steirischen Landesregierung keine Auskunft in einer Causa erteilen, die unmittelbar die Bundesverwaltung betrifft. (Abg. Dr. Lukesch: Falsch!) Dieser Brief wird wie folgt beantwortet:

Ihrem Schreiben entnehme ich, daß Sie eine Beantwortung Ihres Schreibens vom Juli erwartet hatten. (Heiterkeit des Abg. Mag. Stadler.) – Man muß also der Frau Landeshauptfrau zweimal einen Brief schreiben, damit sie versteht, daß dieses Haus gerne eine Antwort hätte.

Nicht herumschnattern, Herr Wurmitzer! Die Kontrolle obliegt Ihnen selbst! Das macht schon Herr Khol! Wozu hat er denn seine Akademie? – Dort wird kontrolliert, wer ein Agent ist und wer nicht. Dort wird kontrolliert, wer ein anständiger Bürger ist und wer kein anständiger Bürger ist. Dazu hat die ÖVP doch ihre eigenen Institute! Sie hat doch ihren eigenen Heeres-Nachrichtendienst, der überhaupt keine gesetzliche Grundlage hat! Wozu brauchen wir denn hier ein Parlament, meine Damen und Herren?

Herr Wurmitzer, schnattern Sie nicht so viel! Werden Sie Mitglied des Heeres-Nachrichtendienstes! Da können Sie ungehindert weiterhin Ihr schamloses Treiben gestalten (Zwischenrufe bei der ÖVP), da brauchen Sie nicht die Kontrolle dieses Hauses, da brauchen Sie nicht die Kontrolle ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Herr Professor Lukesch! Gehen Sie nach Tirol und erzählen Sie den TirolerInnen, wie Sie hier mit der ...

9.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist beendet. (Beifall bei den Grünen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Wabl.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Barmüller.

9.27

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch einmal sei auch von meiner Seite festgehalten: Es geht uns ausschließlich um die Umreihung der Tagesordnung, damit über den Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshof-Unterausschusses zur Ennsnahen Trasse hier im Hause anstatt zu mitternächtlicher Stunde doch zu einer Zeit gesprochen wird, zu der wir noch öffentlich machen und auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen können, daß parlamentarische Kontrolle in diesem Haus von den Regierungsfraktionen und von den Abgeordneten der Regierungsfraktionen – das sind jene der ÖVP und der SPÖ – nicht zugelassen wird.

Meine Damen und Herren! Wahr ist, daß Herr Abgeordneter Wabl genauso wie ich, wie auch mein Kollege Smolle und Frau Abgeordnete Motter, wir alle, im Unterausschuß zur Ennsnahen Trasse erlebt haben, daß eine Kontrolle der Vorkommnisse in diesem Zusammenhang nicht gewünscht wird.

Es ist in diesem Ausschuß klar geworden, daß es rechtswidrige Vorgänge gibt, die von Parteigängern und Parteiangehörigen, insbesondere auch der ÖVP, zu verantworten sind, aber man hat durch die Nichtladung von Auskunftspersonen eine Aufklärung dieser Verhältnisse nicht zugelassen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Dr. Petrovic.)

Insofern, meine Damen und Herren, muß auch die Kritik des Herrn Abgeordneten Kostelka zurückgewiesen werden, weil es uns nicht darum geht, die Geschäftsordnung hier im Hause irgendwie instrumentalisierend, anders als das in der Präsidiale der Fall gewesen ist, zu gebrauchen, sondern weil wir schlicht und einfach erreichen wollen, daß, wenn Sie schon eine parlamentarische Kontrolle in diesem Land nicht mehr zulassen, das in diesem Hause wenigstens zu einer Zeit besprochen werden kann, die gewährleistet, daß sich die Menschen in Österreich darüber ein Bild machen können, und nicht verschämt zur Geisterstunde in der Nacht, wobei wir wissen, daß das zwar im Protokoll stehen wird, aber nicht wirklich öffentlich gemacht werden kann. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das ist unser Anliegen, und insofern grenzen wir uns auch von diesen weinerlichen Wiederholungen des Herrn Abgeordneten Stadler ab, der immer wieder beklagt, daß die Obstruktionsmöglichkeiten, die die Geschäftsordnung vor der Reform noch enthalten hat, nunmehr verloren sind. Herr Abgeordnete Stadler wird zur Kenntnis nehmen müssen, daß es nicht nur darauf ankommt, daß hier am Rednerpult geredet wird, sondern daß es auch darauf ankommt, was hier am Rednerpult geredet wird (Beifall beim Liberalen Forum – Abg. Mag. Stadler: Das stimmt!), und das ist von Ihrer Seite, Herr Abgeordneter Stadler, noch nie ein guter Beitrag gewesen, wie Sie wissen! (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Meine Damen und Herren! Wahr ist, daß im Unterausschuß des Rechnungshofausschusses, der die Ennsnahe Trasse betroffen hat – Herr Abgeordneter Wurmitzer, ich hoffe Sie werden dazu auch noch Stellung nehmen –, nicht zugelassen worden ist, daß etwa ehemalige Straßenbaureferenten der Steiermark, nämlich Herr Landeshauptmann a. D. Krainer, aber auch die derzeitige Landeshauptfrau Klasnic in den Ausschuß kommen und dort berichten.

Es war so, daß Herr Landesrat Hirschmann und Herr Landesamtsdirektor Wielinger, beide aus der Steiermark, zwar in den Ausschuß gekommen sind, aber in wichtigen Vorfragen jede Auskunft unter Berufung darauf verweigert haben, daß man das ausschließlich in Landeskompetenz zu behandeln hätte. Sie wissen aber, daß die Naturschutzfragen, wiewohl sie Landessache sind, ein essentieller Bestandteil der Causa Ennsnahe Trasse sind. Daß hier keine Unterstützung von Länderebene gegeben wurde, sondern daß die Herren nach Wien kommen, sich aber hier verschweigen (Abg. Wurmitzer: Stimmt ja nicht!), ist etwas, was auch im Interesse des Ansehens des Parlaments auch von Ihnen nicht akzeptiert werden dürfte (Abg. Wurmitzer: Stimmt ja nicht!), Herr Abgeordneter Wurmitzer. (Abg. Wurmitzer: Nichts stimmt!) Aber Sie haben dazu geschwiegen, Sie haben zugelassen, daß sich die Herren so verhalten. Es ist schon verwunderlich – Herr Abgeordneter Wabl hat es bereits angeschnitten –, daß man Frau Landeshauptfrau Klasnic zweimal einen Brief schreiben muß, damit sie einmal versteht, daß das ein Vorgehen ist, das nicht akzeptabel ist.

Wenn sie der Meinung ist, daß Briefe des Herrn Präsidenten des Nationalrates schlicht und einfach nicht zu beantworten, sondern bloß abzulegen sind, dann zeigt das, daß die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen im Sinne einer parlamentarischen Kontrolle in diesem Hause nicht gewährleistet ist und von den Regierungsfraktionen ganz bewußt nicht zugelassen wird.

Meine Damen und Herren! Die Einrichtung von Kontrollinstrumenten, insbesondere die Möglichkeit, daß Untersuchungsausschüsse – als Beispiel – oder solche Kontrollausschüsse von der Minderheit im Hause benützt und eingesetzt werden können, ist notwendig. Damit dies aber möglich wird, muß die Mehrheit in diesem Hause ihre Zustimmung dazu geben, und diese Zustimmung verweigern Sie uns. Sie verweigern daher seit langem mit Ihrer Zweidrittelmehrheit eine effektive parlamentarische Kontrolle.

Darüber ist im Zusammenhang mit dem Bericht des Unterausschusses des Rechnungshofausschusses betreffend Ennsnahe Trasse zu reden, und das wollen wir nicht als Tagesordnungspunkt 9, sondern als Tagesordnungspunkt 2 behandeln. Wir bitten Sie daher auch, dieser Umreihung zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.32

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, wie Kollege Wabl mit der Würde der Abgeordneten im Ausschuß umzugehen gedenkt, dann haben Sie heute eine Kostprobe davon erhalten.

Ich darf dem Hohen Haus berichten, daß die Regierungsfraktionen in keiner Weise weder die Bestimmungen der Geschäftsordnung noch gesetzliche Bestimmungen verletzt haben. Es wurden insgesamt 22 Auskunftspersonen vor den Ausschuß geladen, und es hat in genügendem Maße die Möglichkeit gegeben, diese Auskunftspersonen zu befragen (Abg. Wabl: Das, was Sie als genügend betrachten, Herr Kollege Wurmitzer!) und entsprechende Informationen zu erhalten. (Abg. Wabl: Was der ÖVP genügt! Der genügt ja ein Geschnattere!)

Herr Kollege Wabl! Ich war nicht einmal, sondern mehrmals veranlaßt, Auskunftspersonen vor Ihnen in Schutz zu nehmen, weil Sie die Grenzen dessen, was einem Menschen zumutbar ist, nicht erkannten. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben sowohl die Grenzen des guten Geschmacks als auch und noch viel mehr die der persönlichen Zumutbarkeit in vielen Fällen deutlich überschritten. Sie haben bei der letzten Sitzung des Ausschusses die Vertreter von ÖVP und SPÖ als "Nazis" bezeichnet! (Abg. Wabl: So ein Blödsinn! So ein Blödsinn!) Wir haben es als Gründer und Träger dieser Republik Österreich nicht notwendig, uns von Abgeordneten als Nazis hin- beziehungsweise darstellen zu lassen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben in einzelnen Fällen ganz miserable Methoden angewendet, um im Ausschuß Personen zum Wort zu verhelfen, die gar kein Rederecht haben! Sie haben eine ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Wurmitzer! Sie haben sich verständlicherweise gegen einen Vorwurf gewehrt. Das haben Sie getan, aber jetzt ist wieder die Umreihung der Tagesordnung Gegenstand der Debatte.

Abgeordneter Georg Wurmitzer (fortsetzend): Aus diesem Grund besteht aus unserer Sicht überhaupt keine Notwendigkeit, die Tagesordnung umzustellen.

Sie haben die Möglichkeit, hier im Hause ausführlich über dieses Thema zu reden, und Sie haben auch die Möglichkeit, auf den zeitlichen Ablauf Einfluß zu nehmen, indem Sie die Diskussion entsprechend gestalten. (Beifall bei der ÖVP.)

9.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

9.34

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Grünen und das Liberale Forum beklagen heute larmoyant das, was sich in diesem Parlament eigentlich immer wieder abspielt, nämlich daß die Regierungsparteien über alle Wünsche der Opposition drüberfahren, daß sie unangenehme Tagesordnungspunkte ganz an den Schluß reihen, damit die Öffentlichkeit nur ja nicht zuhören kann. Außerdem geschieht es im Parlament ja auch ständig, daß die Kontrolle "abgedreht" wird. Nur: Sie sind ja diejenigen, die sich immer zum Wasserträger der Regierung gemacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir würden von Ihnen – von den Grünen und von den Liberalen – erwarten, daß Sie viel mehr mit uns gemeinsam diese Kontrollrechte, die sie heute jämmerlich beklagen, wahrnehmen. Das tun Sie nämlich nicht! (Abg. Wabl: Das haben wir bei der Kurden-Geschichte erlebt! – Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Aber die meiste Zeit leisten Sie die Arbeit der Regierung, Herr Kollege Öllinger! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Das haben wir ja bei der Kurden-Geschichte erlebt!)

Aber ich kann Ihnen versichern, auch mir tut es sehr leid, daß es heute keinen Bericht des Innenministers gibt (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wabl), denn es wäre dringend notwendig, einmal darüber zu reden, welche Strukturen im Innenministerium nach wie vor aufrecht sind. Denn es ist ja kein Einzelfall, daß im Innenministerium Akten mit nach Hause genommen werden, sondern das scheint geradezu ein Spezifikum des Innenministeriums zu sein.

Diejenigen, die schon länger hier im Parlament sind, werden sich vielleicht daran erinnern können, daß es einmal die Affäre Lucona beziehungsweise Udo Proksch gegeben hat. Damals war Blecha Innenminister, und er hat zwar die Akten nicht selbst mit nach Hause genommen, aber er hat Akten mit nach Hause nehmen lassen. Und wissen Sie, durch wen? – Durch den jetzigen Geschäftsführer der Sozialdemokratischen Partei, Herrn Rudas! (Abg. Dr. Haider: Jö!)

Herr Rudas ist aufgefordert worden, einen sehr unangenehmen Akt mit nach Hause zu nehmen, und nur durch eine Indiskretion seiner Frau ist bekanntgeworden, daß dieser Akt jahrelang im Tiefkühlfach des Hauses Rudas aufbewahrt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Unglaublich!)

Ich sehe schon ein, daß ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dasselbe, was ich Herrn Abgeordneten Wurmitzer gesagt habe, bitte ich auch Frau Dr. Partik-Pablé zu beachten: Wir diskutieren über die Umreihung der Tagesordnung. (Abg. Mag. Stadler: Wie kalt war es in der Tiefkühltruhe?)

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Wir diskutieren auch darüber, daß das Parlament die Kontrollrechte nicht wahrnehmen kann, daß es keinen Bericht des Innenministers gegeben hat.

Herr Präsident! Ich glaube schon, daß es Ihnen unangenehm ist, wenn man jetzt ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Mir ist gar nichts unangenehm, sondern ich halte die Geschäftsordnung ein, und die gilt für alle Fraktionen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Ich bedauere wirklich sehr, daß wir nicht die Möglichkeit haben, über einen Bericht des Innenministers zu diskutieren, der natürlich heute auf die Tagesordnung gehört hätte, wenn es im Innenministerium ununterbrochen die Möglichkeit gibt, Akten mit nach Hause zu nehmen. Herr Präsident, das ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Dies ist der zweite Ruf zur Sache.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Es muß doch wohl gestattet sein, darüber zu reden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Parlament muß natürlich die Möglichkeit haben, Vorfälle, wie sie passiert sind, zu kontrollieren, und ich sehe überhaupt nicht ein, warum Rot und Schwarz abblocken, warum sie nicht mit uns gemeinsam verlangt haben, daß der Innenminister hier heute in einem Bericht darlegt, warum es bisher noch keine Strukturmaßnahmen gegeben hat, um die Möglichkeit, daß Akte verschwinden, im Innenministerium ...

9.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich rufe zum dritten Mal zur Sache und entziehe Ihnen das Wort, Frau Abgeordnete.

(Beifall bei den Freiheitlichen für die das Rednerpult verlassende Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. (Abg. Dr. Haider: Wenn es um die alten Freundschaften geht, sind Sie sehr empfindlich!)

9.38

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Debatte nimmt schon merkwürdige Formen an, und ich möchte mich zunächst einmal auf die Ausführungen des Kollegen Wurmitzer beziehen.

Herr Kollege Wurmitzer! Wenn Sie wirklich der Meinung sind, daß das mißbräuchliche Einsetzen von Mehrheiten in einem Ausschuß nur deswegen nicht zu kritisieren ist, weil in einem Ausschuß natürlich abgestimmt werden kann (Abg. Wurmitzer: Was ist mißbräuchlich?), dann ist das ganz übel. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn das aber Ihrer Meinung nach gar kein Problem ist, wenn Sie nichts zu verbergen haben, warum haben Sie dann Angst davor (Abg. Wurmitzer: Überhaupt nicht! – Abg. Dr. Stummvoll: Überhaupt nicht!), diese Gegenstände als zweiten Tagesordnungspunkt zu diskutieren? (Beifall beim Liberalen Forum.) Wenn Sie nichts zu verbergen haben, dann brauchen Sie die Diskussion auch nicht zu fürchten!

Daß Sie das im Ausschuß so handhaben, ist übel genug, aber der Ausschuß ist vertraulich und nicht öffentlich. Wenn dies an die zweite Stelle der Tagesordnung umgereiht würde, dann hätten wir hier die Möglichkeit, öffentlich zu machen, wie Sie Ihren merkwürdigen – vorsichtig gesagt: merkwürdigen – schwarzen Beamten und Landesräten im Ausschuß die Mauer machen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist auch bemerkenswert, wie Sie eine Landeshauptfrau Klasnic schützen, die nicht einmal dazu in der Lage ist, Briefe des Präsidenten des Nationalrates richtig zu verstehen, sondern erst in einem zweiten Anlauf antworten kann und diese Antwort dann außerdem noch unverschämt formuliert. Das möchte ich deutlich sagen: unverschämt! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Unverschämt insofern, als sie nämlich dem Rechnungshofausschuß mitteilt, Herr Kollege Maitz, daß sie zu befinden geruht, welche Fragen im Rechnungshofausschuß gestellt werden dürfen. Das war der Schlußabsatz des Briefes von Frau Landeshauptfrau Klasnic, und der ist bemerkenswert genug. Daneben – im Vergleich – nimmt sich die Äußerung des Vizekanzlers Schlüssel zur Affäre Soronics (Ruf: Rudas!) und auch Rudas – ganz richtig! – geradezu rührend aus. Es ist allerdings auch sehr erhellend – genauso erhellend wie Wurmitzer und Maitz jetzt –, daß er gemeint hat: Daß regelmäßig rechtswidrige Abläufe in allen Ministerien stattfinden, das solle doch niemanden aufregen, darüber sei "nicht zu schnattern". – O-Ton Schüssel.

Herr Präsident! Das ist durchaus dieselbe Sache. Ich bitte daher, mir keinen Ruf zur Sache zu geben, wenn ich Ihnen sage: Es geht um dasselbe demokratiepolitische Verständnis, und man muß sich als Oppositionspartei nach der Tagesordnung strecken. Man muß sich nach der Tagesordnung richten, wann man die Möglichkeit hat, demokratiepolitische Defizite aufzuzeigen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Sie wissen genau, daß nicht wir die Tagesordnung machen, sondern die Präsidiale im Einvernehmen. Dort sind wir nicht stärker, als wir eben sind. Alle Oppositionsparteien zusammengenommen sind nicht stärker als die Regierungsparteien. Bestenfalls kann man dann noch eine Einwendungsdebatte dazu benützen, um sich darüber zu beschweren, daß nicht das debattiert wird in diesem Haus, was aktuell ist.

Richtig wäre es gewesen, wenn Herr Bundesminister Schlögl zum Beispiel von selber gekommen wäre und eine Erklärung abgegeben hätte oder wenn der Herr Bundesminister für Finanzen von selber gekommen wäre und uns etwas zur Bankenaufsicht erzählt hätte. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wenn man so etwas anregt und es nicht stattfindet, dann muß man das schmerzvoll zur Kenntnis nehmen, kann es jedoch nicht einmal in einer Einwendungsdebatte debattieren. Man kann es nicht, aber man darf darauf hinweisen, daß man es nicht kann, Herr Präsident. Daher benützen wir andere demokratiepolitische Defizite, und zwar solche, die heute auf der Tagesordnung stehen.

Daß die ÖVP eine genügsame Partei ist, was demokratische Kontrolle anlangt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Herr Kollege Wurmitzer hat nämlich gesagt, es hätte genügt, 20 Leute zu befragen. Daß 20 andere abgelehnt worden sind, und zwar genau die eigentlichen Wissensträger über den Skandal rund um die merkwürdigen Verwaltungsabläufe in der Steiermark bei der Ennsnahen Trasse, hat ihm auch genügt. Das war für ihn vielleicht sogar befriedigend, denn damit wurde vermieden, daß die wirklich relevanten Fragen beantwortet werden müssen.

Ich meine, in einem Parlament, in dem sich die Regierungsmehrheit so sehr vor der Wahrheit fürchtet, daß sie jedes Instrument – durchaus im Rahmen der Geschäftsordnung und durchaus rechtens im formalen Sinn – benützt, um Diskussionen abzuwürgen, ist die Demokratie nicht am besten aufgehoben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

9.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

9.43

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem Antrag der Liberalen wird eine Vorreihung des Tagesordnungspunktes 9 betreffend den Rechnungshofbericht Ennsnahe Trasse verlangt, und selbstverständlich, Herr Präsident, wäre im Zuge einer Debatte über die Ennsnahe Trasse zu einer attraktiven Uhrzeit über parlamentarische Kontrolle insgesamt geredet worden. Jetzt ist es nur eine Kurzdebatte.

Herr Präsident! Hohes Haus! Ich weiß nicht, ob das nur uns so auffällt, und ich weiß nicht, ob Sie so sicher sind, daß Sie, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, auf alle Zeiten in der Regierung sein werden, aber das erreicht schon eine gewisse Dichte: seit drei Legislaturperioden kein Untersuchungsausschuß; nicht bei den Kurden-Morden – dort zwar mit eleganter Unterstützung der FPÖ, aber wie auch immer –, nicht zum Bankenproporz, obwohl es schon den nächsten Bankenskandal gibt, nicht zu vielen anderen Vorfällen, die wahrlich untersuchungswürdig wären.

Was hat man uns damals gesagt? – Es gibt keine Geschäftsordnung, keinen Schutz für Auskunftspersonen und Zeugen. Wir haben diese Geschäftsordnung geschaffen. Es hat nichts genützt. (Abg. Dr. Haider: Zur Sache!) Dann hat es geheißen: Ihr bekommt andere Instrumente, um genau in solchen Fällen wie bei der Ennsnahen Trasse Aufklärung zu schaffen, nämlich den Unterausschuß des Rechnungshofausschusses als sogenannten kleinen Untersuchungsausschuß. (Abg. Haigermoser: Es geht um die Umreihung der Tagesordnung!) Und dann teilte uns die Frau Landeshauptfrau mit, sie empfiehlt den Abgeordneten, sie mögen doch nicht mit solchen Anschuldigungen ihre Zeit verschwenden.

Da ist auch sehr viel Geld verschwendet worden. Dort steht eine völlig rechtswidrig gebaute Brücke in der Landschaft, dort gab es Verbrechen im Hintergrund – und ich weiß, wovon ich rede –, falsche Gutachten, Büro Zottl und Erber, zwei verschiedene Gutachten vom selben Tag, gedeckt von Frau Landeshauptfrau Klasnic und der Landesadministration. Aber das Parlament verschwendet seine Zeit damit. (Abg. Haigermoser: Umreihung der Tagesordnung!)

Man hat gesagt, man schafft die Kontrollausschüsse STAPO, Heeres-Nachrichtendienste. Herr Präsident, welcher Akt ist dort je debattiert worden? – Offenbar gibt es die Akten nicht mehr in der Verwaltung, weil sie ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Sie waren dabei, als wir uns in der Präsidiale ausgemacht haben, eine geschäftsordnungsmäßig korrekte Debatte zu führen. Das gilt für alle Fraktionen!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Ich habe vielleicht auch den falschen Zettel wie Herr Abgeordneter Kostelka mit. Das steht da auf meinem Zettel. Aber zur Ennsnahen Trasse läßt sich natürlich festhalten, daß auch in dieser Frage genau diese Kontrollinstrumente eindeutig versagt haben.

Es sind Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe verschwunden. Man hat eine Lebensgefahr für potentielle BenützerInnen dieser nicht gebauten Straße geschaffen, und man wird jetzt auch noch als Abgeordnete von einer Landeshauptfrau, die verkennt, wer die Zuständigkeit für Bundesstraßen hat, verhöhnt. Sie kann das machen, weil sie ohnehin weiß, daß die Regierungsparteien sie dabei decken. Und die Regierungsparteien stellen dann eben eine Tagesordnung auf, auf der dieser Punkt, bei dem eine Langdebatte stattfinden könnte, der Tagesordnungspunkt 9 ist – irgendwann, unter ferner liefen. Dann wird uns noch der Zuruf erteilt: Wendet doch nicht noch irgendwelche anderen Instrumente an, dann kommt dieser Punkt vielleicht ein wenig früher dran!

Meine Damen und Herren! Das macht auch deutlich, wie weit sich dieses Haus von dem entfernt hat, was die Bevölkerung für wichtig erachtet. Gauben Sie wirklich, daß in der Bevölkerung irgend jemand versteht, daß wir über das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz, über das Energielenkungsgesetz, das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz und auch über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft reden, bevor die Frage der Geldverschwendung von Steuermitteln, bevor die Frage der Akten im Nachtkästchen, bevor die Frage der Kurden-Morde, bevor die Frage des Bankenproporzes geklärt sind? – Kein Mensch versteht das!

Herr Abgeordneter Khol! Mir fehlt im Rahmen einer Kurzdebatte die Zeit, das genauer auszuführen, aber auch die Verweigerung der Kontrolle in Fragen der Arisierung, die fortgeschriebene Unrechte ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Sie werden um diese Kontrolle, und zwar zu einer angemessenen Tageszeit, ganz sicher nicht herumkommen! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

9.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

9.47

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Man merkt an dieser Debatte schon etwas die Verwirrung der Regierungsparteien hier in diesem Haus: Kollege Kostelka spricht zum falschen Antrag, Kollege Khol gibt gute Ratschläge, man solle doch auf Dringliche Anfragen verzichten, wenn man eine wichtige Frage des Parlaments, nämlich die Kontrolle der Regierung, hier zu einer Zeit diskutieren möchte, die diesem Thema angemessen ist, der ehrenwerte Herr Wurmitzer macht seinem Minister die Mauer und möchte nicht zu einer ordentlichen Zeit "schnattern".

Meine Damen und Herren! Das zeigt Ihr Problem, das Sie hier in diesem Hohen Haus haben. Sie als Volksvertreter sollten eigentlich hier sitzen und Kontrollfunktion ausüben (Beifall bei den Freiheitlichen), Ihrem Auftrag, den Sie von den Wählern bekommen haben, nachkommen und nicht Mehrheitsbeschaffer für die Bundesregierung spielen. Aber das ist ja bei all diesen Kontrollinstrumenten immer Ihr Problem gewesen. Das war auch so bei den Untersuchungsausschüssen so, deren Einsetzung nach wie vor kein Minderheitsrecht ist wie in anderen Parlamenten, sondern wo Sie mit Ihrer Zweidrittelmehrheit alle Kontrollen, alle Untersuchungen verhindern können.

Frau Kollegin Petrovic! Wenn Sie sich da so groß aufspielen und das jetzt bejammern, so erinnere ich Sie daran: Das war doch auch Ihr Begehren. Warum haben Sie denn diesen Geschäftsordnungsnovellen zugestimmt? – Hauptsache, man erreicht, daß man den Freiheitlichen Redezeit und Dringliche Anfragen und Sondersitzungen abschneidet. (Zwischenruf des Abg. Wabl.) Da haben Sie sich dazu gefunden, weiterhin dafür zu stimmen, daß Untersuchungsausschüsse ein Mehrheitsrecht bleiben, Herr Kollege Wabl. Damals haben Sie sich mit diesem Unterausschuß des Rechnungshofausschusses abspeisen lassen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wabl.) Da waren sich alle hier einig: Das ist jetzt das Kontrollinstrument. Damit werde man die Kontrolle durchführen können, die man mittels der Untersuchungsausschüsse nicht machen könne.

Man sieht ja jetzt, meine Damen und Herren, was mit diesem Unterausschuß des Rechnungshofausschusses passiert. Nichts passiert! Keine Kontrolle ist möglich. Und wenn dann doch ein Ergebnis vorliegt, wird es irgendwann zu mitternächtlicher Stunde abgehandelt und wehrt man sich dagegen, daß man eine Umreihung der Tagesordnung vornimmt.

Ich kann mich noch gut daran erinnern – Kollege Wabl, Sie waren ja auch dabei –, als wir das erste Mal diesen Unterausschuß eingesetzt haben, und zwar zwecks Kontrolle des Beschaffungswesens des Bundesheeres. Damals ist kurz – nur kurz, denn da herrschte anscheinend auch eine Art Verwirrung bei den Regierungsparteien – ein Selbstverständnis als Volksvertreter aufgeflackert, sogar beim ehrenwerten Herrn Kollegen Wurmitzer. Selbst dieser – das war nämlich einstimmig – hat zumindest in der ersten Sitzung gesagt: Ja, wir wollen kontrollieren! Selbstverständlich wollen wir Akteneinsicht bekommen. Es müssen uns die Unterlagen vorgelegt werden. Auskunftspersonen müssen eingeladen werden. Wir werden kontrollieren! – Wunderbar. Kurz ist es aufgeflackert, dieses Selbstverständnis als Volksvertreter, selbst beim Herrn Wurmitzer. Wunderbar!

Nur kam dann anscheinend die entsprechende Weisung von oben, und es war kein Zufall, daß es gerade den Kollegen Wurmitzer getroffen hat. Denn damals ist es um den Wirtschaftsminister und den Verteidigungsminister und um jene Fragen gegangen, was da beim Beschaffungswesen läuft, wie denn die Kriterien für Auftragserteilungen und Zuschläge von Beschaffungen sind.

Dieses Aufflackern eines Selbstverständnisses als Volksvertreter ist also sofort nach dem Motto "Nicht schnattern!" – auch nicht im Ausschuß – und "Nicht kontrollieren!" unterdrückt worden. In der nächsten Sitzung war plötzlich nicht mehr von Akteneinsicht die Rede. Nein, keine Akteneinsicht, nur Berichte werden uns vorgelegt, Berichte, über die wir dann diskutieren können, Berichte von jenen, die kontrolliert werden.

Das ist ungefähr so, als käme ein Finanzprüfer in ein Unternehmen und der Überprüfte dort sagt: Ja lieber Freund, in Belege lasse ich dich nicht hineinschauen. Du kannst einen Bericht von mir haben. Den darfst du kontrollieren, und darüber können wir dann diskutieren! (Abg. Mag. Stadler: So war das bei der Riegerbank!) – Das ist die Kontrolle à la Wurmitzer. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann haben wir vertrauliche Unterlagen bekommen. Vertraulich – das waren leere Blätter, auf denen der Stempel "vertraulich" aufgedruckt worden war. Das waren die Originalunterlagen. Dann hat es die Frage der Vertraulichkeit gegeben. Dazu hat der Wirtschaftsminister gemeint, auch wenn dieser Ausschuß vertraulich ist, gebe er trotzdem keine Informationen, denn er habe kein Vertrauen, daß Abgeordnete, Volksvertreter dieses Hauses, diese Vertraulichkeit einhalten.

Weiters gab es ein Gutachten des Wirtschaftsforschungsinstituts, das wir erst nach langen Diskussionen vorgelegt bekommen haben. Gleichzeitig haben wir gewußt, daß Wirtschaftsbundpräsident Maderthaner in seiner Wirtschaftskammer mit eben diesem Gutachten hausieren gegangen ist.

Meine Damen und Herren! Das ist die Frage, die wir an prominenter Stelle zu diskutieren hätten: Welches Verständnis von Ihrer Funktion haben Sie selbst als gewählte Abgeordnete? Haben Sie ein Verständnis dafür, daß Sie hier sind, um die Regierung zu kontrollieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Oder haben Sie ein solches Verständnis, daß Sie Mehrheitsbeschaffer in diesem Haus sind? – Das ist Ihre Verantwortung, und diese sollten Sie möglichst rasch klären! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Peter.)

9.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Debatte ist geschlossen. Die Abstimmung findet zu einem späteren Zeitpunkt statt.

Ich unterbreche ganz kurz die Sitzung und bitte die Klubvorsitzenden zu mir.

(Die Sitzung wird um 9.54 Uhr unterbrochen und um 9.59 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Einwendungen gegen die Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zur zweiten Einwendungsdebatte, da eine getrennte Debatte über diese beiden Verlangen von fünf Abgeordneten verlangt wurde.

Dieser zweite Einwendungsvorschlag lautet: Die unterfertigten Abgeordneten schlagen vor, die Punkte 2 bis 5 der heutigen Tagesordnung von der Tagesordnung der 145. Sitzung abzusetzen.

Erste Rednerin ist, wie ich annehme, die Antragstellerin. – Wird jemand anderer nominiert? Van der Bellen oder Petrovic? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Petrovic.

9.59

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir von der grünen Fraktion wissen, daß es für die Opposition keine Möglichkeit gibt, eine Stellungnahme des Ministers zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt zu erwirken. Wir haben in manchen Angelegenheiten den Eindruck, daß es wahrscheinlich sogar besser wäre, Oppositionsinstrumente im engeren Sinne, wie etwa Dringliche Anfragen, nicht einzusetzen, um über einen bestimmten aktuellen Punkt diskutieren zu können.

Die Geschäftsordnung läßt uns eine einzige Möglichkeit für ein derartiges Verlangen, das wir demokratiepolitisch eigentlich für eine Selbstverständlichkeit halten und auf das wir auch im Lichte des Zustandes der Kontrollrechte des österreichischen Parlamentes bestehen müssen. Die Geschäftsordnung läßt uns nur die Möglichkeit, eine Abwägung zwischen der Dringlichkeit verschiedener Tagesordnungspunkte vorzunehmen und so, wie wir das jetzt beantragen, dem Hohen Haus einen Antrag auf Absetzung von Tagesordnungspunkten zur Beschlußfassung vorzulegen.

Wenn bei diesen Wirtschaftslenkungsgesetzen, deren Absetzung von der Tagesordnung wir beantragen, unter anderem das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz angeführt ist, dann fragt sich meiner Meinung nach nicht nur die grüne Oppositionsfraktion, wie Regierungsparteien mit Demokratie umgehen. Wenn sich in Zeiten, in denen sich die Regale in den Geschäften vor Nahrungsmittel biegen und wir wissen, daß im Zuge des internationalen Handels nicht einmal der Funke irgendeiner Gefährdung von Versorgungssicherheit zu befürchten ist, wenn es aber auch bei den Lebensmitteln ... (Abg. Dr. Haider: Viel Armut!) Es gibt Armut, sicherlich (Abg. Dr. Haider: Es gibt viel Armut, Frau Kollegin!), aber das ist ein Problem der Verteilung, das ist – so hoffe ich zumindest – kein Problem der Lebensmittelbewirtschaftung in diesem Lande.

Wenn ein solches Gesetz an prominentester Stelle auf der Tagesordnung steht und wenn man andererseits einen Blick in die Tageszeitungen wirft und vergleicht, welche aktuellen Themen dort behandelt werden, wenn man auch den Gesprächen, die auf der Straße geführt werden, zuhört und erkennt, was den Leuten momentan wirklich auf dem Herzen liegt, dann kommt man zu der Ansicht, daß die Republik Österreich – nicht nur die parlamentarische Opposition – ein Interesse daran haben sollte, daß darüber auch an prominenter Stelle gesprochen wird.

Ich weiß nicht, ob das Präsidium oder irgendein Mitglied der Bundesregierung glaubt, daß es im Moment, am Ende des Jahres 1998, Priorität Nummer eins ist, über die Lebensmittelbewirtschaftung zu sprechen, während wir gleichzeitig hören, daß Bankiers auf der Flucht sind, wieder zurückkommen und von jahrzehntelangen Fälschungen von Bilanzen berichten. Das ganze Ausland spricht über Österreich. Hier ist möglicherweise wirklich eine Gefährdung eines Wirtschaftszweiges gegeben. Wenn der österreichische Bankensektor weiterhin so im Gerede bleibt und hier offenbar keine Kontrolle stattfindet, dann können wir das hervorragendste Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz haben, dergleichen wird unserer Wirtschaft insgesamt nicht sehr guttun. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie auf Dauer so damit umgehen, daß das, was in aller Öffentlichkeit diskutiert wird und wichtig ist, hier entweder überhaupt nicht diskutiert wird oder durch das Verhalten von Landesbehörden wie Frau Klasnic – gleichzeitig mit einem Verhöhnungsbrieflein an das gesamte Parlament – abgeblockt wird, wenn gleichzeitig auch noch nicht einmal im Rahmen der Tagesordnung jene Punkte, bei denen es eine Möglichkeit gäbe, über Kontrolle zu reden, wie das eben im Antrag der Liberalen der Fall ist, vorgereiht werden, und wenn es noch nicht einmal eine Selbstverständlichkeit ist, daß Regierungsmitglieder von sich aus hier zu Aktualitäten Stellung nehmen, dann frage ich Sie wirklich, was in bezug auf das Ansehen dieses Hauses von seiten der Regierungsparteien angerichtet wird, dann frage ich Sie wirklich, ob Sie allen Ernstes glauben, daß Sie dem Ansehen dieses Hauses und auch jenem der Regierungsparteien einen guten Dienst erweisen, wenn Sie die Lebensmittelbewirtschaftung vor die Kontrolle im Bankenbereich stellen. (Beifall bei den Grünen.)

10.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.05

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Petrovic, es geht nicht darum, die Tagesordnungspunkte 2 bis 5 nach hinten zu reihen, sondern es geht, wie Sie Ihrem eigenen Antrag entnehmen können, darum, diese abzusetzen. Meiner Wahrnehmung zufolge hat sich Frau Kollegin Schmidt diesem Antrag angeschlossen. (Abg. Dr. Schmidt: Nein! Nein! Dies ist ein Mißverständnis von Ihnen!) Wir werden im Protokoll sehen, ob das der Fall ist oder nicht. Das war der Grund für diese meine Bemerkung.

Ein Zweites, das ich in diesem Zusammenhang feststellen muß, ist folgendes: Frau Kollegin Petrovic, Sie machen sich fürchterliche Sorgen darüber, daß die österreichischen Banken ins Gerede kommen könnten. Was Sie heute hier vorhätten, wäre genau ein Beitrag hiezu, denn es ist klar, daß zu kontrollieren sein wird, wann und wo es in diesem Zusammenhang zu Malversationen gekommen ist, und daß auch die politischen Konsequenzen daraus durch dieses Hauses zu ziehen sein werden. Es ist tatsächlich in hohem Maße aufklärungsbedürftig, auf welche Weise eine Milliarde Schilling – so der derzeitige Stand der Informationen – in dunkle Kanäle geflossen ist und ob es sich in diesem Zusammenhang um Spekulationen, um Abzweigungen in krimineller Art und Weise oder um beides handelte. Das ist zu untersuchen!

Es ist weiters zu untersuchen, an welcher Stelle es hätte auffallen können, daß es hier eine entsprechende strafgesetzwidrige Vorgangsweise gegeben hat.

Alles, was derzeit vorliegt, ist nur das Wissen, daß es in einem Raum des Innenministeriums eine unerhört große Menge von Unterlagen, Fakten und Auszügen aus den Konten und Buchhaltungen gibt, die heute von uns noch nicht eingesehen und noch nicht bewertet werden können. Eine Debatte über dieses Thema würde daher kaum etwas bringen.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Eine letzte Bemerkung: Tun Sie nicht so, als könnten Sie die Geschäftsordnung nicht genau lesen. Sie sprechen in diesem Zusammenhang stets das Recht eines Mitgliedes der Bundesregierung an, jederzeit vor dem Nationalrat eine Erklärung zu Themen abzugeben, die nicht auf der Tagesordnung stehen. Diesem Recht von Regierungsmitgliedern steht auch ein Recht des Hauses und ein Recht der Minderheiten dieses Hauses gegenüber: Dem § 19 hinsichtlich der Erklärung der Regierungsmitglieder steht nämlich § 93, also jener über Dringliche Anfragen, gegenüber.

Sie haben sich schlicht und einfach schon entschieden, was Sie mit diesem heutigen Parlamentstag tun werden: Sie haben entschieden, daß die Abgeordneten Kier, Peter und PartnerInnen eine Dringliche Anfrage an das Sozialministerium betreffend Regierungspfusch im Schwarzarbeitsgesetz stellen. Das ist Ihr first choice. Sie haben Ihre Entscheidung getroffen und damit im Grunde genommen darauf verzichtet (Abg. Dr. Kier: Schon wieder die falsche Rede! – Abg. Dr. Schmidt: Wir haben ja keine Dringliche gestellt!), über ein anderes Thema zu diskutieren.

Tun Sie es morgen! Sie sind frei in diesem Zusammenhang. Tun Sie es morgen! Sie können sich frei entscheiden, ob Sie eine entsprechende Anfrage stellen. Sie können werten, politisch werten – Sie, und niemand anderer! Wir wollen Ihnen das nicht abnehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

10.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Trattner. Ich erteile ihm das Wort.

10.09

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Kostelka! Es geht hier nicht so sehr darum, wieviel verschwunden ist und wohin es verschwunden ist, sondern es geht darum ... (Abg. Dr. Kostelka: Sondern was Sie in Innenstadtbars mit dem Herrn Rieger besprochen haben!) Es geht darum, Herr Kollege Kostelka – lesen Sie einmal das Bankwesengesetz! (Abg. Dr. Kostelka: Sie sind doch ein Freund von Herrn Rieger! Was ist mit den darüberliegenden Wohnungen? Reden Sie einmal zu den wirklich interessanten Dingen!) –, es geht darum, welche Aufsichtsmittel der Bundesminister für Finanzen hat und wer in diesem Fall fahrlässig gehandelt hat. Das ist die Frage!

Das ist ganz eindeutig im BWG geregelt. Der Bundesminister für Finanzen hat die Einhaltung der Vorschriften zu überprüfen. Er hat die Einhaltung der Vorschriften erstens einmal dahin gehend zu überprüfen, daß es im volkswirtschaftlichen Sinn ein funktionierendes Bankwesengesetz gibt. (Abg. Dr. Kostelka: Nicht bei Rosenstingl! Ist die finanzielle Bereinigung in Niederösterreich über die Riegerbank gelaufen?) Hören Sie auf, mich zu unterbrechen! Ich habe nur fünf Minuten Zeit, Sie können sich dann noch einmal zu Wort melden. (Weitere Zwischenrufe des Abg. Dr. Kostelka.)

Herr Präsident! Wer ist jetzt am Wort: Kollege Kostelka – oder ich?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist Herr Abgeordneter Trattner, und zwar ausschließlich er.

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): Zweitens geht es auch darum, daß ein entsprechender Gläubigerschutz gewährleistet ist, wobei die Bankenaufsicht zwei Funktionen hat: Die erste Funktion der Bankenaufsicht besteht in der Konzessionserteilung. Bei der Konzessionserteilung nach § 4 und § 5 des Bankwesengesetzes erläßt das Finanzministerium den Bescheid. Wer hat denn damals den Bescheid erlassen? Wer ist denn damals mit der Registrierung für eine Wechselstubenkonzession in das Finanzministerium gekommen? – Es war Ihr ehemaliger Klubobmann, ehemaliger Abgeordneter und jetziger Richter am Europäischen Gerichtshof Willi Fuhrmann. (Abg. Mag. Stadler: So ist das!) Er war der eigentliche Auslöser dafür, daß eine falsche Registrierung beim Finanzministerium erfolgte. Das gehört einmal hinterfragt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In einem solchen Fall ist auch die Nationalbank anzuhören. Offensichtlich hat in diesem Fall auch die Nationalbank die Zustimmung gegeben. Und wenn ein Institut ... (Abg. Dr. Kostelka: Das haben Sie mit dem Rieger in Nachtbars besprochen?) Lesen Sie einmal das BWG, dann können Sie mit mir diskutieren! Solange Sie das Bankwesengesetz nicht kennen, brauchen Sie mit mir überhaupt nicht zu diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Der Rosenstingl! – Abg. Dr. Kostelka: Ihr Finanzreferent möchte ich nicht sein!) Sie können nur blöde Zwischenrufe machen, sonst gar nichts. Kehren Sie einmal vor Ihrer eigenen Tür! Wer selbst im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!

Zum nächsten Punkt: Wenn ein Geldinstitut Einlagen entgegennimmt, dann ist auch nach § 93 Abs. 2 BWG die Einlagensicherung zu informieren. (Abg. Dr. Niederwieser: Hast du das dem Rosenstingl auch vorgewiesen?)

Haben diese drei Instanzen funktioniert? – Sie haben nicht funktioniert. Das letzte Mal – im Falle der BHI – wurde der Einwand geäußert, daß der Staatskommissär nicht eingreifen könne, weil die BHI eine Bilanzsumme unter 5 Milliarden Schilling hätte. Herr Stanzel vom Finanzministerium hat sich mit dieser Ausrede hinausgeschwindelt. Wenn man allerdings das BWG liest, findet man einen Paragraphen, der besagt, daß bei Gefahr in Verzug – und unseres Wissens hat das Finanzministerium einige Anzeigen gegen die Riegerbank erstattet – die Möglichkeit besteht, einen Regierungskommissär einzusetzen. Dieser Regierungskommissär hat höhere Befugnisse als der Staatskommissär. Der Staatskommissär kann im Unterschied zum Regierungskommissär nur gegen Organbeschlüsse Einspruch erheben. Der Regierungskommissär selbst kann nach dem Bankwesengesetz sofort den Bescheid erlassen, daß im Falle von Gefahr in Verzug entsprechende Schritte gesetzt werden und somit das Ärgste abgewendet wird.

Wo war denn die oberste Kontrollaufsicht, nämlich die Bankenaufsicht? – Nirgends war sie. Das kann nur deswegen passieren, weil im Bankwesengesetz diese Fälle zwar alle geregelt sind, Sie aber am Bankwesengesetz vorbeischauen und die Kontrollinstrumente, die der Bankenaufsicht zur Verfügung stehen, überhaupt nicht wahrgenommen werden. Wenn dann etwas passiert, gibt es ein riesengroßes Geheule.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Es wird Ihnen doch möglich sein, einen Bezug zum Tagesordnungspunkt herzustellen.

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (fortsetzend): Der Bezug zum Tagesordnungspunkt ist sehr wohl hergestellt. Es geht nämlich darum, daß die von mir angesprochenen Punkte von eminenter Wichtigkeit sind: Was hat sich bei der Registrierung im Finanzministerium abgespielt? Was hat sich im Finanzministerium im Laufe der zehn Jahre abgespielt? Wie konnten zehn Jahre lang Bilanzen in einer Größenordnung bis zu 1 Milliarde Schilling gefälscht werden? In der Aufsichtsbehörde des Finanzministeriums sitzen hochbezahlte Beamte. Jeder von ihnen schaut weg und sagt: Um Gottes willen, es ist schon wieder etwas passiert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Überprüfen Sie einmal diese gesetzlichen Regelungen! Kommen Sie Ihrer Aufsichtspflicht nach, bevor Sie hier zu polemisieren anfangen, Kollege Kostelka! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir setzen fort in der Verhandlung des Antrages, die Wirtschaftslenkungsgesetze von der heutigen Tagesordnung abzusetzen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

10.14

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gesetzgebung und auch Kontrolle sind Hauptfunktionen des Nationalrates. Ich kann dem Antrag der Liberalen, ich kann dem zur Verhandlung stehenden Antrag der Grünen nicht beitreten (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter) – der Grünen, habe ich gerade gesagt –, diese sehr wichtigen Wirtschaftslenkungsgesetze heute von der Tagesordnung abzusetzen.

Ich verstehe diesen Antrag überhaupt nicht und möchte Herrn Kollegen Van der Bellen, den ich als seriösen Fachmann schätze, fragen, wie er es begründen kann, daß wir die Behandlung dieser drei, vier oder fünf Gesetze, die zur wirtschaftlichen Grundsicherung dieses Landes gehören und die wir zwar – zum Glück – nicht in Anspruch nehmen müssen, die aber das Kriseninstrumentarium dieses Landes ausmachen, diese verfassungsgesetzlich abgesicherten Gesetze ganz einfach absetzen sollen. Ich verstehe das nicht! Meine Fraktion ist an der Sicherheit des Landes zutiefst interessiert. Wir wollen diese Gesetze diskutieren und beschließen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verstehe aber weder die Freiheitlichen noch die Liberalen, noch die Grünen. Es gibt in der Geschäftsordnung drei wichtige Instrumente, aktuelle Fragen, die man zu diskutieren wünscht, dem Nationalrat vorzulegen. Diese drei Instrumente stehen an jedem ersten Sitzungstag einer Sitzungswoche zur Verfügung. Eines davon ist die Aktuelle Stunde. Niemand hat die Freiheitlichen daran gehindert, dieses Instrument zu gebrauchen, wenn ihnen die Bankenaufsicht wichtig ist. Und ich verstehe sie, denn die Bankenaufsicht ist uns auch wichtig. Wir haben das uns zur Verfügung stehende Instrument der Anfrage an den Finanzminister zum Thema Bankenaufsicht genützt. Ihnen ist dieses Instrument offensichtlich nicht wichtig, sonst hätten Sie heute in der Aktuellen Stunde den Chef der Bankenaufsicht dazu befragt, und wir hätten darüber diskutieren können. Aber nein, das wollten Sie nicht. (Abg. Dr. Schmidt: Des Rosenstingl wegen!)

Ich verstehe aber auch die Liberalen nicht. Wenn Ihnen die Fragen, wie es um den Geheimnisschutz in diesem Lande steht, wie es um die Rechte der Staatspolizei steht, wichtig sind, wenn Ihnen die Frage, wieso ein 70jähriger Altminister eine Kopie eines Aktenstückes zu Hause haben kann, wichtig ist, ja bitte, dann machen Sie doch heute vom zweiten zur Verfügung stehenden Instrument Gebrauch: der Dringlichen Anfrage. – Nein, auch die Dringliche Anfrage wollen Sie nicht! (Abg. Dr. Schmidt: Es geht nicht um unsere Frage, sondern um die Tagesordnungspunkte 2 bis 5! Die Debatte war vorher!)

Weiters steht ein drittes Instrument zur Verfügung: die Fristsetzung. Es sind so und soviel Anfragebeantwortungen oder Anträge im Haus, mit denen man dieses Instrument der Opposition einsetzen könnte. Auch in der aktuellen Frage hätte man mit bestimmten Anträgen betreffend Verbesserung der Kontrolle, die die Opposition ja eingebracht hat, die Möglichkeit der Fristsetzung gehabt. Man hätte sie am Nachmittag, um fünf, halb sechs zur Diskussion bringen können. – Nein, man will partout von diesen Kontrollinstrumenten der Opposition, die fast die Hälfte der zur Verfügung stehenden Beratungszeit an einem Tag in Anspruch nehmen können, nicht Gebrauch machen, sondern man will in die Zeit, die der Nationalrat zur Gesetzgebung braucht, eingreifen. Das verstehe ich nicht! Meine Damen und Herren, wir werden daher diesen Einwendungen nicht beitreten.

Ich möchte aber zum Abschluß betonen, wie wichtig Finanzkontrolle und Bankenaufsicht sind. Es ist sehr wichtig, daß diese Finanzkontrolle auch bei den politischen Parteien funktioniert.

Ich gebe Ihnen hiemit bekannt, daß der freiheitliche Wirtschafts- und Industriesprecher Thomas Prinzhorn, der Finanzkontrollor im Rosenstingl-Skandal und im Skandal um die niederösterreichischen Parteifinanzen, mit sofortiger Wirkung aus sämtlichen Funktionen in der Freiheitlichen Partei zurücktritt und auch sein Mandat niederlegt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Da schau her! – Abg. Dr. Haider: "Pressesprecher der FPÖ" Dr. Khol! – Abg. Mag. Stadler: Der Westenthaler hat aber seine Haare rasch verloren!)

10.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.19

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Offenbar erfolgt in dieser zweiten Einwendungsdebatte die Handhabung des Rufs zur Sache etwas großzügiger, weil zuletzt immerhin durchaus wichtige Sachen angeschnitten worden sind. Was das Anliegen der Grünen betrifft, muß ich allerdings sagen: Formal habe ich auch nicht viel Verständnis dafür, daß Tagesordnungspunkte abgesetzt werden. Ich hätte eine Idee, wie wir mit diesen Tagesordnungspunkten umgehen könnten. Die so häufig beschworene Grundsicherung der Republik Österreich in diesen Materien ist ein revolvierendes, immer gleichmäßig wiederkehrendes formales Procedere zur Verlängerung von befristeten Verfassungsgesetzen.

Herr Kollege Khol! Wenn Sie das, was Sie hier gesagt haben, ernst nehmen, dann machen wir doch zu diesen Tagesordnungspunkten über die sogenannten Wirtschaftslenkungsgesetze, wobei es sich, wie gesagt, nur um eine formale Verlängerung befristeter Verfassungsgesetze handelt, eine ganz kurze Debatte. Überlegen wir uns, ob es nicht genügt, von jeder Fraktion darlegen zu lassen, worum es in dieser Sache geht, um dann rasch zur Abstimmung zu schreiten. Dadurch könnte auch Ihrem Anliegen und dem Anliegen des Kollegen Wurmitzer am besten entsprochen werden, nämlich daß der Bericht des Rechnungshofausschusses über die Ennsnahe Trasse sobald als möglich in diesem Haus diskutiert wird, und zwar noch während der Tagesstunden, damit nicht nur die Medienvertreter, sondern auch möglicherweise auf der Tribüne sitzende Zuhörer einmal hören, wie es wirklich in Ausschüssen zugeht.

Denn das ist das materielle Anliegen des Antrags der Grünen, diese Tagesordnungspunkte abzusetzen. Formal kann ich dem nicht viel abgewinnen, weil ich der Meinung bin, daß es nicht günstig ist, eine Tagesordnung zu verkürzen. Es ist besser, sie umzureihen. Vielleicht können wir die Kombination aus beiden Anliegen dadurch erzielen, daß wir zu den Wirtschaftslenkungsgesetzen so kurz wie möglich sprechen. Dadurch könnten wir die Tagesordnungspunkte 2 bis 5 in einem hohen Tempo erledigen und wesentlich früher, als von manchen vielleicht gerne gesehen, über den Bericht des Rechnungshofausschusses diskutieren.

Herr Kollege Kostelka! Ich meine, Sie haben heute tatsächlich zweimal die Debatte verwechselt. Sie haben in der ersten Debatte, in der es um den Antrag unserer Fraktion auf Umreihung der Tagesordnung ging, über den Antrag der grünen Fraktion gesprochen, und in der zweiten Debatte haben Sie zu unserem Antrag gesprochen. Das, würde ich sagen, ist zwar vielleicht nicht gerade einen Ruf zur Sache wert, aber es muß herausgestrichen werden, daß es so ist. Zweimal zu verwechseln ist schlecht – einmal ist möglich, das kann passieren, zweimal hintereinander ist allerdings schlecht. Klubobmann Khol verläßt den Raum, weil es ihm offenbar ... (Abg. Dr. Khol: Ich höre Sie!) Nein, ich habe Klubobmann Kostelka gemeint, der soeben den Raum verläßt, da es ihm offenbar peinlich ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das ist heute so eine Sache mit dem Verwechseln.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (fortsetzend): So wende ich mich Herrn Khol zu. Sie haben sich hier selbst auch zur Bankenaufsicht geäußert. In diesem Sinne wird wohl ein Ruf zur Sache ebenfalls vermeidbar sein, denn ich muß in der Lage sein, in einer Debatte, in der der Klubobmann einer Regierungspartei zur Bankenaufsicht spricht, ohne einen Ruf zur Sache bekommen zu haben, ihm zu erwidern. Eine tatsächliche Berichtigung oder dergleichen gibt es nicht, und daher ist das die einzige Möglichkeit. Deswegen wende ich mich jetzt durchaus gerne der Bankenaufsichtsfrage kurz einmal zu. Auch Kollege Trattner hat dazu schon gesprochen.

Wenn die liberale Fraktion nicht vor zwei Jahren eine umfassende parlamentarische Anfrage zur Bankenaufsicht gestellt hätte, wenn ich also die Antworten des damaligen Bundesministers für Finanzen im Jahr 1996 – ich bitte Sie kurz einmal nachzudenken, wer das war! – nicht schriftlich in Händen hätte, in der uns der Bundesminister für Finanzen mitteilt, daß alles bestens sei und kein Reformbedarf in der Bankenaufsicht erkannt werden könne, daß die Aufsichtsräte in den Banken, die Aktiengesellschaften sind, mit allen Möglichkeiten dieser Welt ausgestattet seien, daß die Nationalbank, die so eng mit der Bankenaufsicht zusammenarbeitet, wunderbar ... (Abg. Dr. Khol: Warum machen Sie keine Dringliche Anfrage?) Herr Kollege Khol, weil wir bereits vor zwei Jahren diese Anfrage gestellt haben. Die Antwort war intransigent, glauben Sie mir das: intransigent. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Das hat sich sicher geändert!) Sie war so unverschämt wie alles, was die Mehrheitsparteien hier machen. Deswegen waren wir der Meinung, daß auch die Arbeitslosigkeit und die Schwarzarbeit Ihnen vielleicht kein, aber uns ein Anliegen sind. Herr Klubobmann Khol! Merken Sie sich das! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

10.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.24

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren, vor allem Herr Kollege Khol! Herr Kollege Khol, Sie wissen doch ganz genau, worum es uns geht. Wir wollten eine Erklärung des Finanzministers zu einem akuten aktuellen Fall. Es passiert ja nicht jeden Tag, daß eine Bank crasht. Sie wissen ganz genau, daß wir heute keine Dringliche Anfrage haben. Bitte machen Sie uns nicht zum Vorwurf, welche Prioritäten die Liberalen heute setzen.

Herr Kollege Kier hat gerade begründet, warum die Liberalen sich dazu entschlossen haben, dies nicht zu machen.

Wir wollten eine Erklärung des Finanzministers. Um dafür Raum zu schaffen, haben wir beantragt, die Punkte 2 bis 5 – heute! – abzusetzen. Diese Gesetze haben keinerlei Dringlichkeit. Ob wir sie heute, morgen oder bei der nächsten Sitzung beschließen, ist völlig gleichgültig. Herr Kollege Khol, das wissen Sie genauso wie ich. Das war praktisch willkürlich herausgegriffen. Wir hätten genauso gut die Absetzung von Top 6 bis 8 verlangen können, in deren Rahmen so interessante Dinge wie zum Beispiel das Protokoll zum Madrider Abkommen, angenommen in Madrid am 27. Juni 1989, behandelt werden sollen. (Abg. Dr. Khol: Hätten Sie das getan!)

Das paßt ja alles in Ihre Politik, das haben ja bereits viele Redner in den Raum gestellt. Sie wollen keine Diskussion über die Ennsnahe Trasse, und wenn, dann soll sie um Mitternacht stattfinden. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Sie wollen auch keine Erklärung des Finanzministers! Den ersten Fall verstehe ich ja noch, den zweiten verstehe ich überhaupt nicht. (Abg. Dr. Khol: Welchen?) Es kann ja wohl nicht sein, daß sich Aufsichtsrat, Wirtschaftsprüfung, Bankenaufsicht, Justiz und Kollege Trattner, muß ich in diesem Zusammenhang sagen, abputzen und sagen: Wir können alle nichts dafür! Die einzige Institution, die nachvollziehbar in den letzten zehn, 15 Jahren etwas in dieser Causa unternommen hat, ist meines Erachtens die Nationalbank.

Kollege Trattner, Sie haben uns wortreich über die Bankenaufsicht belehrt. Dafür danke ich Ihnen, ich werde alles nachschlagen, aber Krokodilstränen sind völlig unangebracht. Im Dezember 1996 haben Sie eine schriftliche Anfrage zur Riegerbank eingebracht, die von Unterstellungen gegenüber der Nationalbank nur so strotzt. (Abg. Dr. Nowotny: Richtig! – Abg. Wabl: Sehr beachtlich, die fleißigen kleinen Sparer!) Das ist ja das Problem: Speziell in dieser Causa haben sich viele Journalisten, aus welchen Motiven immer, einfangen lassen, auch einzelne Politiker. – Herr Kollege Trattner, schauen Sie sich diese Anfrage an. Heute wird es Ihnen leid tun, daß Sie sie gestellt haben, aber damals haben Sie zugunsten der Riegerbank Partei ergriffen, zugunsten einer Institution ... (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Warum, weiß ich nicht. Kollege Trattner wird noch ausreichend Gelegenheit haben, sein Verhalten vor zwei Jahren zu begründen und zu rechtfertigen.

Ich möchte nur noch folgendes sagen: Es geht keineswegs allein darum, daß der Finanzminister hier eine Erklärung über eine Causa abgibt, die sich primär in seinem Haus abgespielt hat. Es kann ja nicht sein, daß die Bankenaufsicht einfach so tut, als wäre sie dafür nicht zuständig. Das muß man sich einmal vorstellen: Ich mache einen Würstelstand auf, schreibe "Bank" darüber. Und was blüht mir dann? – Ich bekomme vielleicht ein Verfahren von der Bezirkshauptmannschaft wegen – wie es heißt – nicht legitimierter, unbefugter Gewerbeausübung und eventuell eine Strafe von 10 000 S. (Abg. Mag. Stadler: Wenn Sie die Kanzlei Fuhrmann damit beauftragen, dann funktioniert das! Nehmen Sie die Kanzlei Fuhrmann, dann können Sie einen Würstelstand als Bank titulieren!) Das ist ja im Fall Rieger alles schon vorgekommen. Er ist tatsächlich mit 10 000 S bestraft worden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! Stellen Sie bitte wieder einen Bezug zu Ihrem eigenen Antrag her!

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Wir haben eine Absetzung der Punkte 2 bis 5 verlangt, zum Beispiel des Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetzes 1982. Ich glaube, im Vergleich zu dem, was wir vom Herrn Finanzminister hätten hören wollen, hat es keinerlei Priorität. Herr Präsident, ich verstehe, daß Sie nervös sind, aber die Debatte ist ohnehin gleich zu Ende. Halten Sie noch ein paar Minuten durch. Kollege Trattner und andere haben sich ja auch nicht so "wahnsinnig" zur Sache geäußert.

Minister Edlinger wird sich auch Gedanken machen müssen, wenn er eines Tages dazu Stellung nimmt, falls er sich traut. Wahrscheinlich befürchtet er Amtshaftungsklagen in Millionenhöhe. Das ist auch ein Problem der Bankenaufsicht beziehungsweise der dort beschäftigten Beamten. Auch ein Minister ist davor nicht gefeit. Er wird auch einmal zum Verhalten der Justiz Stellung nehmen müssen. Es wird behauptet, daß es im Jahre 1998 17 Klagen gegeben habe. Die Staatsanwaltschaft sagt aber: Bei uns sind nur drei eingelangt! – Gibt es da einen Herrn Soronics in der Staatsanwaltschaft, der Akten mit nach Hause nimmt und dort bearbeitet, oder liegt der Fehler bei der Bankenaufsicht? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Das war ein Untergriff, Kollege Van der Bellen! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Okay, Schlußsatz: Das Verhalten der Justiz in diesem Zusammenhang ist mindestens so aufklärungsbedürftig wie das Verhalten der Bankenaufsicht. – Herr Präsident, vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

10.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Niederwieser: Der Oberfinanzexperte der FPÖ!)

10.30

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir sind ja sehr interessiert daran, die Argumente der Regierungsparteien zu hören, warum die Umstellung der Tagesordnung beziehungsweise die Absetzung eines Tagesordnungspunktes nicht möglich ist. (Abg. Wabl: Weil der Prinzhorn zurückgetreten ist!) Ich werde dir das gleich erklären.

Der ÖVP-Sprecher hat gemeint, es gebe das Instrument der Dringlichen Anfrage, der Anfragebesprechung, aber die Opposition nehme es nicht wahr. Ich frage mich nur, warum die beiden Regierungsparteien etwa im Zusammenhang mit der Causa Rosenstingl nicht davon Gebrauch gemacht haben. Damals ist der Herr Justizminister sofort aufgetreten und hat – entgegen der vereinbarten Tagesordnung – dem Parlament einen Bericht gegeben. Genau das wollen wir heute vom bereits anwesenden Finanzminister! Um nichts anderes geht es! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Er ist schon hier, er braucht nicht extra zu kommen. Er braucht uns nur zu erklären, warum, nachdem es im Jahr 1994 über unser Betreiben eine Prüfung des Rechnungshofes der Bankenaufsicht gegeben hat, auf die schwere Kritik an der Bankenaufsicht folgte, weder der jetzige Herr Finanzminister noch seine Vorgänger seither keine Zeit dazu gefunden haben, diese schwere Kritik ernstzunehmen und den Vorfällen, die aufgezeigt worden sind, Rechnung zu tragen. – Warum ist da nichts passiert?

Deshalb wollen wir die Umstellung beziehungsweise die Absetzung der Tagesordnung!

Wir wollen, daß überlegt wird, ob jemand eine Bankenaufsicht federführend leiten kann wie zum Beispiel der zuständige Sektionschef, der schon einmal dabei erwischt worden ist, daß er als oberster Kontrollor des Glücksspielmonopols gleichzeitig Direktor in einem Casino gewesen ist und einen millionenschweren Nebenverdienst bekommen hat. (Abg. Dr. Niederwieser: Was war das für ein Casino? Welches Casino? – Ruf bei den Freiheitlichen: Da schau her!) Darüber liegt ja bereits einiges auf dem Tisch. Es würde uns sehr interessieren, warum es den Regierungsparteien völlig gleichgültig ist, daß mehr als 1 000 Kleinanleger geschädigt werden, die – so wie bei der BHI-Bank – wieder durch die Finger schauen werden, wenn man ihnen keine Hilfe angedeihen läßt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Van der Bellen! Ihre Argumentation in Ehren, aber Sie sind offenbar ein Lobbyist der Nationalbank geworden, da Sie die Nationalbank so gelobt haben. (Abg. Dr. Nowotny: Bei welcher Bank ist der Trattner Lobbyist?) – Herr Kollege Nowotny! Bei Ihnen ist es leider danebengegangen: Sie sind bei der Europäischen Zentralbank für Ihr Lob nichts geworden.

Lassen Sie mich folgendes sagen: Herr Abgeordneter Trattner hat eine Anfrage eingereicht, die nicht vor Unterstellungen gestrotzt hat. (Abg. Dr. Niederwieser: Aber mit Sicherheit!) Wissen Sie, worauf er sie aufgebaut hat? – Auf einem rechtsgültigen OGH-Urteil! Der Oberste Gerichtshof kritisierte die Oesterreichische Nationalbank! Wenn Sie meinen, das sei eine Unterstellung, dann sind Sie eben mit dem Rechtsstaat in Konflikt, aber das ist bei Grünen ja des öfteren der Fall. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe des Abg. Wabl.)

Auch die Liberalen interessieren sich sehr für eine Umstellung der Tagesordnung. Ich finde, das ist in Ordnung, denn so könnte man gleich mituntersuchen, ob Frau Campregher, die Freundin des Herrn Rieger, die in Oberösterreich auch LIF-Funktionärin ist und Spitzenkandidatin werden sollte, ihre Geldspenden an das LIF aus dem Rieger-Fonds oder von anderswo getätigt hat. Auch das sind Dinge, die zu untersuchen sind, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man könnte auch untersuchen, warum dem Finanzministerium und der Bankenprüfung nicht auffällt, daß noch vor wenigen Monaten 550 Millionen Schilling ins Ausland transferiert wurden. Der Oesterreichischen Nationalbank, die Herr Kollege Van der Bellen gerade so gelobt hat, fällt überhaupt nicht auf, daß eine pleite gewordene Bank noch einmal eine halbe Milliarde Schilling an Geld ins Ausland transferiert! All das vor den Augen der Oesterreichischen Nationalbank! Es fällt nicht auf, daß die Bankenaufsicht auch bei den geprüften Großinstituten, die ja geschäftig ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was ich Kollegen Van der Bellen nach 4 Minuten gesagt habe, sage ich auch Herrn Dr. Haider.

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): Herr Präsident! Sie sind heute sehr langmütig, ich bedanke mich herzlich.

Ich hätte noch viel zu sagen, aber das werde ich Herrn Kollegen Van der Bellen persönlich in einem Privatgespräch mitteilen, damit er weiß, daß er die Nationalbank umsonst gelobt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Mag. Peter. Gleiche Redezeitbeschränkung. – Bitte.

10.35

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Das war wieder Haider pur: Zuerst schmeißt er seinen Wirtschaftssprecher hinaus, weil dieser eine eigene Meinung hat, und dann diffamiert er eine Linzer Unternehmerin. (Beifall beim Liberalen Forum. – Rufe bei den Freiheitlichen: Na geh!)

Es ist ganz spannend: Das ist Haider pur! Alles läuft so locker heraus: Das ist das Menschenbild, das sich da zeigt. Ich kann dir nur gratulieren, Jörg Haider: Du bist tief gesunken, du bist wirklich tief gesunken!

Frau Campregher ist keine Funktionärin des Liberalen Forums, sie ist weder Partnerin, noch war sie auf einer Liste (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer); sie ist Interessentin am Liberalen Form, das heißt, daß sie gelegentlich an Veranstaltungen teilnimmt. (Abg. Mag. Stadler: Sie ist Mitglied bei Ihnen!) Bevor ich Frau Campregher verurteile, warte ich ab, ob die Untersuchungshaft beziehungsweise die Verwahrungshaft, in die man sie 48 Stunden genommen hat, Rechtens oder nicht Rechtens war. Mehr ist dazu nicht zu sagen. – Nur: Diese Art und Weise, Politik zu machen, ist eben wirklich bezeichnend und wird die Freiheitlichen dorthin bringen, wo sie eigentlich hingehören, nämlich ins politische Aus.

Zur Einwendungsdebatte: Ich glaube, daß die Grünen mit ihrer Einwendungsdebatte sehr klar zum Ausdruck gebracht haben, worum es ihnen geht. Sie haben gemeint, es gehe um Versorgungssicherungsgesetze, die genausogut am 25. November oder am 4. Dezember oder am 16. Dezember beschlossen werden können. Die Änderungen, die darin enthalten sind, sind minimal.

Aber worum geht es, Herr Klubobmann Kostelka? – Herr Klubobmann Kostelka! Sie haben einen Partner im Deutschen Bundestag – er ist Klubobmann der Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag –, und anläßlich seiner Wahl wurde er von der Presse gefragt, wie er denn jetzt sein Amt wahrnehmen würde. Wissen Sie, was er gesagt hat? – Er hat wörtlich gesagt: Ich werde als Klubobmann der Sozialdemokraten der deutschen Bundesregierung auf die Finger schauen, ich werde ihr auf die Finger klopfen. – Das heißt, Herr Kostelka, Ihr Kollege im Deutschen Bundestag hat verstanden, was Parlamentarismus ist (Abg. Dr. Kostelka: Ist das was Neues?): daß die Kontrolle selbstverständlich auch eine Aufgabe der Mitglieder der Regierungsfraktionen ist! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie, Herr Khol, und Sie, Herr Kostelka, nehmen diese Kontrolle nicht wahr! Ihre Aufgabe ist es, der Bundesregierung à tout prix die Mauer zu machen, zuzudecken, keine Debatte zu ermöglichen. Das ist Ihre Politik, was ich zutiefst bedauere. (Neuerlicher Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es gehört meiner Ansicht nach zur parlamentarischen Kultur einer westlichen Demokratie, wenn sie nicht ein Ständestaat mit parlamentarischer Fassade sein will, daß die Abgeordneten dieses Hauses und vor allem die Mehrheitsabgeordneten dieses Hauses von sich aus sagen: Wir wollen den Herrn Bundesminister bitten, uns zu diesem aktuellen Thema einen Bericht zu liefern, damit wir, die wir mit der Bevölkerung diskutieren, die wir von der Bevölkerung gewählt sind, die wir immer in Kontakt mit der Bevölkerung sind, aus allererster Quelle Informationen über die aktuellen Tagesereignisse haben – und der Crash der Riegerbank ist wohl ein aktuelles Tagesereignis.

Das Versagen der Bankenaufsicht liegt so eklatant auf der Hand, daß es zum Himmel stinkt! Warum machen Sie der Bankenaufsicht die Mauer? Sind Sie ein Kontrollparlament, oder sind Sie dazu da, der Regierung die Mauer zu machen? (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Unkritisch, ungefragt, sozusagen als Stimmvieh!

Sie, die Abgeordneten der Koalitionsparteien mit Ihrem Selbstverständnis als Abgeordnete, fragen Sie sich doch einmal: Wurden Sie als Diener dieser Regierung gewählt oder wurden Sie von der österreichischen Bevölkerung gewählt, damit Sie dieser Regierung – wie es der Klubobmann der Sozialdemokraten in Deutschland gesagt hat – auf die Finger schauen?

Meine Damen und Herren! Der Parlamentarismus in Österreich ist noch sehr, sehr unterentwickelt; wir könnten von vielen anderen Parlamenten in Europa lernen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. – Bitte.

10.38

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Anträge der Opposition in den Ausschüssen regelrecht verschimmeln können, jahrelang nicht einmal behandelt werden, dann sollte es unter Demokraten auch möglich sein, zur Abwechslung einmal eine Gesetzesmaterie von einer Sitzung auf eine andere Sitzung zu transferieren. Das sollte unter Demokraten möglich sein. Ich habe lediglich Zweifel daran, ob es sich bei den Abgeordneten der Regierungsfraktionen um pure Demokraten handelt, daran habe ich ernste Zweifel.

Meine Damen und Herren? Warum ist uns diese Angelegenheit so wichtig? Ich möchte das klar herausstreichen: Dem Finanzplatz Österreich wurde durch diese Affäre schwerer materieller und immaterieller Schaden zugefügt. Es ist dies allerdings kein isolierter Kriminalfall, es handelt sich nicht um einen Kriminalfall, bei dem "nur" ein Bankier seine Bank ausraubte, es geht auch nicht nur um die Tatsache, daß jetzt im Strudel dieser Affäre wahrscheinlich eine zweite Bank erhebliche Probleme bekommen wird, es geht auch nicht nur darum, welche Leute existentiell bedroht werden, sondern es ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Sondern es geht um die Tagesordnung, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (fortsetzend): ... geht um die Frage, Herr Präsident, ob alle gesetzlichen Aufsichtsmaßnahmen ausgeschöpft wurden oder nicht.

Da dieses Thema so wichtig ist, meine ich, daß es in der Demokratie legitim sein sollte, die vorgesehenen Tagesordnungspunkte um drei Wochen zu verschieben – nicht mehr, nur um drei Wochen – und damit dieser Diskussion entsprechenden Freiraum einzuräumen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht letztlich auch um die Frage, auf welche Art und Weise Kleinanleger geschädigt wurden. Denn es ist ja bekannt, daß über Inserate in der "Kronen Zeitung" Sparer mit Einlagenvolumen von 50 000 S beworben wurden, denen dann auch die Riegerbankanleihe verkauft wurde. Mich würde interessieren, ob beispielsweise die Bundeswertpapieraufsicht aufgetreten ist, um diesen Zeichnungsprospekt anzusehen, und so weiter. Also dazu gibt es eine ganze Menge Fragen. (Abg.  Dr. Niederwieser: Kollege Firlinger! Sind Sie Kleinanleger oder Großanleger?)

Von den politischen Verquickungen möchte ich jetzt noch gar nicht reden, dazu brauchen wir noch die eine oder andere Klarstellung. Daher wäre es wichtig, wenn der Herr Bundesminister für Finanzen dem Hohen Haus Rede und Antwort stehen würde.

Es geht mir letztendlich auch um die wichtige und umfassend zu diskutierende Thematik, wie in Zukunft dem Finanzplatz Österreich, der durch eine Fülle von negativen Begleitumständen ohnedies schwerstens beeinträchtigt ist, wieder auf die Sprünge geholfen werden kann. Darum geht es mir in erster Linie, denn aus der Sicht des Auslandes, aber auch aus der Sicht der inländischen Anleger hat der Finanzplatz Österreich mit sehr großen Imageproblemen zu kämpfen. Meine Damen und Herren! Das wäre doch wirklich eine Debatte wert, die man nicht zu mitternächtlicher Stunde abhalten sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Darum geht es uns, nämlich jene vielen Fragen – von der Einlagensicherung bis hin zu den versagenden Kontrollen – in einem klaren Licht erscheinen zu lassen. Sie wären es wert, daß sich das Parlament einmal grundlegend dieser Thematik annimmt und dafür vielleicht andere Sachen – temporär! – zur Seite legt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte.

10.42

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nun 10.43 Uhr. Ich haben den Kollegen Kier und Van der Bellen zugehört, und ich meine, wir hätten bei entsprechend geraffter Debatte rechtzeitig zu gewissen Tagesordnungspunkten kommen können. Ich frage mich, wozu wir nun schon eine Dreiviertelstunde diskutieren, wenn wir dadurch eben diese Zeit für das, was Sie kritisieren, verlieren und es in die Nacht hinein verschieben müssen. Das frage ich mich schon! – Das zum ersten.

Zum zweiten: Die Kollegen und Kolleginnen sprechen von der Bankaufsicht und meinen, die gesamte Riegerbank-Problematik wäre diskussionswürdig. Ich war in der Präsidiale nicht dabei, habe aber extra unseren Klubobmann gefragt, ob nicht darüber gesprochen worden sei, daß man statt des Tourismusberichtes vielleicht diese Problematik diskutiert. – Kein Wort davon! Alle Fraktionen waren sich darüber einig, daß der Tourismusbericht diskutiert werden soll. Ich habe von vornherein zu jenen gehört, die gefragt haben, ob wir den nicht enderledigen könnten und es nicht andere Punkte gäbe? – Nein, hat es geheißen, es sei der Wunsch aller, vor allem der Oppositionsparteien, den Tourismusbericht zu diskutieren, und zwar noch dazu als ersten Punkt der Tagesordnung. – Einverstanden, überhaupt keine Frage; warum weicht man der aus?

Dann sitzt man beisammen, stellt die Tagesordnung auf und niemand sagt etwas zu den Themen, über die man ja schon vorher Bescheid wußte; das betrifft sowohl die Diskussion um Soronics als auch die gesamte Problematik um die Riegerbank. – Kein Thema, die Tagesordnung wird gemeinsam beschlossen.

Jetzt plötzlich aber meint man, diese Berichte seien eigentlich nicht so wichtig. – Dazu möchte ich sagen: Ich wünsche diesem Land und auch Europa nicht, daß irgendein Ereignis eintritt, wofür diese fünf Versorgungsgesetze notwendig sind. Weiters ist dazu zu sagen, daß wir aufgrund internationaler Verträge dazu verpflichtet sind, im Rahmen der Zeit zu bleiben; wir befänden uns am 31. Dezember in diesem Bereich in einem gesetzlosen Zustand. So einfach ist es ja nicht; ich weiß nicht, war es Kollege Van der Bellen oder ein anderer Kollege der grünen Fraktion, der gesagt hat: Beschließen wir es eben Anfang Dezember! – Das geht sich ja zeitlich nicht aus, denn es gehört, wie man hoffentlich weiß, auch vom Bundesrat genehmigt.

Also noch einmal: Wenn man das alles berücksichtigt, wenn man das alles bedenkt, dann muß man sich wirklich fragen, warum man heute so lange darüber diskutiert und das nicht schon in der Präsidiale vor ein paar Tagen beim Beschluß der Tagesordnung, als all das schon bekannt war, was heute kritisiert wird, getan hat. (Abg. Wabl: Nein, falsch!) – Gar nicht, Herr Kollege Wabl, ich habe mich erkundigt: Die Tagesordnung in der vorliegenden Form wurde von allen Fraktionen verlangt, auch daß es der Punkt 1 ist.

Dazu kommt noch, daß die eine Oppositionsfraktion diesen Bericht will, die andere jenen. Welche Tagesordnung soll man also beschließen? – Man kann sich ja einigen. Jetzt diskutieren wir schon zwei Stunden darüber, ob diese Tagesordnung gut oder schlecht ist und nicht hätte anders gemacht werden können. Ich frage mich, ob man nicht bereits in der Präsidiale über eine andere Tagesordnung hätte diskutieren können, sodaß wir heute nicht zwei Stunden im wahrsten Sinne des Wortes dadurch hätten verschwenden müssen, daß wir zu einer sogenannten guten Zeit diese Thematik diskutieren. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte.

10.45

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist bereits die zweite Einwendungsdebatte gegen die Tagesordnung, und die Opposition beklagt, daß wir den Bericht des Rechnungshofunterausschusses nicht rechtzeitig behandeln. Merken Sie denn eigentlich nicht, welch komische Figur Sie damit machen? Durch diese Diskussion verschieben Sie selbst die Behandlung des Tagesordnungspunktes Ennsnahe Trasse bis nach Mitternacht. – Das ist doch nicht ernst zu nehmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte mich aber mit den Freiheitlichen auseinandersetzen, damit ich nicht auch einen Ruf zur Sache vom Herrn Präsidenten bekomme, der ja einmahnt, daß wir uns, so die Freiheitlichen, bezüglich der Vorkommnisse um die Riegerbank mit dem Herrn Finanzminister auseinandersetzen sollten. Dazu darf ich einmal für die Österreichische Volkspartei folgendes feststellen: Wir haben größtes Interesse an den Fragen, wie denn die Bankenaufsicht, die Einlagensicherung und die Funktion der Oesterreichischen Nationalbank in ihrer Kontrollaufgabe funktioniert hat beziehungsweise nicht funktioniert hat. Das war auch der Grund dafür, warum die ÖVP sofort eine Anfrage an den Finanzminister gerichtet hat, um massiv entsprechende Informationen einzuholen, wie Schäden für die Einleger beziehungsweise Anleger verhindert werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Dr. Haider – es tut mir leid, daß er nicht anwesend ist, ich würde mich gerne mit ihm auseinandersetzen, es wird schon seinen Grund haben, warum er in die höheren Gefilde dieses Hauses entwichen ist – weint hier Krokodilstränen; das ist unglaubwürdig! Die Freiheitliche Partei hat dieser ominösen Riegerbank mehrfach die Mauer gemacht, hat sie unterstützt und versucht, sie gegen entsprechende Maßnahmen der Oesterreichischen Nationalbank zu unterstützen. (Abg. Mag. Stadler: Zum Beispiel?)

Herr Kollege Stadler! Beispiele gebe ich Ihnen gerne, ich brauche sie ja nur vorzulesen: In einer Presseaussendung vom 15. April 1997 stellt Herr Dr. Haider fest, die Vorgänge innerhalb der Nationalbank würden in bezug auf das Verhalten gegenüber der Riegerbank immer dubioser (Heiterkeit bei der ÖVP), denn seit acht Jahren kämpfe diese Riegerbank darum, daß eine Konzession, die der Finanzminister ihr erteilt habe, nämlich die Devisenhändlerkonzession, endlich auch von der Oesterreichischen Nationalbank bestätigt werde, damit sie sich auch auf dem internationalen Devisenmarkt entsprechend frei bewegen könne. – Das war Ihr Einsatz für die Riegerbank, für den Herrn Rieger. Nehmen Sie das doch zur Kenntnis! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich zitiere aus einem Dringlichen Antrag des Abgeordneten Stadler vom 14. Mai 1997, damit man sieht, wie Sie versuchen, der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen; wir werden das aber verhindern. (Abg. Mag. Stadler: Wissen Sie nicht, was ein OGH-Urteil ist?) Es handelt sich um einen Antrag mit einem entsprechenden Motivenbericht, wo er sich wieder auf diesen Bescheid des Finanzministeriums – Devisenberechtigungserteilung – beruft und sagt (Abg. Mag. Stadler: Herr Professor! Sie sollten doch wissen, was ein OGH-Urteil ist!):

Offenbar hat die Oesterreichische Nationalbank die Genehmigung aus Wettbewerbsverhinderungsgründen verweigert. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) – Das war Ihre Argumentation für die Riegerbank: Sie ist doch ein fairer Mitwettbewerber! Man soll sie auf dem Markt lassen, man soll sie entsprechend austoben lassen. Das war die Linie der Freiheitlichen Partei, Kollege Trattner! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP.)

10.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Diese Debatte ist geschlossen.

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu den Abstimmungen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Liberalen Forums, Punkt 9 der heutigen Tagesordnung als Punkt 2 in die Tagesordnung aufzunehmen und damit die restlichen Punkte der Tagesordnung um je einen Punkt zurückzuversetzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag des Liberalen Forums zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen weiters ab über den Antrag der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic, die Punkte 2 bis 5 von der heutigen Tagesordnung abzusetzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein Zeichen. – Der Antrag hat keine Mehrheit gefunden.

Damit bleibt es bei der ausgegebenen Tagesordnung, und es tritt keine Veränderung ein.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß der Klub des Liberalen Forums gemäß § 93 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt hat, vor Eingang in die Tagesordnung die schriftliche Anfrage 5090/J der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen an die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Regierungspfusch bei Schwarzarbeit dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird diese Dringliche Anfrage um 15 Uhr aufgerufen werden.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde. Das Thema lautet:

"Steuern senken – Arbeit schaffen"

Als erster zu Wort gemeldet ist nicht jener Abgeordnete, dessen Name im Computer aufscheint, sondern es ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte. (Oje-Rufe bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Wo ist denn der Prinzhorn, Herr Trattner? – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

10.52

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sie haben vor zwei beziehungsweise vor eineinhalb Jahren eine Steuerreformkommission eingesetzt. Wir haben uns in der letzten Sitzung des Finanzausschusses darüber unterhalten, welche Ergebnisse von dieser Steuerreformkommission zu erwarten sein werden. Sie haben gesagt, es werde Ende November ein Ergebnis vorliegen, es werde einen Abschlußbericht geben, aber es werde kein Konzept geben.

Lieber Herr Finanzminister, was soll das Ganze? Was hat denn diese Steuerreformkommission eineinhalb Jahre lang für eine Aufgabe gehabt? – Sie haben ihr offensichtlich nur eine Vorgabe gegeben, wie man es auch einem Architekten sagt: Bauen Sie mir ein Haus, Fenster und Türen sollen vorhanden sein! – Wieviel die ganze Geschichte aber kosten darf, haben Sie der Reformkommission beziehungsweise dem Architekten nicht gesagt. Sie müßten natürlich der Reformkommission auch sagen, welches Spielkapital zur Verfügung steht. Wir wollen nämlich nicht über eine aufkommensneutrale Steuerreform reden, sondern wir wollen über eine Steuerreform reden, die zu einer echten Entlastung der österreichischen Steuerzahler führt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Auer: Was würde der Prinzhorn sagen?) Für diese Steuerreform setzen sich die Freiheitlichen ganz vehement ein.

Herr Finanzminister! Was ist in den letzten drei Jahren passiert? – Sie haben die österreichische Bevölkerung um 147 Milliarden Schilling mehr an Steuereinnahmen geschröpft. Sie haben aufgrund der Belastungspakete von der österreichischen Bevölkerung 147 Milliarden Schilling mehr an Steuern herausgeholt. Wenn aber ein Vorschlag der Oppositionsparteien kommt – ob das die Liberalen, die Grünen oder in allererster Linie auch die Freiheitlichen sind, weil diese als einzige ein Konzept mit System haben –, sagen Sie immer nur: Das geht nicht!

Was geht denn bei Ihnen? – Bei Ihnen geht offensichtlich überhaupt nichts. Vielen Aussagen von bedeutenden Wirtschaftstreuhändern in Österreich, mit denen wir uns über das Steuerreformkonzept der Freiheitlichen Partei unterhalten haben, ist zu entnehmen: Das ist ein gutes Konzept! Es gibt allerdings ein Problem: Es kommt aus der falschen Ecke. – Das heißt: Wenn ein guter Vorschlag, der eine echte Entlastung der österreichischen Bevölkerung zum Inhalt hat, der eine Erleichterung bringt, der den Staat zu einer Entschlackung zwingt, von den Freiheitlichen kommt, dann ist er schlecht. Wenn er jedoch von Ihnen kommt, dann herrscht großer Jubel. Ja bitte, in welchem Staat leben wir denn?

Es dauert eben bei Ihnen immer eineinhalb bis zwei Jahre, bis Sie Ideen von den Freiheitlichen aufnehmen; dann werden diese umgesetzt, und es heißt auf einmal, die SPÖ habe das eingebracht. Das soll uns auch recht sein. Wenn es der österreichischen Bevölkerung nützt und mit einer zeitlichen Verzögerung kommt, soll es uns auch recht sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber Sie haben sich ja unser Steuerkonzept überhaupt nicht angeschaut. Innerhalb Ihrer Beamtenschaft schwirren unterschiedliche Zahlen herum: Einmal kostet das Modell 140 Milliarden Schilling, dann kostet es 120 Milliarden, dann kostet es nur noch 90 Milliarden. Sie wissen gar nicht, was das Ganze kostet, Sie haben es gar nicht nachgerechnet. (Abg. Dr. Maitz: Was sagt der Prinzhorn dazu?) Das einzige, was Sie der Bevölkerung zu sagen haben, ist folgendes: Ein Hunderter im Monat wird es wahrscheinlich weniger sein, aber auf der anderen Seite wird man das durch eine Steuererhöhung wieder hereinholen. – Sie wollen also nur eine aufkommensneutrale Steuerreform machen. Wir hingegen wollen eine Steuerreform mit Inhalt machen, eine Steuerreform mit Inhalt, die zu einer echten Entlastung der österreichischen Steuerzahler führt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dabei geht es darum, daß wir einen einheitlichen Steuersatz von 23 Prozent haben wollen, mit dem jeder besteuert werden soll: ein linearer Steuersatz von 23 Prozent. Dieser ersetzt praktisch die bisherige Einkommensteuer, Lohnsteuer, Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer. (Abg. Marizzi: Dann zahlt der Haider für das Bärental statt ...!) Und damit Sie mit dem Sozialargument – weil Sie immer wieder sagen, das sei die sogenannte Reichensteuer – gar nicht erst "hereinschlüpfen" können, sieht unser Konzept auch entsprechende Freibeträge vor, und zwar Freibeträge von 150 000 S pro Erwachsenem und von 75 000 S pro Kind. Das heißt, eine Familie mit zwei Kindern hätte in Österreich eine steuerliche Entlastung in der Größenordnung von 450 000 S pro Jahr, was bedeuten würde, daß jemand mit einem Einkommen von bis zu 450 000 S mit zwei Kindern null Steuer zahlen würde. – Das soll nicht sozial sein?

Herr Finanzminister, schauen Sie sich jetzt einmal den Vergleich an! Für eine Familie mit einem Einkommen von 350 000 S liegt der Freibetrag bei 450 000 S, die Bemessungsgrundlage ist also bei null, die Steuerbelastung ist null, der effektive Steuersatz ist null. Jetzt nehme ich als Beispiel Ihren sogenannten Generaldirektor: Er verdient 1 050 000 S und kann zwar für seine zwei Kinder noch den Freibetrag von jeweils 75 000 S in Anspruch nehmen, seine Bemessungsgrundlage aber liegt dadurch bei 900 000 S, womit er eine Steuerbelastung von 207 000 S und einen effektiven Steuersatz von 19,71 Prozent hat.

Das soll ungerecht sein? Die Durchschnittsfamilie in Österreich mit einem Einkommen von 350 000 bis 450 000 S zahlt in Zukunft 0 Prozent Steuern, und der Generaldirektor mit einem Einkommen von einer Million Schilling zahlt 20 Prozent Steuern. Das soll sozial ungerecht sein? – Sie müssen erst einmal Ihren sogenannten Wählern erklären, ob ein nullprozentiger Steuersatz gegenüber einem 20prozentigen Steuersatz sozial gerecht oder sozial ungerecht ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das 13. und 14. Monatsgehalt bleibt nach unserem Konzept unangetastet. Damit das Ganze aber auch finanzierbar ist und in einem Kreislauf stattfinden kann, geht es auch darum, daß man die Unternehmen entsprechend entlasten muß, und zwar in der Form, daß man einen Anreiz schafft, daß Investitionen im ersten Jahr zu 100 Prozent steuerlich abzugsfähig sind. Was bewirkt das? – Das bewirkt natürlich einen Investitionsboom! Laut Gutachten, das der oberösterreichische Wirtschaftslandesrat Leitl in Auftrag gegeben hat und in dem nur einmal hochgerechnet wurde, welcher Investitionsschub beziehungsweise welche Effekte für den Arbeitsmarkt entstünden, wenn man die nichtentnommenen Gewinne steuerfrei stellen würde, käme es dadurch zu einem Investitionsschub von 25 Prozent.

Was heißt denn das? – Es gibt im Jahr 1998 laut der letzten volkswirtschaftlichen Gemeinrechnung Bruttoanlageninvestitionen in der Höhe von zirka 648 Milliarden Schilling. Ein 25prozentiger Investitionsschub nur aufgrund der nichtentnommenen Gewinne würde 150 Milliarden Schilling mehr an Investitionen ausmachen. Haben Sie einmal nachgerechnet, was das auch für Sie zusätzlich an Steuereinnahmen brächte, wie viele Arbeitsplätze mehr dadurch geschaffen werden könnten, wie viele Sozialhilfeempfänger dadurch entlastet werden könnten, daß damit auch Impulse geschaffen würden? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Von Ihnen hört man immer nur: Das geht nicht. Ich habe nicht mehr im Sackl!

Welcher Effekt tritt noch ein? – Das ist auch dem Gutachten von Herrn Professor Schneider von der Universität Linz zu entnehmen; der ist kein Freiheitlicher. Er sagt: 40 000 Arbeitsplätze können dadurch gehalten werden – gehalten werden! – und 50 000 Arbeitsplätze können zusätzlich neu geschaffen werden. – Sie, Herr Minister, wissen ganz genau, was ein Arbeitsplatz kostet. Er kostet den Arbeitslosenversicherungen nämlich etwa 250 000 S. Rechnen Sie das einmal mit einer Zahl von 50 000 Arbeitslosen hoch, was da für ein Betrag herauskommt! 13 Milliarden Schilling! Sie ersparen sich einerseits etwas, andererseits aber kann man durch eine Steuerreform, die Arbeitsplätze schafft, die zu einer Entlastung der Einkommen der unselbständigen und selbständigen Erwerbstätigen führt, Impulse setzen. Es kommt zu einem Wachstumsschub, es kommt zu einer positiven Stimmung in diesem Land!

Wenn Sie immer nur herumreden und sagen, Sie hätten kein Geld, wenn Sie eine Steuerreformkommission eineinhalb Jahre lang arbeiten lassen und nichts dabei herauskommt, dann werden Sie keine positiven Impulse in Österreich setzen. Ihre Steuersystematik, die Sie jetzt betreiben – immer nach dem Motto: Loch auf, Loch zu! –, geht nur in eine Richtung, Herr Finanzminister: daß immer mehr Arbeitsplätze in Österreich verlorengehen, Wirtschaftsstandorte ausgegliedert und wir mit einer neuerlichen Arbeitslosenwelle konfrontiert werden. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Nehmen Sie sich das Steuerreformkonzept der Freiheitlichen zu Herzen! Schauen Sie sich das endlich einmal an! Diese Zahlen sind durchgerechnet, sie haben exakte Grundlagen. Vor allen Dingen: Die Steuerreform der Freiheitlichen ist sozial gerecht, sie ist sozial fair, weil sie die Bezieher kleiner und jene mittlerer Einkommen entsprechend entlastet, während die Bezieher höherer Einkommen aus den Freibeträgen herausfallen und deshalb auch mehr Einkommensteuer beziehungsweise den neuen einheitlichen Steuersatz bezahlen müssen.

Damit wir auch zum Ausdruck bringen, daß wir es mit der Argumentation, daß diese Reform sozial gerecht ist, ernst meinen, haben wir Freiheitlichen gesagt, daß die Höchstbemessungsgrundlage für die Sozialversicherung für die Arbeitnehmer fällt. Das heißt, die Höchstbemessungsgrundlage von derzeit zirka 42 000 S fällt. Wenn jemand mehr verdient, dann ist künftig die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherung der entsprechende höhere Betrag. Denn das System, das derzeit vorherrscht, begünstigt die Reichen und fällt den Armen auf den Kopf. Das wollen wir auf alle Fälle verhindern! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit das Ganze auch finanzierbar ist, fordern wir Sie auf, den Staat endlich einmal schlanker zu machen. Wir fordern Sie auf, nicht nur daran zu denken, welche Ausgaben Sie mit irgendwelchen Steuererhöhungen finanzieren können, sondern es geht uns darum, den Staat in der Weise schlank zu machen – Sie haben ja schon sehr viel ausgegliedert –, damit auch entsprechende Mittel zur Verfügung stehen, um eine Steuerreform in Gang zu setzen, die zu einer echten Entlastung der österreichischen Bevölkerung führt und nicht zu einer Umverteilung, wie Sie sie vorhaben: Alles aufkommensneutral! Dort um einen Hunderter hinunter und hier um zwei Hunderter hinauf!

Das ist keine gute Steuerpolitik! Schauen Sie sich unser Konzept an! Wir werden auf alle Fälle nicht lockerlassen, dieses Konzept in ganz Österreich entsprechend zu verbreiten, damit auch Sie unter Druck gesetzt werden, sich mit diesem System auseinanderzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Bundesminister Edlinger hat sich zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet.

Herr Bundesminister! Ihre Redezeit sollte nach Möglichkeit die Dauer von 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

11.03

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Zunächst eine Feststellung, die die Aufgabe der Steuerreformkommission definieren soll, obwohl Sie, sehr geehrter Herr Abgeordneter, meinen Standpunkt zu dieser Frage mehrfach ausgelotet haben. Ich habe immer wieder das gleiche gesagt: Die Bundesregierung, durch meine Person vertreten, hat im April 1997 eine Steuerreformkommission eingesetzt. Die Zeitabschätzung Ihrerseits, das seien zwei Jahre, ist etwa so präzise wie Ihre Berechnung der "flat tax" – aber das nur nebenbei. Es sind eineinhalb Jahre. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe damals, als ich die Steuerreformkommission eingesetzt habe, gesagt: Die Steuerreformkommission hat die Aufgabe, eine Steuerreform zu konzipieren, die fünf wesentlichen Kriterien gerecht zu werden hat:

Erstens: Sie hat den Faktor Arbeit zu entlasten, das heißt, strukturelle Maßnahmen zu setzen, die geeignet sind, den Wirtschaftsstandort Österreich in der Wettbewerbssituation zu verbessern.

Zweitens: Sie hat die Frage der Kapitalbesteuerungen zu überprüfen, selbstverständlich in einem bestimmten Konnex mit jenen Vorgängen, die sich in Europa abspielen. Das ist überhaupt keine Frage. Aber es ist ganz einfach langfristig und auch mittelfristig – darüber sind sich alle Finanzminister in Europa einig – eine ziemlich kontraproduktive Entwicklung, wenn wir kritiklos und ohne Reaktion zur Kenntnis nehmen, daß die Steuerbelastung des Faktors Arbeit in den letzten 15 Jahren um 7 Prozentpunkte zugenommen und die Steuerbelastung des sehr viel mobileren Produktionsfaktors Kapital im gleichen Zeitraum um 10 Prozentpunkte abgenommen hat. Wenn man hier auch die Frage der Beschäftigungspolitik sieht, dann haben wir Handlungsbedarf – nicht nur als Österreicher, sondern in der gesamten Europäischen Union.

Die dritte Aufgabenstellung an die Steuerreformkommission war, zu überprüfen, inwieweit ein erster Schritt in Richtung Ökologisierung des Steuersystems gesetzt werden kann. Das ist ohne Zweifel auch eine Frage der politischen Machbarkeit und des politischen Mutes, aber es ist ein Schritt in eine Richtung zu setzen, der in Anlehnung an Entwicklungen, die in Gesamteuropa notwendig sind, erfolgen muß.

Viertens ist eine Tarifsenkung in jenem Ausmaß ins Auge zu fassen, daß der fünfte Punkt, der auch entscheidend ist, nämlich die Konvergenzkompatibilität, nicht in Frage gestellt wird.

Das waren die Vorgaben an die Steuerreformkommission, und ich habe von Anfang an gesagt, daß ich mir von der Steuerreformkommission kein Steuerkonzept erwarte. Um Gottes Willen, Sie werden doch nicht glauben, daß man von Fachleuten ein Steuerkonzept erwarten kann, sondern was wir von der Steuerreformkommission wollen, sind Optionen der Machbarkeit, das heißt, entlang dieser Linien festzustellen: Was ist machbar? Was passiert, wenn man an dem einen oder anderen Steuerrädchen dreht, am anderen Ende des Steuergefüges und letzten Endes auch im Bereich der Konvergenzkompatibilität?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Denn Steuerpolitik – und das lasse ich mir als Politiker und Finanzminister nicht streitig machen –, wie eine Steuerreform aussieht, wie sie letztendlich auch von diesem Hause beschlossen werden soll, ist eine politische Angelegenheit. Ich glaube nicht, daß es sich die Politik so einfach machen und das auf die Fachleute schieben soll.

Was wir in dieser Regierung wollen, sind Grundlagen, die fachlich korrekt, die machbar sind, die durchgerechnet sind in der Weise, daß man weiß, was es bedeutet, wenn man in dieser oder jener Weise Entscheidungen trifft. Aber die Entscheidung darüber, welche Struktur die Steuerreform hat, die Entscheidung darüber, was wir uns tatsächlich auch nach dem Gebot einer sehr konkreten Kalkulierbarkeit leisten können, liegt bei uns.

Ich füge hinzu: Ich möchte im Jahre 2000 eine Steuerreform wirksam haben, die Antworten auf die von mir zitierten Fragen gibt, aber gleichzeitig noch etwas erreicht: daß sich der Finanzminister dieser Republik in die Öffentlichkeit stellen und sagen kann, daß diese Steuerreform dazu beiträgt, daß strukturelle Verbesserung erfolgen, daß aber jedenfalls eines nicht passiert, und zwar, daß die österreichische Bevölkerung ein oder zwei Jahre später mit einem Sparpaket Nummer drei konfrontiert wird. Das ist nicht die Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren, die ich als Ergebnis der Steuerreform haben möchte! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es mag schon sein, daß es Vorschläge gibt, die hochinteressant sind. Ich habe mit großem Interesse die Steuerreformprogramme etwa des Liberalen Forums, aber auch der Grünen gelesen, und ich fand darin durchaus diskussionswürdige und äußerst interessante Ansätze. Die Frage dabei ist aber, wie wir solche Ansätze in das Gesamtkonvolut einbinden können.

Ich habe mich daher – und das sage ich in aller Deutlichkeit –, solange die Steuerreformkommission nicht berichtet hat, eigentlich bei Positionierungen aus guten Gründen zurückgehalten. Ich bin mir nämlich dessen bewußt, daß nicht der Herr Edlinger, aber der Finanzminister der Republik Österreich, wenn er sich in dieser Frage klar positioniert, ganz einfach als Faktum gesehen und auch als solches empfunden wird. Und das ist richtig so. Denn ich habe die Hauptverantwortung für eine Steuerreform ebenso wie ich die Hauptverantwortung für ein vollziehbares Budget habe – und sie auch übernehme.

Deswegen habe ich mich in jenen Punkten öffentlich geäußert, die ich aus Gründen der politischen Machbarkeit nicht in Frage stelle. Ich werde daher, selbst wenn solche Vorschläge aus der Steuerreformkommission kommen, sicherlich nicht mit meinem Koalitionspartner verhandeln, wenn es darum geht, das 13. und 14. Monatsgehalt in Frage zu stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei handelt es sich zwar um eine Ausnahmeerscheinung im österreichischen Steuerrecht, aber es ist ein Faktum, mit dem sich die österreichischen Arbeitnehmer in einem sehr positiven Ausmaß identifizieren. (Abg. Dr. Schmidt: Wo bleibt Ihr Gestaltungswille, Herr Minister?) – Ich sage Ihnen: Ich halte das für politisch nicht machbar. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist doch bemerkenswert!) Gnädige Frau! Nehmen Sie meinen Standpunkt zur Kenntnis. Ich kenne Ihre Argumentation und bin Ihnen auch sehr dankbar dafür, daß das Liberale Forum in der Öffentlichkeit erklärt, daß das 13. und 14. Monatsgehalt besteuert werden sollen. Die Österreicher sollen entscheiden, was sie wollen. Ich sage ihnen: 13. und 14. Monatsgehalt bleiben unangetastet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine zweite Position, die ich auch ganz klar dargelegt habe, ist folgende: Ich bin mir ... (Abg. Dr. Schmidt: Sie sind ein Populist, nichts weiter! Das ist reiner Populismus!) Ich bin kein Populist, sondern ein Realist, Frau Dr. Schmidt, und ich möchte eine Steuerreform machen, über die sich die Menschen freuen und die unsere Strukturen verbessert. Das ist meine Aufgabe als Politiker, der Verantwortung trägt! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Schmidt: Die Aufgabe eines Sozialdemokraten ist es, für soziale Gerechtigkeit zu sorgen!)

Frau Dr. Schmidt! Ich habe mich in einer zweiten Frage festgelegt, obwohl ich mir dessen bewußt bin, daß auch das inhaltlich diskutierbar ist! Es ist keine Frage, daß wir die günstigsten Grundsteuern in Europa haben – überhaupt keine Frage! –, und man kann sich jetzt auf den Standpunkt stellen, daß diesbezüglich Handlungsbedarf bestehe.

Ich werde aber nicht an die Grundsteuer herangehen, und zwar deshalb, weil es sich hiebei um eine kommunale Steuer handelt und wir alle Bereiche, die FAG-Relevanz haben, im Rahmen des Wirksamwerdens der Steuerreform 2000 aus guten Gründen nicht in Frage stellen können. (Abg. Dr. Schmidt: Dann warten wir doch bis nach 2000!) Das wird im Rahmen des FAG zu diskutieren sein.

Ich war in meiner früheren Funktion Wiener Finanzreferent, und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn damals der Finanzminister zu mir gekommen wäre und mir gesagt hätte: Lieber Freund, kündigen wir gemeinsam den FAG, der zugegebenermaßen für Länder und Gemeinden extrem günstig ist, verhandeln wir neu!, dann hätte ich natürlich, aus Gründen der Höflichkeit, der Einladung des Herrn Finanzministers Folge geleistet, aber bestimmt keine wie immer geartete Beweglichkeit gezeigt, solange ein für die Länder und Gemeinden günstiger Finanzausgleich besteht.

Realistischerweise – und ich bin ein realistischer Politiker – muß ich sagen, daß die FAG-relevanten Dinge nicht angegriffen werden können (Abg. Dr. Schmidt: Sie sind nicht realistisch, Sie werfen das Handtuch! Das ist ein Unterschied!), und es ist auch für mich ganz klar und deutlich – und ich habe das bereits in der Öffentlichkeit erklärt –: Im Rahmen der Steuerreform 2000 wird der Finanzminister der Republik keinen Vorschlag machen, der eine Veränderung der derzeitigen Grundsteuer nach sich zieht. Ich bin eigentlich sehr dankbar, daß ich heute die Möglichkeit habe, das hier in aller Deutlichkeit zu sagen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Mag. Trattner! Nun zur "flat tax": Wir haben diese Frage bereits im Finanzausschuß diskutiert. Sie werfen mir vor, daß die Einschätzung der Kosten Ihrer "flat tax" von 140 zu 120 und 90 Milliarden Schilling wechselt. – Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, daß auch die Vorschläge der Freiheitlichen Partei stark wechseln: Sie sind im September von 15 bis 20 Prozent ausgegangen. Nachdem ich gesagt habe – oder vielleicht sind Sie selbst draufgekommen –, daß das ein bißchen niedrig ist, haben Sie es auf 23 Prozent aufgebessert. Die Differenz zwischen 15 oder 23 Prozent Einheitssteuer beträgt fast 50 Prozent! Darf ich das schon in aller Deutlichkeit sagen! Es ist ja nicht egal, ob ich 15 Prozent Einheitssteuer verlange oder 23 Prozent. Da liegen 50 Prozent Steuerertrag dazwischen! (Abg. Mag. Peter: Das ist mathematisch richtig!) Das ist schon ein bißchen mehr als Banalität!

Sehr geehrter Herr Mag. Trattner! Ich möchte Ihnen noch folgendes sagen: Wir haben natürlich, soweit wir Unterlagen aus den Medien entnehmen konnten, Ihre "flat tax" immer wieder nachgerechnet. Und ich resümiere nach wie vor: Die "flat tax" begünstigt die Besserverdienenden, das ist überhaupt keine Frage! (Abg. Dr. Khol: Richtig! – Abg. Mag. Stadler: Stimmt nicht!)

Sie haben dann nachgebessert: Ab 600 000 S an Jahreseinkommen gibt es keine Absetzbeträge mehr. Haben Sie sich ausgerechnet, was es heißt, wenn Sie zwischen 450 000 und 600 000 S an Jahreseinkommen einschleifen? – Das bedeutet, daß beispielsweise eine vierköpfige Familie mit 450 000 S Jahreseinkommen keine Steuer zahlt! Wenn sie aber nur um 75 000 S mehr verdient, also um die Hälfte innerhalb der Einschleifregelung, zahlt sie für diese 75 000 S nach Ihrem Modell zwischen, je nach welchem Modell, 80 und 90 Prozent Steuer! Damit entsteht eine Progression, die ganz gewaltig ist! (Abg. Dr. Haider: Wer hat dir denn das ausgerechnet?)

Die Frage der Familienbeihilfen war lang virulent, bis Sie gesagt haben: Sie kommt auch! Ebenso der 13. und 14. Bezug! – Ich kann mir nicht vorstellen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß Ihnen die amerikanischen Professoren gesagt haben, daß die "flat tax" funktioniert, wenn es noch zusätzlich solche Ausnahmen gibt. Am Ende fehlt ein gewaltiger Teil des Finanzbedarfes, der auch für die Darstellung eines Budgets notwendig ist. Ich habe Ihnen das schon im Finanzausschuß gesagt, und ich wiederhole das heute.

Die "flat tax" ist durchaus diskutierbar! (Abg. Mag. Stadler: In der "Pressestunde" haben Sie noch gesagt, das sei ein Jux! – Abg. Mag. Trattner: Jetzt sind Sie schon ein bißchen weiter!) Diskutierbar ist alles, nur bin ich absolut gegen dieses System, und zwar deshalb, weil es aufgrund der Vereinheitlichung des Steuersatzes auf soziale Komponenten nicht Rücksicht nimmt.

Zum zweiten – und auch das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit –: Sie sagen immer, das sei ein modernes Steuersystem. Das ist überhaupt kein ... (Abg. Dr. Haider: Selber keine Konzepte, aber die anderen kritisieren!) Sie werden mein Konzept früh genug bekommen. Sie waren nicht im Saal; ich habe gerade Herrn Trattner erklärt, wann wir das vorlegen werden. Wären Sie hier gewesen, hätten Sie jetzt keinen Zwischenruf machen müssen. Aber das stört mich nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Lassen Sie mich den Gedanken fertig ausführen! (Abg. Dr. Haider: Immer nur oben stehen und auf die anderen herunterhacken! Das ist ja keine Politik! Als Finanzminister muß man ein Konzept haben!) Ich habe das Parlament nicht geplant, aber daß ich oben stehe und Sie unten sitzen hat vielleicht auch eine andere Begründung. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe überhaupt nicht vor, Ihr Konzept herunterzumachen, sondern ich stelle Fakten fest. (Abg. Dr. Haider: Sie haben selber keine Ahnung!) Das habe ich gesagt, als Sie nicht im Saal waren. (Abg. Dr. Haider: O ja! Ich habe Ihnen von hinten zugehört!) Nein! Ich habe gesagt: Die "flat tax" ist ein Konzept, dessen Ergebnis und dessen strukturelle Inhalte ich aufgrund meiner politischen Position nicht anstrebe. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Lassen Sie mich noch einen letzten Gedanken vorbringen, da Sie sagen immer, das sei ein modernes Steuerkonzept: Es ist ein Uralt-Steuerkonzept! (Abg. Dr. Haider: Keine Ahnung! Sie sind ein Steuererfinder, wir sind die Steuersenker!) Es ist ein Steuerkonzept, das die Berater selbst bei Herrn Reagan nicht durchgesetzt haben – und das heißt etwas! Ich möchte dem Parlament auch mitteilen, daß es die "flat tax" in extrem modernen Staaten gibt, nämlich in Hongkong, in Estland und auf den britischen Kanalinseln. – Ob das jene Länder sind, die moderne Steuersysteme haben, welche wir uns zum Vorbild nehmen sollen, wage ich zu bezweifeln. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich wiederhole: Ich werde Ende November ... (Abg. Böhacker: Keine Polemik von der Regierungsbank aus!) Es ist aber sehr unangenehm, wenn Sie meinen, daß es polemisch ist, wenn ich meine Meinung vertrete. Falls Sie das so empfunden haben, entschuldige ich mich ausdrücklich dafür. Ich vertrete aber hier nur meine Meinung. Und das darf man auch als Minister in diesem Hause: seine Meinung vertreten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich werde Ende November die Ergebnisse der Steuerreformkommission und auch meine persönliche Einschätzung dazu vorlegen. Danach werden wir innerhalb der Koalition versuchen, eine jenen Eckdaten, die ich zu Beginn meines Diskussionsbeitrages genannt habe, entsprechende Steuerreform zu entwickeln. (Abg. Mag. Stadler, in Richtung ÖVP: Das Wahlkampfthema gibt er Ihnen vor! Ihr kapiert es nur noch nicht!) Sie werden ausreichend Gelegenheit dazu haben, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch aus freiheitlicher Sicht dieser Steuerreform Ihre Zustimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker.

Ich mache darauf aufmerksam, daß für ihn und alle folgenden Redner eine in der Geschäftsordnung vorgesehene Redezeitbeschränkung von 5 Minuten gilt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.19

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Verehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Sie haben wieder einmal viel gesprochen und nichts gesagt. (Abg. Marizzi: Vielleicht kommt die "flat tax" in Brasilien! Der Rosenstingl könnte sie in Brasilien einführen und sich rehabilitieren!)

Herr Finanzminister! Sie haben uns vorgeworfen, daß wir den Steuersatz in unserem "flat tax"-Modell mehrfach angepaßt haben. Wir haben aber immer gesagt, daß er davon abhängt, wie hoch wir die sozialen Freibeträge gestalten, ob der 13. und 14. Bezug entsprechend eingerechnet wird. Das ist nichts Neues! Es ist alles im Fluß, und wir Freiheitliche haben hier sehr, sehr verantwortungsvoll und sozial unser System der "flat tax" ausgerichtet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum zweiten: Herr Finanzminister, Sie sprechen von der "flat tax" wie ein Blinder von den Farben. Sie haben gemeint, es sei eine Einschleifregelung zwischen 450 000 und 600 000 S geplant – das ist absolut unrichtig! (Zwischenbemerkung des Bundesministers Edlinger.) Sie sind nicht auf dem neuesten Stand, Herr Finanzminister, denn Sie argumentieren mit Zahlen, die hinten und vorne nicht stimmen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Nehmen Sie endlich zur Kenntnis: Wenn Sie über ein bestimmtes Modell diskutieren wollen, dann erkundigen Sie sich zuerst nach dem aktuellen Stand dieses Modell (Abg. Marizzi: Der Prinzhorn ist schon weg!), erst dann können Sie entsprechend argumentieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich folgendes feststellen: Die österreichischen Steuerzahler brauchen eine nachhaltige und umfassende Steuersenkung wie einen Bissen Brot, wie ein Ertrinkender den rettenden Strohhalm. (Abg. Leikam: Der Prinzhorn hätte das besser gemacht!) Österreich hat – auch wenn Sie das nicht gerne hören, Herr Finanzminister – dank sozialistischer Finanzminister die höchste Steuer- und Abgabenquote der Zweiten Republik. Jeder Österreicher und jede Österreicherin muß fast ein halbes Jahr arbeiten, um die ständig steigende Begehrlichkeit des Staates zu erfüllen – für den Finanzminister und für den Sozialminister. (Abg. Dr. Nowotny: Das ist ja absurd!) Die Fakten liegen auf dem Tisch.

Herr Finanzminister! Vom Jahre 1988 bis zum Jahre 1998 ist allein die Lohnsteuer um 110 Milliarden Schilling angestiegen. (Abg. Mag. Stadler: Wo ist da die Gewerkschaft?) Das sind 125 Prozent, obwohl die Masseneinkommen nur um 60 Prozent gestiegen sind. (Abg. Dr. Ofner: Edler, was sagst’ jetzt? Nichts mehr!) – Diese großkoalitionäre Steuerpolitik ist schlicht und ergreifend unfair, ja unmenschlich und darüber hinaus ein volkswirtschaftlicher Nonsens. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann erhebt sich das große Wehklagen darüber, daß immer mehr Österreicherinnen und Österreicher in einer Art Notwehraktion in die steuerpolitische Grauzone abdriften. Ich bin der letzte, der der Steuerhinterziehung oder der Abgabenkürzung das Wort redet. Ganz im Gegenteil! Ich trete für die Gleichmäßigkeit der Besteuerung ein. Jene aber, die das heute aus Notwehr machen müssen, driften nicht in die Grauzone ab, um sich zu bereichern, sondern es geht in vielen Fällen schlicht und ergreifend ums Überleben. Wenn das Ihre soziale Komponente in der Steuerpolitik ist, dann sollten Sie das Wort "sozial" aus Ihrem Parteinamen lieber herausstreichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Finanzminister! Hören Sie bitte endlich damit auf, den österreichischen Bürgerinnen und Bürgern zu drohen, daß eine nachhaltige und umfassende Steuersenkung, wie wir Freiheitlichen sie fordern, zwangsläufig zu einem neuen Belastungspaket führen muß. Das ist ein veritabler Unsinn. (Abg. Dr. Nowotny – ironisch lachend –: Nur die Zahlen sprechen dagegen!)

Sie, Herr Finanzminister, und Ihre Vorgänger haben es bewiesen: Sie haben in den letzten zehn Jahren – mit wenigen Ausnahmen – permanent die Steuer- und Abgabenbelastung erhöht und immer tiefer in die Taschen der Steuerzahler gegriffen. Das Ergebnis ist aber nicht etwa, daß Ihnen eine Steuersenkung in großem Ausmaß gelingen wird. Ganz im Gegenteil! Sie haben trotz permanenter Steuererhöhungen den Österreicherinnen und Österreichern zwei Belastungspakete auferlegt, die unfair und unmenschlich sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hören Sie auf damit, das freiheitliche Steuersenkungsmodell als unsozial und die Reichen begünstigend zu bezeichnen! Es wurde heute bereits ein Beispiel dagegen genannt. Ich könnte Ihnen, Herr Finanzminister, viele Beispiele dafür liefern, daß durch unser freiheitliches Steuersenkungsmodell wirklich die Kleinen, die AlleinerzieherInnen und die Familien begünstigt werden.

Angesichts dessen, was die Sozialdemokratische Partei bezüglich der Steuerreform vorhat, möchte ich Hans Rauscher vom "Standard" – wahrlich kein Freund der Freiheitlichen – zitieren: "Was die SPÖ will, ist eine Pseudoreform, die nur zehn Milliarden kosten darf und gerade die kalte Progression der letzten Jahre ausgleicht. Vielleicht wird die Energie ein wenig verteuert, das heißt dann ökologische Reform. Zur Befriedigung der antikapitalistischen Reflexe wird dann noch die Kapitalgewinnsteuer aus Aktien als fixes Show-Element eingebaut. Sie bringt zwar nichts, wie man im Finanzministerium an höchster Stelle jovial zugibt, aber sie vermiest wenigstens private Altersvorsorge per Investmentfonds oder ähnlichem. Diese Mischung wird Viktor Klima als ,große Steuerreform‘ verkaufen." (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Herr Finanzminister! Das ist erbärmlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte.

11.25

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Steuerreform ist sicherlich ein wichtiges Thema. Sie ist aber vor allem viel zu wichtig, um für politisches Kleingeld mißbraucht zu werden. Genau das geschieht aber von seiten der FPÖ! (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Aumayr: Immer die alte Leier!)

Sie holen dieses uralte Konzept der "flat tax", ein altes Projekt konservativer amerikanischer Gruppen, hervor und halten darüber einen Sonderparteitag ab. (Abg. Dr. Haider: Das sagt nicht einmal dein Finanzminister!) Herr Kollege Haider! Das Problem – das hat sich gerade wieder im Zusammenhang mit den Redebeiträgen von Trattner und Böhacker gezeigt – ist, daß nicht einmal ganz klar ist, was eigentlich der letzte Stand Ihres Konzeptes ist. Offensichtlich hat Herr Kollege Böhacker ein anderes Konzept im Auge gehabt als vor ihm Herr Kollege Trattner. (Abg. Böhacker: Entweder wollen oder können Sie es nicht verstehen! Sehr bedenklich!)

Um mir darüber Klarheit zu verschaffen – denn ich bemühe mich ja um Fairneß –, habe ich schon vor einiger Zeit Herrn Parteiobmann Haider einen Brief geschrieben und ihn darin höflich darum ersucht, er möge mir doch die authentisch letzte Fassung zuschicken. (Abg. Mag. Stadler: Kriegen Sie!) Leider habe ich bis jetzt nichts bekommen. (Abg. Mag. Stadler: Aber Sie kriegen es noch!) Offensichtlich ist das Ganze noch immer im unklaren. (Abg. Dr. Haider überreicht dem Redner ein Manuskript.) Das kann doch wohl nicht das ganze Konzept sein, von dem Sie hier sprechen. (Abg. Dr. Haider: Unbürokratisch und einfach!) Ich empfehle Ihnen, Herr Kollege Haider, das auf jeden Fall zunächst einmal in Ihrem eigenen Klub zu verteilen, damit die Leute wissen, wovon sie reden. Diese Unseriosität geht offensichtlich vielen, auch in Ihren eigenen Reihen, auf die Nerven, und diejenigen, die können, ziehen auch die Konsequenzen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Die haben es aber beschlossen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hat der Herr Finanzminister schon darauf hingewiesen, daß Ihr Konzept – auch in der letzten Version, die wir zumindest kennen konnten – extrem unsozial ist. Außerdem ist es – das ist ein zweiter Punkt – von der Finanzierungsseite her mit einem massiven Steuerausfall verbunden. (Abg. Dr. Haider: Lesen Sie es zuerst!) Ich kann mich nur auf das beziehen, was bis jetzt in der Öffentlichkeit bekanntgeworden ist. Das muß man eben sagen. Das ist letztlich auch die wahre Zielsetzung. Ich bin mir nicht sicher, oder ich fürchte, Herr Kollege Haider, Sie wissen eigentlich gar nicht genau, mit welchen Sektierern Sie sich in dieser Frage "flat tax" eingelassen haben. (Abg. Mag. Stadler: Gary S. Becker ist ein Sektierer! Aber geh! Ein Nobelpreisträger! – Abg. Dr. Haider: Ein Wirtschaftsnobelpreisträger ist ein Sektierer!)

Herr Kollege Prinzhorn, der sich in Amerika etwas besser auskennt als Herr Haider, meint wahrscheinlich aus genau diesem Grund, daß das nicht jene Leute seien, mit denen Sie Steuerpolitik machen sollten. (Abg. Mag. Stadler: Mr. Becker gehört zur Sekte der Nobelpreisträger!) Zum Beispiel spricht Herr Rabushka, ein sehr eigenartiger Experte, den Sie hierher geholt haben, nicht davon, den Staat schlank machen zu wollen, sondern er sagt – das ist ein wörtliches Zitat –: Ich möchte den Staat aushungern! – Die Idee dahinter ist, durch einen massiven Steuerausfall einen starken Druck zu erzeugen, um auf diese Weise einen Abbau des Sozialstaates zu erzwingen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist ein Konzept der amerikanischen Rechten. Dort gibt es auch entsprechend große Gruppen, die solche sozialdarwinistische Positionen vertreten. – Ich aber möchte sehr deutlich sagen: Die sozialdemokratische Partei wird – und ich glaube, ich kann auch für unseren Koalitionspartner sprechen (Abg. Mag. Stadler: Ohne Paierl! Ohne Leitl!) – alles tun, um zu verhindern, daß solche sozialdarwinistischen Versuche, das österreichische Sozial- und Wirtschaftssystem zurückzurollen, Erfolg haben. Wir stehen für einen leistungsfähigen österreichischen Sozialstaat. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie mit der "flat tax" anstreben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Plus Paierl! Plus Leitl!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um ganz klar zu sagen, welche Position die SPÖ in Fragen der Steuerreform einnimmt, möchte ich zunächst einmal feststellen – und ich wiederhole das, aber es ist eben wichtig –: Man darf Fragen der Steuerreform nicht isoliert, sondern muß sie im gesamtgesellschaftlichen Umfeld sehen.

Daraus ergibt sich erstens: Eine Steuerreform muß so angelegt sein, daß sie auch dauerhaft ist. Das heißt, es müssen Größenordnungen sein, die dauerhaft zu finanzieren sind und nicht nach kurzer Zeit zu einem neuen Sparpaket führen. Ich möchte dazu auch klarstellen, daß die SPÖ und auch Finanzminister Edlinger für Wahlkampfgags sicher nicht zur Verfügung stehen.

Zweiter Punkt: Die Steuerreform muß kleine und mittlere Einkommen entlasten. Man muß sich dabei auch klar darüber sein, daß gerade für kleine und mittlere Einkommen, für Familien die wirkliche Entlastungswirkung von der Transferseite über staatliche Leistungen geschieht. Genau das werden wir ab 1. Jänner 1999 tun, wenn die Familienbeihilfen um 12 Milliarden Schilling erhöht werden. Das wird eben den kleinen und mittleren Einkommen zugute kommen. (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Dritter Punkt: Wir werden für die steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit und für eine stärkere Steuergerechtigkeit zwischen Arbeit und Kapital eintreten. Das heißt zum Beispiel, daß nicht nur die Lohnkosten, sondern auch realisierte Wertzuwächse steuerlich zu erfassen sind. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Vierter Punkt: Wir halten uns an die vereinbarte Vorgangsweise, die der Herr Finanzminister hier geschildert hat. Auf diese Weise werden wir eine solide, gerechte und langfristig wirkungsvolle Steuerreform durchführen. Sie wird planmäßig mit 1. Jänner 2000 in Kraft treten. Dafür garantieren sowohl diese Regierung als auch im speziellen Finanzminister Edlinger. (Beifall bei der SPÖ.)

11.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.31

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine bevorstehende Steuerreform – ebenso wie eine Debatte über eine solche Steuerreform – ist selbstverständlich auf der ganzen Welt eine Versuchung, mit einem Paket von Forderungen an den Finanzminister heranzutreten und damit eine Art Lizitationspolitik zu betreiben. (Abg. Böhacker: Wie die ÖVP!)

Ich denke, wir sollten diesen Fehler nicht machen. (Abg. Mag. Stadler: So wie bei der Getränkesteuer!) Ich sage es ganz offen: Wir sollten es dem Finanzminister – das sage ich in aller Freundschaft – nicht so leicht machen, daß er zur Antwort geben kann: Ich bin nicht der Weihnachtsmann; was ihr da alles fordert, ist nicht erfüllbar, lassen wir es daher lieber gleich bleiben! – So einfach sollte man es meiner Ansicht nach keinem Finanzminister auf der ganzen Welt machen!

Herr Finanzminister! Wir wissen, daß Sie kein Weihnachtsmann sind. Wir wissen aber selbstverständlich auch, daß wir derzeit die höchste Abgaben- und Steuerquote in der Geschichte der Zweiten Republik haben. Ebenso wissen wir, daß hier zwei Regierungsparteien gemeinsam eine Steuerreform machen müssen, die natürlich sehr unterschiedliche ordnungspolitische, ideologische und gesellschaftspolitische Positionen haben. Das ist gar keine Frage; das ist auch keine Schande. (Abg. Mag. Stadler: Neuwahlen hat er angekündigt!) Das ist eben der Unterschied zwischen Liebesheirat und Vernunftehe; gar keine Frage.

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich ist es primär sozialdemokratisches Gedankengut, möglichst viel zu verteilen, und um viel verteilen zu können, muß man möglichst viel einheben. Gar keine Frage! Wir von der Volkspartei bekennen uns dazu (Abg. Mag. Stadler: Neuwahlen mit einem Pimperlthema!), daß der Grundsatz gilt: Mehr Geld in der Hand des Bürgers und weniger Geld in der Hand des Staates! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir von der Volkspartei verstehen Sparen nicht im Sinne von Sparen zu Lasten des Bürgers (Abg. Dr. Schmidt: Und das ist es doch!), daher gibt es auch kein Gespenst eines neuen Sparpaketes, sondern für uns heißt Sparen: Sparen zu Lasten der Bürokratie und zur Entlastung des Bürgers, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Sie machen aber das Gegenteil!) Ich denke, es ist wichtig, auch das einmal festzustellen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Trinkl – in Richtung Freiheitliche –: Hört zu, dann könnt ihr etwas lernen! – Abg. Haller: Genau das Gegenteil!)

Wir werden auch nicht der Verlockung verfallen, uns dem Modell der "flat tax" zuzuneigen. Meine Meinung deckt sich dabei völlig mit jener des Herrn Finanzministers. Die "flat tax" war in der Geschichte über Jahrhunderte hinweg ein sehr erfolgreiches Konzept. Sie war das Steuerkonzept des Mittelalters: 10 Prozent Zehent ist das gleiche wie die "flat tax". Es war ein erfolgreiches Konzept für das Mittelalter, meine Damen und Herren (Abg. Mag. Stadler: So ein Schmarren!), aber es vernachlässigt alle Erfahrungen der Finanzpolitik und der Finanzwissenschaft der letzten 200 Jahre! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Herr Kollege Stadler! Das tut Ihnen weh, wenn ich das sage! (Abg. Mag. Stadler: Das ist ein Schmarren!) Ich verstehe Ihre Aufgeregtheit. Seien Sie damit zufrieden, daß es ein erfolgreiches Konzept für das Mittelalter war. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Landesrat Leitl, oberösterreichische ÖVP! Landesrat Paierl, steiermärkische ÖVP! – Abg. Dr. Khol: Auch die Kuenringer!)

Meine Damen und Herren! Uns von der Volkspartei geht es aber, da Steuerpolitik Gesellschaftspolitik und Wirtschaftspolitik ist, auch darum (Abg. Mag. Stadler: Leitl, Paierl – beide haben sich auch dafür ausgesprochen!), klar folgendes herauszuarbeiten: Was sind die steuerpolitischen, ordnungspolitischen, gesellschaftspolitischen und wirtschaftspolitischen Ziele einer Steuerreform?

Erstes Ziel: Stärkung der Familie. Ich bin sehr froh darüber, daß wir heute schon sagen können: Dieses Ziel ist durch massives Eintreten unserer Volkspartei bereits erreicht, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seien Sie ehrlich: Wer hätte vor zwei Jahren geglaubt, daß wir bereits vor der großen Debatte über die Steuerreform die Entlastung der Familie als abgehakt bezeichnen können?! (Beifall bei der ÖVP.) Ein Erfolg unseres Familienministers, aber auch ein Erfolg der gesamten Regierung und der Mehrheit hier im Hohen Haus! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: ... Ablösegesetz!)

Zweites Ziel: Entlastung des leistungsfähigen Mittelstandes. Meine Damen und Herren! Das ist eine zweite wichtige Zielsetzung für diese Steuerreform. Leistung muß sich wieder lohnen! Dafür müssen wir den Steuerdruck mindern. Gar keine Frage! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haller: Reden kann er ja gut, der Herr Kollege, aber an den Taten soll er gemessen werden!)

Dritter Schwerpunkt – und ich wundere mich darüber, daß von unserem Koalitionspartner so wenige Vorschläge zu diesem Thema kommen –: Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Das ist Beschäftigungssicherung, das ist Arbeitsplatzpolitik, meine Damen und Herren: Entlastung des Wirtschaftsstandortes Österreich! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Das ist ein "Pimperlthema"!)

Ich gehe jetzt auf keine Details ein, sondern nenne nur zwei Beispiele: zunächst die Abschaffung der Erbschaftssteuer bei Betriebsübergabe. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Aber schon auch der Schenkungssteuer!) Ich lese in Zeitungsinseraten: Neue Arbeit durch neue Unternehmer. – Wenn wir das ernst meinen, ist die Erbschaftssteuer bei Betriebsübernahme als Jobkiller sofort abzuschaffen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich lese: Neue Arbeit durch neue Unternehmen. Das heißt, bitte: Abschaffung der heutigen Diskriminierung des Eigenkapitals. Eigenkapital ist heute diskriminiert, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und beim Liberalen Forum.) Ich bin da sehr hoffnungsfroh. (Abg. Dr. Ofner: Ihr seid ja in der Regierung! – Abg. Aumayr: Sie sind in der Regierung, Herr Kollege! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Herr Finanzminister! Ich bin sehr hoffnungsfroh. Die Slogans, die ich vom letzten SPÖ-Parteitag gehört habe, und was ich jetzt in ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist zu Ende!

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (fortsetzend): Ich bin sehr hoffnungsvoll, daß wir aus diesen Slogans konkrete Politik machen können (Abg. Dr. Haider: Wie lange ist die ÖVP schon in der Regierung?), das heißt, Politik zur Sicherung der Arbeitsplätze, Politik zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß die fünfminütige Redezeitbeschränkung in dieser Debatte nicht mein persönliches Hobby ist, sondern in der Geschäftsordnung steht. Ich bitte, sich in Zukunft daran zu halten!

Herr Abgeordneter Mag. Peter, Sie sind der nächste Redner. Von diesem Vorwurf sind Sie noch nicht betroffen. – Bitte.

11.36

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es ist ein wirkliches Vergnügen ... (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Es ist ein wirkliches Vergnügen, nach dem Abgeordneten Stummvoll zu sprechen. Man kann ihm einfach nicht widersprechen: Mehr Geld in der Hand des Bürgers, weniger beim Staat, Entlastung und Stärkung des Wirtschaftsstandorts! Herr Dr. Stummvoll, Sie haben meine Stimme! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Neue Arbeit durch neue Unternehmer: der neue Weg in die Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, Sie haben meine Stimme! (Abg. Dr. Nowotny: Aufhören!) Das ist doch großartig, endlich kommt in dieser Republik etwas in Bewegung!

Das einzige Problem, das ich habe, ist diese Seite, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! (Der Redner hält ein unbeschriebenes Blatt Papier in die Höhe.) Da steht nichts darauf, bisher waren es nur Worte. (Abg. Edler: Da muß man die richtige Seite zeigen!) Aber dahinter ist noch nichts.

Jetzt möchte ich vorschlagen, daß Sie das einfach tun, was Sie sagen. Ich finde es toll, daß Sie in der Regierung sind, daß Sie die Mehrheit haben und daß Sie gute Vorschläge machen. Jetzt tun Sie es doch auch, bitte schön! Das scheint der Punkt zu sein. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Erst nach der Wahl!)

Der Herr Finanzminister hat uns erklärt, daß die Option der Machbarkeit in der Kommission geprüft wird. Da stimme ich Ihnen zu. Sie haben gesagt, daß die politische Fähigkeit, die Umsetzung und die Kraft zur Reform diese Steuerreform entscheiden werden. Da stimme ich Ihnen auch zu. Also bitte, füllen Sie dieses Blatt, Herr Finanzminister! Schauen Sie, daß in diesem Land endlich etwas weitergeht! Was Sie in den letzen drei Jahren produziert haben, ist Reformstillstand. Nichts geht mehr in diesem Land: Schwarz blockiert Rot, Rot blockiert Schwarz!

Nowotny hat vom politischen Kleingeld gesprochen. Herr Finanzminister! Wechseln Sie nicht ein bißchen politisches Kleingeld, wenn Sie genau wissen, daß der 13. und 14. Monatsbezug ein Privileg der hier sitzenden Besserverdienenden ist? – Ein Privileg der Abgeordneten, der Politiker, der Journalisten, der gut verdienenden DirektorInnen, der gut verdienenden Manager – deren Privileg ist es! Es ist nicht das Privileg der kleinen Leute, sondern sie sind es, die dieses Privileg durch zu hohe Steuersätze bezahlen. Das ist das Thema! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Finanzminister! Wenn Sie nicht politisches Kleingeld wechseln wollen, dann haben Sie doch den Mut, eine Steuerreform vorzulegen! So, wie wir Liberale es gemacht haben, indem wir gesagt haben: Wir wollen die Steuersätze so weit senken, daß auch unter Weglassen aller Ausnahmen und bei Vereinfachung des Steuersystems – in Klammern hinzugefügt: Ihr Vorgänger, Mag. Klima, hat das als Finanzminister gefordert – für die Menschen ein geringerer Steuersatz herauskommt. Erst durch die Vereinfachung des Steuersystems und die niedrigen Grenzsteuersätze werden die Menschen verstehen, daß es sich lohnt, mehr zu arbeiten, sich mehr einzusetzen und mehr Leistung zu erbringen – dann, wenn der Grenzsteuersatz nicht 50, sondern 40, nicht 42, sondern 30, nicht 32, sondern 20 und nicht 22, sondern 10 Prozent beträgt.

Das wissen Sie doch alles, Herr Finanzminister! Warum wechseln Sie dann politisches Kleingeld, wie Nowotny es genannt hat? – Ich halte es nicht für fair – oder eröffnen Sie schon den Wahlkampf? –, daß wir schon in jene Phase kommen, in der wir nicht mehr arbeiten, sondern nur noch zum Fenster hinaus reden.

Herr Finanzminister! Sie waren gestern in Bonn und haben mit Lafontaine gemeinsam eine Pressekonferenz gegeben. Sie waren dabei, als über die Frage des Stabilitätspaktes diskutiert wurde. Mich erfüllt es mit Sorge ... (Bundesminister Edlinger: Daß ich in Bonn war?) Nein, sondern was dort – nicht von Ihnen, aber von Lafontaine – über die Frage des Stabilitätspaktes gesagt wurde. Wir sind jetzt in der Phase, daß wir den Euro am 1. Jänner 1999 einführen und drei Jahren später in Bargeld umsetzen werden.

Daß Sie von der Europäischen Zentralbank Zinssenkungen verlangen, halte ich für legitim. Daß Sie die Frage stellen, ob man die Investitionen des Staates aus der Defizitquote herausrechnen sollte, halte ich hingegen für ein sehr gefährliches Spiel. (Beifall beim Liberalen Forum. – Bundesminister Edlinger: Das ist nicht von mir!) Darüber wurde auf europäischer Ebene gesprochen. Sie waren dabei und haben sich im anschließenden Interview ... (Bundesminister Edlinger: Kommissar Monti hat diesen Vorschlag gemacht!) Sie treten diesem Vorschlag also nicht bei? (Bundesminister Edlinger: Ich habe gesagt, man muß darüber diskutieren!)

Gut, dann diskutieren wir darüber. Ich versuche es gerade, weil ich es für einen sehr gefährlichen Weg halte, wenn wir die Investitionen des Staates aus der Defizitquote herausrechnen und damit implizit sagen, daß die Defizitquote des Staates nur noch dazu dient, das Mehr an staatlichem Konsum zu finanzieren, das wir durch die Steuern nicht bedecken können. Das heißt, wir kommen damit in eine Situation, in der wir den Wert unserer Währung sehr stark in Frage stellen.

Ich weise darauf hin, daß die Zinssteuerquote trotz sinkender Tendenz netto noch immer über 20 Prozent beträgt und daß wir in den letzten 30 Jahren im Vorgriff auf die Zukunft gelebt haben. Das müßte Sie, Herr Finanzminister – da auch Sie Enkelkinder haben –, genauso wie mich betreffen. Ich denke daher, die Währungspolitik sollte man bei der Europäischen Zentralbank belassen und sie nicht dem Wahlspiel der Finanzminister anheimstellen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

11.41

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Minister Edlinger! Die Debatten ähneln einander sehr: Wir hören von Ihnen regelmäßig, was nicht geht. Zum Beispiel wird eine Änderung beim 13. und 14. Monatsbezug zugunsten einer Änderung der Steuerstruktur in der Lohn- und Einkommensteuer von Ihnen offensichtlich als politisch nicht machbar eingeschätzt. Alles, was den Finanzausgleich betrifft, ist ebenfalls tabuisiert und nicht machbar.

Sehr viel bleibt dann nicht übrig, aber einige große Brocken sind es doch, und daran möchte ich Sie erinnern. Wenn Sie sich wirklich ausschließlich auf den Bereich der Bundessteuern konzentrieren, dann lade ich Sie dringend dazu ein. Sie haben einige freundliche Worte zum Steuerreformprogramm der Grünen gefunden, nämlich zur Ökologisierung der Steuerstruktur und zur Entlastung der Arbeit einerseits sowie zur Anhebung der Energiesteuern andererseits. Das geht, ohne daß Sie den Finanzausgleich aus den Angeln heben müssen, ja unserer Meinung nach geht es sogar, ohne ihn auch nur am Rande zu berühren.

Wenn Sie gleichzeitig den anderen Punkt ernst nehmen, den Sie auch als zentralen Pfeiler der Steuerreform genannt haben, nämlich die Senkung der Arbeitskosten, dann frage ich mich, wie Sie im Rahmen eines nachhaltigen Steuerkonzepts – erlauben Sie mir, den Ausdruck "Nachhaltigkeit" auch in diesem Zusammenhang zu verwenden – eine nachhaltige Senkung der Arbeitskosten ohne Ökologisierung des Steuersystems erreichen können – es sei denn, Sie wollen das Defizit erhöhen – was ich nicht glauben kann – oder drastische Maßnahmen im Bereich der Vermögensteuern treffen, also in einem Bereich, den Sie implizit tabuisiert haben, ohne ihn hier ausdrücklich zu erwähnen.

Vom Procedere der Steuerreformkommission her – von dem, was vor allem in den letzten Monaten geschehen ist – kann ich Ihren Optimismus nicht ganz teilen, Herr Finanzminister. Daran sind Sie persönlich meiner Ansicht nach nicht ganz unschuldig, nämlich was das Timing betrifft. Ich wünsche Ihnen alles Glück dafür, daß noch etwas Vernünftiges und Vertretbares zustande kommt, glaube das aber nicht. Die große Steuerreform von 1988 – die Lacina-Ditz-Reform – ist nicht zufällig in der Mitte einer Legislaturperiode zustande gekommen.

Am Ende einer Legislaturperiode, da Ihr Koalitionspartner genauso wie Sie selbst – und wir selbstverständlich auch – in den Startlöchern für die Wahlen steht, zu erwarten, daß jetzt, abgesehen von einzelnen Zwischenrufen, in Ruhe die Optionen des Machbaren für die Steuerreform vorgelegt werden und Sie dann gemeinsam mit der ÖVP in Ruhe debattieren, was man machen kann und was nicht, das halte ich für absolut unwahrscheinlich, Herr Minister! Wir brauchen uns ja nur die heutige Rede von Herrn Kollegen Stummvoll anzuhören. Herr Kollege Stummvoll hat ... (Abg. Kiss: Exzellente Ausführungen!) Ja, exzellente Ausführung, mag schon sein (Abg. Dr. Khol: Dem haben Sie wenig entgegenzusetzen, Herr Kollege!), aber im wesentlichen hat er gesagt: Wir verlangen eine Steuerentlastung hier, wir verlangen eine Steuerentlastung dort (Abg. Dr. Trinkl: Das verlangen Sie auch!), wir verlangen eine Abschaffung der Erbschaftssteuer, wir verlangen eine Begünstigung des Mittelstandes und und und – ohne bei irgendeinem Punkt dazuzusagen, wie er sich die Finanzierung vorstellt. (Abg. Dr. Trinkl: O ja, das hat er eingangs gesagt!) Das habe ich nicht gehört. – Das also wird kommen? Ja, jetzt im Wahlkampf. (Abg. Dr. Khol: Das werden wir mit dem Finanzminister verhandeln!)

Niemals werden Sie das tatsächlich machen! Sie werden genau das gleiche machen wie die FPÖ, nämlich Steuervorschläge hinauflizitieren, und ob das dann 10, 20, 40 oder 50 Milliarden Schilling kostet, ist Wurscht. Der qualitative – oder, wenn Sie so wollen, quantitative – Unterschied ist, daß die "flat tax" der Freiheitlichen nach meiner – zugegeben oberflächlichen – Einschätzung mindestens 100 Milliarden Schilling Steueraufkommensausfall kosten wird. (Abg. Dr. Khol: Da stimme ich Ihnen zu!) Das kann sich Österreich schlicht nicht leisten, außer man will das, was Herr Rabushka in Wirklichkeit will: den Staat ruinieren. Wie hast du (in Richtung des Abg. Dr. Nowotny) es genannt? (Abg. Dr. Nowotny: Aushungern!) Nicht ruinieren, sondern aushungern; aber das läuft auf dasselbe hinaus. (Abg. Dr. Khol: Sozialrückbau zu Lasten der Menschen!)

Herr Kollege Trattner! Ich wäre sehr dankbar – wo ist er; er ist im Moment nicht da –, wenn ich auch einmal die endgültige Fassung Ihres Steuermodells bekommen könnte. Ich kann nur sagen: Wenn Sie im Ernst erwarten, daß dieser Steuerausfall von 100 Milliarden Schilling über Wachstumseffekte hereinkommt – bitte, Sie brauchen erstens die entsprechenden ... (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wie kommen Sie auf 100 Milliarden?)

Bei einer "flat tax" von 23 Prozent, mit der Sie de facto – ich kann es nicht genau errechnen, weil Sie mir die Unterlagen noch nicht gegeben haben, aber über den Daumen gepeilt – zwei Drittel aller Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen aus der Lohn- und Einkommensteuer herausnehmen, frage ich mich ernsthaft, warum Sie die Lohn- und Einkommensteuer nicht überhaupt abschaffen wollen. Das wäre doch viel einfacher! Dann hätten wir endgültig ein regressives Steuersystem. Aber das scheint Sie nicht zu bekümmern. (Abg. Dr. Haider: Es geht auch um die Arbeitsplätze! Mehr Einkommen, mehr Arbeitsplätze, mehr Investitionen! Ist das so schwer verständlich?) Geh, bitte! (Abg. Dr. Haider: Ist es so schwer verständlich, daß mehr Investitionen mehr Arbeitsplätze schaffen? – Abg. Dr. Nowotny: Pseudo-Ökonom Haider!)

Ein bißchen Arithmetik ... (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen) – einen Schlußsatz noch –, ein bißchen Arithmetik, Herr Kollege Haider: Um 100 Milliarden Schilling hereinzubringen, bräuchten Sie ein zusätzliches Wachstum beim Sozialprodukt in der Größenordnung von 10 bis 15 Prozent! Bitte! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums. – Abg. Dr. Haider: Fragen Sie Professor Schneider! – Abg. Dr. Van der Bellen – das Rednerpult verlassend –: Schneider frage ich nicht!)

11.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Gaugg. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

11.47

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister Edlinger, Sie haben in Ihren Ausführungen in der Aktuellen Stunde ein klares Schuldeinbekenntnis abgelegt, indem Sie gesagt haben, in den letzten Jahren seien die Belastungen bei den Arbeitern um 7 Prozent gestiegen und die Kapitalbesteuerung sei um 10 Prozent gesunken. Das sind Ihre Worte und Ihre Aussagen. Das heißt: ein klares Versagen der Sozialdemokratischen Partei in diesem Land! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind in einer Partei groß geworden, die früher einmal für den Arbeiter noch etwas übrig hatte. Ich frage mich heute: Was tun Sie für den Arbeiter? Was tun Sie als Finanzminister für den kleinen Mann in unserer Republik, damit er wieder ein menschenwürdiges Dasein hat?

Sie beklagen einerseits den Verlust von Milliarden Schilling, weil es zuviel Schwarzarbeit in Österreich gäbe, andererseits treiben Sie die Menschen geradezu in die Schwarzarbeit, weil sie aufgrund Ihrer Steuerpolitik sonst nicht mehr überleben würden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese verfehlte Finanzpolitik muß hinterfragt werden. Wo bleibt die Ausgewogenheit? Wo ist ein Ausgleich für die Einkommenseinbußen, welche die Arbeitnehmer haben erleiden müssen?

Da kommt es dann zu Redebeiträgen Ihres Budget- und Finanzsprechers Nowotny, in denen von Sektierern die Rede ist. Immerhin handelt es sich auch um Nobelpreisträger, und von denen – von Becker und anderen – sind Sie meilenweit entfernt. (Abg. Dr. Nowotny: Herr Rabushka ist kein Nobelpreisträger!)

Dann kommt der nächste, der aus einer geschützten Werkstätte zu uns spricht. Aus einer geschützten Werkstätte sagt Herr Stummvoll von der Wirtschaftskammer: Alles, was bisher gemacht wurde, ist rosig; das, was jetzt kommt, ist noch besser.

Ich sage Ihnen dazu eines, da auch Sie, Herr Klubobmann Khol, vom Mittelalter sprechen. Hier habe ich einen Brief vom 30. Oktober 1998 – wenn das für Sie Mittelalter ist, dann mag es so sein –, darin schreibt ein Vorarlberger an die ÖVP-Bundespartei (Abg. Edler: Der Gorbach?): Ihre Stellungnahmen gegenüber dem FP-Steuermodell "flat tax" sind für uns ein weiteres Negativsignal der ÖVP. Wir sind eine Vorarlberger Familie mit zwei Kindern und einem Familieneinkommen. Für uns ist die derzeitige Steuerbelastung unerträglich. – Das wird dann näher begründet.

Weiter heißt es darin: Wir haben bisher Ihre Partei gewählt. Jetzt ist es offensichtlich Zeit für einen Wechsel. – Das sollte zum Nachdenken anregen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Trinkl: Sehr gut! Hat das einer von der "F" geschrieben?)

Darüber hinaus möchte ich Sie fragen, wenn wir schon vom "Mittelalter" reden, ob der Herr Paierl und der Herr Leitl, beide Landesräte Ihrer Partei, auch im Mittelalter regiert haben oder ob sie derzeit im Amt sind, ebenso wie Herr Präsident Neisser, der derzeit den Vorsitz im Parlament führt und der Idee der "flat tax" durchaus aufgeschlossen gegenübersteht. Nur Sie meinen, mit Mitteln der Vergangenheit die Zukunft meistern zu können!

Wo bleibt denn der Einsatz der Regierungsparteien für den einfachen Arbeiter und Angestellten in dieser Republik? – Sie unterstützen in Österreich das Nichtstun nachweislich mehr als die Arbeit! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie unterstützen das Nichtstun und belasten die Arbeit!

Ein paar Beispiele. Ein Arbeiter, ledig, ein Kind, 25 000 S an Einkommen, zahlt derzeit etwa 36 000 S Lohnsteuer, das ist eine Belastung von 10,4 Prozent. Nach dem "flat-tax"-Modell gäbe es für ihn eine Verringerung auf 19 700 S Lohnsteuer – also um 17 000 S weniger –, auf 5,6 Prozent an Lohnsteuerbelastung. Das kann man nachrechnen.

Oder: Ein Arbeiter, Alleinverdiener, zwei Kinder, mit einem Bezug von 21 000 S, hat derzeit eine 5,8prozentige Lohnsteuerbelastung. Er würde nach dem "flat-tax"-Modell nur 0,7 Prozent an Lohnsteuer zahlen.

Oder: Ein Arbeiter mit einem Einkommen von 42 000 S würde nach dem "flat-tax"-Modell seine Steuerleistung von derzeit 105 700 S auf 63 700 S – sprich, von 17,6 Prozent auf 10,6 Prozent – reduzieren. – Und jetzt frage ich Sie: Was ist daran so schlecht? Was soll an diesem Modell nicht sozial sein, nicht gerecht sein, wenn bei Ihnen ... (Zwischenbemerkung des Bundesministers Edlinger.)

Na, dann rechnen Sie es einmal nach, und dann reden wir darüber, dann diskutieren wir darüber! Aber wenn Sie schon von Haus aus nein dazu sagen, dann zeigt das nur, daß auch Sie einer von jenen sind, die an einem Regierungssyndrom leiden und nach dem Motto: "Mir san mir, und auf alles, was von der Opposition kommt, sagen wir nein!" vorgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist Ihr System. Sie sagen: Wir sind die Herren da herinnen! Es ist so lästig, einem Oppositionsabgeordneten überhaupt noch zuzuhören. Da rechnen wir gar nicht nach, denn wir sind ja die Stars.

In Wahrheit ist das ein fossiles, die Vergangenheit nicht bewältigendes Auftreten mancher Sozialdemokraten, obwohl es viele andere gibt, die ihr Hauptaugenmerk sehr wohl darauf legen, den österreichischen Arbeitnehmern mit einer Steuerreform, die tatsächlich etwas brächte, wieder eine Chance zu geben.

Aber Sie unterstützen heute die Großmogule. Sie unterstützen Stiftungen, und Sie unterstützen die Bank Austria mit Steuererleichterungen. Wenn Sie zum Beispiel Kreditkartenorganisationen kaufen, dann sind Sie Weltmeister! Da sind Sie in Ihrem Element! Aber für den einfachen Arbeiter, der einmal von einer Steuerreform etwas profitieren sollte – damit würde man nämlich der Schwarzarbeit wirklich den Kampf ansagen, und man bekäme im Steuerdschungel auch endlich einmal eine klarere Sicht –, haben Sie nichts übrig.

Ein Punkt noch, Herr Finanzminister. Sie müßten sich eigentlich jeden Tag dafür schämen, daß viele Arbeitnehmer in Österreich aufgrund der wirren Gesetzeslage nicht in der Lage sind, die ihnen zustehende Steuerrückvergütung anzufordern, weil sie den entsprechenden Antrag ohne fachmännische Hilfe gar nicht stellen können. Sie müßten damit nämlich einen Steuerberater beauftragen, damit sie mit ihrem Nettoeinkommen von 12 000 S vielleicht – weil sie zum Beispiel eine Lebensversicherung abgeschlossen haben oder Zahlungen für ein Wohnbauvorhaben leisten – ein paar Schillinge Steuer rückvergütet bekämen.

Dafür sollten Sie sich schämen! Wenn nämlich alle Betroffenen solche Anträge stellen würden, dann könnten Sie das derzeit bereits nicht mehr finanzieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.53

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gaugg ist eigentlich ein gutes Beispiel, um zu zeigen, daß die freiheitliche Fraktion in der Steuerpolitik eine Art Realitätsverweigerung betreibt.

Er stellt sich hier heraus und bejammert die dramatische Situation für die österreichischen Arbeitnehmer – er, der Retter und Kämpfer für die Entrechteten in diesem Land, so wie er auch vor rund zwei Jahren hier gestanden ist und dasselbe für die Riegerbank getan hat. Nicht nur er hat das getan, sondern auch seine Kollegen Trattner und Schreiner – der inzwischen nicht mehr hier ist, weil er im Rahmen der Rosenstingl-Affäre ausgestiegen ist – haben damals so gesprochen.

All diese "armen" Österreicher vertritt die Freiheitliche Partei. Und besonders geeignet, um die Interessen dieser "armen" Österreicher wirklich kraftvoll zu verteidigen, ist natürlich das Steuermodell der Freiheitlichen Partei, das unter anderem dazu führen würde, daß 50 Prozent der Spitzeneinkommensbezieher in Zukunft geringere Steuern zu bezahlen hätten.

Meine Damen und Herren! Ich meine, so einfach und so simpel ist Politik einfach nicht. Der wahre Grund für dieses Verhalten ist einfach der, daß die Freiheitliche Partei auf keinen Fall vernünftigen Vorschlägen für eine Steuerreform zustimmen will.

Regierungspolitik ist allerdings anders zu betreiben. Sie hat sich an Realitäten zu orientieren, und aus diesem Grund sind wir in diesem Bereich auch sehr seriös tätig. Die Steuerreformkommission – der Herr Bundesminister hat das schon erwähnt – ist sehr aktiv und wird noch im November die Möglichkeiten, die wir für das österreichische gesellschaftliche System im Rahmen eines starken Staates benötigen, hier präsentieren.

Anfang Jänner wird der erste Schritt zur Entlastung der österreichischen Familien erfolgen. Mit dem Familienpaket wird ab 1. Jänner eine kräftige Entlastung für die kleinen Einkommensbezieher, für die kinderreichen Familien stattfinden. Das ist der erste Schritt einer großen Steuerreform.

Der zweite Schritt einer Steuerreform wird im kommenden Frühjahr festgeschrieben, und ich kann Ihnen garantieren, daß die österreichische Sozialdemokratie größten Wert darauf legen wird, daß diese "Steuerreform 2000" sozial gerecht ist, daß kleinere und mittlere Einkommen entlastet werden, daß die Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft nach wie vor nachhaltig gegeben sein wird – so wie sie das ja auch jetzt tagtäglich beweist. Ich kann Ihnen auch versichern, daß wir nicht bereit sein werden, den leistungsfähigen österreichischen Sozialstaat aus gesamtwirtschaftlichen Interessen aufzugeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne schließe ich meinen Beitrag zu dieser Debatte, die ja im übrigen nur einen sehr populistischen Charakter hat. (Beifall bei der SPÖ.)

11.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte.

11.56

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit drei kurzen Bemerkungen zu den verschiedenen Steuerkonzepten, die heute hier vorliegen, Stellung nehmen.

Thema Nummer eins, unser eigenes Steuerkonzept. Wir von der ÖVP haben im Juni dieses Jahres ein Steuerreformkonzept vorgelegt, das Hand und Fuß hat. (Abg. Dr. Haider: Aber keinen Kopf!) Dieses Konzept weist vor allem ganz klar in eine Richtung: Wir wollen eine Steuersenkung für den Mittelstand, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ungeheure derzeitige Aufkommen an Lohnsteuer und seine starke Zunahme in den letzten Jahren geben Anlaß dazu, die mittleren Tarifstufen um 2 Prozent zu senken. Das bedeutet nach unserem Konzept für den Durchschnittsverdiener, der derzeit im Jahr ungefähr 300 000 S verdient, eine Senkung seiner Steuerlast um 7 600 S oder 11 Prozent pro Jahr. Das sind keine Peanuts, sondern das ist – das möchte ich ausdrücklich festhalten – für den Durchschnittsverdiener eine wesentliche Steuerentlastung! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Peter: Und sonst bleibt alles gleich?! Das ist schon eine Steuerreform?!)

Lieber Herr Kollege! Lassen Sie mich das erläutern. Wir haben nicht nur diesen einen Punkt, sondern viele Punkte in unserem Steuerreformkonzept ausgewiesen.

Bemerkung Nummer zwei. Die FPÖ geht nach dem Motto vor: "Wer bietet mehr?" – Zuerst haben wir gehört, die "flat tax" soll 17 Prozent betragen. Jetzt hören wir, die "flat tax" beträgt 23 Prozent. – Zuerst hieß es, man wolle überhaupt keine Ausnahmen mehr schaffen, sondern jeder müsse 17 Prozent zahlen. Heute wiederum heißt es, es gebe einen Freibetrag von 150 000 S für jeden.

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Es ist wirklich interessant, wie wandlungsfähig Sie sind. Und ich möchte einmal festhalten und Ihnen an einem Beispiel vorrechnen, was Ihre Steuerreform zum heutigen Zeitpunkt bedeuten würde.

Wenn man sich wiederum auf den Durchschnittsverdiener von 300 000 S Jahreseinkommen bezieht, dann stellt man fest, dieser würde nach Ihrem neuen Steuerreformkonzept eine Lohnsteuerentlastung von 2 900 S im Monat erhalten. Wenn wir uns hingegen einen Steuerzahler anschauen, der eine Million im Jahr verdient, dann sieht man, dieser würde nach Ihrem neuesten Konzept eine monatliche Entlastung von 13 000 S erhalten. – Und da wollen Sie uns heute hier blauäugig erklären, der Besserverdiener werde bei Ihnen nicht besonders bevorzugt, sondern für Sie sei immer noch der kleine Mann entscheidend?! (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer.)

Meine Damen und Herren! Sie haben sich heute damit, wie Sie dieses Konzept vorgelegt haben, auch entlarvt. Sie haben den Millionär im Auge und nicht den kleinen Mann, und das ist ein wesentlicher Unterschied zu unserer Steuerpolitik! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Unglaublich!)

Ich möchte einen dritten kurzen Punkt zu unseren lieben Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion sagen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer.) Wir kennen uns bei Ihnen langsam nicht mehr aus! Sie haben uns zuerst erklärt, Sie warten zu. Sie haben uns dann einmal über den Herrn Finanzminister erklärt, eine Steuerreform habe im derzeitigen Budget eigentlich zu wenig Pouvoir. Der Herr Bundeskanzler wolle aber trotzdem rasch eine Steuerreform abschließen. – Und nach dem SPÖ-Parteitag vom letzten Wochenende haben wir gehört, ohne eine Aktiensteuer gehe keine Steuerreform.

Es würde mich sehr interessieren, einmal von Ihnen zu hören oder zu lesen, welche Steuerreform Sie eigentlich machen wollen. Wir vermissen nach wie vor ein Konzept von Ihnen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Richtig!)

Entweder haben Sie Ihren diesbezüglichen Vorschlag noch nicht erarbeitet, dann frage ich Sie, worüber Sie verhandeln wollen, oder Sie sind sich innerhalb der SPÖ noch nicht einig, aber dann frage ich Sie, was Sie nächstes Jahr beschließen wollen. Oder wollen Sie das Ganze tatsächlich dazu benützen, vorgezogene Neuwahlen vom Zaun zu brechen?

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich fordere Sie auf: Legen Sie ein Konzept vor, über das wir reden können! (Abg. Edler: Haben Sie dem Finanzminister zugehört?!) Kehren Sie vom Parteitag zurück an den Verhandlungstisch und reden Sie mit uns darüber, wie man dem durchschnittlich verdienenden Österreicher mit einer Steuerentlastung wieder zu mehr Geld in der Tasche verhelfen könnte! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

12.01

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Bundesminister Edlinger hat uns hier in der ihm eigenen – eloquenten – Weise dargestellt, daß eigentlich "nichts geht". Das ist ein deutlicher Widerspruch zu den Anforderungen des Herrn Bundeskanzlers, der gesagt hat, es müsse rasch etwas geschehen. Möglicherweise war es aus der Sicht des Finanzministers etwas ehrlicher, aber der Opposition gefällt es deswegen noch lange nicht. Denn daß Herr Bundesminister Edlinger ehrlicherweise zugibt, daß er beim Finanzausgleich keine Chancen sieht, weil die Landeshauptleute, einschließlich der Landeshauptfrau Klasnic, intransigent – das heißt stur und uneinsichtig – sind, ist keine gute Prognose für Verhandlungen über eine dringende Reform des Finanzausgleichs.

Wenn Herrn Bundesminister Edlinger zur Reform der Steuern im Bereich der unselbständig Erwerbstätigen nichts anderes einfällt, als daß er sagt, es muß jedenfalls die Struktur gleich bleiben – das heißt, ein Sechstel des Jahreseinkommens muß steuerfrei oder annähernd steuerfrei bleiben; dafür wird der Rest umso höher besteuert, damit im Mischverhältnis den Unselbständigen eine Begünstigung zukommt –, dann ist das überhaupt nicht nachvollziehbar! Warum muß das so bewerkstelligt werden, daß man ein Sechstel annähernd steuerfrei hält und fünf Sechstel hoch besteuert? Warum kann man nicht den gesamten Jahresbezug mit niedrigeren Steuern fair besteuern? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das ist der Kern der Debatte um den sogenannten 13. und 14. Monatsbezug. Es geht ja nicht darum, daß das Jahreseinkommen verändert werden soll, sondern darum, daß man endlich dazu übergehen soll, Herr Bundesminister, daß das Jahreseinkommen die Grundlage für die Berechnung von Steuern ist. Außerdem müssen – eine Forderung des Liberalen Forums, zum hundertsten Mal von diesem Pult aus wiederholt – die Steuern gesenkt werden. Es ist besser, den Menschen in jenen Bereichen, in denen es Steuerpflichten gibt, dadurch entgegenzukommen, daß man ihnen weniger wegnimmt oder nur das an Steuern einhebt, was man tatsächlich braucht, anstatt das Geld sozusagen auf die Reise zu schicken.

Zuerst nimmt man es ihnen weg – und dann gibt man es ihnen in Form eines Transfers wieder zurück. Transfers werden Sie dort brauchen, wo die Leute gar kein Einkommen haben oder ein so niedriges, daß sie froh wären, wenn sie ein höheres hätten und Steuern zahlen müßten. Für diese Menschen brauchen Sie Transfermittel. Sie brauchen Transfermittel doch nicht primär bei jenen Leuten einzusetzen, die ohnedies Steuern zahlen! Nehmen Sie diesen Leuten lieber weniger Steuern weg, Sie könnten sich dadurch die eine oder andere Beihilfe ersparen. Aber das würde eine tiefgreifende Strukturreform erfordern. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Ich meine daher, wir sollten in diesem Zusammenhang die Steuerpolitik und die Sozialpolitik zusammenführen. Herr Kollege Gartlehner hat das hier wortreich beschworen. Aber das braucht er gar nicht zu beschwören, denn wir – zumindest wir vom Liberalen Forum – sind in diesem Punkt selbstverständlich derselben Meinung: Ein vernünftiges Sozialsystem muß öffentlich finanziert werden. Das darf und kann man nicht der privaten Gönnerlaune der Caritas oder der Fürsorge, also der reinen Nächstenliebe-Fürsorge, überlassen. Das ist völlig logisch, aber dazu müßten wir ein effizientes, ein gerechtes, ein faires Steuersystem und vor allem ein Steuersystem mit Augenmaß haben, damit die Steuerzahler nicht verdrossen werden und nicht unter anderem auch aus diesen Gründen zum Beispiel in die Schwarzarbeit flüchten.

Sie müßten eine zielorientierte Reform der Sozialpolitik machen. Sie müßten die Ziele der Sozialpolitik offen auf den Tisch legen. Sie müßten sagen, was Sie in diesem Bereich wirklich erreichen wollen. Sie dürften nicht ein derartiges Gestrüpp, einen solchen Dschungel, eine derartige Unübersichtlichkeit an Sozialleistungen aufrechterhalten, wobei am Schluß dann nicht einmal das Adäquate bei den Betroffenen ankommt, aber eine riesige Bürokratie damit beschäftigt ist, etwas zu verteilen, von dem dann zuwenig übrigbleibt, als daß es überhaupt den sozialen Zwecken entsprechen könnte.

Darin liegt ein enormes Effizienzsteigerungspotential, das aber zugegebenermaßen weniger in Ihrem Haus als vielmehr im Ressort der Frau Bundesministerin Hostasch beheimatet ist. Um dieses Potential auszuschöpfen, müßten Sie aber innerhalb der Regierung zusammenarbeiten. Das Ergebnis müßte aus einem Guß sein.

Eine Steuerreform aus einem Guß bedeutet, daß man selbstverständlich die soziale Flanke mitberücksichtigt und sich die Frage überlegt: Wie kann ich das, was ich dort tun will, muß oder möchte, so finanzieren, daß die, die es zahlen, dabei nicht verdrossen werden, sondern erkennen, daß das Geld, das ihnen in Form von Steuern weggenommen wird, wirklich zielorientiert, gewissenhaft und sorgfältig eingesetzt wird?

Herr Bundesminister! Das ist auch ein Thema beim Finanzausgleich. Ich denke dabei zum Beispiel an die Sozialhilfe, eine Frage, die bei den Bundesländern liegt und dort im argen ist, weil es noch nicht einmal gelingt, bundeseinheitliche Standards zu entwickeln. Ich gebe zu, das alles sind nicht Ihre unmittelbaren Themen, aber betroffen ist Ihr Ressort jedes Mal wieder, und zwar durch die Hintertür des Finanzausgleichs. Daher machen Sie, Herr Bundesminister, von der Stärke, die Sie als Finanzminister als der für den Budgetvollzug Verantwortliche haben, Gebrauch und treiben Sie Ihre Regierungskollegen vor sich hier, statt daß Sie sagen: Ich kann leider nicht, weil der will nicht, die will nicht, und der läßt mich nicht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

12.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger, der letzte Redner in dieser Aktuellen Stunde. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Edlinger, so einfach, wie Sie es sich heute gemacht haben, sollten Sie es sich eigentlich nicht machen. Das Resultat können Sie anhand der Debatte mitverfolgen.

Sie haben uns heute zum wiederholten Male erklärt: Zur rechten Zeit werde ich mit meinen Vorschlägen schon noch kommen! – Inzwischen findet aber auch zwischen den Koalitionsparteien in diesem Hause eine Steuerdebatte statt, die eigentlich unglaubliche Dimensionen hat. Da kommt zum Beispiel ein Vertreter Ihrer Koalitionspartei hier heraus – es war der Herr Stummvoll, der heute, das muß ich ihm zugestehen, immerhin ein sehr schönes Bild über die "flat tax" geprägt hat; er hat gesagt: das Steuersystem des Mittelalters – und vertritt im Prinzip nichts anderes als das, was die Freiheitlichen mit einem anderen Steuersystem erreichen wollen. Er fordert wie sie: Runter mit den Steuern! Wir brauchen einen schlanken Staat! – Dann, so meint er, wäre alles in Ordnung, dann entstünden Arbeitsplätze. Das sei das Konzept der Zukunft.

Herr Bundesminister! Im Prinzip vertreten auch die Liberalen, die Freiheitlichen und auch Ihr Koalitionspartner dieses Konzept. Sie stellen sich hier in dieser Debatte zur Verfügung und sagen: Dazu will ich jetzt nichts sagen, ich verschweige mich. Ich nehme nur Bezug auf das "flat tax"-Konzept der Freiheitlichen und werde mich in einem Monat erklären.

Das ist mir zuwenig, Herr Finanzminister! Wenn Sie Ihre Aufgabe ernst nehmen würden, dann läge Ihre Funktion als Finanzminister schon auch darin, uns zu erklären und die Debatte darüber zu führen, in welchen Bereichen dieses Steuersystem ungerecht ist, wo es korrigiert werden muß, in welchen Bereichen mit welchen Steuern und in welche Richtung gesteuert werden soll. Ich gebe Ihnen dazu nur einige Anhaltspunkte; sie sind teilweise heute schon genannt worden.

Natürlich müßte man auch über die Steuerbegünstigung beim 13. und 14. Gehalt sprechen, aber nicht in der Form, wie Kollege Peter das verlangt. (Abg. Mag. Peter: Aber wieso denn nicht?!) Selbstverständlich gibt es da auch Möglichkeiten, zu differenzieren, Kollege Peter! Es gab darüber bereits Vorschläge, die teilweise von Vorgängern des Herrn Finanzministers gemacht worden sind. Daher hütet sich ja Herr Bundesminister Edlinger so davor, diese Vorschläge wieder einmal in den Mund zu nehmen. Denn im Prinzip sind alle Finanzminister bisher daran gescheitert: an einer Debatte über das Tabu der Besteuerung des 13. und 14. Gehalts, an der Debatte über eine, wie ich meine, gerechte Form, ihn zu besteuern. Er spricht dieses Thema nicht an. – Das scheint klug zu sein, ist es aber nicht. Es ist in jedem Fall sozial ungerecht.

Zweiter Punkt: die Abfertigungen. So wie es beim 13. und 14. Gehalt Ausnahmeregelungen und Sonderbegünstigungen gibt – auch für den 15. und 16., wenn man es sich nur richten kann –, gibt es auch im Abfertigungssystem Begünstigungen für freiwillige Abfertigungen, für zusätzliche Abfertigungen, ebenfalls mit dem begünstigten Steuersatz. – Ich würde mir wünschen, Herr Bundesminister, daß Sie sich dazu erklären! Gerade in den letzten Wochen sind einige Beispiele von sehr hohen Abfertigungssummen – die in Form von freiwilligen Abfertigungen erzielt wurden – in die Debatte eingebracht worden.

Oder: die Erbschafts-, die Schenkungs- und die Vermögensteuer. Herr Bundesminister! Ich würde mir schon etwas mehr an Erklärung von Ihnen dazu erwarten, was in diesem Bereich zu machen ist. Damit meine ich nicht die Abschaffung, wie das die Liberalen fordern oder wie es auch die ÖVP fordert, sondern eine klare Regelung, die transparent und auch sozial gerecht ist.

Im Bereich der Besteuerung von Vermögen, Herr Kollege Peter, wäre und ist auch einiges zu holen. Es kann doch nicht so sein, daß die Konsequenz unserer Steuerpolitik oder dessen, was wir in Österreich in den letzten Jahren gemacht haben, in diesem Bereich jene ist, daß die hohen Einkommen und Vermögen immer höher werden und die niedrigen Einkommen ohne Vermögen entsprechend wenig von der Entwicklung profitieren. Die Konsequenz der angebotsorientierten Politik, die auch im Steuersystem ihren Niederschlag gefunden hat, war in allen hochindustrialisierten Ländern ja nicht die, daß mehr Arbeitsplätze geschaffen worden sind – ich will auch dieses Thema ansprechen, das ja auch Gegenstand dieser Debatte zu sein hat –, sondern jene, daß sich die Arbeitslosigkeit weiter nach oben entwickelt hat. Die Konsequenz daraus war aber auch, daß die Armen immer ärmer geworden sind – nicht viel, aber doch, erkennbar, spürbar auch in einem Land wie Österreich – und die Reichen immer reicher. Daher erwarten wir von einer Steuerreform schon, daß sie in diesem Sinn tätig wird.

Meine Damen und Herren! Ich möchte abschließend, und das vor allem an die Adresse der ÖVP und FPÖ, aber leider in diesem Fall auch an die Adresse der Liberalen gerichtet, sagen – wir werden ja heute am Nachmittag noch einmal darüber diskutieren können –: Einen armen, schlanken Staat können sich nur die Reichen leisten, aber nicht diejenigen, die ihn wirklich brauchen! (Beifall bei den Grünen.)

12.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen. Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 5042/J bis 5089/J.

2. Anfragebeantwortungen: 4526/A bis 4541/AB.

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates):

37/ABPR und 38/ABPR.

3. Initiativanträge:

Zurückziehung: 914/A (E).

4. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (1431 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds (1432 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Studentenheimgesetz geändert wird (1441 der Beilagen),

2. Budgetüberschreitungsgesetz 1998 – 2. BÜG 1998 (1450 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1998 geändert wird (3. BFG-Novelle 1998) (1451 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 1999 geändert wird (3. BFG-Novelle 1999) (1452 der Beilagen).

5. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1428 der Beilagen betreffend Mineralrohstoffgesetz – MinroG (Zu 1428 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 2. Quartal 1998 (Vorlage 40 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 3. Quartal 1998 (Vorlage 41 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 3. Quartal 1998 (Vorlage 42 BA);

Immunitätsausschuß:

Ersuchen des Landesgerichtes Wiener Neustadt (40E Vr 1101/98, Hv 200/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Jörg Haider wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Budgetausschuß:

Bundesrechnungsabschluß für das Jahr 1997 (III-146 der Beilagen);

Verfassungsausschuß:

Stenographisches Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema "Einführung des Minderheitsvotums am Verfassungsgerichtshof" (III-151 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesregierung betreffend das auf der 84. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Protokoll von 1996 zum Übereinkommen über die Handelsschiffahrt (Mindestnormen), 1976 (III-152 der Beilagen),

Bericht der Bundesregierung betreffend das auf der 84. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 179) über die Anwerbung und Arbeitsvermittlung von Seeleuten und die Empfehlung (Nr. 186) betreffend denselben Gegenstand (III-153 der Beilagen);

Gleichbehandlungsausschuß:

Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeitraum 1995 – 1996 (III-150 der Beilagen).

*****

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es  ist  vorgeschlagen,  die  Debatte  über  die  Punkte 2 bis 5 sowie 6 bis 8 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen. Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockredezeit von 8 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 120, ÖVP 112, Freiheitliche 104, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten.

Wir stimmen sofort über diesen Vorschlag ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Also jetzt sind wir zu einem einhelligen Beschluß gekommen. Einstimmig angenommen.

1. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (III-140 der Beilagen) über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 1997 (1453 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir beginnen die Debatte mit einer Wortmeldung des Abgeordneten Marolt. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.14

Abgeordneter Heinz Anton Marolt (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider ist der Herr Wirtschaftsminister heute nicht anwesend ... (Allgemeine Heiterkeit, da Bundesminister Dr. Farnleitner auf der Regierungsbank sitzt. – Der Redner dreht sich um und bemerkt seinen Irrtum.) Er ist da, was mich sehr freut. (Abg. Schwarzenberger: So geht die FPÖ mit der Wahrheit um!) Sie können sich schon wieder beruhigen. Auch die Abgeordneten der FPÖ haben hinten keine Augen. Es freut mich, daß der Herr Minister zwischenzeitlich eingelangt ist. (Abg. Auer: Brauchen Sie eine Brille?) Das werden wir erst sehen. Noch nicht! (Abg. Auer: Noch nicht, aber Zeit wird’s! – Abg. Dr. Graf: Der Herr Minister ist auf leisen Sohlen durch die Hintertür gekommen!)

Ich darf nun den Herrn Wirtschaftsminister nachträglich begrüßen und willkommen heißen und ihn dann in meiner Wortmeldung auch direkt ansprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daß der Wirtschaftsbericht 1997 nicht bereits im Ausschuß enderledigt wurde, weist eigentlich auf die Problematik hin, die aus dem Inhalt des Berichtes selbst hervorgeht. Ich habe bereits im Wirtschaftsausschuß zum Ausdruck gebracht, daß sich dieser Bericht zwar als eine penible Ist-Zustandserhebung samt aufwendiger Statistik darstellt, er sogar ansatzweise auf die Probleme der Tourismuswirtschaft und deren Bedeutung eingeht, wofür ich den Beamten des Ministeriums als Touristiker recht herzlich danke sagen möchte, wirksame Lösungsansätze jedoch in keiner Richtung zu erkennen sind. Das muß ich heute hier auch in Richtung des Wirtschaftsministeriums kundtun.

Ich vermisse darin politische Aussagen, zum Beispiel in Richtung Maßnahmen, die den Ängsten, Nöten und Sorgen der Tourismusbetriebe wirkungsvoll entgegenwirken.

Herr Wirtschaftsminister! Nehmen Sie bitte die problematische Situation im Tourismusbereich wirklich ernst! Immerhin hat diese Branche statistische Zahlen aufzuweisen, die nicht einmal Altkanzler Vranitzky kaltgelassen haben. Ich erinnere nur daran, daß Vranitzky am 21. Juni 1996 den Tourismus zur Kanzlersache erklärt hat. Er sagte damals: Der Fremdenverkehr hat gesellschaftspolitisch einen Stellenwert, den wir als solchen bisher zuwenig erkannt haben.

Doch Vranitzky hatte keine Gelegenheit mehr, das von ihm Erkannte umzusetzen und den Tourismus wirklich zur Kanzlersache zu machen. Vranitzky hat sich aber immerhin die statistischen Zahlen, die jetzt Ihr Ministerium, Herr Minister, aktualisiert hat, genauer angesehen, als Sie dies nun als zuständiger Minister tun, obwohl er letztendlich für den Tourismusbereich auch nichts anderes gemacht hat, als weitere Belastungen zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ex-Bundeskanzler  Vranitzky  hat  aber  wenigstens  erkannt,  daß  im  Tourismusbereich 42 000 Gast- und Beherbergungsbetriebe immerhin 90,8 Milliarden Schilling Umsatz erzielen und neben 41 600 selbständigen Beschäftigten – sofern die Statistik aus dem Ministerium auch wirklich inhaltliche Richtigkeit hat – 162 000 unselbständige Arbeitnehmer Beschäftigung finden. Laut Ihrer Studie sind somit im Tourismusbereich insgesamt – ich bezweifle die Richtigkeit dieser Zahlen nicht – 300 000 Personen beschäftigt und bringen 150 Milliarden Schilling an Deviseneinnahmen – auch das geht aus Ihrer Studie hervor – ins Land.

Auf Sie, sehr geehrter Herr Minister, haben aber diese gigantischen Zahlen anscheinend keinen Eindruck gemacht, für Sie scheint der Tourismus keine Chefsache zu sein, denn Ihnen war diese Branche im Wirtschaftsbericht zur wirtschaftlichen Lage vor dem Nationalrat am 9. Juli 1998 lediglich zwei Absätze wert.

Herr Bundesminister! Es reicht nicht, wenn man Ihrerseits sagt, es hätte sich in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft eine eindeutige Trendumkehr abgezeichnet, bei den Umsätzen hätte die Tourismusbranche eine kontinuierliche Steigerung erlebt. Sie als Minister müßten doch das alte Sprichwort kennen, das sagt: Umsatz ist nicht gleich Gewinn!

Herr Bundesminister! Was haben die Wirte davon, wenn sie nur noch Umsatzverwalter sind und nach dem Abliefern der Zahlungen und nach der Begleichung der Kosten außer Negativkapital nur  noch  die  Berufskrankheit  und  schlechte  Eigenversorgung  haben?  Was  haben  die 41 600 Unternehmer und deren Familien überhaupt von solchen Berichten und Studien, wenn daraus keine Lehren gezogen werden oder Verbesserungen der Rahmenbedingungen resultieren?

Sie brauchen, Herr Bundesminister, nicht einmal grandiose Einfälle oder Ideen zu haben, die Wirtschaft draußen beziehungsweise die Tourismusbranche selbst gibt doch stetig Lösungen vor und stellt Forderungen! Selbst die Kämmerer aller Couleurs, ob von Rot, Schwarz oder Blau (Abg. Eder: Blau auch?), fordern seit Jahren die Umsetzung von politischen Maßnahmen und die Schaffung von Erleichterungen.

Herr Bundesminister! Sie reagieren nicht einmal auf Ihre eigenen Kammervertreter in der Sektion Tourismus. Diese schütteln nur noch den Kopf. Ich hätte da einiges zu zitieren, aber aufgrund der mir zur Verfügung stehenden Redezeit erspare ich Ihnen das.

Werfen Sie diese Studien und Situationsberichte weg, wenn Sie ohnehin nichts tun wollen oder aufgrund der sozialistischen Geiselhaft nichts tun dürfen! Schneiden Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, doch endlich die Nabelschnur zur SPÖ ab und besinnen Sie sich Ihres ureigensten Wahlauftrages, nämlich für die Wirtschaft dazusein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Stimmen Sie in diesen sachpolitischen Fragen doch mit uns Freiheitlichen! Die SPÖ wird Ihnen nicht weglaufen. Wohin sollte sie schon gehen? Werden Sie doch endlich aktiv, Herr Minister! Nicht erst seit Juni ist Ihnen die Situation im Tourismusbereich laut Ihrer eigenen Studie bekannt. Selbst Ihre Beamten und Experten haben Sie auf Mängel in der Tourismusbranche aufmerksam gemacht. Ich nenne nur einige Beispiele.

So führt die Tatsache, daß nach sechs Beschäftigungsmonaten die Mitarbeiter den vollen Jahresurlaubsanspruch haben und ein Anspruch auf Abfertigungszahlungen bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses entsteht, dazu, daß viele Betriebe eine Verlängerung der Saison scheuen, um die Lohnkosten gering zu halten. Das geht so weiter, und zwar bis zu der Frage der Steuern, wo eine Problematik bei Betriebsaufgaben kundgetan und eine Beseitigung der Besteuerung von Sanierungsgewinnen gefordert wird. Herr Minister! Wo bleibt die Umsetzung dieser geforderten Maßnahmen?

Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an Anträge, die die FPÖ bereits eingebracht und in welchen sie auf diese Problematik bereits hingewiesen hat.

Jörg Haider hat bereits am 11. Juli 1996 eine Anfrage an den damaligen Kanzler Vranitzky eingebracht, die 41 Fragen enthielt. Diese haben jedoch eine jämmerliche Beantwortung erfahren.

Auch am 2. Oktober 1997 wurde in einem Antrag des Abgeordneten Haigermoser auf diese Problematik der Wirtschaft aufmerksam gemacht. – Auch darauf gab es keine Reaktion! Der Betreff dieses Antrages lautete: "Arbeit braucht das Land!" Darin wurden folgende Maßnahmen gefordert: Senkung der Abgabenlast und steuerlicher Privilegienabbau, Senkung der Lohnnebenkosten, Beseitigung der kalten Progression, steuerliche Entlastung nichtentnommener Gewinne, Zurückdrängung der Schattenwirtschaft, Anhebung der Forschungs- und Entwicklungsquote und vieles andere mehr. – In der Diskussion wurde alles abgeschmettert.

Wann tun Sie endlich etwas Konkretes in dieser Richtung, sehr geehrter Herr Minister? Glauben Sie denn allen Ernstes, daß dieser Bericht irgendeinen der 41 600 Unternehmer im Tourismus interessiert? Haben Sie ihn selbst überhaupt durchgelesen? Ich werde Ihnen daraus etwas zitieren, was die Ernsthaftigkeit dieses Berichtes in Frage stellt.

Da heißt es zum Beispiel: "Urlaub 2020 – Die Reise ins All." – Glauben Sie wirklich, Herr Minister, daß das irgend jemanden draußen ernsthaft interessiert? Um eine Reise ins All geht es unter anderem in einer Studie, die Sie uns präsentieren. Ich erspare mir, Ihnen den Inhalt dieses Textes zur Kenntnis zu bringen, zumal er an alle Fraktionen dieses Hauses ergangen sein dürfte.

Wissen Sie, Herr Minister, was die Leute draußen wirklich interessiert? – Ich werde es Ihnen sagen: Es ist das betriebliche Überleben, das Minuseigenkapital, der Termin, an dem Zinsen und Raten fällig sind, die Lieferantenrechnungen oder der Zustand der Betriebe, die sich Gedanken darüber machen, wie sie die alten Duschen, Bäder, Rohrleitungen, Teppiche erneuern sollen – und das bei über 103 Prozent an Lohnnebenkosten, wobei kein Geld vorhanden ist und darüber hinaus die Abschreibungszeiträume zu lange angesetzt sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Betriebsinhaber interessiert keine Reise ins All, sondern sie sind lediglich daran interessiert, über die Runden zu kommen, um zu überleben!

Sie, sehr geehrter Herr Minister, hat in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses nur eines interessiert, und zwar, warum man in Kärnten beim EU-Gipfel keine Kreditkarten angenommen hat. Dieser Vorwurf ist ein Witz! Wie soll ein Betrieb mit zum Beispiel 10 Millionen Schilling Umsatz, Minuseigenkapital, überzogenem Kontokorrent, ausgeschöpftem Kreditvolumen seine Umsätze samt Umsatzsteuer, Kurtaxen, Steuern, Lohnkosten und so weiter auf zwei, drei Monate vorfinanzieren, wenn er dann noch zusätzlich mit drei bis fünf Prozent Kosten belastet wird? Lieferantenrechnungen, Löhne und auch die Vorschreibungen, Abgaben und Steuern sind pünktlich zu zahlen.

Herr Bundesminister, sorgen Sie endlich dafür, daß nichtentnommene Gewinne steuerfrei werden und die Schaffung von Eigenkapital möglich wird! Dann wird die Einführung der Kreditkarte Ehrensache sein, Herr Minister.

Außerdem hat mich noch Ihr Vorwurf verwundert, Herr Minister, daß Kärnten nicht einmal eine geeignete Veranstaltungshalle habe. Ich möchte jetzt nicht nach Kärnten abschwenken, und ich gebe Ihnen auch recht, aber in diesem Zusammenhang ist folgendes anzumerken: Wo bleibt denn die Tourismusmilliarde, die man Kärnten schon vor Jahren versprochen hat, um solche Einrichtungen zu schaffen? Sie ist bis heute nicht eingelangt.

Wo bleiben die anderen Maßnahmen für die Tourismuswirtschaft, etwa die Schaffung der Voraussetzungen zur Saisonverlängerung, zum Beispiel durch die Aliquotierung des Urlaubsgeldes? Kein Wunder, daß sich die Gastronomie gar nicht traut, länger als sechs Monate die Betriebe offenzuhalten, da bei Beschäftigung eines Arbeitnehmers über sechs Monate hinaus ein Urlaubsanspruch für das volle Jahr besteht.

Probleme entstehen für die Betriebe auch aufgrund der Jugendschutzbestimmungen. So darf zum Beispiel ein Praktikant beim Abendgeschäft nicht einmal mehr den Tisch decken und schon gar nicht vor 10 Uhr am nächsten Vormittag das Frühstück servieren, da er nur bis 22 Uhr arbeiten darf und danach 12 Ruhestunden haben muß.

Nächster Punkt: Abschaffung der Getränkesteuer. Wann wird endlich die Getränkesteuer abgeschafft?

Ich möchte nun diesbezüglich (die Lampe beim Rednerpult blinkt – Zwischenruf bei der ÖVP) – das Licht werde ich respektieren und zu Ende kommen – einen Entschließungsantrag zur Verlesung bringen und hiermit einbringen. Das ist ein alter Antrag, der schon einmal abgeschmettert wurde. Ich hoffe, daß er dieses Mal auch von seiten der ÖVP Unterstützung finden wird.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Marolt, Haigermoser, Böhacker und Kollegen betreffend Abschaffung der Getränkesteuer bei gleichzeitiger Kompensation der Einnahmenausfälle für die Gemeinden

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen taugliche Gesetzentwürfe vorzulegen, durch welche folgende Maßnahme zur Unterstützung und Entlastung der österreichischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft realisiert werden kann:

Abschaffung der Getränkesteuer bei gleichzeitiger Kompensation der Einnahmenausfälle für die Gemeinden."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein weiterer Entschließungsantrag betrifft global Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft. Ich möchte auch diesen sogleich verlesen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Marolt, Haigermoser und Kollegen betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, bis spätestens 16. Dezember 1998 dem Nationalrat darüber zu berichten, welche der nachstehend aufgelisteten Maßnahmen zur Unterstützung und Entlastung der österreichischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft bis zu welchem Zeitpunkt umgesetzt werden, sowie entsprechende Gesetzentwürfe im Einvernehmen mit den zuständigen Bundesministern vorzulegen, durch welche diese Maßnahmen realisiert werden können:

grundlegende Entbürokratisierung im Bereich des Tourismus,

Entpolitisierung der Österreich-Werbung,

Entwicklung von Initiativen zur Saisonverlängerung,

Stärkung der Eigenkapitalquote,

Senkung der Lohnnebenkosten,

Abschaffung der Sondervorauszahlung der Umsatzsteuer (13. Umsatzsteuer),

Verlängerung der Betriebszeiten von Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, von derzeit 22 Uhr auf 23 Uhr."

*****

Als Begründung für den letzten Punkt darf ich noch folgendes kundtun: Kärnten ist ein Tourismusland. Wenn unseren Betriebsinhabern die Möglichkeit genommen wird, kreative Veranstaltungen durchzuführen, Betriebe auf den modernsten Stand zu bringen, eine High-life-Szene zu veranstalten, wird die Kärntner Tourismuswirtschaft baden gehen, und dann kann man mit Recht sagen: Gute Nacht, Kärnten! – In diesem Sinne danke ich fürs Zuhören. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die beiden Entschließungsanträge, die der Redner soeben verlesen hat, sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. 12 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.28

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wollte eigentlich zu den Ausführungen meines Vorredners nichts sagen, aber ich glaube, daß man wenigstens einen Satz doch dazu sagen sollte: Seine Rede habe ich im Ausschuß schon gehört, ihr Inhalt ist nicht besser geworden (Abg. Eder: Schwächer!), der einzige Unterschied ist der: Den Minister hat er dort noch erkannt! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was der Tourismus, die Gastronomie und die Hotellerie für die Kommunikation, für die Geselligkeit, für den Sport sind, nämlich das Vehikel, diese zu fördern, diese zu ermöglichen, ist für die Tourismuswirtschaft, für die Anregungen aus dieser Branche, für die Wünsche, für die Analyse im wesentlichen der Tourismusbericht.

In diesem Zusammenhang danke ich Ihnen, Herr Bundesminister, dafür, daß Sie einerseits diesen Bericht dem Parlament so schnell vorgelegt haben, andererseits aber auch Spezialthemen zum Tourismus, wie zum Beispiel Betriebsnachfolge, Ausstiegsproblematik, Trendforschung, Saisonverlängerung, in dieses "Standardwerk" für den österreichischen Tourismus, möchte ich fast sagen, mit einbezogen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion über die Lage des Tourismus, die alljährlich anläßlich der Vorlage des Tourismusberichts an den Nationalrat geführt wird, bietet immer einen hervorragenden Anlaß dazu, den Stellenwert dieses wichtigen Wirtschaftszweiges in der Gesamtwirtschaft darzustellen.

Lassen Sie mich dazu nur einige wenige Daten erwähnen.

Österreich liegt, betrachtet man den Anteil der Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr am Bruttoinlandsprodukt, mit 6,1 Prozent weltweit immer noch unangefochten an der ersten Stelle, gefolgt von Spanien, Portugal mit 4,8 und 4,6 Prozent. Auch bei den Reiseverkehrseinnahmen pro Kopf liegt Österreich bei weitem unangefochten an der Spitze. Sage und schreibe: 18 628 S an Tourismuseinnahmen werden statistisch von jedem Österreicher und jeder Österreicherin im Jahr aufgebracht. Die Schweiz liegt mit fast einem Drittel weniger – nämlich 13 339 S – dahinter, die nächsten Länder in einem weltweiten Vergleich, Irland oder Neuseeland, liegen bei 7 700 S oder auch darunter, und zwar bei 6 000 bis 7 000 S. Der Wertschöpfungsanteil des gesamten Sektors beträgt 13 Prozent.

Ein leichtes Plus ist auch bei vielen anderen Dingen feststellbar. Ich glaube aber, dazusagen zu müssen, daß dennoch in diesem Bereich nicht alles eitel Wonne ist.

Hohes Haus! Die genannten Daten sind durchaus die Bestätigung unseres Weges der letzten Jahre. Richtigerweise ist in den letzten zehn bis 20 Jahren viel in die Qualität investiert worden, auch wenn derzeit die Investitionsrate an einem sehr tiefen Punkt – bei nur mehr 50 Prozent des Höchststandes – angelangt ist. Hier gilt es den Hebel anzusetzen. Hier gilt es nachzudenken, warum die Tourismusunternehmer nicht mehr soviel investieren, warum sie wirtschaftlich kein Land mehr sehen. Und wenn sie wirtschaftlich kein Land mehr sehen, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Feuer am "Tourismusdach".

Gleiches gilt auch für die Eigenkapitalsituation, den Rückgang des Cash-flow oder den Entschuldungsgrad. Aber es zeigt sich auch – und das ist ebenfalls eine Bestätigung unseres richtigen Weges –, daß es richtig war, den Städtetourismus anzukurbeln, denn das Interesse an Kultur wird weiterhin steigen. Dies belegen die steigenden Nächtigungszahlen in den Kulturhochburgen in eindeutiger Weise. Wiens Bettenauslastung hält derzeit bei zirka 92 Prozent. Das ist fast unglaubwürdig, aber die Experten sprechen heute davon, daß die Wellness-Welle von einer Kulturwelle überzogen werden wird.

Es zeigt sich auch, daß es richtig war, daß man in letzter Zeit auch wieder auf den inländischen Gast, auf den Österreicher zugegangen ist und auch diesen Markt entsprechend bearbeitet hat.

Das alles betrifft Fragen der Strategie. Es ist auch ein Strategieproblem, wie sich die österreichischen Tourismusregionen rasch unter großen, aussagekräftigen Dachmarken vereinigen können. Die Zusammenschlüsse von Verkehrsverbänden in den letzten Jahren sind ein deutliches Signal in die richtige Richtung, aber bedenken Sie, sehr geehrte Damen und Herren, daß es nicht mehr genügt, daß sich die Betriebe eines Tales, daß sich die Betriebe einer Region zusammenschließen, was vor zehn Jahren ja noch fast undenkbar gewesen ist, aber heute Gott sei Dank schon vollzogen wird. Vor kurzem hat sich ein Südtiroler Tourismusexperte, Dr. Engel, im Zusammenhang mit Marketingstrategien im Lande Salzburg dahin gehend geäußert, daß es überhaupt keinen Sinn mehr habe, eine Region wie Salzburg-Stadt, eine Region wie den Pinzgau oder den Pongau einzeln zu vermarkten, sondern daß es nur sinnvoll ist, die gesamte Region Salzburg, also Stadt und Land Salzburg, dem europäischen Wettbewerb gegenüberzustellen.

Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben alle Anstrengungen zu unternehmen, um jene Menschen zu unterstützen, die in diese Richtung gehen, die ein Dach für den österreichischen Tourismus bauen. (Beifall bei der ÖVP.)

Insgesamt, so glaube ich, meine sehr verehrten Damen und Herren, könnten die vorhin genannten Zahlen für den Tourismus einen kleinen Silberstreif am Horizont bedeuten, dies aber nur, wenn den Unternehmerinnen und Unternehmern der Freizeitwirtschaft nicht nur verbale Mutinjektionen verabreicht werden, sondern wenn für sie wirklich Substantielles geschieht, und es ist Aufgabe der nächsten Monate, in diesem Bereich Substantielles zu leisten. Manches ist bereits geschehen. Ich denke daran, daß die Schulskikurse Gott sei Dank weiterhin abgehalten werden können, daß neue Lehrberufe eingeführt werden können, daß wir, Herr Minister, hoffentlich in Kürze Risikokapital zugeführt bekommen, daß die Haftungen im Rahmen von 7 Milliarden Schilling durch die Bürges und die ÖHT übernommen werden, und es ist natürlich auch von substantieller Bedeutung, daß endlich der Erlaß des Finanzministers betreffend die All-inclusive-Reiseangebote gekommen ist.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen kleinen Sidestep, Herr Kollege Peter. Erstens freut es mich, daß Sie schon informiert sind, bevor der entsprechende Finanzerlaß draußen ist, daß Sie schon früher Informationen bekommen haben. Und es freut mich auch, daß Sie ein kleines fremdes Federl auf dem Hut haben, obwohl ich mich eigentlich nicht erinnern kann, daß Sie sich vor dem Minister-Erlaß jemals damit auseinandergesetzt haben, ob die Karten hineinkommen, ob die Vignetten hineinkommen, ob die Reitlehrer hineinkommen. Aber sie sind drinnen, Gott sei Dank, und wir sollen uns gemeinsam darüber freuen, daß das zustande gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht hier nicht um ein Steuerzuckerl für die österreichische Fremdenverkehrshotellerie, wie die Zeitungen schreiben, sondern es geht darum, daß die Unternehmer auch tatsächlich etwas unternehmen können und sich nicht mit komplizierten Rechenexempeln beschäftigen müssen, um die Mehrwertsteuer berechnen zu können. Lassen wir die Unternehmer arbeiten, lassen wir sie ihrem Beruf nachgehen, und zwingen wir sie nicht, Unterlassungen zu tätigen!

Nur noch einiges punktuell aufgezählt, was die Unternehmer brauchen können, ohne daß damit der Staat finanziell wesentlich belastet wird, wo es wirklich nur darum geht, entsprechende Entscheidungen zu treffen, die entsprechenden Gesetze zu ändern, um Vorteile für die Fremdenverkehrswirtschaft, für den Tourismus zu erreichen.

Ich denke da erstens an den Abbau der Bürokratie durch Pauschalierung. Es ist dies schon der dritte Minister, der das verspricht, das alles liegt bereits ausgearbeitet im Finanzministerium. Herr Minister! Helfen Sie uns bitte, daß diese Pauschalierung auch durchgeführt wird!

Weitere Punkte sind die Wiedereinführung der Absetzbarkeit der Geschäftsessen, das Urlaubsrecht, die Jugendbeschäftigung, die Sperrstunde von Gastgärten, Erhöhung des Abschreibesatzes von 4 auf 6 Prozent. – Wer von Ihnen möchte in einem Hotel leben, das 25 Jahre im gleichen Zustand gehalten worden ist? Es geht auch um die Betriebsübergabe, um die Betriebsnachfolge. Und: Unterstützen wir unsere Unternehmer bei der Einführung des Internet, denn es hat sich gezeigt, daß sich das in hervorragender Weise auf die Umsatzzahlen auswirkt.

Das alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind gesetzliche Maßnahmen, die nicht viel kosten, woraus aber die Wirte und die Hoteliers ersehen können, daß etwas weitergeht, daß ihnen nicht nur Prügel vor die Beine geworfen werden, daß es sich für sie lohnt, weiterhin in ihren Betrieben tätig zu sein.

50 Prozent von ihnen werden in den nächsten Jahren übergeben. Auch ihren Nachfolgern, diesen jungen Menschen müssen wir die Chance geben, aktiv tätig sein zu können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Peter.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der Einführung der 0,5 -Promille-Grenze, nach der Zeltfestregelung, nach der überfallsartigen "Aktion scharf" gegen viele Wirte geht es nun darum, positive Signale zu setzen. Es geht um einen Wirtschaftszweig, dessen Bedeutung in unserem Land weit über den eigenen Bereich, die eigene Branche hinausgeht. Es geht um einen Wirtschaftszweig – und ich glaube, viele haben das schon begriffen –, der selbst schon wieder ein Marketinginstrument für Österreich ist, der ein weltweites Marketinginstrument für alle österreichischen Produkte ist.

Es ist hier schon einmal zitiert worden: Winston Churchill hat gesagt, die Kuh, die man melken soll, muß man auch entsprechend füttern. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Füttern wir diese Kuh bitte einmal, dann haben wir wieder viel zu melken!

Hohes Haus! Die Hotellerie, die Wirte – sie alle prägen unser Leben. Die Hotellerie, die Wirte – sie prägen aber auch unsere gesellschaftliche Entwicklung. Und ich sage Ihnen eines: Der kleinste Wirt im hintersten Tal prägt diese Entwicklung oftmals vielleicht mehr als einer unserer Abgeordneten in diesem Hause. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

12.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

12.40

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe fliehenden Mandatare der Österreichischen Volkspartei! (Abg. Tichy-Schreder: Mittagszeit! Die Gastwirte sollen etwas zu tun bekommen!) Nehmen wir doch die Gelegenheit wahr, in Erinnerung zu rufen, welche Wachstumsbranche die Tourismus- und Freizeitwirtschaft weltweit ist. Wir haben uns leider seit fünf Jahren von diesem Wachstumspfad abgekoppelt. Wir haben an Marktanteilen verloren, wir sind also ins Hintertreffen geraten.

Das trifft ein Land wie Österreich, das, absolut gesehen, immer noch Tourismusweltmeister ist, ganz besonders, weil der Einkommensausgleich wirtschaftlich benachteiligter, verkehrsmäßig benachteiligter Regionen gerade in Österreich durch den Tourismus erfolgt.

Die Tourismuspolitik in Österreich selbst hat darauf wenige Antworten gewußt, sie war eigentlich relativ hilflos diesem Phänomen gegenüber. Sie hat zuwenig verstanden, daß es hohen Steuerertrag, vor allem aus indirekten Steuern, hohe Beschäftigungsmultiplikatoren, hohe Lebensqualität in den Tälern, die die Menschen dort halten, ohne Tourismus nicht geben würde.

In Summe – und das wissen die Bürgermeister am allerbesten – ist der Tourismus eine volkswirtschaftliche "cash-cow". Er bringt eine Menge Geld in die Gemeinden. Ob es die Kanalanlagen sind, die ohne die großen Tourismusbetriebe nicht finanzierbar wären, ob es die Getränkesteuer ist, ob es die Kommunalsteuer ist, für die kleinen Gemeinden ist der Tourismus ein unverzichtbarer Teil.

Genau das ist der Punkt, Herr Bundesminister. Wir haben also Betriebe, die für die Gemeinden, für die Regionen, für die Täler eine "cash-cow" sind, und gerade ihre betriebswirtschaftliche Entwicklung muß uns Sorge machen. Sie werden nicht von heute auf morgen die Bilanzen der Betriebe verbessern, Herr Bundesminister, aber das ist der Punkt: Ohne Hotel werden Sie noch keinen Tourismus haben, aber ein Hotel allein macht noch keinen Tourismus.

Das Institut für Gewerbe- und Handwerksforschung hat – so wie jedes Jahr – Bilanzen untersucht, 16 300 Bilanzen. Die Ergebnisse sind wohl nicht in Frage zu stellen: Die durchschnittliche Umsatzrentabilität im Tourismus liegt bei minus fünf Prozent.

Herr Bundesminister! Ihr Problem als für Tourismus verantwortlicher Minister ist, daß Ihnen die betriebswirtschaftliche Basis nicht nur wegbröckelt, sondern bereits wegbricht. Das ist das Problem, und darum sollten wir uns kümmern, wenn wir über Tourismuspolitik reden. Wir sollten uns den Kopf darüber zerbrechen, was wir tun müssen, damit wir die betriebswirtschaftliche Basis erhalten können.

Die Marktchancen Österreichs sind in Ordnung. Es gibt weltweit eine wachsende Nachfrage, an der wir leider nicht genug partizipieren können. Die Lage zu den Märkten ist in Ordnung. Der Euro ist ein ganz wesentlicher Schritt im Sinne der Tourismusförderung. Die Entwicklung der Reformstaaten und die Osterweiterung lassen uns hoffen, neue Märkte zu gewinnen. Wir haben erfahrene Anbieter, wir haben eine intakte Umwelt, die Sicherheit in unserem Land ist sprichwörtlich, die kulturelle und landschaftliche Vielfalt ist großartig, und wir haben hervorragende Mitarbeiter.

Herr Bundesminister! Warum funktioniert es trotzdem nicht? Der Sommer 1998 hat eine Trendwende gebracht. – Ich hoffe, es ist eine Trendwende. Der Sommer 1998 ist ein Sommer der Erfolgreichen, und wir werden sehen, ob auch der Winter 1998/99 ein Winter der Erfolgreichen wird. Herr Bundesminister! Warum aber sind es so wenige Betriebe, maximal ein Drittel, die wirklich erfolgreich arbeiten können? Haben wir vielleicht zu viele hemmende Faktoren für den Erfolg?

Herr Bundesminister! Ich sehe Ihre Aufgabe nicht darin, Gäste herbeizukarren. Das kann Ihre Aufgabe nicht sein, abgesehen davon, daß Sie es auch nicht können. Aber Ihre Aufgabe als Bundesminister ist es, die hemmenden Faktoren auszuräumen, die hemmenden Faktoren, die bei Ihnen selbst beginnen.

Sie haben uns im Ausschuß gesagt, daß Sie es nicht mögen, wenn man über die Bande spielt. Dabei haben sich die Anfragen, die Sie von verschiedenen Abgeordneten bekommen haben, auf den Tourismus bezogen. Herr Dr. Farnleitner, Tourismus ist eine Querschnittsmaterie, und Sie sind dafür verantwortlich!

Ich weiß schon, daß Sie nicht Finanzminister sind. Sie sind auch nicht Umweltminister und auch nicht Sozialminister. Das ist mir bekannt, Herr Bundesminister. Aber Sie sind in der Bundesregierung dafür verantwortlich, im Rahmen dieser Querschnittsmaterie im Gespräch mit Ihren Regierungskolleginnen und Regierungskollegen, von welcher Partei auch immer sie sein mögen, Lösungen für die Tourismusbranche zu finden. (Beifall beim Liberalen Forum.) Da können Sie nicht sagen, wir spielen über die Bande, wenn wir an Sie ganz konkrete Fragen herantragen.

Die zweite wesentliche Sache ist der Förderungsbereich, den ich nie überschätzt habe. Er hat aber ohne Zweifel eine wichtige Aufgabe, und hier ein Kompliment an Sie: Die Förderungen über Haftungen sind ohne Zweifel richtig, hier gehen Sie den richtigen Weg. Den zweiten Schritt aber müssen wir noch tun: Wir müssen noch lernen, daß es in Zukunft weniger wichtig sein wird, einzelne Betriebswirtschaften zu fördern, sondern es viel wichtiger werden wird, Destinationen zu fördern.

Es gibt Gegenden in Österreich, touristische Angebotsregionen – ich nenne sie Destinationen –, die es von unten herauf schaffen. Dort wird die Förderung von unten nach oben nach wie vor ihre Berechtigung haben. Es gibt aber Destinationen, wo die betriebswirtschaftliche Situation bereits sehr schlecht ist aufgrund der langen Zeit, in der man dieses Thema nicht akzeptiert hat, in der man es verschleppt hat, in der man schöngeredet hat und nicht bereit war, diese Bruchlinie der Entwicklung, die wir schon Ende der achtziger Jahre durchlaufen sind, zu bemerken. Erst Anfang 1992 haben wir bemerkt, daß wir es zu lange verabsäumt haben, zu handeln. Nun haben wir Destinationen, wo die Betriebswirtschaften überwiegend kaputt sind, denen keine Bank mehr eine Million borgt. Aber dort brauchen Sie den Tourismus aus regionalpolitischen Überlegungen, Herr Bundesminister.

Herr Dr. Farnleitner wird jetzt vielleicht sagen: Ich bin kein Landeshauptmann! Was soll das schon wieder? Er spielt schon wieder über die Bande. Ich bin doch nicht zuständig! – Aber das ist nicht das Thema, Herr Bundesminister. Das Thema ist die Zusammenarbeit mit den neun Bundesländern, das Thema ist, als Bundesminister für Tourismus mit den neun für Tourismus zuständigen Referenten Dinge in Bewegung zu setzen, Verständnis zu erzeugen, neue Linien, neue Entscheidungen einzufügen.

Es geht also darum, daß Sie dort, wo die Betriebswirtschaften so kaputt sind, daß sie selbst nicht mehr als Anlaßhebel eines Neustartes, eines Relaunch dieses Produktes gelten können, die Förderungen auf die Destinationen inklusive der Haftungen werden konzentrieren müssen. Ich hoffe, daß es darüber interessante Gespräche geben wird.

Der dritte Punkt: die Frage der Arbeitslosigkeit. Herr Bundesminister! Es stimmt, daß mit Ende September an die 30 000 Menschen, die im Tourismus arbeiten, arbeitslos sind. Wissen Sie, daß Ende August 20 000 arbeitslos waren? Das heißt, in dem Monat, wo die allermeisten Gäste in Österreich sind, wo die höchste Auslastung der Kapazitäten zu verzeichnen ist, in dem Monat sind 20 000 Menschen arbeitslos. Da müssen Sie doch einmal mit der Frau Bundesministerin für Soziales Gespräche führen und sich die Frage stellen: Wie kann das sein?

Das heißt, ein Drittel, wenn nicht die Hälfte der Arbeitslosigkeit in der Tourismus- und Freizeitbranche, die Sie uns zugerechnet haben, wo Sie ein Bonus-Malus-System vorschlagen – dazu komme ich noch –, kommt aus einer Sockelarbeitslosigkeit heraus, die Sie doch nicht der Branche anlasten können, einer Branche, die immer noch das Problem hat, natürlich kundenbezogen, saisonbezogen und wetterbezogen arbeiten zu müssen. Es wird eben nicht möglich sein, im Mai und im Juni in Zürs am Arlberg irgend etwas zu tun. (Abg. Böhacker: Wandern kann man in Zürs! Sehr schön!)

Gerade als Hotelier bin ich dazu berufen, darüber zu reden, weil ich ein Hotel an einem See heuer das 16. Jahr im Winter aufsperre und damit zumindest jahresarbeitsähnliche Arbeitsplätze geschaffen habe.

Wenn Sie heute ein Bonus-Malus-System einführen wollen, Herr Tourismusminister, heißt das, daß Sie Betrieben, die aufgrund ihres Standortes, ihrer regionalen Lage nur gewisse Zeiten offen sein können, das Leben noch weiter erschweren.

Der vierte Punkt ist die Frage des Kostenstopps. Jetzt werden Sie schon wieder sagen: Ich bin doch nicht für alles zuständig! – Ja, Sie sind es, weil Sie sind Mitglied dieser Bundesregierung! Das ist ein Kollegialorgan, und wenn Sie dort nein sagen, wird nichts beschlossen.

Die Kosten in unseren Betrieben sind seit fünf Jahren am Markt gesunken – Wareneinsätze, Energie, Zinsen. Insgesamt sind die Kosten gestiegen, aber nur aus staatlich induzierten Maßnahmen. Herr Präsident Verzetnitsch! Das ist nicht die Einzelmaßnahme, das ist die Summe der Maßnahmen, die hier im Hohen Haus beschlossen worden ist. Mit jedem Prozent Erhöhung der Arbeitskosten in der dienstleistenden Wirtschaft erhöhen Sie die Gesamtkosten dieses Betriebes um 0,4 oder 0,5 Prozent. Sie preisen die Betriebe schrittweise aus dem Markt hinaus.

Ich erspare es mir jetzt, die lange Liste der durch Gesetze, Verordnungen, Erlässe und so weiter staatlich induzierten Kostenerhöhungen, die auf die Betriebe zugekommen sind, vorzutragen. Das waren die Kostensteigerungen der letzten fünf Jahre. Diese haben sich in den Preisen nicht niedergeschlagen. Der Markt war nicht bereit, diese Preise zu honorieren, mit dem Endeffekt, daß wir heute vor den Trümmern einer Tourismuspolitik stehen, weil ein Drittel der Betriebe mehr als pleite sind. – Herr Bundesminister, das kann doch nicht einmal ein Regierungsmitglied als Erfolg verkaufen!

Ich weiß, daß Sie sich in vielen Bereichen dieser Frage annehmen. Ich weiß, daß Sie in vielen Bereichen versuchen gegenzusteuern. Ich habe als Oppositionspolitiker zu analysieren und die Konsequenzen einzufordern.

Eine Bitte an Sie – das waren Forderungen der Politik; aber auch da sind Sie nicht zuständig: Wir haben beispielsweise große Probleme mit der Einreise unserer Gäste aus den Reformstaaten, aus den GUS-Staaten. Wir haben teilweise Probleme mit der Einreise unserer Gäste aus südostasiatischen Staaten. Da muß es doch gelingen, durch Reisebüroabschlüsse, durch Nachweis einer Buchung bei einem Tour-Operator oder was immer es sein mag klarzustellen, daß unsere Grenzen durchlässig sind für diese Menschen. Die ewige Bedrohung, die uns vor allem die freiheitliche Fraktion vor die Nase hält, ist ein Popanz. Herr Haider hat uns wieder einmal in einem Fernsehinterview wissen lassen: Wenn die Osterweiterung kommt, werden uns 870 000 Menschen überfluten. So ein hanebüchener Unsinn! (Abg. Haigermoser: Das sagt die Akademie der Wissenschaften!) Das ist ganz einfach ein hanebüchener Unsinn.

Wenn man die Schrift der Akademie der Wissenschaft liest und sie nicht "haideresk" interpretiert, dann kommt man sehr bald darauf, daß es sich da um Potentiale und nicht um Bedrohungsbilder handelt. Den Menschen immer damit Angst zu machen, daß die bösen slawischen Untermenschen zu uns kommen, das ist die Politik der Vorvergangenheit, nicht einmal mehr der Vergangenheit. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube – ganz im Gegenteil! –, daß die Ostöffnung ein ganz großer Schritt in die Zukunft ist, ich glaube, daß wir damit ein ganz neues Gästepotential bekommen werden. Ich glaube sogar, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, daß wir damit einen unnatürlichen Zustand wieder bereinigen, nämlich den unnatürlichen Zustand, der 1918 und 1945 eingetreten ist, daß aus Nachbarn Menschen über der Grenze wurden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Tourismus- und Freizeitwirtschaft wird weiterhin ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Leistung und wirtschaftlichen Entwicklung in diesem Lande leisten. Ich würde mir nur wünschen, daß es ihr diese Bundesregierung mit ihrer Politik nicht so unsäglich schwer macht. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.51

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst zum Tourismusbericht etwas sagen: Er ist zum ersten Mal relativ zeitgemäß übermittelt worden. Viel früher kann man ihn, wenn man seriös ist, sicher nicht mehr herausbringen. Zusätzlich hätte ich mir aber gewünscht – aber vielleicht kann man das nächstes Jahr machen –, daß man das erste halbe Jahr 1998 miteinbezieht. Denn die derzeitige positive Entwicklung, die wir auch heute aufgezeigt bekommen haben – ich bekenne mich auch dazu –, wird noch etwas günstiger, wenn wir die Zahlen von 1998 mitberücksichtigen. Ich weiß schon, daß das schwer ist und nicht die ganze Wahrheit wiedergibt, aber ein Trend in die richtige oder falsche Richtung der Entwicklung ist daraus sicher ersichtlich.

Meine Damen und Herren! Kollege Peter hat von Marktanteilsverlusten gesprochen. Wir haben ohne Zweifel – die Statistik liegt mir vor, ich könnte viele Zahlen anführen – mit Beginn der neunziger Jahren – 1991 gab es den Höhepunkt mit 130 Millionen Nächtigungen – folgende Entwicklung beobachten müssen: immer weniger Nächtigungszahlen, darüber hinaus – das ist das Gravierendere – sich verringernde Aufenthaltszeiträume und dazu noch eine immer geringer werdende Auslastungsquote.

Herr Kollege Peter! Sie haben gesagt: Trümmer der Tourismus-Politik. Das sind sehr dramatische Worte. Auf der einen Seite begrüßen Sie, daß ein Drittel der Betriebe eine positive Entwicklung zu verzeichnen hat, auf der anderen Seite sagen Sie, das Ganze sei ein Trümmerhaufen. Ich glaube, man sollte diesbezüglich vorsichtig sein.

Es ist keine Frage, daß wir ab Beginn der neunziger Jahre mit zwei wesentlichen Tendenzen im Tourismus konfrontiert waren: Auf der einen Seite gab es die extreme Entwicklung des Outgoing-Verkehrs. Als Ursachen dafür können billigere Flugreisen, Fernweh, Wertewandel oder was auch immer angeführt werden. Wir hatten nicht nur weniger österreichische Gäste, sondern auch weniger deutsche. – Die Zahlen machen deutlich, wie explosionsartig sich die Ausgaben entwickelt haben. Wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe, so machten die Ausgaben in den Jahren 1989/90 noch um die 40 Milliarden Schilling aus und voriges Jahr, also im Jahr 1997, über 90 Milliarden Schilling. Gott sei Dank war es jetzt das erste Mal stagnierend. Das betraf natürlich auch den Inland-Tourismus. Das heißt, die Österreicher blieben nicht mehr in dem Ausmaß im Lande wie früher. Die Folge davon war natürlich das, was ich einleitend gesagt habe. Und wenn man jetzt sagt, all das sei auf eine falsche Wirtschaftspolitik, Tourismuspolitik zurückzuführen, dann, glaube ich, macht man es sich ein bißchen zu einfach.

Denn wenn dem so wäre – so viele gravierende Änderungen haben wir in der Steuerpolitik im letzten Jahr nicht gehabt (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter) –, dann hätte eines, Herr Kollege, nicht Platz greifen können: Sie selbst haben von Betrieben geredet, die eine positive Entwicklung gehabt haben. Wir können es regional sehen. Wenn wir uns anschauen, wie sich zum Beispiel die Tourismuspolitik in Wien in Verbindung mit den Kulturevents, mit der Kulturpolitik, dem Städtetourismus entwickelt hat, dann sehen wir – das spielt in die Auslastungszahlen hinein, wie es Kollege Puttinger richtigerweise gesagt hat – folgende Entwicklung: weg vom Hochpreisland – das sind wir –, weg vom Massentourismus hin zum punktuellen Qualitätstourismus, denn auch da ist die Wertschöpfung exemplarisch hoch. Das wissen wir, da brauchen wir gar nicht herumzureden. Die Ausgaben eines Touristen, der zu uns kommt, um ein Kulturerlebnis zu haben, sind erheblich größer als bei anderen. Und in diese Richtung müssen unsere Überlegungen gehen.

Ich teile Ihre Auffassung vollkommen: Wir müssen die neuen Märkte sehen. Wir müssen Hindernisse beseitigen, die ein Tourist als lästig empfindet.

Aus diesem Tourismusbericht ist sehr deutlich ersichtlich, wie wichtig die Euro-Einführung und der Wegfall des Wechselkurses sein werden. Man braucht sich nur anzuschauen, wie dramatisch die Entwicklung des Wechselkurses in Italien im Jahr 1995 war. Wir hatten Zigtausende Ankünfte weniger zu verzeichnen. Natürlich ist der Italien-Tourist regional viel stärker positioniert. Was hat das für uns bedeutet? Angesichts dessen wird man erst ermessen können, was dieser Euro gerade für die Tourismuswirtschaft bringen wird. Auch die Analysen zeigen in diese Richtung, und zwar nicht nur, was den Euro anlangt. Auch die Untersuchungen, die von der EU gemacht worden sind – jene, die sich dafür interessieren, werden es sicher gelesen haben –, zeigen, daß sich da ein riesiges Potential auftut.

Jetzt kommt schon wieder das Problem: In welche Richtung geht man mit der Politik? – Behalten wir sie bei und sagen wir, die 4-, 5-Sterne-Hotels, die 3-, 4-Sterne-Hotels müssen forciert werden, oder forcieren wir sie überhaupt nicht? Trachten wir danach, die Über-Bettenkapazität in den 2- und 1-Stern-Betrieben zu reduzieren? – All das ist in den letzten Jahren schon dagewesen. Ich bin überzeugt davon, daß das mit ein Grund für die bessere Entwicklung seit 1997 war. 1998 gibt es wahrscheinlich eine Fortsetzung.

Ich habe die letzten Äußerungen aus Deutschland gehört: TUI und Neckermann haben für den heurigen Winter bereits um 25 bis 30 Prozent mehr Buchungen. Da kann man nur hoffen, daß im Winter das Wetter halbwegs mitspielt. – Das heißt, die positive Entwicklung des Sommer-Tourismus wird sich im Winter fortsetzen.

Herr Kollege Puttinger und Herr Kollege Peter! Sie haben schon von der Trendwende gesprochen; ich bin diesbezüglich noch ein bißchen vorsichtiger. Ich glaube, man sollte einmal folgendes feststellen: 1997 ist einmal die Entwicklung nach unten, die seit 1991 passiert, gestoppt. Ob das schon der Silberstreif am Horizont oder die Trendwende ist, traue ich mir noch nicht zu sagen. Ich wünsche es mir!

Aber wir können eines tun, und das sehen wir jetzt schon, wenn wir uns die Zahlen – Kollege Peter hat es gesagt – vom östlichen Markt anschauen. Hinsichtlich der Touristen aus Polen, aus der Tschechei, aus Ungarn, aber auch aus Spanien gab es exemplarische Zuwächse. Wenn man also solche Zielgruppen berücksichtigt, dann läßt sich zumindest die Perspektive in den Raum stellen – obwohl wir so abhängig waren von deutschen Touristen –, daß wir die Talsohle erreicht haben.

Jetzt wird es darauf ankommen, auf diesem Weg der Strukturverbesserungen weiterzumachen. Wenn uns das gelingt, dann bin ich zutiefst überzeugt davon, daß wir sicherlich nicht mehr bloß von den Nächtigungszahlen träumen werden. Es werden wahrscheinlich nicht mehr 130 Millionen oder ähnliches sein, aber es würde schon genügen, wenn wir 110 oder 115 Millionen haben – aber diese mit entsprechender Wertschöpfung, das heißt Verbesserung der Auslastung, das heißt Verlängerung der Aufenthaltsdauer. – All das wird sich insgesamt wieder betriebswirtschaftlich zu Buche schlagen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Da wir immer von Beschäftigung sprechen, war für mich eines interessant: Ich habe mir die schlechte Entwicklung seit 1991 und gleichzeitig die Entwicklung der Beschäftigungssituation angeschaut. Interessanterweise ging diese nicht nach unten, im Gegenteil: Wir haben Zuwächse von 154 000 bis 161 000, 162 000 gehabt. Diese Zahl ist 1995/96 um nur 1 000 Beschäftigte im Jahresschnitt eingebrochen. Das heißt, daß trotz aller Kritiken der Tourismusbereich relativ beschäftigungssicher ist und nicht mit den Entwicklungen, die vorhanden waren, mitgegangen ist.

Es gäbe noch viele Dinge zu sagen, doch möchte ich meine Redezeit einhalten. Ich glaube, daß die Politik, die der Wirtschaftsminister macht, völlig richtig ist. Wir müssen in diese Richtung gehen: Unterstützung der regionalen und der Eventpolitik, Verbesserung im 4-, 5- und 3- und 4-Stern-Bereich und Erleichterung im administrativen Bereich für den Tourismus.

Ich glaube und bin überzeugt davon, daß wir auf dem richtigen Weg sind und der Tourismus jene Bedeutung, die er für unsere Volkswirtschaft hat – er macht immerhin 13 Prozent des Bruttonationalproduktes aus –, beibehalten und vielleicht sogar verbessern wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

13.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es spricht einiges für die Brisanz der Lage der Tourismuswirtschaft, daß wir hier vor einem fast leeren Haus über diese Frage diskutieren. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Das hängt natürlich auch damit zusammen, was wir am Anfang diskutiert haben.

Auch von unserer Fraktion ist im Augenblick niemand da. Ich werde auch darauf Bezug nehmen. Es hat zwar nicht direkt etwas mit Tourismus zu tun, indirekt aber schon. Es geht nämlich bei der leider parallel zu dieser Sitzung stattfindenden Veranstaltung zum Thema "20 Jahre Zwentendorf" auch um etwas, was mit Tourismus, mit Gastfreundlichkeit und der Präsentation von Regionen zu tun hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht dabei schon auch darum, wie sich Österreich präsentiert. Dieser Entscheid, der vor 20 Jahren getroffen wurde, nämlich nein zu einem Atomkraftwerk zu sagen, hatte natürlich keinen unmittelbaren Einfluß auf den Tourismus, das weiß ich schon. Er hat aber dazu beigetragen, so wie viele andere punktuelle Entscheidungen, Österreich in eine andere Richtung zu entwickeln als in jene, die leider – ich betone: leider! – derzeit auch im Tourismus noch vielfach vorherrscht und als das allein seligmachende Konzept gepriesen wird.

Man braucht sich nur bestimmte gesichtslose Regionen quer durch Österreich anzuschauen, in denen verstreut furchtbare Blöcke stehen, die für unsere Touristen die Rast- und die Gastfreundlichkeit Österreichs darstellen sollen. Man braucht sich nur anzuschauen, wie dort die Reste der Natur noch immer ausgebeutet werden, obwohl bereits erkennbar ist, daß alles erschöpft ist und daß in absehbarer Zeit niemand zufrieden sein wird, wenn man nur mehr derart gesichtslose Landschaften und auch Ortschaften vorfindet.

Außerdem erwarten sich die Touristen von heute, besonders wenn sie aus anderen Ländern kommen, teilweise auch etwas anderes. Aber bei uns wurde über Jahrzehnte hinweg völlig konzeptlos gewirtschaftet – alles unter dem Wachstumsaspekt "Wir müssen uns entwickeln!" Und so wurde aus der kleinen Fremdenverkehrswohnung, aus der Privatwohnung, die vermietet worden ist, das 1-Stern-Zimmer und das kleine Hotelchen, und daraus wurde dann das 2-Stern-Hotelchen. Man muß sich nur ansehen, wie konzeptlos in diesem Bereich gewirtschaftet wurde, dann verwundern und freuen einen auf der anderen Seite die Leistungen, zu denen bestimmte Regionen und der Tourismus insgesamt noch fähig sind.

Was mich verblüfft – ich bin Herrn Kollegen Heindl für seinen Hinweis durchaus dankbar –, ist, daß fast in allen Debatten über den Tourismus in diesem Hohen Haus immer wieder dieselbe Leier losgelassen wird. Kollege Peter hat wieder einmal die hohen Sozialkosten und die Steuerbelastungen beklagt. Herr Kollege Heindl hat daher für mich richtigerweise darauf verwiesen, daß die Währungsrelationen (Abg. Mag. Peter: Vielleicht ist es mehr als eine "Leier"!) – ich versuche das zu erklären, Herr Kollege Peter – in den letzten Jahren und Jahrzehnten für die Entwicklung von Gästeströmen aus bestimmten Ländern viel entscheidender waren als die einprozentige Anhebung irgendeines Steuersatzes. (Abg. Mag. Peter: Auch das spielt eine Rolle! Beides spielt eine Rolle!) – Beides spielt eine Rolle, das will ich nicht leugnen. Doch für die Entscheidung von Gästen, ob sie nach Österreich kommen, hat das Sinken des Dollars um 5 oder 10 Prozent, was wir phasenweise immer wieder erleben, eine wesentlich größere Bedeutung, und das kann auch mittels Steuersenkungen in beträchtlichem Ausmaß nicht kompensiert werden. Das müßten schon riesige Steuersenkungen sein.

Das ist aber nur eine Anmerkung. Insofern teile ich auch die Schlußfolgerung von Herrn Kollegen Heindl: Ich erhoffe mir, auch wenn ich das nicht allzu optimistisch sehe, daß durch die Einführung des Euro eine bedeutende Verbesserung der Planbarkeit auch für den Tourismus erreicht wird. Ich hoffe, daß damit zumindest für große Einzugsregionen unseres Tourismus annähernd eine Planbarkeit und eine Vergleichbarkeit auf absehbare Zeit hergestellt werden, was es für den Tourismus wesentlich leichter machen würde. – Das ist der eine Punkt, den ich erwähnen wollte: Sozialkosten und Steuerbelastung versus Währungsrelationen. Das ist eine Anmerkung dessen, was mir als Laie in diesem Metier aufgefallen ist.

Meine zweite Anmerkung betrifft den Bereich Tourismuswerbung. Es ist immer wieder – und in den letzten Jahren immer deutlicher – erkennbar, daß die Konzeption der Tourismuswerbung, die bei uns in Österreich in einer sehr kleinkarierten Form stattfindet, wahrscheinlich nicht ausreichen wird, um uns tatsächlich mit dem nötigen Gewicht in anderen Ländern bemerkbar zu machen. Wenn das Gasteiner Tal für sich wirbt, aber Dorf Gastein, Bad Gastein, Hofgastein und auch Sport Gastein jeweils eigene Prospekte machen, dann werden, so würde ich meinen, viele Gelder falsch eingesetzt. Es gibt genügend Erkenntnisse, doch die Schlußfolgerungen daraus werden nicht gezogen, nämlich daß man in dieser Form für den österreichischen Tourismus nicht weiter werben kann, sondern daß auf diese Art Ressourcen verschleudert werden. – Das war der zweite Punkt.

Dritter Punkt: Belastung der im Tourismus Tätigen. Das betrifft sowohl die selbständig Tätigen als auch die Unselbständigen. Darüber wird auch nicht gesprochen, nämlich über die Kehrseite von dem, was wir an Gastfreundlichkeit oder Verhältnis zum Gast immer wieder erleben. Das steht nicht nur in den Spalten des "Standard", der sich sehr verdienstvoll über mehrere Monate hinweg dieses Problems angenommen hat, oder in den "Kopfstücken" des "Kurier", in dem die Beispiele deutlich angeführt werden, wie in bestimmten Bereichen des Tourismus der Umgang mit dem Gast nach wie vor ist. Das ist entsetzlich und furchtbar.

Jeder und jede hier im Haus hat wahrscheinlich auch schon seine/ihre Erfahrungen mit dieser Form der "Gastfreundlichkeit" gemacht. Aber ich behaupte, daß das nur die Kehrseite dessen ist, was auf der anderen Seite die im Tourismus Tätigen – egal, ob selbständig oder unselbständig – an Belastungen auszuhalten haben. Auch daran müßte gearbeitet werden. Jedes Konzept, das an die Mitarbeiter mit dem Motto appelliert: "Verhaltet euch freundlicher, seid netter zu den Gästen!" wird an den Realitäten, an den Zwängen scheitern, denen die Leute, die im Gastgewerbe – der Handel wäre übrigens ein vergleichbarer Bereich – tätig sind, ausgesetzt sind. – Das nur als Anmerkung.

Vierter Punkt, Herr Kollege Peter hat schon darauf hingewiesen: die Grenzkontrollen, Schengen. Die Grenzkontrollen, denen bestimmte Gäste, die in dieses Land kommen, ausgesetzt sind, sind nicht gerade ein Beispiel dafür, daß wir geneigt sind, alle unsere ausländischen Gäste gleichermaßen gastfreundlich hier zu empfangen. Auf der einen Seite werden große Mauern errichtet, auf der anderen Seite gibt es eine relativ große Freizügigkeit. Wie erklären Sie das den Gästen? – Wie erklären Sie den Gästen, die Sie in unser Land bringen wollen, daß auf der einen Seite stundenlange Wartezeiten an den Grenzen in Kauf zu nehmen sind, während sich auf der anderen Seite die Gäste aus den EU-Ländern frei bewegen können?

Der fünfte und letzte Punkt – ich will nur darauf hinweisen – knüpft wieder an den ersten Punkt an. Einiges von dem, was wir uns gemeinsam im Tourismus erwarten, könnte auch durch eine Veränderung im Steuer- und Abgabensystem, etwa durch eine Ökologisierung des Steuersystems, welche die Arbeitskosten entlastet, erreicht werden. Es könnte aber auch im Bereich der Sozialversicherungsabgaben erreicht werden, und zwar in diesem Fall viel deutlicher als in anderen Bereichen, nämlich durch wertschöpfungsbezogene Ansätze bei den Sozialversicherungsbeiträgen. An diesem Beispiel, an der Ökosteuer und auch an der Wertschöpfungsabgabe, wäre dies zu demonstrieren. Wenn man nur den Reformwillen hätte, wäre einiges zu machen. Aber an dem fehlt und gebricht es.

Darum bin ich es eigentlich leid, daß erstens diese angeblich so wichtige Frage vor fast leerem Saal rein geschäftsordnungsmäßig heruntergespult wird. Denn mit wenigen Ausnahmen – Kollege Peter ist eine solche; er ist auch persönlich davon betroffen – erlebt man nichts von Emphase, Begeisterung und Leidenschaft bei diesem Thema. Dabei geht es aber doch um einen ganz wichtigen wirtschaftlichen Bereich!

Es nützt auch wenig, solange die Menschen, die uns hier zuschauen und beobachten, das Gefühl haben müssen, das interessiert weder die Leute hier herinnen noch die in der Regierung, die zwar immer wieder die mißliche Lage im Tourismus beklagen und monieren, aber wenig Bereitschaft zu deren Veränderung zeigen.

Herr Minister! Ich würde mir in dieser Hinsicht klarere Konzepte nicht nur von Ihnen als Tourismusminister, sondern von der Bundesregierung insgesamt erwarten. (Beifall bei den Grünen.)

13.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. – Bitte.

13.11

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Der Tourismusbericht 1997 steht zur Debatte, und ich möchte eingangs zur Vorlage selbst etwas sagen. Der Bericht ist sehr detailliert gegliedert, übersichtlich und ohne Substanzverlust einfach zu lesen. Ich möchte als positiv anmerken, daß der Herr Minister, bevor dieser Bericht verfaßt wurde, die Tourismussprecher aller Parlamentsfraktionen eingeladen hat, bestimmte Schwerpunkte zu setzen. Diese sind eingearbeitet worden. Das zeigt, daß Herr Minister Farnleitner mit dem Parlament sehr flexibel kooperiert, und das ist, wie ich meine, gut so. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir wissen, daß die Tourismuswirtschaft zu einem erheblichen Teil von der internationalen Wirtschaftslage abhängig ist. Viele Dinge sind sicherlich hausgemacht, aber man darf nicht verhehlen, daß die internationale Wirtschaftslage in diesen Bereich stark hineinspielt. Deshalb ist es an der Zeit, die herkömmlichen Kennzahlen, die wir immer wieder statistisch verwenden – die Zahl der Ankünfte, der Nächtigungen und so weiter; der Herr Minister ist auch schon darauf eingegangen –, eher in den Hintergrund zu rücken. Sie sind meiner Meinung nach nicht mehr aussagekräftig. Man müßte die Wertschöpfungszahlen stärker berücksichtigen – etwa den Umsatz und das Preis/Leistungsverhältnis –, denn es zeigt sich ein Trend zu häufigeren und kürzeren Reisen, zu spontanen Reisen, das heißt, die Zahl der Ankünfte steigt, jene der Nächtigungen sinkt. Daher ist es an der Zeit, neue, bessere Maßstäbe zu normieren.

Zur Tourismusstruktur. Man muß, wenn man diesen Tourismusbericht durchliest, auch einsehen, daß der Bund nur Rahmenbedingungen schaffen kann, denn die Handlungsfelder im touristischen Bereich liegen nicht auf Bundesebene, sondern in jeder einzelnen Region, also bei uns selbst. Ein Sprichwort sagt: Den schwierigsten Weg, den ein Mensch zurücklegen kann, ist jener zwischen Vorsatz und Durchführung. – Es liegt nicht am Ministerium oder an der Bundesregierung, sondern es liegt sehr oft an den verschiedenen Regionen, was man dort jeweils aus dem Tourismus macht. Natürlich müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen, und ich möchte nunmehr auf einige Problemkreise, die heute schon erwähnt wurden, eingehen.

Problemkreis Eigenkapitalbasis. Die Betriebe kämpfen schon sehr lange gegen eine Eigenkapitalauszehrung. Diese ist besorgniserregend, weil die Betriebe dadurch dem Konkurrenzdruck mehr und mehr machtlos gegenüberstehen. Der Erneuerungsbedarf im Tourismusbereich ist inzwischen kaum mehr finanzierbar.

Das führt natürlich zum zweiten Problem, nämlich zur Betriebsnachfolge. Diesbezüglich gibt es im Bericht ein Befragungsergebnis vom Fessel-Gfk-Institut, das eindeutig belegt, daß schon sehr viele Betriebe, nämlich 24 Prozent, an eine Schließung denken oder gedacht haben. Und von diesen Betrieben meinen wiederum 47 Prozent, auf ihre Zukunftspläne angesprochen, das Hotel auf jeden Fall schließen zu müssen. Ich finde, das ist ein Aufschrei! So kann es nicht weitergehen.

Daher haben wir von der ÖVP uns bereits Gedanken darüber gemacht und werden das in die Steuerreformverhandlungen einbringen. Diese Punkte wurden heute schon genannt. Wir wollen unbedingt eine Stärkung der Eigenkapitalbasis! Das ist ein ganz wichtiger Punkt in unserem Steuerreformkonzept. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen endlich, damit eine Betriebsnachfolge gewährleistet werden kann, die betriebliche Erbschaftssteuer abschaffen. Diese Steuer ist leistungsfeindlich und hemmt sehr viele Jungunternehmer beziehungsweise schreckt sehr viele Jungunternehmer davor ab, den elterlichen Betrieb zu übernehmen.

Es gibt auch verschiedene weitere Maßnahmen, wie die Ausweitung des Lehrlingsabsetzbetrages oder die Förderung von Entwicklung und Forschung, aber gerade im touristischen Bereich sind die ersten drei Punkte, die ich genannt habe, von besonderer Wichtigkeit.

Ein weiteres Problemfeld oder Betätigungsfeld des Tourismus ist Osteuropa. Aus diesem Bereich kommen sehr viele und immer mehr Gäste. Sie sind Tagestouristen, Kurzzeittouristen, aber sie bieten uns natürlich eine enorme Chance. Als Burgenländer weiß ich, wovon ich spreche. Herr Minister! Für mich ist es immer wieder faszinierend, wenn ich mit Ungarn, Tschechen, Slowaken oder Slowenen in Kontakt komme und merke, wie gut sie der deutschen Sprache mächtig sind und wie sie bereits ihr Angebot danach ausrichten. Daran könnten wir uns ein Beispiel nehmen!

Ich frage mich, wo es bei uns zum Beispiel Speisekarten auf Ungarisch oder auf Tschechisch gibt. – So etwas findet man bei uns kaum. Wo bieten wir etwas in anderen Sprachen an? (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.) Es ist manchmal – da gebe ich Herrn Kollegen Öllinger recht – eine Mentalitätsfrage, eine Frage der Einstellung, wie wir den anderen Menschen sehen. Wir reden ja auch immer noch sehr oft vom Fremdenverkehr. Das sind aber keine Fremden, das sind Gäste! Gott sei Dank gibt es auch nicht mehr den Fremdenverkehrsbericht, sondern den Tourismusbericht. (Beifall bei der ÖVP.) – Das heißt, das ist sehr wohl auch eine Einstellungsfrage.

Für das Burgenland möchte ich die Installierung der Fachhochschule für internationale Wirtschaftsbeziehungen als sehr positiv hervorheben, in deren Rahmen wir gerade den Ostmarkt entsprechend zu erschließen versuchen. Gott sei Dank wird das Tourismusmanagement auch bei uns im Burgenland professioneller. Wir haben über die Ziel-1-Förderung sehr viele Leitbetriebe geschaffen, die Initialzündungen und Impulse für die Region geben. Gott sei Dank gelingt es uns auch, gemeinsame Werbestrategien zu entwickeln.

Es war zum Beispiel im Bereich des Neusiedler Sees, von wo ich herkomme, vor einiger Zeit unvorstellbar, daß sich Gemeinden zusammentun und gemeinsam eine Werbestrategie entwickeln könnten. Das war vor Jahren noch völlig unvorstellbar. Gott sei Dank gibt es jetzt eine GesmbH, in der die Verbände und die Gemeinden zusammengeschlossen sind und über die man versucht, eine Region, nämlich den Neusiedler See, gemeinsam zu bewerben – eben nicht nur Purbach oder Mörbisch oder Rust. Ich finde, das ist der richtige Weg, den man einschlagen muß.

Um im Burgenland zu bleiben, kann ich noch anführen, daß man auch die Thermenlandschaften gemeinsam bewirbt und damit einen Gesundheitsurlaub in Lutzmannsburg, Bad Tatzmannsdorf oder Stegersbach meint. All das sind entsprechende Ansätze, die sehr positiv sind.

Es sind auch bei uns im Burgenland in den letzten Jahren die Investitionen gerade im Tourismusbereich enorm gewesen. Als Ziel-1-Gebiet haben wir einen großen Nachhholbedarf, und wir haben sehr viel in die Förderungen gesteckt. Alleine 1997 sind zum Beispiel förderbare Kosten in der Höhe von 517 Millionen Schilling entstanden. Damit sei nur ein Bruchteil herausgegriffen. – Wir versuchen wirklich, dem Tourismus auf die Sprünge zu helfen.

Lassen Sie mich als Bürgermeister in dieser Region zu einem sehr heiklen Problembereich Stellung nehmen, nämlich zur Getränkesteuer. Im Vorfeld einer möglichen EU-Entscheidung wird darüber sehr viel und sehr konträr diskutiert. Ich sehe den einen, aber auch den anderen Standpunkt ein. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß die Gemeinden nicht nur diese Steuer kassieren, sondern gerade im Tourismusbereich sehr viel an Infrastruktur schaffen und diese Investitionen vor allem auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten tätigen.

Ich schlage vor, wir sollten die EU-Entscheidung abwarten und dann entsprechende Maßnahmen ergreifen. Es darf aber keinesfalls so sein, daß es zu einer Aushöhlung der Gemeindefinanzen kommt. Wenn es diesbezüglich eine Diskussion gibt, dann muß man im Wege des Finanzausgleichs versuchen, den Gemeinden eine Hilfestellung zu geben.

Ich komme schon zum Schluß. Ich glaube, der Tourismusbericht 1997, aber auch die Daten von 1998 geben uns Anlaß zur Hoffnung. Ich sehe das sehr optimistisch. Ich meine, Herr Minister, wir sind auf dem richtigen Weg, und von diesem Weg sollten wir uns nicht abbringen lassen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.20

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich wollte vorhin kurz mit Herrn Kollegen Puttinger, dem Tourismussprecher der ÖVP, in einen Dialog eintreten. Aber heute ist das ein schwieriges Unterfangen gewesen, da Kollege Puttinger eigentlich zwei Personen in einer darstellte, nämlich einen Regierungsabgeordneten und einen Oppositionsabgeordneten gleichzeitig. Kollege Puttinger, du trainierst wahrscheinlich schon für die nächste Gesetzgebungsperiode, wo die "Ampel" nicht mehr nur blinken, sondern zur Realität werden wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger.)

Kollege Puttinger! Ich schätze dich persönlich wirklich sehr, aber deinen heutigen Brief an das Christkind hättest du dir sparen können. Wir erwarten von der sozialistischen Koalition, daß sie für den Tourismus nicht nur verbal eintritt, sondern jene Dinge, die du heute eingemahnt hast, auch umsetzt. Das ist die zentrale Frage, meine Damen und Herren. Aber ich glaube, Herr Bundesminister – ohne Ihnen etwas unterstellen zu wollen; ich mache das an einem Satz von Ihnen fest –, daß das Tourismusherz bei Ihnen nicht an der richtigen Stelle schlägt.

Sie haben im Ausschuß gesagt – ich zitiere wörtlich –: Den Minister geht es einen Schmarren an, ob sich ein Tourismusbetrieb zu Investitionen entschließt oder nicht! – Ob dieses Satzes muß man kurz innehalten. – Darauf kann ich nur sagen: Es kann nur das herauskommen, was im Bauch schlummert, Herr Bundesminister! Ich weiß schon, daß Sie nicht jeden Tourismusbetrieb zwingen können, zu investieren, aber darüber hinwegzugehen und zu sagen: "Meine Leibspeise ist der Schmarren, und im übrigen interessiert mich die Geschichte nicht!" ist nicht das Denken, das einer Querschnittsmaterie gerecht wird und das auch Helmut Peter eingemahnt hat.

Ich sage Ihnen daher: Sie sollten sich neben dem Tourismusbericht – den Sie sich zu eigen gemacht haben und in dem Sie viele Dinge untergebracht haben, die zu bearbeiten oder auch abzuhaken wären – auch eines positiveren tourismuspolitischen Klimas annehmen. Das haben Sie nicht getan. Mit diesem einen Satz ist Ihnen die Maske vom Gesicht gefallen, Herr Bundesminister! Wir Freiheitlichen werden stets darauf hinweisen, daß Sie die Anliegen des Tourismus nicht mit jener Vehemenz vertreten, wie sie jetzt von den Tourismussprechern der ÖVP zumindest verbal vorgegeben wurde.

Das heißt auch klar und deutlich, daß die gewaltigen Leistungen der Fremdenverkehrswirtschaft in Österreich in diesem Lande steuerlich nicht unterstützt, nicht begleitet werden, Herr Kollege Puttinger. Es ist traurig, daß auch du alle Anträge der Freiheitlichen, die zur Unterstützung der Fremdenverkehrswirtschaft eingebracht wurden, niedergestimmt hast. Das ist das Problem, und deswegen wurdest du mit deinen Freunden bei der jüngsten Tagung in Eisenstadt auch ausgepfiffen, Kollege Puttinger. Ich betone: Ausgepfiffen! Mich wundert es nicht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger.) – Rede dich nicht wieder auf die Opposition aus! Ihr sollt regieren, und nicht nur auf der Regierungsbank sitzen! Regieren heißt handeln, Kollege Puttinger! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie kommen denn sonst Schlagzeilen in eurem Zentralorgan "ÖGZ", dem schwarzen Leitblatt, mit Zwangsmitgliedsbeiträgen finanziert, zustande, wie zum Beispiel: "Die Wirte sind Spielball der Politik!"? – Herr Bundesminister! Das sagt kein Geringerer als Ihr Parteifreund Buemberger. Er sagt: "Das Maß ist voll" – nicht "die Maß", sondern "das Maß", Herr Bundesminister –, "die Wirte steigen auf die Barrikaden, ein Marsch auf Wien steht bevor."

Das muß doch einen Grund haben! Die Unzufriedenheit muß ja einen Humus haben. Wer oder was ist dieser Humus? Das "gottgewollte" Entstehen von Gesetzen, Verordnungen, Statistiken? – "Statistikwahn" sagt Puttinger immer wieder.

Ursache dieses Barrikadensteigens – 150 Jahre nach der Revolution von 1848; jetzt kommen die Wirte an die Reihe – ist die sozialistische Politik mit ÖVP-Restbeteiligung, meine Damen und Herren! Das ist das Problem: daß Sie nicht bereit sind, Nägel mit Köpfen zu machen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind nicht bereit, wenigstens einmal zu beginnen, die Probleme auf der Checkliste abzuhaken, einmal zu zeigen, was Sache ist, statt nur Briefe an das Christkind zu schreiben, womöglich noch mit einem Sonderstempel des Parlaments. Meine Damen und Herren! Das ist zuwenig!

Herr Bundesminister! Ich muß auch noch einen Satz zur Österreich-Werbung sagen. Sie haben dieses Thema im Ausschuß so abgetan, als ob alle diesbezüglichen Zeitungsmeldungen nicht stimmen würden. Ich kann das nicht beurteilen, aber so falsch und an den Haaren herbeigezogen wird es schon nicht sein, wenn man zum Beispiel liest, daß "hire and fire" in der Österreich-Werbung an der Tagesordnung ist. 90 Mitarbeiter haben seit dem Amtsantritt von Michael Höferer im Jahre 1996 die Österreich-Werbung verlassen. Teilweise hervorragende Mitarbeiter sind dabei über Bord gegangen, und dann liest man – ich zitiere –: "Aufregung um Österreich-Werbung – Farnleitner überlegt Veränderungen".

Herr Bundesminister! Wenn Sie Veränderungen überlegen, dann muß ja einiges nicht in Ordnung sein. Aber im Ausschuß haben Sie gesagt, es sei alles paletti, es sei alles in Ordnung, da gebe es nichts. Es seien bloß einige Umstrukturierungen im Gange, und daher müsse man den Kopf in den Sand stecken.

Ich frage Sie daher noch einmal: Stimmt es, was die Gerüchte sagen – ich betone "Gerüchte"; geben Sie uns Antwort; wenn es nicht stimmt, dann legen Sie die Karten auf den Tisch –, daß schlechte Werbeslogans, Verschwendung von Steuergeld, hohe Gagen, teure Dienstautos und nicht zuletzt angebliche Rechtswidrigkeiten bei der neuen ÖW-Tochter "Tourismus-Marketing" im Mittelpunkt einer anonymen Sachverhaltsdarstellung stehen?

Das ist ganz starker Tobak, das gehört hinterfragt. Wer denn sonst, wenn nicht die Opposition – wenn es Puttinger schon nicht tut –, soll und muß das tun, Herr Bundesminister? – Im Ausschuß haben Sie gesagt, es sei alles paletti, alles in Ordnung, das gehe uns nichts an, Ihre Hände würden in Unschuld gewaschen. – Das Lavoir der Unschuld trägt Farnleitner vor sich her.

Meine Damen und Herren! Das ist zuwenig, das heißt, Sie haben hier und heute dem Nationalrat zu sagen, es stimmt oder es stimmt nicht.

Jetzt komme ich noch auf eine Doppelzüngigkeit im Bereich der ÖVP zu sprechen, und zwar betreffend die Zeltfestregelung. Wir wissen, was da abgelaufen ist. Bei einer Veranstaltung sagt doch kein Geringerer als Herr Abgeordneter Lukesch – ich zitiere –: Zur mehrmals geforderten Aufhebung der im Parlament beschlossenen Zeltfestregelung, meint Lukesch, dies sei nicht nur eine schwere Niederlage gewesen, sondern die Regelung sei auch verfassungswidrig. – Das sagt uns Herr Professor Lukesch, seines Zeichens Tiroler, genau jener Tiroler Lukesch, der wenige Wochen zuvor dieser verfassungswidrigen Zeltfestregelung zugestimmt hat!

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Ich muß Sie wieder einmal fragen: Sind Sie in der Opposition oder in der Regierung? – Entscheiden Sie sich endlich! Ich weiß schon, daß Sie von den Genossen ständig über den Koalitionstisch gezogen werden, aber sagen Sie das der Öffentlichkeit wenigstens! Schenken Sie ihr reinen Wein ein und machen Sie nicht immer diese doppelzüngige Politik, meine Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Abschließend – um die Zeitökonomie einzuhalten – möchte ich sagen, daß sich der Tourismus in Österreich eine solche Regierungspolitik nicht verdient hat, denn immerhin sind 161 817 Arbeitnehmer im Gastgewerbe tätig. Es gibt 109 Millionen Übernachtungen pro Jahr, 4,57 Tage beträgt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer, und es gibt leider eine nur 30prozentige Bettenauslastung – unter anderem ein Produkt Ihrer fehlgeleiteten Strukturpolitik.

All die Arbeitnehmer und Wirtschaftstreibenden in diesem Bereich haben sich wahrlich eine seriöse Tourismuspolitik verdient und nicht leere Versprechungen bei Sonntagsreden, sondern aktives Handeln der Koalition, der Bundesregierung. Zuvorderst Sie, Herr Bundesminister für Tourismus, sind hiefür verantwortlich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puttinger: Hättest du geschwiegen, wärst du ein Philosoph geblieben!)

13.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Bundesminister.

13.29

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zumindest auf zwei zwischenzeitig gestellte Fragen eingehen, weil sie vielleicht den späteren Gang der Diskussion mitbeeinflussen können.

Zum ersten bin ich gefragt worden, wie es sich mit den Zahlen des heurigen Jahres verhält. Nach den Zahlen, die mir vorliegen, erwarten wir im heurigen Jahr insgesamt einen Zuwachs der Umsätze von 5 Prozent, und auch für das nächste Jahr steht angesichts der jetzt vorhersehbaren Entwicklungen ein etwa gleiches Wachstum bevor. Wir haben in den Sommermonaten Mai bis September einen Zuwachs in der Höhe von 7 Prozent, sprich 83 Milliarden Schilling, gehabt. Wer nach einem solchen Sommer behauptet, daß wir generell ein Krisenszenario haben, war auf dem Markt nicht unterwegs. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine zweite Feststellung: Zum ersten Mal – damit komme ich zu Herrn Abgeordneten Haigermoser –, nachdem wir in diesem Wirtschaftszweig über Jahre am Ertrag vorbei in Kapazitäten investiert haben, sehen wir jetzt, daß wir die Aufgabe haben, Finanzierungsinstrumentarien zu schaffen. Das betrifft auch die von Herrn Abgeordneten Peter angesprochene notwendige Umfinanzierung.

Wenn schon vom Herrn Abgeordneten Haigermoser Aussagen von mir aus dem Ausschuß zitiert werden, dann bitte ich auch, sich auch daran zu erinnern, daß ich gesagt habe: Der Wirtschaftsminister ist lediglich verantwortlich – aber sehr wohl verantwortlich! –, die entsprechenden Rahmenbedingungen für Investitionsentscheidungen zu treffen. – Dabei werde ich mir erlauben, Herr Präsident, ein Beispiel aus dem Ausschuß vorzurechnen. Das dauert nur zwei Minuten.

Das Modell, das zum Teil nach meinem Namen in der ÖHT benannt ist, funktioniert folgendermaßen. Ich lese Ihnen das Beispiel eines Betriebs vor, der bei einer Kapazität von 100 Betten, einem Umsatz in der Höhe von 15 Millionen Schilling, einem "cash-flow" vor Zinsen von 3 Millionen, Schulden in der Höhe von 45 Millionen und einem Reinvestitionsbedarf in der Höhe von 4 Millionen Schilling eine Eigenkapitalquote von minus 5 Prozent und eine Entschuldungsdauer von 150 Jahren hatte. Der Übernehmer kam zu uns, zur ÖHT, zu mir, und fragte: Welches Modell bietet ihr mir für die Zukunft an, bevor ich diesen Betrieb übernehme?

Das Modell, das ihm angeboten wurde und das er auch genommen hat, sah dann aufgrund dieser neuen Finanzierungstechniken folgendes vor. Ich fange einmal bei seinem eigenen Beitrag an: Ein Grundstücksverkauf bringt 4 Millionen Schilling, der Forderungsverzicht der Hausbank 6 Millionen, ein Langzeitdarlehen – das heißt mindestens 10 Jahre nur 2,5 Prozent Zinsen und keine Annuitäten – 14 Millionen Schilling, das Altdarlehen der Hausbank zu 4 Prozent 21 Millionen, und ein neues Darlehen mit Bundeshaftung zu 4,75 Prozent auf 15 Jahre bringt 4 Millionen mehr. Das bedeutet insgesamt, daß die Bedienung dieser neu umstrukturierten Schulden insgesamt 2,6 Millionen kostet, bei einem Cash-flow von 3 Millionen. Zum ersten Mal kann sich der Unternehmer, der übernimmt, überhaupt ausrechnen, daß er vom Betrieb allenfalls leben könnte.

Ich möchte an diesem Beispiel demonstrieren, daß es tatsächlich so ist, daß ich mich nicht dabei einmische, ob sich ein Unternehmer dazu entschließt zu investieren oder nicht. Daher diese kulinarische Bezeichnung. Ich werde mich aber sehr wohl weiter anstrengen, damit wir jenen, die im Sektor weiter investieren wollen, optimale Refinanzierungs- und Finanzierungsbedingungen bieten. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich auch einen Satz zur Insolvenzentwicklung sagen, denn auch da soll man auf rezentere Teile eingehen. Wir hatten 1987/88 eine deutliche Verbesserung der Insolvenzquote im Tourismus zu verzeichnen, weil die steigenden Umsätze und die neuen Finanzierungshorizonte auch andere Betriebsinhaber wieder dazu veranlaßt haben, es doch wieder auf dem investiven Sektor zu versuchen. Und die Insolvenzrate – gemessen an der Gesamtwirtschaft beträgt sie 1,8 Prozent insgesamt – ist im Tourismus mit 0,89 Prozent deutlich niedriger. Daher bitte ich schon, beide Komponenten in den Diskussionen zu berücksichtigen. Einerseits haben wir es wieder mit einem Wachstumspfad im Umsatzbereich mit pro Kopf steigenden Einnahmen je Nächtigung oder Aufenthaltsdauer zu tun, und zum zweiten haben wir es mit deutlich besseren Finanzierungsbedingungen als in der Periode der Krise in den frühen neunziger Jahren zu tun. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Kiermaier. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.33

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwei Bemerkungen zu Ausführungen meiner Vorredner. Kollege Öllinger hat angeführt, daß es doch relativ oft Mitarbeiter und auch Inhaber von Betrieben gibt, die unfreundlich sind. Natürlich gibt es das. (Abg. Haigermoser: Zum Öllinger wäre ich auch unfreundlich!) Das gibt es in jeder Branche, überall. Ich habe auch schon Beamte erlebt, die, wenn man vor dem Schalter steht, ebenfalls nicht freundlich sind, und Handwerker, die nicht freundlich sind. Das gibt es überall, das sollte man nicht verallgemeinern. Es gibt überall nette und höfliche Leute, und auch in unserer Branche dominiert, das glaube ich sagen zu können, die Freundlichkeit.

Kollege Steindl hat die Speisekarten in tschechischer und ungarischer Sprache angesprochen. Ich glaube, da hat er recht. Da müssen wir uns bei der Nase nehmen. Die Touristen aus Osteuropa kommen doch Gott sei Dank immer mehr auch zu uns auf Urlaub, und daher ist es wichtig, daß wir diesem Trend Rechnung tragen.

Herr Bundesminister! Ich möchte Ihnen zu diesem Bericht recht herzlich gratulieren. Er gefällt mir, er ist nicht nur vom Layout her neu, sondern er ist auch sehr inhaltsreich und beschäftigt sich – und das ist, wie ich meine, besonders wichtig – nicht nur mit Daten aus der Vergangenheit, sondern er stellt auch Strategien für die Zukunft dar. Er schlägt, wie ich meine, eine Brücke vom Ministerium zum Parlament, zum Tourismusbereich und zu all jenen Kräften, die sich mit dem Tourismus in diesem Lande beschäftigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die im Bericht enthaltene Gästebefragung ist zum Beispiel eine wichtige Sache, denn nur dann, wenn man weiß, was die Gäste denken, kann man auch entsprechend agieren. Oder gerade auch diese Schwerpunktthemen, die im Bericht zum Beispiel auf Seite 58 angesprochen wurden, oder die Grundaussagen auf Seite 61 betreffend den "neuen Touristen" sind sehr, sehr interessant.

Ich möchte mich aber, weil die Zeit nicht mehr erlaubt, nur mit einem Segment dieses Berichtes beschäftigen, nämlich mit den Senioren.

Der im Bericht als "silver market" oder als "Die grauen Panther" bezeichnete Bereich des Tourismus ist ein hochinteressanter Bereich, das kann ich Ihnen versichern. Dieser Gästekreis ist nicht nur wirtschaftlich interessant, er ist auch sehr angenehm zu bedienen. Und wenn man, so wie ich, doch schon Jahrzehnte in diesem Gewerbe tätig ist, dann weiß man, wovon man redet. Es ist so, daß mich gerade dieser Kreis dazu bewogen hat, in meinem eigenen Betrieb umzudenken. Ich möchte Ihnen das als Beispiel bringen, weil es, wie ich meine, nicht uninteressant ist, wenn man neue Strategien entwickelt.

Es wurde heute schon gesagt: Die Bettenkapazität ist zu groß. Ich habe daher begonnen, auf ein neues System umzusteigen. Ich errichte derzeit bei mir zu Hause ein Seniorenhaus. Ich baue den Beherbergungsteil in Kleinappartements, in kleine Wohnungen um und werde in Zukunft um die 35 Leute ständig bei mir wohnen haben. Ich möchte mit diesen Menschen nicht nur mein betriebliches Auskommen erzielen, sondern für sie auch ein zentraler Mittelpunkt ihres Lebens sein.

Ich erzähle Ihnen das deshalb, weil ich denke, daß sich so mancher Inhaber eines Betriebes in der entsprechenden Region, dort, wo es paßt – es muß natürlich auch der richtige Standort sein –, Gedanken in diese Richtung machen sollte, denn diese neuen Strukturen können mehr oder weniger dazu beitragen, eine Vollauslastung zu erreichen.

Diese Sache hat noch einen sehr interessanten Aspekt. Man kann nämlich gemeinsam mit der Kommune und der Region eines erreichen, und zwar, daß die älteren Menschen nicht aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen werden müssen, denn sie wollen verständlicherweise nicht weg aus ihrer Region, aus ihrem Ort. Wenn ein Verbleib im Familienverband nicht möglich ist und ein Privater oder eine karitative Organisation das Heft in die Hand nimmt und die entsprechenden Möglichkeiten schafft, damit dieser ältere Mensch zu Hause bleiben kann, dann ist das ein sehr positiver Aspekt.

Es war für mich sehr interessant zu hören, daß die Landeshauptmannstellvertreterin von Niederösterreich, Liese Prokop, bei der Eröffnung eines Pflegetraktes in einem Altenheim gesagt hat, das Land Niederösterreich ziehe sich zur Gänze aus diesem Bereich zurück und konzentriere sich nur mehr auf die Pflegestationen. Das heißt für mich, daß Private und karitative Organisationen gefordert sind, diesen Bereich aufzugreifen. Ich denke, das ist eine gute Sache, und hoffe, es wird auch in meinem Fall eine gute werden.

Zum Schluß möchte ich noch eine kleine Randbemerkung machen. Ich habe vor kurzem aufgrund einer Presseaussendung im ORF die Möglichkeit bekommen, über die Biergläser zu reden. Es war in der Sendung "Österreich heute". Es ging um die berühmten 0,4- und 0,5-Liter-Gläser. Ich habe mich deswegen zu diesem Thema zu Wort gemeldet, weil ich es einfach nicht mag, wenn wir alles nachäffen, was rundherum so läuft. Nur weil es in Deutschland so üblich ist, müssen wir es noch lange nicht machen. Warum sage ich das? – Weil ich glaube, daß das auch für viele andere Dinge symptomatisch ist.

Wir haben damals, vor dem Beitritt zur EU, mit allen Mitteln der Werbung – nicht Werbung, das ist falsch gesagt –, mit allen Mitteln der Überzeugung versucht, den Menschen den Beitritt schmackhaft zu machen, und zwar mit Recht. Wir haben aber damals eines gesagt: Wir wollen die Annehmlichkeiten dieses großen Lebensraumes haben, wollen aber keinen Einheitsbrei, weder wirtschaftlich noch kulturell, noch in irgendeinem anderen Lebensbereich.

Daher ist es, wie ich meine, sehr sinnvoll, wenn jedes Land seine Eigenheiten bewahrt. Jeder sucht, wenn er auf Urlaub fährt, in dem jeweiligen Land den jeweiligen Reiz. Der eine will dies essen, der andere jenes. Wir wollen nicht die Pizza à la "Du bist fesch" von Alaska bis zum Ural oder den Burger in allen Schattierungen. Für uns ist wichtig, daß jede Region, jedes Land sich ganz speziell auf seine ureigenste Eigenheit konzentriert. Und das sollten wir, wie ich meine, verteidigen.

Ganz zum Schluß möchte ich wie immer die Gelegenheit dazu nützen, mich bei allen meinen Kolleginnen und Kollegen – von der Abwäscherin bis zur Reinigungskraft, vom Lehrling bis zum Hoteldirektor – für die von ihnen geleistete Arbeit als Kollege und Abgeordneter dieses Hauses zu bedanken. Kollege Puttinger hat es heute auch schon gesagt, und das sollten wir nicht vergessen: daß wir Botschafter für dieses Land sind und daß einer, der in einem Haus bei uns gut untergebracht ist, für dieses Land vielleicht mehr Reklame macht als so manch andere Institution. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.41

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, Sie haben in Ihrer letzten Wortmeldung die Meinung vertreten, daß es vernünftige und interessante Finanzierungsmöglichkeiten für touristische Betriebe gibt, und haben den Fall einer Sanierung dargestellt. Das löst aber das Problem in Wahrheit nicht! Ich glaube, man darf sich auch als der für den Tourismus verantwortliche Wirtschaftsminister nicht darüber hinwegschwindeln, daß das Problem der Sanierung deshalb entstanden ist, weil die vorherrschenden Rahmenbedingungen nicht funktionieren. Ansonsten müßten ja 80 Prozent der heimischen Tourismusbetriebe unfähig sein, eine erfolgreiche Wirtschaft zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie brauchen sich nur die Eigenkapitalentwicklung unserer touristischen Betriebe anzuschauen. Österreich ist ein klassisches Land mit kleinen und mittleren touristischen Betrieben. Wir haben nicht die großen Hotelketten, wir haben nicht die großen Restaurantketten, wir haben nicht die riesigen Kapazitäten mit Hotelblocks und Gästezimmern en masse, die in einem Hoteldorf irgendwo hingestellt werden, sondern es ist der klassische Familienbetrieb, der im österreichischen Tourismus zutage tritt, und dieser hat ein Eigenkapitalproblem.

Da nützt es nichts, wenn man sagt, wir nehmen zuerst den Betrieben diese Eigenkapitaldecke weg, und dann dürfen sie zu uns kommen, und wir sanieren sie. Dann gehen wir zu den Banken, und die Banken sind gnädig und sagen, wir lassen bei dem ein bissel was nach, weil der eine gute Beziehung zum Minister hat oder jemand in der Hoteltreuhand kennt, der sagt, richtet mir den her. – Und der andere, der den Weg dorthin nicht findet, geht halt leider ein. Das ist doch keine Wirtschaftspolitik!

Das ist der Grund, warum wir Freiheitlichen sagen: Tun Sie doch endlich das, was auch die Partei, der Sie entstammen, ständig fordert! Verwirklichen Sie ein Steuersystem, das eigenkapitalfreundlich ist und damit Investitionen begünstigt und nicht im nachhinein Sanierungen notwendig macht, wenn jemand erfolgreich tätig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist auch der Grund, warum wir Freiheitlichen Ihnen heute vormittag gesagt haben, aber Ihnen auch jetzt in dieser Debatte sagen: Das von uns vorgeschlagene Steuermodell der "flat tax" ist auch für den kleinen und mittelständischen Bereich ein faires System und trägt dem Rechnung, was etwa auch die Europäische Kommission in ihrem Mittelstandsbericht zutage gefördert hat. In diesem Bericht steht drinnen: Die Haupthindernisse für den gewerblichen Mittelstand in Europa sind die übertriebenen Lohnnebenkosten und ist die mangelnde Eigenkapitalbasis. Der geeignete Weg wäre, den nicht entnommenen Gewinn steuerlich zu begünstigen, dann würde auch beschäftigungspolitisch wie auch investiv eine positive Entwicklung eingeleitet werden können.

Das ist unser Vorschlag, den wir mit unserem Modell machen: Jeder Unternehmer, der investiert, kann im ersten Jahr seine Investitionen zu 100 Prozent abschreiben, und wenn er das aufgrund seiner Gewinnsituation nicht schafft, dann kann er es vortragen. Das ist ein Anreiz, aus dem Cash-flow zu finanzieren, das ist eine eigenkapitalfreundliche Orientierung, und es stellt eine gewaltige Änderung gegenüber dem dar, was wir jetzt haben.

Das trifft gerade für touristische Betriebe zu. Denn ich glaube nicht, daß wir hier unterschiedliche Meinungen haben, wenn ich Ihnen sage, daß keine Branche gezwungen ist, so rasch wie der Tourismus zu investieren, weil sich das Gästeverhalten ständig ändert. Es ist ständig ein neues Angebot zu firmieren, es ist ständig notwendig, neu zu investieren, und es ist ständig notwendig, auf das geänderte Gästeverhalten auch sachgerecht zu reagieren.

Da nützen mir die heute im Steuerrecht vorgegebenen Abschreibungszeiträume von fünf Jahren, von neun Jahren, von 15 Jahren, von 20 Jahren überhaupt nichts, wenn das Produkt schon zu einem Zeitpunkt veraltet ist, zu dem ich es noch abschreiben darf. Sie müssen die Möglichkeit bieten, rasch und unbürokratisch investieren zu dürfen, und wer investiert, hat die Steuerfreistellung zu bekommen. Das ist das Entsprechende, das schafft Arbeitsplätze! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da gibt es eine Menge an Argumenten, die auch von ÖVP-Leuten kommen. Ihr Wirtschaftslandesrat in Oberösterreich vertritt ja das gleiche Modell, und der Herr Puttinger vertritt es ja auch im Rahmen des Wirtschaftsbundes. Ich frage mich nur: Was macht die ÖVP in dieser Bundesregierung? – Seit sechs Jahren verspricht sie dasselbe, was wir Freiheitlichen auch wollen, aber nicht einen einzigen Antrag habt ihr bisher unterstützt, nicht einem einzigen Antrag habt ihr zugestimmt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puttinger: Wenn Sie 10 Millionen Schilling abschreiben, erhöhen Sie Ihr Eigenkapital überhaupt nicht! Die Eigenkapitalbasis wird nicht stärker, wenn Sie 10 Millionen abschreiben! Das müssen Sie einmal verdienen!)

Ich rede nicht vom großen Puttinger, der mit den Millionen jongliert. Ich rede von jenem Familienbetrieb, der die Norm in Österreich ist, lieber Herr Puttinger, und der sagt: Wenn ich einen Gewinn erwirtschafte, dann laßt mir doch das Geld zum Investieren, und nehmt es mir nicht weg, damit ich dann wieder um eine Förderung ansuchen muß. Das ist doch unsere Philosophie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist unsere Philosophie! Alles andere ist in Wirklichkeit sozusagen ökonomische Leichenfledderei, wo der Wirtschaftsminister, die Hoteltreuhand, Sanierungsunternehmungen eingeschaltet werden müssen, wo die Bürokratie entscheidet, ob eine Investition gut oder schlecht war, wo die Bürokratie entscheidet, ob ein Betrieb lebensfähig ist oder nicht. Vergeßt doch das endlich! Wenn ihr das ernst nehmt, was ihr in euren Programmen sagt, nämlich die Bürokratie ist zu groß, der Einfluß des Staates ist zu groß, die Eigenkapitaldecke ist zu dünn, dann, bitte, handelt endlich danach, und schafft nicht lauter neue Krücken, die wieder bürokratische Entscheidungen mit sich bringen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch ein weiterer Punkt, der wichtig ist. Ich habe hier einen Bescheid der Wirtschaftskammer in der Steiermark, und zwar von der Lehrlingsstelle. Da wird einem griechischen Restaurant, das Lehrlinge ausbilden möchte, untersagt, Lehrlinge auszubilden, denn – das steht in der Begründung – der Berufsschulplan richtet sich nach der österreichischen Küche. Die Lehrabschlußprüfungsaufgaben, beginnend bei der praktischen Prüfung bis zum Fachgespräch, sehen ebenso die heimische Küche und die Verwendung von Fachausdrücken der österreichischen Küche zwingend vor.

Daher kann ein griechisches Restaurant, ein italienisches Restaurant, ein französisches Restaurant, ein belgisches Restaurant, ein spanisches Restaurant, das in Österreich tätig ist, in Österreich den Gewerbeschein gelöst hat, in Österreich Steuern zahlt, keine Lehrlinge ausbilden – nach Angaben der Handelskammer. Und dieselbe Handelskammer sagt, wir müssen gemeinsam mit dem Minister eine Lehrlingsoffensive machen, damit wir in unseren Gastronomiebetrieben mehr Lehrlinge unterbringen. Aber wenn einer in einem griechischen Restaurant ist, dann lernt er die Fachausdrücke der österreichischen Küche nicht.

Ich würde mir das noch einreden lassen, wenn diese Linie wirklich durchgehalten würde. Aber ich frage mich – weil Sie jetzt so stolz darauf sind, daß Sie einen neuen Lehrberuf, die Systemgastronomie, geschaffen haben –: Wer bei McDonald’s oder bei sonst einer Hamburger-Kette als Lehrling angestellt ist, kann dort seine Lehrausbildung machen. Aber was ist da österreichisch am Hamburger und an der McDonald’s-Kette? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Klopse!) Sie erschlagen sich ja mit Ihren eigenen Argumenten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist wieder typisch für die österreichische Handelskammer! Da sitzen sie alle aufgefädelt, einer nach dem anderen, reden groß vom Tourismus, reden groß von der Lehrlingsoffensive und verbieten den in Österreich angesiedelten steuerzahlenden, Beschäftigung gebenden und wirtschaftlich erfolgreich tätigen Unternehmungen, Lehrlinge auszubilden. Also blöder geht es wirklich nicht mehr! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Daher meine Bitte, wirklich einmal darüber nachzudenken, ob es nicht gescheiter wäre, jenen Betrieben, die ausländische Küche in Österreich anbieten, vielleicht die Vorschrift zu machen, im Rahmen seiner kulinarischen Angebote auch eine österreichische Facette einzuführen, damit auch in diesen Betrieben Tausende junge Menschen eine Ausbildung absolvieren können. Das wäre, glaube ich, vernünftiger, als Subventionen zu geben, damit Kinder, Jugendliche, die keinen Lehrplatz finden, beim WIFI "geparkt" werden, beim BFI "geparkt" werden oder in einer Berufsschule "geparkt" werden, wo sie keine praktische Berufsausbildung haben, sondern permanent irgendeiner Institution, irgendeiner Bürokratie oder irgendeinem Apparat überantwortet sind. Da wäre es doch wohl gescheiter, in den Betrieben zusätzliche Ausbildungsplätze anzubieten.

Zum letzten, Herr Bundesminister, würde ich Sie ersuchen, weil Sie ja als Tourismusminister bisher nicht gar so spektakulär in Erscheinung getreten sind – ich gebe zu, Sie waren in diesem Jahr mit anderen Dingen beschäftigt, Sie waren sozusagen mehr "unter Grund" tätig –, nicht nur von den großen Sanierungsvisionen zu reden. Lösen Sie für die heimische Wirtschaft, lösen Sie für die Tourismuswirtschaft die praktischen Probleme des Alltagslebens, dann sind die Betroffenen schon sehr zufrieden!

Vielleicht kommt dann auch Kollege Puttinger darauf, daß das mitunter wesentlich besser ist, als große Visionen zu entwickeln.

Lösen Sie das Problem etwa der Arbeitsinspektoren, die sich heute in den Betrieben zum Teil so aufführen, als wären sie russische Politkommissare aus der Ukraine oder von sonst irgendwo. Das ist meines Erachtens ein Thema, das nach wie vor nicht befriedigend geregelt ist, das auch im Schoße der Bundesregierung zu besprechen wäre und das zweifelsohne dazu führt, viel Frust in den Betrieben anzusammeln – viel Frust!

Denn es ist ja schon so weit, daß folgendes vorkommen kann, wie dies am Katschberg in einem Hotel passiert ist: Ein Lehrmädchen, das jeden Abend pünktlich aus der Küche geht, wartet im Vorraum an der Bar in der Arbeitskleidung darauf, daß es von seinen Eltern abgeholt wird. Wenn nun der Vater 10 Minuten nach 9 Uhr kommt, dann sagt der Arbeitsinspektor, es gibt eine Strafe für den Lehrherrn, weil das Mädchen nach Arbeitsschluß in der Dienstkleidung angetroffen wurde – ich betone: nicht in der Küche, nicht im Service, sondern an der Bar sitzend, auf seine Eltern wartend. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt doch alles nicht! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das stimmt alles! Das stimmt alles!)

Man kann nun sagen, das Mädchen muß sich umziehen, es muß sich sozusagen flott machen, wenn der Papa es abholt, um es diese 10 Minuten oder diese Viertelstunde lang nach Hause zu führen. – Ich halte es wirklich für schikanös, dem betroffenen Lehrherrn 42 000 S an Strafe zu verpassen. (Abg. Haigermoser – in Richtung des Abg. Dr. Puttinger –: Das ist es ja! Das ist es ja, Günter!) Das sind genau die Gründe, warum so viele Leute in unserem Land so "frustig" sind. Das müssen Sie einmal abstellen, Herr Minister! Die Kompetenz dazu haben Sie. Diese Kraft müssen Sie haben, dann erleichtern Sie den Menschen das Leben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Gatterer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Haigermoser: Bitte, das stimmt! – Abg. Dr. Kostelka: ... die Beispiele von Haider dementiert! – Ruf bei der SPÖ: Bisher war noch kein Beispiel wahr! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Puttinger: Laßt Kollegin Gatterer doch reden!)

13.52

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Auch der Tourismusbericht 1997 weist Österreich als eines der tourismusintensivsten Länder weltweit aus. Kollege Puttinger und mehrere andere Vorredner haben schon aufgezeigt, daß Österreich mit dem aus dem Tourismus erwirtschafteten Anteil am Bruttoinlandsprodukt wirklich Weltspitze ist und auch Tourismusländer wie Spanien, Portugal, Neuseeland, Griechenland, die Türkei oder Irland weit hinter sich läßt. (Abg. Böhacker: Kärnten! Kärnten!)

Besonders erfreulich ist – und da gibt es Optimisten und Pessimisten; einige sagen, die Trendwende ist vollzogen –, daß der Bericht ein Beweis dafür ist, daß erstmals seit 1992 der Negativtrend im Tourismus umgekehrt wurde und daß, wie der Herr Minister es gezeigt hat, Gott sei Dank auch im heurigen Jahr 1998 alle Daten im Tourismus positiv sind und die Trendwende auch wirklich anhaltend zu sein scheint.

Auch in Kärnten hat sich der Tourismus im Sommer erfreulicherweise sehr positiv entwickelt. Diese positive Sommersaison konnte – und das wurde heute auch von einigen Vorrednern aufgezeigt – aber nicht alle Probleme lösen. Das stimmt sicherlich. Aber sie hat doch vielen Betrieben, auch solchen, die im kritischen Bereich waren, etwas Luft verschafft. Nun geht es einfach darum, den gewonnenen Spielraum zu nutzen und diese Betriebe wieder zu stärken.

Wenn Herr Dr. Haider gesagt hat, der Herr Wirtschaftsminister sei beim Tourismus in diesem Jahr nicht so stark in Erscheinung getreten, dann möchte ich genau das Gegenteil behaupten. Denn die Präsidentschaft der EU wurde hervorragend für den Tourismus genutzt (Abg. Dr. Puttinger: In Kärnten! In Kärnten!), und alle Bundesländer – und ich bedanke mich speziell als Kärntner Abgeordnete dafür – konnten ihre touristischen Werte, die Vorzüge ihres Landes im besten Licht präsentieren. Ich finde, das ist etwas, was wir auch unterstreichen sollten. (Beifall bei der ÖVP.)

Den weltweiten Werbeeffekt, den dieser Vorsitz mit sich gebracht hat, werden wir, so glaube ich, in den nächsten Jahren im Tourismus deutlich zu spüren bekommen, und ich meine, das war eine Chance, die man wirklich in vollem Umfang genutzt hat.

Ich möchte aber auch noch einmal die volle Unterstützung der Bundesregierung für die "Winterspiele ohne Grenzen" im Jahre 2006 erbitten. Ich glaube, die Kärntner haben sich mit den Regionen Friaul und Slowenien beim IOC sehr gut präsentiert. Ich glaube, das war sehr positiv. Auch bei der Präsidentschaft konnte Kärnten beweisen, daß wir sehr wohl in der Lage sind, auch große Veranstaltungen zu organisieren, daß die Sicherheit absolut gegeben ist und auch, daß die Infrastruktur in diesem Bereich paßt. Ich glaube, auch diesbezüglich hat der EU-Vorsitz im Grunde die Probe aufs Exempel gebracht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vor allem ist der Werbeeffekt – für Kärnten natürlich, aber auch für Österreich insgesamt – nicht zu unterschätzen. Denn der Wintertourismus ist etwas, was nur wenige Länder auf der Welt bieten können, während es dort, wo es um die sogenannte "ewige Sonne" geht, viele Konkurrenten gibt. Ich glaube, das wäre eine Riesenchance für Österreich, für Kärnten, für die die Bundesregierung wirklich ihre volle Unterstützung geben sollte.

Ich möchte zum Tourismusbericht noch zwei Punkte hervorheben. Kollege Marolt hat bemängelt, daß in diesem Bericht wenig Lesenswertes für Betriebe enthalten ist. Auch dazu möchte ich eine sehr positive Feststellung machen: Wenn Sie den Bericht gelesen haben, dann werden Sie festgestellt haben, daß er sich auch mit Grundaussagen über die aktuelle touristische Trendforschung auseinandergesetzt hat und daß für Tourismusbetriebe und Reiseveranstalter wirklich viele richtungsweisende Trends nachzulesen sind.

Ich finde, daß die Daten sehr gut aufgearbeitet wurden, wenn man liest, was der neue Tourist erwarten wird, wo die Schwerpunkte im Tourismus liegen werden und so weiter. Es werden Trends zu mehr Wellness und Ferientourismus, zu anspruchsvolleren Reiseangeboten, aber auch zu billigeren Reisen, zu kürzeren und häufigeren Reisen und so weiter aufgezeigt. Auch das sollte hervorgehoben werden, und ich kann nur sagen, im Tourismusbericht ist das sehr gut aufgearbeitet. Es wird weiters positiv aufgezeigt, daß der Tourismus auch in Zukunft zweifelsohne zu den hoffnungsvollsten Wachstumsbranchen gehören wird – auch für Arbeitnehmer ein Vorteil, den man nicht oft genug betonen kann.

Der zweite Punkt ist, daß dieser Bericht wirklich die ganze Palette aufzeigt, vom zunehmenden Markt im Seniorenbereich bis zu den belächelten, aber immerhin – wenn es nach Faith Popcorn, der Zukunftsforscherin, geht – nicht ganz utopischen virtuellen Reisen und von neuen Erlebniswelten, die sich öffnen, wenn virtuelle Welten in Österreich gezeigt werden und den Eindruck vermitteln, man sei am Palmenstrand und so weiter. Ich glaube, auch das ist etwas, was man in einem Bericht zumindest anreißen sollte.

Eine weitere positive Feststellung in diesem Bericht, die ich noch einmal herausstreichen möchte, ist, daß Österreich nach wie vor das beliebteste Urlaubsland der Österreicher ist. Auch dies spricht sehr für unseren Tourismus, für die Freundlichkeit, für die Professionalität in diesem Bereich und auch für die Angebotsvielfalt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich meine, wir sollten in diesem Bereich auch unsere Anstrengungen verstärken. Der Seniorentourismus wurde schon angesprochen, aber auch in den familienfreundlichen Tourismus sollten wir  noch  mehr  Anstrengungen investieren. Es gibt da schon sehr positive Initiativen (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: ... den Familien das Geld lassen!), aber wir müssen natürlich auch dafür sorgen, daß die Nutzung unserer Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen, daß die Erlebnismöglichkeiten und Einrichtungen im Tourismus für die Familien auch finanzierbar sind.

Ich könnte mir vorstellen, daß wir uns gemeinsam Gedanken darüber machen, vielleicht eine Familiencard einzuführen, mit der Familien günstigere Tarife in Anspruch nehmen könnten. Das wäre etwas, was wir uns überlegen sollten, damit Familien zu erschwinglichen Preisen die großen Infrastrukturen, Freizeit- und Tourismusangebote in Österreich in Anspruch nehmen können.

Vor allem müssen wir wissen: Wenn die Kinder die Schönheit und die Vielfalt Österreichs auch wirklich erleben und nutzen können, dann werden sie diese schätzen lernen, und es wird dann auch in den zukünftigen Tourismusberichten hoffentlich stehen, daß Österreich das liebste Urlaubsland der Österreicher ist! (Beifall bei der ÖVP.)

14.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haller. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.00

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Daß das, was man in Österreich als Tourismuspolitik bezeichnet, eine katastrophale Angelegenheit ist, das sagen nicht nur die Freiheitlichen. Es nützen dieser ganze Bericht und auch die Schönfärberei der Regierungsparteien nichts, wenn es darum geht, diese Tatsache wirklich vom Tisch zu bekommen.

Auf den ersten Blick zeigt dieser Tourismusbericht ja eher positive Daten, das ist schon richtig. Aber man hat in Wirklichkeit – wohlweislich – mehrere Dinge versucht, um die negativen Seiten ja nicht offenkundig werden zu lassen. Zum Beispiel hat man in letzter Zeit die Gesamtübersicht weggelassen, um keine echte Vergleichsmöglichkeit mit den Vorjahren mehr zu haben.

Herr Bundesminister! Erklären Sie mir bitte auch, was Daten aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik, der Bekleidung, der Spielwaren oder der Lotterie mit den Daten des Tourismusbereiches zu tun haben. Diese können wohl nur dazu dienen, die echten Ergebnisse zu verwässern. Deshalb meine ich, daß dieser Bericht in weiten Bereichen einfach nicht aussagekräftig ist, auch nicht im Bereich der steigenden Umsätze, die teilweise nur dadurch zustande kommen, daß es Preiserhöhungen gegeben hat. Denn die längst notwendigen Strukturmaßnahmen hat man bis heute nicht in Angriff genommen.

Ein anderer Bereich, Herr Bundesminister: Die Ausgaben für Auslandsreisen sind einwandfrei und stark gestiegen, die Einnahmen fallen jedoch. Dies ist ein Grund dafür, daß es eine eklatante Verschlechterung in der Reiseverkehrsbilanz gibt. Davon spricht man nicht, auch nicht davon, daß sich das auf das Handelsbilanzdefizit gravierend auswirkt, und man bietet auch keine Gegenmaßnahmen an.

Auch im internationalen Bereich hat man von seiten Ihres Ressorts wenig Engagement gezeigt, Herr Bundesminister. Man hat zugesehen, wie die Funktion des Tourismusbeauftragten der EU in der Generaldirektion 23 an einen Griechen vergeben wurde – was unter anderem sicher auch dazu beitragen wird, daß es im Süden Europas weiterhin von der EU geförderte sinnlose Tourismusprojekte geben wird, wie zum Beispiel einen nicht benützbaren riesigen Jachthafen in Sardinien, den ich selber gesehen habe.

Ein großes Sorgenkind, das es in ganz Österreich gibt – das kann auch dieser Bericht nicht verschleiern –, ist der Bereich der Beherbergungs- und Gaststättenbetriebe. Die Auslastung ist sinkend, die Verschuldung hat zugenommen, die Investitionstätigkeit hat sich verlangsamt. Es gibt einen irrsinnig steigenden Kostendruck in diesem Bereich. Und warum? – Natürlich aufgrund falscher politischer Lenkungsmaßnahmen, für die Sie, Herr Bundesminister, und Ihre Regierung verantwortlich sind. Unter diesen Voraussetzungen muß sich die österreichische Tourismuswirtschaft einem zunehmenden internationalen Wettbewerb stellen!

Abschließend noch eine Bemerkung zur "Österreich-Werbung". Die "Österreich-Werbung" hat eine offensichtlich doch nicht ganz saubere neue Gesellschaft gegründet, die offenbar wirklich nur dazu dient, den Tourismusorganisationen und damit den schon stark geschädigten Tourismusbetrieben – den Tourismusbetrieben, die diesem Kostendruck bald nicht mehr standhalten können, Herr Kollege Maitz – weiter Geld aus der Tasche zu ziehen: durch den Promillesatz, den sie zahlen müssen, durch die Kammerumlagen, durch die Tourismusbeiträge, durch die immer breiter werdenden Werbebeiträge in der "Österreich-Werbung", bei den Landeswerbungen. Diesbezüglich werden aber keine Lösungen angeboten.

Ich sage Ihnen zum Abschluß folgendes, Herr Bundesminister: Eigentlich müßte man jedem Unternehmer in Österreich, der in diesem Bereich noch tätig ist, eine Medaille für Verdienste um die Republik Österreich umhängen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn unter diesen Rahmenbedingungen ist eine richtige und effiziente Tourismuswirtschaft einfach nicht mehr möglich. Ich fordere Sie wirklich auf, endlich Strukturmaßnahmen zu setzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.05

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus, man müßte zu den Ausführungen von Abgeordnetem Haider vielleicht noch eines festhalten: Die Märchenstunde mit dem Traummännlein beginnt erst um 19 Uhr, und wir wissen, was wir von diesen Geschichten zu halten haben: Sie sind schlichtweg nicht wahr. – Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte die Gelegenheit auch wahrnehmen, um mit allem Nachdruck den Vergleich zurückzuweisen, in dem Sie, Herr Abgeordneter Haider, Arbeitsinspektoren mit Politkommissaren verglichen haben. Das ist ein absolut unzulässiger Vergleich. Sie wissen ganz genau, warum Arbeitsinspektoren notwendig sind. Lesen Sie die Berichte über Unfälle im Arbeitnehmerbereich, dann wissen Sie, welche Arbeiten diesbezüglich noch notwendig sein werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dem Bericht, der heute vorliegt, ist grundsätzlich zuzustimmen. Ich möchte hier nicht auf die Zahlen und Bilanzen eingehen – das haben meine Vorredner bereits getan –, aber ich möchte ein Problem ansprechen, das absolut untergegangen ist, nämlich die Situation der Urlauber als Konsumenten.

Maßstab für Gästezufriedenheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die Gästebefragung. Man muß sich mit diesen Daten näher auseinandersetzen. Dabei ist festzustellen, daß die Befragung der Österreich-Gäste im Winter weniger günstig ausfiel als im Sommer. Was besonders kritisiert wurde, war das Preis-Leistungs-Verhältnis bei Getränken, Speisen, Schipässen und Liftkarten. Darüber ist in dem Bericht nichts gestanden. Darin sehe ich ein Defizit.

Daraus wären allerdings Schlußfolgerungen zu ziehen. Herr Bundesminister, ich kenne Ihr Zehnpunkteprogramm, das Sie in Mayrhofen im Zillertal vorgestellt haben. Aber auch darin habe ich entsprechende Ansätze vermißt. Ich gehe jetzt von Problemen aus, die sich für in- wie ausländische Touristen und UrlauberInnen stellen, die allerdings nicht angesprochen werden. Ich darf daran erinnern, daß es auch einen aktuellen Bericht des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr des Europäischen Parlaments zur Verbesserung der Sicherheit und der Rechte der Verbraucher gibt. Genau dieses Thema wird bislang in diesem Bericht nicht angesprochen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gästezufriedenheit hat mit Konsumentenschutz zu tun. Erlauben Sie daher, daß ich ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Problembereiche, die die österreichische Freizeitwirtschaft, die Tourismusbetriebe, insbesondere die Gastronomie, betreffen und die in diesem Bericht nicht enthalten sind, anspreche. Wir gehen davon aus, daß viele dieser Maßnahmen durch eine effektive Kontrolle – die es derzeit nicht gibt – beseitigt werden könnten.

Wir haben das Problem, daß die Bestimmungen des Preisauszeichnungsgesetzes nicht eingehalten werden. Daher kommt es vor, daß man Ihnen in Betrieben auf die Frage "Haben Sie eine Speisekarte?" antwortet: Nein, wir haben nur Ansichtskarten. (Abg. Böhacker: Das ist wieder so eine Geschichte!) Wenn man Kontrollen durchführt, dann wird man draufkommen (Ruf bei den Freiheitlichen: Wer hat das gesagt? Die Märchenstunde beginnt um 19 Uhr!), daß zu 20 bis 30 Prozent die Bestimmungen des Preisauszeichnungsgesetzes nicht eingehalten werden.

Sehen wir uns das Maß- und Eichgesetz an. Darin gibt es klare Bestimmungen über die Eichung der Gläser. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Drittel – vielleicht sogar mehr – der österreichischen Betriebe verwenden nicht geeichte Gläser. Ein anderes Beispiel wären die Bestimmungen der Gewerbeordnung hinsichtlich der zwei billigen nichtalkoholischen Getränke. 15 bis 20 Prozent der österreichischen Betriebe halten sich nicht an diese Regelung.

Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, um auf ein besonderes Problem im Bereich der österreichischen Gastronomie hinzuweisen, nämlich daß, wie es beispielsweise vor kurzem in Salzburg passiert ist, alkoholische Getränke kostenlos an Jugendliche verteilt werden: 5 Tequila um 100 S! Unsere Jugend wird mit derartigen harten Getränke schlichtweg angefüllt.

Ich frage Sie, Herr Bundesminister, was Sie unternehmen, damit diese Mißstände abgestellt werden. Ich frage mich aber auch, warum Sie die Schlichtungsstelle für Reisebürofragen in Ihrem Ministerium aufgelöst haben. Da gibt es auf der einen Seite eine Empfehlung der Kommission zur außergerichtlichen Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten, weil eben gerichtliche Verfahren so lange dauern und mit Kosten verbunden sind, und diese positive Schlichtungsstelle wird von Ihrem Ministerium eingestellt!

Herr Bundesminister! Seriöse Unternehmer in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft haben unsere volle Unterstützung. Sie legen die Basis für die positiven Zahlen in diesem Wirtschaftsbereich. Trotzdem glauben wir, daß in der Vollziehung Maßnahmen gesetzt werden müssen, daß die Rechtsstellung der Verbraucher verbessert und diese Schlichtungsstelle wieder eingerichtet werden muß.

Abschließend wünsche ich mir, daß diesen Verbraucherproblemen im künftigen Tourismusbericht ebenfalls ein Kapitel gewidmet wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Blünegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.11

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wenn ich eben Kollegen Maier gehört habe, der unter anderem von einer Märchenstunde unseres Bundesparteiobmannes oder – in diesem Fall – des Herrn Abgeordneten Dr. Haider gesprochen hat, dann halte ich dem entgegen, daß in diesem Haus meiner Meinung nach seit 13 Jahren eine Märchenstunde abgehalten wird, denn so lange gibt es diese große Koalition. Da habe ich immer nur Versprechungen gehört und nichts Vernünftiges. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe auch nicht viel vom Tourismusbereich gehört und auch nichts darüber, daß die Saisonbeschäftigten, die früher von der Regierungskoalition der SPÖ immer bevorzugt behandelt worden sind, Erleichterungen oder Verbesserungen bekommen hätten. Ich glaube, da ist anzusetzen. Die Saisonbeschäftigten im Gastgewerbe brauchen meiner Meinung nach eine bessere Unterstützung, und daher ist es auch ein Anliegen von uns Freiheitlichen, daß es dazu kommt. Denn nur mit den Lobreden der großen Koalition können wir nichts anfangen. Wir Freiheitlichen stehen nämlich auf dem Standpunkt, daß die Tourismus- und Freizeitwirtschaft in unserer Gesellschaft sowohl eine enorme Bedeutung für unsere Volkswirtschaft hat denn auch als Ausgleich für die Leistungsbilanz dient.

Für ganz wichtig erachte ich als Arbeitnehmer auch die Beschäftigung der Arbeitnehmer in Österreich in diesem Bereich. Ich komme ja aus einer Region, die unter anderem mit dem Tourismus sehr stark verbunden ist. Der Westen Österreichs weist im Tourismus Werte auf, die über jenen Ostösterreichs liegen. Ein Beispiel: 59,7 Prozent der Übernachtungen finden allein im Westen Österreichs statt, das sind 43,3 Übernachtungen je Einwohner. Das sind Zahlen, aus denen man schließen kann, daß der Westen Österreichs im Bereich des Tourismus eine sehr große Dominanz aufweist, was nicht nur für den Wirtschaftsbereich, sondern auch für die Arbeitnehmer sehr wichtig ist, Herr Bundesminister.

Da verstehe ich Kollegen Puttinger nicht, der heute in seiner Rede davon gesprochen hat, was er alles erreichen will, obwohl er in diesem Bereich schon seit Jahren tätig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puttinger: Zuhorchen, Herr Kollege! Ich habe gesagt, was wir erreicht haben und was wir erreichen wollen!) Da hätte er eigentlich der Bundesregierung sagen müssen, sie soll endlich das in Angriff nehmen, was wir Freiheitlichen uns wünschen und was sich auch die ÖVP wünscht: Verbesserungen im Tourismus in verschiedenen Bereichen. Und er hätte natürlich eines noch sagen können: 13 Jahre haben wir große Worte gehört, aber sonst nicht viel. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber wir wissen ja, meine sehr geschätzten Damen und Herren, daß sich die internationale Konkurrenzsituation und der Einnahmenanteil im Tourismus seit 1991 verschlechtert haben. Herr Bundesminister, Sie haben ja selbst in Ihrem Bericht klar dokumentiert, daß die längerfristigen Marktanteile von 1980 bis 1997 von einer Verteuerung des Tourismusangebotes um 9,5 Prozent begleitet sind.

Das ist eine Entwicklung, von der wir sagen müssen, daß Sie, Herr Bundesminister, jetzt nicht versuchen sollten, die Lage des Tourismus in Österreich schönzureden. Handeln Sie endlich! Setzen Sie Taten in einem Bereich, die unter anderem auch die ÖVP in ihr Programm aufgenommen hat und die wir Freiheitlichen schon seit Jahren vertreten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir müssen aber immer noch darauf warten, daß es einen Abbau der Hindernisse auf dem Weg zur selbständigen Erwerbstätigkeit gibt, Herr Bundesminister. Wir warten noch immer auf eine steuerliche Entlastung, auf eine Senkung der Mehrwertsteuer und so weiter. Wir warten noch auf Investitionen in touristische Zukunftsprojekte. Mir fehlen auch klare Konzepte dafür, daß das österreichische Wirtshaus überleben kann. Das sind sicherlich Forderungen, von denen wir Freiheitlichen sagen können, daß wir hiezu ein entsprechendes Programm haben.

Leider ist meine Redezeit schon abgelaufen, aber ich kann nur noch eines versichern: Eine Tourismus- und Wirtschaftspolitik können wir nur dann akzeptieren, wenn in diesem Fall auch die gescheiten Vorschläge der Opposition verwirklicht werden. Unter den gegebenen Voraussetzungen werden wir den heute zur Debatte stehenden Tourismus- und Freizeitbericht nicht zur Kenntnis nehmen und ihm auch nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.17

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst einige Feststellungen zum Bericht: Wir haben uns in einer Besprechung mit den Vertretern der Klubs darauf geeinigt, daß wir langjährige Zahlenketten und Zahlenfriedhöfe nicht mehr in den Bericht aufnehmen. Da Abgeordnete jetzt kritisieren, daß zuwenig enthalten ist, würde ich bitten, das zu berücksichtigen. Das war vereinbart, daß wir Sie damit nicht mehr belästigen. (Abg. Haigermoser: Das ist korrekt!) Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.

Zum zweiten: Wir haben uns bereits in den heurigen Vorgesprächen auf den Inhalt des nächsten Tourismusberichtes geeinigt. Ich darf dies dem Plenum zur Kenntnis bringen. Wir werden wieder über die Trends im Tourismus berichten, und zwar schwerpunktmäßig über die Beschäftigung im Tourismus, über das integrierte Qualitätsmanagement und über die Auswirkungen des Euro. Ich füge in diesem Rahmen hinzu: Hätten wir die Euro-Entscheidungen nicht, hätten die jetzigen Weltwährungsturbulenzen über Abwertungen von Teilen des Euro-Bereiches zu dramatischen Einbrüchen im Tourismus geführt, wie wir das bei den italienischen, spanischen und portugiesischen Abwertungen in den letzten Jahren immer wieder feststellen mußten. Ein weiteres Kapitel: der nachhaltige Tourismus – dies gerade im Hinblick auf vieles, was im Umwelttourismus heute passiert – und das Destinationsmanagement in Österreich.

Eine weitere Feststellung: Meine Damen und Herren! Unser Ehrgeiz müßte es sein, daß ein Land, welches Tourismusweltmeister im Umsatz pro Kopf ist, auch zu einem Tourismusweltmeister im Ertrag für Unternehmer und Arbeitnehmer wird. Das sollte das qualitative Ziel der nächsten Periode sein.

Zum dritten Punkt, zur Schlichtungsstelle. Die Schlichtungsstelle, Herr Abgeordneter Maier, existiert weiter in meinem Haus. Sie heißt jetzt nur "Servicestelle für Tourismus". Es haben sich alte Spieler zurückgezogen, weil ihnen bestimmte MitarbeiterInnen nicht zur Verfügung gestellt wurden. Jeder Ausländer, jeder Inländer, vor allem auch jeder Urlauber in Österreich kann sich in unserem Haus jederzeit sein Recht holen und bekommt es auch. Wir hatten 700 Beschwerdefälle und haben den Großteil friedlich geregelt. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlußwort.

Wir treten daher sogleich in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils ihren Platz einzunehmen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Wirtschaftsausschusses, den vorliegenden Bericht III-140 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall, daß Sie dem zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Marolt und Genossen betreffend Abschaffung der Getränkesteuer bei gleichzeitiger Kompensation der Einnahmeausfälle für die Gemeinden.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. (Abg. Dr. Haider – in Richtung des Abg. Dr. Kostelka –: Auf, Peter! – Abg. Dr. Kostelka weist mit dem Daumen nach unten.) – Dies geschieht durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zu einem weiteren Entschließungsantrag der Abgeordneten Marolt und Genossen, und zwar betreffend Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Tourismus- und Fremdenverkehrswirtschaft.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

2. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1391 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird (1454 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1385 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 geändert wird (1455 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1411 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird (1456 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1410 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982 geändert wird (1457 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Wir gelangen nun zu den Punkten 2 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.21

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Wirtschaftslenkungsgesetze sind zur Bewältigung von außerordentlichen Krisenfällen zweifellos notwendig. Das wird von uns Freiheitlichen nicht bestritten. Wir bestreiten aber, daß diese Gesetze, deren Geltungsdauer immer wieder unverändert verlängert wurde und wird, den heutigen Anforderungen noch entsprechen.

Ich möchte einige Kritikpunkte kurz erläutern:

Erstens: Die Gesetze sind in ihrer Durchführbarkeit nicht effizient, und zwar deswegen nicht, weil die gesetzlichen Bestimmungen erst durch Erlassung von entsprechenden Verordnungen aktiviert werden können. Im Krisenfall ist natürlich die Entscheidungsschnelligkeit von größter Wichtigkeit.

Darüber hinaus wird mit diesem Gesetz auch nicht dem Inkorporierungsgebot – also dieser im B-VG normierten Konzentration aller Vorschriften zur bundesstaatlichen Kompetenzverteilung – entsprochen, wie es in der Bundesstaatsreform vorgesehen ist. Sie als ÖVP-Minister, Herr Bundesminister, müßten doch gerade an diesem Punkt großes Interesse haben.

Zweitens: Der durch den EU-Beitritt erleichterte Zugang zu Ressourcen anderer Länder wird in diesen Gesetzen überhaupt nicht berücksichtigt. Ganz im Gegenteil: Wenn heute ein zur Krisenvorsorge herangezogener Großhändler – das ist vor allem bei der Lebensmittelvorsorge wichtig – sein Unternehmen an ein ausländisches Unternehmen verkauft und das entsprechende Großlager beispielsweise aus Österreich ins benachbarte Ausland verlagert wird, wäre ein Zugang im Krisenfall nicht oder nur erschwert möglich.

Dritter Kritikpunkt: Die Kosten für das Versorgungssicherungsgesetz, das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz und das Energielenkungsgesetz werden weiterhin mit Null angegeben. Dies entspricht ganz sicher nicht der Kostenwahrheit, und da keine Kostenwahrheit möglich ist, wird es auch nicht zu Überlegungen dahin gehend kommen, wie effizient die Vollziehung dieser Gesetze eigentlich sein könnte.

Viertens: Es fehlt in den Gesetzen die Antwort auf klare Abgeltungsfragen bei einem entsprechenden Krisenanlaßfall. Eine klare Regelung scheint mir deshalb sehr wichtig zu sein, weil klare Abgeltungsfragen zu einer wesentlich besseren Versorgungssicherheit führen können. Dies ist vor allem beim Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz, aber auch beim Energielenkungsgesetz und beim Erdöl-Bevorratungsgesetz notwendig. Gerade bei letzterem verstehe ich nicht, daß keine gesetzliche Grundlage zur optimaleren Heranziehung der Multis geschaffen wird, denn diese müssen meiner Ansicht nach doch viel stärker zur Bevorratung herangezogen und zu einer stärkeren Mitfinanzierung verpflichtet werden. Nur dann wäre es möglich, daß auch Preissprünge verhindert werden.

Fünftens übe ich Kritik daran, daß es trotz Zusage des Herrn Wirtschaftsministers – vertreten auch von Frau Abgeordneter Tichy-Schreder in ihrem Redebeitrag zu diesen Gesetzen am 12. Dezember 1996 – zu keinem Gespräch mit den Fraktionen darüber gekommen ist, wie diese Gesetze in Zukunft gestaltet werden sollen. Ich habe auch in der Fraktion nachgefragt: Eine Einladung ist bei uns nicht eingegangen. (Abg. Tichy-Schreder: Aber selbstverständlich!)

Wenngleich ich einräume, daß diese Materie natürlich nicht zu den Prioritäten Ihres Ressorts gehört, muß ich doch sagen, es ist eine Frage des Stils, Zusagen einzuhalten und eine grundlegende Überarbeitung dieser Gesetze in Richtung Effizienz, Zweckmäßigkeit und – aufgrund unserer EU-Mitgliedschaft – auch hinsichtlich Einbindung grenzüberschreitender Möglichkeiten entsprechend durchzuführen. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Wenig, aber herzlich!)

14.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.26

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Nußbaumer! Wir haben diese Thematik im Ausschuß eingehend diskutiert, und ich kann Ihnen nur sagen, daß der Herr Bundesminister sehr wohl an jede Fraktion eine Einladung gerichtet hat, Gespräche darüber zu führen, wie wir diese Gesetze anders oder vielleicht besser gestalten könnten.

Die Einladung erging an alle Klubs, aber es kam, wie der Herr Bundesminister gesagt hat, von keinem Klub außer jenem der ÖVP die Antwort, daß selbstverständlich die Möglichkeit besteht, zu diesem Zeitpunkt zu kommen. Mit der ÖVP allein hatte es allerdings keinen Sinn, diese Gesetzesmaterie zu verhandeln, denn der Herr Bundesminister wollte alle Fraktionen dieses Hauses damit befassen. Er wollte, wie er das regelmäßig tut – das war auch beim vorangegangenen Tourismusbericht der Fall –, gemeinsam über die Leitlinien beraten. Auch wenn jeder seine eigene politische Meinung hat, sollten die Leitlinien gemeinsam beraten werden. Vielleicht ist es zu einem anderen Zeitpunkt möglich, darüber zu diskutieren.

Wir sind – und das haben wir schon im Ausschuß festgestellt – durch internationale Verträge verpflichtet, solche Vorsorgegesetze aufrechtzuerhalten. Allein durch Artikel 103a des EG-Vertrages, aber auch durch andere internationale Verpflichtungen sind wir daran gebunden, für den Krisenfall vorzusorgen.

Es ist auch richtig, daß keine Kosten angegeben sind, denn die Kosten fallen dann an, wenn eine Krise eintritt. Es ist gerade in diesem Fall dafür vorgesorgt, daß bei Krisenfällen – wir hatten schon solche in Österreich, bei denen diese Gesetze zur Anwendung gekommen sind – selbstverständlich auch alle Bundesländer miteinbezogen sind.

Herr Abgeordneter Nußbaumer, der Sie derzeit allein die Stellung in Ihrer Fraktion halten, ich kann Ihnen nur eines sagen: Der Herr Bundesminister hat genau gesagt, daß er bei den Verhandlungen mit internationalen Lebensmittelkonzernen auch darauf Wert gelegt hat, daß die Zentrallager in Österreich erhalten bleiben und nicht aus Österreich abgesiedelt werden. Das war einer der Verhandlungspunkte, Herr Abgeordneter Nußbaumer. (Abg. Ing. Nußbaumer: Es steht aber nicht im Gesetz!) Ich würde Sie bitten, daß Sie das, was man Ihnen als Antwort gibt, zur Kenntnis nehmen und auch akzeptieren, daß darüber gesprochen wurde und der Herr Bundesminister eine Zusicherung gegeben hat, daß keine Lager aus Österreich abwandern.

Dazu muß man sagen, daß es Gott sei Dank nicht nur einen großen Konzern in Österreich gibt, sondern mehrere und daß die Versorgung dadurch flächendeckend sichergestellt werden kann. Die Abgeltungsfragen sind ebenfalls determiniert, wenn auch in anderen und nicht in diesen Gesetzen. Wir hätten auch diese Frage im Ausschuß diskutieren können (Abg. Ing. Nußbaumer: Sie hätten die Möglichkeit gehabt!) – vielleicht geht der Herr Bundesminister noch darauf ein –, aber Sie, Herr Abgeordneter Nußbaumer, haben diesbezüglich im Ausschuß nicht gefragt, wie die Abgeltungsfragen geregelt sind.

Es besteht die Möglichkeit, über all das weiterhin zu diskutieren, und vielleicht haben wir noch einmal die Chance, gemeinsam mit allen Fraktionen über neue Leitlinien zu debattieren. (Abg. Ing. Nußbaumer: Halten Sie Ihre Zusage ein!)

Diesmal sind diese Gesetze ausnahmsweise nicht auf zwei Jahre befristet, sondern auf drei Jahre, gelten also um ein Jahr länger, denn bei der nächsten Änderung müssen die Beträge, die jetzt in Schilling angeführt sind, in Euro angegeben werden. Ich hoffe, daß wir in den kommenden drei Jahren Zeit finden werden, neuerdings über diese Versorgungssicherungs- und Krisengesetze zu debattieren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Rosemarie Bauer – in Richtung des Abg. Ing. Nußbaumer, der sich als einziger Abgeordneter der Freiheitlichen im Sitzungssaal befindet –: Sie sollten lieber auch aus dem Saal gehen! So allein, das ist gefährlich! Womöglich werden Sie auch noch ausgeschlossen!)

14.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.29

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte in aller Kürze einen vielleicht etwas anderen Aspekt in diese Debatte einbringen.

Sie beschließen hier Gesetze für den Krisenfall, Versorgungssicherungsgesetze, und ich, Herr Minister, möchte einen Aspekt einbringen, der Sie unmittelbar betrifft, weil Sie auch Energieminister sind und es hier auch um das Energielenkungsgesetz geht. Man muß sich immer wieder dessen bewußt sein, daß eine Industrie gerade dann krisenanfällig ist, wenn sie in hohem Ausmaß Rohstoffe importieren muß – im Energiebereich sind das fossile Brennstoffe –, und daß wir eine ganz andere Situation hätten, würde gerade ein kleines Land wie Österreich in Technologien investieren, die es vor einer solchen Krise präventiv schützt.

Das hieße: dezentrale Energiesysteme, Energiesysteme von heimischen nachwachsenden Rohstoffen, von Biomasse, Förderung von Windenergie und Photovoltaik. All das sind Bereiche, die mit diesem Thema natürlich auch insofern zu tun haben, als sie Österreich vom Import fossiler Brennstoffe unabhängiger machen würden und genau deshalb einem Krisenfall – der ja hier eigentlich im Vordergrund steht, sollten diese Gesetze je zur Anwendung kommen, was wir ja alle nicht hoffen – entgegenwirken könnten.

Herr Minister! Sie wissen genau – ich möchte Sie als Energieminister noch einmal daran erinnern –, daß seit zwei Tagen in Buenos Aires eine große Klimakonferenz tagt, in der es genau um diese Themen gehen wird: Wie wird die Zukunft der Energiepolitik aussehen? Wie gehen Länder innerhalb der Europäischen Union mit steigenden Rohstoffpreisen auf der einen Seite, aber vor allem knapperen Ressourcen um? Wie geht man als Land mit der Frage des Emissionshandels um? Wie könnte es ein kleines Land wie Österreich schaffen, eben auch autarker, also unabhängiger in diesem Bereich und damit auch krisenfester zu wirtschaften?

Diese Bereiche der dezentralen Energieversorgung haben in solch einer Debatte Platz und sollen in solch einer Debatte Platz haben, nämlich in dem Sinne, daß wir alle hoffen, daß es nie zu einem Krisenfall kommt, daß diese Gesetze, die Sie im Verfassungsrang beschließen werden und die Sie alle zwei Jahre beschließen, nie zur Anwendung kommen. Aber Sie sollten einfach daran denken, daß man nie warten soll, bis eine Krise kommt, sondern daß es das Wesentliche auch in der Wirtschaftspolitik ist, präventiv zu agieren. Herr Minister, nehmen Sie eine solche Debatte vielleicht auch als Anregung, und versuchen Sie, in Ihrer Funktion als Energieminister endlich eine zukunftsfähige Energiepolitik zu machen, aber keine, die immer nur nach hinten gerichtet ist und auf alten, starren Strukturen beharrt. (Abg. Oberhaidinger: Es gibt noch keine!)

Herr Abgeordneter Oberhaidinger, wir sehen das ja auch in der Debatte um die Tariflösung – "Brutto/Netto-Methode" als Stichwort. Ich sehe immer nur Konzepte, die wirklich in die sechziger, siebziger Jahre passen, Herr Minister. (Abg. Tichy-Schreder: Wirklich nicht!) Ja es ist so, als würden hier die Bundesregierung beziehungsweise manche Minister vor einer globalen Entwicklung fest die Augen zumachen. Man kann diese begrüßen oder sie kritisieren, aber in vielen Bereichen findet sie einfach statt. Wenn Sie nicht die Chancen für ein kleines Land erkennen, die Chancen, die in einer Umstrukturierung liegen, und die Chancen, die Sie gerade auch im Energiebereich durch dezentrale ökologische Strukturen ergreifen könnten, Herr Minister, dann, so meine ich, sind Sie möglicherweise ein Minister, der vielleicht bei solchen Krisengesetzen eine breite Zustimmung findet und diese hier auch vertreten kann, aber Sie sind kein Minister, der wirklich nach vorne blicken und zukunftsfähige Alternativen gemeinsam mit diesem Haus entwickeln kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

14.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.34

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Erfreulicherweise haben alle meine Vorrednerinnen und Vorredner im Gegensatz zur vormittägigen Einwendungsdebatte festgestellt, daß die Krisengesetze, die wir behandeln, doch wichtig sind.

Da unsere letzte Krise glücklicher- und erfreulicherweise viele, viele Jahre zurückliegt, möchte ich eine Krisensituation am Beispiel Auckland, der Hauptstadt von Neuseeland, die in einem "Presse"-Artikel vom 28. März 1998 beschrieben wurde, darstellen:

"Seit fünf Wochen ist die neuseeländische Hauptstadt Auckland ohne Strom. ...

Im Geschäftsviertel von Auckland herrschen seit 20. Februar chaotische Verhältnisse, nachdem auch das vierte und letzte der zentralen Stromkabel ausgefallen war. Mitten im pazifischen Hochsommer fielen die Klimaanlagen aus, funktionierten die Verkehrsampeln nicht mehr, die Aufzüge blieben stecken. ...

In den Anwaltskanzleien herrscht Hochbetrieb, um den Betrieben, die zum Teil irreparable Schäden erlitten haben, Entschädigungen zu erkämpfen."

Und weiters im Abschnitt "Gefangen im Hochhaus": "Andere wiederum mußten ihre Appartements in den Hochhäusern über die Stiegen erreichen, weil die Fahrstühle trotz der Generatoren immer wieder stecken blieben. Ganze Familien nahmen Notunterkünfte der Stadt in Anspruch oder kauften sich Zelte. ...

Hillary Ord, die Besitzerin eines Kaffeehauses, das mit Hilfe eines Generators um 1 200 Schilling pro Tag offengehalten wird, macht die Regierung für das Desaster verantwortlich. Sie habe es verabsäumt, bei der Privatisierung darauf zu achten, daß die notwendigen gemeinwirtschaftlichen" – ich betone: gemeinwirtschaftlichen – "Dienstleistungen garantiert würden."

Abschließend aus diesem Artikel: "Aber die eigentliche Ursache der Katastrophe wird darin vermutet, daß die Stromgesellschaft Investitionen zu lange zurückgestellt hat. Die Infrastruktur der Stadt hat dem enormen Wirtschaftswachstum der letzten Jahre nicht standhalten können."

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß die Gesetze, die wir hier beraten und deren Geltungsdauer wir wiederum verlängern, eine derartige Situation in Österreich verhindern können. Ich meine, daß das Thema gerade in der Situation, in der wir jetzt stehen, sehr aktuell ist: Auch wir liberalisieren den Energiemarkt, auch bei uns ist nicht auszuschließen, daß Elektrizitätsversorgungsunternehmen privatisiert werden. Auch bei uns ist zu erwarten – wir hören das in den täglichen Diskussionen –, daß immer weniger Teilnehmer am Energiemarkt bereit sind, für gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen aufzukommen, wozu nun einmal die Versorgungssicherheit gehört, in der die bereits mehrmals angesprochene Reservehaltung von Energievorräten eine ganz bedeutende und wesentliche Rolle spielt.

Da unser Land jetzt EU-Mitglied ist, könnten wir natürlich die Auffassung vertreten, daß wir ja den Zugang zu den europäischen Märkten und den Zugriff auf die europäischen Ressourcen haben und deshalb nicht in eine solche Lage kommen könnten. Unter anderem – dazu gäbe es einiges zu sagen – gebe ich zu bedenken, daß in der Europäischen Union nahezu die Hälfte dessen, was an Primärenergie verbraucht wird, importiert werden muß. Ich würde mich daher zurzeit nicht so sehr auf die EU verlassen. Und wenn wir weiters bedenken, daß in der Schweiz bereits beschlossen wurde, aus der Nutzung der Kernenergie auszusteigen, daß in Deutschland eine ähnliche Beschlußlage zu erwarten ist und man in Schweden ganz konkret daran denkt, wie man das vollziehen soll, dann müssen wir feststellen, daß sich die Versorgungssituation noch wesentlich prekärer gestalten und die Abhängigkeit von den nicht-europäischen Ländern noch größer werden wird. Daher kommt also unserer eigenen Energiepolitik, auch der Rolle der erneuerbaren, Frau Kollegin Langthaler, eine ganz wesentliche Rolle zu.

Ich könnte mir schon vorstellen, daß wir die Krisengesetze neu diskutieren, neu gestalten. Ich plädiere aber dafür, daß wir die Erfahrungen, die wir aus dem liberalisierten Energiemarkt in den nächsten Jahren gewinnen werden, abwarten, zusammenfassen und uns dann, rechtzeitig für das Jahr 2003, auf neue Krisengesetze vorbereiten.

In diesem Sinne sind die Abgeordneten meiner Fraktion bereit, die anstehenden Gesetze zu verlängern, einschließlich der Verlängerung der Befristung von zwei auf drei Jahre. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.38

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Hohes Haus! Einige kurze Anmerkungen. – Frau Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses! Zu den sogenannten Wirtschaftslenkungsgesetzen, "Krisengesetze" hat dieses Paket Kollege Oberhaidinger genannt: Das Versprechen, diese Gesetze neu zu definieren, haben wir letztlich auch vor den vorhergehenden Beschlußfassungen gehört – passiert ist nichts. Es wird das Ganze eigentlich, außer der Ausweitung der Befristung von zwei auf drei Jahren, inhaltlich fortgeschrieben. Das ist ein Nachteil, Herr Bundesminister – jetzt ist er wirklich nicht mehr anwesend.

Meine Damen und Herren! Diese turnusmäßige Verlängerung ist unserer Ansicht nach gerade im Hinblick auf die Euro-Situation fahrlässig, grob fahrlässig. (Abg. Oberhaidinger: Warum?) Sie sagen es ja: Im Bereich – ich sage dir das, Kollege – Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz ist in den Allgemeinen Erläuterungen ein Widerspruch enthalten, und zwar dergestalt – auf die Frage eingehend –: "Im Hinblick auf die Umstellung auf den Euro und die damit notwendigen legistischen Anpassungen mit 1. Jänner 2002 ist eine dreijährige Befristung zweckmäßig und daher vorgesehen." Die Einführung des Euro erfolgt am 1.1.1999. (Abg. Oberhaidinger: Das ist die Umstellung!) Na selbstverständlich!

Also den Wirtschaftstreibenden wird immer wieder vorgegeben, die Umstellung, "Big Bang" beginnt quasi am 1. Jänner 1999, und da spricht man jetzt vom Jahr 2002. Das heißt, es gibt einen Widerspruch in der Argumentation Oberhaidingers und auch der Regierung. Man beginnt erst dann damit, das Ganze zu fokussieren und auf neue Beine zu stellen. Daher muß man schon, wenn man nicht grob fahrlässig handelt, aus diesen Gründen diese Gesetze ablehnen.

Ich darf noch einen Aspekt einbringen. Ich habe dies schon im Ausschuß getan, daher möchte ich dies jetzt in aller Kürze erwähnen. Das Lebensmittelgesetz beziehungsweise die Bereitstellung hierzu verlangt, daß Großhändler eine gewisse Menge – ihrem Umsatz entsprechend – an Grundnahrungsmitteln bereithalten. Im Versorgungsfalle kann man darauf mit einer Verordnung zurückgreifen.

Was passiert heute schon in der Praxis? Ein Beispiel aus meinem Bereich, aus meinem Wahlkreis Salzburg: EDKA baut jetzt einen zusätzlichen, mehrere tausend Quadratmeter großen Laden und versorgt die Läden in Salzburg von Trostberg, also von Bayern, von ihrem Zentrallager aus. Diese Firma hat dort nicht diese Vorsorge zu treffen und hat keine Kosten zu tragen, wie das nach österreichischem Gesetz der Fall ist, aber die österreichischen Betriebe haben sehr wohl diese Kosten zu tragen. Das heißt, daß damit ein Konkurrenznachteil für österreichische Großhändler gegeben ist. Sie haben Kosten zu tragen, die zum Beispiel bayerische Betriebe – Trostberg ist gleich EDKA – nicht zu tragen haben. Das heißt, das vernetzte Denken, Querschnittsmaterie – wie immer man das nennt –, hat in diese neue europäische Dimension nicht Einzug gehalten. Daher glaube ich, daß es jetzt an der Zeit gewesen wäre, Herr Bundesminister, entsprechende Pakete zu schnüren, um diesen Wettbewerbsnachteil für österreichische Betriebe nicht wirksam werden zu lassen.

Daher, meine ich – der eine Grund wäre Grund genug, dieses Paket abzulehnen –, ist es verständlich und auch sachlich begründet, daß die freiheitliche Opposition dieses Paket der sogenannten Bewirtschaftungsgesetze – Oberhaidinger nennt es "Krisengesetze" – ablehnt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.41

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Im Unterschied zu den Freiheitlichen werden wir diesen Gesetzen zustimmen, weil wir sie für notwendig halten. Herr Oberhaidinger hat uns bis nach Auckland entführt. Die haben dort keinen Strom – furchtbar. Ich kann mir vorstellen, daß das grausam ist. Nur hat das mit der Privatisierung der E-Wirtschaft oder mit der Verstaatlichung nichts zu tun, denn ich weiß, daß in Moskau oder auch in anderen Teilen dieser Welt der Strom relativ oft abgeschaltet wird. Und dort ist die E-Wirtschaft wirklich verstaatlicht. Diese Argumentation ist zu oberflächlich.

Zur Wirtschaftslenkung insgesamt: Sie widerstrebt den Liberalen prinzipiell, weil sie ein planwirtschaftlicher Ansatz ist. Der Grund dafür ist Marktversagen – Gefahr im Verzug. In diesem Fall hat ein starker Staat einzugreifen. Ich werde nicht müde, ceterum censeo immer wieder zu betonen: Ein starker Staat kann nur ein schlanker Staat, der sich auf die Wahrung echter Aufgaben, die er zu übernehmen hat, reduziert, sein. Versorgungssicherheit und Wirtschaftslenkung in Zeiten des Marktversagens gehören dazu. Ein Krisenfall wird sich aber spätestens nach der Vollendung des Euro-Raums neu darstellen. Ich bin der Ansicht, daß wir sehr bald Gespräche und Verhandlungen darüber aufnehmen sollten, wie Versorgungssicherheit, wie Wirtschaftslenkung in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum, der hoffentlich auch bald eine politische Union werden wird, funktionieren kann.

Im Zuge dessen bitte ich den Herrn Wirtschaftsminister, einen zweiten Anlauf zu starten – auch wenn ein erster Anlauf nicht zustande gekommen ist –, damit darüber Gespräche geführt werden. Es sind doch sehr wesentliche Eingriffe in die Grundrechte, in die Menschenrechte, in die Wirtschaftsrechte, denen wir gerne zustimmen möchten, wenn wir in die Verhandlungen eingebunden sind. Wir stimmen also der Verlängerung um drei Jahre zu und hoffen auf ein baldiges Gespräch, Herr Bundesminister. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Ing. Langthaler.)

14.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:  Zu  Wort  gemeldet  ist  weiters Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bis jetzt konnten wir sagen, alle zwei Jahre wieder, nun werden es drei Jahre sein, bis wir uns wieder mit einer ähnlichen oder gleich gelagerten Materie befassen werden. Diese Wirtschaftslenkungsgesetze – heute an prominenter Stelle der Tagesordnung, wie wir wissen und wie auch schon diskutiert wurde – sind eine Gesetzesmaterie für außerordentliche Krisenfälle.

Sehr geehrte Damen und Herren der Regierungsparteien! Vor zwei Jahren haben Sie tatsächlich versprochen, diese nicht mehr zeitgemäßen Gesetze einer Änderung zuzuführen. Heute befassen wir uns wieder mit diesem Thema, und Sie werden eine Verlängerung dieser Bevorratungsgesetze beschließen – eine Fortschreibung ohne inhaltliche Veränderung, eine Verlängerung der alten, unzeitgemäßen Bevorratungsgesetze. Die Situation, die wir in Europa haben, spiegelt sich hierin nicht wieder. Diese Gesetze tragen den heutigen Anforderungen hinsichtlich der Bevorratung nicht Rechnung.

Herr Wirtschaftsminister! Sie haben im Ausschuß gesagt, daß sich diese Gesetze bewährt hätten, gemeint sind diese Lenkungsgesetze. Die Bewährungsprobe wäre – was wir alle nicht wünschen – im Krisenfall gegeben. Herr Bundesminister, Ihr Schluß ist demnach unzulässig. Es gibt im Grunde genommen zwei Möglichkeiten: Entweder Sie sind unwillig, an einer positiven Änderung mitzuwirken, oder Sie sind überfordert. Beides ist aus der Sicht der Opposition inakzeptabel. Wir wünschen uns, wie gesagt, alle nicht, daß ein Krisenfall eintritt. Es ist richtig, daß der Zugang zu den europäischen Märkten und zu den europäischen Ressourcen diese Änderungen zwingend vorschreiben würde.

Kollege Haigermoser hat angeführt, daß die wirtschaftlichen Nachteile, die es gibt, die Wettbewerbsverzerrung, die sich insbesondere aufgrund der Lebensmittelbevorratung einstellen wird, nicht unsere Zustimmung finden werden. Wir werden seitens der Freiheitlichen diese Beschlüsse nicht mittragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.46

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die sozialdemokratischen Abgeordneten sind dafür, daß diese Wirtschaftsgesetze verlängert werden. Wir sind der Meinung, daß es gute Gesetze sind. Sie haben sich bewährt. Sie haben sich bei Energiekrisen bewährt, und sie haben sich bei der Krise in Tschernobyl bewährt. Das heißt, daß sie bis zum Jahr 2001 in Kraft sein werden. Frau Kollegin Tichy-Schreder hat schon erklärt, daß das auch mit der kommenden Euro-Zone zusammenhängt. Daher glaube ich, daß diese Gesetze, Herr Kollege Nußbaumer, gute Gesetze sind.

Die Aussagen des Herrn Kollegen Peter enthielten auch wesentliche Aspekte. Daß es mit der Vertiefung der Europäischen Union langfristig zu gemeinsamen Versorgungsgesetzen und Versorgungssicherheitsgesetzen kommen muß, das ist, glaube ich, evident und liegt auf der Hand.

Wenn wir aber von der Verlängerung dieser Energiegesetze, die auch ein Teil dieser Materie sind, sprechen, dann ist es wahrscheinlich auch notwendig, sehr geschätzter Herr Bundesminister, über die elektrische Versorgung von Österreich zu sprechen. Frau Kollegin Langthaler hat einige wesentliche Aspekte dazu eingebracht. Ich möchte dazu etwas anmerken. Viele haben sich geirrt, ich mich übrigens auch: Die österreichische Atompolitik gibt es de facto nicht. Die Schweiz steigt jetzt aus. In der Bundesrepublik Deutschland geht es wahrscheinlich schneller als erwartet. Wir werden eine ganz neue Situation in der Energiewirtschaft haben. Daher meine ich, daß wir in Österreich erstens einmal sehr stolz auf die Wasserkraft sein sollten, zweitens alle neuen Energieformen, wie zum Beispiel die Windenergie, die Biomasse und alle anderen sanften Energien, die gute Energieformen sind, weiter forcieren sollten.

Herr Bundesminister! Ein weiterer wesentlicher Punkt bei dem "Theater", das jetzt aufgeführt wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die Zeitungen der letzten zwei, drei Tage liest, dann muß man feststellen, daß die österreichische E-Wirtschaft im Konzert von Europa nur die Piccoloflöte spielt. Die Herren Generaldirektoren der E-Wirtschaft benehmen sich, als ob ihnen Europa gehören würde. Als Beispiel möchte ich den Verbund nennen. In der Ausgabe des "Standard" vom Dienstag kann man die Schlagzeile "Verbund speckt noch stärker ab" finden. Danach werden wieder 500 oder 700 Leute freigesetzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Minister wird geprügelt, die Politiker werden geprügelt, während die Generaldirektoren sehr gutdotierte Verträge und langfristige Pensionsabsicherungen haben. Herr Minister! Wieso brauchen wir bei gleichzeitiger Reduktion des Beschäftigtenstandes vier Vorstandsdirektoren? Darüber müßte man auch einmal nachdenken. Diese Leute denken nicht langfristig, sondern sie denken kurzfristig. Wenn man im Gespräch mit ihnen von sanften Energien redet, dann lächeln sie einen an, wie wenn man als "E.T." von irgendwo herunterkommen würde. (Beifall bei der SPÖ.)

Wichtig sind den Generaldirektoren ihre Verträge. Ob rot, schwarz oder blau – von den Freiheitlichen gibt es auch welche –, wichtig sind diesen Leuten nur ihre Verträge. Das Schicksal der Beschäftigten ist ihnen egal. Letztendlich spielen die "sehr geschätzten" Generaldirektoren wieder einen "Stromkrieg". EVN gegen Verbund ist ärger als Simmering gegen Kapfenberg. Nur vergessen sie, daß sich draußen die Welt ändert.

Mein sehr geschätzter Herr Minister! Ich glaube, Sie sollten dort einmal ordentlich hineinfunken, damit nicht ein Strom-Lassing entsteht! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.51

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Zu einigen aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen. Wir hatten jüngst im europäischen Energieministerrat – und wir werden diese Diskussion nächste Woche wiederholen – eine Auseinandersetzung über eine Neuformulierung der Oilstocks-Richtlinie, der Richtlinie über Ölvorräte. Dabei war es völlig eindeutig, daß ein Konsens nicht erzielbar ist, weil einige Länder in der EU noch nicht bereit sind, ein Krisenrisiko mit anderen Ländern zu teilen, daß also zum Beispiel England oder die Niederlande sich verpflichten, 20 Prozent mehr Erdöl zu fördern, um im Krisenfall die Versorgung aufrechterhalten zu können. – Solange eine solche Position von Mitgliedsländern eingenommen wird, wäre es fahrlässig, die jetzige österreichische Krisenbewirtschaftung auf dem Altar des Binnenmarktes zu opfern. – Das zum ersten.

Zweiter Punkt: Wir reden im Augenblick über die Vollendung des Binnenmarkts und stehen im europäischen Schnitt bei etwa 95 Prozent Vollendung des Binnenmarkts. Die wirkliche Vollendung des Binnenmarkts in der Weise, daß dann die Notversorgung auch eine Binnenmarktaufgabe sein kann, kann erst stattfinden, wenn die letzten sensiblen Dinge gelöst sind. Gerade etwa im Bereich von Energie sehen wir, wie schwer hier das letzte Feintuning ist.

Ein letzter Punkt, der wichtig ist: Gerade weil sich die gegenwärtige Situation so darstellt – da bin ich mit Frau Abgeordneter Langthaler einmal völlig einer Meinung –, müssen wir den Zeithorizont beachten und etwa in der Frage Bioenergie und Biomasse die österreichischen Chancen so nützen, daß wir uns selbst dann in ein europäisches Netz der Versorgung mit eingliedern können.

Ansonsten bleibt mein Appell gleich – und das Hohe Haus wird sich im Hauptausschuß sehr rasch mit zwei Regelungen der Energiewirtschaft auseinandersetzen müssen, mit welchen es zu beweisen gilt, daß auch die Mitglieder des Hohen Hauses Druck auf die Energiestrukturen ausüben –, daß mehr österreichisch als kleinregional gedacht wird! – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es wird kein Schlußwort seitens des Berichterstatters gewünscht.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versorgungssicherungsgesetz 1992 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1391 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich gemäß § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung das verfassungsmäßig erforderliche Anwesenheitsquorum fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht gleichfalls durch die Mehrheit.

Ich stellte fest, daß dieser Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen worden ist, und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1385 der Beilagen.

Da auch dieser Entwurf, nämlich betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 geändert wird, eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich das verfassungsmäßig erforderliche Anwesenheitsquorum fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen wollen und sich zu diesem Behufe auf ihre Plätze begeben mögen, ein entsprechendes Zeichen zu geben. – Ich stelle fest, daß dieser Entwurf mehrheitlich angenommen worden ist.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt mehrheitlich.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1411 der Beilagen.

Da auch dieser Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Energielenkungsgesetz 1982 geändert wird, eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich geschäftsordnungsgemäß das von der Verfassung vorgesehene Anwesenheitsquorum fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht, wie ich ausdrücklich feststelle, mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit. Der Entwurf ist daher angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch dies geschieht mehrheitlich, und zwar mit der von der Verfassung vorgesehenen Zweidrittelmehrheit. Der Entwurf ist damit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1410 der Beilagen.

Da auch dieser Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erdöl-Bevorratungs- und
Meldegesetz 1982 geändert wird, eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich das verfassungsmäßig vorgesehene Präsenzquorum fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem Entwurf die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht mit der von der Verfassung vorgesehenen Zweidrittelmehrheit.

Der Entwurf ist damit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht gleichfalls mit der von der Verfassung vorgesehenen Zweidrittelmehrheit.

Der Entwurf ist daher in dritter Lesung angenommen.

Damit ist das Abstimmungsverfahren beendet. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Volker Kier, Helmut Peter und PartnerInnen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Regierungspfusch bei Schwarzarbeit (5090/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Tagesordnung, und wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 5090/J, da auch die Frau Bundesministerin bereits anwesend ist.

Da die Anfrage inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist und verteilt wurde, erübrigt sich deren Verlesung durch einen Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Die vergangenen Jahrzehnte waren in Österreich wie in allen Industriestaaten, abgesehen von rezessionsbedingten Unterbrechungen, gekennzeichnet von einer kontinuierlichen Verbesserung der volkswirtschaftlichen Lage, ablesbar an Indikatoren wie steigendem Bruttoinlandsprodukt, höherer Wertschöpfung, aber auch einem allgemein steigenden Wohlstand. Nachdem es bereits seit längerer Zeit an kritischen Überlegungen über die Folgen und Grenzen des Wachstums (vgl. Club of Rome 1972) in grundsätzlicher Hinsicht nicht gemangelt hat, stoßen die sozial- und wirtschaftspolitischen Konzepte der hochentwickelten Industriestaaten mittlerweile an die Grenzen ihrer Finanzier- und Leistbarkeit. In diesem Zusammenhang steht auch die international geführte Debatte über das Verhältnis von wirtschaftlicher Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit und den Aufgaben des Staates bezüglich einer maßvolleren Regulierung der sozialen Rahmenbedingungen: Dabei steht außer Streit, daß eine gerechtere Lastenverteilung bei der Finanzierung der staatlichen Aufgaben – Stichwort Entlastung des Faktors Arbeit – nicht nur wirtschaftliche und beschäftigungspolitisch positive Effekte nach sich zieht, sondern in der Folge auch den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft nachhaltig sichert.

Eines der Kennzeichen westlicher Industriestaaten wie Österreich ist der hohe Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Experten sind sich einig, daß die hohen Steuern und Abgaben auf Arbeit und die zumindest teilweise daraus resultierende mangelnde Steuermoral die Hauptursachen für das Ausweichen von Produktions- und Dienstleistungen in den grauen Bereich sind. Daneben gehören eine Fülle von staatlichen Vorschriften und Regulierungsmaßnahmen zu den wichtigsten Motiven, warum Menschen schwarz arbeiten. Diese Ansicht teilt auch Wirtschaftsminister Hannes Farnleitner, wenn er in seiner Anfragebeantwortung 2138/AB davon spricht, daß der hohe Anteil der Schattenwirtschaft am BIP einen ,generell zu hohen Grad an Regulierungsdichte in einem Staat‘ anzeige. (Stichwort: unverändert rigides Berufsantrittsrecht in der Gewerbeordnung)

Die Flucht vor überbordenden gesetzlichen Bestimmungen findet in allen Bereichen des wirtschaftlichen Handelns statt: Es geht dabei nicht nur um den Unternehmer, der Aufträge "ohne Rechnung" erfüllt (wie der Entwurf suggeriert), sondern um Beschäftigte, die außerhalb der Dienstzeiten Leistungen erbringen, ,Neue Selbständige‘ oder potentiell geringfügig Beschäftigte, die den chaotischen neuen Sozialversicherungsbestimmungen und den damit verbundenen Kosten ausweichen (müssen), aber auch um Arbeitslose, die vom AMS nicht vermittelt werden, oder AusländerInnen, die zum Teil an rigorosen Gesetzeshürden scheitern.

Wenngleich Österreich unter den vergleichbaren OECD-Staaten noch keinen Spitzenplatz als ,Pfuscherparadies‘ einnimmt, so alarmiert doch die rasante Steigerung des Schattenwirtschafts-Anteils seit Beginn der 90er Jahre. Die von der Linzer Kepler-Universität veröffentlichten Zahlen sprechen denn auch von einer jährlichen Zunahme der Pfuscher-Quote am BIP in zweistelliger Prozentgröße. Laut Institutsvorstand Prof. Friedrich Schneider soll die Summe, die heuer österreichweit für Schwarzarbeiten ausgegeben wird, bereits 230 Milliarden Schilling betragen, womit fast die Zehn-Prozent-Marke am BIP erreicht würde: Laut Schneider soll der Pfusch-Anteil Mitte der siebziger Jahre noch zwei Prozent betragen haben. Selbst wenn man methodisch nicht vom sogenannten ,Bargeldansatz‘ ausgeht, sondern die Faktoranalyse (Kurt Kratena, Wifo) verwendet, ergäbe sich noch immer ein Wert von ca. fünf Prozent am BIP.

Eine derartige Entwicklung ist unbefriedigend in mehrerlei Hinsicht:

1. Schattenwirtschaft führt beim Fiskus zu Steuerausfällen (kolportierte 44 Milliarden Schilling an entgangener Mehrwertsteuer, 35 Milliarden Schilling an Einkommensteuerausfällen) sowie bei der Sozialversicherung zu Mindereinnahmen (18 Milliarden Schilling Ausfall für 1998).

2. Darüber hinaus ergeben sich eklatante Wettbewerbsnachteile für korrekt agierende Unternehmen, die Nichteinhaltung des Arbeitsrechts und kollektivvertraglicher Mindestlöhne untergräbt die Rechtsstaatlichkeit, führt zu ,Lohndumping‘ und gefährdet damit auch bestehende Arbeitsplätze. Ganze Berufszweige, wie private Kranken-, Alten- und Kinderbetreuung, aber auch Nachhilfeunterricht, sind aus dem legalen Arbeitsmarkt und den damit verbundenen sozialen und arbeitsrechtlichen Absicherungen nachgerade ausgesperrt.

3. Daher sind grundsätzlich Bemühungen zu begrüßen und zu forcieren, die die erheblichen negativen Folgen für Volkswirtschaft und Gesellschaft zu minimieren trachten.

Das Sozialministerium hat nunmehr einen Entwurf zur Begutachtung ausgesandt (Ende der Begutachtungsfrist war der 30. Oktober), der eine Reihe von Maßnahmen enthält, die die Abgeordneten des Liberalen Forums für rechtswidrig, schikanös und kontraproduktiv – und darüber hinaus bürokratievermehrend – erachten. Die beabsichtigte Ermächtigung der Zollbehörden, ohne Gerichtsbeschluß Haus-(Betriebstätten-)durchsuchungen, Beschlagnahmen oder Betriebssperren verhängen zu dürfen, bezeugt einen zumindest fragwürdigen Umgang mit verfassungs- und vor allem grund- und menschenrechtlichen Prinzipien (Staatsgrundgesetz 1867, Europäische Menschenrechtskonvention, Gesetz von 1862 zum Schutze des Hausrechts). Wie bereits durch die jüngsten Vorkommnisse im Zusammenhang mit Datenschutzverletzungen und Psychoscreenings durch das AMS Wien, wird hier neuerlich der Beweis erbracht, daß während der Amtsperiode dieser Koalitionsregierung die Fundamente des Rechtsstaates zunehmend an Wertigkeit verlieren. Nicht das Vorhandensein von Schwarzarbeit ,beeinträchtigt das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtsstaatlichkeit und in die Verwaltung‘, wie die Erläuternden Bemerkungen zum gegenständlichen Entwurf behaupten, sondern eine Gesetzgebung, die sich immer leichtfertiger über Grundrechte hinwegsetzt.

Weiters stellt der vorliegende Entwurf für ein ,Schwarzarbeitsgesetz‘ erneut die Unfähigkeit der Regierung unter Beweis, interministeriell und vernetzt zu arbeiten: Ein ausgewogenes Maßnahmenpaket hätte jedenfalls die Zusammenarbeit von Sozial-, Wirtschafts- und Finanzministerium erfordert. Daß dies hier erneut und wie so oft nicht geschehen ist, erhärtet den Eindruck, daß weder der Bundes- und Vizekanzler zu ihrer verfassungsgemäß vorgeschriebenen Koordinierungsfunktion der Ressorts imstande sind, noch die SPÖ-ÖVP-Koalition über ein ausreichendes Maß an fachlicher Kompetenz und politischem Veränderungswillen zum Wohle der Republik verfügt. Nicht zuletzt, um den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes nicht weiter zu schaden, erscheinen in diesem Lichte baldige Neuwahlen angebracht.

Die liberale Fraktion ist sich mit namhaften Fachleuten aus Wirtschafts- und Finanzkreisen einig, daß die im Entwurf vorgesehenen Maßnahmen unter Zuhilfenahme polizeistaatlicher und datenschutzwidriger Methoden in allererster Linie den Steuer- und Abgabendruck auf UnternehmerInnen wie Beschäftigte verstärken, ohne Antwort darauf zu geben, wie legal erbrachte Dienstleistungen für die KonsumentInnen überhaupt leistbar sein sollen. Wenn eine einzige Handwerker-Stunde heute zwischen 450 und 650 S kostet, muß der durchschnittliche Kunde (als unselbständig Beschäftigter) mit einem Bruttoverdienst von 1 000 S am Tag (netto 700 bis 800 S) ungefähr sechs Stunden gearbeitet haben, um sich diese Leistung kaufen zu können. Dieses Dilemma ist unter anderem der Arbeiterkammer wie auch dem Sozialressort bewußt, wenn die sogenannte Nachbarschaftshilfe aus der Geltung des Schwarzarbeitsgesetzes ausgenommen sein soll. So wird in der Wochenzeitung ,Falter‘ (Nr. 43/98) der Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt der AK, Josef Wallner, zitiert: ,Am Land wäre es den meisten Leuten gar nicht möglich, ihre Häuser anders (als durch Pfusch, Anm.) zu bauen. Statt drei oder vier Millionen müßten sie dann zehn Millionen aufbringen.‘

Während also Personen, die unternehmerisch tätig werden wollen, sich nicht nur einer Fülle von Hindernissen ausgesetzt sehen und nunmehr zusätzlich kriminalisiert werden sollen, bleibt die ,Nachbarschaftshilfe‘ von den rigorosen Strafsanktionen des geplanten Gesetzes weiterhin völlig unberührt. Im Gegensatz zur von der Regierung angekündigten ,Unternehmensgründungsoffensive‘ wird Arbeitsplatzvernichtungspolitik (mit Ausnahme der zusätzlich vorzusehenden 42 Planstellen bei den Zollämtern) betrieben. Würde hingegen ein Maßnahmenbündel für besonders exponierte Branchen, verbunden mit einer attraktiven Steuer- und Abgabenpolitik, geschnürt, hätte dies folgende positive Ergebnisse:

Schaffung neuer und die Erhaltung bestehender Arbeitsplätze bei gleichzeitiger sozialer Absicherung der betroffenen ArbeitnehmerInnen,

Mehreinnahmen in Lohn- und Umsatzsteuer,

Unbestreitbare Gewährleistungsrechte für die KonsumentInnen.

Es ist daher dringend notwendig, vor der Verabschiedung des Entwurfs für ein Schwarzarbeitsgesetz ein Maßnahmenbündel zu schnüren, das die Besonderheiten der verschiedenen Branchen individuell berücksichtigt.

Im Bereich der Betreuung von Kindern, alten und kranken Menschen ist eine steuerliche Begünstigung (Absetzbarkeit) für Auftraggeber vorzusehen. Wie das deutsche Beispiel zeigt, wäre eine solche Maßnahme geeignet, diesen boomenden Sektor aus der Schattenwirtschaft zu holen.

Im Baubereich, der den Löwenanteil des schwarzen Arbeitsmarktes ausmacht, gibt es in anderen Ländern gute Erfahrungen mit dem sogenannten Luxemburger Modell, das für Bauleistungen eine Mehrwertsteuerrückvergütung vorsieht.

Auch in der stark von Schwarzarbeit betroffenen Freizeitwirtschaft haben partielle Steuererleichterungen Platz zu greifen, um sie als stark dienstleistungsorientierte Branche ohne Schwarzarbeit wettbewerbsfähig zu halten.

Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Tatsache, daß eine große Zahl von Studierenden aus der illegalen Beschäftigung ihre notwendigen und angesichts der Sparpakete schon beinahe überlebensnotwendigen Verdienste bezogen hat. Wiewohl einer Fortsetzung dieser Situation hier keineswegs das Wort geredet werden soll, zeigt sich hier die Dringlichkeit der Beschlußfassung einer adäquaten Freigrenze im Hinblick auf die Gewährleistung sozialer und Familientransfers.

Auf all die geschilderten Fälle gibt der Gesetzentwurf keinerlei Antwort, sondern negiert in wirklichkeitsfremder Manier die Nöte der Betroffenen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die Regierung durch eine Überhitzung und Übersteuerung der Sozialversicherungspflicht im Fall der Schwarzarbeit, wie schon zuvor in der Regelung über die Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die Sozialversicherung, in der Verkennung der wirtschaftlichen Zusammenhänge Arbeitsplatzvernichtung betreibt, anstatt mit Hilfe von steuerlichen Anreizen erträgliche Rahmenbedingungen für den heimischen Arbeits- und Beschäftigungsmarkt herzustellen. Nach Vorstellung des Liberalen Forums sind diese Parameter zuallererst:

Eine Entlastung des Faktors Arbeit durch Senkung der Arbeitskosten, insbesondere der Lohnnebenkosten,

die Einführung der steuerlichen Absetzmöglichkeit für auf Rechnung erbrachte Leistungen in der Bauwirtschaft (Luxemburger Modell),

die Absetzbarkeit von privaten Dienstleistungen, insbesondere der Kinderbetreuung.

Durch eine rechtzeitige Befassung des Nationalrats soll vermieden werden, daß, ähnlich wie bei der vielfach mißglückten Werkvertragsregelung, die Allgemeinheit vor ein Fait accompli von Regierung und Sozialpartnern gestellt ist. Daher stellen die gefertigten Abgeordneten folgende

Dringliche Anfrage

1. Wie hoch ist der Expertise Ihres Ressorts zufolge der Anteil der Schattenwirtschaft am BIP?

2. Auf Grundlage welcher Berechnungsmethodik gelangen Sie zu diesem Ergebnis?

3. Ist Ihnen das Ausmaß illegaler Beschäftigung von österreichischen Erwerbstätigen durch österreichische Unternehmen im Ausland bekannt, wie hoch beziffern Sie diese und haben Sie Vorschläge für eine Handhabe solcher auch gegen österreichisches Recht verstoßender Tätigkeiten?

4. Welche sind Ihrer Ansicht nach die Gründe für die steigende Schattenwirtschaft?

5. Erachten Sie eine zusätzliche Kriminalisierung der von Schwarzarbeit Betroffenen als einziges adäquates Mittel zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft? Wenn nicht, welche weiteren Maßnahmen sollten nach Ihrer Ansicht in ein ,Schwarzarbeitsgesetz‘ Eingang finden?

6. Wie ist Ihre persönliche Definition von ,Nachbarschaftshilfe‘, und was sind Ihre Vorstellungen für die Abgrenzung derselben von der Schwarzarbeit?

7. Haben Sie eine Abschätzung vornehmen lassen, wie hoch das zusätzliche Beschäftigungspotential im Falle einer Überführung der in der Schattenwirtschaft erbrachten Produktions- und Dienstleistungen in den legalen Bereich ist?

8. Haben Sie weiters eine Abschätzung über die mögliche Gefährdung von Arbeitsplätzen vornehmen lassen durch Maßnahmen wie Betriebssperre ohne aufschiebende Wirkung beim schwerwiegenden Verdacht illegaler Beschäftigung oder der bloßen Schätzung einer Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils bei Schwarzarbeit, wie dies beispielsweise im Ministerialentwurf vorgesehen ist?

9. Gehen Sie davon aus, daß bei einer zunehmenden Beschäftigung im Dienstleistungsbereich, in Verbindung mit einem hohen Lohnnebenkostenniveau und vor dem Hintergrund steigenden Wettbewerbsdrucks, die Verschärfung von Strafbestimmungen ein adäquates Mittel zur Deaktivierung des Schwarzarbeitsmarktes ist und zur Demotivation, Leistungen schwarz zu erbringen, beiträgt?

10. Liegen Ihnen Vorschläge zur Zurückdrängung des Pfusches aus anderen Ressorts, insbesondere dem Finanz- oder Wirtschaftsministerium, vor? Wenn ja, wie lauten diese, beziehungsweise wie weit haben diese in den vorliegenden Entwurf Eingang gefunden?

11. Da im provisorischen Entwurf für ein Schwarzarbeitsgesetz kein Bezug auf Materiengesetze anderer Ministerien genommen wird, ist erkennbar, daß andere Ressorts, besonders das Bundesministerium für Finanzen, nicht eingebunden waren. Hielten Sie eine Stärkung der interministeriellen Zusammenarbeit zur Bewältigung dieser komplexen Materie für erstrebenswert?

12. Was ist Ihr Beitrag zur Intensivierung interministerieller Gespräche? Hat Sie der Bundeskanzler als Koordinator bei diesem Vorhaben unterstützt? Rechnen Sie mit einer Unterstützung oder Beauftragung interministerieller Gespräche durch den Bundeskanzler vor Beschluß der Regierungsvorlage durch den Ministerrat?

13. Erachten Sie ein kombiniertes Maßnahmenbündel, bestehend aus verschärften Strafbestimmungen, Anmeldung zur Sozialversicherung bei Arbeitsantritt, Steuererleichterungen für den privaten Hausbau, Absetzbarkeit von privaten Betreuungskosten sowie weiterreichenden spezifischen Steuer- und Sozialabgabenerleichterungen für exponierte Branchen wie Freizeitwirtschaft, private Dienstleistungen (Nachhilfeunterricht, Haushaltshilfe et cetera), für zielführender als die einseitige, grundrechtlich bedenkliche Konzentration auf Überwachung und Bestrafung, bis hin zur Enteignung?

14. Könnte das erwartete Mehraufkommen an Sozialversicherungsbeiträgen, das aus verschärften Sanktionsmaßnahmen erwartet wird, nicht deutlich geringer ausfallen, als sich dies durch eine Attraktivierung des legalen Arbeitsmarktes bei Realisierung eines beschäftigungsinduzierenden Maßnahmenbündels (zum Beispiel steuerliche Begünstigungen) ergeben würde?"

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als erster Fragesteller erhält Herr Abgeordneter Dr. Kier das Wort. Seine Redezeit ist mit 20 Minuten begrenzt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.59

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die liberale Fraktion hat die heutige Dringliche Anfrage an die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wohl erwogen. Ich halte jetzt keinen Rückblick auf die heutige Einwendungsdebatte.

Wir waren und sind der Meinung, daß es sich bei der Frage der Schwarzarbeit um ein Problem von wachsender Dringlichkeit handelt. Situation, Befunde und Trends zeigen, daß sich dieses durchaus unerfreuliche Phänomen immer mehr verbreitet, es sich hiebei sozusagen um einen wachsenden Bereich handelt. Aus der Sicht einer verantwortungsvollen Politik ist es in keiner Weise hinzunehmen, wenn sich solche Erscheinungen in der Weise ausbreiten, wie es tatsächlich der Fall ist. Allein schon in diesem Umstand erblicken wir eine ernsthafte Dringlichkeit, und es würde wohl auch seitens der Frau Bundesministerin keine einschlägigen Bemühungen geben, in diesem Bereich Verbesserungen zu ermöglichen, wenn sie die Angelegenheit nicht auch für wichtig und vordringlich hielte.

Die Dringlichkeit unserer Anfrage ist weiters darin begründet, daß wir wissen, daß es ein Vorhaben der Bundesregierung gibt, das sich sozusagen in der Pipeline befindet und demnächst die Bundesregierung und in der Folge dieses Haus erreichen wird. Und wir haben in der Vergangenheit gelernt, daß es sehr nützlich, wertvoll und wichtig ist, wenn Probleme und anstehende Gesetzesmaterien rechtzeitig öffentlich und parlamentarisch diskutiert und erörtert werden, damit wir uns das ersparen, was wir in diesem Haus gelegentlich schon erlebt haben, nämlich daß Scheinlösungen auf den Tisch gelegt werden, die nicht ordentlich beziehungsweise bestenfalls hinter verschlossenen Türen diskutiert wurden, und diese Scheinlösungen dann im Ergebnis ein Gesetz ergeben, das man nur als Pfusch bezeichnen kann. Wir sprechen hier aus Erfahrung. Ich darf etwa daran erinnern, daß die Werkvertragsregelung eine Gesetzesmaterie war, die alle Merkmale eines Pfuschgesetzes getragen hat. (Beifall beim Liberalen Forum.) Allein die unzähligen Reparaturen, die notwendig waren, haben das bewiesen.

Auch als das Notstandshilferecht reformiert wurde, hat man – so möchte ich es einmal formulieren – wahrscheinlich sogar bewußt auf die Frage der KarenzgeldbezieherInnen vorerst vergessen und hat dann repariert. Auch dieses Gesetz, das ebenfalls Verfassungswidrigkeiten enthielt, war ein Pfuschgesetz. (Abg. Dr. Feurstein: Das habe ich Ihnen im Ausschuß genau erklärt, Herr Kier!) Herr Kollege Feurstein! Sie werden wahrscheinlich das Wort in dieser Debatte ergreifen, daher lade ich Sie ein, das dann wirklich zu erklären!

Wir möchten durch eine rechtzeitige, offene und freimütige Diskussion zum Problemfeld der Schwarzarbeit erreichen, daß am Ende nicht wieder eine eindimensionale Scheinlösung herauskommt, die die wirklichen Ursachen nicht bekämpft. Wir möchten verhindern, daß womöglich hinter verschlossener Tür "Hinsichtl" und "Rücksichtl" wieder gewinnen und letztlich dann eine unaufrichtige Diskussion stattfindet, in der – wie ich noch einmal betonen möchte – Scheinlösungen präsentiert werden, mit denen leider das Problem nicht gelöst wird, sondern nur den Leuten vorgegaukelt wird, daß jetzt dieses oder jenes Gesetz, in diesem Fall das Schwarzarbeitsgesetz, gemacht wurde und das Problem daher gelöst werden wird, während die Sache in Wirklichkeit ganz anders aussieht.

Was sind die Schwächen des erkennbaren Vorhabens, Frau Bundesministerin? – Unsere Anfrage beschäftigt sich intensiv damit, rechtzeitig diese Eindimensionalität aufzudecken. Die Hauptschwäche Ihres Vorhabens ist nach unserer Auffassung nämlich, daß Sie, Frau Bundesministerin, das Gesetz mehr oder weniger allein machen mußten oder gemacht haben. Ich frage mich, warum mußten Sie es allein machen? Hat Ihr Kollege Finanzminister Edlinger keine Lust gehabt mitzuwirken, oder hält er das Ganze für nicht notwendig? Warum hat der Bundeskanzler Sie nicht darin unterstützt, daß auch die Regierungsmitglieder in ein solches Vorhaben mit einbezogen werden, die ebenfalls betroffen sind, aber einer anderen Farbe angehören als Sie, Frau Bundesministerin? Aber wenn nicht einmal Ihr Kollege Edlinger von derselben Fraktion dabei mitgewirkt hat – und das ist an dem bisher vorliegenden Entwurf deutlich erkennbar –, dann ist das schon mehr als bedenklich! Wenn Ihrem Regierungskollegen Bundesminister Farnleitner das Ganze nicht zusagt, dann liegt das vielleicht daran, daß das Koalitionsklima nicht gut ist, daß er momentan andere Sorgen hat und sich nicht mit der Schwarzarbeit beschäftigen will oder daß er nirgends anstreifen will in den Bundesländern, oder was auch immer der Fall sein mag.

Frau Bundesministerin! Ich erinnere mich noch daran, daß Sie seinerzeit, als die Kritik um die Werkvertragsregelungen besonders laut geworden war, gesagt haben: Das ist ein weites Land, das man erst einmal betreten muß. – Es mag wohl öfters einmal richtig sein, daß man, wenn man etwas Neues macht oder etwas behandelt, was noch nicht der Fall war, sozusagen Neuland betritt. Aber das bedeutet nicht, daß man ein neues Land ohne Landkarte betreten muß. Vielmehr sollte man alle mit einbinden in die Prospektion des Landes, bevor man es betritt, und sollte einmal schauen, wo die Höhen und Tiefen sind, was die eigentlichen Ursachen sind und welche Probleme zu erwarten sind. Letztlich hat es offenbar in Ihrem Haus – vielleicht belehren Sie uns aber eines Besseren – keine Gesamtanalyse gegeben, und es kommt mit diesem drohenden Schwarzarbeitsgesetz kein Maßnahmenbündel auf uns zu, sondern ein eindimensionales Abschreckungsgesetz.

Sie glauben offenbar, Sie können Ursachen dadurch beheben, daß Sie die Strafdrohungen anheben. Ich will jetzt nicht mißverstanden werden. Ich bin durchaus der Meinung, daß Schwarzarbeit ein böses und sozialschädliches Delikt ist, das will ich einmal ganz klar herausstellen. Überdies wirkt Schwarzarbeit auch wettbewerbsverzerrend und marktverzerrend. Außerdem verhalten sich alle, die an Schwarzarbeit beteiligt sind, unsolidarisch. Denn bekanntlich wird dabei kein gemeinsamer Beitrag geleistet, vielmehr kassiert ausschließlich der Schwarzarbeit Leistende, wer immer das auch ist, ob das ein Auftraggeber oder ein Auftragnehmer ist.

Ich will, daß alles auf den Tisch kommt. Es gibt für jede Schwarzarbeit einen Auftraggeber, und jede Schwarzarbeit wird von jemandem durchgeführt. Beides muß gemeinsam betrachtet werden. Der einzige Ausweg kann aber nicht sein, die Strafdrohungen zu verschärfen. Abschreckung darf nicht das einzige Mittel sein, während sich um die Ursachen niemand kümmert! Abschreckung bis hin zu polizeistaatlicher Sekkiererei, bis hin zu verfassungswidrigen Regelungen, den Datenschutz in der Garderobe zu parken, das Denunziantentum als vorbildliche Leistung darzustellen, das Hausrecht, ein unverletzliches Grundrecht, beliebig zu brechen, Beschlagnahmungen und Betriebssperren ohne Mitwirkung unabhängiger Gerichte, nicht einmal im nachhinein: Das sind nach unserer Auffassung Zeichen einer politischen Hilflosigkeit! Denn wenn man sich nicht mehr anders zu helfen weiß, als einfach nur draufzuhauen, dann ist das zuwenig und außerdem bedenklich, denn die Ursachen liegen viel tiefer. Überlegen wir uns doch einmal, ob nicht eine der Ursachen für Schwarzarbeit auch die Tatsache ist, daß mancher, der ein Gewerbe ausüben möchte, das einfach deswegen nicht darf, weil er an den Zulassungsvorschriften scheitert, obwohl er bestens befähigt ist, aber gewissen Regeln nicht entspricht. (Abg. Tichy-Schreder: Daran scheitert keiner!)

Sie dürfen mir glauben, daß ich während meiner seinerzeitigen Praxis in einer Rechtsanwaltskanzlei genügend Fälle kennengelernt habe, in welchen die Leute Schwarzarbeit durchaus nicht aus steuerrechtlichen oder abgabenrechtlichen Gründen betrieben oder womöglich schwarz Beschäftigte bei sich eingesetzt haben, sondern Schwarzarbeit geleistet haben, weil es ihnen an der Gewerbeberechtigung gemangelt hat. (Abg. Tichy-Schreder: Seinerzeit vielleicht!) Und wenn einmal der erste Schritt in die Illegalität getan ist, und zwar mangels Zulassung zum Gewerbe, dann ist der zweite Schritt in die Illegalität, daß man gleich das ganze Geschäft außerhalb der Gesetze betreibt, möglicherweise viel leichter, als es sonst der Fall wäre.

Haben Sie übersehen, daß eine der Ursachen für Schwarzarbeit auch ist, daß unverschämte Steuern und Abgaben auf den Löhnen und Gehältern liegen, daß die Lohnnebenkosten exorbitant sind, sodaß im Zweifelsfall manche das Ausweichen auf Schwarzarbeit gleichsam als legitimen Akt der Notwehr und als Kavaliersdelikt betrachten und manche vielleicht auch in eine scheinbare Gabel laufen, indem sie glauben, daß das ihr einziger Ausweg ist?

Haben Sie sich schon einmal ausgerechnet, wie viele Stunden ein seriös arbeitender Angestellter bei einem Friseur Haare schneiden muß, damit er dann von seinem Nettolohn einen anderen bezahlen kann, der ihm 20 Minuten lang die Haare schneidet? Ich bringe dieses Beispiel, weil man sich selbst nicht die Haare schneiden kann. Ein Fliesenleger, der privat bei sich zu Hause pfuscht, kann für sich selbst diese Dienstleistung erbringen, ein Friseur kann diese Dienstleistung an sich selbst aber nicht erbringen, und er muß zwei volle Stunden Nettolohn einsetzen, um sich 20 Minuten Haareschneiden leisten zu können. Und er muß diese Dienstleistung, die der Friseur zu verrechnen hat, selbstverständlich zu den Vollkosten bezahlen. Denken Sie einmal nach: Das gilt für den gesamten Bereich der Dienstleistungen, die man nicht für sich selbst erbringen kann! Das Beispiel mit dem Friseur ist vielleicht noch lustig, aber im Falle der Pflegebedürftigkeit hört der Scherz dann wahrscheinlich auch bei Ihnen auf. Man kann sich nämlich auch nicht selbst pflegen, nicht selbst trockenlegen, nicht selbst vom Bett in einen Sessel heben. Wenn man all das bezahlen will, dann muß man über ein Nettoeinkommen verfügen, das letztlich dreimal so hoch ist, als man es normalerweise brauchen würde, weil man sich sonst diese Dienstleistungen aufgrund der exorbitanten Lohnnebenkosten, die darauf lasten, nicht leisten kann.

Ich weiß selbstverständlich, daß man das nicht über Nacht verändern und verbessern kann: Aber man könnte Trendwenden herbeiführen, man könnte sich einmal überlegen, wie man diese Kurve in eine andere Richtung biegt, statt ständig noch weitere Steigerungen bei den Lohnnebenkosten zu bewirken und womöglich mit den gestiegenen Lohnnebenkosten das Schwarzarbeitsgesetz zu finanzieren. Das wäre dann überhaupt die Quadratur des Kreises im Sinne einer falschen Politik!

Ist Ihnen das Phänomen unbekannt oder diskutieren Sie es nie, daß heutzutage vor allem in der Bauwirtschaft die kleineren Unternehmen gleichsam mit einem Augenzwinkern in Kauf nehmen oder ohnedies wissen, daß ihre Mitarbeiter am Wochenende nebenbei pfuschen? Das wird geradezu bei den Bezügen bereits berücksichtigt: Wenn einer relativ wenig verdient, wird ihm zwinkernd mitgeteilt: Reg dich nicht auf, daß du in der normalen Arbeitswoche relativ wenig verdienst! Du gehst am Wochenende eh pfuschen und benützt dabei womöglich sogar noch meine Mischmaschine, manchmal ohne mich zu fragen und manchmal, indem du mich vorher fragst und mich zum Mitwisser machst!

Ähnliches gilt für die exzessive Nachbarschaftshilfe. Glauben Sie bitte nicht, daß ich Nachbarschaftshilfe im Sinne einer selbstorganisierenden Gesellschaft nicht für etwas Wertvolles halte! Aber man muß sehr aufpassen, daß das Ganze nicht zu einer euphemistischen Ausrede wird. Nachbarschaftshilfe ist eine gewachsene Sache, sie ist im kleinen Rahmen unter Umständen möglich, muß allerdings definitorisch klar abgegrenzt werden, denn Nachbarschaftshilfe hört sich dann auf, wenn die Anreisezeit des "Nachbarn", der hilft, womöglich länger dauert als dessen Anwesenheit an dem Ort, an welchem er die "Nachbarschaftshilfe" erbringt. Man muß sich daher einmal überlegen, ob man nicht nur deswegen, weil man mutlos ist, von vornherein das gesamte Feld der Nachbarschaftshilfe einfach wegblendet, nach dem Motto: Da könnten sich eigene Wähler vielleicht irritiert zeigen! – Solche heiklen Fragen muß man vielmehr mit Offenheit und Augenmaß diskutieren.

Bei der Nachbarschaftshilfe wird es sehr stark darauf ankommen, ein richtiges Augenmaß zu finden, es muß auf jeden Fall wesentlich restriktiver vorgegangen werden, als es jetzt der Fall ist. Ein Schlüssel zur Lösung des Problems, den wir Liberale schon längere Zeit vorgeschlagen haben, wäre, sich zu überlegen, da Nachbarschaftshilfe häufig beim Hausbau stattfindet, ob man sich nicht am Luxemburger Modell orientieren könnte. Man sollte sich überlegen, ob man Leuten, die sich Häuser bauen, bei Baumärkten einkaufen gehen und dort letztlich das Material für die nachmalige Schwarzarbeit besorgen, nicht den Vorsteuerabzug für das Baumaterial gewähren sollte, wenn sie sich Eigenheime bauen. Im Gegenzug dazu müßten sie sich dazu verpflichten, die Menschen, die sie auf der Baustelle beschäftigen, legal zu beschäftigen und dafür zu sorgen, daß die Menschen, die sie auf ihren Baustellen beschäftigen, einschließlich Steuern und der darauf liegenden Abgaben ordentlich bezahlt werden.

Sollte das als echtes Äquivalent für die Mehrkosten nicht ausreichen – denn ich bin mir relativ sicher, daß die Lohnnebenkosten, die abzuführen sind, wenn man ein Haus baut und die dort beschäftigten Leute legal bezahlt, höher sind als der Vorteil aus dem Vorsteuerabzug –, dann wäre es allemal noch besser, sich zu überlegen, ob man nicht mit den Mitteln der Wohnbauförderung im Bereich der Häuselbauer nicht anders umgehen könnte, um Anreize zu setzen, daß Schwarzarbeit vermieden wird. Denn bekanntlich werden heute noch Bauten kollaudiert und abgenommen, von denen jeder in der Umgebung weiß, daß 98 Prozent letztlich durch Schwarzarbeit zustande gekommen sind. Der Bürgermeister kollaudiert jedoch ganz fröhlich, und die Landesregierung zahlt dann auch noch eine Wohnbauförderung dafür aus. (Abg. Ellmauer: Schwarzarbeit kann man nicht kollaudieren!)

Das ist wirklich paradox. Herr Kollege! Sie werden vielleicht auch das Wort ergreifen. Sie müssen eben eine ordentliche Abgrenzung zur Nachbarschaftshilfe leisten! Ich bin nicht dagegen, wenn jemand seinem Nachbarn unentgeltlich hilft, daß dieser ihm dann im Gegenzug dafür auch hilft. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß die gesamten Bauleistungen, die in diesem Bereich erbracht werden, möglich wären, wenn es sich dabei ausschließlich um unentgeltliche Nachbarschaftshilfe handelte! Ich glaube, das ist eine naive, wirklichkeitsfremde Annahme. Das ist exzessives Überziehen einer guten alten Gewohnheit in der falschen Richtung.

Frau Bundesminister! Wenn es nicht gelingt, sämtliche Ursachen mit zu betrachten, bei welchem Schwarzarbeitsgesetz auch immer, wenn es nicht gelingt, den Finanzminister, den Wirtschaftsminister und jeden, der sonst noch betroffen sein sollte, einzubinden, wenn es nicht gelingt, an der Ursachenseite anzusetzen, dann wird Ihnen der Knüppel der Strafe allein nichts nützen! Wobei ich nicht mißverstanden werden will: Selbstverständlich braucht man auch klare und eindeutige strafrechtliche Abgrenzungen in diesem Feld. Das braucht man selbstverständlich! Aber als einziges Mittel, Frau Bundesminister, ist das einfach zuwenig! Da gibt es offenbar die Vorstellung, daß, wenn die Strafe nur hoch genug ist, auch das Problem verschwinden wird. Das wäre so ähnlich, als wenn jemand sagen würde: Wenn das Fiebermittel nur stark genug ist, dann wird auch die Krankheit verschwinden. – Das ist ein Irrtum! Strafe ist bestenfalls Symptomkur und niemals Ursachenbekämpfung. So groß kann die abschreckende Wirkung der Strafe und so hoch kann das Strafausmaß gar nicht sein, daß nicht trotzdem teilweise der Zwang besteht, das Gesetz zu umgehen, weil man sonst bestimmte Sachen überhaupt nicht machen kann. Hiebei handelt es sich quasi um eine gesetzlich aufgezwungene Notwehr, obwohl mir das Wort "Notwehr" in diesem Zusammenhang fast zu schade ist.

Diese Methode wird also nicht helfen. Sie werden zwar einzelne erwischen, aber Sie überschätzen die generalpräventive Wirkung dieser Regelung deutlich. Es sei denn, Sie überziehen das gesamte Land tatsächlich mit einem lückenlosen Netz von Informanten und Spitzeln. Aber das kann ja wohl nicht die Idee dahinter sein! Und mit dem Personal, das sie dafür aufzubieten haben – und das ist das Beruhigende daran –, können Sie ohnedies kein lückenloses Netz bilden, denn Sie wollen in erster Linie übriggebliebene Zollbeamte dafür einsetzen. Das ist auch etwas merkwürdig. Aber vielleicht ist das auch der Grund dafür, warum der Finanzminister in Deckung bleibt. Er ist vielleicht froh, daß er seine Personalstatistik entlastet, wenn ein paar aus seinem Ressort in dieses Feld hinüberwandern, und da ist er vielleicht in Anbetracht seiner eigenen Personalzahlen bereit zu schweigen, statt sich zu überlegen, ob nicht auch das Steuerrecht ganz generell dazu dienen könnte, das eine oder andere Gebiet aus dem Feld der Schwarzarbeit herauszuführen. Denn mit einer umfassenden Steuerreform, bei der bestimmte Einkommensgrößen maximal entlastet bis steuerfrei gestellt würden – mein Kollege Helmut Peter wird dazu auch noch das Wort ergreifen, und wenn Sie das Bedürfnis haben, wird er auch darauf eingehen –, würden ganze Felder der Schwarzarbeit allein schon dadurch legalisiert werden, daß es gar nicht mehr notwendig wäre, in diesem Bereich Schwarzarbeit zu betreiben.

Wenn Sie sich entschließen könnten, das Jahreseinkommen zur Grundlage der Versteuerung zu machen, dann würde das, was über Schwarzarbeit jetzt am Fiskus vorbeigeführt wird, wahrscheinlich gar nicht am Fiskus vorbeigeführt werden müssen, weil das in der Gesamtjahressumme keinen nennenswerten Effekt mehr hätte. Und dann wäre auch die abschreckende Wirkung von Strafen wesentlich wirksamer. Wenn nämlich einerseits der Benefit sinkt, den man hat, wenn man sich illegal verhält, und andererseits auch die Strafdrohung angemessen ist, dann ist das die bessere Methode, jemanden auf den rechten Weg zurückzubringen, als ihn ausschließlich über die Strafe dorthin zu bringen, und das noch dazu, wie in Ihrem Gesetz, ausschließlich auf dem Rücken der Wirtschaft und der dort Beschäftigten.

Letzteres ist auch ganz wesentlich in diesem Zusammenhang. Denn die schwarz Arbeitenden stehen im Zweifelsfall außerhalb oder werden von Ihnen in einem extrem weitherzigen Begriff von Nachbarschaftshilfe geparkt. Und damit haben Sie das Problem nicht gelöst, sondern bestenfalls einen Anreiz gesetzt, daß der Erfindungsreichtum im Bereich Pfusch steigt.

Ich meine, Frau Bundesministerin, es wäre nicht sinnvoll, nur eine Anregung für mehr Kreativität bei der Umgehung von Gesetzen als einzige Lösung im Feld der Schwarzarbeit zu geben. Es wäre mehr als schade, wenn eine solche Wirkung entstünde, und wir hoffen, daß die heutige Debatte, die allerdings von weiten Bereichen dieses Hauses nur mit bescheidenem Interesse wahrgenommen wird, vielleicht doch ein Beitrag dazu ist, daß sich diesmal unsere Befürchtung, daß es wieder zu einem Regierungspfusch kommt – diesfalls bei der Schwarzarbeit –, nicht bewahrheitet. Das wäre unser Wunsch!

Sollte allerdings keine Konsequenz aus der öffentlichen Debatte gezogen werden, dann werden wir Sie bei jeder passenden Gelegenheit daran erinnern, daß wir rechtzeitig gesagt haben, daß das offen diskutiert werden muß und alle Ursachen berücksichtigt werden müssen, daß das Problem nicht eindimensional betrachtet und nicht nur über Strafen zu lösen versucht werden darf, sondern konstruktiv und unter Einbindung aller mitverantwortlichen Regierungsmitglieder.

Diese Problematik darf nicht nur auf dem Rücken der Unternehmen mit Hilfe des Sozialministeriums ausgetragen werden. Sie bauen immer künstlich eine Feindschaft zwischen Sozialministerium und Unternehmen auf, statt sich Partnerschaften zu suchen. Wenn Sie dabei allerdings auf die Sozialpartner setzen, dann fürchte ich, daß diese Sie im Stich lassen werden. Denn diese werden an ihren Partikularinteressen hängenbleiben und sich nicht darauf konzentrieren, eine Gesamtschau zu erreichen. Denn sonst würde es die Pfuscherdebatte in der Form, wie sie jetzt läuft, gar nicht geben, sondern es wäre längst ein anderer Weg beschritten worden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich Frau Bundesministerin Hostasch gemeldet. – Bitte, Frau Minister.

15.18

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich bitte, mir wirklich zu glauben, wenn ich jetzt sage, daß ich mich bei den Anfragestellern des Liberalen Forums für diese Dringliche bedanke. Denn dies gibt mir einerseits die Möglichkeit, einiges aufzuklären, was vielleicht in der bisherigen öffentlichen Diskussion nur zum Teil richtig transportiert wurde. Andererseits habe ich die Möglichkeit, der Debatte Ihre Argumente gerade in einer Phase zu entnehmen, in der mein Ressort bemüht ist, nach langen Vorarbeiten eine Regierungsvorlage für dieses neue Schwarzarbeitsgesetz vorzubereiten.

Weiters bin ich froh darüber, daß wir diese Debatte heute führen können, weil ich mir sicher bin, daß durch das Hohe Haus jene Unterstützung gegeben wird, die man in einem Rechtsstaat benötigt, wenn es darum geht, legale, korrekte Arbeitsbeziehungen und Arbeitsverhältnisse zu unterstützen und Illegales zu bekämpfen. Daher bin ich überzeugt, daß das politische Ziel der Bekämpfung der Schwarzarbeit ein gemeinsames Ziel der Bundesregierung und auch des Hohen Hauses ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich denke, daß Sie unseren Überlegungen zustimmen, daß illegale Beschäftigung und organisierte Schwarzarbeit eine Schmälerung der Finanzierungsbasis für die staatlichen Aufgaben mit sich bringen, namentlich geringere Sozialversicherungsbeiträge und geringere Steuereinnahmen. Es entstehen – wie Herr Abgeordneter Kier schon gesagt hat – Wettbewerbsnachteile für Unternehmen und Betriebe, die korrekt arbeiten und sich an die Gesetze halten. Es führt aber auch dazu, daß es fehlende ordnungsgemäße Entgelt- und Arbeitsbedingungen gibt. Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, daß wir alle verantwortlich dafür sind, daß es zu keiner Beeinträchtigung des Vertrauens der Bevölkerung in die Rechtsstaatlichkeit und auch in die Verwaltung kommt. Daher meine ich, daß es wirklich notwendig ist, gemeinsam einen neuen gesetzlichen Ansatz zur Bekämpfung dieser Tendenz zu finden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Die Anfragesteller vermuten, daß die sozial- und wirtschaftspolitischen Konzepte an die Grenzen der Finanzier- und auch Leistbarkeit stoßen. Da sie aber nur die erfreuliche Zunahme an Wohlstand und Einkommen in Österreich erwähnen, nicht aber Daten oder Hinweise anführen, die in die Gegenrichtung zeigen würden, gehe ich davon aus, daß es sich dabei – lassen Sie mich das unter Anführungszeichen sagen – um eine "leere Vermutung" handelt.

Sehr geschätzte Damen und Herren des Liberalen Forums! Sie schreiben in Ihrer Dringlichen Anfrage:

"Dabei steht außer Streit, daß eine gerechtere Lastenverteilung bei der Finanzierung der staatlichen Aufgaben ... nicht nur wirtschaftliche und beschäftigungspolitisch positive Effekte nach sich zieht, sondern in der Folge auch den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft nachhaltig sichert."

Ich möchte diese Ihre Aussage deutlich unterstreichen und Ihnen sagen: Ich freue mich wirklich, daß diese gemeinsame Sichtweise gegeben ist.

Sie schreiben aber dann in der weiteren Folge: "Experten sind sich einig, daß die hohen Steuern und Abgaben auf Arbeit und die zumindest teilweise daraus resultierende mangelnde Steuermoral die Hauptursachen für das Ausweichen von Produktions- und Dienstleistungen in den grauen Bereich sind."

Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, Steuern und Abgaben sind unbestritten eine Last für die Steuerpflichtigen. Diese Last kann höher oder auch niedriger sein, dementsprechend ist auch das Angebot der öffentlichen Leistungen – ob das nun die Sozialversicherung betrifft, die Leistungen für Schulen, für Spitäler oder die Infrastruktur im Verkehrswesen.

Entgegen der offensichtlichen Illusion – verzeihen Sie, wenn ich diesen Begriff verwende – der Anfragesteller glaube ich aber nicht, daß durch generelle Steuer- oder Abgabensenkungen die grundsätzliche Bereitschaft zur korrekten Zahlung von Steuern und Abgaben auch tatsächlich steigt. Entsprechende Versuche in den Vereinigten Staaten sind mißlungen, und bei den derzeitigen Größenordnungen an Schwarzarbeit würden die Senkungen erhebliche Einnahmenausfälle verursachen, während die zusätzlichen Anreize zur korrekten Steuerzahlung so gering wären, daß die von den Anfragestellern vermuteten Effekte wohl nicht einmal meßbar wären.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, wir können mit Recht sagen: Für Anschläge auf den Sozial- und Leistungsstaat steht diese Bundesregierung nicht zur Verfügung. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Kier! Sie schreiben in Ihrer Anfrage und haben dies auch vorhin in Ihrem Debattenbeitrag erwähnt: "Weiters stellt der vorliegende Entwurf für ein ,Schwarzarbeitsgesetz‘ erneut die Unfähigkeit der Regierung unter Beweis, interministeriell und vernetzt zu arbeiten: Ein ausgewogenes Maßnahmenpaket hätte jedenfalls die Zusammenarbeit von Sozial-, Wirtschafts- und Finanzministerium erfordert." – Erlauben Sie mir, Ihnen mitzuteilen, daß es bei der Erarbeitung dieser Gesetzesvorlage eine Zusammenarbeit weit über diesen Kreis hinaus gegeben hat und nach wie vor gibt.

Seit Anfang dieses Jahres arbeiten aufgrund eines Ministerratsauftrages vom vorigen November das Sozialministerium, das Wirtschaftsministerium, das Justizministerium, das Bundeskanzleramt, das Innenministerium, das Finanzministerium, die Sozialpartner und die Verbindungsstelle der Bundesländer gemeinsam an der Erarbeitung dieses Entwurfes. Ich glaube, eine repräsentativere Zusammenarbeit, eine interministeriellere, stärkere Zusammenarbeit als in diesem Fall können wir nur in wenigen anderen Beispielen nachweisen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Folgendes sage ich mit Bedauern: Obwohl ich mich bemühe, durch mein Ressort doch immer wieder eine sehr umfangreiche Informationsarbeit, auch gegenüber dem Hohen Haus und den Klubs, zu machen, scheint diese Information doch nicht ganz punktgenau auch bei den Damen und Herren Abgeordneten des Liberalen Forums gelandet zu sein. Ich bedauere das wirklich, weil ich weiß, daß in vielen anderen Fällen die Informationen doch tatsächlich dort landen, wo sie sollten. (Abg. Dr. Kier: Im Entwurf ist keine Spur davon!)

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kier! In einem Regierungsentwurf in Vorbereitung, wenn ein Gesetz in die Begutachtung geht, wird in den seltensten Fällen erwähnt, wer aller an der Vorbereitung mitgearbeitet hat. Aber es ist ja eine Diskussion, die seit sehr vielen Monaten, auch über die Öffentlichkeit geführt werden konnte und bei der nachvollziehbar ist, daß wir nicht im stillen Kämmerlein hinter geschlossenen Türen verhandeln. Wir hätten auch in unserem Haus die gesamte Kompetenz gar nicht, weil es wurde wirklich übergreifend die Kompetenz vieler anderer Stellen angesprochen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir aber, dieses Thema insofern ein bißchen zu mißbrauchen, als ich einige wenige Informationen über die Entwicklung der Kontrolltätigkeit der Arbeitsinspektion geben möchte, weil sie doch nicht so in aller Deutlichkeit bekannt ist.

Die Arbeitsinspektion hat 1995 die Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung vom Arbeitsmarktservice übernommen. Rund 40 Außendienstmitarbeiter kontrollieren seither jährlich 11 000 bis 14 000 Betriebe und Baustellen. Dabei wurden in mehr als 2 000 Fällen illegal beschäftigte Ausländer angetroffen. Allein durch die seitens der Arbeitsinspektorate eingeleiteten Strafverfahren gegen die Arbeitgeber der ausländischen Arbeitskräfte wurden weit über 60 Millionen Schilling an Strafgeldern verhängt. Insgesamt wurden vom Arbeitsmarktservice beziehungsweise von der Arbeitsinspektion wegen illegaler Ausländerbeschäftigung im Jahre 1997 50,5 Millionen Schilling an Strafgeldern eingenommen.

Durch das Inkrafttreten des Antimißbrauchsgesetzes ab Jänner 1996 wurden die Kontrolltätigkeiten zwar erleichtert und die Strafsätze erhöht, eine signifikante Eindämmung der illegalen Ausländerbeschäftigung konnte jedoch nicht erreicht werden. Wir haben die Personalkapazitäten in der Arbeitsinspektion etwas erhöht, trotzdem konnten nur stichprobenweise Überprüfungen vorgenommen werden. Besonders bei den Prüfungen an den Wochenenden stoßen wir mit den Ressourcen an die absoluten Grenzen; wir können diese Aufgabe nicht ausreichend, nicht befriedigend wahrnehmen. Ich glaube daher, daß allein diese Entwicklung erkennen läßt, daß es wichtig ist, diese Form der Kontrolle und auch die Führung eines ordentlichen Arbeitsmarktes auf einer breiteren Basis zu verbessern und zu einer neuen Gesamtrechtsgrundlage zu kommen.

Durch die Schaffung des Binnenmarktes und entsprechende organisatorische Maßnahmen stehen nun besonders geeignete Personalressourcen für das Vorhaben der Bundesregierung im Bereich der Zollverwaltung zur Verfügung, und zwar im Bereich des zivilen Zolls. Die Übernahme der Tätigkeit durch den Zoll bewirkt gleichzeitig, daß für die Erweiterung der Kontrollmaßnahmen auch die dafür erforderliche Personalkapazität verfügbar ist und Kontrollen in verstärktem Umfang – und das möchte ich betonen – auch an Wochenenden und in den Abendstunden durchgeführt werden können.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, auch darauf zu verweisen, daß dieser Gesetzentwurf aus meiner Sicht Vorschläge beinhaltet, die deutliche Verwaltungsvereinfachungen darstellen; ich weiß, daß es auch Ihr Anliegen ist, Verwaltungsvereinfachungen zu erreichen, wo es nur geht. Es ist zum Beispiel vorgesehen, daß die Hauptzollämter Strafverfahren erster Instanz übernehmen und daß es Organmandate auch für geringe Vergehen gibt, damit der Prozeß von Verfahren nicht erforderlich ist, wenn kleinere Verfehlungen vorliegen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, die Gelegenheit auch dazu zu nutzen, auf das von Herrn Abgeordnetem Kier erwähnte Luxemburger Modell zu sprechen zu kommen, das ich mir selbstverständlich angeschaut habe. Im Wissen der Problematik der gesamten Situation wäre das ein Modell, das wir auch in Österreich anwenden und umsetzen könnten. Dazu muß man aber wissen, daß es in Luxemburg keine Wohnbauförderung gibt, also nicht im geringsten eine Wohnbauförderung unserer Dimension und unserer Art. Ich darf Sie daran erinnern, daß der Bevölkerung in Österreich etwa 29 Milliarden Schilling an Wohnbauförderung zur Verfügung gestellt werden.

In Luxemburg hat man sich entschieden, Mehrwertsteuer-Teilvergütungen vorzunehmen, wenn Rechnungen vorgelegt werden – aber auch nicht generell für alles, sondern das gilt für Private, was sicher sehr logisch und verständlich ist, das gilt für das Material und für 25 taxativ angeführte Dienstleistungen. Es gibt dazu einen 10-Jahres-Beobachtungszeitraum, also innerhalb dieser zehn Jahre darf es zu keiner Veränderung der Eigentumsverhältnisse kommen, und es gibt auch eine eindeutige Deckelung des Volumens, wieviel an Rückvergütungen möglich ist. Es sind dies 20 Prozent von maximal 510 000 S, also 60 000 S.

Wenn man diese Maßnahmen dem entgegensetzt, was wir in Österreich für Privatpersonen, für Familien an Wohnbauförderung beitragen, dann sieht man, daß das unverhältnismäßig mehr ist. Wir haben das Finanzministerium gebeten, auszurechnen, was es bedeuten würde, ein derartiges Luxemburger Modell zu haben. Es wäre dies ein Nettosteuerausfall von 6 Milliarden Schilling, also für die Betroffenen ein Gewinn von 6 Milliarden Schilling. Demgegenüber stehen jedoch 29 Milliarden Schilling Wohnbauförderung. Also ich denke, damit haben wir eine wesentlich gerechtere, umfassendere, aber auch bessere Form der Förderung nicht nur der Betroffenen, sondern auch der Betriebe, der Unternehmen, der Branchen, die davon betroffen und angesprochen sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Erlauben Sie mir, sehr geschätzte Damen und Herren, auf die Anfragen kurz zu antworten. Ich glaube, ich brauche sie nicht zu wiederholen, weil Ihnen die Dringliche Anfrage ohnehin vorliegt.

Zur Frage 1:

Eine eigenständige Studie meines Ressorts über das Ausmaß der Schattenwirtschaft wurde nicht erstellt. Die Schätzungen über das Ausmaß der Schattenwirtschaft in Österreich bewegen sich in Abhängigkeit von der verwendeten Berechnungsmethode im Jahr 1997 zwischen 94 Milliarden Schilling – wie das ÖSTAT berechnet hat – und 233 Milliarden Schilling, wie Herr Professor Schneider von der Uni Linz berechnet hat. Das Bundesministerium für Finanzen geht auf Basis der ÖSTAT-Berechnungen von 4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Das ist auch jener Richtwert, den wir aus Sicht des Ressorts vor Augen haben.

Sie fragen in der Frage 2 nach der Berechnungsmethodik. Die Berechnung des ÖSTAT basiert grundsätzlich auf einem von Derek Blades im Jahr 1982 entwickelten Ansatz, wobei zwischen den schattenwirtschaftlichen Aktivitäten der Unternehmen – diese werden als "off record activities" beziehungsweise "under reporting" bezeichnet – und denen von Privatpersonen – da wird der Begriff "moonlightning" verwendet – unterschieden wird.

Die Uni Linz verwendet den sogenannten Bargeldansatz, der auch von Ihnen erwähnt wurde, und dieser basiert auf der Idee, daß die in der Schattenwirtschaft erbrachten Leistungen bar entlohnt werden und daß es mit Hilfe einer Bargeldnachfragefunktion gelingt, diese barentlohnten Leistungen zu schätzen. Die an die EUROSTAT zu meldenden Daten zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung erfassen bereits die "Ohne-Rechnung-Geschäfte", die vom ÖSTAT mit 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausgewiesen werden. Die Arbeiten des ÖSTAT zur Erfassung der Schwarzarbeit erfolgen auf Basis der Richtlinien zur Erfassung des Bruttosozialproduktes zu Marktpreisen. Zusätzlich wird die Relation der "Ohne-Rechnung-Geschäfte" zum Pfusch seitens des ÖSTAT mit rund 1,2 Prozent geschätzt.

Zur Frage 3: Nein.

Zur Frage 4:

Zunächst muß festgestellt werden, daß die Methoden zur Berechnung der Schwarzarbeit und die daraus resultierenden Ergebnisse in Fachkreisen nicht unumstritten sind. Obwohl die Schätzungen über den Umfang der Schattenwirtschaft in Abhängigkeit von der verwendeten Methode voneinander abweichen, lassen sich dennoch gewisse Gruppierungen erkennen. Dabei zeichnet sich zum einen eine Gruppe von Ländern ab, in denen der geschätzte Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt um die 5 Prozent ausmacht. Zu dieser Gruppe gehören die skandinavischen Länder, Irland, Österreich und die Niederlande. Zum anderen gibt es eine Gruppe, zu der Italien und Griechenland gehören, in der der entsprechende Schätzwert bei über 20 Prozent liegt. Zwischen diesen beiden Extremen – 5 und 20 Prozent – sind die anderen Länder angesiedelt, wie das Vereinigte Königreich, Deutschland und Frankreich; etwa in der Mitte sind Belgien und Spanien anzusiedeln.

Ich möchte aber in diesem Zusammenhang eines ganz klar aus meiner Sicht festhalten: Keinesfalls ist das Niveau der sozialen Absicherung und der Steuerleistung die Antriebskraft für die Schwarzarbeit. Sehr geschätzte Damen und Herren! Wie Studien im internationalen Vergleich zeigen, ist in Staaten mit einem geringen Ausmaß an sozialer Sicherheit, wie in den Vereinigten Staaten beispielsweise, ein ähnlich hohes Ausmaß an Schattenwirtschaft zu verzeichnen. Ich glaube, dieses Faktum sollte man immer wieder betonen und sich vor Augen halten.

Zur Frage 5:

Sehr geschätzte Damen und Herren! Der von mir ausgesandte Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung illegaler Erwerbstätigkeit und der Novellierung weiterer Gesetze enthält eine Fülle von Maßnahmen, die auf den Erfahrungen mit der Bekämpfung illegaler Beschäftigung beruhen. Durch diese Maßnahmen soll eine effiziente Kontrolle, nicht zuletzt durch eine weitgehende Konzentration der Kontrolle bei einer Behörde, erreicht werden. Es sind nur in einigen wenigen Fällen neue Straftatbestände vorgesehen, wie zum Beispiel bei schweren Fällen der organisierten illegalen Beschäftigung.

Mit dem Entwurf ist keinesfalls beabsichtigt, eine Kriminalisierung der von Schwarzarbeit Betroffenen vorzunehmen. Vielmehr sollen jene, die die Gesetze einhalten, darauf vertrauen dürfen, daß der Staat die Beachtung der Gesetze garantiert und die schwarzen Schafe zur Rechenschaft gezogen werden.

Zur Frage 6:

Ich verstehe unter Nachbarschaftshilfe eine Tätigkeit, die einem Bekannten, Verwandten, Freund oder Nachbarn zugute kommt und meistens ohne Entgelt und auf Gegenseitigkeit geleistet wird. (Abg. Gaugg: Frau Minister! Nicht!) Die Grenze wird dann überschritten, wenn die Person, die ihre Dienste im Rahmen der Nachbarschaftshilfe anbietet, aus dieser Tätigkeit ein regelmäßiges oder doch umfangreicheres Einkommen erzielt und damit dem regulären Markt, der Steuern und Sozialversicherungsabgaben leistet, Marktanteile entzieht und dabei mangels Ablieferung öffentlicher Abgaben ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber den offiziell anbietenden Unternehmen für sich in Anspruch nimmt. (Abg. Gaugg: Warum kriminalisieren Sie die Häuselbauer in Österreich?)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Diese Form der Interpretation ist jene, die auch in Begutachtung ist, und ich erwarte mir auch in der Begutachtung die Positionierung der einzelnen Stellen dazu.

Zur Frage 7:

Aus der Überprüfung von Produktions- und Dienstleistungen, die auf Ohne-Rechnung-Geschäften beruhen, sind keine nennenswerten Auswirkungen auf die Beschäftigung zu erwarten. Ob sich die Zurückdrängung der Schwarzarbeit merkbar auf die Beschäftigung auswirken oder zu vermehrten Überstunden von bereits Beschäftigten führen wird, ist konkret relativ schwer abzuschätzen. Es zeigt sich aber in der Praxis doch immer wieder, daß das Zurückdrängen der Schwarzarbeit positive Beschäftigungseffekte erzielt. Eine diesbezügliche wissenschaftliche Abschätzung wurde von meinem Ressort bisher nicht vorgenommen. Es sind mir auch andere wissenschaftliche Untersuchungen in diesem Zusammenhang nicht bekannt.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Eines steht jedoch unzweifelhaft fest: Durch die Ausweitung der legalen Beschäftigung stehen mehr Mittel für Beschäftigungspolitik und für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung.

Zur Frage 8:

Es ist die primäre Aufgabe des Staates, für die Einhaltung der Gesetze Sorge zu tragen. Der Schutz von Leben und Gesundheit muß vor kommerziellen Interessen stehen. Ich gehe davon aus, daß die Erlassung eines entsprechenden Gesetzes ausreicht, um die Einhaltung dieser essentiellen Regelungen zu bewirken. Aufgrund der Komplexität der Thematik erwarte ich von der Begutachtung weitere Vorschläge, die die vorgeschlagenen Maßnahmen und deren Effekte noch maßgeblich beeinflussen können.

Zur Frage 9:

Gerade im Dienstleistungssektor sind künftig große Beschäftigungspotentiale zu erwarten. Aber auch dort müssen arbeits- und sozialrechtliche Standards gelten. Das möchte ich mit aller Deutlichkeit festhalten.

Ein wesentliches Element der anstehenden Steuerreform ist die Entlastung des Faktors Arbeit, sodaß die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft weiter gestärkt wird. Gerade die Bestrafung von Schwarzarbeit gleicht den daraus resultierenden wettbewerbsverzerrenden Effekt der Schwarzarbeit aus. Deshalb halte ich die Verschärfung der Strafbestimmungen für ein wichtiges Element zur Herstellung gerechter Verhältnisse.

Zu den Fragen 10 bis 12:

Die Erarbeitung des zur Begutachtung ausgesandten Gesetzentwurfes erfolgte aufgrund eines Auftrages des Ministerrates vom 4. November 1997 im Rahmen einer Arbeitsgruppe, in der sämtliche beteiligten Ressorts – ich habe es schon erwähnt: das Finanzministerium, das Wirtschaftsministerium, das Innenministerium, das Justizministerium, das Bundeskanzleramt und mein Ressort – sowie die Sozialpartner und die Verbindungsstelle der Bundesländer vertreten waren. In zahlreichen Sitzungen wurden ein Maßnahmenpaket und ein Vorschlag für die weitere Vorgangsweise erarbeitet. Das wurde dann gemeinsam vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und von mir als Bericht dem Ministerrat vorgelegt und im Frühjahr auch vom Ministerrat genehmigt.

Zugleich wurde mein Ressort mit der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes beauftragt. Auch an der Erstellung des Entwurfes waren die vorgenannten Institutionen und Organisationen beteiligt. In einer sehr engagierten und insbesondere in einer mit dem Bundesministerium für Finanzen sehr kompetenten Zusammenarbeit wurde dieser Entwurf bis in das letzte Detail abgestimmt und auch in dieser Form zur Begutachtung ausgesendet.

Zur Frage 13:

Dieser Gesetzesvorschlag konzentriert sich auf das Spektrum der illegalen Beschäftigung. Es soll jedoch im Rahmen der Steuerreform auch die Entlastung des Faktors Arbeit umgesetzt werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich halte die Forderung nach der Absetzbarkeit von privaten Dienstleistungen für nicht zielführend. Diese steuerlichen Förderungen wären einkommensabhängig und sind daher verteilungspolitisch nicht zu rechtfertigen. Ein Lohnsteuerpflichtiger mit einem monatlichen Einkommen von unter 11 500 S würde von Ihren Vorschlägen überhaupt nicht profitieren, und auch Einkommensgruppen, die dann in weiterer Folge zu den niedrigeren gehören, könnten in keiner Weise Vorteile erzielen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Frage 14:

Zur Ihrer letzten Frage, sehr geschätzte Damen und Herren: Da geht es aus meiner Sicht nicht um ein Entweder-Oder, sondern um ein Sowohl-als-Auch. Eine Attraktivierung des legalen Arbeitsmarktes steht nicht im Widerspruch zu den Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung. Ein umfangreiches Maßnahmenpaket, das Elemente sowohl in der einen als auch in der anderen Zielrichtung aufweist, soll vielmehr sicherstellen, daß Erwerbstätigkeiten zu vorschriftsmäßigen Bedingungen ausgeübt werden.

Erlauben Sie mir, sehr geschätzte Damen und Herren, zum Schluß noch ganz kurz aus der Praxis vier Beispiele zu nennen, anhand derer ich wirklich nachweisen möchte, daß Handlungsbedarf gegeben ist.

Vor kurzer Zeit wurde auf einer Baustelle in Wien eine Kontrolle durchgeführt, bei der festgestellt wurde, daß von den anwesenden 30 Beschäftigten 25 nicht angemeldete ausländische Arbeitnehmer ohne Beschäftigungsbewilligung waren. Diese Arbeiter befanden sich zum Großteil ohne Aufenthaltsgenehmigung in Österreich. Sie lebten unter katastrophalen hygienischen Verhältnissen zum Teil auf der Baustelle, zum Teil in Kellerverschlägen und bekamen 200 S am Tag für ihre Arbeit. Selbstverständlich wurde keine einzige der Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingehalten. Ich meine, dem ist Einhalt zu gebieten.

Oder: Vor kurzem habe ich einen Brief von einem iranischen Staatsbürger bekommen, der jahrelang in seiner Heimat im Gefängnis gesessen ist und dann in Österreich Asyl erhalten hat. Mitte September wurde er von einem Geschäftsmann für eine Wohnungsverbesserung als Bauarbeiter verpflichtet, es wurde ihm eine ordnungsgemäße Anmeldung versprochen. Nach vierwöchiger Arbeit wurde er beschuldigt, Fliesen beschädigt zu haben. Der versprochene Lohn wurde einbehalten, und es stellte sich heraus, daß keine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt war. Ich glaube, auch dieser Fall spricht für sich.

Es gibt – das wurde mir ebenfalls berichtet – einige Autobusunternehmen, die für Tagesfahrten prinzipiell nicht angemeldete Fahrer einsetzen, um mit den Preisen seriöse Busunternehmen unterbieten zu können. Diese Fahrer sind oft schon durch andere Arbeitsverhältnisse oder Pensionen abgesichert und legen daher von sich aus gar nicht besonders viel Wert darauf, angemeldet zu werden. Durch solche Praktiken werden seriöse Unternehmen geschädigt, die Sicherheit der Fahrgäste wird gefährdet, weil diese nicht angemeldeten Fahrer ja weder Arbeitszeiten noch Sicherheitsvorschriften einhalten; aber es werden nicht zuletzt auch Arbeitsplätze gefährdet.

Zum Schluß, sehr geschätzte Damen und Herren, noch ein Beispiel aus der Praxis: Ein sogenannter Geschäftsmann fährt von Baustelle zu Baustelle und bietet den Bauleitern beziehungsweise Polieren Schwarzarbeiter an. Wenn das Angebot akzeptiert wird, zahlt der Polier eine Summe an den sogenannten Vermittler, und wenn eine Kontrolle erfolgt, wird angegeben, daß der illegal Beschäftigte – meistens handelt es sich um Ausländer – bei einer Subfirma beschäftigt ist, für die der Generalunternehmer keine Verantwortung trägt. Und der Beschäftigte selbst weiß nur, daß er von irgend jemandem einmal in der Woche Geld bekommt. Dieser Geldbetrag entspricht sicherlich nicht dem, was ihm vom Kollektivvertrag her zustehen würde.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich habe nur aus der Fülle jener Fälle, die unserem Ressort in diesem Zusammenhang auffallen und die uns bekannt werden, kurz berichtet. Ich glaube, das unterstreicht meine Bitte an Sie, mir bei der Umsetzung dieses Gesetzes zur Seite zu stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke der Frau Bundesministerin für ihre Beantwortung.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Die Redezeit ist jeweils mit 10 Minuten begrenzt, die Fraktionsredezeit mit 25 Minuten.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Helmut Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Ofner: Wie oft redest du? Da kannst du ja gleich draußen bleiben!)

15.45

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Irgend etwas muß in unserer Gesellschaft passiert sein. Vor ungefähr 25 Jahren war der Anteil der Schwarzarbeit in unserer Gesellschaft ganz, ganz gering. Im Jahre 1995 belief er sich schon auf an die 8 Prozent, und für das Jahr 1998 geht man davon aus, daß er bei 9 Prozent liegt, wenn man die Bargeldmethode nimmt, die ich für die einzig seriöse halte, denn nur mit ihr kann man wirklich feststellen, was an Wirtschaftsleistung an den Gesetzen vorbei in diesem Land erbracht wird.

Frau Bundesminister, was ist da passiert? – Seit dem Jahre 1970 sind die Sozialdemokraten in der Regierung. Hat ihre Unterrichtspolitik versagt, hat ihre Erziehungspolitik versagt, haben sie die öffentliche Moral versaut? Was kann schuld daran sein? (Zwischenruf des Abg. Schwemlein.) Eines haben Sie uns ja gesagt, Frau Bundesminister: Die Arbeitskosten können es nicht sein. Das haben Sie uns klar dargelegt. Die Höhe der Steuer- und Sozialquote, der Lohnnebenkosten kann es nicht sein. Dann muß es doch ein anderer Effekt Ihrer Politik sein. Oder sind die Österreicher aufgrund des Alters der Zweiten Republik einfach immer unehrlicher geworden? Ist es ein Trend, wenn eine Republik älter wird, daß dann die Menschen unehrlicher werden?

Ihre Antworten auf die, wie ich meine, sehr seriös vorgetragene Dringliche Anfrage des Herrn Kollegen Kier waren eigentlich ein bißchen kurz gegriffen – um es nicht anders ausdrücken zu müssen. Sie erklären uns doch tatsächlich, daß das alles miteinander nichts zu tun habe. Ich werde Ihnen jetzt die Zahlen vorlesen. Sie werden sie mir ohnehin nicht glauben, es ist sowieso sinnlos. Ich werde es aber trotzdem tun. (Heiterkeit der Abg. Dr. Gredler.)

Im Mai 1996 haben 55 Prozent der Österreicher bei einer Umfrage – Quelle: Schneider 1998, Umfrageergebnis des Market-Instituts – gesagt, daß das Erledigen von Arbeiten im Pfusch eigentlich ein Kavaliersdelikt ist. Im Juni 1998, zwei Jahre später, haben das bereits 64 Prozent gesagt.

Da kann Ihre Bundesregierung nichts dafür, das ist "einfach so" entstanden, das ist furchtbar! Die Menschen in Österreich erweisen sich als dieser Regierung nicht würdig. Das ist ja ein Wahnsinn! Bei der Beurteilung des Schnellfahrens auf der Autobahn sind die Zahlen erstaunlicherweise gleich geblieben. Da hat die Bundesregierung offensichtlich richtig gehandelt. Selbst schwarz zu arbeiten und zu pfuschen – dazu haben im Mai 1996 36 Prozent, im Juni 1998 41 Prozent der Befragten gesagt, das sei ein Kavaliersdelikt.

Frau Bundesminister! Ihre Nichteinsicht, vielleicht doch etwas falsch gemacht zu haben, stört mich. Haben Sie überhaupt eine Einsicht in dieser Richtung, oder haben Sie auf jeden Fall recht? – Ich befürchte, Sie meinen, Sie haben auf jeden Fall recht; und das ist das Furchtbare daran.

Wissen Sie, wobei Sie erfolgreich waren? – Daß auf einmal nur noch 17 Prozent – anstatt früher 18 Prozent – der Menschen sagen, einen Krankenstand vorzutäuschen und blauzumachen, sei ein Kavaliersdelikt. Oder noch ein weiteres Kompliment an die Bundesregierung: Nur noch 4 Prozent – früher 9 Prozent – der Menschen sagen, betrunken Auto zu fahren sei ein Kavaliersdelikt. – Hier haben Sie offensichtlich Erfolg mit Ihrer Politik erzielt. Aber betreffend Schwarzarbeit haben Sie keine Erfolge erzielt; ganz im Gegenteil: Sie haben die Schwarzarbeit mit der Summe an Gesetzen und Normen, die Sie erlassen, verursacht. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dietachmayr: Das ist polemisch!)

Das ist nicht polemisch, ich werde es Ihnen nachweisen. Auch wenn es weh tut, werde ich es Ihnen weiter nachweisen, Herr Dietachmayr! Auch wenn Sie ganz verbissen da oben sitzen, werden Sie sich das jetzt anhören! Es geht dabei um eine ganz einfache Sache: Die Menschen können rechnen. Sie können sich ausrechnen, daß das legale Reparieren eines Autos bei einem Automechaniker pro Stunde 750 S kostet. Um 750 S brutto für eine Stunde bezahlen zu können, muß man einen ganzen Tag lang arbeiten. Vielleicht leuchtet es auch dem Herrn Dietachmayr, der Großverdiener ist und sein Auto noch zum Service bringen kann, ein, daß sich ein Angestellter mit durchschnittlich 25 000 S brutto, also ein bißchen mehr als einem Tausender am Tag, nicht einen Tageslohn leisten kann, um eine Stunde Autoreparatur bezahlen zu können.

Aber die Frau Bundesminister sagt uns: Meine Damen und Herren, eines müssen Sie schon verstehen: Mit den Lohnnebenkosten und der Steuer- und Abgabenquote hat das Ganze nichts zu tun. – Bei allem Respekt, Frau Bundesminister: So einen Schmarren habe ich schon lange nicht mehr gehört. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Schwemlein: Das war höchstens ein Kompott, was du gesagt hast! – Zwischenruf des Abg. Riepl.)

Ja, Herr Kollege, das ist alles nicht wahr. Dann sind die Österreicher unter Ihrer dreißigjährigen Regierung zu lauter Betrügern geworden. (Zwischenruf des Abg. Koppler.) Dann haben Sie aber in der Unterrichtspolitik etwas falsch gemacht, dann haben Sie sonst etwas falsch gemacht. Warum werden nach dreißig Jahren sozialdemokratischer Regierung die Österreicher auf einmal zu Schwarzarbeitern? Beantworten Sie die Frage! Stellen Sie sich der Diskussion, und sagen Sie nicht einfach sibyllinisch: Mit den Arbeitskosten hat das nichts zu tun. Das darf nicht sein. – So billig können Sie es sich wirklich nicht machen! (Abg. Schwemlein: Du wirst uns sicher sagen, wie es geht!)

Sie werden einen Grund finden müssen. Ich kann Ihnen schon sagen, wo der Grund liegt. Die Menschen können sich offizielle Arbeit nicht mehr leisten. (Abg. Koppler: Mach einen Vorschlag!) – Der Vorschlag kommt gleich, Herr Koppler. Ich freue mich, daß Sie so gierig darauf sind. (Abg. Schwemlein: Wieviel Redezeit hast du noch?) – Fünf Minuten habe ich noch.

Sie haben eine große Aktion gegen Wirte, die Schwarzgeld machen, gestartet. Da haben Sie aus drei Gründen recht:

Erstens: Ein Staat, der die Gesetze, die er erläßt, nicht durchsetzt, gibt sich selbstverständlich auf.

Zweitens: Es muß aus Wettbewerbsgründen das Interesse all derjeniger, die legal ihre Steuern bezahlen, sein, daß andere auch ihre Steuern bezahlen.

Und drittens: Es ist selbstverständlich unsolidarisch der Gemeinschaft gegenüber, wenn die anderen ihre Sozialversicherungsbeiträge zahlen, man selbst aber nicht zahlt, jedoch Leistungen in Anspruch nimmt. – Das ist ein Faktum. Das steht unbestritten hier im Raum. (Abg. Schwemlein: Vorschlag!) Wir sind alle auf die Verfassung vereidigt.

Nehmen Sie aber bitte zur Kenntnis, daß von 40 000 Gastronomiebetrieben unter der Summe von Gesetzen und Vorschriften, die dieses Hohe Haus überwiegend mit den Stimmen der Sozialdemokraten und der Volkspartei beschlossen hat, ein Viertel, nämlich 10 000, nicht lebensfähig wäre, wenn sie kein Schwarzgeld machen würden! Sie können nicht überleben! Das kann ich Ihnen anhand von Betriebsvergleichen, das kann ich Ihnen jederzeit anhand von Kostenrechnungen nachweisen. Das heißt, die einzige Chance, die es für diese Betriebe gibt, ist es, Schwarzgeld zu machen (Zwischenruf des Abg. Koppler), weil Sie eine Verteuerung der gewerblichen Tätigkeit sukzessive, Stück für Stück, hier im Nationalrat beschlossen haben, die mittlerweile einen so hohen Kostenlevel erreicht hat, daß der Konsument – Sie selber! – nicht mehr bereit ist, die Preise dafür zu bezahlen.

Da oben sitzt der Herr Dietachmayr, der uns immer erklärt, wie teuer die Halbe Bier ist. Sie ist so teuer, weil Sie solche Gesetze gemacht haben, die die Halbe Bier so verteuert haben, und jetzt regen Sie sich über den Preis auf! Das ist ja ein Hammer, Herr Dietachmayr! (Abg. Dietachmayr: Schämen Sie sich!) Das ist ja ein Hammer! Ihre eigenen Gesetze haben das Bier so verteuert, und jetzt keppeln Sie über den teuren Bierpreis! Schämen Sie sich! Das ist der Punkt. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dietachmayr: Sie sollten sich schämen! Sie betreiben ...!)

Meine Damen und Herren! Der Punkt ist: Sie stehen jetzt wie ein Obelisk da und sehen, was Sie angerichtet haben. Sie haben Tätigkeiten in diesem Lande durch eine Summe von Gesetzen so verteuert – jedes dieser einzelnen Gesetze hat eine gute Begründung gehabt, gar keine Frage, und man muß diese Gesetze natürlich einhalten, sonst gibt man sich ja selbst auf –, daß die Leistungen so teuer geworden sind, daß sich die österreichische Bevölkerung ebendiese nicht mehr leisten kann.

Was passiert daher jetzt? – Herr Koppler, Sie wollten wissen, was jetzt passiert. Jetzt kommt die Do-it-yourself-Gesellschaft. Jede Baufirma hat heute bereits ihren eigenen Abholmarkt, wo selbstverständlich "do it yourself" gemacht wird. Ihre Unterscheidung zwischen Schwarzarbeit und Nicht-Schwarzarbeit, zwischen Nachbarschaftshilfe und Nicht-Nachbarschaftshilfe, Frau Bundesminister, wie Sie aufgrund unserer Anfrage geantwortet haben, entbehrt ja nicht einer gewissen Komik. Ja selbstverständlich wird bei der Nachbarschaftshilfe gezahlt! Na ganz klar ist es so, daß alle zusammenkommen! Selbstverständlich bekommt der eine 150 S, und selbstverständlich bekommen Sie die Mehrwertsteuer auf den Wareneinsatz eines Ziegels – nicht aber auf den Ziegel mit all den Lohnkosten, die Sie aufgeschlagen haben, und all den Nebenkosten, die noch darauf sind. Das heißt, die Gesellschaft kann sich die Dienstleistung, die offiziell angeboten wird, nicht mehr leisten. Das Beispiel des Haarschneidens vom Kollegen Kier – das werde ich nicht gebrauchen, wie Sie verstehen – war ja wohl trefflich. (Zwischenruf des Abg. Koppler.)

Wenn Sie heute das Schwarzarbeitsgesetz beschließen, müssen Sie sich folgendes fragen: Haben Sie wirklich die Stirn, zusätzlich zu Ihrer Überreglementierung dieser Gesellschaft, zu Ihrem zu teuren und daher zu dicken Staat – zu einem starken und schlanken haben wir uns immer bekannt –, jetzt auch noch die "Polizeimaschine" draufzusetzen? – Überlegen Sie doch einmal, was Sie falsch gemacht haben, Herr Dietachmayr! Gehen Sie doch nicht immer her und deuten Sie nicht mit dem dicken Finger auf die anderen, die Ihnen nicht passen! Denken Sie einmal nach, welche Gesetze Sie, Herr Dietachmayr, hier im Parlament vorangetrieben und beschlossen haben! Und denken Sie darüber nach, welche Kostenauswirkungen diese Gesetze hatten!

Ich habe hier vor kurzem einen Antrag über ein Gesetzesfolgenabschätzungsgesetz eingebracht; "vor kurzem" heißt vor 16 Monaten. Vor kurzem, das heißt vor neun Monaten, gab es zu diesem Gesetzesfolgenabschätzungsgesetz eine erste Lesung, und wirklich kürzlich erfolgte das "Parken" dieses Antrags in irgendeinem tiefen Unterausschuß des Wirtschaftsausschusses, um ihn nicht behandeln zu müssen.

Meine Damen und Herren! Sie müssen sich überlegen, was Ihre Gesetze diesem Lande kosten. Dann werden Sie verstehen, warum es immer mehr Schwarzarbeit gibt. Mit der Polizei dagegen loszugehen, das ist die eine Seite und dient zur Aufrechterhaltung des Rechtsstaates, aber Maßnahmen zu setzen, damit Schwarzarbeit nicht mehr geleistet werden muß, damit sie nicht mehr vorkommen muß, das wäre Ihre wirkliche Aufgabe. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Koppler: Das war aber kein Ansatz! – Abg. Schwemlein: Ich bin enttäuscht von dir! Ich bin enttäuscht!)

15.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Kaufmann das Wort. (Abg. Haigermoser: Die Uhr läuft schon! Wie beim Eishockey!) Das heißt nicht, daß ich die Bemerkung des Abgeordneten Peter, die Rede der Frau Ministerin sei ein "Schmarren", akzeptiere. So kann man vielleicht in Ihrem Klub reden, aber nicht im Plenum! Das hat mich wirklich geärgert.

Bitte, Herr Abgeordneter Kaufmann.

15.55

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Peter, Sie können hier noch so laut schreien und sich besonders künstlich empören. Diese Anfrage ist wirklich schwach formuliert. Ihre Argumentation stimmt in Wirklichkeit hinten und vorne nicht, und Sie machen überhaupt keinen einzigen Vorschlag zum Thema Schwarzarbeit selbst. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Kier – ein Exemplar der Dringlichen Anfrage in die Höhe haltend –: Lesen!)

Erster Punkt: Ihre Grundannahme, daß es dort, wo es mehr Regelungen gibt, auch mehr Schwarzarbeit gibt, ist ganz einfach falsch. Das zeigt ein ganz einfacher internationaler Vergleich: 15 Jahre Deregulierung in England unter Margaret Thatcher haben die Schwarzarbeit nicht minimiert, sondern erhöht und auf einen Stand gebracht, der etwa doppelt so hoch wie jener in Österreich ist. Länder wie Italien, Griechenland et cetera liegen bei der Schwarzarbeit vor Österreich. Ihre Argumentation ist also in dieser Weise überhaupt nicht schlüssig.

Zweiter Punkt: Ihre Dringliche Anfrage scheint mir überhaupt sonderbar zu sein. Dieses Schwarzarbeitsgesetz kommt ja ohnehin ins Hohe Haus, und Sie können dann im Ausschuß und im Plenum lange darüber diskutieren. Sie wehren sich immer wieder dagegen, daß im Vorfeld, zum Beispiel bei den Sozialpartnern, Regelungen diskutiert und getroffen werden. Aber jetzt versuchen Sie selbst, noch vor einem Regierungsbeschluß hier Einfluß zu nehmen. Also das paßt überhaupt nicht zusammen und widerspricht Ihrer eigenen Argumentation. (Abg. Dr. Kier: Das kriegen wir dann 5 Minuten vor Sitzungsbeginn!)

Herr Abgeordneter Kier! Sie haben selbst gesagt, Schwarzarbeit ist ein schlimmes Delikt. Sie führen auch mehrere Gründe an: Wettbewerbsverzerrung, Gefährdung des Rechtsstaates, eklatante Ausfälle an Sozialversicherungsgeldern et cetera. – Was Ihnen und Ihrer Partei überhaupt nicht einfällt, obwohl die Aufzählung stimmt, die Sie gemacht haben, ist, daß Sie zum Beispiel hinzufügen, Schwarzarbeit führt auch dazu, daß ein einzelner Arbeitnehmer in seinen individuellen Rechten besonders eingeschränkt wird. Das haben Sie überhaupt nicht gesagt. Das führt dazu, daß Arbeitsrechte nicht anerkannt werden, das führt dazu, daß jemand individuell um seine zukünftigen Sozialversicherungsansprüche gebracht wird. Auch das ist bei Ihnen überhaupt kein Thema. (Abg. Mag. Peter: Das bestreitet niemand!) – Das führen Sie aber nicht an, und das kommt auch in Ihrer Anfrage nicht vor.

Lohndumping ist Ihnen wohl überhaupt kein Begriff. Daß Schwarzarbeit auch zu Lohndumping führt, ist bei Ihnen ... (Abg. Haigermoser: ... Osterweiterung!) – Das werden wir noch oft genug diskutieren, Sie kennen meine Haltung dazu. – Daß Schwarzarbeit auch zu Lohndumping führt, ist bei Ihnen überhaupt kein Thema. Aber wenn es um Arbeitnehmer geht, fällt Ihnen nichts anderes dazu ein, als daß die Zahl der Krankenstände angeblich steigt. In Wirklichkeit sinkt derzeit die Zahl der Krankenstände, und zwar nicht deswegen, weil die Leute soviel gesünder sind, sondern deswegen, weil die Arbeitsbedingungen härter werden.

Wenn es aber um Nachbarschaftshilfe geht, sehen Sie die Dinge anders. Sie sympathisieren eher mit dem Unternehmer, und Ihnen tut eher der Unternehmer leid, der Ihrer Meinung nach dazu gezwungen ist, illegal Personen zu beschäftigen. Bei der Nachbarschaftshilfe hingegen regen Sie sich mehr auf, obwohl uns allen klar sein muß, daß ohne Nachbarschaftshilfe viele Häuser in Österreich nicht stehen würden und viele Wohnungen nicht renoviert würden. Der Student zum Beispiel, der jemandem Nachhilfe gibt, beim Studium hilft, ist wirklich nicht das Problem, um das es dabei geht.

Uns geht es vor allem darum, illegale Beschäftigung, die im Rahmen von Unternehmungen, von Gewerbebetrieben, durchgeführt wird, zu bekämpfen. Das ist eindeutig auch das Hauptproblem. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben natürlich wieder viel über Lohnnebenkosten geredet, erwähnten jedoch nicht, daß der Herr Finanzminister schon mehrmals gesagt hat, daß es Ziel der Regierung und auch Ziel der kommenden Steuerreform sei, die Lohnnebenkosten und damit die Arbeitskosten zu senken.

Sie reden zwar dauernd über Lohnnebenkosten, aber ich frage mich, wo Sie wirklich den großen Schnitt machen wollen.

Etwa 30 Prozent der sogenannten Lohnnebenkosten laut Rechnung der Unternehmer, die insgesamt auf über 100 Prozent kommen, sind Entlohnungen für Zeiten wie zum Beispiel Urlaub, Krankenstand, Feiertage, Arztbesuch und Behördenwege. Wollen Sie davon etwas wegnehmen? Wollen Sie solche Zeiten weiter bezahlen oder nicht? Darum wird in Zukunft die Diskussion gehen.

Ein anderer Punkt bei den Lohnnebenkosten ist zum Beispiel der 13. und 14. Bezug, die man üblicherweise dazuzählt, obwohl das nicht ganz logisch ist. Wollen Sie den 13. und 14. Bezug schmälern, wollen Sie dort etwas wegnehmen? (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.) Und dann besteht weniger als die Hälfte der gesamten Lohnnebenkosten aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmeraufwendungen für Sozialversicherungen. – Soweit zu den Lohnnebenkosten.

Sie führen in Ihrer Anfrage auch an, daß die Vorbereitung zum Schwarzarbeitsgesetz ein Beweis dafür sei, daß die Regierung unfähig ist, interministeriell und vernetzt zu arbeiten. (Abg. Mag. Peter: Das stimmt!) Ein ausgewogenes Maßnahmenpaket hätte jedenfalls die Zusammenarbeit von Sozial-, Wirtschafts- und Finanzministerium erfordert. So heißt es in Ihrer Anfrage.

In § 10 des Entwurfes zum Schwarzarbeitsgesetz wird unter der Überschrift "Zusammenarbeit" geregelt, daß sich die einzelnen Behörden regelmäßig informieren, bei der Verfolgung von Verstößen aufeinander abstimmen, Kontrollen koordinieren und gemeinsam durchführen. Und in § 9 steht, welche Behörden das sind: die Hauptzollämter, die Finanzämter, die Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, Bauarbeiter-Urlaubskasse und so weiter.

Sie haben also den Entwurf zu diesem Schwarzarbeitsgesetz offensichtlich überhaupt nicht gelesen, sonst würden Sie nicht so argumentieren. Sie behaupten etwa, daß der Entwurf polizeistaatliche Methoden wieder reaktiviere et cetera, und führen als Beispiel die Möglichkeit der Behörde zur Betriebseinstellung an.

Wenn Sie den Entwurf auch nur überflogen hätten, so würden Sie wissen, daß das unter strenger Beachtung der Verhältnismäßigkeit und nur dann, wenn nach wiederholten Vorkommnissen die üblichen Methoden nicht mehr wirken, zu erfolgen hat. Dann ist aber die Betriebseinstellung als wirklich letzter Schritt tatsächlich gerechtfertigt. Genau das ist im Gesetz festgelegt, aber das haben Sie offensichtlich nicht gelesen.

Die Gesetzesvorlage zum Schwarzarbeitsgesetz in der jetzt diskutierten Form ist meiner Meinung nach absolut notwendig. Schwarzarbeit muß bekämpft werden, und zwar wegen der Gründe, die Sie ohnehin in Ihrer Anfrage anführen (Abg. Dr. Kier: Nicht nur symptomatisch, auch kausal!), aber auch deswegen, weil individuelle Rechte von Arbeitnehmern nicht beschnitten werden sollen. (Abg. Dr. Kier: Nicht sagen, was nicht geht!)

Die wesentlichen Fortschritte in diesem Schwarzarbeitsgesetz sind – hören Sie zu, Herr Abgeordneter Kier, jetzt kommt das, was geht – erstens, daß die Kontrollrechte verstärkt werden und daß die Hauptzollämter in die Kontrolle miteingebunden werden. Derzeit stehen in ganz Österreich 35 Personen für die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung zur Verfügung, dann werden es 184 sein. (Abg. Dr. Kier: 42 Arbeitsplätze schaffen Sie damit!) Wenn das keine wichtige Maßnahme ist! Es ist jedenfalls mehr, als Sie bisher von sich gegeben haben. (Abg. Dr. Kier: Das ist das mit der Kausalität, das ist aber nur die eine Seite!)

Zweitens wird es strengere Sanktionen geben und drittens – das halte ich für besonders wichtig – die Bestimmung, daß sofort bei Arbeitsantritt die Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse erfolgen muß. Dies muß zwar nicht im gesamten Umfang, den eine Anmeldung erfordern würde, geschehen, da das, wie jeder weiß, natürlich ein Datenwust wäre, der nicht so schnell zu erledigen ist. (Abg. Dr. Kier: Den Datenwust haben Sie ja selber erzeugt!) Man kann aber über Handy, Fax et cetera zumindest den Namen des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber und den Beginn der Arbeit angeben. – Das ist ein sehr wichtiges Instrument, denn die häufigsten Einwände bei den Überprüfungen waren, daß dieser und jener Schwarzarbeiter, der angetroffen wurde, ohnehin angemeldet worden wäre, und 90 Prozent der Fälle aus diesem Titel waren überhaupt nicht verfolgbar. (Abg. Dr. Kier: Wie ist das kausal?) Daher ist die sofortige Anmeldung bei Arbeitsantritt – und das ist sehr kausal – ganz besonders bedeutend. (Abg. Dr. Kier: Nein, das ist nicht kausal!)

Ich komme zum Schluß. – Herr Abgeordneter Kier! In Ihrer Anfrage steht auch, daß im Entwurf keine Antwort gegeben wird auf die Frage, wie über die Bekämpfung der Schwarzarbeit erreicht werden kann, daß sich die Konsumenten Dienstleistungen wieder leisten können. Wir wollen das auch nicht durch die Ermöglichung von Schwarzarbeit leistbar machen (Abg. Dr. Kier: Wieso? Das ist eine Infamie!), sondern durch höhere Löhne, höhere Gehälter und höhere Pensionen. Das ist unser Weg! (Beifall bei der SPÖ.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.06

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Klubobfrau Dr. Schmidt hat sich heute mit der Art, wie die Regierungsparteien mit der Opposition umgehen, auseinandergesetzt, und zwar wegen der Tagesordnung: Es gab von ihrer Seite das Verlangen, die Tagesordnungspunkte 2 bis 5 später zu verhandeln et cetera.

Sehr verehrte Frau Dr. Schmidt! Ich halte zwar einige Ihrer Aussagen für gerechtfertigt, aber das, was Sie heute geboten haben, war – verzeihen Sie mir – reine Show. (Beifall bei der ÖVP.) Denn – ich habe mir das genau aufgeschrieben, weil es mir wahnsinnig weh tut, daß wir in diesem Hause immer öfter nur mehr Schaum schlagen – in der Früh, also in der besten Zeit, versuchen Sie, der Regierung alles mögliche an den Kopf zu werfen. Es geht Ihnen dabei aber nur um die Show, denn die Einwendungsdebatten dauerten von 9.00 Uhr bis 10.52 Uhr, während die eigentliche Debatte über jene vier Tagesordnungspunkte genau 36 Minuten gedauert hat. Die Einwendungsdebatten waren dreimal so lange. Hätten Sie diese Dringliche Anfrage über ein Thema, das meines Erachtens zwar diskutiert werden muß, aber absolut nicht so dringlich ist, wie Sie es darstellen, nicht eingebracht, dann wären wir schon längst bei der Debatte über den Bericht des Unterausschusses des Rechnungshofausschusses zur "Ennsnahen Trasse". Mit einem Wort: Alles nur Show!

Ich bedauere das, weil ich bisher der Meinung war, Sie seien persönlich eine äußerst seriöse Politikerin. Heute habe ich vor Augen geführt bekommen, daß das nicht der Fall ist. Ich würde mich freuen, wenn Sie wieder zur Seriosität zurückkehren würden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin mit der Dringlichen Anfrage, nicht mit dem Titel, aber was die Schwarzarbeit betrifft, in verschiedenen Punkten durchaus Ihrer Auffassung. Aber ich muß dazu sagen, daß sich die Bundesregierung gerade darum bemüht, zum Thema Schwarzarbeit eine Regierungsvorlage zu erstellen. Das ist absolut nicht einfach, und wir sind mit jenen Vorschlägen, die jetzt im Gesetzentwurf enthalten sind, zum Großteil nicht einverstanden. – Es hat mich sehr stutzig gemacht, Frau Bundesministerin, als Sie aufgezählt haben, wer aller einbezogen sei, nämlich hauptsächlich das Sozialministerium in Absprache mit dem Finanzministerium, natürlich seien die Sozialpartner gehört worden und so weiter. Aber für den Gesetzentwurf ist das Sozialministerium, also Sie, Frau Bundesministerin, verantwortlich. Wir werden aus den Stellungnahmen erkennen, wie die Regierungsvorlage aussieht.

Mit allem, was momentan im Gesetz steht, kann ich mich auch nicht einverstanden erklären. Wissen Sie, was mich besonders stutzig gemacht hat? In Ihrer Beantwortung der Frage 6 der Anfrage des Liberalen Forums, in der es um Ihre persönliche Definition von Nachbarschaftshilfe geht, sagten Sie – ich habe nicht alles so schnell mitschreiben können –, für Sie sei Nachbarschaftshilfe meistens ohne Entgelt, und erwähnen dann noch die Regelmäßigkeit. Ich werde mir Ihre Beantwortung der Frage 6 noch genau anschauen, denn dort liegt meiner Ansicht nach der Hund begraben.

Auf der anderen Seite lehnen wir – vollkommen zu Recht – Schwarzarbeit in Betrieben, also daß Menschen schwarz beschäftigt sind, ab, da das nicht dem gerechten Wettbewerb entspricht. Denn jene Unternehmer, die ihre Betriebe ordentlich und den Gesetzen entsprechend führen, werden dadurch geschädigt. Darum hat die Wirtschaftskammer auch eine eigene Abteilung, eine eigene Truppe, die den "Pfusch" bekämpft. Vielleicht könnte man die einzelnen Gruppen untereinander vernetzen, wie es auf neudeutsch so schön heißt, indem man die Einsatztruppen in diesem Bereich zusammenbringt.

Ich möchte aber auch noch etwas erwähnen, Frau Bundesministerin. Sie haben apodiktisch vom Luxemburger Modell und von der fehlenden Wohnbauförderung in Luxemburg et cetera gesprochen. Daß Luxemburg keine Wohnbauförderung hat, stimmt. Wir haben eine Wohnbauförderung, aber sich das Luxemburger Modell anzusehen und auf österreichisch abzuwandeln, wäre meiner Meinung nach eine Möglichkeit. Das verlangt auch die Wirtschaft seit langem. (Abg. Haigermoser: Sie brauchen es ja nur zu beschließen!)

Moment, meine Herren, hören Sie zu! Das Luxemburger Modell kommt vom Handwerk und Gewerbe. Es geht darum, wie es im Zusammenhang mit der Wohnbauförderung auszugestalten ist. Wie kann ich es umändern? Man soll ja über die verschiedensten Vorschläge diskutieren. (Abg. Haigermoser: Stellen Sie keine Fragen! Sie haben Antworten zu geben!) – Herr Abgeordneter Haigermoser! Diskutieren liegt Ihnen nicht, Sie wollen nur drüberfahren. (Beifall bei der ÖVP.)

Das verstehe ich. Aber wir müssen über die einzelnen Vorschläge diskutieren. Wie sieht man die Wohnbauförderung, wie sieht man das Luxemburger Modell? Es soll beiden Rechnung getragen werden, nämlich daß auf der einen Seite die Arbeitsverteilung gerecht ist und gerechte Steuern hereinkommen, aber auf der anderen Seite darf es nicht erleichtert werden, Steuern um den Staat herumzuschwindeln. Es bietet sich – darin gebe ich Ihnen recht – durch manche Gesetze da und dort geradezu an, den Staat zu umgehen.

Das sollten wir uns überlegen, aber deshalb ist diese Frage, Herr Abgeordneter Kier, noch nicht so dringlich. Es ist wichtig, daß wir darüber reden. Denn kein Land hat bisher einen Weg gefunden, gegen dieses Phänomen erfolgreich vorzugehen. Wir müssen also darüber reden, darin gebe ich Ihnen recht, wir können sicherlich auch im Ausschuß darüber reden. In "meinem" Wirtschaftsausschuß kann sich sicher niemand darüber beklagen, daß Anträgen zuwenig Zeit eingeräumt wird. Ich gebe dem Herrn Abgeordneten Peter darin recht, daß einige Anträge unerledigt sind, aber ich habe ihm versprochen, daß wir im Wirtschaftsausschuß eingehend über die Anträge des Liberalen Forums debattieren werden. Denn ich habe im Wirtschaftsausschuß noch nie eine Diskussion abgewürgt, sondern jeder konnte reden, so lange und so viel er wollte. Wir werden darüber sprechen.

Wir müssen auch danach trachten, zu erfahren, was in anderen Ländern dagegen unternommen wird. Ich weiß, daß es in Deutschland die Entsenderichtlinie gibt. Die Mitarbeiter von österreichischen Betrieben, die ja jenseits der Grenze arbeiten können, werden bereits ab der Grenze – es steht ja meist "Tischlerei" oder etwas anderes auf den Fahrzeugen – bis zu demjenigen, der den Auftrag gegeben hat, von einem Konvoi verfolgt. Dann wird gefragt, ob der Betrieb, der nun dort Arbeiten ausführt, gemäß der Entsenderichtlinie auch alle Vorgaben der Anmeldung der Arbeitnehmer getätigt hat. Wir können uns, wenn wir europaweit zusammenarbeiten, aufgrund der Erfahrungen anderer Länder verschiedene Ideen für das weitere Vorgehen in diesem Bereich holen.

Herr Abgeordneter Dr. Kier! Sie haben gesagt, der erste Schritt in die Illegalität führe praktisch dazu, daß weitere Schritte folgen. Ich muß Sie nun schon fragen: Vertreten Sie diese Meinung auch in der Drogendebatte? – Ich wäre an Ihrer Stelle vorsichtig mit dem Satz, daß der erste Schritt in die Illegalität in die weitere Illegalität führe. Seien Sie also bei Ihren Debattenbeiträgen vorsichtiger, damit man dann nicht sagt, daß man, wenn man einmal eine Droge nimmt, sofort in der Drogenwelt sei. Ich weiß, daß die Auffassung der Liberalen darüber ganz anders ist. Man muß halt ein Argument jeweils so anwenden, daß es überall gilt. – Aber Ihr Argument gilt nicht einmal in dieser Frage, und in der Drogenproblematik stimmt gerade das Gegenteil. Das wollte ich noch sagen. (Abg. Dr. Schmidt: Wenn die Themen unterschiedlich sind, dann sind auch die Argumente unterschiedlich!)

Ich hoffe, daß wir über dieses Thema noch eingehend diskutieren werden. Wir wollen gleiche Wettbewerbsbedingungen, nicht nur zwischen den Betrieben, sondern auch gegenüber den sogenannten Pfuschern, die sich bereits in den Tageszeitungen anbieten, von wo aus man sie sehr leicht verfolgen könnte. Möglichkeiten gäbe es, und ich hege große Hoffnungen, daß die Regierungsvorlage im Sinne unserer Wünsche zustande kommen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. – Bitte.

16.15

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kollege Kaufmann hat meines Erachtens richtigerweise darauf hingewiesen, daß das Problem der Schwarzarbeit, des "grauen" Marktes, damit zusammenhängt, daß sich viele Menschen die angebotenen Leistungen am Markt einfach nicht mehr leisten können. Es stellt sich die Frage, ob man noch Jahre so weitermachen soll: Die Schwarzarbeit nimmt zu, und man versucht, sie mit Methoden polizeistaatlicher Überwachung und stärkeren Kontrollen und so weiter in den Griff zu bekommen.

Man hat das bisher immer so gemacht. Es gibt bereits eine Fülle von Kontrollen, der Staat ist gegenüber der Wirtschaft in einem ungeheuren Ausmaß tätig. (Abg. Mag. Kaufmann: In diesem Punkt nicht!) Zu den Arbeitsinspektoren, Gewerbeinspektoren, Gebietskrankenkasse-, Finanz- und Lohnsteuerprüfern kommen nun noch die Zöllner oder die besonderen "Pfuscherprüfer". Ich frage mich, ob die Menschen deshalb mehr Geld zur Verfügung haben werden, weil der Staat mehr Geld dafür aufwendet, die Pfuscher zu bekämpfen. Die eigentliche Aufgabe müßte doch sein, die Ursache des Problems in den Griff zu bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Ursache des Problems ist, daß die Mitarbeiter für die Betriebe zu teuer und die Löhne, die die Mitarbeiter bekommen, für deren fachliche Qualifikation zu niedrig sind.

Der erste Punkt lautet daher: Es ist wichtig, eine gescheite Steuerreform zu machen. Eine Regierung, die von der Bekämpfung der "Pfuscher" redet, aber den Arbeitnehmern seit zehn Jahren nicht einmal die kalte Progression zurückgibt, darf sich nicht wundern, wenn die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen immer mehr "schwarz" machen beziehungsweise auf den Schwarzmarkt ausweichen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie als Verantwortlicher der Arbeiterkammer wissen besonders gut, daß die Regierung da wirklich in Verzug ist. Dasselbe spielt sich in der Frage der Lohnnebenkosten ab. Es ist wirklich amüsant, zu verfolgen, wie sich die beiden Regierungsparteien gegenseitig einschenken. Die schwarzen Wirtschaftsbündler – deren Herr Präsident ist ja anwesend – reiben sich in Inseraten an der roten Regierungshälfte, in denen sie behaupten, die Wirklichkeit sei fürchterlich: Belastungsrekord: höchste Steuer- und Abgabenbelastung der Zweiten Republik – darin stimme ich Ihnen zu, Herr Präsident –; Teilgewerbe: Arbeiterkammer und ÖGB verhindern die Ausbildung von Lehrlingen; Pfusch: die Schwarzarbeit boomt, weil nichts gegen die hohen Lohnnebenkosten getan wird. – Wirtschaft schafft Arbeit, Wirtschaftsbund der ÖVP. (Abg. Haigermoser: Da schaust’ ja!)

Dazu kann ich nur sagen: Bravo! Aber welche Konsequenzen ziehen Sie daraus? – Ihre Konsequenzen sind nicht, ein Modell zu entwickeln, wie die hohen Lohnnebenkosten reduziert werden können. Da gäbe es eine Menge Möglichkeiten. (Abg. Ing. Maderthaner spricht mit Abg. Tichy-Schreder.) – Herr Präsident Maderthaner! Vielleicht schenken Sie und die Frau Kollegin mir kurz Ihre geneigte Aufmerksamkeit. Ich möchte Sie persönlich ansprechen und fragen, warum Sie einerseits in einem Inserat die Senkung der Lohnnebenkosten fordern, die Wirtschaftskammer andererseits aber alles dazu beiträgt, daß die Lohnnebenkosten immer weiter steigen.

Da gibt es beispielsweise die Kammerumlage II. Seit dem Jahre 1986 wird kein Schilling mehr aus diesem Fonds für die Arbeiter-Abfertigung bezahlt, trotzdem nimmt die Wirtschaftskammer diese nur für die Arbeiter-Abfertigung eingeführte Kammerumlage II in Milliardenhöhe weiterhin ein. Sie könnten ja darauf verzichten! Es handelt sich dabei um mehr als 3 Milliarden Schilling! Das wäre eine substantielle Entlastung der Betriebe. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dasselbe gibt es bei der Kalkulation der Bauarbeiter-Urlaubskasse. Dort betrifft es Rot wie Schwarz, Arbeiterkammer und Gewerkschaft auf der einen Seite und Wirtschaftskammer auf der anderen Seite. Die Kalkulationen der Beitragssätze sind viel zu hoch. Ständig entstehen Überschüsse, die dann unter der Hand zwischen Rot und Schwarz aufgeteilt, aber nicht dem Betrieb durch konkrete Beitragssenkungen weitergegeben werden. Eine solche Weitergabe wäre zum Beispiel ein Beitrag zur Senkung der Lohnnebenkosten!

Oder, Herr Kollege Kaufmann: Warum müssen die Arbeiterkammern Österreichs von allen Löhnen der Mitarbeiter den ihnen per Gesetz zugestandenen Höchstbeitrag berechnen? Warum ist das notwendig? Warum ist es notwendig, daß die Arbeiterkammer die Höchstbeiträge berechnet? Es werden überall 0,5 Prozent der Bruttolohnsumme verrechnet, obwohl das die Höchstmarke ist.

Seien Sie ehrlich: Sie haben allein bei der Arbeiterkammer Niederösterreich so viele Milliarden auf der hohen Kante, daß Sie jetzt die Milliarden verwenden, um für Mitarbeiter und Funktionäre ein Sonderpensionsrecht zu finanzieren, anstatt mit niedrigeren Beiträgen die Lohnnebenkosten zu senken und damit zur Beschäftigung beizutragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder weiters zur Senkung der Lohnnebenkosten – Maderthaner und Kaufmann, beide Sozialpartner –: Was ist mit den hohen bürokratischen Aufwendungen in den Betrieben? – Herr Maderthaner sagt in fast jeder Aussendung: 70 Millionen Arbeitsstunden müssen kostenlos für den Staat geleistet werden. Jawohl, Herr Präsident! Aber dann haben Sie die Verpflichtung, mit Ihrer Regierungsfraktion etwas dafür zu tun, daß von den Österreichern nicht 70 Millionen Arbeitsstunden in den Betrieben kostenlos für den Staat geleistet werden müssen!

Was für Arbeitsstunden sind das? – Solche für Lohnverrechnungen, Steuerabrechnungen, Krankenkassen- und Sozialversicherungsabrechnungen. (Abg. Haigermoser: Statistiken!) Sind Sie denn nicht in der Lage, einmal einen Gesetzesantrag einzubringen, damit vielleicht eine einheitliche Bemessungsgrundlage für alle Lohnabgaben eingeführt wird, damit die Betriebe weniger Aufwand haben? – Das wäre schon einmal ein Vorschlag, um das Ganze ein bißchen billiger zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann geht man her und sagt: Weil wir nicht in der Lage und nicht bereit sind, den Aufwand in unserem eigenen Kammerfilz auch nur um eine Milliarde oder ein paar hundert Millionen Schilling zu reduzieren, damit die Lohnnebenkosten sinken und damit wir mehr legale Arbeit haben, müssen wir von dem Problem ablenken. Ablenkung bei der SPÖ: polizeistaatliche Methoden, noch mehr Kontrolle, noch mehr Aufpasser; die Zöllner werden von der Grenze abgezogen und auf die Baustellen gehetzt. Ablenkung bei der ÖVP: kostspielige Inserate der zwangsverpflichteten Mitglieder, die den Unsinn, der dort propagiert wird, auch noch finanzieren dürfen.

Meine Damen und Herren! Damit werden Sie die Probleme nicht lösen können. Statt jetzt zu sagen, daß der Pfusch eingedämmt werden muß und die Häuselbauer zur Verantwortung gezogen werden müssen, könnten wir es doch einmal mit dem Markt probieren! Vielleicht schaffen wir einmal ein Modell derart, daß man sagt: Jedem, der legal sein Häusel baut oder sein Eigenheim errichtet und dies durch legale Rechnungen von Professionisten belegt, dem geben wir die Mehrwertsteuer zurück! Damit werden Sie wesentlich mehr Erfolg haben, als wenn Sie mit neuen Polizeikräften auf den Baustellen herumsitzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das hätte ich auch von Ihnen einmal gerne gehört, Frau Bundesminister! Bewegen Sie sich einmal hinaus ins Leben! Gehen Sie einmal auf die Baustellen und fragen Sie die Leute, was sie wirklich wollen! Die Arbeiter wollen dann, wenn sie sich anstrengen, mehr verdienen, und die Betriebe wollen weniger Belastung durch Lohnnebenkosten. Das ist die Aufgabe der Rahmenbedingungen, die Sie für die Betriebe setzen müssen.

Aber die Politik geht in eine andere Richtung. Da wird nichts geändert, die Kammerumlagen bleiben gleich hoch, die Lohnnebenkosten werden nicht ... (Zwischenrufe der Abgeordneten Silhavy und Edler.) Was denn? (Abg. Edler: Überall habt ihr das Geld!) Wo denn? (Abg. Edler: In der Kammer!) Wir haben dort nicht die Mehrheit. Die Freiheitlichen sind in der Bundeskammer, obwohl sie die zweitstärkste Fraktion sind, sogar aus dem Präsidium gedrängt worden, und die Sozialisten sind kooptiert worden, damit ihr weiterhin unter euch bleibt, meine lieben Freunde! Das ist die Realität. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung SPÖ –: Abkassierer seid ihr! – Zwischenruf des Abg. Haigermoser.)

Damit man weiterhin dort, wo das Geld verteilt wird, unter sich bleibt und damit ja keiner hinzukommt, der vielleicht – so wie Haigermoser – einmal sagen könnte: Jawohl, wir reduzieren die Kammerumlage II!

Meine Damen und Herren! Und in dieser Art und Weise geht es weiter. Der nächste Schritt, mit dem Sie ins Dilemma kommen werden, ist die Osterweiterung. Wenn Sie die Osterweiterung durchziehen, werden Sie wiederum mehr Billigarbeitskräfte illegal auf dem österreichischen Arbeitsmarkt haben, und die österreichischen Arbeitnehmer werden noch stärker in eine problematische Situation kommen. Auch dazu hätte ich gerne etwas von Ihnen gehört, Kollege Kaufmann! Sie wissen es nämlich, und das ist auch für Sie ein Problem. Aber Sie sollten es auch hier als Abgeordneter einer Regierungspartei offen aussprechen, daß der Weg, die Osterweiterung voranzutreiben, nur dazu führen wird, daß wir noch mehr Schwarzarbeit, noch mehr illegale Ausländer auf den Baustellen und noch mehr Lohndumping haben. Wir werden noch mehr Arbeitslose finanzieren müssen. Das ist der Erfolg einer Politik, die sagt: Wir müssen die Schwarzarbeit eindämmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher bitte ich Sie: Lassen Sie die Dinge mit den Kontrollen sein! Denken Sie einmal darüber nach, wie Sie Ihren Kammerstaat reduzieren könnten, um die Lohnnebenkosten zu senken. Denken Sie einmal darüber nach, Frau Sozialminister, wie Sie vielleicht einen Beitrag dazu leisten können, daß diejenigen, die in diesem Lande arbeiten, mehr Geld auf die Hand bekommen, damit es auf den Baustellen nicht mehr so wie heute ist: Wenn Sie einen Baufacharbeiter beschäftigen, verdient er im Durchschnitt – würde ich sagen – 18 000 S bis 19 000 S, wenn er ein paar Überstunden macht. Das kostet in Summe einen Lohnaufwand von 50 000 S! Da verstehen die Leute die Welt nicht mehr, sowohl die Unternehmer als auch die Mitarbeiter. Denn sie sagen: Wenn 50 000 S der Lohnaufwand dafür ist, daß ich 19 000 S netto herausbekomme, dann zahlt sich das Arbeiten nicht mehr aus!

Dort muß man hinein: mit marktmäßigen Lösungen – und nicht mit Polizeistaatmethoden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.25

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Irgendwie habe ich angenommen, daß Kollege Dr. Haider von seinen volkswirtschaftlichen Studien in den USA etwas mehr Wissen über das Thema mitbringt, über das wir eigentlich sprechen sollten. Aber da er damit offensichtlich nicht allein ist, braucht mich das nicht weiter zu beunruhigen.

Die Anfrage heißt zwar "Regierungspfusch bei Schwarzarbeit" ... (Abg. Dr. Graf: Die Kritik geht wie immer gegen die Opposition! Das ist die Antwort an die Regierung!) Ich werde die Antwort schon noch erklären. (Abg. Dr. Graf: Setzen Sie sich mit der Regierung auseinander! Aber das ist unangenehm! Der gewerkschaftliche Linksblock schlägt zu!)

Die Anfrage heißt zwar "Regierungspfusch bei Schwarzarbeit", aber sie macht einen grundlegenden Fehler. Besser gesagt: Sie, meine Damen und Herren vom Liberalen Forum, machen einen grundlegenden Fehler. Das hat jetzt auch der Abgeordnete Haider wieder nachvollzogen. Sie argumentieren mit Zahlen von Univ.-Prof. Dr. Schneider, die sich nicht auf die Schwarzarbeit beziehen. Diese Zahlen beziehen sich auf den Bereich Schattenwirtschaft, und Schattenwirtschaft, Herr Kollege Peter, ist zum Teil Schwarzarbeit, zum Teil Steuerhinterziehung, zum Großteil aber – lesen Sie bei Schneider nach! – jener Bereich, der sich nicht legalisieren läßt, wie Sie das in der Frage 7 vorschlagen. (Abg. Mag. Peter: Die Schwarzarbeit habe ich nicht verteidigt!)

Der ganze Bereich krimineller Handlungen bis hin zum Menschenhandel ist Schattenwirtschaft (Abg. Mag. Peter: Wer verteidigt das?), der Drogenhandel ist Schattenwirtschaft (Abg. Haigermoser: Drogenhandel wollt ihr legalisieren!), der Ladendiebstahl ist genauso Schattenwirtschaft wie alles, was im Bereich organisierter Kriminalität an wirtschaftlichen Handlungen geschieht. Das erklärt die Summe von 230 Milliarden Schilling, die Univ.-Prof. Schneider für Österreich dafür veranschlagt.

Nicht die gesamten 230 Milliarden Schilling betreffen Schwarzarbeit, sondern die Schwarzarbeit macht einen Teil davon aus. Das heißt, wenn wir darüber reden, dann müssen wir auch wissen, worüber wir reden. Wir reden eigentlich – nehme ich an – nicht über die Schattenwirtschaft, sondern über die Schwarzarbeit. (Abg. Dr. Graf: Welchen Anteil hat Ihrer Meinung nach die Schwarzarbeit?) Das ist keine Frage an mich, sondern eine Frage an Prof. Schneider, und er umgeht sie. Lesen Sie das in den Studien nach! (Abg. Dr. Haider: Uns umgeht er?) Bitte? (Abg. Dr. Haider: Umgeht er uns?) Möglich.

Sie wissen es besser, das weiß ich, Kollege Haider. Sie wissen es besser. Sie wissen, wie groß der Anteil an Schwarzarbeit in Österreich ist – eine Frage, um die sich viele aus berechtigten Gründen mehr Sorgen machen, die aber trotzdem etwas vorsichtiger in den Antworten sind. (Abg. Dr. Haider: Konkret!) Das, was Sie an Antworten geboten haben, hat mit dem eigentlichen Problem relativ wenig zu tun gehabt. (Abg. Gaugg: Was Sie uns bisher gesagt haben, hat damit überhaupt nichts zu tun!)

Meine Damen und Herren! Ich denke, wir sollten um die Schattenwirtschaft kein Schattenboxen veranstalten. Wir sollten, wenn wir das Thema Schwarzarbeit ernst nehmen, uns dazu konkret überlegen, was wir brauchen. Feststellbar ist, daß in diesem Plenarsaal zwei große Antworten gegeben werden. Die eine lautet: Der Staat soll alles kontrollieren und regeln, er soll alles überwachen und die Arbeit insgesamt – vor allem die Erwerbsarbeit – bis hin in den letzten Bereich konkreten, allgemeingültigen Regelungen unterwerfen, die auch normiert sind und kontrolliert werden können.

Damit habe ich ein Problem. Denn der Staat ist in diesem Zusammenhang derjenige Akteur, der auch im Bereich Grauarbeit, die sich an die Schwarzarbeit annähert und zur legalen Arbeit überführt, Vorgaben macht. Ich nehme zum Beispiel den Bereich der Pflegearbeit her, meine Damen und Herren. Was anderes als Grauarbeit ist das, bitte, was der Staat im Bereich der Pflegearbeit über das Pflegegeld zur Verfügung stellt? – Nicht Schwarzarbeit, sondern Grauarbeit ist das. (Abg. Dr. Feurstein: Das ist aber nicht Schattenwirtschaft!) Der Staat macht die Augen zu – Sie, Herr Kollege Feurstein, vor allem – und sagt: Wir wissen, daß diese Arbeit unbezahlbar ist und nicht legalisiert werden kann in dem Sinn, daß sie als normale Erwerbsarbeit bezahlt werden kann, und darum geben wir 20 S bis 30 S her. (Abg. Dr. Haider: Dann ist die Hausfrau auch Schattenwirtschaft! – Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Der Staat ist aber auch noch in einem anderen Bereich ... (Abg. Dr. Haider: Kollege! Dann ist die Hausfrau auch eine Schwarzarbeiterin! Sie bekommt Wirtschaftsgeld, das sie nicht versteuert!) Ich komme noch darauf zurück, Herr Kollege Haider! Ich will ja keine volkswirtschaftliche Vorlesung machen, wie Sie sie offensichtlich in den USA nicht richtig besucht haben. Aber ich komme schon noch auf die Hausarbeit zu sprechen. Jetzt rede ich vom Bereich Grauarbeit. (Abg. Dr. Graf: Sie werfen Nebelgranaten, um der Regierung zu helfen!)

Genau dahin gehört auch, was im Bereich Pflegegeld geschieht. Das Problem, das wir haben, ist nicht nur der Bereich der Pflegetätigkeit. Dort macht der Staat offensichtlich die Augen zu und sagt: Wir sind damit zufrieden, daß diese Arbeit überhaupt geleistet wird. Ob dort ein entsprechendes normales Entgelt gezahlt wird, interessiert uns nicht. Wir können es nicht zahlen, wir wollen es nicht zahlen. Hauptsache, diese Arbeit wird geleistet. – Das ist die Realität. Schauen Sie sich die Stundensätze an!

Der zweite Bereich ist etwas weiter davon entfernt. Der Staat ist auch in jenem Bereich von Schattenwirtschaft mit tätig, in dem es um transnationale Korruption geht. Bestechungsgelder im Ausland können von österreichischen Firmen steuermindernd geltend gemacht werden. Bitte, Herr Dr. Haider, was ist das anderes, als daß der Staat im Bereich organisierte Kriminalität – was Sie ja immer besonders interessiert – ganz offiziell als Förderer von Korruption auftritt? – Wir sollten uns auch darüber unterhalten. Das ist Schattenwirtschaft.

Ich komme aber jetzt – denn das ist das Interessante, oder das wäre das eigentliche Thema – auf den Bereich Schwarzarbeit zurück. (Abg. Dr. Haider: Hören wir es uns einmal an!) Es gibt zwei große Regelungsmöglichkeiten: Entweder alles kontrollieren – das ist der Vorschlag, den die Frau Bundesministerin vertritt – oder – so der andere Vorschlag, der hier im Hohen Haus gemacht wird – dies im wesentlichen dem Markt überlassen. Senken wir die Steuersätze so weit wie möglich, dann wird es schon irgendwie gehen. Die Steuersätze sind derzeit zu hoch. Machen wir die Steuersätze so niedrig – da findet sich Dr. Haider mit seiner "flat tax" genauso wie die Damen und Herren von der ÖVP und teilweise auch vom Liberalen Forum wieder –, daß sie von der Wirtschaft akzeptiert werden.

Ich halte auch diesen Weg für unpraktikabel und falsch. (Abg. Dr. Haider: Das ist ein Schritt, den man nachvollziehen kann!) Es gibt auch entsprechende Resultate. Wo dieser Weg gegangen wurde, das wurde heute in der Debatte schon gesagt: in den USA unter Reagan. Mit einem riesigen Steuersenkungsprogramm hat man dort riesige Defizite für den Staat erwirtschaftet. Das war das Resultat.

Aber ich komme auf die Schwarzarbeit zurück. Worum geht es bei der Schwarzarbeit? – Wir brauchen keine zusätzliche Polizeibehörde, die wieder nicht die Beschäftiger – die Schwarzbeschäftiger – erfaßt, sondern die schwarz Beschäftigten weiter kriminalisiert. Wir brauchen auch keine Maßnahmen, die durch Steuererleichterungen Steuerhinterziehung beheben wollen. Das ist Unsinn.

Wir brauchen – und das sollte eigentlich das Thema der Debatte sein – echte Arbeit, eine Neuverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Das wären die Fragen, über die wir diskutieren sollten. Aber unbezahlte Arbeit neu zu verteilen, braucht andere Antworten als jene, Schwarzarbeit zu legalisieren. Da werden Sie mir auch zustimmen müssen, Frau Dr. Schmidt. Genau das ist das Problem, das Sie in völlig falscher Weise – auch dadurch, daß Sie in Ihrem Antrag erstens einmal Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit verwechselt haben – und völlig unzureichend beantwortet haben.

Die Ökonomen sind übrigens auch darüber unterschiedlicher Meinung, ob der Effekt von Schwarzarbeit in einem Land auf die Volkswirtschaft wirklich so negativ ist. Wir sollten uns darüber unterhalten, in welchen Bereichen wir keine Schwarzarbeit haben wollen. Dafür sind auch vom Kollegen Kier schon einige Kriterien genannt worden, und ich teile seine Ansicht: dort, wo der Wettbewerb verzerrt wird, und – das möchte ich hinzufügen – auch dort, wo die Beschäftigten bei der Schwarzarbeit unmenschlichen Bedingungen unterworfen sind. Das gilt für die Beispiele, die die Frau Bundesministerin angeführt hat. Aber darüber ist im Hohen Haus noch nie gesprochen worden.

Darum werde ich einmal die Partei derjenigen ergreifen, Frau Bundesministerin, die Sie zwar in Ihrem Beispiel angeführt haben, denen Sie aber eine unzureichende Antwort gegeben haben. Daran geht bisher die ganze Debatte vorbei. Frau Bundesministerin! Die 25 Beschäftigten, die in dem Betrieb, den Sie angeführt haben, aufgegriffen worden sind, werden aus Österreich entfernt, ohne daß sie ein Arbeitsentgelt erhalten, ohne daß sie die Möglichkeit erhalten, ihr illegales Verhältnis einzuklagen in ein legales Verhältnis. Sie haben diese Möglichkeit nicht, sie werden abgeschoben. Der Beschäftiger erhält günstigstenfalls eine kleine Geldstrafe. Sie wissen das, Frau Bundesministerin.

Eine sehr einfache Antwort wäre da möglich. Warum reden wir nicht darüber, daß in den Bereichen, in denen organisierte Schwarzarbeit stattfindet, die Beschäftiger die Arbeitslosenversicherungsbeiträge mindestens ein Jahr nachzahlen müssen, damit die Beschäftigten die Möglichkeit erhalten, ihren Status zu legalisieren? (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Das wäre eine "Lex Bärental", denn Herr Kollege Haider hat in seinem Bärental ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... genau das machen müssen.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen Maßnahmen anderer Art. Wir brauchen Maßnahmen, die auch für diejenigen Verständnis schaffen, die als Schwarzarbeitnehmer in diesem Land tätig sein müssen (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), und nicht für diejenigen, die im Bereich der Nachbarschaftshilfe tätig sind. Es geht um andere Maßnahmen, meine Damen und Herren. Über diese sollten wir sprechen und nicht eine Scheindebatte, ein Schattengefecht führen. (Beifall bei den Grünen.)

16.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste gelangt Frau Abgeordnete Schaffenrath zu Wort. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.36

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich würde gerne dort anschließen, wo Kollege Öllinger aufgehört hat, nämlich bei dem Fall, den Sie hier zitiert haben und in dem Menschen illegal beschäftigt wurden: Ausländer und Ausländerinnen ohne Absicherung, noch dazu zu einem Hungerlohn. Ich denke, wir sind uns sowieso alle darüber einig, daß das aufs schärfste zu verurteilen ist und daß es vor allem auch darum geht, die davon Betroffenen entsprechend zu schützen.

Eines möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen. Frau Ministerin! Sie wissen selbstverständlich, daß es gerade im Zusammenhang mit den vielen Flüchtlingen in Österreich eine sehr restriktive Politik gegeben hat, als es darum ging, diesen Menschen die Chance zu geben, auch legal zu arbeiten. Ich denke, da müssen sich die Verantwortlichen hier die Frage stellen, inwieweit sie damit nicht auch den Boden für diese Situation aufbereitet haben.

Mit dem jetzt in Diskussion stehenden Gesetz werden Sie solche Firmen natürlich finden, und das ist gut so. Aber Sie werden viele Bereiche überhaupt nicht erfassen können, und Sie werden vor allem die Ursachen des Problems nicht beseitigen können. Viele dieser Ursachen wurden hier schon von den verschiedenen Parteien angesprochen, vor allem die hohen Lohnnebenkosten, die diese Dienstleistungen schlichtweg nicht mehr leistbar machen. Ich möchte diese berühmte Mechanikerstunde hier nicht noch einmal bemühen.

Sie werden jedenfalls im gesamten Dienstleistungsbereich überhaupt nichts verändern, weder bei den Friseuren und Friseurinnen, noch bei den Kosmetikern und Kosmetikerinnen, oder bei Frauen, die in Schwarzarbeit Änderungsarbeiten durchführen, weil sie vielleicht gut schneidern können. Auch in vielen anderen Bereichen werden Sie überhaupt nichts verändern. Ich gebe zu, daß es gut wäre, wenn sich diese Menschen selbständig machen und Unternehmer oder Unternehmerinnen werden würden. Aber die Selbständigkeit läßt sich nicht einfach verordnen. Die Selbständigkeit braucht weniger Bürokratie für die Wirtschaft, und sie braucht eine Kostenentlastung. Es braucht einfach insgesamt einen neuen Unternehmensgeist.

Was aber hat die Regierung bisher getan? – Sie hat wohl direkt in die Gegenrichtung gearbeitet. Ich sage es hier noch einmal: Nirgendwo ist das deutlicher zu bemerken als bei der Werkvertragsregelung. Damit haben Sie mehr Bürokratie geschaffen, damit haben Sie höhere Kosten hervorgerufen – wenn es um Arbeitsleistungen geht –, damit haben Sie jedenfalls den Weg in die Selbständigkeit deutlich erschwert. Und für jene Menschen, die den Weg in die Selbständigkeit wagen würden, bauen Sie dann auch noch Barrieren in Form einer sehr restriktiven Gewerbeordnung auf. Da halten Sie an Befähigungsnachweisen in Bereichen fest, in denen sie jedenfalls nicht zu rechtfertigen sind. Dazu haben wir nicht nur einen, sondern in der Zwischenzeit schon zwei Vorschläge eingebracht.

Natürlich sind in diesem Bereich besonders die Frauen betroffen! Für Frauen ist es schwieriger, den Befähigungsnachweis zu erbringen, weil sie durch ihren Lebensverlauf oft frühzeitig aus der beruflichen Bildung ausscheiden, Betreuungspflichten übernehmen und so weiter, und weil gerade für Frauen auch die finanziellen Belastungen für den Erhalt dieses Befähigungsnachweises nicht so einfach auszugleichen sind.

Ich sehe einfach keinen Grund, warum zum Beispiel eine Frau, die gut nähen kann, die Änderungen durchführen kann – das sage ich auch als Frau, weil ich solche Änderungen häufig brauche –, sich in diesem Bereich nicht selbständig machen kann, warum sie eine Meisterprüfung, einen Befähigungsnachweis im Schneidereigewerbe braucht, statt die Chance zu erhalten, sich selbständig zu machen, warum sie nicht aus der Schwarzarbeit in legale Verhältnisse kommen und sich ihren eigenen Arbeitsplatz schaffen kann! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch die Kinderbetreuung ist ein solcher Bereich. Was da an Schwarzarbeit passiert, ist wahrscheinlich überhaupt nicht erfaßbar. Und dabei rede ich noch gar nicht von der unbezahlten Arbeit, die Mütter selbstverständlich erbringen, sondern da rede ich nur von all jenen Frauen, die in der Nachbarschaft oder im näheren Umfeld Kinder für ein bestimmtes Entgelt betreuen, aber sozialrechtlich nicht abgesichert sind.

Sie haben das natürlich auch erkannt, Frau Ministerin, denn im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung sagen Sie ja selbst, daß 3 000 Beschäftigungsverhältnisse alleine im Bereich der Tagesmütter geschaffen werden könnten. Sie wissen aber natürlich auch, daß die Realität ganz anders aussieht! In Niederösterreich gibt es Pflegebewilligungen für 1 372 Personen, aber als legale Arbeitsverhältnisse gemeldet sind nur 58. Oder: In Wien gibt es 615 Pflegebewilligungen, gemeldet sind dazu nur 166 Arbeitsverhältnisse.

In Tirol finden wir das in einem noch viel extremeren Verhältnis. Dort finanzieren Sie die Schwarzarbeit geradezu, denn das Land Tirol stellt für die Tagesmütterprojekte 8 Millionen Schilling zur Verfügung, aber diese Frauen sind nicht angemeldet, sind nicht sozialrechtlich abgesichert. Sie arbeiten jedenfalls in einem – ich nenne das jetzt einmal so – sehr, sehr grauen Bereich.

Natürlich weiß ich, daß insbesondere Frauen vielfach überhaupt keine andere Möglichkeit vorfinden, als auf solche Graubereiche zurückzugreifen, weil die öffentlichen Einrichtungen einfach nicht ausreichen, weil wir diesbezüglich einfach drastisch unterversorgt sind. Aber gerade darum sollten wir doch Maßnahmen setzen und Regelungen vorsehen, die es diesen Frauen, diesen Menschen, die Betreuungspflichten zu leisten haben, auch ermöglichen, sich selbst zu organisieren.

Wir haben schon einmal einen ähnlichen Antrag eingebracht, der sich mit der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten beschäftigt, und wir bringen heute wieder einen entsprechenden Antrag im Zuge dieser Debatte ein, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schaffenrath, Motter, Dr. Kier und PartnerInnen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Ende März 1999 ein Konzept inklusive den dafür notwendigen Berechnungsmodellen vorzulegen, das die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten vorsieht. Dabei sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

Kinderbetreuungskosten sollen als Werbungskosten bis maximal 60 000 S jährlich steuerlich absetzbar sein.

Um sicherzustellen, daß die Treffsicherheit dieser Absetzbarkeit gleichmäßig auf allen Einkommensstufen gewährleistet ist, ist eine Negativsteuerregelung, die eine Einschleifregelung und eine Deckelung enthält, vorzusehen.

Voraussetzung zur Absetzbarkeit ist der Einsatz von pädagogisch geschulten Kräften.

Die Absicherung gemäß den arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen für die qualifizierte Betreuungsperson muß gewährleistet sein.

*****

Damit ist auch das Argument – Frau Kollegin Mertel ist jetzt nicht da – entkräftet, das nütze nur jenen, die es sich ohnehin leisten können, die viel verdienen. Über dieses Negativsteuermodell helfen wir jedenfalls auch jenen, die in einer schwierigen finanziellen Situation sind.

Ich muß leider schon zum Schluß kommen. Frau Ministerin! Sie wissen natürlich auch, daß Sie jene geschätzten 60 000 Personen in Österreich, die als Bedienerinnen, als Haushaltshilfen arbeiten und auch Arbeiten sozusagen rund um das Haus, im Garten, leisten, mit diesem Gesetz überhaupt nicht erreichen können. Offiziell sind jedenfalls nur 4 700 dieser Personen angemeldet, 2 900 davon sind geringfügig beschäftigt.

Wir sollten uns hier wirklich der Diskussion einer steuerlichen Absetzbarkeit von Dienstleistungen stellen. Wir sollten das fair und offen diskutieren und dabei auch über unseren ideologischen Schatten springen. Es kann nicht schlecht sein, Arbeitsplätze zu schaffen! Es kann nicht falsch sein, Menschen eine Chance auf sozialrechtliche Absicherung, auf arbeitsrechtliche Absicherung zu geben. Der Bedarf ist da, die Arbeit wird bezahlt – aber abgesichert sind diese Menschen nicht.

Sehr geehrte Frau Ministerin und sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie sollten sich wirklich ernsthaft darüber Gedanken machen, in welchen Bereichen Sie eigentlich Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft provozieren. Jammern und restriktive Maßnahmen werden das Problem jedenfalls nicht beseitigen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Schaffenrath ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Riepl. Redezeit: maximal 10 Minuten. – Bitte.

16.46

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesminister! Ich möchte mich zuerst mit einer Bemerkung des Kollegen Haider auseinandersetzen. Er hat in seinen Ausführungen von den Lohnnebenkosten gesprochen und in diesem Zusammenhang auch die Arbeiterkammerbeiträge genannt. Ich frage mich nur, Herr Kollege Haider, wie die Arbeiterkammerbeiträge zur Senkung der Lohnnebenkosten der Arbeitgeber beitragen sollen. Diesen Schluß haben Sie jedenfalls gezogen (Abg. Dr. Haider spricht mit einem Fraktionskollegen), aber ich merke, meine Frage interessiert Sie nicht. Damit ist das Thema für mich eigentlich auch erledigt.

Die Arbeiterkammerumlage ist jedenfalls ein Solidarbeitrag, dem große Leistungen der Arbeiterkammern gegenüberstehen, und daher sicher sinnvoll. Der Solidarbeitrag der freiheitlichen Abgeordneten hingegen dient beispielsweise zur Schuldentilgung der Freiheitlichen Partei. Die Frage, ob das genauso sinnvoll ist, lasse ich im Raum stehen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Frau Bundesminister hat am Beginn ihrer Anwort in Richtung des Liberalen Forums gemeint, eigentlich müßte man den Liberalen für diese Dringliche Anfrage danken. Ich möchte mich diesem Dank anschließen, weil ich meine, daß es am Beginn dieser Anfrage eine sehr ehrliche und korrekte Feststellung gibt. Der erste Satz dieser Anfrage, sehr verehrter Kollege Peter und Herr Kollege Kier, lautet, wie Sie wissen:

"Die vergangenen Jahrzehnte waren in Österreich ... gekennzeichnet von einer kontinuierlichen Verbesserung der volkswirtschaftlichen Lage, ... aber auch einem allgemein steigenden Wohlstand."

Das ist ein Faktum und eine Aussage, die wir unterstützen, die richtig ist, die in Ordnung ist.

Ich meine, es ist in diesem Zusammenhang wichtig, festzuhalten, wie denn dieser Wohlstand, den wir gemeinsam erreicht haben, und die sehr positive wirtschaftliche Entwicklung überhaupt zustande gekommen sind. Ich denke, dafür gibt es mehrere Gründe.

Der erste Grund, der mir einfällt, ist, daß es in unserem Land sehr viele fleißige Arbeitnehmer gibt. Zweitens gibt es auch sehr viele fleißige Unternehmer, die sich redlich bemühen, das Wirtschaften nicht nur der Profitgier unterzuordnen, sondern die echte soziale Partner in unserer Wirtschaft sind. Es ist dies sicherlich – das sage ich auch als überzeugter Gewerkschafter – die Mehrzahl der Unternehmer.

Es gibt aber, und das möchte ich auch betonen, meiner Meinung nach noch einen dritten Grund, warum es in Österreich in den letzten Jahrzehnten bergauf gegangen ist. Das ist der Umstand, daß die Regierungsführung in diesem Land seit 28 Jahren in sozialdemokratischer Hand liegt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Peter: Das kann ich natürlich nicht teilen! So weit kann ich Ihnen nicht folgen!) Sehr verehrter Herr Kollege! Ich finde, das sollte man bei einer solchen Diskussion auch einmal erwähnen. Ich danke Ihnen daher für Ihre Einleitung der Dringlichen Anfrage, die eigentlich der Beweis dafür ist, daß meine Behauptung nicht unrichtig ist.

Sie betonen in Ihrer Anfrage, daß staatliche Vorschriften daran schuld seien, daß Menschen schwarz arbeiten. – Ich darf Ihnen aus der Praxis sagen, daß wir in den letzten Monaten und Jahren immer öfter damit konfrontiert waren, daß eine besondere Form der illegalen Beschäftigung stark im Kommen zu sein scheint. Dabei handelt es sich nicht um einzelne Menschen, die irgendwo mithelfen, die sich vielleicht da oder dort ein paar Schillinge dazuverdienen, sondern um eine Trendumkehr.

Wir haben das bemerkt, als wir plötzlich ganz neue Formen der organisierten illegalen Beschäftigung vorgefunden haben. Da sind plötzlich Firmen, die keine legalen Firmen waren, am Markt aufgetreten, haben sich mit Dumpingpreisen Marktanteile geholt und die betroffenen Arbeitnehmer ausgebeutet. Herr Kollege Öllinger hat bereits darauf hingewiesen: Da gibt es Fälle, in denen die Arbeitnehmer keinen ortsüblichen beziehungsweise keinen kollektivvertraglichen Lohn bekommen. Sie erhalten oft überhaupt keinen Lohn, sondern werden mit einem Taschengeld abgespeist.

Wenn man sich dann anschaut, wo – etwa in bestimmten Bereichen des Baugewerbes und des Baunebengewerbes, aber auch der Bereich Metall gehört dazu – diese Firmen auftreten, dann stellt man fest, es sind immer wieder dieselben. Es hat sich sozusagen eine eigene Fachgruppe im Bereich dieser Wirtschaft entwickelt, die jenen Betrieben, die sich an die Gesetze halten, die bemüht sind, eine ordentliche und korrekte Geschäftspolitik zu machen, große Konkurrenz macht und sich stark konkurrenzverzerrend auswirkt.

So gibt es Konkurrenzvorteile für die schwarzen Schafe, die schon in Herden auftreten, und Konkurrenznachteile für jene Betriebe, die korrekt arbeiten wollen und damit unter großen Druck geraten.

1997 gab es – es ist heute schon darauf hingewiesen worden – genauso wie in den Vorjahren Überprüfungen durch die zuständigen Stellen. Die Betriebe wurden überprüft, insbesondere in Richtung Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz. Wir können heute feststellen, daß es in der zentralen Verwaltungsstrafevidenz, die in unserer Republik eingerichtet ist, bereits 9 958 Verurteilungen gibt, die gespeichert wurden. Es handelt sich dabei um Fälle, in denen Firmen insbesondere wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes aufgefallen sind.

Wir stehen heute am Beginn der Diskussion über ein neues Gesetz, und ich bin davon überzeugt, daß wir in den nächsten Wochen und Monaten noch öfters Gelegenheit haben werden, Details dieser Regierungsvorlage zu behandeln und vor allem auch über deren Umsetzung zu diskutieren.

Ich finde, daß die vorliegende Regierungsvorlage ein taugliches, wichtiges und neues Instrument zur Bekämpfung vor allem der organisierten Formen der illegalen Beschäftigung ist. Ich denke, daß wir uns im Detail, wie ich schon vorhin gesagt habe, wirklich auch mit den Vorschlägen der Oppositionsparteien auseinandersetzen sollten, wenn es darum geht, ein Instrument, ein Werkzeug, das die Schattenwirtschaft in diesem Bereich eindämmt, neu zu kreieren und in der Folge auch anzuwenden.

Ich denke, ohne Kontrolle werden wir in diesem Bereich nicht auskommen. Es ist notwendig, bei den Kontrollen festzustellen, wie lange die Arbeitnehmer schon illegal beschäftigt sind, und es ist vor allem wichtig, besonders auf größeren Baustellen festzustellen, zu welchem Arbeitgeber der eine oder andere nicht angemeldete Arbeitnehmer gehört.

Es ist ferner notwendig, die Behördenkooperation auf ein neues legistisches Feld zu stellen. Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit waren zwar vorhanden, aber bisher jedenfalls nicht effizient genug. Ich denke, daß es im Zusammenhang mit den Kontrollen auch notwendig ist, Aufzeichnungen über die Beschäftigten sicherzustellen, und daß es notwendig ist, bei geringfügigen Delikten Strafverfügungen direkt durch die Kontrollbehörde aussprechen zu können. Letztendlich würde dieser Weg ja auch zu einer Verminderung der Bürokratie führen.

Ich denke, die Anmeldung zur Sozialversicherung bei Arbeitsbeginn – Kollege Kaufmann hat das schon ausgeführt – ist ein sehr wichtiges Element im Bereich dieser neuen Gesetzessituation. Ich glaube, daß wir auch die Zustimmung insbesondere des Kollegen Peter haben werden, wenn es darum geht, die Anmeldung zur Sozialversicherung entsprechend zu fixieren.

Sehr verehrter Herr Kollege Peter! Wie ich einer APA-Meldung entnehme, sind Sie sogar für einen Sozialversicherungsausweis eingetreten, den man Ihrer Meinung nach einführen soll. Wenn wir also eine sofortige Anmeldung wollen und Sie sogar einen Ausweis, dann ist es nur logisch, daß man letztendlich auch eine Kontrolle dafür braucht.

Sehr verehrte Damen und Herren! Insgesamt gesehen sind wir Sozialdemokraten an einer seriösen und vernünftigen Diskussion dieses Themas interessiert, und ich appelliere an all jene, die die Schuld an der Schwarzarbeit einzelnen Mitgliedern der Regierung zuschieben wollen oder das Gesetz mit dem Wort "Schmarren" titulieren, doch zu bedenken, daß sie damit riskieren, daß man eine Fraktion, die solche Bemerkungen macht, nicht als seriösen Gesprächspartner in dieser Frage ansehen kann. Damit würden sie der Sache keinen guten Dienst erweisen!

Ich finde, wir schaffen mit dieser Gesetzesvorlage ein Werkzeug mehr für die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung, was letztendlich dazu führen wird, daß wir einen Schritt in die richtige Richtung tun werden! (Beifall bei der SPÖ.)

16.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

16.56

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit zwei positiven Feststellungen beginnen. Diese Dringliche Anfrage unterscheidet sich grundsätzlich von den anderen Dringlichen Anfragen, die wir in den letzten Wochen und Monaten hier beraten und diskutiert haben.

Mit Ausnahme von zwei "Ausrutschern", so möchte ich sagen, war die Diskussion sehr sachlich. Man ist auf Argumente eingegangen und man hat versucht, auch klare Standpunkte zu formulieren. Das ist positiv zu vermerken.

Ich bin auch für das, was Frau Ingrid Tichy-Schreder schon erwähnt hat, nämlich daß man den Gesetzentwurf eines Ministeriums schon zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, auch wenn er noch keine Regierungsvorlage ist, hier im Hohen Haus diskutieren und die unterschiedlichen Standpunkte dazu austauschen kann. (Demonstrativer Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich aber auch eine klare Feststellung treffen: Wir sollten uns davor hüten, die Begriffe "Arbeit" und "Erwerbstätigkeit" durch dieses Gesetz zu kriminalisieren! Ich bin der Meinung, daß wir grundsätzlich eine positive Haltung gegenüber jenen Menschen einnehmen sollten, die arbeiten, die in der Wirtschaft tätig sind, die Geld verdienen und Leistungen erbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das darf nicht in Frage gestellt werden, und darum gefällt es mir – wenn ich eine Kritik an diesem Entwurf anbringen darf – nicht besonders, wenn Strafen zu sehr in den Vordergrund gestellt werden, wenn das Strafen sozusagen in den Mittelpunkt dieses Gesetzes gestellt wird.

Wir sollten vielmehr alle Stellungnahmen – nicht nur die, die heute hier im Hause geäußert worden sind – ernst nehmen und auch jene Stellungnahmen, die von verschiedener Stelle zu diesem Entwurf bereits abgegeben worden sind, durchleuchten und uns ernsthaft mit ihnen auseinandersetzen.

Ich nenne diesbezüglich nur zwei Beispiele, obwohl ich viele Stellungnahmen anführen könnte, die dazu eingegangen sind. Die Rechtsanwaltskammer sagt etwa: "Die beabsichtigten Maßnahmen sind überschießend, unklar formuliert und verfassungsrechtlich mitunter bedenklich."

Zweites Beispiel: Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie schreibt: "Vor Ergreifen von gesamtgesellschaftlich wenig akzeptierten, restriktiven Maßnahmen bei der Zurückdrängung der Schwarzarbeit" – das ist unser Anliegen – "sollten solche Maßnahmen überlegt werden, die zuvorderst einen positiven Anreiz für Erwerbstätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen schaffen." – Meine Damen und Herren! Das ist ein ganz wichtiger Gesichtspunkt bei der weiteren Beratung dieses Gesetzes! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte daher ergänzen, daß wir der Kontrolle jenen Stellenwert beimessen, den sie haben soll. Kontrolle darf nicht und soll nicht immer in Strafen münden, sondern Kontrolle soll auch in eine Beratung und in Hilfestellungen münden.

Ich führe dazu ein ganz konkretes Beispiel an, etwas, was von uns auch in den letzten Wochen immer wieder gefordert worden ist. Im Arbeitnehmerschutzgesetz sind Kontrollen vorgesehen, und wenn jemand die Bestimmungen nicht einhält, kommt es sehr oft zu Strafen. Ich meine, wir sollten uns überlegen, ob wir nicht gerade im Zusammenhang mit der Behandlung dieses künftigen Gesetzes die Beratungstätigkeit, die Hilfestellung des Arbeitsinspektorates stärker in den Vordergrund rücken sollten. Das ist meines Erachtens ein sehr wichtiger Punkt, der im Zusammenhang mit einem solchen Gesetz mit überlegt werden sollte.

Zweiter, wichtiger Punkt ist die Nachbarschaftshilfe. Einige meiner Vorredner haben sie schon erwähnt. Ich möchte davor warnen, daß die Nachbarschaftshilfe durch dieses Gesetz beeinträchtigt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben uns vor einigen Monaten mit der Verschärfung des Vereinsgesetzes auseinandergesetzt. Diese hätte die Ehrenamtlichkeit in wichtigen Bereichen gefährdet. Wir haben daher davon Abstand genommen. Ich danke auch dem dafür zuständigen Minister, daß er von diesem ausgearbeiteten Gesetzentwurf Abstand genommen hat, daß er ihn hier im Hohen Hause nicht eingebracht hat.

Genauso ist es in der Frage der Nachbarschaftshilfe, die wir dringend brauchen. Ich habe, meine Damen und Herren vom Liberalen Forum, was das "Luxemburger Modell" betrifft, einige Bedenken. Damit kann man dieses Problem ganz sicher nicht lösen. Nachbarschaftshilfe muß ganz anders betrachtet werden, als das beim "Luxemburger Modell" der Fall ist. Ich möchte mich hier jetzt nicht mit der Definition des Wortes "Nachbarschaftshilfe" auseinandersetzen, aber die Frau Ministerin hat ganz richtig gemeint, daß man sich das sehr genau anschauen muß und daß das eine sehr sensible Frage ist. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Letzter Punkt: Schwarzarbeit. Schwarzarbeit ist dann problematisch, wenn es zu einem Mißbrauch von Sozialleistungen kommt. Das müssen wir auch in diesem Zusammenhang mit berücksichtigen. Es gibt den Mißbrauch von Sozialleistungen von zwei Seiten, und zwar zum einen, wenn jemand illegal beschäftigt wird. Ich kann auf keinen Fall dem zustimmen, was Herr Öllinger hier verlangt hat. Wer illegal beschäftigt wird, darf nicht bevorzugt werden. Das geht nicht! Das würde einen ganz massiven Eingriff in unser Rechtssystem bedeuten und würde denjenigen belohnen, der gegen Gesetze verstößt. (Abg. Öllinger: Gleichstellen!) Das heißt aber, daß wir sehr wohl darauf achten müssen, daß alle sozialversicherungspflichtig sind, die einer Erwerbstätigkeit, so wie das unsere Gesetze vorsehen, nachgehen.

Genauso wichtig ist es aber zum anderen, daß echte Sozialleistungen nicht empfangen werden dürfen, wenn eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Die Arbeitslosenversicherung ist sicherlich ein Bereich, in welchem wir nicht jenen Zustand erreicht haben, der wünschenswert wäre, nämlich daß wirklich nur derjenige eine Arbeitslosenversicherungsleistung erhält, der Anspruch darauf hat, der arbeitslos ist, der keine Beschäftigung findet, der nicht arbeiten kann, der keine zumutbare oder keine geeignete Arbeit findet. Nur dieser darf den Schutz genießen, und es darf nicht grundsätzlich so sein, wie es heute immer wieder beobachtet werden kann.

Deshalb bin ich sehr dafür, daß diese Maßnahmen, die bereits eingeleitet worden sind, umgesetzt werden. Wir wissen, daß in den letzten zwei Jahren in wesentlich mehr Fällen der Bezug von Arbeitslosengeld eingestellt wurde, als das früher der Fall war, vor 1996, weil da schon ein Instrumentarium zu greifen begonnen hat.

Abschließend möchte ich feststellen:

Erster Punkt: Dieses Gesetz hat eine immense ordnungspolitische Bedeutung. Deshalb ist eine genaue Beratung und Auseinandersetzung mit allen Gruppierungen, die sich dazu zu Wort gemeldet haben, geboten.

Zweiter Punkt: Es muß derjenige geschützt werden, der sich im Sozialversicherungsbereich, der sich im Bereich der Besteuerung korrekt verhält. Ein Schutzgesetz soll demjenigen dienen, der sich im Wirtschaftsleben korrekt verhält. Es darf wettbewerbsmäßig derjenige, der gegen Gesetze verstößt, nicht bevorzugt werden.

Dritter Punkt: Wir wenden uns dagegen, daß Österreich ein Polizeistaat wird, wenn dieses Gesetz kommt. Darin stimme ich mit allen überein, die sich dazu gemeldet und dieses Argument vorgebracht haben.

Vierter Punkt: Kontrolle muß auch Beratung einschließen. Kontrolle darf nicht ausschließlich zur Bestrafung führen.

Wenn wir all das berücksichtigen, so könnten wir, glaube ich, ein gutes Gesetz erarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

17.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Daß die Notwendigkeit besteht, der Schwarzarbeit entgegenzuwirken, ist richtig. Frau Bundesminister, Sie haben Zahlen genannt, unter anderem eine Zahl von Professor Schneider, und zwar 233 Milliarden. Ich nenne Ihnen noch jene Zahl, die er für das Vorjahr ausgewiesen hat, nämlich 220 Milliarden. Das heißt, daß sich eine steigende Tendenz abzeichnet. (Abg. Öllinger: Da gehört Kriminalität auch dazu, und die hat mit Schwarzarbeit nichts zu tun!)

Immerhin ist das ein Segment der Schattenwirtschaft, die er anführt, und das ist auch, wie ich meine, bekannt. Es ist daher notwendig, dem entgegenzuwirken. Der Ansatz, wie dem entgegenzuwirken ist, ist allerdings unterschiedlich. Aber eines steht fest, Frau Bundesminister: Eine wesentliche Ursache für das Ausufern, für das Anwachsen des Steuerwiderstandes sind sicherlich die ständig steigenden Steuern, die ständig steigenden Abgaben. Sie wissen, daß wir in Österreich eine Abgabenquote in Höhe von 45,7 Prozent erreicht haben – Tendenz steigend! (Abg. Öllinger: Das stimmt gar nicht! Da müßte es in Skandinavien viel mehr Schwarzarbeit geben!)

Sie gehen her und wollen mit diesem Schwarzarbeitsgesetz dem entgegenwirken. Ihnen sind offensichtlich – und das ist eine Symptombekämpfung – die Ursachen hierfür egal. Das ist, Frau Bundesministerin, eine Realitätsverweigerung! Das sind die Auswirkungen von 28 Jahren sozialistischer Wirtschafts- und Steuerpolitik. Es darf nicht sein, daß die Begehrlichkeit des Staates ständig steigt, die Einkommen der Österreicher ständig sinken, die kalte Progression nicht ausgeglichen wird und auch die Arbeitnehmer für die Betriebe, insbesondere für die Klein- und Mittelbetriebe, einfach zu teuer werden.

Frau Bundesminister! Es besteht natürlich ein Finanzierungsbedarf, aber Sie sind es ja auch, die sehr wohl auch zur Arbeitsplatzsicherung, wie Sie es sagen, Geldmittel zur Verfügung stellt. Ich denke da zum Beispiel an jenen Antrag der Firma Ankerbrot, der in Brüssel liegt, bei welchem es darum geht, dieser Firma mit 90 Millionen Schilling – davon stammen 45 Millionen Schilling aus Ihrem Ressort – unter die Arme zu greifen – nicht um, wie vorgegeben wird, Arbeitsplätze zu sichern oder zu schaffen, sondern um Arbeitsplätze zu vernichten, um der Firma behilflich zu sein, ihr Filialnetz auf Kosten der klein- und mittelständischen Wirtschaft, auf Kosten der gewerblichen Bäcker zu finanzieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesminister! Sie entwickeln sich zusammen mit Ihrem Kollegen, Herrn Finanzminister Edlinger, zum Schreckensduo dieser Bundesregierung. Der Herr Finanzminister kriminalisiert die Wirte, indem er pauschal drüberfährt und mit seinen Aktionen quasi jeden zum Steuerhinterzieher, zum Rechtsbrecher stempelt. Warum erweitern Sie Ihren Blick nicht? – Die Sicht der Dinge mag für Sie zugegebenermaßen eine andere sein. Warum greifen Sie aber die Möglichkeit, die die Freiheitlichen aufzeigen, nicht auf, zusammen mit Ihrem Finanzminister? Warum beschäftigen Sie sich nicht damit, tatsächlich einmal zu einer steuerlichen Entlastung zu kommen, dazu zu kommen, daß das Wirtschaften wieder wirtschaftenswert wird, dazu zu kommen, daß Kapital nicht verteufelt wird, dazu zu kommen, daß Gewinn nicht verteufelt, sondern als Notwendigkeit angesehen wird, damit die Wirtschaft floriert? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum tragen Sie nicht dazu bei, daß die Kaufkraft in unserem Land, die Inlandsnachfrage gestärkt wird? – Das paßt anscheinend nicht, wie ich glaube, in Ihre sozialistische Sichtweise dieses Bereichs. Wie kann es sonst sein – und diese Aussage kommt ja auch aus Ihrem politischen Bereich, sie stammt von einem Ihrer Nachfolger; es geht dabei um die Steuerreform 2000 –, daß Arbeiterkammerpräsident Tumpel sagt, daß die Steuerreform 2000 vor allem den Arbeitnehmern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zugute kommen soll? Diese Maßnahme – das sagt er auch – habe Vorrang vor einer Entlastung der Unternehmen.

Frau Bundesminister! Es ist kein Klassenkampf angesagt, es ist vielmehr angesagt, dieser notwendigen Maßnahme das nötige Rüstzeug zu geben. Das bedeutet eine klare Entlastung, eine Reduktion, eine Zurücknahme der Steuern.

Frau Bundesminister! Es wird aus Ihrem Bereich demnächst ein Gesetz im Ausschuß diskutiert werden, und zwar das Bauarbeiterkoordinationsgesetz. Dabei geht es um eine Richtlinie, der entsprochen werden muß. Die Kosten, die zwar nicht angeführt sind, werden wieder wesentlich zur Verteuerung, insbesondere im Bereich der Bautätigkeit, der Bauwirtschaft – das geht bis hin zur kleinsten baulichen Maßnahme, die getroffen wird –, beitragen.

Es wird da ein Sicherheits- und Konsumentenschutzkoordinator gefordert. Dadurch kommt es wieder zu einer Verteuerung. Die Folge davon ist: Die Bürokratie läßt grüßen, der Aufwand steigt, die Leistungen, die für diesen Staat zu erbringen sind und nicht bezahlt werden, ufern aus.

Denken Sie bitte um! Gehen Sie endlich dazu über, an steuerliche Reduktionen zu denken und an eine Rücknahme des Staates in vielen Bereichen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. Restredezeit: 6 Minuten. (Abg. Smolle, auf dem Weg zum Rednerpult: 60 Minuten?) – 6 Minuten. (Abg. Smolle: Ich habe "60 Minuten" verstanden! Ich war begeistert!) Der Tag ist noch nicht um. Sie können ja später noch das Wort ergreifen. – Bitte.

17.11

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Visoki Dom! Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Minister! Gospa ministrica! Es ist von meinen Vorrednern vieles aus dem Bereich des gesamten sozialen Spektrums, das wir hier heute mitbehandeln, schon gesagt worden.

Frau Minister! Es muß natürlich jedem ernstzunehmenden Politiker die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in ganz Österreich, vor allem aber jene in Kärnten, Sorge bereiten. Wir haben es einerseits mit Betrieben zu tun, die unsere Republik verlassen und in Nachbarländer abwandern, und sind andererseits damit konfrontiert, daß eine Reihe von vor allem Dienstleistungstätigkeiten zuerst in den Graubereich und dann in den Dunkelbereich verschwindet.

Wir alle hier sind natürlich gegen Schwarzarbeit, das ist klar, und auch unser Antrag weist eindeutig in diese Richtung. Nur, meine Damen und Herren: Wir wollen keine Symptome bekämpfen, sondern die Ursachen der Schwarzarbeit beseitigen. (Abg. Schuster: Sind Sie für Nachbarschaftshilfe?) – Ich bin natürlich für Nachbarschaftshilfe. So schneide ich zum Beispiel auch die Thujen meines Nachbarn, denn wir haben eine gemeinsame Grundstücksgrenze und tun das abwechselnd. Ich tue das sehr gern. Bei der Nachbarschaftshilfe gibt es für mich keinen theoretischen Zugang. Aber nun zum Ernst des Themas.

Frau Minister! So wie Sie Pfuscharbeit bekämpfen wollen, wie Sie das in Ihrem Gesetz ankündigen, so kann es wohl nicht gehen. Als wir das erste Mal erfahren haben, daß die Zöllner sozusagen abgebaut werden, dachten wir, daß es dabei um Bürokratieabbau gehe. Jetzt sehen wir, daß in Wirklichkeit wieder eine neue Bürokratie, eine "Pfuschpolizei" aufgebaut wird, und das ist doch wohl wirklich keine Lösung, meine Damen und Herren.

Wir sind nicht für eine Symptombekämpfung, sondern für eine Bekämpfung der Ursachen, und da müssen wir einfach feststellen, daß es mehrere Ursachen für diese Entwicklung gibt. So befinden sich bereits viele Menschen in Armut – ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Ergebnisse der Armutskonferenz in Salzburg –, und diese können sich teure Dienstleistungen einfach nicht mehr leisten. Es gibt nicht wenige Mindestrentner in Österreich, die die Installateurrechnung nicht mehr bezahlen können. Deshalb muß es, Frau Minister, zu einer Entlastung der Arbeit kommen.

Das ist schon eine gebetsmühlenartige Wiederholung, die schon x-mal hier von diesem Pult aus erfolgte: Es muß zu Veränderungen kommen! Es muß zu einem Bürokratieabbau kommen! Es muß der Staat billiger werden! Es muß die Gewerbeordnung liberalisiert werden! Wir müssen es den einzelnen Betrieben überlassen, daß sie bei ihren Betriebsvereinbarungen flexibel vorgehen! Es ist nicht mehr so einfach, jede Erhöhung – auch jene im Lohnbereich – einfach sozusagen global zu überwälzen. Wir wissen, daß eine 3prozentige Lohnerhöhung letztlich 5, 6 oder 7 Prozent an Kosten bewirkt, die man natürlich im Produktpreis unterbringen muß, und das ist nicht so einfach, gerade für eine Wirtschaft, die so exportorientiert ist wie die unsere.

Ich muß auch sagen, daß ich mit den Meldungen, die vom Pörtschacher Gipfel gekommen sind, nicht zufrieden bin. Es waren für mich sehr falsche Signale, zu sagen, daß man versuchen werde, den Arbeitsmarkt über eine etwas großzügigere Währungspolitik, über eine nicht ganz so harte Währung zu finanzieren.

Frau Minister! Das ist sicher nicht der richtige Weg! Das könnte bewirken, daß zwar theoretisch mehr Geld in den Taschen der Bürger vorhanden ist, es sich aber dabei in Wahrheit um Geld handelt, das eben nicht mehr das wert ist, was als Nominale draufsteht.

Frau Minister! Ich möchte noch einen Bereich, den ich für sehr wichtig halte, erwähnen. Das ist der Bereich der kulturellen Zusammenarbeit im Grenzbereich. Sie wissen, Frau Minister, worauf ich Sie anspreche. Es kann nicht angehen, daß kultureller Austausch sozusagen unter die gesamte Strenge der österreichischen Arbeitsbestimmungen fällt. (Abg. Gaugg: Was denn?) Wir haben es da mit Personen zu tun, die bei der Einreise nach Österreich eine Trompete oder eine Gitarre im Kofferraum mit sich führen, und diese werden für ein Jahr des Landes verwiesen, wenn sie sagen, sie seien zu irgendeiner Kulturveranstaltung im Südkärntner Raum oder irgendwo im Burgenland unterwegs. Ich glaube, daß man nicht zu solchen Maßnahmen greifen sollte, sondern es wäre meiner Meinung nach ganz wichtig, klare Ausnahmegenehmigungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Gesetzesänderung, in der wir den Kulturaustausch fördern, einzuführen.

Abschließend möchte ich ganz klar die andere Haltung des Liberalen Forums vertreten: Wir Liberalen sind der Auffassung, daß wir gerade in bezug auf unseren östlichen und südöstlichen Nachbarn durch eine Öffnung dort Reformen bewirken werden und daß wir uns vor der Ostöffnung und Südostöffnung nicht zu fürchten brauchen. Wir sollten die Herausforderungen annehmen und durch einen guten Wirtschaftsaustausch mit unseren Nachbarn auch unsere eigene Wirtschaft schützen und so die Arbeitslosigkeit bekämpfen.

Es ist festzuhalten, daß wir unseren Wohlstand gerade dieser schon erfolgten Öffnung nach Osten und Süden verdanken, und daher sollten wir, so glaube ich, auch unsere Nachbarländer an unserem Wohlstand partizipieren lassen, denn gute Partner, wirtschaftlich starke Partner sind in der Lage, auch gute Wirtschaftspartner zu sein und stärken auch die Wirtschaftsbetriebe hier bei uns und sind letztlich ein Garant für einen soliden Arbeitsmarkt auch in Österreich. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.18

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Als diese Dringliche Anfrage vorgelegt wurde, habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie man diese Diskussion heute abführen wird. Die einleitenden Bemerkungen in der Dringlichen Anfrage sind sicherlich interessant, die Headline, die Sie formuliert haben, muß jedoch mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Sie zeigt sehr deutlich auf, daß Sie an einer Lösung kaum Interesse haben, sondern vielmehr an Dingen, die nahezu an Skandalisierungen und Populismus heranreichen.

Es wurde in allen Debattenbeiträgen in unterschiedlicher Weise zu diesem Thema Stellung bezogen. Eigentlich waren nicht allzu viele echte Lösungen der aufgezeigten Probleme zu hören.

Interessant war für mich allerdings – das betone ich, Frau Bundesministerin –, daß Sie sich bei den Anfragestellern bedankt haben. Das beweist, daß Sie das Problem kennen, erkennen, daß Sie auf Lösungssuche sind und daß Sie eigentlich keine Diskussion – auch diese hier nicht – scheuen. Das kam auch in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage, die wirklich einiges für uns Interessantes enthalten hat, sehr deutlich zum Ausdruck. Die übrigen Debattenbeiträge haben oft nur statistische Zahlen aufgewiesen und manchmal unnötige Komplimente zum Ausdruck gebracht.

Faktum ist: Wir haben in Österreich erstens eine hohe Beschäftigungsquote und zweitens eine gute Wirtschaftsentwicklung. Tatsache ist aber auch, daß es Schwarzarbeit gibt – leider zuviel – und daß sie im gegebenem Ausmaß nicht mehr toleriert werden kann. Vielleicht müssen wir uns alle doch auch der Kritik stellen und sagen: Wir haben manchmal sehr lange zugeschaut!

Die Entwicklung in diesem Bereich stammt ja nicht von gestern oder von vorgestern, diese Entwicklung gibt es ja schon länger, und ich glaube, unser aller Ziel sollte es sein, gerade die organisierte Schwarzarbeit sehr deutlich zu thematisieren und nach Lösungen zu suchen.

Für uns als Verantwortungsträger stellt sich vor allem die Frage: Was führt zu Schwarzarbeit? – Das kann und wird natürlich fallweise auch Gewinnabsicht sein. Gar keine Frage. Ich glaube aber, daß es eine Reihe von anderen Gründen dafür gibt, die man sehr wohl auch aufzeigen muß.

Es haben heute sehr viele Redner davon gesprochen, daß die Lohnnebenkosten zu hoch und erdrückend und vieles andere mehr sind. Da muß angesetzt werden. Das ist keine Frage.

Ich meine, daß alle Abgaben wichtig sind, die Frage ist nur, ob sie auch richtig sind. Die Frage, die sich uns in weiterer Folge stellt, ist folgende: Wenn wir die eine oder andere Abgabe zurücknehmen – na warum auch nicht? –, was streichen wir dann auf der Ausgabenseite? – Eine Mehrverschuldung des Staates, meine Damen und Herren, kann auf keinen Fall unser Ziel sein! Auf dieser Ebene können wir diese Diskussion nicht weiterführen.

Der Finanzminister sagte heute vormittag, daß in den letzten zehn Jahren der Faktor Arbeit eine Steuerlast von über 7 Prozent zugerechnet bekommen hat. Das zeigt sehr deutlich, daß eine Steuerreform dringend notwendig ist, und gerade wir von der Österreichischen Volkspartei können hier mit Recht und auch mit einer gewissen Genugtuung darauf hinweisen, daß wir schon seit geraumer Zeit wirklich brauchbare Papiere vorgelegt haben und hier auf dem besten Weg sind. Wir hoffen, daß wir diesbezüglich mit dem Regierungspartner eine gute Lösung finden können. (Beifall bei der ÖVP.) Wir alle wissen ja, daß eine Entlastung notwendig ist.

Ein weiterer Faktor im Zusammenhang mit der Schwarzarbeit ist auch die wirtschaftliche Lage vieler Bürger, die fehlende Kaufkraft ganzer Branchen. Ich verweise da etwa auf die Landwirtschaft, wo in letzter Zeit aufgrund dramatischer Preiseinbrüche fast nichts mehr gekauft werden konnte, weil eben das Geld dafür nicht vorhanden ist, oder auf die Armutskonferenz, die in Salzburg stattgefunden und deutlich gemacht hat, daß 10,8 Prozent der Haushalte weniger als 6 100 S monatlich verdienen. Das ist wirklich bedauerlich.

Ich bin etwas verstimmt, wenn ich ihm Rahmen der Renten- und Pensionsanpassung die Diskussion verfolge und höre, daß man sich zwar im großen und ganzen bei einem sehr realistischen Anpassungsfaktor getroffen hat – das lobe ich –, daß man aber bezüglich der Anhebung der Ausgleichszulagenrichtsätze übermäßige Zurückhaltung übt. Ich glaube, daß gerade diese Menschen – über 300 000 an der Zahl – eine Aufbesserung, eine dringende Verbesserung brauchen, egal, aus welcher Gesellschaftsgruppe, aus welcher Berufsgruppe sie kommen. Sie sind österreichische Bürgerinnen und Bürger, und wir müssen ihre schwierige Lage erkennen und ihnen helfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Daß natürlich auch Familien mit Kindern, vor allem mit mehreren Kindern, stark betroffen sind, zeigt die Statistik der Armutskonferenz ebenfalls. Die Vorausmaßnahmen zur Steuerreform, nämlich die familienpolitischen Maßnahmen, sind gerade dazu angetan, auf diesem Gebiet eine gewaltige Verbesserung einzuleiten und auch umzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Um es zu erleichtern, legale Arbeit zu finden, hat diese Bundesregierung bereits erste und, wie ich glaube, auch richtige Maßnahmen getroffen. Die Novelle zur Gewerbeordnung hat zweifelsohne einen leichteren Zugang zur Ausübung eines Gewerbes und damit eine Kostensenkung gebracht. Die Kostenfrage stellt sich ja nicht nur im steuerpolitischen und im sozialrechtlichen Bereich dar, sondern die Kostenfrage stellt sich ja sehr oft auch im unternehmenspolitischen Bereich. Zu lange Verfahrensdauer, zu hohe Verfahrenskosten – auch das sind belastende Faktoren.

Mit dieser Gewerbeordnung hat die Regierung einen sehr vernünftigen Weg beschritten. Es war nicht leicht, denn es gibt sehr viele verschiedene Interessen, aber diese konnten koordiniert werden, und ich meine, das gehört sehr deutlich als Positivum herausgestrichen.

Meine Damen und Herren! Arbeit muß Beiträge bringen, und zwar Beiträge zum Sozialsystem. Wir alle greifen ja zu, wir alle wollen und brauchen ja von diesem Sozialsystem Leistungen, und wenn diese Vorleistungen der Beiträge nicht aus dem Faktor Arbeit kommen, dann frage ich Sie: Womit wollen Sie all diese Leistungen, die wir durch Gesetze normiert haben, bedecken? – Da haben wir wenig Spielraum, und deshalb glaube ich, daß man mit der Werkvertragsregelung einen richtigen Weg beschritten hat. Natürlich gibt es da auch noch manche Schwachstellen, keine Frage, aber es war dies ein sehr vernünftiger Weg, da die sozialrechtlichen und steuerrechtlichen Regelungen akkordiert worden sind.

Das in Diskussion stehende Schwarzarbeitsgesetz wurde vom Kollegen Dr. Feuerstein schon angesprochen; ich brauche mich dazu nicht mehr zu äußern. Ich meine, Sanktionen sind auch in anderen Bereichen zu erwarten, nämlich dort, wo Sozialleistungen empfangen werden und nebenbei Schwarzarbeit geleistet wird. Da muß man einmal sehr deutlich sagen: Bis hierher und keinen Schritt weiter! Wer gegen Gesetze verstößt, kann keine Nachsicht erwarten, egal, wo er steht und was er tut. Wir alle müssen gemeinsam für mehr Korrektheit sorgen.

Wir brauchen auch eine bessere Ausbildung, wir brauchen permanente Weiterbildung, wir brauchen eine bedarfsorientiere Jobvermittlung. Bei allen diesen Entscheidungen – und das hat mir sehr gefallen, Frau Bundesminister – soll man aber die Kirche im Dorf lassen. Sie haben in diesem Zusammenhang sehr klar die Nachbarschaftshilfe angesprochen. Meine Damen und Herren! Es liegt doch nicht in unserem Interesse, alles und jedes unter Kontrolle, unter Verbot zu stellen. Wir brauchen gerade da eine vernünftige, argumentierbare Toleranzbreite im Interesse einer vernünftigen wirtschaftlichen Entwicklung unserer Familien, der Bürger unseres Staates und unserer Wirtschaft allgemein. Diese Erklärung, Frau Minister, war eine wirklich taugliche und gute, sie verdient unsere Anerkennung und Wertschätzung. Unser Ziel muß es sein, durch vernünftige Rahmenbedingungen legale Arbeit für möglichst viele Bürger zu schaffen. Das wünschen sich die Bürger, und ich glaube, da steht die Politik vor einer riesengroßen Herausforderung.

Die Politik in Österreich, die Politik in Europa – wir alle sind gefordert, und wir haben diese Themen nicht nur heute und hier zu diskutieren, sondern wir haben uns tagtäglich dieser Diskussion zu stellen und gemeinsam nach vernünftigen, brauchbaren und anwendbaren Lösungen zu suchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 9 Minuten Restredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.27

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Schwarzarbeit nimmt zu. Das hat im Prinzip jeder Vorredner und jede Vorrednerin hier bedauert. Es steigt aber auch die Steuer- und Abgabenbelastung, und diese beiden Faktoren sind untrennbar miteinander verbunden.

Die Kosten für die österreichischen Familien steigen auf der einen Seite durch die kalte Progression. Das Lohnsteueraufkommen betrug im Jahre 1989 noch 88 Milliarden Schilling. Bis zum Jahre 1997 ist es auf 183 Milliarden Schilling angestiegen, also ein Plus von 95 Milliarden Schilling, und wir werden heuer die 200 Milliarden-Schilling-Grenze überschreiten.

Auf der anderen Seite ist die österreichische Bevölkerung durch die beiden Sparpakete geschröpft worden, genauso wie durch Gebühren-, Abgaben- und Tariferhöhungen, die ja schlußendlich vom Nettoeinkommen zu bezahlen sind. Ich erinnere nur an die Erhöhungen bei Post und Bahn, es wurde die Krankenscheingebühr eingeführt, die Rezeptgebühren wurden ein paarmal erhöht, die Gebühren für Müll, Wasser, Abwasser, Strom und Gas wurden erhöht, es gibt heute keine Geburtenbeihilfe mehr, und die Abschreibung für die Sonderausgaben wurden um die Hälfte gekürzt.

Wenn man bedenkt – und das ist alles schon gesagt worden –, daß ein Arbeitnehmer einen ganzen Tag beziehungsweise acht Stunden lang arbeiten muß, um eine Stunde Arbeit eines Professionisten zu bezahlen, egal, ob das jetzt ein Kfz-Mechaniker oder sonst ein Handwerker ist, muß man feststellen: Mit dem derzeitigen Steuersystem, sehr geehrte Damen und Herren, treiben Sie die österreichische Bevölkerung ganz einfach in die Schwarzarbeit. Sie unterstützen das Nichtstun und fördern diese Schwarzarbeit noch, Frau Bundesminister. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Lohnnebenkosten haben bei uns in Österreich ein solches Ausmaß erreicht, daß es sich jeder überlegt, einen Professionisten zu beschäftigen. Man kauft das Material lieber selbst ein und läßt die entsprechenden Arbeiten dann in der Schattenwirtschaft durchführen. Ein großer Teil fällt natürlich auch unter Nachbarschaftshilfe. Diese schließe ich natürlich von der Schwarzarbeit absolut aus, denn diese soll es auch in Zukunft geben.

Man möchte also eine eigene Behörde zur Bekämpfung der Schwarzarbeit einsetzen. Ich frage mich: Wieviel Personal wird dafür benötigt? Werden da neue Arbeitsplätze geschaffen? – Na ja, etliche schon, aber andere wären mir lieber. Wie hoch sind die Kosten für dieses Personal, und rentiert sich das überhaupt?

Wir haben heute schon ein Zuviel an Verwaltung – und Verwaltung verschwendet bekanntlich Steuergeld –, und die Verwaltung wird dadurch noch unnötig aufgebläht. Was wir brauchen, ist eine Entsteuerung des Faktors Arbeit, ein höheres Nettoeinkommen, denn die Differenz zwischen dem Bruttoeinkommen eines Arbeitnehmers und dem, was er netto herausbekommt, ist ganz einfach zu hoch. Der Mitarbeiter wird für den Betrieb zu teuer, aber er verdient zuwenig.

Was wir weiters brauchen, ist eine Stärkung der Kaufkraft und eine Verbesserung des Wirtschaftsstandortes. Aber weniger Einkommen und höhere Steuern und Abgaben bedeuten auch weniger Kaufkraft und weniger Wirtschaftswachstum.

Sehr geehrte Damen und Herren aller Couleurs! Wenn Sie den Pfusch wirklich wirkungsvoll einschränken wollen, dann senken Sie die Steuern! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Leikam. 6 Minuten Restredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.31

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich werde die Redezeit von 6 Minuten sicherlich nicht benötigen. An und für sich wollte ich eine tatsächliche Berichtigung anbringen, allerdings zu einem Tagesordnungspunkt, der schon abgeschlossen ist, und daher ist das nicht möglich. Ich nütze daher diese Debatte, weil das Thema an sich gut dazupaßt.

Wir haben heute wieder einmal erlebt, wie sehr sich der Bundesparteiobmann der Freiheitlichen dagegen wehrt, daß irgend etwas in diesem Lande kontrolliert wird. Man bringt aber doch ein gewisses Verständnis für seinen Standpunkt auf, wenn man weiß, welche Sitten in der Freiheitlichen Partei herrschen.

In dieser Debatte sind natürlich auch einige Bemerkungen gefallen, die man so nicht im Raum stehenlassen kann. Kollege Peter hat gemeint, es sei ganz normal, daß etwa 10 000 von 40 000 Wirten praktisch Steuern hinterziehen müssen und schwarzarbeiten, weil sie sonst keine Überlebenschance haben. Das war praktisch eine Einladung zur Schwarzarbeit. (Abg. Mag. Peter: Eine Einladung zum Nachdenken!) Dann muß in diesem Zusammenhang auch einmal gefragt werden: Wie schaut es mit dem Lohnniveau aus?

Ich kenne keinen einzigen Unternehmer, der nur einen Schilling an Lohnerhöhung freiwillig seinen Arbeitnehmern auszahlen würde. In diesen Tagen, in diesen Wochen und Monaten kämpfen unsere Gewerkschafter wieder einmal um jeden Groschen und um jeden Schilling; und es ist eine Schande, Kollege Peter – und das ist mit ein Grund, warum sich manche tatsächlich die hohen Kosten für Arbeitsstunden von Professionisten nicht mehr leisten können –, wenn es heute noch immer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt, die nicht einmal 15 000 S Nettoeinkommen haben. Das ist dann wirklich ein Problem für diese Leute, denn sie können diese Professionistenstunden sicherlich nicht bezahlen. Also: Wenn wir über Schwarzarbeit diskutieren, sollten wir auch die Lohndiskussion mit einbinden.

Aber ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich klarstellen möchte, daß Herr Dr. Haider heute vormittag in seinem Beitrag zur Tourismusentwicklung nicht zum ersten Mal und wahrscheinlich auch nicht zum letzten Mal absolut die Unwahrheit behauptet hat. Er hat nämlich behauptet, daß in einem Betrieb am Katschberg ein Lehrherr, also der Arbeitgeber, aufgrund einer Kontrolle des Arbeitsinspektors 42 000 S Strafe zahlen habe müssen, weil sein Lehrmädchen nach der Dienstzeit im Lokal noch mit dem Arbeitsgewand angetroffen worden sei.

Das ist völlig falsch. Ich habe mich beim Arbeitsinspektorat in Kärnten informiert, ebenso beim Arbeitsinspektorat in Salzburg. Tatsache ist, meine Damen und Herren, daß es seit 1991, also seit sieben Jahren überhaupt keine Kontrollen mehr in einem Betrieb am Katschberg gegeben hat (Abg. Marizzi: Unerhört!), überhaupt keine Kontrollen, und daß es vorher einige Fälle gegeben hat, kleinere Fälle, in denen Strafen zwischen 1 000 und 3 000 S ausgesprochen worden sind. Also: Herr Dr. Haider hat heute hier wieder einmal die Unwahrheit gesagt, nur um seine Argumente entsprechend zu untermauern. Er hat hier also gelogen; ich möchte es so bezeichnen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. 5 Minuten Restredezeit. – Bitte.

17.35

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Das, was Kollege Leikam hier von sich gegeben hat, weise ich auf das Entschiedenste zurück. Er weiß alles, er kann alles, er hat alles im Griff, es gibt sofortige Telefonate – wie beim KGB.

Ich sage Ihnen jetzt etwas, was Sie gleich morgen früh hinterfragen können: Ihr Landtagsabgeordneter Kollmann, Günstling aus der ÖTK, der als Arbeitsmarktservicedirektor in Kärnten beim Sozialhilfeplan tätig ist, ist im Jahre 1996 zu einer Geldstrafe von 5 000 S verurteilt worden, weil er Illegale beschäftigt hat. (Abg. Leikam: Wie war das mit dem Lehrling? – Abg. Dr. Kostelka: Wie war das mit dem Lehrling?) Das ist die Realität bei Ihnen! Fragen Sie nach! Da können Sie morgen nachfragen, das ist Ihre Sicht der Dinge! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Wie war das mit dem Lehrling?)

Aber jetzt zum eigentlichen Thema, Herr Kostelka, oder sollen wir die alten Sachen aufwärmen? Das können wir auch einmal machen. (Abg. Koppler: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun!) Jetzt zum Thema der Dringlichen Anfrage, Herr Koppler; ich komme schon dazu. Eure Sozialministerin ist ja an und für sich ein positiv denkender Mensch (Beifall des Abg. Schwemlein), ein positiver Mensch; daher soll sie positive Anreize dafür schaffen, daß die Schwarzarbeit in diesem Land eingedämmt wird – aber nicht durch ständige Kontrollen, durch den Einsatz von Kopfgeldjägern, denn nichts anderes ist es, wenn man wieder 184 zusätzliche Bedienstete braucht, 60 Millionen Schilling an Personalkosten verursachen. (Abg. Dr. Krammer: Unterm Tisch ist er gesessen, der Schwarzarbeiter vom Haider, versteckt hat er sich!) Das ist etwa das, was Sie an Strafen von den illegal Beschäftigten hereinbekommen haben, wenn ich das richtig im Gedächtnis habe.

Setzen Sie positive Anreize anstelle des Einsatzes von Kopfgeldjägern, und definieren Sie in Ihrem Gesetzentwurf einmal ganz eindeutig, auch legistisch nachvollziehbar, was Nachbarschaftshilfe ist! Es sind nämlich Juristen, die damit nichts anfangen können, die Ihnen empfehlen, Ihren Gesetzentwurf wieder zurückzunehmen und neu auszuarbeiten. So kann es nicht funktionieren, weil es auch vor dem Verfassungsgerichtshof nicht halten wird.

Kollege Peter hat gemeint, vor 25 Jahren war der Pfusch noch nicht so ausgeprägt. Ich glaube, auch damals ist gepfuscht worden, nur waren die Differenzen nicht so groß wie heute. Wie soll jemand, der 15 000 S im Monat verdient – und wenn er sie hat, ist er schon glücklich –, überleben, wenn er zwei Kinder hat, die vielleicht beide studieren? – Das ist das sozialistische System. Herr Leikam machte hier am Rednerpult eine Selbstanklage, indem er sagte, 30 Jahre Sozialismus lassen es zu, daß die arbeitenden Menschen nicht einmal 15 000 S haben. Das ist Ihre Form der Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich lasse es nicht zu, daß es zu einer Kriminalisierung der Häuselbauer in Österreich kommt; daran wird ja auch gedacht. Liebe Frau Ministerin! Wenn die Definition der Nachbarschaftshilfe bei Ihnen derart ist, wie Sie es heute ausgeführt haben, dann führt das dazu, daß alle Häuselbauer in dieser Republik kriminalisiert werden. Wir werden uns dagegen zu wehren wissen. (Abg. Marizzi: Ist der Prinzhorn der erste "flat-tax"-Flüchtling?) – Du mußt ihn fragen, was ihn dazu veranlaßt, eine so nette Gemeinschaft zu verlassen.

Tatsache ist, daß auch die Antragsteller der Dringlichen Anfrage von heute seinerzeit die Forderungen der Freiheitlichen Partei, auf den Baustellen Lichtbildausweise einzuführen, mißachtet haben. Das wäre eine der ersten Maßnahmen gewesen, um illegale Beschäftigung in gewerbsmäßigem Ausmaß zu verhindern. Sie kriminalisieren alles, was irgendwie im Zusammenhang auch mit der Nachbarschaftshilfe steht. Ich möchte von Ihnen noch einmal wissen, wie sich dieser – jetzt korrigierte – Betrag von 54,3 Millionen Schilling zusammensetzt. Sind das die reinen Personalkosten, oder ist der Sachaufwand dabei, sind die Verwaltungskosten dabei? Was ist das für ein Betrag? – Das ist ein Betrag, der in Ihrem Gesetzentwurf ausgewiesen ist, und daher hätte ich gerne eine Antwort.

Zusammenfassend möchte ich sagen, der Gesetzentwurf, wie er heute vorliegt, ist in sich ein Pfusch, wie schon in der Dringlichen Anfrage festgestellt wurde. Daher würde ich Ihnen dringend empfehlen, diesen Gesetzentwurf zurückzunehmen, neu zu überdenken, zu überarbeiten und dann wieder einzubringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zu einer Abstimmung, und ich bitte daher die Damen und Herren Abgeordneten, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schaffenrath und Genossen betreffend steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

6. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1274 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden (1458 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1156 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Handelsstatistische Gesetz 1995 geändert wird (1459 der Beilagen)

8. Punkt

Regierungsvorlage: Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken, angenommen in Madrid am 27. Juni 1989 (1315 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kehren nun zur Tagesordnung zurück. Ich rufe die Punkte 6 bis 8 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Wir treten daher in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als erster Redner Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.41

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Mein Debattenbeitrag bezieht sich auf die vorliegende Regierungsvorlage für das Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden. Diese Gesetzesvorlage hat mit den meisten österreichischen Gesetzen eines gemeinsam: Sie hat durch viele laufende, kleine Änderungen einen Zustand erreicht, bei dem sich ein Innovator ohne Hilfe eines Patentanwaltes im Gestrüpp der Bestimmungen nicht mehr auskennt. Diese Patentanwälte müssen für ihre Auftraggeber nun sehr rasche und vor allem gute Recherchen durchführen. Durch die Veräußerung des internationalen Patentinformationszentrums aus Wien an das Europäische Patentamt wenden sich diese Patentanwälte mehr und mehr gleich von vornherein an das Europäische Patentamt in München. Außerdem ist dies heute online möglich. Überdies ist Österreich dem Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente beigetreten.

Was heißt das? – Es gibt eine Verlagerung der Arbeiten von den nationalen Patentämtern hin zum Europäischen Patentamt. Daher geht meine Kritik dahin, daß es nicht entscheidend ist, ob laufend kleine Anpassungen an die EU-Gesetzgebung vorgenommen werden wie in diesem besagten Fall, entscheidend ist doch, daß den Veränderungen durch den EU-Beitritt und den weiteren globalen Entwicklungen Rechnung getragen wird und daher neue Gesetze geschaffen werden, die den österreichischen Institutionen die Chance geben, gestaltend mitzuwirken. Allein durch die Abgabe des internationalen Patentinformationszentrums wurde aber das Österreichische Patentamt in sich geschwächt, anstatt es durch Hereinnahme europäischer Agenden zu stärken – eine Maßnahme, die den österreichischen Innovationsprozeß schädigen wird, statt ihn zu fördern.

Als Konsequenz daraus wird es eine Entwicklung geben, die die Abgabe des Österreichischen Patentamtes an das Europäische Patentamt zur Folge haben wird – zumindest langfristig gesehen. Das wäre aber fatal für die österreichischen Innovateure. Das wäre auch ein großer Verlust, ja ich möchte fast sagen, eine Vernichtung der hochwertigen Arbeit der hervorragenden Experten im heutigen Österreichischen Patentamt.

Frau Bundesminister! Noch etwas möchte ich sagen, mit der Bitte, es an Ihren geschätzten Kollegen Wirtschaftsminister weiterzugeben. Die Patent- und Musterschutzgesetze wurden zusammengewürfelt. Es wurde festgestellt und von Minister Farnleitner hier auch vorgetragen, daß Österreich, wenn man Patent- und Musterschutzanmeldungen zusammenlegt, in Europa zu den führenden Anmelderländern gehören würde. Die Praxiswahrheit ist, daß der Musterschutz in dieser Form nur in Österreich Bedeutung hat – vielleicht noch abgeschwächt in Deutschland, aber darüber hinaus ist der Musterschutz bedeutungslos, vor allem in Übersee. Es gibt also keinen tatsächlichen Schutz für innovative österreichische Musterschutzanmeldungen im Ausland. – Dieser Gesetzesvorlage können wir daher nicht unsere Zustimmung geben.

Das ebenfalls in Verhandlung stehende Bundesgesetz, mit dem das Handelsstatistische Gesetz 1995 geändert wird, bringt entsprechende Vorteile, daher werden wir diesem zustimmen.

Ich möchte aber zum Schluß noch einige Worte zur Regierungsvorlage über das Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken sagen, das im Juni 1989 in Madrid angenommen und von Österreich am 29. Dezember 1989 unterzeichnet wurde. Es geht hiebei um die Ratifikation des Protokolls, zu dem Österreich verpflichtet ist. Wir werden dem nicht entgegenstehen, sondern unsere Zustimmung geben. Aber dessenungeachtet ist Kritik daran anzubringen, daß das Protokoll bereits mit 1. Dezember 1995 in Kraft getreten ist, aber wir dieses erst jetzt ratifizieren. Das heißt, wir haben auf die Vorteile, die dieses Protokoll für Österreichs Markenanmelder bringt – etwa auf die Möglichkeit zum erleichterten Markenerwerb in Staaten, die bisher nur durch gesonderte nationale Anmeldungen erreichbar waren, oder auf die Möglichkeit der aktiven Gestaltung und Mitsprache im Rahmen der Versammlung des Madrider Verbandes –, drei Jahre lang verzichtet. Wir haben darauf verzichtet! Von einer rasch und effizient arbeitenden Regierung kann in einem solchen Fall natürlich nicht gesprochen werden. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.46

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Patentanmeldungen sind ein guter Indikator für die Innovationskraft einer Volkswirtschaft. (Abg. Ing. Nußbaumer: Es gibt keine in Österreich!) Herr Kollege Nußbaumer! Im Vergleich der EU-Länder liegen wir gar nicht so schlecht. Wir liegen immerhin im Mittelfeld. (Abg. Ing. Nußbaumer: Ich habe gerade ausgeführt, daß es keinen Schutz dafür gibt!) Mit zirka 400 Erfindungsanmeldungen im Jahr pro 1 Million Einwohner liegen wir auf dem guten – oder nicht so guten, je nachdem, wie Sie es sehen – sechsten Platz. Wir haben immerhin 3 230 Erfindungsanmeldungen. Ich gebe aber zu, daß wir hinter Deutschland, Finnland und Schweden liegen. Hinter uns liegen immerhin noch Großbritannien, Frankreich, Italien und Belgien – also durchaus auch ehrenwerte EU-Mitgliedsländer. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser.)

Die vorliegende Novelle des Patentgesetzes, des Patentverträge-Einführungsgesetzes sowie des Gebrauchsmustergesetzes verbessert für die österreichischen Unternehmer und Erfinder die bestehenden Möglichkeiten. Neben Anpassungen an Änderungen in internationalen Verträgen bringt diese Novelle auch Verfahrensvereinfachungen mit sich, die vor allem eine Effizienzsteigerung des Österreichischen Patentamtes ermöglichen.

Die Aufnahme der bisher in einer Verordnung geregelten Teilrechtsfähigkeit des Patentamtes in das Gesetz wird auch zusätzliche Rechtssicherheit für diese Organisation mit sich bringen. Von größter Bedeutung aber sind jene Änderungen in der Novelle, die für österreichische Erfinder den Zugang zum Patentschutz verbessern. Dies betrifft vor allem die vorgesehene Möglichkeit einer Abzweigung, die künftig auch von europäischen und BCT-Anmeldungen möglich sein wird, sowie die erstmals in Österreich vorgesehene Möglichkeit der Nutzung der inneren Priorität. Gerade diese beiden Möglichkeiten sind sehr wichtig, weil Patentanmeldungen bei uns gerade für klein- und mittelständische Unternehmen von großer Bedeutung sind.

Die Novelle gewährleistet aber auch, daß das in Europa bestehende duale Schutzsystem weiter ausgebaut wird. Dieses duale Schutzsystem, das Vorhandensein von Patenten nach dem europäischen Verfahren sowie nach den jeweiligen nationalen Anmelde- und Patentverfahren, ermöglicht es nämlich den Wirtschaftsteilnehmern zu wählen, ob sie in Europa anmelden wollen oder ob sie dies in Österreich tun wollen. Vor allem aber für österreichische Betriebe ist die Anmeldung beim Österreichischen Patentamt wichtig. Immerhin melden 80 Prozent aller österreichischen Erfinder ihre Erfindungen auf dem nationalen Weg an.

Wir vermerken da sehr wohl eine positive Entwicklung. In den letzten fünf Jahren hat sich die Anzahl der Anmeldungen von österreichischen Unternehmen beim Österreichischen Patentamt um 6,5 Prozent erhöht. Wir sind auf diese Tendenz durchaus stolz.

Herr Kollege Nußbaumer! Ich möchte schon darauf hinweisen, daß die Wirtschaftskammern im Rahmen ihrer Patentsprechtage wohl auch Patentanwälte zum Einsatz bringen, die die Vorbereitungen für die österreichischen Erfinder wesentlich vorantreiben und damit das Prüfverfahren beim Österreichischen Patentamt wesentlich erleichtern.

Insgesamt, so meine ich, wird das Schutzrechtssystem in Europa, aber vor allem auch das österreichische Schutzrechtssystem, durch die vorliegende Novelle wesentlich verbessert, und wir können daher dieser Vorlage durchaus berechtigt unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

17.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.51

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Das Patentrecht ist für viele eine sehr trockene Materie. Ich halte sie im internationalen Bereich, auf den ich zu sprechen kommen möchte, für eine unglaublich spannende Sache und vor allem auch im Hinblick auf verschiedene internationale Umweltübereinkommen für höchst wichtig. Die Vorredner haben es bereits kurz angesprochen, ich möchte daher nur sehr kurz darauf eingehen.

Es gibt seit 1978 neben dem nationalen Patentwesen ein Europäisches Patentamt in München, wie Sie alle wissen. Es ist zweifellos so, daß sich viele Bereiche von der nationalen auf die europäische Ebene verlagert haben und auch noch weiter verlagern werden. Die Fragen der Umstrukturierung und auch die teilweise Verkleinerung des Österreichischen Patentamtes werden sicher in den nächsten Jahren noch zu diskutieren sein.

Ich möchte aber auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen. Ich möchte die wenigen Abgeordneten im Saal, die normalerweise zu ökologischen Fragen reden, auf einen Punkt aufmerksam machen: Was hier heute beschlossen werden soll, ist mehr oder weniger die Ratifizierung eines Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums. Das berühmte TRIPS-Abkommen von 1995 ist bei der Umweltdebatte heftig kritisiert worden und wird nach wie vor von fast allen Umweltschützern weltweit heftig abgelehnt.

Es handelt sich dabei um den großen Bereich der Artenvielfalt, aber auch um die Frage des Patents auf Leben. Ich möchte alle Umweltschützer, alle Naturschützer daran erinnern, daß 1992 bei der Konferenz in Rio eine große Konvention verabschiedet wurde, die auch Österreich ratifiziert hat, nämlich die Konvention zum Schutz der Artenvielfalt. Dort wurde eine neue Strategie beschlossen, nämlich daß Artenvielfalt nationales Eigentum sei und daß damit auch die Ressourcen, die sich aufgrund der Artenvielfalt ökonomisch lukrieren lassen, mit dem entsprechenden Land auch geteilt werden müssen. Das ist genau der gegenteilige Ansatz, der noch bis vor kurzem galt.

Es gab das FAO-Abkommen, Herr Bundesminister, die Regelung von 1989, die FAO Undertaking, wobei genau die gegenteilige Philosophie vorherrschte, indem man sagte, Naturressourcen sind eigentlich Allgemeingut. Ein Pharmaunternehmen, ein Gen-Konzern, ein Chemie-Konzern, der in ein Land, sei es Costa Rica, sei es Brasilien, fährt, dort eine Pflanze entwendet und aus dieser ein Medikament herstellt, hat das Eigentum nicht nur auf dieses Patent, sondern natürlich auch auf die in der Folge gemachten Gewinne, sofern es vorher entsprechend patentiert wurde.

Mit dieser Regelung wurde in der wichtigen Biodiversity Konvention gebrochen, indem gesagt wurde, nein, die Länder, gerade die Entwicklungsländer sollen von ihren natürlichen Ressourcen profitieren. Gleichzeitig gab es aber die großen Liberalisierungsbestrebungen im Handelsbereich. Im Jahre 1995 wurden das WTO-Abkommen und gleichzeitig das TRIPS-Abkommen abgeschlossen, das auf die Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums von 1995 bezogen ist.

Herr Bundesminister! Eines würde mich interessieren, weil es mich bei meiner Arbeit immer wieder betrifft. 1999 soll eine Revision im Rahmen der WTO zum TRIPS-Abkommen erfolgen, und mich würde die österreichische Position dazu interessieren. Das Prinzip des TRIPS-Abkommens unterscheidet sich diametral von jenem der Biodiversity Konvention, und es gibt auch einen heftigen Rechtsstreit darüber. Wenn Sie oder Ihre Experten sich die verschiedenen Publikationen zum internationalen Patentrecht ansehen, dann werden Sie bemerken, daß es zwei einander völlig widersprechende Regelungen sind. Sie haben die Biodiversity Konvention, bei der nicht nur der Schutz der Artenvielfalt, sondern vor allem der ökonomische Nutzen, der mit dem Land, sei es Brasilien, sei es Costa Rica, geteilt werden muß, im Mittelpunkt stehen. Sie haben das andere Prinzip im Rahmen dieses TRIPS-Abkommens, bei dem es eigentlich mehr um die Privatisierung der Naturgüter geht und weniger um den Schutz des Eigentums.

Es gibt die berühmten Beispiele des Niem-Baumes, aber auch des Basmati-Reises, der gerade in Diskussion ist. Ein amerikanischer Konzern hat ein Patent darauf angemeldet, welches es beispielsweise den Indern mehr als erschweren würde, so wie bisher ihren Basmati-Reis unter diesem Namen zu verkaufen. Mich würde einfach interessieren: Gibt es aus Ihrem Ressort entsprechende Informationen dazu? – Es wird – das steht fest – nächstes Jahr dieses TRIPS-Abkommen, das heute hier beschlossen werden soll, in Diskussion stehen. Ich werde diesem sicher nicht zustimmen, weil ich es für wirklich schlecht halte. Ich glaube auch nicht, daß sich irgend jemand hier in diesem Hohen Haus darüber Gedanken gemacht hat, was dieses TRIPS-Abkommen eigentlich bedeutet.

Sie sind jetzt EU-Ratsvorsitzender, und ich nehme an, daß es eigentlich auch von seiten der EU eine Position zur Revision des TRIPS-Abkommens geben müßte. Mich würde gerade in Ihrer Funktion als EU-Vorsitzender der Wirtschaftsminister interessieren, welche Position Österreich vertritt, aber vor allem, welche Position die Europäische Union hinsichtlich dieser Revision nächstes Jahr einnehmen wird. Ich frage mich auch, ob dann die rechtliche Diskrepanz, die derzeit zwischen diesen beiden internationalen Verträgen herrscht, in irgend einer Weise bereinigt werden wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.57

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Patentgesetz, das Patentverträge-Einführungsgesetz und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden, ist grundsätzlich zuzustimmen.

Diese Novelle ist notwendig geworden, sie geht auf einen Wunsch der Wirtschaft zurück, weil dabei insbesondere die Service- und Interventionsleistungen detaillierter geregelt werden. Es geht dabei um § 58a des Patentgesetzes. Trotzdem, Hohes Haus, kann man diese Bestimmung weiterhin nicht unkritisch sehen. Das Patentamt ist in Österreich eine Behörde und aufgrund der Teilrechtsfähigkeit eine juristische Person. Diese Teilrechtsfähigkeit ist begrenzt und ergibt sich aufgrund des Aufgabenkataloges aus dem Gesetz. Trotzdem ergeben sich jetzt noch aus meiner Sicht einige Fragen und zivilrechtliche Problemstellungen.

Erlauben Sie, daß ich diese kurz darstelle: Mich verwundert, daß bislang noch nicht daran gedacht worden ist, diesen Bereich der Teilrechtsfähigkeit in eine Kapitalgesellschaft auszugliedern. Ich frage mich, ob die Haftungsregelungen, die insbesondere Leitungsorgane treffen – hier richtet sich die Haftung nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, nach § 1199 ABGB –, glücklich gewählt sind. Ich frage mich: Wie schaut es eigentlich mit der Insolvenzfähigkeit des teilrechtsfähigen Patentamtes aus? Ich frage mich auch: Warum wurde kein Mindesthaftungskapital vorgesehen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die Diskussion über das Patentwesen muß daher gerade in diesen Fragen weitergehen. Die Diskussion muß aber auch unter europäischen Gesichtspunkten geführt werden. Wir haben nationale Patente in den Mitgliedstaaten, wir haben unterschiedliche Regelungen pro Mitgliedstaat. Wir haben, wie es meine Vorrednerin bereits angedeutet hat, ein europäisches Patent, das ist ein Bündelpatent, wobei der Anmelder bekanntgibt, in welchem Land das Patent gelten soll. Beim Münchner Patentamt gibt es jährlich zirka 90 000 Anmeldungen.

Daneben gibt es das Gemeinschaftspatent. Dieses Gemeinschaftspatent kann sich derzeit nicht durchsetzen. Das dürfte, wenn man sich das Grünbuch entsprechend durchliest, mit der Sprachenproblematik, mit dem Verwaltungsaufwand und auch mit offenen Rechtsfragen zusammenhängen. Denn es geht um die grundsätzliche Fragestellung: Wir haben nun in Europa eine einheitliche Währung, aber wir haben es bis heute nicht geschafft, ein einheitliches System für den Schutz von Erfindungen zu schaffen. Daher stellt die Kommission zu Recht die Frage, ob der gewerbliche Rechtsschutz nicht besser durch Vorschriften des Gemeinschaftsrechtes als durch ein Übereinkommen in den Griff bekommen werden soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Aus meiner Sicht würde ein Gemeinschaftsrecht für die Wirtschaft Vorteile schaffen. Daher bin ich etwas bedrückt, wenn ich mir die Diskussion auf der europäischen Ebene vor Augen halte.

Kollege Trinkl von der ÖVP hat noch davon gesprochen, daß die Patente für die Klein- und Mittelbetriebe sehr wichtig seien. Aber die Abgeordneten der Europäischen Volksparteien haben in der Diskussion, als es um die Klein- und Mittelbetriebe gegangen ist, als es darum gegangen ist, Erleichterungen bei diesem Gemeinschaftspatent durchzusetzen, im Europäischen Parlament beziehungsweise im Ausschuß dagegengestimmt. Es ging um die Frage, in welcher Amtssprache eingereicht werden soll, es ging um die Frage eines 50prozentigen Nachlasses. (Abg. Dr. Puttinger: Über 80 Prozent!) Ich muß schon sagen, ich war sehr überrascht darüber, daß die Mitglieder der Europäischen Volksparteien dem Antrag der Sozialdemokraten nicht folgen konnten.

Herr Bundesminister! Ich glaube, daß die heutige Diskussion weitergeführt werden muß, daß es uns auf europäischer Ebene gelingen muß, mit einer Stimme zu sprechen, insbesondere dann, wenn es im Rahmen der transatlantischen Verhandlungen um ein weltweites Patentwesen geht. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haigermoser. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.02

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich werde versuchen, einige Eckpunkte die Statistik betreffend in aller Kürze darzulegen.

Meine Damen und Herren! Sie wissen genau, daß die Statistik insgesamt eines jener Unternehmungen – so sage ich es einmal – ist, die die Unternehmer in weiten Bereichen zur Weißglut bringen – natürlich unbeschadet des Faktums, daß die Statistik in entsprechender Form notwendig ist.

Vorweg gleich einmal die positive Botschaft: Wir Freiheitlichen stimmen der Änderung dieses Handelsstatistischen Gesetzes, Herr Bundesminister, zu, weil damit eine Verbesserung der derzeitigen Situation erreicht wird. Das heißt, daß im Verordnungsentwurf festgelegt wird, daß auskunftspflichtige Unternehmen, deren Eingänge oder Versendungen jährlich unter 50 Millionen Schilling liegen, von der Ermittlung des statistischen Wertes befreit sind. Das wäre einmal die positive Botschaft. Das habe ich auch im Ausschuß schon so dargestellt.

Als zweites darf ich sagen, daß wir auch dem Madrider Abkommen zustimmen, weil es für die österreichischen Markenanmelder Vorteile mit sich bringt und daher ein Schritt in die richtige Richtung ist. Soweit die positive Nachricht.

Faktum ist aber, Herr Kollege Trinkl, daß betreffend die gesamtstatistische Problematik laut Wirtschaftskammeraussage den Unternehmern der "Statistikkragen" platzt. Herr Bundesminister! Sie sind aber in Ihrer Verantwortung in der Bundesregierung zum Bundeskanzler zugeordnet und mitverantwortlich, daß ein einstimmiger Entschließungsantrag vom Juli 1997 zum Thema Statistikentlastungsoffensive bis dato seitens der Regierung nicht behandelt und umgesetzt wurde. (Abg. Dr. Trinkl: Was Farnleitner konnte, hat er heute hier vorgelegt!)

Das heißt also, das Parlament interessiert Sie nicht, Herr Bundesminister! Diese Regierung hat einen einstimmigen Beschluß gefaßt, und die Regierung ist nicht einmal säumig. Sie sagt, das geht mich nichts an. Sie schiebt das weg, in die unterste, tiefste Schublade. (Abg. Dr. Trinkl: Für alle Statistiken ist aber nicht der Wirtschaftsminister zuständig!)

Kollege Trinkl! Mir glaubst du jetzt nicht! Aber ich habe das einer dir nicht unbekannten Zeitschrift entnommen, und zwar den "Kammernachrichten der Oberösterreichischen Wirtschaftskammer", also dem Leitblatt des Herrn Kaun, der genau das moniert, nämlich daß mit dem Parlament umgegangen wird, als ginge das die Verantwortlichen in der Regierung nichts an.

Meine Damen und Herren! Das sollte sich ein selbstbewußtes Parlament nicht gefallen lassen! Ich verstehe nicht, Kollege Trinkl, daß dir das einfach nur ein Lächeln entlockt und daß du sagst: Es ist mir Wurscht, ich habe einmal die Hände im Hosensack, und im übrigen geht mich das nichts an.

Meine Damen und Herren! Genau diese Dinge führen dazu, daß euch die Unternehmer immer weniger glauben. Denn wie sonst könnte es sein, daß einerseits, wie gesagt, ein Aufschrei wegen der gestiegenen Kosten und des Aufwandes für Statistik erfolgt und auf der anderen Seite einstimmige Entschließungsanträge, Herr Bundesminister, nicht umgesetzt werden?

Ich weiß, der Bundeskanzler ist hiefür zuständig, aber ich bitte Sie inständigst, noch vor Ablauf dieser Legislaturperiode darauf zu drängen, daß zumindest Pläne, wie man diesen Statistikwahn eindämmen könnte, auf den Tisch kommen.

Herr Bundesminister! Es ist auch höchste Zeit, im Statistischen Zentralamt nach dem Rechten zu sehen. Es ist einiges passiert – im Positiven –, aber es ist noch nicht alles im Reinen. Ich meine daher, es sollte nicht so weitergehen, daß immer wieder neue Statistikfluten erfunden werden und schlußendlich die Gewerbetreibenden und die Unternehmer die Zeche zu bezahlen haben.

Sie haben uns zu guter Letzt noch versprochen, daß Sie vor Jahresfrist im Bereich Intrastat auf europäischer Ebene tätig werden wollen. Jetzt hätte es genug Gelegenheit gegeben, anläßlich der EU-Vorsitzführung tätig zu werden und diese Intrastat-Problematik darauf zu beschränken, daß nur der jeweils ausführende Wirtschaftstreibende diese Statistik abzugeben hat und nicht auch die importierenden. Diese Doppelgleisigkeit sollte man schleunigst die Donau hinuntergehen lassen. Sie sollten die letzten Tage Ihrer Vorsitzführung in der EU dazu benutzen, zumindest einige kleine Vorzeigebeispiele nach Hause zu bringen, um die Statistikflut einzudämmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.07

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die Liberalen stimmen den beiden Regierungsvorlagen und dem zur Abstimmung vorliegenden Übereinkommen zu.

Einige Worte zum Thema Patentamt: Das Patentamt hat eine lange Geschichte, ein unverzichtbares Archiv, wichtige Mitarbeiter und – wie könnte es anders sein – leider auch ein großes Beharrungsvermögen. Das Tempo der Zeit ist hie und da am Patentamt vorbeigegangen. Reformen wurden zwar begonnen, die EDV wurde eingeführt, aber die Nutzer dieses Patentamtes vermissen die nötige Dynamik und Durchschlagskraft, die sie gerne hätten.

Die Eigeneinschätzung des Amtes selbst verdrängt oft den Blick auf die Zufriedenheit der Kunden. Wir haben uns in weiten Bereichen umgehört und mit Menschen gesprochen, die sehr viel mit dem Patentamt zu tun haben. Diese bestätigen ihm zwar absolute Korrektheit, empfinden jedoch die Dauer der Recherche als zu lange und stellen mangelnde Dienstleistungsgesinnung fest.

Ich halte das für einen Anlaß, Herr Bundesminister, über das österreichische Patentrecht insgesamt, über seine Strukturen und vor allem über die Frage der Zusammenarbeit mit dem Europäischen Patentamt sowie, wie Maier bereits sagte, im Sinne des Gemeinschaftspatents nachzudenken. Es ist schwer vorstellbar, daß wir eine Wirtschafts- und Währungsunion haben und mit 15 nationalen Patentrechten in Richtung einer politischen Union gehen. Es sollte gerade während der österreichischen Präsidentschaft unsere Aufgabe sein, einen Anstoß zu liefern, daß dieses Gemeinschaftspatent möglich ist. Das heißt ja nicht, daß wir ein österreichisches Patentamt auflassen werden. Natürlich werden wir das nicht tun, aber es wird sich in eine europäische Struktur eingliedern und damit eine größere Dienstleistungsbereitschaft haben.

Es werden sicherlich nicht alle Anmelder gleich ein Gemeinschaftspatent haben wollen; vielleicht wollen sie nur eine regionale Gliederung, und das vielleicht auch nur in wenigen Staaten. Auch das ist zu klären. Aber das Ziel all unserer Bemühungen muß – trotz aller Sprachenproblematik, die ich nicht verkenne – dieses Gemeinschaftspatent sein. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich darf noch eine Idee unterstreichen, die in den letzten Tagen zwischen dem österreichischen und dem russischen Patentamt auf Anregung der Kommission für das große Europa erarbeitet wurde. Ich halte das für eine sehr gute Idee. Es gibt in Rußland, das alle wirtschaftlichen Probleme dieser Welt hat, eine Vielzahl von Forschungsinstituten und eine Vielzahl von Einzelerfindern, die wenig Möglichkeiten haben, ihre Erfindungen umzusetzen.

Der gemeinsame Vorschlag des österreichischen und des russischen Patentamtes sieht vor, die österreichische und die europäische Wirtschaft aufzufordern, Rechte an diesen in der Prüfungsphase befindlichen Patenten zu erwerben, damit den Erfindern bis zu jener Zeit, in der ihr Patent eine Verwendung findet und sie Lizenzgebühren bekommen, eine Unterstützung ausbezahlt wird. Ich glaube, es ist für eine österreichische Firma, die an einer bestimmten Art der Erfindung interessiert ist, nicht uninteressant, Optionen für Patent- und Lizenzrechte zu erwerben. Ein russischer Erfinder hätte schon mit einem Monatshonorar von etwa 1 000 Dollar die Möglichkeit, weiterzuarbeiten und seine Erfindungen weiter auszuarbeiten.

Ich hoffe, Herr Bundesminister, daß diese Initiative des österreichischen und russischen Patentamtes in der Praxis auch umgesetzt wird, denn ich halte es für eine partnerschaftliche Forschungsförderung, die im Sinne der russischen Erfinder und der österreichischen Wirtschaft sein könnte. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.11

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich will die Diskussion über das Patentgesetz als Gelegenheit nutzen, auf einen besonderen Umstand hinzuweisen, nämlich auf das Problem der Dienstnehmererfindungen. Wir reden sehr viel über die Bedeutung der Kreativität, über die Förderung der Innovationen in unseren Wirtschaftsbereichen und über die Förderung von Forschung. Uns muß klar sein, daß dabei Arbeitnehmer eine ganz besondere Rolle spielen und daß insbesondere die Frage der Dienstnehmererfindungen in diesem Bereich vernünftig gelöst werden muß.

Es ist völlig klar, daß es darum geht, wie Dienstnehmererfindungen entschädigt werden. Festzustellen ist, daß die Regelungen für die Entschädigung von Dienstnehmererfindungen nicht nur in Österreich, sondern im Prinzip in allen EU-Staaten sehr unterschiedlich und unzureichend sind. Das Problem ist, daß es zwar prinzipiell einen Anspruch auf Abfindung der Dienstnehmererfindungen gibt, insbesondere dann, wenn es nicht unmittelbar zum Aufgabenbereich des einzelnen Dienstnehmers gehört hat, Erfindungen zu tätigen, es aber sehr häufig der Fall ist, daß jemand, der etwa im Verkauf tätig ist und Erfahrungen aufgrund des Kontakts mit Kunden hat oder der in der Produktion tätig ist und Erfahrungen aus dem Produktionsablauf mitbekommt, ohne daß er unmittelbar damit beauftragt ist, Erfindungen zu tätigen, eben etwas erfindet, Dienstnehmererfindungen verwirklicht.

Diesbezüglich ist der Tatbestand der Entschädigung schwach geregelt, und ich glaube – darum melde ich mich auch zu Wort –, es wäre ein großer Motivationsschub, ein großer Innovationsschub für die österreichische Wirtschaft und auch ein Wettbewerbsvorteil, wenn man Kreativität durch mehr Motivation besser ins Spiel bringen und dadurch besser ausnutzen könnte.

Notwendig wäre insbesondere, daß die Höhe des Vergütungsanspruches klarer geregelt wird – der Vergütungsanspruch selbst ist geregelt – und daß insbesondere die Frage geklärt wird, ob Abfindungen nur über Gerichte durchsetzbar sind oder auch über Schiedskommissionen, wie das in Deutschland der Fall ist. Ich halte Schiedskommissionen für einen besseren Weg, weil man berücksichtigen muß, daß sich der einzelne Erfinder unmittelbar in einem Dienstverhältnis befindet, das er nicht aufgeben will. Daher ist es sehr schwer, vor Gericht seinem Arbeitnehmer gegenüberzutreten. Es wären wahrscheinlich Lösungen mittels Schiedskommissionen besser, und es bedarf auch einer längeren Verjährungsfrist.

Ich selbst habe einmal am Beginn meines Berufslebens die Möglichkeit gehabt, bei der Beurteilung von Dienstnehmererfindungen mitzuwirken. Damals ist es um Steuerungen von Schmiedehämmern gegangen. Es war dabei ganz typisch, daß die Dienstnehmer ihre Ansprüche deshalb geltend gemacht haben, weil sie in der Zwischenzeit in Pension gegangen sind und die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen war. Wären sie nicht in Pension gegangen oder wäre die Verjährungsfrist abgelaufen, hätten sie ihren Anspruch – im aufrechten Dienstverhältnis – sicherlich nicht geltend gemacht.

Darum glaube ich, daß wir europaweit – die Kommission hat diesbezüglich einige Vorschläge gemacht – darauf drängen müssen, daß es zu einer vernünftigen Regelung kommt, und zwar vernünftig in dem Sinn, daß auch jene Dienstnehmer, die nicht unmittelbar dazu beschäftigt werden, Erfindungen zu tätigen, verstärkt zu Erfindungen motiviert werden. Ich glaube, daß man damit sehr viel Energie, Motivation und Innovation im Sinne der Dienstnehmer, aber auch im Sinne unserer Wirtschaft erzeugen könnte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.15

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Änderung des Handelsstatistischen Gesetzes 1995 bringt vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen im Bereich der statistischen Meldepflicht wesentliche Erleichterungen. Diese Erleichterungen sind auch Thema der EU-Präsidentschaft, die sich im Zuge der Umsetzung des Aktionsplanes zur Vollendung des Binnenmarktes die Vereinfachung statistischer Meldepflichten zum Ziel gesetzt hat. Über die Senkung des Schwellenwertes auf 50 Millionen für Eingänge und Versendungen von Waren wurde bereits referiert.

Die Vereinfachung der Rechtsvorschriften wird die Wettbewerbsfähigkeit verbessern und das Potential zur Schaffung neuer Arbeitsplätze erhöhen. Die Klage über zu hohe Verwaltungskosten und Überbürokratisierung ist heute schon einige Male durch dieses Haus geschallt, und sie ist weitestgehend auch berechtigt. Im internationalen Standortvergleich zum Beispiel scheinen die administrativen Auflagen in der Mängelliste an oberster Stelle auf und stellen einen Hauptgrund für negative Standortentscheidungen von Unternehmungen dar. Grundsätzlich bessert sich der Standort Österreich zwar, vor allem durch das Ansteigen der Produktivität und das dadurch bedingte Sinken der Lohnstückkosten, die Kosten der staatlichen Verwaltung sind allerdings bei uns höher als im EU-Durchschnitt.

Eine Studie der Firma Profaktor und der Technischen Universität Wien zeigt eine Belastung der österreichischen Unternehmen durch Administration von Gesetzen zwischen 5 000 und 40 000 S pro Mitarbeiter und Jahr. Weiters zeigt diese Studie auch, daß gerade Klein- und Mittelbetriebe besonders stark davon betroffen sind. Je kleiner nämlich der Betrieb ist, desto höher sind die Verwaltungskosten pro Mitarbeiter. Gerade in diesen kleinen Unternehmen hat aber die Zahl der Beschäftigten in den letzten Jahren deutlich zugenommen, während sie bei den Großunternehmen rückläufig ist.

Insgesamt macht die statistische Erhebung zwar nur 2,2 Prozent der gesamten Verwaltungskosten aus, es ist aber durch diese Gesetzesänderung gerade für Klein-  und Mittelbetriebe und -unternehmungen ein Anfang zur Minimierung administrativer Auflagen gemacht. Aus diesem Grund, meine sehr geehrten Damen und Herren, stimmen wir sehr gerne dieser Gesetzesänderung zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.18

Präsident  MMag.  Dr.  Willi  Brauneder:  Zu  Wort  gemeldet  ist  nun  Herr  Bundesminister  Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Bundesminister.

18.18

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zunächst grundsätzlich zur Frage des Patentwesens und verwandter Rechtsmaterien im Europäischen Binnenmarkt in der Periode der österreichischen Präsidentschaft einige Feststellungen machen.

Wir haben am 24. September dieses Jahres dem Patentwesen einen eigenen EU-Binnenmarktrat gewidmet und uns dort – vom Gemeinschaftspatent angefangen bis zum Madrider Protokoll – mit allen offenen Fragen befaßt, darunter auch mit den wichtigen Fragen betreffend Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsraums Europa im Vergleich zum innovativsten Wirtschaftsraum, nämlich die USA, und damit, welche rechtlichen Änderungen nötig sind.

Ich fange mit dem zweiten Punkt an. Wir haben darin übereingestimmt, daß wir in der sogenannten Neuigkeitenschonfrist sehr rasch die europäische und auch österreichische Benachteiligung beseitigen müssen. Diese, meine Damen und Herren, besteht darin, daß in den Vereinigten Staaten ein Erfinder über eine Neuigkeit etwa im Internet oder sonstwo publizieren darf, ohne daß er den Patentanspruch verliert. Wenn er jedoch in Österreich oder in der Europäischen Union etwas publiziert, dann verliert er die Neuigkeit und den Patentzweck, was dazu führt, daß tatsächlich innovative und vor allem epochemachende Erfinder geradezu wahnsinnig wären, in Europa zu publizieren, sondern lieber in die amerikanischen Staaten ausweichen, um sich dort sozusagen über die Publikation finanzkräftige Firmen, Investoren zu sichern, und auf Europa verzichten. Das ist erste Priorität.

Zweite Priorität: Wir haben bei der Diskussion über das Gemeinschaftspatent festgestellt, daß wir tiefgreifende Unterschiede über den Schutzumfang vor allem in zwei Ländern haben. Großbritannien und die Niederlande sind nicht bereit, für das, was wir in Österreich Gebrauchsmuster nennen, Schutz anzuerkennen. Es gibt bei uns heute den Trend, daß viele, vor allem kleine Firmen, nicht die langwierigen, viel härteren Prüfverfahren des Patents in Anspruch nehmen, sondern die kürzeren Schutzfristen des Gebrauchsmusters, auch das erleichterte Eintragungsverfahren.

Es wäre geradezu widersinnig, wenn Länder wie Österreich und Deutschland das Gebrauchsmuster, das dort eine große Bedeutung für die Innovation hat, einem europäischen Gemeinschaftspatent opfern. Daher muß darüber weiter diskutiert werden. Ich glaube, daß ein schlechteres Schutzniveau für Österreichs Erfindungsgeist nicht das Ergebnis einer europäischen Regelung sein kann.

Bezüglich der Frage, die Frau Abgeordnete Langthaler angesprochen hat, nämlich das TRIPS-Abkommen im Verhältnis zu anderen, etwa dem CBD, ist es so, daß auf europäischer Ebene keine Sensibilität in dieser Richtung besteht, sondern man eher meint, daß sich beide Abkommen unterstützen und nicht konkurrenzieren. Aber ich kann Ihnen das nur als Zustandsbericht wiedergeben.

Zum europäischen Bereich sei noch dazugesagt: Auch das Sprachenproblem spielt zunehmend eine Rolle, denn wenn alle neun Patentschriften in möglichst vielen europäischen Sprachen Voraussetzung zur Patentierbarkeit sind, werden wir nicht sehr rasch zu Regelungen kommen.

Meine Damen und Herren! Einige Anmerkungen noch zur Frage Statistik: Ich möchte in Erinnerung rufen, daß jede europäische Regelung, die die bisher bestehenden 15 nationalen Regelungen ersetzt, ein Fortschritt für sich ist, denn sie erspart jedem Land, vor allem, wenn immer mehr Unternehmen im Binnenmarkt tätig werden, 14 andere Regelungen. Das heißt aber nicht, daß deswegen die Regelung kompliziert sein muß.

Herr Abgeordneter Haigermoser! Wir haben in unserer Präsidentschaft in der Frage SLIM von den Programmen 1 bis 4 durchgesetzt, daß in Kürze ein Bericht darüber, was das den einzelnen Unternehmern erspart hat, von der Kommission vorgelegt werden wird, welchen wir selbstverständlich gerne zur Verfügung stellen werden. Hier bleibt der Druck offen. Was wir allerdings bei Eurostat, Intrastat täglich feststellen müssen, ist, daß eigentlich immer weniger Länder bereit sind, auf die bisherige Erfassungstiefe zu verzichten. Daher werden wir in meinem Bereich – und Sie werden das in Kürze bei meinen Entscheidungen über die Produktionsstatistik in Österreich sehen – im Alleingang den statistischen Umfang national verringern. Ich kann jedoch nicht für andere Statistiken, die nicht in meinen Bereich fallen, referieren. Wenn wir etwa im Bereich der Produktionsstatistik die Erfassungstiefe von bisher 240 000 Unternehmen auf 40 000 zurücknehmen – ich habe eine solche Verordnung heute unterschrieben –, wenn wir in anderen Bereichen auf 4 000 Unternehmen zurückgehen, dann ist das eine echte Entlastung der Kleinunternehmen, die sich auch auswirken wird. Wir werden das, sobald es in Kraft treten kann, auch gesondert bekanntmachen.

Zur Frage der Erfindungen im Unternehmen würde ich offerieren, daß wir zu gegebener Zeit eine Enquete gemeinsam mit Vertretern des Patentamtes und des Wirtschaftsministeriums machen, damit wir uns mit den offenen Fragen auseinandersetzen können.

Eine letzte Bemerkung noch zum Patentamt, auch in Richtung des Abgeordneten Maier: Ich glaube, daß es wenig Sinn macht, Teile des Patentamtes in eigene Kapitalgesellschaften auszugliedern. Das Patentamt per se bringt mehr, als es kostet. Ich glaube, daß es eine große Verlockung wäre, durch eine Verselbständigung des Patentamtes die entsprechenden Voraussetzungen für eine kundenorientiert, aber auch durchaus ertragsorientiert arbeitende Institution bei wettbewerbsfähigen Preisen zu schaffen. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort wird seitens des Berichterstatters nicht gewünscht.

Wir treten daher sogleich in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte, die jeweiligen Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1274 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung auch in dritter Lesung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1156 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Für den Fall, daß Sie auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen möchten, bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht gleichfalls durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Ich lasse weiters über die Genehmigung des Protokolls zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken in 1315 der Beilagen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben möchten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Die Genehmigung ist damit erteilt.

Nun kommen wir noch zur Abstimmung, daß die Fassungen des Abkommens in französischer und spanischer Sprache gemäß Artikel 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes dadurch kundzumachen sind, daß sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, im Referat für den gewerblichen Rechtsschutz, aufliegen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

9. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG zur Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der "Ennsnahen Trasse" und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben (1460 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun den 9. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Apfelbeck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.25

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Vorsitzende des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses halte ich fest, daß dieser Unterausschuß in keiner Art und Weise seiner Kontrolltätigkeit nachkommen konnte. Es war diesem Ausschuß nicht möglich, eine wirkliche Prüfung im Sinne einer Kontrolle auszuüben.

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof ist das Hilfsorgan des Parlaments, und durch das Einsetzen dieses Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses übernimmt dieses Parlament selbst diese Kontrolle für diesen einen bestimmten Gegenstand der Prüfung. Und das heißt natürlich auch, daß jene Kontrollmöglichkeiten, die dem Rechnungshof zustehen, auch diesem Unterausschuß zustehen müssen, wie sie zum Beispiel die §§ 2 (1), 3 und 4 des Rechnungshofgesetzes vorsehen.

Daß Sie, meine Damen und Herren Kollegen dieses Unterausschusses, auch dieser meiner Meinung waren, geht klar daraus hervor, daß Sie im ersten Ausschuß, wo es um das Beschaffungswesen ging, den Antrag auf Aktenvorlage einstimmig beschlossen haben. Damals waren Sie sich Ihrer Rechte und Aufgaben voll bewußt. Dann hat aber der oberste Hüter der Demokratie hier im Haus eingegriffen und erklärt, dieser Ausschuß dürfe nur Berichte von den geprüften Stellen verlangen und keine Aktenvorlage! – Ich kann dies aus der Geschäftsordnung nicht ersehen, denn man muß meiner Ansicht nach zwischen einem Unterausschuß, der zu jedem Ausschuß, auch zu einem Rechnungshofausschuß, eingesetzt werden kann, und dem Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses, dem auch eine besondere Stellung zukommen muß, unterscheiden, Herr Abgeordneter Wurmitzer.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Mir ist klar, daß Sie zu spät erkannt haben, welche Rechte Sie den Abgeordneten der Opposition mit der Schaffung dieses § 32e eingeräumt haben. Sie versuchen nun im nachhinein, dies zu reparieren, indem Sie die Geschäftsordnung so auslegen, wie Sie sie gerade brauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber, meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, Sie "kastrieren" sich selbst, indem Sie sich weigern, bestimmte Auskunftspersonen zu laden, indem Sie, weil Sie in diesem Haus noch – ich betone das Wort "noch"! – die Mehrheit haben, Anträge stellen, daß Sie nur einen Bericht von den Geprüften haben wollen. Sie verpassen sich damit selbst ein Feigenblatt, aber der Wähler wird es Ihnen sicherlich entreißen! Und dagegen wird Ihnen weder ein neues Parteiprogramm noch ein schönes Mascherl helfen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als Vorsitzende dieses Ständigen Unterausschusses stelle ich nochmals fest, daß dieser Ausschuß seiner Aufgabe nicht nachkommen konnte, da die für dieses jahrzehntelange Desaster politisch tatsächlich Verantwortlichen nicht geladen, nicht befragt werden durften, wie zum Beispiel Landeshauptmann außer Dienst Dr. Josef Krainer (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: ÖVP!) als früherer Straßenbaureferent, Frau Landeshauptfrau Klasnic (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Auch ÖVP!), auch als frühere Straßenbaureferentin, Herr Bundesminister Schüssel als ehemaliger Wirtschaftsminister (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Schon wieder ÖVP!), Herr Bundeskanzler Klima als früherer Finanzminister, Herr EU-Kommissär Fischler als früherer Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft. Diese Liste ist nicht vollständig, aber man kann die Namen im Minderheitsbericht der Abgeordneten Wabl, Grollitsch und Smolle nachlesen. (Abg. Dr. Lukesch: Der ist falsch!)

Meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP! Sie haben nicht einmal zugelassen, daß der Umweltanwalt der Steiermark und die Volksanwältin Korosec geladen werden durften. So gehen Sie mit dem Recht auf Kontrolle um. So ernst nehmen Sie Ihre Aufgaben. Das ist Ihre Bürgernähe! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und zum Schluß noch ein Beispiel, damit Sie sehen, wie ernst dieser Ausschuß genommen wurde: Auf die Fragen der Abgeordneten im Ausschuß verweigerten Landesrat Hirschmann und Dr. Wielinger die Antwort. Der Beamte der Steiermärkischen Landesregierung meinte, das ginge den Ausschuß überhaupt nichts an. Und die Antwort des Herrn Landesrats lautete sinngemäß: Jetzt fahren wir wieder heim über den Semmering und gehen regieren. – Sagte es, stand auf und wollte den Ausschuß verlassen. Das ist der steirische Brauch! (Abg. Dr. Lukesch: Dann ist er noch einmal gekommen! – Abg. Wurmitzer: Auch ein Steirer!)

Ein diesbezügliches Schreiben des Herrn Präsidenten an die Landeshauptfrau ist mir als Ausschußvorsitzende nicht zugekommen, sehr wohl aber dem SPÖ-Abgeordneten Kräuter, der das Antwortschreiben dann von mir im Ausschuß urgierte. Das ist eben der parlamentarische Brauch, meine Damen und Herren, so ist Ihre gelebte Demokratie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kröll. 12 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.32

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Ennsnahe Trasse, eine unendliche Geschichte – so könnte man es betiteln. Schon die Einwendungsdebatten heute früh zeigten, daß dieses Thema von der Opposition nicht im Sinne einer Lösung des Problems, sondern für eine Dauerauseinandersetzung in der Öffentlichkeit und zur Verhinderung und Verzögerung besserer Verkehrslösungen im Ennstal und für die Menschen im Ennstal verwendet wurde und verwendet wird, während es uns in erster Linie um die betroffenen Menschen geht. Reden, Beiträge und Presseaussendungen wie gerade jetzt von Frau Apfelbeck oder von den Kollegen Wabl und Smolle oder von Frau Schmidt heute früh bestätigen diese Annahme sehr eindrucksvoll.

Seit Februar gab es neun Sitzungen in diesem Unterausschuß. Ich habe sehr gerne in diesem Ausschuß mitgearbeitet und dort sehr viele Stunden verbracht, war es doch auch interessant zu sehen, wie ernsthaft an der Lösung und an der Fragestellung gearbeitet wird und wie sachdienlich sie sein soll. Es wurden immerhin 22 Personen befragt – man soll daher nicht so tun, als wären alle abgelehnt worden –: aktive Politiker des Landes, des Bundes, Beamte, Experten und viele andere. Das Wasserrecht, der Naturschutz, der mit Bescheid des Landes geregelt wird, aber auch EU-Verfahren, Bauwerke – ich spreche die Wanne Stainach, die Gesamttrasse Stainach–Liezen an –, Schadenersatzprozesse gegen Demonstranten und vieles andere mehr waren Thema und Inhalt der Beratungen.

Aber es ging auch um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Es gab stundenlange Debatten, Aufklärungen und Informationen, wodurch dem Recht der Opposition auf Befragung, dem Recht, diese Thematik in einem Unterausschuß aufzuarbeiten, in entsprechender Weise Rechnung getragen wurde. Aber auch Tiraden und stundenlange Anhörungen mußten wir miterleben, die weit entfernt von einer seriösen Aufklärung waren und mit der eigentlichen Sache sehr wenig zu tun hatten.

Zeitgerecht wurde schließlich der Schlußbericht für das Hohe Haus erstellt, welchen die Regierungsparteien beschlossen. Die Opposition verfaßte einen Minderheitsbericht, auf den meine Kollegen noch im Detail eingehen werden. Meine Redezeit reicht dazu nicht aus, und ich möchte in meiner Wortmeldung auch einen anderen Schwerpunkt setzen.

Wenn man in den vielen Sitzungen des Unterausschusses des Rechnungshofausschusses den Kollegen Wabl live erlebt hat – Herr Kollege Smolle, Sie waren nicht von Anfang an dabei –, wie er anerkannte Beamte und Experten wie Herrn Dr. Schurl und den Landesamtsdirektor und Universitätsprofessor Dr. Wielinger, um nur diese beiden zu nennen, abqualifizierte, wie er Vorwürfe gegen sie erhob und ihnen jede Kompetenz absprach, dann muß man sich schon fragen, worum es Kollegen Wabl eigentlich ging. In der letzten Sitzung – und darüber muß man schon noch einmal reden – mußten wir Abgeordneten uns gefallen lassen, daß Kollege Wabl uns, die wir die Dinge anders sehen als er, mit den Nazis vergleicht. Ich kann daher nur allzugut verstehen, daß Kollege Brix damals diese Behauptung wirklich empört zurückgewiesen hat. Auch ich weise sie auf das schärfste zurück. Wir sind keine Nazis und haben mit diesen nichts zu tun! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist auch kein Minderheitsrecht, daß man die Mehrheitsabgeordneten, wenn sie anderer Meinung sind, mit Nazis in Zusammenhang bringt. (Abg. Schwarzenberger: Der Wabl hat ja im Parlament auch schon die Nazi-Fahne aufgehängt!)

Diese Vergleiche sind es auch, die die Wehklagen von heute morgen über Entzug der Kontrollrechte, über die Gefährdung der Demokratie in einem merkwürdigen Licht und die Glaubwürdigkeit nicht allzu groß erscheinen lassen. Der Gipfel aber ist es – und man fühlt sich dadurch auch beleidigt –, daß man sich von einem Kollegen, der schon so lange im Haus ist und schon einmal eine andere Fahne aufgehängt hat, als Nazi bezeichnen lassen muß.

Ich habe den Eindruck – es ist ja zum Teil erwiesen –, daß es vor allem Kollegen Wabl nicht um die Lösung des Problems ging und geht, sondern um die Öffentlichkeit. Hatte ich vor wenigen Wochen noch die Meinung, er rudert um sein Leiberl für die nächste Wahl, so geht es heute sicherlich darum, die Aufmerksamkeit auf einen starken Abgang aus dem Parlament zu lenken.

Meinen Kollegen der Volkspartei und mir geht es aber um die Wahrung der Natur, auch um die Tierwelt, aber vor allem um die Menschen, um die hauptbetroffenen Menschen in Stainach, Wörschach, Weißenbach und Liezen und überhaupt im Ennstal. Schon seit den siebziger Jahren wartet die Bevölkerung im Raum Stainach-Liezen auf eine entsprechende Lösung mit einer großräumigen Umfahrung der Orte Stainach, Wörschach, Weißenbach und Liezen hinsichtlich der B 146 von der Kreuzung Trautenfels bis zur A 9 Pyhrn Autobahn Selzthal-Kreuz. Diese war ursprünglich als S 8 geplant, wurde dann zurückgereiht, um einen Kompromiß mit den Bauern, mit den Grünen und anderen Aktivisten zu suchen. Und seit damals geht es dabei um die Ennsnahe Trasse.

Meine Damen und Herren! Die Menschen leiden nach wie vor unter der Verkehrsbelastung von 14 200 bis 21 400 Fahrzeugen täglich. Dies ist eine große Belastung, die nicht kleiner geworden ist, im Gegenteil, die Tendenz ist weiter steigend. Lärm, Schlafstörungen, Aggressivität, erhöhte Unfallgefahr – viele Unfälle sind in der Statistik nachweisbar – sind die Folge. Die Situation ist besonders für die Kinder sehr tragisch. Es kommt zu Behinderungen bei Straßenüberquerungen, was besonders für ältere oder behinderte Menschen, für Versehrte ein großes Problem ist. Der gesamte Lebensraum dieser Menschen wird dadurch abgewertet, und sie haben das Gefühl, Bürger zweiter Klasse zu sein. Sie haben auch mit Erschwernissen bei der Fahrt zum Arbeitsplatz und beim Einkaufen oder bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen – man denke etwa an eine Fahrt nach Liezen zu einem Facharzt – zu kämpfen. All das sind Beispiele dafür, die zeigen, unter welchen Lasten die Bevölkerung leidet. – Und darüber hinaus bedeutet es auch eine massive Abwertung des Lebens- und Wirtschaftsstandortes Stainach und Umgebung.

Die leidgeprüfte Bevölkerung hat ein Recht darauf, daß nicht immer nur überlegt wird, wie man das Projekt einer Verkehrslösung unter Ausnutzung aller möglichen politischen und rechtlichen Instanzen verzögern und verhindern kann, wie dies am Beispiel Ennsnahe Trasse – gerade an die Adresse von Kollegen Wabl und seiner grünen Fraktion gerichtet – zu sehen ist, sondern sie erwartet zu Recht von uns, den Volksvertretern, und zwar von allen – also von der Politik –, alles zu tun, damit endlich gebaut wird. Nur dadurch ist der Bevölkerung wirklich gedient und geholfen. In den hauptbetroffenen fünf Gemeinden wurde die Bevölkerung schon in den Jahren 1993 und 1994 in einer Volksbefragung direkt zur Ennsnahen Trasse befragt und deren Ergebnis in den Meinungsbildungsprozeß eingebunden. Das war ursprünglich ein Vorschlag der Grünen. Seit das Ergebnis bekannt ist – wie die Bevölkerung darüber gedacht hat, zur Wahl gegangen ist und ihre Meinung kundgetan hat –, ist dies bei den Grünen kein Ergebnis demokratischer Willensbildung mehr.

Ich muß Ihnen die Ergebnisse noch einmal in Erinnerung rufen, sie sind im Bericht auf Seite 5 ausführlich dargestellt:

27. November, Pürgg-Trautenfels: 712 Stimmberechtigte, 39 Prozent Beteiligung, davon 61 Prozent für die Trasse.

14. November 1993, Stainach, die hauptbetroffene Gemeinde: 1 636 Stimmberechtigte, 71 Prozent Beteiligung, davon 94 Prozent für die Trasse.

Wörschach: 906 Stimmberechtigte, 71 Prozent Beteiligung, davon 86 Prozent für die Trasse.

Weißenbach bei Liezen: 898 Stimmberechtigte, 52 Prozent Beteiligung, davon 56 Prozent dafür.

Schließlich die Bezirkshauptstadt Liezen: 5 250 Stimmberechtigte, 60 Prozent Beteiligung, davon 65 Prozent dafür.

Im Durchschnitt sind von allen befragten Bürgern in diesen fünf Gemeinden 72 Prozent klar für die Entscheidung zugunsten dieses Straßenbaues.

Für die hauptbetroffene Gemeinde Stainach beziehungsweise ihre Gemeindebürger scheint sich nun eine Lösung mit einer südlichen Umfahrung des Ortes abzuzeichnen. Die Landesregierung der Steiermark mit Frau Landeshauptfrau Klasnic und dem Verkehrsreferenten, Landesrat Ressel, an der Spitze ist gewillt, auf Kosten des Landes um zirka 130 Millionen Schilling eine Landesstraße als Umfahrung von Stainach zu errichten. Dies ist sehr zu begrüßen! Die Grundstücke sind laut Landesrat Ressel weitgehend abgelöst, und die Bevölkerung ist in das Projekt eingebunden.

Hohes Haus! Damit könnte in einem ersten Schritt einmal der Stainacher Bevölkerung geholfen werden, die am meisten betroffen ist. Es freut mich, daß der Stainacher Umfahrung in der nun vorliegenden Streckenführung auch die gesamte Opposition zustimmt und alles tun wird, damit sie auch tatsächlich umgesetzt wird.

Damit ist aber nur ein kleiner Teil einer Lösung nähergebracht. Für uns von der Volkspartei ist klar, daß es darüber hinaus notwendig ist, auch die geplante und verordnete Trasse bis zur Einbindung in die Pyhrn Autobahn bei Selzthal möglichst rasch zu realisieren.

Während bereits gestern die Gemeinderätin der Grünen aus Wörschach, Frau Barbara Stangel, schon wieder neuen erbitterten Widerstand gegen jegliche Weiterführung der Straßenbauten angekündigt hat – jetzt schon wieder! –, setzen wir uns dafür ein (Abg. Wabl: Lesen Sie doch den Artikel richtig, Herr Kollege!), daß zuerst den Menschen in Stainach und möglichst rasch danach (Abg. Wabl: Lesen Sie den Artikel richtig, Herr Kollege!) allen Betroffenen im Ennstal geholfen wird. Daher unterstützen wir auch die Bemühungen der steirischen Landesregierung und der Bundesregierung, die verordnete Ennsnahe Trasse rasch zu bauen, und urgieren auch eine rasche Erledigung der noch ausständigen beziehungsweise anhängigen rechtlichen Genehmigungen.

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich sind auch wir für Rechtstaatlichkeit und Demokratie, sind auch wir für die Natur und auch für den Wachtelkönig und für andere Vögel. Aber noch mehr zählt für uns der Mensch, der dort täglich mit diesen unhaltbaren Zuständen leben muß! Das ist der große Unterschied! (Beifall bei der ÖVP.) Wachtelkönig und Mensch sind für uns in dieser Frage nicht gleich viel wert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Deshalb werden wir dem vorliegenden Mehrheitsbericht der Regierungsfraktionen von ÖVP und SPÖ gerne zustimmen. Wir glauben, daß dieser Bericht ein positiver Beitrag für die Errichtung des Straßenbauloses wird.

Ich komme zum Schluß und zitiere aus dem Bericht 1416 der Beilagen, Seite 13, Punkt 1 des Resümees: "Bei dieser Region handelt es sich um eine in bezug auf die Verkehrsinfrastruktur benachteiligte Region, was vor allem zu Lasten der dort lebenden Menschen sowie der regionalen Wirtschaft geht. Eine Studie im europaweiten Regionenvergleich hat ergeben, daß diese Region neben Galizien punkto verkehrsmäßiger Infrastruktur im letzten Viertel gelegen ist."

Für uns hat der Mensch absoluten Vorrang! Daher heißt es für uns nicht, wie bei Herrn Smolle, "Zurück an den Start!", sondern "Rasches Handeln hilft den Menschen!" Den Worten müssen endlich Taten folgen! (Beifall bei der ÖVP.)

18.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.45

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Man kann Abgeordnetem Kröll in weiten Bereichen nur zustimmen. Es stimmt, im Ennstal gibt es ein Verkehrsproblem, Herr Abgeordneter Lukesch! Es stimmt aber auch, daß im Ennstal die Raumordnung gerade von den Bürgermeistern, die dort dafür verantwortlich sind, nicht in jenem Maße vorausschauend erstellt worden ist, daß wir nicht, trotz Neubauten, ständig mit Verkehrsproblemen konfrontiert wären.

Aber der Unterausschuß des Rechnungshofausschusses, Herr Abgeordneter Kröll, hat sich nicht damit zu beschäftigen gehabt, ob diese Region verkehrspolitisch benachteiligt wäre, oder ob die steirische Landesregierung es hier gemeinsam mit der Bundesregierung über 20 Jahre hinweg zu keiner Lösung gebracht hat, sondern es war einzig und allein die Frage zu klären, wie man im Rahmen dieses Verfahrens vorgegangen ist und ob es im Rahmen des Verfahrens um die Ennsnahe Trasse Rechtswidrigkeiten gegeben hat. Sind vielleicht Menschen – weil Sie doch sagen, es gehe Ihnen um die Menschen – ohne rechtliche Grundlage ihres Privateigentums, das ja angeblich der ÖVP so wichtig ist, beraubt worden? Und ich sage Ihnen: Ja! Es waren – ich sage das gerade in Ihre Richtung – nicht nur Menschen, es waren auch noch jene für Sie wichtigen Menschen, nämlich die Bauern, denen man den Grund und Boden weggenommen hat, ohne dafür eine gesetzliche Grundlage zu haben.

Herr Abgeordneter! Wenn im Resümee der Regierungsfraktionen unter Punkt 7 zu lesen ist: "Die Behörden waren bemüht, die Verfahren aufgrund der Gesetze durchzuführen. Pauschale Vorwürfe der Rechtswidrigkeit entbehren jeder Grundlage", dann muß ich Ihnen sagen: Nun, das möchte ich doch hoffen! Ich möchte doch hoffen, daß die Behörden in Österreich bemüht sind (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch), zumindest bemüht sind – das sagt noch nichts darüber aus, ob es ihnen gelungen ist –, die Verwaltung aufgrund der Gesetze auszuüben. Daß das der Fall sein muß, können Sie schon in Artikel 18 unserer Verfassung nachlesen. Aber daß Sie hier auch noch die "Schneid" haben, hineinzuschreiben, daß pauschale Vorwürfe der Rechtswidrigkeit jeder Grundlage entbehren, und damit dem unaufmerksamen Leser, der unaufmerksamen Leserin vorgaukeln wollen, es sei hier alles in Ordnung gewesen, ist eine ganz bewußte Irreführung, und Sie wissen das auch!

Gehen wir noch einmal zur Frage der Enteignungen, Herr Abgeordneter! Sie sagen, es gehe Ihnen um den Menschen, um die Menschen im Ennstal. Ich frage Sie: Was ist das für eine Enteignung, die eigentlich von der steirischen Landesregierung in erster Instanz durchgeführt hätte werden müssen, aber aus Gründen der politischen, sagen wir einmal, "Unpassenheit" – da man doch nicht von Landeshauptmann Krainer verlangen könne, Bauern im Ennstal, die nichts gemacht haben, zu enteignen – gleich an das Wirtschaftsministerium weitergegeben worden ist? – Wobei das jetzt nicht Herrn Bundesminister Farnleitner betrifft, sondern seinen Vorgänger. Daß man diesen Fall auf die Bundesebene abgeschoben und Bauern im Ennstal enteignet hat, ohne eine rechtliche Grundlage zu haben, und sie durch diese Devolution von der Landesebene zur Bundesebene hin auch noch ihrer Berufungsinstanz beraubt und gleich an die Höchstgerichte verwiesen hat: Wie finden Sie das, Herr Abgeordneter? Halten Sie das für eine den Menschen zuträgliche Vorgangsweise? Ist das der Menschenschutz, den Sie im Ennstal bevorzugen, daß Sie ohne gesetzliche Grundlage Bauern und Bäuerinnen ihres Eigentums, ihres Grundes und Bodens berauben? (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter! Sie täuschen darüber hinweg, daß es diese ungesetzliche Vorgangsweise der politisch Verantwortlichen war – und das ist die ÖVP, zum Teil auch die SPÖ, aber es ist in dieser Frage primär die ÖVP –, die zu einer eklatanten Verhärtung der Situation geführt hat – was ja auch logisch ist: Niemand darf es sich gefallen lassen, daß in diesem Land von Behörden und Politikern ohne gesetzliche Grundlage ins Privateigentum eingegriffen wird!

Ich erinnere mich sehr gerne an die Diskussionen über das Mietrecht hier im Hause, im Zuge derer zu Recht auch von Ihrer Fraktion angemerkt wurde, daß das Mietrecht in weiten Teilen in Wahrheit eine kalte Enteignung für die Hauseigentümer sei. Es stehen mitunter unterschiedliche politische Einschätzungen auf der Tagesordnung, und diese werden eben so ausgetragen. Daß Sie aber, wenn es darum geht, einen Straßenbau im Ennstal durchzuführen, mit doppeltem Maß messen und den Leuten, obwohl Sie keine gesetzliche Grundlage haben, Grund und Boden wegnehmen; daß dann, wenn sich im Ausschuß herausstellt, daß die BeamtInnen auf Weisung gehandelt haben, daß die Beamten im Wirtschaftsministerium davor gewarnt und gesagt haben, es gäbe für eine Enteignung keine gesetzliche Grundlage, von der Opposition verlangt wird, eben jene Personen vor den Ausschuß zu bringen, damit man erfahren kann, wer diese politische Weisung gegeben hat (Abg. Dr. Lukesch: Du bist ein Opfer deiner Oppositionsrolle!), Sie aber, die ÖVP-Abgeordneten, mit den Stimmen der SPÖ-Abgeordneten diese Ladung verhindern und wir daher die Frage nicht klären konnten, Herr Abgeordneter Lukesch (Abg. Dr. Lukesch: Du weißt alles besser!), wer diese rechtswidrige Weisung gegeben hat, um aus politisch akkordierten Gründen Menschen ihres Grundes und Bodens zu berauben, das haben Sie zu verantworten! Das wirft kein schönes Licht auf die Kontrolle in diesem Haus, sondern das ist Vertuschung! Sie decken das zu! Sie wollen aus politischem Kalkül nicht haben, daß das aufgezeigt wird.

Meine Damen und Herren! Nun hat man zwar 22 Personen geladen und gehört – zugegeben, das ist ja wahr. Aber, Herr Abgeordneter Kröll, was bringt es denn, in einer Sache Personen zu laden, die durchaus interessante Dinge sagen, aber im entscheidenden Punkt, nämlich dort, wo es darum geht, die Verantwortung festzumachen, genau jene, die Auskunft geben könnten, nicht zu laden? Das war übrigens auch geschäftsordnungsmäßig konform, denn Sie haben mit Mehrheit beschlossen, diese Personen nicht zu laden. Dagegen kann man nichts sagen, die Mehrheit muß diesbezüglich entscheiden. Aber daß Sie die Entscheidungsmöglichkeiten einer Kontrollinstanz inhaltlich dermaßen entleeren, daß Sie zwar Leute, die nichts dazu sagen können, vor den Ausschuß holen, aber jene, die etwas dazu sagen könnten, nicht holen, und dann sagen, Sie hätten ohnedies alle gehört und es sei eben nichts dabei herausgekommen, das ist Hohn! Das ist blanker Hohn, und das lehnen wir vehement ab!

Ich sage Ihnen dies vor allem auch deshalb, weil, als sich die Menschen im Ennstal – jene Menschen, die Sie angeblich schützen wollen – dagegen gewehrt haben, daß man ihnen ohne gesetzliche Grundlage Grund und Boden weggenommen hat, und als sie dann die Baustellen besetzt haben, es in der Folge die Republik Österreich war, die über die Finanzprokuratur Studenten, Schüler, Bauern geklagt hat, und zwar um Streitwerte über Hunderttausende Schilling, um sie einzuschüchtern. Auch diesbezüglich ist im Ausschuß klar geworden, Herr Abgeordneter Lukesch ... (Abg. Dr. Lukesch: Schadenersatz! Darum ist es gegangen!) Das war Einschüchterung, und Sie wissen es auch! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Herr Abgeordneter Lukesch! Hören Sie einmal auf, das rein parteipolitisch zu sehen! Wie würden Sie reagieren, wenn man Ihnen Ihren eigenen Grund und Boden für einen Straßenbau wegnimmt, ohne dafür eine gesetzliche Grundlage zu haben? Es mag sein, daß es im volkswirtschaftlichen Interesse und in einem gemeinschaftlichen Interesse, Herr Abgeordneter Kröll, notwendig ist, eine Enteignung durchzuführen – dafür gibt es diese Maßnahme mit gesetzlicher Grundlage auch, dafür ist sie festgelegt –, aber Privateigentum wird zu Recht geschützt, und zu Recht gibt es sehr, sehr restriktive Möglichkeiten, jemanden zu enteignen. Aber daß man dann in einer denkunmöglichen Gesetzesauslegung ... (Abg. Dr. Lukesch: Überlegen Sie sich die Bedeutung von Worten!)

Herr Abgeordneter Lukesch! Ich überlege die Bedeutung von Worten, seit ich in diesem Unterausschuß sitze, und ich sage Ihnen, ich weiß keinen Rat mehr dafür, wie man den Menschen in Österreich klarmachen kann, daß es eine parlamentarische Kontrolle in diesem Land noch gibt. Ich empfinde es als Hohn, daß Sie sich auf eine formale Position zurückziehen und nicht anerkennen wollen, daß das Vorgehen des Staates, das die Bürger im Ennstal zu Recht wütend gemacht hat, unrechtmäßig ist. Ich finde es einfach unverantwortlich von Ihnen, daß Sie zwar im Mietrecht beklagen, daß das Privateigentum eingeschränkt wird, aber auf der anderen Seite kein Wort der Kritik für eine Enteignung ohne gesetzliche Grundlage finden. Das ist in meinen Augen Diebstahl! Das ist ganz normaler Diebstahl! (Abg. Dr. Lukesch: Das ist falsch, was Sie sagen! Völlig falsch!)

Man kann doch nicht einfach Leute ihrer Rechte berauben und dann in einem Ausschuß nicht einmal die politische "Schneid" haben, Herr Abgeordneter Lukesch, zu sagen: Wer von unseren Leuten hat das getan? Und wenn es jemand getan hat und es kommt heraus, dann muß es daraus Konsequenzen geben! Aber Sie lassen diese Aufklärung nicht zu, und das ist der Vorwurf, den Ihnen die gesamte Opposition zu Recht macht, und deshalb ist dieser Minderheitsbericht auch so umfangreich. (Abg. Dr. Lukesch: Er ist falsch! – Abg. Wurmitzer: Er ist falsch!) Nein, er ist nicht falsch, Herr Abgeordneter, und Sie wissen das. (Abg. Dr. Lukesch: Ganz einseitig!)

Dann sagen Sie mir einen Enteignungsbescheid, der aufrechtgeblieben ist. Herr Abgeordneter Wurmitzer! Sagen Sie mir einen Enteignungsbescheid, der aufrechtgeblieben ist. (Abg. Wurmitzer: Er ist trotzdem falsch!) Sie wissen, daß die Höchstgerichte diese samt und sonders aufgehoben haben und daß wir damit gleich zu einem nächsten Problem kommen, nämlich zu den Geldern, die jetzt schon überwiesen worden sind und noch immer auf irgendwelchen Privatkonten "herumkugeln", obwohl die Enteignungen aufgehoben worden sind. Aber, Herr Abgeordneter Lukesch, ich komme noch einmal zu dem Faktum zurück, daß es zu einer eklatanten Eskalation im Ennstal geführt hat, daß man von seiten des Staates aus politischen Gründen einfach etwas durchdrücken wollte, ohne die gesetzlichen Grundlagen dafür zu haben. (Abg. Dr. Lukesch: Falsch!) Und das ist der Vorwand ... (Abg. Dr. Lukesch: Genau das ist falsch, Herr Abgeordneter!)

Herr Abgeordneter Lukesch! Ist es möglich, aufgrund von Naturschutzauflagen Gründe, die nicht unmittelbar für den Straßenbau notwendig sind, zu enteignen? Ist das möglich? Dann sagen Sie doch ja, wenn das möglich ist! Sie können aber nicht ja sagen, weil es nicht möglich ist und weil man dennoch genau das gemacht hat! (Abg. Dr. Lukesch: Regen Sie sich nicht auf!) Das ist der Vorwurf, der Ihnen in diesem Zusammenhang zu machen ist: Sie haben aus politischem Kalkül den Leuten kalt Privateigentum weggenommen, und daß diese sich gewehrt haben, war ihr gutes Recht. Das war ihr gutes Recht! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Lukesch und Abg. Wurmitzer: Falsch! Falsch!)

Nun sage ich Ihnen noch etwas, Herr Abgeordneter: Es ist meines Erachtens eigentümlich, daß Frau Landeshauptfrau Klasnic am letzten Tag, bevor der Ausschuß zu Ende ging, noch einen Brief an den Herrn Präsidenten schickte, nachdem er ihr schon den zweiten Brief geschickt hat, weil es von seiten der Landespolitiker – konkret: Hirschmann – und von seiten des Herrn Universitätsprofessors Wielinger, des höchsten Landesbeamten in der Steiermark, nicht möglich war, in kooperativer Art und Weise im Ausschuß Auskünfte über das Naturschutzverfahren zu erhalten. Das war nicht notwendig. Sie haben sich verweigert. Das wissen Sie. (Abg. Dr. Lukesch: Ist Naturschutz Landessache oder Bundessache?)

Herr Abgeordneter Lukesch! Der Naturschutz ist unbestritten Landessache, und Sie wissen, daß die Naturschutzfrage – unabhängig von der kompetenzrechtlichen Situation – eine wesentliche Vorfrage zur Klärung jener Fragen ist, die wir in diesem Ausschuß zu beantworten hatten. (Abg. Dr. Lukesch: Ist er Landessache oder ist er Bundessache?)

Herr Abgeordneter Lukesch! Wenn im Ausschuß von den entsprechenden Landespolitikern verweigert wird, die Vorfragen zu klären – was ihnen nicht verboten gewesen wäre (Abg. Dr. Lukesch: Das ist doch keine Vorfrage!) –, dann ist das eine Verweigerung einer Kooperation und die Ausschaltung der parlamentarischen Kontrolle, die von Ihrer Seite her nicht eingefordert worden ist, sondern angesichts deren Sie dort gesessen sind und gesagt haben: Ja, so ist das, so machen wir das, und so lassen wir das zu. So kommen wir zu der eigentümlichen Situation im Ennstal, daß es dort ein Naturschutzgebiet gibt, über das zwar die steirische Landesregierung selber Brüssel benachrichtigt hat (Abg. Dr. Lukesch: Aber viel später!) – man hat gesagt: Natura-2000-Gebiet, Vogelschutzrichtlinie unmittelbar anwendbar –, aber dennoch Ausnahmegenehmigungen gewährt, obwohl es auf europäischer Ebene Entscheidungen gibt, die klar sagen, Naturschutzgebiet und Straßenbau ist unvereinbar.

Nun sage ich Ihnen: Solange Sie nicht den politischen Mut haben, solchen eklatanten Fehlleistungen von seiten der Verwaltung, unabhängig von welcher Partei sie kommen, einen Riegel vorzuschieben, untergraben Sie jede parlamentarische Kontrolle in diesem Land. Dann haben Sie aber auch nicht mehr das Recht, das anderen, die es tun, vorzuhalten. Denn Sie tun, wenn es Ihnen paßt – wie in diesem Fall –, dasselbe! Das, meine Damen und Herren, ist ablehnungswürdig.

Deshalb möchten wir auch haben, daß dieser Ausschußbericht noch einmal an den Rechnungshofausschuß rückverwiesen wird, damit wir dort die wenigen, aber wesentlichen Fragen, die noch offen sind, klären können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) Wenn das nicht möglich ist, dann waren alle Sitzungen dieses Unterausschusses umsonst. Sie waren nicht gratis, aber sie waren umsonst, Herr Abgeordneter, und das sollten wir uns nicht sagen lassen. Wir sollten uns nicht sagen lassen, daß diese Veranstaltungen hier im Haus in Wirklichkeit "für die Fische" sind. Das sollten Sie sich nicht sagen lassen, das sollten wir uns nicht sagen lassen müssen (Abg. Dr. Lukesch: Nein, sie sind für die Menschen, für die vom Verkehr niedergewalzten Menschen von Stainach!), denn wir untergraben damit die Glaubwürdigkeit der demokratischen und parlamentarischen Instanzen in diesem Land, und das dürfen wir nicht zulassen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brix. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.58

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! (Abg. Wabl: Brix, keine Tricks!) Eingangs möchte ich, damit eure Mären einmal ein Ende finden, festhalten, daß die Regierungsparteien – ich spreche hier zunächst einmal für meine Partei, aber ich glaube, daß für beide das gleiche gilt – sehr wohl auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit stehen und daß sie sehr wohl im Parlament an der Kontrolle der Dinge, die in Österreich vorgehen, interessiert sind (Abg. Wabl: Ja, interessiert! Interessiert!) – sehr wohl! –, und wir werden auch weiterhin dazu beitragen (Abg. Smolle: Und warum nicht in diesem Fall? Warum nicht in diesem Fall?), daß die parlamentarische Kontrolle erhalten bleibt.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Aber man muß hier einmal feststellen, was man alles unter dem Wort "Kontrolle" versteht. Daran haben sich ja schon von Beginn an die Geister geschieden. Auf der einen Seite standen nämlich jene, die sehr wohl die Vorgänge beim Bau der Ennsnahen Trasse prüfen wollten, aber in erster Linie auch dafür sind, daß diese Straße mit dem Projekt Ennsnahe Trasse errichtet wird, und auf der anderen Seite standen jene, die in Wahrheit die Kontrolle nur vorgeschoben haben, um im Ennstal politisches Kleingeld zu wechseln, damit diese Trasse nicht errichtet werden kann. Das ist der Unterschied zwischen diesen beiden Kontrollen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Lukesch: Jawohl!)

Noch deutlicher hat dies Herr Abgeordneter Kröll vorhin dargestellt. Ich habe von ihm zum erstenmal erfahren – ich weiß gar nicht, in welcher Zeitung es gestanden ist –, daß schon wieder GemeinderätInnen der Grünen gegen die Ennsnahe Trasse weiteren Widerstand angekündigt haben. Es ist doch ein Unterschied, zu fragen: Was wollen wir?, oder: Was wollen wir kontrollieren?

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Eines stimmt mich ja besonders traurig, nämlich daß man versucht, die Umwelt gegen die Menschen auszuspielen. Es ist interessant, daß zum Beispiel seltene Tierarten, wie der heute schon genannte Wachtelkönig, als Vergleich herhalten müssen, um zu sagen: Das müßt ihr alles schützen, aber die Menschen gehen uns nichts an. Dort darf keine Umfahrungsstraße errichtet werden! (Abg. Smolle: Darum geht es doch nicht! – Abg. Wabl: Das ist doch finsteres ...! – Abg. Mag. Barmüller: ... ist ein Bezirkskaiser!)

Auch wenn Kollege Wabl und die Grünen immer wieder sagen, sie sind ohnehin auch für diese Straße, so sagen sie doch an anderer Stelle und mit anderen Worten auch immer wieder, sie sind nicht sosehr für die Straße, weil damit können sie ihre dortige Klientel mobilisieren und sie mehr an sich binden. – Das ist doch der wahre Grund!

Es wurde heute davon gesprochen, wer diese Demonstranten sind. Ich sage gleich dazu: Ich betrachte das sehr kritisch und frage mich: War es überhaupt sinnvoll, daß da ein Klageverfahren eingeleitet wurde? Ich sage gleich einmal vorweg: Ich betrachte das sehr kritisch. (Abg. Schaffenrath: Echt?) Für mich persönlich ist das Demonstrationsrecht ein großes Heiligtum, mit dem man sehr vorsichtig umgehen sollte.

Aber man sollte hier wenigstens den Mut haben, zu sagen, wer diese Demonstranten waren. Das waren in erster Linie Bürger, die nicht im Ennstal zu Hause sind, sondern die man aus anderen Teilen Österreichs herbeigeholt hat und die dann protestiert, sich angebunden und demonstriert haben! (Abg. Wabl: Ich komme aus der Südsteiermark! Es gibt keinen Heimatschein, um demonstrieren zu dürfen! – Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.)

Herr Abgeordneter Barmüller! Wenn es so gewesen wäre, wie Sie gesagt haben, dann hätte das Ergebnis der Abstimmung anders aussehen müssen. Sie haben vermutlich nicht aufgepaßt und nicht gehört, was Kollege Kröll hier berichtet hat. Er hat vorgelesen, wie das Abstimmungsergebnis in den Gemeinden ausgesehen hat. Ich habe es jetzt nicht hier bei mir, ich habe es nur im Kopf: Ungefähr 70 Prozent der Bürger in den betroffenen Gemeinden haben sich für die Ennsnahe Trasse ausgesprochen, und das ist doch eine sehr eindeutige Mehrheit. Also kann es nicht so gewesen sein, daß die Mehrheit dagegen demonstrieren wollte! (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Noch zwei weitere Anmerkungen zu den Vorgängen im Ausschuß. Wenn ich daran denke, wie versucht wurde, zu manipulieren, dann fällt mir ein, daß zum Beispiel einer der Geladenen laut Vorschlag ein gewisser Dr. Hauser war. Wir haben ihn nicht gekannt. (Abg. Wabl: Aber abgelehnt haben Sie ihn!) Wir haben dann erfahren, daß er ein bürgerfreundlicher Anwalt ist. Daher haben wir gesagt: Der hat ja mit der Sache nichts zu tun, darum lehnen wir ihn ab. (Abg. Wabl: Sie haben ihn nicht gekannt, aber abgelehnt haben Sie ihn!) – Daraufhin hat die grüne Fraktion gesagt: Dann wird er ganz einfach Fraktionsexperte. Er saß also als Fraktionsexperte im Ausschuß. Und Kollege Wabl hat dann gesagt: Wenn er als Fraktionsexperte im Ausschuß sitzt, dann bekommt er dafür Geld, also muß er auch reden, er kann ja nicht Geld bekommen und nur dasitzen und nichts reden. – Und mit Vehemenz wurde darauf gedrungen, daß er als Experte zum Reden kommt. Als wir dann gesagt haben, das ginge aber von der Geschäftsordnung her nicht, wurden wir als die Bösen hingestellt, die das abgelehnt haben.

Ein weiterer Punkt betreffend die Freiheitlichen und ihr Verhalten in der heutigen Einwendungsdebatte: Da hat sich besonders Herr Abgeordneter Stadler hervorgetan und gesagt, der Abgeordnete Brix fällt ihm sowieso nie auf. – Dazu kann ich nur sagen: Mir ist es lieber, ich falle gar nicht auf, als so wie der Abgeordnete Stadler aufzufallen, der besonders dadurch auffällt, daß er Politiker, daß er Menschen einfach diskriminiert, diffamiert und ihnen gegenüber seine Menschenverachtung zeigt. Es ist mir wirklich lieber, nicht aufzufallen, als so aufzufallen wie er. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade die Freiheitlichen haben in der Vorbesprechung stolz gesagt: Wir haben schon einen Bericht. Redet doch mit uns! Und der Abgeordnete Grollitsch saß da und hat immer mit seinem Bericht gewachelt. (Abg. Aumayr: Sie haben keinen vorgelegt!) Als wir aber gesagt haben: Bitte schön, zeigen Sie uns doch einmal den Bericht, lassen Sie uns den Bericht lesen!, da hat sich herausgestellt ... (Abg. Aumayr: Sie haben überhaupt keinen gehabt!) – Ich habe aber auch nicht gesagt, daß wir einen in der Hand hatten. Ich habe gesagt, wir hatten keinen in der Hand. Wir haben aber auch kein leeres Papier zum Wacheln gehabt. Uns war gar nicht so heiß, daß wir gewachelt hätten, wie es der Abgeordnete Grollitsch mit diesem Bericht getan hat. – In Wahrheit haben sich die Freiheitlichen auch bei dieser Gelegenheit nahtlos den anderen angeschlossen und haben versucht, auf dieser Oppositionswelle vor allem politisches Kleingeld zu wechseln.

Abschließend: Nicht zufrieden waren meine Fraktion und auch ich mit dem Auftreten des Landesrates Hirschmann – das möchte ich an dieser Stelle anmerken –, und es haben all jene recht, die gesagt haben: Landesrat Hirschmann hat sich in keiner Weise demokratiefreundlich verhalten. So geht man mit dem Parlament nicht um, so geht man mit der Volksvertretung nicht um.

Und so, wie Frau Landeshauptmann Klasnic mit dem Parlament umgeht, geht man erst recht nicht mit ihm um; denn es ist sicherlich empörend und ist zurückzuweisen, daß erst einen Tag vor der Debatte ein Brief eintrifft, und das nur, nachdem er schon zweimal vom Nationalratspräsidenten urgiert worden war. Das muß man an die Adresse der Steiermark sagen. Da gehört sicherlich einiges geändert, denn so kann man mit uns einfach nicht umgehen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Wir haben dieses Schreiben bis jetzt nicht bekommen, Herr Kollege!)

Wir Sozialdemokraten haben bis jetzt immer ein Prinzip verfolgt, nämlich eine gesunde Umwelt zu schaffen, in der die Menschen leben können. Daher wissen wir ganz genau, daß zu einer gesunden Umwelt auch eine Reduzierung des Lärms und der Verkehrsbelastung gehört. Und daher wissen wir, daß es notwendig ist, diese Straße zu errichten: Erstens, damit die Menschen in dieser Region gesünder leben können, und zweitens, damit man dort Arbeitsplätze für die Wirtschaft schafft. – Aus diesen beiden Gründen werden wir diesem Bericht auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte.

19.07

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn Parteimitglieder der SPÖ und Parteimitglieder der ÖVP, der christlich-sozialen Partei, hier an das Rednerpult treten und sagen, es gehe ihnen in erster Linie um Menschenschutz und erst in zweiter Linie um die Umwelt, um den Wachtelkönig und um die Natur, dann frage ich mich: Was haben meine lieben Freunde der Sozialdemokratie in den letzten 15 Jahren in ihrer Zukunftswerkstätte mit dem Josef Cap und den anderen diskutiert? (Abg. Brix: Ich war nie dort!) Was haben sie dort im Zusammenhang mit den Fragen der Ökologie und der Ökonomie diskutiert?

Herr Kollege Kröll! Was haben Sie im Krainer-Haus in Graz mit Leuten wie Hirschmann, Schoeller und anderen diskutiert, wenn Sie heute – im Jahre 1998! – noch immer  den Gegensatz von Ökologie und Ökonomie bemühen, und zwar im Sinne des Menschenschutzes?! Herr Kröll! Was diskutieren Sie denn mit dem Herrn Schüssel? Was diskutieren Sie denn mit dem Herrn Khol, wenn Sie immer noch nicht begriffen haben, daß die Natur Sie nicht braucht, aber Sie die Natur brauchen, um leben und überleben zu können?! (Abg. Kröll: Der Mensch lebt auch in der Natur!) – Sie haben immer noch nicht verstanden, daß die Ökonomie ein Teil der Ökologie ist. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Petrovic und Kröll.) Eine Ökonomie, die meint, diese beiden Begriffe seien ein Gegensatz, ist keine Ökonomie, sondern eine plumpe Ausbeutung der Natur, eine plumpe Profitmaximierung zu Lasten der späteren Generationen und letztendlich eine plumpe Ausbeutung der Menschen. (Beifall bei den Grünen.)

Sie kommen immer mit dem Argument: Dort wohnen Menschen, die durch den Lärm gemartert und gefoltert werden. – Das wissen wir alle. Aber warum werden sie es denn? – Weil Sie jahrzehntelang eine Verkehrspolitik zugelassen haben, die genau die Zustände, die Sie jetzt beklagen, verursacht hat! (Beifall bei den Grünen.)

Was war denn das für eine Verkehrspolitik in den letzten fünf, zehn oder 20 Jahren? (Zwischenruf des Abg. Koppler.) – Herr Koppler! Sie haben doch in Hainburg demonstriert und erklärt, es gehe um den Menschen und nicht um die Natur. Sie haben doch auch in Zwentendorf demonstriert, wo Sie erklärt haben, es gehe um Arbeitsplätze und nicht um diese "ökologischen Spintisierereien". Warum wollen Sie denn diese "Betondebatte" ins nächste Jahrtausend hinüberretten? Warum können Sie nicht einmal darüber nachdenken, was das Problem ist? (Zwischenrufe der Abgeordneten Koppler und Kröll.)

Herr Kröll! Ich habe mich seit April, seit den ersten Sitzungen, bemüht, Ihnen klarzumachen, daß wir hier zwei verschiedene Dinge diskutieren. Auch Herr Kollege Barmüller hat Ihnen das hier wortreich erklärt. Die eine Sache ist die Verkehrspolitik; für diese hatten und haben Sie leider noch eine Mehrheit. Aber die andere Sache ist die, daß Sie glauben, weil Sie die Mehrheit in der Steiermark und in diesem Haus haben, rechtsstaatliche Prinzipien mit Füßen treten und Privateigentum ignorieren zu können, wenn Sie Ihren politischen Willen durchsetzen wollen. (Abg. Dr. Lukesch: Das tun wir nicht!) Sie glauben, daß Sie das legitimiert.

Wir – Herr Kollege Wurmitzer, Herr Kollege Lukesch und andere – haben auch lange über die Frage der Demokratie diskutiert. Es ist selbstverständlich, daß in einer Demokratie die Mehrheit das Gesetz des Handelns bestimmt. Selbstverständlich! Dagegen haben wir nichts. (Zwischenruf des Abg. Kröll.) – Herr Kröll, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß die Mehrheit das "Bewegungsgesetz" bestimmt!

Es kann aber nicht so sein, daß, weil eine Mehrheit einen politischen Willen hat, jene Gesetze, die durch diese Volksvertretung hier und durch jene Volksvertretung im Steirischen Landtag beschlossen worden sind, mit Füßen getreten und so interpretiert werden, daß Sie Ihren politischen Willen durchsetzen können, obwohl der Oberste Gerichtshof, der Verwaltungsgerichtshof und der Verfassungsgerichtshof Ihnen dargelegt haben, daß das rechtswidrig war.

Ich kann Ihnen – wie auch Kollege Barmüller und die Kollegen von der Freiheitlichen Partei – minutiös auflisten, wie Sie das Recht gebeugt haben, wie Sie die Gesetze mißachtet haben und wie Sie den Bauern und Bäuerinnen im Sinne Ihrer falschen Verkehrspolitik einfach ihr Eigentum geraubt haben! Auch wenn Sie eine Mehrheit haben, ist das so. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie des Abg. Jung. – Abg. Kröll: Das Oberste Gericht hat auch festgestellt, daß die verordnete Trasse rechtens war und auch heute noch rechtens ist!)

Herr Kröll! Nur weil die Verordnung rechtens ist, können Sie doch daraus nicht ableiten, daß alles, was Beamte im Namen der Verordnung machen, rechtens ist! Es kann doch nicht so sein, daß, wenn der Herr Wirtschaftsminister bezüglich einer Trasse eine Verordnung erläßt, dann vor Ort, um diese Trasse durchzusetzen, der Rechtsstaat von Ihren Beamten ignoriert wird, die Sie unter Einfluß ... (Abg. Dr. Lukesch: Das war auch nicht so! Das war nicht so! Das reden Sie sich nur ein!) – Herr Kollege Lukesch, es ist leider so. Herr Kollege Lukesch! Sie geben sogar in Ihrem Mehrheitsbericht zu, welch ungeheuerlicher Vorgang das war, allerdings beschönigen Sie es.

Herr Kollege Lukesch! Sie sagen: "Es war im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Bewilligung keine objektive Festlegung möglich." – Das haben Sie in Ihren Mehrheitsbericht hineingeschrieben.

Stellen Sie sich einmal folgendes vor: Es gibt ein Naturschutzgesetz, in dem festgehalten wird, daß eine Straße dann durch ein Naturschutzgebiet führen darf, wenn es keine vertretbare Lösung in einem anderen Gebiet, in einem nicht unter Naturschutz stehenden Gebiet, gibt. Das steht im Naturschutzgesetz. Und wie war die Vorgangsweise der steirischen Landesregierung? – Diese hat gesagt: Wir wollen das Projekt Ennsnahe Trasse durchziehen, und deshalb geben wir an die Naturschutzbeamten die Weisung, sie müssen die Ausnahmegenehmigung für die Ennsnahe Trasse erteilen. – Erster Rechtsbruch! Trotz der Beamten, die klar festgehalten haben, daß es eine vertretbare andere Variante – nämlich im Sinne des Menschenschutzes und im Sinne des Naturschutzes – gibt, haben Sie als politische Mehrheitspartei gesagt: Das interessiert uns nicht. Wir geben eine Weisung, die naturschutzrechtliche Bewilligung wird erteilt. – Rechtsbruch Nummer eins.

Rechtsbruch Nummer zwei: Hier in diesem Haus wurden Wasserrechtsgesetze beschlossen. Ich muß zugeben, es hat eine Änderung während des Verfahrens gegeben, aber der zuständige Beamte hat, damit die naturschutzrechtliche Bewilligung nicht verlorengeht, einen Gefälligkeitsbescheid für die Politik erstellt, in dem er Dinge behauptet hat, die klar rechtswidrig waren. (Abg. Dr. Lukesch: Stimmt ja gar nicht!) Er hat behauptet, es gebe einen konsensgemäßen Ausbau.

Herr Kollege Lukesch! Lesen Sie es nach! Der Oberste Gerichtshof hat den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben. Nehmen Sie doch zur Kenntnis, daß in unserem Staat nicht die politische Mehrheit entscheidet, sondern letztendlich bei solchen Rechtsfragen der Oberste Gerichtshof entscheidet; und dessen Entscheidung war eindeutig.

Der Beamte hat nicht die juristische Finte gewählt, zu sagen: Ich stelle nicht auf den wirklichen Zustand des Flusses ab. – Nein! Er hat eine ganz besondere rechtliche Finte gewählt und gesagt: Ich stelle meinen Bescheid auf die rechtliche Situation in diesem Gebiet ab. – Ob dort tatsächlich ausgebaut worden ist, ob dort tatsächlich Hochwasserschutzbauten vorhanden sind, hat ihn gar nicht interessiert. Ihn interessierte nur der rechtliche Zustand.

Im Klartext – ein Beispiel zur besseren Verständlichkeit –: Den Herrn Beamten hat es nicht interessiert, ob dort ein Haus steht, sondern ihn hat nur interessiert, ob es eine Baubewilligung gibt und ob eine Behörde festgestellt hat, daß es dort ein Haus gibt. Ob das Haus tatsächlich steht, war dem Beamten gleichgültig.

Aber das Unglaubliche an dieser Sache war, daß nicht einmal der konsensgemäße Zustand vorhanden war. Der Beamte wußte das! Er gibt das in den Protokollen auch zu. – Rechtsbruch Nummer zwei. Die Bescheide wurden vom Obersten Gerichtshof und vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist einfach unlogisch!)

Rechtsbruch Nummer drei. Meine Damen und Herren! Der Herr Krainer und später die Frau Klasnic waren zu feige dazu, die steirischen Bauern zu enteignen, denn sie haben ja bei der Wahlversammlung geschworen, ein steirischer Landeshauptmann enteignet keine Bäuerinnen und keine Bauern in der Steiermark. Deshalb hat sich Herr Krainer selbst bescheinigt, daß er säumig geworden ist und hat einen Devolutionsantrag gestellt: Der Wirtschaftsminister solle doch enteignen! – In Richtung Wien können wir Steirer ja weiterhin schimpfen, das spielt keine Rolle. Hauptsache, wir Steirer in der Landesregierung sind sauber geblieben! Wir, die Landesmutti und der Landespapa, sind doch anständige Menschen! Das schmutzige Geschäft des Enteignens überlassen wir dem Wirtschaftsminister.

Dann wurde also ein Devolutionsantrag – gegen sich selbst gerichtet – gestellt. Der Landeshauptmann stellte einen Devolutionsantrag dahin gehend, daß die Enteignungen im Wirtschaftsministerium durchzuführen wären. Und was passierte im Wirtschaftsministerium? – Der zuständige Beamte kam zu der Rechtseinsicht (Abg. Dr. Lukesch: Zu einer Rechtseinsicht!), Enteignungen seien nicht möglich. Er machte darüber auch einen Aktenvermerk.

Herr Abgeordneter Lukesch! Ich habe mehrmals nachgefragt: Gibt es im Wirtschaftsministerium einen einzigen Beamten, der in einer Besprechung eine andere Rechtsmeinung als jene des Herrn Neuhaus vertreten hat? Gibt es einen Aktenvermerk? Gibt es eine Festlegung, irgendein Schriftstück, anhand dessen wir nachvollziehen können, warum trotz fehlender rechtlicher Grundlage – Kollege Barmüller ist darauf eingegangen – enteignet wurde?

Einen solchen Aktenvermerk hat es nicht gegeben. Es hat auch keine Besprechung gegeben, in der ein Protokoll darüber angefertigt wurde, sondern einzig und allein der politische Druck war entscheidend. Diese Enteignungen wurden über Weisung durchgeführt. (Abg. Dr. Lukesch: Weil offensichtlich das Verfahren ins Leere gegangen ist! Es ist offensichtlich gescheitert! Das wird doch ein Beamter oder eine Abteilung ...!)

Herr Professor Lukesch! Es ist so erbärmlich, wie Sie hier ständig Rechtswidrigkeiten der Beamten verteidigen! (Abg. Steibl: Was ist das für eine Sprache? – Abg. Dr. Lukesch: Das ist ungeheuerlich!) Es ist einfach so etwas von tragisch, daß ein Professor, ein Intellektueller, der an einer Universität lehrt, wortreich mit allen Tricks und allen Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen, in seiner Muttersprache versucht, hier offensichtlich rechtswidrige Zustände zu rechtfertigen.

Es hat keinen Aktenvermerk gegeben. Der zuständige Verhandlungsleiter hat zugegeben, daß es für ihn eine Weisung gegeben hat, trotz fehlender rechtlicher Grundlagen die Enteignungen durchzuführen. Wir oppositionelle Abgeordnete wollten daraufhin jenen Beamten, der diese Weisung gegeben hat, befragen, damit wir wissen, wer der Politiker dahinter war. Aber da waren der Herr Oberaufdecker aus Kärnten, der Oberaufdecker aus Innsbruck und der Oberaufdecker aus Wien, der Herr Brix, der Demokrat, der "große" Demokrat vor dem sozialdemokratischen Herrn, zur Stelle und haben gefragt: Wozu wollen Sie das wissen? Für wen denn? Wozu Kontrolle? Wozu demokratische Kontrolle in diesem Haus? – Und sie haben gesagt: Was Kontrolle ist, bestimmen wir. Wir meinen, die Mehrheit sagt, was zu geschehen hat, und das ist demokratisch.

Meine Damen und Herren! Es war nicht möglich, jene Personen zu befragen, die letztendlich diese Weisung gegeben haben. Sie von der ÖVP wollten natürlich gar nicht wissen, wer das war, weil der vermutete Amtsmißbrauch möglicherweise bis ins Ministerzimmer hineinreicht. Aber damit nicht genug! Sie verlieren in allen Instanzen und versuchen dann auch noch, die Bäuerinnen und Bauern, die Umweltaktivistinnen und Umweltaktivisten mit Klagen einzuschüchtern. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Aber nachher, als diese Prozesse verlorengingen, wollte es keiner gewesen sein, Herr Professor Lukesch. Dann wollte es keiner gewesen sein, dann gab und gibt es sogar einen koalitionären Streit! (Abg. Dr. Lukesch: Die Landesbaudirektion war es!) Der Herr Pöltl, der Landesrat für die schöne Steiermark, hat für "seine" Bauern einen wunderbaren Brief geschrieben. Er schreibt: Lieber Herr Finanzminister! Stellen Sie doch diese Klagen ein! Wir wollen unsere armen Bauern nicht klagen. Sorgen Sie dafür, daß deeskaliert wird. Bitte seien Sie so lieb, Herr Finanzminister!

Mit diesem Brief ist Herr Landesrat Pöltl von der ÖVP bei seinen Bauern herumgegangen. Er hat auch Abschriften der Klagen angefertigt, damit klargestellt wird, daß die ÖVP nichts damit zu tun hat. Die Klagen wurden von der Finanzprokuratur über Antrag eines politischen Funktionsträgers durchgeführt, aber Sie weigern sich, den Namen dieses Funktionsträgers in den Protokollen wiederzugeben. – Was ist das, Herr Kollege Wurmitzer? Ist das Demokratie? Ist das Ihr Demokratieverständnis, Herr Professor Lukesch, daß der Name jener Person, die den Auftrag gegeben hat, Bauern und Bäuerinnen, Umweltaktivistinnen und -aktivisten zu klagen, im Protokoll nicht aufscheint? Denn dann wäre es ja schwarz auf weiß dort gestanden! (Abg. Dr. Lukesch: Steht ja drin: Landesbaudirektion!)

Die Landesbaudirektion! – Die Beamten waren es! Diese haben selbstverständlich die Klagen gegen die Bauern veranlaßt! (Abg. Dr. Lukesch: Natürlich! Es sind ja auch Haftungsansprüche gestellt worden!) – Herr Professor Lukesch! Genieren Sie sich denn nicht für dieses unglaubliche Spiel, das Sie hier betreiben? Haben Sie denn überhaupt kein Schamgefühl mehr? (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Können Sie sich nicht vorstellen, daß ein Biobauer, der zur Kenntnis nehmen muß, daß Sie mit Ihrer Verkehrspolitik eine neue Straße durch seine Gegend, durch seinen Acker, durch seine Wiesen trassieren wollen, der Meinung ist, daß es ungeheuerlich ist, daß er gegen seinen Willen und gegen die österreichischen Gesetze enteignet und dann auch noch von der ÖVP, von ÖVP-Politikern geklagt wird? Sollte nicht zumindest danach, sobald offenkundig wird, daß dies ein rechtswidriger Vorgang von seiten dieser Politik war, der wahre Sachverhalt festgestellt werden? – Aber Sie legen darauf keinen Wert und verstecken sich hinter einer sogenannten demokratischen Mehrheit!

Herr Professor Lukesch! Das hat nichts mit Verkehrspolitik zu tun, das ist eine unglaubliche Verhöhnung von Mitbürgern und Mitbürgerinnen in einem demokratischen Land, in Österreich, in einer demokratischen Republik. Ich sage Ihnen, Sie haben nicht ... (Abg. Mag. Mühlbachler: Ich würde einmal fragen, ob die Gesamtinteressen nicht vor den Einzelinteressen stehen!) Sie haben die Sitzung im Ausschuß nicht verfolgt. Herr Wurmitzer wollte noch bis zum Schluß damit argumentieren, das Unglück habe begonnen, weil die Gesetze so schlecht seien. (Abg. Dr. Lukesch: Gemeinnutz vor Eigennutz!)

Meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Mühlbachler: Das ist ganz klar! Als Opposition schauen Sie auf die Einzelinteressen, aber es gibt auch Gesamtinteressen!) Sie verwechseln immer verkehrspolitische Fehlentscheidungen – oder richtige Entscheidungen, wie Sie es meinen – mit einer rechtlichen Situation. (Abg. Dr. Lukesch: Aber nein!) Warum wir in dieser Frage so kämpfen, ist relativ einfach: Sie können zwar mit Mehrheitsbeschlüssen bestimmte politische Dinge durchsetzen, und das ist auch gut so – oder auch nicht gut so –, aber Sie können nicht aufgrund politischer Willkür in einem Rechtsstaat Gesetze mißachten! Dagegen werde ich, solange ich kann, meine Stimme erheben. (Abg. Dr. Lukesch: Diese Vorwürfe gehen ins Leere! – Zwischenruf des Abg. Kröll.) Das werden Sie nicht können, Herr Wurmitzer und Herr Professor Lukesch, und das werden auch Sie, Herr Kröll, nicht können.

Und bitte hören Sie damit auf, daß Sie jetzt Taten sehen wollen – als ob irgendein Ausschuß in diesem Haus, irgendeine Stunde, die wir in diesem Rechnungshofunterausschuß verhandelt haben, dazu beigetragen hätte, daß dort weniger durchgeführt werden kann. Herr Landesrat Ressel und die Landesregierung haben entschieden, daß die sogenannte kleine Umfahrung gebaut wird. Wir haben von politischer Seite selbstverständlich sofort zugestimmt.

Aber Sie werden uns nicht dazu bringen, daß wir dazu schweigen, daß Sie die Gesetze mit Füßen getreten haben, und wir werden nicht zur Kenntnis nehmen, daß Sie jetzt, nach 20 Jahren zähem Kampf, der nicht nur viel persönliche, sondern auch finanzielle Substanz gekostet hat – ich rede noch gar nicht von jenen Sachverständigen, die Ihre Behörde offensichtlich unter Druck gesetzt und in ihrer Existenz bedroht hat, davon rede ich gar nicht! (Abg. Dr. Lukesch: Schutzbehauptung!) –, erstens einmal durch Verhinderung der demokratischen Kontrolle so tun, als ob alles in Ordnung gewesen wäre, und daß Sie zweitens sagen, wir bauen nicht nur die kleine Umfahrung, wir machen nicht nur den Bestandsausbau, sondern auch noch zusätzlich jene Trasse, gegen die 20 Jahre zu Recht gekämpft wurde. Das werden Sie von uns nicht erleben! Wir werden dagegen Widerstand leisten, solange wir in der Demokratie dazu in der Lage sind! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Wurmitzer und Herr Kollege Khol – er ist leider nicht anwesend –, Sie haben – vor allem Herr Kollege Khol – in den letzten Aussendungen einige wunderbare Dinge gesagt. Ich will auch zu diesem Nazi-Vorwurf, den Sie heute wieder vorgebracht haben, Stellung nehmen. (Abg. Dr. Lukesch: Nicht entschuldigen? – Zwischenruf des Abg. Brix.) – Ich denke nicht einmal daran! Ich denke nicht daran, Herr Professor Lukesch, Ihnen den Gefallen zu tun, dieses Spiel, das Sie seit dem Jahre 1945 in diesem Land spielen, hier mit Ihnen weiterzuspielen. (Abg. Wurmitzer: Eine Entschuldigung ist fällig!)

Manchmal verstehe ich ganz bestimmte naive, geschichtslose Menschen, die einer bestimmten Partei ihre Stimme gegeben haben, worüber wir alle nicht sehr zufrieden sind. (Abg. Mag. Steindl: Jetzt geht er auf die Wähler los!) Sie haben seit 1945 immer so getan, als ob das, was vor 1945 passiert ist, mit uns nichts zu tun habe – nichts mit der SPÖ, nichts mit der ÖVP und nichts mit den anderen Menschen, die hier in diesem Hause sitzen. Das waren unsere Väter und Mütter, die das zu verantworten hatten, in welcher Funktion auch immer! (Abg. Dr. Lukesch: Meiner war ein Widerstandskämpfer!)

Sie, Herr Brix, Herr Lukesch und Herr Wurmitzer, irren, wenn Sie glauben, daß es einem österreichischen Parlamentarier nicht gestattet ist, zu sagen, daß es auch in totalitären Ländern Mehrheitsabstimmungen gegeben hat, und auch in der Nazi-Zeit! (Abg. Brix: Das wurde ja nicht gesagt, das ist nicht wahr! Das war erst nachher die Erklärung! – Anhaltende Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter, bitte um den Schlußsatz! Ihre 20 Minuten sind abgelaufen. (Neuerliche Zwischenrufe.)

Ich bitte Sie, sich mit den Zwischenrufen zurückzuhalten! Herr Abgeordneter Wabl spricht den Schlußsatz. (Abg. Schwarzenberger: Herr Wabl! Wenn Sie ein anständiger Mensch sind, entschuldigen Sie sich! – Abg. Brix: Sie sollten sich dafür entschuldigen, was Sie gesagt haben!)

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Mein Gott! Verschonen Sie mich bitte mit dieser inferioren, unglaublichen Geschichtsschau, die Sie seit 1945 hier zur Schau tragen und die dazu geführt hat, daß Menschen jahre- und jahrzehntelang nicht zu ihrem Recht gekommen sind, weil Sie diese Dinge verschwiegen haben und auch Sie ...

19.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum für den das Rednerpult verlassenden Abg. Wabl.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.29

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine bessere Darstellung dessen, was uns im Ausschuß geblüht hat, welche persönlichen Diffamierungen und Beschuldigungen wir zu ertragen hatten, als den soeben beendeten Auftritt des Kollegen Wabl könnte es gar nicht geben.

Kollege Wabl! Alles, was Sie hier behauptet haben, sind persönliche Interpretationen. Sie sind durch die Untersuchungen des Ausschusses in keiner Weise gedeckt. (Abg. Wabl: Es ist unglaublich! Es ist unglaublich!) Sie haben wortwörtlich von plumper Gewinnmaximierung auf Kosten der Natur gesprochen, aber verschwiegen, daß es ein eminentes öffentliches Interesse für die Errichtung dieser Straße gegeben hat und auch heute noch gibt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Koppler: Das ist den Grünen Wurscht!)

Daß dort Menschen wohnen, die unter dem Lärm leiden, das wissen wir alle, haben Sie behauptet. – Aber Sie handeln genau entgegengesetzt, Herr Kollege Wabl! Sie haben hier die Behauptung aufgestellt, rechtsstaatliche Prinzipien seien mit Füßen getreten worden. (Abg. Smolle: Jawohl!) Es ist interessant, daß sich gerade diejenigen, die zuerst die Naturschutzauflagen verlangen, später dagegen wehren, daß diese auch durchgesetzt und umgesetzt werden. Das ist ein doppeltes Spiel, bei dem wir nicht mitmachen werden.

Herr Kollege Barmüller! Auch das, was Sie im Zusammenhang mit dem föderalistischen Aufbau Österreichs und dem Verhalten der Vertreter der Steiermark gesagt haben, verstehe ich nicht. Wenn Sie für die Rechtstreue sind, dann müssen Sie wissen, daß Österreich föderalistisch aufgebaut ist, daß es Bundes- und Landeskompetenzen gibt, und daß das ein Gesetz im Verfassungsrang ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.) Wenn sich jemand darauf beruft, dann ist er im Recht, und nicht im Unrecht! Sie müssen zur Kenntnis nehmen: Die Rechtsstaatlichkeit und das rechtliche Prinzip gelten auch dann, wenn es Ihnen nicht gefällt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Barmüller: Das war ja sehr schön, was Sie gesagt haben! – Zwischenruf des Abg. Smolle.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Heute liegen zwei Berichte zur Beurteilung durch den Nationalrat vor: zum ersten der Bericht des Ausschusses und zum zweiten der Minderheitsbericht der Abgeordneten Wabl, Dr. Grollitsch und Smolle. (Abg. Smolle: Sie haben beide verhindert, sowohl den Martinek als auch den Baumann! Lesen Sie!) – Ja, ich möchte gerne lesen. Ich würde Ihnen sogar gerne vorlesen, was die Frau Landeshauptmann noch geschrieben hat.

Ich zitiere aus ihrem Brief: "Wie mir von den beiden Herren" – gemeint ist Herr Landesrat Hirschmann und Herr Dr. Wielinger – "mitgeteilt worden ist, haben Mitglieder des Ausschusses, auf den sich Ihr Schreiben vom 10. Juli bezieht, viel Zeit darauf verwendet, nicht Fragen zu stellen, sondern Beschuldigungen gegen Mitglieder der Steiermärkischen Landesregierung und steirische Landesbeamte vorzubringen." – Zitatende.

Das war das Ziel, und das entspricht den Tatsachen. Heute stehen zwei Berichte zur Diskussion. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Smolle.) Der erste, der Bericht des Ausschusses, ist das Ergebnis seriöser und gewissenhafter Arbeit. Wir haben mit großer Genauigkeit geprüft. Wurden von der Vorsitzenden zunächst nur sechs Termine für die Untersuchung veranschlagt, so haben wir insgesamt neun Termine wahrgenommen. Wir wollten diesem Hohen Haus einen objektiven Bericht vorlegen und haben die maßgeblichen Persönlichkeiten – es sind 22 an der Zahl – auch eingeladen und intensiv dazu befragt.

Es gab dazu einen Bericht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, einen Bericht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft und einen Bericht der Finanzprokuratur. Dazu kamen die veröffentlichten Unterlagen der steirischen Landesregierung und der Bericht des Rechnungshofes. Diese Unterlagen waren im Ausschuß also sehr wohl vorhanden. Es war, wie ich schon erwähnt habe, unser Ziel, einen umfassenden, seriösen und stichhaltigen Bericht vorzulegen.

Die zweite Intention, die wir dabei verfolgt haben, war, der betroffenen Bevölkerung im Ennstal zu helfen. Wenn jemand berechtigt ist, einen Hilfeschrei auszustoßen, dann ist das keineswegs die Opposition, sondern die Bevölkerung von Stainach, Wörschach und Liezen. Ihr konzediere ich das Recht, einen Hilfeschrei auszustoßen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Für uns sind die demokratischen Abstimmungen in den betroffenen Gemeinden bindend. Diese Erklärung gibt es zwar auch aus dem Munde der Freiheitlichen und von seiten der Liberalen, aber es ist nur ein Lippenbekenntnis, denn sie halten sich, wenn es darauf ankommt, in keiner Weise daran.

Man kann also folgendes Resümee ziehen – und das ist der Kernsatz unserer Untersuchungen –: Es wurden keine rechtswidrigen Vorgänge festgestellt, und es hat sie auch nicht gegeben! (Ironische Heiterkeit bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Barmüller: Das ist nicht wahr, Herr Abgeordneter! Das wissen Sie! Sie sagen bewußt die Unwahrheit!) Die Verordnung der Trasse ist rechtskräftig, und zwar seit dem 7. September 1990. Eine Verordnung ist für die Verwaltung bindend, daher ist es gar nicht notwendig, daß zusätzlich zur Verordnung weitere Weisungen gegeben werden. (Abg. Mag. Barmüller: Es geht nicht um die Trassenverordnung, es geht um die Naturschutzverordnung!) Der Naturschutzbescheid trägt das Datum vom 18. Februar 1988, liegt vor und ist rechtskräftig. Um seine Verlängerung wurde angesucht.

Um die wasserrechtliche Genehmigung wurde ebenfalls nach der Novelle des Wasserrechtsgesetzes 1990 angesucht. – Herr Kollege Barmüller, vielleicht könntest du mir zuhören! Was es gibt, ist Rechtsunsicherheit in manchen Bereichen. (Abg. Wabl: "Rechtsunsicherheit"!) Bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes war nämlich nicht klar, ob die Enteignung von Flächen für naturschutzrechtliche Auflagen möglich oder nicht möglich ist. (Abg. Mag. Barmüller: Das hat es vor allem nie gegeben, das wissen Sie!) Nach dem Entscheid des Verfassungsgerichtshofes hat niemand mehr einen Enteignungsbescheid unterschrieben. Und auch die Frage der wasserrechtlichen Genehmigungspflicht war bis zum Inkrafttreten des Gesetzes im Jahre 1990 nicht klar geregelt.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Ich mache Ihnen jetzt ein "Kompliment": Die Gegner der Ennsnahen Trasse haben diese Unsicherheit bis zum Exzeß ausgenützt und sie dazu benützt, alles zu blockieren und jede Baumaßnahme zu verhindern. So gesehen ist dieser Bericht auch eine Chronologie der gezielten und geplanten Verhinderung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Opfer für diese Vorgangsweise hat die betroffene Bevölkerung zu bringen. Die Oppositionsparteien betreiben ein sehr durchsichtiges Doppelspiel: Im Ennstal fordern sie Maßnahmen, wie zum Beispiel Lärmschutz und dergleichen mehr, aber in Wien wird opponiert und verhindert. Sie betreiben auch jetzt wieder, bei der Umfahrung von Stainach, ein Doppelspiel. Sie sagen zwar, Sie seien für die sogenannte kleine Umfahrung, verschweigen aber, daß diese unter Einbeziehung der Wanne Stainach und der Sallaberger Brücke gar nicht möglich ist. Auch da betreiben Sie also wieder ein Doppelspiel!

Ich habe Ihren Bericht sehr genau durchgelesen. Er atmet genau jenen Geist, den Sie hier schon mehrfach offenbart haben. Ich habe nur fünf Punkte aus Ihrem Bericht ausgewählt, in denen Sie diesem Hohen Haus völlig falsche Informationen geben, und darf diese jetzt im einzelnen nennen:

Sie behaupten in Ihrem Bericht: Aufgrund des neuen Detailprojektes aus dem Jahr 1994 müsse ein neues Naturschutzverfahren durchgeführt werden. – Diese Behauptung ist falsch. In einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1995 wurde die Verlängerung der naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung eindeutig als zulässig erkannt. – Das war Punkt 1.

Punkt 2: Sie behaupten, daß ein Straßenbau durch ein nach EU-Recht verbindlich festgelegtes und gefördertes Schutzgebiet nicht möglich ist. – Auch diese Behauptung ist unrichtig. Artikel 6 Abs. 3 und 4 der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie läßt sehr wohl Ausnahmebewilligungen zu. (Abg. Mag. Barmüller: Vogelschutz!)

Punkt 3: Sie behaupten pauschal, daß die Landwirte zu keiner Ablöse bereit waren. – Auch das ist unrichtig. Die Enteignungen im westlichen Bereich waren problemlos möglich; ein Großteil der Flächen im westlichen Bereich wurde im Einvernehmen erworben. Nur aufgrund Ihrer Hetzkampagnen war es dann im östlichen Bereich nicht mehr möglich, Grundflächen rechtmäßig und auf einvernehmlichem Wege zu erwerben. Und das führen Sie nun als Gegenargument an! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Punkt 4: Sie schreiben in Ihrem Bericht, die Klagen seien ein Mittel zur Einschüchterung gewesen. – Wenn man diese Behauptung gedanklich weiterspinnt, dann stellt man fest, damit wäre jedem Menschen in Österreich die Möglichkeit, eine Klage zu erheben, genommen. Eine Klage ist ein rechtliches Mittel für jemanden, der sich geschädigt glaubt. Daher ist es auch unerheblich, wer – die Landesbaudirektion oder das Straßenbauamt Graz – die Finanzprokuratur aufgefordert hat, zu klagen. Entscheidend ist, daß ein Schaden entstanden ist und daß die Republik verpflichtet ist, diesen Schaden geltend zu machen. Sie hat gar keine andere Möglichkeit!

Punkt 5: Sie schreiben auf der letzten Seite Ihres Berichtes, daß aufgezeigt werde, wie gering die Meinung der Bevölkerung von den Verantwortlichen geachtet werde. – Auch das ist falsch. Ich darf dem entgegenhalten, daß bei der Volksbefragung 72 Prozent der abgegebenen Stimmen für das Projekt Ennsnahe Trasse waren. Diejenigen, die dafür eintreten, unterstützen den Willen der Bevölkerung und nicht das Gegenteil.

Erlauben Sie mir zum Schluß noch einen Satz zum politischen Stil. Herr Kollege Wabl! Wenn jemand den Mut hat, andere Fraktionen, die aufgrund demokratischer Wahlen Abgeordnete in dieses Haus entsenden, als Nazis zu bezeichnen – wortwörtlich so geschehen, von mir gehört und nicht nur von mir allein, sondern von allen Ausschußmitgliedern (Abg. Wabl: Das ist ja falsch, was Sie sagen!) –, dann sollte er auch den Mut haben, an dieses Rednerpult zu treten und zu sagen: Es tut mir leid, daß ich die Grenzen des Zumutbaren überschritten habe, und ich entschuldige mich dafür.

Wenn jemand mit Auskunftspersonen wie mit Lausbuben umgeht und systematisch akademische Grade, die ein Teil des Namens sind, nicht verwendet, dann überschreitet er auch damit die Grenzen des Zumutbaren und verweigert etwas, was man hier verlangen kann. Wenn jemand Mehrheitsbeschlüsse als Demokratieverweigerung ansieht, dann wird er sehr oft Gelegenheit haben, von der Verweigerung der Demokratie zu sprechen.

Es wäre höchste Zeit, daß Sie Ihr Verhalten ändern. Dann werden wir etwas leichter miteinander auskommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Wabl begehrt eine tatsächliche Berichtigung. Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen dazu das Wort. Beginnen Sie mit der Behauptung, die Sie berichtigen wollen. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

19.40

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Wurmitzer hat behauptet, daß ich ihn im Unterausschuß als "Nazi" bezeichnet hätte. (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben gesagt: "Wie bei den Nazis"! – Weiterer Zwischenruf des Abg. Wurmitzer.) – Was habe ich jetzt Ihrer Meinung nach gesagt? – Ich habe verstanden, daß Sie gesagt haben, ich hätte gesagt: "Sie sind ein Nazi" oder "Sie sind Nazis". (Abg. Brix: Nein, sondern "wie bei den Nazis"! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen Sie, ich habe dort festgestellt – damit das klar ist – ... (Ruf bei der ÖVP: Stellen Sie richtig! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Bitte, Herr Kollege Wurmitzer, Sie können ja die Protokolle herausholen. Holen Sie die Protokolle heraus und zeigen Sie uns diese Stelle!

Ich habe gesagt: Eine Mehrheitsentscheidung muß noch lange keine demokratische Entscheidung sein. (Abg. Brix: So lange hast du gar nicht geredet! Das stimmt nicht!) In totalitären Systemen hat es genügend Mehrheitsentscheidungen gegeben, die zutiefst undemokratisch waren. Auch in der Nazizeit hat es Volksabstimmungen gegeben (Abg. Brix: So lange hast du gar nicht geredet!), mit großen Mehrheiten (Abg. Wurmitzer: Das ist die Unwahrheit!), die menschenverachtend waren, undemokratisch waren, unsozial und rassistisch waren. – Damit Sie das auch noch hören, Herr Wurmitzer! (Abg. Wurmitzer: Das ist die Unwahrheit! – Abg. Brix: Wo ist die Berichtigung?)

19.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Herr Abgeordneter, Sie möchten eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 4 Minuten. – Bitte.

19.41

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Wenn Sie als jene, die den Ausschuß nicht besucht haben, die beiden letzten Redner gehört haben, dann können Sie wahrscheinlich nicht glauben, daß diese beiden wirklich im gleichen Ausschuß waren, so unterschiedlich sind die beiden Darstellungen.

Wir haben tatsächlich volle sieben Tage für dieses Thema verwendet. Der wohlgemeinte Versuch der Freiheitlichen, aber auch der Grünen, den verfahrenen Verkehrskarren im Ennstal ein bißchen flottzumachen, ist im großen und ganzen mißlungen. Das muß gesagt werden. Er ist mißlungen, weil die Bereitschaft der handelnden Personen der Regierungsparteien (Abg. Mag. Barmüller: Ja!), durch Einbekenntnis von Fehlern der Vergangenheit und durch Auslieferung der Personen, die diese Fehler begangen haben, zu einer Zukunftslösung zu finden, einfach nicht vorhanden war.

Wem man keinen Vorwurf machen darf, das ist Frau Abgeordnete Apfelbeck. Sie hat sich redlich bemüht, diesen Ausschuß unter schwierigsten Bedingungen neutral zu führen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich denke, auch Sie von den anderen Fraktionen werden mir in folgendem recht geben: Daß es nun eine Mini-Lösung für Stainach gibt, ist nichts anderes als die endlich erfolgte Anerkennung des Vorschlages des freiheitlichen Landesrates Schmid aus dem Jahr 1994, die Umfahrung Stainach als Erstlösung zu schaffen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Brix.) Das hat nun Herr Landesrat Ressel für sich vereinnahmt – sei’s drum! Wenn wenigstens die Umfahrung Stainach das Ergebnis der Ausschußdebatten war, dann soll es mir recht sein.

Aufgrund der Auswahl der handelnden Personen auf Regierungsseite war dieser Fehlversuch eigentlich schon vorhersehbar. Wenn Herr Konsulent Brix aus Wien-Süd – ohne den geringsten Bezug zum Ennstal – und Herr Oberlehrer Wurmitzer aus Oberkärnten auf ein Gebiet losgelassen werden, für das die Mehrheiten – die festen, tiefen Mehrheiten – über Jahrzehnte keine Lösung zustande gebracht haben, dann sollte man schon ein bißchen darüber nachdenken, warum das so war.

Meine Herrschaften! Dort oben handelt es sich um ein Gebiet, das von den Bauern und den Arbeitern dort über Generationen hinweg der Natur abgerungen wurde. Die Enns wurde dort 200 Jahre lang händisch um zirka 4 Meter eingetieft, um den Boden urbar zu machen. Sie haben sehr unsensibel versucht, in dieses Gebiet ein Projekt hineinzuzwingen, ohne mit den dort ansässigen Personen ausreichend zu sprechen und ohne genügend zu recherchieren. (Abg. Dr. Lukesch: Das hat ein Teil der Bevölkerung bejaht!) Schlampig haben Sie Jahrzehnte hindurch gearbeitet, urschlampig und gesetzwidrig, wie es im Ausschuß de facto wirklich nachgewiesen wurde. Die Tatsache, daß wir noch immer keine Lösung haben, ist ja auch der Beweis dafür, wie schlampig gearbeitet wurde.

Es ist nicht zu erwarten, daß die beiden genannten Vertreter in diesem Gebiet die Akzeptanz der Bevölkerung finden. Die Ennstaler sind streitbar, dort oben leben urige Menschen. (Abg. Brix: Das stand aber nicht zur Debatte!) Es gibt in diesem Gebiet etwa alle zehn Kilometer ein Bezirksgericht. Das kommt auch nicht von ungefähr, wie der Herr Bürgermeister Kröll weiß. In Liezen, in Irdning, in Gröbming und in Schladming wurde und wird fest gestritten und geklagt. Daher muß man in diesem Gebiet sehr sensibel vorgehen, aber nicht mit dieser Holzhackermethode. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn wir hier gehört haben, daß die Mehrheit recht hat, auch wenn sie ungesetzlich handelt, dann ist es Ihnen zu danken, Herr Wurmitzer. Sie sind mit dieser Parole durch den Ausschuß marschiert und haben nicht das Gefühl für emotionale Wortmeldungen aufgebracht, wie sie etwa auch Herr Wabl vorgebracht hat – er hat sich intensiv mit dieser Sache beschäftigt –, oder für die Schlichtungsversuche der Vorsitzenden. Frau Apfelbeck hat sich redlich bemüht. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wurmitzer: Aber geh!)

19.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.46

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Debatte wird schon seit einiger Zeit sehr emotional geführt. Ich denke, daß wir der Bevölkerung im Ennstal nichts Gutes tun, wenn wir als Abgeordnete hier Ausdrücke verwenden wie "Die Bauern werden dort beraubt", wie Kollege Barmüller gesagt hat, oder "plumpe Profitmaximierung", "plumpe Ausbeutung der Menschen" oder "erbärmlich", wie Kollege Wabl sich hier ausgedrückt hat.

Ich habe selbst an all diesen Besprechungen teilgenommen und zu einem gewissen Teil mit darunter gelitten, wie sich Kollege Wabl dort gegenüber den anderen Kollegen, vor allem aber – das hat mir wesentlich weher getan – gegenüber den Beamten verhalten hat, von denen einige dort erschienen waren, um Auskunft zu geben. Das ist kein Verhalten eines Abgeordneten, und ich lehne das ab, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann ein Thema selbst dann, wenn es schwierig ist, so behandeln, daß man versucht, zu Lösungen zu kommen, ohne daß man einander beschimpfen muß und ohne daß man dabei in die tiefste Schublade greifen muß.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Thema selbst möchte ich sagen, daß es sich dort um eine Trasse handelt, die seit 25 Jahren in Bearbeitung ist. Die ersten Vorstudien wurden 1971 gemacht, und allein das zeigt schon, wie komplex die Situation dort ist. Aber das Ganze wurde nicht in Angriff genommen, um mutwillig Straßen zu bauen, sondern wurde gemacht, um eine Entscheidung zu treffen.

Deshalb müssen sich auch die Abgeordneten von der grünen Fraktion überlegen, welche Entscheidung sie mit treffen wollen. Soll es eine Entscheidung für die Menschen im Ennstal sein, soll es eine Entscheidung für den Wachtelkönig sein, oder soll es eine Entscheidung nur für die Natur in dieser Gegend sein? – Die Grünen haben sich – das möchte ich jetzt nicht auf die ganze Fraktion beziehen, wohl aber auf das, was Kollege Wabl im Unterausschuß gesagt hat – bisher eindeutig gegen die Menschen im Ennstal entschieden.

Eine solche Entscheidung treffe ich hier nicht mit, sondern ich möchte eine Entscheidung für die Menschen im Ennstal treffen, und zwar aus einem ganz simplen Grund. Es ist heute auch der Ausdruck "Demokratieverständnis" schon stark strapaziert worden. Wenn man sich die Ergebnisse der Volksbefragung ansieht, die in der Gegend der Ennstaltrasse – also etwa in den Ortschaften Stainach, Wörschach, Weißenbach – stattgefunden hat, dann sieht man, daß beispielsweise von den Stimmberechtigten in Stainach 71 Prozent zur Befragung gegangen sind und mitgestimmt haben und daß sich 94 Prozent von ihnen für diese Trasse ausgesprochen haben. Sehr geehrte Damen und Herren! Was soll es denn in der Demokratie noch für ein deutlicheres Signal geben, als daß sich die Bevölkerung in einem derart hohen Ausmaß für diese Trasse ausspricht?

Das gleiche gilt für Wörschach. Dort haben ebenfalls 71 Prozent der Bevölkerung an der Abstimmung teilgenommen, und von ihnen haben sich 86 Prozent für diese Trasse ausgesprochen. Ich könnte diese Liste noch lange fortsetzen, möchte es aber aus zeitökonomischen Überlegungen nicht tun. Es ist auch gar nicht notwendig.

Einen Punkt möchte ich noch kurz ansprechen, weil er immer wieder in Diskussion gestanden ist, nämlich die Frage der Enteignung. Es ist nicht so, daß man von Haus aus wissen konnte, daß die entsprechenden Landstriche neben der Straßentrasse womöglich auch in ein Enteignungsverfahren einbezogen werden müssen. Denn das hat es in Österreich noch nie gegeben, daß bei einem Straßenbau die beiden Grünstreifen links und rechts der Straße in ein Enteignungsverfahren hätten hineinkommen müssen. Das kann nur dann geschehen, wenn man die Bevölkerung wirklich aufhetzt. Jeder normale Mensch ist nämlich froh, wenn er sein Grundstück unmittelbar neben einer Straße noch so verkaufen kann, daß auf diesem Grundstück Lärmschutzmaßnahmen und Grüngürtel errichtet werden können.

Bei allen Straßenbauten Österreichs hat das bisher funktioniert, nur in diesem einen Fall nicht. Denn es wurde bewußt von einer Minderheit, die dort die Bevölkerung aufgehetzt hat – einzelne Bauern, die unmittelbar solche Grundstücke hatten, sind aufgehetzt worden –, die Situation heraufbeschworen, die wir jetzt haben.

Ich kann nur an die Vernunft appellieren und darum bitten, daß wir alle gemeinsam – das gilt auch für die FPÖ, denn Herr Landesrat Schmid hat sich ja sehr deutlich für diese Lösung, für die Ennsnahe Trasse, ausgesprochen – im Sinne der Bevölkerung, die dort leiden muß, zu einer Lösung kommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.51

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod minister! Visoki Dom! (Abg. Sigl: Dobar dan!) Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Der Ständige Unterausschuß wurde eingerichtet – so steht es hier sehr klar – "zur Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit der Genehmigung ... der ‚Ennsnahen Trasse‘ und daraus resultierender finanzieller Belastungen" – diese müssen untersucht werden – und der "aussichtslosen Klagsführungen".

Selten kann man sozusagen schon an der Überschrift eines Ausschusses sehen, wozu er eingerichtet wurde, und nur selten kann man feststellen, daß eigentlich alles das, was sozusagen als Propositum voranstand, sich letztlich als bestehend erwiesen hat. (Abg. Dr. Lukesch: Vorverurteilung, Herr Smolle!) Denn es gab rechtswidrige Vorgänge (Abg. Dr. Lukesch: Nein!), es gab eine finanzielle Belastung für den Bund, die sich gewaschen hat – das kann man sagen –, und es gab aussichtslose Klagsführungen, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Lukesch: Wenn Sie den Rechtsstaat als Belastung empfinden, dann sind Sie gegen den Rechtsstaat!)

Ich stelle auch fest, daß Ihr Bericht – nämlich der Mehrheitsbericht – schon wieder mit falschen Behauptungen fortsetzt. Auf Seite 11 sagen Sie: Der seitens der Opposition apodiktisch – ich weiß nicht, was das in diesem Zusammenhang bedeutet (Abg. Dr. Lukesch: "Ohne Widerspruch zuzulassen"!) – erhobene Vorwurf der Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit den verschiedenen durchgeführten Verfahren entbehrt jeder Grundlage. (Abg. Wurmitzer: Richtig!)

Was ist denn rechtswidrig, wenn nicht das, was der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof aufheben? Ist das nun rechtswidrig, oder wie schaut die Sache aus? – Es ist ganz klar: Sie verwenden nicht einmal eine halbe Zeile für die Tatsachen, die nicht in Ordnung waren, meine Damen und Herren! (Abg. Wurmitzer: Du warst ja nicht dabei!)

Wenn Sie sich das zweite Kapitel vornehmen, das Kapitel der Klagen, auch das sozusagen als Arbeitsaufgabe – damals noch als Arbeitshypothese des Ausschusses, mittlerweile als Bestätigung –: Auch mit den Klagen verhält es sich so, meine Damen und Herren, daß Sie "außer Spesen nichts gewesen" sagen müssen! Aber es setzt der Sache die Krone auf, daß hier wider besseres Wissen vorgegangen wurde. Denn wie schwindeln Sie sich auch in Ihrem Ausschußbericht über einige andere Tatsachen hinweg?

Da heißt es auf Seite 10: Es hat verschiedenste Rechtsmeinungen gegeben, verschiedene Standpunkte sind zur Sprache gekommen, und es ist das eine und wohl auch das andere argumentierbar.

Meine Damen und Herren! Es ist Ihnen bekannt – Sie wissen das, und die Juristen im Haus wissen es auch –, daß Beamte nicht auf Basis von Vermutungen und argumentierbaren Standpunkten arbeiten dürfen, sondern auf Basis der Gesetze vorgehen müssen. (Abg. Dr. Lukesch: Aber Sie wissen auch, daß es mehrere Rechtsmeinungen gegeben hat!) Sie haben in diesem Zusammenhang sehr wohl gewußt, daß Sie keine gesetzliche Basis haben, aber Sie haben gesagt: Probieren wir es halt! Probieren wir Verfahren gegen den Bürger, vielleicht haben wir Erfolg! (Abg. Dr. Lukesch: Das ist Ihr apodiktischer Gesichtspunkt!) Vielleicht fährt den Bürgern sozusagen ein Schreck in die Glieder, wenn wir ihnen sagen: Bitte, geht nur demonstrieren, dann werden wir euch klagen, und dann werdet ihr euch noch anschauen!

Meine Damen und Herren! Wann begannen Sie damit, im Ausschuß sozusagen zuzudrehen? – Ich habe ja die Ehre gehabt, die Beratungen vor allem in den letzten Phasen mitzuerleben. Mit den Protokollen aus der Zeit vor meiner Ausschußtätigkeit möchte ich mich gar nicht weiter befassen. Sie begannen zuzudrehen, als wir Ihnen auf die Fährte kamen, als wir draufgekommen sind, was alles rechtswidrig war. Man hat das schon vorher gewußt. Es gab Äußerungen von Beamten: Tut das lieber nicht! Dann ging es darum, festzustellen, wer damals sagte: Tun wir es trotzdem! Damit kamen wir in den politischen Bereich, und da haben Sie gesagt: Schluß der Debatte! Schluß der Ladungen von Auskunftspersonen, die brauchen wir nicht mehr!

Denn auf der einen Fährte waren wir in Richtung Finanzprokuratur unterwegs, und da hätten wir den damaligen Finanzminister und jetzigen Herrn Bundeskanzler fragen müssen: Lieber Freund, wie war denn das? Sind die Klageanträge ohne dein Wissen geschehen? Oder hast du vielleicht sogar irgendwie – in Form einer Weisung, einer Empfehlung oder mit einem Achselzucken – gesagt: "Na ja, klagen wir eben, wenn ihr meint!"? Wie hast du dich da verhalten? – Das hätten wir den nunmehrigen Herrn Bundeskanzler gefragt. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist genau die Antwort!)

Daneben gab es die zweite Fährte, die für die ÖVP selbstverständlich noch heißer war. Denn da sind wir bis zum damaligen Wirtschaftsminister, dem jetzigen Vizekanzler, gelangt. Da aber haben Sie uns einmal abgeblockt mit der Aussage des – schon öfter erwähnten – Herrn H., der krankheitshalber eher nicht geladen hätte werden sollen, in der Hoffnung, es wird schon nichts herauskommen, und in dieser Sackgasse bliebe der Ausschuß dann stecken und man würde nicht weiterfragen.

Dann kommt der vollkommen harmlose Antrag, und zwar – das muß ich hinzufügen – von mir initiiert, der besagt: Andreas Wabl, machen wir noch einen Antrag! Machen wir noch einen Versuch in Richtung eines gemeinsamen Berichts oder vielleicht eines gemeinsamen Abschlusses! Laden wir noch die nächsthöheren beiden Herren! Lassen wir das Ganze nicht sozusagen auf den Rücken und Köpfen von kleinen Beamten enden wie das Hornberger Schießen! (Abg. Wurmitzer: Richtig! Das habt ihr getan!) Gehen wir ein bißchen höher hinauf! Denn ein Herr Martinek und ein Herr Baumann werden uns ja erzählen, was sich ihre Minister damals bei dieser Vorgangsweise gedacht haben.

Dann kommt noch eine dritte Person ins Spiel. Ich halte es wirklich für – entschuldigen Sie den Ausdruck – infam, daß wir nach Abschluß der Beratungen einen Brief von Frau Landeshauptmann Klasnic bekommen haben (der Redner hält den Brief in die Höhe), der sich auf die Ausschußberatungen bezieht, und wir weder als Ausschuß noch als einzelne Abgeordnete ... (Abg. Apfelbeck: Sie haben ihn wenigstens bekommen! Ich habe ihn noch überhaupt nicht gesehen!) – Ich bin selbstverständlich gerne bereit, Frau Obfrau, Ihnen den Brief zur Verfügung zu stellen. Hätte ich das gewußt, dann hätte ich ihn Ihnen schon früher gegeben. (Abg. Dr. Lukesch: Was steht denn darin?) – Daß wir nicht mehr darüber beraten können.

Das ist wirklich der Gipfel der Frechheit! Aber in Ihrem lieben Bericht steht gar nichts davon drinnen, daß wir noch auf einen Brief warten! Zumindest das hätte man hineinschreiben können: Wir haben noch keinen Liebesbrief aus der Steiermark, der wird kommen, er ist schon bei der Post! Das hätte da drinstehen können. Sie haben es ja gewußt, daß Frau Landeshauptmann Klasnic uns einen Brief schuldet.

Sie haben aber gesagt: Weißt du, liebe Waltraud, schick uns den Brief aber erst so, daß er pünktlich zum Plenum einlangt! Dann gibt es zwar sozusagen ein kleines Strohfeuer, aber der Ausschuß kann sich dann nicht mehr damit befassen. – Denn hätte ich den Brief vorher bekommen, meine Damen und Herren, dann hätte ich bei der Frau Obfrau freundlich vorgesprochen, einer Obfrau, die auch für die Bedürfnisse der Opposition viel Verständnis hat, weil sie selbst ja auch Oppositionsabgeordnete ist. Ich hätte gesagt: Bitte dringend noch eine Sitzung einberufen!

Was bleibt nun der Opposition heute übrig? – Wir müssen fordern: Weiterberaten! Daher meine klare Aussage: Wir müssen zurück an den Start.

Jetzt möchte ich euch bitten, endlich mit der Demagogie aufzuhören. Denn worüber redet ihr denn? – Immer heißt es: Die Stainacher Bürger und die Ennstaler, die liegen uns am Herzen. (Abg. Dr. Lukesch: Das stimmt ja!) Diese Untersuchungen im Haus behindern nicht die Baufortschritte und Baumaßnahmen.

Meine Damen und Herren! Wir wollen verhindern, daß auch anderswo wieder so vorgegangen wird: auf rechtloser Basis Enteignungen durchzuführen, Unrechtsakte zu setzen und dann diejenigen, die sich dagegen wehren, mit Klagen zu bedenken. Das ist sehr einfach ausgedrückt, aber das ist die Methode! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Lukesch: Ungeheuerlich!)

Ich bin ein Mensch, der immer sachlich argumentiert, und ich sehe keinen Grund, der dagegen spricht. Aber Sie werden ja in der Lage sein, mir zu erklären, warum wir Martinek nicht gebraucht hätten, weil uns Herr H. nicht erklären konnte, woher er Weisung bekommen hat, oder ob er keine bekommen hat.

Aber was schreiben Sie in Ihren Unterlagen weiter – ich habe es mir unterstrichen –, was die Weisungen betrifft? – Da heißt es: Im Laufe der Beratungen kam es zu unterschiedlichen Meinungen über die Frage der Weisungserteilung. – Also so wird die Kurve gekratzt, so wird umschrieben, daß es sehr wohl eine Weisung gegeben haben muß! Denn wenn schon verschiedene Rechtsmeinungen vorliegen, muß ja einer sagen, wo es langgeht, meinetwegen aufgrund einer Rechtsmeinung. Aber einer muß sagen: Dahin fahren wir. Also ist die Frage berechtigt: Wer hat gesagt, daß nicht diese Rechtsmeinung, sondern die andere die wahre ist? – Davor hatten Sie Angst, denn dazu wären die Herren Minister zu befragen gewesen.

Wenn Sie das nicht erschüttert, meine Damen und Herren, dann weiß ich nicht, was Sie überhaupt erschüttert. Sie verlieren in Ihrem Bericht auch kein Wort darüber, warum Sie eine Reihe von anderen Experten und Auskunftspersonen nicht laden wollten. Sie sagen: Diese haben wir geladen – quasi so, als wären andere gar nicht beantragt gewesen. Kein Wort findet sich darüber, daß die Herren – wie im Minderheitsbericht angeführt – abgelehnt wurden, weil wir sie angeblich nicht brauchten, da wir schon alles erfahren hatten, meine Damen und Herren! Wenn Sie hier nur zahlenmäßig den Vergleich anstellen – es soll sich der Bürger selbst einen Reim darauf machen –: 20 geladen, 19 nicht geladen. Also fast gleich viele nicht Geladene wie Geladene, meine Damen und Herren!

Das ist Ihr Verständnis von Aufklärung. Damit können Sie auch einen so konstruktiven Menschen wie mich nicht auf Ihre Seite ziehen! Ihr macht auch aus einem ganz normalen eigenen Abgeordneten Oppositionelle. So geht das nicht, wir können da nicht zusehen! Sie können wirklich – was ich schon früher als Zwischenruf untergebracht habe – einen langen Brief des Dankes an die linke Reichshälfte hier schreiben: Danke schön, SPÖ, daß ihr uns wieder einmal den Kopf aus der Schlinge geholt habt, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Natürlich waren die beiden Minister, Schüssel und nunmehr Farnleitner als Nachfolger des Erbstückes, und Frau Klasnic verantwortlich. – Dazu eine kurze Story sozusagen zur Erholung: Die Frau Landeshauptfrau nimmt es in der Steiermark mit den Gesetzen überhaupt nicht so ganz genau. Es gibt bekanntlich – das ist ein ganz anderer Bereich, aber ich möchte das bringen, um die steirische Art der Rechtsauffassung ein bißchen zu erläutern – einen Artikel 7, der sehr klar von den Kärntner Slowenen und auch von den steirischen Slowenen spricht, und es gibt unendlich viele Urgenzen bei der Dame, daß man doch den Schritt wagen und die slowenische Volksgruppe in der Steiermark anerkennen sollte in dem Sinne, daß sie auch Sitz und Stimme im Beirat bekommt, meine Damen und Herren. Aber da ist man in der Steiermark wieder sozusagen einer unterschiedlichen Rechtsauffassung aufgesessen. Da gibt es nämlich verschiedene Rechtsmeinungen, und da gibt es ein paar ganz rechte, gefährliche, ungute ÖVPler, auf die man auch hören muß.

Und genau das ist dieser schlampige Umgang: Das Recht ist nicht nur dann gut, wenn es mir nützt, sondern ich habe es immer zu befolgen, meine Damen und Herren. Ich kann es mir nicht aussuchen, wann es mir gerade paßt. – Das aber tut man in der Steiermark!

Dazu möchte ich noch etwas Ulkiges vorbringen: Herr Hirschmann, der so lobend erwähnt wird und der im Ausschuß so schlimm beschimpft worden sein soll, ist als einer der Vordenker der Steiermark "berühmt" – unter Anführungszeichen. Er will ja Kärnten gleich mit vereinnahmen, indem er sagt: Machen wir ein gemeinsames großes kärntnerisches und steiermärkisches Bundesland! – Dazu kann ich nur sagen: Solange es einen so schlampigen Umgang mit Recht und Gesetz in der Steiermark gibt, wollen wir Kärntner vorläufig weiterhin unseren eigenen Landtag, in Kürze natürlich verstärkt durch eine Dame oder einen Herrn von der liberalen Fraktion; im Rahmen der Kandidatur 1999 wird es gelingen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Meine Damen und Herren! Ich weiß schon, daß es Ihnen nicht angenehm ist, wenn ich das sage, aber mich macht diese Art der Berichterstattung betroffen. Ich habe das früher schon gegenüber Herrn Brix gesagt: Man kann einen Fehler machen, wir alle machen Fehler, aber ein aufrechter Mann oder eine aufrechte Frau muß auch sagen können: Ich habe einen Fehler gemacht, ich will ihn aber nicht mehr wiederholen. – Sie verdecken jedoch die Fehler und sagen: Es hat nichts Rechtswidriges gegeben, es ist nichts geschehen. Gehen wir zur Tagesordnung über! Und das machen Sie nur deshalb, weil Sie politische Persönlichkeiten decken wollen.

Ich verstehe auch dieses euer Herzensanliegen, das ist schon okay, aber hier in diesem Rahmen sind Sie berufen, im Namen der Bürger die Regierung zu kontrollieren und nicht die Regierung zu stützen. Ich glaube, daß die Regierung auch ... (Abg. Dr. Lukesch: Drei Viertel der Bürger wollen die Straße, Smolle!) Ja! Dazu gehören auch die, die Sie gewählt haben, Herr Lukesch! Sie verraten jedoch diese Wählerschaft!

Meine Damen und Herren! Was ist also von einem Unterausschuß zu halten, der Rechtswidrigkeiten als nicht vorhanden bezeichnet? Daß es diese in Wirklichkeit allerdings gegeben hat, haben die Beratungen ergeben. (Abg. Dr. Lukesch: Nein!) Was ist von einem mehrheitlich dominierten Unterausschuß zu halten, der in einem Bericht festhält, daß es zwar irgendwelche Klagen gab, die quasi schon fast erfolgreich waren, die jetzt aber noch in der Revision hängen? Was ist von einem Unterausschuß zu halten, der nicht feststellt, daß nach wie vor Bauern in Schwierigkeiten sind, weil sie Entschädigungsgeld bekommen haben und jetzt nicht wissen, wie sie es retournieren sollen, meine Damen und Herren? (Abg. Dr. Lukesch: Sie und Wabl wollen die Bauern in diese Situation bringen!)

Meine Damen und Herren! Es ist ganz gefährlich, wenn man durch eigene Unrechtshandlungen andere Personen in Schwierigkeiten bringt, und zwar in Schwierigkeiten, für welche sie nichts können. Diese Leute haben sich dagegen gewehrt, wurden jedoch enteignet und entschädigt. Dann wurde festgestellt, daß zu Unrecht enteignet wurde, und jetzt müssen sie das Geld zurückzahlen. – Und in Anbetracht dieser Misere, die Sie samt Ihren Großkopferten, lieber Kollege Lukesch, angerichtet haben, sind Sie nicht ganz still, leise und bescheiden?!

Ich halte daher nochmals fest: Ich gestehe zu, daß man Fehler machen kann, aber man darf nicht mit einer solchen Schlampigkeit vorgehen und all das, was einem unangenehm ist, nicht in den Bericht aufnehmen! So geht das nicht! Das ist doch nicht anständig! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das hat auch nichts mit Parlamentarismus zu tun, sondern damit, ob man bereit ist, zu einem Fehler, den man gemacht hat, zu stehen. Man kann Einsicht haben und sich vornehmen, einen solchen Fehler nicht mehr zu machen. Aber man kann doch nicht alles verdecken, vermodern lassen und verstecken!

Kollege Lukesch! (Abg. Dr. Lukesch: Jawohl!) Geben Sie sich doch einen Ruck! Seien Sie mutig und erklären Sie uns das, wie hier gepatzt wurde! (Abg. Dr. Lukesch: Lassen Sie mich endlich ans Rednerpult, ich halte es eh schon nicht mehr aus!) Haben Sie doch ein bißchen Mut! Ich meine, daran muß man doch bei einem anständigen Menschen appellieren können! Es steckt in jedem ein guter Kern, wahrscheinlich auch im Abgeordneten Lukesch, wie ich zumindest hoffe!

Meine Damen und Herren! Ich habe mich sehr bemüht – lesen Sie bitte das Protokoll; leider Gottes ist es nur den Ausschuß- und Unterausschußmitgliedern zugänglich –, und ich war guter Hoffnung, daß wir zu einem gemeinsamen Bericht kommen, damit man sagen kann: Die Regierungsfraktionen – Rote und Schwarz – sind zu dieser Auffassung gelangt, und die Opposition vertritt eine andere Meinung. Wir hätten sozusagen in Ausgewogenheit berichten können, damit sich das Haus und die Öffentlichkeit über die Ernsthaftigkeit der Sache ein Bild machen können. Nach diesem Bericht, liebe Freunde, gemäß welchem "eh" nichts vorgefallen ist, muß sich der Bürger jedoch fragen, warum Angelegenheiten untersucht werden, in denen sich nichts getan hat. Er wird sich sagen: Die sitzen in irgendeinem Ausschuß, unterhalten sich, machen einen Bericht und vergeuden unser Geld, obwohl ohnedies nichts vorgefallen ist. Was untersuchen die eigentlich, Vorgänge, die es nicht gibt? (Abg. Dr. Lukesch: Sie meinen also apodiktisch, daß da etwas herauskommen muß?)

Meine Damen und Herren! So beißt sich die Katze in den Schwanz, und das soll sie nicht. Denn der Bürger, der weiß, daß es einen Ständigen Unterausschuß im Parlament gibt, den er finanziert, fragt sich selbstverständlich: Was gibt es da zu untersuchen? Man stelle sich vor, was das kostet: Es sitzen 30 Leute an vielen Mikrophonen beieinander, viele Beamte sind damit befaßt. Der Bürger muß finanzieren, daß etwas untersucht wird, wo nichts war!

Meine Damen und Herren! So kann man nicht vorgehen! Das ist nicht redlich! Redlichkeit ist für Beamte, Politiker und Abgeordnete wichtig, für jedermann! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Verwechseln Sie bitte nicht die Beratungen im Unterausschuß mit der Frage der Lösung der Verkehrsprobleme im Ennstal. (Abg. Dr. Lukesch: Das hat Eder ganz klar ausgeführt!) Das haben Sie ja immer wieder versucht. Sie wollten den Bürger wieder einmal täuschen, indem Sie vorgaben, daß angeblich die Grünen, die Liberalen und die Freiheitlichen eine Verkehrslösung für das Ennstal verhindern. In Wirklichkeit wollen wir jedoch nur verhindern, daß in Zukunft weiterhin Unrechtstatbestände gesetzt werden. Das wollen wir verhindern!

Auf diese Weise schmieden Sie auch die Opposition zusammen, und das müßte Ihnen doch zu denken geben, denn es ist nicht einfach, drei so verschiedene Oppositionsgruppen zur Abfassung eines gemeinsamen Papiers zu bringen, meine Damen und Herren! Da müßten Sie sich fragen, ob die Sache nicht vielleicht doch ein bißchen ernster ist, und sollten die Dinge nicht ins Lächerliche ziehen!

Herr Präsident! Unser Antrag liegt wohlunterschrieben bei Ihnen. Alle drei Oppositionsparteien beantragen eine Rückverweisung an den Rechnungshofausschuß.

Es gibt somit, wie gesagt, immer noch eine Chance für beide Regierungsparteien, zu einem gemeinsamen Schlußbericht zu gelangen. Laden wir noch die genannten Herren! Wir werden sehen, welche Auskünfte sie geben, und dann machen wir einen guten Bericht. Diese Chance solltet ihr nicht verstreichen lassen, meine lieben Freunde! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

20.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Antrag der Abgeordneten Dr. Grollitsch, Mag. Barmüller und Wabl auf Rückverweisung an den Rechnungshofausschuß, den Herr Abgeordneter Smolle jetzt eben genannt hat, ist ausreichend unterstützt überreicht worden, steht mit in Verhandlung und wird am Schluß abgestimmt werden.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

20.09

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist noch einiges an Öffentlichkeit hier in diesem Hohen Hause anwesend, und ich glaube, die meisten verstehen überhaupt nicht, worüber hier diskutiert wird und worüber man sich auseinandersetzt, sie verstehen nicht, was da in neun langen Sitzungen nach Befragung von 22 Auskunftspersonen letztlich herausgekommen ist.

Es ist mir unverständlich, warum die vereinigte Opposition nicht anerkennt, daß es seit 1990 ein auf der Basis von insgesamt 22 Jahren studiertes und genehmigtes Projekt gibt, das 1992 vom Verfassungsgerichtshof auch so bestätigt wurde. – Das ist die erste Tatsache.

Es gab weiters – das ist oft schon gesagt worden – Volksbefragungen in den fünf vom Verkehr betroffenen Orten, und 72 Prozent, also mehr als zwei Drittel, haben für die Ennsnahe Trasse gestimmt.

All das ist mit den Instrumenten des demokratischen Rechtsstaates vor sich gegangen, ohne eine Spur von Rechtswidrigkeit, rechtswidrigen politischen Weisungen oder rechtswidrigem Verwaltungsverschulden.

Natürlich gab es – jetzt, Kollege Barmüller, kommt der Punkt, auf dem Sie so bestanden haben – Auseinandersetzungen, etwa um die Enteignung von Grundflächen im Ennstal. Selbstverständlich hat es das gegeben. Aber, Kollege Barmüller, ich appelliere zunächst an Ihren Hausverstand und auch – ich glaube, daß ich das darf – an das juristische Gespür, das ich bei Ihnen vermute und weshalb ich nicht verstehe, warum Sie so manchen Weg innerhalb der Opposition gemeinsam mit Kollegen Wabl gehen. Da wird ein Straßenprojekt nach dem Bundesstraßengesetz genehmigt, und dann wird von der Steiermärkischen Landesregierung unter Beiziehung des Naturschutzbeirates wegen dieses Straßenbaus eine Ausgleichsfläche per Verordnung der Steiermark festgelegt, die über den notwendigen Bereich der unmittelbaren Straße hinausgeht. Warum? – Um die Natur und die Menschen im Rahmen dieses Straßenbaus zu schützen!

Die Menschen sollten vor Lärm geschützt werden, indem entsprechende Schallschutzmaßnahmen getroffen werden und ein Grüngürtel gepflanzt wird, desgleichen sollte die Natur, sollten die dahinterliegenden Fluren und Felder geschützt werden. All das sollte anläßlich des Baues dieser Straße und zum Zweck des Baues dieser Straße in Landeskompetenz zum Schutz der Natur und der Menschen durchgeführt werden.

Dann – und jetzt kommt die Hausverstandsfrage, bei der Kollege Wabl überhaupt nicht mitgeht – sagen die steiermärkische Bundesstraßenverwaltung in erster Instanz und das Bundesministerium in zweiter Instanz, daß die aus diesem Grund zusätzlich gewidmeten Naturausgleichsflächen als integrierender Bestandteil zu betrachten sind, was bedeutet, daß die entsprechenden Maßnahmen, solche Flächen mit diesen Auflagen zu realisieren, dem Bundesstraßengesetz unterliegen.

Das ist doch etwas, was der Hausverstand jedem nahelegt, und das ist auch ganz einfach zu argumentieren: Es gibt eine genehmigte Straße, dazu brauchen wir eine Ausgleichsfläche, und daher kommen wir überein, daß die Ausgleichsfläche zur Straße gehört. Denn wohin gehört sie sonst? Sie ist ja nicht selbständig! (Abg. Mag. Barmüller: Woher kommt die Ausgleichsfläche?)

Jetzt gebe ich Ihnen recht, Herr Barmüller, ich gebe Ihnen ja recht: Der Verfassungsgerichtshof ist – das verstehe ich und dem pflichte ich bei – ein sehr besorgter Hüter des privaten Eigentums- und Verfügungsrechtes. So gesehen pflichte ich ihm bei. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.)

Nun stellt der Verfassungsgerichtshof jedoch fest, daß es eine Normenkollision zwischen Bundeskompetenzen und Landeskompetenzen gibt und daß auf der Basis der Landeskompetenz eine Enteignung nicht möglich ist. In Wirklichkeit stellt er damit fest, daß eine Gesetzeslücke zur Durchführung eines solchen Projektes und zur Einrichtung dieser Naturschutzflächen besteht. – Das hat er in Wirklichkeit gesagt! (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.) Aber in seinem Bestreben, privates Eigentum zu schützen, hat er gesagt: Die Enteignungen sind mit der bestehenden Gesetzeslage nicht zu argumentieren. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.) So ist es! Ganz einfach, Herr Barmüller!

Und ich bin froh, daß in unserem freiheitlichen Rechtsstaat der Bürger, auch wenn es ein von Herrn Wabl verführter Bürger ist, sich gegen den Staat vor dem ... (Lebhafte Zwischenrufe beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Sie werden vom Balkon aus mit fassungslosem Erstaunen beobachtet. Ich bitte Sie, sich zu beruhigen! (Abg. Mag. Barmüller: Diese Ausführungen kann man nur fassungslos verfolgen, Herr Präsident! – Weitere lebhafte Zwischenrufe.)

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (fortsetzend): Genau das ist die Rechtsauffassung, die der Hausverstand nahelegt, die aber – das sage ich doch, Herr Barmüller – vom Verfassungsgerichtshof mangels rechtlicher Fundierung zurückgewiesen wurde. Aber man kann doch nicht den Behörden, den Beamten oder den verantwortlichen Politikern in diesem Zusammenhang schuldhaftes rechtswidriges Verhalten vorwerfen! In Wirklichkeit geht es um einen Unterschied in der Rechtsmeinung, wie es nun einmal unterschiedliche Beurteilungen eines Sachverhaltes geben kann. Das ist auch in der Wissenschaft so, und auch bei der Erstellung von Gutachten werden die unterschiedlichsten Gutachter immer wieder zu den verschiedensten Ergebnissen kommen. Das soll einmal im Hinblick auf diese Rechtswidrigkeit festgehalten werden!

Es stellt sich Ihnen ein weiteres Problem, und da spreche ich Sie wieder als Jurist an: Wenn es tatsächlich so wäre, daß rechtswidrige Weisungen erteilt worden wären – von wem auch immer, von einem Vorgesetzten oder von einem Politiker; im Ausschuß ist das jedoch nicht festgestellt worden –, wenn es also solche Weisungen gegeben hätte, und wenn diese rechtswidrig gewesen wären, dann hätte der pragmatisierte Beamte von vornherein die Befolgung dieser Weisung zurückweisen müssen. Denn das ist Teil seiner Treuepflicht und ist ihm nach dem Beamtendienstrecht vorgeschrieben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller.)

Das ist nicht vorgekommen, daher wollen Sie den Leuten einreden, daß es rechtswidrige Weisungen gegeben habe, und die Beamten seien zu blöd, das zu erkennen, oder würden vor den Vorgesetzten herumkriechen und nicht die Zivilcourage haben zu sagen: Ich nehme keine rechtswidrige Weisung entgegen! – Das sind pragmatisierte Beamte! Die würden das auf jeden Fall sagen. (Ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Petrovic.) Die haben es nicht notwendig, von Wabl als parteiabhängig und Parteigänger irgendeiner Partei bezeichnet zu werden, wie es Herr Wabl permanent getan hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich setze fort: Was mich an der Haltung des Liberalen Forums und auch an der Haltung der Freiheitlichen Partei besonders irritiert hat ... (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Zunächst, Karel Smolle, sage ich dir etwas: Es hat mich nicht gewundert, daß der steirische LIF-Abgeordnete Barmüller seinen Sitz in diesem Unterausschuß an dich, den Kärntner Slowenen, abgetreten hat. Im Wahlkampf in der Steiermark hat das Liberale Forum nämlich diese Karten mit der Aufschrift "Liber Ennsnahe Trasse" – "Liber" ohne "ie", vielleicht um irgendwie an das LIF zu erinnern – verteilt. So hat man sich in der Steiermark gegeben, und du mußt jetzt die Kastanien für Barmüller aus dem Feuer holen! (Beifall bei der ÖVP.)

Kollegen Grollitsch möchte ich auch noch etwas sagen: Er hat im letzten Ausschuß einen einzigen Satz besprochen und vorgeschlagen, diesen Satz zu ändern. Sie, Herr Smolle, haben das übrigens auch vorgeschlagen. Wir sind auf die Änderung diesen einen Satzes nicht eingegangen. Und plötzlich sind beide Oppositionsparteien, Freiheitliche und Smolle, auf den inhaltlich völlig anders geschriebenen Bericht des Herrn Wabl draufgegangen. So ist es Wabl gelungen, daß tatsächlich der Schwanz mit dem Hund gewedelt hat und nicht umgekehrt. Ich gratuliere ihm! (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich komme zum Schluß, meine Damen und Herren: Ich habe sehr viel gelernt in diesem Unterausschuß. Das Ergebnis hat schon ein anderer vor mir beschrieben, als er sagte, es sei unbefriedigend, daß die Bundesstraßenverwaltung bei der Verwirklichung von landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen von der freiwilligen Einwilligung aller Grundbesitzer abhängig ist. – Das war die Meinung des Rechnungshofes aus dem Jahre 1993, und diese hat sich hier wieder bestätigt: Wir sollten daher entsprechende Änderungen im Interesse der vom Verkehr geplagten und vom Verkehr auch verunsicherten Bevölkerung im Ennstal vornehmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. (Abg. Smolle: Ich melde mich auch zu einer tatsächlichen Berichtigung!) Herr Abgeordneter Smolle! Ich nehme Sie auch ad notam für eine tatsächliche Berichtigung gleich danach.

Herr Abgeordneter Mag. Barmüller, bitte beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

20.20

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Lukesch hat behauptet, ich hätte in der letzten Sitzung meinen Sitz an den Herrn Abgeordneten Smolle abgetreten. – Das ist falsch.

Herr Abgeordneter Smolle war, weil ich keine Zeit hatte, so freundlich, an den letzten beiden Ausschußsitzungen teilzunehmen, mich in diesen zu vertreten. Ich habe meinen Sitz nicht "abgetreten". Ich lege Wert darauf, daß ich nach wie vor Mitglied des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses bin. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist klar.

Zweiter Punkt: Sie haben gesagt, wir seien auf den Bericht des Abgeordneten Wabl einfach "draufgegangen". – Wahr ist, daß es, nachdem Abgeordneter Wabl und wir uns entschlossen haben, einen gemeinsamen Bericht zu machen, über diesen Bericht gemeinsame Verhandlungen gegeben hat und dieser Bericht unter Mitwirkung der Liberalen und auch unter Mitwirkung der Freiheitlichen in seiner endgültigen Fassung zustande gekommen ist. Wir sind also nicht nur kritiklos auf diesen Bericht "draufgegangen". Insofern ist dieser Minderheitsbericht ein richtiger Minderheitsbericht. Er wurde nicht nur von einer Fraktion entworfen, sondern er repräsentiert die Meinung der gesamten Opposition. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Smolle, jetzt gelangen Sie zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort.

20.22

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Ich möchte folgendes tatsächlich berichtigen: Abgeordneter Lukesch hat hier behauptet, wir seien auf den Vorschlag, Antrag und Bericht von Herrn Abgeordneten Wabl nur "draufgegangen". (Abg. Dr. Stippel: Das haben wir eh schon gehört!) Er hat auf mich gezeigt! (Abg. Dr. Trinkl: Guten Morgen!)

Ich habe innerhalb meiner Fraktion mit Herrn Barmüller und auch mit den anderen Oppositionsparteien sehr ernste Beratungen geführt, und der Minderheitsbericht ist das Ergebnis von sehr intensiven Beratungen, meine Damen und Herren. Ich habe nicht vor, für jemand anderen die Kastanien aus dem Feuer zu holen, schon gar nicht aus einem Feuer, das Sie angezündet haben, liebe Freunde von der Regierungspartei! (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir setzen in der Reihenfolge der Wortmeldungen fort. Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

20.23

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn es nicht so tragisch wäre, könnte man dem Ganzen sehr viel Heiterkeit abgewinnen, vor allem angesichts der Stimmung in den Regierungsparteien, daß es ihnen wieder einmal gelungen ist, keine Kontrolle zuzulassen. Auch die Argumente, die heute, genau 20 Jahre nach der Zwentendorf-Abstimmung, gefallen sind, sind bezeichnend. Herr Abgeordneter Eder, Sie haben behauptet, die Grünen würden für den Wachtelkönig und gegen die Menschen Politik machen. Herr Abgeordneter Lukesch, Sie haben gesagt, die Grünen hätten die Bauern aufgehetzt, und deswegen hätte man halt ohne Genehmigung bauen und einen Schwarzbau in die Landschaft stellen müssen.

Das sind die alten "Argumente", die wir damals in Hainburg gehört haben, als man versucht hat, Bauarbeiter auf die Demonstrierenden zu hetzen. Die Grünen haben heute im Lokal V eine kleine Ausstellung präsentiert, welche die Argumente der Befürworter der Atomkraft von damals zum Gegenstand hat: Arbeitsplätze würden durch die Atomkraft geschaffen werden, den Anschluß an die Zukunft würde sie sicherstellen und Forschung und Technologie vorantreiben. Es wird auch dokumentiert, wie man – ich war damals auch dabei – die KritikerInnen der Technologie als hinterwäldlerisch verhöhnt hat, als Leute, die sich keine Sorge um Arbeitsplätze machen. – Heute wissen wir, daß es ganz anders ist!

Auch große Staatsmänner wie Bruno Kreisky mußten einen Fehler zugeben. Bei manchen hier in diesem Hause, Herr Abgeordneter Lukesch, habe ich allerdings den Eindruck, daß diese Debatte vollkommen spurlos vorbeigegangen ist! (Abg. Dr. Lukesch: Durchaus nicht!)

Und noch etwas, Herr Abgeordneter Lukesch: Sehen Sie die österreichischen Bauern als so willenlose Menschen, die man irgendwo hinhetzen und für irgend etwas instrumentalisieren kann? (Abg. Dr. Lukesch: Nehmen Sie nicht die Bauern in Geiselhaft!) Dann, Herr Abgeordneter Lukesch, frage ich Sie: Wie war denn das bei den von Ihnen angeregten Demonstrationen der Bauern auf dem Ballhausplatz? Hat es sich dabei um Verhetzte, Verirrte und um Leute gehandelt, die nicht wissen, was sie wollen? – Ich glaube, die österreichischen Bauern und auch die Bauern im Ennstal wissen sehr, sehr genau, was sie wollen! Sie wollen Ihre Verkehrspolitik nicht! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Der Verfassungsgerichtshof hat ihnen recht gegeben, und dieser ist wohl die oberste Instanz! Oder, Herr Abgeordneter Lukesch, Herr Professor, sind Sie weiser und rechtsstaatlicher als der Verfassungsgerichtshof? – Das ist doch sehr überraschend!

Herr Abgeordneter Eder! Zu Ihrer Behauptung betreffend die Politik für den Wachtelkönig und gegen die Menschen: Irgendwann einmal gab es schon eine Einsicht, auch bei den Regierungsparteien, daß es keine Politik für Menschen gibt, die die Natur, die Lebensgrundlagen und auch ökonomische Standbeine zerstört, wie etwa die Interessen der Freizeit- und Erholungswirtschaft, des Tourismus. Daher frage ich Sie wieder, Herr Abgeordneter Eder, Herr Abgeordneter Lukesch: Wie werden Sie sich verhalten, wenn sich die Verhältnisse einmal umgekehrt haben, wenn dort einmal Zustände wie am Brenner herrschen, wenn die Menschen merken, welche Geister da gerufen worden sind? Wird dann auf einmal ein ÖVP-Landeshauptmann bei den Demonstranten stehen und die Entscheidungen, die die ÖVP vorher veranlaßt hat, auf einmal schlecht finden?

Denn das ist doch immer das Ergebnis: Sie verheißen den Menschen, daß sie Ruhe vor dem Verkehr bekommen werden, wissen aber ganz genau, daß das nicht der Fall sein wird. Sie wissen, daß Sie mit dem Bau einer Straße eine Lawine an Durchzugsverkehr lostreten und eine Gegend kaputtmachen. Sie wissen es! Wider besseres Wissen nützen Sie jedoch die verzweifelte Situation von Menschen aus, die nicht mehr schlafen können, denen aber genauso mit einer kleinen, nicht kapazitätssteigernden Umfahrung gedient wäre. Sie nützen diese Ängste und diese Sorgen aus, um einer ganzen Region Ihre Transitpolitik aufs Aug’ zu drücken und diese Region damit kaputtzumachen, so wie es am Brenner der Fall war! (Beifall bei den Grünen.)

Ich warte nur auf den Moment, da die Frau Landeshauptfrau und die Landesräte dann mit besorgtem Gesicht an einer Transitroute, etwa an der Pyhrn Autobahn, stehen und sagen werden: Was ist denn da schon wieder passiert? Mein Gott, das wollten wir nicht! Schon wieder ist etwas passiert, was wir nicht abschätzen konnten! – Das ist verantwortungslose Verkehrspolitik!

Herr Abgeordneter Lukesch! Sie müssen außerdem ein schlechter Ökonom sein, denn es ist mittlerweile in der Volkswirtschaft und in der Verkehrswissenschaft eindeutig erwiesen, daß der Satz: Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten, zutrifft und daß die Kausalitäten tatsächlich so gelagert sind und nicht anders! (Abg. Dr. Lukesch: Der Verkehr ist schon dort, und er rollt durch die Schlafzimmer der Menschen!)

Nun aber, meine Damen und Herren, zur Kontrolle: Sie schaffen immer neue Nachfrage, indem Sie ganz bewußt Alternativen nicht realisieren, indem Sie so tun, als wären die Zuwachsraten im motorisierten Straßenverkehr quasi vom lieben Gott gewollt oder von oben heruntergekommen. Wieso funktioniert es denn in anderen Relationen, wo man gehandelt hat, und wieso sind die Zustände am Brenner, wie sie sind? – Weil Sie dort eine schlechte Politik gemacht haben – und aus keinem anderen Grund! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Nun zur rechtlichen Situation – und deswegen auch die Empörung der Opposition und auch meine Empörung –: Ich verspreche Ihnen, daß es mit diesem Ausschuß nicht sein Bewenden haben wird, ganz sicher nicht! Das geht weiter! (Beifall bei den Grünen.)

Sie sagen im Hinblick auf die Rechtswidrigkeiten: Was hätten wir denn tun sollen? Wir wollten ja eh nur ein bisserl enteignen, um dann wieder Naturschutzmaßnahmen zu treffen. – Natur aus zweiter Hand: nachdem Sie versucht haben, quer durch die Iriswiesen zu gehen, nachdem Sie einen Schwarzbau mitten in die Landschaft gestellt haben, ebenso eine wasserdichte Wanne, gefüllt mit Wasser. Das sind die Bauwerke, die Sie dort ohne Genehmigung errichtet hätten! Hätte irgend jemand von der Opposition so etwas im privaten Bereich gemacht, dann würde ich gerne wissen, was bei entsprechenden Verfahren passiert wäre!

Herr Abgeordneter Lukesch! Einmal mehr zur Rechtsstaatlichkeit: Was halten Sie von einem Bundesland, was halten Sie von einer Landeshauptfrau – damals in der Funktion einer Landesrätin –, die in ihren Schubladen zwei Gutachten hat, zwei Gutachten vom Büro Zottl & Erber mit gleichem Datum – gleiches Datum! –, jedoch mit völlig unterschiedlichem Inhalt? Zwei Gutachten, völlig identisches Datum, allerdings ein anderer Inhalt! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Das können Sie nicht nachvollziehen, weil Sie eben Auskunftspersonen wie Herrn Dr. Hauser und den Herrn Umweltanwalt, ja sogar ihre eigene Volksanwältin nicht geladen haben. Sie hätten Ihnen das genau gesagt. Ich habe diese Gutachten gelesen, Sie offenbar leider nicht, Herr Lukesch (anhaltende Zwischenrufe des Abg. Dr. Lukesch), weil Sie nicht hören und nicht sehen wollten. In diesem einen Gutachten, das der Realität entspricht, steht: Diese Trasse ist hochwassergefährdet. Nach dem HQ 30 ist diese Trasse hochwassergefährdet. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist Ihre eigene Meinung! Lesen Sie die Beilage!)

Da dieses Gutachten eben genau zu dem Ergebnis geführt hätte, welches der Verfassungsgerichtshof letztendlich auch erarbeitet hat, brauchte die nunmehrige Landeshauptfrau ein zweites Gutachten aus der Schublade, worin dann jedoch etwas anderes stand. Da ging man nämlich von einem fiktiven Ausbauzustand der Enns aus, von einem Ausbauzustand, der nicht der Realität entspricht. Es ist ein Gutachten, wobei der Gutachter wußte, daß er eine Phantasiesituation schildert, die nicht der Realität entspricht.

Die Konsequenz ist nicht nur eine juristische, es ist nicht nur so, daß das Ganze rechtswidrig ist, daß Sie zu Unrecht versuchen, die Opposition zurückzudrängen, sondern diese Konsequenz wäre sogar eine lebensgefährliche gewesen. (Abg. Dr. Lukesch: Geh bitte!) Sie haben bewußt in Kauf genommen, eine hochwassergefährdete Trasse zu bauen – keine Ennsnahe, sondern eine "Ennsnasse" Trasse. Sie hätten bewußt in Kauf genommen, daß dort bei entsprechender Witterungssituation möglicherweise Menschen in eine Aquaplaningsituation hineinrasen. Das hätten Sie in Kauf genommen! Es war Ihnen wert, diese lange zuvor getroffene politische Entscheidung durchzuziehen. Dafür hätten Sie sogar in Kauf genommen, daß Menschen in Lebensgefahr geraten. Da hört sich wirklich alles auf! Da hört sich wirklich alles auf, Herr Abgeordneter Lukesch! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ein Allerletztes noch dazu: Es sind wirklich bewußt falsche Gutachten verwendet worden, und zwar von einer Frau, die heute Landeshauptfrau ist. Das ist ein harter Vorwurf, aber er stimmt. Ich habe diese Gutachten selbst gelesen. Ich war auch entsetzt und schockiert darüber. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Allerletztes: Von heute morgen an ... (Abg. Wurmitzer: Das ist die Unwahrheit!) – Lesen wir die Gutachten gemeinsam, Herr Abgeordneter Wurmitzer, und dann werden Sie mir erklären, wieso das Büro Zottl & Erber mit gleichem Datum zwei verschiedene Gutachten vorlegt. Ich bezeichne das als eine bewußte Beugung des Rechtsstaates. Diese Beugung des Rechtsstaates haben Sie und Ihre steirischen Parteifreunde zu vertreten und niemand anderer. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Lukesch: Sie haben die Ungeheuerlichkeit, hier Unwahrheiten zu verbreiten!)

Noch etwas zum Thema politische Kontrolle: Sie waren sehr echauffiert im Ausschuß, und Sie werden von diesen Empörungen wahrscheinlich auch nicht so schnell wegkommen. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Lukesch und Smolle.) Sie können Kontrolle eine Zeitlang unterdrücken, Sie können seit drei Legislaturperioden – das haben wir in der Zweiten Republik noch nie gehabt – jeden Untersuchungsausschuß verhindern, Sie können Auskunftspersonen nicht laden, aber Sie werden sich dann immer wieder – und zwar nicht nur vom Kollegen Wabl, sondern auch von mir, von der gesamten Opposition – zu Recht den Vorwurf gefallen lassen müssen, daß diese totale Kontrollblockade eine Facette ist, die es auch in totalitären Staaten gab und gibt. (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Lukesch und Smolle.)

Damit ziehe ich keine direkten historischen Parallelen. Aber allein diese Facette von totalitären Regimen, die Sie kraft Ihrer Zweidrittelmehrheit einführen, ist dieses Hauses unwürdig, und das werden Sie auch im Rahmen der heranstehenden Wahlentscheidungen in aller Form zu vertreten haben. (Beifall bei den Grünen. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Kiss und Smolle.)

20.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Buder. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.36

Abgeordnete Hannelore Buder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Frau Kollegin Petrovic, etwas möchte ich Ihnen zugute halten: Sie kennen die örtlichen Gegebenheiten, denn Sie waren schon bei Pressekonferenzen im Schloß Trautenfels. Es hat ein schönes Ambiente für Pressekonferenzen, man kann auf die schönen Iriswiesen hinunterschauen. Aber seien Sie versichert: Uns Ennstalern sind sie genauso viel wert wie Ihnen. Auch wir wollen unsere Natur schützen. Die Menschen müssen nicht von irgendwo anders herkommen, um dies zu tun. Sie vergessen jedoch dabei die Menschen, die dort vom Verkehrsgeschehen geplagt sind, die zum Teil ihre Kinder nicht über die Straße schicken können, weil die LKWs und viele andere Autos vorbeidonnern. Das vergessen Sie! (Abg. Mag. Kammerlander: Hätten Sie doch eine andere Trasse gewählt!)

Liebe Frau Kollegin! Gestern habe ich es wieder gelesen: Neuer Widerstand gegen die Ennsnahe Trasse! Sie haben dort eine Aktivistin, die nur deswegen Aktivistin war, weil sie ein Mandat haben wollte. (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Mag. Kammerlander.) Es geht jetzt wahrscheinlich auch wieder nur um Mandate, daher benutzen Sie auch dieses Parlament. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie sind nicht für die Menschen in Ennstal. Aber ich kann Ihnen auch sagen: Ihre besten Zeiten im Ennstal sind vorbei. Ich habe die Ergebnisse der Nationalratswahlen von 1990, 1994 und 1995 vorliegen: 1990 und 1994 hatten Sie einen Höhenflug, 1995 liegen die Ergebnisse bereits unter denen von 1990. (Abg. Mag. Kammerlander: Was hat das mit der Ennsnahen Trasse zu tun?) Das hat sehr viel mit der Ennsnahen Trasse zu tun, weil Sie dort vertreten sind und alles blockieren und gezielt als Verhinderer tätig werden.

Für die Ressel-Tangente gab es eine breite Zustimmung, auch Ihrerseits. Was war einige Tage später? – Sie wollten sich ein Faustpfand zurückbehalten. Und das ist nicht angebracht. Sie haben den Kampf in das Parlament weitergetragen und hier fortgesetzt. – Was liest man heute? Heftiger Streit um Ennsnahe Trasse! – Bereits in der Früh stand das in den Zeitungen. Es gab dann auch noch einen Hilfeschrei der FPÖ, des LIF und der Grünen an die Öffentlichkeit. Haben Sie vergessen, daß es auch den Hilfeschrei der Menschen gibt, die endlich auf eine Lösung des Verkehrsproblems warten? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir waren im Ausschuß vertreten, wir haben uns wirklich Zeit genommen, alles anzuhören. Es waren neun Termine, es waren bestimmt an die zwanzig Stunden, und wenn man weiß, wie lange das schon geht ... (Abg. Mag. Kammerlander: Na ich werde halt eine andere Meinung haben! Stellen Sie sich vor!) – Natürlich können Sie eine andere Meinungen haben, Frau Kollegin, aber letzten Endes wissen Sie ja, wie es in einer Demokratie ist.

Wenn Sie das schon ansprechen, möchte ich Ihnen folgendes sagen: Sie wissen ja, man bekommt als Abgeordneter Briefe von solchen, die dafür sind, und von solchen, die dagegen sind. Ich möchte Ihnen gerne einen Brief eines Oberforstmeisters vorlesen. Ich bin überzeugt davon, daß ein Oberforstmeister auf die Umwelt Rücksicht nimmt. Er schreibt zum Beispiel: "Bei dem Streit um diese Trasse wird viel zuwenig betont, daß für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region die Verkehrserschließung von entscheidender Bedeutung ist. Daher brauchen wir eine Verkehrslösung für das Ennstal." – Er schreibt dann noch weiter –: "Es ist nicht auszudenken, was uns bevorsteht, wenn ein paar profilierungssüchtige Umweltschützer mit ihrem kümmerlichen Anhang bestimmen, was in unserem Land zu geschehen hat." – Ich glaube, das sollte man von dieser Stelle aus auch einmal sagen.

Diese B 146, die Ressel-Tangente, ist der erste Schritt für die leidgeplagten Stainacher. Sie wissen, daß in Stainach eine Verkehrslawine rollt. 1997 waren es täglich 14 200 Fahrzeuge mit einem Schwerverkehrsanteil von 16 Prozent. (Abg. Mag. Kammerlander: 20 Jahre haben Sie Zeit gehabt, Frau Kollegin!) Das ist gegenüber 1996 eine Verkehrssteigerung von zirka 3 Prozent. Auch heuer rechnet man damit, daß es eine neuerliche Steigerung um 4 Prozent geben wird. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Tun Sie doch was!) Die Voraussagen für 2005 sind, daß man 18 000 bis 20 000 Kraftfahrzeuge in 24 Stunden zählen wird.

Ich hoffe, daß bis dahin wenigstens die Umfahrung von Stainach schon gebaut sein wird und daß man endlich auf einer Straße fahren kann, auf der man, wenn man von Schladming in die Landeshauptstadt fahren will, nicht zweieinhalb bis drei Stunden braucht. Sie fahren wahrscheinlich nicht so oft.

Es wurden heute auch schon die Bauern angesprochen. Alle, die in das Ennstal fahren, sehen sicher dieses Wirtschaftsgebäude, auf dem steht: Ennstaler Bauern für die Ennsnahe Trasse. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Bauen Sie halt die Bahn ordentlich aus, und zwar zweigleisig!)

Ich habe hier auch ein Schreiben, in dem die Bauern für die Ennsnahe Trasse eintreten. Dort heißt es – ich zitiere –:

"Wir wollen nicht Bauern gegen Bauern sein. Wir wollen aber vor allem nicht, daß Bauern von extremen Grünen oder bauernfremden Gruppen und politischen Taktierern abhängig und diesen ausgeliefert sind. Wir brauchen keine schönen Worte, keine Ausreden, keine Versprechungen und keine Vertröstungen mehr. Wir fordern endlich klare Aussagen und Taten."

Diese Taten werden von der Politik gefordert, denn die Politik ist aufgefordert zu handeln, um dieser Misere im Ennstal endlich ein Ende zu bereiten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Bauen Sie doch einmal die Bahn aus!)

20.42

Präsident  Dr.  Heinrich  Neisser:  Zu  Wort  gemeldet  ist  nunmehr  Herr  Abgeordneter  Dipl.-Ing. Schöggl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.42

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Hohes Haus! Ich habe die tumultartigen Szenen bei dieser Debatte mitverfolgt. Jemandem nützen diese Tumulte sicher nicht, nämlich der Bevölkerung, die dort seit 27 Jahren auf eine Verkehrslösung wartet. Heute wird diese Verkehrslösung von der Koalition so wortreich gepriesen und verteidigt, aber während der letzten 20 Jahre haben Sie dort eigentlich nichts weitergebracht. Dabei wären einige Dinge wirklich sehr einfach zu realisieren gewesen. Ich komme darauf zurück. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Projekt ist ein Musterbeispiel dafür, wie ein derartiges Projekt von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, und zwar erstens aufgrund der Verstrickung in dieser komplizierten Gesetzeslage, die aufzuklären auch im Unterausschuß nicht möglich war, zweitens aufgrund der Insensibilität der Planung, bei der man, wie Kollege Grollitsch bereits erwähnt hat, Tradition und kulturelle Gegebenheiten in dieser sensiblen Region sträflich vernachlässigt hat.

Sehr geehrte Damen und Herren! 27 Jahre lang wird da schon herumgedoktert, aber das Rad der Zeit hat sich weitergedreht. Unzählige Opfer klagen an, die Bevölkerung ist zutiefst gespalten. Wir wissen, daß dort aufgrund dieser jahrzehntelangen Diskussion Familien, die vorher in Frieden zusammengelebt haben, inzwischen zutiefst verfeindet sind. Österreich ist der EU beigetreten, und wir haben gewußt – beziehungsweise Sie müßten es gewußt haben –, daß damit auch die Rechtsmaterie der EU in nationales Recht umzusetzen ist, auch mit den ungeliebten Richtlinien, zu denen zum Beispiel die Vogelschutzrichtlinie gehört. Es gibt neue Erkenntnisse über den Untergrund. Wir wissen, daß die Trasse, wie sie geplant ist, eine technisch sehr aufwendige und kostenintensive und schwer zu bauende Trasse ist.

Alles in allem, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind das für die Bevölkerung unerträgliche Zustände. Aber der wirkliche Skandal an dieser unendlichen Geschichte Ennsnahe Trasse ist die Unbelehrbarkeit der Verantwortlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr verehrte Damen und Herren! Sie wissen seit Jahren, daß die Trasse nicht durchsetzbar ist. Sie kennen seit Jahren die möglichen Alternativen: bestandsnaher Ausbau, Führen von parallelen Fahrwegen für die Landwirtschaft, örtliche Umfahrungen. Es gibt da einen Vorschlag für die Umfahrung Stainach, der aus dem Jahre 1994 stammt. Aber die Starrsinnigkeit – und das ist auch eindeutig aus den Aussagen des Landesrates Ressel hervorgegangen –, wie nach wie vor am ursprünglichen Projekt festgehalten wird, bringt dieses Projekt auch für die nächsten Jahrzehnte zum Scheitern –, und zwar auf dem Rücken der Bevölkerung. Und genau das ist der Skandal an dieser Never-ending-Story, an dieser unendlichen Geschichte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie dürfen sich daher über den Unmut der Bevölkerung der Politik gegenüber nicht wundern. Diesen Unmut wird Ihnen die Bevölkerung des Ennstales bei den nächsten Wahlen bestimmt intensiv präsentieren.

Für uns ist dieser Mehrheitsbericht nicht annehmbar. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stampler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.46

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In vielen Sitzungen – es waren insgesamt neun – hat sich der Ständige Unterausschuß des Rechnungshofes mit den Prüfungen auseinandergesetzt. Zahlreiche Auskunftspersonen haben sich bemüht, den Unterausschuß bei seinen Aufgaben zu unterstützen, beziehungsweise waren bereit, Fragen zu den einzelnen Themenbereichen zu beantworten.

Es kann der Bevölkerung des Ennstales aber auch nicht übelgenommen werden, daß sie von den Politikern Taten erwartet und nicht ein ständiges verbales Hickhack, das zu keiner Lösung führt. Was manche Abgeordnete hier im Hause betrieben haben, war schlicht und einfach politisches Schattenboxen – mehr nicht.

Aber nicht alle Mitglieder der Oppositionsparteien waren immer gegen eine Ennsnahe Trasse. Der von mir sehr geschätzte Herr Abgeordnete Grollitsch hat in einer Aussendung am 30. Juni – ich zitiere wörtlich – gesagt, er werte es als positiv, daß sich Hirschmann in der Sache festgelegt habe und mit einem klaren Bekenntnis zur verordneten Trasse den Wunsch von 90 Prozent der Ennstaler umzusetzen bereit ist. – Ende des Zitats.

Verwundert habe ich jetzt die gemeinsame Aussendung von FPÖ, Grünen und Liberalen vom 3. November gelesen, die sich anders anhört. Da spricht die Opposition auf einmal von einem bestandsnahen Ausbau, zu dem sie steht.

Aber zurück zur Trasse selbst: Fest steht, daß es eine verordnete Trasse gibt, die noch immer Gültigkeit hat und deren rechtmäßiges Zustandekommen auch der Verfassungsgerichtshof bestätigt hat. Es mag schon sein, daß es zum Thema Verkehr unterschiedliche Auffassungen zwischen den Regierungsparteien einerseits und der Opposition andererseits gibt, aber man muß der politischen Realität ins Auge schauen. Was ich nicht akzeptieren kann, ist, wenn man auf Kosten der leidgeprüften Bevölkerung eines gesamten Tales politischen Theaterdonner inszeniert. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie schaut die Realität aus? – Täglich rollt eine Verkehrslawine durch das Ennstal. Zahlen dazu wurden bereits genannt: 14 200 Fahrzeuge im Bereich Stainach mit einem Schwerverkehrsanteil von 16 Prozent, im Bereich Liezen waren es 1997 an die 21 000 Fahrzeuge. Ich möchte sehen, wie manche Damen und Herren aus diesem Hause reagierten, wenn an ihrem Schlafzimmer täglich derart viele Fahrzeuge vorbeidonnerten.

Wissen Sie, was da gefährdet wird? – Nicht die Rechtsstaatlichkeit, nicht die ordentliche Durchführung von Verfahren, nicht die Finanzen des Bundes, sondern das Leben der dortigen Bevölkerung, das Leben der Kinder, die dort zur Schule gehen, das Leben der alten Menschen, die sich kaum mehr auf die Straße wagen.

Bereits 1993 hat sich der Rechnungshof in einer Prüfung damit auseinandergesetzt und bewertet, daß das angewendete Verfahren zur Trassenfindung ein weitgehend offener Prozeß ist, weil eine Vielzahl von unterschiedlichen Lösungen und Verbesserungsvorschlägen behandelt wurde. Es wurde auch positiv bewertet, daß landschaftspflegerische Maßnahmen mitberücksichtigt werden.

Wenn mein Kollege Abgeordneter Wabl als selbsternannter Retter des Ennstales meint, das Enteignungsverfahren sei eine bewußt illegale Handlung, von bösartigen Beamten erdacht, um das Ennstal zuzubetonieren, muß man dem entgegnen: Man wollte eigentlich nur die Auflagen dieser Naturschutzbehörde erfüllen. Das geht auch zurück auf einen Bescheid des Landes Steiermark, in dem sich eine Zweidrittelmehrheit des Steirischen Naturschutzbeirates für diese Trasse ausgesprochen hat.

Im Jahr 1997 ließ die Republik Österreich als Folge der nicht enden wollenden Diskussion nochmals einige Gutachten zur Ennsnahen Trasse einholen. Ich verweise da auf drei Studien: zum eine auf eine Studie von Professor Pischinger über die Abschätzung der Emissionen von Luftschadstoffen, die belegt, daß der Bestandsaufbau schlechter ist als die geplante Variante, zum anderen auf das umweltmedizinische Gutachten von Dr. König und Dr. Oberfeld, das sich ebenfalls für die geplante Ennsnahe Trasse ausspricht, und letztlich auch auf das hydrogeologische Gutachten vom Team Erhart-Schippek, Pascher und Partnern, die in dieses Horn stoßen, wonach bei einem bestandsnahen Ausbau die Gefahr besteht, daß man in die Grundwasserströme eingreift.

Meine Damen und Herren! Uns von der ÖVP ist der Schutz der Menschen heilig. Wir wollen daher eine ordentliche Lösung für das Ennstal, wir begrüßen die Entscheidung, daß man sich so rasch wie möglich an die Arbeit macht, um vorerst einmal die Landesstraßenumfahrung für Stainach zu verwirklichen. Das sollte ein erster Schritt sein, dem noch das Gesamtprojekt folgen soll.

Wir bekennen uns zum Umweltschutz und zum Tierschutz, aber der Schutz der Menschen, in diesem Falle vor allem jener Menschen, die im Ennstal leben, steht für uns im Vordergrund. (Beifall bei der ÖVP.)

20.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

20.51

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Was wir jetzt hörten, mündete in dem Satz: Wir müssen der Realität ins Auge schauen. Das war die Aussage meines Vorredners.

Wie schaut denn diese Realität aus? – Er hat davon gesprochen, daß Tausende von LKWs durch das Ennstal donnern. Warum herrscht eine derartige Situation, warum müssen wir einer derartigen Realität ins Auge schauen? – Weil – das sage ich jetzt klar und deutlich – die Verkehrspolitik versagte, weil Ihre Bekenntnisse zur Verlagerung der Gütertransporte auf die Schiene reine Lippenbekenntnisse blieben, weil Sie nichts taten, um die Verkehrsströme an der Quelle einzudämmen. Das ist die eine Realität, die man ganz deutlich beim Namen nennen muß.

Die Problematik um das Ennstal ist aber nicht nur eine verkehrspolitische Desasterangelegenheit, nicht nur in verkehrs- und transitpolitischer Hinsicht besonders gravierend, sondern sicher auch in rechtsstaatlicher Hinsicht. Es ist dies ein Musterbeispiel dafür, wie das staatliche Recht praktisch zu einer Art Faustrecht wird, zu einem Faustrecht im Sinn einer Landesregierung.

Herr Kollege Lukesch! Sie haben in wunderbar pharisäerhafter, juristischer Winderei gemeint, es sollte doch – wenn ich Sie zitieren darf – das juridische Gespür die Oberhand gewinnen. Ich frage mich, wofür wir denn Gesetze haben, wenn Ihres Erachtens das juridische Gespür reichen würde. Sie haben außerdem gesagt, man solle doch den Hausverstand walten lassen und nicht sozusagen haarspalterisch und juridisch kleinkrämerisch an Naturschutzbescheiden und so weiter hängen. Ich frage mich: Wozu gibt es denn den Rechtsstaat, wenn sowieso der Hausverstand walten sollte? Wozu brauchen wir all die Juristen, wenn der Hausverstand oder das juristische Gespür des normalen Menschenverstandes genügt? (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben nicht zugehört oder es nicht verstanden, Frau Kollegin Moser!) Meiner Ansicht nach war das eindeutig eine Vorlesung im Hinblick auf Pharisäertum in der juridischen Nomenklatur.

Sie haben auch davon gesprochen, daß es zu einer Normenkollision kommen kann. Wozu haben wir denn Verfassungsgerichtshöfe? Wozu haben wir Verwaltungsgerichtshöfe, die konkret sagen, was Recht ist und was Unrecht ist?

Unrecht war, wie die steirische Landesregierung vorgegangen ist. Das ist eindeutig auch aus den Rechnungshofberichten herauszulesen. Das können Sie deutlich nachlesen im Bereich des Naturschutzes, im Bereich des Wasserschutzes oder des Wasserrechtes. Da ist man widerrechtlich vorgegangen. Auch europäische Normen, insbesondere die Habitat-Richtlinie für Flora und Fauna, hat man mit Füßen getreten und nicht berücksichtigt. Bei den Enteignungen – hiezu hat mein Kollege Wabl ja schon sehr viele Details genannt – ist man wirklich über die Köpfe der Leute hinweggefahren und hat ganz einfache Prinzipien mit Füßen getreten. Das Devolutionsrecht wurde mißbraucht, die Gelder der Republik sind mißbräuchlich verwendet worden, und auch die Sachverständigen – das ist für mich sehr wesentlich – sind gedungen worden und Handlanger einer Politik geworden, die sich jenseits des Rechtsweges befindet. Und das ist das erschütternde an diesem Fall Ennsnahe Trasse.

An diesen Rechtsbrüchen läßt sich auch aufzeigen, wie eine verkehrte Straßenverkehrspolitik endgültig ins Abseits gerät und wie sie praktisch daran scheitert, Lösungen zu bringen. Lösungen hätte es gegeben, Lösungen gibt es auch jetzt noch. Diese Lösungen haben Sie jedoch der Bevölkerung im Ennstal 20 Jahre lang verweigert. Sie haben verweigert, daß es eine bestandsnahe Planung gibt. Sie haben eine Planung im Konsens mit der Bevölkerung verweigert. Sie haben auch verweigert, daß es eine Planung gibt, die im Einvernehmen mit dem Naturschutz und mit dem Wasserrecht vorangetrieben wird. All das haben Sie verweigert und haben insofern das Problem 20 Jahre hindurch prolongiert, weil Sie eine Monsterplanung durchdrücken und nicht eine umwelt- und menschenverträgliche Verkehrsplanung vorantreiben wollten. Das ist das Vergehen, das ist der Rechtsbruch, den Sie begangen haben.

Die dritte Dimension in dieser Angelegenheit ist die der Demokratiestaatlichkeit. Sie haben in diesem Ausschuß – das läßt sich auch sehr deutlich nachweisen – die Kontrollrechte der Opposition, die Kontrollrechte der gewählten Volksvertreter nicht in vollem Umfang walten lassen. Sie haben es verhindert, daß Sachverständige geladen werden. Sie haben es auch verhindert, daß Verantwortliche geladen werden.

Es ist nachzulesen: Dr. Schüssel wurde nicht vorgeladen. – Die Mehrheit hat das verhindert. Dr. Martinek wurde nicht vorgeladen. Er hätte auch über den wahren Sachverhalt Auskunft geben können. – Die Mehrheit hat es verhindert. Dr. Krainer konnte nicht Rede und Antwort stehen. – Die Mehrheit hat es verhindert. Auch Frau Waltraud Klasnic hat sich nicht nur in Schweigen gehüllt, sie wurde von der Mehrheit praktisch von vornherein entschuldigt. Die mußte auch nicht vor den Ausschuß treten. Daher konnte einiges an rechtsstaatlichen Verstößen nicht deutlich und offensichtlich geklärt werden.

Das ist für mich der dritte und wesentliche Angelpunkt dafür, daß neben einer verkehrten Verkehrspolitik, neben Brüchen der Rechtsstaatlichkeit auch noch massive Vergehen gegen die demokratischen Kontrollrechte im Bereich rund um die Ennsnahe Trasse angesiedelt sind.

Diese insgesamt drei Dimensionen dieses Falles werden darin münden, daß die Bevölkerung insgesamt nicht nur Ihnen in der Steiermark die Zustimmung verweigern wird, daß sich bei den nächsten Wahlen sicher auch im Ennstal eine massive Protestbewegung deutlich machen wird, sondern sie werden auch dazu führen, daß Sie in den demokratischen Institutionen wie zum Beispiel dem Rechnungshofausschuß nicht mehr die Mehrheit haben werden, die Sie jetzt noch besitzen, die Sie jetzt noch mißbrauchen, die Sie jetzt noch dazu verwenden, den Rechtsstaat teilweise mit Füßen zu treten.

Morgen wird sich die Abstimmung über Zwentendorf zum 20. Mal jähren. Morgen werden Sie darauf hinweisen, daß die Bevölkerung vor 20 Jahren glücklicherweise recht gehabt hat. Ich fürchte, Sie werden das in 20 Jahren auch im Fall der Planung der Ennsnahen Trasse sagen. Auch da wird die Bevölkerung, werden die Bauern, werden die ansässigen Leute sicher recht haben gegenüber dem, was Sie als monströse Verkehrsplanung vorhaben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

20.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Edler. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

20.59

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ennsnahe Trasse, Unterausschuß des Rechnungshofausschusses – eine hitzige Debatte, die mit dem heutigen Tage sicherlich nicht beendet sein wird.

Meine Damen und Herren! Grundsätzlich: Wo es wirtschaftliches Leben gibt, wo es eine Entwicklung gibt, ist eine Verkehrsinfrastruktur unbedingt notwendig. Ich glaube, dessen sollten wir uns bewußt sein. Wer die Region persönlich kennt – ich habe eine Zeit meines Lebens dort verbracht, die Gegend ist auch mein geliebtes Urlaubsgebiet – und mit den Menschen dort redet, der weiß, welche Probleme dort vorhanden sind. Die Menschen wollen von den Politikern eine Lösung. Ich bin dafür – und das habe ich wiederholt zum Ausdruck gebracht –, daß die Menschen eingebunden werden, das ist überhaupt keine Frage. Alles ist auszudiskutieren, aber es muß auch zu einer Entscheidung kommen, es muß auch einen Kompromiß geben. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Nun zum Stimmungsbild im Unterausschuß: Frau Vorsitzende, Frau Kollegin Apfelbeck, hat heute ja gemeint, wir von den Regierungsparteien hätten die Geschäftsordnung gebogen. Sie waren Vorsitzende, Sie haben das korrekt gemacht, ich bestätige das, aber Sie können uns nicht unterstellen, daß wir in irgendeinem Bereich die Geschäftsordnung nicht eingehalten hätten. Sie alle hatten die Möglichkeit, stundenlang zu hinterfragen. Kollege Wabl hat das auch wirklich in Anspruch genommen. Wenn man die Redezeiten zusammenrechnet, so hat Herr Kollege Wabl bestimmt zwei Drittel der Redezeit für sich für Anfragen – legitim! – in Anspruch genommen. Man kann wirklich nicht sagen, daß die Opposition ihre Möglichkeiten nicht ausnützen konnte, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Was für mich als Gewerkschafter sozusagen heilig ist, ist das Demonstrationsrecht. Ich habe demonstriert und ich werde auch demonstrieren, wenn es um Rechte geht, wie viele andere hier auch; andere Berufsgruppen sind auch schon angesprochen worden. Ich glaube, niemand von uns, besonders von den Sozialdemokraten, will das Demonstrationsrecht in Frage stellen. Es ist für uns überhaupt keine Frage, daß wir dazu stehen und uns auch dazu bekennen. Aber wir sind dagegen, daß Besetzungen durchgeführt werden, daß der Rechtsstaat in Frage gestellt wird. Das, glaube ich, müssen wir gemeinsam zurückweisen, meine Damen und Herren.

Im Zusammenhang mit den Schadenersatzklagen, hinsichtlich welcher die Gerichte in einigen Fällen bereits entschieden haben, wurde nicht nachgewiesen, daß irgendwo eine Schädigung eingetreten ist. Wir werden daher abwarten, welche weiteren Entscheidungen von den Gerichten getroffen werden.

Nun noch zu einigen verkehrspolitischen Anmerkungen, die heute hier zu Recht gemacht wurden: Ich glaube, es wurde nicht ganz zu Unrecht betont, daß wir in den letzten Jahrzehnten in manchen Fällen eine falsche Verkehrspolitik gemacht haben, was die Bevorrangung der Straße vor der Schiene betrifft. Ich wiederhole jetzt, was ich schon mehrmals gesagt habe: Die Schiene wurde bis vor zirka zehn Jahren benachteiligt. Erst vor zirka zehn Jahren haben wir begonnen, umzudenken und auch die Schiene zu forcieren. (Abg. Mag. Kukacka: Wie lange stellt ihr schon den Verkehrsminister?) Kollege Kukacka! Erst in letzter Zeit ist Bundesminister Caspar Einem mit Vorschlägen vorgeprescht, wonach der Bahnausbau zu forcieren ist. Das ist richtig und gut. Trotzdem werden wir auch Straßen brauchen, vor allem Umfahrungsstraßen. Das sage ich vor allem als einer, der in Wien in einem Bezirk an der Südosttangente lebt. Dort haben wir, mit Zustimmung der Grünen, ins Terrain der Naturschützer eingegriffen – Kollege Wabl, ich nenne die Lobau, die Praterauen, die Donauinsel – und sogar das Grundwasser unterfahren müssen. Wir haben diese Probleme lösen müssen. Trotzdem glaube ich – und wer die Situation auf der Südosttangente kennt, weiß das –, daß wir weiteren Handlungsbedarf im Hinblick auf Umfahrungsstraßen haben.

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend möchte ich sagen: Wir sollten uns auch politisch dazu bekennen, daß so viele Straßen gebaut werden, wie unbedingt nötig sind, daß aber vor allem der Bahnausbau soviel wie möglich forciert wird. Dazu müssen wir uns bekennen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

21.04

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir am Schluß einer teilweise turbulenten Debatte drei Anmerkungen. Ich möchte eine positive, eine grundsätzliche und eine kritische Anmerkung machen.

Die positive Anmerkung: Die Umfahrung Stainach wird jetzt gebaut werden. Das ist ein erster vernünftiger und machbarer Schritt, eine Lösung, die dem Verkehrslandesrat der Steiermark Hans-Joachim Ressel zu verdanken ist. Positiv – das möchte ich durchaus erwähnen – ist auch die Zustimmung der Opposition zu dieser Lösung. Ich zitiere aus der gestrigen APA, um das festzuhalten:

"Die Opposition sprach sich für einen ,bestandsnahen Ausbau‘ und eine möglichst rasche Durchführung der sogenannten Ressel-Lösung aus."

Die Opposition – auch das möchte ich positiv erwähnen – widersteht der Versuchung und verzichtet darauf, diese Teillösung als Faustpfand für weitere politische Forderungen zu mißbrauchen. Was natürlich – und das sollte man auch anmerken – diesen Verzicht erleichtert, ist, daß Anfang Oktober vom Land Steiermark das Grundstück erworben werden konnte, das den Trassengegnern als Mittel zum Zweck gedient hat.

Meine Damen und Herren! Die grundsätzliche Anmerkung: Wir sind offenbar in Österreich in eine Situation geraten – und zwar alle gemeinsam, die Regierungsparteien sowohl im Bund als auch im Land, die Grünen, die durchaus ihre Verdienste im Umweltschutz haben, die im Forttreiben der Bürgerrechte zu den treibenden Kräften zählen, die Bürgerinitiativen und viele andere mehr –, daß in einem Fall wie der Ennstaltrasse einerseits jahrzehntelang nichts gebaut wird, obwohl Einigkeit darüber besteht, daß die Verkehrsbelastung unerträglich ist, andererseits aber trotzdem die Gefahr besteht, daß Bürgerrechte von einzelnen verletzt werden. – Das ist, glaube ich, ein objektives Resümee.

Ich möchte nicht so weit gehen wie Kollege Barmüller, der von Diebstahl gesprochen hat, oder wie Kollege Wabl, der in der Hitze des Gefechts von Raub gesprochen hat. Aber die Gefahr, daß Rechte einzelner verletzt werden, besteht natürlich. Ich glaube, man sollte sich das Ziel setzen – und sei es auch ein visionäres –, Rahmenbedingungen zu schaffen, die in solchen Fällen machbare Lösungen ermöglichen, bei welchen rasch entschieden und umgesetzt wird, der Umweltschutz beachtet wird, Bürgerrechte geschützt werden und die Rechtsstaatlichkeit gewahrt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine kritische Anmerkung: Meine Damen und Herren! Einzelne Akteure in dem gesamten Geschehen haben die Koalitionsdisziplin der SPÖ auf eine harte Prüfung gestellt, teilweise jenseits des Zumutbaren. Zum Beispiel betritt Landesrat Hirschmann von der ÖVP als Auskunftsperson das Hohe Haus und meint: Wo ist denn jetzt das Kasperltheater? – Meine Damen und Herren! Das ist eine bezeichnende Geisteshaltung, und das ist mehr als nur mangelhaftes Benehmen und fehlende politische Kinderstube.

Aber auch im fachlichen Bereich haben sich Abgründe aufgetan. Die steirische Landeshauptfrau Klasnic hat durch schreckliche Wissenslücken geglänzt. – Ich zitiere aus einem Brief der Frau Landeshauptmann an den Präsidenten des Nationalrates vom 9. April 1998, in welchem sie meint:

"Naturschutz sowie damit in Zusammenhang stehende EU-Verfahren sind wiederum ausschließliche Angelegenheit des Landes."

Meine Damen und Herren! Ich überlege mir wirklich, ob ich der Frau Landeshauptmann nicht doch die Stellungnahme der Republik Österreich zu einem Mahnschreiben der Kommission vom April 1997 zur selben Causa übermitteln soll. Auf der einen Seite gibt es eine Stellungnahme der Republik Österreich, auf der anderen Seite eine Frau Klasnic, die meint, daß ausschließlich das Land zuständig ist.

Aber sei’s drum: Wir sind zu einem positiven Abschluß gekommen. Der Bevölkerung im Raum Stainach kann in absehbarer Zeit geholfen werden. Danken wir dem steirischen Landesrat Ressel! (Beifall bei der SPÖ.)

21.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Ein Wunsch nach einem Schlußwort seitens der Berichterstattung liegt ebenfalls nicht vor.

Daher kommen wir zur Abstimmung.

Zum Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG (Ennsnahe Trasse) in 1460 der Beilagen haben die Abgeordneten Wabl, Mag. Barmüller und Dr. Grollitsch einen Rückverweisungsantrag gestellt.

Ich lasse daher zunächst über diesen Rückverweisungsantrag und dann über die Sache selbst abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses in 1460 der Beilagen (Ennsnahe Trasse) an den Rechnungshofausschuß rückzuverweisen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Daher ist der Rückverweisungsantrag abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG in 1460 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die dieser Kenntnisnahme ihre Zustimmung erteilen, dies durch ein Zeichen bekunden. – Dies ist mit Mehrheit so beschlossen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, seinen Bericht 1460 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf im Falle der Zustimmung um ein Zeichen bitten. – Die Kenntnisnahme erfolgt mit Mehrheit.

Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.

10. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Sonderbericht des Rechnungshofes (III-136 der Beilagen) über Heilmittel und Heilbehelfe (1461 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Für eine Druckfehlerberichtigung erhält zunächst Frau Abgeordnete Binder das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Berichterstatterin Gabriele Binder: Meine Damen und Herren! Zum schriftlich verteilten Bericht des Rechnungshofausschusses vom 29. Oktober 1998, 1461 der Beilagen, bringe ich folgende Berichtigung vor:

Der Bericht ist dahin gehend zu ergänzen, daß in der Debatte auch die Abgeordnete Frau Dr. Elisabeth Pittermann das Wort ergriffen hat.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Erster Redner ist Abgeordneter Dr. Pumberger. Die freiwillige Redezeitbeschränkung ist mit 6 Minuten vorgeschlagen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.10

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Verehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Präsident des Rechnungshofes Fiedler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unangenehme Berichte werden – das hat schon Tradition hier – an den Schluß der Tagesordnung gesetzt. Schon die Debatte um die Ennsnahe Trasse war sehr heftig, und ich glaube, ich kann jetzt auch nicht dazu beitragen, daß sich die Stimmung hier im Plenum beruhigt.

Meine Damen und Herren! Ich erinnere zunächst an die Dringliche Anfrage, die wir Freiheitlichen im Juni 1996 gestellt haben: Damals haben wir die Mißstände bei der Preisgestaltung bei den Heilbehelfen, Hilfsmitteln und Heilmitteln aufgezeigt. Dabei ist ein Ruck durch den Körper des Herr Abgeordneten Hums, damals Sozialminister, gegangen. Ich habe ihn noch nie so verdutzt gesehen wie damals. (Abg. Hums: Damals waren die Brillen noch schlecht, die Sie gehabt haben!) Das hat dann auch dazu geführt, daß es einen Fünfparteienantrag gegeben hat, daß das Sozialministerium einen Bericht vorlegen muß. Der Rechnungshof hat schon vor längerer Zeit seinen Bericht fertiggestellt, der nun vorliegt. In diesem werden die Kritikpunkte der damaligen Dringlichen Anfrage der Freiheitlichen fast zur Gänze bestätigt. Das freut uns einerseits. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Andererseits macht es mich traurig, und es muß uns alle traurig machen, wenn wir sehen, daß zwar der Rechnungshof und wir Freiheitlichen mit unserer Kritik eins zu eins recht haben, daß aber die Sozialversicherungen nicht in der Lage sind, diese Kritikpunkte umzusetzen. Sie machen im selben Schlendrian weiter, und die Leidtragenden sind die Patienten. Es müßte aber im Sinne der Patienten gehandelt werden, damit derart eklatante Preisunterschiede nicht weiterhin Platz greifen.

Ich erinnere zum Beispiel an die Preisdifferenzen. Ich habe noch eine Tafel mit, die die Preise der berühmten Halskrause veranschaulicht. (Der Redner lehnt eine Tafel an das Rednerpult.) Damals haben wir festgestellt, daß eine Preisdifferenz zwischen 60 S im Einkauf und 822 S im Verkauf besteht. Der Rechnungshof zeigt das noch eklatanter auf: Die Vorarlberger Krankenkasse zahlt 53 S, die meisten anderen Krankenkassen zahlen 998 Schilling für ein und dasselbe Produkt in ein und derselben Qualität. Der Patient zahlt, wenn er sich das selbst kauft, 53 S. Wenn er es sich vom Arzt verordnen läßt und über die Krankenkasse bezieht, muß er hingegen 276 S Selbstbehalt bezahlen, hat aber nur ein Produkt im Wert von 53 S.

Immer wieder sind die Patienten Draufzahler für die Inaktivität und Tatenlosigkeit der Sozialversicherung und vor allem auch der Regierung, Frau Bundesministerin! Warum wird hier nicht endlich ein Schlußstrich gezogen? Wenn die Sozialversicherung mit dem Geld nicht auskommt, dann streichen Sie einfach weiterhin Leistungen. Sie schikanieren die Patienten mit der Ausweitung der Chefarztpflicht. Sie erhöhen die Rezeptgebühren. Sie führen die Krankenscheingebühr ein. Sie erhöhen die Krankenversicherungsbeiträge für die Pensionisten und senken im selben Aufwaschen die Leistungen. – So kann das doch nicht gehen! Wir könnten hier noch vieles mehr aufzeigen.

Zum Beispiel gibt es für Hörgeräte Zuschüsse zwischen 7 000 S von der Bauernkrankenkasse – nur 7 000 S, denn das ist eine ganz arme Krankenkasse, sie hat zwar jetzt an die Gebietskrankenkasse angedockt, aber den gesamten Personalstand beibehalten; für diese Leute hat sie offenbar Geld – und 14 000 S von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse. Dieses Zuschußunwesen ist von Kasse zu Kasse verschieden. Ein 14jähriges Mädchen mit einer verkrümmten Wirbelsäule muß in der Steiermark für ein Mieder, das 22 000 S kostet, 19 000 S selbst zahlen, weil der Zuschuß dort nur 3 000 S beträgt. In Oberösterreich muß man hingegen nur 11 000 S zahlen. In 20 Kilometer Entfernung zur steirischen Grenze besteht ein derartiger Preisunterschied!

Meine Damen und Herren! Daher fordern wir, daß endlich Gesamtverträge geschaffen werden! Die jetzigen laufen mit 1. April 1999 aus. Bis dahin sollte ein neuer Gesamtvertrag zustande kommen, in dem festgehalten ist, daß österreichweit gleiche Tarife für gleiche Produkte gleicher Qualität unabhängig vom Hersteller gelten. Eine unabhängige Qualitätsprüfung und die Übernahme geeigneter ausländischer Qualitätsprüfungsergebnisse beziehungsweise Tarifkataloge sollten darin enthalten sein. Denn diese brauchen wir nicht neu zu erfinden. Außerdem sollte es die Möglichkeit der Direktverrechnung mit den Krankenkassen für alle Heilbehelfe auf Basis einer ausreichenden medizinischen Grundversorgung und die Aufzahlungsmöglichkeit durch den Patienten, wenn er Sonderwünsche hat, geben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Vergessen Sie Ihr Taferl nicht!)

21.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.16

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Präsident Fiedler! Hohes Haus! Wieder einmal hat Herr Pumberger, wie üblich, alles schlechtgemacht und herabgewürdigt. (Die Rednerin entfernt die von Abg. Dr. Pumberger angebrachte Tafel. – Beifall des Abg. Dr. Khol.)

Es war nicht nötig, diesen Rechnungshofbericht zu fordern, denn es war bereits alles vom Hauptverband in Auftrag gegeben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) Es wurde ein Gesamtvertrag ausgehandelt. Sie behaupten jedoch wie üblich, daß alles schlecht ist. Sie haben einen Arzt, der in einem Naheverhältnis zu einem Politiker steht, schlechtgemacht. Sie haben damals, im Jahr 1996, einen leitenden Angestellten schlechtgemacht. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie locker Herr Pumberger mit seinen Verleumdungen ist. Er hat mich hier gröblichst verleumdet. Ich konnte zu jedem Wort beweisen, daß es der Unwahrheit entsprochen hat. Aber das machen Sie immer wieder, das ist Ihre Methode! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.)

Er hat mich damals mit seinen Anwürfen verleumdet, das kann ich beweisen. Diese Anwürfe waren außerdem völlig falsch, denn eine Körperschaft öffentlichen Rechts kann jemandem nicht etwas anderes auszahlen, als in der Dienstordnung steht. Sie recherchieren überhaupt nicht, Sie behaupten einfach! Das kennen wir – und jetzt will ich mich gar nicht weiter mit Ihnen beschäftigen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Bereits Ende der achtziger Jahre hat sich der Hauptverband um einen Gesamtvertrag mit der Bundesinnung der Bandagisten und der Orthopädietechniker bemüht. Die besonderen Anstrengungen des Verhandlungsteams in den Jahren 1994 und 1995 mündeten im Frühjahr 1996 in einen Gesamtvertrag mit dem Inhalt einer österreichweiten qualitätsgesicherten, gleichartigen Produkt- und Preisgestaltung mit Berücksichtigung der Kostenkontrolle. Dies führte natürlich zu Unruhe auf dem Markt und im weiteren zu einer parlamentarischen Anfrage, die zu diesem Prüfbericht führte.

Betreffend Heilmittel stelle ich fest, daß aufgrund der Senkung der Handelsspannen bereits 1995, also vor Ihrer Dringlichen Anfrage, Einsparungen von 500 Millionen Schilling und im Rahmen des Finanzkonsolidierungspaketes 1996 Einsparungen von zusätzlich 725 Millionen Schilling erzielt wurden. Sowohl im Bericht als auch in der Ausschußdebatte gab es Forderungen, die massive Kostensteigerungen für die Sozialversicherung bedeuten könnten. – Ich bin jedes Mal verwundert bis auch verärgert, wenn der Rechnungshof sich nicht auf die Prüfung beschränkt, sondern uns auch Ezzes gibt. Der Gesetzgeber wird wohl über die ausreichenden intellektuellen Fähigkeiten verfügen, um die richtigen Schlüsse aus einem Bericht ziehen zu können! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Aumayr.)

Der Rechnungshof hat sich offensichtlich mit Hilfe von Magazinen medizinisch über die Homöopathie weitergebildet, denn der Herr Präsident hat uns im Ausschuß mitgeteilt, daß er meint, daß mit der Krankenkassenverschreibung von Homöopathika Kosten einsparbar wären. – Die Aufnahme von Homöopathika, deren Wirksamkeit mit wissenschaftlichen Methoden nicht bewiesen ist, ist kein Nullsummenspiel!

Es wurde im Ausschuß auch festgestellt, daß der Oberste Sanitätsrat die Homöopathie anerkannt hat, und ich möchte das zitieren: "Der Oberste Sanitätsrat betont aber, daß, wie bei ähnlichen therapeutischen Maßnahmen, die suggestive Wirkung der Homöopathie sowie anderer Heilmethoden nicht unterschätzt werden darf." – Er spricht also von der Placebowirkung, und ich meine, daß es schon ein Glück ist, wenn ein Medikament nur eine Placebowirkung hat, denn nicht alle Homöopathika sind derart harmlos. In der Internistengesellschaft gab es zwei Fallberichte über die Einnahme homöopathischer Appetitzügler als Ursache für pulmonale Hypertension.

Prinzipiell ist das Verschreiben von Medikamenten der Ökonomieliste auf Krankenkassenrezepten bei Spitalsentlassungen oder durch Ambulanzen eine Serviceverbesserung für die Patienten. Die Spitäler selbst verwenden nicht ausschließlich Medikamente der Ökonomieliste, sondern die für sie preisgünstigsten. Die Chefarztpflicht für nur 3 Prozent der Heilmittel ist unumgänglich, weil die den Beitragszahlern verpflichtete Sozialversicherung mit den ihr anvertrauten Mitteln sorgsam umzugehen hat; in besonderen Fällen hat sie eine Einzelfallprüfung vorzunehmen.

Daß Ärzte, die in keinem Vertragsverhältnis zur Sozialversicherung stehen, Krankenkassenrezepte verschreiben dürfen, ist meiner Ansicht nach rechtlich bedenklich.

Die Tabellen des Berichtes waren sehr interessant. In Wien, wo die Chefärzte für die Versicherten leichter erreichbar sind, gab es wenige Chefarztrezepte als in Tirol oder Vorarlberg. Daß Krankenkassen mit älteren Versicherungsnehmern mehr Ausgaben haben, ist logisch. Eigenartig ist die Tabelle über Heilbehelfe, gemäß welcher manche Versicherungen weniger für Gläser mit Brillenfassung bezahlen als ohne. Da die Beamten Gläsern mit Fassung den Vorzug geben, nehme ich an, daß dieser Betrag hinzugerechnet wird.

Wer glaubt, daß Selbstbehalte kostensenkend wirken, muß auf die Beamtenschaft blicken. Trotz Selbstbehaltes haben sie die höchst Frequenz an Arztbesuchen, die höchsten Fallkosten, sie sind nicht gesünder, denn sie benötigen mehr Heilbehelfe, orthopädische Schuhe, Hörgeräte und andere Hilfsmittel.

Der Umstrukturierungsprozeß in bezug auf Heilbehelfe hat zu massiven Einsparungen geführt. Der Hauptverband ist bestrebt, ein aufzahlungsfreies Sachleistungssystem aufzubauen. Dies erfordert Verträge mit der Interessenvertretungen. Eine qualitätsgerechte Produktevielfalt liegt im Interesse der Patienten. Die Produkteinreichung erfolgt ausschließlich bei der Sozialversicherung, die Produkte werden von einem seit 1997 tätigen Fachbeirat geprüft, dessen Vorsitzende die Universitätsprofessoren Poigenfürst und Kotz sind.

Ein Gesamtvertrag wurde entworfen und bereits von 22 Krankenversicherungsträgern mit folgenden Grundsätzen umgesetzt:

Erstens: Erstellung einer auf die Funktion bezogenen Systematik.

Zweitens: Markterhebung durch die Sozialversicherungsträger über angebotene Produkte.

Drittens: österreichweite Qualitäts- und Eignungsprüfung.

Viertens: Entwicklung eines Preisbildungssystems; gegen direkte Verrechnung sind nur das billigste Produkt sowie jene bis 10 Prozent teureren abgebbar.

Fünftens: Beseitigung der intransparenten Aufzahlung bei Abgabe anderer oder veränderter Produkte.

Die Sozialversicherung erfüllt somit ihre Aufgaben zukunftsweisend und korrekt. Wir Sozialdemokraten sind mit dieser Entwicklung zufrieden. (Abg. Dr. Pumberger: Fragen Sie die Patienten!) Vielleicht sind Ihre Patienten mit Ihnen nicht zufrieden! Das kann ich mir schon vorstellen! Die Wiener Patienten sind zufrieden!

Wir sind uns unserer politischen Verantwortung bewußt. Wir fordern nicht verschärfte Kontrollen und beklagen gleichzeitig den bürokratischen Aufwand. Wir rufen nicht nach Verschärfung des Selbstbehaltes, sondern nach systematischen Kontrollen. Wir haben ein effizientes, herzeigbares Gesundheitssystem zum Segen für unsere Bevölkerung. Wir werden es vor ungerechtfertigten Angriffen schützen und weiter zeitgemäß ausbauen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

21.25

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Pittermann! – Sie hört jetzt nicht zu. Ich sage es ihr lieber persönlich; ich glaube, das ist besser.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Sonderbericht des Rechnungshofes über Heilmittel und Heilbehelfe gibt uns erneut Gelegenheit, über die Vergabepraxis und über die Preisgestaltung, die in erster Linie dem Hauptverband der Sozialversicherungen obliegt, zu diskutieren. Eklatante Mängel auf diesem Gebiet traten bereits 1996 aufgrund eines Berichtes des Sozialministeriums zutage. Mein Vorredner, Herr Dr. Pumberger, hat das schon bestätigt. Wenn man den vorliegenden Bericht mit dem Bericht 1996 vergleicht, so ist weitere Kritik angebracht und keine Lobhudelei, wie sie soeben durch meine Vorrednerin vorgebracht wurde.

Wenn es auch im Überprüfungszeitraum durch den Rechnungshof Verbesserungen gab – zum Beispiel wurden überhöhte Preise korrigiert und einige Einsparungen vorgenommen –, so kann man keinesfalls zufrieden sein. Auch heute muß man sich ernsthaft fragen, warum der Hauptverband der Sozialversicherung über Jahrzehnte nicht in der Lage war, zeitgemäße Verträge abzuschließen, und warum er die so hochgepriesene Preisgestaltung durch die Preiskommission der Sozialpartnerschaft, wodurch es jahrelang zu überhöhten Preisen kam, duldete.

Es liegt aber auch ein Versäumnis des obersten Aufsichtsorgans vor, denn das Gesundheitsministerium hat es jahrelang versäumt, sich mit der Preisgestaltung der Heilmittel und Heilbehelfe auseinanderzusetzen. Durch dieses Versagen, meine Damen und Herren, wurden über viele Jahre hinweg die Bürger dieses Landes als Beitragszahler zur Kasse gebeten, was nicht gerechtfertigt ist.

Frau Ministerin! Ich habe bereits im Ausschuß auf die Ursachen der überhöhten Preisgestaltung aufgrund ungerechtfertigter Preisabsprachen, fehlender Wirtschaftlichkeit und fehlenden Kostenbewußtseins bei den Sozialversicherungsträgern hingewiesen, und ich wiederhole heute, daß die Ursachen in monopolistischen und proporzbesetzten Strukturen der österreichischen Sozialversicherung zu suchen sind.

Frau Ministerin! Ich weiß, daß Sie meine Meinung nicht teilen. Trotzdem glaube ich, daß sich eine moderne, sich der Zeit anpassende Sozial- und Gesundheitspolitik nicht weiterhin am herkömmlichen Kammerdenken orientieren darf, sondern daß in Zukunft wirtschaftliche Methoden im Management Platz greifen müssen. Das heißt, daß aus den Ämtern vor allem Serviceunternehmen gemacht werden sollen. Wir sollten uns daher von den Staatsmolochen verabschieden. In Zukunft brauchen wir im Gesundheitswesen mehr Transparenz, Vergleichbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Das kann aber nur durch freie Wahlmöglichkeit zwischen den Krankenkassen erreicht werden.

Frau Ministerin! Das Bild vom Schreckgespenst Deutschland in diesem Zusammenhang, wie Sie es im Ausschuß wieder einmal an die Wand gemalt haben, kann ich nicht nachvollziehen. Denn die Versicherungspflicht, wie wir Liberalen sie wollen, wird in den Niederlanden und in Skandinavien bereits mit ausgezeichneten Erfahrungen praktiziert. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie wissen das, Frau Ministerin, denn Ihre Beamten haben Anfang dieses Jahres an einem Kongreß über die EU-Sozialsysteme teilgenommen, und ich nehme an, daß sie Ihnen darüber berichtet haben. Sie konnten dort schwarz auf weiß sehen, daß die Wahlfreiheit und der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen Kosten verringern und nicht erhöhen.

Geschätzte Frau Ministerin! Ich erwarte mir daher von Ihnen, daß Sie die Sozialpolitik offensiv, kreativ und vielleicht auch neugierig betreiben und sich nicht mit althergebrachten Dogmen zufriedengeben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich weiß aus dem Ausschuß, daß Sie mit meiner Kritik am Bericht nicht konform gehen. Trotzdem halte ich es für sinnvoll, nochmals darauf einzugehen. Ich schätze Sie und Ihre Beamtinnen und Beamten als intelligente und sensible Menschen. Wären Sie dies nicht, könnten Sie Ihrer Aufgabe als Prüfer der Republik gar nicht nachkommen. Herr Präsident! Dennoch setzen die Bürgerinnen und Bürger dieser Republik und auch wir vom Liberalen Forum Erwartungen in Sie. Wir setzen diese Erwartungen auch aufgrund des gesetzlichen Auftrages in Sie, der an Sie ergangen ist. – Ich zitiere aus § 2:

Sie haben zu überprüfen, ob die Gebarung der Staatswirtschaft sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Weiters ist festgehalten, daß sich der Rechnungshof keinesfalls nur auf eine bloß ziffernmäßige Nachprüfung beschränken darf, sondern vielmehr verpflichtet ist, die Möglichkeit der Herabminderung oder Vermeidung von Ausgaben bei seinen Kontrollen wahrzunehmen. – Ende des Zitats.

Herr Präsident! Im Ausschuß haben Sie mir erklärt, daß Sie froh sein können, wenn der Hauptverband einige Ihrer Anregungen zumindest verbal aufgenommen hat. Sie sagten mir, daß Sie mit stärkerer Kritik weniger erreicht hätten, weil sich die Herren des Hauptverbandes dann auf den Schlips getreten gefühlt hätten. Herr Präsident! In Anbetracht dessen muß ich Ihnen klar sagen: Das entspricht nicht der Vorstellung des Liberalen Forums von einer kräftigen Kontrollbehörde! Denn für uns muß Rechnungshofkritik unangenehm und nicht zahnlos sein!

Herr Präsident! Erlauben Sie mir noch eine Frage. Laut einer heutigen APA-Meldung von 15 Uhr beruft sich "NEWS" auf einen Rohbericht aus Ihrem Haus: "Lehrerpaket brachte geringere Einsparungen als erwartet". – Ohne auf den weiteren Inhalt eingehen zu wollen, frage ich Sie: Warum gelangen Rohberichte zuerst in die Medien? Warum müssen wir Abgeordneten diese Rohberichte aus den Medien entnehmen? Und warum sind die meisten Rohberichte schärfer formuliert als die Endberichte? – Ich hoffe, daß ich von Ihnen auf diese drei Fragen heute noch eine Antwort bekomme! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß die im vorliegenden Sonderbericht enthaltenen, durchaus positiven Verbesserungsvorschläge des Rechnungshofes aufgenommen werden und daß Sie, Frau Ministerin, auch darüber hinaus Reformen im Bereich der Heilmittel und Heilbehelfe durch Strukturreformen in der Sozialversicherung insgesamt ermöglichen werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Die Redezeit ist auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.

21.33

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Frau Ministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß zugeben, daß der Antrag der Freiheitlichen auf Sonderprüfung der Gebarung der Träger der gesetzlichen Krankenversicherungen und des Hauptverbandes seine Berechtigung hatte; das muß man in aller Deutlichkeit feststellen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Meisinger.) Aber nicht wegen angeblicher Machenschaften, Skandale, Proporzbesetzungen und so weiter – davon war ja in diesem Antrag zwischen den Zeilen zu lesen –, sondern weil aufgrund der Prüfung durch den Rechnungshof eindeutig aufgezeigt wurde, daß man im Sozialversicherungsbereich mit weniger Bürokratie auskommen kann, mehr Flexibilität zu erwarten hat, und daß durch gewisse Systemänderungen auch große Preiseinsparungen möglich sind.

Es ist dem Rechnungshof zu verdanken, daß für die einzelnen Versicherten wirklich Einsparungen in der Höhe von Hunderten Millionen Schilling erreicht wurden ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Reden Sie zur SPÖ rüber! Die glauben das nicht!) Das wäre nie erreicht worden, hätte der Rechnungshof nicht geprüft.

Daß der Rechnungshof mit seinem Bericht ganz richtig liegt, hat die Debatte im Ausschuß bewiesen, ebenso wie die Debatte hier im Hohen Haus. Frau Kollegin Pittermann hat kritisiert, daß sich der Rechnungshof erlaubt hat, Empfehlungen abzugeben, während Frau Kollegin Motter vom Liberalen Forum kritisiert hat, daß der Rechnungshof in seinem Bericht zu lasch vorgegangen wäre. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte. Daher meine ich, daß dieser Rechnungshofbericht sehr wohl seine Bedeutung hat und daß der Rechnungshof die Mängel eindeutig aufgezeigt hat. (Zwischenruf des Abg. Smolle.)

Etwas beweist mir diese Diskussion im Haus und auch im Ausschuß: daß es wichtig ist, im Rechnungshof unabhängige Beamte zu haben (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen), und daß das Beamtentum beziehungsweise die Pragmatisierung in vielen Bereichen – Beispiel Rechnungshof – nicht angetastet werden darf. – Im Gegenteil: Wir müssen versuchen, diese Rechte auch auszubauen. Wohin würde das führen, wenn Abgeordnete beispielsweise versuchten, Berichte entsprechend zu beeinflussen? Daher steht die ÖVP zu diesem Beamtentum – vor allem im Rechnungshofbereich – und auch zur Pragmatisierung.

Ich möchte nun zu einzelnen Punkten Stellung nehmen:

Punkt 1: die amtliche Preisregelung. Diese Arzneimittel unterliegen der amtlichen Preisregelung, die Kompetenz hat das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Obwohl diese Preise amtswegig festgelegt werden können, wurde dies bis 1995, also bis zur Erstellung des Berichtes, nicht gemacht, sondern es wurden nur antragsmäßige Preisverfahren durchgeführt, und zwar in Richtung Preiserhöhung. Die Anbieter haben also beantragt, und diesem Antrag wurde entweder zur Gänze oder nicht zur Gänze stattgegeben, aber in Richtung Preiserhöhung. Erst nachdem der Rechnungshof das aufgezeigt hatte, wurden auch amtswegige Preisverfahren durchgeführt. Was ist dabei herausgekommen? – Eine preisdämpfende Wirkung. Allein daran merkt man, daß diese Möglichkeit – die Methode des amtswegigen Preisverfahrens – sehr wohl Sinn hat.

Das Argument der Frau Ministerin, daß Qualität ihren Preis hat, stimmt nur zum Teil, denn wir haben dann, als diese amtswegigen Preisverfahren durchgeführt worden sind, gesehen, daß sehr wohl eine Preisdämpfung möglich wäre.

Man könnte sehr viel mehr zu diesem Bericht sagen, aber ich möchte mich auf das wirklich Wesentliche beschränken.

Punkt 2: die Chefarztbewilligungen. Wir wissen, daß gewisse Medikamente in Österreich chefarztpflichtig sind, und zwar nach der Faustregel: sehr begehrliche oder sehr teure Medikamente. Eine Querschnittsprüfung durch den Rechnungshof hat gezeigt, daß diese Richtlinien des Hauptverbandes sehr oft umgangen werden oder schwer durchführbar sind.

Ein Beispiel: In einer entlegenen Ortschaft benötigt ein Patient ein bestimmtes Medikament, er geht zum Arzt, bekommt das Rezept und erhält das Medikament in der Apotheke. Im nachhinein erst gibt es dann den Stempel vom Chefarzt. – Ich glaube, das kann es nicht sein, und so war es auch nicht gewollt. Daher muß man sich überlegen, ob man da oder dort diese chefarztlichen Pflichten und Kontrollen nicht in einen anderen Bereich verlagern könnte. Es gibt ein Beispiel in Vorarlberg, wo positive Listen erstellt wurden, aus denen ganz klar ersichtlich ist, welche Medikamente pauschal – ohne Chefarztpflicht – für den Versicherten zugelassen sind.

Es gäbe noch sehr viele Beispiele dazu. Ich möchte nun aber auf ein nächstes Problem eingehen: auf das Rezepturrecht der Krankenanstalten. Dazu meint der Rechnungshof auch – ich weiß, das ist sehr umstritten und wird auch viel diskutiert –, daß man den Krankenanstalten das Rezepturrecht geben sollte, denn es kommt ja sehr oft vor, daß ein Patient, der im Krankenhaus war, nach Hause kommt und vom Arzt ein Medikament, das er im Spital bekommen hat, verlangt; der Arzt gibt es ihm im Regelfall, und im nachhinein soll das dann sanktioniert werden. Auch da, glaube ich, sollten wir mehr Flexibilität verlangen. Man könnte also Verhandlungen über die Einhaltung der Richtlinien über die ökonomische Verschreibeweise führen und darüber hinaus den Krankenanstalten das Rezepturrecht geben.

Die Bandbreite der Kostenbeiträge ist heute schon diskutiert worden. Da gibt es Gott sei Dank schon einige Bestrebungen zur Vereinheitlichung, einiges wartet noch im Wartesaal. Ich bin guter Dinge, Frau Ministerin, daß wir auch da weitere Schritte setzen werden können.

Nun zu dem Thema, das Frau Abgeordnete Motter im Ausschuß angesprochen hat: Pflichtversicherung versus Versicherungspflicht. Die ÖVP bekennt sich zum Prinzip der Pflichtversicherung, weil erstens jeder Mensch, unabhängig von seinem sozialen Status, einbezogen ist – ohne Rücksicht auf Risken. Zweitens besteht zwar keine Wahl, aber der einzelne ist auch keiner Willkür ausgesetzt. Drittens ist es nachweisbar, daß in unserem System die Verwaltungskosten weitaus niedriger sind als in dem vom LIF propagierten Versicherungspflichtsystem.

Es gibt in diesem Zusammenhang ja ein weiteres Thema: die Diskussion, ob man Versicherungsträger zusammenlegen soll oder nicht. Dazu gab es 1992 die Häussermann-Studie mit 907 empfohlenen Maßnahmen. 706 dieser Maßnahmen wurden bereits umgesetzt. Einige davon befinden sich in Umsetzung. Die Sozialversicherungsträger haben sich in Richtung Bürgerfreundlichkeit verändert.

Abschließend möchte ich sagen: Ich glaube, die Prüfung des Rechnungshofes war berechtigt. Es gab und gibt immer noch immense Einsparungspotentiale. Die ÖVP bekennt sich zum System der Pflichtversicherung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Wünschen Sie eine bestimmte Zeit eingestellt? (Abg. Dr. Gabriela Moser: 3 Minuten! Wegen der Kollegin Langthaler!) – Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

21.42

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofs! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat ja schon die Hymne auf den Rechnungshof angestimmt; da ist kein Ton hinzuzufügen, ich unterstreiche das sicherlich.

Wesentlicher als die Kontrolltätigkeit des Rechnungshofes ist, ob auch wirklich Konsequenzen aus dem gezogen werden, was der Rechnungshof an Kritik anbringt, was der Rechnungshof an Verbesserungsvorschlägen anbietet, was der Rechnungshof wirklich dringend umzusetzen empfiehlt. Frau Ministerin! Was haben Sie bis jetzt dazu getan, daß die Kosten der Heilmittel, die der Rechnungshof als zu hoch attestiert, wirklich gesenkt werden?

Es ist da zu lesen, daß Österreich, was den Fabrikspreis der Heilmittel anlangt, insgesamt die 12. Stelle einnimmt, während wir, was die Apotheken betrifft, nach vor auf die 9. Stelle rutschen, daß also die Spannen zu hoch seien. Ich weiß, das ist Verhandlungsgegenstand. Es muß auf jeden Fall mit Nachdruck darauf hingearbeitet werden, daß die Kosten für die Heilmittel in den Apotheken gesenkt werden, und daß wir in diesem Bereich mindestens die 12. Stelle, wenn nicht die 13. erreichen. Das ist jener Punkt, der die Umsetzung betrifft.

Der zweite Punkt: Es wurde bemängelt, daß im Bandagistenbereich eine gewisse Monopolstellung herrscht und bei den Angeboten zuwenig ausgeschrieben wird. Ich frage Sie wieder, Frau Ministerin: Was unternehmen Sie, damit mehrere Anbieter konkret ihre Vorschläge vorbringen können und Ausschreibungen in größerem Ausmaß erfolgen? Ich habe gehört, daß Behinderte teilweise überhaupt keine Wahlfreiheit haben, daß das Monopol in diesem Bereich sehr stark ist. Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse und im Sinne einer besseren Kostenstrukturierung muß doch endlich einmal ein Wettbewerb ermöglicht werden.

Nächster Punkt: Frau Ministerin! Was haben Sie unternommen, damit die Parallelimporte zu Einsparungen führen können?

Zur Chefarztpflicht hat mein Vorredner bereits Anmerkungen gemacht. Auch in diesem Bereich könnte unbürokratischer und daher kostenbewußter vorgegangen werden.

Eine letzte Frage – meiner Meinung nach auch die wichtigste –: Der Rechnungshof hat empfohlen, daß die Homöopathika in das Heilmittelverzeichnis aufgenommen werden. Frau Ministerin! Was haben Sie in diesem Zusammenhang bereits unternommen?

Abschließend bedanke ich mich beim Rechnungshof, und, Frau Ministerin, Ihnen möchte ich auch für die Umsetzung danken. – Wann ist es möglich? (Beifall bei den Grünen.)

21.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wallner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.45

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Bericht des Rechnungshofes zum Thema Heilbehelfe und Heilmittel zeigt, daß bereits vieles an Reformen gelungen ist, aber noch einiges an Reformarbeit zu leisten sein wird.

Ich denke aber trotzdem, daß es wichtig ist, festzuhalten, daß es aus sozialdemokratischer Sicht oberstes Ziel sämtlicher Reformen in der Krankenversicherung sein muß, daß alle Menschen – unabhängig von ihrem Einkommen – in gleicher Weise an den Fortschritten der Medizin teilhaben können. Bei Kostensenkungen muß natürlich immer auch die Qualitätssicherung im Vordergrund stehen.

Was waren die Kritikpunkte, die zu dieser Sonderprüfung durch den Rechnungshof geführt haben? – Nur zwei Schlagworte: unseriöse Praktiken und überhöhte Preise. Wer die Praxis kennt und sich den Bericht ansieht, weiß, daß diese Vorwürfe natürlich auch überzogen formuliert wurden. Es ist schon auch festzuhalten, daß Mißstände bereits beseitigt wurden und ständig notwendige Verbesserungen zum Wohle der Versicherten durchgeführt werden.

Meine Damen und Herren! Was konnte konkret seit 1996, seit dem Anlaß, der zur Rechnungshofprüfung geführt hat, verändert werden? – Die Koordinierungsbestrebungen wurden zum Beispiel in diesem Bereich intensiviert, um eine in ganz Österreich gleich hohe Qualität der Versorgung der Versicherten zu erreichen. So haben im Dezember 1996 in Anlehnung an den vom Hauptverband mit der Bundesinnung der Bandagisten und Orthopädietechniker ausgehandelten Gesamtvertrag 22 Versicherungsträger gleichartige Verhandlungen für den Bereich der Heilbehelfe und der Hilfsmittel abgeschlossen. Eine österreichweite Vereinbarung war letztendlich aufgrund der Verhandlungsergebnisse, die zu einer Bewegung auf dem Markt und zu neuen, regional günstigeren Angeboten geführt haben, nicht möglich, und daher war eine gesamtösterreichische Lösung zu diesem Zeitpunkt nicht sinnvoll. Mittelfristig ist aber aufgrund der bisherigen Entwicklung mit einer Konvergenz der Vertragssysteme zu rechnen.

Im Jahre 1997 wurde, wie vom Rechnungshof empfohlen, im Hauptverband ein Fachbeirat für Heilbehelfe und Hilfsmittel eingerichtet, welcher nach einer qualitativen Prüfung und unter Berücksichtigung ökonomischer Rahmenbedingungen Empfehlungen an die Versicherungsträger zur Umsetzung der diesbezüglichen Verträge gibt. Aufgrund der bewirkten Markttransparenz durch den Fachbeirat und der damit verbundenen Konkurrenzsituation und im Hinblick auf die vergleichbaren Produkte sind die Preise zahlreicher Artikel bereits spürbar gesunken. Das ist natürlich ein Vorteil für die Patienten.

So konnte aufgrund der bereits gesetzten Reformmaßnahmen beim Aufwand für Heilbehelfe und Hilfsmittel im Jahr 1997 erstmals ein Rückgang von 1,8 Prozent erzielt werden. Österreich – das wurde zum Teil schon diskutiert, dennoch ist ein gewisser Stolz hier durchaus angebracht – rangiert unter den 15 EU-Mitgliedstaaten an der erfreulichen 11. Stelle.

Meine Damen und Herren! Was den Bereich der Heilmittel betrifft, so haben die Pharmawirtschaft und die Sozialversicherung die Kosten in diesem Bereich durch zwei Maßnahmen deutlich gesenkt:

Erstens: 1995 wurde im Großhandelsbereich eine Senkung der Handelsspannen durchgeführt; die Einsparung beträgt 500 Millionen Schilling.

Zweitens: Der Hauptverband konnte im Zusammenhang mit notwendigen Finanzkonsolidierungsmaßnahmen für das Jahr 1997 ebenfalls Preissenkungsmaßnahmen in Abstimmung mit der Pharmawirtschaft erringen, und zwar in der Höhe von 725 Millionen Schilling.

Zusammenfassend muß man sagen, daß der Wille zur Durchführung notwendiger Adaptierungen im Bereich der Heilmittel und Heilbehelfe durchaus vorhanden ist. Es konnten zahlreiche Reformfortschritte verwirklicht werden. Der Rechnungshofbericht gibt sicherlich neue und wichtige Anstöße zu notwendigen weiteren Veränderungen zum Nutzen der Patienten, zum Nutzen der Menschen in unserem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

21.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort. – Bitte.

21.50

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es wurde ja schon hervorgehoben, daß unser Antrag auf Überprüfung der Sozialversicherungsanstalten durch den Rechnungshof seine Berechtigung hatte. Ich bin sehr froh darüber, daß das auch hier anerkannt wurde.

Man möchte meinen und vor allem auch wünschen, daß dieser Rechnungshofbericht auch wirklich dazu führt, daß sich Änderungen ergeben, und zwar zum Besseren der Patienten und auch der Sozialversicherungsanstalten, daß sparsamer gewirtschaftet wird und daß auch die Versorgung verbessert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Ministerin! Ich möchte Sie jetzt aber auf einige Mißstände aufmerksam machen, die trotz der Rechnungshofkontrolle weiter bestehen beziehungsweise neu entstanden sind.

Es ist nämlich so, daß aus dem Rechnungshofbericht teilweise falsche Konsequenzen gezogen worden sind. Die Kassen haben teilweise das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Ich nenne Ihnen einige Beispiele, die wirklich eine massive Kritik rechtfertigen. Ich würde Sie bitten, überprüfen zu lassen, ob das nun mit Absicht der Krankenkassen so geschieht oder nicht.

Während man sich zum Beispiel früher bei einem Institut mit allem versorgen konnte, wie beispielsweise Rollstuhl, Bett, Gehhilfe und so weiter, ist es jetzt so, daß die Sozialversicherungsanstalten mit den einzelnen Heilmittelfirmen Verträge über ein bestimmtes Gerät abgeschlossen haben. Das heißt, wenn man einen Rollstuhl braucht, kann man nur zur Firma – ich nenne jetzt Namen – Matzka gehen, braucht man eine Gehhilfe, muß man zur Firma Bständig gehen, braucht man ein Bett, dann muß man zur Firma XY gehen. Das heißt, wenn man drei oder vier verschiedene Heilbehelfe braucht, muß man von einer Firma zur anderen laufen. Was das für jemanden, der krank und behindert ist, bedeutet, können wir uns ja sehr gut vorstellen.

Da es in diesem Bereich bestimmt eine schlechtere Versorgung gibt, Frau Ministerin, würde ich Sie bitten, daß Sie sich dieser Sache annehmen. Möglicherweise ist das System billiger, aber nicht alles, was billiger ist, ist auch besser. (Abg. Koppler: Genau umgekehrt!) Ich glaube, da muß man etwas tun, denn ich finde es geradezu unmenschlich, die Leute von einer Firma zur anderen zu schicken.

Die Krankenkassen meinen, sie könnten besser kontrollieren, wenn sie nur eine Firma mit einem Heilbehelf versorgen. Ich gebe schon zu, daß es vielleicht einfacher ist, aber es ist gerade im Zeitalter des Computers und anderer technischer Einrichtungen für die Sozialversicherungsanstalten sicherlich auch möglich, gut zu kontrollieren, wenn die verschiedenen Firmen wie bisher auch verschiedene Heilbehelfe anbieten und die Patienten versorgen können.

Weiters ist nach meinen Informationen nach diesem Rechnungshofbericht eine neue Unwirtschaftlichkeit institutionalisiert worden, und zwar gibt es Ausschreibungen für bestimmte Geräte für einen Zeitraum von ungefähr zwei Jahren. Da werden Betten, Rollstühle und so weiter für zwei Jahre ausgeschrieben. Es wird der Zuschlag erteilt, und dann wird monatlich abberufen. Das hat wieder eine Schlechterstellung für die Befürsorgten zur Folge, denn in der Zwischenzeit, innerhalb der zwei Jahre, ergeben sich ja auch neue technische Entwicklungen. Da gibt es neue Rollstühle, neue Betten und so weiter. Abberufen wird aber aus dem zugeschlagenen Kontingent, aus dem, was eben vor zwei Jahren bestellt worden ist.

Dadurch kommen Firmen, die bei der ersten Ausschreibung nicht zum Zug gekommen sind, innerhalb der folgenden zwei Jahre nicht zum Zug, sie haben keine Chance mehr, sich am Wettbewerb zu beteiligen, und die Patienten kommen nicht in den Genuß der modernsten Artikel.

Herr Abgeordneter Wallner hat gemeint, alle Menschen sollen an den Fortschritten der Medizin gleichmäßig teilnehmen können. Ich gebe ihm recht. Es muß aber dafür Sorge getragen werden, daß auch gemäß der neuen technischen Vorrichtungen ausgeschrieben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, daß sich ein neuer Skandal abzeichnet, wenn sich auf den Gebieten, die ich erwähnt habe, keine Änderung ergibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser-Starrach. – Bitte.

21.54

Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Am 13. Juni 1996 wurde die Durchführung einer Sonderprüfung der Gebarung der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung einschließlich des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, insbesondere hinsichtlich der Heilmittel- und Heilbehelfe, unter Beachtung der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Organisationsstruktur beantragt. Das hatte seine Richtigkeit, wie mein Kollege Mag. Steindl schon ausgeführt hat.

Der wie immer ausgezeichnete Bericht des Rechnungshofes gibt wesentliche Empfehlungen ab. Durch verstärkte Kooperation der Versicherungsträger sollten bessere, günstigere Konditionen erwirkt werden. Ein Heilbehelfe- und Heilmittelbeirat sollte helfen. Die Versicherungsträger sollten Angebote selbst einholen, eventuell durch eigene Ausschreibungen und Direktkäufe wesentliche Verbilligungen erreichen können. Die Einlösung der Wahlarztrezepte sollte entbürokratisiert und damit auch die Langzeitmedikation erleichtert werden. Bestimmte Homöopathika sollten ins Heilmittelverzeichnis aufgenommen werden. – Alles in allem praxisnähere, patientenfreundlichere Richtlinien.

Wenn wir schon beim Verbessern und bei Vorschlägen sind, so möchte ich zwei familienpolitische Gedanken ansprechen: Die noch inoffizielle Stellungnahme zum Rechnungshofbericht vom September 1998 spricht die Abteilung für Pränatalmedizin an. Neben dem konventionellen geburtshilflichen Leistungsspektrum werden die Erkennung und Betreuung von Fehlbildungen, Erbkrankheiten und Chromosomenschäden, Therapie- und Behandlungsformen, insbesondere genetische Beratung, Ultraschalldiagnostik, Fruchtwasser-, Mutterkuchen- und Nabelschnurpunktation, angeboten. Die Abteilungen weisen höchste Betreuungskapazitäten auf. Die Auslastungen könnten aber noch größer sein, wenn die nicht nur bundesweit, sondern international anerkannten Abteilungen samt Labors für extracorporale Befruchtung, also für die In-vitro-Fertilisationsmethode, für die 3 000 Patienten pro Jahr in Österreich mit geringeren Kosten für die Sterilitätspatienten verbunden wäre.

Wir haben in Österreich ein vorbildliches Gesundheitssystem, aber leider ist die In-vitro-Fertilisationsmethode nicht darin enthalten. Trotzdem möchte ich das Los dieser Paare ansprechen und auch verbessern, besonders wenn nachweislich und schriftlich bei gleichzeitig bestehenden Erkrankungen wie Endometriose oder Kolpitis begleitende Therapien dazu mehrmals abgelehnt wurden.

Österreich ist neben Großbritannien und Schweden das knausrigste Land auf diesem Gebiet. Ich habe 1995 schon Verbesserungen in diese Richtung versprochen, darum spreche ich es auch heute noch einmal ganz dezidiert an. In Deutschland haben die Ärzte schon 1982 mit den Krankenkassen Sondervereinbarungen getroffen. Die Krankenkassen übernehmen die vollen Kosten für bis zu vier Behandlungszyklen. Etwa 20 Prozent der In-vitro-Fertilisationen sind von Erfolg gekrönt, eine Zahl, die beinahe schon mit der natürlichen Empfängnis vergleichbar ist. Die Erfolgsrate wird noch höher werden, weil die Forschung nicht lockerläßt.

Ich komme zum Schluß und möchte noch die zweite machbare Änderung ansprechen: Frauen, die kurz vor der Geburt stehen und – warum auch immer – in seelische Bedrängnis geraten, sollen die Möglichkeit haben, anonym Geburtsstationen aufzusuchen, bevor sie in Schock und Verzweiflung ihre Babys in Mülltonnen weglegen oder in Flüssen "entsorgen".

Leben könnte erhalten werden. Wieviel darf ein Leben kosten?, so lautet heute die Frage in einem Sonderbericht des "Kurier" über das ausgezeichnete Symposium "Zukunft der Gesundheit", das am 21. und 22. Oktober dieses Jahres in Zusammenarbeit mit dem ORF, "Österreich 1", der Industriellenvereinigung und der Europäischen Kommission veranstaltet wurde.

Es gibt so viele Adoptionswünsche und unerfüllten Kindersegen. Ärzte, Primarii und Klinikvorstände sehen aus ärztlicher Sicht kein Hindernis. Daher dürfen auch für uns in diesem Zusammenhang finanzielle Gründe kein Gewicht haben. – Wieviel darf ein Leben kosten? (Beifall bei der ÖVP.)

22.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

22.00

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Frau Bundesministerin! Wie sich herausgestellt hat, hat die von der freiheitlichen Fraktion in diesem Zusammenhang initiierte Tätigkeit des Rechnungshofes eigentlichen einen respektablen Einsparungseffekt gebracht.

Ich möchte allerdings Kollegin Pittermann entgegnen: Wie hätte es ausgesehen, wenn diese Einsparungseffekte schon 1959, nach der ersten Aufforderung des Rechnungshofes, die damals gültige Reichsliste für orthopädische Hilfsmittel neu zu gestalten und den damaligen Gegebenheiten anzupassen, eingetreten wären und nicht erst etwa 35 Jahre später, nach Zwischenkritiken bis hin zum Jahre 1989, als dieses Thema vom Rechnungshof meiner Ansicht nach absolut zu Recht gegenüber der Kärntner Gebietskrankenkasse moniert worden ist?

Ich glaube daher, daß Frau Kollegin Pittermann in diesem Punkt irrt. Es ist nämlich sehr wohl Aufgabe des Rechnungshofes, Empfehlungen an die Legistik zu geben, um Mißstände abzustellen und in entsprechender Form zu reagieren. Die Kritik trifft eigentlich nur uns voll. Wir, einschließlich Ministerium und Hauptverband, haben nämlich von 1959 bis 1996, also mehr als 35 Jahre, die Kritik des Rechnungshofes betreffend Neugestaltung insgesamt sowie auch betreffend Bedürfnisse der Behinderten nach einer Neugestaltung des Kataloges einfach negiert, Zustände gebilligt und toleriert. Zumindest aber konnte in den zwei Jahren, die seit dieser Zeit vergangen sind, etwa 1 Milliarde Schilling eingespart werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn ich das auf 35 Jahre zurückrechne, so muß ich sagen, hätten wir uns viele Reformen in diesem Bereich ersparen können und hätten uns vielleicht das eine oder andere, was auch die Kollegin Moser zu Recht für die Reproduktionsmedizin moniert hat, leisten können und nicht knausrig sein müssen. Und auch jene, die damals in der Regierung in diesen Ämtern waren und damit die Mitverantwortung seit 1959 getragen haben, sollen sich jetzt bei der eigenen Nase nehmen und sich eingestehen, daß die behauptete Knausrigkeit in diesem Bereich doch teilweise vielleicht auch hausgemacht ist.

Vielleicht lernen wir aus den Empfehlungen des Rechnungshofes für diesen Bereich jetzt einmal mehr als in den vergangenen Jahren. Denn eines muß uns bewußt sein: Der Rechnungshof ist nur so stark, wie das Parlament in der Mehrheit bereit ist, dessen Empfehlungen, Anregungen und Kritiken in entsprechender Form zum Durchbruch zu verhelfen.

Noch ein Wort aus meiner Sicht zur Homöopathie. Ich halte es schon lange für wünschenswert, daß die homöopathischen Produkte in die entsprechenden Listen aufgenommen und auch von der Gebietskrankenkasse oder anderen Kassen honoriert werden (Beifall bei den Freiheitlichen), und zwar aus zwei Gründen: Erstens weil ich die Homöopathie, ähnlich wie der Sanitätsrat, als sehr hilfreiche und zusätzliche komplementärmedizinische Behandlungsmethode mit hohen Erfolgschancen sehe und zweitens weil diese Maßnahme geeignet wäre, das Wirken der Scharlatane, die sich auf diesem Sektor breitgemacht haben, einzudämmen. Letzteres wäre im Interesse der Patienten und eines ordnungsgemäßen Umgangs mit einer verantwortlichen und wissenschaftlich fundierten Form der Homöopathie. So könnte verhindert werden, daß die Menschen an die neuen Gurus geraten, die schamlos die Patienten in den Bereichen, wo sie selbst bezahlen müssen, ausbeuten. Ich glaube nicht, daß die Homöopathie nur eine Angelegenheit für die reichen Bürger in diesem Land sein sollte, sondern für alle Bevölkerungsschichten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hums. – Bitte.

22.03

Abgeordneter Franz Hums (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Prüfbericht des Rechnungshofes enthält sicher weitestgehend konstruktive Kritik. Im übrigen entspricht er in den Feststellungen auch weitestgehend dem Untersuchungsbericht, der vom Sozialministerium bereits am 31. Oktober 1996 dem Parlament zugeleitet wurde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Der Bericht war windelweich! ) Sie können nachlesen, daß der Bericht weitestgehend nicht dem entspricht, was von den Freiheitlichen am 13. Juni 1996 hier behauptet wurde.

Wenn jetzt so getan wird, als wäre das Ganze von den Freiheitlichen initiiert worden, dann möchte ich doch daran erinnern: Am 13. Juni 1996 waren die Maßnahmen zu Kosteneinsparungen ohne Qualitätsverlust und die strukturellen Maßnahmen, die zur Konsolidierung der Finanzen der Krankenversicherungen geführt haben, längst eingeleitet. Diese wurden bereits in den Jahren 1994, 1995 und 1996 eingeleitet, waren teilweise vor der Beschlußfassung und teilweise schon wirksam. Diese Maßnahmen haben im übrigen dazu geführt, daß die Krankenversicherungen, von denen Frau Dr. Povysil am 13. Juni 1996 erklärt hat, daß sie dem Konkurs nahe sind, heute wieder eine aktive Gebarung ohne Qualitätsverlust haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Etwas muß uns klar sein: Die Medizin kann erfreulicherweise immer mehr, und die Menschen leben erfreulicherweise immer länger. Zum Nulltarif wird es das aber nie geben! Es ist aber eine permanente Herausforderung – und niemand kann sagen, daß etwas perfekt ist –, ständig weitere Verbesserungen und Kostensenkungen ohne Qualitätsverlust durchzuführen. Das wird immer notwendig sein. Und diese Möglichkeiten der Medizin wollen wir, im Gegensatz zu anderen Ländern, allen unabhängig von ihrem Alter und ihrem Einkommen zur Verfügung stellen! (Beifall bei der SPÖ.) Die entsprechenden Maßnahmen waren 1996 bereits eingeleitet und wirksam, sonst wäre es heute doch nicht so!

Ich hätte erwartet, daß wenigstens ein einziger Abgeordneter von den Freiheitlichen, die damals von Konkurs und von all dem geredet haben, anerkennend feststellt – aber vielleicht kommt es noch –, daß in diesem Zusammenhang Positives geschehen ist. – Wir müssen uns bei dieser Gelegenheit auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Krankenversicherungen und bei den Mitarbeitern im Bereich des Sozialministeriums bedanken! (Beifall bei der SPÖ.)

Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch etwas festhalten: Am 13. Juni 1996 haben Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, hier völlig unqualifiziert den Generaldirektor-Stellvertreter des Hauptverbandes, Dr. Probst, angegriffen, ihm quasi mafiose Handlungen unterstellt und Unredlichkeit vorgeworfen. Der vorliegende Rechnungshofbericht beweist, daß nichts davon wahr war! Im Gegenteil! Dr. Probst hat massiv dazu beigetragen, daß die Krankenversicherungen, die Sie damals bereits totgeredet haben, heute wieder so gut dastehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe damals Dr. Haider, der jetzt nicht hier ist, gesagt, daß ich von ihm erwarte, daß er sich, wenn sich bei den Prüfungen herausstellt, daß diese Angriffe auf Dr. Probst unrichtig waren – und das hat sich mehr als hundertprozentig herausgestellt –, im Sinne von Fairneß und Korrektheit hier in diesem Haus bei Dr. Probst für diese Angriffe vom 13. Juni 1996 entschuldigt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was aufgedeckt wurde, ist Ihnen nicht wichtig? Entschuldigen Sie sich für die Mißwirtschaft!) Sie haben noch Redner auf der Liste. Frau Dr. Povysil! Ich hoffe, Sie werden nicht anstehen, sich beim Generaldirektor-Stellvertreter des Hauptverbandes zu entschuldigen und damit stellvertretend bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Hauptverband und in den Sozialversicherungsträgern, die keinesfalls unredliche Handlungen begangen haben, sondern die, im Gegenteil, die Sozialversicherung so führen, wie man es kaum in einem anderen Land findet.

Frau Abgeordnete Motter! Ich schätze Ihre Beiträge immer sehr. Zu Ihrem Vergleich mit Deutschland möchte ich allerdings sagen: Vergleichen Sie bitte die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge und die Qualität der Leistungen in Deutschland und bei uns! (Beifall bei der SPÖ.) Dann werden Sie feststellen: Wir haben eine Krankenversicherung mit Spitzenleistungen! Und das soll auch in Zukunft so bleiben, wobei wir nicht verschweigen, daß es immer notwendig ist, weiter zu verbessern und auf konstruktive Kritik einzugehen. Daher danke ich auch den Mitarbeitern und dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes sehr herzlich! (Beifall bei der SPÖ.)

22.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Pumberger gemeldet. Ich mache ihn auf die Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte.

22.08

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Hums hat behauptet, daß bereits vor unserer Dringlichen Anfrage am 13. Juni 1996 alle Schritte eingeleitet wurden, die zu einer Kostensenkung und Kostenreduktion geführt haben.

Ich stelle tatsächlich richtig, daß im Bericht des Sozialministers Hums vom 31. Oktober 1996 auf Seite 16 folgendes nachzulesen ist:

"Da die Umsätze im Großhandels- und Apothekenbereich im Jahre 1995 und insbesondere in den ersten vier Monaten 1996 überdurchschnittliche Zuwächse zeigten, hat sich der Hauptverband mit Schreiben vom 29. Juli 1996" – also deutlich nach dem 13. Juni 1996! – "an die Frau Bundesminister für Gesundheit und Kosumentenschutz mit dem Ersuchen gewandt, eine neuerliche Spannensenkung im Drogengroßhandels- und Apothekenbereich zu prüfen." (Abg. Hums: Eine neuerliche Senkung!) Das ist klar nachher!

Weiters heißt es – ich zitiere –: "Das im Heilmittelbereich für das Jahr 1997 angenommene Einsparungspotential für 1997" – also ein halbes Jahr nach dem 13. Juni 1996! – "in der Höhe von einer Milliarde Schilling soll neben der bereits behandelten Senkung der Handelsspanne durch engere Preisbänder bei gleich wirksamen Präparaten erreicht werden."

All das steht in diesem Bericht! All das sollte also erst geraume Zeit nach unserer Dringlichen Anfrage wirksam werden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Hums.)

22.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte.

22.09

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Hums, daß die Einsparungen der Sozialversicherungen ohne Qualitätsverlust vorgenommen wurden, ist unrichtig. Das werde ich Ihnen im Verlauf meiner Rede noch beweisen. Im übrigen hat uns der Rechnungshof in unserer Kritik betreffend Heilmittel und Heilbehelfe vollinhaltlich recht gegeben.

Ich wollte heute eigentlich ein umfangreiches Thema im Zusammenhang mit den Sozialversicherungsanstalten, nämlich die Chefarztpflicht, behandeln, habe mich jetzt aber auch aufgrund der begrenzten Redezeit dazu entschlossen, Ihnen einen Fall zu schildern, der zeigen soll, wie die Einsparungen ohne Qualitätsverlust in den Sozialversicherungen wirklich vor sich gehen. Ich möchte Ihnen den Fall einer Patientin schildern, einer Dame, die ich persönlich sehr gut kenne; daher kenne ich auch diesen Fall gut.

Es geht dabei um eine ältere Dame, die ein unheilbares Augenleiden hat und langsam, aber sicher fast blind werden wird. Diese ältere, blitzgescheite und aktive Dame hat sich zuerst an den Kassenvertragsarzt, ihren Augenarzt, gewendet, der dieses Leiden bestätigt hat. Sie ist dann zu einem Spezialisten in Wien gegangen, der dieses Leiden ebenfalls bestätigt hat. Die Diagnose war gleichlautend. Sie hat sich im AKH in Linz operieren lassen, soweit es noch möglich war, und auch dort wurde diese Diagnose wieder bestätigt.

Sie war also bei drei verschiedenen Ärzten, und deren Diagnose wurde jedes Mal bestätigt. Dann ist sie zum Optiker gegangen. Der Optiker hat sie darauf hingewiesen, daß die Gebietskasse, da bei ihr eine Brillenkorrektur nicht mehr möglich ist, es ihr möglich machen würde, einen Lesecomputer zu bekommen. Sie ist, wie gesagt, blitzgescheit, kann aber aufgrund ihres Leidens nicht mehr lesen. Mit einem sehr hellen, lichtstarken Computer und großer Vergrößerung bestünde für sie die einzige Möglichkeit, noch lesen zu können. Sie hat diesen Computer über ihren Optiker beantragt. Was hat sich dann aber ereignet?

Sie wurde von der Krankenkasse zum Vertrauensarzt der Krankenkasse, der in einem Spital tätig ist, geschickt. Sie hatte bereits drei Gutachten über die gleichlautende Diagnose, auch eines von einem Kassenvertragsarzt der Krankenkasse, der aber offensichtlich nicht Vertrauensarzt der Kasse ist. Statt dessen wurde sie erneut zu einem Vertrauensarzt der Kasse, der in einem Spital tätig ist, geschickt, der sie fragte: Was tun Sie denn eigentlich da? – Er hat ihr aber natürlich diese Diagnose wieder bestätigt. Diese Diagnose ging dann wieder an den Optiker, und der Optiker gab die Information und die Diagnose seinerseits an die Gebietskrankenkasse weiter.

Dann geschah wochenlang nichts, absolut nichts. Schließlich kam von der Gebietskrankenkasse die Nachricht, daß ein Hausbesuch eines Mitarbeiters der Abteilung für Heilmittel dieser Krankenkasse stattfinden wird. Dieser Mitarbeiter, der nicht Arzt ist, mußte nun beurteilen, ob die Patientin den Computer zu Hause auch ordnungsgemäß aufstellen kann. Dieser Mitarbeiter kam, die Patientin wollte ihm die Wohnung zeigen, diese war ihm offensichtlich gleich ordentlich genug, und er hat das Ansuchen abgestempelt, hat gesagt, daß sie den Computer bekommt, und ist gegangen. Dann geschah wieder wochenlang nichts. Dann kommt er wieder, weil der Computer – wie sie benachrichtigt wurde – leider Gottes kaputt ist. Dann hat sie erneut gewartet, der Computer wird geliefert und angeschlossen, funktioniert jedoch nicht, muß leider wieder nach Wien transportiert werden, weil er nicht funktionsfähig ist.

Meine Damen und Herren! Diese Frau hat ein fortschreitendes Augenleiden! Diese Frau wird blind! Bis sie den Computer nach diesem Leidensweg, dieser Bürokratie und all den Schikanen bekommt, ist sie wahrscheinlich blind, möglicherweise auch schon tot. – Ich überlasse Ihnen die Beurteilung dieses Falles und die Beurteilung der Arbeit der Sozialversicherung selbst! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Koppler. – Bitte.

22.14

Abgeordneter Erhard Koppler (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu der tatsächlichen Berichtigung des Herrn Abgeordneten Pumberger kurz Stellung nehmen.

Herr Abgeordneter Pumberger, ich glaube, Sie haben Abgeordnetem Hums nicht zugehört, denn Herr Abgeordneter Hums hat nicht bestritten, daß es logischerweise immer wieder Einsparungsmaßnahmen geben wird. Er hat aber gesagt, daß Maßnahmen eingeleitet und auch durchgeführt wurden. – Das war die Aussage des Kollegen Hums. Ich bitte Sie, etwas genauer zuzuhören!

Frau Abgeordnete Povysil! Zur Schilderung Ihres Falles: Es ist schon möglich, daß es sich so zugetragen hat. Der Fall ist sehr bedauerlich, das gebe ich schon zu. Allerdings machen Sie genauso wie Abgeordneter Pumberger immer wieder den Fehler, daß Sie herauskommen und irgendeinen Fall schildern, den man nicht nachvollziehen kann, bei dem man nicht überprüfen kann, ob das so überhaupt stimmt. Bei von Abgeordnetem Pumberger geschilderten Fällen haben wir bereits festgestellt, daß einiges, was er hier dargestellt hat, gar nicht stimmt. (Abg. Dr. Pumberger: Nennen Sie ein Beispiel!) Allerdings möchte ich betonen, daß ich hoffe, daß der Fall, der soeben erläutert wurde, sich nicht so zugetragen hat, wie er geschildert wurde, denn das wäre sehr bedauerlich. Das sage ich sehr deutlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Sonderbericht über Heilmittel und Heilbehelfe hat klargemacht, wie wichtig eine starke Vertretung der Patienten und Versicherten im Gesundheitswesen ist. Wir Sozialdemokraten bekennen uns zur sozialen Krankenversicherung als Instrument, welches diese Vertretungsfunktion optimal wahrnehmen kann und auch – wie ich meine – wahrnimmt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Sonderbericht des Rechnungshofes über Heilmittel und Heilbehelfe kann auch ich aus meiner Sicht feststellen, daß Österreich bei den Medikamentenpreisen – das wurde schon ausgeführt – nach wie vor Handlungsmöglichkeiten hat, und die Bemühungen des Sozialministeriums und der Sozialversicherung haben bis jetzt gut gegriffen. Die Anstrengungen betreffend weitere Preissenkungen müssen mit Nachdruck weiterverfolgt werden. Dieses Anliegen ist umso wichtiger, als man weiß, daß die Medikamentenkosten bei den Krankenversicherungen derzeit zweistellige Zuwachsraten pro Jahr aufweisen.

Der Medikamentenpreis, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird aber nur ein Ansatzpunkt sein können. Ein ganz wesentlicher Grund für das ungebremste Ansteigen der Ausgaben für Medikamente liegt im Ersatz preisgünstiger Artikel durch entsprechende teure Artikel. Nun ist es zwar in Einzelfällen erklärbar, daß neuere, eben erst auf den Markt gekommene Artikel teurer sind als bereits etablierte. Diese Strukturverschiebung kann aber keine Einbahnstraße sein. Auch im Gesundheitswesen, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen Einsparungspotentiale genutzt werden. Die Devise im Gesundheitswesen muß Einsparung heißen, nicht Rationalisierung medizinischer Leistungen zu Lasten der Patienten!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Appell richtet sich vor allem an jene, die für die Verschreibung von Medikamenten verantwortlich sind. Ich glaube, alle müssen ihren Teil dazu beitragen, daß unser solidarisch finanziertes Gesundheitswesen funktionsfähig bleibt. Wir sollten unserer sozialen Krankenversicherung jene Instrumente in die Hand geben, die sie benötigt, damit folgende Ziele erreicht werden:

Bedürfnisorientierung: Jeder Patient bekommt nach dem letzten Stand der Medizin jene medizinischen Artikel, die er aufgrund seines Gesundheitszustandes braucht. Die notwendigen Artikel müssen möglichst kostengünstig bezogen werden. Das Finanzrisiko darf nicht dem Patienten aufgebürdet werden. Die Krankenversicherung muß das Preisrisiko bei der Bezahlung medizinischer Leistungen tragen. Im Gesundheitswesen muß die soziale Krankenversicherung in der Lage sein, zum Wohle der Patienten und der Versicherten aufzutreten. Daß uns das aus sozialdemokratischer Sicht besonders am Herzen liegt, brauche ich wirklich nicht zu betonen, denn das ist hinlänglich bekannt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte bei dieser Gelegenheit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der sozialen Krankenversicherung sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium sehr herzlich danken sowie auch dem Rechnungshof meinen herzlichsten Dank aussprechen. – Herzliches Glückauf! (Beifall bei der SPÖ.)

22.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Präsident des Rechnungshofes. – Bitte, Herr Präsident.

22.20

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Bevor ich mich dem auf der Tagesordnung stehenden Bericht zuwende, möchte ich auf eine Frage der Frau Abgeordneten Motter eingehen, die sich nicht unmittelbar mit dem Sonderbericht befaßt, sondern ganz allgemein Berichte oder Rohberichte des Rechnungshofes zum Gegenstand hat.

Frau Abgeordnete! Sie haben gefragt, woher der Rohbericht, der heute in der Zeitung gestanden ist, stammt. Ich nehme an, Sie meinen denselben Bericht, den ich in einer Zeitung gesehen habe, und möchte diesbezüglich festhalten: Es handelt sich dabei natürlich nicht um den Rohbericht des Rechnungshofes, sondern nur um einige Anmerkungen aus diesem Bericht. Und ich kann Ihnen sagen, daß für uns aus der Art und Weise, wie diese Zeitungsmeldung gehalten ist, klar ersichtlich ist, daß dieser Bericht aus dem betreffenden Ministerium stammt und daß die diesbezüglichen Nachrichten, die der Zeitung zugegangen sind, nicht vom Rechnungshof kommen.

Sie haben in diesem Zusammenhang betreffend Rohberichte des weiteren die Meinung vertreten, daß diese schärfer formuliert seien als die Berichte, die dann in den Nationalrat kommen. Frau Abgeordnete! Sie werden mir jeden diesbezüglichen Beweis schuldig bleiben müssen, dann das ist einfach nicht richtig. Tatsache ist allerdings, daß die sogenannten Rohberichte, die der geprüften Stelle zur Stellungnahme zugehen, noch keine Stellungnahme der geprüften Stelle enthalten und auch nicht enthalten können. Und weil im Rohbericht eben nur die Meinung des Rechnungshofes zum Ausdruck kommt, mag vielleicht der Eindruck entstehen, er sei pointierter formuliert, er sei schärfer gehalten. Das stimmt jedoch nicht. Im Gegensatz zu den Berichten, die im Nationalrat behandelt werden, sind diese Rohberichte noch ohne Stellungnahme, es fehlt also in diesen Berichten noch die Gegenposition, die von der geprüften Stelle aufgezeigt wird. So gesehen mag, wie gesagt, dieser falsche Eindruck entstehen. Die Formulierung des Rechnungshofes ist jedoch in jedem Falle gleich. Beziehungsweise ist im Bericht, der an den Nationalrat kommt, klarerweise im Sinne des "fair trial" auch noch Bedacht zu nehmen auf die Stellungnahme der geprüften Stelle. Die Behauptung, daß im Rohbericht eine andere Diktion verwendet werde, muß ich aber zurückweisen, denn dies stimmt nicht.

Ich glaube überhaupt, Frau Abgeordnete, daß wir weniger von der Form, dafür mehr vom Inhalt sprechen sollten. Ich meine, der Inhalt ist in den Vordergrund zu rücken, und gerade der vorliegende Bericht – jetzt darf ich mich wirklich nur diesem Sonderbericht zuwenden, den der Rechnungshof dem Nationalrat im Zusammenhang mit der Prüfung der Heilbehelfe und Heilmittel vorgelegt hat – ist ein sehr gutes Beispiel dafür, denn er ist inhaltsreich und hat Erfolge gezeitigt.

Der Rechnungshof hat einen Antrag, der aus dem Nationalrat gekommen ist, zum Gegenstand einer sehr umfangreichen Prüfung gemacht. Es wurden nicht weniger als 15 Sozialversicherungsträger geprüft, und darüber hinaus wurden auch Prüfungshandlungen im Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales gesetzt.

Der Rechnungshof hat bei dieser Prüfung eine Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt, die er in seinem Bericht sehr detailliert zum Ausdruck gebracht hat, beispielsweise die Tatsache, daß Preise überhöht sind, daß vor allem regional unterschiedliche Preise verlangt werden, für deren Unterschiede eine Nachvollziehbarkeit nicht gegeben war, und daß sich gewisse Bürokratismen in Verfahrensabläufe eingeschlichen haben. Als Beispiel sei in diesem Zusammenhang die Chefarztpflicht angeführt, zu der sich der Rechnungshof sehr ausführlich geäußert hat.

Natürlich hat der Rechnungshof, nachdem er diese Feststellungen getroffen hat, daraus seine Empfehlungen abgeleitet, denn es ist eine ganz wesentliche Aufgabe des Rechnungshofes im Zusammenhang mit seiner Berichtserstellung, Empfehlungen auszusprechen. Das soll gerade in diesem Hause nicht bestritten werden. Er hat seine Empfehlungen nicht nur sehr deutlich dargestellt, sondern er konnte darüber hinaus Genugtuung darüber empfinden, daß diesen Empfehlungen zum Teil sogar bereits während der Prüfung von seiten der geprüften Stellen nachgekommen wurde. Ich bin nicht der Meinung, daß ein anderes Vorgehen des Rechnungshofes im Zusammenhang mit diesen Empfehlungen beziehungsweise mit der Formulierung dieser Empfehlungen ein besseres Ergebnis hätte erzielen können.

Frau Abgeordnete Motter! Jetzt darf ich wieder Sie ansprechen: Ihnen war der Bericht des Rechnungshofes zuwenig scharf formuliert. Ich möchte in diesem Zusammenhang bemerken, daß sich der Bericht in der Diktion nicht von anderen Berichten des Rechnungshofes unterscheidet, möchte aber wieder in den Vordergrund stellen, daß es entscheidend ist, ob die Kritik, die der Rechnungshof übt, konstruktiv ist, ob die Empfehlungen, die er abgibt, umsetzbar sind, ob sie realistisch sind, ob in kooperativer Zusammenarbeit mit den geprüften Stellen etwas bewegt werden kann und ob sich Erfolg einstellt. Wieder geht Inhalt vor Form, und es kann nicht sein Bewenden damit haben, daß ein Bericht des Rechnungshofes unangenehm ist. Vielmehr hat der Rechnungshof natürlich besonderen Wert darauf zu legen, daß sich aufgrund eines Berichtes merkbarer Erfolg einstellt, und auch insofern war gerade dieser Bericht ein gutes Beispiel dafür, daß die Tätigkeit des Rechnungshofes höchst erfolgreich gewesen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Bereits im Zuge der Prüfung konnten Einsparungen von rund 100 Millionen Schilling erzielt werden, und in weiterer Folge wurden Einsparungen von über 700 Millionen Schilling erzielt. Das ist weit mehr als das Doppelte von zwei Budgets des Rechnungshofes. – Das sage ich, um einmal auf diese Art und Weise einerseits den Stellenwert zum Ausdruck zu bringen, den der Rechnungshof budgetär besitzt, und andererseits den Erfolg aufzuzeigen, den er durch diese eine Prüfung erzielen konnte.

Ich glaube, man sollte diesen sehr großen Erfolg den Beamten des Rechnungshofes in jeder Beziehung danken, vor allem damit, daß man die Existenzgrundlage des Berufsbeamtentums im Rechnungshof nicht angreift, sondern den Prüfern die Gewißheit gibt, daß ihre Unabhängigkeit gewahrt bleibt und niemand daran denkt, diese Unabhängigkeit, die von den Prüfern bei der Prüfung so sehr geschätzt wird und die sie benötigen, in Frage zu stellen.

Die Prüfung stellt im Hinblick auf den Erfolg, der sich eingestellt hat, meines Erachtens nach zweierlei unter Beweis, einerseits die Effizienz des Rechnungshofes und die Qualität der Prüfer des Rechnungshofes und andererseits, welche Einsparungspotentiale im öffentlichen Sektor gegeben sind. (Beifall bei der ÖVP.) Und ich schließe mich einigen meiner Vorredner, auch Herrn Abgeordneten Koppler, an, wenn ich klarstelle, daß es im Zusammenhang mit dem Wort "Einsparungspotentiale" nicht darum gehen kann, die Leistungen zugunsten der Versicherten zu schmälern, sondern daß es darum geht, dort, wo es möglich ist, Leistungen ökonomischer zu erbringen, diese Möglichkeiten zu nützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube daher, daß diese Prüfung ein sehr gutes Beispiel dafür ist, daß durch die Kooperation zwischen dem Nationalrat, von dem dieser Prüfungsauftrag ja ausgegangen ist, dem Rechnungshof und den geprüften Stellen, die sich bereits während der Prüfung und auch danach bei der Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofes sehr einsichtig gezeigt haben, für die Republik etwas erreicht werden kann. Damit stellt sich letztlich für den Steuerzahler, für den der Rechnungshof da ist, ein Erfolg ein, denn es sind seine Steuergelder, die auf diese Art und Weise eingespart werden können, es sind seine Steuergelder, für die der Rechnungshof tätig wird, und es sind seine Steuergelder, auf die wir alle ein Auge zu werfen haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei den Freiheitlichen.)

22.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Apfelbeck. – Bitte.

22.28

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich danke dem Herrn Rechnungshofpräsidenten für die Erläuterungen, die er uns soeben gegeben hat. Aus Zeitmangel setze ich aber jetzt bei den Ausführungen des Kollegen Haupt fort, der die ARGE Orthopädie angesprochen hat. Diese ARGE Orthopädie wurde vom Schwiegersohn des Innungsmeisters, Dr. Ivanic, gegründet. Diese ARGE arbeitete aber auch schon vorher ohne offiziellen Auftrag, aber mit Genehmigung des Hauptverbandes an einem Bandagen- und Prothesenkatalog. Diese ARGE, die an der Privatadresse des Dr. Ivanic angesiedelt war, bot diesen Katalog gegen vorherige Zahlung von 3 000 S auf dessen Konto an, und erst nach Eingang dieser Zahlung erhielten die Firmen von der ARGE auch die Ausschreibungsunterlagen. Für jedes eingereichte Projekt mußte bezahlt werden, für die ersten zehn je 5 000 S, für die nächsten zehn je 4 000 S und für alle darüber hinaus eingereichten je 3 000 S, zahlbar, wie gesagt, auf das Konto von Dr. Gerd Ivanic. Das ist im Rechnungshofbericht unter Punkt 29 nachzulesen. Firmen, die nicht bezahlen wollten, wurden in diesen Katalog einfach nicht aufgenommen, deren Produkte konnten also kaum mehr abgesetzt werden. – Bei der Mafia nennt man das "Schutzgeldzahlungen".

Für mich stellt sich auch noch eine andere Frage: Warum gibt es verschiedene Versicherungsleistungen je nach Bundesland, aber gleiche Beitragszahlungen? Warum ist ein burgenländischer Versicherter nur halb soviel wert wie ein Versicherter in einem anderen Bundesland? Das halte ich für einen menschlichen Skandal, Frau Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Versichert wird in Österreich nicht der Mensch gemäß seiner Leistung und seinem Leiden, sondern gemäß seinem Geburtsort, Wohnort oder Arbeitsort.

Warum bekommt ein Bauer für sein Hörgerät einen Zuschuß von 7 000 S, ein bei einer Steiermärkischen Gebietskrankenkasse Versicherter aber 14 000 S und ein bei einer Wiener Gebietskrankenkasse Versicherter den gesamten Hörapparat bezahlt? Ich frage Sie: Ist das Hörvermögen eines Bauern dem Staat so viel weniger wert als das eines Wieners?

All diese Neuregelungen haben den Sozialversicherungen eine Ersparnis gebracht, den Bandagisten aber höhere Erlöse zugesichert. Dies alles ist aber zu Lasten der Versicherten erfolgt, meine Damen und Herren. Es besteht zu Recht der Vorwurf, daß der Hauptverband nicht die Interessen der Versicherten wahrgenommen hat – frei nach dem Motto: Was Unrecht ist, muß auch Unrecht bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

22.33

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Man kann es drehen und wenden, wie man will: Bereits vor der Sonderprüfung des Rechnungshofes, die im Jahre 1996 begann, bemühten sich die Sozialversicherungsträger um eine Umstrukturierung und um Maßnahmen für dauerhafte Kostensenkungen.

Die Verhandlungen der Sozialversicherung mit den Vertragspartnern, die bereits 1994 begonnen haben, haben wegen der beabsichtigten Preisreduzierungen zu erheblicher Unruhe am Markt und als Folge zur genannten Rechnungshofprüfung geführt. Die Sozialversicherung konnte aber noch vor der Rechnungshofprüfung Erfolge bei der Kostensenkung verbuchen, wie dies schon von Frau Abgeordneter Pittermann ausgeführt wurde.

Die Prüfung durch den Rechnungshof bewirkte, daß verschiedene Bereiche der Sozialversicherung aufgezeigt wurden, in denen Handlungsbedarf besteht. An der Beseitigung der im Rechnungshof genannten Defizite sowie an der Einbeziehung der vom Rechnungshof geäußerten Anregungen wurde bereits während des Prüfungsvorganges gearbeitet. Auch da konnten in reformwürdigen Bereichen wesentliche Erfolge erzielt werden. Es stimmt nicht, daß es, wie behauptet wurde, keinen Gesamtvertrag gibt. Es wurde ein Gesamtvertrag ausgehandelt.

1997 wurde auch der Fachbeirat für Heilbehelfe und Hilfsmittel eingerichtet. Es wurde auch der Empfehlung, Ausschreibungen und Direkteinkäufe verstärkt zu nutzen, Rechnung getragen.

In einigen Bereichen gibt es natürlich noch Reformbedarf. Ein Bereich sind die chefärztlichen Genehmigungen. Nicht, daß sie abgeschafft werden sollten, sondern – wie bereits ausgeführt – die konkrete Abwicklung sollte erleichtert werden.

Der Reformbedarf bei den Kostenbeiträgen für Heilbehelfe und Hilfsmittel, bedingt durch die riesigen Preisunterschiede, wurde auch schon erwähnt. Die Sozialversicherung sollte eine differenzierte und flexible Vorgangsweise hinsichtlich der Vertragsabschlüsse wählen und damit eine starre Bindung vermeiden. Sie muß im Sinne ihrer Beitragszahler alle Preis- und Marktvorteile nutzen, das heißt, je nach Marktlage unterschiedliche Einkaufspolitiken anwenden.

Einige Methoden dazu: zum Beispiel Ausschreibungen, zum Beispiel Kooperationen für den Einkauf bestimmter Produkte, wobei die speziellen Kompetenzen einzelner Träger für bestimmte Produkte genutzt werden können. Der Gesamtvertrag – wenn dieser sinnvoll erscheint – sollte aber flexibel im Sinne eines Rahmenvertrages gestaltet werden, um zu vermeiden, daß die Bindung des Vertragspartners Sozialversicherung von Monopolisten ausgenützt werden kann. Dieser Ansatz entspricht auch den Empfehlungen der erst kürzlich durchgeführten Organisationsanalyse der Sozialversicherung, die vorschlägt, Synergien zu nutzen, den Hauptverband dazu zu veranlassen, daß er die Kooperationen koordiniert und Dienstleistungs- und Kompetenzzentren schafft, deren Ergebnisse für die gesamte Sozialversicherung genutzt werden sollen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß innerhalb der Sozialversicherung viel geschehen ist, sowohl vor der Prüfung durch den Rechnungshof als auch als Ergebnis dieser Prüfung, um ein Optimum für die Sozialversicherung, vor allem aber für die Beitragszahler zu sichern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte.

22.37

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzte Herren Präsidenten! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich zuerst bei jenen Damen und Herren, die im Rechnungshofausschuß gewesen sind, für die dort stattgefundene intensive gemeinsame Diskussion bedanken und betonen, daß ich wirklich den Eindruck habe, daß sehr viele Detailfragen, sehr viele konkrete Beispiele, die der Rechnungshof zu Recht aufgezeigt hat, qualifiziert aufgearbeitet werden konnten.

Ich möchte mich auch dafür bedanken, daß Sie in Ihren Debattenbeiträgen auf verschiedene, ganz konkrete Ergebnisse, die während des Prüfungsverfahrens, aber auch in der weiteren Folge eine konkrete Umsetzung der Empfehlungen und der Schlußbemerkungen des Rechnungshofberichtes mit sich gebracht haben, eingegangen sind.

Ich glaube, daß es auch wichtig ist, darauf zu verweisen – der Herr Präsident des Rechnungshofes hat es heute auch erwähnt –, daß bereits während des Prüfverfahrens eine Reihe von Veränderungen, eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt wurden beziehungsweise manches, was der Rechnungshof angeregt hat, bereits in Vorbereitung gewesen ist, sodaß konkrete Schritte gesetzt werden. (Abg. Smolle: Wer’s glaubt, wird selig, Frau Ministerin!)

Ich konnte auch im Rechnungshofausschuß auf die Frage, was von den Schlußbemerkungen, was von den Empfehlungen des Rechnungshofes umgesetzt wurde, zu den einzelnen Punkten konkret sagen, daß entweder der eine oder andere Punkt bereits erledigt oder in der Phase der Erledigung ist oder die Vorbereitungsarbeiten zur Erledigung stattfinden.

Ich glaube, sehr geschätzte Damen und Herren, daraus ist erkennbar, daß die Damen und Herren unserer Sozialversicherung, aber auch die Damen und Herren meines Ressorts die Hinweise, Empfehlungen und auch die Kritik von Ihnen und dem Rechnungshof sehr ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! ich möchte nicht wiederholen, was in der Debatte von Ihnen bereits zum Ausdruck gekommen ist, ich möchte aber ein paar Punkte herausgreifen.

Es wurde zum Beispiel im Jahr 1995 erreicht, die Handelsspannen von 20 Prozent auf durchschnittlich 17 Prozent zu senken, was Einsparungen von rund 500 Millionen Schilling gebracht hat. Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser hat auf die internationalen Preisvergleiche verwiesen. Erlauben Sie mir, Ihnen diesen internationalen Vergleich vielleicht noch etwas ausführlicher, umfassender und informativer näherzubringen. In diesem Vergleich liegt Frankreich mit Pro-Kopf-Ausgaben von 2 459 S absolut an der Spitze. Österreich liegt mit 1 224 S im Vergleich mit den 15 europäischen Ländern an zehnter Stelle. Der Durchschnitt in der Europäischen Union beträgt 1 608 S. Sie sehen also, daß wir bei diesem Vergleich sehr preisgünstig und sehr kostenbewußt abschneiden.

Mit 18 Medikamentenpackungen pro Kopf liegt Österreich im Vergleich von 15 europäischen Ländern an neunter Stelle. Also auch da liegen wir wirklich sehr günstig im oberen Bereich – im positiven Sinn. Mit dem durchschnittlichen Apothekenverkaufspreis pro Packung liegt Österreich ebenfalls an neunter Stelle, knapp über dem europäischen Durchschnitt. Sehr geschätzte Frau Abgeordnete Dr. Moser! Ich glaube, Sie haben die Kaufkraftparitäten nicht berücksichtigt. Wenn diese berücksichtigt werden, dann liegt Österreich an der sehr günstigen zwölften Stelle.

Ich glaube, sehr geschätzte Damen und Herren, diese Zahlen sind allgemein nicht so geläufig, sodaß es doch wichtig war, das Hohe Haus davon in Kenntnis zu setzen.

Erlauben Sie mir, ohne zu wiederholen, was von Ihnen schon gesagt wurde, kurze Bemerkungen zu der Frage der chefärztlichen Genehmigung: Ich glaube, es ist wichtig, zu erwähnen, daß nur 3 Prozent der Leistungsausgaben der Krankenversicherungsträger der chefärztlichen Genehmigung unterliegen. Trotzdem sind die einzelnen Träger bemüht, permanent Erleichterungen und Veränderungen in der konkreten Abwicklung vorzunehmen. Es wurde auch das Instrument der Langzeitbewilligung eingeführt. Dieses Instrument soll im Sinne der Patienten auch weiter forciert werden.

Ich hoffe, daß Sie mir zustimmen, daß die chefärztliche Genehmigung als solche trotzdem auch für die Zukunft sehr wichtig ist, weil dadurch eine gewisse Kontrollmöglichkeit, ein gewisser Überblick, aber auch eine gewisse Steuerungsmöglichkeit durch die Sozialversicherung gegeben sind und das Verantwortungsbewußtsein mit dem Umgang von versicherten Mitteln ja entsprechend sichergestellt sein muß.

Sehr geschätzte Damen und Herren der Freiheitlichen Partei! Erlauben Sie mir festzuhalten: Die ARGE Orthopädie und der Hauptverband hatten nie eine Beziehung zueinander. Das wurde seinerzeit klargestellt. Es hat auch in der weiteren Folge keine Geschäftsbeziehung gegeben und wird sicher auch in Zukunft keine geben.

Geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir ein Beispiel zu bringen. Frau Abgeordnete Povysil hat von einer alten Dame gesprochen. Ich kenne auch eine alte Dame, sie ist 88 Jahre alt und hat ihr Sehvermögen auf beiden Augen fast verloren. Sie hat sich nach langem Zögern entschlossen, im Wiener Hanusch-Krankenhaus zu fragen, ob mit ihren 88 Jahren und bei dieser geschwächten Sehkraft überhaupt noch etwas zu machen ist. Die Ärzte haben gesagt, sie würden es auf einem Auge versuchen. – Der Eingriff war erfolgreich, und die Sehkraft wurde auf dem einen Auge deutlich verbessert.

Ohne daß die Patientin irgend etwas von sich aus gemacht hätte, hat nach drei Wochen der zuständige Arzt des Hanusch-Krankenhauses bei ihr angerufen und gesagt, die Chance für das zweite Auge sei nicht sehr gut, aber er wolle es dennoch probieren. – Auch die Operation des zweiten Auges brachte einen gewissen Erfolg, nämlich eine verbesserte Sehkraft.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich bin stolz darauf, daß unser System, unser Gesundheitswesen einer 88jährigen Mindestrentnerin diese Leistung bietet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

22.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet, daher ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-136 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Berichtes stimmen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit beschlossen.

Damit haben wir den 10. Punkt der Tagesordnung erledigt.

11. Punkt

Regierungsvorlage: Änderungen der Liste in Anlage I zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (1399 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Von einer Vorberatung im zuständigen Ausschuß wurde gemäß § 28a GOG Abstand genommen. Daher kommen wir sogleich zur Debatte dieser Vorlage.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.

22.45

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zur Regierungsvorlage selbst ist ob ihres formalen Charakters nichts zu sagen. Die Klimakonferenz in Buenos Aires läuft bereits, und mir fällt auf, wie sehr sich die Situationen ähneln.

Im Jahre 1997 vor Kyoto haben die Amerikaner massiv blockiert, und es war zu befürchten, daß diese Konferenz kein oder ein unbefriedigendes Ergebnis bringen würde. Es wurde auch schon vorab dementsprechend kommentiert. Es ist dann aber doch gelungen, ein sehr respektables Ergebnis zu erzielen. Ich erinnere mich als einer, der – so wie auch Kollegen aus anderen Fraktionen – dort persönlich anwesend war, an ein sehr professionelles Agieren unseres Umweltministers Martin Bartenstein in den Verhandlungen.

Ich erinnere mich auch mit Freude noch an eine äußerst couragierte und sehr gute Rede unseres Umweltministers, in der er vor allem die Verantwortung der Amerikaner massiv eingefordert hat. Letzten Endes hat das Ganze zu einem Ergebnis geführt, das sogar dir, Frau Kollegin Langthaler, in deinen öffentlichen Aussagen Respekt abverlangt hat und gelobt worden ist. Ich glaube, das ist mit ein Verdienst unseres Umweltministers Martin Bartenstein gewesen. (Beifall bei der ÖVP.)

Martin Bartenstein hat im Anschluß daran gemeinsam mit Professor Schleicher und anderen Fachleuten ein konkretes Umsetzungspaket geschnürt und für Österreich auch ein recht hohes Reduktionsziel festlegen lassen. Ich bedauere in diesem Zusammenhang, daß wir bei der Umsetzung dieses Paketes im Augenblick etwas ins Stocken geraten, weil uns der Herr Finanzminister jene 100 Millionen Schilling blockiert, die die Kommunalkredit dringend brauchen würde, um bei der nächsten Kommissionssitzung noch in diesem Jahr jene wichtigen Projekte genehmigen und verabschieden zu können, die uns im Bemühen um Klimaschutz einen Schritt weiterbringen würden. Ich möchte von dieser Stelle aus an den Herrn Finanzminister dringend appellieren, im Sinne des Klimaschutzes, im Sinne der Umsetzung des Kyoto-Paketes diese Blockade der 100 Millionen Schilling fallenzulassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch etwas zur Konferenz in Buenos Aires: Ich und die drei mir folgenden Redner werden wieder das Vergnügen haben, dort persönlich anwesend zu sein und gemeinsam mit Umweltminister Bartenstein nicht nur die Verhandlungen zu verfolgen, sondern auch Einfluß darauf zu nehmen. Ich erinnere mich an Gespräche in Kyoto mit amerikanischen Vertretern des Kongresses, wie sie zunächst noch eine massiv ablehnende Haltung geäußert und am Schluß dann aber doch ein respektables Ergebnis akzeptiert haben.

Ich glaube, jetzt haben wir eine ähnliche Situation, wenngleich die Erwartungen nicht allzu hoch geschraubt werden dürfen. Die Amerikaner versuchen natürlich wieder, ähnlich wie bei der letzten Konferenz, zu blockieren, zu verhindern. Ich bin aber durchaus zuversichtlich, daß es uns, vor allem unserem Umweltminister, der in einer koordinierten EU-Position als Verhandlungsführer der EU dort hinfährt, gelingen wird, die Amerikaner, die Japaner wieder daran zu hindern, jene Schlupflöcher aufzusuchen, die sie in der Umsetzung gerne aufsuchen würden.

Ich bin also zuversichtlich. Wichtig ist vor allem, daß der Diskussionsprozeß zur Verbesserung der Klimasituation in Gang gehalten wird. Ich bin zuversichtlich, daß unser Herr Minister Bartenstein wieder einen ganz entscheidenden Beitrag dazu leisten wird. Wir werden das in wenigen Tagen mitverfolgen können. Ich glaube, wir sollten ihm jede Unterstützung geben, die wir ihm nur geben können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

22.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte.

22.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Abgeordneter Kopf hat es schon erwähnt: Die Vorlage selbst ist eigentlich einen Debattenbeitrag nicht wert. Der Zusammenhang gibt uns jedoch sehr wohl die Chance, uns wieder einmal daran zu erinnern, daß das Hohe Haus das Rahmenübereinkommen im Jahr 1994 ratifiziert und damit klare Pflichten für die Republik Österreich übernommen hat.

Wir haben im Zuge dieses Rahmenübereinkommens nationale und regionale Programme zu schaffen und zu erarbeiten und sie auch umzusetzen. Teile davon sind bereits bearbeitet, der Nationale Umweltplan hat international Beachtung gefunden und ist ein gutes Instrument.

Wir haben uns hier im Hohen Haus auch mehrmals zum Toronto-Ziel bekannt. Wir haben uns dazu bekannt, bis zum Jahre 2005 die Treibhausgase drastisch reduzieren zu wollen. Das sind nur mehr sechs Jahre, und ich denke, ich bin mittlerweile der einzige, der das Toronto-Ziel noch verficht und noch glaubt, daß es umsetzbar ist. Es ist tatsächlich machbar, auch heute noch machbar!

Dieses Rahmenübereinkommen stellt auch eine Basis für jene Konferenzen dar, die Kollege Kopf bereits angeschnitten hat: Es war die Basis für die Konferenz von Kyoto, es ist die Basis für die Konferenz von Buenos Aires. Kyoto hat diese minus 13 Prozent von 1990 gebracht. Das ist völkerrechtlich verbindlich und daher auch umzusetzen.

Es ist klar, daß nur mit einer gemeinsamen nationalen Kraftanstrengung diese hohe Ziel erreicht werden kann. Wir brauchen den Bund, wir brauchen die Gemeinden. Über 140 Gemeinden haben sich zum Klimabündnis bekannt, haben sich dazu bekannt, in ihrer Kommune 50 Prozent der Treibhausgase einzusparen.

Bei den Ländern ist die Erfolgsbilanz nicht so groß. Den Ländern wurden finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Einige Länder haben diese finanziellen Mittel genutzt, um Effekte zu erzielen, andere nicht. Der Herr Bundesminister setzt noch immer auf 15a-Verträge. Ich glaube nicht, daß diese 15a-Verträge in einer kurzen Zeit zustande kommen, und meine, wie das Kollege Kopf angesprochen hat, daß dieses Gesamtkonzept – wenn es das gibt – vorgelegt werden soll.

Finanzminister Edlinger verlangt und ersucht seit länger Zeit dringend um dieses Gesamtkonzept. Es gibt einen Schriftverkehr, der laut meinen Aufzeichnungen mit 22. Juli dieses Jahres beginnt und auf Gespräche vom 24. September des Vorjahres Bezug nimmt. Seit über einem Jahr ist klar, daß ein professionelles Projektmanagement stattfinden muß und der Finanzminister nur dann bereit ist, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, wenn ein klares, nachvollziehbares und auch in Zahlen ausdrückbares Gesamtkonzept auf dem Tisch liegt. Aus der Sicht des Finanzministers ist das meiner Ansicht nach verständlich; aus der Sicht des Umweltministeriums bitte ich, dieses Projekt vorzulegen, wenn es fertig ist.

Zum Abschluß noch zwei kurze Anmerkungen zu den letzten Diskussionen. Wir hören immer wieder: Da wir an der CO2-Emission nur mit 0,4 Prozent beteiligt sind, ist der Beitrag Österreichs nicht wesentlich. Ich glaube, wir sollten uns nicht auf die Basis dieser Diskussion begeben. Der Beitrag ist wesentlich. Der Beitrag jedes einzelnen Landes ist wesentlich. Nur wenn alle Länder dieser Welt ihren Beitrag leisten, kann das Klima stabilisiert werden.

So verwundert es mich auch, daß es in Amerika angeblich 15 000 Experten gibt, die noch daran zweifeln, ob überhaupt ein Klimawandel stattfindet. Ich finde diesen Zweifel anläßlich der aktuellen Ereignisse durch die Hurrikans in Nicaragua und Honduras stark.

Meine Damen und Herren! Das Kyoto-Protokoll ist heute von 59 Staaten unterschrieben. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind noch nicht dabei. Ein Staat hat das Kyoto-Protokoll auch bereits ratifiziert – verständlicherweise die Fidschi-Inseln, die in Kyoto massiv angemerkt haben, daß sie Sorge haben, daß ihr Land untergeht.

Ich hoffe, daß in Buenos Aires die Spielregeln vereinbart werden. Ich hoffe, daß nach dem Abschluß der Konferenz von Buenos Aires die Zahl der Ratifikationen zunehmen wird. Nomen sei Omen: Ich hoffe, daß Buenos Aires ein Fortschritt für eine gute Luft in dieser Welt wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei den Grünen.)

22.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.

22.56

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erlaube mir, aus dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen den Artikel 3 zu zitieren, der lautet:

"Die Vertragsparteien sollen auf der Grundlage der Gerechtigkeit und entsprechend ihren gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und ihren jeweiligen Fähigkeiten das Klimasystem zum Wohl heutiger und künftiger Generationen schützen."

Und die entscheidende Aussage: "Folglich sollen die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, bei der Bekämpfung der Klimaänderungen und ihrer nachteiligen Auswirkungen die Führung übernehmen."

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist meines Erachtens die entscheidende Aussage: Die entwickelten Länder sollen die Führung übernehmen! In den Verhandlungen, die jetzt im Vorfeld von Buenos Aires gelaufen sind, gibt es bereits die Diskussion über die sogenannten flexiblen Mechanismen, die nichts anderes als eine Diskussion über zukünftigen Ökoimperialismus bedeutet. Über flexible Mechanismen soll verhindert werden, daß man Ziele im eigenen Lande erreichen muß. So kann man sich seine Reduktion in anderen Ländern erkaufen. Auch unser Bundesminister ist nicht abgeneigt, solchen flexiblen Mechanismen in einem bestimmten Ausmaß zuzustimmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß das dem Artikel 3 dieses Rahmenübereinkommens ganz klar widerspricht, wenn da steht – und ich wiederhole es –: "Folglich sollen die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, bei der Bekämpfung der Klimaänderungen und ihrer nachteiligen Auswirkungen die Führung übernehmen" – und nicht in Form eines Ökoimperialismus ihre gesamte Verantwortung abwälzen und sich bei den Entwicklungsländern die Reduktionspotentiale kaufen und im eigenen Land so weitermachen wie bisher. (Abg. Ing. Langthaler: Das haben Sie falsch verstanden!)

Nein, nein, ich habe das nicht falsch verstanden. Natürlich geht es nach wie vor um Emission-trading in einer bestimmten Form. Man kauft sich halt die Reduktionspotentiale dazu. Das gibt es schon noch. In Rußland kann man es nicht kaufen. Rußland hat ein gewaltiges Potential, das zu kaufen ist. (Abg. Ing. Langthaler: Rußland ist nicht wirklich ein Entwicklungsland!) Darauf beziehe ich mich, und das sollte meiner Ansicht nach in dieser Form nicht stattfinden. Ich glaube, da sollten wir schon einer Meinung sein. Minister Bartenstein geht eben nicht mit dieser Position an die Sache heran und sagt: Diesen Handel darf es nicht geben. – Er sagt, man müsse halt schauen, daß dieser Handel nur in einer begrenzten Form stattfindet. Ich glaube, daß das dem Artikel 3 widerspricht und deshalb abzulehnen ist. (Abg. Kopf: Du hast vorhin von den Entwicklungsländern gesprochen!)

Was Österreich in den Verhandlungen fordern muß, ist kein von Bartenstein angekündigter Aktionsplan über die Spielregeln dieser flexiblen Mechanismen, sondern die Ausschaltung der Schlupflöcher. Darum sollte es gehen, Karlheinz! Durch den EU-Vorsitz hat er nämlich wirklich die Position, etwas zu erreichen. Er vertritt ja jetzt sogar 28 Länder. Wenn er sich mit dem Gewicht dieser 28 Länder auf den Artikel 3 beruft, dann müßte er auch einen entsprechenden Verhandlungserfolg erzielen können.

Ich frage mich, ob er wirklich hundertprozentiges Interesse daran hat oder ob er selbst, aus Österreich auch entsprechend instruiert, Interesse mitbringt, daß dieser begrenzte Handel mit Ländern, in denen die Industrie zusammengebrochen ist und dadurch ein gewisses Potential entstanden ist, betrieben werden kann. Ich glaube, daß das dem Artikel 3 widerspricht und daß deshalb die Position, mit der unser Bundesminister 28 Länder vertritt, nicht die beste ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Abgeordnete Langthaler. Dann kommen wir vermutlich zur Abstimmung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

23.00

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Eigentlich wäre es schön, wenn wir in der Woche, in der die Klimakonferenz in Buenos Aires stattfindet, im Hohen Haus das Protokoll von Kyoto ratifizieren und nicht nur eine Regierungsvorlage beschließen würden, die inhaltlich eigentlich nicht wirklich etwas mit der Klimadebatte zu tun hat. Aber es ist wenigstens ein Anlaß, in dieser Woche über ein wichtiges Thema zu diskutieren.

Herr Abgeordneter Kopf! Man muß sich schon ein bißchen bewußt sein, wie groß der Einfluß Österreichs bei so großen internationalen Konferenzen ist. Es ist natürlich schon wichtig, daß man im eigenen Land sehr viel tut. Gerade Österreich wäre prädestiniert dazu, seine Energiestruktur so zu ändern, daß erneuerbare Energieträger mehr zum Einsatz kommen. Ich möchte noch einmal daran erinnern: Offiziell haben wir noch immer das Toronto-Ziel im Auge, das heißt: minus 20 Prozent bis zum Jahre 2005 auf der Basis von 1988. – Davon sind wir meilenweit entfernt.

Aber wenn man sagt, daß Umweltminister Bartenstein in Kyoto tatsächlich irgend etwas getan hat, was plötzlich die Position der Amerikaner geändert hätte, dann ist das ein bissel zu anmaßend. Da sollte man die Kirche doch im Dorf lassen! Wirklich wesentlich ist hingegen die EU-Position. Aus meiner Sicht hat sich die EU allerdings gleich schlecht vorbereitet für die heurige Konferenz in Buenos Aires – leider, sage ich dazu – wie voriges Jahr für Kyoto.

Denn was hat sich voriges Jahr in Kyoto ereignet? – Die Amerikaner, die sich mit den Entscheidungsstrukturen viel leichter tun, weil sie nur eine Delegation haben, die meistens über eine sehr klare inhaltliche Position verfügt, sind mit Vorschlägen vorgeprescht, während die 15 EU-Länder immer unendlich lange brauchen, bis sie sich endlich auf einen gemeinsamen Nenner einigen können. Und anstatt daß die EU angefangen hätte, sich sofort nach Kyoto für Buenos Aires vorzubereiten und endlich wirklich konkret eine einheitliche Position zu finden, hat man monatelang nichts getan. (Abg. Kopf: Unsere Aufgabe ist das erst seit 1. Juli!) Ja, aber in der Troika sitzen wir schon seit Jänner!

Was haben die Amerikaner gemacht? – Die Amerikaner haben im Jänner Studien in Auftrag gegeben und Vorarbeiten geleistet. Die Amerikaner fahren zu solchen Konferenzen mit einer stringenten Position, die ich zwar nicht teile, denn ich halte die amerikanische Position für alles andere als ökologisch, aber sie haben wenigstens eine Position. Die Europäische Union hat hingegen wieder keine Position und wird sich in Buenos Aires zu meinem großen Bedauern abermals über den Tisch ziehen lassen.

Das sind vielleicht etwas trockene und für viele hier in diesem Saal leider nicht interessante Punkte. Aber Sie alle werden es noch zu spüren bekommen, denn in ein paar Jahren, wenn dieses Protokoll Wirklichkeit wird, werden sich die Energiekosten massiv verändern! (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Abgeordneter Schweitzer hat heute ein bißchen die Entwicklungsländer mit den Ländern Osteuropas verwechselt, die sich laut Spruch des Protokolls soeben im Übergang zur Marktwirtschaft befinden. Denn im Unterschied zu den Entwicklungsländern, die im Protokoll und in der Rahmenkonvention zu überhaupt nichts verpflichtet wurden, sind die Staaten Osteuropas Partner dieses Prozesses. Rußland kann zum Beispiel seine sogenannte heiße Luft wirklich verkaufen, und es wären unglaubliche Mengen an Geld, die dann zur Verfügung stünden. Ich nenne Ihnen nur einige Zahlen: Mehr als 4 Milliarden Dollar können für Rußland und mehr als 4 Milliarden für die Ukraine, Polen, Rumänien und Bulgarien zur Verfügung gestellt werden, die einen hohen Anteil an sogenannter heißer Luft haben, die sie theoretisch an Länder wie die Vereinigten Staaten verkaufen können.

Herr Abgeordneter Schweitzer! Es ist schon zu spät für die Diskussion, ob man es gut findet, daß es zu einem solchen "emission trading" im großen Stil kommen wird oder nicht. Diese Diskussion ist längst vorbei. Es ist im Protokoll festgehalten, daß es diesen Handel mit Emissionszertifikaten geben wird. Und es wäre jetzt die Herausforderung für die Europäische Union, ganz klare Positionen vorzugeben und die Spielregeln festzulegen, unter welchen Rahmenbedingungen man diesen Emissionshandel zulassen kann. Unsere Position ist klar. Wir sagen: 70 Prozent der Reduktionsmaßnahmen müssen im eigenen Land getroffen werden, 30 Prozent sollen für die sogenannten flexiblen Maßnahmen, auch für den Emissionshandel, freigegeben werden.

Ich persönlich glaube nämlich, daß man, wenn die Spielregeln ordentlich formuliert sind, mit Emissionshandel tatsächlich auch vernünftige Reduktionen erreichen und gleichzeitig einen positiven Beitrag zu einem Technologietransfer gerade nach Osteuropa, aber auch in die Entwicklungsländer, leisten kann. Ich bin bei bestimmten Spielregeln eindeutig für diesen Emissionshandel. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen festgelegt werden, und da vermisse ich eine einheitliche Position der Europäischen Union. Wir wissen, daß die Briten und die Niederländer diesbezüglich eine weit liberalere Auslegung haben als Länder wie Deutschland und Frankreich.

Ganz kurz zur österreichischen Situation: Man kann auf internationalen Konferenzen viel reden und verhandeln und ein schönes Protokoll nach Hause bringen. Wesentlich ist dann aber, was tatsächlich wie umgesetzt wird. Österreich hat sich zu relativ rigiden Maßnahmen entschlossen, hat aber bisher praktisch überhaupt nichts umgesetzt. Aus meiner Sicht wären vor allem zwei Maßnahmen notwendig: Erstens eine Kompetenzbereinigung in Österreich, das heißt eine wirkliche Stärkung des Umweltressorts im Bereich der Energiekompetenzen, damit der Umweltminister auf diesen internationalen Konferenzen nicht nur schön reden, sondern zu Hause tatsächlich etwas umsetzen kann, und zweitens eine Ökosteuerreform, die diesen Namen verdient. Denn es wäre wirklich fatal, wenn Österreicher der deutschen Entwicklung und darüber hinaus der Entwicklung in Europa nicht sehr schnell folgt und nicht sehr schnell eine Ökologisierung vornimmt, die entsprechende ökonomische Anreize bietet, daß tatsächlich weniger fossile Energieträger eingesetzt werden und mehr erneuerbare Energie zur Verfügung gestellt wird.

Ich habe noch Redezeit! Ich merke, daß das Thema für viele Abgeordnete sehr spannend ist. Das sehe ich an den Gesichtern. Der Abgeordnete Khol schläft schon ein. (Abg. Dr. Khol: Tatsächliche Berichtigung: Ich schlafe nicht!) In den paar Minuten an Redezeit, die ich noch habe, möchte ich ... (Abg. Dr. Fekter: Sie sprechen eben so, daß man einschläft!) Nein! Ich glaube eher, daß dieses Thema um diese Stunde für Sie nicht mehr so spannend ist, wie es eigentlich sein sollte. Internationale Konferenzen haben leider oft den Nachteil, daß deren Inhalt den Abgeordneten in den nationalen Parlamenten erst dann bewußt wird, wenn dieser auch hier unmittelbar in Verhandlung steht. Das spannende daran ist, daß das, was Sie hier alle in zwei, drei Jahren betreffen wird, jetzt in den nächsten Tagen in Buenos Aires ausformuliert werden wird. Und ich bin froh, daß der Umweltminister einen sehr positiven Punkt hier im Parlament eingeführt hat, daß er nämlich tatsächlich Abgeordnete von jeder Fraktion in der Delegation nach Buenos Aires mitnimmt, sodaß wenigstens einige wenige Abgeordnete dort dabei sein werden und dann hoffentlich mit großem Enthusiasmus die folgenden Maßnahmen hier im Hohen Haus umsetzen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

23.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Gemäß § 65 der Geschäftsordnung gelangen wir nunmehr zur Abstimmung.

Gegenstand ist die Genehmigung des Staatsvertrages: Änderungen der Liste in Anlage I zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, in 1399 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Staatsvertrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig. Der Staatsvertrag wurde einstimmig genehmigt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch diese Zustimmung erfolgte einstimmig.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag, daß die Fassungen des Staatsvertrages in arabischer, chinesischer, französischer, russischer und spanischer Sprache im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz dadurch kundzumachen sind, daß sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Vorgangsweise sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese Vorgangsweise ist einstimmig genehmigt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Aufmerksamkeit! Ich habe dem Protokoll entnommen, daß im Zuge der Debatte von heute früh im Zusammenhang mit dem Antrag der Liberalen, den Punkt 9 der Tagesordnung betreffend Ennsnahe Trasse vorzureihen, bei einer Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol Abgeordneter Dr. Haider im Zusammenhang mit der Parteiakademie der ÖVP den Zwischenruf getätigt hat: "Gestohlen habt ihr es!" – Ich habe das aus dem Protokoll festgestellt und erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Haider für diese Formulierung einen Ordnungsruf.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe noch gekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 920/A bis 924/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 5090/J bis 5128/J eingelangt.

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 5. November 1998, 9 Uhr ein.

Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 23.12 Uhr