Stenographisches Protokoll

152. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 4., und Samstag, 5. Dezember 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

152. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Freitag, 4., und Samstag, 5. Dezember 1998

Dauer der Sitzung

Freitag, 4. Dezember 1998: 9.00 – 24.00 Uhr

Samstag, 5. Dezember 1998: 0.00 – 1.17 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Mineralrohstoffgesetz – MinroG und Bericht über den Antrag 659/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend Bergrechtsreform

2. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr zum Thema "Verkehrspolitik im europäischen Zusammenhang"

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden

5. Punkt: Bericht über den Antrag 734/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz

6. Punkt: Bericht über den Antrag 894/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz über die Aufnahme in ein Dienstverhältnis bei den Europäischen Gemeinschaften und das Ausscheiden aus einem solchen Dienstverhältnis (EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz) und betreffend eine Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 und des Pensionsgesetzes 1965

10. Punkt: Bericht über den Antrag 845/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

11. Punkt: Bericht über den Antrag 967/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche-rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden

12. Punkt: Bericht über den Antrag 943/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend Sozialrechts-Änderungsgesetz 1998 – SRÄG 1998

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird

14. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden (Österreichischer Stabilitätspakt)

15. Punkt: Poststrukturgesetz-Novelle 1998

16. Punkt: 2. Dienstrechts-Novelle 1998

17. Punkt: Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Interna-tionalen Währungsfonds

18. Punkt: Bericht über den Antrag 945/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung österreichischer Beiträge zum von der Weltbank treuhändisch verwalteten HIPC-Treuhandfonds beziehungsweise zu international akkordierten Notstandshilfe- beziehungsweise Wiederaufbaufonds zur Linderung der durch den Wirbelsturm Mitch verursachten Katastrophe in Mittelamerika

19. Punkt: Bericht über den Antrag 800/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Vorlage eines Berichtes über erfolgte Budgetausgliederungen

20. Punkt: Bericht über den Antrag 958/A der Abgeordneten Doris Bures, Dr. Walter Schwimmer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird

21. Punkt: Erstattung von Vorschlägen für die Ernennung eines Mitgliedes und eines Ersatzmitglieds des Verfassungsgerichtshofes

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 16

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4554/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 35

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 98

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 98

Staatssekretärin Dr. Benita Maria Ferrero-Waldner 101

Dr. Jörg Haider 104

Dr. Martina Gredler 105

Karl Öllinger 106

Maria Rauch-Kallat 108

Antrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen, dem Gleichbehandlungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 146/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz, das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats, das Klubfinanzierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik und die Nationalratswahlordnung geändert werden (Förderung der Beteiligung von Frauen am politischen Leben), und über den Antrag 147/A betreffend die Schaffung der Möglichkeit einer sechsmonatigen Mandatszurücklegung für Abgeordnete aus Anlaß der Geburt eines Kindes, für das Sorgepflicht besteht, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 24. Feber 1999 zu setzen 35

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 35

Redner:

Mag. Doris Kammerlander 109

Dr. Elisabeth Hlavac 111

Rosemarie Bauer 112

Maria Schaffenrath 113

Karl Öllinger 114

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 115

Antrag der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 367/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 31. Jänner 1999 zu setzen 35

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 35

Redner:

Helmut Haigermoser 116

Dr. Kurt Heindl 118

Mag. Franz Steindl 119

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 120

Mag. Helmut Peter 121

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 122

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 517/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das B-VG und das Volksanwaltschaftsgesetz geändert werden, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 15. Dezember 1998 zu setzen 36

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 36

Redner:

Mag. Dr. Heide Schmidt 122

Ing. Erwin Kaipel 124

Mag. Cordula Frieser 125

Karl Smolle 126

Karl Öllinger 127

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 128

Antrag der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen, dem Verkehrsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 858/A (E) betreffend Einführung eines Gutpunkteführerscheins gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 20. Jänner 1999 zu setzen – Ablehnung 36, 235

Antrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen, dem Verkehrsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 954/A (E) betreffend Entwicklung eines gesamtösterreichischen Verkehrsgestaltungsplanes gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. Jänner 1999 zu setzen – Ablehnung 36, 235

Beschluß der Präsidialkonferenz betreffend den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr als Punkt 2 der Tagesordnung – keine Einwendungen 36

Absehen von der 24stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschußberichte 1543, 1544, 1545, 1546, 1548, 1547, 1549, 1550 und 1551 d. B. gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung 36

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 37

Unterbrechungen der Sitzung 38, 70, 138, 140, 233, 234

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen 69, 137

Verlangen gemäß § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung, bei der Abstimmung über einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Ergänzung des Berichtes des Justizausschusses (1529 der Beilagen) bezüglich Änderung des Mietrechtsgesetzes die Zahl der "für" und "gegen" Stimmenden bekanntzugeben 232

Aktuelle Stunde (33.)

Thema: "Nahversorgung – Opfer der Überreglementierung"

Redner:

Mag. Helmut Peter 16

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 19, 33

Klara Motter 21

Dr. Kurt Heindl 22

Ingrid Tichy-Schreder 23

Helmut Haigermoser 24

Dr. Gabriela Moser 26

Mag. Thomas Barmüller 27

Günter Kiermaier 29

Katharina Horngacher 30

Edith Haller 31

Dr. Alexander Van der Bellen 32

Verfassungsgerichtshof

21. Punkt: Erstattung von Vorschlägen für die Ernennung eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes 232

Kandidat für die Ernennung eines Mitgliedes: DDr. Hans Georg Ruppe 234

Kandidat für die Ernennung eines Ersatzmitgliedes: Dr. Robert Schick 235

Rechnungshof

Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung betreffend Überprüfung der zweckmäßigen Mittelverwendung von Förderungen der Organisation World Vision durch den Bund durch den Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses 235

Ausschüsse

Zuweisungen 34

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Dr. Jörg Haider 34

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1428 und Zu 1428 d. B.): Mineralrohstoffgesetz – MinroG und über den Antrag 659/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend Bergrechtsreform (1527 d. B.) 37

Redner:

Mag. Dr. Udo Grollitsch 38

Ingrid Tichy-Schreder 39

Mag. Helmut Peter 41

Kurt Eder 44

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 46

Mag. Franz Steindl 50

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 51

Mag. Herbert Kaufmann 52

Mag. Thomas Barmüller 53

Karlheinz Kopf 55

Mag. Doris Kammerlander 56

Arnold Grabner 57

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 58

Jakob Auer 59

Karl Öllinger 60

Peter Marizzi 61

Anton Blünegger 62

Mag. Kurt Gaßner 62

Ing. Wolfgang Nußbaumer 64

Dr. Günther Kräuter 64

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 66

Kurt Wallner 67

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 68

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 69

Annahme des Gesetzentwurfes in 1527 d. B. (namentliche Abstimmung) 71

2. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr zum Thema "Verkehrspolitik im europäischen Zusammenhang" 72

Bundesminister Dr. Caspar Einem 72

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung 72

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 76

Rudolf Parnigoni  79

Mag. Thomas Barmüller 82

Mag. Helmut Kukacka 84

Dr. Gabriela Moser 87

DDr. Erwin Niederwieser 89

Mag. Herbert Haupt 90

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 92

Bundesminister Dr. Caspar Einem 93

Mag. Doris Kammerlander 95

Winfried Seidinger 97

Anneliese Klein 128

Karlheinz Kopf 129

Ing. Walter Meischberger 130

Otmar Brix 131

Günther Platter 133

Dr. Dieter Antoni 134

Josef Edler 135

Dr. Gabriela Moser 136

Mag. Reinhard Firlinger 137

Entschließungsantrag (Mißtrauensantrag) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 78, 138

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen betreffend Neuverhandlungen über das Transitpaket – Ablehnung 131, 138

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend Berücksichtigung der Empfehlungen des Rechnungshofes – Ablehnung 137, 140

3. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1475 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) geändert wird (1528 d. B.) 141

Redner:

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 141

Rudolf Parnigoni 142

Dr. Jörg Haider 144

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 146, 152, 158

Mag. Helmut Peter 147

Dr. Alexander Van der Bellen 149

Dr. Kurt Heindl 150

Helmut Haigermoser 151

Günter Kiermaier 153

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 154

Hermann Böhacker 155

Heinz Anton Marolt 156

Ing. Wolfgang Nußbaumer 157

Annahme des Gesetzentwurfes in 1528 d. B. 159

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Anton Marolt und Genossen betreffend die Verlängerung des Betriebes von Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, von 9 bis 23 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September – Ablehnung 157, 159

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1518 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden (1543 d. B.) 159

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 734/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (1544 d. B.) 159

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 894/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bun-desgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz geändert wird (1545 d. B.) 160

Redner:

Dr. Helene Partik-Pablé 160

Mag. Walter Guggenberger 162

Dr. Volker Kier 163

Ridi Steibl 164

Karl Öllinger 164

Dr. Elisabeth Pittermann 166

Sigisbert Dolinschek 167

Edeltraud Gatterer 168

Heidrun Silhavy 169

Bundesministerin Eleonora Hostasch 170

Annahme des Gesetzentwurfes in 1543 d. B. 171

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1544 und 1545 d. B. 171

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Weiterverrechnung der Ausgleichstaxe an die einzelnen Bundesministerien – Ablehnung 161, 171

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1508 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird (1546 d. B.) 171

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1509 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird (1548 d. B.) 171

Redner:

Maria Schaffenrath 172

Annemarie Reitsamer 173

Mag. Dr. Josef Trinkl 173

Reinhart Gaugg 174

Karl Öllinger 176

Franz Hums 176

Sigisbert Dolinschek 177

Sophie Bauer 178

Josef Meisinger 178

Bundesministerin Eleonora Hostasch 179

Annahme der Gesetzentwürfe in 1546 und 1548 d. B. 180

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1519 d. B.): Bundesgesetz über die Aufnahme in ein Dienstverhältnis bei den Europäischen Gemeinschaften und das Ausscheiden aus einem solchen Dienstverhältnis (EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz) und betreffend eine Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 und des Pensionsgesetzes 1965 (1547 d. B.) 180

Redner:

Reinhart Gaugg 181

Dr. Martina Gredler 181

Karl Öllinger 181

Annahme des Gesetzentwurfes in 1547 d. B. 182

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 845/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1549 d. B.) 182

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 967/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1550 d. B.) 182

Redner:

Dr. Brigitte Povysil 182

Annemarie Reitsamer 184

Dr. Volker Kier 185

Karl Donabauer 187

Dr. Alois Pumberger 187

Karl Öllinger 188

Dr. Martina Gredler 189

Helmut Dietachmayr 191

Mag. Herbert Haupt 192

Erhard Koppler 194

Bundesministerin Eleonora Hostasch 195

Annahme des Gesetzentwurfes in 1549 d. B. 196

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1550 d. B. 196

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend faire Neuordnung der Rahmenbedingungen für die Erbringung zahnärztlicher Leistungen – Ablehnung 192, 196

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 943/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend Sozialrechts-Änderungsgesetz 1998 – SRÄG 1998 (1551 d. B.) 196

Redner:

Dr. Volker Kier 196

Winfried Seidinger 197

Karl Öllinger 198

Dr. Gottfried Feurstein 198

Reinhart Gaugg 199

Bundesministerin Eleonora Hostasch 200

Dr. Martin Graf 200

Annahme des Gesetzentwurfes in 1551 d. B. 201

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend Aliquotierung der Sonderzahlungen bei Pensionsantritt – Ablehnung 201, 201

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1480 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird (1536 d. B.) 201

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1517 d. B.): Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden (Österreichischer Stabilitätspakt) (1539 d. B.) 201

Redner:

Ing. Wolfgang Nußbaumer 202

Marianne Hagenhofer 203

Dr. Volker Kier 204

Jakob Auer 205

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 206

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 207

Hermann Kröll 207

Annahme des Gesetzentwurfes in 1536 d. B. 209

Genehmigung der Vereinbarung in 1539 d. B. 209

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1516 d. B.): Poststrukturgesetz-Novelle 1998 (1537 d. B.) 209

Redner:

Reinhart Gaugg 209

Peter Marizzi 211

Mag. Reinhard Firlinger 212

Mag. Helmut Kukacka 213

Mag. Helmut Peter 214

Annahme des Gesetzentwurfes in 1537 d. B. 215

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1476 d. B.): 2. Dienstrechts-Novelle 1998 (1538 d. B.) 215

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 216

Otto Pendl 216

Maria Schaffenrath 217

Mag. Dr. Josef Höchtl 218

Dr. Dieter Antoni 218

Annahme des Gesetzentwurfes in 1538 d. B. 219

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1432 d. B.): Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds (1534 d. B.) 219

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 945/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung österreichischer Beiträge zum von der Weltbank treuhändisch verwalteten HIPC-Treuhandfonds beziehungsweise zu international akkordierten Notstandshilfe- beziehungsweise Wiederaufbaufonds zur Linderung der durch den Wirbelsturm Mitch verursachten Katastrophe in Mittelamerika (1540 d. B.) 219

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 219

Dr. Alfred Gusenbauer 221

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 222

Ernst Fink 223

Mag. Helmut Peter 223

Annahme der Gesetzentwürfe in 1534 und 1540 d. B. 224

19. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 800/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Vorlage eines Berichtes über erfolgte Budgetausgliederungen (1535 d. B.) 224

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 224

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1535 d. B. 227

20. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 958/A der Abgeordneten Doris Bures, Dr. Walter Schwimmer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (1529 d. B.) 227

Redner:

Dr. Walter Schwimmer 227

Doris Bures 228

Dr. Harald Ofner 228

Mag. Thomas Barmüller 230

Ludmilla Parfuss 231

Annahme des Gesetzentwurfes in 1529 d. B. 232

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 34

1477: Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen

1482: Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits samt Anhang und Schlußakte

1520: Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden

1521: Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird

1522: Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz geändert wird

1523: Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen

Berichte 35

III-157: Tätigkeitsbericht über das Verwaltungsjahr 1997; Rechnungshof

III-161: Bericht über Aktivitäten betreffend den Talkbergbau in Lassing seit dem 17. September 1998; BM f. wirtschaftliche Angelegenheiten

Anträge der Abgeordneten

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird (974/A)

Karl Smolle, Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Mag. Johann Ewald Stadler, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Arbeit der Historikerkommission (975/A) (E)

Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Besoldungs-Novelle 1999) (976/A)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Ministeranklage gemäß Artikel 143 i. V. m. Artikel 142 Abs. 2 lit.b. B-VG (977/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend Verbesserung der Darstellung des Förderungsberichtes (978/A) (E)

Maria Schaffenrath, Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 geändert wird (979/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Lehrlingsausbildung bei den ÖBB (5303/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend einige Ungereimtheiten im sogenannten "Staatsschutzbericht 1997" (5304/J)

Mag. Herbert Haupt an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Hygienestandards in Zahnmedizin und Endoskopie (5305/J)

Anneliese Klein und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Umweltskandal Semmering (5306/J)

Anneliese Klein und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Gefährdung des Wasserhaushaltes (5307/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend 2. Budgetüberschreitungsgesetz 1998 (5308/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Verdacht des fortgesetzten und wiederholten Amtsmißbrauchs nach §§ 14, 302 StGB sowie der fortgesetzten und wiederholten Verletzung des Amtsgeheimnisses nach §§ 14, 310 StGB durch unbekannte Täter (5309/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die Verwendung horrender Steuermittel für eine der SPÖ sehr gelegene Bekämpfung der Opposition in Österreich (5310/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Berger-Deponie (5311/J)

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend unbefriedigende Anfragebeantwortung (5312/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die verfassungswidrige Verhinderung der Anbringung zweisprachiger topographischer Aufschriften im Burgenland (5313/J)

DDr. Dkfm. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend generelle Doppelstaatsbürgerschaft für türkische Staatsbürger in Deutschland (5314/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Auftragsvergabe für Reinigungsarbeiten in der Kaserne Götzendorf (5315/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Anteil des Bundes am Finanzierungsaufwand des Linzer Musiktheaters (5316/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ladendiebstahl im österreichischen Handel (5317/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Österreich-Platz in St. Petersburg (5318/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend die freihändige Vergabe von Aufträgen zur Errichtung von Müllverbrennungsanlagen (5319/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuergerechtigkeit (5320/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die genaue Aufschlüsselung der Minderheitenförderung des BMUK in den Jahren 1993, 1994, 1995 und 1997 (5321/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Einführung einer Buchführungspflicht bei den Bauern (5322/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Akten der Heeresdienste über österreichische BürgerInnen (5323/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Krise auf dem Schweinemarkt (5324/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Konsumentenschutz betreffend Rindfleisch-Mafia in der EU (5325/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Informationsbroschüre Hepatitis C (5326/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend bürokratische Erschwernisse im neuen Mineralrohstoffgesetz (5327/J)

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Wiedererrichtung des Redoutensaaltraktes der Wiener Hofburg (5328/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Kontrollbefugnis zur Durchführung phytosanitärer Kontrollen am Grenzübergang Neunagelberg (5329/J)

Rudolf Parnigoni und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Zusammenlegung der ÖW-Außenstellen mit den Außenhandelsstellen der WKÖ (5330/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend importierte Lebendschweine und A-Stempel (5331/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend importierte Lebendschweine und A-Stempel (5332/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend importierte Lebendschweine und A-Stempel (5333/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einsparungen der Bauernkrankenkasse durch die Verrechnung analog zum ASVG seit 1. Juli 1998 (5334/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundeskanzler betreffend das sogenannte "Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes" (DÖW) (5335/J)

Elfriede Madl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Eheschließungen zwischen österreichischen Staatsbürgern und Nicht-EU-Bürgern (5336/J)

Elfriede Madl und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Eheschließungen zwischen österreichischen Staatsbürgern und Nicht-EU-Bürgern (5337/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Zurücklegung einer Strafanzeige gegen Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer (5338/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die offizielle Unterstützung Otto Mühls nach Verbüßung einer siebenjährigen Haftstrafe wegen Unzucht mit Unmündigen (5339/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend politische Propaganda im Internet mit amtlichem oder zumindest halbamtlichem Anstrich der wissenschaftlichen Arbeit eines Universitätsinstitutes der Universität Wien (5340/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Testbetrieb-Genehmigung von DCS-1800 Frequenzen (5341/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (4651/AB zu 5040/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (4652/AB zu 4944/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (4653/AB zu 4947/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (4654/AB zu 4946/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (4655/AB zu 4960/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4656/AB zu 5031/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen (4657/AB zu 4948/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (4658/AB zu 4974/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Leopold Maderthaner und Genossen (4659/AB zu 4977/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (4660/AB zu 4983/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4661/AB zu 5006/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (4662/AB zu 4951/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein und Genossen (4663/AB zu 4975/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Trinkl und Genossen (4664/AB zu 4978/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (4665/AB zu 5024/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (4666/AB zu 5050/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4667/AB zu 5002/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4668/AB zu 5044/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Smolle und Genossen (4669/AB zu 4984/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (4670/AB zu 5048/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (4671/AB zu 5049/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (4672/AB zu 5097/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (4673/AB zu 4981/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4674/AB zu 4962/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4675/AB zu 4963/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (4676/AB zu 5035/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4677/AB zu 4961/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4678/AB zu 5004/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4679/AB zu 5028/J)

 

 

 

 

 

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist 9 Uhr, und ich eröffne zur anberaumten Stunde die 152. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 150. Sitzung vom 27. November und der 151. Sitzung vom 28. November sind aufgelegen, unbeeinsprucht geblieben und gelten damit als genehmigt.

Für den heutigen Tag als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer, Haidlmayr, Ing. Langthaler, Mag. Stoisits, Anna Huber und Dr. Irmtraut Karlsson.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Nahversorgung – Opfer der Überreglementierung"

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

9.01

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister Dr. Farnleitner! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Nach 50 Jahren der Überreglementierung liegt die Nahversorgung offensichtlich am Boden. Die Stadtkerne dünnen aus, Landgemeinden verlieren ihre Nahversorgung und damit an Lebensqualität.

Die Überreglementierung, die Überbürokratisierung im Bereich Ladenöffnung, die Gewerbeordnung und das Arbeits- und Sozialrecht haben das Gegenteil von dem erreicht, was sie eigentlich wollten und sollten. Die Nahversorgung stirbt – und zwar mit all den negativen Auswirkungen, die wir feststellen können. Es herrscht große Ratlosigkeit.

Der Herr Bundesminister hält Nahversorgungsenqueten ab, Länder denken über Förderungen nach, aber letztlich entscheiden die KonsumentInnen über die Nahversorgung: nach ihrem Bedarf, nach dem Preis und, was wir viel zuwenig bedenken, vor allem nach dem Einkaufserlebnis.

Der Vorarlberger Landesregierung ist eine Petition zugegangen, unterschrieben von über 2 000 Vorarlberger Bürgern und Bürgerinnen, die der Vorarlberger Landesregierung klar ausgerichtet haben, daß die Aktionen, die der Kaufmann Otto Pircher in Bregenz gesetzt hat, dem Konsumenten nützen, weil er initiativ und phantasievoll seinen Markt bearbeitet hat und auf Kundenwünsche eingegangen ist. Die Antwort der Überreglementierer darauf waren Klagen: Klagen in der Höhe von bis zu 350 000 S.

Wörtlich führt diese Bürgerinitiative, diese Petition aus – ich zitiere –: "Überleben kann der Kaufmann vor Ort nur, wenn er sich um ein besseres, konkurrenzfähigeres Angebot bemüht, unabhängig von der Existenz eines Großmarktes in seinem Einzugsbereich." – Wie richtig! Und sie führt weiter aus:

"Das Angebot des Kaufmanns vor Ort muß daher den Konsumenten attraktiv und von Wert sein. Es muß den individuellen Bedürfnissen des Konsumenten in höherem Maße entsprechen als beispielsweise die Großmärkte, und seine Produkte müssen alle Bedürfnisse abdecken, die die Konsumenten vor Ort haben." – Ende des Zitats.

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß 2 000 Vorarlberger BürgerInnen den Mut und die Kraft hatten, sich vor einen Kaufmann zu stellen, der innovative Lösungen angestrebt hat und als Antwort darauf Klagen bekommen hat.

Die Chance der kleinen Nahversorger liegt in den Nischen. Diese mit Überreglementierungen zu verbieten heißt, die Nahversorger in unserem Land dem Konkurs und damit dem Zusperren auszuliefern!

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Die großen Fische fressen die kleinen, das wissen wir schon, aber sie fressen nur die langsamen kleinen Fische! Kundenorientierung ist Beweglichkeit, ist die Geschwindigkeit der kleinen Anbieter, ist die Chance des Kleinen gegen die Großen: die Chance, das zu verkaufen, was die Kunden wollen, es zu verkaufen, wann es die Kunden wollen und so, wie die Kunden es brauchen können.

Öffnungszeiten kann man nur ortsspezifisch festlegen. Ein österreichweites Ladenöffnungsgesetz ist völliger Unsinn, das sagt auch die erwähnte Bürgerinitiative in Vorarlberg. Das Sortiment muß nachfragegerecht sein – es wird durch die Gewerbeordnung unnotwendigerweise eingeschränkt –, und das Service muß kundenorientiert sein. Letzteres ist durch eine arbeitszeitrechtliche Gesetzgebung nicht möglich.

Liberalisierung heißt, neue Antworten auf Kundenwünsche zuzulassen und diese nicht zu verbieten.

Meine Damen und Herren! Wer wie die Wirtschaftskammer Österreich als Unternehmervertreter glaubt, Kleinbetriebe schützen zu müssen, versperrt ihnen in Wahrheit den Weg in die Zukunft, beraubt sie ihrer Anpassungsfähigkeit und verhindert ihre Dienstleistungsqualität und damit letztlich ihre Marktchance.

Die Ergebnisse beweisen es ja: Die Nahversorgung in Österreich stirbt. Das ist ein echtes gesellschaftliches Problem. Sicherlich: Die Nahversorger haben die Preiskonkurrenz gegenüber den Großmärkten verloren. Das ist keine Frage. Aber Nahversorgung heißt im Grunde etwas anderes als das, was Großmärkte anbieten. Nahversorgung heißt, die Lebensqualität der Menschen zu sichern, emotionale Dienstleistungen zu erbringen und auch die Rechte jener Menschen zu berücksichtigen, die nicht mobil sind.

Meine Damen und Herren! Geben wir doch den Nahversorgern eine wirkliche Chance! Heben wir ein Ladenöffnungsgesetz auf, das sich überreglementierend einbildet, die Ladenöffnung österreichweit, vom Burgenland bis zum Bodensee, vom Waldviertel bis nach Südkärnten, gleich regeln zu können. – Das ist nicht möglich, weil es den Kundenwünschen nicht entspricht! Geben wir den Geschäften die Möglichkeit, dann aufzusperren, wann es notwendig ist, und vor allem dann, wann die Kunden es wollen! Und öffnen wir endlich die Gewerbeordnung, um Nahversorgern die Möglichkeit zu geben, die Produkte zu verkaufen und die Dienstleistungen anzubieten, die die Konsumenten zu einem gewissen Zeitpunkt an einem gewissen Ort wollen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

In einem kleinen Ort gibt es wenige Kunden, aber es gibt ganz konkrete, kurzfristige Bedürfnisse. Darin liegt die Chance der Nahversorger.

Die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft ist zum Beispiel noch viel zuwenig ausgebaut worden. Der Bauernmarkt, auf dem der Produzent selbst einmal in der Woche seine Produkte anbietet, hätte doch die Möglichkeit, an den anderen sechs Tagen der Woche genau diese Produkte beim örtlichen Nahversorger anzubieten! Diese Partnerschaft mit der Landwirtschaft ist noch viel zuwenig ausgebildet.

Die Nahversorgung der Zukunft gibt es auch heute schon. Es gibt sie als Nachbarschaftszentren auf Dorfplätzen, es gibt sie in Straßenzügen mit Erlebnischarakter. Denken Sie doch etwa an die Neubaugasse in Wien, ganz in der Nähe vom Parlament: Da haben sich Menschen zusammengetan und haben gefragt: Wie können wir unsere Gasse attraktiv und lebenswert machen? – Und siehe da, es funktioniert! Dort funktioniert auch die Nahversorgung besser als in anderen, sterbenden Straßenzügen, wo keine Eigeninitiative eingebracht wird.

Die Konkurrenz der Einkaufszentren, der -märkte wird es immer geben. Herr Bundesminister! Ich halte Ihre Bestimmung der 800-m²-Regelung für nichts anderes als eine Monopolisierung der jetzigen Anbieter. Ich halte sie für nicht marktkonform und daher für falsch.

Aber Nahversorger beantworten andere Bedürfnisse als die großen Einkaufstempel! Sie haben andere, spezifische, regional definierte Kundenwünsche zu befriedigen und sind sehr stark emotional in ihrer Gegend verankert.

Meine Damen und Herren! Nachbarschaftsläden sind, rein betriebswirtschaftlich gesprochen, Deckungsbeitragssammler. Sie müssen ein Sortiment führen, das rein kundenorientiert ist, das vor allem regional, ja sogar lokal kundenorientiert ist. Das kann von Lebensmitteln über Hygienewaren, Drogeriewaren, Kurzwaren, über Fotoentwicklung, Trafikartikel, Lottoscheinannahme – eventuell auch Postanlaufstelle dort, wo sich Postämter nicht mehr rentieren – bis zu einer Integration in ein Gasthaus gehen!

Was dieses Hohe Haus mit der unsinnigen Zeltfesteregelung angerichtet hat, können Sie noch gar nicht abschätzen. Das sage ich nicht, weil ich Zeltfeste verbieten möchte. Zeltfeste sind dann gut, wenn Menschen hingehen. Aber daß Sie eine steuerliche Wettbewerbsungleichheit beschlossen haben – unter dem Druck der auf der Galerie sitzenden Feuerwehrhauptleute –, das ist ein großer Fehler gewesen.

Schaffen Sie eine klare Wettbewerbsgleichheit auch für das Nahversorgergasthaus im Flachland, das jetzt dank Ihres Beschlusses seine Deckungsbeiträge in den Sommermonaten von Mai bis September verliert und mit dem Umsatz von Oktober bis April nicht überleben kann!

Nahversorgung ist eine Vielzahl von Angeboten auf einem Raum – etwa im Nachbarschaftszentrum – zur Befriedigung der Wünsche der Kunden. Ansätze funktionieren dort, wo sie nicht verboten wurden, zum Beispiel in den Tankstellenshops.

Ich weiß schon: In den Tankstellenshops darf man bis 19.30 Uhr Cola und Milch kaufen. Nach 19.30 Uhr darf man zwar noch Cola, aber keine Milch mehr kaufen. – Das ist ja lächerlich! Da gehen Kontrollore herum und schreiben Anzeigen, weil die Frau Müller um 20 Uhr doch noch Milch statt Cola gekauft hat.

In den Tourismuszentren funktioniert die Nahversorgung. Aber ich frage Sie: Warum gewähren Sie nur unseren Gästen die Lebensqualität, dann einzukaufen, wann sie wollen? Warum gewähren Sie diese Lebensqualität nicht auch der heimischen Bevölkerung?!

Niemand muß, wenn er es nicht will, am Abend und am Sonn- und Feiertag arbeiten. Es stimmt nicht, daß unsere Gesellschaft nur aus Familien mit Kindern, alleinerziehenden Müttern und religionsorientierten Menschen besteht.

Nur 25 Prozent der Haushalte haben schulpflichtige Kinder, nur 15 Prozent der Menschen gehen am Sonntag in den Gottesdienst, und es gibt Gott sei Dank nur einen geringen Prozentsatz an alleinerziehenden Müttern. Geben wir all diesen Menschen die Möglichkeit, am Sonn- und Feiertag nicht zu arbeiten! Aber lassen wir doch den anderen die Möglichkeit, diese Arbeitsleistung zu erbringen, wenn sie wollen.

Eine Spectra-Studie aus 1998 sagt, daß 44 Prozent der Menschen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit für eine gute Sache halten, 17 Prozent wollen, daß die Sonntagsarbeit generell erlaubt wird, und 27 Prozent sagen: teils-teils. Das heißt doch nichts anderes als: Es gibt genug Menschen, die von sich aus während dieser Zeiten gemeinsam Kundenbedürfnisse befriedigen wollen und damit Beschäftigung sichern möchten. Es besteht also keineswegs die Notwendigkeit, die anderen zwei Drittel oder drei Viertel, die das nicht wollen, in diese Arbeitszeiten einzubeziehen.

Haben Sie den Mut, die Gesellschaft zu öffnen! Haben Sie den Mut, Nahversorgung wieder zu ermöglichen! Setzen wir – wir Abgeordneten im Parlament, die dafür verantwortlich sind – dem Markt Rahmenbedingungen, mit wirtschaftlichem und sozialem Augenmaß! Befreien wir ihn aus seinem Gefängnis, dann wird er auch im Bereich der Nahversorgung wieder funktionieren! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Thema der Aktuellen Stunde wird sich (beim Versuch von Bundesminister Dr. Farnleitner, das Mikrophon auf die richtige Höhe einzustellen, zerfällt es in mehrere Teile), wenn das Mikrophon wieder funktionsfähig ist, der Herr Bundesminister zu Wort melden. – Bitte, Herr Minister. Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten.

9.12

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! (Das Mikrophon ist nach einigen Versuchen wieder funktionstüchtig.) – So funktioniert die rhetorische Nahversorgung! (Heiterkeit.)

Nun zum Problem. Mein Haus hat nach der Änderung der Ladenöffnungszeiten wie der Gewerbeordnung, in der wir einige Dinge geändert haben, in zwei Enqueten versucht, diese Probleme mit den beteiligten Wirtschaftskreisen eingehend zu erörtern.

Ein Punkt war jedenfalls klar: Die meisten Nahversorger Österreichs sperren zu, weil ihnen die Konsumenten abhanden kommen. Die Klage, die wir quer durch die Bank hören, lautet, daß die traditionellen Wochen-Großeinkäufe von länger haltbaren Konsumgütern jedenfalls in zentralen Märkten stattfinden, während die Nahversorger dann nur mehr Milch, Brot und all das, was man halt täglich schnell braucht, verkaufen. Davon können die meisten Nahversorger nicht im geringsten leben und geben daher auf. – Das ist ein Teil der Facette, das, was die Ursachenanalyse anlangt.

Ich bin mit Herrn Abgeordnetem Peter durchaus einer Meinung. Erinnern Sie sich an die Ladenöffnungsdiskussion: Ich selbst habe damals vorgeschlagen, keine Unterscheidung zwischen Tourismusgemeinden und anderen Gemeinden zu machen. Der österreichische Staatsbürger sollte überall gleich verwöhnt werden und nicht Tourist sein müssen, um mehr verwöhnt zu werden! – Das ist eine Grundsatzposition.

Wir haben in der damaligen Ladenöffnungsnovelle für Pendlergemeinden andere Öffnungszeiten vorgesehen. Wir haben andere Öffnungszeiten für Familienbetriebe vorgesehen. Wir haben andere Öffnungszeiten für Ortszentren vorgesehen und entsprechende Ermächtigungen an die Landeshauptleute gegeben. Davon Gebrauch ist nur in den geringsten Fällen gemacht worden: in Bregenz und in Salzburg, bei Familienbetrieben nur im Burgenland. Das heißt, daß wir in der Umsetzung des durchaus liberaleren Ladenöffnungsrechtes nicht sehr weit gekommen sind. – Das ist einmal eine Feststellung zum Zustand.

Damals, als ich die Einkaufszentrenverordnung erlassen habe, habe ich mit den Vertretern der einschlägigen Wirtschaftssektoren vereinbart, daß diese Maßnahmen durch zwei weitere Maßnahmen zu flankieren sind: durch ein stärkeres Ortsmarketing, ein Ortszentrummarketing, und durch eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten in den Zentren. Ich bekomme fast täglich Briefe von Kaufleuten, die schreiben: Könnte ich nur am Abend, wenn am Hauptplatz in unserem Ort etwas stattfindet – ein Event wie etwa in Wiener Neustadt –, offen haben, dann hätte ich in dieser Zeit schon mehr Kunden als während des ganzen Tages! – Diese Art von Flexibilität müßte möglich sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Motter.)

Wir haben ja auch in Diskussionen deutlich gemacht, daß es nicht darum geht, die Unternehmen mit Fremdbeschäftigten zu liberalisieren, aber ich halte es persönlich noch immer für außerordentlich zweckmäßig, daß Familienbetriebe, die sich um ihre Kunden kümmern wollen, das dürfen sollen, wenn sie es wollen, und nicht nur dann, wenn es irgend jemand erlaubt. – Das ist meine grundsätzliche Position.

Nun zum Problem selber. Wir haben eindeutig gesehen, daß Österreich in der Zwischenzeit im internationalen Vergleich, was die Quadratmeterzahlen von Verkaufsflächen anbelangt, zu einem der Spitzenreiter geworden ist. Wir haben in der Zwischenzeit auch die geringste Zahl an kleinen Nahversorgern im europäischen Vergleich. Die Einkaufszentrenverordnung – und da bin ich anderer Meinung als Sie, Herr Abgeordneter Peter – hat ihre Wirkung getan; das stelle ich fest, wenn ich die Protestschreiben anschaue, die ich bekomme. (Beifall der Abgeordneten Haigermoser und Tichy-Schreder.)

Es ist ja nach wie vor der Trend, in jeder größeren Marktgemeinde einen Baumarkt und im Umfeld einen Supermarkt zu errichten. Und wo eine Supermarktkette – egal, ob sie jetzt "Spar", "Adeg", "Rewe" oder "Billa" heißt – einmal zu bauen anfängt, dort stehen alle drei anderen ein Jahr später auch. Wenn dieser Trend so weitergegangen wäre, dann hätten wir jetzt nicht mehr 7 000 kleine Nahversorger, sondern vielleicht nur mehr 1 000. Daher: Ich würde bei dieser Maßnahme bleiben, aber ich erwarte, daß die ergänzenden Maßnahmen auch getroffen werden.

Wir haben im Zuge dieser Diskussion dann eine eigene BÜRGES-Nahversorgungs-Förderaktion 1997 eingeführt. Ich kann berichten, daß von dieser auf Nahversorger abgestellten Aktion bis jetzt 121 Betriebe mit einer Investitionssumme von 261 Millionen und Förderungen von etwa 18,5 Millionen Schilling Gebrauch gemacht haben.

Ich sehe auch Fälle wie den folgenden immer wieder, daher auch mein Wunsch nach einem einheitlichen Anlagenrecht. Letzte Woche rief mich ein Bäcker aus dem Weinviertel an. Er sagte, er übergibt den Betrieb seinem Sohn, und anläßlich dieser Übergabe schlägt die Verwaltung zu. Alle Anlagen entsprechen plötzlich nicht mehr, und der Sohn sagt: Dann werde ich lieber Brotaufbäcker beim Billa, als daß ich deinen Betrieb weiterführe. – Wir werden in bezug auf ein einheitliches Anlagenrecht, das wir hoffentlich recht bald hier im Haus behandeln werden, noch einiges zu tun haben.

Ein weiterer Punkt ist, daß wir sicherstellen müssen, daß das, was heute an Verkaufspraktiken "passiert", endlich auch einmal kontrolliert wird. Ich rede nicht schon wieder a priori vom Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis. Aber es ist mir schon ein Anliegen, festzustellen, daß manche großen Ladenketten ihre Rechnungen erst nach 60 Tagen bezahlen und enormen Rabattdruck ausüben, während kleine Einkäufer keine Chance haben, auch nur annähernd kompetitiv ähnliche Positionen anzubieten.

Wir sind in der Frage Sortimentierung von Lotto bis Post x-mal unterwegs gewesen und können sagen: Der Großteil der befragten Kleinunternehmer sagt: Das ist auch nicht unsere Zukunft! Von ein paar Briefmarken, von ein bißchen Lotto können wir auch nicht leben! – Der "general store", wie er allen, die Amerika kennen, vorschwebt, davon werden die Nahversorger in Österreich nicht leben können.

Meine Damen und Herren! Meine Strategie lautet daher: Wir werden die Einkaufszentrenverordnung beibehalten, wir werden die Förderaktionen fortsetzen und werden weiter bei Ländern und Gemeinden tätig werden, um durch die erforderlichen Zentrenmaßnahmen oder Liberalisierungen der flexiblen Öffnungszeiten vor allem in Familienbetrieben eine größere Nähe zum Konsumenten zu erzielen.

Ein Punkt scheint mir außerordentlich wichtig. Wir haben in meinem Haus eine Arbeitsgruppe gegründet. Wir nennen sie "Tele-Gemeinde", und ich bringe daraus ein Beispiel. In einer niederösterreichischen Gemeinde, in der der letzte Greißler vorm Aufhören war, hat die Gemeinde eine "smart card" eingeführt, mit der bestellt und dann auch geliefert wird. – Und plötzlich waren wieder viele Greißler im Ort.

Man muß die lokalen Konsumenten organisieren, damit sie sich mit dem Kaufmann loyal erklären. Denn wenn die Konsumenten ihren Nahversorger nicht mehr wollen, dann hat die Politik ihr Recht verloren. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder. – Auf dem Präsidium treten Schwierigkeiten mit der Rednerliste am PC auf; Bedienstete des Hauses bemühen sich, wieder die richtige Reihenfolge herzustellen.)

9.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Computer sind auch nur Lebewesen, sie funktionieren nicht immer.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeiten betragen 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

9.18

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, wir bewegen uns gar nicht so weit auseinander. Aber ich frage Sie wirklich ernsthaft: Warum tun Sie nicht mehr dafür, daß wir die Geschäfte offenhalten können?

Ich möchte ganz bewußt noch einmal auf den Präzedenzfall in Vorarlberg eingehen, weil es mir ein Anliegen ist und weil sich die Bevölkerung dort vehement hinter zwei Kaufleute stellt, die sich erlaubt haben, auch aus Gründen der Selbsterhaltung, andere Geschäftszeiten für sich einzuführen.

Meine Damen und Herren! Es dürfte Ihnen allen bekannt sein, daß in Vorarlberg, auch bedingt durch das Drei-Länder-Eck, die Uhren wieder einmal anders gehen. So haben sich bereits im Oktober zwei kleinere Lebensmittelkaufleute für flexiblere Ladenschlußzeiten entschieden. Ein Kaufmann hielt sein Lebensmittelgeschäft von Montag bis Freitag bis 21 Uhr geöffnet, ein anderer entschloß sich zu einem Sonntagvormittagsverkauf von 8 bis 12 Uhr. Wohlgemerkt: Die Sonntagsöffnung war ohne fremdes Personal, nur mit Familienangehörigen, die nicht im Angestelltenverhältnis standen, bewerkstelligt worden. Beide Kaufleute glaubten sich im Recht, da ihre Geschäfte in einer ausgewiesenen Tourismusgemeinde liegen.

Sie sahen ihre Geschäfte durch die zunehmende Konkurrenz der Großmärkte und die immer größer werdende Anzahl an Tankstellen, die rund um die Uhr alles verkaufen, was sie wollen, gefährdet – sie kämpften bereits um ihr Überleben.

Der Erfolg war ein wahrer Ansturm von über 500 begeisterten Kunden am ersten Sonntagvormittag. Auch beim verlängerten Abendverkauf gab es gute Einnahmen und begeisterte Kunden. – Ein wahrer Erfolg für alle Beteiligten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Aber was geschah in weiterer Folge? – Klagen der Bundesarbeitskammer: 360 000 S wegen Verkauf am Sonntag und 350 000 S wegen unlauterem Wettbewerb beim Abendverkauf.

Selbst in der Handelskammer – in diesem Falle spreche ich bewußt Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, an – konnte man zu keiner einheitlichen Meinung kommen. In der Handelskammer Vorarlberg gab es divergierende Meinungen. Wenn sich schon Funktionäre der Handelskammer nicht einigen können, wie sollen sich dann erst Funktionäre der Bundesarbeitskammer jeweils einigen können? Fazit der Kaufleute: Sie haben resigniert und mußten einsehen, daß Menschen, die arbeiten wollten und sich an den Bedürfnissen der Konsumenten orientieren wollten, an den Interessen von machthungrigen Kammerfunktionären gescheitert sind.

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie heute bewußt: Wo leben wir eigentlich? (Beifall beim Liberalen Forum.) Wir leben in einem Land, in dem nach wie vor keine Einsicht besteht, daß eine gesunde Wirtschaft nicht von bürokratischen Hemmschwellen leben kann, und in dem die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen verhindert wird, indem Wirtschaftsformen, die zum Sterben verurteilt sind, künstlich am Leben erhalten werden.

Meine Damen und Herren! Eine gesunde Wirtschaft, auch mit neuen Arbeitsplätzen, lebt von neuen Ideen und von Arbeitsbedingungen, die der Wirtschaft eine möglichst ungehinderte Entfaltung ermöglichen, die es ermöglichen, auch auf die Bedürfnisse der Konsumenten einzugehen. Anscheinend hat das die Vorarlberger Landesregierung eingesehen. Mein Kollege Hel-mut Peter hat bereits auf die entsprechende Petition hingewiesen. Das ist ein beachtlicher Schritt, und wir dürfen gespannt sein, wie sich die Bundesregierung beziehungsweise im besonderen der Herr Bundeskanzler dazu äußern wird.

Meine Damen und Herren! Es ist bekannt, daß wir Liberale seit langem eine Wirtschaftsoffensive eingeleitet haben. Wir haben des öfteren auf das Koalitionsübereinkommen 1996 und die darin enthaltenen Passagen betreffend den Wirtschaftsbereich Bezug genommen. Wir haben diverse Anträge zum Thema Ladenöffnungszeiten, aber auch Neugründungen von Unternehmen eingebracht.

Ich bin mir dessen bewußt, daß wir alle zusammenhelfen müssen. Herr Minister! Ich fordere Sie noch einmal auf, wirklich etwas zu tun. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß über 30 von uns gestellte Anträge im Wirtschaftsausschuß liegen, die alle das Ziel haben, effizienter für unsere Nahversorgung zu sorgen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. – Bitte.

9.23

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Motter! Herr Kollege Peter! Das sind wirklich schöne Ziele, die Sie vorgeben, und ich verhehle nicht, daß ich für manche Sympathie habe, die Realität sieht allerdings etwas anders aus.

Frau Kollegin Motter! Sie haben gesagt, daß wir im Wirtschaftsausschuß dieses Thema nicht diskutieren. In der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses war es so, daß die einzelnen Fraktionen, auch die oppositionellen, unterschiedliche Meinungen vertreten haben.

Wenn wir dieses Thema heute schon diskutieren, bringe ich Ihnen ein Beispiel. Kollegin Petrovic war es, die gemeint hat, die hohen Mieten seien zum Beispiel in Wien daran schuld, daß die Nahversorgung zum Erliegen kommt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.) Hören Sie bitte zu, dann werden Sie erfahren, wie an Beispielen belegbar ist, wie es leider – ich sage "leider" – nicht funktioniert.

In Stammersdorf, in einem neuen Wohngebiet mit Tausenden neuen Mietern, hat man, damit sich dort ein Nahversorgungsbetrieb ansiedelt, eine freie Miete vereinbart. Man hat bei allen, die dort wohnen, Werbung gemacht. Dieser Betrieb konnte offenhalten, solange er wollte, aber nach einigen Monaten war es damit vorbei. Warum, Herr Kollege Peter? – Weil Sie dem Konsumenten nicht vorschreiben können, wo und was er einzukaufen hat. Das können Sie nicht.

Ich kann Ihre Meinung nicht teilen, wenn Sie meinen, es werde schon funktionieren, wenn wir alles freigeben, auch ohne Reglementierungen, nach dem Prinzip "catch what one can", also wer will und wie er will. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.) Es stellt sich vor allem die Frage: Wer steht dann in dem Geschäft?

Kollegin Motter kritisiert, daß sich ein Funktionär der Bundesarbeitskammer aufgeregt hat. Ich habe vor zwei Jahren ähnliche Ideen vertreten, weil ich mir auch immer wieder die Frage gestellt habe, was man tun könnte, damit es funktioniert. Nach zwei entscheidenden Ereignissen habe ich eingesehen, daß das der falsche Weg ist.

Zu mir ist eine Frau gekommen, die keine 25 war und zwei kleine Kinder am Arm hatte. Ich sage jetzt gar nicht, bei welcher Kette sie gearbeitet hat. Sie wurde genötigt, zu den verschiedensten Zeiten zu arbeiten. Ich habe mich erkundigt, und es hat gestimmt. Sie hat zu mir gesagt: Herr Doktor, können Sie mir sagen, wie ich mit diesem Problem fertigwerden soll? Ich kann es mir nicht leisten, meinen Posten zu verlieren.

Ich sage Ihnen eines: Es sollte wenigstens am Samstag und Sonntag eine Mutter die Chance haben, bei ihren Kindern zu bleiben. Sie, meine Damen und Herren, klagen Männer und Frauen an, die sich für solche Menschen einsetzen!? Nein, wir Sozialdemokraten werden diesen Weg sicher nicht mitgehen! Das ist falsche Liberalität! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie predigen völlige Liberalisierung. Heute früh lese ich: Einkaufszentren-Verordnung, Factory-outlet-Center, die Pensionisten fahren mit Autobussen hin. Wollen Sie denn wirklich den Menschen verbieten, daß sie dort hinfahren? Die Freiheit ist in jede Richtung gegeben. Da kann ich nicht sagen: Sperre auf, es wird schon gehen, sperre auf, wie lange du willst!

Ich sage Ihnen eines: Ein klares Konzept in der Konkurrenz zwischen dem einzelnen kleinen Nahversorger und den großen Betrieben haben Sie nicht angeboten, und Sie können das auch leider – ich betone "leider" – nicht tun. Ich würde mir auch wünschen, wenn es in Wien – da bin ich zu Hause, da kenne ich mich einigermaßen aus – an jeder Ecke einen Greißler gäbe, wo man einkaufen könnte. Sie können versuchen, dem Konsumenten zu sagen: Bitte, geh dorthin, das ist wichtig für dich, du kannst ums Eck einkaufen, du brauchst nicht mit dem Auto zu fahren, es ist einfacher. Aber den großen Einkauf tätigt er dann doch in einem Supermarkt, wo er die Produkt- und die Preisauswahl hat. Der "Gurkerlkrieg" nützt letztlich wieder dem Konsumenten, aber verbieten können Sie es nicht.

Wir werden über das Thema "Verkauf unter dem Einstandspreis" diskutieren. Aber auch hier wieder: Mit Reglementieren werden wir dieses Problem nicht lösen. Wir sehen die gute Absicht bei der Nahversorgungsverordnung. Ich war skeptisch; der Herr Bundesminister weiß es. Heute steht in der Handelszeitung: Trotz Politstreit um die Farnleitner-Verordnung sind die wirtschaftlichen Aussichten gut. – Mit anderen Worten, der Trend, weiterhin mehr in Einkaufszentren zu investieren, noch mehr diese Verkaufsflächen anzubieten, wird letztlich dazu führen, daß die Konkurrenz für den Kleinen ums Eck, den ich genauso gerne sehen würde wie Sie, Herr Kollege Peter, stärker wird.

In Wien hat man es in den letzten Jahren mit Marketing für Einkaufsstraßen versucht. Da stimme ich völlig mit Ihnen überein: Jawohl, das sind Hilfen, die man anbieten kann. Aber der Gesetzgeber kann nicht allzu viel machen. Das ist Marketing, das die Betreffenden machen können. Der Gesetzgeber kann eben nicht vorschreiben, wo der Konsument einkaufen soll. (Abg. Mag. Peter: Er kann es zulassen!)

Wir haben verschiedene Dinge versucht, und ich kann Ihnen eines sagen: Wenn wir einen Weg finden könnten, der sowohl den Konsumenten, den Klein- und Mittelbetrieben, aber auch den dort Tätigen diente, dann kann ich für meine Fraktion und mich nur feststellen, daß wir eine solche Regelung jederzeit unterschreiben würden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

9.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. – Bitte.

9.29

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Peter! Ich habe mich über das Thema der Aktuellen Stunde "Nahversorgung – Opfer der Überreglementierung" gewundert. (Abg. Mag. Peter: Das habe ich mir gedacht!) Herr Abgeordneter Peter! Sehr einfach. Sie sprechen von den Ladenöffnungszeiten und der Gewerbeordnung. Aber gerade diese beiden sind es im Grunde genommen überhaupt nicht (Abg. Mag. Peter: Gerade die sind es!), die die Nahversorgung gefährden. Jeder schätzt die Nahversorgung.

Meine Lebensmittelhändlerin war bei einer großen Veranstaltung zum Thema "Nahversorgung" und sagte: Wunderbare Interessen, sehr gut. Aber ich frage Sie alle, die Sie sich für die Nahversorgung einsetzen: Gehen Sie auch in ein kleines Lebensmittelgeschäft, anstatt sich nur dafür einzusetzen? Denn das ist es.

Es kommt aber noch etwas hinzu. Sie haben vom Einkaufserlebnis gesprochen. Völlig richtig. Die Kunden wünschen es, und sie haben es akzeptiert. Es wurden Straßenaktionen in den Städten, beispielsweise in Wien, gestartet.

Da gibt es sehr rührige Unternehmer, die versuchen, den Menschen Einkaufserlebnisse zu bieten.

Aber folgendes möchte ich auch sagen: Der Bundesgesetzgeber hat in diesem Fall keinen Handlungsbedarf, sondern sehr viel wird auf politischer Ebene in den Ländern, Gemeinden und Städten entschieden.

Wenn man in den Städten die Zufahrten, das Parken für den Konsumenten verteuert, während außerhalb der Städte große Parkplätze geschaffen werden, die kostenfrei sind, wo man günstig zufahren kann und eigene Abfahrten zur Verfügung stehen, und auf Landesgesetzgeberebene den Bau von Großzentren erleichtert, während man für die städtischen Kaufleute alles erschwert, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn sich der Anteil der Nahversorgung im städtischen und ländlichen Raum verringert. (Beifall bei der ÖVP.)

Es sind die Gemeinden und Länder aufgefordert, in diesem Falle tätig zu werden.

Aber es gibt noch etwas anderes, womit wir uns, wie ich glaube, auseinandersetzen müssen: Es geht auch um Marktmacht und um Vorgangsweisen in diesen Bereichen. Die Verkaufsflächen haben sich in den letzten 20 Jahren um 118 Prozent erhöht – das ist gigantisch! –, aber es kam auch zu einer Konzentration von Ketten und Firmen in einzelnen Handelsbereichen. Im Bereich der Drogeriemärkte beherrschen zwei Unternehmen in Österreich 70 Prozent des Marktes, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Lebensmittelhandel machen fünf Unternehmen in Gesamtösterreich 88 Prozent des Umsatzes!

Herr Abgeordneter Peter! Ich hätte mir gewünscht, daß Sie dort ansetzen, wo es ungleiche Wettbewerbsverhältnisse gibt. Es ist bekannt, daß ein Lebensmittelhändler seine Tiefkühltruhe selbst berappen, selbst bezahlen muß, während die Ketten es als selbstverständlich ansehen, daß sie vom Lieferanten eine Tiefkühltruhe kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen, Dienstleistungen ausgliedern, indem Regale von der Industrie beschichtet werden.

Wenn Sie mehr Liberalität und mehr Markt verlangen, dann müssen Sie auch die Großen, die Industrie, die Erzeuger unter Druck setzen. Das ist nämlich das Problem!

Was erreichen wir? – Eine Verengung des Angebots, der Konsument bekommt überall die gleichen Waren. Und das ist ein Problem! Da müßte man ansetzen! Damit müssen wir uns auseinandersetzen!

Herr Abgeordneter Mag. Peter! Ich habe mich gewundert, daß Sie nicht vom Kartellrecht gesprochen haben. Ich weiß, daß sich der Herr Bundesminister in der Bundesregierung besonders dafür engagiert, daß ein neues Kartellrecht geschaffen wird, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Das ist notwendig ... (Abg. Haigermoser: Das ist ja ungeheuerlich! Wie lange warten Sie noch?) Herr Abgeordneter Haigermoser! Sie wissen selbst genau, wie schwer verschiedene gesetzliche Regelungen durchzusetzen waren. Es wird Zeit, daß wir für die Schaffung eines Kartellrechts eintreten, was wir, wie ich glaube, auch machen können. Andere Fragen müssen auch auf anderen Ebenen behandelt werden. Auch von den Konsumenten wünsche ich mir – und ich lade sie dazu ein –, daß sie bei ihrem Nahversorger einkaufen. (Beifall bei der ÖVP.)

9.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. Gleiche Redezeit. – Bitte.

9.34

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zum Unterschied von Helmut Peter meine ich, daß die Einkaufszentren-Verordnung des Bundesministers ein taugliches Instrument ist, in Randbereichen die Dinge in den Griff zu bekommen. Ich stehe nicht an, das zum wiederholten Mal zu sagen.

Aber, Helmut Peter, so einfach ist die Geschichte wirklich nicht: 24 Stunden aufsperren, und das Abendland – die Nahversorgung – ist gerettet. (Abg. Mag. Peter: Das ist Polemik!) Wenn man eine derartige Milchmädchenrechnung anstellt, dann ist das meiner Ansicht nach tiefster Manchester-Liberalismus. Stichwort Großbritannien, Manchester-Liberalismus: Dort gibt es dieses Rezept. Wie schaut denn dort die Nahversorgung aus? – Es handelt sich um eine Nahversorgungswüste! Also diese Beispiele wollen wir nicht nachahmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Also mir ist schon lieber ein Ordoliberalismus, meine Damen und Herren, wo es dem Mittelstand ermöglicht wird, wirtschaftlich zu handeln.

Frau Tichy-Schreder! Kartellrecht: In Ordnung, wir wissen ganz genau, daß das Kartellrecht in Österreich zahnlos ist. Jüngstes Beispiel: Herr Bundesminister Farnleitner ließ anläßlich des Rewe/Billa-Deals die Muskeln spielen. Er hat gemeint, er werde sich mit dem Kartellrecht stark machen, um die ausufernde Marktmacht einzudämmen. – Da hat er gesehen, daß das Kartellrecht in Österreich ein Nonsens ist.

Sie, Ihre Partei, haben, insbesondere auf Geheiß anderer Multis, ein taugliches Kartellrecht in diesem Lande verhindert! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wenn Sie heute hier endlich die Schaffung eines Kartellrechtes fordern, damit die Marktmacht eingedämmt werden kann, dann kann ich nur sagen: Dieses Weihnachtsmärchen können Sie am 24. Dezember Ihren Enkelkindern unter dem Christbaum erzählen, Frau Tichy-Schreder! Hören Sie doch endlich damit auf, sich das zu wünschen, was Sie längst hätten selbst durchführen können!

In der jüngsten Ausgabe von "Regal", der Fachzeitschrift des Handels in Österreich, ist zu lesen: 12 Prozent der Orte ohne Nahversorgung! – Das ist ein Alarmzeichen. Herr Bundesminister! Die Lücke in der Nahversorgung explodiert.

Dünne Lippenbekenntnisse finden sich in Anfragen, wovon ich einige herausgesucht habe. Frau Hagenhofer hat sich im Jahr 1995 in einer parlamentarischen Anfrage, also auch verbal, für die Nahversorger stark gemacht. Damals hat noch Herr Wolfgang Schüssel, der Tausendsassa, seines Zeichens noch Wirtschaftsminister, geantwortet.

Meine Damen und Herren! Das heißt also, Sie sind pausenlos säumig! Sie haben Lippenbekenntnisse abgegeben, aber wenn es "ans Eingemachte geht", dann sind Sie auf Tauchstation.

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Natürlich muß es regionale Möglichkeiten geben, die Ladenöffnungszeiten besser auszunützen – das ist keine Frage –, aber eine generelle Verlängerung der Öffnungszeiten hat bis dato nur den Multis genutzt; Beispiele dafür gibt es. Und ich sage Ihnen deutlich aus freiheitlicher Sicht: Die Absicht, am Sonntag generell aufsperren zu lassen, ist ein Anschlag auf den Mittelstand, gleichzeitig gegen die Familien, schlußendlich auch gegen die wertvollen Vollzeitarbeitsplätze und gegen die Lehrlingsausbildungsplätze. Daher werden Sie uns auf diesem Felde, bei diesem Anschlag nicht auf einer Linie finden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sagen: Finger weg vom Sonntag, denn wir sind auch für die Kultur in diesem Lande zuständig. Wir wollen, daß der Nahversorger im Ort überlebt und am Sonntag bei der Blasmusik spielen und bei der Feuerwehr tätig sein kann. Das kann Ihnen Wurscht sein, Helmut Peter, uns ist das nicht Wurscht, und wir wollen, daß auch dieses kulturelle Beieinander, Miteinander in diesem Lande lebt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Deshalb haben wir einen Schulterschluß zwischen Wirtschaft und Arbeitnehmern vorzunehmen und sind gegen diese billigen Ein-paar-hundert-Mark- oder Ein-paar-hundert-Schilling-Jobs, wodurch wir die Familien zerreißen und die gesamte gesellschaftspolitische Relevanz in diesem Lande kaputtmachen. Da sind wir nicht dabei, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Natürlich gehört auch die Raumordnung dazu. Da komme ich jetzt wieder zu der rot-schwarzen Kamarilla, meine Damen und Herren. Da gibt es einen Bürgermeister namens Bieringer, Bundesrat ist er auch, der über das Gesetz hinwegfährt, auf der grünen Wiese einen Bau nach dem anderen errichten läßt, auch Schwarzbauten, und dann sagt: Jetzt geben wir einen Markt hinein, es ist ja ohnehin schon gebaut worden, jetzt kann man nichts mehr machen. Herr Schausberger, Landeshauptmann von Salzburg, macht dort die Räuberleiter; und Herr Buchleitner, sozialistischer Landeshauptmann-Stellvertreter, läßt rote Zettelchen für die Arbeitsplätze in diesem Schwarzbau verteilen, meine Damen und Herren, im Wissen, daß ein Arbeitsplatz auf der grünen Wiese drei Arbeitsplätze in den Mittelstandsbereichen vernichtet! – Also so eine Rechnung würde ich als Sozialdemokrat nicht aufmachen!

Meine Damen und Herren! Das ist billiger Populismus! Das werfen Sie uns immer vor. Ich sage Ihnen: Das, was sich in Salzburg zurzeit tut – Buchleitner, Schausberger –, ist billiger Populismus und leistet dem Gesetzesbruch Vorschub, meine Damen und Herren. Dem werden wir Freiheitlichen nicht zustimmen. Wir sind für eine ehrliche Nahversorgungspolitik mit Ecken und Kanten – aber nicht für Manchester-Liberalismus und für Gesetzesbruch. Da können wir auf keinen Fall zustimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

9.40

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Daß Ihnen erst heute in der Früh das Thema Nahversorgung unter den Nägeln brennt, kommt reichlich spät. Eigentlich hätten schon längst, nämlich schon vor 20 Jahren, die Alarmsignale schrillen müssen.

Herr Minister! Sie haben vor einem Jahr eine Novelle zum Einkaufszentrengesetz vorgelegt, die der Errichtung weiterer Einkaufszentren künftig einen Riegel vorschieben soll. Dies haben Sie getan, weil die Nahversorgung jetzt bereits zusammenbricht, weil die Nahversorgung sukzessive über zehn Jahre, ich will sogar sagen, über 20 Jahre hinweg ausgehöhlt worden ist. Sie haben jetzt versucht, einen letzten Rettungsanker zu werfen. Dafür danke ich Ihnen. Bitte, lassen Sie nicht zu, daß diese Novelle wieder liberalisiert wird. Aber Sie haben den Rettungsanker viel zu spät geworfen. Sie von der ÖVP und Sie von der SPÖ haben bereits jahrelang an der Nahversorgung "gesägt".

Inwiefern? – Erstens: Die Raumordnung in den Ländern, in den Gemeinden war extrem nahversorgungsfeindlich, weil die Bürgermeister – sprechen wir es offen aus – die Steuern von den Supermärkten kassieren wollten. Die Bahn war frei für Großmärkte, weil sie Geld in die Gemeindekassen brachten. Die Bahn für die Nahversorgung war verstellt, und die Schranken gingen runter. Dabei wissen wir, daß die Nahversorgung einen sozialen und kommunikativen Aspekt hat und vor allem auch verkehrspolitisch und im Hinblick auf die allgemeine Versorgung wesentlich günstigere Strukturen bietet als ein Einkaufszentrum. Da liegt der Hase im Pfeffer! In der Frage der Raumordnung hätte rechtzeitig gehandelt werden müssen. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt: Sie haben ganz korrekt festgestellt, Herr Minister, die Konsumenten könne man nicht zwingen, die Konsumenten entscheiden selbst. Die Konsumenten fahren dorthin, wo es billiger ist und sie leicht einen Parkplatz finden. Die Rahmenbedingungen dafür schaffen Sie! Die Konsumenten würden viel lieber "ums Eck" einkaufen, wenn es dort noch das Angebot gäbe. Dieses Angebot hat es früher auch gegeben. Der "Einkauf ums Eck" ist nämlich weniger zeitaufwendig und auch sozial interessanter. Er hält sozusagen auch nachbarschaftliche Beziehungen aufrecht.

Aber dieser "Einkauf ums Eck" wurde durch eine Verkehrs- und Raumordnungspolitik untergraben, die immer wieder die Großbetriebe, die Großeinkaufszentren bevorzugt. Sie haben nicht dafür gesorgt, daß die Einkaufszentren auch für die Schaffung der notwendigen Infrastruktur zahlen, wie es einer tatsächlichen Kostenwahrheit entsprechen würde, und dann eben auch zum Beispiel die Kosten für die Zufahrtswege und das Parkplatzangebot in ihre Preiskalkulationen mit einbeziehen.

Ich habe hier und heute gehört, das Kartellrecht sei längst novellierungsbedürftig. Es müßte tatsächlich etwas unternommen werden, damit nicht mit Angeboten zu Dumpingpreisen der Nahversorgung die Existenzgrundlage entzogen wird.

Man muß sich endlich einmal überlegen, wie Verkehr und Parkplätze für die Einkaufszentren betriebswirtschaftlich zur Geltung gebracht werden könnten. Wir brauchen so etwas wie eine "Verkehrserregerabgabe", die wirklich einmal die Lasten gerecht verteilt, denn Einkaufszentren locken Verkehr an und ziehen somit auch volkswirtschaftliche Kosten nach sich. Ich plädiere: Machen Sie sich stark für eine "Verkehrserregerabgabe", damit in dieser Hinsicht endlich Chancengleichheit hergestellt wird!

Der von den Liberalen eingebrachte Aspekt der Ladenöffnungszeiten ist für mich sekundär. Primär sind der Verkehrsbereich und die Raumordnung. Ich möchte hier aber klar und deutlich sagen: Wir sind dagegen, daß die Sonntagsruhebestimmungen ausgehöhlt werden. Es muß gesellschaftliche Kernzeiten geben, in denen die Kommunikation in den Familien, in Freundeskreisen und in der Nachbarschaft möglich ist. (Abg. Mag. Peter: Stellt keiner in Frage!) Durch eine totale Liberalisierung der Arbeitszeit, Tag und Nacht, die ganze Woche hindurch und das ganze Jahr über, hätten wir aber keine gesellschaftlichen Kernzeiten mehr.

Für mich geht es beim Thema Nahversorgung nicht um Fragen der Ladenöffnungszeiten, sondern um ein kundenorientiertes Angebot zu gerechten Preisen. Gerechte Preise kann ich nur dadurch herstellen, daß ich die Einkaufszentren zwinge, das, was sie an Kosten durch Lärm, Schadstoffe et cetera verursachen, auch zu zahlen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Müller.)

9.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

9.45

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte der Frau Abgeordneten Dr. Moser in Erinnerung rufen, daß es zwar richtig ist, daß wir Kernzeiten brauchen, daß wir aber in der österreichischen Gesellschaft den Menschen die Kernzeiten nicht per Verordnung vorschreiben müssen. Frau Abgeordnete Moser, ich weiß nicht, wie Sie zum Beispiel gegenüber den Straßenbahnfahrern und Straßenbahnfahrerinnen argumentieren, die auch am Sonntag arbeiten müssen. Wie argumentieren Sie gegenüber den Ärzten? Wie argumentieren Sie gegenüber den Ärztinnen? Wie argumentieren Sie gegenüber den Krankenpflegern und Krankenpflegerinnen? Wenn sich die Familie trifft und zum Beispiel am Sonntag gemeinsam ausgeht, sucht sie auch gern ein Gasthaus auf und läßt sich dort von jemandem bedienen. Während man all das akzeptiert, wird auf der anderen Seite so getan, als müsse man den heiligen Sonntag erhalten und dürfe den Menschen nicht zugestehen, sich ihre Kernzeiten selbst einzuteilen. Es ist nicht so, daß diese große Koalition bestimmen kann, wann sich die Menschen zusammenzusetzen und miteinander zu reden haben! (Abg. Koppler: Fragen Sie die Menschen!) Das sollen sich die Leute doch selbst einteilen! Das braucht ihnen nicht per Gesetz oder Verordnung vorgeschrieben zu werden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Tichy-Schreder hat hier wortreich die Konzentration beklagt, die am österreichischen Markt besteht. Wann ist denn diese Konzentration entstanden? Was hat denn gerade die Wirtschaftskammer dagegen getan, daß diese Konzentration im Marktbereich entsteht? Die Wirtschaftskammer klagt doch nur ihre Zwangsmitglieder mit dem Geld, das sie ihnen vorher abgenommen hat, wenn sie sich nicht an das halten, was die Kammer haben will.

Das ist doch in Wirklichkeit alles, was in dieser Hinsicht geschieht: Zuerst zwingen Sie die Leute in eine Organisation, Sie nehmen ihnen das Geld ab, und dann klagen Sie sie mit deren eigenem Geld. Sie schicken ihnen Detektive nach. Sie lassen diese Detektive beispielsweise in ein Fotogeschäft gehen, um sich dort fotografieren zu lassen. Dann bekommen diese Geschäftsleute eine Anzeige, weil es aus irgendeinem Grund nicht gepaßt hat. Im betroffenen Geschäft könnte beispielsweise ein Fotoautomat aufgestellt sein. In diesem Fall verhält es sich so, daß zwar die Kundschaft selbst ein Bild machen darf, indem sie auf den Knopf drückt – Sie kennen ja diese Automaten auf den Bahnhöfen –, aber der Betreiber des Fotogeschäftes darf – mangels Konzession – nicht fotografieren. Wohl aber darf er einen Apparat in sein Geschäft stellen, und die Leute dürfen sich damit selbst fotografieren! Das ist Ihre Wirtschaftspolitik! Krämerseelenmentalität ist das! Krämerseelenmentalität! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es geht auch noch um etwas anderes, meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Tichy-Schreder hat gesagt, in diesem Falle seien doch die Länder gefordert. Die Länder sind gefordert, Frau Abgeordnete, aber es ist auch der Bund gefordert! (Abg. Tichy-Schreder: Stadt und Land – das habe ich gesagt!)

Es wurde eine Petition zur Sicherung der Lebensmittelnahversorgung eingebracht, in der darum gebeten wird, daß alle Bundesregelungen, die die Initiative des Lebensmittelnahversorgers einschränken und seinen Kampf um wirtschaftliche Existenz schwächen, aufgehoben werden mögen. Diese Damen und Herren werden doch keine Leute sein, die vielleicht andere knechten wollen, die sich schon darauf freuen, Angestellte zu haben, die sie dann, die weinenden Kinder zu Hause zurücklassend, am Sonntag in ihr Geschäft zwingen können, um sie Überstunden machen zu lassen, für die sie ihnen dann nichts zahlen.

Was ist denn das für eine Haltung, mit der Sie auch Ihren Mitgliedern gegenübertreten? Sie können doch nicht ernsthaft behaupten, daß das, was bisher an Politik seitens der Wirtschaftskammer gemacht worden ist, den Nahversorgern wirklich geholfen hätte. Reden wir doch darüber, meine Damen und Herren, wieviel an Infrastruktur für Großmärkte bereitgestellt wird – und da stimme ich durchaus der Frau Abgeordneten Dr. Moser zu – und was etwa im Bereich der Verkehrspolitik, gerade auch im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs, für die Nahversorgung gemacht wird. (Abg. Tichy-Schreder: Ich habe immer betont, wie wichtig das ist!)

Das haben Sie gesagt. Aber, Frau Abgeordnete, denken Sie doch daran: Sie sind sogar in einer Regierungspartei, und zwar seit zwölf Jahren! Sie hätten doch die ganze Zeit entsprechend handeln können! Sie können sich jetzt nicht nur hierherstellen und in der Aktuellen Stunde sagen: Das habe ich ja gesagt. Denn wenn Sie heute, nach zwölf Jahren, sagen, das habe ich ja gesagt, dann sagen Sie implizit auch, ich habe nichts gemacht. Und genau das ist es, was Ihnen Herr Abgeordneter Mag. Peter vorgeworfen hat! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte Ihnen noch einen Beleg bringen. Ich habe mich sehr gewundert über den Herrn Bundesminister, von dem durchaus auch zu sagen ist, daß er etwa im Bereich der Elektrizitätsversorgung mit sehr innovativen und gescheiten Vorschlägen von europäischem Format hervorgetreten ist. Gestoppt wurde er von den Landeshauptleuten, von den Energieversorgern auf Landesebene und zahlreichen anderen Lobbies.

Der Herr Bundesminister hat hier gesagt: Wir haben eigene Öffnungszeiten für die Pendlergemeinden – diesbezüglich gibt es eine eigene Verordnung –, wir haben eigene Öffnungszeiten für die Tourismusgemeinden, und wir haben eigene Öffnungszeiten für die Ortskerne. Und dann behauptet der Herr Bundesminister, das sei liberal. Das ist nicht liberal! Das ist bürokratisch, und zwar im schlimmsten Maße bürokratisch. Muß eine Mutter mit zwei Kindern 16 Verordnungen kennen, um zu wissen, wann sie wo einkaufen kann? Das ist doch heute die Situation, Frau Abgeordnete! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nein, ich sage Ihnen noch einmal: Was diese Bundesregierung in Sachen Ladenöffnungszeiten oder Wirtschaftsorganisation macht, hat mit liberal nichts zu tun. Es handelt sich um eine Kammerorganisation, in die Sie die Leute zwangsverpflichten und in der Sie ihnen, bevor sie überhaupt zu arbeiten anfangen dürfen, das Geld abnehmen. Wenn die Leute nicht das tun, was Ihnen paßt, setzen Sie sie mit dem Geld, das Sie ihnen zuvor abgenommen haben, der gesetzlichen Verfolgung aus; sie werden mit Wettbewerbsklagen niederkonkurrenziert. Das geschieht nicht nur in der Nahversorgung, sondern auch etwa bei den Fahrschulen. Ich kenne einige Beispiele, über die in diesem Hause auch noch zu reden sein wird. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. – Bitte.

9.51

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Debatte ist in erster Linie eine Debatte über die Öffnungszeiten. Ich glaube, es ist notwendig, daß man sich einmal die Öffnungszeiten klar vor Augen führt. Es gibt die Möglichkeit, von Montag bis Freitag von 6 Uhr bis 19.30 Uhr zu öffnen, die Bäckereibetriebe schon ab 5.30 Uhr, und außerdem jeden Samstag bis 17 Uhr. (Abg. Mag. Peter: Wir kennen die Öffnungszeiten! Was soll das?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die maximale Öffnungszeit beträgt 66 Stunden in der Woche. Außerdem gibt es auch noch die Sonderregelungen für Fremdenverkehrsgemeinden durch den Landeshauptmann. Jetzt frage ich mich eines: Ist denn das nicht genug, meine sehr geehrten Damen und Herren? Es ist bezeichnend, daß die Handelsketten sofort dagegen opponiert haben, als man das beschlossen hat. Es ist auch jedem Laien klar, daß ausgedehnte Öffnungszeiten auch Umsatzerweiterungen mit sich bringen müssen. Großbetriebe können mit Schicht- und vor allem auch mit Teilzeitarbeitszeitsplätzen agieren und tun dies auch ausreichend und meistens alles andere als human. Da bleibt der kleine Betrieb, der Familienbetrieb sicherlich auf der Strecke. Das hieße nämlich, wenn man da auch nur einigermaßen mithalten wollte, rund um die Uhr zu arbeiten. Denn die Vertreter der Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft finden ja das Einkaufsvergnügen um Mitternacht ganz besonders schick. Und das sind nicht selten genau jene, die selbst mit großer Selbstverständlichkeit jeden Tag um 16.15 Uhr ihren Betrieb verlassen, aber von den anderen erwarten, daß sie zu jeder Tages- und Nachtzeit da sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist für mich inakzeptabel. Ich bin ein Wirtskind. Ich weiß, wovon ich rede. Wir haben in der Regel einen 16-Stunden-Tag, und ich weiß, was da auf der Strecke bleibt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Haigermoser: Das bringt Ihnen aber auch Geld! Was aber ist mit den Mitarbeitern?) Nein, die Mitarbeiter bleiben nicht auf der Strecke, da kannst du sicher sein, lieber Kollege Haigermoser. Aber eines möchte ich schon sagen: Was da an Familiärem auf der Strecke bleibt, das ist gewaltig. Die Kinder hätten gerne die Mutter zu Hause, wie wir heute schon gehört haben, das ist aber nicht der Fall. Und jeder Abend ohne Mutter ist unwiederbringlich. Das möchte ich gleich einmal ganz deutlich herausstreichen.

Meine Damen und Herren! Wir sollten danach trachten, daß die Familien so häufig wie nur möglich zusammenbleiben können und daß Zustände wie die eben angesprochenen nicht die Norm werden. Ich kann einfach nicht verstehen, daß man immer wieder hört, daß diese Arbeitsmodelle doch so günstig und für den Arbeitnehmer so gut seien. Das stimmt doch überhaupt nicht. Es ist einfach nicht wahr. Wahr ist vielmehr, daß der, der zu den Zeiten nicht kommen will, die die Verkaufsketten als genehm empfinden, gleich zu Hause bleiben kann. Der hat nämlich keine Chance mehr.

Jetzt möchte ich Ihnen etwas ganz Interessantes mitteilen, meine Damen und Herren: In Amstetten wurde ein "Tag der Unternehmerin" veranstaltet. Es waren 400 Frauen anwesend, 400 Unternehmerinnen. Dort wurde unter anderem auch darüber abgestimmt, wie denn die Unternehmerinnen selbst zu dieser Frage stehen. Und das sind die, die das von drinnen beurteilen! Wissen Sie, wie die Abstimmung ausgegangen ist? – 399 zu 1 für die Nichterweiterung der Öffnungszeiten! Das ist ein Faktum. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Haigermoser.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch ganz kurz auf die Äußerung eingehen: Was ist denn mit dem Straßenbahner? Was ist denn mit dem Spitalsangestellten, was mit dem Polizisten? Ja sind denn das nicht schon genug, die keinen Sonntag haben? Als Christ möchte ich von diesem Pult aus sagen: Ich finde es einfach wichtig, daß der, der am Sonntag vormittag zur Messe gehen will, das auch tun kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat einen Vorschlag gemacht, der mir sehr gut gefallen hat: die Smart-Card. Ich glaube, das ist eine gute Sache. Die Citypolitik ist ebenfalls eine gute Sache. Wenn wir das alles voll ausnützen, dann erweisen wir dem Nahversorger einen viel, viel besseren Dienst, als wenn wir einen Persilschein ausstellten, den die Großmärkte ausnützen würden, um sich ungehemmt über jegliche Beschränkung von Öffnungszeiten hinwegzusetzen. Dagegen wehre ich mich als Sozialdemokrat, und dagegen wehre ich mich auch als Mitglied des Freien Wirtschaftsverbandes im Sinne der klein- und mittelständischen Unternehmer. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

9.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Horngacher. – Bitte.

9.55

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Bereits 237 Dörfer in Österreich haben keinen Nahversorger mehr, allein in Tirol sind es 35. Dies ist sicher eine Entwicklung, die wir alle hier nicht wollen. Besonders betroffen ist natürlich der ländliche Raum mit seiner geringen Bevölkerungsdichte. Wird ein Supermarkt eröffnet, wird stets verkündet, wie viele Arbeitsplätze dadurch entstehen. Aber wie viele Arbeitsplätze durch ihn verlorengehen, wird nicht in Rechnung gestellt. Man müßte auch diese Rechnung anstellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn im Dorf das letzte Geschäft zugesperrt hat, ergeben sich Schwierigkeiten in erster Linie für ältere Menschen, die kein eigenes Auto zur Verfügung haben, und für junge Mütter mit Kindern, deren Mann mit dem Auto zur Arbeit gefahren ist und die daher tagsüber ebenfalls über kein Auto verfügen.

Natürlich ist es auch eine Sache des Bewußtseins der Konsumenten. Ich kann nicht erwarten, daß das Lebensmittelgeschäft oder das Gemischtwarengeschäft im Dorf überlebt, wenn ich dort nur einkaufe, was ich im Supermarkt vergessen habe. Das wird ja leider vielfach so gemacht. Ich muß das mit allem Nachdruck ins Bewußtsein rufen. Wir von der Bäuerinnenorganisation haben heuer den Schwerpunkt "Nahversorgung" gesetzt, um diesbezüglich Bewußtsein zu schaffen. Wenn im Dorf ein Geschäft einmal zugesperrt hat und dann nach großen Protesten und mit Hilfe der Gemeinde wiedererweckt worden ist und wieder aufgesperrt wurde, dann ist dieses Bewußtsein weit eher vorhanden und dann wird auch das ganze Sortiment genützt. Es wird dort wieder viel mehr eingekauft.

Daß die Konzentration der Marktmacht sehr groß geworden ist, wissen wir. Damit ist aber auch eine Wettbewerbsverzerrung gegeben, denn Großmärkte kaufen wesentlich günstiger ein, und sie haben viele Voraussetzungen, die der Kleine so nicht hat. Ich bin dafür, daß wir ein Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis doch wieder einführen, denn Lockartikel drücken unsere Preise. Schauen Sie sich an, was in der letzten Sonntags-"Krone" angeboten wird: Schweinsschulter, das Kilo 29,90 S, Schweinsschnitzelfleisch, das Kilo 49,90 S. Was bewirkt das? – Es bewirkt, daß der kleine Metzgerbetrieb zusperren muß, daß er nicht mehr mitkommt, und es bewirkt, daß der Bauer zugrunde geht. Es ist ganz unmöglich, zu solchen Preisen zu produzieren, und es ist meiner Ansicht nach moralisch nicht zu vertreten, daß Lockartikel in solcher Zahl und zu solchen Preisen angeboten werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Vielfach liegt es aber auch an der Raumordnung und an den Ländern. Im Sinne der Raumordnung wird heute ein Einfamilienhaus dann am besten gefördert, wenn es auf einem sehr kleinen Grund steht, 600 Quadratmeter zum Beispiel. (Abg. Scheibner: Hier regt ihr euch auf, dabei macht ihr doch selbst in den Ländern und Gemeinden diese Politik! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Die Grundgröße spielt bei Großmärkten dagegen anscheinend eine zu geringe Rolle. Man müßte dafür sorgen, daß Großmärkte die Infrastrukturkosten zu tragen haben, daß mehrgeschoßig gebaut werden muß, daß Tiefgaragen errichtet werden müssen, denn sonst ist die Kostenwahrheit zwischen Großmarkt und Nahversorger überhaupt nicht gegeben.

Eine gut funktionierende Nahversorgung ist für das gesellschaftliche Leben im Dorf sehr wichtig. Zur Nahversorgung gehört natürlich auch die ärztliche Versorgung. Es gehört dazu, daß die Schule im Dorf bleibt. Wenn Politik als Aufgabe sieht, mehr soziale Gerechtigkeit zu bringen und eine Verbesserung des menschlichen Zusammenlebens, so muß der Konzentration der Marktmacht entgegengewirkt werden. Markt allein kann es nicht sein. Es muß soziale Marktwirtschaft sein, ja es muß ökosoziale Marktwirtschaft sein.

Noch ein Wort zu den Öffnungszeiten. Da bin ich mit dem Liberalen Forum nicht einer Meinung, denn ich glaube nicht, daß der Nahversorger deshalb zusperren muß, weil er am Sonntag nicht aufsperren kann. – Der Sonntag jedenfalls muß der Familie vorbehalten bleiben, und es muß möglich und gesichert sein, daß die Menschen am Sonntag ihre religiösen Pflichten erfüllen können. Das ist wesentlich wichtiger als der Markt und alles andere. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend: Ich bin absolut dagegen, daß am Sonntag die Geschäfte generell aufgesperrt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

10.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Haller. – Bitte.

10.00

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich billige meiner Vorrednerin, Kathi Horngacher, wirklich zu, daß sie die Entwicklung im Bereich der Nahversorgung persönlich bedauert, aber folgendes muß ich dich schon fragen, Kathi: Hast du vergessen, wer in Österreich in den letzten Jahrzehnten Wirtschaftspolitik gemacht hat? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist nämlich deine Partei, die für diese Entwicklung, und zwar sowohl im Bereich des Handels als auch im Bereich der Bauern, verantwortlich ist. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Und da finde ich es einfach scheinheilig und geradezu blauäugig – sowohl von dir als vor allem auch von der Frau Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Tichy-Schreder –, hier herunterzugehen und eine Entwicklung zu beklagen, für die man selbst verantwortlich zeichnet.

Warum habt ihr von der ÖVP denn dem nicht vorher Einhalt geboten? Bereits in der Zeit, als noch Ditz Wirtschaftsminister war, habe ich hier von diesem Pult aus diese Entwicklung aufgezeigt und davor gewarnt. Aber was hat der damalige Wirtschaftsminister Ditz damals zu mir gesagt? – Das sei eine notwendige "Strukturbereinigung", die dort erfolgen müsse. Das, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, habe ich als persönlich Betroffene schon als großen Hohn empfunden. Das heute zu beklagen, jedoch vorher in diesem Zusammenhang von "notwendiger Strukturbereinigung" zu sprechen, ist wirklich typisch für Sie von der ÖVP! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß es im Bereich Nahversorgung bereits viertel nach und nicht fünf vor zwölf ist, ist uns allen bewußt. Daß aber diese negative Entwicklung bereits Ende der siebziger Jahre begonnen hat, daß schon damals der Trend in diese Richtung ging, ist auch kein Geheimnis. Kollegin Moser hat ja bereits darauf hingewiesen, daß es jahrelang Versäumnisse der Regierungen gab, sodaß es überhaupt soweit kommen konnte. Die kleinen Händler wurden aufgrund der Regierungspolitik, und zwar in einer Zeit, als es noch Umsätze auch im Kleinhandel gab, daran gehindert, Eigenkapital bilden zu können.

Als die Konkurrenz größer wurde und die kleinen Händler ihre Lagerhaltung erweitern mußten, weil es eine immer größere Produktpalette gab, hat das dazu geführt, daß diese Händler kein Eigenkapital mehr hatten, um diese Lagerhaltung aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Und so wurden sie abhängig von Banken, und in weiterer Folge mußten sie Mitarbeiter entlassen, weil es sich wirtschaftlich einfach nicht mehr gerechnet hat. Diese kleinen Händler müssen so oft selbst 60 Stunden in der Woche in ihrem Betrieb arbeiten, um diesen überhaupt noch aufrechterhalten zu können.

Dann ist es ja auch kein Wunder – Kollege Kiermaier hat das bereits angeschnitten –, daß es gerade die Einzelhändler sind, die nicht unbedingt auf eine noch weitere Ausdehnung und Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten drängen, weil sie das mit ihren Familienmitgliedern eben nicht mehr "handlen" können. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

Herr Kollege Peter! Versäumnisse in diesem Bereich gibt es seit vielen Jahren. Wir brauchen ja nur in unser Nachbarland Italien zu schauen: Warum funktioniert dort die Nahversorgung noch ausgezeichnet? (Abg. Dr. Gabriela Moser: Export ...!) Natürlich ist das auch ein Grund, aber die Gründe sind doch vielfältiger Natur.

Ihnen persönlich, Herr Bundesminister Farnleitner, gestehe ich schon zu, daß Sie versucht haben, das Rad noch herumzureißen. Liberalere Ladenöffnungszeiten, die auch ein Grund für diese Entwicklung waren, kommen aber jetzt einfach zu spät; das Verhalten der Konsumenten hat sich bereits geändert!

Daß Sie, Herr Minister, auch einen richtigen Weg in bezug auf die Einkaufszentrenverordnung gegangen sind – zumindest in einem Teilbereich –, hat bereits mein Kollege Haigermoser ange-führt. Trotzdem: Diese Entwicklung, wie sie sich heute darstellt, ist die Folge des Versagens der österreichischen Wirtschaftspolitik seit Jahren, denn in welche Richtung das gehen wird, war doch seit langem vorhersehbar.

Das Ganze ist aber auch und vor allem als Versagen der österreichischen Wirtschaftskammer zu bezeichnen (Beifall bei den Freiheitlichen), die ja die Interessenvertretung der Händler sein sollte. Vertreter der Wirtschaftskammer sitzen ja sowohl hier im Hohen Hause als auch in der Regierung. Aber die Wirtschaftskammer vertritt seit langem nicht mehr die Interessen der kleinen Händler, sondern nur mehr die der großen Handelsketten. (Abg. Dr. Stummvoll: So ein Unsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und das ist eine der größten Ursachen für jene Entwicklung, an der wir heute zu leiden haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

10.06

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich bin mit meiner Vorrednerin, Kollegin Haller, über weite Strecken ganz einig; das ist ein ganz neues Gefühl für mich. Man hat tatsächlich den Eindruck, daß die meisten Debattenbeiträge von Oppositionsparteien stammen.

Frau Tichy-Schreder! Es ist natürlich richtig, daß die Konzentration im Handel "beeindruckende" – um es sarkastisch auszudrücken – Ausmaße angenommen hat. Ich bin mir auch nicht sicher, ob das mit Hilfe des Kartellrechts hätte bekämpft werden können, aber, Frau Abgeordnete Tichy-Schreder, wenn Sie dieser Meinung sind, dann muß ich Ihnen sagen: Es hätten wohl ÖVP und SPÖ, die die Bundesregierung sozusagen seit undenklichen Zeiten bilden, genug Zeit gehabt, dem Kartellrecht jene Zähne zu geben, die es derzeit eben nicht hat. Daß das Kartellrecht sozusagen zahnlos ist, ist nicht unbekannt; das wissen wir seit vielen Jahren.

Ich möchte mich jetzt auf budgetäre beziehungsweise steuerpolitische Fragen beschränken. Das erste wäre selbstverständlich, daß man einmal mit der Subventionierung der Einkaufszentren am Gemeinderand, am Stadtrand und so weiter aufhört. Das ist zwar nicht primär bundespolitische Aufgabe, sondern Sache der Gemeinden und des Landes, aber da muß man sich schon einmal überlegen, wieso sich die Gemeinden so erpressen lassen, und zwar eine nach der anderen, wahrscheinlich in der Angst: Wenn wir das nicht machen, macht es eben die Nachbargemeinde und so weiter – diese "Spiele" kennen wir ja –, aber da müssen von der Landesebene her – das ist nicht so einfach, das weiß ich schon – Mechanismen gestaltet werden, mit denen diese Art von Subventionierung verhindert wird.

In steuerlicher Hinsicht – und da ist teilweise schon der Bund gefragt – ist es noch nicht ganz ausgereizt, denke ich, ob man mit Pauschalierungen nicht mehr machen kann: Pauschalierungen für Klein- und Kleinstbetriebe, und zwar weniger, um die Steuerbelastung zu senken, sondern als ein Beitrag zum Abbau von Bürokratie, unter der Kleinbetriebe sehr leiden.

Es wäre auch schön, wenn Sie sich unter diesem Gesichtspunkt mehr unseren Vorschlägen im Zusammenhang mit einer ökosozialen Steuerreform nähern könnten. Was ist denn deren Grundgedanke? – Die Senkung der Lohnnebenkosten, aber auch – und das trauen Sie sich halt nicht! – die Verteuerung des Transports. Kürzere Transportwege würden nach einer solchen Steuerreform interessanter: Bei holländischen Tomaten beispielsweise gäbe es dann einen Wettbewerbsnachteil gegenüber steirischen.

Das alles würde das Greißlersterben zwar nicht im Kern bekämpfen, aber einen Regionalisierungseffekt – von uns als willkommen erachtet – hätte das schon. (Abg. Tichy-Schreder: Wenn Sie von den holländischen Tomaten sprechen: Die holländischen Tomaten fahren zuerst durch ganz Deutschland! Das ist ein europäisches Problem! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich sagte ja: Das würde jetzt das Greißlersterben nicht beenden, aber einen Regionalisierungs-aspekt hätte das Ganze schon.

Die von meiner Kollegin Gabi Moser bereits erwähnten Verkehrserregerabgaben – wahrscheinlich auf Landesebene zu regeln; die Frage ist, wie man da die Bemessungsgrundlagen definiert: nach Quadratmetern, nach Parkplätzen – wären ein Beitrag dazu, ein Mehr an Wettbewerbsgleichheit zwischen in Städten oder Gemeinden ansässigen Gewerbetreibenden und diesen Einkaufszentren erzielen zu können.

Letzter Punkt, Herr Minister Farnleitner. Wir von den Grünen haben diese Einkaufszentrenverordnung mit etwas Bauchweh unterstützt, weil das einen schweren Eingriff in die Gewerbefreiheit darstellt, aber ich würde mich freuen, wenn Sie das nach zwei, drei Jahren, was eine angemessene Zeit wäre, um festzustellen, ob sich das bewährt hat, evaluieren ließen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundesminister hat noch einmal ums Wort gebeten. – Bitte, Herr Minister.

10.10

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Gleich zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Van der Bellen. Vor drei Wochen haben wir eine interne Evaluierung der Einkaufszentrenverordnung – von Anwälten bis Nutzern – durchgeführt. Wir haben fast einstimmig Unterstützung erhalten – mit Ausnahme eines Kaufhausbetreibers –, und zwar auch von kritischen Anwälten, denn es zeigt sich: Ein Wettlauf um Standorte von Großläden in Österreich bricht gerade wieder aus. Es haben sich einige große Ketten, wie zum Beispiel Hornbach, entschlossen, noch viele Standorte zu bilden. Es haben weiters Textilketten beschlossen, Österreich zum Standort zu machen.

Hohes Haus! Das, was an der Einkaufszentrenverordnung vielleicht unterschätzt wird: Diese zwingt, wenn sie umgesetzt wird, die Großinvestoren wieder in die Zentren der Städte, dorthin, wo daneben auch kleinere Betriebe leben können. Und das merken wir bereits an einigen Beispielen.

Was ich in diesem Zusammenhang allerdings kritisieren möchte, ist, daß es noch einen ungehemmten Wettbewerb von Gemeinden untereinander um Standorte gibt. Es kann doch nicht sein, wenn in Ried der Bürgermeister eine solche Verordnung zwar einhält, in Tumeltsham aber Sumpfgebiet zum "Ortszentrum" erklärt wird. Dasselbe gilt für Steyr und so weiter.

Daher: Da ist auch die Verantwortung der Länder gefordert. Und ich bleibe dabei: Es gibt – das sage ich in Richtung des Herrn Abgeordneten Barmüller – hinreichende Verordnungsermächtigungen – Verordnungen sind leider keine gemacht worden –, um die notwendige Flexibilität in bezug auf Öffnungszeiten herbeizuführen.

Folgendes möchte ich auch noch sagen: Es müßte doch langsam allen bewußt werden, daß in einem Land, in dem von rund 8 Millionen Einwohnern 3,2 Millionen unselbständig arbeiten, es rund eine Million Unternehmer gibt, weiters Schüler, alte und pflegebedürftige Leute, die Geschäfte meist dann offen sind, wenn ein Großteil der Österreicher nicht einkaufen kann.

Man sollte also wirklich überlegen, ob man nicht wenigstens sozusagen an den Rändern flexibler werden könnte. Und das ist mein Appell an die im Zusammenhang mit einer Umsetzung Verantwortlichen. – Ich bedanke mich, Herr Präsident. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Aktuelle Stunde ist geschlossen.

Wir werden dann zwei Abstimmungen durchführen.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vorher gebe ich noch bekannt, daß hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung nach § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung verwiesen werden kann.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände

1. Schriftliche Anfragen: 5303/J bis 5310/J.

2. Anfragebeantwortungen: 4651/AB bis 4679/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden (1520 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (1521 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz geändert wird (1522 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Immunitätsausschuß:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (26d Vr 10719/98) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Jörg Haider wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlungen nach § 111 StGB.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuß:

Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits samt Anhang und Schlußakte (1482 der Beilagen);

Finanzausschuß:

Vereinbarung über die Interpretation bestimmter Artikel des zwischen der Republik Österreich und der Republik Paraguay am 13. August 1993 unterzeichneten Abkommens über die Förderung und den Schutz von Investitionen (1477 der Beilagen);

Rechnungshofausschuß:

Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 1997 (III-157 der Beilagen);

Umweltausschuß:

Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (1523 der Beilagen).

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Wirtschaftsausschuß:

Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über Aktivitäten betreffend den Talkbergbau in Lassing seit dem 17. September 1998 (III-161 der Beilagen).

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4554/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, daß das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4554/AB zur Anfrage der Frau Abgeordneten Dr. Hlavac, 4860/J, betreffend EU-Initiativen für den Sudan durch den Herrn Außenminister durchzuführen.

Diese Kurzdebatte findet nach § 57a der Geschäftsordnung um 15 Uhr statt.

Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander beantragt hat, dem Gleichbehandlungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 146/A der Abgeordneten Kammerlander, mit dem verschiedene Bundesgesetze einschließlich der Nationalratswahlordnung geändert werden, und über den Antrag 147/A der Frau Abgeordneten Kammerlander betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird – diese beiden Anträge stehen in inhaltlichem Zusammenhang –, eine Frist bis zum 24. Februar 1999 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang auch das Verlangen von fünf Abgeordneten nach § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Diese Kurzdebatte wird im Anschluß an die vorhin bekanntgegebene Debatte über die Anfragebeantwortung stattfinden; die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag in unmittelbarem Anschluß an die Kurzdebatte.

*****

Weiters teile ich mit, daß Herr Abgeordneter Haigermoser beantragt hat, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 367/A der Abgeordneten Haigermoser betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geändert wird, eine Frist bis zum 31. Jänner des Jahres 1999 zu setzen.

Auch da liegt das von fünf Abgeordneten nach § 43 Abs. 3 GOG gestellte Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Diese Kurzdebatte wird im Anschluß an die zuvor bekanntgegebene Kurzdebatte durchgeführt. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird unmittelbar nach der Debatte stattfinden.

*****

Des weiteren teile ich mit, daß Frau Abgeordnete Dr. Schmidt beantragt hat, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 517/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Volksanwaltschaftsgesetz und das B-VG geändert werden, eine Frist bis zum 15. Dezember 1998 zu setzen.

Hier liegt gleichfalls das Verlangen nach § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Diese Kurzdebatte wird im Anschluß an die vorhin bekanntgegebene und verlangte Kurzdebatte des Abgeordneten Haigermoser stattfinden; die Abstimmung in unmittelbarem Anschluß an diese Kurzdebatte.

*****

Weiters gebe ich bekannt, daß Herr Abgeordneter Mag. Barmüller beantragt hat, dem Verkehrsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 858/A (E) der Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen betreffend die Einführung eines Gutpunkteführerscheins eine Frist bis zum 20. Jänner 1999 zu setzen.

In diesem Fall wurde die Durchführung einer Debatte nicht beantragt. Das heißt, daß die Abstimmung über diesen Antrag nach Erledigung der Tagesordnung der heutigen Sitzung stattfinden wird.

*****

Weiters gebe ich bekannt, daß Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser beantragt hat, dem Verkehrsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 954/A (E) betreffend Entwicklung eines gesamtösterreichischen Verkehrsgestaltungsplanes eine Frist bis zum 19. Jänner 1999 zu setzen.

Auch hier ist eine Debatte nicht verlangt worden. Die Abstimmung wird daher nach Ende der Verhandlungen im Zuge des heutigen Sitzungstages zur Durchführung gelangen.

*****

Beschluß der Präsidialkonferenz betreffend Erklärung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr als Punkt 2 der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hat seine Absicht bekundet, dem Nationalrat zum Thema "Verkehrspolitik im europäischen Zusammenhang" einen mündlichen Bericht zu erstatten.

In der Präsidialkonferenz wurde dem Vorschlag zugestimmt, diese Erklärung als 2. Punkt der heutigen Tagesordnung festzusetzen, jedoch mit der Maßgabe, daß die Abgabe der Erklärung spätestens um 13 Uhr beginnen wird, selbst wenn der erste Punkt der heutigen Tagesordnung bis 13 Uhr nicht beendet sein sollte.

Der Nationalrat hat das Recht, gegen die Festsetzung des Zeitpunktes Einwendungen zu erheben. – Dies ist offenbar nicht der Fall. Damit ist die Festsetzung des Zeitpunktes so fixiert.

Absehen von der 24stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Um die Punkte 4 bis 12 der heutigen Tagesordnung in Verhand-lung nehmen zu können, ist nach § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Abstandnahme von der 24stündigen Aufliegefrist erforderlich.

Es handelt sich bei den Punkten 4 bis 12 um Berichte des Sozialausschusses, und zwar: Regierungsvorlage 1518 der Beilagen betreffend Behinderteneinstellungsgesetz, Antrag 734/A (E) der Abgeordneten Haidlmayr ebenfalls betreffend Behinderteneinstellungsgesetz und Antrag 894/A des Abgeordneten Dr. Kier betreffend Behinderteneinstellungsgesetz.

Weiters: Regierungsvorlagen 1508 betreffend Arbeitsmarktförderungsgesetz, 1509 betreffend Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz.

Weiters: Regierungsvorlage 1519 betreffend EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz sowie die Anträge 845/A der Abgeordneten Dr. Kostelka und Dr. Khol betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden.

Weiters: Antrag 967/A des Abgeordneten Dr. Kier betreffend Novellierung des ASVG, BSVG und BKUVG, also Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, und der Antrag 943/A der Abgeordneten Reitsamer und Dr. Feurstein betreffend Sozialrechtsänderungsgesetz 1998.

Es geht also darum, ob der Nationalrat mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit bei Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten der Abstandnahme von der 24stündigen Auflagefrist in bezug auf die jetzt eben bekanntgegebenen Vorlagen zustimmt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Auflagefrist zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit so beschlossen.

 

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 4 bis 6, 7 und 8, 10 und 11, 13 und 14 sowie 17 und 18 der Tagesordnung zusammenzufassen. Darüber hat das Hohe Haus zu befinden. Und ich frage daher: Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist dies so beschlossen.

Ich gehe nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es wurde Konsens über die Dauer der heutigen Debatten wie folgt erzielt: Es wurde eine Tagesblockredezeit von 13 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 195 Minuten, ÖVP 182 Minuten, FPÖ 169 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 117 Minuten.

Auch hierüber hat der Nationalrat zu befinden. Gibt es Einwendungen gegen diesen Vorschlag. – Das ist nicht der Fall. Dann sind diese Redezeiten einstimmig so festgelegt.

1. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1428 und Zu 1428 der Beilagen): Mineralrohstoffgesetz – MinroG, und

über den Antrag 659/A (E) der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen betreffend Bergrechtsreform (1527 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ein Verlangen nach Berichterstattung liegt nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Die Redezeit ist auf 7 Minuten gestellt. (Rufe bei den Freiheitlichen: Wo ist der Minister? Wo ist der Minister?)

Herr Abgeordneter Grollitsch, sind Sie bereit, Ihre Rede zu beginnen, oder sollen wir zwei Minuten warten? Der Herr Minister hat gerade die Aktuelle Stunde absolviert, vielleicht ist er in 3 Minuten wieder hier. Ich überlasse das Ihnen. (Abg. Dr. Grollitsch: Ich möchte auf die Anwesenheit des Herrn Ministers warten!)

Gut, dann unterbreche ich ganz kurz die Sitzung, weil ich davon ausgehe, daß auch der Herr Minister daran interessiert ist, an der Debatte teilzunehmen.

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.)

Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch, Sie haben das Wort.

10.23

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der 4. Dezember ist der Tag der Heiligen Barbara, der Tag der Bergleute. Als Montanist habe ich mir gestattet, das Festkleid des Bergmannes, den Bergkittel, heute zu tragen, wie das viele Österreicher bei den diversen Feiern, bei den Barbarafeiern, in ganz Österreich tun. Auch der Herr Marizzi wird ihn heute noch überstreifen und auch der Herr Eder wird ihn tragen, denn die OMV als Betroffene eines alten Bergrechtes, die auch durch diese Novelle recht gut aussieht, hat ja diesen 4. Dezember für ihre Mitarbeiter als arbeitsfreien Feiertag erklärt. Also ich bin sicher, Herr Marizzi, Sie werden außerhalb des Hauses heute auch in diesen Kittel schlüpfen.

Wir tragen heute ein Berggesetz zu Grabe, das über Jahrhunderte die Richtlinien für den Abbau der Bergschätze in unseren Ländern und darüber hinaus festlegte. Es ist jetzt kein Klagelied von mir zu erwarten, denn dieses Bergrecht hat in der Tat im großen und ganzen ausgedient. Der untertägige Bergbau ist zurückgegangen – das war aber auch schon im Jahr 1990 der Fall. Und das ist der Ansatz. Meine Herrschaften, wenn man sich das Protokoll vom 21. Juni 1990 hernimmt und die Novelle, die schließlich die Hereinnahme des Schotters – ich darf es der Einfachheit halber so bezeichnen – ermöglicht hat, dann war das der Moment, als das Bergrecht nicht mehr zuständig war, als dieses Bergrecht aufgeweicht und zerrüttet wurde.

Kollege Haigermoser hat damals an dieser Stelle genau das gesagt, was man heute wiederholen könnte: Es werden mit diesem Gesetz zwei Gesellschaftsformen des Abbaues installiert, und es wird sehr bald eine Novelle folgen. Es wird sich nicht durchsetzen. – Und so war es! Von 1990 bis heute hat man an diesem Gesetz gesägt – teils mit Recht, teils zu Unrecht. Nur, dieses MinroG, das heute als Ergebnis vorliegt, Herr Bundesminister, ist inkonsequent, ist kurzsichtig, ist schwach und ist schlecht. Wenn Sie gestatten, es ist ein Abbild Ihrer Person und Ihrer Fraktion. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man beachte: Zu einer Vorlage, von der behauptet wurde, daß sie über drei Jahre verhandelt wurde, gab es am 20. November dieses Jahres 73 Abänderungen, die von der ÖVP vorgeschlagen wurden. In den Ausschuß kamen immerhin 50 Abänderungsanträge, und es gab fünf Ausschußfeststellungen. Der Ausschuß wurde unterbrochen. Eine neue Methode des Demokratiespiels, meine sehr geehrten Damen und Herren: Man beruft den Ausschuß ein, läßt ihn anlaufen, unterbricht ihn mit fadenscheinigen Begründungen, dann ziehen sich Rot und Schwarz ins Kämmerlein zurück, kommen nach fünf Stunden wieder, lassen zwischendurch telefonisch die Oppositionsabgeordneten wissen, man brauche noch, und nach fünfeinhalb Stunden kommt man und sagt, so, jetzt sind wir fertig, jetzt können wir in 5 Minuten abstimmen, und es hat sich.

Da haben wir im Wirtschaftsausschuß nicht mitgespielt. Irgendwann einmal, verehrte Frau Vorsitzende Tichy-Schreder – ich glaube, dafür müssen Sie Verständnis aufbringen –, ist der Bogen überspannt. Und das war um 16.30 Uhr der Fall, um 16.30 Uhr war der Bogen überspannt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist vielleicht – wie gesagt – eine neue Qualität des Demokratiespiels: Die Regierungsparteien ziehen sich, wenn sie sich nicht einigen können, um keine Zeit zu verlieren, während der Ausschußzeit zurück und lassen die Opposition draußen warten. Wir mußten draußen warten im Zusammenhang mit der gesamten Entstehung dieses Gesetzes. Wir hätten uns gerne da oder dort eingebracht, durften das über Umwege tun, aber zur Sache selbst war unsere Meinung nicht gefragt.

Herr Bundesminister! Sie haben uns am 21. Oktober in Ihr Ministerium hineingelassen, um mit uns eine Aussprache zu pflegen (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner), bei der Sie selbst übrigens nicht anwesend waren, Ihr durchaus tüchtiger Beamter war da. Sie haben uns eine Vorlage geliefert, aus deren Vorblatt hervorgeht, daß die Schätzung der zu erwartenden Kosten dieses Gesetzes nicht möglich sei, jedenfalls seien in nicht unbeträchtlicher Weise Erhöhungen zu erwarten. Die Erhöhung der Kosten wurde inzwischen mit etwa 100 Millionen Schilling pro Jahr – so hoch ist der Betrag, den das neue Gesetz aufgrund zusätzlicher Verwaltung verschlingt – beziffert. Das haben Sie uns im Vorblatt zur Vorlage mitgeteilt, in den Erläuternden Bemerkungen war das damals noch enthalten – heute merkt man nichts mehr davon.

Unwahr ist dieses Gesetz zusätzlich. Es ist unreif und schlampig. Wir haben im Ausschuß dafür plädiert, daß man es zurückstellt und weiterdebattiert, auch aus Pietät vor denen, die noch im Berg verschüttet liegen. Der Herr Bundeskanzler hat es Ihnen ausgerichtet oder zumindest hat er das den Medien gesagt: Gehen Sie bedächtig vor, und brechen wir jetzt nicht ein Gesetz übers Knie!

Wie schlampig es gemacht ist, werden die derzeit abwesenden Herrschaften der Sozialdemokratie selbst in Kürze bemerken, wenn etwa im § 125 zu lesen steht:

"Der Bergbauberechtigte hat für jeden Bergbaubetrieb und alle selbständigen Betriebsanlagen als verantwortliche Person für die Leitung einen Betriebsleiter und für die technische Aufsicht Betriebsaufseher zu bestellen."

Was heißt das, wenn man dieses Gesetz umsetzt? – Herr Marizzi Sie werden aufwachen, wenn Sie den § 125 erste Zeile lesen. Das heißt, daß man bei der OMV ... (Zwischenruf des Abg. Marizzi.) Nein, nein, Sie haben das nicht gelesen. Hätten Sie es gelesen, dann wäre Ihnen nicht entgangen, daß natürlich jede Betriebsabteilung einen Betriebsleiter benötigen wird. Aber halten Sie sich an das Gesetz, und es werden Ihnen die Herrschaften Ihrer Fraktion die Leviten lesen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Herrschaften! Husch-Pfusch, wohin man schaut: unwahr, teuer, bürgerfeindlich. Es wurde keine erste Instanz für Einsprüche vorgesehen. Es ist ein unreifes Gesetz. Ich bin gespannt, wie sich die Herrschaften des Wirtschaftsflügels der ÖVP bei der Abstimmung verhalten werden. Wir werden selbstverständlich eine namentliche Abstimmung verlangen und schauen, ob Sie ein Restrückgrat haben. Aus dem Ausschuß sind Sie bei der Abstimmung ja geflüchtet, um nicht Farbe bekennen zu müssen. Auch einige Kollegen der roten Fraktion haben ihre Ablehnung des Gesetzes den Bürgern gegenüber angekündigt. Freund Wallner, wir werden schauen, wie Sie sich heute verhalten. – Wir jedenfalls sind dagegen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. Die Uhr wird wunschgemäß auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

10.31

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Der 4. Dezember ist der Tag der Heiligen Barbara – Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch hat es bereits gesagt. Aber die Heilige Barbara ist nicht nur Patronin der Bergleute, sondern auch Patronin der Sterbenden, der Baumeister, Turmwächter, Feuerwehrleute, Glockengießer und Glöckner. (Abg. Dr. Khol: Und der Artillerie!) Und der Artillerie. Da die Artillerie aber nicht mehr so eine Rolle spielt, habe ich das ausgelassen. (Abg. Dr. Khol: Gott sei Dank!)

Meine Damen und Herren! Wir sollten im Zuge der Debatte über das Mineralrohstoffgesetz auch an die Männer, die noch im Berg von Lassing sind, denken und daran, daß hier noch sehr viel an Arbeit zu leisten ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Inhalt des Gesetzes, meine sehr geehrten Damen und Herren: Auch wenn Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch kritisiert, wir hätten sehr viele Abänderungsanträge eingebracht – auch Frau Abgeordnete Dr. Petrovic hat das in ihrem Minderheitsbericht getan –, möchte ich festhalten, daß der Großteil der Punkte in den Abänderungsanträgen rein legistischer Natur ist, also beispielsweise, wenn statt einem zwei Paragraphenzeichen verwendet worden sind.

Ich gebe zu, wir haben die Sitzung des Ausschusses unterbrochen, aber die Situation war folgende: Wenn Sie sich erinnern, Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch, wir haben im Ausschuß, als dieses Mineralrohstoffgesetz das erste Mal verhandelt worden ist, Bedenken gehört, daß es bezüglich der Bedarfsprüfung EU-Widrigkeiten geben könnte. Darauf haben wir den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes ersucht, dazu Stellung zu nehmen. Leider Gottes kam die Stellungnahme des Verfassungsdienstes erst knapp vor Ausschußbeginn. Damit wir hier nicht ein Gesetz verabschieden, das dann nicht den Wünschen des Verfassungsdienstes entspricht, habe ich dann die Sitzung des Ausschusses unterbrochen, um den Einwendungen des Verfassungsdienstes Rechnung zu tragen und entsprechende Formulierungen zu finden. Wir haben dann versucht, den bereits vorliegenden Abänderungsantrag mit dem anderen in Einklang zu bringen. Diese gesetzestechnischen Voraussetzungen zu treffen, war notwendig, um dieses Gesetz rechtmäßig verabschieden zu können.

Worum geht es nun im Inhaltlichen? Im Inhaltlichen geht es darum, daß wir auf der einen Seite jetzt alle Stoffe, die unter der Erdkruste liegen, im Mineralrohstoffgesetz verankert haben, auf der anderen Seite soll aber durch dieses Mineralrohstoffgesetz auch eine Verwaltungsvereinfachung Platz greifen. Wir haben zwei Regelungsbereiche eingeführt. Der erste Regelungsbereich umfaßt die grundeigenen Rohstoffe, die obertägig, zum Beispiel Sand, Schotter, Kies, abgebaut werden. Hier gibt es sehr wohl zwei Instanzen: zuerst die Gemeinde, die Bezirkshauptmannschaft und dann das Land und natürlich die obersten Gerichte. Und bei allen untertägigen Materialien, Mineralien, bei den bergfreien und bundeseigenen Rohstoffen, die untertägig abgebaut werden, gibt es einen Instanzenzug, den wir schon in manch anderen Bereich haben: dafür ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zuständig. Und natürlich kann jeder noch zu den obersten Behörden gehen.

Nun zur Entbürokratisierung, die wir mit diesem Gesetz erreicht haben. Es gab große Schwierigkeiten mit den Gemeinden, daß es zwei Verfahren gegeben hat: das Gewinnungsbewilligungsverfahren und das Verfahren zur Aufschließung und zum Abbau der Mineralien. Diese beiden Verfahren hat man jetzt zu einem Verfahren zusammengezogen. Denn sehr viele Bürgermeister und Bürger haben sich darüber aufgeregt, daß ein Gewinnungsbewilligungsverfahren eingereicht worden ist, wo noch lange nicht daran gedacht worden ist, dort auch abzubauen. Das hat sehr viel Unmut hervorgebracht.

Gerade wir von der Österreichischen Volkspartei haben es uns nicht leichtgemacht: Als Partei der Bürgermeister haben wir sehr wohl alle Bürgermeister mit ihren Anregungen und Beschwerden sehr ernst genommen, aber auf der anderen Seite auch als die Partei des Wirtschaftsstandortes Österreich auch die Anliegen der Wirtschaft. Hier eine Ausgewogenheit herzustellen ist nicht einfach, aber möglich. Wir haben gemeinsam mit dem Koalitionspartner einen Weg gefunden, indem wir uns für Vereinfachungen und Entbürokratisierung eingesetzt, aber auch Verschärfungen verlangt und durchgesetzt haben, und zwar Verschärfungen insofern, als wir den Gemeinden Parteienstellung eingeräumt haben und – sehr wichtig, auf Anregung unserer Bürgermeister der Österreichischen Volkspartei – auch die angrenzenden Gemeinden genauso in das Parteienstellungsverfahren mit einbezogen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Es haben aber nicht nur die Gemeinden, sondern auch die Anrainer und das Land Parteienstellung. Es kommt hier eine neue Verantwortung auf die Gemeinden zu, die bis jetzt immer gesagt haben, wir können nicht mitreden, aber jetzt können sie mitreden, jetzt müssen sie auch entscheiden, und es wird eine neue Qualität der Subsidiarität sein, vor Ort selbst entscheiden zu können.

Der weitere wichtige Punkt war, daß wir Schutzzonen eingerichtet haben, und zwar einen – unter Anführungszeichen – "absoluten Schutz" von 100 Metern um Wohnbauten und einen weiteren Schutz von 300 Metern, wobei in diese 300 Meter sehr wohl hineingearbeitet werden kann, und zwar wenn die entsprechende Widmung von den Gemeinden vorliegt, aber auch dann, wenn es die Bürgermeister und Anrainer wollen. Aber auch wenn eine Straße, eine Autobahn, eine Schnellstraße, eine Bahntrasse dazwischen liegt, kann auch in diese 300 Meter hineingearbeitet werden – aber mit dem Willen der daran anschließenden Gemeinden, die Parteienstellung haben.

Wir haben aber noch etwas gemacht, und das ist etwas ganz Neues: Wir haben neue Materialien bergfrei gestellt, hinsichtlich derer uns auch von den Grünen Vorwürfe gemacht worden sind. Das sind spezielle, seltene Mineralien. Wir haben damit auch eine neue Qualität des Gesetzes erreicht. Diese Bergfreistellung von verschiedenen Spezialmaterialien ist aber nicht gleichbedeutend mit einer Enteignung des Grundeigentums, sondern "bergfrei" heißt, daß man die seltenen Mineralien, die es in Österreich gibt, unter Schutz stellt. Um welche Materialien geht es? Hierbei geht es um Magnesit, um einen speziellen Reinkalk, es geht um Diabas, und es geht um Illit und Blähtone. Hier gibt es seltene Vorkommen.

Ich darf Ihnen eines sagen, meine Damen und Herren, wenn es um den Wirtschaftsstandort Österreich geht, um Technologie und Fortschritt, haben wir gerade in Österreich hervorragende Ausbildungen und auch hervorragende Betriebe. Ich spreche zum Beispiel von Magnesit, der auch darunter fällt. Das ist ein Stück Magnesit. (Die Rednerin hält ein Stück Magnesit in die Höhe.) Wissen Sie, wofür Magnesit gebraucht wird? – Er wird für feuerfeste Anlagen gebraucht. Wir haben führende Unternehmen, die an der Börse notieren und weltweit auf diesem Gebiet tätig sind und neue Forschungen durchführen. Hier zeigt sich, daß der Wirtschaftsstandort Österreich auch die Arbeitsplätze schafft, und wir müssen die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen.

Magnesit ist ein hochwertiges Material, und dieses hochwertige Material sollte auch weiter erforscht und bergfrei gestellt werden, damit es auch für nachfolgende Generationen erhalten bleibt.

Eines ist in diesem Berggesetz von besonderer Bedeutung: daß wir auf der einen Seite die Rohstoffsicherung durchführen, da Österreich zu den wenigen Ländern auf der Welt zählt, die gewisse spezielle Rohstoffe haben, daß die Nahversorgung gegeben ist, daß auf der anderen Seite aber die Grundrechte und Schutzinteressen der Bürger und Gemeinden gewahrt werden. Wir haben einen Weg zwischen Skylla und Charybdis zu gehen versucht, und wir haben den richtigen Weg gefunden. Das zeigt, daß sowohl die eine Seite wie auch die andere Seite dort und da nicht einverstanden ist.

Es ist noch ein wichtiger Punkt zu erwähnen. Es geht dabei um Natursteinwerke. Vielleicht wird es uns im Laufe des Tages noch gelingen, für die bereits existierenden Betriebe eine Regelung zu finden, damit sie auch in Zukunft existieren können. Aber wir können, so glaube ich, sagen: Im großen und ganzen ist dieses Gesetz kein Husch-Pfusch-Gesetz. Es wurde mehrere Jahre lang verhandelt, und ich bin der Meinung, daß es ein praktikables Gesetz für die Zukunft ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

10.41

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich berichte Ihnen von einem "Kabinettstück" österreichischer Regierungsarbeit oder, anders formuliert, über die Art und Weise, wie diese große Koalition mit dem Berggesetz umgeht.

Richtigerweise hat diese Regierung den Reformbedarf beim Berggesetz erkannt und schon im Laufe dieses Jahres an einer Reform gearbeitet. Die Arbeiten waren relativ weit gediehen: Die Reform war noch durch die Begutachtung gegangen und war so weit vollendet, um den Ministerrat zu passieren. Dann ist die Tragödie, das furchtbare Unglück von Lassing passiert. Es ist dann das passiert, was in Österreich so oft stattfindet: Es muß immer etwas passieren, damit etwas passiert! Hektik ist ausgebrochen, ein neuer Entwurf ist ohne Begutachtung durch den Ministerrat gegangen und dann in das Parlament gekommen.

Wir haben Ende Oktober eine erste allgemeine Debatte darüber gehabt; das war sicherlich sinnvoll. Wir haben dann am 30. November um 14 Uhr eine Abänderung mit sage und schreibe 50 Punkten vorgelegt bekommen. Der Ausschuß hat dann am 1. Dezember von 10 bis 12 Uhr getagt und wurde dann unterbrochen – angeblich wegen eines Verfassungsgutachtens. Das war aber nur ein kleiner Teil der Wahrheit, der große Teil der Wahrheit war: Dies geschah deshalb, weil sich die große Koalition zu Verhandlungen außerhalb des Ausschusses zurückgezogen hatte. Die Wiederaufnahme wurde dann auf 14 Uhr, auf 16 Uhr und auf 16.30 Uhr verschoben.

Jetzt kamen zwei neue Abänderungsanträge, einer mit 66 Punkten und ein ganz neuer mit sechs Punkten, und dazu noch fünf Ausschußfeststellungen.

Eigentlich ist es ja ein Zeichen guter parlamentarischer Arbeit, wenn hier im Parlament ein Gesetz überarbeitet, verbessert wird, wenn die Vertreter der Bevölkerung an einem Gesetz arbeiten. Das ist doch großartig, das ist ja Parlamentarismus! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ja, meine Damen und Herren, aber doch nicht unter Ausschluß der Parlamentarier und der Opposition! Das, was Sie im stillen Kämmerchen gemacht haben, ist genau das, was im Ausschuß hätte passieren müssen. (Neuerlicher Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sie übergehen die parlamentarischen Ausschüsse! Sie legen die parlamentarischen Ausschüsse lahm, weil Sie erst dann in einen parlamentarischen Ausschuß gehen, wenn Sie der Opposition gesagt haben: Friß, Vogel, oder stirb!

Die Freiheitlichen haben daraus die Konsequenz gezogen und sind aus dem Ausschuß ausgezogen. Es war skurril: Die Frau Dr. Petrovic auf der einen Seite und ich auf der anderen Seite saßen dann dort und hörten zu, wie uns die Koalitionsabgeordneten stolz berichtet haben, was sie davor verhandelt haben.

Ist das Ihre Form von Parlamentarismus?! – Ja da braucht es wirklich nur mehr eine große Koalition aus ÖVP und SPÖ. Die beiden "schmatzen" sich das zusammen, und im Parlament legen sie uns das dann vor. Warum nehmen Sie unsere Zeit in Anspruch, wenn Sie das Parlament nicht ernst nehmen? (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Haigermoser: Die waren gar nicht da! Das ist das "bissige" Parlament, das sich der Herr Präsident wünscht!)

Meine Damen und Herren! Das war eine Chronique scandaleuse dieser österreichischen Bundesregierung. Wir lehnen schon aus diesem Grund diese vorliegende Novelle ab, wir lehnen sie aber auch inhaltlich ab, weil wir anderer Meinung sind. Das alte Berggesetz war ohne Zweifel überholt. Es hat die Rechte der Nachbarn in einer BürgerInnengesellschaft schlicht und ergreifend nicht genügend gewürdigt, es hat die Gemeinden von der Beteiligung an Verfahren ausgeschlossen. Es war die Bergbehörde mit den sechs Berghauptmannschaften ohne Zweifel überholt.

Die Einbeziehung der grundeigenen Massenrohstoffe Anfang der neunziger Jahre war ein Pyrrhussieg, Frau Dr. Fekter. Die Regierung Vranitzky hat damals, um die Bergbehörden zu erhalten, gesagt: Die Bergbehörden haben zuwenig Arbeit! Es wird in Österreich weniger Bergbau betrieben! Wie geben wir ihnen noch zusätzliche Arbeit?

Das war ein wirklicher Pyrrhussieg! Eine Neufassung war notwendig. Aber was suchen denn die Massenrohstoffe bitte in einem Bergrecht, in einem Mineralrohstoffgesetz?! Die Massenrohstoffe gehören ins Gewerberecht. Genauso wie ein Sägewerk und genauso wie alle anderen derartigen Unternehmen in Österreich kann man auch ein Schotterwerk gewerblich betreiben. Da geht es nicht um ein Knappheitsverhältnis, sondern da geht es um die Rechte der Wirtschaftstreibenden, aber selbstverständlich auch um die Rechte der Nachbarn und jene der Anrainer.

Die seltenen Vorkommen gehören natürlich ins Mineralrohstoffgesetz, denn da besteht ein volkswirtschaftliches Interesse, Dinge in Österreich zu gewinnen, die wir sonst durch teure Importe und riesige Verkehrsleistungen und über weite Strecken zuführen müßten.

Der Bedarf an Sonderregelungen im Verfahren, in der Parteienstellung, in der Interessenabwägung ist ohne Zweifel gegeben. Aber da kann es nicht darum gehen, zu sagen: Wie mache ich die Regelung, daß ich in Österreich alles verhindere?, sondern da muß die Formulierung heißen: Wie ermögliche ich Bergbau in Österreich, aber unter der nachhaltigen Beteiligung und dem Schutz der Anrainer?

Diesen Interessengegensatz zu überwinden, ist nun einmal die Aufgabe der Politik! Dazu gibt es uns Politiker und vor allem die Entscheidungsträger in der Exekutive: den Mut zu haben, diesen Interessengegensatz zwischen wirtschaftlicher Gewinnung – mit Beschäftigung, mit weniger Verkehr und mehr Wertschöpfung im Land – und den Interessen der Menschen, die dort wohnen, zu lösen.

Die Abänderungen, die Sie vorgeschlagen haben, haben ohne Zweifel die Vorlage etwas verbessert. Sie haben einheitliche Regelungen der Arbeitsinspektion gegen aufwendige Abwendung von wirtschaftlichem Schaden getauscht.

Den ergänzenden Ausschußfeststellungen haben die Liberalen zugestimmt – sie waren für uns eine Selbstverständlichkeit.

Die Herausforderung liegt aber jetzt, meine Damen und Herren, bei der Raumordnung, sprich bei den Ländern, und bei der Flächenwidmung, sprich bei den Gemeinden. Jetzt werden sich die Gemeinderäte und die Länder wirklich den Kopf darüber zerbrechen müssen, welcher Bereich denn die Primärwertschöpfung einer Region ist. Wenn der Schwerpunkt auf dem Bereich des Tourismus liegt, dann wird ein Bergbaubetrieb kaum dort hineinpassen oder nur unter ganz schwierigen Voraussetzungen. Wenn der Schwerpunkt auf einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit liegt, wenn das Rückgrat der Wertschöpfung ein industriell-gewerbliches ist, dann wird man andere Gesichtspunkte für Bergbau und Dinge dieser Art haben müssen.

Bisher haben sich die Gemeinden über die Flächenwidmung und die Länder über die Raumordnung davongestohlen und haben gesagt: Das Parlament möge das beschließen!

Das ist nicht möglich! Das Parlament kann nur ansatzweise Rahmenbedingungen setzen. Die Durchführung muß dort erfolgen, wo wirklich die wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen werden soll.

Ich glaube, daß es nicht klug ist, wenn wir fixe Abstandsgrenzen festlegen, die wir mit Metermaß in das Gesetz hineinschreiben. Es wird Abstandsgrenzen geben müssen, sie werden aber von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Das Wort "topographisch" fehlt mir auch in den Abänderungsanträgen. Es hätte die Möglichkeit gegeben, wirklich individuell vorzugehen.

Gott sei Dank haben Sie – und dafür bedanke ich mich bei Ihnen – vor nicht einmal Jahresfrist ein neues Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz hier im Parlament eingebracht, dem wir auch zugestimmt haben, weil es die Basis für die jetzt zu erwartenden Massenverfahren bildet.

Ab 100 Parteien gibt es die vereinfachte Ladung, es gibt die Achtwochenfrist zur Parteienstellung, und die Verhandlung kann selbstverständlich auch bei einer Vielzahl von Interessenten, von Anrainern durchgeführt werden. Das war notwendig, um Massenverfahren nicht dazu ausarten zu lassen, daß es durch Filibustern und durch andere Maßnahmen immer nur in Richtung der Verhinderung geht und nicht um die Frage: Wie kann man Bergbau ermöglichen und gleichzeitig die Interessen der Menschen, die dort wohnen, im Sinne der Raumordnung und der Flächenwidmung berücksichtigen?

Ich bedauere, Herr Bundesminister, daß Sie mir im Ausschuß gesagt haben, einen Bundesbergbauplan bräuchten wir nicht, das wäre Planwirtschaft. Ich weiß nicht, Herr Bundesminister, ob Sie wirklich Marktwirtschaft mit Planlosigkeit verwechseln. Ich hielte das für einen großen Fehler. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Die Unternehmer planen!) Ja, die Unternehmer planen schon, aber die Unternehmer brauchen Rahmenbedingungen. Wirtschaften in einer Marktwirtschaft heißt, daß es die Aufgabe der Politik ist, Märkte zu definieren. Und eine Bergbauplanung ist die Definition von Märkten mit einer politischen Vorgabe, in welchem Rahmen Unternehmen in Österreich tätig werden können oder nicht.

Folgendes möchte ich noch hinzufügen: Wenn wir sagen, das Mineralrohstoffgesetz soll für seltene Rohstoffe gelten, dann muß uns bewußt sein, daß es sich da um einen seltenen Wert in unserem Land handelt, den nicht nur eine Generation ausbeuten wird, sondern der mehreren Generationen zur Verfügung stehen soll. Daher halte ich einen Bergbauplan für gut, in welchem man darüber nachdenkt, wie und mit welcher Intensität und wann wir diese seltenen Rohstoffe, die nur bergfrei und bundeseigen sind, weil sie eben selten sind, nützen. Das in einem Bergbauplan festzuschreiben, stellt keine Marktwirtschaft dar. Ich will Ihnen diese Polemik nachsehen. Ich bin nämlich sicher, daß Sie selbst es auch nicht glauben.

Die Liberalen lehnen diesen Entwurf ab und freuen sich, daß es darüber eine namentliche Abstimmung geben wird, denn da gilt es, wirklich Farbe zu bekennen. Wir bedauern, wie er zustande gekommen ist. Wir erwarten in Demut die vielen Reparaturnovellen, die notwendig sein werden, diesen Gesetzes-Husch-Pfusch wieder zu reparieren. (Beifall beim Liberalen Forum und des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl.)

10.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

10.50

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß ich etwas unkonventionell heute hier beginne, zu diesem neuen Mineralrohstoffgesetz zu reden. Ich möchte nämlich vor allem jenem Mitarbeiter, der die Verhandlungspartner mit Fachwissen, aber auch mit Geduld und Fleiß wirklich sehr unterstützt hat, danken. Es war Herr Ministerialrat Mihatsch, der es wirklich verdient hat, heute hier erwähnt zu werden. Herzlichen Dank für die Unterstützung, die wir von ihm bekommen haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nun erlauben Sie mir, ganz generell und grundsätzlich hier festzustellen, daß durch dieses neue Gesetz weder irgendein Betrieb in diesem Lande zusperren muß noch daß dadurch Arbeitsplätze verlorengehen. Alle, die das behaupten, behaupten das wider besseres Wissen und um ihren persönlichen Interessen zum Durchbruch zu verhelfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute hier ein Gesetz, das eine lange Geschichte hat. Dieses Gesetz wurde viele Jahre lang diskutiert, es wurde in verschiedensten Phasen versucht, das alte Berggesetz zu novellieren, aber es hat sich gezeigt, daß eine Novelle zum alten Berggesetz nicht mehr zielführend erscheint, sondern daß es vernünftig ist, ein neues, modernes Mineralrohstoffgesetz zu schaffen, das neue Regelungsbereiche und auch neue Zuständigkeiten bekommt.

So war es für uns ganz besonders wichtig, jene Überlegungen, Forderungen und Wünsche der Gemeinden im Zusammenhang damit zu berücksichtigen, daß sie bis heute weder Parteistellung noch Mitspracherecht, noch sonstige Rechte hatten, wenn es darum ging, in ihrem Gemeindebereich Schotterabbaubetriebe genehmigt zu bekommen. Sie konnten dagegen weder als Partei Stellung nehmen noch irgendwelche Abtransportkonzepte oder sonstige Dinge erarbeiten.

Daher haben wir in dieses moderne Gesetz nunmehr eingearbeitet, daß die Gemeinden eine Parteienstellung in den wesentlichsten Verfahren erhalten, daß die Anrainer und auch das Land, in dem diese Betriebe tätig sind, umfassende Parteienstellung erhalten. Wir haben das sogar auf die Nachbargemeinde ausgedehnt. Es ist nämlich so, daß häufig Schottergruben irgendwo in der Landschaft so liegen, daß beim Abtransport die Nachbargemeinde und deren Bürger davon besonders betroffen sein können. Daher soll auch die Nachbargemeinde hier ein Mitspracherecht haben.

Wir haben uns auch überlegt, wie man vor allem die Menschen in diesem Bereich schützen kann. Dabei geht es nicht darum, Betriebe zu verbieten, sondern es geht darum, daß man in geordneter Form mit den Anrainern und mit den Menschen, die um solche Betriebe herum leben, spricht. So ist es für uns ganz wichtig gewesen, daß es eine Abbauverbotszone um Gebiete gibt, die zum Beispiel Wohngebiete sind, die Bauhoffnungsgebiete sind, Gebiete, in denen sich Kinderbetreuungseinrichtungen, Kinderspielplätze befinden. Es sind in diesen Gebieten Maßnahmen zu setzen, die die Menschen dort vor der Umweltbelastung, die dadurch entsteht, beschützen.

Gleichzeitig haben wir innerhalb dieser 300-Meter-Schutzzone aber auch Möglichkeiten geschaffen, daß alle Betriebe, die in diesem 300-Meter-Bereich derzeit arbeiten, weiterarbeiten können. Wir haben auch die Möglichkeit eröffnet, daß die Unternehmer in diesen Gebieten ihren Betrieb erweitern können, aber nicht zur Gemeinde hin, sondern von der Gemeinde weg oder parallel zum Gemeindegebiet, und das auch ohne Zustimmung der Gemeinde.

Wir haben auch andere Abbauverbotsgebiete, aber da ohne Schutzzonen eingezogen, nämlich in jenen Bereichen, wo die Länder das betreffende Gebiet zum Naturschutzgebiet erklärten, wo Gebiete zu Nationalparks, Naturparks, Ruhegebieten, Wald- und Wiesengürteln – um Wien zum Beispiel – erklärt wurden. Dort soll ebenfalls in einer geordneten Form zwar Bergbau betrieben werden können, aber nur dann, wenn die Länder das auch wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben auch in dieses neue, moderne Gesetz hineingenommen, daß über den Abtransport ein Konzept seitens der Betriebe mit den Gemeinden zu vereinbaren ist, nämlich deshalb, weil nicht der Betrieb selbst oft das Problem ist, sondern die vielen beladenen und leeren Lkws, die durch die Gegend fahren und Tausende Tonnen von Schotter und anderem Material abtransportieren müssen. Es ist also notwendig, daß man darüber sehr wohl auch ein gemeinsames Konzept mit Gemeinde und Betrieb erstellt.

Es geht uns überhaupt, in der ganzen Linie bei diesem Gesetz nur immer wieder darum, daß die Betriebe mit den Gemeinden – wie in anderen Bereichen auch, wie in der Gewerbeordnung auch –, mit den Anrainern, mit den Bürgern, die dort leben, vorgehen und nicht gegen jemanden vorgehen können.

Wir haben in dieses Gesetz auch den Gedanken einer Interessenabwägung aufgenommen, und zwar ist abzuwägen, welche Interessen in einer Region überwiegen: eher einen Wirtschaftsbetrieb wie Schotter- oder Lockergesteinsabbau zu betreiben oder andere für die Region wichtige wirtschaftliche Tätigkeiten zu befürworten, zum Beispiel den Fremdenverkehr in den Vordergrund zu rücken.

Sehr geehrte Frau Kollegin Tichy-Schreder! Weil Sie vorhin gemeint haben, daß ein kleiner Bereich, ein kleines Segment zu diskutieren vergessen wurde, nämlich kleine Natursteinbetriebe, darf ich Ihnen sagen, wir haben uns auch darüber den Kopf zerbrochen. Es ist so, daß auch so kleine Natursteinwerke, die innerhalb der 100-Meter-Schutzzone liegen, wo der Abbau nicht mehr gestattet sein soll, überleben können. Sie haben die Möglichkeit, erstens von ihren Ressourcen noch etliche Jahre zu leben – ich habe mit solchen Betrieben gesprochen, sie haben mir auch geschrieben – und zweitens auf Untertagbetrieb umzustellen. Es ist für sie gar kein Problem, Marmor oder schönes Gestein aus dem Berg herauszuholen. Untertagbetrieb ist von der Regelung mit der 100-Meter-Verbotszone ausgenommen. So können auch diese handwerklichen Betriebe überleben und arbeiten. Damit sind sie auch einverstanden. (Abg. Dr. Fekter: Nach Lassing trauen Sie sich zu sagen, man soll unter Tag arbeiten! Das ist ungeheuerlich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe Ihre Emotion, Frau Kollegin Fekter. (Abg. Dr. Fekter: Als Lösung Untertagbetrieb anzubieten, das trauen Sie sich nach Lassing?!) Ich würde an Ihrer Stelle vielleicht auch solche Emotionen haben. Ich glaube aber, daß es nicht notwendig ist, bei einem Sachthema Emotionen so auszuspielen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie schon Lassing erwähnen, Frau Kollegin, dann habe ich Ihnen mitzuteilen, daß der gesamte Arbeitnehmerschutz im Ober- und Untertagbergbau nunmehr bei den Arbeitsinspektoraten angesiedelt ist. Das war eine Forderung von den Sozialdemokraten. Arbeitnehmerschutz ist unteilbar! Wir sind sehr froh darüber, daß der Arbeitnehmerschutz nunmehr von den Arbeitsinspektoraten im Rahmen des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales wahrgenommen wird. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, im großen und ganzen sagen zu können, daß es uns gelungen ist, berechtigte Forderungen der Gemeinden und der Anrainer so umzusetzen, daß der Schutz der Menschen, die urbane Entwicklung der Gemeinden und auch ein geordneter Ausbau jenes Wirtschaftsbereiches, über den wir hier diskutieren, möglich sind. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

10.57

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst ein paar Worte zum Anlaßfall der aktuellen Novelle des Bergrechtes, zu Lassing und der leider nicht im Parlament durchgeführten Aufklärung der politischen Verantwortung. Sie passiert dennoch laufend in Form von Anfragen, allerdings nicht so, wie das eigentlich geschehen sollte, in einem Untersuchungsausschuß. Aber, Herr Bundesminister, Sie können sicher sein: Es passiert laufend, und ich persönlich werde auch nicht lockerlassen.

Zu diesem Anlaßfall, bevor ich zum Berggesetz, zum Mineralrohstoffgesetz im engeren Sinne komme, ein paar Worte.

Es langen jetzt laufend Anfragebeantwortungen aus Ihrem Hause und von anderen Ministerien bei uns ein. Es stimmt, was wir immer gesagt haben, nämlich daß Sie von Ihren Beamten falsch informiert werden. Offenbar lassen Sie es zu, denn mittlerweile wissen Sie, daß Sie diesen Personen oder einigen dieser Personen jedenfalls nicht vertrauen können. Offenbar gehen Sie damit konform, und das Netzwerk der Widersprüchlichkeiten wird immer dichter.

Herr Bundesminister! Sie schreiben jetzt noch – und es ist mir wichtig, daß das auch in diesem Hohen Haus protokolliert wird –, daß der Auftrag der zehn getöteten Bergleute die Rettung des zuerst verschütteten Georg Hainzl war – dies, obwohl Sie wissen, daß das falsch ist, obwohl Sie wissen, daß auch der Innenminister gar nicht mehr versucht, diese wirklich unhaltbare These aufrechtzuerhalten. Innenminister Schlögl antwortet in einer aktuellen Anfragebeantwortung wortwörtlich: "Die Ermittlungen ergaben, daß spätestens um 15 Uhr an diesem 17. Juli von der Einsatzleitung erkannt wurde" – von der Einsatzleitung, also von Ihrer Behörde! –, "daß Georg Hainzl nicht mehr durch das Stollensystem, sondern nur mehr durch eine Bergebohrung gerettet werden kann. Ab diesem Zeitpunkt waren die zehn verschütteten Bergleute nur mehr zur Sicherung der Grube im Bergwerk." – Das ist eine klare, eine sachlich verifizierte und bestätigte Aussage!

Ich frage Sie schon, Herr Bundesminister, wieso Sie permanent falsche Beantwortungen unterschreiben – ich finde das ungeheuerlich! Ich finde es auch schlimm, daß die Regierungsparteien das dulden und akzeptieren und damit auch ihrem Innenminister und den Kriminalbeamten in den Rücken fallen. Das ist beschämend und empörend.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt in den Anfragebeantwortungen ist falsch und gesetzwidrig, und zwar betreffend die verantwortlichen Funktionen im Bergwerk – das betrifft auch das aktuelle Gesetz, denn diese Funktionen wird es nach der neuen Rechtslage theoretisch, vielleicht nicht immer praktisch, geben. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Die gesetzliche Situation war nach dem alten Bergrecht eindeutig, und der Buchstabe des Gesetzes sollte auch in Zukunft eindeutig sein: Es gibt keine Vereinbarkeit verantwortlicher Funktionen in Bergwerken. Die zentrale Sicherheitsfunktion des Markscheiders ist mit innerbetrieblichen Funktionen unvereinbar!

Wenn einige Beamte und einige Personen aus der Konzernleitung im Bereiche Naintsch offensichtlich bemüht sind, die alleinige Verantwortung dem Betriebsleiter Schmidt zuzuweisen, dann werte ich auch Ihre Anfragebeantwortungen als den Versuch, ein Strafrechtsverfahren zu beeinflussen, um die Frage der politischen Verantwortung nicht hochkommen zu lassen. Das ist schlimm, das ist arg und widerspricht eindeutig dem Gesetz, aber das scheint die ÖVP und auch die SPÖ nicht sehr zu stören.

Drittens – noch einmal zu Lassing –: die Frage der Rolle der Behörde. Die Schritte, die unmittelbar nach der ersten Katastrophe gesetzt wurden, sind in Anwesenheit und selbstverständlich in der Zuständigkeit der Behörde erfolgt. Es ist eindeutig, daß die Ausflüchte, die immer wieder verwendet werden, nämlich daß man doch Georg Hainzl retten wollte dadurch, daß man die anderen zehn nach unten geschickt hat, nicht richtig sind. Sogar dann, wenn ich geneigt wäre, dieser eindeutig widerlegten These Glauben zu schenken, müßte ich Sie fragen: Wieso haben die dann etwas getan, was für Georg Hainzl eindeutig kontraproduktiv war und seine Überlebenschancen vermindert hat, nämlich warum haben sie Schlammbarrieren errichtet, die den Schlamm und das Wasser nach oben aufgestaut haben?

Der Betriebsrat hat in einer Fernsehsendung doch gesagt: Fast wären diese Versuche erfolgreich gewesen. Georg Hainzl stand schon auf einem von Wasser umgebenen Tisch in dieser Jausenkammer. Und die entsetzliche zweite Katastrophe war indirekt wahrscheinlich die Rettung für das Leben des Georg Hainzl. So sieht es aus.

Ich verstehe nicht, daß Sie, Herr Bundesminister, nicht wenigstens jetzt – all das ist eindeutig beweisbar, das werden Ihnen jeder seriöse Geologe und jede seriöse Geologin so sagen; das sieht der Innenminister auch so, er formuliert das ganz klar, ohne Ausflüchte – diesen Filz beseitigen, ich verstehe nicht, daß Sie noch immer einige Leute bei der Bergbehörde, gegen die offensichtlich teilweise ein Strafverfahren anhängig ist, und einen Betrieb, der die zentralen Sicherheitsfunktionen aus Kostengründen nicht besetzt hat, decken und Ihre Unterschrift unter derartige Unwahrheiten setzen. – Das zum Anlaß.

Aber das hat auch mit dem neuen Gesetz zu tun. Denn was von einer Behörde, die den Bundesminister nachweislich falsch informiert hat, die Anordnungen, Weisungen des Bundesministers eindeutig, nachweislich und schriftlich konterkariert hat – Herr Wüstrich hat doch das Gegenteil dessen angeordnet, was der Herr Bundesminister angeblich wollte –, was also von einer solchen Behörde und deren Auskünften zu halten ist, haben wir im Ausschuß erlebt. (Zwischenruf des Abg. Marizzi.)

Als es um den Schutz von Grundstückseigentümern und -eigentümerinnen vor Enteignung zugunsten neuer Schottergruben und deren Zufahrten ging, hat man uns immer wieder erklärt, daß es das nicht gibt, daß das in der Praxis nicht stattfindet. Wir hatten aber einen schriftlichen Bescheid der Berghauptmannschaft Innsbruck in der Hand – das findet statt!

Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, hat man Ihnen das gesagt, oder hat man es Ihnen nicht gesagt? Die Berufung ist in Ihrem Haus seit dem Frühjahr 1998 anhängig. Die Ausrede, Sie hätten das nicht gewußt, kann man daher nicht gelten lassen. Außer Sie wollen damit sagen, daß Sie einer Bürokratie vertrauen, die Sie schon mehrmals auf sehr brüchiges Eis geführt hat.

Das konnte abgewendet werden, weil dem grünen Klub zufällig Informationen zugekommen sind, anderes haben Sie so gestaltet, daß eine ausreichende Information der Abgeordneten bewußt unterdrückt wurde. Abgeordneter Peter hat es bereits geschildert: Man hat die Ausschußsitzung für viele Stunden unterbrochen – angeblich, um eine zweiseitige Stellungnahme des Verfassungsdienstes zu lesen, was man normalerweise in wenigen Minuten machen könnte. Der wahre Grund dafür war jedoch, daß ein großer, über 60 Punkte umfassender Abänderungsantrag zeitlich so plaziert werden sollte, daß eine Kontrolle dahin gehend, was damit wirklich umfaßt ist, nicht mehr möglich ist. Das bedeutet ein Gesetzgebungsverfahren, das von den Regierungsparteien so gestaltet wird, daß eine echte fachliche Auseinandersetzung damit, was die Änderungen bewirken, nicht mehr möglich ist. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Herr Abgeordneter! Ich weiß nicht, ob Sie sich zwischenzeitlich so ausreichend informiert haben, wie ich dies getan habe. Ich kann Ihnen einmal mehr sagen: Ihre Behörden haben Sie und auch Abgeordneten Eder falsch informiert. (Abg. Parnigoni: Das ist ein schwerer Vorwurf!) Das ist ein schwerer Vorwurf, aber wenn der Anlaßfall zehn verunglückte, tote Menschen sind, dann sind schwere Vorwürfe auch in aller Form angebracht, Herr Abgeordneter! Davon können Sie ausgehen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Grabner.)

Eine Behörde, die damals so agiert hat und so weiter agiert, genießt nicht unser Vertrauen! Und wenn sich der Bundesminister auf diese Behörde verläßt, dann illustriert das doch seine politische Handlungsunfähigkeit und das Maß der Verantwortung, das er jeden Tag mehr auf sich legt.

Herr Abgeordneter Eder! Dieser umfassende, kurz vor 17 Uhr präsentierte Abänderungsentwurf mit seinen 66 Punkten enthält drei wesentliche Änderungen, die die politische Vereinbarung der Regierungsparteien aufweichen und auflockern, drei wesentliche Punkte, obwohl vor allem die SPÖ gegenüber ihren Bürgermeistern feierlich erklärt hat: Kein Millimeter Aufweichung! Wir stehen zu diesem Kompromiß! – Die Aufweichungen sind beträchtlich. (Abg. Marizzi: Aber, Frau Petrovic, jetzt sind Sie ungerecht! Jetzt sind Sie wirklich ungerecht!) Prüfen Sie es, wenn Sie meine Argumente gehört haben, Herr Abgeordneter Marizzi! (Abg. Marizzi: Auf Ihre Argumente sind wir eingegangen! Da sind Sie wirklich ungerecht!) – Sie sind auf den Punkt, was die Enteignung betrifft, eingegangen, das habe ich auch angemerkt, nur: Es war ein Zufall, daß wir überhaupt draufgekommen sind!

Herr Abgeordneter Marizzi! Ich gebe schon zu bedenken: Diese Berghauptmannschaften – wir haben doch die Fälle präsentiert von Beamten, die sich gegen Weisungen gestellt haben, von Beamten, die, wie der Minister sagt, zu Zeitungen oder zu anderen Fraktionen rennen und ihn uninformiert lassen –, diese Behörden werden weiter bis zum Ende des Jahres 2000 zuständig bleiben, und zwar ohne daß man ihnen verstärkt auf die Finger schaut. (Abg. Marizzi: Aber nach dem neuen Gesetz!)

Ich sehe schon die Schwierigkeiten einer umfassenden Behördenreform. (Abg. Marizzi: Nach dem neuen Gesetz!) – Nach dem neuen Gesetz. Aber wie soll ich einer Behörde, die bisher das Gesetz nicht wirklich genau angewendet hat – zum Beispiel hinsichtlich der zentralen Sicherheitsfunktionen wird noch jetzt behauptet, daß sie mit betrieblichen Funktionen vermischbar sind –, vertrauen, was soll ich glauben, daß sie in den nächsten zwei Jahren besser machen wird?

Die Berghauptmannschaften bleiben jetzt einmal.

Zweite große Aufweichung: Die besonderen Genehmigungsvoraussetzungen, die richtig und gut sind, die wir sehr befürworten, das Verkehrskonzept, die Parteienstellung, die Beachtung von Naturschutzgebieten, von Flächenwidmungen, gelten für bestimmte Betriebe nicht, nämlich für die, die sehr laut geschrieen und auf der Ringstraße heute früh Terror gemacht haben – unter Bruch der 300-m-Schutzzone des Parlaments, die Bannmeile wurde gebrochen; bei jedem anderen hätte man das wohl als terroristischen Akt gewertet, aber manche Betriebe dürfen das, und die werden gehört, weil sie eben mit den großen Brummern kommen. Diese besonderen Genehmigungsvoraussetzungen, der Schutz der Anrainerinnen und Anrainer, der Gemeinden gilt bei einer ganzen Reihe von Gesteinen nicht: bei Reinkalk, Diabas, Quarzsand, Illiton und anderen Blähtonen.

Im Ausschuß wurde uns versichert: ganz wenige Betriebe, ganz kleine Abbaumengen! – Herr Abgeordneter Marizzi! Herr Abgeordneter Eder! Das ist falsch. Wir haben es überprüfen lassen, von mehreren Experten. Es ist so, daß man Ihnen in diesem Zusammenhang offenbar einen Bären aufgebunden hat, denn es geht um gewaltige Abbaumengen, bei denen die Anrainerinnen und Anrainer nicht geschützt sein werden. Es geht nicht um kleine Bereiche, sondern es geht um etwa 15 Millionen Tonnen – 15 Millionen Tonnen Abbaugestein! –, bei denen die Anrainerinnen und Anrainer keinen Schutz vor Verkehrsemissionen und kein Mitspracherecht haben, bei denen all die Dinge, um die 450 Gemeinden mit ihren Gemeinderäten und Bürgermeistern so lange gestritten haben, einfach nicht gelten.

Das ist der Preis, den Sie für die Zuständigkeit der Arbeitsinspektion, die in meinen Augen selbstverständlich und richtig ist, gezahlt haben. Es ist nämlich nicht einzusehen, daß gerade besonders gefährliche Betriebe nicht von der Arbeitsinspektion erfaßt sind. Ich denke, die SPÖ hätte diese Forderung doch mit größtem Nachdruck und aufgrund einer überwältigenden Zustimmung in der Bevölkerung vertreten können. Dieser Kniefall vor einigen wirklich sehr lautstarken Betrieben war nicht angebracht!

Und die dritte große Ausnahme – diese ist vor allem aus ökologischen Gründen wirklich verheerend –: bei der 300-Meter-Schutzzone. Sie haben gesagt: Für alle neuen Betriebe, das versprechen wir hoch und heilig, wird sie gelten! – Sie gilt nicht grundsätzlich, nicht kategorisch, sondern es ist eine Aufweichung vorgesehen, nämlich dann, wenn in einer geringeren Entfernung als 300 Meter zum Wohngebiet eine Autobahn, eine Schnellstraße oder eine Bahntrasse vorbeiführt.

Es ist das eine unglaublich arrogante Wertung, die durch diese Gesetzesverschlechterung zum Ausdruck kommt, denn das heißt im Klartext, daß es bei Leuten, die schon eine Autobahn oder eine Schnellstraße vor der Tür haben, sowieso schon egal ist. Die können ruhig auch noch einen Bergwerksbetrieb, eine Schottergrube verkraften. Die haben schon den Lärm und die Abgase von der Autobahn und können das bißchen Staub und den zusätzlichen Lärm der Schottergrube wohl auch noch verkraften. – Das ist der Standpunkt. Manche Gemeinden, manche Anrainerinnen und Anrainer werden von der Gesetzgebung aufgegeben. Es ist das aber auch eine Konterkarierung unseres Anliegens im Umweltschutz, das lautet: Dort, wo eine hohe Grundbelastung besteht, dürfte man überhaupt keine Zusatzbelastung mehr erlauben, oder man müßte auf jeden Fall höchst sensibel vorgehen. Man kann nicht sagen: Die sind sowieso schon preisgegeben, dort ist sowieso schon alles jenseits von Gut und Böse, die bekommen noch etwas dazu, noch eine auf den Deckel, im wahrsten Sinn des Wortes.

Was bleibt diesen Leuten? – Die können ja nur kapitulieren und weggehen. Ich glaube nicht, daß es eine zeitgemäße Wertung ist, daß Menschen, daß Wohngebiete wegen Schottergruben aufgegeben werden.

Frau Tichy-Schreder,  wenn Sie sagen,  es ginge um die Nahversorgung  –  wir werden ja heute auch noch über die Nahversorgung und die kleinen und mittleren Unternehmungen diskutieren  –: Es ist auch eine arrogante und empörende Haltung, daß wir wissen, daß es in vielen ländlichen Gemeinden keinen Greißler mehr gibt und die Leute dort nicht mehr Milch und Brot bekommen, und trotzdem meinen: Aber Schotter sollen sie haben vor der Haustür! – Das ist wirklich lächerlich und jämmerlich! (Beifall bei den Grünen.)

Was herauskommt, wenn man in einer Katastrophenfrage immer denen glaubt, die nachweislich falsch informiert haben und ein Verschleierungsinteresse haben, was dabei herauskommt, wenn man um 17 Uhr unter Ausschaltung eines Ausschusses undurchsichtige Deals abschließt, von denen man zu der Zeit, zu der sie geschlossen werden, nicht weiß, was sie wirklich bedeuten, zeigt und rächt sich jetzt.

Ein gutes Gesetz soll doch Konflikte in der Praxis vermeiden, soll eine politische Lösung bieten, es soll nicht Konflikte auf die Straße verlagern. Herr Bundesminister! Was sagen Sie zu dem Fall von Paternion in Kärnten, wo jetzt im Dezember noch schnell eine neue Kiesgrube durchgedrückt werden soll, eine neue Anlage – von eben dieser Bergbehörde, der Sie so vertrauen; im Gegensatz zu den Abgeordneten dieses Hauses –, 34 Meter vom Wohngebiet entfernt? Um den Faktor 10 wird der Schutzabstand bei einer neuen Kiesgrube unterschritten, in einem wunderschönen Gebiet mit einem Badeteich, mit einem alten Schloß, mit touristischer Eignung, die phantastisch ist. Fast wie um diesen Bundesminister, der ja politisch handlungsunfähig geworden ist, zu verhöhnen, sagt ihm seine Bergbehörde: Wir "pfeifen" uns gar nichts um ein neues Gesetz! – 34 Meter vom Wohngebiet entfernt! Das soll jetzt, am 14. Dezember, durchgezogen werden.

Das sind die Behörden, denen Sie alle miteinander vertraut haben, die Weisungen brechen. (Abg. Marizzi: Das sagen Sie dem Kollegen ...!) – Nein, das sage ich keinem Kollegen, sondern das sage ich Ihnen von den Regierungsparteien! Denn wenn Sie auf Deals mit einer Behörde einsteigen, die in Lassing und in anderen Fällen auf die bekannte Weise agiert hat, dann sind Sie von den Regierungsparteien es, die mit Ihren Machtanteilen die Bevölkerung in Österreich preisgegeben haben! Und das weise ich in aller Form zurück! (Beifall bei den Grünen.)

11.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Herr Abgeordneter, Sie haben eine Redezeit von 5 Minuten angegeben. – Bitte.

11.16

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Das Mineralrohstoffgesetz ist sicher eine der schwierigsten Materien und eines der schwierigsten Gesetze, und das aus drei Gründen:

Erstens: Es wurde anstelle des alten Berggesetzes eine völlige Neuformulierung vorgenommen, und es ist auch zu sehr wesentlichen Änderungen des Inhalts gekommen.

Zweitens: Es prallen – und das hat sich gezeigt – sehr viele Interessen aufeinander.

Und drittens: Dieses Gesetz wird noch unter dem Eindruck des Unglücks von Lassing verab-schiedet, und da sind – das haben die Ausführungen meiner Vorrednerin gezeigt – noch sehr viele Emotionen vorhanden.

In der Tat, es ist das ein Gesetz, das sehr wohl vom Nationalrat oder Gesetzgeber formuliert wurde. Ich kann die Vorwürfe der Freiheitlichen und der Grünen nicht verstehen, die kritisieren, daß wir noch während der Ausschußsitzung am Gesetz "herumdiskutiert" haben. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wenn wir eine Regierungsvorlage beschließen, ohne einen Punkt oder Beistrich zu ändern, dann wird uns immer wieder vorgeworfen, daß wir nur die Handlanger der Regierung seien. So aber wurde ein Gesetzentwurf eingebracht, und wir haben im Ausschuß versucht, diesem Gesetz den Feinschliff zu geben – und dann werden wir wieder kritisiert! (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich meine, das muß man wirklich betonen: Es ist das Gott sei Dank ein Gesetz, bei dem wir nicht blindlings der Regierungsvorlage die Zustimmung erteilen, sondern die Abgeordneten in sehr mündiger Art versuchen, ihre Vorstellungen einzubringen. (Abg. Dr. Grollitsch: Dürfen wir nicht feinschleifen?) Und daher kann ich Ihren Vorwurf, Herr Dr. Grollitsch, überhaupt nicht ver-stehen, nämlich wenn Sie jetzt meinen, daß 78 oder mehr Abänderungsvorschläge eingebracht wurden.

Im Zusammenhang mit den Grünen ist mir folgendes unverständlich: Neben vielen Ausschußfeststellungen gibt es eine, die lautet: Der Wirtschaftsausschuß geht davon aus, daß den Beamten und Vertragsbediensteten der Berghauptmannschaften durch die geplante Auflösung dieser Behörde keine dienst- und besoldungsrechtlichen Nachteile erwachsen. Diesbezüglich gab es von Ihrer Seite, Frau Dr. Petrovic, eine Diskussion. Sie sind dagegen, daß eine derartige Ausschußfeststellung beschlossen wird, und beziehen sich auf die Verfahren, die bei manchen Behörden eingeleitet wurden. Meiner Meinung nach ist das, was Sie dort gesagt haben, eine Vorverurteilung der gesamten Behörde. Sie betreiben eine Vorverurteilung der gesamten Behörde! Wo bleibt da eigentlich Ihr objektives und menschliches Verhalten, das Sie bei anderen Tagesordnungspunkten immer wieder betonen?

Aber nun zum Gesetz selbst: Als Bürgermeister bin ich mit diesem Gesetz zufrieden, das muß ich ganz offen und deutlich sagen. Erstens: Die Vorlage wird nicht dem Konsultationsmechanismus unterworfen – bedeutet: Der Bund zahlt die Kosten. Zweitens: Es gibt jetzt eine genau defi-nierte Parteistellung der Länder, der Gemeinden, sogar der angrenzenden Gemeinden und – was sehr wichtig ist – der Anrainer. Vor allem den Gemeinden kommt da in Zukunft eine Schlüsselrolle zu.

Es gibt verschiedene diesbezügliche Beispiele. Wir im Nordburgenland haben das Beispiel der Parndorfer Platte, wo Schotter abgebaut wird und wo die Gemeinden, ja sogar das Land kaum eine Möglichkeit gehabt haben, einzugreifen. Jetzt gibt es diese Möglichkeit über Flächenwid-mungspläne und über die Gemeinden. Es gibt Gott sei Dank eine Regelung hinsichtlich einer Schutzzone von 300 Metern, die aber unter bestimmten Bedingungen unterschritten werden können. Und es müssen Gott sei Dank mit den Gemeinden, mit den Betroffenen die Verkehrskonzepte abgestimmt werden. Wir gewinnen damit auch mehr Lebensqualität für unser Land.

Es wird die Behördenstruktur grundsätzlich über die Bezirksverwaltungsbehörde bürgernäher und das Bewilligungsverfahren vereinfacht. Und es gibt auch Übergangsbestimmungen, die Sie, Frau Dr. Petrovic, zwar kritisiert haben, wo ich aber meine, es würden die Bezirksverwaltungsbehörden jetzt überfahren werden, würden sie sofort mit 1. Jänner 1999 die Behördenrolle übernehmen müssen.

In Summe ist es also ein guter Kompromiß aller Betroffenen. Wir sollten diesem Gesetz eine Chance geben. Als Abgeordneter und Bürgermeister sehe ich kein Problem, diesem Gesetz die Zustimmung zu erteilen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 4 Minuten angege-ben. – Bitte.

11.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Die unrühmliche Geschichte dieses Gesetzes wurde von meinen Vorrednern schon zur Genüge behandelt. Anlaßgesetzgebung bleibt Anlaßgesetzgebung und kann nur entsprechend mangelbehaftet sein. (Abg. Parnigoni: Das ist keine Anlaßgesetzgebung!) Und es ist wirklich bedauerlich, daß es anscheinend immer erst eines Anlasses bedarf, daß diese Regierung aktiv wird.

Meine Damen und Herren! Es wurde eine Chance versäumt, denn es wurde das Pferd von der falschen Seite aufgezäumt. Es wurde verabsäumt, ein Rohstoffsicherungsgesetz als Basis zu erarbeiten, das auf Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Abbauwürdigkeit abstellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird die Rohstoffnutzung – und es wurde heute schon sehr viel von wertvollen, nachhaltig zu nutzenden Lagerstätten gesprochen – nicht nachhaltig geplant. Die Instrumente der Raumplanung – da bin ich einer Meinung mit Herrn Kollegen Peter – werden nicht in die Pflicht genommen, obwohl heute technische Möglichkeiten, wie etwa das geographische Informationssystem, mit dem sehr genau "Ausschlußflächen" oder "Positivflächen" ausgewiesen werden können, zur Verfügung stehen.

Und noch ein Punkt: Ich sehe zum Beispiel keinen Grund dafür, daß Salz, obwohl es historisch bedeutend ist – die Salzstraße und so weiter –, zu den bundeseigenen Mineralien gehört. (Abg. Tichy-Schreder: Das war immer so!) Auf der einen Seite verkauft man an Androsch die entsprechenden Lagerstätten, auf der anderen Seite ist Salz nach wie vor ein bundeseigenes Mineral. Ich erkenne hier nicht unbedingt den Reformwillen, den Sie immer wieder herausstreichen.

Es werden große Unternehmen in diesem Gesetz eindeutig bevorzugt, Kollege Eder. Den kleinen Unternehmen wird es aufgrund der hohen Kosten und aufgrund der Bürokratie nahezu un-möglich gemacht werden, Gewinnungsbewilligungen zu erlangen. (Zwischenruf des Abg. Eder.) Damit wird sich der Herr Bürgermeister auch noch schwertun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird festgestellt, daß entsprechende Vorsorge für Rekultivierungen zu treffen ist, aber es wird mit keinem Wort erwähnt, in welcher Weise das zu erfolgen hat. Wird das über Rückstellungen erfolgen, wird es eine rein finanzielle Vorsorge sein? Wie ist diese über einen langen Zeitraum abzuwickeln? – Ich glaube, hier sind viele wesentliche Fragen nur angerissen und in keiner Weise gelöst.

Die Überführung der Agenden an die BHs wird sich in gewaltigen Mehrkosten für den Steuerzahler auswirken, und die Qualität der abzuwickelnden Verfahren ist aus heutiger Sicht als sehr zweifelhaft zu erachten.

In letzter Minute – das sei Ihnen eingeräumt – haben Sie noch einen gewissen Realitätssinn walten lassen und einige Unstimmigkeiten etwas entschärft und versucht, verfassungsrechtliche Bedenken auszuräumen. Wieweit Ihnen das gelungen ist, wird die Zukunft zeigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde schon gesagt, daß heute der "Tag der Barbara", der Festtag der Berg- und Hüttenleute, ist. Der österreichische Bergbau und die österreichische Rohstoffwirtschaft haben im Lauf ihrer jahrhundertelangen Tradition viele Höhepunkte erlebt und viele Tiefpunkte überstanden. Sie werden auch diese Regierung und dieses Bergrecht überstehen. – In diesem Sinne ein herzliches Glückauf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.26

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: gleichfalls 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.26

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich halte im Gegensatz zu meinen Vorrednern dieses Berggesetz für einen vernünftigen Kompromiß zwischen verschiedenen Interessen, einerseits jenen der Versorgung mit mineralischen Rohstoffen, der Erhaltung der Betriebe, der Erhaltung der entsprechenden Arbeitsplätze und auf der anderen Seite jenen insbesondere beim Obertagbergbau, also bei den Steinbrüchen, bei den Schottergruben, wonach die Erhaltung einer vernünftigen Lebensqualität in den Gemeinden und die Wünsche der Anrainer entsprechend berücksichtigt werden sollen. Und das ist insbesondere im Bereich der Steinbrüche und der Schottergruben – dort hat es das größte Problem gegeben – relativ gut geglückt. Ein Kompromiß wird nie alle zufriedenstellen, aber es handelt sich hier um einen Kompromiß, den ich für vernünftig halte.

Ich gehe davon aus – und das spielt insbesondere auch in meinem Bezirk eine Rolle –, daß man nicht einerseits jedem Häuslbauer vorschreiben kann, wie hoch das Haus zu sein hat, in welche Richtung der Giebel zu schauen hat und wie die Dachneigung zu sein hat, während man anderseits in Wohngegenden eine Schottergrube oder einen Steinbruch errichten und den halben Berg abtragen kann. Das ist absolut unmöglich. Diesbezüglich ist Vorsorge getroffen dahin gehend, daß in bestehenden Wohngebieten keine neuen Steinbrüche errichtet werden dürfen und daß es außerdem noch eine Schutzzone von 300 Metern gibt. Und auch für bestehende Betriebe gilt eine Schutzzone von 100 Metern. Ich glaube, daß wir damit die echten Bedürfnisse der Anrainer entsprechend mit berücksichtigen.

All jenen, die jetzt demonstrieren und meinen, daß das alles zu streng sei, muß man schon sagen – und das unterscheidet mich auch vom Abgeordneten Peter –, daß der Bergbaubetrieb, insbesondere der Steinbruch und die Schottergrube, im Gegensatz zum normalen Gewerbe- oder Industriebetrieb immer noch keine aktive Widmung braucht in dem Sinn, daß er eben als Abbaugebiet gewidmet ist, sondern er darf nur nicht durch bestimmte Widmungen, Wohnbaugebiet, Naturschutzgebiet plus 300 Meter, ausgeschlossen sein. Daher ist der Bergbaubetrieb, auch jener mit grundeigenen Mineralstoffen, also die Schottergrube und der Steinbruch, immer noch in bestimmter Weise anderen Gewerbebetrieben gegenüber privilegiert. Das ist ja auch der Grund, warum das nicht im Rahmen der Gewerbeordnung zu regeln ist.

Man kann sich einerseits dazu bekennen, weil ja die Anrainerinteressen durch die 300-Meter-Schutzzone mit berücksichtigt werden, und sollte auf der anderen Seite nicht so tun, als würde dieses Gesetz tatsächlich in hohem Umfang Arbeitsplätze gefährden und bestehende Betriebe umbringen.

Es gibt in Österreich 900 offene Verfahren, die nun abgewickelt werden müssen, und zwar von der Bergbaubehörde abgewickelt werden müssen, weil die BHs erst für die neuen Verfahren eingesetzt werden. Ich glaube, daß die BHs im Prinzip das bessere Instrument sein werden, weil sie doch viel mehr Konnex zu den Gemeinden und zu den Anrainern haben. Ich möchte Sie nur bitten, Herr Minister, daß Sie darauf achten, daß die gewisse Kumpanei, die es zwischen Bergbaubehörden und Betrieben gegeben hat, beendet wird und daß diese 900 offenen Verfahren, die ja nach dem neuen Gesetz vollzogen werden müssen, tatsächlich im Sinne dieses neuen Gesetzes abgewickelt werden.

Letzter Punkt: Es erfolgt durch den Abänderungsantrag eine Erweiterung der Liste der bergfreien mineralischen Stoffe. Es geht dabei um etwa zehn bis zwölf Gewinnungsbetriebe, die meiner Information nach überhaupt keine besonderen Anrainerprobleme verursachen werden und die teilweise auch tatsächliche Herzeigbetriebe sind, sodaß es notwendig ist, daß die Gewinnung in diesen Betrieben tatsächlich gesichert wird.

Zusammenfassend: Ich halte dieses Mineralrohstoffgesetz für einen vernünftigen, tragbaren Kompromiß zwischen den Interessen der Sicherung der Versorgung mit Rohstoffen, den Interessen der Betriebseigner und jenen der Erhaltung der Arbeitsplätze dort, aber auch den Interessen der Gemeinden und der Anrainer. Daher ist diesem Gesetz zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

11.31

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Da schon einige Vorredner darauf Bezug genommen haben, daß doch heute der Tag der Heiligen Barbara sei, möchte ich hinzufügen: Das ist historisch! Politisch aktuell ist heute der Tag der Bergbaubürokraten und der Lobbyisten! Und es ist dies keineswegs ein Tag zum Feiern, sondern es ist ein trüber Tag.

Ich halte aber ausdrücklich fest, daß, was Lobbyismus angeht, damit nicht alle Bergbaubetriebe und nicht alle Schotterbetriebe gemeint sind, sondern es gibt eine Gruppe, die aus der Unterstellung der Massenrohstoffe unter das Berggesetz wesentliche Vorteile gezogen hat, und diese wehrt sich heute natürlich dagegen, daß sie ihre Vorteile verliert. Jedoch faire Wettbewerbsbedingungen in diesem Bereich schaffen Sie durch die heute zur Diskussion stehenden Änderungen sicherlich nicht.

Ich frage Sie, Herr Abgeordneter Kaufmann: Was ändert sich denn zum Beispiel für die Gemeinde Peggau in der Steiermark durch das neue Berggesetz? Was wird denn für die Gemeinde Peggau besser werden? Sie sagen, es sei ein Kompromiß. Es ist vielleicht ein politischer Kompromiß zwischen der SPÖ und der ÖVP. Aber es ist kein Kompromiß im Sinne einer guten Lösung, sondern es ist ein fauler Kompromiß geworden, was ja auch zeigt, daß Sie mit über 70 Abänderungsvorschlägen konfrontiert waren und im Ausschuß dann an die 50 davon umgesetzt haben. Hier wird politisch abgetauscht, aber es werden keine neuen Rahmenbedingungen für einen wichtigen Wirtschaftszweig geschaffen.

Wenn Sie sagen, jetzt sei endlich die Parteistellung der Gemeinden im neuen Mineralrohstoff-gesetz geregelt, dann antworte ich Ihnen: Im Berggesetz war sie auch geregelt, nur schlecht geregelt! Es geht nicht darum, Herr Abgeordneter, in welcher Form die Gemeinden etwa formal Parteistellung haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Kollege Kräuter! Es geht darum, welchen Inhalt die Parteistellung hat und wie die Interessen gegeneinander abgewogen werden. Das ist das Entscheidende. Und in dieser Abwägung haben Sie wieder versagt, wenn Sie das heute so beschließen. (Zwischenruf des Abg. Eder.)

Herr Abgeordneter Eder! Sie werden sehen, daß wir nach der Beschlußfassung dieses Gesetzes mit genau denselben Problemen konfrontiert sein werden wie vorher. Und da sage ich Ihnen: Das war doch diesen ganzen Aufwand nicht wert! Und ich finde, Herr Abgeordneter Kauf-mann, wir sollten ganz gesondert auch einmal darüber reden: Wie steht denn die OMV jetzt da? Das ist ein Bereich, der völlig außerhalb der Diskussion geblieben ist, weil es immer um die Massenrohstoffe gegangen ist. Aber man sollte genau da auch einmal nachfragen: Wie ist das denn geregelt? Wer sichert sich denn welche Ressourcen?

Meine Damen und Herren! Ich wiederhole: Das zentrale Problem ist, daß es hier einen politischen Lobbyismus gibt. In Wirklichkeit halten Sie mit diesem Gesetz die Wettbewerbsverzerrungen, die es im Bereich der Schottergruben gibt, aufrecht. Das ist so, das wissen Sie, und wir werden es auch in den Diskussionen, die es in der Folge noch geben wird, sehen. Die 300-Meter-Regelung umfaßt ja eigentlich keine 300 Meter, sondern ein bißchen weniger, und wenn man eine Eisenbahnlinie drinnen hat, dann sowieso auch, denn wenn man schon eine Eisenbahn neben seiner "Hütte" hat, dann ist es eh schon Wurscht, ob man eine Schottergrube auch noch dabei hat. Sie nehmen keine Rücksicht darauf, daß es gerade etwa bei der Staubentwicklung darauf ankommt, ob ein Abbaugebiet in der Windrichtung eines Wohngebietes liegt. Da können 300 Meter Abstand viel zuwenig sein. Hingegen können 70 oder 100 Meter Abstand mit einem Wald dazwischen durchaus ausreichend sein.

Das heißt, diese absolute Regelung, die Sie hier treffen wollten – und die ja dann wieder keine absolute Regelung geworden ist –, wird einfach dem Problem nicht gerecht. Abgeordneter Peter hat es schon herausgestrichen, und ich betone es hier noch einmal: Das sind politische Abtauschgeschäfte, die Sie hier gemacht haben, die mit den Problemen, die vor Ort auftreten, ein-fach nicht korrelieren. Das wird so nicht zu lösen sein, und daher werden wir auch weiterhin genau diese Probleme haben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Abgeordneter! Ich möchte noch festhalten – ich mache das nur als Beispiel –, welche Abänderungsanträge im Ausschuß – der dann unterbrochen worden ist, weshalb das nicht im Ausschuß verhandelt worden ist, sondern im Hinterkämmerchen der Koalitionsparteien – eingeflossen sind: In § 3 Abs. 1 Ziffer 4 wird es auch um Illitton und andere Blähtone gehen, und während man beim Kalkstein, beim Diabas und auch beim Quarzsand gesagt hat, da müsse eine bestimmte Konzentration vorliegen, gibt es hier keine Konzentrationsregelung. Ups! – ist nicht drinnen! Das ist aber jetzt nicht die Regierungsvorlage, sondern der aktuelle Bericht. Das ist aber nicht definiert, und Sie wissen auch, daß es nicht definiert ist. (Abg. Tichy-Schreder: Das ist genau definiert! Sie müssen sich einmal informieren! – Zwischenruf des Abg. Eder.)

Und dann darf man bei einem Gesetz natürlich nicht nur die ersten Paragraphen lesen, sondern man müßte sich auch ein bißchen durchhanteln, vielleicht bis zum § 202 Abs. 1, Frau Abgeordnete. Dort kann man interessanterweise lesen: "Die Inhaber von bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes" – das Sie heute beschließen werden – "aufrechten Gewinnungsbewilligungen" für Illitton und andere Blähtone "haben bei der Behörde bis zum 31. Dezember 2003 die Umwandlung der den Gewinnungsbewilligungen zugrunde liegenden Abbaufelder in Grubenmaße zu beantragen." (Zwischenruf des Abg. Eder.) Und dann liest man den § 202 Abs. 7, Herr Abgeordneter Eder, und da steht: "Bis zur rechtskräftigen Umwandlung der Abbaufelder gilt für diese das Berggesetz 1975 weiter." (Abg. Tichy-Schreder: Aber nein! Herr Mag. Barmüller, nur Sie wissen es am besten! Lassen Sie sich einmal die Wahrheit sagen! Das stimmt ja nicht!)

Wissen Sie, was Sie den Anrainern damit sagen? – Ätsch!, sagen Sie ihnen, das haben wir geschickt gemacht. Denn wie werden wir das handhaben? Wir handeln uns im politischen Bereich in unterbrochenen Ausschüssen das aus, was wir politisch für zielführend halten. Wir nehmen nicht auf die aktuell existierenden Probleme Rücksicht, die auch Probleme der Anrainer, aber insbesondere auch Probleme jener Firmen sind, die in einen verzerrten Wettbewerb gedrängt worden sind.

Also Sie stellen diese Probleme nicht ab. Das mag ein Kompromiß sein, der der Wirtschaftskammer recht und billig ist, den Liberalen reicht es gerade für eine Ablehnung. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Tichy-Schreder: Erkundigen Sie sich und hören Sie auf, so überheblich zu sein!)

11.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Kopf. Die von Ihnen gewünschte Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

11.37

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Die Erfahrungen, die mit den Novellen zum alten Berggesetz 1990 und 1993 gemacht worden sind, machten aus verschiedensten Gründen eine neuerliche Novellierung dieses Gesetzes notwendig. Es hat berechtigte und auch nicht berechtigte, aber zum gut Teil berechtigte Einwände und Proteste von Gemeinden, in Einzelfällen von betroffenen Anrainern gegeben, wo man wirklich sagen muß, daß das alte Gesetz seiner notwendigen Schutzfunktion nicht gerecht geworden ist.

Es hat daraufhin in den letzten ein, zwei Jahren sehr vernünftige Verhandlungen zu einer Novellierung dieses alten Berggesetzes gegeben, darauf abzielend, daß man Parteirechte ausbauen wollte für Nachbarn, für Gemeinden, was ja auch von diesen gefordert worden war. Aber dann ist tragischerweise etwas passiert. Es ist das Unglück von Lassing passiert, das zunächst einmal ein menschlich tragisches Unglück war, das auch sehr zu bedauern ist. Nur ist leider zu diesem Lassinger Unglück noch ein zweites Unglück dazugekommen, nämlich ein politisches Unglück – ich würde es wirklich als solches bezeichnen. Es sind auf einmal aufgrund dieses traurigen Anlasses politische Forderungen erhoben worden im Hinblick auf dieses neue Mineralrohstoffgesetz, die sachlich weder mit Lassing noch mit den Problemen davor zu rechtfertigen sind und auch nicht mit diesen Problemen in Zusammenhang stehen.

Da gab es auf einmal Forderungen nach einer 300-Meter-Schutzzone, was überhaupt nichts mit Sachgerechtigkeit zu tun hat. Betroffenheit von Anrainern, von Gemeinden kann man meines Erachtens nicht in Metern ausdrücken, sondern doch wohl eher mit Immissionswerten, also mit realen Belastungen und nicht mit Abständen.

Das ist dann noch weitergegangen: die Forderung nach einer absoluten Schutzzone von 100 Metern. Und selbst wenn ein betroffener Anrainer zustimmt, ist diese Distanz in keinem Fall zu unterschreiten. Das kann doch keinen Sinn ergeben, bitte!

Es ist eine neue Bezeichnung geboren worden: "bester Stand der Technik". Diese ist dann zwar in den Ausschußfeststellungen relativiert und wieder auf "Stand der Technik" hingetrimmt worden, aber was soll das? – Das sind überzogene, unnotwendige Dinge. Wir hatten den Begriff "Stand der Technik", der ausjudiziert war. Dieser war jedem Verwaltungsbeamten in den Bezirksverwaltungen bekannt und auch anwendbar. Es ist kein Begriff geboren worden, aber neu hineingekommen, nämlich jener der "Bedarfsprüfung", in Zeiten, in denen wir im Wirtschaftsleben ... (Zwischenruf des Abg. Eder.) – Ja, ja, ich komme gleich dazu. Dieser Begriff ist im Zuge der Verhandlungen in Zeiten, in denen wir dieses Thema europaweit endlich aus unseren Wirtschaftsgesetzen, aus unserem Wirtschaftsleben verbannt geglaubt zu haben, geschaffen worden. (Abg. Eder: Das hat aber nichts mit ...!) Das ist jetzt tatsächlich entschärft worden.

Aber, Kollege Eder, da du mich gerade ansprichst: Du hast vorher als Problemlösung vorgeschlagen, daß man eben bei einem Abbau unter 100 Metern in den Untertagebau gehen soll, bei den Natursteinen. (Abg. Eder: Ja!) Das ist blanker Zynismus. (Abg. Eder: Überhaupt nicht!) Das ist blanker Zynismus, bitte. Nach dem Unglück in Lassing in den Mund zu nehmen, daß die Lösung für ein Problem, nämlich für den Abbau von Rohstoffen, der Gang in den Untertagebau sei, das spottet jeder Beschreibung und bedarf keiner weiteren Kommentierung. (Beifall bei der ÖVP.)

Der 1. Dezember, der Tag der Ausschußsitzung, hat dann tatsächlich einige Verbesserungen im Sinne der Vernunft gebracht. Es sind einige Dinge relativiert worden. Ich habe es schon gesagt: Stand der Technik. Bei den besagten 300 Metern gibt es sehr bescheidene Möglichkeiten, Ausnahmen zu erwirken; im Grunde solche, die wahrscheinlich kaum zur Anwendung kommen werden. Ich habe im Ausschuß diesem Gesetzentwurf zugestimmt, weil noch verschiedene Verbesserungen in Diskussion waren. Es wurde zum Beispiel in Aussicht gestellt, daß es weitere Verhandlungen geben werde und daß vor allem bei wesentlichen Punkten – bei der 300-Meter-Zone – die Möglichkeit bestehen könnte, in Verhandlungen noch vernünftige Ausnahmen, nämlich die Berücksichtigung örtlicher Gegebenheiten – nicht nur diese drei taxativ aufgezählten –, zu erreichen.

Der heutige Stand ist der, daß offensichtlich von seiten unseres Koalitionspartners gar nicht daran gedacht war – das muß ich heute leider erkennen –, hier noch Zugeständnisse zu machen. Wenn dies bis zur Abstimmung so bleibt, kann ich mir nicht vorstellen, daß ich diesem Gesetz die Zustimmung erteilen werde. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.43

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Debatte noch einmal zwei Punkte betreffend aus unserer Sicht zusammenfassen. Der eine Punkt ist die parlamentarische Vorgangsweise bei dieser Novelle des Bergrechtes beziehungsweise bei dieser Gesetzesvorlage. Das ist eine so umfangreiche Materie – ich kann es nur noch einmal wiederholen –, daß sie eigentlich einer sorgfältigeren Behandlung bedurft hätte und es gerecht gewesen wäre, hier eine sorgfältigere Behandlung der Materie anzusetzen.

Unser Wunsch und unser Verlangen war es – ich muß das hier abermals einbringen –, einen Unterausschuß einzusetzen, der sich mit den verschiedenen Themenblöcken befaßt und im Rahmen dessen man vor allem auch Expertinnen und Experten hinzuziehen kann, der aber auch die Möglichkeit bietet – das halte ich für wichtig –, daß Gemeinden und auch Bürgerinitiativen angehört werden können. So bleibt nämlich an dem Ganzen der Verdacht hängen, daß Sie zwar nach dem Unglück von Lassing reagiert haben, aber aus einer gewissen Paniksituation heraus, um sich nicht vorwerfen lassen zu müssen, gar nichts zu tun, haben Sie zu schnell und daher auch unserer Meinung nach zu oberflächlich reagiert und sind den Anforderungen nicht gerecht geworden.

Die Tatsache, diese ganze Materie, die ja alleine von Ihrer Seite noch so viele Abänderungen mit sich gebracht hat, in nur zwei Ausschußsitzungen zu behandeln, bringt einfach den Verdacht auf – ich möchte im zweiten Teil meiner Ausführungen auch noch darauf zu sprechen kommen –, daß hier vieles außer acht gelassen worden ist.

Der größte Regelungsbedarf besteht ganz sicherlich und zweifelsohne bei den Massenrohstoffen; gerade da sind genau diese Oberflächlichkeiten beziehungsweise Fehler passiert, die bereits angekreidet worden sind, nämlich eine nicht einsehbare Ausnahmeregelung vor allem bei bestimmten Massenrohstoffen, bei bestimmten grundeigenen Massenrohstoffen. Diese Ausnahmeregelung müssen Sie erst einmal begründen, und zwar, warum Sie sozusagen geradezu in letzter Minute verschiedene Rohstoffe, wie zum Beispiel Kalkstein, aus dem neuen Gesetz herausgenommen haben, und noch dazu – das wirft meiner Meinung nach ein ganz bezeichnendes Licht auf diese Vorgangsweise und auf diese Verhandlungen – mit völlig irreführenden Angaben, was den Abbau betrifft.

Sie haben in der Debatte nach Angabe des Wirtschaftsministeriums gesagt, daß zum Beispiel bei Kalkstein mit hoher Qualität 0,7 Millionen Tonnen abgebaut werden sollten. Nach den Angaben bekannter, führender Geologen sind aber allein im Jahre 1996 7 Millionen Tonnen abgebaut worden. Wie können Sie sich diese Differenz zwischen einem Abbau von 7 Millionen Tonnen und jener Angabe mit 0,7 Millionen Tonnen, die Sie gemacht haben, erklären? (Beifall bei den Grünen.)

Dasselbe gilt auch für die anderen Stoffe, für die diese Ausnahme gilt – sei es jetzt Quarzsand, sei es Diabas oder all die anderen Stoffe, die im Gesetzentwurf enthalten sind. Überall dort gibt es ganz eklatante Differenzen zwischen den Angaben hinsichtlich eines zukünftigen Abbaus, die Sie machen (Abg. Tichy-Schreder: Nein!), um das Ganze offensichtlich zu verharmlosen, und den Angaben über den Abbau, der 1996 erfolgt ist. Immerhin umfaßt dieser Bereich der Ausnahmen 15 Prozent des Abbaus der Massenrohstoffe. Und es stimmt bedenklich, daß Sie hier Ausnahmen schaffen – ganz offensichtlich nach dem Motto: Ich verbessere zwar das Verfahren – wir sehen auch, daß das Verfahren da oder dort verbessert wird –, aber ich schaue darauf, daß möglichst wenige Anlagen darunterfallen beziehungsweise vor allem jene Anlagen, die offensichtlich besonders der ÖVP am Herzen liegen.

Es soll schon zum Schluß noch einmal gesagt werden, daß diese Interventionen und diese Änderungen offensichtlich auf den ausdrücklichen Wunsch der ÖVP und ihrer Klientel zurückgehen. Ich meine – und mit mir viele andere –, daß der ganze Druck, der darin bestanden hat, dieses Gesetz in zwei Ausschußsitzungen durchzuziehen und keine ausreichenden Beratungen zustande kommen zu lassen, ganz im Interesse der ÖVP und im Interesse ihrer Klientel war. Es ist aber, betrachtet man die Geschichte des Ganzen, immer in deren Interesse gelegen, was befürchten läßt, daß sich die Geschichte und die Tradition auch fortsetzen werden; das heißt, daß wir es demnächst – so vermute ich doch – wieder mit einer Novellierung zu tun haben werden. (Beifall bei den Grünen.)

11.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Grabner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.48

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Diese Gesetzesvorlage ist meiner Meinung nach ein Kompromiß. Ich möchte mich mit einem Problem beschäftigen, das auch den Bezirk, aus dem ich komme, sehr berührt: dem Schotterabbau. Das bestehende Berggesetz ist meiner Ansicht nach eines der schlechtesten Gesetze, das es für die Gemeinden und die Bevölkerung, die dort wohnt, gibt. Da haben die Lobbyisten ihre Hand im Spiel gehabt.

Ich darf einige Beispiele zitieren – auch deinen Herrn Landeshauptmann –: Breitenauer in Aufruhr. Nein zum Schotterabbau. Schotterabbau direkt bei Kinderspielplatz. – Meine Damen und Herren! Ich habe von den Kindern eine Zeichnung bekommen, da es die Berghauptmannschaft bis hin zum Kinderspielplatz genehmigt hat, daß dort eine Schottergrube entsteht. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) So kann das natürlich nicht gehen!

Oder: Plattform fordert rasche Reform des Berggesetzes. – Alle Parteien, nicht die Sozialdemokraten. – Resolutionen wegen Berggesetz und Bauordnung an die Bundesregierung, Landesregierung und an den Berghauptmann. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.)

Weiters: Schotterabbau in Eggendorf. Die Gemeinde ist verzweifelt. Auf 22,8 Hektar sollen 1,9 Millionen Kubikmeter abgebaut werden. Schluß mit Schottergruben. Kiesgrube vor dem Haus. Bürgerfrust wächst. Wildwest in der Schottergrube. – Zitate über Zitate. Meine Damen und Herren! Ich könnte das natürlich fortsetzen. (Abg. Dr. Haider: Wann kommt ihr in die Regierung?)

Es gibt einen Gesetzentwurf, Herr Kollege Stummvoll, in dem laut Information der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Sand und Kies folgendes zu lesen ist: Durch die Formalparteienstellung der Gemeinden im Aufschluß- und Abbauplanverfahren, im Gewinnungsbewilligungsverfahren kann sich die Verfahrensdauer um etwa ein bis zwei Jahre verlängern. Eine Verhinderung eines Projektes durch die Gemeinde aber ist de facto nicht möglich. – Das war der Entwurf.

Vom Klub der ÖVP-Landtagsabgeordneten aus Oberösterreich, Herr Kollege Kopf, die sich ebenfalls an alle oberösterreichischen ÖVP-Abgeordneten im Parlament wenden, gibt es ein Inserat mit folgendem Wortlaut: Regierung gefährdet Arbeitsplätze, Industriellenvereinigung Oberösterreich. 3 000 Jobs sind in Gefahr. – Gegen so etwas muß ich mich verwahren. Ich sage gleich dazu: Der Bürgermeister von Weikersdorf, ein ÖVP-Mann, hat alle Bürgermeister dazu aufgerufen, in diesem Bereich eine Resolution zu beschließen und an die Gemeindevertreter zu senden.

Bisher waren ungefähr 30 Prozent der Betriebe involviert. Nach dem neuen Gesetz sind es fast 100 Prozent. Da kann sich die Industrie also nicht beklagen. Ich darf sagen: Meiner Meinung nach ist das ein Kompromiß.

Ich kann diesem Gesetz zustimmen. Ich sage allen, die daran mitgewirkt haben, danke. Herr Bundesminister, auch Ihnen sage ich ein Dankeschön. Sie waren ja in keiner leichten Situation. Ich darf aber vor allem unseren zwei Abgeordneten, den Kollegen Eder und Heindl, herzlichst für die Verhandlungen danken. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kiss. – Abg. Grabner – das Rednerpult verlassend –: Siehst du, bei mir ist es einmal, bei dir dauernd ...!)

11.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Haider: Das wäre eine gute Oppositionsrede!)

11.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Herrn Kollegen Grabner gratulieren. Er stellt sich hierher und spricht von einem Kompromiß. Es sei etwas geschaffen worden, ein Kompromiß. – Es ist aber ein schlechter Kompromiß, es ist ein inakzeptabler Kompromiß, der hier geschlossen wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich gebe dir, lieber Arnold Grabner, jedoch sehr wohl recht, wenn du sagst, daß das alte, das bestehende Berggesetz ein schlechtes Gesetz ist. Warum ist es ein schlechtes Gesetz? – Weil im Jahre 1990 du und deine Fraktion zusammen mit den ÖVP-Abgeordneten dafür gestimmt habt, Massenrohstoffe in ein Berggesetz, in dem sie nichts verloren haben, wofür es nicht konzipiert wurde, mit aufzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da zeigen sich dann die Folgen dieser deiner politischen Tätigkeit, politischen Arbeit und die deiner Genossen und wie diese umgesetzt wird.

Herr Bundesminister! Das Mineralrohstoffgesetz, das heute behandelt, das heute debattiert wird, ist letztlich als Folge von Lassing zu sehen. Dieses Gesetz wurde ohne entsprechendes Begutachtungsverfahren vorgelegt und im Ausschuß behandelt. Herr Bundesminister! Mich hat auch Ihre Aussage im Ausschuß erstaunt: Der Ausschuß, die Politiker, die Koalitionsparteien – ich weiß nicht, wer immer – sind nicht der verlängerte Arm der Fachverbände. Jetzt – haben Sie gesagt – wird Wirtschaftspolitik gemacht. – Ich frage mich: Was haben Sie bislang als Wirtschaftsminister gemacht?

Das sind noch die Fehler aus dem Jahre 1990. Das Gesetz war zur Aufnahme dieser Massenrohstoffe ungeeignet. Die Rechte der Anrainer und der Gemeinden wurden nicht gewürdigt. Es ist und bleibt ein Husch-Pfusch-Gesetz. Und es ist eine – das möchte ich feststellen – chaotische und insbesondere für die Oppositionsparteien unzumutbare Vorgangsweise bei der Behandlung im Ausschuß beziehungsweise zwischendurch und auch im Vorspann festzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Steindl! Von Harmonie, die angesprochen wurde, und davon, daß es um den Feinschliff gehe, könne keine Rede sein. Das ist absolut unrichtig. Sie, sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, haben ein Schreiben des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes als Vehikel dazu benutzt, um weitere Verhandlungen führen zu können, nachdem diese vorher ohne endgültiges Ergebnis abgebrochen wurden. Sie haben stundenlang bei diesem Gesetz weitergepfuscht und weitergewirkt – zum Schaden der Österreicher, wie ich meine, der Bergbaubetriebe, der Anrainer und der Gemeinden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber Sie haben auch etwas geschafft, nämlich folgendes Ergebnis: Lassing zwei ist nicht ausgeschlossen. Es ist keine Sicherung einer langfristigen Rohstoffversorgung gegeben. Sie, Herr Bundesminister, haben auf unsere Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, einen entsprechenden Sicherungsplan zu erstellen, Marktwirtschaft mit Planwirtschaft verwechselt. Sie haben gemeint, für Planwirtschaft hätten Sie nichts übrig. Tatsache ist, daß es sich hier nur um eine Verwechslung handeln kann und es nicht einzusehen ist, daß Sie mit diesem neuen Gesetz die Sicherung nicht gewährleisten. Es ist keine Erstellung eines nationalen Rohstoffkonzeptes als Basis für eine gesetzliche Bevorratung vorgesehen. Das ist eben die Verwechslung von Marktwirtschaft mit Planwirtschaft, und das zeugt von Planlosigkeit.

Das Ergebnis ist eine bestehende Rechtsunsicherheit beim Übergang vom Berggesetz zum Mineralrohstoffgesetz. Es wird teurer, die Kosten werden anwachsen, es wird bürgerferner, es wird bürokratischer, und es ist eine Monopolisierung der großen Schotterlobby zuungunsten und zum Nachteil der kleinen und mittleren Bergbauunternehmen gegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

11.57

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der 4. Dezember 1998 ist, was die problematische Auswirkung des alten Berggesetzes betrifft, ein durchaus positiver Tag. Das haben bereits einige Redner festgehalten, und dem ist auch zuzustimmen. Denn mit dem heutigen Beschluß eines neuen Mineralrohstoffgesetzes wird eine grundlegende Reform eingeleitet. Eine langjährige Forderung des Gemeindebundes, daß Anrainergemeinden eine umfassende, echte Parteienstellung erhalten, wird Wirklichkeit. Das, so glaube ich, ist positiv festzuhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

In diesem neuen Gesetz sind Verkehrskonzepte zum Abtransport vorgesehen. Über grundsätzliche Schutzzonen sollte und könnte meiner Meinung nach durchaus noch diskutiert werden. Wichtig ist meiner Ansicht nach, daß alle laufenden Vorhaben nach dem neuen Recht abgehandelt werden – das wäre zu begrüßen –, damit nicht mehr das passiert, was immer öfter passiert ist, daß es sich nämlich große Unternehmen noch schnell richten und die kleinen Unternehmen aus Konkurrenzgründen übrigbleiben.

Meine Damen und Herren! Eines ist festzuhalten: Es gibt wohl kaum ein Gesetz, das so massiv in die Gemeindeautonomie eingegriffen hat, wie das alte Berggesetz, vor allem was den Bereich der Massenrohstoffe, sprich Schotter und Kies, betrifft. Jemand hat einmal gesagt, in den Gemeinden funktioniere die Demokratie noch, weil dieses Funktionieren auf drei Säulen beruht, nämlich auf Mitbestimmen, Mitverantworten und Mitentscheiden.

In diesem Zusammenhang handelte es sich um die Flächenwidmungspläne, um die Entwicklungskonzepte, die sehr oft mühsam und in schwierigen Verhandlungen mit den Gemeindebürgern erarbeitet wurden und dann plötzlich durch eine einfache Mitteilung der Bergbehörde außer Kraft gesetzt wurden.

Das kann doch nicht sein, daß Festlegungen einer Gemeinde, die selber bestimmt, ob sie Tourismusgemeinde, Wohngemeinde oder Betriebsgemeinde sein will, durch die Entscheidung einer Bergbehörde außer Kraft gesetzt werden.

Positiv ist, daß diese freie Entscheidung des Gemeinderates in Zusammenarbeit mit den eigenen Gemeindebürgern in Hinkunft auch tatsächlich Gültigkeit hat! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Als jemand, in dessen Gemeinde sich zwei Schottergruben befinden und der zu beiden Unternehmen ein positives Verhältnis und eine positive Zusammenarbeit mit ihnen vermelden kann, möchte ich betonen, daß dieses Gesetz, das wir heute beschließen, kein Verhinderungsgesetz sein soll.

Ich erwähne das auch deswegen, weil die Gemeinden mit den Möglichkeiten, die sie nun erhalten, verantwortungsvoll umzugehen haben. Jenes sehr oft zu beobachtende Spielchen wird nun nicht mehr möglich sein, nach dem zunächst jeder einen billigen Baugrund haben will – dabei spielt das keine Rolle, im Gegenteil: die Arbeitsstätte, der Betrieb soll sogar in größtmöglicher Nähe sein, auch die Schottergrube, die Kiesgrube, denn das billige Baumaterial ist ja wichtig, man hat Verständnis dafür, und die kurzen Transportwege sind außerdem von Vorteil –, aber dann, wenn er mit dem Hausbau fertig ist, will er seine Ruhe haben. Dann stört auch die Eisenbahn, dann stört die positive Aufschließungsstraße, dann stört der Betrieb. Niemand mehr will dann etwas davon wissen, selbst vor seinen Nachbarn will man bereits Ruhe haben! So wird es aber nicht laufen können, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Eder.)

Daher sage ich ausdrücklich, daß aufgrund dieses neuen Gesetzes, dieser neuen Möglichkeiten die Raumordnung ernst zu nehmen ist. Raumordnung bedeutet nämlich, Ordnung zu schaffen und nicht überall alles zu ermöglichen. Dazu wird es sicher in so mancher Region noch eines Umdenkprozesses bedürfen, und es wird ein bißchen mehr Verantwortungsgefühl notwendig sein.

Ich danke ganz besonders unserem Bundesminister Farnleitner, der mit dieser von ihm eingebrachten Vorlage, die dann in gemeinsamer Arbeit zu dem nun vorliegenden neuen Gesetz geführt hat, einen mutigen, einen verantwortungsvollen Schritt, einen Schritt in Richtung mehr Demokratie gesetzt hat, der Anrainern und Gemeinden eine Chance für mehr Mitgestaltung bietet. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.03

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur einige kurze Anmerkungen. Herr Bundesminister, ich hätte mir Ihre Anwesenheit eigentlich schon bei der Debatte über das ILO-Abkommen in der letzten Plenarsitzung gewünscht, da dort Punkte angesprochen worden sind, die in bezug auf die heute zu verhandelnde Materie nicht uninteressant sind, nämlich bezüglich des Arbeitnehmerschutzes, der erst bei der Debatte beziehungsweise im Ausschuß implementiert worden ist, allerdings in einem Verfahren, das ich etwas merkwürdig finde. Das richtet sich vor allem an die Adresse der sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen.

Sosehr wir darin übereinstimmen, daß die Arbeitsinspektion jetzt auch die Aufsicht über den Arbeitnehmerschutz in den Bergbetrieben hat, so sehr finde ich es bedenklich, daß die sozialdemokratische Fraktion die Verankerung des Arbeitnehmerschutzes offensichtlich nur dadurch erreichen konnte, daß sie dafür Anrainerrechte eingetauscht hat. (Zwischenruf des Abg. Marizzi.) – Meine Damen und Herren! Herr Kollege Marizzi! Das ist tatsächlich ein Problem! (Abg. Tichy-Schreder: Überhaupt nicht!)

Angesichts des Umstandes, daß bestimmte notwendige Änderungen im Arbeitnehmerschutz – und damit bin ich wieder beim ILO-Übereinkommen – zwar von diesem Parlament sozusagen als Absichtserklärung, als "letter of intent", mit der Ratifizierung beschlossen, aber noch lange nicht umgesetzt worden sind, stellt sich die Frage, ob diese Ratifikation beziehungsweise auch die nun dem Arbeitsinspektorat übertragene Oberaufsicht für den Arbeitnehmerschutz in jenen Bereichen, in denen es notwendigerweise etwas zu verbessern gibt und eine Arbeitsinspektion tatsächlich ein Fortschritt wäre, auch einen inhaltlichen Fortschritt bedeutet. Ich betone nochmals: Dieses Verfahren, daß bestimmte Bereiche aus diesem Gesetz ausgenommen und auch den Anrainerrechten entzogen wurden, damit abzutauschen, daß eine etwas bessere Aufsicht der Arbeitsinspektion verankert wird, halte ich für ein Problem.

Die Änderung in § 175 beispielsweise ist auf eine Anregung der Grünen zurückzuführen. Es ist Ihnen offensichtlich in all den Jahren nicht aufgefallen, daß das ASVG in dieser Frage dem Berggesetz, den entsprechenden Bestimmungen des Berggesetzes, grundlegend widersprochen hat. Im ASVG war vorgesehen, daß die Behörden, die Arbeitnehmervertretungen beziehungsweise die Unfallversicherungen ohne Anmeldung in die Bergbaubetriebe hinein dürfen, laut Berggesetz war das ausgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Es ist zwar ein Fortschritt, wenn das jetzt ermöglicht wird, aber gleichzeitig ein Zeichen von äußerst schlechter Gesetzgebung in den letzten Jahren sowie ein Zeichen dafür, wie ungeeignet dieses Berggesetz war, Arbeitnehmerschutz in einigen wichtigen Punkten tatsächlich zu garantieren. Wenn Sie es als Fortschritt bezeichnen, daß damit etwas geschehen ist, was schon längst notwendig gewesen wäre, und das außerdem gleichzeitig mit dem Abbau von Anrainerrechten in einigen anderen Bereichen eingekauft wurde, dann halte ich das wirklich für ein Problem! (Beifall bei den Grünen.)

12.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Marizzi. Ich stelle die Uhr auf 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.07

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger! Wir haben nichts eingetauscht. (Abg. Öllinger: Sicher!) In diesem Gesetz ist die Aufsicht durch Arbeitsinspektoren vorgesehen, es wurden somit die Arbeitnehmerrechte gestärkt, die Entfernungen und auch die Parteienstellung verankert. Das war unser politisches Ziel! Das haben wir erreicht! (Abg. Öllinger: Aber manches ist draußen!)

Herr Kollege Öllinger! Es wurde bereits vor Lassing über die Neugestaltung dieses Berggesetzes diskutiert. Herr Bundesminister Farnleitner hat natürlich eine Regierungsvorlage eingebracht, die wir im Ausschuß diskutiert haben. Natürlich kommen im Ausschuß Abänderungsanträge. (Abg. Öllinger: Diese Änderungen sind in letzter Minute geschehen! Es ist Ihnen genauso wenig aufgefallen!) Änderungsvorschläge gibt es bei jedem Gesetz, das wissen Sie, und daher ist es kein Tausch gewesen, sondern es war Vernunft, Herr Kollege Öllinger. (Abg. Öllinger: O ja! Es war ein Tausch!)

Zweitens möchte ich noch ein paar Sätze zu Lassing sagen. Aus meiner Sicht ging es dort nicht um die Menschen – darin stimme ich mit Ihnen und mit Frau Petrovic überein –, es ging nicht um die Bergleute, sondern um die Gewinne. Das wissen wir heute alle. Allein die Höhe der Umsätze des Unternehmens pro Kopf lassen erkennen, daß dort letztendlich Raubbau betrieben wurde. Um die Menschen, um die Bergleute hat man sich überhaupt nicht geschert. (Abg. Öllinger: Auch um den Berg nicht, das ist das Problem!) Daher bin ich froh darüber, sehr geehrter Herr Kollege Öllinger, daß jetzt nicht mehr die Behörde sich selbst kontrolliert, sondern daß die Arbeitsinspektoren in Zukunft die Kontrolle innehaben.

Ich teile die Meinung des Herrn Bundeskanzlers Viktor Klima, der gesagt hat, daß es dabei um die berechtigten Interessen der Menschen geht und der Schutz der Menschen auch in Zukunft Vorrang hat. Das war auch eine Zielsetzung der sozialdemokratischen Fraktion in diesem Gesetz. Über die Ausschußverhandlungen und -beratungen möchte ich nicht viele Worte verlieren. Das wurde heute schon besprochen.

Ich möchte den Verhandlungspartnern und auch den Experten Dank sagen, vor allem Frau Kollegin Tichy-Schreder und meinem Kollegen Eder, der in dieser schwierigen Materie – und das war nicht sehr einfach – einen Kompromiß gefunden hat. Ich behaupte, es ist ein tragbarer Kompromiß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutigen Äußerungen der Frau Kollegin Petrovic waren äußerst unfair. Denn, Frau Kollegin Petrovic, wir haben Ihre Intentionen im Hinblick auf Maßnahmen zum Schutz der Anrainer sofort in den Entwurf eingebaut. Ich glaube, Frau Kollegin Petrovic, daß es daher auch ein gemeinsamer Sieg ist. Sie haben einen wertvollen Beitrag dazu geleistet, und wir sind sofort darauf eingegangen.

Es hat mir allerdings nicht gefallen – ich muß das auch erwähnen –, daß Sie im Ausschuß gesagt haben, es sei ja eigentlich uninteressant, wozu brauchen die Österreicher Schottergruben, das seien keine qualitativ hochwertigen Arbeitsplätze, sondern das sei sinnlos. – Frau Kollegin Petrovic! Ich halte das aber sehr wohl für richtig, denn andernfalls würde das Material aus Ungarn oder sonstwoher importiert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammenfassend kann man sagen: Dieses Gesetz ist ein Kompromiß, es ist ein sehr gutes Gesetz. Es schützt die Menschen, es schützt die Anrainerrechte, und es schützt auch – man muß das ebenfalls erwähnen – die Eigenversorgung mit mineralischen Rohstoffen. Daher gebe ich diesem Gesetz gerne meine Zustimmung. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tichy-Schreder.)

12.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Blünegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.10

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ursprünglich wollte man das Vorhaben, auf der Basis des Bergrechts ein neues Mineralrohstoffgesetz zu machen, nach langer Vorbereitung und guten Verhandlungen realisieren, eine echte Bergwerksreform war das Ziel. Aber nach dem Unglück von Lassing hatte es die Regierungskoalition, ganz besonders die ÖVP, plötzlich eilig und hat nach der Ansicht von uns Freiheitlichen nun ein Husch-Pfusch-Gesetz gemacht. Denn wie wir unter anderem auch schon in der heutigen Debatte gehört haben, mußten Oppositionsredner, die sich mit diesem Gesetz befaßt haben, die Regierungskoalition darauf aufmerksam machen, daß bereits in der heutigen Debatte ein Abänderungsantrag zu diesem Gesetz eingebracht werden sollte. Das ist also ein Gesetz, das Sie zwar sehr loben, das aber heute schon reformbedürftig ist.

Genau das wollten wir Freiheitlichen nämlich vermeiden. Aber es wurde uns im Ausschuß nicht einmal die Gelegenheit gegeben, eine richtige Diskussion darüber zu führen. Kollegen Steindl, der in seinem heutigen Redebeitrag behauptet hat, daß die Freiheitlichen diese Möglichkeit gehabt hätten, muß ich sagen: Wir haben überhaupt keine Möglichkeit gehabt! Erst nach viereinhalb Stunden bekamen wir zwei Abänderungsanträge, die zirka 72 Punkte beinhaltet haben! Das ist nach unserem Dafürhalten nicht die richtige Vorgangsweise. Auch die Opposition sollte in die Verhandlungen mit eingebunden werden.

Daher kann dieses Bundesgesetz als Husch-Pfusch-Gesetz bezeichnet werden, und wir behaupten sogar, daß die Abänderung des § 125, die heute durchgeführt wird, unbedingt notwendig ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Einheitspartei! (Heiterkeit des Abg. Dr. Maitz.) Wir sind in einigen Punkten Ihrer Meinung. Auch wir befürworten es, daß die Parteienstellung für Anrainergemeinden endlich eingeführt wird oder daß die Bewilligungspflicht für die Erweiterung von Gewinnungsplänen notwendig ist.

Aber abgesehen davon würde ich, wenn ich Lehrer wäre – der ich nicht bin, denn ich stehe im praktischen Leben –, dieser Regierungsvorlage die Note 5 geben! Warum? – Jeder Schelm erkennt, daß die auf zwei Jahre erstreckte Frist dazu genützt werden kann, Genehmigungen auf Vorrat anzulegen – jeder Schelm erkennt das! –, wodurch das Inkrafttreten dieses Gesetzes um Jahre hinausgezögert wird. Weiters bin ich der Meinung, daß eine Parteienstellung der Anrainer und Gemeinden auch für den Untertagbau gelten sollte, und auch für verschiedene andere Dinge.

Daher werden wir Freiheitliche diesem Gesetz sicher nicht die Zustimmung geben, denn es ist ein unausgereiftes Gesetz. Es schadet Bundesländern wie Tirol, für die die Tourismus- und Freizeitwirtschaft ein ebenso wichtiger Standortfaktor ist. In diesem Sinne möchte ich die Koalition auffordern, noch vor der heutigen namentlichen Abstimmung solche Überlegungen anzustellen und diesem Gesetz nicht zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.14

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe wird ein altes, autoritäres und beinahe anachronistisch wirkendes Berggesetz abgelöst und durch ein modernes Gesetz ersetzt, in dem den Gemeinden und damit den betroffenen Bürgern – es wurde heute schon mehrfach angesprochen – die notwendige Mitsprache garantiert wird, vor allem, was die "obertägige Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe" betrifft – wie das im Gesetz so schön heißt. Die Schwerpunkte wurden von meinen Vorredern bereits herausgearbeitet.

Ich möchte mich mit dem Thema Gemeinde, also der Parteistellung der Gemeinden im neuen Mineralrohstoffgesetz, beschäftigen, weil ich während der Ausschußverhandlungen und auch aufgrund zahlreicher Interventionsbriefe, die sicherlich alle dazu bekommen haben, den Eindruck gewonnen habe, daß die Gemeinderäte und die Bürgermeister eher als Verhinderer von Abbaubetrieben und als nur nach Wählerstimmen schielende Institutionen gesehen werden.

Parteien im neuen Gesetz sind neben dem Genehmigungswerber der Grundstückseigentümer, die Nachbarn, die Standortgemeinden und die Nachbargemeinden sowie die jeweiligen Bundesländer. Damit ist der unhaltbare Zustand, daß, wie dies im alten Berggesetz der Fall war, die Gemeinden und Anrainer keinerlei Möglichkeit haben, ihre berechtigten Interessen wirkungsvoll einzubringen, ein für alle Male beseitigt. Sicherlich ist im Einzelfall die Interessenabwägung für die Bürgermeister und die Gemeinderäte nicht leicht. Aber auch in anderen gewerblichen Verfahren, etwa bei Betriebsneugründungen, bei Betriebsausbauten und bei vorher notwendigen Flächenwidmungsänderungen haben unsere Kommunalpolitikerinnen und -politiker schon bisher bewiesen, daß sie sehr wohl in der Lage sind, sinnvolle Entscheidungen zu treffen, sowohl im Sinne der Unternehmen und der damit verbundenen Arbeitsplätze als auch im Sinne der betroffenen Bevölkerung und der Anrainer. Im Gegensatz zu anderen Körperschaften müssen nämlich die Gemeinderätinnen und -räte die von ihnen getroffenen Entscheidungen unmittelbar vor ihren Mitbürgern vertreten. Sie stehen täglich im Kontakt mit jenen, die von ihren Entscheidungen betroffen sind.

Für Oberösterreich kommt dieses neue Mineralrohstoffgesetz gerade zum richtigen Zeitpunkt, müssen doch die Gemeinden in Oberösterreich bis Ende des Jahres 1999 Gemeindeentwicklungspläne festlegen und daran anschließend die Flächenwidmungspläne überarbeiten. In diesen Flächenwidmungsplänen können somit auch die im MinroG geforderten Widmungen berücksichtigt und Abbauten langfristig geplant werden.

Mit der Interessenabwägung, die im Gesetz vorgesehen ist, haben die Gemeinden ein Instrumentarium zur Hand, aufgrund dessen sie im Sinne der betroffenen Menschen mitentscheiden können. Wer könnte diese Interessenabwägung besser beurteilen als die Verantwortlichen in den Gemeinden und Regionen, die sowohl die Sorgen der Menschen, mit denen sie vor Ort leben, als auch die Wünsche der Wirtschaftstreibenden einer Region und die damit verbundenen finanziellen Vorteile für die Gemeinden und die notwendigen Arbeitsplätze sowie die Arbeitsplatzsituation insgesamt genau kennen? Wesentlich ist auch die Festschreibung eines Verkehrskonzeptes, das angepaßt an jene Verkehrskonzepte, die in den Gemeindeentwicklungsplänen enthalten sein werden, erstellt werden kann.

All diese Maßnahmen sind meiner Meinung nach die beste Garantie für eine gute Lösung, auch im Sinne der betreibenden Unternehmen und ihre Akzeptanz in der Bevölkerung, was sich langfristig sicher positiv auf die betroffenen Wirtschaftszweige auswirkt.

Zur Behauptung der oberösterreichischen Industriellenvereinigung, daß durch diese Bestimmungen 17 000 Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft gefährdet seien, wäre zu sagen, daß man doch eine genauere Analyse dessen vornehmen sollte, was denn eigentlich Arbeitsplätze gefährdet.

Ich möchte noch eine Presseaussendung des Herrn Abgeordneten Kopf vom 2. Dezember erwähnen, in der er der SPÖ unternehmerfeindliche Haltung vorwirft. Sind ordentliche Verfahren, die, wie ich schon sagte, auch in anderen Bereichen bereits möglich und in Wirtschaftsbereichen schon lange die Norm sind, tatsächlich unternehmerfeindlich? – Ich kann im berechtigten Schutz der Interessen der Bevölkerung keine Unternehmerfeindlichkeit erkennen. Es ist jedoch dazu zu bemerken, daß es sich hiebei um ein zugegebenermaßen gutes Gesetz, um einen guten Gesetzentwurf des ÖVP-Wirtschaftsministers handelt.

Weiters behauptete er in der Presseaussendung. "In Zukunft liegt sehr viel Verantwortung bei den Bürgermeistern ... Insbesondere bei der kommunalen Mitbestimmung müssen die Bürgermeister nun Verantwortung zeigen." – Herr Kollege Kopf – er ist leider nicht anwesend –, unsere Gemeinderätinnen und Gemeinderäte haben mit den Bürgermeistern meines Erachtens seit jeher, auch in der Vergangenheit, sehr viel Verantwortung gezeigt, gerade in heiklen Fragen! Ich bin daher überzeugt von der Qualität der gemeinderätlichen Entscheidungen, auch in Fragen und Problemen, die sich aus dem neuen Mineralrohstoffgesetz ergeben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

12.20

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Regierungsparteien legen mit diesem Gesetz ein – ich möchte fast sagen – Meisterstück an Ignoranz, Bürokratieaufbau, Geldverschwendung, Arbeitsplatzvernichtung und Bürgerferne vor. Besser kann ich es nicht ausdrücken, wenn man mit einem solchen Gesetz derart an den Realitäten vorbeigeht.

Dieses Gesetz wurde wieder entgegen den Empfehlungen des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen, also ohne Berechnung der Folgekosten, hier eingebracht. Dieses Gesetz beseitigt nicht die Fehler, die 1990 mit der Integration des Massenrohstoffs Schotter gemacht worden sind, und dieses Gesetz wird mindestens 100 Millionen Schilling Mehraufwand bei rückläufigem Bedarf bringen. Es wird in konkreten Bereichen die Bezirkshauptmannschaften genauso überfordern wie die Arbeitsinspektorate und damit wieder nur Privilegierte und Lobbyisten bevorzugen und letztendlich Monopole bilden. Auf der Strecke bleiben die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die die Nahversorgung gewährleisten, die Nischen abdecken, und an sich den größten Beschäftigungsanteil haben. Arbeitsplatzverluste werden ganz sicher die Folge sein. Und der Bürger – da gehe ich nicht konform mit den Ausführungen des Abgeordneten Gaßner – wird genauso benachteiligt, weil einstufige Verfahren bei bergfreien und bundeseigenen Mineralrohstoffen immer einen Bürgernachteil darstellen und es überdies durch dieses Gesetz zu vielen Rechtsunsicherheiten kommen wird, weil eine Reihe von Ausnahmeregelungen vorhanden sind.

Auf der anderen Seite steht der Bedarfsnachweis, das Verkehrskonzept. Na bitte, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, der Bedarf hängt von der Wirtschaftskraft ab und ist Teil der Wettbewerbsfähigkeit im freien Markt. Und die Verkehrswege hängen davon ab, wo die Bautätigkeit entfaltet wird, wo also der Kunde ist.

Dieses Gesetz – nehmen Sie es mir nicht übel – ist ein Husch-Pfusch-Gesetz ersten Ranges. So viele Abänderungsanträge, fast fünfstündige Panikverhandlungen, weitere Änderungen der Änderungen und fünf Ausschußfeststellungen mußten herhalten, um den auseinanderbrechenden Gesetzentwurf und – ich sage das hier ganz deutlich – die auseinanderbrechende ÖVP-Fraktion zusammenzuhalten. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Kräuter mit einer freiwilligen Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

12.23

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe hier ein Gutachten, einen Endbericht über eine Erhebung der Rohstoffsicherung in der Region Graz und Graz-Umgebung, in dem sogenannte Hoffnungsgebiete ausgewiesen sind. Insgesamt gibt es 22 zusätzliche Abbaugebiete, obwohl ja derzeit im Großraum Graz rund ein Drittel des steirischen Abbaues erfolgt und die Exportwirtschaft hervorragend floriert. (Abg Dr. Grollitsch: Was für ein Export?) Also 22 zusätzliche Abbaugebiete für verschiedenste Materialien, mehr als eine Milliarde Tonnen, 3 232 Hektar, aber vom Schutz der Natur, vom Schutz des Wassers ist in diesem Gutachten überhaupt keine Rede.

Das Problematische daran, meine Damen und Herren: Ohne den heutigen Gesetzesbeschluß wären diese mehr als 3 000 Hektar Landschaft zum Großteil dem Abbau preisgegeben, wäre dort Abbau, besser gesagt Raubbau, möglich, und zwar ohne Anrainerrechte, ohne Rechte der Gemeinden, ohne den Schutz von Grundeigentum, ohne Verkehrskonzepte, was den Abtransport betrifft. Einzig das geschäftliche Interesse hätte die entscheidende Rolle gespielt. Doch durch dieses neue Gesetz wird diese drohende Katastrophe für den Großraum Graz verhindert. (Abg. Dr. Grollitsch: Sie kennen das Gesetz ja gar nicht!)

Natürlich wird es in der Administration gewisse, ja sogar große Umstellungen geben, aber ich glaube, die Probleme sind lösbar, und auch für das Fachpersonal ist mittelfristig gesorgt. Mit gutem Willen aller Beteiligten wird das Gesetz umsetzbar sein.

Kollegin Tichy-Schreder hat gemeint, die ÖVP sei die Partei der Bürgermeister, und Herr Minister Farnleitner hat auch einmal gemeint, das Mineralrohstoffgesetz sei ein Weihnachtsgeschenk für Bürgermeister. Ich glaube, das ist keine besonders glückliche Formulierung, Herr Minister. Es geht ja nicht um die Bürgermeister, es geht nicht um Geschenke für Bürgermeister oder gar Weihnachtsgeschenke für Bürgermeister, sondern es geht um die Bewahrung von Lebensraum, von Naturlandschaft und um den Schutz Hunderttausender Menschen vor Lärm, Staub und Verkehrsbelastung.

Das ist das Entscheidende, meine Damen und Herren. Es ist ein Gesetz gegen den Raubbau von Bodenschätzen, es ist ein Gesetz für die Menschen und für den Lebensraum. Daher werde ich diesem Gesetz sehr gerne zustimmen.

Meine Damen und Herren! Ich bringe noch einen Abänderungsantrag ein (Abg. Blünegger: So ein "gutes" Gesetz und ein Abänderungsantrag! Bei so einem "guten" Gesetz!), weise aber ausdrücklich darauf hin, daß es sich um rein formale Änderungen handelt, die nur die eine oder andere Ecke oder Kante noch abschleifen. (Abg. Meisinger: Warum wird die Regierungskoalition nicht abgeändert? – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Eder und Kollegen zur Regierungsvorlage (1428 und Zu 1428 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes betreffend ein Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe (Mineralrohstoffgesetz – MinroG) (1527 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschießen:

Die Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

1. In den §§ 3 Abs. 1 Z 4 und 202 Abs. 1 entfällt jeweils das Wort "für" vor dem Wort "Quarzsand".

2. Im § 80 Abs. 2 Z 11 entfällt das Wort "sowie" und wird der Beistrich am Ende des Satzes durch einen Punkt ersetzt.

3. Im § 113 Abs. 1 erster Satz entfallen die Worte "und Speicherns" und wird nach dem Wort "Rohstoffe" die Wendung "oder des Speicherns" eingefügt.

4. Im § 113 Abs. 1 Z 2 wird am Ende des Satzes der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: "sowie des vorgesehenen Speicherns".

5. Im § 25 Abs. 1 lautet die Wendung "alle selbständigen Betriebsabteilungen" wie folgt: "für jede selbständige Betriebsabteilung". (Abg. Blünegger: Wo ist der Initiator? Wo ist der Initiator dieses "wunderbaren" Gesetzes?) – Etwas Geduld noch!

6. Im § 174 Abs. 2 werden die Worte "Unfälle und" durch die Wendung: "Unfälle, über die Produktion und über" ersetzt.

7. Im § 178 Abs. 3 werden jeweils die Worte "Berufskrankheiten und" durch die Wendung "über die Produktion und über" ersetzt.

8. Im § 223 Abs. 3 wird das Zitat "III., IV., IX. und X. Abschnittes des IX. Hauptstückes" durch das Zitat "III., IV. und IX. Abschnittes des IX. Hauptstückes und des X. Hauptstückes" ersetzt.

*****

Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ.)

12.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Kräuter soeben verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und steht mit zur Verhandlung.

Es hat sich als nächster Herr Abgeordneter Dr. Puttinger zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.28

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr verehrtes Hohes Haus! Trotz vieler positiver Regelungen wie der Parteienstellung der Gemeinden, der Bürger, der Anrainer, des Landes in der zur Abstimmung anstehenden Vorlage unseres Mineralrohstoffgesetzes möchte ich begründen, warum ich diesem Gesetz aus zwei grundsätzlichen Überlegungen nicht zustimmen kann. (Abg. Blünegger: Ja das wäre etwas ganz Neues!)

Ein legistischer Grund, den ich hier klar und deutlich aussprechen möchte, ist der, daß ich glaube, daß die Ausschußbemerkung bezüglich des besten Standes der Technik letzten Endes nicht außer Kraft gesetzt werden kann, indem man eine Ausschußbemerkung in der Art und Weise bringt, wie es hier der Fall war, indem man nämlich feststellt, daß die Wendung "der beste Stand der Technik" inhaltlich dem Begriff des "Standes der Technik nach der Gewerbeordnung, dem Abfallwirtschaftsgesetz, dem Emissions- und Arbeitnehmerschutzgesetz" entspricht.

Demgegenüber steht die Entscheidung des Höchstgerichtes, in der steht: Für die Auslegung einer bestimmten Gesetzesstelle ist allein der Gesetzestext maßgeblich, nicht aber auch der Ausschußbericht, wenn dieser ganz offensichtlich in dem Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden hat. Das ist eine Rechtsauffassung, die ich ebenfalls vertrete, und ich glaube, das sollte man hier klar und deutlich aussprechen.

Der zweite Grund, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein gesellschaftspolitischer Grund, und diesem gesellschaftspolitischen Grund muß ich hier umso mehr Nachdruck verleihen, als heute so viele Abgeordnete hier an dieses Pult gegangen sind und gesagt haben, wir haben die Rechte der Nachbarn, wir haben die Rechte der Gemeinden gestützt. Aus diesem Grund muß ich diesen Punkt besonders hervorheben:

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn alle Menschen in einer Gemeinde zustimmen, daß ein Abbau stattfinden soll, wenn eine Einverständniserklärung der Gemeinde, der Grundbesitzer, der Anrainer, der anschließenden Grundbesitzer, der Nachbarn da ist, wenn alle Menschen in dieser Gemeinde zugestimmt haben, daß sich ein bestehender Betrieb weiterentwickeln kann, dann ist es nach meinem Rechtsverständnis unverständlich, daß die Betroffenen daran gehindert werden sollen, sich in der Zukunft weiterzuentwickeln.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bedenken Sie, daß auf dem Land das Zusammenleben zwischen den Betrieben und der Bevölkerung funktioniert. Ich darf Ihnen hier ein Beispiel bringen, und zwar das Beispiel von Adnet (der Redner hält ein Bild in die Höhe), wo die Bewohner direkt neben einem Abbaugebiet leben und Interesse daran haben, daß da abgebaut wird.

Ich darf auch den Kollegen Eder fragen: Wie soll in diesem Betrieb (der Redner weist auf das Bild) unter Tag abgebaut werden? Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie kennen die Säulen, wie sie hier im Parlament stehen. Es wird nie mehr möglich sein, Material für eine derartige Säule dort abzubauen. Und das kann ich für mich persönlich nicht akzeptieren. (Abg. Eder: Das stimmt gar nicht! – Abg. Dr. Fekter: Natürlich stimmt es! Freilich stimmt das! Da steht ja: "nur unter Tag"!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus den Gründen, die ich eben aufgezählt habe – der eine ist ein juristischer, der andere ist ein gesellschaftspolitischer –, muß ich leider sagen, daß ich diesem Gesetz, obwohl es in seinen Grundsätzen gut ist, obwohl ich befürworte – und das möchte ich ausdrücklich sagen –, daß die Parteienstellung darin so verankert ist, leider nicht zustimmen kann. (Abg. Eder: Das ist aber eine schwache Begründung! Das stimmt ja überhaupt nicht!) Entschuldige vielmals, aber wenn es nicht stimmt, dann kannst du ja widersprechen, wenn du willst. (Beifall bei der ÖVP.)

12.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Wallner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

12.32

Abgeordneter Kurt Wallner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich am 4. Dezember, am Festtag der Heiligen Barbara, zunächst auch vor den Opfern der Grubenkatastrophe von Lassing verneigen und den Familienangehörigen mein tiefempfundenes Mitgefühl aussprechen. Ich begrüße es außerordentlich, daß die öffentliche Hand, aber auch viele, viele private Spender dazu beigetragen haben, das Leid der betroffenen Familienangehörigen, aber auch des gesamten Ortes zu mindern.

Meine Damen und Herren! Dieser Anlaßfall hat uns aber auch gezeigt – aber nicht nur dieser Anlaßfall –, daß das Berggesetz novelliert gehört. Ich begrüße daher die vielen Bestimmungen, die positiv sind, vor allen Dingen für die Menschen, die in der Nähe von Schottergruben wohnen, für die Gemeinden und für viele Anrainer, die jetzt Parteienstellung und Mitspracherecht bekommen. Ich denke, damit ist eine langjährige Forderung nicht nur, aber doch auch der Sozialdemokratie verwirklicht worden.

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber auch einen Punkt ansprechen, der im Gesetz festgehalten wird und dem ich persönlich nicht zustimmen kann. Es wird nämlich in Zukunft die Zuständigkeit der Berghauptmannschaften aufgehoben. Das betrifft auch die Berghauptmannschaft in der Montanstadt Leoben, die über 150 Jahre Tradition hat. Es ist für mich eigentlich eine unverständliche Maßnahme, daß mit dieser gesetzlichen Bestimmung das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird.

Ich behaupte, das Zentrum des österreichischen Bergbaus – und ich habe in den acht Jahren meiner Zugehörigkeit zum Nationalrat immer wieder davon gesprochen – ist die Montanstadt Leoben mit ihrer weltweit anerkannten Montanuniversität. Gestatten Sie mir, hier einen Vergleich zu ziehen. Ich bin der Meinung, zieht man aus Leoben die Zuständigkeit für den klassischen Bergbau nach Wien ab, dann ist das so, als ob man aus der Kulturmetropole Wien die Staatsoper nach Leoben verlegen würde. Wenn eine Zentralstelle für den Bergbau in Wien eingerichtet wird, dann geht vor allen Dingen – das möchte ich hier herausarbeiten – die Nähe zu den großen Bergbaubetrieben verloren. Ich führe nur an: die Salinen AG, die VOEST-ALPINE Erzberg, Veitsch, Radex, Magnesit, Rigips und viele andere bekannte Bergbaubetriebe, auf die unser Land immer so stolz war.

Deshalb möchte ich von dieser Stelle aus den Herrn Wirtschaftsminister, der es sicher nicht leicht hat – und ich verdamme ihn ganz sicher nicht –, ersuchen, wenn er daran denkt, im Rahmen der Bergbehörde neu Außenstellen einzurichten, auch eine Außenstelle in Leoben zu errichten. Wir in Leoben verfügen über die notwendigen infrastrukturellen Voraussetzungen, über das Know-how und über die Sachverständigen. Alle anderen Vorgangsweisen wären vielleicht politisch populär, aber kurzsichtig und sicherlich falsch.

Meine Damen und Herren! Ich weise auch auf die Situation der betroffenen Beamten und deren Familien hin, die innerhalb kürzester Zeit ihren Arbeitsplatz wechseln oder pendeln müßten.

Noch etwas möchte ich hinzufügen. Es gibt eine überparteiliche Obersteiermark-Resolution der Gemeindevertreter der Steiermark. Diese Resolution haben wirklich Hunderte unterschrieben – auch Kollege Kröll von der ÖVP, auch Kollege Prieschl von der Sozialdemokratischen Partei, und auch die Freiheitlichen haben sie inhaltlich unterstützt –, und darin wird eigentlich der umgekehrte Weg gefordert, nämlich daß aus den Zentralräumen Bundes- und Landesverwaltungsstellen in die Peripherie, in die Bundesländer abgesiedelt werden. Also meines Erachtens – ich möchte das wirklich zum Ausdruck bringen – ist das ein völlig falsches Signal für eine Region, die ganz stark mit dem Phänomen der Abwanderung zu kämpfen hat.

Ich möchte zum Schluß sagen: Ich bin den Interessen meiner Partei verpflichtet, aber auch den Interessen der vielen Menschen, die unsere Partei in unserer Heimatregion, in der Obersteiermark, gewählt haben, das sind immerhin 47 000. Ich möchte aus diesem Grund sehr wohl die positiven Seiten des Berggesetzes im Bereich des Schotterabbaus begrüßen, aber im übrigen diesem Gesetz meine Zustimmung verweigern. – Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

12.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Gleichfalls 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Grollitsch! Ich bin etwas enttäuscht, daß ich vergessen wurde. Auch ich rechne mich den Kollegen Eder, Marizzi zugehörig, habe aber leider auch keinen Bergmannskittel, genauso wenig, wie Eder und Marizzi einen haben. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wir sind Praktiker. Bergmannskittel kommen bei uns nur zur Anwendung, wenn Ordensverleihungen stattfinden, und die sind sehr selten. Ausgenommen davon ist die Werkskapelle, auf die ich sehr stolz bin. Aber darauf kommt es Ihnen sicher nicht an.

Wir haben heute oft gehört, es sei ein Husch-Pfusch-Gesetz, Abänderungsanträge seien notwendig. – So neu, bitte, ist es ja nicht. Gerade das, was Sie mit dem Terminus technicus "alle gegen jeden" bei den Betriebsleitern angesprochen haben, ist nicht so neu. Dieser Satz steht in der Begutachtung, die vom Ministerium anläßlich der Novellierung des Berggesetzes ausgeschickt wurde, dieser Satz steht in der Regierungsvorlage. Sie hätten ohneweiters die Möglichkeit gehabt, diesen Satz im Ausschuß zu korrigieren. Sie haben gesehen, daß die Regierungsparteien sehr wohl auf konkrete Vorschläge der Oppositionsparteien eingegangen sind. (Abg. Dr. Grollitsch: Das ist immer beiseite geschoben worden!) Das wurde schlicht und einfach übersehen. Aber Ihre Aufgabe, an einer sinnvollen Gesetzgebung mitzuwirken, haben Sie nicht wahrgenommen, Herr Professor! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Das Mineralrohstoffgesetz ist ein Materiengesetz – das muß man immer wieder betonen –, ein Handwerkzeug für den Praktiker, wie viele andere Gesetze auch. Es wird natürlich immer notwendig sein, neue Entwicklungen, neue Erkenntnisse in diese Materiengesetze einzuarbeiten. Es soll dazu kommen, es muß dazu kommen.

Dieses zu beschließende Gesetz hat – das soll nie vergessen werden – schon einen breiten Rahmen abzudecken. Es sind die Interessen des Bergbaus, es sind die Interessen der Rohstoffgewinnung, der Rohstoffsicherung, die Interessen der Betriebe, die Interessen der Wirtschaft, die Interessen der Anrainer, der Nachbarn, der Gemeinden, der Länder und des Bundes unter einen Hut zu bringen; nicht zu vergessen das Betriebsanlagenrecht, der Arbeitnehmerschutz und der Umweltschutz. Es kann sich daher bei solch einer umfassenden Materie nur um einen Kompromiß handeln, weil Extremstandpunkte aller hier Beteiligten nicht unter einen Hut zu bringen sind.

Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Zum Abschluß als vorläufig letzter Redner im Plenum möchte ich noch folgendes sagen: Es ist zu wenig auf die bundeseigenen, auf die bergfreien Rohstoffe eingegangen worden, auf die dieses Gesetz genauso anzuwenden ist. Die meiste Zeit der Diskussion ist für die Schottergruben verwendet worden, die tatsächlich ein Problem sind, und ich stehe auch nicht an, das einzugestehen. Das ist ein Problem, das aufgrund der Novelle des Berggesetzes 1990 entstanden ist und, wie ich hoffe, mit heutigem Tag gelöst wird.

Ich möchte aber auch noch einige Anmerkungen zur Bergbehörde machen. Meine Damen und Herren! Die Bergbehörde hat in den letzten Monaten Prügel bekommen. Ich kann nicht für die Bergbehörde Leoben sprechen, aber ich kann als Praktiker sehr wohl über meine Erfahrungen mit der Bergbehörde Wien sprechen.

Ich habe im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit pro Jahr etwa 250 bergbehördliche Verhandlungen abzuführen gehabt. Ich habe die Bergbehörde mindestens zwei- bis dreimal pro Woche im Betrieb. Ich habe mit der Bergbehörde den Arbeitnehmerschutz und den Schutz der Arbeitnehmer im betriebsärztlichen Dienst durchzuführen gehabt. – Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, daß bei über 1 000 bergbehördlichen Bescheiden, die erlassen wurden, die Zahl der Beeinspruchungen sehr gering war, und zwar nicht aus dem Grund, weil es keine Parteienstellung gegeben hat, sondern weil die Bescheide gut vorbereitet waren.

Ich möchte mich daher auch bei einigen Herren der Berghauptmannschaft Wien, nämlich Widor, Ujvari und Spörker, für die geleistete Arbeit bedanken. Ich glaube, daß die Übergangsbestimmungen notwendig sind, daß die Bergbehörde die Hiebe, die sie in den letzten Monaten bekommen hat, nicht verdient hat und daß mit den Übergangsregelungen ein vernünftiger Weg zur Exekution dieses Gesetzes gefunden wurde. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

12.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Herr Bundesminister Dr. Farnleitner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

12.43

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur zwei Klarstellungen und eine Feststellung: Erstens: Ich habe nie gesagt, daß das Berggesetz ein Weihnachtsgeschenk für die Bürgermeister ist, sondern mir haben Bürgermeister gesagt, das wäre ihr schönstes Weihnachtsgeschenk. Wenn ich so "umzitiert" worden bin, dann muß ich sagen, es entfleuchte nicht so dem Gehege meiner Zähne, um das einmal so zu sagen.

Zweiter Punkt: Paternion, Frau Abgeordnete Petrovic, ist kein Fall für die Berghauptmannschaft, sondern ein Fall der Bezirkshauptmannschaft. Das heißt also, zumindest einmal haben Sie völlig umsonst auf die Bergbehörde hingehauen.

Zur Bergbehörde möchte ich auch noch eine Feststellung treffen: Meine Damen und Herren! Wenn Sie uns mit dem heute hier zu beschließenden Gesetz ein neues, gesellschaftspolitisch moderneres Instrument in die Hand geben, dann wird es der neuen einstufigen Bergbehörde auch möglich sein, in einer Weise vorzugehen, die den Interessen der Bürger, der Gemeinden, der Rohstoffinteressierten und der Nachbarn Rechnung trägt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens des Herrn Berichterstatters wurde nicht begehrt.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1527 der Beilagen.

Zu diesem Gesetzentwurf haben die Abgeordneten Tichy-Schreder, Eder und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Es liegt ein Verlangen der Abgeordneten Dr. Petrovic auf getrennte Abstimmung vor.

Ferner liegt ein Verlangen auf namentliche Abstimmung hinsichtlich der dritten Lesung dieses Gesetzentwurfes vor.

Ich werde zunächst über die vom Abänderungsantrag sowie die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile, der Reihe nach, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes sowie in dritter Lesung in namentlicher Abstimmung abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Tichy-Schreder, Eder und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I § 3 Abs. 1 Ziffer 4 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Abänderungsantrag ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Artikel I § 80 in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Tichy-Schreder, Eder und Genossen.

Wer dem zustimmt, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Artikel I §§ 81 bis 83 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil des Entwurfes ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes, unter Berücksichtigung der noch nicht abgestimmten Teile des Abänderungsantrages der Abgeordneten Tichy-Schreder, Eder und Genossen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil des Entwurfes ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung, für die, wie ich schon erwähnt habe, eine namentliche Abstimmung verlangt wurde.

Ich werde die namentliche Abstimmung durch Aufruf und durch mündliche Stimmabgabe durchführen. Die Abgeordneten geben ihre Stimme vom Abgeordnetenplatz aus ab.

Ich bitte daher die Abgeordneten, sich auf ihre Plätze zu begeben und auf die Frage des Schriftführers laut und deutlich zu antworten.

Jene Abgeordneten, die für den vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung stimmen, ersuche ich ausschließlich mit ja, jene, die dagegenstimmen, ausschließlich mit nein zu antworten.

Durch Wiederholung des Namens der aufgerufenen Abgeordneten und der Wiedergabe des Stimmverhaltens werde ich vom Pult aus zusätzlich Klarheit über das Abstimmungsverhalten schaffen. Wenn ein Abgeordneter nicht anwesend ist, werde ich dies ausdrücklich festhalten, ebenso bei jenen Damen und Herren, die für die heutige Sitzung entschuldigt sind.

Ich bitte zunächst die Schriftführerin, Frau Kollegin Parfuss, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Herr Abgeordneter Auer wird sie dann später ablösen.

Wir beginnen mit dem Abstimmungsvorgang.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Parfuss und den Schriftführer Auer geben die Abgeordneten ihr Stimmverhalten bekannt.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Damit ist der Aufruf beendet.

Ich unterbreche die Sitzung zum Zwecke der Auszählung der Stimmen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 13 Uhr unterbrochen und um 13.06 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Es wurden insgesamt 159 Stimmen abgegeben, davon waren 100 "Ja"-Stimmen und 59 "Nein"-Stimmen.

Der vorliegende Entwurf ist daher in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Antoni, Auer;

Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brix, Buder, Bures;

Donabauer;

Eder, Edler, Ellmauer;

Feurstein, Fink, Fischer, Freund, Fuchs;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Gatterer, Grabner, Gradwohl, Großruck, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl, Heinzl, Hlavac, Höchtl, Horngacher;

Kaipel, Kampichler, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kiermaier, Kiss, König, Konrad, Koppler, Kostelka, Krammer, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;

Leikam, Leiner, Löschnak, Lukesch;

Maier, Maitz, Marizzi, Mertel, Mock, Morak, Moser-Starrach, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Neisser, Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Pittermann, Platter;

Rasinger, Rauch-Kallat, Reitsamer, Riepl;

Sauer, Schieder, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwemlein, Seidinger, Sigl, Silhavy, Spindelegger, Stampler, Steibl, Steindl, Stippel;

Tegischer, Tichy-Schreder, Tychtl;

Verzetnitsch;

Wimmer, Wurmitzer.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Apfelbeck, Aumayr;

Barmüller, Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Fekter, Firlinger, Fischl, Frieser;

Gaugg, Graf, Gredler, Grollitsch;

Haider, Haller, Haupt, Hofmann;

Jung;

Kammerlander, Kier, Klein, Koller, Kopf, Krüger, Kurzmann;

Lafer;

Maderthaner, Madl, Marolt, Meischberger, Meisinger, Mentil, Moser Gabriela, Moser Hans Helmut;

Nußbaumer;

Öllinger;

Partik-Pablé, Peter, Petrovic, Povysil, Preisinger, Pumberger, Puttinger;

Rieß;

Salzl, Schaffenrath, Scheibner, Schöggl, Schweitzer, Stadler, Stummvoll;

Trattner, Trinkl;

Van der Bellen;

Wabl, Wenitsch;

Zweytick.

*****

(Im Zuge des Abstimmungsvorganges erfolgt eine Reihe von Zwischenrufen, unter anderem: Abg. Mag. Stadler: Herr Präsident! Kollege Haigermoser möchte an der Abstimmung teilnehmen! – Präsident Dr. Neisser: Herr Kollege! Sie waren beim Namensaufruf nicht hier, und ich kann Sie daher nicht mehr teilnehmen lassen! – Abg. Mag. Stadler: Herr Präsident! Ich bestehe darauf, daß das in der Präsidiale ...! – Es steht in der Geschäftsordnung! Sie sind nicht ganz auf dem Damm! Das steht in der Geschäftsordnung! Das kann nicht verhindert werden!)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.

2. Punkt

Erklärung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr zum Thema "Verkehrspolitik im europäischen Zusammenhang"

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluß an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entsprechend dem Verlangen von fünf Abgeordneten, das vorliegt, eine Debatte stattfinden.

Ich begrüße den Herrn Verkehrs- und Wissenschaftsminister in unserem Hause und bitte Sie, Herr Bundesminister, die Erklärung abzugeben.

13.07

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ergebnisse des letzten Verkehrsministerrates der Europäischen Union am 30. November und am 1. Dezember dieses Jahres sind nicht nur für Österreich und für die österreichische Präsidentschaft ein großer Erfolg, sondern sie sind vor allem auch verkehrspolitisch für Österreich ein großer Erfolg. Denn es ist gelungen, den Straßengüterverkehr aus Österreich auf den kürzeren Weg über die Schweiz rückzuverlagern, es ist gelungen, Bedingungen zu fixieren und auch festzulegen, die eine Abwendung des Brenner Klagsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof zur Folge haben, und es ist gelungen, sowohl den Verkehr als auch die Umwelt zu entlasten. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Verkehrsministerrat ist aber auch aus einem weiteren Grund ein erfreulicher Meilenstein, nämlich weil es gelungen ist, eine gemeinsame europäische Alpenverkehrspolitik zu verankern, da eine einstimmige Anerkennung für diesen besonders sensiblen Raum erfolgt ist. Darum haben wir seit mehr als zwei Jahren – auch schon mein Vorgänger – gekämpft. Es liegt nun an Österreich und an uns selbst, entsprechende Umsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, es liegt nun unter anderem auch am Wirtschaftsminister, in Österreich eine Lösung umzusetzen, die der Wegekostenrichtlinie entspricht. Die Bevölkerung und auch die Umwelt unterscheiden bei der Belastung jedenfalls nicht, ob diese von inländischen oder von ausländischen LKWs ausgeht. Das sollten wir bei allen Lösungen, die wir suchen, bedenken. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Die künftigen Entwicklungen bis zum Jahr 2005 beziehungsweise bis zum Jahr 2008 sichern die Vergleichbarkeit der Gebühren und lassen den berechtigten Schluß zu, daß mit diesem Abkommen ein Grundstein für eine nachhaltige Verkehrspolitik in diesem Raum geschaffen wurde.

Die Erklärung Deutschlands, die Teil des Pakets ist, bis zum Jahr 2002 in Deutschland ein elektronisches Road-Pricing einführen zu wollen, und die Erklärung der Niederlande, ein derartiges Road-Pricing-System bis 2001 in den Niederlanden realisieren zu wollen, tun ein übriges. Man kann sagen, daß damit insgesamt ein Durchbruch in die Richtung gelungen ist, externe Kosten zunehmend dem Güterverkehr anzulasten. Wir sind allerdings noch nicht am Ende dieses Prozesses. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Verhältnis zur Schweiz werden die Straßenverkehre künftig dem ökonomischen Prinzip des kürzesten Weges folgen. Dieses Prinzip und die Realisierung dieses Prinzips bedeuten, daß täglich allein 500 000 Kilometer Umwegverkehr mit LKW vermieden werden können – täglich 500 000 Kilometer mit LKW! Das bedeutet eine wesentliche Entlastung für Mensch und Umwelt.

Es ist aber nicht nur gelungen, eine Rückverlagerung in die Schweiz einzuleiten, sondern es ist auch gelungen, die Eisenbahn miteinzubeziehen. Die Schweiz kann in vieler Hinsicht als Vorbild dienen, wie ich ohne jeden Neid anerkennen muß, obwohl ich mir wünschen würde, daß wir auch den gleichen Weg gehen würden.

Das Schweizer Volk hat in zwei Volksabstimmungen, und zwar Ende September und Ende November, mit großer Eindeutigkeit für die Errichtung zweier zusätzlicher Schienenverkehrswege und für eine Finanzierung dieser Verkehrswege im wesentlichen durch das Schweizer Volk selbst und den transitierenden Verkehr gestimmt, und ich beglückwünsche die Schweiz zu dieser Entscheidung. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen sowie beim Liberalen Forum.)

Es ist dort damit eine sichere Grundlage für eine weitere, klar strukturierte und umweltfreundliche Verkehrspolitik geschaffen worden. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ähnlich wie die Schweiz, die im Zusammenhang mit diesem Landverkehrsabkommen mit der Europäischen Union durch entsprechende Subvention der Rollenden Landstraße und des Kombinierten Verkehrs sicherstellt, daß die Bahn immer besser und billiger sein wird als der Straßenverkehr bei der Transitierung durch die Schweiz, werden auch wir in Österreich den gleichen Weg gehen. Die Schweiz stellt mit einer jährlichen Subventionierung des Kombinierten Verkehrs in der Höhe von 200 Millionen Franken sicher, daß dieser Tarifabstand in der Höhe von 50 Franken jeweils gewährleistet bleibt. Österreich hat sich im Zuge des jetzt abgeschlossenen Übereinkommens dazu verpflichtet, die Rollende Landstraße am Brenner in ihrer Kapazität um 75 Prozent auszuweiten und den Preis um 30 Prozent zu reduzieren.

Was heißt das im einzelnen? – Wir transportieren heute etwa 130 000 LKW über den Brenner, Stand 1. Jänner 1998. Wir haben im Februar in einem ersten Schritt eine Aufstockung der Zahl der Züge und eine Reduktion des Tarifs vorgenommen – mit der Konsequenz, daß wir zusätzlich weitere 25 000 LKW auf die Schiene verlagert haben, und dieses Angebot wird sehr gut angenommen. Wir werden weitere 75 000 LKW bis zum 1. Jänner 2000 auf die Bahn verlagern können, das heißt: insgesamt 230 000 LKW von der Straße auf die Schiene! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Abgeordnete! Herr Präsident! Es konnte damit ein wichtiges verkehrspolitisches Anliegen Österreichs und Europas gelöst werden. Das bedeutet aber nicht, daß wir jetzt die Hände in den Schoß legen könnten. Vielmehr ist nunmehr die Konzentration auf die nächsten Herausforderungen, insbesondere den Ost-West-Transit, notwendig.

Auch diesbezüglich ist in der Vergangenheit durch eine konsequente und klare verkehrspolitische Linie relativ viel gelungen. Wir haben durch eine restriktive Kontingentpolitik maßgeblich dazu beigetragen, daß schon heute ein großer Teil des Ost-West-Verkehrs auf die Schiene verlagert ist. Wir haben durch entsprechende ökologisch orientierte Anreizsysteme dazu beigetragen, daß dieser Verkehr sauberer oder auf der Schiene stattfindet. Es geht um die Bindung von Kontingenten an umweltfreundliche Fahrzeuge; es geht um Belohnungskontingente, wenn ein Teil der Transporte auf der Schiene stattfindet.

Wir konnten durch verkehrsträgerübergreifende Güterverkehrsabkommen zwecks Schaffung integrierter Transportketten einiges erreichen und dadurch nicht nur eine Einbeziehung der Bahn, sondern auch eine Einbeziehung des Kombinierten Verkehrs, nämlich des unbegleiteten, und des Wasserweges bewirken. Wir haben durch ein entsprechendes Förderkonzept sichergestellt, daß auch die Angebote des umweltfreundlichen Transports besser angenommen worden sind, beispielsweise dadurch, daß wir im Bereich der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die der Bund trägt, finanzielle Förderungen für die Verlagerung auf die Schiene bieten. Wir haben Ausnahmen vom Fahrverbot im Vor- und Nachlauf nach der Inanspruchnahme der RoLa festgelegt. Wir haben eine Anerkennung der Fahrzeiten auf der RoLa als Ruhezeiten für die LKW-Fahrer durchgesetzt.

Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, durch die ein hohes Maß an Attraktivität für diese kombinierten Verkehrsformen geschaffen wurde. Aber wir brauchen auch noch weitere Maßnahmen. Eine davon ist, die Infrastruktur der Eisenbahn entsprechend auszubauen. Zur Verlagerung der Verkehre von der Straße auf die Schiene müssen entsprechende Ausbaumaßnahmen gesetzt werden, und die Bahn hat diesbezüglich einen beträchtlichen Nachholbedarf.

Es gilt – auch das soll überhaupt nicht verschwiegen werden –, mit der Bevölkerung eine Diskussion auf sachlicher Ebene über Infrastrukturprojekte zu führen, die Vorteile zu veranschaulichen und dadurch auch Verständnis für die Maßnahmen, die phasenweise auch mit Belastungen, vor allem in der Bauzeit, einhergehen, zu erreichen. Es gehört aber auch dazu, daß wir zum Teil neues, rollendes Material für die Bahn anschaffen. Es wird beispielsweise notwendig sein, in den nächsten zehn Jahren 1 000 zusätzliche RoLa-Wagen zu beschaffen, um den Anforderungen einer umweltorientierten Verkehrspolitik gerecht werden zu können.

Darüber hinaus ist es aber ein wesentliches Ziel unserer Verkehrspolitik, gleich an der Quelle dazu beizutragen, daß der Verkehr von Haus aus auf die Schiene verlagert wird. Das ist der Grund, warum sich Österreich bereits seit geraumer Zeit dafür engagiert, daß auch im umgebenden Ausland entsprechende Kombiverkehrsterminals eingerichtet werden und so geführt und betrieben werden, daß sie angenommen werden. Das beste Beispiel dafür ist – ich durfte hier im Hohen Haus schon gelegentlich darüber berichten – der Kombiverkehrsterminal in Sopron, durch den es gelingt, jährlich 100 000 LKW-Einheiten auf die Schiene zu verlagern. Das sind 100 000 LKW-Fahrten, die nicht auf Österreichs Straßen stattfinden. Ich denke, das ist ein sehr erfolgreicher Ansatz. (Beifall bei der SPÖ.)

Österreich überprüft derzeit, inwieweit wir uns an weiteren derartigen Terminals beteiligen können. Das gilt insbesondere für geplante Terminals in Györ und in Bratislava, aber auch für eine Anlage in Slowenien. Bei all diesen Projekten geht es darum, den Verkehr so früh wie möglich auf die Schiene zu verlagern und damit einen Beitrag zur umweltfreundlichen Verkehrsbewältigung zu leisten.

All diese Maßnahmen erlauben eine zielgerichtete Entlastungspolitik – auch für bestimmte Regionen. Da dies eine der besonders belasteten Regionen ist, darf ich auch auf diese Region, nämlich auf den Grenzübergang Berg und Kittsee, zu sprechen kommen.

Meine Damen und Herren! Wir werden am 15. Dezember die neue Bahnverbindung zwischen Parndorf und Kittsee eröffnen und werden damit erstmals eine durchgehende moderne Bahnverbindung zwischen Bratislava und Wien haben. Das wird uns in die Lage versetzen, auch auf dieser Strecke ein entsprechendes RoLa-Angebot zu entwickeln, das angenommen werden kann. Ich gehe davon aus, daß wir dort mindestens zwei Zugspaare täglich führen können. Das heißt aber, daß wir die Anrainer von Berg oder von Hainburg, die heute unglaublich unter diesem Durchzugsverkehr leiden, um bis zu 25 000 LKW im Jahr entlasten können. Ich denke, das ist ein wesentlicher, wenn auch nur ein erster Schritt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe es schon angedeutet, die hinkünftige europäische Verkehrspolitik braucht sich keine Sorgen darüber zu machen, daß die Herausforderungen versiegen. Die nächsten wichtigen Herausforderungen sind die zunehmende Integration unserer östlichen Nachbarn und das damit einhergehende zunehmende Verkehrsaufkommen. Neben den bereits genannten Maßnahmen wird es aber auch – im Hinblick auf eine entsprechend breite Akzeptanz der Bevölkerung – zusätzlich notwendig sein, zumindest für einen bestimmten Zeitraum regulierende Maßnahmen vorzusehen, also beispielsweise die Beibehaltung quantitativer Mechanismen wie etwa eines Kontingentsystems oder des Ökopunktesystems und strikte Überprüfung und Einhaltung der bestehenden Sicherheits- und Umweltstandards.

Das, worum es geht, ist, daß wir uns keineswegs abschotten, sondern daß wir für Bedingungen sorgen, die sicherstellen, daß der zunehmende Gütertransit zwischen Ost und West auf eine umweltfreundliche und auf effiziente Weise organisiert wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Die Prognosen, die für den "Masterplan" erstellt wurden, gehen von einer Zunahme des Straßenverkehrs um bis zu 90 Prozent bis zum Jahre 2015 aus. Der Bahngüterverkehr wird nach diesen Prognosen um 80 Prozent zunehmen, der Personenverkehr wird in etwa stagnieren.

Durch die Umsetzung der Kostenwahrheit im Verkehr – das ist unser Prinzip, und das ist das künftige Prinzip, für das wir auch gemeinsam in Europa eintreten werden – kann man das Wachstum des Straßenverkehrs auf 40 Prozent statt 90 Prozent reduzieren. Unter diesen Bedingungen würde der Eisenbahngüterverkehr gegenüber dem Jahr 1995 um 220 Prozent zunehmen. Das ist die Bedingung unter Anlegung des Grünbuchs über effiziente Verkehrsorganisation in der EU. Das ist die Bedingung, unter der externe Kosten des Verkehrs diesen Verkehren angelastet werden, und unter diesen Bedingungen können wir damit rechnen, daß der Zuwachs auf der Straße geringer und auf der Schiene größer ist.

Lassen Sie es mich vielleicht noch eine Spur deutlicher sagen, und zwar anhand der Graphiken, die ein Mitarbeiter in den nächsten Minuten hier verteilen wird. Wir müssen damit rechnen, daß sich der Güterverkehr im Transitverkehr und im bilateralen Verkehr zwischen unseren östlichen Nachbarn und durch Österreich hindurch nahezu verfünffachen wird. Das heißt, selbst dann, wenn wir die Westautobahn auf drei Spuren ausbauen, wie das momentan in Diskussion ist, oder auf vier Spuren ausbauen, wird das nicht ausreichen, sondern erst, wenn wir sie auf fünf Spuren in jeder Richtung ausbauen, wird es möglich sein, diesen Verkehr wirklich nachhaltig zu bewältigen.

Ich glaube, es gibt sich hier im Hohen Haus niemand der Illusion hin, daß es möglich wäre, die Westautobahn zehnspurig auszubauen. Das kann nicht unser Ziel sein, und das ist der Grund, warum wir für eine Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene eintreten. Es geht darum, diesen Verkehr zu bewältigen, aber ihn umweltfreundlich und anrainerfreundlich zu bewältigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme zum Schluß, Hohes Haus. Die Schweizer Regierung hat am Sonntag in einer Volksabstimmung mit über 60 Prozent Zustimmung einen ganz klaren Auftrag zum Ausbau der Schieneninfrastruktur erhalten. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn es auch in Österreich gelänge, der Bevölkerung sachliche Grundlagen zu vermitteln, die einen unaufgeregten Dialog und eine sachliche Entscheidung über Lösungen und Alternativen zur Straße auch in Österreich ermöglichen würden! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Fünf Jahrzehnte sozialdemokratischer Regierung!)

13.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Bundesminister, vielen Dank für Ihre Ausführungen.

Zu Wort gemeldet ist als erster Redner Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.24

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Erfolge, die von Herrn Minister Einem gerade verkündet wurden (Abg. Koppler: ... sind beachtlich!), dürften die Damen und Herren von der ÖVP nicht sonderlich beeindruckt haben, zumindest hat der Applaus, der seitens der ÖVP gespendet beziehungsweise nicht gespendet wurde, deutlich anderes gezeigt.

Herr Bundesminister! Ich glaube, auch die Bewohner von Nickelsdorf, Klingenbach und Heiligenkreuz, um bei burgenländischen Grenzübergängen zu bleiben, werden von den "Erfolgen", die Sie hier am Rednerpult aufgezählt haben, nicht beeindruckt sein. Sie haben im gleichen Atemzug nämlich auch gesagt, daß es zu einer Verfünffachung des Verkehrs kommen wird. Und es wird – auch das sagen die Prognosen – in diesen Bereichen zu einer Vervierfachung des LKW-Transits kommen!

Den Leuten das, was Sie ausverhandelt haben, als Erfolg zu verkaufen, während ihnen die Zukunft eine vierfache Verkehrshölle bescheren wird – schon jetzt leiden sie unter der einfachen Verkehrshölle, aber in Zukunft werden sie eine Vervierfachung dieser Verkehrshölle erleben! –, ist bemerkenswert. Da ist es beinahe zynisch, von Erfolgen zu sprechen, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das zeigt ja auch die Tatsache, daß Sie die Vorschläge betreffend Euro-Vignette, die seitens der britischen Präsidentschaft gemacht wurden, nicht realisieren konnten. Sie konnten sie vor allem im Bereich der – ich nenne sie jetzt einmal so – "alten Stinker" nicht realisieren, die ganz besonders die Anrainer der erwähnten Ortschaften betreffen. Da haben wir anstatt des britischen Vorschlags ein weitaus niedrigeres Ergebnis von insgesamt 100 Ecu. – Herr Minister! Das betrifft gerade diese umweltgefährdenden LKWs mit dem besonders hohen Schadstoffausstoß.

Die anderen Frächter, die bereits in umweltverträgliche LKWs investiert haben, konnten nicht in den Genuß einer Reduktion durch diesen Verhandlungsvorschlag kommen. Sehr wohl aber kommen die umweltbelastenden LKWs in den Genuß einer Reduktion des ursprünglichen Vorschlages um 100 Ecu.

Herr Minister! So etwas können Sie uns doch nicht als Erfolg verkaufen, so meine ich zumindest! Und die Ostösterreicher werden es Ihnen schon noch "danken", wenn sie sehen, daß der "Erfolg", der hier theoretisch von oben herab verkündet wurde, in der Praxis keinen Niederschlag findet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Wenn Sie uns einen Erfolg verkaufen, der da lautet, die EU wird uns jetzt bezüglich Brennermaut nicht klagen, dann sei das Ihnen überlassen. Aber wollen Sie dieses Maut-Stretching den Österreichern wirklich als Erfolg verkaufen? Wollen Sie es als Erfolg verkaufen, daß eine innerösterreichische Verbindung nun bis zu 460 S kostet für innerösterreichische Frächter, die jetzt mit enormen Zusatzkosten belastet sind? – Noch dazu, Herr Bundesminister, wissen Sie genauso gut wie ich, daß dieser "Erfolg", den Sie hier als solchen verkaufen, verfassungswidrig ist. So meint zumindest Professor Pernthaler, der sagt – ich zitiere –: "Weil ein einheitlicher österreichischer Wirtschaftsraum mit dieser Maßnahme in Frage gestellt ist, ist dieser Erfolg verfassungswidrig." – Zitatende.

Ist das also wirklich ein Erfolg, Herr Bundesminister?! – Schauen wir einmal, ob diese Regelung überhaupt hält! (Abg. Mag. Stadler: Um die Verfassung hat er sich noch nie gekümmert!)

Nun zum Schweiz-Abkommen, Herr Bundesminister: Ist es tatsächlich ein Erfolg, wenn von mehr als 400 000 LKW – so viel hat nämlich dieser sogenannte Umwegtransit insgesamt bereits ausgemacht; durch die Maßnahmen der Schweiz sind 400 000 LKW mehr durch Österreich gefahren – vielleicht, vielleicht, Herr Bundesminister, 200 000 rückverlagert werden. Selbst dann bleiben uns noch immer 200 000 Umwegtransit-LKW. – Ist das ein Erfolg, Herr Bundesminister?!

Ist das ein Erfolg, wenn die höhere Maut in der Schweiz – und das ist ja ein Faktum – diese Zahlen noch zusätzlich reduzieren wird?! – Es ist doch zu erwarten, daß die höhere Maut dazu führen wird, daß der Umwegtransit nicht in jenem Ausmaß in die Schweiz zurückverlagert werden wird, wie Sie uns das glauben machen wollen!

Es ist ja überhaupt bemerkenswert, Herr Bundesminister, daß die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied einmal mehr – und das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen, meine Damen und Herren – besser behandelt wurde als das EU-Mitglied Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Seidinger: Bahnausbau!)

Nicht wir in Österreich haben einen Grund zum Jubeln. In der Schweiz haben sie allen Grund zum Jubeln! Es steht doch fest, daß für die zukünftigen Verkehrsströme sicherlich die Höhe der Maut von ganz besonderer Bedeutung sein wird. Und Sie, Herr Bundesminister, haben Ihr Ziel, die Differenz zwischen Schweiz und Brenner höchstens auf 20 Ecu anwachsen zu lassen, nicht erreicht. Die Differenz beträgt 500 S! Und diese 500 S sind ein Argument dafür, daß diese LKWs wieder durch Österreich fahren werden.

Trotzdem haben Sie auf die von Ihnen vor den Verhandlungen oft proklamierte und erfundene Schutzklausel verzichtet. – Herr Bundesminister! Unter solchen Bedingungen auf diese Schutzklausel zu verzichten, ist ein Verrat an österreichischen Interessen! Das möchte ich Ihnen schon klar und deutlich sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wird auch von anderer Seite bestätigt. Das wird zum Beispiel in der Dienstag-Ausgabe des angesehenen halboffiziellen EU-Blattes "Europe" bestätigt, das über die Wirkung des Abschlusses folgendes berichtet – ich zitiere –: "Die von Österreich beantragte Brenner-Schutzklausel wurde zugunsten des Abkommens mit der Schweiz fallengelassen, was Verkehrsumla-gerungen" – wie definieren Sie das, Herr Bundesminister? – "vermeiden helfen dürfte." – Zitatende. Also nichts wird es mit der Rückverlagerung in die Schweiz, Herr Bundesminister. – Nennen Sie das Erfolg?!

Meine Damen und Herren! Dieser Verkehrsminister feiert Erfolge, die es gar nicht gibt! Dieser Minister investiert 32 Millionen Schilling in eine Werbekampagne gegen den Güterverkehr, für dessen Funktionieren er aber zu sorgen hätte! Das muß man einmal klar und deutlich festhalten: Dieser Minister wirbt für eine Verlagerung des Verkehrs auf Schienen, die nicht existieren!

Herr Bundesminister! Wieviel Schiene wurde denn gebaut von Streicher, Klima, Scholten – er war auch ganz kurz Verkehrsminister – und Einem? Wie viele Kilometer Schiene haben Sie denn gebaut? Wie viele Kilometer Schiene wurden im gleichen Zeitraum abgebaut? Auf welche Schiene wollen Sie denn eigentlich verlagern, Herr Bundesminister?! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser Minister interpretiert als einziger Österreicher einen Rechnungshof-Sonderbericht zum Semmering-Basistunnel als Bestätigung für ein absolut sinnloses Projekt – ich betone: als einziger Österreicher (Zwischenruf bei den Freiheitlichen); richtig, gemeinsam mit seinem Chef, dem Bundeskanzler –, obwohl die Kernaussage gerade dieses Berichtes lautet: weiterzubauen wäre der größte Fehler.

Herr Bundesminister! Das war nur eine kurze Sammlung und Darstellung Ihrer "Erfolge". – Wir Freiheitlichen bezeichnen diese Erfolge allerdings eher als Fehlleistungen, und diese Fehlleistungen haben ja mittlerweile auch die Geduld des Koalitionspartners etwas überstrapaziert, wie ich feststellen konnte.

Herr Kollege Kukacka! Sie haben Ihre Meinung zwischen der letzten Verkehrsdiskussion und der heutigen Debatte doch grundlegend geändert, wenn Sie sagen, der vorliegende Rechnungshofbericht liest sich wie ein Mängelkatalog sozialdemokratischer Verkehrspolitik. Streicher, Klima, Scholten und Einem hätten am Semmering-Basistunnel herumdilettiert und eine lange Liste von verkehrspolitischen Fehlentscheidungen und Versäumnissen in diesem Ressortbereich zu verantworten.

Und auch Kollege Lukesch wurde geläutert. Hat er doch vorgestern – oder war es noch einen Tag früher? – aus dem Wissenschaftsressort kommend nachgesetzt, indem er sagte – ich zitiere –: Nach der Semmeringkatastrophe und dem inakzeptablen Plan, das Ziel vollrechtsfähige Universitäten umzusetzen, leistet sich Verkehrs- und Wissenschaftsminister Einem auch im Rahmen des Schweiz-Brenner-Abkommens im EU-Verkehrsministerrat den nächsten gewaltigen Schnitzer. – Ende des Zitats. Herr Kollege Lukesch! Der Minister sagt "Erfolg", Sie sagen "gewaltiger Schnitzer".

Und Kollege Lukesch von der ÖVP kommt zum Schluß. Er sagt – ich zitiere –: Einems Politik ist für uns kein Anlaß zum Jubel, sondern bereitet den Betroffenen, sei es an den Universitäten, sei es bei den Verkehrsteilnehmern, zunehmend Unmut. – Zitatende.

Herr Kollege Lukesch! Wir sind da eines Sinnes mit Ihnen und mit dem Verkehrssprecher der ÖVP, Herrn Kukacka, weil die Reaktion des Ministers auf den Rechnungshofbericht und seine Verhandlungslinie in der Transitfrage eindeutig unter Beweis gestellt haben, daß er die österreichischen Interessen in keiner Weise vertritt. Vielleicht ist er auch in keiner Weise in der Lage, dieselben zu vertreten.

Es gibt ja bereits eine Sammlung von unzähligen Fehlleistungen dieses Ministers. Und ich denke, Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, geben uns heute recht, wenn wir einmal mehr sagen: Dieser Minister kann nicht mehr das Vertrauen dieses Nationalrates haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher geben wir Ihnen, meine Damen und Herren von der ÖVP, einmal mehr die Gelegenheit, das, was Sie draußen in der Öffentlichkeit sagen, was Sie über Ihren Pressedienst der Öffentlichkeit mitteilen, einmal auch hier wirklich zu vollziehen. Tun Sie das, was Sie der Öffentlichkeit immer glauben machen wollen! Stehen Sie dazu, daß Sie mit diesem Minister nicht einverstanden sind, daß Sie eine vernünftige Verkehrspolitik wollen, die dieser Minister nicht imstande ist, zu machen!

Tun Sie das, was wir Ihnen vorschlagen, ihm Rahmen des folgenden Entschließungsantrags von uns Freiheitlichen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Mag. Firlinger, Mag. Trattner, Mag. Haupt und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärung des Verkehrsministers

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird gemäß Art. 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes und § 55 (1) GOG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen entzogen."

*****

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Ihren Ankündigungen sollten Sie spätestens jetzt Taten folgen lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer! Der von Ihnen verlesene Antrag liegt hier am Präsidium nicht vor. Bitte, das zu korrigieren. (Oje-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Ein spontaner Antrag der Freiheitlichen! Er wird nachgereicht!) – Danke schön, der Antrag wird nachgereicht.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

13.36

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die internationale und die nationale Presse feiern das Ergebnis des EU-Verkehrsministerrates als bedeutenden Erfolg der österreichischen Präsidentschaft. Meine Damen und Herren! Auch wenn manche Österreicherinnen und Österreicher, auch Politiker, mit der Anerkennung von Erfolgen in der Politik sparsam umgehen, sollten wir doch über unseren Schatten springen und Herrn Bundesminister Caspar Einem zu diesem objektiven Erfolg herzlich gratulieren! Ich tue dies gerne! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dies bedeutet eine generelle Trendwende in der europäischen Verkehrspolitik. Ich möchte das anhand einiger Punkte erläutern.

Erstens ist damit die Anerkennung einer unterschiedlichen Straßenbenützungsgebühr als Prinzip durchgesetzt worden und somit ein erster großer Schritt in Richtung Kostenwahrheit erfolgt.

Zweitens ist das ein Signal, daß ökologisches Wirtschaften ganz einfach belohnt wird, denn je umweltfeindlicher der LKW ist, desto höher wird die Maut oder der Preis für die Vignette sein.

Zum dritten bedeutet es die Durchsetzung des Prinzips der Verlagerung des Güterverkehrs, des Schwerverkehrs, von der Straße auf die Schiene. Und es bedeutet eine Rückverlagerung von mindestens 200 000 LKW-Fahrten in die Schweiz, aus Österreich weg. (Abg. Dr. Lukesch: Das haben wir schon gehabt!)

Zum vierten, Herr Kollege Lukesch, bedeutet es die Anerkenntnis der Forderung nach massivem Ausbau der Schieneninfrastruktur. Wir sollten uns diesbezüglich ein Beispiel an der Schweiz nehmen und sollten das wirklich sehr positiv sehen und begutachten. Wenn man die heutigen Zeitungen liest, dann erfährt man, daß die österreichischen Bauunternehmen sich aus der Schweiz oder aufgrund der Tunnelinitiative gewaltige Aufträge und die Sicherung zahlreicher Arbeitsplätze erwarten. Die Schweizer werden es zustande bringen, wir anscheinend nicht. Daher meine ich, daß es nun ein richtiges Signal aus Europa gegeben hat.

Denn es bedeutet fünftens die Bestätigung der Grundlagen des österreichischen "Masterplanes", mit dem wir weitere 160 Milliarden Schilling für den Ausbau der Schienen in den nächsten 15 Jahren vorsehen, und sechstens, daß die Einführung des LKW-Road-Pricing ganz einfach dringend notwendig wird, damit nicht weiter einseitige Belastungen der österreichischen Wirtschaft erfolgen.

Derzeit, meine Damen und Herren, haben wir auf den hochrangigen Straßen in Wirklichkeit 20 Prozent der LKW, die nichts bezahlen, nämlich jene, die aus dem Ausland kommen. – Das kann doch nicht wirklich unsere Zielsetzung sein.

Hohes Haus! Wenn die FPÖ darin keinen Erfolg sieht, dann kann das ja unter Umständen mit ihrem seltsamen Gefühlsleben zusammenhängen. Wenn man täglich Kartengrüße vom "lieben Peter" aus Fortaleza bekommt, wenn man sich wandelt in die Partei der Flüchtigen und wenn man Malversationen und Aufstandsprobleme in Niederösterreich hat, dann irritiert einen das! Das kann natürlich die Sicht für die Dinge trüben, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Stadler: Ich habe noch nie eine Abgeordnete zu einer Abstimmung gezwungen, so wie Sie, Kollege Parnigoni! Sie sollten Ihr Sprechwerkzeug ...)

Herr Kollege Schweitzer! Die Tatsache im Gegensatz zu Ihrer Kritik ist, daß die Rückverlagerung eindeutig erfolgen wird, und zwar deshalb, weil die Transporte durch die Schweiz insgesamt günstiger werden, weil zwei Stunden längere Fahrzeit von Köln bis Mailand, daher höhere Fahrtkosten durch mehr Kilometer und höhere Personalkosten anfallen werden.

Meine Damen und Herren! Darüber hinaus hat die Schweiz jährlich 1,6 Milliarden Schilling an Tarifsubvention für den Kombiverkehr vorgesehen, mit dem Ziel, die Durchfahrt mit der Bahn um 50 Franken billiger als auf der Straße zu gestalten. – Das ist eine fortschrittliche Verkehrspolitik, meine Damen und Herren! Das können wir nur begrüßen. Das sind die Maßnahmen, die die Rückverlagerung eindeutig garantieren werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zur Kritik der Grünen, die von der Abgeordneten Kammerlander im Ausschuß und vom Abgeordneten Voggenhuber fast gleichlautend in den heutigen Medien vorgetragen wurde. Sie war gleichlautend fundamentalistisch und falsch.

Der Vorwurf, daß es sich um einen umweltpolitischen Rückschritt handelt, ist völlig unverständlich, denn zum einen wird erstmals eine Staffelung des Preises der Euro-Vignette mit höheren Sätzen für abgasreiche LKW vorgesehen – ein umweltpolitisches Ziel –, und zum anderen werden aufgrund des Abkommens in Zukunft 500 000 LKW-Kilometer täglich – ich betone: täglich! – an Umwegverkehr vermieden. Und wenn Sie sagen, das sei ein umweltpolitischer Rückschritt, dann sind Sie, so meine ich, auf der falschen Veranstaltung, Frau Kollegin Kammerlander. (Abg. Mag. Kammerlander: Was ist mit der Kostenwahrheit?)

Ich möchte Kollegen Barmüller und dem Liberalen Forum zu ihrer Haltung gratulieren. Sie haben im Ausschuß ganz offen und deutlich die Leistung des Ministers anerkannt. Ich bin auch mit der Position der ÖVP zufrieden, meine Damen und Herren, damit habe ich überhaupt kein Problem. Den positiven Bemerkungen des Abgeordneten König im Hauptausschuß stehen nur ein paar hysterische Bemerkungen aus Tirol (Abg. Dr. Lukesch: "Hysterisch" – das merke ich mir!) – das verstehe ich, da stehen Wahlen vor der Tür – gegenüber.

Abgeordneter König hat im Hauptausschuß gesagt: Erstens: ein Sieg der Vernunft; zweitens: es ist das Ergebnis des politisch Machbaren; drittens: Einem hat die österreichischen Interessen bestmöglich gewahrt; viertens: die Rückverlagerung des Umwegverkehrs in die Schweiz ist gesichert; fünftens: die Investitionen in die Schieneninfrastruktur sind vordringlich und werden immer notwendiger; sechstens – ich zitiere König –: die Einführung des Road-Pricing ist dringlicher geworden. – Meine Damen und Herren! Mit dieser Position der ÖVP habe ich überhaupt kein Problem, mit der kann ich leben. Ich bin überzeugt davon, daß Kollege Kukacka auch diese ÖVP-Position mittragen wird. (Abg. Mag. Haupt: Das ist deine Einzelmeinung!)

Meine Damen und Herren! Dieses Ergebnis ist ein klares Bekenntnis zum Gestaltungswillen als Regierungsprinzip wider den Kleinmut.

Damit sind wir bei der österreichischen Infrastruktur und auch beim Ausbau der Infrastruktur auf der Schiene. Meine Damen und Herren! In dieser Diskussion ist die Glaubwürdigkeit mancher sehr zu hinterfragen. Wenn Herr Abgeordneter, Altlandeshauptmann, nicht geschäftsführender Klubobmann Dr. Haider einerseits den Bau des Semmering-Basistunnels im Memorandum eindeutig verlangt, diesen aber heute ablehnt, dann, so meine ich, Hohes Haus, hat er damit in dieser Frage eindeutig seine Glaubwürdigkeit verloren. Die Geschichte hat ihn – wie man so schön sagt – überholt. (Abg. Böhacker: Die Fraktionen haben sich nicht geändert!)

Hohes Haus! Am 11. Juli 1991 hat Landeshauptmann Pröll ein Übereinkommen unterzeichnet, worin er einerseits den Bau des Semmering-Basistunnels zur Realisierung des Hochleistungsverkehrs auf der Schiene einfordert, andererseits den Weiterbestand der Scheitelstrecke für den Regionalverkehr und für den Tourismus der Region für wichtig hält.

Am 29. Oktober 1993 begründet Pröll seine Unterschrift unter das Basisübereinkommen, in dem der Tunnelbau eindeutig befürwortet wird, damit, daß ausschließlich das Interesse der gefährdeten Ghega-Bahn im Vordergrund gestanden sei. – Das war weitblickend, denn der UNESCO-Entscheid gibt dem recht: Der Erhalt der 150 Jahre alten Ghega-Bahn wird für den Tourismus, wird für den Regionalverkehr von Bedeutung sein. Wer als Erhalter, wer als Betreiber dieser Strecke zur Verfügung stehen wird, darüber werden wir noch diskutieren, darüber werden wir uns noch zu unterhalten haben.

Wenn wir aber die Zukunft und die Zukunftsentwicklung an der Südtangente betrachten, meine Damen und Herren, dann sehen wir, daß wir eine Verdoppelung des Personenverkehrs, eine Verdreifachung des Gütertransits und eine Steigerung des Güterverkehrs von und nach Österreich um das Eineinhalbfache zu erwarten haben.

Dann hat der Rechnungshof recht, Hohes Haus, wenn er von langwierigen Genehmigungsverfahren und der Erhöhung der Bauzeit redet und das kritisiert. Jedes Jahr Verzögerung kostet – nur vom Index her betrachtet! – 240 Millionen Schilling mehr. Und dann kann der Rechnungshof mit Fug und Recht kritisieren, daß sich die Kosten für den Tunnel von 4,2 auf 7,9 Milliarden erhöhen.

Aber wodurch und durch wen ist diese Verzögerung eigentlich herbeigeführt worden? – Sie ist durch eine Verfahrensverzögerung herbeigeführt worden, wie der Rechnungshof richtig feststellt, die von Landeshauptmann Pröll bewirkt wurde. Die HL-AG wurde vom Land Niederösterreich gezwungen, Zugeständnisse zu machen, nämlich erstens, auf Zwischenangriffe zu verzichten, zweitens, offen geplante Abschnitte zu überdachen, und drittens, offen geplante Hangtrassen in den Berg hineinzuverlegen. Verursacher dieser Kosten, verantwortlich dafür ist der niederösterreichische Landeshauptmann Pröll, meine Damen und Herren. Dieser wird für diese Mehrkosten geradestehen müssen.

Hohes Haus! Bemerkenswert ist die unterschiedliche Handhabung des Naturschutzrechtes in Niederösterreich. Beim Straßentunnel hat es genau drei Auflagen gegeben. Die erste: Schutz vor einfliegenden Vögeln – okay –; die zweite: die Anfärbelung des Verwaltungsgebäudes und die dritte: die Wiederbegrünung des Abraummaterials auf einer Deponie, die noch dazu im Landschaftsschutzgebiet liegt. – Das sind die drei einzigen Auflagen. Mit diesen Auflagen gäbe es beim Bau des Eisenbahntunnels überhaupt kein Problem, meine Damen und Herren!

Hohes Haus! Es kann nicht sein, daß ein Landeshauptmann die Republik in Geiselhaft nimmt! (Beifall bei der SPÖ und der Abg. Mag. Kammerlander.)

Es geht um eine gesamtwirtschaftliche Entwicklung des Südens unserer Republik, es geht um den Ausbau der Schieneninfrastruktur inklusive Semmering-Basistunnel, denn der Süden dieses Landes ist davon abhängig – vor allem jetzt, da die EU im Verkehrsministerrat die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene beschlossen hat. Wir sind daher mit den Kärntnern und Steirern solidarisch! (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Ich halte mich an das Prinzip: Nur wer handelt, dem werden die Menschen vertrauen. (Abg. Böhacker: Darum habt ihr so wenig Vertrauen!) Daher werden wir den Bau des Semmering-Basistunnels durchsetzen. (Abg. Mag. Stadler: Das wird der Verfassungsgerichtshof entscheiden!) Wir werden ihn durchsetzen, natürlich unter Beachtung der gerichtlichen Entscheidungen.

Wir werden ihn durchsetzen gegen – ich zitiere "Die Presse" vom 1.12. – eine Allianz von selbsternannten Umweltschützern, die für den Straßentunnel eintreten, gegen eine Boulevardpresse und gegen populistische Landespolitiker.

Und im übrigen, Herr Schweitzer: Sie werden sich mit Ihrer Prognose täuschen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Er hat aber recht bekommen!)

13.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der zuvor von Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer eingebrachte und verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.48

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Unmittelbar auf die Ausführungen meines Vorredners Parnigoni eingehend möchte ich schon auch festhalten, daß der Süden Österreichs, was die Bahnverbindungen angeht – und das ist auch klar etwa vom obersteirischen Raum gesagt worden –, an Kapazitätsproblemen nicht zu leiden hat. Es muß auch klar gesagt werden, daß auf der Semmeringstrecke, die ja durch den Semmering-Basistunnel ersetzt werden hätte sollen, nicht ein Kapazitätsproblem gegeben ist, sondern auf den Vor- und Zulaufstrecken. Daher wird man dort auch etwas tun müssen. Man wird vor allem auch jetzt schon bei der Diskussion über den Semmering-Basistunnel jenen Menschen, die im Mur/Mürztal leben, sagen müssen, welche zusätzlichen Verkehrsbelastungen auf der Schiene auf sie zukommen werden und welche Lärmschutzmaßnahmen man plant. – Das sind alles Dinge, über die bisher nicht geredet worden ist und für die es auch keine Pläne gibt.

Herr Abgeordneter Parnigoni! Es gibt auch keine Aussagen darüber, wie man etwa die Anbindung nach Kärnten schaffen will und daß ja in Wahrheit der Knoten in St. Michael ein viel größeres Kapazitätsproblem darstellt als andere Strecken von Wien in Richtung Bruck. – All das ist nicht gesagt worden.

Daß man sich auf den Semmering-Basistunnel politisch so einschießt, verstehe ich schon. Es wird sicher im Rahmen der großen Koalition nicht uninteressant werden, wenn die SPÖ mit Landeshauptfrau Klasnic gegen Herrn Landeshauptmann Pröll in der politischen Landschaft marschiert. Aber an den eigentlichen Problemen geht diese Diskussion vorbei. Das wollte ich zusammenfassend zu Ihren Ausführungen noch sagen.

Ich stehe nicht an, meine Damen und Herren, heute noch einmal festzuhalten, daß auch seitens der Liberalen das, was jetzt in Brüssel ausgehandelt wurde, als Erfolg betrachtet wird. Wir halten das deshalb für einen Erfolg, weil nach einer jahrelang verfahrenen Situation ein Ausgang aus diesem "deadlock" gefunden werden konnte. In der Wegekostenrichtlinie wird es eine Einführung ökologischer Parameter geben, und es werden auch, was die Rückverlagerung des Transits anlangt, auch wenn das nur Prognosen sind, mindestens 200 000 LKW sein, die dann nicht mehr durch Tirol fahren.

Das ist ein Erfolg, weil jetzt vermehrt – im Vergleich der Strecken! – adäquate finanzielle Verhältnisse herrschen werden. Das ist daher als positiv zu bezeichnen. Es wird der Herr Bundesminister sicherlich noch ausführen, daß der Ausfall der Sicherungsklausel, der schon so oft angesprochen wurde, so wohl nicht stattgefunden hat.

Was die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Schweitzer anlangt, möchte ich nur noch sagen: Ich wundere mich, daß Kollege Schweitzer, der hier beim Rednerpult immer ein sehr vehementer Verfechter der ökologischen Steuerreform ist, dann, wenn es darum geht, Nägel mit Köpfen zu machen und zu sagen, der LKW-Verkehr muß auch nichtdiskriminierend solchen Belastungen unterworfen werden, auf einmal zurückzuckt. Das macht ihn natürlich unglaubwürdig, denn wenn man für eine ökologische Steuerreform eintritt, dann darf das nicht nur den LKW- und den Güterverkehr, sondern muß auch den Personenverkehr betreffen. Und das ist etwas, was die Bundesregierung bisher – und das in sträflichem Maße! – vernachlässigt hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte auch festhalten, meine Damen und Herren, daß das, was Herr Bundesminister Einem an Wachstumsprognosen herausgestrichen hat, ja immer nur solche sind, in denen von der Jetzt-Situation ausgegangen wird. Es gibt zwar im "Masterplan" eine Abschätzung unter Zugrundelegung des Grünbuchs der Europäischen Union, aber ein konsequente Umsetzung ökologischer Rahmenbedingungen auch für den Bereich des Verkehrs wird im politischen Raum einfach nicht gewagt.

Gerade die Darstellung in bezug auf Investitionen in den Infrastrukturbereich, die vom Herrn Bundesminister heute auch angesprochen wurde, zeigt doch, daß wir uns entscheiden müssen: Entweder haben wir viel Verkehr und investieren Steuergeld in den Ausbau der Verkehrslinien – oder aber wir entscheiden uns dafür, keine Steuererhöhungen und keinen weiteren Ausbau der Infrastruktur zu machen, zumindest nicht in diesem Maße, und sorgen dafür, daß durch eine ehrliche ökologische Steuerreform Produktion nicht dauernd zentralisiert wird, was automatisch Verkehr mit sich bringt, sondern daß die Produktion dezentraler erfolgt, sodaß Verkehr von vornherein vermieden wird, weil man eben nicht nur an einem einzelnen Punkt etwas produziert und dann in alle Himmelsrichtungen verteilen muß. Das hätte positive arbeitsmarktpolitische Auswirkungen, ist aber etwas, was einfach nicht diskutiert wird, auch nicht hier in diesem Hause! Das ist ein Versäumnis, und das werden wir hier immer wieder anprangern! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich wundere mich, daß die Gelegenheit, heute hier über dieses Abkommen zu reden, nicht auch dafür genutzt wird, zu sagen, was im Rahmen einer Steuerreform, die auch in unserem Lande gemacht werden soll, etwa an differenzierter Kfz-Steuer notwendig sein wird.

Ich wundere mich auch, daß, wenn über Verkehrsbelastungen geredet wird, in Wirklichkeit immer nur der Transitverkehr angesprochen wird, also ausländische LKW – man aber nicht darüber diskutiert, daß es auch in Österreich Ziel- und Quellverkehr gibt, der eine hohe Belastung darstellt und dem eben nur mit einer ökologischen Steuerreform beizukommen sein wird.

Das soll jetzt nicht den Erfolg auf internationaler Ebene in bezug auf Tirol, Schweiz und Verkehrsabkommen schmälern, sondern soll als Teil eines Gesamtbildes betrachtet werden. Man darf sich aber nicht nur auf diesen Teil konzentrieren und den restlichen Teil völlig vernachlässigen, zumal dieser im Gesamtmaß der wesentlich größere ist. Daher plädieren wir dafür, diese Diskussion zu führen.

Vor allem möchte ich festhalten, meine Damen und Herren, daß wir zwar auch den Ausbau des Schienennetzes für wichtig erachten, deshalb aber nicht jedes Projekt für unverzichtbar halten, Herr Abgeordneter Parnigoni. Vor allem das Überleben der ÖBB wird nicht nur von zusätzlichen Strecken und Kapazitäten abhängen, sondern insbesondere davon, ob die ÖBB in der Lage sind, dem Kunden Nutzen zu bringen. Und das betrifft eben auf der einen Seite den Güterverkehr. Auch Sie, Herr Abgeordneter Parnigoni, wissen, daß etwa Kapazitäten im Güterverkehr sozusagen das zweite Problem sind. Die mangelnde Pünktlichkeit und auch die öfter vorkommende Beschädigung von Gütern stellen da ein viel größeres Problem dar.

Daher muß auch im Rahmen der ÖBB diesbezüglich etwas getan werden, damit die Pünktlichkeit beim Anliefern von Waren und Gütern größer wird, denn dann wird diese Transportmöglichkeit sicherlich stärker angenommen werden. Wie gesagt: Da haben die ÖBB einiges aufzuholen.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich festhalten, daß die ÖBB im Personenverkehr ebenfalls nur durch Kundenfreundlichkeit punkten werden können. Daß die Serviceorientierung – ich spreche jetzt von den Schaffnerinnen und Schaffnern – im Zug selbst gut ist, ist unbestritten, aber daß ansonsten vieles im argen liegt, sei hier doch angemerkt. Als "herausragendes" Beispiel sozusagen nenne ich in diesem Zusammenhang die gerade laufende Werbekampagne der ÖBB, in der Frauen als "heiße Fracht" bezeichnet werden. Seitens der ÖBB hat man offensichtlich noch immer nicht verstanden, daß das Unterlassen diskriminierender Werbung, daß ein Nicht-Verunglimpfen der Hälfte des zahlenden Publikums, nämlich der Frauen, ein besserer Weg wäre, die Modernität der Bahn herauszustreichen.

Daher, meine Damen und Herren: Wenn in den jetzt ausgeteilten Unterlagen, die wir bekommen haben, klargelegt wird, daß es zu Verlagerungen kommen wird, daß die Verlagerung den eigentlichen Part dessen ausmacht, was an Verkehrsbelastungen in Österreich reduziert werden kann, dann wird dadurch auch klar, daß in Wirklichkeit an den Rahmenbedingungen nichts geändert wurde. Der grüne Teil hier (der Redner weist eine Graphik vor) betrifft die Verlagerung auf RoLa, der Rest betrifft die Umlagerung auf Schweizer Straßen.

Meine Damen und Herren! Wenn es keine konsequente ökologische Steuerreform gibt, dann wird dieser Sieg des Herrn Bundesministers Einem auf europäischer Ebene, der zweifellos als Erfolg zu bezeichnen ist, mittelfristig gesehen allerdings nur ein Pyrrhussieg sein, denn die Probleme liegen in den Gesamtrahmenbedingungen – und nicht nur im Transitverkehr. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. 12 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.57

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zuerst kurz zu den Ausführungen des Herrn Schweitzer, den ich hier im Moment allerdings nicht mehr sehe. (Abg. Mag. Schweitzer: Hier! – Heiterkeit.) Da steht er, ganz hinten. Es war ja zu erwarten, Herr Kollege, daß die FPÖ anläßlich der heutigen Debatte gleichsam wieder zu einem kleinen verkehrspolitischen Rundumschlag ausholt. Und selbstverständlich sind Sie dieser Erwartung gerecht geworden. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wir haben auch nichts anderes erwartet.

Ihr Problem bei diesen Diskussionen ist, daß Sie so maßlos überziehen, übertreiben – und damit auch Ihrer eigenen Glaubwürdigkeit schaden. (Ruf bei der ÖVP: Dobermänner ...! – Abg. Mag. Stadler: Wie ist das mit dem Herrn Habsburg?) Das ist Ihr Problem, meine Damen und Herren von der FPÖ, und das haben Sie auch heute wieder gemacht. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Mit diesem Problem müssen Sie fertig werden – und mit dem "Ansehen", das diese Art von Politik in der Öffentlichkeit genießt; das möchte ich hier ausdrücklich festhalten.

Meine Damen und Herren! Wir von der ÖVP werden uns jedenfalls mit allen verkehrspolitischen Fragen intensiv auseinandersetzen – jedoch konstruktiv und seriös! Für ein vordergründiges politisches Scherbengericht sind wir jedenfalls nicht zu haben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Auch was die Verkehrspolitik anlangt, sind wir der Meinung: Alles zur rechten Zeit, beim richtigen Anlaß und am richtigen Ort. Zum "Masterplan", der jetzt im Verkehrsausschuß liegt, haben wir ja bereits sehr kritische Anmerkungen gemacht. Zum Rechnungshofbericht: auch dazu haben wir im Rechnungshofausschuß – das ist der richtige Ort – schon sehr kritische Anmerkungen gemacht. Und die Diskussion über den Brenner-Basistunnel und die Transitverträge werden wir heute hier bei dieser Debatte führen, meine Damen und Herren.

Heute steht das Ergebnis der Beschlüsse des EU-Verkehrsministerrates zur Diskussion, und damit werden wir uns ganz konkret, ganz kritisch, aber auch ganz konstruktiv auseinandersetzen. Die Verhandlungsergebnisse dieses EU-Verkehrsministerrates geben unserer Ansicht nach keinen Anlaß zu Euphorie, wie das in manchen Medien beziehungsweise in manchen politischen Stellungnahmen zum Ausdruck kommt. Diese Ergebnisse stellen auch keinen "Meilenstein" für die europäische Verkehrspolitik dar, wie das der Herr Bundeskanzler geradezu überschwenglich gemeint hat. Das ist unserer Ansicht nach völlig unzutreffend. Diese Verhandlungsergebnisse stellen lediglich einen bescheidenen, grundsätzlich jedoch richtigen Schritt – das gestehe ich durchaus zu – in die verkehrspolitische Zukunft dar.

Warum ist das ein richtiger Schritt? – Mit dieser Einigung ist die Klage gegen die Brenner-Maut praktisch vom Tisch. Damit bleiben uns mögliche Regreßforderungen in Milliardenhöhe erspart, was bei einer Verurteilung durchaus hätte der Fall sein können. Infolge der Einigung über den Schweizer Transitvertrag müssen auch die Schweizer schrittweise die Transitkontingente erhöhen, den Verkehr ab dem Jahre 2005 völlig liberalisieren und auch ein 40 Tonnen-Gewichtslimit für die Schweiz einführen.

Damit – das können wir zumindest erwarten – wird jener Umwegverkehr, den es wegen der geringeren Kosten über die Brenner-Route gegeben hat, wieder auf die kürzere Strecke über die Schweiz zurückgeführt werden. Die Schweiz mußte in bezug auf ihre frühere Position betreffend Transitkontingente und Tarife deutlich nachgeben. Und das ist ein Erfolg, denn man als solchen auch anerkennen sollte! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Kommission erwartet und hat das auch festgehalten – und wir erwarten dies ebenfalls –, daß signifikant 200 000 Fahrten vom Brenner in die Schweiz rückverlagert werden können; sie hat dazu im Verkehrsministerrat auch eine entsprechende Erklärung abgegeben.

Es ist auch ein Erfolg, daß es zu gemeinsamen Grundsatzbeschlüssen, wenn auch natürlich nur zu Kompromissen, über den alpenquerenden Güterverkehr und über ein zu schaffendes Road-Pricing mit einigen Ländern gekommen ist. Damit aber, meine Damen und Herren, sind die positiven Aspekte dieser Vereinbarung auch schon wieder weitgehend erschöpfend aufgezeigt.

Aus Tiroler Sicht – und auch das, meine Damen und Herren, ist für uns wesentlich, denn die Tiroler sind ja die Hauptbetroffenen – muß ich schon mit Bedauern feststellen, Herr Minister, daß Sie dazu eigentlich heute hier in Ihrer Erklärung nichts gesagt haben. Sie haben sich zwar relativ stark über den Ost-West-Transit und über die Schaffung von Eisenbahnverbindungen im Burgenland verbreitet, aber zu den drängenden Problemen der Tiroler haben Sie in diesem Zusammenhang wenig bis nichts gesagt, und das finde ich bedauerlich. (Beifall bei der ÖVP.)

Daß nicht nur wir dieser Meinung sind, meine Damen und Herren, hat ja auch Herr Kollege Niederwieser angesprochen, denn er hat gesagt, daß die zusätzlichen Belastungen des Unterinntals durch die Ausweitung der Maut zwischen Innsbruck und Kufstein schon ein ziemlicher Wermutstropfen dieser Ergebnisse seien. Und das ist auch genau unsere Position. Zwar wird der jetzige Brenner-Tarif gehalten – was von den Tirolern immer gefordert wurde –, aber auf Kosten der Bemautung der Unterinntalstrecken und damit auf Kosten einer Belastung der Tiroler Wirtschaft und des Wirtschaftsstandortes Tirol. Wie diese Belastungen abgefangen werden können, Herr Bundesminister, wie hier ein Ausgleich geschaffen werden kann, um allfällige Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten Tirols, zu Lasten seiner Unternehmen, zu Lasten seines Wirtschaftsstandortes verhindern zu können, darüber, Herr Bundesminister, wird noch intensiv gesprochen werden müssen, und zwar dann, wenn es um die konkrete österreichische Umsetzung dieser Vereinbarung geht. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Umsetzung, was die Gestaltung der Maut betrifft, gibt uns ja noch einen gewissen Spielraum, und der muß im Interesse Österreichs, im Interesse Tirols genützt werden. Hier wartet noch einige Arbeit auf Sie. Ich erinnere auch an die verfassungsmäßige Problematik, auf die ja auch schon Herr Kollege Schweitzer hingewiesen hat, was das Mautstretching nur im Unterinntal betrifft, weil dadurch möglicherweise der Gleichheitsgrundsatz für den regionalen Wirtschaftsverkehr verletzt wurde.

Diese Fragen, meine Damen und Herren, müssen noch geklärt werden, und dazu bedarf es einer konstruktiven Haltung aller Beteiligten und aller Betroffenen.

Die von Ihnen, Herr Bundesminister, genannte Maut in der Höhe von rund 450 S pro Fahrt auf der Unterinntalstrecke wird wohl nicht akzeptiert werden können. Sie widerspricht letztlich auch dem Ministerratsvortrag vom 17. Juni, der für diese Strecke 150 S genannt hat, die auch als Grundlage für diese Verhandlungen vereinbart und festgelegt wurden.

Ein weiterer Wermutstropfen ist auch die Tatsache, daß von Ihnen bei den Verhandlungen offensichtlich auch keine Sicherheitsklausel erreicht werden konnte. Sie wäre notwendig für den Fall, daß eine Rückverlagerung des Umwegtransits in die Schweiz nicht in dem Ausmaß eintritt, wie das erwartet wird. Man wird jedenfalls sehr kritisch beobachten müssen, ob sich die Erwartung der Kommission, daß eine Rückverlagerung im Ausmaß von 200 000 LKW-Fahrten eintreten wird, auch tatsächlich erfüllt. Man wird sich konkrete Maßnahmen für den Fall überlegen müssen, daß diese Rückverlagerung nicht eintritt.

Schließlich, Herr Bundesminister, haben wir auch gewisse Vorbehalte gegen den Stil, mit dem diese Verhandlungen abgeschlossen wurden. Weder der Landeshauptmann von Tirol noch der Wirtschaftsminister noch auch der Außenminister wurden von Ihnen vor dem endgültigen Abschluß der Verhandlungen über den letzten Stand informiert, und sie wurden auch nicht befragt, was ihre Meinung zu diesem letzten Verhandlungsstand ist. Es wäre wohl im Interesse aller Betroffenen gewesen und vor allem auch im Interesse einer gemeinsamen Umsetzung der Verkehrsministerbeschlüsse in Österreich, wenn es zum gegenseitigen Informations- und Meinungsaustausch über das vorliegende Verhandlungsergebnis gekommen wäre. Dies hätte jedenfalls die weitere Vorgangsweise, insbesondere mit dem Land Tirol, erleichtert. Deshalb bedauern wir, daß das nicht geschehen ist, wenngleich wir zur Kenntnis nehmen, daß Sie im Rahmen Ihrer Ministerverantwortlichkeit dazu nicht verpflichtet sind.

Meine Damen und Herren! Jetzt geht es darum, innerhalb des Rahmens, den uns diese Vereinbarung gegeben hat, sinnvolle Umsetzungsschritte zu setzen. Dazu gehört auch die Erkenntnis, daß wir uns noch stärker in die europäische Verkehrspolitik einbringen müssen. Österreichische Sonder- oder Insellösungen sind nicht machbar. Die Verkehrsprobleme müssen auf europäischer Ebene gelöst werden. Das muß bei der Einführung der Autobahngebühr, also beim flä-chendeckenden Road-Pricing, bedacht werden, wofür der Gleichklang mit der EU oder zumindest mit den wichtigsten Nachbarländern gesucht werden muß. Das gilt sowohl für die Höhe der Maut als auch für die technische Umsetzung.

Wir sind der Meinung, daß die Verkehrs- und Wirtschaftsminister Druck auf europäischer Ebene machen sollen und müssen, damit es rasch zu einer EU-weiten Einführung des Road-Pricing kommt und damit Bündnispartner, etwa in der Bundesrepublik Deutschland, gefunden werden, damit der angepeilte Termin von 2001 beziehungsweise 2002 auch gehalten werden kann.

Schließlich gilt es auch noch, Hausarbeiten in Österreich zu machen, was den Ausbau der Schienenwege betrifft. Hier gilt es vor allem auch noch, den Preis für die RoLa generell und vor allem im Unterinntal zu senken, wie das im übrigen auch die EU fordert, auch wenn die ÖBB damit keine Freude haben, weil sie derzeit ihren Monopolpreis durchsetzen können. Deshalb brauchen wir neben dem Ausbau der Schiene, der im übrigen voll im Gang ist, auch und vor allem im Unterinntal – und dazu bekennen wir uns auch, und das ist auch notwendig – die Liberalisierung der Schienenwege. Wir unterstützen auch die diesbezüglichen Ankündigungen, die Sie in diesem Zusammenhang gemacht haben.

Den diesbezüglichen Widerstand der ÖBB-Gewerkschaft halten wir, Herr Bundesminister, für kontraproduktiv und unverständlich. Es sollte auch der Bundesbahngewerkschaft klar sein, daß das gemeinsame Ziel, einen Verkehrszuwachs auf die Schiene zu bekommen, eine deutlich leistungsfähigere und im Wettbewerb stehende Eisenbahn voraussetzt. (Beifall bei der ÖVP.) Nur dann, meine Damen und Herren, wird es gelingen, daß die Schiene ein wesentlicher Verkehrsträger wird; da ist noch vieles zu tun.

Damit, meine Damen und Herren, bin ich am Ende. (Abg. Mag. Schweitzer: Das glaube ich!) Wenn wir die von mir angesprochenen Probleme rasch und konsequent angehen, wenn wir die damit zusammenhängenden rechtlichen, organisatorischen und politischen Probleme gemeinsam mit dem Land Tirol, gemeinsam mit der Europäischen Union einer Lösung zuführen, dann haben wir die Chance, daß die Rahmenvereinbarungen, die von den EU-Verkehrsministern zur Lösung der Transitprobleme gefunden wurden, in Österreich und auch in Tirol akzeptiert werden können, dann haben wir einen wichtigen Schritt zur Bewältigung unserer Probleme mit dem alpenüberquerenden Güterverkehr gesetzt.

Wir von der ÖVP sind jedenfalls bereit, dazu einen konstruktiven Beitrag zu leisten. (Beifall bei der ÖVP.)

14.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Frau Abgeordnete Dr. Moser. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.10

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Endlich scheint die Sonne über Einem – zumindest in der Schlagzeile. Endlich gibt es einen ersten Verhandlungsabschluß während der österreichischen EU-Präsidentschaft. Formal wurde etwas zu Ende geführt. Aber: Erstens ist es ein Scheinerfolg, und zweitens ist der Inhalt des Abschlusses höchst fragwürdig. Wir haben also mit diesem Vertrag praktisch nicht das vorliegen, was Sie, Herr Minister, als Erfolg bezeichnen, nicht das, was Sie, Herr Kollege, immerhin mit "anerkennenswertem Abschluß" umreißen, sondern wir haben mit dieser Übereinkunft im Prinzip die Aufgabe der Kostenwahrheit für die nächsten Jahre in der EU, die Kündigung beziehungsweise das Auslaufen des Transitvertrages und das Aus für die Ökopunkte ab dem Jahre 2003 festgeschrieben.

Sie haben einen Vertrag unterfertigt, der uns mehr oder weniger schutzlos dem zunehmenden LKW-Verkehr ausliefert, wenn nicht Kostenwahrheit eintritt. Die Kostenwahrheit haben Sie, Herr Minister, jedoch durch die Form der Euro-Vignette, wie sie jetzt beschlossen worden ist, nicht akzeptiert, nicht eingeführt, ja, Sie haben sie heute nicht einmal angesprochen. Es war für mich höchst bezeichnend, daß Sie heute kein Wort, keine Silbe, nicht einmal ein I-Tüpferl über die Euro-Vignette über die Lippen gebracht haben. Das ist nämlich die eigentliche Niederlage bei diesem Vertrag. Das ist mehr oder weniger der Handstreich, der den anderen Ländern gegenüber den Alpenländern gelungen ist. (Beifall bei den Grünen.)

Das muß man klar und deutlich hier und jetzt festhalten: Es handelt sich wieder einmal um eine Scheinlösung.

Konkret: Sie haben einen Erfolg hinsichtlich der Rücknahme der Klage erreicht – keine Frage. Nur, diesen Erfolg hätte man auch anders verbuchen können, wenn man dieses Mautstretching einfach früher in die Verhandlungen eingebracht hätte, und die Sache wäre erledigt gewesen. Auch eine Klage beim Verfassungsgerichtshof hätten wir uns eventuell ersparen können, wenn wir das Road-Pricing gesamtösterreichisch früher eingeführt hätten – 1998 war der ursprüngliche Termin – und wenn wir jetzt eine Ökosteuerreformdiskussion zündender vorantrieben, in der auch die fahrleistungsabhängige Kilometerabgabe einen fixen Bestandteil bildet. Hätten wir diese Diskussion, hätten wir solche Beschlüsse gefaßt, müßten wir weder wegen der Maut noch wegen irgendeiner Klage beim Verfassungsgerichtshof bangen. Sie aber gehen den Scheinweg, Sie gehen ins Abseits, Sie handeln sich nach einem Problem schon wieder das nächste ein, weil Sie nicht grundsätzlich arbeiten.

Da möchte ich noch einmal zum Grundsätzlichen zurückkommen. Herr Minister! Sie haben im Zusammenhang mit der Rückverlagerung des LKW-Verkehrs vom großen österreichischen Erfolg gesprochen. Nach Ihren Hochrechnungen werden das bald 200 000 LKW im Jahr sein. Ich sage Ihnen, das ist nur die Hälfte des Umwegtransits, und das geben Sie ja durchaus auch zu. Ich sage Ihnen außerdem, daß diese Rückverlagerung sehr schnell und früh kompensiert wird durch den Anstieg des LKW-Verkehrs insgesamt.

Nicht umsonst bittet Herr Kollege Kukacka Deutschland geradezu – mich freut es ja, daß es eine rot-grüne Regierung ist, die Sie bitten –, Bündnispartner zu sein, damit dort endlich die Kostenwahrheit auf der Straße Platz greift, damit es dort fahrleistungsabhängige Kilometergebühren gibt. Müntefering ist jetzt dafür, aber wer hat mehr oder weniger den Druck ausgeübt? Die Grünen waren es. Na schön, daß wir Ihre neuen Bündnispartner sind. Aber, bitte, dann machen Sie endlich in Österreich auch das, was wir schon lange sagen! (Beifall bei den Grünen.)

Noch etwas zum Problembereich Rückverlagerung, Umwegtransit. Ihre Graphik (die Rednerin zeigt eine Graphik), die Sie dankenswerterweise und mit unglaublicher PR-Intelligenz verteilt haben, zeigt für das Jahr 2005 ohne Abkommen 450 000 LKW, die den Umweg nehmen würden. Mit Abkommen sind es 390 000. Wenn man diese in Abzug bringt, dann bleiben 60 000 LKW als Ergebnis der Rückverlagerung im Jahr 2005 über. Bitte, was ist denn das für ein Ergebnis? Der Schweiz wurde sehr, sehr viel abgerungen. Die Schweiz hat jetzt die 40-Tonner um vieles früher akzeptiert. Die Schweiz konnte mit Müh und Not ein Nachtfahrverbot aufrechterhalten. Bitte, das haben wir am Brenner nicht! Wir haben zwar die doppelte Nachtmaut, die auch restriktiv wirkt, aber gegenüber der Schweiz sind wir nach wie vor im Hintertreffen, weil wir kein Nachtfahrverbot haben. Sie haben wiederholt die Anträge der Grünen in Richtung Nachtfahrverbot abgelehnt. Jetzt sind wir in diesem Bereich nach wie vor im Hintertreffen. Jetzt wird nach wie vor in der Nacht, obwohl es teurer ist, der LKW-Verkehr über den Brenner donnern. Keine Frage.

Somit komme ich auch gleich zur sogenannten "rollenden Landstraße", die Sie auch als Entlastungsargument und als Entlastungsschiene im wahrsten Sinne des Wortes anbieten. Bei der "rollenden Landstraße" gibt es das eine Problem, daß der LKW auf den Waggon auffahren, mit der Bahn mitfahren und dann wieder herunterfahren muß. Es ist das keine Regal-zu-Regal-Beförderung. Besser wäre insgesamt die Umstellung des Güterverkehrs auf Containerverkehr, wo der Container jeweils vom LKW auf die Bahn und dann wieder auf einen anderen LKW in einem anderen Staat und dann zur Firma transferiert wird. Die "rollende Landstraße" ist eine Krücke. Sie erfordert mehr Energie, weil die Zugmaschine, der LKW, auf der Bahn mitgeführt werden muß. Gerade bei den Steigungen am Brenner braucht man dadurch, von seiten der Ökologie her argumentiert, mehr Kraft, mehr Energie, mehr Strom. Insofern ist die "rollende Landstraße" zwar eine Krücke, sie ist aber nicht die Lösung.

Die Lösung ist die prinzipielle Verlagerung auf die Schiene mit dem Containerverkehr. Da muß sicherlich das eintreten, was heute schon, glaube ich, Herr Kollege Barmüller vermerkt hat: eine Qualitätssteigerung auch bei den ÖBB im Hinblick auf Pünktlichkeit, eine Qualitätssteigerung auch im Hinblick auf Infrastruktur bei den Terminals, bei den Verladestationen. – Soweit also zum Bereich Verlagerung, soweit zum Bereich "rollende Landstraße".

Nun zum Vorbild Schweiz. Mich freut es sehr, Herr Minister, daß Sie die Schweizer Lösung mit den zwei Volksabstimmungen angesprochen haben. Da sieht man nämlich, was herauskommt bei der Verkehrspolitik, wenn das Volk mitentscheiden kann, nämlich weit bessere Leistungen, als hier Volksvertreter und teilweise eine Regierung, die kontraproduktiv ist, verkehrspolitisch zustande bringen. In der Schweiz haben wir die fahrleistungsabhängige Kilometerabgabe im LKW-Bereich flächendeckend. Ich betone: flächendeckend. Sie haben das Road-Pricing angesprochen, das bei uns im Jahr 2002 kommen soll, vier Jahre später als geplant und – ich sage es extra – in kastrierter Form, denn Ihr Road-Pricing ist eine reine Bemautung der Autobahnen mit einzelnen Mautstationen im Abstand von 70 Kilometern. Damit haben wir das, was Sie auch bemängelten, nämlich eine Zweiteilung des Güterverkehrs auf der Straße in Österreich: Teile der Autobahn, wo bezahlt werden muß, und Teile der Autobahn, nämlich zwischen diesen Stationen, wo man nicht zahlen muß. Bitte, das ist keine Kostenwahrheit! Da ist eine Teilkostenwahrheit! (Beifall bei den Grünen.)

Schauen Sie sich an, was Ihnen die ASFINAG vorlegt: rund um die Zentralräume – Wien, Linz, Innsbruck – keinerlei Mautstelle. Da fließt der LKW-Verkehr, der auch im regionalen Bereich den größten prozentuellen Anteil hat, völlig ungehindert, jenseits jeder Kostenwahrheit, jenseits jeden Road-Pricings. (Abg. Parnigoni: Kollege Farnleitner ist dafür zuständig!) Diese österreichische Road-Pricing-Lösung ist eine hinterwäldlerische. Wir müssen das Schweizer Modell übernehmen, und es läßt sich auch dieses Schweizer Modell EU-konform gestalten. Ich kann Ihnen das gerne auch noch privat ausführen beziehungsweise im Verkehrsausschuß. (Abg. Parnigoni: Sie sagen das aber auch dem Herrn Farnleitner?! – Abg. Dr. Petrovic: Von wem ist denn die ÖVP der Koalitionspartner? Doch nicht von uns!)

Der nächste Punkt: Terminals. Herr Minister! Sie sprachen sehr ausführlich über den Ost-West-Transit. Das ist meines Erachtens auch noch der Hauptproblembereich, den uns dieser Vertragsabschluß nach wie vor serviert. Wir müssen, um den Ost-West-Transit wirklich auf die Schiene zu bekommen, im Rahmen der Osterweiterung junktimieren: Falls nicht die Schiene gewählt wird, gibt es keine Möglichkeit, mit den LKW in erhöhtem Ausmaß durch unser Land zu fahren.

Das Problem ist – Sie wissen es ja selbst aus Gesprächen mit Herrn Dr. Draxler –, daß der Preis auf der Bahn im Osten steigt und der Preis beim LKW im Osten fällt. Was wir dann bei uns haben, wenn wir diese Minimalform des Road-Pricing nur mühsam bekommen, wird hier in Ihrer Graphik zwar angedeutet (die Rednerin hält neuerlich eine graphische Darstellung in die Höhe), aber in viel zu geringem Maße. Wir haben in Österreich beim Ost-West-Transit massive Steigerungen. Wenn es zur Kostenwahrheit kommt, ist sie nicht so groß, aber wir haben sie.

Schauen Sie sich Ihre nächste Graphik an! (Die Rednerin zeigt Bundesminister Dr. Einem eine Graphik.) Das sind die Terminals. Aber wo sind denn die Terminals? – Die Terminals sind in Bratislava, in Györ und auch noch in Szombathely, in Steinamanger. Aber das ist praktisch nur die Richtung von Osten nach Westen. Schauen Sie auf die Karte, Herr Minister! Wie schaut es in Deutschland aus? München – nichts! Wie geht denn dann der Verkehr von Deutschland in die Oststaaten? Wo sind denn da die Terminals? – Also das ist die Herausforderung!

Herr Bundesminister! Wir haben jetzt noch Ökopunkte. Wir haben jetzt eine Kontingentierung beim Ost-West-Transit. Die Verfünffachung kommt, und Sie streichen die Ökopunkte! Ich meine, da wird es sich mehr als verfünffachen. Und das ist der Humbug, der bei diesem Vertrag passiert ist: daß Sie keinerlei Rückversicherungsklausel für den Ost-West-Transit ausverhandelt haben und daß Sie mit der Zustimmung zur Euro-Vignette die Kostenwahrheit – externe gesamteuropäische Kosten – nicht wirksam machen konnten, daß Sie mit der Euro-Vignette der europäischen Verkehrspolitik und speziell der österreichischen Transitpolitik einen weiteren Stolperstein in den Weg legten. Das war das Ergebnis! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Parnigoni: Ich habe Sie immer zu den Realos gezählt, nicht zu den Fundis!)

14.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordnete Dr. Niederwieser. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.22

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin vor zwei Tagen im Hauptausschuß gefragt worden, ob ich betroffen sei, weil ich mich für dieses Abkommen insgesamt erwärmen konnte. Wahrscheinlich gibt es nur wenige Abgeordnete hier im Saal, die so betroffen sind wie ich, dessen Wahlkreis aus den Bezirken Innsbruck-Land und Schwaz besteht. Innsbruck-Land reicht ja bis zum Brenner. Wir haben die Brenner-Maut, und jetzt ist die Strecke durch den Bezirk Schwaz neu zu bemauten. Wenn es sich also jemand hier im Saal ganz gründlich überlegen muß, ob er diesem Abkommen zustimmt oder nicht, weil nächstes Jahr Wahlen sind, dann können Sie mir glauben: Ich mache mir das nicht leicht!

Was waren unsere verkehrspolitischen Ziele, von denen wir ausgegangen sind? – Es waren derer drei. Erstens: die Entlastung der Bevölkerung vom Schwerverkehr. Zweitens: die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene als das umweltfreundlichste und auch sicherste Transportmittel. Dann wollen wir alle gemeinsam zugleich als drittes Ziel die Sicherung der Arbeitsplätze, die Sicherung der Wirtschaftsstandorte. Und das Unterinntal ist ein wichtiger Wirtschaftsstandort.

Die Frage ist nun: Bringen uns die Verträge diesen drei Zielen näher? – Die Schweiz hebt die 28-Tonnen-Beschränkung auf. Alle 40-Tonner, die bisher den Umweg über Tirol in Kauf genommen haben, werden sukzessive über die Schweiz fahren. Und für den deutschen und norditalienischen Wirtschaftsraum, etwa nach Mailand hinein, wird es rein aus wirtschaftlichen Gründen klar sein, daß die Lastautos dann über die Schweiz fahren werden.

Wir können die teurere Nachtmaut erhalten. Kollegin Moser! Die Einführung der Euro-Vignette ist sicherlich nicht das letzte Ziel. Da hätten wir uns auch mehr vorstellen können. Aber sie bringt doch in einer Reihe von europäischen Staaten eine Verteuerung des LKW-Verkehrs, eine bessere Anrechnung der von ihm verursachten Kosten, als das bisher der Fall war.

Deutschland verpflichtet sich, im Jahre 2002 ein Road-Pricing einzuführen. Holland sagt ähnli-ches; auch Holland wird das Road-Pricing einführen. Dazu kommt Österreich. Wir haben ja die entsprechenden Beschlüsse im Parlament schon gefaßt. Der kombinierte Verkehr wird deutlich billiger, und die Unternehmer und auch die Speditionen werden die Güter zunehmend auf der Bahn transportieren. Dazu kommen zusätzliche Kapazitäten durch zwei Eisenbahntunnels in der Schweiz und durch das dritte Gleis durch das Unterinntal. (Abg. Mag. Trattner: Durch ein zusätzliches Gleis?) Herr Kollege Trattner, das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren für dieses Projekt ist in der Endphase. Das wissen Sie. Also wird als nächster Schritt die Bauphase kommen. Das wird insgesamt ein sehr umweltfreundliches und mit der Bevölkerung abgestimmtes Projekt sein.

Man kann also mit Fug und Recht sagen: Die ersten beiden Ziele – die Entlastung der Bevölkerung vom Schwerverkehr und die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene – sind mit diesem Abkommen erreicht beziehungsweise sind wir ihnen mit sehr großen Schritten näher gekommen. Mehr war in dieser europäischen Konstellation mit Sicherheit nicht drinnen. (Abg. Blünegger – in Richtung SPÖ –: Der Bürger wird es euch schon zeigen!)

Ich komme zum dritten Punkt, zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes, und das ist ein sehr entscheidender Punkt. Denn: Es ist nicht leicht, jemandem zu erklären, daß dort, wo bisher keine Maut eingehoben wurde, von jetzt an Maut eingehoben wird, von jetzt an Maut zu bezahlen ist. Das können Sie mir glauben! Es würde sich jeder einmal für seine Region überlegen müssen, wie das zu erklären ist.

Kollege Kukacka! Ich weiß, ihr befindet euch mit eurer Solidarität mit dem Landeshauptmann Weingartner schon in einem Vorwahlkampf; also ich verstehe auch in gewissem Sinn die Zurückhaltung, die ihr da übt. (Abg. Mag. Kukacka: Ist doch nicht wahr!) Aber wir dürfen es uns trotzdem nicht zu leichtmachen. Es geht da um mehr als um eine Landtagswahl, lieber Kollege Kukacka. (Abg. Mag. Kukacka: Das ist ein Wermutstropfen für Tirol!) Es geht da um europäische Verkehrspolitik, und es geht da auch um österreichische Verkehrspolitik. Wir dürfen allerdings dabei nicht unter die Räder kommen. Das ist richtig! Das möchten wir auch nicht!

Daher wird es notwendig sein, daß wir gemeinsam sehr viel Intelligenz entwickeln und schauen, wie wir mit dem Problem der Belastung für die Betriebe, die im Unterinntal von jetzt an mit einer Maut für ihre LKWs ab 12 Tonnen Traglast belastet werden, fertig werden. Ich bin sicher: Wenn wir wollen, dann können wir auch dieses Problem lösen, denn es gibt viele Varianten, die auch von der Europäischen Union akzeptiert werden und gleichzeitig sicherstellen, daß unsere Arbeitsplätze in diesem Bereich auch in Zukunft erhalten bleiben und vermehrt werden können.

Wenn man das resümiert – drei Ziele, zwei davon sind voll erreicht, eines ist noch offen –, dann könnte man in der Fußballsprache sagen: ein hart erkämpfter 2 : 1-Erfolg. Und wenn es uns gelingt, das dritte Ziel auch noch zu erreichen, dann können wir daraus noch nachträglich ein 3 : 0 machen. Also das ist sicherlich ein gutes Ergebnis, mit dem wir zufrieden sein können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.28

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meinem Vorredner, dem Kollegen Niederwieser, nicht recht geben, und zwar nicht deswegen, weil ich aus den Reihen der freiheitlichen Opposition komme, sondern deswegen, weil, wie ich glaube, es noch nie – zumindest nicht in den 13 Jahren, die ich diesem Parlament angehöre – einen Minister gegeben hat, der sich über drei Entschließungen des Nationalrats hinweggesetzt hat, sich über zwei Regierungsvorträge hinweggesetzt hat und dann auch noch von Parlamentariern für diese Mißachtung des Parlaments gelobt wurde. Ich sage es klipp und klar: Aus demokratiepolitischer Sicht bedeutet dieses Verhalten meiner Meinung nach nichts anderes, als daß ein Abgeordneter – gleich, ob es Niederwieser oder Parnigoni ist – sich selbst weiter demontiert und damit den Stellenwert des Parlaments, in dem gewählte Vertreter des Volkes die Interessen der Bevölkerung auch als Kontrollorgan gegenüber der Regierung wahrzunehmen haben, einfach herabsetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben heute deutlich und klar dokumentiert – zumindest jene Abgeordnete, die hier am Rednerpult waren –, daß es Ihnen mehr darum geht, Ihrem ungeliebten Minister die Mauer zu machen (Ruf bei der SPÖ: Er ist nicht unbeliebt! – Abg. Koppler: Bei uns ist er nicht unbeliebt!) und einen Erfolg, der keiner ist, als solchen zu verkaufen, als tatsächlich die Interessen der österreichischen Bevölkerung wahrzunehmen und die von Ihnen vorbereiteten eigenen Entschließungen umzusetzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt eigentlich nur den Umkehrschluß, nämlich daß entweder Ihre Entschließungen nicht so seriös vorbereitet waren, wie es der Kollege Kukacka gesagt hat und wie die Verkehrspolitik von Rot und Schwarz hier in diesem Parlament sein sollte, oder es geht darum, einem Minister die Mauer zu machen, der keine seriöse Politik macht und auch heute wieder dem Parlament Unterlagen vorlegt, die auch nicht seriös sind. (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ. – Abg. Dietachmayr: Das ist Ihre Meinung!)

Herr Minister! Ich glaube, Sie sollten nach dieser Debatte wenigstens mit Ihren Beamten ein kurzes Wort reden. Für mich ist es nicht erklärlich, wie man heute hier dem Parlament eine Graphik – und zwar ist es Graphik Nummer zwei – übermitteln kann, in welcher beim Kostenvergleich die Kosten für die Strecke Hannover – Milano für das Jahr 2005 bei 176 Kilometern Umweg über den Brenner mit 116 460 S angegeben werden. Entweder hat man sich einfach um 100 000 S geirrt, und das hat keiner korrigiert, oder es ist schon jedem Wurscht, ob das um 100 000 S mehr oder um 100 000 S weniger ausmacht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auf jeden Fall muß ich sagen: Diese Graphik aus Ihrem Haus ist in der vorliegenden Form, Herr Minister, keine Unterstützung für Sie, sondern eher ein Armutszeugnis für eine seriöse Vorbereitung für eine Regierungsdiskussion hier im Parlament. Damit wird nahtlos das fortgesetzt, was Sie eigentlich immer gemacht haben: das Parlament zu ignorieren, seine Entschließungen zu ignorieren, selbständig zu verhandeln und sich in blindem Vertrauen darauf zu verlassen, daß die ÖVP es nicht wagen kann, die parlamentarische Position zu vertreten, weil sie sonst aus der Regierung hinausfliegt, und daß Ihre eigene Fraktion, zumindest die wichtigen Teile davon, Ihnen auch dann die Mauer macht, wenn Sie deren eigene Beschlüsse negieren und sich darüber hinwegsetzen.

Ich kann als Parlamentarier solch einen Weg nicht gutheißen, und ich glaube daher, daß das Versagen des Vertrauens des Parlaments in Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, aus der Sicht des Parlaments, nämlich aufgrund Ihrer Haltung, die mehrheitlichen Beschlüsse dieses Parlaments schlicht und einfach zu negieren, gerechtfertigt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte aber klipp und klar Kollegen Parnigoni endlich ins Stammbuch schreiben und Ihnen, Herr Minister, sagen: Es nutzt nichts, wenn man in der Öffentlichkeit die mangelnde Akzeptanz der österreichischen Bevölkerung für die Eisenbahn bejammert, wenn man auf der anderen Seite den Kärntner Regierungsbeschluß auch zum Semmering-Basistunnel, zum Koralm-Tunnel, zur neuen Trasse Klagenfurt – Graz aus dem Jahre 1995 negiert. Darin wird aus gutem Grund und wohlüberlegt von allen drei Kärntner Landtagsparteien verlangt, zunächst in den Vorlaufstrecken die Umweltmaßnahmen nicht nur zu planen, sondern auch umzusetzen, und dann erst den Semmering-Basistunnel in Angriff zu nehmen. Es gibt vom Land Kärnten keine anderen Beschlüsse, die gültig sind, und ich glaube, sie wurden aus gutem Grund gemacht.

In der Schweiz ist man auch diesen Weg gegangen: zunächst der Bevölkerung die Eisenbahn erträglich zu machen und dann auf die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene mit entsprechenden Konzepten und mit EU-Finanzierung zu setzen. Und dann hat man bei den Volksabstimmungen erreicht, was man wollte: eine vernünftige Verkehrspolitik!

In Österreich macht man es anders: In den Vorlaufstrecken und den Nachlaufstrecken des Semmering-Basistunnels herrscht Chaos. Die entsprechenden Lösungen in der Steiermark mit dem Knoten Leoben/Bruck an der Mur und St. Marein/St. Michael geht man nicht an. 10 Minuten Fahrzeitverkürzung! Man geht auch nicht an die Lösung der Probleme der Lärmbelästigung in den Kärntner Zentralräumen, wo der Tourismus schwer unter der Lärmentwicklung der Bahn leidet. Man hat auf der Südstrecke ein Wagenkontingent, das veraltet und nicht attraktiv ist, und wundert sich dann darüber, daß die Leute in die Fremdenverkehrszentren im Süden mit dem Auto fahren und nicht die Bahn in Anspruch nehmen. – All das sind hausgemachte Konzeptionsfehler, sehr geehrter Herr Bundesminister, die Sie zu verantworten haben, und darüber sollten wir nicht hinwegsehen.

Das Parlament hat eine klare Haltung bezogen – die klare Haltung des Parlaments haben Sie mißachtet. Wir Freiheitlichen werden Ihnen daher das Vertrauen versagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.33

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister, ich glaube, daß Ihre heutige Erklärung in diesem Hohen Haus in Wirklichkeit kein Zeichen der Stärke ist, sondern vielmehr Ausdruck eines schlechten Gewissens wegen dieses Verhandlungsergebnisses. Es war für mich auch bemerkenswert – Kollege Niederwieser, und Sie hätten das auch sehen müssen –, daß der Herr Bundesminister zwar viel von der Bevölkerung im Burgenland und im Osten Niederösterreichs gesprochen hat, aber die Tiroler Bevölkerung mit keinem Wort erwähnt hat. Und das ist erstaunlich, denn in diesem Abkommen ging es ja in erster Linie um den Alpentransit und eine Verbesserung in diesem Zusammenhang. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abgeordneten Blünegger.)

Herr Bundesminister! Sie haben wieder solche Verkehrsdiagramme, Flußdiagramme verteilen lassen. (Der Redner hält Unterlagen in Richtung des Bundesministers Dr. Einem.) Ich bin schon lange in diesem Hohen Haus – fast neun Jahre lang –, und ich muß sagen: Ihre Vorgänger – Minister Streicher und Minister Klima – haben auch solche Bildchen gezeichnet, aber solchen Bildchen schenkt niemand mehr in Tirol Glauben, absolut niemand mehr, nicht einmal Ihre Genossen im Land Tirol! (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Verlagerung des Umwegtransits, unter dem Tirol leidet, betrifft, möchte ich dich, Kollege Niederwieser, einmal fragen: Ist diese tatsächlich so, wie sie von der Bundesregierung vereinbart worden war, jetzt umgesetzt worden? Ist dir bekannt, daß der Schweiz zugestanden worden ist, die Ausgangsgebühr für die Durchfahrt in der Höhe von 110 ECU im Jahre 2000 auf 200 ECU bis zum Jahre 2007 zu erhöhen, während die österreichische Durchfahrtsmaut festgeschrieben ist? – Also da ist ja die Ungleichbehandlung geradezu im Abkommen festgeschrieben worden! Wo da Gleichbehandlung beziehungsweise keine Schlechterstellung eines EU-Mitglieds – nämlich Österreichs – gegenüber einem Drittland vorhanden ist, vermag ich nicht zu erkennen.

Zweiter Punkt: Lieber Kollege Niederwieser! Über die Übernahme der 40-Tonnen-Kontingente durch die Schweiz, die gegenüber den Ausgangspositionen, die der Herr Bundesminister dargelegt hat, aufgestockt werden konnten, könnten wir Tiroler uns eigentlich freuen. Nur: Die Erhöhung der Kontingente, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht lediglich auf dem Papier, das ist ein reiner Papiertiger, denn es ist nicht gelungen, in der Wegekostenrichtlinie diese Übernahme in irgendeiner verläßlichen Weise auch festzuschreiben. Und wer die Nachrichten in diesen Tagen verfolgt hat – auch in Tirol –, der weiß, was zum Beispiel die administrativen Hemmnisse bei der Durchfahrt bedeuten können. Kollege Kukacka hat das schon gesagt, ich möchte es nur noch deutlicher machen: Die Schweiz hat es auf der Basis des jetzigen Abkommens in der Hand, durch Wartezeiten – eine Stunde, zwei Stunden Grenzaufenthalt – diese Verlagerungen eben nicht Realität werden zu lassen. Und wenn sie es tatsächlich ernst genommen hätte, dann hätte sie es auch festschreiben lassen können, aber sie hat es nicht festschreiben lassen, weil sie einen Vertrag mit hinter dem Rücken gekreuzten Fingern abgeschlossen hat. Das ist doch die Position und die Realität! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Posch – scherzhaft, mit vor der Brust gekreuzten Fingern –: "Beelzebub" Einem!)

Dritter Punkt: Herr Bundesminister! Entgegen den Festlegungen im Ministerrat – auch das wurde schon mehrmals hier betont – haben Sie der Kommission ein Stretching bis 1. Juli des kommenden Jahres zugesagt, obwohl Sie einen Ministerratsvortrag akzeptiert haben, der die technische Durchführbarkeit eines solchen Stretchings erst bis 2000 und auch danach oder wahrscheinlich erst später in einer sinnvollen Art ermöglicht oder möglich macht. Wir werden also jetzt mit der Tatsache konfrontiert werden – und ich bin nur neugierig, wie die EU-Kommission das sehen wird –, daß wir in Radfeld und Kundl die erste Mautgrenze haben werden und in Schönberg dann die zweite Mautgrenze. Das ist auch verkehrspolitisch ein grober Fehler, abgesehen von den für den Wirtschaftsstandort Tirol – das hat ja auch Kollege Niederwieser eingeräumt – katastrophalen Auswirkungen, wenn Sie – entgegen den sonstigen Absichten der Bundesregierung – dort eine Kilometergebühr von 6 bis 7 S vorsehen, während im ganzen restlichen Netz Österreichs 2 S vorgesehen sind.

Herr Bundesminister! Die Tiroler lassen sich viel gefallen, aber Sie haben ein sehr gutes und ausgeprägtes Gefühl gegen Ungerechtigkeiten. Sie verstehen nicht, warum die Tiroler Autobahn teurer sein soll als die niederösterreichische, die Kärntner, die oberösterreichische und so weiter. Und wegen solch einer Ungerechtigkeit – das sage ich Ihnen als einem Sozialdemokraten – hat es in Tirol schon einmal einen Aufstand gegeben: Michael Gaismair ... (Abg. Mag. Posch: Andreas Hofer!) Nein, Michael Gaismair war es, der an der Spitze stand. Es ging um Gerechtigkeit im Land und gegen die Arroganz und Willkür der herrschenden Fürsten. – Das sei Ihnen als Sozialdemokraten besonders ins Stammbuch geschrieben. (Beifall bei der ÖVP.)

14.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte. (Abgeordnete Mag. Kammerlander begibt sich zum Rednerpult.)

Entschuldigung, es scheint erst jetzt auf, daß Sie, Herr Bundesminister, am Wort sind. (Abg. Mag. Kammerlander – beim Rednerpult angekommen –: Das wird sich nicht mehr ausgehen! Das ist wirklich sehr "geschickt", Herr Minister!)

Ich bitte um Entschuldigung, ich sehe es jetzt erst auf dem Bildschirm, daß der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet ist. – Bitte, Herr Bundesminister. (Abg. Mag. Kammerlander verläßt sichtlich verärgert das Rednerpult.)

14.39

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Danke, Herr Präsident! Hohes Haus! Ich darf zuerst kurz auf einige der Anmerkungen, die nicht durchwegs von jener Qualität waren, die etwa auch Herrn Abgeordnetem Lukesch sonst entsprechen, eingehen.

Herr Abgeordneter! Vielleicht zu den Kleinigkeiten zuerst. (Zwischenruf der Abg. Mag. Kammerlander. – Ruf bei der SPÖ: Da kann doch der Minister nichts dafür! – Abg. Mag. Kammerlander: Na sicher, er hätte ja verzichten können! – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.) Sie haben festgestellt, daß es der Schweiz gelungen ist, mit gekreuzten Fingern einen Vertrag abzuschließen. – Ich denke, daß jenseits der Frage, daß gegenüber Nachbarstaaten, mit denen wir in freundschaftlichem Verhältnis stehen, derartige Vorwürfe nicht besonders angebracht sind (Beifall bei der SPÖ), das auch inhaltlich einfach falsch ist. Die Schweiz hat im Zuge der Verhandlungen schon im März – und jetzt wurde das bestätigt – zugesagt, daß kein LKW länger als 30 Minuten an der Schweizer Grenze aufgehalten werden wird. Ich sage es Ihnen daher, daß es so ist. – Ich habe gesagt, daß das zu den Kleinigkeiten zählt.

Im Zusammenhang mit einer weiteren Frage, die von mehreren Abgeordneten angesprochen worden ist und die doch etwas verdeutlicht werden soll, hat mir insbesondere Herr Abgeordneter Kukacka vorgehalten, ich hätte mich nicht an bestimmte Ziffern und Zahlen gehalten, die die Bundesregierung als Verhandlungsgrundlage beschlossen hat.

Hohes Haus! Eines sollten wir schon zur Kenntnis nehmen – das könnte man auch nach den wenigen Jahren, die wir schon Mitglied der EU sind, wissen –: Die Einhaltung der Gesetze der Europäischen Union wird von der Kommission kontrolliert und nicht von den nationalen Bundesregierungen. Das ist leider so, und das haben wir auch gewußt, als wir beigetreten sind.

Kollege Farnleitner weiß genauso wie ich, welcher der Wert ist, den die Kommission als mit der Wegekostenrichtlinie in Übereinstimmung befindlich einschätzt, wenn es um eine Bemautung des Unteren Inntales geht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Herr Abgeordneter Lukesch! Sie wissen, daß wir vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt sind. Für den Wirtschaftsminister gibt es jetzt drei Varianten, und zwar nach diesem Abschluß:

Erstens: Wir machen gar nichts. Damit tragen wir den Wünschen des Tiroler Landtages Rechnung, der einstimmig beschlossen hat, daß die Struktur der Maut so bleiben muß, wie sie derzeit ist. Die Tag-Nacht-Differenzierung muß bleiben, eine hohe Nachtmaut und die Differenzierung nach Verschmutzungsklassen müssen bleiben – dafür sind wir auch. Wir können also einfach gar nichts machen, dann bleibt das zunächst, und für den Fall, daß wir das Gerichtsverfahren gewinnen, bleibt es überhaupt. Wenn wir das Gerichtsverfahren jedoch nicht gewinnen, dann müssen wir es aufgeben und haben eine Rückfallsposition für die künftige Regelung auf 84 ECU – das ist ein "Riesenerfolg", den wir in dieser Form vorher nicht hatten. Weiters tragen wir dann das Risiko einer Schadenersatzzahlung an alle Frächter, die bis jetzt mehr gezahlt haben, als nach dem EU-Recht gerechtfertigt werden kann – wenn es diese Differenz gibt.

Wenn ich den Wert, den die Kommission als gerechtfertigt sieht, ansetze, dann sind das 1,5 Milliarden Schilling an Schadenersatzforderungen, und es stellt sich die Frage, ob das ein Risiko ist, für das Sie oder Ihr Kollege Farnleitner geradestehen wollen. Ich denke, wir sollten uns zumindest überlegen, welchen Weg wir da gehen. (Abg. Dr. Lukesch: Herr Bundesminister! Es muß der österreichischen Bundesverfassung entsprechen!)

Es gibt aber noch eine zweite Variante, Herr Abgeordneter Lukesch: die Möglichkeit einer eindeutigen und von der Kommission anerkannten wegekostenrichtlinienkonformen Lösung, die darin besteht, daß man im Unteren Inntal überhaupt nichts bemautet, sondern die Maut auf der Brenner-Strecke so stark reduziert, daß sie nach Ansicht der Kommission wegekostenrichtlinienkonform ist. Das ist möglich, aber das wird niemand in Tirol wollen, und ich halte es auch für falsch.

Die dritte Variante ist ein Stretching. Und in diesem Zusammenhang haben Sie gesagt, das werde bis zu 7 S kosten. – Das ist Unsinn! Entschuldigen Sie, das ist Unsinn, und das könnten Sie auch wissen. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Ich habe in der gestrigen Sitzung des Hauptausschusses – und in dieser waren Sie, wenn ich mich recht erinnere, auch anwesend – sehr deutlich gesagt, daß ein Teil der Wegekostenrichtlinienfixierung, die jetzt gegeben ist, darin besteht, daß Österreich die Freiheit eingeräumt wird, die Wegekosten nach Straßenbenützungsabgabe auf dieser Strecke nicht einzuheben, wobei aber gleichzeitig die Tagesgebühr – und das ist das, was die meisten in Anspruch nehmen – von 6 auf 8 ECU erhöht wird. Das heißt, wir können von dem Betrag, den die Kommission für angemessen hält, jedenfalls 110 S abziehen. Und wenn Sie dann zu rechnen anfangen, kommen Sie nie auf 6 bis 7 S.

Ich denke, wir sollten hier durchaus ernsthaft über die Sorgen, die die Tirolerinnen und Tiroler haben und die auch meine Sorgen sind, reden, aber wir sollten dabei realistisch sein und auch einigermaßen redlich darüber reden. Das würde ich mir auch vom Koalitionspartner erwarten. (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich zum Schluß noch etwas zum Thema Sicherheitsklausel sagen, weil schon mehrere Redner behauptet haben, daß wir da auf alles verzichtet haben: Alle, die das behauptet haben, wissen es besser, denn sie haben es auch schon im Hauptausschuß gehört. Sie sagen das heute hier nur noch einmal, damit es so ausschaut, als wäre dies ein ungeheuerlicher Verrat, den ich an Österreich begangen hätte.

Die Wahrheit ist, daß die Kommission die eindeutige Erklärung abgegeben hat, daß zumindest 200 000 LKW – "zumindest", nicht "höchstens"! – auf Basis dieses Übereinkommens aus Österreich hinausverlagert werden. Und ich habe Ihnen bereits den Hinweis gegeben, daß jene Verordnung aus dem Jahr 1990, die sich mit Krisen im Bereich des Güterverkehrs auf der Straße beschäftigt – es ist dies die Verordnung 3916/90/EG –, in Artikel 4 sehr klar festlegt, welcher Krisenmechanismus anzuwenden ist, wenn dieses Ziel nicht eingehalten wird. Das ist der Krisenmechanismus, der fixiert ist, das ist der Krisenmechanismus, der angewendet werden kann.

Österreich wurde also nicht verraten, sondern es wird dafür gearbeitet, daß erstens Maßnahmen ergriffen werden können und daß zweitens der Schutz der Betroffenen, in diesem Fall der Tiroler Bevölkerung, gewährleistet ist. – Das wollte ich zur Klarheit dazugesagt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Als nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

14.46

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja schon angesprochen worden, daß wir im Hauptausschuß darüber diskutiert haben. Es ist richtig: Ich habe im Hauptausschuß gesagt – ich kann es gerne noch einmal wiederholen –, daß ich keinen Erfolg in dem Verhandlungsergebnis von Brüssel sehe. Und wenn es irgend eines Anstoßes bedurft hätte, diese meine Meinung zu stärken, dann haben ihn die Debatte im Hauptausschuß und auch einige Redebeiträge, die heute hier gebracht wurden, geliefert.

Warum? – Ich möchte mit folgendem beginnen: Schon im Hauptausschuß ist der kindliche Stolz im Vordergrund gestanden, daß Österreich ein Ergebnis zustande gebracht hat – mehr oder weniger; fast egal, welches, aber man hat ein Ergebnis zustande gebracht –, obwohl eigentlich niemand mehr erwartet hatte – auch von den anderen Ländern niemand mehr –, daß man heuer noch zu einem Ergebnis kommt. Es drängt sich daher nicht zu Unrecht der Verdacht auf, daß man da ein Ergebnis schaffen wollte, um in der Bilanz über die österreichische Präsidentschaft wenigstens ein klares, eindeutiges Ergebnis vorweisen zu können, um sagen zu können: In dieser Frage haben wir die Verhandlungen zum Abschluß geführt.

Aber das ist nur ein formaler Vorwand, nur ein formaler Rahmen, und Sie übersehen und mißachten dabei, was der Preis dafür war. Der Preis dafür, daß Sie dieses Ergebnis vorweisen können, ist nicht nur, daß Sie innenpolitisches Kleingeld damit gemacht haben, sondern der Preis ist, daß Sie die Diskussion über die Kostenwahrheit auf europäischer Ebene damit wirklich ruhmlos beendet haben. Das ist der Punkt. (Beifall bei den Grünen.)

Denn jede Verlängerung – und das traue ich mich schon zu sagen – des provisorischen Zustandes hätte es wenigstens mit sich gebracht, daß in Europa über den Faktor Kostenwahrheit weiterdiskutiert hätte werden müssen, daß man sich den Kopf darüber zerbrechen hätte müssen. So aber sind Sie in der Situation, daß Sie versuchen, ein bestehendes System, das, was die Kosten betrifft, nur die reinen Infrastrukturkosten berücksichtigt, als etwas zu verkaufen, das über das, was Sie bisher gehabt haben, hinausgeht. (Abg. DDr. Niederwieser: Bei der Fixierung der Höhe der LKW-Maut muß man wieder darüber reden! Das ist nächstes Jahr!)

Die externen Kosten werden nicht berücksichtigt, es erfolgt keine Berücksichtigung der ökologischen und der sozialen Folgekosten, daher ist das keine Kostenwahrheit! Und das läuft eigentlich genau konträr zu dem, was der Bundesminister selbst ausgeführt hat. Denn genau dann, wenn es um die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene gehen sollte, müßten Sie eigentlich um Kostenwahrheit kämpfen, sonst hat die Schiene in Konkurrenz zur Straße nie eine Chance! Nie! (Beifall bei den Grünen.)

Aber das Gegenteil geschieht. Damit, daß Sie die Schweiz geradezu in die Knie gezwungen haben, haben Sie nur erreicht, daß der LKW-Verkehr in Europa wieder um einiges attraktiver geworden ist. Er ist attraktiver geworden, weil neue Routen durch die Schweiz eröffnet werden. Er ist attraktiver geworden, weil diese Route kürzer ist als die bisherige Route. Er ist attraktiver geworden, weil diese Route billiger ist – das war eine Ihrer Bedingungen bei den Verhandlungen. (Abg. DDr. Niederwieser: Sie haben das Abkommen nicht gelesen! Sie können das nicht gelesen haben, was das ausmacht, sonst könnten Sie so etwas nicht behaupten!) Sie haben damit erreicht, daß der LKW-Verkehr in Europa attraktiver geworden ist. Sie haben erreicht, daß die Schweiz in die Knie gezwungen wurde – zu einem sehr hohen Preis. (Abg. DDr. Niederwieser: Glauben Sie, daß die Schweiz zwei Tunnels baut, um sie leerstehen zu lassen?!) Es geht ja dabei natürlich um mehr als nur eine österreichische Lösung, es geht um eine Lösung der Alpenländer. Es geht um eine gesamtökologische, gesamtverkehrspolitische Lösung. Und die haben Sie verkauft! (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben sie noch dazu sehr billig verkauft, und das schmerzt umso mehr. Sie haben sie auch deswegen billig verkauft, weil – und diesbezüglich stimmen Ihre Einwände nicht, Herr Bundesminister – mit dem Auslaufen des Transitvertrages, mit dem Auslaufen des Ökopunktesystems etwas auf uns zukommt, das wir heute noch gar nicht ermessen können, auch im Hinblick auf die Osterweiterung der Europäischen Union.

Sie müssen sich vor Augen halten, daß die tatsächliche Verkehrsbelastung im Osten Österreichs eine vielfache ist. Daß wir über Tirol reden, weil dort besondere geographische Bedingungen vorherrschen und ein besonders sensibler ökologischer Raum betroffen ist, ist klar, aber wir haben auf der anderen Seite auch eine Region in Österreich, in Europa, die um ein Vielfaches betroffen ist. Mit dem Auslaufen des Ökopunktesystems reißt man genau dort eine Wunde auf, und das versuchen Sie jetzt zu bagatellisieren, indem Sie auf Verordnungen verweisen, die in keiner Weise einen Ersatz darstellen für das, was wir bisher mit der Plafondierung und den Sicherheitsregelungen gehabt haben.

Sie begründen das Ganze damit – damit komme ich schon zu meinen Schlußworten –, daß Sie sagen: Jetzt haben wir die Klage beim Europäischen Gerichtshof vom Hals. – Das mag das einzige wirklich Positive an Ihrem Verhandlungsergebnis sein, wenn man nicht berücksichtigt, daß wir das auch schon früher haben hätten können, daß es das Angebot aus Brüssel gab, daß diese Klage fallengelassen wird, wenn wir bereit sind, die Mautstrecke zu stretchen, wenn wir bereit sind, zuzustimmen, daß die Mautstrecke von Kufstein bis zum Brenner geht. Das hätten wir bereits früher haben können, wenn wir zugestimmt hätten.

Das bedeutet, Sie hätten diese Klage in Brüssel sehr wohl vermeiden können und Sie hätten innerhalb Europas über die Kostenwahrheit weiterverhandeln können. Sie hätten weiterverhandeln können über eine tatsächliche Alternative, die Sie jetzt nicht haben. Sie haben eigentlich nur ein altes Angebot aus Brüssel aufgegriffen und versuchen jetzt, das den Österreicherinnen und Österreichern, den Tirolern und Tirolerinnen als Erfolg zu verkaufen, was einfach nicht stimmt. (Beifall bei den Grünen.)

Abschließend möchte ich noch einmal auf die Alternative Schiene zurückkommen: Solange Sie nicht erreichen, daß die Schiene eine wirklich leistungsfähige, kundenorientierte, wettbewerbsfähige Alternative ist, die ihre Kosten nach dem Verursacherprinzip richtet, so lange sind all Ihre schönen Graphiken Makulatur und werden nicht Realität werden.

Übrigens: Die 200 000 sind gerade der Zuwachs der letzten beiden Jahre, und Sie versuchen jetzt, uns das als ein Loswerden von Verkehr zu verkaufen, was so einfach nicht stimmt. (Abg. DDr. Niederwieser: Seit 1992! Sechs Jahre!)

Sie setzen, was die Bahn betrifft, viel zu wenige, viel zu zaghafte, viel zuwenig entschlossene Schritte. Es fehlt bis heute das Rahmenkonzept, das für eine Liberalisierung der Bahn notwendig wäre. Wir sind dafür, daß bei der Bahn Wettbewerb einkehrt – wir sehen, daß es so nicht weitergehen kann –, unter Rahmenbedingungen, die die Beschäftigten berücksichtigen, die verkehrspolitischen Lösungen auf der Schiene den absoluten Vorrang geben, die die Kundenorientierung weiter als notwendig erachten. Über diese Rahmenbedingungen müssen wir diskutieren.

Der Semmering-Basistunnel ist nur ein Beispiel dafür, daß sich die Bundesregierung nicht an ihre eigenen Beschlüsse hält und daß mit zweierlei Maß gemessen wird, wenn es um Straßenbauvorhaben und Eisenbahnvorhaben geht. Ich würde mir wünschen, daß die strengen Kriterien – die zu Recht strengen Kriterien – genauso, wenn nicht noch strenger bei Straßenbauvorhaben angewendet werden würden, bis man zu den tatsächlichen Verursacherkosten kommt! Dann könnte es vielleicht wirklich zu einer Verlagerung des Verkehrs kommen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Koppler.)

14.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Seidinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. Es ist dann zugleich auch 15 Uhr, und da müßte ich Sie sowieso unterbrechen. – Bitte.

14.55

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Dem, was Frau Abgeordnete Kammerlander zum Schluß gesagt hat, kann ich fast zustimmen. Denn die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene – unter gewissen Rahmenbedingungen – findet unsere Zustimmung. Und ich meine, daß gerade der EU-Ministerratsgipfel, der sich mit dem Transitabkommen und mit Tirol beschäftigt hat, wegweisend sein kann.

Lassen Sie mich in diesen wenigen Minuten nur auf ein paar Facetten der heutigen Debatte eingehen und in den Vordergrund den Semmering-Basistunnel stellen.

Wir haben vor einiger Zeit den Sonderbericht des Rechnungshofes bekommen. Präsident Fiedler hat gleich einen Baustopp und auch anderes verlangt. Ich habe dies als anmaßend empfunden, nämlich deswegen, weil so getan wird, als irrte der Rechnungshof nie.

Er hat zum Beispiel neun Jahre lang gegen Generaldirektor Talirz bei Gericht gekämpft, und nach diesen neun Jahren ist Generaldirektor Talirz in allen Punkten, die ihm vom Rechnungshof vorgeworfen worden waren und deren er angeklagt war, freigesprochen worden.

Ich denke etwa an den Plabutsch-Tunnel in Graz. Vor 15 Jahren hat der Rechnungshof gehöhnt, daß man einen Berg immer nur quer durchfährt und nie der Länge nach und daß das Verkehrsaufkommen nicht stimmen wird. Jetzt sind wir beim Plabutsch-Tunnel so weit, daß man unbedingt eine zweite Röhre bauen muß.

Die Daten zum Semmering-Tunnel möchte ich jetzt nicht wiederholen, sie sind bekannt, sondern nur einige wenige Punkte bringen.

Was ist mit dem Wasser? – Beim Bahntunnel tut man so, als wäre das die größte Katastrophe, aber beim Straßentunnel redet man darüber nicht. Und anscheinend weiß man auch gar nicht, daß beim Durchschlag des Stollens durch die Schneealm für die Wiener Hochquellenwasserleitung ein zusätzlicher Wassereinbruch von 440 Liter pro Sekunde erfolgt ist. Die sind sehr wohl sehr willkommen aufgenommen worden. Ich könnte mir vorstellen, daß dies auch der Fall sein könnte, wenn es beim Bahntunnel dazu käme.

Es hat eine Expertenkommission getagt. Und im Zusammenhang mit dieser Expertenkommission hat es im Lande Steiermark heftigen Streit gegeben, weil ein Experte, Herr Professor Riessberger, TU Graz, gegen den Willen der Steiermärkischen Landesregierung entsandt wurde und er anscheinend letztendlich einer Lösung zugestimmt hat, bei der die Steiermark und natürlich auch Kärnten umfahren worden wären.

Dort ist die Frage aufgetaucht: Welche Alternativen haben wir zum Semmering-Basistunnel? – Die Süd-Ost-Spange ist gleich verworfen worden. Mit der Aspang-Bahn soll jeder, der meint, daß man sie innerhalb kurzer Zeit ausbauen kann, einmal fahren. Die ungarische Flachbahn, die ich zuerst mit der Umfahrung gemeint habe, sollte die das Ziel sein? Sollte es das Ziel der österreichischen Verkehrspolitik sein, Wirtschaftsräume zu umfahren? Ich glaube, das ist wohl das Letzte, das man sich dort vorstellen könnte.

Zum vielgepriesenen aber genauso heftig umstrittenen Pendolino: Die Schweiz ist in den Gebirgsstrecken wieder davon abgekommen, weil man gesehen hat, daß man bei niedriger Geschwindigkeit nicht damit fahren kann, da die Leute das nicht aushalten, weil ihnen schlecht wird und dergleichen. Er ist einfach ein untaugliches Mittel.

Interessanterweise ist der Vorsitzende dieser Expertenkommission ein Schweizer, nämlich der Schweizer Professor Brändli, und dieser sagt, daß der Tunnel sofort gebaut werden müßte und daß es keine Alternativen dazu gibt. – Also bitte, worauf warten wir, worauf sollten wir uns noch einlassen? (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Der steirische Landtag hat sich am 28. September in einer Sondersitzung mit dem Semmering-Tunnel beschäftigt. Es hat unterschiedliche Stellungnahmen gegeben, aber interessanterweise haben am Ende alle zugestimmt, auch die Freunde von der grünen Fraktion. Der Bruder von Wabl, der Martin, und die Klubobfrau Zitz, auch – Kollege Barmüller ist nicht herinnen – Brünner, von den Freiheitlichen Frau Bleckmann und der jetzige Vizepräsident des Landtages, Vesko, sie alle haben dem zugestimmt. Von jenen von der ÖVP und von der SPÖ brauche ich das, glaube ich, nicht zu betonen, das werden Sie ohnedies wissen. Aber ich stelle die Frage: Wie verhalten sich manche in einem Bundesland hinter dem Semmering und wie in einem vor dem Semmering? – Kollegen Schöggl sehe ich auch nicht. Es wäre sehr interessant für mich zu sehen, wie er sich in dieser Materie verhält.

Wie kommen wir aus dieser Misere wieder heraus? – Ein Vorschlag ist, auf bundesgesetzlicher Ebene eine Möglichkeit zu schaffen, das Ganze wieder in die Politik zurückzuholen, um es nicht den Gerichtshöfen und den Experten allein zu überlassen. Man müßte sagen, daß überregional bedeutsame Bauvorhaben, die noch dazu im Transeuropäischen Netz als solche verankert sind, Vorrang vor kleinen – ich möchte es so sagen –, regional bedingten Verhältnissen haben.

Ich glaube, ich brauche nichts mehr zu dem zu sagen, was die Schweizer in einer Volksabstimmung vor kurzem zum Ausdruck gebracht haben. Österreich könnte sich ein Beispiel daran nehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Wie bereits angekündigt, unterbreche ich jetzt die Debatte zum Punkt 2 der Tagesordnung, da wir um 15 Uhr mit einigen Kurzdebatten beginnen müssen.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4554/AB

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen zuerst zu einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4554/AB des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten. Diese Anfragebeantwortung ist im Saal verteilt worden, eine Verlesung erübrigt sich daher.

Wir beginnen mit der Debatte.

Ich rufe noch einmal kurz die Bestimmungen der Geschäftsordnung über die Redezeiten in Erinnerung: Der Erstredner hat 10 Minuten für die Begründung, alle anderen haben 5 Minuten Redezeit. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung beziehungsweise Staatssekretären sollen die Dauer von 10 Minuten nicht überschreiten.

Ich erteile jetzt als erstem Redner Herrn Mag. Johann Ewald Stadler das Wort. – Herr Abgeordneter, Ihnen steht eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

15.01

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Staatssekretärin, Sie können sich vorstellen, warum wir heute diese Anfragebeantwortung Ihres Ministers diskutieren lassen wollen. (Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner spricht mit einem an der Regierungsbank stehenden Abgeordneten.) – Frau Staatssekretärin! Ich bin gerne bereit, auch meine Rede zu unterbrechen, bis Sie Ihre Konsultationen beendet haben.

Sie werden in Frage 2 von den Anfragestellern Hlavac und GenossInnen gefragt, wie Sie sicherstellen wollen, daß Hilfsgütertransporte – es gab damals auch entsprechende Hinweise, was den Sudan anlangt –, insbesondere Lebensmittel- und Medikamententransporte, tatsächlich den Hungernden im Sudan zugute kommen, das heißt also, daß das, was das Ministerium an zusätzlichen Leistungen für karitative Organisationen erbringt, auch tatsächlich bei den Hilfesuchenden ankommt.

Sie wissen, daß in Ihrer eigenen Partei ein Fall aufgetreten ist, wonach eine derartige Organisation, die ebenfalls von Ihrem Ministerium gefördert wurde, auch in Afrika Projekte betrieben hat, entsprechende Hilfsprojekte forciert hat, die von Ihrem Ministerium gefördert wurden. Jedenfalls hat das gestern als Presseaussendung Ihr Klubobmann Dr. Khol in der Präsidialkonferenz verteilen lassen, um damit zu rechtfertigen, daß sich Ihr Vizekanzler heute nicht zu einer Erklärung vor dem Hohen Haus bequemt, wie das alles wirklich war, was in den Tageszeitungen zu lesen ist. Denn es ist eine massive Verunsicherung unter den Spendern dieses Landes – und die Österreicher gehören zu den größten und spendenfreudigsten Europäern – eingetreten nach dem, was in Ihrer Partei mit Spendengeldern passiert ist, Frau Staatssekretärin! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Er war also nicht bereit, vor dem Hohen Haus eine Erklärung abzugeben. Sie haben heute die etwas unangenehme Aufgabe ... (Abg. Rosemarie Bauer: Sie verwechseln das mit dem Rosenstingl!) Auf diesen Zwischenruf habe ich ja geradezu gewartet! Frau Kollegin Bauer, ich werde Ihnen einmal etwas sagen: Vor einigen Monaten haben Ihre Redner alle zusammen Ihre Sprechwerkzeuge recht weit aufgerissen, als es um den Herrn Rosenstingl ging. Jetzt sind Sie gefordert, die gleiche Sauberkeit in Ihrer Partei walten zu lassen, die wir Ihnen vorgegeben haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Rosemarie Bauer: Zur Sauberkeit haben wir euch zwingen müssen!)

Ich habe Ihnen damals gesagt, Frau Bauer, daß Sie schneller eingeholt werden, als Sie glauben. Heute ist es soweit! Ich habe Ihnen gesagt, wir legen Ihnen moralische Standards vor, die zu überspringen Sie nicht in der Lage sein werden. (Ironische Heiterkeit der Abg. Tichy-Schreder.) Frau Kollegin Tichy-Schreder! Ihr verzweifeltes Gesicht verstehe ich ja, aber Sie sollten sich heute an moralischen Maßstäben anderer Parteien orientieren. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Dann wird nämlich Herr Habsburg unerträglich sein in Ihrer Partei! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich höre ja, daß Sie "Kaiserliche Hoheit" schon wieder aufstellen wollen fürs Europaparlament, weil Sie keine besseren Kandidaten haben. Das ist aber nicht der beste Kandidat, meine Damen und Herren! Sie sollten sich einmal anschauen, wie "Kaiserliche Hoheit" in der Vergangenheit mit Spendengeldern hantiert hat! Wissen Sie, dieser Herr Krones ist uns wohlbekannt. Er hat seinerzeit versucht, Frau Rauch-Kallat, uns dafür zu verwenden, daß er bei Ihnen einen Listenplatz für Herrn Habsburg ergattern kann. (Zwischenruf des Abg. Eder.) Es war so! Das kann ich belegen.

Er hat sich also angeboten und gemeint, er hätte gern einen Listenplatz. Und nachdem er dann damit bei der ÖVP hausieren gegangen ist, hat er bei der ÖVP einen Listenplatz bekommen. Ansonsten hätte er wahrscheinlich gar keinen Listenplatz bekommen. Sie haben gedacht, wenn die Freiheitlichen mit ihm Gespräche führen, dann muß er ein guter Kandidat sein – und haben ihn sofort auf die Liste gesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Da haben Sie sich getäuscht beim Herrn Habsburg! Er hat nicht nur uns hereingelegt, sondern auch Sie – wenn Sie das zur Kenntnis nehmen wollen! Denn so unschuldig, wie er tut, und so blauäugig – nur weil er blaublütig ist –, wie er tut, ist er nicht, Frau Kollegin Rauch-Kallat. Er hat mit den Aktionen, die in seinem eigenen Umfeld, in einem Verein, dem er selbst angehört hat, passiert sind, ein Klima in diesem Lande geschaffen, das die Menschen davon abhält, wirklich gute karitative Projekte zu fördern. Und das halte ich für einen Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

An diesem Skandal, Frau Rauch-Kallat, nagen Sie. Das ist das Problem des Falles Habsburg/Krones-Taurer. Das ist das Problem dabei: nicht diese Beträge, die jetzt über Treuhandkonten zurückerstattet werden, sondern daß er die Spender dieses Landes verunsichert und damit die karitativen Organisationen dieses Landes geschädigt hat!

Und dann ist der Herr Vizekanzler und Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten nicht einmal bereit, vor dem Haus zu erklären, was wirklich war, um die Spender dieses Landes zu beruhigen. Nein, er geht auf Tauchstation – wie er bei allen Problemen in seiner Partei derzeit auf Tauchstation ist. Im ÖVP-Klub geht es drunter und drüber – der Herr Vizekanzler ist nicht da! Die steirische ÖVP will sich abspalten – der Herr Vizekanzler ist nicht da! Die Spender dieses Landes werden verunsichert – der Herr Vizekanzler ist nicht da! (Abg. Rauch-Kallat: Ist das zum Sudan, Herr Präsident? – Abg. Dr. Khol: Zur Sache!) Aber ich bin doch bei der Sache, Herr Khol!

Wenn wir Ihnen das nicht heute als Diskussion im Hohen Haus aufzwingen, dann wollen Sie das doch nur durchtauchen. (Abg. Rauch-Kallat: Sudan!) Ihnen ist die Verunsicherung der Spender für die Ärmsten der Armen dieser Welt egal. Ihnen geht es nur um die Rettung des Mandates des Herrn Habsburg, meine Damen und Herren! Und das halte ich für unglaublich und ungehörig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und dann schaue ich mir diesen Brief an, den er sich aus Spendengeldern hat zahlen lassen. – Ich weiß nicht, Frau Staatssekretärin, kennen Sie diesen Brief? (Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner: Nein!) – Ah, Sie kennen ihn nicht. Ihnen hat er keinen Brief geschickt. Dann lese ich Ihnen ein paar Passagen daraus vor. Er bietet sich als qualifizierter und engagierter Abgeordneter "für unsere Heimat im Europaparlament" an:

"Ohne Ihre Mitarbeit und Ihre Unterstützung wird es nicht gelingen, ein Europa zu bauen, das uns vorschwebt, ein Europa, in dem Wertvorstellungen, die auf einem christlichen Fundament fußen, wieder Maßstab werden."

Und gleichzeitig lassen wir das dann aus Spendengeldern bezahlen, die für die armen Kinder in Afrika gedacht waren! Das ist das Wertebewußtsein des Herrn Habsburg! (Zwischenruf des Abg. Eder.)

Frau Staatssekretärin! Was sagen Sie dazu? Sie fördern diese Vereinigung, und jetzt gehen Ihre Partei und Ihr eigener Minister auf Tauchstation! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann wird weitergeworben. Noch einmal: bezahlt aus Geldern, die für hungernde Kinder gedacht waren! Dann wird weitergeworben: Ich – man muß dann eine Allonge ausfüllen: Name, Adresse – bin bereit, an den Aktivitäten für die Europawahlen am 13. Oktober 1996 mitzuarbeiten und bitte um entsprechende Wahlkampfplanung und Kontaktaufnahme. Bankverbindung: Schoeller Bank, Bankkontonummer.

Meine Damen und Herren! So wird gearbeitet bei Ihnen! Und das mit Spendengeldern, die für die Ärmsten der Armen sind! Das halte ich, gelinde gesagt, für schäbig! Und wenn jemand, der bestimmte Wertvorstellungen behauptet, nicht den Anstand hat, zurückzutreten, dann ist es Aufgabe Ihrer Partei, dafür zu sorgen, daß dieser Rücktritt auch tatsächlich stattfindet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben, um zu verhindern, daß die Menschen in diesem Land, weil es solche Vorkommnisse gibt, Mißtrauen gegenüber karitativen Organisationen haben, gesagt – und das haben die beiden anderen Oppositionsfraktionen mitgetragen –, daß wir eine entsprechende Überprüfung in einem Unterausschuß des Rechnungshofausschusses verlangen, und haben heute einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Sie werden um die Klärung der Vorgänge nicht herumkommen, Frau Staatssekretärin. Richten Sie das Ihrem Vizekanzler ruhig aus! (Zwischenbemerkung von Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner.)

Das, was Sie bisher geliefert haben, ist eine Presseaussendung, die zudem noch so "verhatscht" ist, daß sie auch noch grammatikalisch falsch ist. Ich weiß nicht: Haben Sie diese Presseaussendung abgezeichnet, die Ihr Mitarbeiter hinausgehen hat lassen? Haben Sie sie abgezeichnet, oder haben Sie sie nie gesehen? (Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner: Nein, weil ich im Flugzeug war!) Ah, Sie waren im Flugzeug. Sie wissen gar nicht, was unter Ihrem Namen alles ausgesendet wird. Das ist auch bezeichnend für den Umgang mit diesem Skandal, meine Damen und Herren!

Da heißt es – ich lese Ihnen das einmal vor; Sie sollten Ihrem Pressesekretär ein bißchen auf die Finger schauen –:

Wie die Staatssekretärin dürften auch die Mißstände nach derzeitiger Informationslage den Bereich der privaten Spenden betreffen. – Also, Frau Staatssekretärin, Sie werden auf eine Stufe gestellt mit den Mißständen in Ihrer Partei. (Abg. Tichy-Schreder: Herr Mag. Stadler! – Zwischenbemerkung von Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner.)

Ich will Ihnen nur zeigen, wie liederlich Sie umgehen mit diesem Skandal! Sie halten die Anstandsregeln nicht ein, die im politischen Leben zu gelten haben. Sie gehen mit einem Skandal so um, daß Sie nur vertuschen wollen, um Ihre Leute zu schützen, während die Bürger draußen in ihrer Spendentätigkeit verunsichert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Tichy-Schreder: Immer die, die von Anstand sprechen, haben es notwendig!)

Weil Sie von Anstand sprechen, Frau Tichy-Schreder, möchte ich Sie auffordern: Reden Sie einmal zum Thema Anstand! Sie reden ja so selten. Sie haben heute dazu Gelegenheit. Es würde mich interessieren, was Sie da dem Herrn Stad... (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), dem Herrn Habsburg alles ins Stammbuch schreiben würden. Das würde mich einmal interessieren, Frau Tichy-Schreder! Wenn Sie den Mund im Zusammenhang mit "Anstand" voll nehmen, dann erklären Sie mir einmal, welcher "Anstand" das ist, Kindern, die hungern in der Welt, Gelder wegzunehmen, damit jemand, der eine Millionärin geehelicht hat, seinen Wahlkampf finanzieren kann! Erklären Sie mir einmal, was das mit Anstand zu tun hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da brauchen Sie nicht den Kopf zu schütteln! Sorgen Sie für einen Rücktritt in Ihren Reihen, dann können wir wieder weiterreden über Anstand! Sie haben die moralische Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß der Skandal lückenlos aufgeklärt wird, damit die Menschen in unserem Land wieder Sicherheit haben. Wer mit Spendengeldern umgeht, wer Spendengelder kassiert, muß auch dafür Sorge tragen, daß sie dort landen, wofür sie gesammelt werden, nämlich bei den Ärmsten der Armen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber, Herr Kollege Khol, regen Sie sich nicht auf! Sie haben schon den nächsten Skandal zu bewältigen. Es geht ja bei Ihnen in der Partei munter weiter. In Niederösterreich stellte sich nämlich heraus, daß der Sekretär eines ÖVP-Landesrates in den Riegerbank-Skandal verwickelt ist. Wo aber ist die ÖVP? – Sie geht auf Tauchstation. (Abg. Rauch-Kallat: Rosenstingl, Gratzer!) Frau Rauch-Kallat! Ich weiß schon, das ist das einzige Wort, das Sie gelernt haben. Sie gelten allgemein – das richtet einem jeder Schwarze hinter vorgehaltener Hand aus – als eine der schwächsten Generalsekretärinnen, die es jemals gegeben hat. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.) Sanieren Sie diese Fälle zuerst, Frau Rauch-Kallat! Sanieren Sie Fälle wie Gabmann, sanieren Sie Fälle wie Habsburg! Dann können wir über Anstand in Ihrer Partei weiterreden – vorher nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist Ihre moralische Verantwortung! Diese mahne ich heute ein. Erst dann dürfen Sie wieder wichtig Zwischenrufe machen, die Ihnen derzeit gar nicht anstehen, Frau Kollegin Rauch-Kallat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Frau Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner zu Wort gemeldet. Frau Staatssekretärin! Wir haben die Empfehlung, daß auch Wortmeldungen von der Regierungsbank aus 10 Minuten in etwa nicht überschreiten sollen. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Wir haben eine Geschäftsordnung, daß man zur Sache reden soll!)

15.12

Staatssekretärin im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Maria Ferrero-Waldner: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Zuerst möchte ich doch sagen, daß trotz des Verlangens auf Abhaltung einer Anfragebesprechung der Gegenstand der parlamentarische Anfrage, nämlich die politische und humanitäre Lage im Sudan, nicht im Mittelpunkt Ihrer Ausführungen stand. Aber ich finde es nichtsdestotrotz erfreulich, daß dieses Thema hier ansteht, und ich nehme die Gelegenheit wahr, auch über dieses Thema kurz zu sprechen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Weniger Hilflosigkeit ...!) – Ich bin keineswegs hilflos.

Sie haben die Frage gestellt: Wie können Hilfslieferungen tatsächlich den Ärmsten der Armen im Südsudan zugute kommen? Das kann ich Ihnen sagen. Wir haben während der österreichischen Präsidentschaft eine Reihe von Initiativen gesetzt. Die erste war das erste Mal eine humanitäre Troika-Mission unter Leitung der österreichischen Präsidentschaft in diese Gebiete, die natürlich auch die politische Frage angesprochen hat, das heißt, sowohl Gespräche mit der SPLA in Kenia als auch Gespräche mit der Regierung in Khartum geführt hat. Was haben wir dabei erreichen können? (Unruhe bei den Freiheitlichen.) – Ich hoffe, Sie hören mir zu. Sie wollten ja auch, daß ich Ihnen zuhöre. (Beifall bei der ÖVP.)

Was haben wir dabei erreichen können? Das wollten Sie ja wissen. Wir konnten erreichen, daß erstens der Waffenstillstand bis Januar verlängert wurde, was eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, daß die humanitären Hilfen und Lebensmittelhilfslieferungen überhaupt hinkamen. Zweitens: Wir haben uns weiters darum bemüht, die Lufttransporte zu verstärken, die vorläufig die einzige Möglichkeit waren, Hilfe zu leisten. Drittens: Es ist bei einem Sondertreffen der sogenannten IGAD Partner Forum-Mitglieder in Rom am 17. und 18. November gelungen, die drei Parteien an einen Tisch zu bringen, zum ersten Mal die SPLA und die Regierung in Khartum. Und dabei wurde vereinbart, technische Abkommen zu schließen, die auch Hilfslieferungen auf anderen Wegen, nämlich auf der Schiene, auf dem Boot und auf der Straße, zulassen, was bisher unmöglich war. Ich möchte sagen, daß das ein großer Fortschritt ist, ganz abgesehen von der politischen Weiterentwicklung der Lösung im Sudan. (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus: Ich selbst habe während der Generalversammlung in New York den Außenminister des Sudan getroffen und habe mit ihm weitere Möglichkeiten besprochen, auf dem Weg einer politischen Lösung voranzukommen, weil ... (Abg. Mag. Stadler: Super World Vision!) – Warten Sie, ich komme schon noch zu "World Vision". Ich werde Ihnen auch darauf Antwort geben. Ich habe keine Angst vor Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zum Thema "World Vision" wurde am 27. November eine parlamentarische Anfrage an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten gerichtet. Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten wird diese Anfrage selbstverständlich innerhalb der geschäftsordnungsmäßigen Frist beantworten. Aber wenn es Ihr Wunsch ist, Herr Präsident, gehe ich trotzdem gerne auch auf jene Vorwürfe ein, die an das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten gerichtet sind.

Hohes Haus! Wir bemühen uns seit drei Jahren – und ich bemühe mich ganz besonders –, Kofinanzierungen privater Organisationen mit zu fördern. Warum? – Weil ich immer dafür bin, daß man private Spendentätigkeit grundsätzlich fördern muß. Und das, glaube ich, müßte auch Ihr richtiger Ansatz sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Regelung, die ich hier festgehalten und längst auch im Parlament präsentiert habe, heißt, daß wir einen Zuschuß zu den Eigenmitteln geben. Handelt es sich um ein Schwerpunktland, dann ist ein Zuschuß bis zu 75 Prozent möglich, handelt es sich um ein Nichtschwerpunktland, dann einer bis zu 35 Prozent. Normalerweise wird pro Projekt und Jahr aber nicht mehr als 1 Million Schilling zugeschossen. – Das ist einmal das Prinzip.

Die Beratung der Projektwerber, die Aufbereitung der Anträge, die Abwicklung der Projektfinanzierung und die Abrechnung erfolgen durch die Österreichische Kommunalkredit AG. Die Auswahl der Projekte – hören Sie bitte gut zu! – erfolgt durch eine sechsköpfige Kommission im Außenministerium. (Abg. Mag. Stadler: Jetzt sind die Beamten schuld!) Eine begleitende Kontrolle ist – hören Sie zu! – in den Schwerpunktländern auch durch unsere Regionalbüros gegeben. Bisher wurden insgesamt 50 Projekte allgemeiner Natur in diesem Kofinanzierungsprogramm finanziert.

Was nun die Projekte von "World Vision" betrifft: Hier gibt es zwei Projekte, die wir kofinanziert haben, eines in Zaire, und zwar ein Landwirtschaftsprojekt zur Nahrungsmittelproduktion. Der Beitrag des Außenministeriums beträgt 1 035 650 S. Bisher sind 930 650 S angewiesen worden, davon abgerechnet in Belegen per 31. August 1998 (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler– hören Sie zu! (Abg. Mag. Stadler: Sie lesen Ihre Presseaussendung!) – 408 876,86 S. Das war Ihnen ja zuwenig. Darum hören Sie noch einmal zu! Als abzurechnender Betrag bleiben noch 521 773,14 S. (Abg. Mag. Stadler: Eine halbe Million fehlt noch!) Warten Sie doch! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wollen Sie zuhören? Wollen Sie eine Antwort haben? (Abg. Tichy-Schreder – in Richtung Freiheitliche –: Hören Sie einmal zu! – Abg. Mag. Stadler: Ich kenne Ihre Presseaussendung!) Dann brauchen Sie mich ohnehin nicht. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Das Projekt Mosambik: ein Landwirtschafts- und Ernährungssicherungsprogramm im Norden der Provinz Sofala. Mosambik ist ein Schwerpunktland, dort haben wir mehr gefördert, dort ist der Beitrag des Außenministeriums zweimal eine Million gewesen. Das war 1997 und 1998. Das sind, bitte, 54,3 Prozent der Projektsumme. Bisher angewiesen wurden 800 000 S, bisher belegmäßig abgerechnet für den Anteil des BMA 574 126,42 S. Das heißt, abzurechnender Betrag: 225 873,58 S. In beiden Fällen wurden die Mittel über getrennte Konten geführt. Die Abrechnung ist ordnungsgemäß. Das Projekt in Mosambik wurde durch unseren Regionalkoordinator zweimal überprüft.

"World Vision Austria" wurde sofort von uns aufgefordert, die noch abzurechnenden Beträge in der Höhe von knapp 750 000 S auf ein Treuhandkonto einzuzahlen und alle weiteren Zahlungen und Zahlungsverpflichtungen vorläufig einzustellen. Ich erwarte die Überweisung des Geldes auf dieses Treuhandkonto nächste Woche. (Abg. Dr. Krüger: Da ist mehr ausgezahlt worden als abgerechnet!) Das ist ja immer so. Sie müssen sich erst einmal damit vertraut machen, wie Entwicklungszusammenarbeitsprojekte laufen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wollen Sie noch eine Antwort hören? – Wenn möglich sollen die Projekte im Interesse der Zielgruppen ordnungsgemäß weitergeführt werden, sobald eine vertrauenswürdige Nachfolgeorganisation gefunden werden kann. Gerade hinsichtlich des Projektes in Mosambik muß ich sagen, daß es sich um ein sehr erfolgreiches und gut laufendes Projekt handelt. Es wäre schade, wenn wir dieses nicht weiterführen könnten.

Hohes Haus! Die Reform des geltenden Entwicklungszusammenarbeitsgesetzes ist mir, aber auch dem Parlament ein Anliegen, das wir noch in dieser Legislaturperiode verwirklichen wollen. Ab Jänner möchte ich mich ganz besonders mit diesem Projekt beschäftigen. (Beifall bei der ÖVP.) Ich habe jetzt noch mit der EU-Präsidentschaft zu tun.

Die Frage des privaten Engagements, die Frage der Rolle von NGOs im Rahmen der staatlichen Entwicklungskooperation sind Anliegen, die seit langem diskutiert werden und die natürlich vor allem den NGOs besonders wichtig sind. Die Kontrolle der Verwendung von Spendengeldern ist ein Anliegen, das jetzt ganz besondere Aktualität erhalten hat. Das wird sicherlich – das können Sie mir glauben – eingehend diskutiert werden, und wir werden prüfen, ob und wie man da eine Art Gütesiegel verwirklichen kann, denn auch mir ist es ein Anliegen, daß jene Gelder, die den entsprechenden Projekten zufolge vom Außenministerium für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung gestellt werden, selbstverständlich effizient und korrekt abgerechnet werden. Das war auch immer mein Anliegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nach der jetzigen Informationslage darf ich Ihnen noch einmal sagen, daß die Mißbräuche den Bereich der privaten Spenden betreffen dürften, da es dafür eben in Österreich noch kein Gütesiegel oder etwas Ähnliches gibt. Was die öffentlichen Gelder betrifft, kann ich jedenfalls derzeit – so wie die Prüfungen derzeit sind – ausschließen, daß Beträge weitergelaufen sind. Wir werden uns nach Abschluß der Prüfung das Projekt noch einmal anschauen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Wo sind die Belege? – Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner: Die können Sie haben! – Abg. Mag. Stadler: Wirklich wahr? – Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner: Na sicher!)

15.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

15.23

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es ist bezeichnend für diese Debatte, daß Frau Generalsekretärin Rauch-Kallat ihre um Argumente ringende Staatssekretärin im Regen stehen läßt und sich von der Rednerliste hat streichen lassen (Abg. Rauch-Kallat: Kommt schon wieder!), weil sie offenbar in dieser Frage kein Argument mehr hat, weil sie sich offenbar mit dieser Frage nicht befassen will, wobei es uns eigentlich nur um ein Anliegen geht. (Abg. Schwarzenberger: Sie kann sich ja noch nachmelden! – Abg. Rauch-Kallat: Ich kann mich ja noch nachmelden!)

Sie hat sich streichen lassen, weil sie sich in Wirklichkeit in der Habsburg-Geschichte nicht die Finger verbrennen will (Beifall bei den Freiheitlichen), die peinlich genug ist für Sie, meine Damen und Herren. Es geht hier nämlich um ein Anliegen. (Abg. Rauch-Kallat: Ich wollte Sie auflaufen lassen! Wieso hat sich Ihr Herr Graf streichen lassen?) – Frau Generalsekretärin! Sie sind noch immer zum Lächeln aufgelegt. Uns vergeht das Lächeln, wenn man von der Staatsanwaltschaft hört, daß es bereits um 20 Millionen Schilling nachweisbarer Veruntreuungen geht. Und wir werden jetzt einmal darüber reden. (Abg. Rauch-Kallat: ... über den Rosenstingl auch ...!) – Wir werden hier darüber genauso wie über den Fall Rosenstingl auch reden, aber Sie haben nicht die Bereitschaft, das zu tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht um ein Anliegen, das weit über den Anlaßfall hinausgeht. Es geht um die Frage – das ist auch in dieser hier zu besprechenden Anfragebeantwortung zum Ausdruck gekommen –: Was geschieht denn wirklich mit all diesen Hilfstransporten und mit diesen Hilfsaktionen? Es ist egal, ob das jetzt die Frage der Hilfsgütertransporte nach Mosambik ist, oder ob das die Frage der Osthilfe ist, über die der Rechnungshof ein vernichtendes Urteil gefällt hat und sich die Bundesregierung seit Jahren weigert, entsprechende gesetzliche Grundlagen zu schaffen, um das überhaupt kontrollieren zu können. Da hängt die ganze Bau-Mafia, die rote Bau-Mafia, die da abgezockt hat, mit drinnen, und bis zur Stunde sind Schäden in Milliardenhöhe entstanden.

Es geht um die Frage von weiteren Hilfsaktionen, ob bei der "Volkshilfe" oder bei anderen Organisationen. Es sind immer dort Malversationen passiert, wo der Bund oder die Landesregierungen Spenden großzügig verdoppelt haben und viele gutmütige Leute ihr Geld in der Hoffnung gespendet haben, daß es auch bei den Betroffenen ankommt.

Daher, so glaube ich, ist die Besprechung dieser Anfragebeantwortung insoweit berechtigt, als daß wir fragen müssen: Was denkt sich die Bundesregierung in Zukunft? Wie will sie uns jetzt einen Bericht darüber geben, ob die Verdoppelungsaktionen, die sie macht, die Zuschüsse, die sie leistet, auch tatsächlich nachgeprüft werden und das Geld dort, wo man es hinschickt, auch ankommt? – Immerhin haben die Österreicher ein doppeltes Anrecht darauf, das zu erfahren, denn wenn sie freiwillig spenden, verdoppelt doch die Bundesregierung diesen Betrag nicht aus eigener Tasche, sondern sie nimmt das Geld der Steuerzahler und damit wieder der spendenden Österreicher. Dann haben diese auch ein doppeltes Anrecht darauf, daß einmal die Karten auf den Tisch gelegt werden und gesagt wird, was mit diesem Geld wirklich passiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt frage ich Sie, Frau Staatssekretärin, auch im Zusammenhang mit der Situation bei "World Vision" etwas. Die Sache ist ja nicht erst seit heute auf dem Tapet. Sie wissen genausogut wie wir, daß die ÖVP im Generalsekretariat bereits seit Frühjahr über diese Sache Bescheid weiß (Abg. Mag. Stadler: Da schau her!), und jemand aus dem Generalsekretariat, der in diese Sache involviert ist, eine anonyme Anzeige gemacht hat (Abg. Mag. Stadler: Hört! Hört! – Abg. Dr. Khol: Nicht anonym! – Abg. Rauch-Kallat: Nicht anonym!), und zwar deswegen, weil er ein schlechtes Gewissen hat, Frau Generalsekretärin. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kommen Sie jetzt heraus und erklären Sie das! Ist es jemand aus Ihrem Generalsekretariat, der in diese Sache involviert ist oder nicht? (Abg. Rauch-Kallat: Nein! Nicht aus dem Generalsekretariat!) Erklären Sie uns das! Wir werden in ein paar Wochen sehen, ob Sie die Wahrheit gesagt haben oder nicht. (Ruf bei der ÖVP: Wie war das denn beim Rosenstingl? – Abg. Koppler: Der hat es "gescheiter" gemacht!)

Frau Staatssekretärin! Im Jahre 1996 wurde von derselben "World Vision"-Organisation und von denselben Akteuren auch eine Schule für Entwicklungshilfe in Bad Ischl in Oberösterreich gegründet. Die Kreuzschwesternschule Bad Ischl, die nicht mehr geführt wurde, wurde von "World Vision" übernommen. Jene Akteurin, die jetzt unter schwerem Verdacht steht, sagte auch der Öffentlichkeit gegenüber: Dieses Projekt wird zu 100 Prozent vom Land und vom Bund – in Klammern: vom Außenministerium – finanziert. – Bis zum heutigen Tag gibt es aber diese Schule nicht; das Projekt funktioniert nicht. (Zwischenbemerkung von Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner.)

Jetzt frage ich: Gibt es diese Schule, oder gibt es sie nicht? Ist da Geld von der öffentlichen Hand in das Projekt hineingeflossen oder nicht? Hat sich das Außenministerium da engagiert oder nicht? – Das sind alles Dinge, die schon ein bißchen eigenartig sind, denn wenn es nicht das Außenministerium ist, das subventioniert hat, dann muß man ja annehmen, daß das Geld, das eigentlich für die Entwicklungshilfe und für die Kinder in der Dritten Welt bestimmt war, dort in ein Projekt fließt, wo es nicht einmal eine Schule gibt, aber ein Riesenobjekt, nämlich ein Schloß gekauft worden ist. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Das sind die Dinge, die wir hier aufgeklärt haben wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Daher ersuchen wir Sie in aller Höflichkeit, Frau Staatssekretärin, uns ein wenig Auskunft über folgendes zu geben: Gibt es noch weitere Projekte, in die das Außenministerium involviert ist, die diese Organisation betreffen? Werden wir in Zukunft noch einiges zu hören bekommen, oder ist das alles gewesen, was Sie mit dieser Organisation gemacht haben, und welche anderen ...

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): ... Förderungen, meine Damen und Herren, gibt es noch, die in diesem ... (Abg. Dr. Kostelka: Redezeit! – Abg. Rauch-Kallat: Redezeit!)

15.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Die 5 Minuten sind abgelaufen. Ihre Redezeit ist zu Ende.

(Beifall bei den Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Haider.)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Gleichfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

15.29

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Erstens möchte ich feststellen, daß die NGOs, die jetzt ins Zwielicht geraten sind, eigentlich sehr unter dieser Situation leiden. Diese Nichtregierungsorganisationen leiden deswegen sehr darunter, weil sie fast ausschließlich sehr effektiv und sehr gut arbeiten und gerade jetzt vor Weihnachten, in der spendenintensiven Zeit, in ein Umfeld geraten, das sie selbst nicht wünschen. Eigentlich sollten wir eine andere Debatte führen, nämlich folgende: Wie können wir NGOs mehr und besser unterstützen, sodaß sie an Ort und Stelle, dort, wo sie Hilfe bringen, effektiver arbeiten können?

Ich bedauere, daß man jetzt die Besprechung einer Anfragebeantwortung zum Anlaß nimmt, um Dinge zu bereden, die nicht Gegenstand einer parlamentarischen Debatte sind, nämlich die Verantwortung der ÖVP gegenüber eigenen Mandatarinnen und Mandataren. Es ist nicht Gegenstand einer parlamentarischen Debatte, wenn die ÖVP keine Kultur in sich trägt, wie man sich zu verhalten hat, wenn man ins Zwielicht gerät und wenn man kein Opfer ist. Denn Herr Habsburg ist kein Opfer. Ich möchte das in aller Deutlichkeit feststellen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich möchte auch feststellen, daß Herr Habsburg die Möglichkeit hätte, politisches Rückgrat zu zeigen, indem er sagt: Ich verzichte freiwillig auf die Ausübung meines Mandates und schicke in dieser Zeit mein Gehalt zu jenen Organisationen, die für die Kinder in der Dritten Welt einstehen und arbeiten. – Das wäre politischer Anstand, wenn er schon sein Mandat nicht zurücklegen kann. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Warum hat er denn nicht diesen Weg gewählt? – Das wäre doch freiwillig gewesen.

Dann hatte er noch den "Mut" dazu, gleich in einem Atemzug zu sagen: Ich bin ein Opfer und werde selbstverständlich wieder für die ÖVP im Europäischen Parlament kandidieren. – Das ist wohl ein sehr "mutiger" Schritt. Zuerst sollte er einmal seine Weste reinwaschen, und dann werden wir weitersehen, ob er überhaupt jemand ist, der für Österreich im Europäischen Parlament tätig sein kann oder nicht.

Bezüglich des eigentlichen Gegenstandes der Debatte: Diese schriftliche Anfragebeantwortung gibt die Möglichkeit, Frau Staatssekretärin, auf folgendes einzugehen: Sie haben in der ersten Antwort das ECHO-Programm, ein wichtiges Programm, das Sie betreuen, genannt. Sie wissen genau, daß es deswegen einen großen Streit zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission gibt, weil 500 Millionen Schilling veruntreut worden sind, oder zumindest der Verdacht naheliegt, daß 500 Millionen Schilling aus diesem Programm veruntreut worden sind.

Das Problem dabei ist, daß es dazu keine Unterstützung durch die Regierungen gegeben hat, wie man die Situation, wie man diesen Mißstand aufklären und wie man die involvierten Kommissare loswerden kann. Dazu braucht das Europäische Parlament Verbündete. Herr Bösch allein, von der SP-Fraktion im Europäischen Parlament, ist zuwenig. Es hätte in dieser Sache eines Wortes des Herrn Außenministers bedurft, es hätte eines Wortes des Herrn Bundeskanzlers bedurft, damit dem Europäischen Parlament ein Backing gegeben wird. Es geht nicht, daß ein Betrag von 500 Millionen Schilling als Fragezeichen am Ende des Budgets übrigbleibt. Man muß wissen, welche Kommissare involviert sind und welche ihrer Familienmitglieder Gelder bezogen haben. Es geht nicht, das dann nichts geschieht. Aber die Angst, die besteht, daß man die ganze Kommission absetzen müßte, um eigentlich diejenigen zu treffen, die man treffen will, ist zu groß. Daher schweigt man und läßt es geschehen.

Das wäre ein Thema, das der österreichischen Präsidentschaft gut anstünde, es anzugehen, nämlich Political Correctness und die Absetzung von einzelnen Kommissaren, wenn sie ihre Funktion mißbrauchen. Ich würde mir wünschen, daß es diesbezüglich beim Wiener Gipfel in der nächsten Woche Fortschritte gibt und daß man dieses Problem nicht einfach ignoriert. (Beifall beim Liberalen Forum.)

15.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Gleichfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Frau Staatssekretärin, müssen Sie den Klubobmann fragen, wenn Sie ...? Das ist ja unerhört! Das ist peinlich!)

15.33

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sehr interessant, Frau Staatssekretärin, daß Sie zum Thema "World Vision" nichts anderes zu sagen haben, als daß da eine bestimmte Projektteile betreffende ordnungsgemäße Abrechnung stattgefunden habe. Ich habe Ihnen zu diesem Thema noch etwas anderes zu sagen.

"World Vision" ist schon seit Jahren, nicht nur in Österreich, sondern international, als jene Spendenorganisation bekannt, die wegen eines zu hohen Verwaltungskostenanteils und wegen Unregelmäßigkeiten bei Abrechnungen immer wieder im Gerede war. (Abg. Mag. Stadler: Nobelsuiten!) Im Jahre 1993 hat es einen Rechnungshofbericht über die Osthilfe, über die Rußlandhilfe gegeben, und in diesem Rechnungshofbericht war anonymisiert, das heißt, nicht erkennbar, auch "World Vision" enthalten. Bei einem Programm, das für die Rußlandhilfe gedacht war, hat "World Vision" für das Bundeskanzleramt ein Projekt abgewickelt, bei dem der Rechnungshof kritisiert hat, daß da offensichtlich unter dem Titel "Lebensmittellieferungen" ganz andere Sachen bei den Adressanten angekommen sind. (Abg. Dr. Haider: Waffen!) – Das war 1992, Frau Staatssekretärin.

Es ist schon auffällig, daß im Jahre 1996, als sich der neue "World Vision"-Vorstand mit Frau Krones-Taurer, mit Herrn Krones, mit einem Sektionschef aus dem Wirtschaftsministerium und mit einem Mitarbeiter aus der Politischen Akademie der ÖVP – oder der Partei ÖVP; Entschuldigung – konstituiert hat, auf einmal wieder Projekte mit "World Vision" zu laufen begonnen haben. Niemand von den bei entwicklungspolitischen Organisationen Tätigen, von den im Bundeskanzleramt Beteiligten, die schon 1992 diese Probleme mit "World Vision" gehabt hatten, hätte daran gedacht – soweit ich das erkennen kann –, "World Vision" noch einmal mit einem Projekt zu betrauen. Denn alle Vorwürfe auf internationaler und nationaler Ebene gegenüber "World Vision" stehen nach wie vor im Raum. Heutzutage gibt es moderne Medien, sie brauchen nur irgendwo im Internet "World Vision" anzuklicken, dann werden Sie einiges über diesen Verein erfahren – nicht nur wegen seines Hintergrundes.

Es ist ja bezeichnend, was Herr Habsburg darüber gesagt hat, warum er in den Vorstand hineingebeten wurde. Und Ihr Mitarbeiter aus der Partei wurde offensichtlich auch nur in den Vorstand "hineingebeten". Man fragt sich natürlich: Warum wird Herr Habsburg gebeten, in einen Vorstand hineinzugehen, in den er gar nicht hineingehen will? Warum wird ein Mitarbeiter der ÖVP gebeten, in diesen Vorstand hineinzugehen, obwohl auch er offensichtlich kein besonderes Interesse daran hat?

Herr Habsburg hat eine Antwort darauf gegeben: Da gebe es noch irgendwelche Vorwürfe von wegen Sekte, und wenn er damit etwas Gutes tun könne, dann wolle er diese Vorwürfe natürlich ausräumen. – Wir wissen schon, daß Herr Habsburg blauäugig ist. (Abg. Mag. Stadler: Behauptet er!) – Sagt er. Wir wissen, daß er blaublütig ist, aber entweder gehört eine ordentliche Portion Dummheit dazu oder es geht ganz eindeutig darum, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat, daß über politische Schienen etwas für einen Verein – offensichtlich für einen Verein, der noch dazu neben seinem nicht sehr guten Ruf auf nationaler und internationaler Ebene auch noch von Personen besetzt wurde, die in einer bestimmten Beziehung zur ÖVP stehen – getan wird. Das wurde auch dazu mißbraucht, um Millionen abzucashen, damit diese Personen, die deshalb in den Vorstand gebeten worden sind, um diese Schienen zum Außenministerium, zum Bundeskanzleramt und vielleicht auch noch zu einigen anderen Stellen zu öffnen, auf diesem Weg etwas unternehmen. Das werden die Anfragen der nächsten Monate ja noch zeigen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Die ÖVP hat neben Herrn Habsburg, der noch immer keine Schwierigkeiten sieht, außer daß er ein Opfer ist, noch ein Problem. Das ist ja ungeheuerlich! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.) Es ist wirklich ungeheuerlich, daß sich ein Mensch wie Herr Habsburg in einer Situation, in der tatsächlich Spendengelder in Millionenhöhe durch eine Organisation, durch Personen, die ihm nahestehen, mißbräuchlich verwendet wurden, als Opfer sieht.

Meine Damen und Herren! Die ÖVP hat noch ein Problem. Sie müssen den Umstand rechtfertigen, warum nur Personen von der ÖVP in einem Verein sitzen, der ohnehin im Spendenwesen, im Hilfsorganisationenwesen nicht gut beleumundet ist und sicher so gut wie gar nichts mit Entwicklungspolitik am Hut hat. Da geht es, abgesehen vom Abkassieren der beteiligten Personen, um andere Interessen. Warum wurde dieser Verein von der ÖVP bei der Eröffnung von öffentlichen Geldern protegiert? (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Diese Antwort, Frau Staatssekretärin, sind Sie schuldig geblieben. Sie wären es eigentlich den entwicklungspolitischen Organisationen und auch den Hilfsorganisationen, die alle durch diese politische Connection draufzahlen, schuldig, das zu erklären. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

15.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich Frau Abgeordnete Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. Gleichfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Sie haben lange gebraucht, bis Sie sich gefaßt haben! Sie wissen gar nicht, wer der Habsburg ist!)

15.39

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war ja heute nahezu angenehm überrascht, als Herr Klubobmann Haider fast oder direkt zur Sache gesprochen hat. Das hätte ich ja gar nicht angenommen (Abg. Dr. Haider: Das kann ich der Staatssekretärin nicht antun!), insbesondere deswegen, weil davor sein stellvertretender Klubobmann gar nicht zur Sache gesprochen hat (Abg. Mag. Stadler: Jetzt kommen Sie zur Sache, Frau Rauch-Kallat!) und man nicht den Eindruck hatte, daß ihn die Anfrage zum Sudan auch nur in irgendeiner Weise kratzt oder interessiert. (Abg. Böhacker: Was ist Sache?)

Sache ist, daß es in der Anfrage, die heute zur Debatte steht, darum geht, inwieweit es sicherzustellen ist, daß Spendengelder, die sowohl aus Steuergeldern als auch von privaten Spendern für bestimmte Dinge zur Verfügung gestellt werden, auch dort landen, wo sie hingehören (Abg. Böhacker: Angenehme Sache!) und effizient und zweckgewidmet verwendet werden! (Abg. Mag. Stadler: Das ist denkbar einfach!)

Als ehemalige langjährige Geschäftsführerin das Wiener "Sozialen Hilfswerks" weiß ich, wie schwierig es ist, Spendengelder zu lukrieren, und wie wichtig es ist, gerade mit den privaten Spendengeldern und erst recht mit Steuergeldern sorgsam umzugehen, sie möglichst effizient und sparsam einzusetzen und genauestens abzurechnen. Denn nur das gewährleistet, daß der Spender oder die Spenderin dann auch Vertrauen in diese Organisation hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Eine gewisse "Effizienz" kann man dem nicht absprechen: 200 000 S! Sehr "effizient"!)

Insofern, meine Damen und Herren, ist das, was jetzt bei "World Vision" passiert ist, sehr, sehr schlimm – vor allem für alle anderen Organisationen, die sich seit Jahrzehnten bemühen, ordnungsgemäß gute, notwendige Sozial- und Entwicklungsarbeit zu leisten. Gerade jetzt, vor Weihnachten – das ist völlig richtig –, ist es für viele Organisationen eine Katastrophe, daß die Spendenflüsse versiegen. Insofern hat diese mißbräuchliche Verwendung eines Ehepaares oder wer immer es ist, das wird vom Untersuchungsrichter beziehungsweise vom Richter festgestellt werden ... (Rufe bei den Freiheitlichen: Von Habsburg!) Ich darf daran erinnern, daß Karl Habsburg nicht darin involviert ist (Abg. Mag. Stadler – neuerlich ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Dieser Brief ist von "World Vision" bezahlt worden!), daß diese Spendengelder mißbräuchlich verwendet wurden und damit unendlich großer Schaden, nicht nur für "World Vision", sondern auch für alle anderen Organisationen entstanden ist. (Abg. Mag. Stadler: Das habe ich gesagt! Da haben Sie gesagt, das ist unsachlich!) Richtig! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Irgendwie haut es mit der Schlagfertigkeit nicht hin!)

Aber Sie verkennen, Herr Stadler, daß gerade in dieser Organisation offensichtlich sehr vieles schiefgelaufen ist, und daß es Karl Habsburg war, der sofort, nachdem er davon Kenntnis erhalten hat, die entsprechenden Konsequenzen gezogen und die KPMG beauftragt hat, die notwendigen Prüfungen vorzunehmen. Er hat also von sich aus das Gesetz des Handelns in die Hand genommen und gesagt, daß alles offengelegt werde. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Ein halbes Jahr! Seit dem Frühjahr geht das, Frau Rauch-Kallat!)

Aber daß gerade eine Partei, lieber Herr Stadler, die in den letzten Monaten intensiv damit beschäftigt war, Schadensbegrenzung zu üben mit einem ... (Abg. Mag. Stadler: Wir haben sie entweder ausgeschlossen oder sie haben ihr Mandat zurückgelegt!) Ja, aber es ist sehr wohl ein Unterschied, ob ein Abgeordneter durch einen Freund getäuscht wird oder ob der Sekretär Ihres Klubs Geld veruntreut, also Steuergelder mißbräuchlich verwendet, und sich dann absetzt. (Abg. Mag. Stadler: Haben Sie Frau Taurer ausgeschlossen?) Gerade von einer Partei wie der Ihren, sehr geehrter Herr Stadler, hat man es nicht notwendig, sich als Saubermann darzustellen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Haben Sie den Habsburg ausgeschlossen?)

Sie sollten sich mit Herrn Rosenstingl beschäftigen! Sie sollten sich mit Herrn Gratzer beschäftigen! (Abg. Mag. Stadler: Wann schließen Sie den Habsburg aus?) Und Sie sollten vor allem nicht vergessen, daß ein wesentlicher qualitativer Unterschied zwischen einer mißbräuchlichen, einer gesetzeswidrigen Handlung, wie das Rosenstingl und Gratzer von Ihrer Partei gemacht haben, und dem Vertrauen, das jemand in einen anderen setzt, besteht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Die Taurer ist bis zur Stunde ÖVP-Mitglied!)

Sie, meine Damen und Herren von der FPÖ, haben genug Butter am Kopf! An Ihrer Stelle würde ich nicht anfangen, etwas zu sagen! (Beifall bei der ÖVP.)

15.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es findet nun eine weitere kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag statt, und zwar hat Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander den Antrag gestellt, dem Gleichbehandlungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 146/A der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen und den Antrag 147/A der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen eine Frist bis 24. Februar 1999 zu setzen. (Abg. Schwarzenberger: Meischberger ist in erster Instanz verurteilt und immer noch Abgeordneter der Freiheitlichen! – Abg. Mag. Stadler: Er hat aber nicht das Geld der Kinder gestohlen! Aber da erkennt der Schwarzenberger keinen Unterschied, weil er die Bauern schon seit Jahren ...!)

Wir führen jetzt über diesen Antrag die Debatte durch, nach deren Schluß wird darüber abgestimmt.

Hinsichtlich der Redeordnung verweise ich auf meine Ausführungen, die ich am Beginn der Anfragebesprechung gemacht habe. Es gelten dieselben geschäftsordnungsmäßigen Regelungen.

Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander, Sie haben eine Redezeit von 10 Minuten, da Sie den Antrag begründen. – Bitte.

15.45

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Es geht um einen Antrag, den wir im Jahre 1996 im Nationalrat eingebracht haben, und der ein Jahr später, im Jahre 1997, im Gleichbehandlungsausschuß behandelt und auch in einer Unterausschußsitzung diskutiert wurde.

Es ging dabei – um es Ihnen in Erinnerung zu rufen – um ein angesichts der Erklärungen und Beschlüsse der Parteitage, vor allem jener der großen Parteien, höchst aktuelles Thema, nämlich das der Quoten für Frauen, ein meiner Meinung nach inzwischen durchaus allgemeines Anliegen, ein Anliegen, das offensichtlich quer durch alle Parteien als richtig und berechtigt gesehen wird.

Wir haben damals einen Antrag eingebracht, der ein besonderes Anreizsystem vorsieht, nämlich daß etwa 10 Prozent der Parteienförderung, der Klubfinanzierung, aber auch der Mittel für die Parteiakademien zweckgewidmet beziehungsweise gebunden werden sollen an die Erreichung einer Frauenquote.

Konkret: Wird eine Quote von 50 Prozent erreicht, so kommen etwa 10 Prozent der Parteienförderungsmittel zur Ausschüttung. Das würde keine Erhöhung der Parteienförderungsmittel bedeuten, sondern es wären 10 Prozent der jetzt schon bestehenden Parteienförderungsmittel in diesem Bereich sozusagen zweckgebunden. Wird diese Quote nicht erreicht, gibt es einen aliquoten Abzug von diesen 10 Prozent, innerhalb dieser 10 Prozent. Für die zweckgewidmeten Mittel aus der Klubförderung wurde damals vorgesehen, daß etwa 10 Prozent für frauenfördernde Maßnahmen verwendet werden, um den Frauen den Einstieg in die Politik zu erleichtern, indem man ihnen die Vereinbarkeit von Politik, Beruf und vermutlich Haushalt ermöglicht. Im Bereich der politischen Akademien sollten diese Mittel für spezielle bildungspolitische Programme zur politischen Situation von Frauen, für frauenfördernde Maßnahmen zweckgewidmet werden.

Ich muß diese Vereinbarungen, auch den Verlauf der Angelegenheit seither, vor Ihnen noch einmal kurz Revue passieren lassen, um Ihnen deutlich zu machen, warum wir einen Sinn darin sehen, eine Frist zu setzen.

1997 gab es darüber ein ExpertInnenhearing im Ausschuß. Diese Veranstaltung war sehr, sehr gut und wurde, glaube ich, auch von allen so wahrgenommen. Es gab ausgezeichnete Debatten und einen im Prinzip allgemeinen Konsens darüber, daß etwas geschehen muß, und daß es ein stringenter Vorschlag sein sollte, der hier zur Anwendung kommen soll, damit wir auch wirklich Erfolg haben, auch als Frauen Erfolg haben. Das, kann ich nur sagen, war es aber auch schon! Ich habe danach nie wieder etwas von unserem Antrag gehört oder gesehen! Es gab keine weiteren Unterausschußsitzungen, keine weiteren Ausschußsitzungen, keine Rückverweisungen an den Ausschuß und so weiter – trotz mehrmaliger Urgenz unsererseits!

Nun lese ich in den Zeitungen und höre in den Nachrichten, daß es einen Parteitagsbeschluß der SPÖ gibt, eine Frauenquote von 40 Prozent zu erreichen. Nun vernehme ich mit der Wahl der Frau Kollegin Rauch-Kallat zur Vorsitzenden der ÖVP-Frauen ein Versprechen: 50 Prozent Frauenquote, selbstverständlich, denn wir geben uns nicht mit 40 Prozent zufrieden wie die SPÖ, wir wollen 50 Prozent Frauen spätestens ab dem Jahre 2003. – Es freut mich natürlich, wenn ich das höre und lese. Das muß ich schon sagen! Ich frage mich nur: Wie glaubwürdig sind Sie dabei angesichts Ihrer früheren Beschlüsse auf früheren Parteitagen, als Sie ähnliche Quoten beschlossen, aber nie eingehalten haben? (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Schaffenrath.)

Schauen Sie sich die Zusammensetzung der Mitglieder dieses Hauses an, schauen Sie sich die Zusammensetzung der Ausschüsse an, schauen Sie sich an, wie die Entscheidungen zustande kommen, schauen Sie sich an, was mit dem Frauen-Volksbegehren im Parlament passiert ist, schauen Sie sich an, welche Leute, Mann oder Frau, in verschiedenen Parteigremien etwas zu sagen oder zu beschließen haben! Ich meine, es wäre höchst an der Zeit, über unseren Antrag weiter zu debattieren und über ihn auch abzustimmen, und zwar noch in dieser Legislaturperiode! Denn wenn Sie alle Ihre Parteitagsbeschlüsse und Ihre politischen Versprechungen ernst nehmen, kann es doch nur so sein, daß Sie diesem Antrag Ihre Zustimmung geben werden, da er nur noch ein spezielles Anreizsystem, eine spezielle Förderung für unser gemeinsames Anliegen vorsieht.

Aber lassen Sie mich, weil das durchaus dazu paßt, noch folgendes hinzufügen: Ich denke, es wäre gerade jetzt an der Zeit, ein solches Signal für die Quotierung von Frauen zu setzen und eine derartige Sanktionierung beziehungsweise ein derartiges Anreizsystem zur Quotierung von Frauen zu schaffen, da es mit der Frauenpolitik in Österreich im Moment nicht zum besten steht.

Ich rufe nur in Erinnerung, daß es seit dem Frauen-Volksbegehren und seit der Debatte und der Beschlußfassung über das Frauen-Volksbegehren im März dieses Jahres keine weitere Behandlung frauenpolitischer Anliegen gab, obwohl einige Berichte im Haus liegen und zur Behandlung anstehen. Es sind dies dringende Berichte, in denen es um Gleichbehandlungsfragen im öffentlichen Bereich und in der Privatwirtschaft geht, um den Abbau von Benachteiligungen und den Bericht über den Abbau von Benachteiligungen. Sie wären meiner Ansicht nach ein wesentliches und wichtiges Instrument dafür, das Bewußtsein auch in diesem Hause dafür zu schärfen, wie wichtig Gleichbehandlungsfragen sind. Es wäre ein wichtiges Anliegen, darüber zu diskutieren. Berichte sind ein wesentliches Instrument dafür, die einzelnen politischen Entscheidungen immer wieder zu evaluieren, immer wieder zu hinterfragen.

Es gelingt aber offensichtlich nicht. Ich subsumiere unter der Aussage, daß das nicht gelingt, auch zu einem gut Teil jenen Umstand, daß wir Frauen in diesem Haus eben nicht zumindest in einem 50prozentigen Anteil, sondern nur unter der 30 Prozent-Marke vertreten sind, und vor allem Sie, werte Kolleginnen in den großen Parteien, sich mit diesen Anliegen offensichtlich nicht durchsetzen können. (Beifall bei den Grünen.)

Denn ich kann nicht allen Ernstes annehmen, daß es nicht Ihr Anliegen wäre, daß Gleichbehandlungsfragen in diesem Haus ein ganz besonderer Vorrang einzuräumen ist, und zwar nicht nur, was die Behandlung betrifft, sondern auch, was die Art und Weise der Behandlung und die Dringlichkeit dieser Fragen betrifft. Ich kann nur immer wieder an Sie appellieren und Ihnen sagen, daß, wenn Sie Ihre Versprechungen, Ihre Parteibeschlüsse und Ihre Wahlversprechen ernst nehmen, wenn Sie selbst als Abgeordnete die Gleichbehandlungsfragen, die frauenpolitischen Fragen ernst nehmen, Ihnen doch daran gelegen sein muß, Instrumente zu überlegen, zu diskutieren und auch zu beschließen, die das ermöglichen, sodaß mehr Frauen den Zugang zur Politik finden, daß Sie Ihre Parteibeschlüsse tatsächlich verwirklichen können und daß es in diesem Haus eine wirklich repräsentative Vertretung der Bevölkerung gibt. Es wäre höchst an der Zeit, daß allein diese Anforderung, nämlich daß wir hier einen Querschnitt der Bevölkerung repräsentieren, erfüllt wird, indem wir eine Quote einführen. (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich zuletzt noch kurz auf zwei Dinge hinweisen. Wenn Sie heute dieser Fristsetzung zustimmen, so tun Sie damit nichts anderes, als zu sagen: Ja, wir wollen, daß dieser Antrag noch in dieser Legislaturperiode diskutiert und im Ausschuß behandelt wird. Sie stimmen heute nicht über den Inhalt ab, sondern darüber, daß wir überhaupt an dieser Thematik, an dieser Materie weiterarbeiten können. Lassen Sie uns doch dann die Zeit im Ausschuß dazu nutzen, darüber zu diskutieren. Wir haben bereits in den Beratungen im Unterausschuß signalisiert, daß wir bereit sind, darüber zu diskutieren, und nicht an den Buchstaben unseres Antrages, an jedem Vorschlag kleben. Diskutieren wir darüber, was die richtigen und notwendigen Instrumente sein könnten, um diesem Anliegen, der Quote tatsächlich zum Durchbruch zu verhelfen, und wie diese ausschauen könnten.

Ich wiederhole: Nützen Sie diese Gelegenheit und stimmen Sie dieser Fristsetzung zu, wenn Sie Ihre Parteitagsbeschlüsse und Wahlversprechen ernst nehmen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac zu Wort. Für sie und für alle folgenden Redner gilt eine Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

15.55

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin über diesen Antrag auf Fristsetzung etwas überrascht. Denn entgegen dem, was Kollegin Kammerlander gerade gesagt hat, ist Sie nie mit der Forderung nach einer Unterausschußsitzung auf mich zugekommen. (Abg. Mag. Kammerlander: Nein, stimmt nicht!) Meine Fraktion und ich sind jederzeit dazu bereit – und ich nehme auch an, die anderen –, die Diskussion über diese Materie wiederaufzunehmen. Wir können uns auch im Anschluß an diese Debatte zusammensetzen und uns einen Termin ausmachen.

Auch was die Berichte betrifft, die angesprochen worden sind, möchte ich darauf hinweisen, daß ich sehr wohl versucht habe, noch im Dezember einen Termin für den Ausschuß zu finden. Das ist, wie ich gehört habe, gescheitert, weil jene Termine, die ich vorgeschlagen habe, für andere Fraktionen, vor allem die Grünen, nicht möglich gewesen sind. Deshalb werden wir die Beratungen über diese Berichte erst im Jänner abhalten. Wir haben aber bereits einen fixen Termin dafür. Es wird diese Debatte geben, und wir werden Gelegenheit haben, dieses Problem, das uns allen sehr wichtig ist, zu diskutieren.

Was die beiden Anträge betrifft, die im Unterausschuß liegen, so möchte ich bestätigen, daß das Hearing mit den internationalen Expertinnen sehr interessant gewesen ist. Frau Professor Vogel-Polsky aus Belgien hat über Ihre Erfahrungen berichtet und auch zum Ausdruck gebracht, daß es notwendig ist, Frauenförderung aktiv zu betreiben, auch im politischen Bereich. Darüber besteht überhaupt kein Zweifel.

Sie haben unsere Quotenregelung in der SPÖ angesprochen. Wir nehmen das ernst und setzen das auch um. Es ist aber nicht so einfach, das auch im staatlichen Bereich verpflichtend einzuführen. Auch Frau Professor Vogel-Polsky hat in ihrem Bericht über die belgischen Erfahrungen gesagt, daß es dort zwar eine Regelung gibt, also eine staatliche Quotenregelung für die Erstellung von Listen für die nationalen Wahlen, daß es aber keinerlei Sanktionen gibt, weil das eben rechtlich nicht so einfach zu gestalten ist.

Ich bin aber daran interessiert, daß wir darüber weiter diskutieren und auch über den zweiten Antrag, in dem es quasi um eine Karenzregelung für Parlamentarierinnen geht, die ein Kind bekommen. Aber auch hier gibt es verfassungsrechtliche Probleme, die diskutiert werden müssen. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, daß wir innerhalb dieser kurzen Zeit zu einem Ergebnis kommen können. Ich schlage daher vor, daß wir uns zusammensetzen und uns einen neuen Termin für den Unterausschuß ausmachen. Machen wir uns einen Zeitplan! Aber einer Fristsetzung jetzt können wir sicher nicht zustimmen! (Beifall bei der SPÖ.)

15.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. 5 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.58

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als die beiden Anträge der Frau Kollegin Kammerlander – ich beziehe mich auf jene Anträge, die im Unterausschuß liegen – vorgelegt wurden, haben sie, das gebe ich zu, sowie die Diskussion darüber mein großes Interesse gefunden. Es sind interessante Ansätze, die man verfolgen und in der Praxis durchsetzen sollte. Daher war damals auch klar, daß wir uns mit dieser Thematik näher befassen und sie im Unterausschuß behandeln werden.

Frau Kollegin Kammerlander! Sie haben damals, bei der ersten Lesung, die Expertin aus Belgien ungeheuer gepriesen, heute jedoch kein Wort mehr dazu gesagt. Ich muß Ihnen sagen, daß die Behandlung im Unterausschuß – das ist jetzt meine persönliche Wahrnehmung – für mich eher enttäuschend war. Ich stehe damit auch im Gegensatz zur Frau Kollegin Hlavac. Die Thematik ist zwar breit diskutiert worden, war mir aber schon vorher klar. Die Durchführung ist natürlich das Problem. Denn die Expertin hat die Bemühungen aufgezeigt, eine bessere Quote für Frauen durchzusetzen, aber die Problematik dieser Umsetzung liegt meiner Ansicht nach ganz woanders.

Ich bin mit Enttäuschung aus dieser Sitzung des Unterausschusses gegangen. Die Komplexität und Kompliziertheit sowie natürlich auch die Tatsache, daß die Wahlsysteme nicht vergleichbar sind, sind der Grund dafür, daß man das Modell nicht eins zu eins umlegen kann. Dann kommt noch dazu, daß die Parteien in ihrem Auswahl- und Vorwahlsystem – und in der Zwischenzeit gibt es auch das Persönlichkeitswahlsystem – unterschiedliche eigene Strukturen beziehungsweise eigene Regeln zur Abwicklung haben, die man einmal durchleuchten müßte.

Frau Kollegin Kammerlander! Ich kann Ihnen ganz locker sagen, daß wir uns in den jeweiligen Parteien – ich kann es für meine sagen – bemühen, anhand eben dieser Strukturen und Möglichkeiten sowie der Vorwahlsysteme herauszufinden, welches System besonders gut geeignet ist und wie wir Ansätze dazu finden können, den Frauen den Einstieg und das Gewähltwerden zu erleichtern.

Es ist wirklich sehr schwer. Denn wir hätten alle gerne persönlich gewählte Damen – das muß ich auch dazu sagen –, und zwar gut und fest in den einzelnen Wahlkreisen verankert. Daher ist die Festlegung einer Quote – Sie haben erwähnt, Frau Maria Rauch-Kallat habe 50 Prozent gesagt; sie hat aber nicht gesagt bis zum Jahr 2003. Man muß Zwischenetappen setzen. Unser Wunsch ist eine 30 Prozent Quote. Nur: Ich sehe, wie schwierig der Einstieg oder Verbleib ist, sogar an Ihrer Person. Denn ich habe auch Zeitung gelesen und erfahren, daß Sie ebenfalls durch einen Mann ersetzt werden sollen, auch im Bereich des Vorwahlsystems.

Es ist also wirklich schwierig, diese Dinge vom Gesetz her zu regeln, aber ich glaube nicht, daß diese Anträge so dringlich sind, daß wir heute eine Fristsetzung beschließen müssen. Ich bin auch weiterhin für eine Befassung, aber nicht im Detail und nicht bezüglich der Umsetzung in der einzelnen Partei. Ich meine, es kann eine Hilfe sein – Bevorzugungssystem, Bestrafungssystem –, und wir sollten wirklich weiter darüber beraten, weil natürlich Druck besteht. Innerparteilich beziehungsweise vor Ort hilft es uns jedoch relativ wenig. Da stimme ich Ihnen zu, wenn Sie meinen, daß Frauen über Bildungseinrichtungen faktisch nicht nur geschult werden sollen – zum Teil haben sie es nicht notwendig –, sondern auch, den modernen Erfordernissen angepaßt, Unterstützung bekommen sollen, sich im Wahlkampf entsprechend zu präsentieren, um größere Chancen zu haben.

Die Dringlichkeit dieses Ihres Antrages kann ich nicht sehen, aber ich bin gerne dazu bereit, weiter darüber zu beraten, weil mir dieses Thema wirklich wichtig ist. Vielleicht finden wir, auch wenn wir international hier offensichtlich keinen Vergleich haben, letztendlich doch ein brauchbares Modell. (Beifall bei der ÖVP.)

16.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Haller. – Frau Abgeordnete Haller ist nicht im Saal, daher findet ihr Redebeitrag nicht statt.

Ich erteile Frau Abgeordneter Schaffenrath das Wort. – Bitte. (Abg. Kiss: So schnell kommt man dran!)

16.02

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Bauer! Ich habe jetzt mit großem Interesse Ihren Aussagen zu den Quoten gelauscht, zur Zielquote der ÖVP und auch zur Notwendigkeit, auf dem Weg dahin Zwischenetappen einzulegen. In Tirol finden bald Landtagswahlen statt, und ich glaube, die ÖVP kandidiert dort eine einzige Frau an wählbarer Stelle. Das heißt, Sie werden mit Ihrem Bildungsangebot, damit sich Frauen im Wahlkampf gut präsentieren können, in Tirol gar nicht so weit kommen, weil die Frauen nicht einmal bis zum Wahlkampf vordringen. Ich bitte Sie, das auch Ihrer neuen Frauensprecherin zu sagen. Die ÖVP in Tirol hat ja noch nicht einmal im Ansatz die Zielsetzung ins Auge gefaßt, Frauen in die Politik zu bekommen. (Abg. Rosemarie Bauer: Es kommen noch andere sechs! – Abg. Dr. Lukesch: Haben Sie die Wahlergebnisse unseres Wahlkreises nicht mitbekommen?)

Herr Kollege Lukesch! Schauen Sie sich doch Ihren Frauenanteil an! Eine einzige haben Sie, Herr Kollege Lukesch! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Lukesch – stehend; die Zahlen jeweils mit den Fingern zeigend –: An erster Stelle ist eine Frau, an dritter Stelle, an sechster Stelle!) Und dann führen Sie ein Direktwahlsystem ein, in dem Frauen von vornherein keine Chance haben. (Abg. Dr. Lukesch: Das ist ein Unsinn, was Sie da sagen!) – Bitte setzen Sie sich wieder nieder, stehen Sie dann auf, wenn Sie sich für Frauen engagieren, aber nicht, um Plattheiten von sich zu geben. (Abg. Schwarzenberger: In Salzburg sind fünf Frauen unter den ersten 13 bei den Landtagswahlen! – Abg. Dr. Khol: Wir haben den Anteil der Frauen verdreifacht! Von eins auf drei!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Liberalen stimmen selbstverständlich dem Fristsetzungsantrag der Grünen zu. Es ist uns ein Anliegen, daß der Anteil von Frauen in politischen Parteien zur Diskussion gestellt wird. Ich halte es wirklich nicht für fair, wenn hier die Vorsitzende des Frauenausschusses, Kollegin Hlavac, sagt: Man hätte doch an mich herantreten können. Ich glaube, es ist auch die Aufgabe einer Vorsitzenden, anstehende Anträge zum richtigen Zeitpunkt wieder in den Ausschuß zu bringen oder bei einer unerledigten Materie wieder einen Unterausschuß einzuberufen. So ganz einfach kann man es sich nicht machen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Hlavac: Sie hätten trotzdem ohneweiters etwas sagen können!)

Frau Kollegin Hlavac! Wir wissen auch, daß der zur Diskussion stehende Termin des Gleichbehandlungsausschusses grundsätzlich einer ganz anderen Materie gewidmet ist. Wir müssen das zuerst im Unterausschuß abschließen und an den Ausschuß rückverweisen, bevor wir überhaupt weitergehen können.

Zum Inhalt selbst: Die Liberalen stehen jedenfalls dafür, daß Frauen wirklich in allen Bereichen zu einem aliquoten Anteil kommen – ob das der öffentliche Dienst ist, die Universitäten, die Privatwirtschaft, aber alle anderen Bereich auch. Inhaltlich stimmen wir diesem Antrag aber trotzdem nicht zu, weil wir ihn einfach für ungeeignet halten, den Frauenanteil im Parlament zu erhöhen. Wir meinen außerdem, daß damit durchaus auch der Möglichkeit des Mißbrauchs Tür und Tor geöffnet wird, weil sozusagen die Erstellung eines Frauenförderplanes gleichzeitig mit der Lukrierung von Geldmitteln verbunden ist.

Ich glaube weiters, daß wir damit Tür und Tor für die Installierung auch anderer Quoten aufmachen: ein bestimmter Anteil von Frauen, ein bestimmter Anteil von älteren Menschen, ein bestimmter Anteil von jungen Menschen, ein bestimmter Anteil von behinderten Menschen. Ich glaube nicht, daß es die Aufgabe des Staates ist, in irgendeiner Form Einfluß zu nehmen, wie sich eine politische Partei zusammenzusetzen hat. (Beifall beim Liberalen Forum.) Das lehnen wir aus liberaler Sicht jedenfalls ab, und ich halte das auch für demokratiepolitisch bedenklich. Ich bin der Ansicht, es ist vielmehr Aufgabe des Staates, sicherzustellen, daß wir eine vielfältige Parteienlandschaft haben. Dafür ist die Parteienförderung da. Gerade die finanzielle Förderung von neuen und von kleinen Parteien stellt eben sicher, daß wir eine solche vielfältige Parteienlandschaft haben.

Ich denke, es muß der Entscheidung der Wähler und Wählerinnen überlassen bleiben, welche Partei sie wählen, mit welcher Zielsetzung, in welcher Zusammensetzung. Diese Zuteilung der Parteimittel, die ja nach der Größe der Partei erfolgt, sollte ausreichen, die Parteienvielfalt sicherzustellen, und es sollte wirklich in keiner Form auf Zusammensetzungen oder Zielsetzungen Einfluß genommen werden.

Bei allen Bestrebungen des Liberalen Forums, die Frauenförderung – in welchem Bereich auch immer – zu unterstützen, darf man aus liberaler Sicht grundlegende Elemente des demokratischen Rechtsstaates dennoch nicht geringachten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

16.08

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es schon nicht die Möglichkeit geben soll – und das ist ja erkennbar –, diese Materie in einem Ausschuß oder Unterausschuß zu diskutieren, dann werde ich die Gelegenheit wenigstens hier benützen, um zu diskutieren.

Liebe Kollegin Schaffenrath! Ich bin mit vielen deiner Ausführungen natürlich einverstanden (Abg. Schaffenrath: Mit den meisten!), aber mit einem Argument bin ich, auch wenn ich die Haltung der Liberalen diesbezüglich verstehe, nicht einverstanden: daß es nämlich demokratiepolitisch bedenklich sei. (Abg. Schaffenrath: Warum?) Ein liberaler Standpunkt kann es sein, daß der Staat sich da heraushalten soll, aber demokratiepolitisch bedenklich ist es dennoch nicht (Abg. Schaffenrath: Weil es einen Druck ausübt auf die Zusammensetzung!), und zwar deswegen nicht, liebe Kollegin Schaffenrath, weil sich der Staat nach Tunlichkeit auch bei Frauenförderplänen überall, wo es möglich ist, einmischen soll und einmischen muß. Das ist nichts anderes.

Aber – und damit bin ich bei der wesentlichen Front des Mauerns, denn zwischen uns herrscht ja ein Dialog – ich habe nicht das Gefühl, Frau Kollegin Bauer, daß zwischen uns ein Dialog möglich ist. Das ist ja das Problem, daß Sie Frauenvertreterin sind und hier am Rednerpult eigentlich so argumentieren, als ob Sie die Frauen schon vergessen hätten. (Abg. Rosemarie Bauer: Nein!) Ich habe nicht an dieser Debatte im Unterausschuß teilgenommen (Abg. Rosemarie Bauer: Ja eben!), aber ich bin informiert und weiß daher, daß auch Ihre Expertin im Unterausschuß diesen Vorschlag für sehr gut befunden hat, wie er überhaupt generell von ÖVP-Vertreterinnen durchaus als interessant und anregend empfunden wurde. (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist überhaupt nicht das Thema!) Sie treten jedoch heute hier heraus und vergessen diese Argumentation und bei Ihnen bleibt als Argument nur noch übrig: A la longue werden wir schon 50 Prozent erreichen, irgendwie wird das schon einmal kommen. (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist aber unser Problem, nicht Ihres!) Das haben Sie gesagt: A la longue werden die 50 Prozent schon kommen! (Abg. Schaffenrath: 1 von 18!) Das halte ich wirklich für perfid in diesem Zusammenhang. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Rosemarie Bauer und Schaffenrath.) Dieses Argument ist perfid, denn "à la longue" heißt auf deutsch übersetzt: "irgendwann", "auf Dauer". – Und das ist nicht argumentierbar, werte Kollegin Bauer!

Ich möchte auch die sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen, aber vor allem die Männer hier herinnen im Parlament noch mit einem Wort ansprechen. – Liebe Männer von den anderen Fraktionen! Sie brauchen sich nicht zu Tode zu fürchten. Es geht! Eine Quote ist innerhalb bestimmter Zeiten und Fristen herstellbar! Man soll es nicht so machen, wie Sie von der sozialdemokratischen Fraktion es gemacht haben, daß man von einem Quotenbeschluß zum nächsten taumelt, während sich in der Praxis nicht sehr viel ändert. Denn wenn sich Ihrer Meinung nach etwas ändern sollte, dann müßten Sie zumindest die Bereitschaft haben, diesem Fristsetzungsantrag zuzustimmen.

Wir stimmen nicht über den Antrag ab, und selbstverständlich sind wir Grüne dazu bereit, so wie wir das mit den Liberalen tun, auch mit Ihnen über bessere Vorschläge zu diskutieren; aber nicht über solche, mit denen "à la longue" diese Gleichberechtigung hergestellt werden soll, diese Paritäten zwischen Männern und Frauen, sondern durch welche sich innerhalb erkennbarer Fristen die Zusammensetzung hier in diesem Hohen Haus so verändert, daß Frauen gleichberechtigt vertreten sind. – Und dieser Appell, meine Herren, geht an Sie!

In diesem Zusammenhang, Frau Kollegin Bauer, fällt mir noch eine zweite Perfidie in Ihrer Argumentation ein. Sie haben Kollegin Pollet-Kammerlander persönlich angesprochen und haben gesagt, auch sie mußte ja einem Mann weichen. (Abg. Rosemarie Bauer: So ist es ja gewesen!) Frau Kollegin Bauer, Sie verkennen dabei offensichtlich, daß die Grünen jederzeit bei ihrer Wahlliste eine 50-Prozent-Quote herstellen können. Daß es natürlich innerhalb dieser Liste auch noch Männer geben soll und darf, ist ja kein Argument, das gegen uns spricht. (Abg. Rosemarie Bauer: Es geht mich ja nichts an! Ich habe nur gemeint, die Frau Kollegin wird nicht mehr da sein!) Es gibt eben auch Männer, und manchmal können auch Frauen als Nachfolger einen Mann akzeptieren, das heißt aber nicht, daß Frauen, so wie Sie, prinzipiell auf diese gleichen Rechte und diese gleiche Vertretung im Parlament verzichten sollen. (Abg. Rosemarie Bauer: Tun Sie mir nichts unterstellen!)

Das ist das Problem bei Ihrer Argumentation: daß Sie nämlich im Prinzip den Kampf um diese gleichen Rechte, um diese Vertretungsrechte schon aufgegeben haben, bevor Sie ihn noch angefangen haben. (Abg. Rosemarie Bauer: Sie glauben, Sie haben das allein richtige Modell!) Das kann man leider nicht anders sagen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rosemarie Bauer: Vielleicht liegt es an Ihrem Vorschlag!)

16.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wie ich bereits angekündigt habe, kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Fristsetzungsantrag.

Ich wiederhole diesen Antrag: Er lautet, dem Gleichbehandlungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 146/A der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen und den Antrag 147/A der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen eine Frist bis 24. Februar 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Eine weitere kurze Debatte betrifft gleichfalls einen Fristsetzungsantrag, und zwar handelt es sich um einen Antrag der Abgeordneten Haigermoser und Genossen, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 367/A der Abgeordneten Haigermoser und Genossen eine Frist bis 31. Jänner 1999 zu setzen.

Wir kommen jetzt zur Debatte. Abgestimmt wird am Schluß dieser Debatte. Was die Redezeiten für Abgeordnete und Mitglieder der Bundesregierung anlangt, verweise ich auf meine einleitenden Ausführungen bei der Anfragebesprechung.

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordneten Haigermoser das Wort. Als Begründer dieses Antrages hat er eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

16.15

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Debattenbeiträge heute vormittag anläßlich der Aktuellen Stunde haben deutlich gezeigt, daß wir mit unserem heutigen Fristsetzungsantrag, welcher die Absicht des Verbotes des Verkaufs unter dem Einstandspreis vorsieht, goldrichtig liegen, und Frau Kollegin Horngacher hat heute auch in ein ähnliches Horn geblasen.

Meine Damen und Herren! Es gibt natürlich verschiedene Denkschulen zu diesen Themen. Eine ist jene des LIF, wie sie unter anderem Helmut Peter immer wieder vorträgt, der da meint, in der Wirtschaft solle alles so vor sich gehen, wie es jedem gefällt, und eigentlich sollte absolute Freiheit vorherrschen. – Damit würden natürlich viele gewachsene Strukturen zerschlagen. Wir meinen, über die Wirtschaft, über das Wirtschaften sollte man die freiheitliche These setzen: Arbeit für alle nur in gesunden Betrieben! Und dem wollen wir uns unterordnen.

Meine Damen und Herren! Kurz zur Chronologie unseres Antrages über das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Herr Kollege Helmut Peter.

An die Adresse der Regierungsparteien gerichtet: Sie haben eine Regierungsvorlage vorgelegt, und anher haben Sie das Ganze schamhaft sterben lassen, Sie haben quasi Angst vor der eigenen Courage gehabt. Präsident Maderthaner hat hiezu Helfershelferdienste geleistet, indem er gemeint hat: Die Geschichte in die unterste Schublade!, aber bei den Sonntagsreden wurde dann immer wieder derartiges eingemahnt, wie wir es in unserem Antrag fokussiert haben, meine Damen und Herren.

Das zeigt einmal mehr auf, wie doppelzüngig in den Regierungsparteien vorgegangen wird, auch wenn jemand so bemüht ist wie Kollegin Horngacher, die heute mit einem Werbeprospekt gewachelt und gemeint hat, das Schweinefleisch würde so billig verschleudert und die Bauern bekämen zuwenig. – Jawohl, Frau Kollegin Horngacher! Wenn Sie das ändern wollen, dann stimmen Sie heute unserem Fristsetzungsantrag zu! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da können Sie zeigen, was Sache ist, auch um Ihrer Landwirtschaft, die in Bedrängnis ist – das tut der Wirtschaft insgesamt nicht gut – zu helfen, meine Damen und Herren.

Ich glaube, es ist wichtig, auch einmal den Notruf, den Notschrei der mittelständischen Wirtschaft in diesem Parlament zu hören. Sie alle haben die Briefe bekommen. Einer zum Beispiel gilt der Forderung: "Stopp dem Verkauf unter dem Einstandspreis". Das ist wichtig zu zitieren, Frau Kollegin Horngacher, und ich spreche bewußt Sie an, weil Sie bei Ihren Ausführungen heute bemüht waren, auch auf unsere Linie einzuschwenken. Den Wahrheitsbeweis müssen Sie mit Ihrer ÖVP erst antreten.

In diesem Schreiben heißt es: "Fairer Wettbewerb ist in Ordnung, und dem muß man sich, will man Unternehmer sein, auch stellen." – So weit, so gut, Herr Kollege Peter, da sind wir derselben Meinung. – "Was aber in unserer Branche, in der Lebensmittelbranche, in der letzten Zeit abläuft, hat mit Fairneß ganz und gar nichts mehr zu tun. Da geht es nicht mehr um das Wohl des Kunden, sondern nur um brutalen Mißbrauch von Marktmacht. Faktum ist: Preise, die weit unter dem Einstand liegen, sind seitens der großen Machtblöcke im Lebensmittelhandel gang und gäbe. Sie werden dazu verwendet, um im Kampf um Marktanteile das eine oder andere Zehntelprozent zusätzlich herauszuschinden und vermeintlich schwächere Mitbewerber zu verdrängen. Zu diesen vermeintlich Schwächeren gehören auch wir, die selbständigen Kaufleute."

Nach vielen Fakten, die noch angeführt werden, schließt dieses Schreiben folgendermaßen: "Wir ersuchen Sie daher dringend, Ihre politische Kraft für ein Gesetz gegen den Verkauf unter dem Einstandspreis einzusetzen".

Meine Damen und Herren! Das sind keine Jammerer, das sind keine Leute, die nach dem Staat rufen, das sind keine Leute, die nach Subventionen rufen, sondern das sind bemühte Gewerbetreibende, die Lehrlinge ausbilden, die im ländlichen Raum noch für die Nahversorgung sorgen, die unter anderem auch um ihre Existenz fürchten, die aber, wie gesagt, auch die Dorf- und Stadtkultur erhalten.

Dazu gibt es 336 Unterschriften von Gewerbetreibenden, die diesen Notruf an das Parlament richten, die um Hilfe ersuchen, die aber eine Form der Hilfe erfahren, die das Wort "Hilfe" nicht verdient. Denn was tut die Bundesregierung, was tut die sozialistische Koalition? – Meine Damen und Herren! Sie plant, Herr Präsident Maderthaner, einem defizitären Bäckereibetrieb in Wien 90 Millionen Schilling in den Rachen zu werfen, 90 Millionen Schilling als Subvention hierfür, daß dieser Betrieb dann unter dem Einstandspreis einem großen Abnehmer Ware liefern will!

Ich habe die Kalkulationsunterlagen über ein Produkt: Zopf, 450 Gramm. Kollege Peter, du als einer, der auch hin und wieder in der Küche vorbeikommt, weißt, welches Produkt ich anspreche. Dieses Produkt hat 11,45 S Selbstkosten, das Angebot "Anker" an "Spar": netto/netto beträgt 6,44 S! Um 6,44 S wird das Ding angeboten, und dieses Unternehmen soll mit 90 Millionen Schilling seitens der Bundesregierung subventioniert werden! Das kann doch nicht Wirtschaftspolitik für die klein- und mittelständische Wirtschaft sein! Mitnichten, meine Damen und Herren, ist das der Fall! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

All diese Probleme wollen wir bis zum 31. Jänner des nächsten Jahres diskutieren, weil dieser unser Antrag schon seit dem Jahre 1996 in einer Schublade dieses Hauses liegt. Frau Tichy-Schreder hat sich beharrlich geweigert, Frau Kollegin Horngacher, die Dinge auf den Tisch zu legen, zu diskutieren und Maßnahmen zu setzen, damit Sie nicht an das Rednerpult treten und mit Ihren Werbezetteln wacheln müssen und um die – ach so bedauernswerten! – Bauern jammern müssen. Tun Sie endlich etwas, was der Sache dienlich ist, Frau Kollegin, und stimmen heute wenigstens Sie mit! Zeigen Sie Mut, meine Damen und Herren!

Daher ist es auch ganz wichtig, noch ein paar Dinge anzusprechen, die in das Gesamtpaket gehören. Ich meine zum Beispiel das untaugliche Kartellrecht, das es in Österreich gibt; ich konnte das heute schon kurz ansprechen.

Herr Präsident Maderthaner! Auf eine Anfrage von mir an den zuständigen oder teilzuständigen Wirtschaftsminister, was er denn hinsichtlich des Kartellrechtes zu tun gedenke, sagte Farnleitner am 23. November 1998 folgendes: Ich bin mir aber der wirtschaftspolitischen Bedeutung des Kartellrechtes bewußt und setze mich daher für eine grundsätzliche Neugestaltung des österreichischen Kartellrechtes in materieller und institutioneller Hinsicht ein. – Zitatende.

Was geschieht in der praktischen Umsetzung? – Kollege Schwarzenberger! Was macht ihr für die Bauern? Was macht ihr für die Mittelständler? Was machst du für deinen Greißler in St. Veit? – Nichts! Du wäscht deine Hände in Unschuld, und in Wien spuckst du große Töne und bist nicht dazu bereit, für die Leute, denen du bei deinen Sonntagsreden Garantien versprichst, einzutreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist ein trauriges Spiel, das du hier mit deiner schwarzen Partie bietest. Du bist nicht bereit, deinen Sonntagsreden auch entsprechende Taten folgen zu lassen. (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger.)

Meine Damen und Herren! Eine große Veranstaltung, ein Hearing ist in Baden über die Bühne gegangen. Es wurde auch von Herrn Wirtschaftsminister Farnleitner groß gefeiert. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Klein- und Mittelunternehmen hat man das Ganze genannt. Ein Seminarteilnehmer hat aber die ganze Geschichte auf den Punkt gebracht – ich entnehme das einer Ausgabe der "Internationalen Wirtschaft", einer angesehenen Zeitschrift –, indem er sagte: Während wir hier jetzt gescheit reden, machen kleine Unternehmer ihre Buchhaltung und füllen Formulare und Statistiken aus. Weiters sagte er: Die Klein- und Mittelständler wollen nicht ausschließlich mit Joint-Venture-Förderungen aus Brüssel bedient werden, sondern auch mit besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Für diese Rahmenbedingungen sind wir hier im Parlament zuständig! Kollege Puttinger! Wir haben gemeinsam in der Wirtschaftskammer Anträge beschlossen. Sei wenigstens du so mutig und stimme heute dieser Fristsetzung – du vergibst dir dabei nichts – zu, damit wir bis 31. Jänner 1999 die Dinge besprechen und vielleicht auch zu anderen Lösungen kommen können! Vielleicht ist das, was ihr in die Regierungsvorlage geschrieben habt, gar nicht gescheit, vielleicht trifft das aber auch auf das zu, was wir jetzt als eigenen Antrag eingebracht haben. Diskutieren wir darüber, wie wir ein Kartellrecht schaffen können, das diesen Namen verdient.

Meine Damen und Herren! Es ist wichtig, Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Wirtschaften ermöglichen, und auch den Verkauf unter dem Einstandspreis als zugegeben kleines Segment im Gesamtproblem zu fokussieren. Orientieren wir uns an Deutschland, wo es Rexrodt im Hinblick auf das Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis noch im letzten Augenblick, nämlich am 26. August 1998, geschafft hat, ein Gesetz in das deutsche Parlament zu bringen, das nun mit 1. Jänner 1999 in Kraft tritt.

Noch einmal gesagt: Es ist ein Teilsegment. Freiheitliche Wirtschaftspolitik findet sich im Schutz der Kleinen – soviel Markt wie möglich –, aber auch darin, daß Strukturen erhalten werden, die bis dato Arbeitsplätze und Lehrlingsausbildungsplätze gesichert haben, und vor allem daß die Dorf- und Stadtkultur so erhalten bleibt, daß damit auch dem Tourismus gedient ist.

Meine Damen und Herren! Daher werbe ich um Zustimmung und nicht um Parteiinteressen, wie Sie es manchmal tun. Springen Sie über diese Hürde! Ich glaube, die Wirtschaft hat es sich verdient. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Für Sie gilt jetzt eine Redezeit von 5 Minuten, ebenso für die nachfolgenden Redner. – Bitte.

16.25

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Meine Damen und Herren! Helmut Haigermoser! Es bedarf keiner Diskussion mehr darüber, daß wir über eine Terminbegrenzung reden. Ich weiß nicht, ob du darüber informiert bist. Ich teile in vielen Dingen deine Meinung, vor allem darin, daß schon längst etwas hätte geschehen müssen. Du kennst aber die Situation, über die noch nicht gesprochen wurde. Wir haben diesen Entwurf leider schon zu lange liegen – darin gebe ich dir recht. Die Ursache dafür liegt darin, daß es äußerst schwierig ist, eine verfassungskonforme Regelung zu finden. Das weißt du.

Ich habe mich darum bemüht. Ich könnte das jetzt vorlesen, aber wir diskutieren jetzt nicht um die Sache selbst, sondern es geht um den letzten Stand. (Abg. Haigermoser: Ich weiß es! Da müssen wir aber im Ausschuß diskutieren!) – Ich will dir den letzten Stand sagen. Warum ist es der 31. Jänner? (Abg. Haigermoser: Darüber müssen wir diskutieren!) – Diskutieren können wir! Wir sind uns aber darin einig, daß es einen fairen Wettbewerb geben muß. Wir sind uns darin einig, daß es nicht angeht, daß Marktpositionen mißbraucht werden. Erst am Vormittag haben wir über die Problematik der Nahversorgung diskutiert, diesbezüglich muß etwas geschehen.

Du bist diesbezüglich ein Profi, das ist dein Geschäft. Es geht nicht nur um den Verkauf unter dem Einstandspreis (Zwischenruf des Abg. Haigermoser), sondern es geht auch um die Problematik des Saisonverkaufes, um die Problematik der Ausverkaufsordnungen, was in einem geregelt werden sollte. Du weißt, daß der Verfassungsgerichtshof die seinerzeitige Regelung aufgehoben hat. Du weißt, der Regierungsentwurf ist mit deinem identisch. Dein Entwurf ist zwei Tage später eingetroffen und ist identisch. Wir haben den Verfassungsdienst dann noch einmal damit befaßt und sowohl bei unseren Formulierungen – in deinem Antrag sind dieselben enthalten – hinsichtlich des Verkaufes unter dem Einstandspreis als auch bei den Formulierungen hinsichtlich des Saisonverkaufes sind schärfste Bedenken angemeldet worden.

Jetzt möchte ich dir sagen, warum der Termin Ende Jänner auf keinen Fall machbar ist. Im Justizministerium versucht man gerade, entsprechend der letzten OGH-Entscheidungen hinsichtlich des Kartellrechtes eine neue Formulierung zu finden. Man würde danach mit der Umkehr der Beweislast operieren können, und man könnte dann damit wahrscheinlich – ich sage deshalb wahrscheinlich, weil wir es noch nicht am Tisch haben – das erreichen, was wir anstreben, nämlich daß einerseits Mißbrauch unmöglich wird und andererseits ein fairer Wettbewerb geschaffen wird.

Diese Formulierung soll auch halten. Es hat keinen Sinn, ein Gesetz zu machen, welches drei oder sechs Monate später vom Verfassungsgerichtshof wieder aufgehoben wird und somit nicht hält. (Abg. Haigermoser: Das verlange ich nicht!) Daher bitte ich um ein bißchen Geduld, bis der Entwurf des Justizministeriums betreffend das Kartellgesetz da ist, und dann werden wir schauen, ob wir in dem Bereich, in dem wir eine Vorlage im Ausschuß haben, die jener der Freiheitlichen ähnlich ist, zu einer Regelung kommen werden.

Aus diesem Grund sehen wir uns nicht in der Lage (Abg. Haigermoser: Acht Jahre, Kurt!), einer Fristsetzung mit 31. Jänner zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Mag. Steindl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

16.28

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Haigermoser! Du weißt, ich schätze dich und auch deine Rhetorik sehr, aber ich habe heute eine neue Qualität in dir entdeckt, nämlich die des Abschreibens. (Abg. Haigermoser: Stimme zu, dann bist du mein Freund!) Der Antrag, den du eingebracht hast, ist nämlich wortidentisch mit unserer Regierungsvorlage, die seit 1996 im Ausschuß liegt. (Abg. Haigermoser: Das habe ich von Anfang an gesagt!)

Ich weiß, daß wir dieses Problem vertagt haben. (Abg. Haigermoser: Mach keine Kindesweglegung!) Ich mache auch kein Hehl daraus, daß wir innerhalb der Regierungsparteien noch keinen Konsens gefunden haben. Man muß auch ganz deutlich sagen, daß gewisse Dinge nicht gewünscht werden. Wir stehen natürlich zum Schutz der Klein- und Mittelbetriebe; das ist auch heute von Frau Kollegin Horngacher betont worden. (Abg. Mag. Stadler: Ich habe geglaubt, ihr seid der Gewerbeschutzverein!) Wir müßten Wahnsinnige sein, wenn wir nicht in diese Richtung weiter drängen würden. Gerade im Südburgenland gibt es Dörfer, die nicht einmal einen kleinen Nahversorger haben. Da gibt es gar nichts mehr. Da sind wir im Norden noch etwas besser dran.

Aber wenn man dieses Problem beziehungsweise diesen Antrag oder, wenn du willst, die Regierungsvorlage unterteilt, dann kommt man auf zwei Dinge, auf die Herr Abgeordneter Heindl schon ein wenig eingegangen ist: Das sind einmal Saisonschluß und Sonderverkäufe. Diesbezüglich gibt es in der Tat verfassungsrechtliche Bedenken. Das Grundrecht der Erwerbsfreiheit wird da anscheinend eingeschränkt, und man muß natürlich in diesem Zusammenhang darüber diskutieren, ob man überhaupt überall eine Beschränkung haben will. – Wir diskutieren seit zwei Jahren über Deregulierungsmaßnahmen, also darüber, wie man entbürokratisieren kann. (Abg. Haigermoser: Die Statistik zum Beispiel!) Ich weiß aber nicht, ob in diesem Fall – das ist meine persönliche Meinung – ein Regelbedarf gegeben ist.

Nun zum Verbot des Verkaufs zum oder unter dem Einstandspreis: Du weißt, daß die Formulierung in § 3a Nahversorgungsgesetz mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aufgehoben wurde. Jetzt gibt es Überlegungen unsererseits in die Richtung, daß man sagt: Okay, peilen wir § 35 Kartellgesetz an, versuchen wir eine Ergänzung des Tatbestandes, also einen weiteren Tatbestand zu bekommen, wie zum Beispiel Verhinderung von Mitbewerbern durch Unterkostenverkäufe, um eine Überprüfung von Kriterien einer marktbeherrschenden Stellung möglich zu machen.

In der Tat ist es so, daß sehr viele – das ist der sogenannte Filialeffekt – Großbetriebe Filialen errichten, sich das Geld woanders holen und mit den Preisen hinuntergehen. Da kann natürlich kein Kleinbetrieb bestehen. Das sehen wir auch so. Vielleicht könnte man dafür eine Möglichkeit, nicht im KMU-Gesetz, aber im Kartellgesetz finden.

Außerdem sollten wir schauen, wie Deutschland ... (Abg. Haigermoser: Das gibt es!) – Nein, Deutschland hat ab 1. Jänner 1999 ein derartiges Gesetz, es tritt mit 1. Jänner in Kraft. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Das gibt es schon!) Vielleicht sollten wir ein bißchen abwarten und beobachten, wie es sich dort entwickelt. Ich glaube, diesbezüglich sollten wir EU-konform (Abg. Haigermoser: § 20 im deutschen Gesetz!) – ja, ja! – vorgehen und bestrebt sein, unsere Gesetze danach auszurichten.

Dieser Fristsetzungsantrag wird deshalb nicht unsere Zustimmung finden, weil die vorgesehene Frist zu kurz ist. Wir werden uns aber, Frau Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, garantiert mit dieser Materie beschäftigen und auch Lösungsvorschläge im Nationalrat unterbreiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

16.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Eines ist immer wieder erstaunlich: Der Verfassungsgerichtshof hat diese Entscheidung im Jahre 1990 gefaßt. Herr Kollege Heindl! Uns ist es im Prinzip egal, wenn über das Kartellrecht eine entsprechende gesetzliche Änderung, eine Regelung des fairen Wettbewerbs erfolgen soll; dann soll es eben über das Kartellrecht geschehen. Aber Tatsache ist, daß bei Ihnen alles in die Schublade kommt. Es gibt nur immer wieder Sonntagsreden des Herrn Präsidenten Maderthaner, die Kollege Haigermoser bereits angesprochen hat, der in dieser Hinsicht, wie ich meine, Weltmeister ist.

Wie heißt es so schön: Stopp des Verkaufs unter dem Einstandspreis! – Herr Präsident Maderthaner hat sich bereits mehrmals publikumswirksam für Stopps ausgesprochen. Die Forderung "Stopp der Gesetzesflut" wurde ebenfalls im Jahre 1996 im Petitionsausschuß von Herrn Kollegen Maderthaner eingebracht. Was ist damit passiert? – Man hat ein Hearing, um das neudeutsche Wort zu gebrauchen, veranstaltet, damit es tatsächlich publikumswirksam ist, und dann ist die Materie einem Ausschuß zugewiesen worden und verschimmelt seitdem in irgendeiner Schublade, in irgendeiner Ablage. – Das ist den Wirtschaftstreibenden, Herr Präsident, unheimlich wichtig, nämlich nichts umzusetzen und immer nur Forderungen zu erheben, obwohl gerade Sie von Rot und Schwarz als Regierungsparteien die Forderungen umsetzen müßten und könnten. Setzen Sie doch Ihre eigenen Forderungen einmal um! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie wissen, daß der Verkauf unter dem Einstandspreis mehr denn je zu einem Instrument der Marktbereinigung geworden ist, ein Mittel des Verdrängungswettbewerbes. Das ist ein unfairer Wettbewerb, der den kleinen Händler, den Kleinunternehmer, das mittlere Unternehmen schädigt. Diese können bei diesem Preiskrieg mit Sicherheit nicht mitmachen. Diese können diesen Krieg nicht gewinnen, sie haben aber den Schaden zu tragen, wenn Groß gegen Groß kämpft, wie beispielsweise bei dem bekannten Gurkerlkrieg. Dabei ging es um die Marchlandgurkerln – Billa gegen Spar, 4,90 S, 5,40 S oder 5,50 S, Einstandspreis 7 S.

Ich sage Ihnen das nur deswegen, weil Ihnen dieser Fall bekannt sein dürfte. Betroffen davon sind die kleinen Händler, denn diese Aktionen gibt es en masse. Betroffen davon sind die Facheinzelhändler. Dadurch tritt ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil ein, aber auch die wirtschaftliche Existenz wird davon bedroht. Das ist ein, wie ich meine, Mißbrauch der Marktmacht.

Wir haben es bereits vernommen, in der Bundesrepublik Deutschland wird eine entsprechende Regelung mit 1. Jänner 1999 in Kraft treten. Es ist die typische Linie der ÖVP, der sogenannten Wirtschaftspartei, wieder darauf hinzuweisen, möglichst nichts zu tun und abzuwarten, was mit diesem Gesetz in der Bundesrepublik Deutschland passiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Steindl hat sogar die EU-Konformität angesprochen. Alles ist Ihnen recht, nur um warten zu können. Acht Jahre des Wartens – seit dem Erkenntnis aus dem Jahre 1990 – sind Ihnen offenbar nicht genug.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gründe sind bekannt. Ich habe festgestellt, daß mehr oder weniger übereinstimmend alle den Gedanken haben, daß da etwas passieren muß. Geben Sie diesem Fristsetzungsantrag Ihre Zustimmung, denn dann werden wir über eine faire Regelung dieses miesen marktwirtschaftlichen Instruments, das derzeit Anwendung findet, im Ausschuß diskutieren und auch eine verfassungsrechtliche Absicherung dabei erarbeiten können! Ich sehe keinen Grund, warum Sie diesem Fristsetzungsantrag Ihre Zustimmung nur ansatzweise verweigern könnten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

16.37

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses. Wir Liberalen werden selbstverständlich der Fristsetzung zustimmen, und zwar aus dem einfachen Grund, weil es eine Schande ist, daß ein Antrag, der am 13. Dezember 1996 gestellt wurde, bis heute noch immer nicht behandelt wurde. Als er sich einmal, nämlich am 31. März 1998, auf der Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses gefunden hat, wurde er mit dieser oder jener Begründung vertagt. Ich halte das für eine Schande und für eine falsche Vorgehensweise im Parlament.

Das hindert mich aber nicht daran, gegen den Inhalt dieses Antrags aufzutreten. Der Handelsschützer Haigermoser reitet wieder. Er reitet gegen das Bollwerk des Strukturwandels, assistiert vom Herrn Hofmann, der dem Stopp der Gesetzesflut das Wort spricht und gleichzeitig ein neues Gesetz verlangt, das unvollziehbar ist. Den Preis, liebe Kolleginnen und Kollegen, macht allemal der Markt, und die Kalkulation hat die Aufgabe, festzustellen, ob zu einem gewissen am Markt erzielbaren Preis ein Unternehmen kostendeckend arbeiten kann – ja oder nein. Der Preis entsteht nicht durch die Kalkulation in einer Wettbewerbswirtschaft, in einem Verdrängungswettbewerb, in dem es durchgängig mehr Angebote als Nachfrage gibt.

Schlagen wir uns also den gerechten Preis aus dem Kopf! Es gibt Gott, den Gerechten, aber keinen gerechten Preis. Wer soll denn den gerechten Preis festsetzen? – Der Herr Wirtschaftsminister oder der Verfassungsgerichtshof? Wer soll denn die gerechten Preise machen? Wer prüft denn die Kalkulationen der Unternehmer? Wer sagt denn, was ein gerechter Gewinn ist, was eine gerechte Rückstellung ist, was eine gerechte Abschreibung ist? – All das ist doch wirtschaftspolitischer Mumpitz. Das ist doch hanebüchener Unsinn. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser.)

Lieber Freund Haigermoser! Auch wenn du als Handelsschützer gegen den Strukturwandel reitest, wirst du ihn nicht aufhalten. Du wirst unter die Räder kommen. Die Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu setzen – klar verständlich, leicht vollziehbar, nachhaltig kontrollierbar. Wenn wir kleinen Handelsbetrieben helfen wollen, dann müssen wir ihnen das zurückgeben, was sie brauchen, nämlich ihre Geschwindigkeit, ihre Beweglichkeit, ihre Kreativität. Hindern wir kleine Handelsbetriebe nicht laufend daran, das zu tun, was die Konsumenten wollen! Wir durften darüber in der heutigen Aktuellen Stunde schon diskutieren.

Allen drei Anforderungen an die Politik, klar verständliche Regelungen, die leicht nachvollziehbar und nachhaltig kontrollierbar sind, werden die Gesetzesvorschläge des Herrn Haigermoser nicht gerecht. Dennoch bin ich dafür, daß wir darüber diskutieren, weil Ausschüsse dazu da sind (Zwischenruf des Abg. Haigermoser) – jetzt rede ich einfach weiter; ich lasse mich von dir nicht unterbrechen, es gelingt dir nicht; ich werde das rechte Ohr zustopfen –, letztlich Betrieben die Möglichkeit zu geben, Lösungen zu finden, wie sie besser und erfolgreicher wirtschaften können. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Preis- und Angebotspolitik wird auch weiterhin zum Wohle der Konsumenten am Markt erfolgen. Dort, wo die Regierung sträflich nachhängt, wo Handlungsbedarf besteht – das müßtest du fordern, Haigermoser –, betrifft die Frage des Kartellrechtes, betrifft die Frage, wie sie es denn mit einem Kartellrecht hält, das nur eine Verbandsklage kennt. Warum macht man nicht eine wirkliche Reform des Kartellrechtes, bei dem sich jede Bürgerin, jeder Bürger selbstverständlich darauf berufen kann, ein Kartellverfahren in Gang setzen kann, wenn es marktbeherrschende Stellungen im regionalen oder nationalen Bereich gibt? Aber in einer freien Wirtschaft mit offenen Grenzen preisdirigistisch eingreifen zu wollen, sind Rufe aus der tiefen Haigermoser’schen Vergangenheit. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Fristsetzungsantrag, der Gegenstand dieser Debatte war.

Ich wiederhole noch einmal: Es handelt sich um den Antrag, dem Wirtschaftsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 367/A der Abgeordneten Haigermoser und Genossen eine Frist bis 31. Jänner 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Fristsetzungsantrag ist abgelehnt.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen zur Behandlung des letzten Fristsetzungsantrages am heutigen Tage. Zur Diskussion steht jetzt in einer kurzen Debatte der Antrag der Abgeordneten Dr. Schmidt, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 517/A der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen eine Frist bis 15. Dezember 1998 zu setzen.

Die Debatte findet jetzt statt, über den Antrag wird anschließend an die Debatte abgestimmt.

Ich beziehe mich auf meine früheren Instruktionen über die Redezeiten, die bei dieser Debatte gelten.

Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Heide Schmidt als Antragstellerin zur Begründung ihres Antrages das Wort. Sie haben eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

16.42

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Liberalen haben das Verlangen gestellt, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über einen Antrag der Liberalen zur Änderung der Bundesverfassung hinsichtlich der Zuständigkeiten der Volksanwaltschaft und der Bestellung der Volksanwälte deswegen bis 15. Dezember eine Frist zu setzen, weil – davon gehe ich aus, Frau Dr. Krammer – am 16. Dezember dieses Haus gemäß der Tagesordnung damit befaßt sein wird, eine Volksanwältin zu wählen, und zwar deshalb, weil Frau Volksanwältin Messner aus dem Amt scheidet.

Ich muß jetzt etwas vorausschicken. Frau Dr. Krammer! Wenn ich den Berichten in den Zeitungen glauben darf, werden Sie hier die Mehrheit bekommen. – Für meine Person sage ich: Sie werden auch meine Stimme bekommen, weil ich mir gut vorstellen kann, daß Sie diese Aufgabe gut erledigen werden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage ganz offen: Aus meiner bisherigen Erfahrung und aus meiner Einschätzung Ihrer Person halte ich das für einen durchaus guten Vorschlag. – Darum geht es also nicht, sondern es geht um Grundprinzipien. Es geht einerseits darum, wie die Bestellung der Volksanwälte künftig zu erfolgen hat, und andererseits darum – das sind für mich persönlich die zwei wichtigsten Punkte aus unserem Antrag –, welche Zuständigkeiten diese Volksanwaltschaft in Zukunft für ihren Prüfbereich haben soll.

Wenn Sie Volksanwältin werden sollten, dann werden auch Sie das derzeitige Defizit so empfinden, wie es die drei Volksanwälte jetzt schon artikuliert haben. Es sollte im Interesse dieses Parlaments liegen – denn die Volksanwaltschaft ist ja ein Prüfungsorgan des Parlaments, das ist nicht irgendeine Einrichtung, sondern das ist unser Organ –, daß die Prüfungstätigkeit überall dort stattfinden kann, wo sie einerseits von den Bürgerinnen und Bürgern für notwendig gehalten wird – denn es geht um das Beschwerderecht der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes –, oder andererseits die Volksanwälte von Amts wegen eine Prüfung aufnehmen wollen. Im Jahre 1977, als die Volksanwaltschaft eingerichtet wurde, hat man allerdings dieses Prüfungsrecht auf die Bundesverwaltung – und auf die Landesverwaltung dann, wenn besondere Zuständigkeiten erklärt werden – begrenzt.

Inzwischen hat dieses Parlament jedoch eine Ausgliederung nach der anderen beschlossen, und auf diese Weise ist bei Gleichbleiben des Kompetenztatbestandes der Kompetenzbereich immer mehr geschrumpft. Das heißt: All das, was früher einmal in die Prüfungstätigkeit gefallen ist, ist jetzt herausgenommen worden. Ein ähnliches Phänomen gibt es auch beim Rechnungshof, aber betreffend Rechnungshof haben wir nachgezogen. Betreffend Volksanwaltschaft ist dieses Haus hingegen untätig geblieben. (Abg. Schieder: Dafür haben die Länder meist keine eigene!) – Das hat jetzt überhaupt keine Relevanz, denn ob die Länder eine eigene Prüfungskompetenz haben oder die Volksanwaltschaft für zuständig erklären, ist nicht der Punkt!

Der Punkt ist, welche Bereiche überhaupt geprüft werden können. Durch die Ausgliederung sind viele Bereiche heute dieser Kompetenz entzogen worden, ob es sich nun um die Post, die Bahn, die ASFINAG, das Arsenal oder das Wirtschaftsforschungsinstitut handelt, obwohl es wesentlich wäre, daß diese Unternehmen auch von einer Kontrolleinrichtung des Parlaments überprüft werden können.

Ich frage mich, was in Ihren Köpfen vorgeht, daß Sie hier keinen Handlungsbedarf erkennen – um dieses politische Wort zu verwenden. Wir haben bereits im Juli vergangenen Jahres einen einschlägigen Antrag eingebracht. Wir haben diesen eingebracht, um diesem Mißstand – denn ich empfinde es als Mißstand, daß wir uns selbst ein Prüfungsorgan schaffen und dieses dann immer mehr aushöhlen – zu begegnen, indem wir den Kompetenztatbestand verändern. Sie haben diesen Antrag liegen lassen. Ein Jahr lang ist nichts geschehen. Dann haben wir, als es darum ging, unsere Bereitschaft für einen Verfassungsausschuß zu erreichen, gesagt: Wir sind nur dann bereit, wenn auch dieser Antrag auf die Tagesordnung des Verfassungsausschusses gesetzt wird. Dazu waren Sie zunächst bereit. Aber was haben Sie dann getan? – Sie haben einen Unterausschuß eingesetzt, aber offensichtlich nicht zu dem Zweck, daß die Sache ausführlicher diskutiert werden kann, sondern offensichtlich um eine genehme Schublade dafür zu bekommen.

Dabei habe ich Sie im Verdacht, daß es Ihnen vordergründig nicht einmal nur um diesen Punkt gegangen ist, denn vielleicht können wir Sie bei diesem Punkt mit Bewußtseinsarbeit auch dazu bringen, daß wir eine Änderung durchführen. Ich habe Sie im Verdacht, daß es Ihnen um einen anderen Punkt ging, der auch in diesem Antrag enthalten ist, nämlich um den Bestellungsvorgang.

Das war mein Ausgangspunkt, was Frau Dr. Krammer betrifft. Der Bestellungsvorgang stammt nämlich ebenfalls noch aus einer Zeit, als es in diesem Haus nur drei Parteien gab. Daher hat man damals noch mit Bundesverfassungsgesetz festgelegt, daß die drei stärksten im Hauptausschuß vertretenen Parteien ein Vorschlagsrecht haben. Inzwischen gibt es in diesem Parlament aber nicht nur drei Parteien, sondern fünf, und es geht hiebei doch um ein Kontrollorgan, an dem selbstverständlich auch die Opposition ein besonderes Interesse hat.

Nun wird dieses Kontrollorgan nur von den drei stärksten Parteien beschickt, wobei ich nicht unterstelle, daß man es sich richten möchte; solche Erfahrungswerte habe ich, ehrlich gestanden, nicht. Aber wir wissen genau, daß es nicht nur darum geht, jetzt Erfahrungswerte einzubringen, sondern ein Instrumentarium auch für künftige Zeiten tauglich zu machen. Niemand von Ihnen kann wissen, wie es einmal hier aussehen wird. Vielleicht gibt es dann ein Kontrollorgan, bei dem es sich die drei stärksten Parteien vielleicht richten können! Ich frage mich, ob das im Sinne einer echten Kontrolle liegt!

Ich weiß, daß Ihr Kontrollverständnis sowieso ein sehr eingeschränktes ist. Es verhält sich ja in anderen Bereichen ähnlich, wenn es darum geht, daß wir Kontrollrechte des Parlaments ausbauen oder so gestalten wollen, wie es in anderen Demokratien üblich ist, zum Beispiel bei der Einrichtung von Minderheitenrechten. Da sind Sie schon heftig dagegen! Und wie Sie die vorhandenen Kontrolleinrichtungen, nämlich die Kontrollausschüsse im Parlament, mit Ihren Mehrheiten behandeln, ist auch bekannt. Wenn Sie aber noch dazu ein eigenes Instrumentarium so beschicken wollen, daß von vornherein die – zugegebenermaßen – kleinere Opposition überhaupt nichts mitzureden hat, dann muß ich das als Ausdruck der politischen Unkultur bezeichnen!

Deswegen wollen wir jetzt darüber reden, jetzt, zu einem Zeitpunkt, zu dem man nicht sagen kann: Wir wollen keine Anlaßgesetzgebung! Denn das ist dann immer das Argument: Jetzt steht die Bestellung bevor, wir wollen keine Anlaßgesetze schaffen, warten wir auf das nächste Mal. – Jetzt ist noch Zeit, denn erst im Jahre 2001 wird uns der nächste Bestellungsvorgang hier beschäftigen. Daher haben wir jetzt diesen Fristsetzungsantrag gestellt. Er muß ja nicht erledigt werden, sondern es geht einmal darum, daß wir ihn im Ausschuß wieder aufgreifen und darüber argumentieren. Ich hätte auch gerne gehört, wie Frau Dr. Krammer jetzt noch darüber redet und ob sie sich jetzt schon hineinversetzen kann in eine Situation, in der sie dann mit ihrer Funktion sein wird, in der sie unmittelbar spüren wird, was hier wirklich an Nachholbedarf gegeben ist. Das wäre mir recht gewesen!

Ich denke mir, Sie vergeben sich nichts dabei, wenn Sie ein Signal setzen, indem Sie sagen: Soll sein! Reden wir rechtzeitig darüber! Wir stimmen diesem Fristsetzungsantrag zu. – Das bedeutet ja nicht, daß Sie allen Punkten, die in diesem Antrag enthalten sind, zustimmen müssen. Aber Sie geben damit das Signal, daß Sie bereit sind, eine Änderung durchzuführen.

Ich bitte Sie, dieses Signal hier zu geben, und zwar nicht im Interesse der Grünen oder der Liberalen, die derzeit ausgeschlossen sind, sondern im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Denn die Bürgerinnen und Bürger empfinden diese Institution auch als ihr Instrumentarium, und dieses Signal sollten Sie den Bürgerinnen und Bürgern nicht verwehren. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Sie haben eine Redezeit von 5 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

16.49

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Schmidt hat ihren Antrag soeben erläutert, der sich ja mit dem Vorschlag der Volksanwaltschaft deckt.

Im wesentlichen gibt es drei inhaltliche Forderungen beziehungsweise Wünsche zur Aufwertung der Volksanwaltschaft. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt.)

Erstens: Kontrolle auch für ausgegliederte Unternehmen.

Zweitens: Verbindliche Fristen für Ministerien.

Drittens: Bestellungsvorschlag für alle Fraktionen.

Zu Punkt eins: Diesem Wunsch können wir uns nicht anschließen, da diese Forderung genau dem Prinzip der Ausgliederung widerspricht. Ziel der Ausgliederung ist es, daß die ausgegliederten Unternehmen frei und nach den Marktmechanismen agieren können, daher kann nicht durch eine öffentliche Einrichtung kontrolliert werden, ob diese Unternehmen kundenfreundlich, unbürokratisch, korrekt und so weiter agieren. Das wird der Markt kontrollieren, und wenn es nicht funktioniert, dann wird der Markt auch Sanktionen setzen. Wir meinen, daß es jedenfalls kontraproduktiv wäre, diese freien Unternehmen nun wieder unter staatliche Kontrolle zu stellen. – Übrigens ist der Querverweis zum Rechnungshof unserer Meinung nach nicht zulässig, da es sich hiebei um einen ganz anderen Prüfungsauftrag handelt.

Zu Punkt zwei: Fristen für die Ministerien. Grundsätzlich hat die SPÖ dagegen keinen Einwand. Wir haben damit kein Problem. Die Erfahrungen haben aber gezeigt, daß nur in wenigen Ausnahmefällen die Ministerien nicht entsprechend oder überhaupt nicht antworten. Zudem würde eine Frist auch keine Sanktionen ermöglichen. Daher sind wir der Meinung, daß eine Verfassungsänderung nur in diesem Punkt nicht gerechtfertigt wäre.

Punkt drei: Bestellungsvorschlag für alle Fraktionen. Sie haben recht, daß die Rechtslage aus einer Zeit stammt, in der nur drei Parteien hier im Hause vertreten waren und dementsprechend die Regelung gilt, daß die drei größten Parteien Vorschlagsrecht haben. Ihr Wunsch ist daher nunmehr, daß alle fünf Parteien dieses Vorschlagsrecht haben sollen. – Wir haben in sich ändernden Zeiten, in welchen die politische Landschaft eine andere geworden ist, durchaus Verständnis für den Wunsch, daß darüber diskutiert werden soll. Wir haben kein Problem damit, wir finden diesen Vorschlag durchaus diskussionswürdig.

Ich möchte aber feststellen, daß aufgrund der gültigen Regelung bereits jetzt gewährleistet ist, daß auch die Opposition in der Volksanwaltschaft vertreten ist, und ich möchte zur Vorsicht mahnen, daß bei der von Ihnen gewünschten neuen Regelung dieser Oppositionsschutz nicht mehr gegeben wäre. Daher glauben wir, daß trotz dieser demokratischen Probleme die jetzige Regelung besser ist als der von Ihnen gemachte Vorschlag.

Daß bei einer etwaigen Veränderung nicht einfache Mehrheiten alles durchsetzen können, sondern allenfalls Zweidrittelmehrheiten, dafür wird jedenfalls zu sorgen sein. Mit dieser und weiteren Fragen werden wir uns jedenfalls in Zukunft beschäftigen. Es gibt bei der SPÖ Diskussionsbereitschaft, und es wurde bereits ein Unterausschuß für die Diskussion dieser Fragen eingerichtet. Gegenwärtig ist die SPÖ der Meinung, daß die jetzt gültige Regelung in Ordnung ist, und daher können wir heute Ihrem Antrag nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. – Bitte.

16.54

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir von der Österreichischen Volkspartei werden diesen Fristsetzungsantrag mit einer Frist bis zum 15. Dezember 1998 ablehnen. (Abg. Mag. Peter: Wieso denn das?) Das überrascht Sie, Kollege Peter? (Abg. Mag. Peter: Ich bin von den Socken!) Ich wußte das, daher wollte ich es Ihnen auch schon vorweg mitteilen, damit Sie bei der anschließenden Abstimmung nicht völlig die Contenance verlieren und erwarten, daß wir mitstimmen.

Zu den drei Begehren des Antrages von Frau Dr. Schmidt beziehe ich mich auf meinen Vorredner, Herrn Ing. Kaipel. Betreffend die Ausdehnung des Tätigkeitsbereichs, Frau Dr. Schmidt, bin ich teilweise Ihrer Meinung. Ich bin auch der Meinung, daß man den Tätigkeitsbereich auf jene ausgegliederten Betriebe ausdehnen sollte, die sozusagen eine Monopolstellung haben. Ich bin aber andererseits der Meinung von Ing. Kaipel, daß bei ausgegliederten Betrieben, die in einem ordentlichen wirtschaftlichen Konkurrenzverhältnis stehen, eine Prüfung durch die Volksanwaltschaft nicht mehr gerechtfertigt ist. (Abg. Dr. Schmidt: Wo ist da der Unterschied zum Rechnungshof?) Frau Dr. Schmidt! Wie gesagt: Es besteht in diesem Punkt eine Diskrepanz zwischen uns und dem Koalitionspartner, daher muß ich Sie in diesem Zusammenhang auf die nächste Legislaturperiode vertrösten!

Bezug nehmend auf den zweiten Punkt betreffend Beantwortung durch die Ministerien meine ich, daß wir diesbezüglich keine weiteren Fristveränderungen vornehmen müssen, da im Prinzip die Beschwerden der Volksanwaltschaft punkto Beantwortung durch die Ministerien selten sind. Ich glaube, da besteht kein Handlungsbedarf.

Im Zusammenhang mit dem Vorschlagsrecht für die Volksanwälte habe ich Sie, ehrlich gesagt, nicht verstanden, und ich bitte Sie, mir diesbezüglich eine Erklärung zu geben: Meinen Sie mit dem Vorschlagsrecht aller im Parlament vertretenen Parteien, daß die Zahl der Volksanwälte der Zahl der im Parlament vertretenen Parteien entsprechen soll? (Abg. Dr. Schmidt: Sie brauchen sich nur unseren Antrag anzuschauen, dann wissen Sie es!) – Ich habe den Antrag durchgelesen. Er impliziert an sich, daß jede im Parlament vertretene Partei auch das Recht hätte, einen Volksanwalt zu entsenden. Daß das natürlich nicht unsere Zustimmung finden kann, werden Sie verstehen, Frau Dr. Schmidt! (Abg. Dr. Schmidt: Sie wollen unter sich bleiben, das verstehe ich!) Es gibt auch in diesem Punkt keine Übereinstimmung.

Daher noch einmal: Wir werden diesen Antrag ablehnen. Der Unterausschuß ist bereits installiert, ein diesbezüglicher Antrag liegt vor. Ich glaube, daß wir das Ganze zur gegebenen Zeit neu diskutieren werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort ist jetzt Herr Abgeordneter Smolle gemeldet. – Herr Abgeordneter! Darf ich Sie einladen, das Wort zu ergreifen – oder auch nicht; wie Sie wollen! (Abg. Dr. Haider: Ein bißchen mehr Tempo!)

16.57

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Visoki Dom! Hohes Haus! Herr Präsident! Bei uns in den hinteren Reihen war jetzt ein bißchen ein Wirbel, weil wir um einen Antrag verhandeln, der das Liberale Forum in zwei Teile teilt: Ein Teil will den Antrag unterschreiben, der andere Teil will ihn nicht unterschreiben. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Wir haben keine Angst davor, zuzugeben, daß die Diskussionen sehr heftig und sehr konkret sind. Daher habe ich mich etwas verspätet. (Abg. Mag. Barmüller: Zur Sache bitte!) Aber ich sage nicht, um welchen Antrag es geht! Soviel Fairneß muß sein!

Meine Damen und Herren! Nach dieser etwas launigen Einleitung noch ein paar ernste Worte zu unserem Fristsetzungsantrag: Ich glaube, er ist berechtigt. Die Materie liegt lange genug im Haus, und es wäre notwendig, sie zu erledigen. Wir betrachten diese Bestimmungen aus der vielleicht beziehungsweise angeblich goldenen alten Zeit, als in diesem Haus nur drei Parteien vertreten waren, die sich gewisse Dinge hier im Lande aufgeteilt haben, als veraltete Bestimmungen. Ich meine, damit sollte man Schluß machen!

Wir haben ein ähnliches Problem – Herr Präsident, verzeihen Sie mir, daß ich so konkret werde! – auch im Zusammenhang mit dem Präsidenten des Nationalrates. (Abg. Dr. Kostelka: Wieso soll er das verzeihen?) Auch diesbezüglich wäre es natürlich eine ganz wichtige Geste gegenüber der Opposition, wenn es auch einen Präsidenten aus den Reihen der kleineren Parteien der Opposition gäbe. Es wäre an sich normal, daß wir in diesen Punkten anders vorgehen könnten. Hiebei geht es eben um die Frage, wie sehr man bereit ist, Demokratie auch hier im Hohen Haus zuzulassen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Dazu möchte ich ein ganz einfaches Beispiel erwähnen: Wenn es ein Vorschlagsrecht der Opposition für die Volksanwälte gäbe, dann müßten doch gerade die Oppositionsparteien sehr intensiv darüber nachdenken, wen sie vorschlagen; er sollte eben nicht nur aus ihren Reihen kommen, damit er einen breiteren Konsens erreicht. Das ist der Hintergedanke unseres Vorschlagsrechtes: Es soll nicht mehr Volksanwälte geben, sondern Volksanwälte, die eine möglichst breite demokratische Zustimmung hier im Haus erfahren! Das ist der Hintergrund! Es ist dies ein mutiger Versuch, die personellen Vorschläge zu demokratisieren und zu konkretisieren. Im Hinblick darauf könnten Sie wirklich einen Schritt in Richtung unseres Vorschlages machen!

Meine Damen und Herren! Wir sind der Auffassung, daß vor allem die Antworten der ermahnten beziehungsweise befragten Behörden rascher erfolgen sollen. Es sollte schneller zu Antworten kommen. Das ist ein ganz wichtiges Recht! In diesem Sinne sehe ich den Fristsetzungsantrag als berechtigt an und bitte um Ihre Unterstützung! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. – Bitte.

17.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was wir vorher erlebt haben, war so etwas wie eine paradoxe Intervention zum Quadrat. Es war ganz interessant, zu hören, daß Abgeordneter Kaipel den freien Markt und die freien Unternehmen gegen den dirigistischen Eingriff der Abgeordneten Dr. Schmidt verteidigt, während Abgeordnete Dr. Schmidt die politische Kontrolle über freie Unternehmen eingefordert hat.

Und damit bin ich beim Punkt: Meine Damen und Herren! Wissen Sie wirklich, daß das freie Unternehmen sind? Haben für den Bereich der ausgegliederten Unternehmen, und zwar nicht nur für jene, die monopolartig tätig sind, sondern auch für die anderen, Parteien – Regierungsparteien – nicht vorher kluge oder weniger kluge Überlegungen angestellt, wen man entsendet, wer dort für die Parteien in den Gremien kontrolliert? Sind nicht genügend ausgegliederte Betriebe und Unternehmen dieser Art in Österreich immer wieder Gegenstand auch der politischen Debatte? Und hat es nicht immer wieder auch Probleme gegeben, weil nicht unbedingt immer die Interessen des Betriebes, sondern auch die Interessen der Partei oder der Parteien, die die Herrschaft in diesen Betrieben haben und hatten, vertreten werden?

Wenn man das so betrachtet, Herr Abgeordneter Kaipel, dann, muß ich sagen, ist nur mehr Ihre Intervention reichlich paradox! Es tut mir leid, sagen zu müssen, daß Sie in dieser Frage des politischen Kontrollanspruchs offensichtlich sogar schon von der ÖVP überflügelt werden, die sich immerhin bereit erklärt hat, darüber zu diskutieren, wenn diese Betriebe monopolartig tätig werden. Die SPÖ sagt jedoch: Nein, nicht einmal dann reden wir darüber! – Das ist der Stand der Diskussion in der SPÖ? Das darf doch nicht wahr sein! Ich habe da auch schon andere Dinge von Ihrer Seite gehört.

Frau Abgeordnete Dr. Krammer! Ich wünsche Ihnen wirklich viel Glück! Ich bin mir sicher beziehungsweise ich hoffe, daß Sie, wenn Sie Volksanwältin sein werden – und Sie werden es ja offensichtlich, auch ohne daß wir ein Vorschlagsrecht ausüben dürfen –, dann von diesem Podium aus, so wie Sie es leider heute nicht getan haben, genau diese Forderung, die auch die Volksanwälte in den letzten Jahren immer gestellt haben, erheben werden. Ich wünsche mir das.

Frau Abgeordnete Krammer! Ich hätte mir auch für die heutige Debatte gewünscht, daß Sie aus dieser Rolle, die die Partei vorgegeben hat, herausschlüpfen und sagen: Ich würde mir das auch wünschen, und zwar nicht für mich als "Christkindlwunsch", sondern weil das die Aufgaben einer ernstzunehmenden Volksanwaltschaft erfordern. – Das ist einfach so!

Wenn wir tatenlos zuschauen, wie die Volksanwaltschaft immer weniger Regelungsbereiche hat, dann geschieht nämlich – und das ist das eigentliche Problem –, was wir schon so oft erlebt haben: Die Demokratie kommt nicht nur von oben in Gefahr, weil demokratische Parteien von sich aus darauf verzichten, die Möglichkeiten, die ihnen die Verfassung gibt, zu nutzen und Regelungen zu treffen –, sondern sie kommt auch von unten in Gefahr. Und das ist doch der Grund auch für diese Debatte und für diesen Antrag: Die Demokratie kommt von unten in Gefahr, weil die Leute das Gefühl haben, daß sich die Politik nicht mehr ernst nimmt und daß sich die Politiker nicht mehr ernst nehmen, sondern immer nur sagen: Wir können leider nicht mehr so viel regeln, irgendwelche anonymen Mächte – die Wirtschaft oder wer auch immer – sind daran schuld, daß wir immer weniger zu sagen haben. Der Grund dafür sind die Globalisierung, die Internationalisierung und was weiß ich noch alles.

Meine Damen und Herren! In diesem Fall ist es aber nicht die Globalisierung, durch welche verhindert wird, daß die Politik tätig werden kann, sondern dieses Hohe Haus, das durchaus die Möglichkeit hätte, im Bereich der ausgegliederten Betriebe tätig zu werden und Kontrolle einzufordern. Deshalb wende ich mich jetzt mehr an die sozialdemokratische Fraktion, weil Sie es eigentlich besser wissen müßten.

Meine Damen und Herren! Auch zum zweiten Vorschlag betreffend das Vorschlagsrecht ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Zum Vorschlagsrecht kann ich nur sagen: Ein Vorschlag bedeutet noch nicht die Bestellung – diese Angst brauchen Sie nicht zu haben –, aber er ist die Voraussetzung dafür, daß demokratische Parteien hier in diesem Haus überhaupt tätig werden können. (Beifall bei den Grünen.)

17.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 517/A der Frau Abgeordneten Dr. Heide Schmidt eine Frist bis zum 15. Dezember 1998 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag stimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Verhandlungen über den 2. Punkt der Tagesordnung betreffend die Erklärung des Herrn Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr wieder auf.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anneliese Klein. Die Redezeit ist auf 3 Minuten eingestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.08

Abgeordnete Anneliese Klein (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Daß ich heute zu Ihnen sprechen kann, ist mir ein besonderes Anliegen, denn meine Heimatgemeinde liegt am Semmering.

Unser Berg hat kein Wasser mehr! Viele Quellen sind versiegt! Man hat uns das Wasser abgegraben! (Zwischenrufe.) 2,6 Millionen Liter bestes Quellwasser müssen täglich aus dem Sondierstollen abgepumpt werden. Dieses kostbare Gut, unser Trinkwasser, wird auf diese Weise verschwendet und in den Bach geleitet.

Sogar jeder kleine Häuslbauer weiß, wenn er zu bauen beginnen will, daß er dafür eine Genehmigung braucht, denn sonst droht ihm eine Strafe, und der Bau muß eingestellt werden. Beim Semmering-Sondierstollen hat man jedoch, ohne eine Bewilligung einzuholen, mit dem Bau begonnen und dadurch viele Milliarden Steuergeld vergeudet. Herr Minister! Bei der Bundesbahn, bei den Bundesforsten – bei den kleinen Holzfällern – und bei den Postlern wackeln die Arbeitsplätze und werden wegrationalisiert. Wie viele Arbeitsplätze hätte man mit dem nun verschwendeten Geld sichern können!

Schon seit sechs Jahren warnen Bauexperten der Schweiz eindringlich vor der Illusion, daß es bei 5 Milliarden Schilling bleiben werde, da jedes Tunnelprojekt die vorausberechneten Kosten gewaltig überschritten habe. Außerdem hat die Hochleistungsstrecken AG ein ganz eigenartiges Naheverhältnis zu den Spitzen der Österreichischen Bundesbahnen: Der Hochleistungsstrecken-AG-Chef Brenner war nämlich Sekretär des damaligen Ministers Scholten und geht in der oberen Etage der Österreichischen Bundesbahnen ein und aus. Der Aufsichtsratspräsident der Hochleistungsstrecken AG, Helmut Hainitz, sitzt ebenso bombenfest im Fünfervorstand der ÖBB.

Sogar Innenminister Schlögl, der vor kurzem auf dem SPÖ-Parteitag in Niederösterreich gewählt wurde, meint jetzt auch schon auf den Semmering-Basistunnel verzichten zu können. Auch Landeshauptmann Pröll hat erkannt, daß wir Freiheitlichen, die von der ersten Stunde an gegen das Projekt waren, recht gehabt haben. Nur Sie, Herr Minister, und der Herr Bundeskanzler vergeuden weiter Steuergelder und kümmern sich nicht um unser kostbares Quellwasser. Jetzt sollten auch Sie erkannt haben, daß der Sondierstollen sofort eingestellt werden muß. Wie gedenken Sie diesen Schaden wiedergutzumachen? Werden Sie persönlich dafür haften?

Aus den genannten Gründen fordern wir Freiheitlichen Sie, Herr Bundesminister, auf: Stoppen Sie sofort die Arbeiten am Sondierstollen, um nicht weitere Steuermillionen zu vergeuden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

17.11

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Die Schweiz ist der zweitwichtigste Handelspartner der Vorarlberger Wirtschaft, aber auch der drittwichtigste der gesamten österreichischen Wirtschaft. Herr Bundesminister! Aufgrund dieser spezifischen Situation, vor allem Vorarlbergs, die an sich erfreulich ist, wirft das Verhandlungsergebnis mit der Schweiz ein Detailproblem auf, das ich kurz aufzeigen möchte.

Die enormen Kilometersätze im Rahmen dieser leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, die doch ein Vielfaches der geplanten Road-Pricing-Abgabe innerhalb Österreichs darstellen, und die in der Übergangsfrist von 1999 bis 2005 doch recht satten Gebühren für Einzelfahrten, für Fahrgenehmigungen für LKWs mit 40 Tonnen haben sehr negative Auswirkungen speziell für den Westen Österreichs. Wir bewegen uns mit der Schweiz im bilateralen Verkehr von Ost nach West beziehungsweise von West nach Ost, und mit diesem Verkehr hat die Zielrichtung des Abkommens an sich nicht sehr viel zu tun. Diese leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe dient in der Schweiz primär der Finanzierung des NEAT, in dem aber die Splügen-Variante leider nicht enthalten ist oder sein wird, sodaß der NEAT für uns in Vorarlberg eigentlich eine untergeordnete Bedeutung hat. Wir in Vorarlberg sind sozusagen weiterhin – zumindest für absehbare Zeit – beim bilateralen Verkehr auf den Transport auf der Straße angewiesen. (Zwischenruf des Abg. Ing. Nußbaumer.)

Lieber Kollege Nußbaumer! Ich bin es gewohnt, Probleme sachlich auf den Punkt zu bringen. Polemik und Anschüttungen nützen in diesem Zusammenhang gar nichts. Ich bin aber sehr gespannt auf die Antwort des Herrn Ministers, und ich bin überzeugt davon, sie wird sicherlich sachlicher Natur sein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Nußbaumer: Das klingt wenig überzeugend!)

Herr Bundesminister! Es sind daher aus unserer Sicht, aus Vorarlberger Sicht, einige Forderungen an Sie zu richten. Die 40 Tonnen-Kontingente für die Jahre 2001 bis 2005 sind einfach zu knapp bemessen. Da müssen wir darauf drängen, daß angemessene Kontingente für die Anrainerstaaten vereinbart und erreicht werden.

Zweiter Punkt: Die Sätze für die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe müssen der EU-Wegekostenrichtlinie angepaßt werden. In dieser Form, wie sie jetzt vorliegen, bewegen sie sich zwar nicht an den unteren Grenzen, sondern sie sind im Rahmen der Richtlinie.

Dritter Punkt: Die Tagespauschalsätze müssen unbedingt an jene Österreichs und Deutschlands angeglichen werden.

Weiters: Nicht nur Tirol wird von diesem Maut-Stretching vom Brenner bis nach Kufstein betroffen sein, sondern natürlich auch die Vorarlberger Wirtschaft, deren Hauptmarkt, wenn man jetzt einmal von den Exportmärkten absieht, innerösterreichisch gesehen im Wiener Raum liegt. Das heißt, unsere Transporte – die Schiene ist dafür leider nach wie vor nicht besonders gut geeignet – müssen damit auch über diese Strecke von Innsbruck bis Kufstein. – Ich schließe damit gleich an das Einleitungsstatement von Kollegen Kukacka an, der Sätze in der Höhe von 450 bis 600 S vorrechnet. Selbst wenn Sie jetzt sagen, ziehen wir 110 S davon ab, dann bleiben immer noch 5 bis 6 S pro Kilometer übrig, auch wenn es nicht mehr 7 bis 8 S sind. Das ist für uns nicht akzeptabel, das ist für die Tiroler und auch für die Vorarlberger Wirtschaft nicht akzeptabel, weil es eine enorme Wettbewerbsverzerrung darstellen würde. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Ing. Meischberger. – Bitte.

17.16

Abgeordneter Ing. Walter Meischberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Wenn man Ihnen zuhört, wie Sie Ihre Verhandlungsergebnisse begründen und wie Sie es als die große Lösung im Transitvertrag darstellen, dann klingt einem folgendes im Ohr – wer schon 1987 im Parlament war, weiß, was ich meine –: 1987 ist hier an derselben Stelle Herr Verkehrsminister Streicher gesessen und hat versprochen, daß im Jahr 2000 aufgrund verschiedenster Maßnahmen der Transitverkehr in Tirol um 50 Prozent reduziert sein werde. Danach saß Verkehrsminister Klima, nunmehr Bundeskanzler, da, der uns ebenfalls versprochen hat, daß aufgrund verschiedenster Verhandlungsergebnisse im Zuge der Beitrittsverhandlungen Österreichs zur EU dafür vorgesorgt sei, daß es endlich zu einer Transitentlastung in Tirol kommen könne. – Alle haben letztlich nichts anderes gemacht, als die Lebensinteressen der Tiroler Bevölkerung dem EU-Markt zu opfern, haben aber trotzdem die Stirn gehabt, sich in Österreich als große Helden und Löser der Transitproblematik feiern zu lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie die Wahrheit ausschaut, braucht man Ihnen nicht zu erklären. Statt den damals, 1987, versprochenen 50 Prozent – was die Verkehrsbelastung betrifft –, haben wir jetzt 200 Prozent Verkehrsbelastung. Das ist ein vierfaches Verfehlen der damaligen Versprechungen. Jetzt kommt der nächste Verkehrsminister, der Held aller Werbesendungen in Österreich, der Robin Hood der Bahnverfrachter, der Retter der Transitgeschädigten in Tirol, und verspricht wieder Reduktionen, verspricht wieder Maßnahmen zur Reduktion der Verkehrsbelastung. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was hat er für eine Werbung?) Er weitet aber sicherheitshalber den Zeithorizont für die Nichteinlösung seiner Versprechungen bis 2005 aus und geht mit diesem Zeithorizont weit über sein politisches Ablaufdatum hinaus. Er opfert Österreich erneut auf dem EU-Altar und läßt sich aber, wie bereits seine Vorgänger, als der große Held, als der politische Held in Österreich feiern. Einem, der große Held, Einem ist der Durchbruch gelungen, endlich hat er den gordischen Knoten der Transitproblematik durchbrochen.

Herr Verkehrsminister! Ich darf Ihnen von dieser Stelle aus eines ganz deutlich sagen: Die Tiroler und die Westösterreicher verzichten auf Ihre Durchbrüche dieser Art. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Verkehrsminister! Es ist ein Faktum, daß Sie mit dieser Lösung entgegen dem Auftrag der eigenen Bundesregierung gehandelt haben, die Ihnen vorgegeben hat, für das Maut-Stretching und für die Strecke Innsbruck – Kufstein nicht mehr als 150 S zu akzeptieren, Sie haben 460 S Maut daraus gemacht. (Abg. Parnigoni: Wo steht das?) Sie handeln gegen den einstimmigen Beschluß des Tiroler Landtages. Sie handeln letztlich auch gegen den Auftrag dieses Parlaments, entgegen der Grundlage des Entschließungsantrages vom Juli, eingebracht von Lukesch und Niederwieser, der Ihnen eine ganz andere Maßnahme dafür vorgegeben hat, wie Sie den parlamentarischen Beschluß umsetzen sollen. Dann stehen Sie auf, wenn Sie dabei ertappt werden, daß Sie gegen all diese Beschlüsse und gegen diese Vorgaben handeln, und sagen: Na ja, das ist halt so, wir sollen in diesem Parlament zur Kenntnis nehmen, daß wir beschließen können, was wir wollen, denn in Brüssel wird irgendeine andere Mehrheit, die wir nicht beeinflussen können, dann schon entscheiden.

Herr Minister! Wenn Sie nicht die Stirn haben, eine derartige Entscheidung, die gegen den Willen aller, gegen den Willen der Gebietskörperschaften erzielt wird, zumindest zu verhindern, und sich im Gegenteil noch als Held dafür feiern lassen, dann bitten wir Sie, das in Zukunft anders zu machen.

Faktum ist: Bei der Euro-Vignette feiern Sie als großen Erfolg, daß diese nun um 25 Prozent billiger ist als der vormalige englische Vorschlag. Besonders die Kategorie "alte Stinker" wird durch diese Maßnahme nicht sehr abgeschreckt werden. Sie akzeptieren eine innerösterreichische Maut in der Höhe von 450 S pro Fahrt durch das Unterinntal. Zum Schweiz-Abkommen ist zu sagen: Selbst im günstigsten Fall wird nur die Hälfte jener Fahrten umgelenkt, die uns die sozialistische Verkehrspolitik der Vergangenheit beschert hat. Überdies haben Sie auf eine wirksame Sicherung zur Einhaltung dieser Mindestmaßnahmen verzichtet.

Deshalb darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Trattner, Mag. Haupt und Kollegen betreffend Neuverhandlungen über das Transitpaket

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, den vereinbarten Änderungen der Wegekostenrichtlinie die endgültige Zustimmung zu verweigern und Neuverhandlungen auf der Basis der ursprünglichen Verhandlungsposition Österreichs sowie der Basis der Entschließung des Nationalrates vom 17. Juli 1998 zu verlangen."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, der hier referiert wurde, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. – Gegenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Brix. – Bitte.

17.22

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zuerst möchte ich einmal mit einer Fehlinformation, die von meiner Vorrednerin gegeben wurde, aufräumen, um der Wahrheit in diesem Hause zum Durchbruch zu verhelfen.

Dem Ausspruch von Frau Kollegin Klein, es gebe kein Wasser mehr am Semmering, sei einmal entgegengehalten, daß dort Schneekanonen seit Wochen Schnee aus Wasser vom Semmering sprühen, um die Pisten zu beschneien. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haider.) Wenn dort kein Wasser wäre, könnte man nicht schon seit Wochen die Pisten beschneien. Da wird genug Wasser vergeudet. – Soviel einmal zu dem, es gebe kein Wasser. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Das ist allerhand!)

Wenn man ans Rednerpult geht, sollte man nicht noch weiter mit den Ängsten der Bevölkerung spielen. (Abg. Dr. Haider: Das ist ja Schnee! Das ist ja kein Wasser mehr!) – Nachher ist es Schnee, lieber Kollege Haider! Sie wissen ganz genau, wie Schnee gemacht wird. Sie wissen ganz genau, wieviel Wasser man jederzeit dort entnehmen kann. Sie wissen das viel besser als jeder andere, weil Sie – soweit mir bekannt ist – als Landeshauptmann von Kärnten auch sehr dafür waren (Abg. Dr. Haider: Ich bin begeistert von Schneekanonen!) – mag auch sein – und immer dafür eingetreten sind, daß der Semmering rasch untertunnelt wird, damit Sie schnell in Ihre Kärntner Heimat kommen können. Aber jetzt legen Sie das Kind auf die Seite und sagen sogar, daß es dort viel zu wenig Wasser gibt. Das machen Sie deshalb, weil Sie damit möglicherweise die eine oder andere Stimme in Kärnten einfangen könnten. Diejenigen, die Ihnen bei "Senza Confini" davonrennen, wollen Sie jetzt beim Semmering wieder hereinbringen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Tatsache ist, daß genug Wasser vorhanden ist. Tatsache ist aber auch etwas anderes, meine Damen und Herren: Heute wird von den einen und von den anderen über den Rechnungshofbericht gesprochen, ohne daß dieser Rechnungshofbericht überhaupt einmal im zuständigen Ausschuß behandelt wurde. Ich halte das für sehr gefährlich. Der Bericht wurde noch nicht behandelt. Die Experten, die Verantwortlichen konnten dazu noch nicht eingeladen und auch nicht befragt werden, und sie konnten auch noch nicht dazu Stellung nehmen. (Abg. Parnigoni: Wie recht er hat!) Das heißt, man konnte sie noch gar nicht fragen, was sie eigentlich zu den Vorwürfen, die vom Rechnungshof erhoben wurden, sagen.

Auch der Herr Rechnungshofpräsident glaubt diesbezüglich allein sakrosankt entscheiden zu können. Er sagt in seiner heutigen Pressekonferenz noch einmal, daß er einen Baustopp zwecks Wirtschaftlichkeitsprüfung anregt und die Finanzierungsfrage endlich geklärt werden sollte. Er sagt aber auch in seiner Pressekonferenz: Ein Ausbau der Scheitelstrecke zur Hochleistungsstrecke sei aus Sicht des Rechnungshofes ohnehin nie eine reale, sinnvolle Alternative gewesen.

Was heißt das jetzt? – Er sagt auf der einen Seite, es soll gestoppt werden, damit es wahrscheinlich noch teurer wird. Warum ist es so teuer geworden? – Weil Herr Landeshauptmann Pröll die Bundesbahnen und ihre Planer täglich mit neuen Forderungen zwingt, das zu unterbrechen und umzuplanen. Dadurch ist es teurer geworden! (Abg. Dr. Haider: Pröll ist schuld!) – Er ist einer der "Mitschuldner", wie man aus der Steiermark sehr deutlich hört. Es sagt auch seine dortige Parteifreundin, daß die Sache in Niederösterreich anders gesehen wird als in der Steiermark. – Das zweite ist, daß Herr Pröll auf der anderen Seite sagt, daß es gar keine Alternative zu dieser Strecke gibt.

Herr Bundesminister! Kollege Meischberger hat gesagt, die Tiroler sind nicht dankbar, wir im Osten aber danken Ihnen schon dafür. Sie haben in Brüssel wirklich einen großartigen Erfolg errungen. Es ist Ihnen gelungen, viel Verkehr von der Straße wegzubringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Den Verhandlungserfolg von Minister Einem möchte ich mit ein paar Zahlen aus dem östlichen Bereich verdeutlichen. Wissen Sie, daß täglich auf der A 4, die an meinem Bezirk vorbeiführt, im Bereich Schwechat über 54 000 Kfz fahren? (Abg. Scheibner: Macht endlich etwas dagegen!) Wissen Sie, daß auf der Südosttangente täglich 180 000 Kfz fahren? Wissen Sie, daß am Wiener Gürtel und im Bereich Südtiroler Platz 130 000 Kfz fahren? – Wir sind froh, daß Sie uns heute bekanntgegeben hat, daß es jetzt eine Eisenbahnstrecke mit Lastwagenverkehr nach Bratislava gibt, daß ein Teil des Verkehrs in Richtung Osten auf die Schiene verlagert werden kann. Dafür müssen wir uns doch stark machen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist die falsche Verkehrspolitik der Sozialisten!)

Ein Zweites: Herr Bundesminister Einem hat diesen Erfolg gebracht. Wo ist der Wirtschaftsminister, der endlich ein Pickerl für den LKW einführt? (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.) Warum warten wir so lange, bis das Road-Pricing kommt? Warum machen wir nicht schon längst ein Pickerl für den LKW, damit auch diese auf der Straße zu bezahlen haben? (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Wirtschaftsminister! Sie sind gefordert. Sie können es jetzt Bundesminister Einem nachmachen.

Was den Semmering betrifft, so kann ich nur sagen: Reden wir dann, wenn wir den Rechnungshofbericht im Ausschuß diskutieren. (Abg. Mag. Schweitzer: Ja!) Warten wir ab, was die Fachleute und die Experten zu diesem Bericht zu sagen haben.

Wir Sozialdemokraten werden uns durch Angstpropaganda nicht einschüchtern lassen. Wien, Niederösterreich, die Steiermark und andere Bundesländer lassen sich nicht auseinanderdividieren. Wir wollen, daß auch die Steiermark und Kärnten an dem wirtschaftlichen Erfolg Österreichs teilhaben können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie glauben, Sie können alles mit Pickerln regulieren! – Abg. Mag. Schweitzer: Mit einem Loch!)

17.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Günther Platter. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Haider: Brix, Solidarität mit den Arbeitslosen in Wien! – Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ und den Freiheitlichen.)

17.28

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich vertrete eigentlich eine ähnliche Meinung wie mein Kollege Abgeordneter Kukacka, nämlich daß man diesen Transitvertrag differenziert betrachten muß.

Ein vertretbarer Ansatz ist meiner Meinung nach, daß nun auch die Schweiz in die Pflicht genommen werden soll, daß die Schweiz stufenweise ihre Straßen für den Schwerverkehr bis zu 40 Tonnen öffnen soll und daß die Schweiz darüber hinaus in den Übergangszeiten ihre Mauttarife senken soll. Das ist ein Weg, der zweifellos in die richtige Richtung geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist die eine Seite der Medaille, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die andere Seite ist gerade aus Tiroler Sicht absolut nicht zufriedenstellend, und ich halte es für völlig verfehlt, wenn man bei diesem Verhandlungsergebnis von einem "Meilenstein" in der österreichischen Transitpolitik spricht. Sich dafür feiern zu lassen, Herr Minister, stellt einen eindeutigen Affront gegen die Tiroler Bevölkerung dar.

Eine Ausweitung der Brennermaut auf die Unterinntal-Maut ist eine klare Schlechterstellung Tirols. Es ist dies eine Diskriminierung des Bundeslandes Tirol, und das kann man sich zweifellos nicht gefallen lassen. Herr Minister! Was passiert eigentlich, wenn das von Ihnen ausverhandelte Maut-Stretching auf der Inntal Autobahn, auf der unteren Inntal Autobahn kommt? – Es wird ein gewaltiger Ausweichverkehr, eine gewaltige LKW-Mautflucht auf die Bundesstraße zu erwarten sein.

Meine Damen und Herren! Wer zahlt denn einen Kilometerpreis von 6 bis 7 S? Wer kann sich das leisten? – Die Folge ist, daß wir den LKW-Verkehr auf der Bundesstraße haben, die mitten durch bewohntes Gebiet geht. Ich bin der Meinung, daß sich die Bevölkerung recht herzlich dafür bedanken wird. So kann es meiner Meinung nach nicht sein. Das ist für die Gemeinden an der Inntalroute keinesfalls vertretbar, und ich sage Ihnen, Herr Minister, das wird sich die Bevölkerung mit Sicherheit nicht gefallen lassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum zweiten Punkt: Meine Damen und Herren! Die Ausweitung der Brennermaut auf die Unterinntal Autobahn bedeutet darüber hinaus natürlich eindeutige Wettbewerbsnachteile für die Tiroler Wirtschaft. Der Tiroler Spediteur Hans Dieter Salcher hat übrigens gegenüber der Tiroler "Kronen Zeitung" das Maut-Stretching als die dümmste Sache bezeichnet, die jemals ein Minister erfunden hat. – Das ist nicht der ehemalige Finanzminister, sondern Hans Dieter Salcher. Er befürchtet darüber hinaus, daß dadurch den heimischen Nahversorgern Kosten in der Höhe von jährlich 250 Millionen Schilling entstehen werden. – Zahlen müssen das natürlich die Tiroler Konsumenten.

Wir werden in Tirol dann nicht nur den Dreck vom Transitverkehr haben, sondern müssen gerade bei den Lebensmitteln auch mit höheren Kosten rechnen, von der Arbeitsplatzgefährdung erst gar nicht zu reden.

Alles in allem, Herr Minister: Dieses Verhandlungsergebnis ist aus Tiroler Sicht und meiner Meinung nach, auf Wienerisch gesagt, ein Pallawatsch! Daher meine konkrete Frage an Sie, denn wir wissen nicht ganz genau, welche Rechtsform dieses Papier hat: Ist es noch möglich, nachzuverhandeln?

Wenn eine Nachverhandlung möglich ist, dann müßte man natürlich die Frage des Road-Pricing in Deutschland und Österreich in die Verhandlungen mit einfließen lassen, und es wären Sicherheitsklauseln einzuführen. Darüber hinaus gilt, daß bei einer modernen Verkehrspolitik kein Weg am Bau von modernen Schieneninfrastruktureinrichtungen – wie zum Beispiel Brenner-Basistunnel – vorbeiführt.

Herr Minister! Ich frage Sie abschließend: In welchen Bereichen entspricht Ihr Verhandlungsergebnis dem Ministervortrag, den die Bundesregierung in Abstimmung mit dem Land Tirol am 10. März 1998 beschlossen hat? – Unserer Meinung nach sind davon nur ganz kleine Bereiche übriggeblieben, und daher spricht sich das Land Tirol gegen diese Brüsseler Vereinbarung aus. Auch die Tiroler Wirtschaft spricht sich gegen sie aus. Auch der Tiroler Gemeindeverband spricht sich gegen sie aus. Und letztlich werden sich auch die Bürger gegen diese Maßnahme aussprechen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte.

17.33

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Ich reihe mich gerne in jene Gruppe von Rednerinnen und Rednern ein, die dem Herrn Verkehrsminister heute zu seinem persönlichen und politischen Erfolg gratulieren, den er im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der europäischen Verkehrspolitik errungen hat.

Herr Bundesminister! Du hast gemeinsam mit den Verkehrsministern der Europäischen Union den Grundstein für ein nachhaltiges Umdenken in der europäischen Verkehrspolitik gelegt, ein Umdenken, das da lautet: Für den Bürger und für die Umwelt. – Ich meine, der Beschluß des europäischen Verkehrsministerrates bezüglich des Finanzierungsvorranges des Ausbaus der Schieneninfrastruktur gegenüber der Straße, der Verlegung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene sowie hinsichtlich der Einführung einer fahrleistungsabhängigen Straßengebühr hat enorme Bedeutung für den alpenquerenden Transitverkehr.

Ich glaube, daß die Kärntner Bevölkerung diese Entscheidung begrüßt, vor allem weil die Wirtschaft Kärntens in den letzten Jahren leider ein wenig zurückgeblieben ist. Ein Grund dafür ist sicherlich die schlechte Situation hinsichtlich der Verkehrsverbindungen, und zwar sowohl was die Straße, die Fertigstellung der Autobahnumfahrung Klagenfurt als auch selbstverständlich, was die Schiene nach, in und durch Kärnten betrifft. Ich meine, eine optimale verkehrsmäßige Anbindung Kärntens an die beinahe fertiggestellte norditalienische Hochleistungsbahn im Süden auf der einen Seite, auf der anderen Seite der zügige Ausbau und die Modernisierung der gesamten Südbahn, um den Anschluß an Wien und den sich immer mehr öffnenden Osten zu erreichen, aber auch der sofortige Baubeginn des Semmering-Basistunnels sind ein Gebot der Stunde. Sie sind insbesondere für jene Menschen ein Gebot der Stunde, die derzeit in dieser Region leben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Unverständlich und mit aller Deutlichkeit zu verurteilen ist die Uneinigkeit, was die Frage des Semmering-Basistunnels anlangt, sowohl in den Reihen unseres Koalitionspartners, der ÖVP, als auch innerhalb der Freiheitlichen Partei.

Im Bereich der ÖVP ist es so, daß sowohl Landeshauptfrau Klasnic als auch der Landeshauptmann von Kärnten Dr. Zernatto für diesen Semmering-Basistunnel sind, während Landeshauptmann Pröll in Niederösterreich dagegen ist und alles unternimmt, daß er nicht gebaut wird. Der Parteiobmann der ÖVP, Dr. Schüssel, signalisiert zwar, wenn er in Kärnten ist, Verständnis und Bereitschaft, in Wien beziehungsweise in Niederösterreich ist es aber doch so, daß er sich gegen seinen Kollegen, Herrn Landeshauptmann Pröll, nicht durchsetzen kann. (Abg. Rosemarie Bauer: Überhaupt nicht wahr! Wie können Sie das behaupten?!)

Im Bereich der FPÖ finden wir eine ähnliche Situation vor. Die steirische FPÖ, an der Spitze der Landesvorsitzende Helmut Schmid, ist uneingeschränkt für den Bau des Semmering-Basistunnels. Die Kärntner FPÖ war noch vor wenigen Jahren – das läßt sich im Memorandum der Kärntner Landesregierung unter Altlandeshauptmann Dr. Haider nachlesen – ebenfalls dafür. Auch Landeshauptmann-Stellvertreter Grasser war bis zu seinem Ausscheiden dafür. Heute setzt sich die FPÖ – bedauerlicherweise, muß ich sagen – immer deutlicher davon ab, obwohl einige Abgeordnete der Freiheitlichen im Kärntner Landtag nach wie vor dazu stehen. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Meine Damen und Herren! Diese Streitereien interessieren die Kärntnerinnen und Kärntner überhaupt nicht. Die Kärntner Bevölkerung hat ausschließlich Interesse daran, daß möglichst rasch die notwendige und richtige Entscheidung für eine zukunftsorientierte Verkehrsinfrastruktur getroffen wird.

Kärnten braucht den Semmering-Basistunnel. Kärnten braucht die Verkürzung der Fahrzeit um mindestens eindreiviertel Stunden für die Bürgerinnen und Bürger. Kärnten braucht die Südbahn als Wirtschaftsschiene. Kärntens Wirtschaft kann nicht auf die Fertigstellung der Südostspange bis zum Jahre 2030 oder gar 2035 warten.

Da geht es um keinen Aufschub, sondern um die Setzung von Prioritäten. Man kann auch nicht sagen, Südostspange ja und Semmering-Basistunnel nein. – Beides ist erforderlich! Kärntens Wirtschaft braucht innerhalb der nächsten zehn Jahre eine Lösung, und die kann nur heißen: Semmering-Basistunnel, Südbahnausbau und Einsatz von Neigezügen. Dann wäre dieses Ziel erreichbar. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Edler. – Bitte.

17.38

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist heute schon wiederholt zum Ausdruck gebracht worden, daß es ein großer Erfolg war, den unser Verkehrsminister in Brüssel erreicht hat. Ich finde, wir sollten dies auch als Er-folg verkaufen.

Meine Damen und Herren! Ich verstehe unseren Koalitionspartner ÖVP überhaupt nicht, wenn er heute etwa kritisch angemerkt hat, daß diese Vereinbarungen keine besonders positiven Auswirkungen hätten. Ich gebe zu, es gibt ein Tiroler Problem, das ist zu lösen.

Meine Damen und Herren, insbesondere von der ÖVP! Für uns Sozialdemokraten ist es auch unverständlich, daß Ihr Minister Farnleitner – er wird bald hier sein – nicht in der Lage oder nicht gewillt war, das LKW-Road-Pricing, das heißt die Kostenwahrheit beim LKW, umzusetzen. Das muß deutlich gesagt werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Erfolg dieser Marathonverhandlung in Brüssel ist insofern positiv zu sehen, als es in Zukunft – das betrifft besonders die Westregion, besonders Tirol – mindestens 200 000 LKW weniger auf den Straßen geben wird; wahrscheinlich sogar 500 000 weniger. – Wenn das kein Erfolg ist, dann weiß ich nicht, was ein Erfolg ist!

Meine Damen und Herren! Wir brauchen in Zukunft – ich bekenne mich dazu und habe das bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht – neben den Umfahrungsstraßen selbstverständlich auch den Ausbau der Hochleistungsschienenstrecken. Das ist unbedingt notwendig! Wir sind diesbezüglich erfolgreich, was die Westbahn betrifft. Wir haben aber Bedarf in Richtung Osten und Norden, und wir haben besondere Probleme in Richtung Süden.

Der Semmering-Basistunnel wurde heute schon wiederholt angesprochen. Meine Damen und Herren! Wir warten die Entscheidungen der Höchstgerichte ab. Wir werden aber danach zu einer Entscheidung kommen müssen, sonst wird Österreich umfahren. Ich appelliere diesbezüglich auch an die Vertreter der Wirtschaft: Sie mögen Position beziehen, ob sie das wollen. Wir wissen genau: Nur dann, wenn wir an der internationalen Verkehrsader liegen, haben wir die Chance, daß sich Betriebe ansiedeln, haben wir die Chance, daß sich die Wirtschaft positiv entwickelt.

Meine Damen und Herren! Da hier vom Tunnelbau gesprochen und gesagt wurde, daß es am Semmering bald kein Wasser mehr geben werde, möchte ich eines unterstreichen: Es sind auf unserem Erdball bereits Tausende Tunnels gebaut worden, und überall, wo in einen Berg hineingebohrt wird, fließt Wasser, aber in keiner Region ist es dadurch zu einer Wassernot gekommen. Die Schweiz beweist uns das ganz deutlich. Gerade der letzte Schweizer Volksentscheid hat zum Beispiel darüber befunden, daß die Schweiz die Hochleistungsbahnen und Tunnels weiter ausbauen wird.

Zusammenfassend, meine Damen und Herren: Wir Sozialdemokraten wollen eine vernetzte, ökologisch vertretbare Verkehrspolitik und geben dem öffentlichen Verkehr Vorrang, weil für uns Menschen und Umwelt unbedingt in den Vordergrund zu stellen sind. Wir sind nicht gegen den LKW, ich möchte das betonen. Er hat in der Wirtschaft eine Aufgabe zu erfüllen, das ist gar keine Frage. Aber man muß den LKW sinnvoll einsetzen und eine bessere Logistik aufbauen.

Als positiv möchte ich zum Beispiel erwähnen, daß die Österreichischen Bundesbahnen in Zusammenarbeit mit den Speditionen eine sehr gute Logistik aufgebaut haben. Ich hoffe, daß das auch weiterhin geschieht. Es besteht die Chance, daß beide Seiten an diesem Verkehrskuchen, der ständig größer wird, wie wir wissen, ihren Anteil haben und aus ihm wesentliche Vorteile ziehen, damit wir insgesamt zu einer ökologisch vertretbaren Verkehrspolitik kommen.

Meine Damen und Herren! Abschließend, weil die ÖBB wiederholt erwähnt wurden: Mich als Eisenbahner freut es besonders, daß die Österreichischen Bundesbahnen in der Lage waren, aufgrund des ÖBB-Gesetzes, aufgrund der Reformen, die durchgeführt wurden, im Betrieb aber manchmal schmerzhaft sind – wir wissen das; es gibt intensive Diskussionen und Auseinandersetzungen zwischen Vorstand, Personalvertretung und Gewerkschaft, aber das meiste ist ausdiskutiert worden –, innerhalb Europas einen Spitzenplatz zu erreichen. Darauf können wir gemeinsam stolz sein! (Beifall bei der SPÖ.)

17.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Zweite Wortmeldung. – Bitte.

17.44

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Das Thema heißt "Verkehrspolitik im europäischen Zusammenhang", aber sicherlich wurden bereits mehr als 50 Prozent der Debattendauer einem österreichinternen Projekt gewidmet, und zwar dem Semmering-Basistunnel.

Gestatten Sie mir daher noch einige klare Feststellungen, denn in dieser Semmering-Debatte (Abg. Mag. Kukacka: Sind Sie dafür oder dagegen?!) muß es vor allem auch eine sachliche Stimme geben. Diese sachliche Stimme sagt – erster Punkt –: Bahnprojekte sind nicht intensiver zu prüfen als Straßenprojekte. An sich müssen Straßenprojekte mindestens so intensiv geprüft werden wie Bahnprojekte! (Beifall bei den Grünen.)

Die zweite sachliche Feststellung lautet: Bahnprojekte sind auch auf ihren volkswirtschaftlichen Nutzen, auf das Kriterium der Erreichbarkeit und auf das Kriterium der Standorterschließung zu überprüfen. – Der Semmering-Basistunnel beschleunigt den Verkehr, aber er erschließt nicht neue Räume und verbessert nicht die Erreichbarkeit, abgesehen von 20 Minuten Zeitgewinn. (Abg. Mag. Kukacka: Wir wollen den Wabl sehen! – Abg. Dr. Schwimmer: Wir wollen den Wabl hören!) – Kein Problem!

Die dritte Feststellung lautet: Bei den Grünen besteht Konsens darüber, daß – ganz egal, ob diesseits oder jenseits des Semmerings – den Bahnprojekten insgesamt mehr Mittel gewidmet werden müssen.

Das heißt auch – vierter Punkt –, daß die Erschließung der Südoststeiermark und des südlichen Burgenlandes durch eine Bahninfrastruktur notwendig ist.

Das heißt weiters – fünfte Feststellung –, daß insgesamt die Diskussion um die Südostspange für uns nicht erledigt ist (Beifall des Abg. Zweytick) und daß als Zwischenschritt auf jeden Fall eine schnelle Lösung gefunden werden muß. Das heißt: Elektrifizierung, schrittweiser Ausbau und Verbesserung der Aspangbahn auch im Sinne der Erreichbarkeit und der Erschließung.

Ich finde, wir sollten uns das alles leisten, denn für die Bahn haben wir uns bis jetzt zu wenig oder nichts geleistet. Wesentlich ist aber, daß wir mit dem Semmering nicht andere Projekte abwürgen. Wesentlich ist, daß wir nach wie vor Mittel bereitstellen, um in der Zwischenzeit, während die rechtliche Frage noch nicht endgültig geklärt ist, Sofortmaßnahmen zu setzen, indem wir verbessern, elektrifizieren, beschleunigen und einen zweiten Schienenstrang nach Graz ausbauen.

Wesentlich ist auch die Zukunftsdimension, etwa daß wir über die Südostspange auch das südliche Burgenland erschließen.

Die Erreichbarkeit ist das zentrale Anliegen, die Erschließung ist wesentlich, aber der Semmering ist nur punktuell. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Schwimmer und Mag. Kukacka. – Abg. Dr. Maitz: Der Gütertransport ist das entscheidende!)

17.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Firlinger. Die Uhr ist auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

17.47

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mir bleibt es vorbehalten, noch einen Entschließungsantrag der Freiheitlichen einzubringen, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Firlinger, Mag. Schweitzer und Kollegen betreffend Berücksichtigung der Empfehlungen des Rechnungshofes

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, dafür zu sorgen, daß unverzüglich die Bauarbeiten am Sondierstollen eingestellt werden und sämtliche in dem Rechnungshof-Sonderbericht über den Semmeringbasistunnel empfohlenen Maßnahmen umgehend ergriffen werden."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt hingegen das mir soeben überreichte Verlangen vor, über den vor einiger Zeit eingebrachten Mißtrauensantrag eine namentliche Abstimmung durchzuführen. Dem ist zu entsprechen, und wir werden so vorgehen.

Wir haben allerdings in der Präsidiale vereinbart, daß solche Verlangen ein paar Minuten früher im Präsidium abgegeben werden. Ich frage daher die Mitarbeiter am Präsidium: Sind Sie bereit für eine namentliche Abstimmung? (Diese Frage wird verneint.) – Dann stimmen wir eben mit der Liste ab. Es ist soeben, vor etwa 20 Sekunden, eine namentliche Abstimmung verlangt worden.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Trattner und Genossen betreffend Neuverhandlung über das Transit-Paket abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag Trattner zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist daher abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr gemäß Artikel 74 Absatz 1 der Bundesverfassung.

Da für einen solchen Beschluß des Nationalrates nach den Bestimmungen der Bundesverfassung ein Quorum von mindestens der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich fest, daß dieses Quorum gegeben ist.

Da namentliche Abstimmung verlangt ist, werden wir diese gemäß der Liste der Abgeordneten durchführen. Ich bitte, mir allenfalls zu sagen, welche Abgeordneten entschuldigt sind, weil ich das auf dieser Liste nicht sehen kann.

Ich werde die einzelnen Abgeordneten aufrufen und bitte jene, die dem Mißtrauensantrag zustimmen, mit "Ja" zu antworten, und jene, die den Mißtrauensantrag ablehnen, mit "Nein" zu antworten.

Ich beginne mit dem Aufruf und bitte, das Ergebnis festzuhalten. (Unruhe im Saal.) Bitte keine Zwischenrufe, man kann sonst das Ja und das Nein nicht so gut hören.

(Über Namensaufruf durch Präsidenten Dr. Fischer geben die Abgeordneten ihr Stimmverhalten bekannt.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit ist der Stimmaufruf beendet.

Ich darf die Sitzung zum Zwecke der Auszählung der Stimmen kurz unterbrechen. Ich werde das Ergebnis dann so rasch wie möglich bekanntgeben.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.58 Uhr unterbrochen und um 18.03 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Für den Antrag auf Versagen des Vertrauens haben 40 Abgeordnete gestimmt. Dagegen haben 107 Abgeordnete gestimmt. Daher ist der Antrag abgelehnt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Entsprechend den Bestimmungen der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Hinweis auf ihr Abstimmungsverhalten im Stenographischen Protokoll angeführt.

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Apfelbeck, Aumayr;

Blünegger, Böhacker, Brauneder;

Dolinschek;

Firlinger, Fischl;

Gaugg, Graf, Grollitsch;

Haider, Haigermoser, Haupt, Hofmann;

Jung;

Klein, Koller, Krüger, Kurzmann;

Lafer;

Madl, Marolt, Meischberger, Meisinger, Mentil;

Nußbaumer;

Ofner;

Partik-Pablé, Povysil, Preisinger, Pumberger;

Rieß;

Salzl, Scheibner, Schöggl, Schweitzer, Stadler;

Trattner;

Wenitsch.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Antoni, Auer;

Barmüller, Bauer Sophie, Brinek, Brix, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Donabauer;

Eder Kurt, Edler Josef, Ellmauer;

Feurstein, Fink, Freund, Fuchs;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Grabner, Gredler, Großruck, Guggenberger, Gusenbauer;

Hagenhofer, Heindl Kurt, Heinzl Anton, Hlavac, Horngacher, Hums;

Jarolim;

Kaipel, Kammerlander, Kaufmann, Keppelmüller, Khol, Kiermaier, Kiss, König, Konrad, Kopf, Koppler, Kostelka, Krammer, Kräuter, Kröll, Kukacka, Kummerer;

Leikam, Leiner, Löschnak, Lukesch;

Maitz, Marizzi, Mertel, Morak, Moser Gabriela, Moser Hans Helmut, Moser-Starrach Sonja, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Niederwieser, Nowotny;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuss, Parnigoni, Pendl, Peter, Pittermann, Platter, Posch, Puttinger;

Rada, Reitsamer;

Schaffenrath, Schieder, Schmidt, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwemlein, Schwimmer, Seidinger, Sigl, Silhavy, Smolle, Stampler, Steibl, Steindl, Stippel;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Van der Bellen;

Wabl, Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zu Punkt 3 der Tagesordnung. (Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Ich habe über den einen Entschließungsantrag vor der namentlichen Abstimmung abstimmen lassen und dann die namentliche Abstimmung durchgeführt. Damit haben wir nun über beide Entschließungsanträge abgestimmt. (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident!) Bitte, Herr Kollege Khol! (Abg. Dr. Khol: Ich habe in Erinnerung, daß drei Entschließungsanträge zur Abstimmung vorgelegen sind. Herr Präsident, hat es nicht einen Entschließungsantrag auf Neuverhandlung gegeben? – Präsident Dr. Fischer hält Rücksprache mit einem Konzeptbeamten.)

Herr Abgeordneter Dr. Khol! Es ist ein Entschließungsantrag Trattner heraufgelegt worden, aber Abgeordneter Trattner – oder Firlinger – hat sich dann nicht zu Wort gemeldet, und daher ist der Antrag ... (Rufe bei den Freiheitlichen: Doch! Doch! – Abg. Rosemarie Bauer: Ja, aber erst viel später!)

Ich unterbreche die Sitzung für kurze Zeit und bitte den Klubordner der Freiheitlichen zu mir, damit wir das verifizieren können.

(Die Sitzung wird um 18.05 Uhr unterbrochen und um 18.06 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Es ist abgeklärt und auch von Kollegen Firlinger bestätigt worden, daß der Antrag, der mir hier als nicht eingebrachter Entwurf vorliegt, doch eingebracht wurde und daher ebenfalls abzustimmen ist.

Ich bitte daher, daß wir nun, nachdem wir über die beiden anderen Anträge abgestimmt haben, über diesen Antrag Firlinger ebenfalls abstimmen.

Es geht um den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Firlinger, Mag. Schweitzer und Kollegen betreffend Berücksichtigung der Empfehlungen des Rechnungshofes.

Dieser Antrag lautet – ich verlese ihn, damit sich das aufgetretene Mißverständnis nicht fortsetzen kann – wie folgt:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, dafür zu sorgen, daß unverzüglich die Bauarbeiten am Sondierstollen eingestellt werden und sämtliche in dem Rechnungshof-Sonderbericht über den Semmering-Basistunnel empfohlenen Maßnahmen umgehend ergriffen werden."

*****

Über diesen Antrag wird nunmehr abgestimmt.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

3. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1475 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz) geändert wird (1528 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Erst jetzt können wir ordnungsgemäß zum 3. Punkt der Tagesordnung kommen.

Ein Verlangen auf Berichterstattung liegt nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.08

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! 1998 ist für den Tourismus ein Jahr der Hoffnung. Die Hoffnung, daß die Talsohle der Entwicklung im Tourismus durchschritten ist, ist Gott sei Dank – oder hoffentlich! – erfüllt. Die Hoffnung, daß das, was immer wieder gefordert wurde – nämlich die Finanzierungssituation, die Eigenkapitalsituation bei den Klein- und Mittelbetrieben, insbesondere bei jenen des Tourismus, zu verbessern –, endlich verwirklicht wird, wird heute, so meine ich, ebenfalls erfüllt.

Das heute zum Beschluß vorliegende KMU-Förderungsgesetz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es normiert eine Einlösungsverpflichtung durch den Bund für ein Haftungsobligo von insgesamt 14 Milliarden Schilling, im Einzelfall bis zu einem Obligo von 10 Millionen Schilling bei der BÜRGES und bis zu 25 Millionen Schilling bei der ÖHT.

Die wesentlichen Ziele gehen in die Richtung der Erhaltung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Kapitalsituation, der Sicherung und Schaffung von Beschäftigung in bestehenden Tourismusunternehmungen sowie der Unterstützung bei der Gründung solcher Betriebe.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, daß es mit diesem neuen KMU-Förderungsgesetz – Gott sei Dank! – gelingen wird, Kapitalströme endlich in eine andere Richtung zu bringen. Das ist die Zielsetzung (Ruf bei den Freiheitlichen: Das brauchen wir!), das haben wir uns gewünscht, und ich glaube, daß es mit diesem Gesetz auch endlich gelingt. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Mag. Peter.)

Insbesondere die Klein- und Mittelbetriebe des heimischen Fremdenverkehrs sollen eine langfristige Erfolgschance bekommen. Ihre Finanzstruktur wird sicherlich durch die teilweise Abdeckung der Risken des Kapitalgebers wesentlich und vehement verbessert. Die mögliche Bildung von Kooperationen, eine Zielsetzung dieses Gesetzes, wird als Mittel zur Überwindung der Nachteile der Kleinstrukturiertheit der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft angesehen. Die Unterstützung der Finanzierung solcher Kooperationen mit Hilfe von Haftungen soll dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit auch in diesem Bereich zu verbessern. Dies alles steht im Einklang mit dem Ziel der Europäischen Union, durch eine verstärkte Förderung der kleinen und mittelständischen Unternehmen das Beschäftigungsvolumen, die Innovationskraft und die Dynamik der Wirtschaft zu erhöhen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nun einige Gedanken der Frage widmen: Welche Schwerpunktmaßnahmen könnten aufgrund dieses KMU-Förderungsgesetzes für die Wirtschaft gesetzt werden? – Das Gesetz könnte für die Finanzierung innovativer Tourismusprojekte und saisonverlängernder infrastruktureller Maßnahmen eingesetzt werden. Es könnte durch die Übernahme von Garantien als ergänzende Maßnahme für die finanzielle Restrukturierung von Unternehmen eingesetzt werden, aber natürlich nur dann, wenn der Gläubiger Umschuldungen gemacht hat, wenn Kapitalabstriche gemacht wurden und wenn damit eine Gesamtrestrukturierung des Unternehmens möglich ist.

Es könnte weiters für Garantien für private und institutionelle Beteiligungen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis bestehender Unternehmen herangezogen werden. Die schlechte Eigenkapitalausstattung der Tourismusbetriebe, die ja allgemein bekannt ist, erfordert eine unbedingte Mobilisierung aller zusätzlichen Möglichkeiten wie Beteiligung und Risikokapitaleinsatz.

Ich frage den Finanzminister und seine Beamten, was ihn davon abhält, seine Zustimmung dazu zu erteilen, daß in diesem Bereich wirklich alle Finanzquellen angezapft werden können, daß es etwa auch möglich ist, Finanzquellen des Geschäftsführers anzuzapfen, Finanzquellen der Familien anzuzapfen. Es ist für mich unverständlich, warum es nicht möglich ist, einem Betrieb alle nur denkbaren Quellen zur Beschaffung von Eigenkapital zu erschließen.

Ich frage Sie wirklich, Herr Finanzminister – auch wenn Sie heute nicht hier anwesend sind –: Ist das ein alter ideologischer Hut, der verhindern soll, daß Unternehmern geholfen wird, der verhindern soll, daß in diesem Bereich Arbeitsplätze gesichert werden? – Ich finde, daß derartige austromarxistische Anwandlungen in der heutigen Zeit doch längst überwunden sein sollten! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen weiteren Schwerpunkt könnten Garantien für Gründungen und Kapitalstärkungen von Kooperationen bilden. Es könnte ein Schwerpunkt bei der Erleichterung von Neugründungen sowie der Übernahme und Fortführung von bestehenden Tourismusbetrieben gesetzt werden. Dies soll unter anderem durch qualitätsverbessernde Investitionen bei Betriebsübernahmen und Betriebsfortführungen geschehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vergessen wir nicht, daß auch Qualitätsverbesserungen und Angebotsdiversifizierungen durch eine Garantie unterstützt werden könnten. Allerdings müßten in diesem Fall Kapazitätserweiterungen ausgeschlossen werden. Die Entwicklung sollte eindeutig in Richtung Qualität und nicht in Richtung Quantität gehen.

Nicht zuletzt könnte es auch eine Garantie zur Schaffung geeigneter Strukturen zur Belebung des Incoming-Tourismus geben. Denn es ist nun einmal so, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir zuerst Gäste – gute Gäste! – ins Land bringen müssen, damit wir ihnen auch zeigen können, welche Qualität wir ihnen in diesem Lande anzubieten haben. (Beifall bei der ÖVP.) Und Österreich hat die Qualität, die wir am internationalen Markt langfristig auch benötigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich meine, daß es mit diesem Gesetz gelungen ist, Kapitalströme wirklich in eine neue Richtung zu lenken, und denke, daß das für den Tourismus wichtig ist. Meiner Ansicht nach, da heute ein Tag der Hoffnung für den Tourismus ist, werden Sie hoffentlich alle zustimmen. – In diesem Sinne bitte ich Sie, diesem Gesetze zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

18.15

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn wir heute über das KMU-Förderungsgesetz sprechen, dann sollten wir uns dessen bewußt sein, daß 99,8 Prozent der Betriebe in Österreich KMU-Betriebe, also Klein- und Mittelbetriebe im Sinne dieser Diktion sind.

Meine Damen und Herren! Wenn wir die Tourismuswirtschaft betrachten, dann sehen wir, daß ihre Betriebsstruktur in vollem Ausmaß in diese Diktion hineinpaßt. Welche Probleme ergeben sich in diesem Bereich, und warum ist diese Änderung des Förderungsgesetzes notwendig? – Weil wir wissen, daß die Betriebsgrößen zu klein sind, und weil wir wissen, daß es eine Eigenkapitalsknappheit gibt.

Im Unternehmensreorganisationsgesetz etwa ist die Zielgröße mit 8 Prozent bilanziellem Eigenkapital vorgesehen. Im Gegensatz dazu haben wir etwa im Tourismus in der Vier- und Fünfsternkategorie im Jahr 1996 ein Minus von 1,3 Prozent oder im Bereich der Dreisternkategorie ein negatives bilanzielles Eigenkapital von minus 14 Prozent.

Wir haben in dieser Branche Probleme im Bereich der Saisonalität, wir sind vom Wetter abhängig. Wir haben Probleme bei den Fragen der Beschäftigung, wobei wir hiezu unterschiedliche Konzepte und Vorstellungen haben. Und vor allem wäre ein Modernisierungsschub notwendig, denn 36 Prozent der Betriebe, die der Ein- und Zweisternkategorie zugehören, haben eindeutige Nachfrageprobleme. Dort ist die Nachfrage rückläufig. In den guten Qualitäten – Vier- und Fünfsternkategorie – gibt es dagegen einen Zuwachs von mehr als 8 Prozent.

Der Vorschlag, den wir lange diskutiert haben und den auch die Sozialdemokraten mitgetragen haben, Herr Bundesminister, war daher, daß die Österreichische Tourismusbank – und als solche sollte die ÖHT eigentlich in Zukunft firmieren – die Möglichkeit haben sollte, im Einzelfall eine Haftung bis zu 25 Millionen Schilling zu übernehmen, und zwar zusätzlich zur Möglichkeit der Darlehensgewährung, die ja auch bisher schon bestand.

Ich bin im besonderen der Meinung, daß wir die Möglichkeiten, die der vorgesehene Rahmen von 3,5 Milliarden Schilling bietet, nicht so sehr für die defensive Restrukturierung, sondern vor allem auch – Kollege Puttinger hat das ja, was ich hier positiv anmerken möchte, auch angedeutet – für offensive Maßnahmen nützen sollten, um die Konkurrenzfähigkeit unserer Unternehmen zu verbessern.

Wir sollten uns dessen bewußt sein, daß der Strukturwandel in dieser Branche natürlich voll im Gange ist. Auch wenn die Ziffern für das Jahr 1998 durchaus optimistisch stimmen, heißt das noch lange nicht, daß der Strukturwandel vorbei ist und der Vergangenheit angehört. Im Gegenteil: Es ist notwendig, daß man mit den Garantien vor allem jene innovativen Tourismusprojekte unterstützt, die eine regionale oder überregionale Ausstrahlung haben, und vor allem jene Möglichkeiten ausschöpft, durch die man privates und institutionelles Beteiligungskapital – dabei geht es um die auf uns zukommende Frage der Übernahmen – einbringen kann, um etwa auch den Zukauf eines benachbarten Unternehmens zur Stärkung der Marktfähigkeit durch Vergrößerung oder die Tätigung qualitätsverbessernder Investitionen zu fördern.

Mir geht es vor allem auch darum, daß es Kapitalstärkungen bei Kooperationen gibt. Das sollte aber nicht nur Kooperationen im Bereich von Unternehmensverbünden in der gleichen Branche, also zum Beispiel in der Beherbergungsbranche, betreffen, sondern mir geht es auch darum, sogenannte vertikale Kooperationen zuzulassen, damit sich Unternehmen im gesamten Bereich der Tourismuswirtschaft – vom Hotelier über den Gastwirt bis zur Seilbahnwirtschaft; was auch immer – in Kooperationen zusammenfinden, um die Wirtschaftlichkeit dieses Unternehmensagglomerats stabiler zu gestalten und darüber hinaus ein möglicherweise professionelleres Management zuzulassen.

Meine Damen und Herren! Der Strukturwandel sollte als Chance gesehen werden! Er ist eine Chance, die genutzt werden muß. Ich bin davon überzeugt, daß die Förderungsmaßnahmen des KMU-Förderungsgesetzes dabei nützlich sein werden.

Kollege Puttinger ist leider nicht mehr da – anscheinend hat die ÖVP eine Klubsitzung einberufen (Abg. Haigermoser: Eine Krisensitzung, keine Klubsitzung!) –, aber es sei ihm ausgerichtet: Bei sinnvollen Maßnahmen wie bei diesem Gesetz, Herr Bundesminister, werden wir mit dabei sein. Aber bei jenen Vorschlägen, die ich in diesem 10-Punkte- oder 20-Punkte-Programm gelesen habe und die sich gegen die Arbeitnehmer richten, werden wir sehr, sehr wachsam sein! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Ein Weihnachtspunscherl gibt es, und Kekserl!)

18.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

18.21

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir beschließen heute ein Gesetz, das eine weitere Möglichkeit zur Förderung eines Teiles unserer heimischen Wirtschaft zum Inhalt hat. Die Förderung soll den Zweck haben, Haftungen und Garantien für Unternehmungen im kleinen und mittleren Bereich, insbesondere im Tourismus, zu übernehmen. Das ist eigentlich eine Erweiterung dessen, was wir schon bei der BÜRGES gekannt haben.

Nun muß man sich fragen: Ist das die Visitenkarte der Wirtschaftspolitik, die Sie machen, Herr Bundesminister? Ist das die Visitenkarte der Wirtschaftspolitik der ÖVP, daß man mit gesetzlichen Maßnahmen quasi als Rotkreuzstation hinter der Front versuchen muß, die notleidend Gewordenen oder Verwundeten einigermaßen zu retten? – Denn der Hauptzweck dieser Haftungs- und Garantieübernahmen durch die Österreichische Hoteltreuhand oder die Österreichische Tourismusbank, wie sie heißen soll, ist ja im Gesetz definiert: Man soll Forderungsverzicht leisten, man soll Umschuldungen ermöglichen, es sollen Finanzierungen langfristig umdisponiert und Verbindlichkeiten erstreckt werden.

Das muß man aber nur dann tun, wenn dieser Wirtschaftszweig, der investiert und einen ganz beträchtlichen Anteil an unserer Volkswirtschaft hat – und das hat die Tourismuswirtschaft –, ein Problem hat. Denn es geht nur derjenige zum Arzt, um sich eine Injektion verabreichen zu lassen, dem es nicht gut geht beziehungsweise der krank ist. Und es geht nur derjenige zur Österreichischen Hoteltreuhand oder zur BÜRGES, um eine Garantie- oder Haftungsübernahme zu bekommen, dem es prinzipiell nicht besonders gut geht. Das ist der Hauptzweck dieser ganzen Aktivitäten.

Dem Tourismus geht es natürlich in der Tat nicht gut. Und warum geht es ihm nicht gut? – Weil die Steuergesetzgebung der letzten Jahre in eine Richtung gegangen ist, die dazu geführt hat, daß eine Branche, die gezwungen ist, rasch und oft zu investieren, eine negative Eigenkapitalquote aufweist.

In den Erläuternden Bemerkungen zu diesem Gesetz steht, der Bereich des Tourismus habe traditionell eine knappe Eigenkapitalausstattung. Genau heißt es hier – ich zitiere –: "Der Tourismus nennt traditionell eine knappe Eigenkapitalausstattung sein eigen." – Zitatende. Auf dieses "eigen" möchten die Touristiker gerne verzichten, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man stellt das so dar, als wäre dieser Umstand eine gottgewollte Sache! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner.) Herr Bundesminister! Man sagt, das Eigenkapital ist halt knapp im Tourismusbereich, da muß man sich eben etwas anderes einfallen lassen. – Ich aber sage: Es ist nicht gottgewollt, daß es im Tourismus eine knappe Eigenkapitalausstattung, eine negative Verzinsung und eine negative Eigenkapitalquote gibt, sondern das ist die Schuld einer Politik, für die Sie auch mitverantwortlich sind, Herr Bundesminister. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist die Schuld einer Politik, die in einem diametralen Gegensatz zu dem steht, was Sie auch vor wenigen Tagen wieder propagiert haben. Bereits im dritten Punkt der ÖVP-Positionen für den Tourismus steht: Eigenkapitalstärkung der Betriebe, traditioneller Eigenkapitalmangel, strukturelle Schwächen durch Eigenkapitalerhöhungen ausgleichen, derzeitige Eigenkapitalausstattung völlig unbefriedigend.

Sie sind doch Minister! Sie sitzen in der Regierung! Ihre Stimme ist so entscheidend, daß Sie sehr viel bewegen könnten! Ein Minister kann mit seinem Veto in Wahrheit alles durchsetzen! Ich frage mich wirklich: Warum setzen Sie denn nicht, anstatt ständig irgendwelche Sanierungsgesetze zu machen, einmal durch, daß es eine Steuerreform gibt, bei der auch wieder eigenkapitalbildende und -fördernde Maßnahmen vorgesehen sind? – Das wäre das, was wir uns vorstellen würden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum gehen Sie einen Weg, der Ihrer Philosophie völlig entgegengesetzt ist? Warum helfen Sie, wenn schon alles kaputt ist, wenn die Krise bereits ausgebrochen ist? – Das ist mehr oder weniger ein Insolvenzverhinderungsgesetz, ein Aufschieben des "Todes"! Ein "Tod auf Raten" ist in vielen Fällen damit verbunden. Warum machen Sie das, anstatt zu sagen: Wir wollen eigentlich einen Weg gehen, der garantiert, daß derjenige, der sich am Markt bewährt, der gute Investitionen plaziert, auch entsprechende Möglichkeiten hat!?

Das ist der Grundgedanke unseres freiheitlichen Steuermodells, der flat tax: Jeder Unternehmer, der eine Investition tätigt, soll im ersten Jahr bereits zu 100 Prozent seine Investition abschreiben können. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Das ist meiner Ansicht nach eine moderne Steuerpolitik. Das ist meiner Ansicht nach auch eine Befreiung des Tourismus aus dieser schwierigen Situation, in die man ihn hineingebracht hat.

Jetzt kann man natürlich sagen, die Tourismusbetriebe sind bereits so schwach, jetzt müssen wir ihnen eben helfen. – Aber das hindert Sie ja nicht daran, einmal das Richtige zu machen und nicht das Pferd beim Schwanze aufzuzäumen. Denn es kommt ja noch eines dazu: In diesem Gesetz steht auch, daß bei großen Projekten, bei großen Sanierungsfällen der Herr Bundesminister höchstpersönlich entscheidet. Bei kleineren, weniger wichtigen Fällen kann er die Entscheidung an die Bürokratie delegieren. – Das ist genau das Unternehmerverständnis der ÖVP: Die Bürokratie entscheidet über Investitionen, der Minister entscheidet über die Lebensfähigkeit eines Unternehmens – und nicht der Erfolg am Markt.

Ich fordere Sie auf: Entsteuern Sie die Betriebe! Senken Sie die Steuern! Schaffen Sie ein investitionsfreundliches Klima in diesem Land! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Dann werden Sie eine andere Situation vorfinden, die Investitionen begünstigt, sodaß nicht Sie als Minister entscheiden müssen, ob der betreffende Betrieb weiterleben darf oder nicht.

Sie wissen ganz genau, daß viele Unternehmer – wir haben ja viele klein- und mittelständische Betriebe, die Familienbetriebe sind – es schön langsam als eine Erniedrigung empfinden, daß sie einerseits steuerlich so schlecht behandelt werden, daß sie nicht ins Verdienen kommen können, und daß sie andererseits dann, wenn es schwierig wird, zum Minister, zu den Beamten betteln gehen müssen, dort Kniefälle machen und sich sozusagen von der Bürokratie durchleuchten lassen müssen, von Beamten, die in ihrem ganzen Leben selbst nie das Risiko getragen haben, das der Unternehmer mit seinen Mitarbeitern getragen hat! Das ist die falsche Philosophie, die Sie hier verfolgen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wollte ich zu diesem Gesetz sagen, weil ich finde, daß das, was hier geschieht, eigentlich nicht zur ÖVP passen kann. Das ist für mich eine Facette, bei der man sieht, daß der Bundesminister erkannt hat: Wir haben in den letzten zwölf Jahren, seit die ÖVP mit den Sozialisten in der Regierung ist, die Tourismuswirtschaft steuerlich eigentlich kaputtgemacht, und jetzt müssen wir an allen Ecken und Enden sanieren.

Es gibt zwar auch das Bekenntnis, daß man noch offensive Maßnahmen setzen wird, aber, Herr Bundesminister, offensive Maßnahmen werden erst an zweiter Stelle genannt. Das heißt, das erste Ziel ist offenbar, eine krankende, an Eigenkapitalauszehrung leidende Wirtschaft im Tourismusbereich mit öffentlichen Hilfen über die Runden zu bringen. Und das sollte Ihnen zu denken geben.

Ich weiß, Sie können das Problem nicht von heute auf morgen lösen, aber Sie könnten endlich einmal, auch bei der anlaufenden Steuerreform, eine Weichenstellung vornehmen, die den Unternehmern im klein- und mittelständischen Bereich Hoffnung gibt. Sie könnten damit das tun, was in Wirklichkeit auch die EU vorgeschrieben hat. Lesen Sie die Berichte über das Netzwerk der Mittelstandsbeobachtung innerhalb der Europäischen Union!

Was ist einer der Kernsätze in diesen Berichten? – Einer der Kernsätze lautet, daß es den Klein- und Mittelständlern erst dann wieder gut gehen wird, wenn man Investitionsbegünstigungen durch die Entsteuerung des nicht entnommenen Gewinnes schafft, wenn man Eigenkapitalbildung zuläßt und wenn man die Lohnnebenkosten senkt. – Sie brauchen keine staatlichen Reparaturbetriebe zu schaffen, wenn Sie diesen Weg, den Ihnen auch die EU vorgeschlagen hat, gehen! Dann würde es auch für die heimische Tourismuswirtschaft wieder interessant werden. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.

18.29

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Bevor Kollege Haider vielleicht hinausgeht, möchte ich die Gelegenheit nicht versäumen, ihm zu erklären, was wir im Ausschuß schon ein paar Mal diskutiert haben. Bitte, erstens einmal nicht vergessen – darf ich das einmal in diesem Gremium sagen? –, daß ... (Zwischenruf des Abg. Gaugg.– Sie sollten vom Bankwesen mehr verstehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Gaugg! Ich bitte, dieses Vokabular gegenüber einem Minister nicht zu gebrauchen.

Jetzt sind Sie wieder am Wort, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner (fortsetzend): Es gibt ein sehr positives Instrument. Wir haben in Österreich mit dem Instrument des Erneuerungsfonds – später FGG – und der Landeshaftungen bewiesen, daß Haftungen sehr wohl ein Instrument sind, um sehr riskante Unternehmen in der Anfangsphase zu begünstigen. Da können Sie sich Dutzende Beispiele von Betrieben referieren lassen – ich könnte sie Ihnen auch namentlich nennen –, die mit wenig Kapital angefangen haben, für ihr Restkapital eine Haftung bekommen haben und dann mit genügend Kapital ausgestattet in einen Wachstumsprozeß eingetreten sind. Sonst hätten wir viele unserer im Export so erfolgreichen Betriebe nicht. Daher: Die Haftung wurde im Ausnahmefall – ich betone: im Ausnahmefall! – für Reparaturen eingesetzt. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt – dies sehen wir am Beispiel der ÖHT und der BÜRGES –: In der BÜRGES wird der größte Teil nicht für Sanierungen, sondern für neue Projekte eingesetzt. In der ÖHT mußten wir diesen Schwerpunkt wählen, weil sich zu viele österreichische Hotelbetriebe vom ersten Tag an im Besitz der Banken befunden haben und der sogenannte Eigentümer nie mehr als 2 oder 3 Prozent Eigenkapital eingebracht hat. Wenn man eine solche Situation vorfindet und nicht mit diesen Instrumenten vorgeht, dann ist die Bank auf Dauer der Eigentümer und sucht sich ihren Geschäftsführer jeweils durch Eigentümerwechsel aus. Daher ist dieser zweite Punkt notwendig.

Der dritte Punkt – und das soll man klar aussprechen – ist die Frage: Was helfen uns 100 Prozent Abschreibung für Betriebe, die nicht einmal jetzt die Zinsen zahlen können, obwohl wir jetzt einen Trend in Richtung Zinssenkung haben? – Ich warne im Tourismusbereich vor einem Modell, das eine hundertprozentige Zinsabschreibung vorsieht, denn dadurch würde geradezu Kapital aus anderen Sektoren in den Sektor Tourismus abwandern, um diese Abschreibungsbegünstigung zu lukrieren und zusätzliche Kapazitäten zu schaffen, die wir in unserem Land derzeit und in diesem Maße nicht brauchen. Ich bitte, daß wir uns da über drei Schienen einmal verstehen. (Abg. Dr. Haider: Die Betriebe investieren, wenn es sich auszahlt!) – Ja, d’accord!

Wir wissen aus der jüngsten Erfahrung, aus dem, was in Ostdeutschland passiert ist, daß das Kapital zum Abschreibungswert gegangen ist. (Abg. Haigermoser: Das ist ein ganz anderes Modell!) Die Situation in Österreich ist jetzt so, daß viele unserer Hotelbetriebe nicht mehr kreditfähig sind, daß wir zuwenig privates Risikokapital haben, das ohne Haftung den Weg zum ... (Abg. Dr. Haider: Aber warum sind sie in diese Lage gekommen?) – Weil sie schon mit wenig Eigenkapital angefangen haben, bei allem Respekt. Also bitte! (Abg. Dr. Haider: Es gibt sehr wohlhabende Familien, die in Wirklichkeit im Laufe von Jahrzehnten ...!) – Ja, auch die mag es geben. Die österreichische Erfahrung zeigt, daß der Großteil unserer Großhotels ohne Eigenkapital oder mit fast keinem – außer dem der Bank, und das ist Fremdkapital –, gegründet wurde.

Ich wollte nur einmal klarstellen: Wichtig ist, daß wir alle drei Strategien verfolgen, daß wir erstens das Innovative mit Haftungen fördern, zweitens den "Reparaturladen" mit Haftungen wieder hinbekommen und drittens mit Haftungen völlig neue Dinge in die Wege leiten, vor allem, was die Leisure-Landschaft, wie das so schön heißt, in Österreich betrifft, damit wir mehr zu bieten haben als nur extreme Stadt- und extreme Landkultur. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

18.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

18.33

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es freut mich, daß wir heute noch zu einer so hochstehenden Tourismusdebatte gekommen sind.

Ich finde, Jörg Haider, daß du die Situation schon richtig dargestellt hast. Die Antwort, die du mit der flat tax und der Abschreibung bereits im ersten Jahr gibst, ist aber insofern falsch, als – wie der Herr Bundesminister richtigerweise gesagt hat – eine Branche, die so hohe und günstige Abschreibungsmöglichkeiten hätte, einen Kapitalzufluß aus anderen Branchen erfahren würde, der nicht nur – und das wäre positiv – bestehenden Betrieben eine neue Kapitalstruktur – allerdings auch neue Eigentümer – bescheren würde, sondern auch eine weitere unkontrollierte Ausweitung der Bettenkapazitäten zur Folge hätte.

Das Problem der Branche liegt heute auf der Erlösseite. Auslastung mal Preis, dieser Wert ist heute schlicht und ergreifend zu gering. Hätte sich das Wachstum der Tourismuswirtschaft von 1992 an nur gleich entwickelt, so, wie sich die österreichische Wirtschaft insgesamt entwickelt hat, dann müßten heute allein die Deviseneingänge aus dem Ausländertourismus um rund 50 bis 60 Milliarden Schilling höher liegen, als dies heute der Fall ist. Der Wert der Deviseneinnahmen lag schon bei 161 Milliarden Schilling, ist dann heruntergefallen auf 142 und liegt jetzt bei ungefähr 150 Milliarden Schilling. Aber wenn Sie das mit den Wachstumsziffern nominell hochrechnen, dann kommt ungefähr ein Betrag in der Größenordnung von 50 Milliarden Schilling an Umsatz heraus, der letztlich fehlt.

Das heißt, die Zahl der Betten ist gleich geblieben, aber 50 Milliarden Schilling an Umsatz im Ausländertourismus sind verlorengegangen. Das ist ein erlösseitiges Problem, und dieses erlösseitige Problem hat sich selbstverständlich auf die Ertragsseite niedergeschlagen, sodaß heute die wenigsten der Betriebe in der Lage dazu sind, sage ich jetzt einmal positiv, Steuern zu bezahlen, weil sie nicht einmal ihre Zinsen bezahlen können oder zu einer Vollkostendeckung kommen.

Dies wäre ein Rezept, das dem einen oder anderen Betrieb zwar helfen mag, aber immer die Gefahr in sich birgt, daß auf einmal ein Neubauboom in dieser Branche entsteht, den wir auf keinen Fall brauchen können.

Es ist aber eines richtig, was du gesagt hast: Das Problem der Kostenseite ist ein staatliches. Wir haben sinkende Wareneinsätze seit dem EU-Beitritt, Gott sei Dank. Wir haben sinkende Zinsen seit der Entwicklung in Richtung Euro, Gott sei Dank, und wir haben auch sinkende Energiekosten. Das sind drei positive Faktoren. Herr Bundesminister! Aber alle Kostensteigerungen – und die machten in Summe wesentlich mehr aus als die drei Senkungen, die ich genannt habe – sind staatlich induziert. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner.)

Diese Senkungen waren eine richtige Politik im Rahmen der Integration in die Europäische Union. Da haben Sie völlig recht, Herr Minister. Aber das, was wir an Kostensteigerungen in dieser Branche erlebt haben, ist hier im Hohen Haus beschlossen worden. Diese Kostensteigerungen betrafen im wesentlichen den Bereich der Arbeitskosten, den Bereich der Umweltkosten und den Bereich der Bürokratiekosten.

Sie können natürlich – und ich wiederhole das immer wieder hier an dieser Stelle – einzelne Maßnahmen beschließen, bei denen man viele gute Argumente findet, warum diese Maßnahmen notwendig sind, warum sie richtig und zielorientiert sind. Aber die Kosten, die diese Maßnahmen verursachen, kommen immer – von allen Seiten – bei den Betrieben zusammen. Dort kumulieren sie sich, sodaß wir heute in einer Kostensituation sind, in der wir schon allein aufgrund der Begrenzung des Preises, den der Markt hergibt, nie mehr diese Zahlen erreichen werden, die wir einmal hatten und die wir dringend bräuchten, um die vorhandenen Kapazitäten auszulasten und zu positiven Bilanzen zu kommen.

Herr Bundesminister! Die Haftungen, die Sie jetzt einführen, sind ein richtiger Weg, wenn sie nicht nur im Bereich der Restrukturierung stattfinden. Denn über eine Restrukturierung zu entscheiden, ist eine ganz wesentliche Entscheidung. Wenn Sie nun selbst oder die ÖHT oder die BÜRGES Restrukturierungsentscheidungen treffen, dann ist die Voraussetzung dafür, daß es ganz hervorragende Fachleute gibt, die Bilanzen lesen und Betriebe beurteilen können und die dann sagen: Bei diesem Betrieb gibt es eine Chance der Restrukturierung, die Chance, ein neues Leben zu beginnen, und bei jenem ist keine mehr gegeben, dieser Betrieb muß gesperrt werden. – Das ist eine ganz große Verantwortung, die sie dabei übernehmen.

Ich sehe Ihre Haftungen also nicht nur im Zusammenhang mit einer Restrukturierung, sondern auch im Hinblick darauf, zukunftsorientierte Wege zu finanzieren, das heißt ganz klar: mittels Haftungen neue, innovative Konzepte in der Tourismuswirtschaft zu ermöglichen.

Förderungen werden letztlich nie Unternehmerentscheidungen ersetzen, aber sie können Unternehmerentscheidungen rechenbar machen und sie können Unternehmerentscheidungen leichter positiv zum Ziel führen.

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Weil wir gerade über Tourismus reden, einige wenige Sätze zur "Österreich Werbung". Ich halte sie für eine wichtige und unverzichtbare Institution, die die Marke Österreich insgesamt bewirbt. Das Image, das von der Marke Österreich ausgeht, wirkt weit über die Tourismusbranche hinaus, es wirkt in die ganze Exportwirtschaft hinein.

Die Vergangenheit war, wie ich meine, von dem glücklosen Geschäftsführer Dr. Lukas geprägt, der ein – wie formuliere ich es jetzt liebevoll? – schwieriges Amt weitergegeben hat, das schwere Erbe eines völlig verbürokratisierten und ineffizienten Unternehmens. Es ist ein Erfolg der "Österreich Werbung" – und insofern auch Ihr Erfolg, weil Sie dafür verantwortlich sind –, daß heute die Gemeinkosten weit unter 50 Prozent gesunken sind und die Werbekosten weit über 50 Prozent, nahe 60 Prozent, liegen. Ich halte das für richtig. Ich glaube, daß das Duo Höferer & Kübler gute Arbeit geleistet hat.

Darüber hinaus haben wir endlich eine "Österreich Werbung", die im dritten Jahr eine ganz klare Werbelinie vertritt. Meine Damen und Herren! Es geht nicht darum, ob uns als Fischer der Wurm schmeckt, sondern den Fischen muß er schmecken. Und diese Werbung sowohl im Fernsehen, in den audiovisuellen Medien, als auch in den Printmedien ist durch eine klare und erkenntliche Linie gekennzeichnet und, wie ich meine, von Erfolg gekrönt.

Herr Bundesminister! Daß dieses Restrukturierungsprogramm, das Höferer eingeleitet hat, auch Konflikte heraufbeschwören wird, war klar. Daß sich jetzt rund um diese Konflikte auch noch ein Intrigenspiel um die "Österreich Werbung" abspielt, das beweinenswert ist, halte ich für wirklich bedauerlich, weil es die Arbeit der Menschen, die sich dort für eine gute Markenbildung Österreichs einsetzen, behindert.

Es ist ein unwürdiges Schauspiel, wenn in die "Österreich Werbung" parteipolitische Interessen hineingetragen werden. Herr Bundesminister! Mir ist es völlig gleichgültig, welche "Farbe" der Herr Höferer hat, ob er gelb, grün, schwarz oder lila gestreift ist, aber die Intrigen, die jetzt laufen, kommen ganz eindeutig von einer Seite, weil diese meint, eine Institution wie die "Österreich Werbung" gehöre doch zum "schwarzen" Bereich. – Ich halte das für unerträglich, muß ich Ihnen sagen.

Ich lege hier ein Bekenntnis zur heutigen "Österreich Werbung" ab. Sie arbeitet gut. Kritik ist dort, wo sie nötig ist, im direkten Gespräch anzubringen.

Zur Zusammenarbeit mit den Außenstellen der "Österreich Werbung" ein klares Wort: Überall dort, wo es sachliche und fachliche Synergien gibt, sollten wir sie partnerschaftlich und gleichberechtigt nutzen. Jeden Versuch, die "Österreich Werbung" zu einer Zweigstelle der Wirtschaftskammer zu machen, halte ich erstens für untauglich und zweitens für falsch. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Ich meine, es ist nicht nützlich, der "Österreich Werbung" über öffentliche Zeitungsmeldungen auszurichten, man würde ihr Budget nicht beschließen, sondern ich halte es für viel gescheiter, sich mit den Ländern zusammenzusetzen, ein Konzept zu entwickeln, wie wir hinsichtlich der Außenhandelsstellen und der Zweigstellen der "Österreich Werbung" – unterschiedlich nach den Märkten; da gibt es ganz unterschiedliche Anforderungen, hier ist nichts über einen Leisten zu schlagen – zu einer Synergie kommen und aus ihnen gleichberechtigte Partner machen können, die Österreich gemeinsam vertreten.

Ich bringe noch einmal die Idee ein, die ich schon mehrfach hier artikulieren durfte: Es gibt so viele Institutionen, die im Ausland für Österreich arbeiten. Bauen wir eine Holding darüber, eine Holding, die nichts anderes tut, als sie zu organisieren und den Einsatz der finanziellen Mittel zu regeln, und versuchen wir dann, die Vertretung Österreichs nach rein sachlichen Gesichtspunkten im Ausland zu organisieren! Parteipolitische Interessen und widerliche Intrigen haben dort keinen Platz! (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. – Bitte.

18.41

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Die Novelle zum KMU-Förderungsgesetz, die wir heute beschließen, ist okay, wir werden ihr auch zustimmen. Aber, Herr Bundesminister, das ist eben nur ein bißchen mehr von dem, was wir schon gemacht haben. Im wesentlichen steht das alles ja schon im Gesetz von 1996, jetzt wird eben der Haftungsrahmen erhöht (Abg. Haigermoser: Aufgebessert wird er!), er wird ein bißchen aufgebessert und speziell auf das Gastgewerbe übertragen. Aber wirklich neu ist darin eigentlich nichts.

Ich versuche einmal darzulegen, was ich mir in einem KMU-Förderungsgesetz erwarten würde: eine Gesamtkodifikation oder ein Gesamtkonzept zur Förderung speziell junger Unternehmen – da sind wir uns ja, wie ich meine, einig, daß das notwendig und richtig wäre –, um einmal diese Gründungswelle, die wir seit Jahr und Tag beschwören, die aber nicht wirklich zustande kommt, ins Leben zu rufen, auch wenn es in dem einen oder anderen Fall diesbezüglich Fortschritte gegeben hat.

Dieses Gesamtkonzept müßte meiner Ansicht nach folgendes enthalten – es handelt sich um keine vollständige Aufzählung –:

Erstens: ein Qualifikationsprogramm für die Firmengründer, von der Anfangsqualifikation bis sozusagen zur Überlebenshilfe, eine Art Überlebenstraining. Ich bin mir nicht sicher, ob das Monopol der Sozialpartner in diesem Bereich – nämlich bei den Bildungsinstitutionen WIFI und BFI – in diesem Fall etwas Gutes ist. Ich bin prinzipiell gegen Monopole und somit auch gegen dieses.

Zweitens: eine Reorganisation der Information in jeder Hinsicht und die Einrichtung zentraler Anlaufstellen. Auch in diesem Fall bin ich nicht glücklich damit, daß die Kammern versuchen, das zu organisieren, denn in den Kammern gibt es potentielle Interessenkonflikte bei der Förderung junger Unternehmen.

Drittens: Reformen des Kapitalmarkts zur Bereitstellung von venture capital. Die Novelle, die wir heute beschließen, bietet ja in dieser Hinsicht nichts, sondern es wird, wenn ich es richtig verstehe, durch die Haftungen nur die Aufnahme von Bankkrediten erleichtert. Aber das ist kein Venture-Capital-Modell.

Viertens brauchen wir eventuell – da kenne ich mich nicht sehr gut aus – Reformen der Konkursordnung.

Fünftens müssen immer wieder – das brauche ich Ihnen nicht zu sagen – Überlegungen angestellt werden, wie die Gewerbeordnung weiter liberalisiert werden kann und soll, das heißt, es ist einfach der Abbau von Zugangsbeschränkungen zum Markt in jeder Hinsicht notwendig.

Sechstens würde ich mich nicht scheuen, über steuerliche – wenn Sie so wollen – Privilegien nachzudenken, im speziellen für junge Unternehmen, von Pauschalierungen angefangen bis zu gewissen Begünstigungen im Bereich des Einkommen- oder Körperschaftsteuerrechts für eine Anfangsperiode. Natürlich immer unter der Voraussetzung der EU-Konformität und so weiter, das ist ja klar.

Siebentens: Eine Verknüpfung mit der Technologie-Offensive – auf die wir immer noch warten, in Klammern gesagt – wäre auch nicht schlecht. Es wäre wichtig, dies speziell in diesem Markt zu schaffen.

Achtens, neuntens und zehntens ist wahrscheinlich eine Reihe von Punkten notwendig, die aufzuzählen meine Phantasie jetzt im Augenblick nicht ausgereicht hat.

Ich würde mir ein Gesamtkonzept speziell zur Förderung junger Unternehmen wünschen. Dafür gäbe es, so meine ich, viel Sympathie. Allerdings ist es uns bis jetzt allenfalls nur in ganz, ganz kleinen Dingen gelungen, wirklich weiterzukommen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.45

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir liegt eine Zeitungsmeldung vor, in der es heißt: "Hotels, wo der Pleitegeier Urlaub macht." – Dieser Artikel bezieht sich auf eine Analyse des Wirtschaftsministeriums und deckt sich eigentlich mit dem, was ich im Rahmen der Diskussion über den Tourismusbericht schon gesagt habe. Natürlich gibt es verschiedene Bereiche, in denen Verbesserungen wünschenswert wären. Aber die Zahlen sagen deutlich aus, daß mangelndes Eigenkapital der "Sargnagel Nummer eins" ist, wie es in diesem Artikel heißt. – Meine Damen und Herren! Deutlicher kann man es nicht ausdrücken.

Wenn man hier eine Basis schafft, Herr Bundesminister – ich weiß, das ist im Gesetz nicht enthalten, aber das ist mir ein großes Anliegen –, dann meine ich, man sollte dort umstrukturieren, wo es Sinn macht. Natürlich sind Verbesserungen im Eigenkapitalbereich und Hilfen notwendig. Zwei Dinge sind bei Gründungen ganz wichtig, und das müssen wir hier viel deutlicher sagen, Herr Kollege Van der Bellen. Ich fühle mich dabei nicht als Austromarxist, wie Herr Kollege Puttinger glaubt, uns das unterstellen zu müssen. Es stellt sich die Frage, was meine Einstellung mit austromarxistischem Gedankengut zu tun hat. – Nebenbei bemerkt, es ist keine schlechte Philosophie, aber mit Wirtschaftspolitik hat das überhaupt nichts zu tun.

Bei Gründungen muß man zwei Dinge beachten: Man darf erstens an die Aufnahme eines Hotelbetriebs nicht einmal denken, wenn man nicht eine vernünftige Eigenkapitalbasis schafft. Das ist ein großer Fehler, der nicht nur in Österreich gemacht wird. Ich berate ja Unternehmer, und ich lasse jemanden mit dem Bau eines Hotels nicht einmal beginnen, wenn er nicht eine Eigenkapitalbasis von mindestens 20, 25 Prozent dafür hat. In einer Krisensituation ist die Pleite vorprogrammiert, weil es ganz einfach nicht geht! (Abg. Böhacker: Ein Drittel wäre noch besser!) 30 Prozent wären besser, das ist klar.

Bei der Richtlinie ist das ebenfalls zu beachten, Herr Bundesminister. Es ist hinausgeschmissenes Geld, und man verführt Menschen zu einem falschen Weg, wenn man sagt: Fang mit 3 oder 5 Prozent an!; um dann mit Garantien oder Stützungen weiterzuarbeiten. – Falscher Weg! Wenn wir jemandem helfen wollen – und wir müssen froh sein, wenn es Leute gibt, die diesen Weg gehen –, dann muß man eben sagen: Mach das nur unter vernünftigen Voraussetzungen. Wir geben Anfangshilfen, aber du mußt selbst in der Lage sein, ein Mindestmaß an Eigenkapital aufzubringen, denn das ist die Basis für Krankheitsfälle, die passieren können. Diese müssen gar nicht betriebsinduziert sein, sondern können auch vom Markt her kommen, sie können verschiedene Ursachen haben.

Aus der Statistik geht hervor, daß die exogenen Ursachen für Insolvenzen eigentlich minimal sind und nur in 12 Prozent der Fälle ausschlaggebend waren. (Das rote Licht leuchtet.) – 4 Minuten Redezeit sind leider sehr wenig, wenn man sich mit diesem heiklen Thema auseinandersetzt.

Ich bleibe dabei, in die Richtlinie muß unbedingt hinein: Bei Unternehmensgründung sind ein hohes Maß an Eigenkapitalausstattung und von Anfang an Controlling erforderlich, was den meisten Betrieben bei uns fehlt. Jemand weiß nach einem Jahr oder nach eineinhalb Jahren nicht, wo er steht. In Wahrheit müßte er jeden Monat sehen, wo er steht, um zu wissen, ob er in die eine oder andere Richtung etwas tun muß.

Es müssen also Anleitungen und Richtlinien gegeben werden. Da kann der Staat, wenn er eingreift und hilft, wirklich Rahmenbedingungen schaffen, und zwar nicht so sehr im Interesse des Staates, sondern vor allem im Interesse des Betroffenen selbst. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Smolle.)

18.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte.

18.49

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Helmut Peter! Zur "Österreich Werbung": Auch mir ist es egal, wo der jeweilige Chef oder die Mitarbeiter der "Österreich Werbung" politisch stehen. Das ist mir so egal wie das Fahrrad, das gerade in Peking umfällt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.)

So einfach ist es aber nicht, denn die Zustände in der Höfererschen "Österreich Werbung" sollen dem Vernehmen nach, was das Betriebsklima anlangt, nicht besonders positiv sein. Das Mobbing, das dort passiert, sollte man nicht einfach so nonchalant wegwischen. (Abg. Mag. Peter: Ich habe mehr Information!) – Vielleicht bist du dort Insider, das mag schon sein, aber die Frage ist ja nicht, ob jetzt Herr Höferer – wenn das stimmen sollte – die schwarzen Parteibücher gegen rote austauscht. Das ist nicht im Sinne des Erfinders! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir meinen, die Dinge sollen leistungsbewußt, gleich welcher Parteizugehörigkeit, ins Lot gebracht werden, und dann sind die öffentlichen Diskussionen weg. – Ende der Durchsage. Und der Erfolg wird ja dann zu messen sein.

Wenn Sie da jetzt eine Verteidigungsphilippika reiten, dann, muß ich sagen, höre ich einiges in meinen Ohren klingen. Da dürfte ein bißchen eine Connection ... (Abg. Mag. Peter: Sprich doch aus, was du meinst! Warum so kryptisch?!) – Ich kenne dich gut genug, Helmut Peter, aus der Zeit, als du noch bei uns warst, was die Schlitzohrigkeit anbelangt. Ich meine das nicht negativ, sondern ich sage, da ist jetzt nicht die Objektivität mit dir durchgegangen. Die Objektivität ist mit dir in deinen Ausführungen nicht durchgegangen.

Herr Bundesminister! Zu dem ganzen Gesetzeswerk ist schon einiges gesagt worden, aber ein Halbsatz in den Allgemeinen Bemerkungen ist schon wichtig, weil er Sie eigentlich ehrt. Da steht im Hinblick auf die Mittelstandswirtschaft: "Sie sind allerdings starken Belastungen vor allem im gesetzgeberischen Bereich ausgesetzt." – Also das ist wirklich ein starker Halbsatz! Diese Belastungen – sie sind ja von einigen Rednern schon angesprochen worden – hat ja das Parlament beschlossen. Also die Damen und Herren, die zurzeit hier sitzen, und andere, die woanders sind, haben diese starken Belastungen, die sie selbst in der Regierungsvorlage bejammern, beschlossen.

Gezwungenermaßen oder positiv gesehen geht es jetzt mit dem Zuschuß los. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Kein Zuschuß!) Das ist genau die falsche Richtung. Ich bezeichne es nun einmal unter Anführungszeichen so. Es handelt sich eben um ein Instrumentarium dafür, das zu reparieren, was als Belastungen von diesem Parlament beschlossen wurde, meine Damen und Herren. Das ist das Problem. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie haben ein wunderbares Werk erarbeiten lassen: "Das österreichische Gründungsgeschehen", jüngst, nämlich im vergangenen Jahr, von Ihnen vorgestellt. Auf Seite 79 heißt es: Das Hauptmotiv für den Weg in die Selbständigkeit: Die Nutzung einer sich bietenden Gelegenheit, Unabhängigkeit, Leistungswille und Vermögensbildung. – Diese Begriffe stehen an den ersten vier Stellen als Gründe dafür, warum sich ein junger Mensch selbständig macht.

Wie begleiten Sie diese Unabhängigkeit? Wie begleitet die Regierung diesen Leistungswillen? Wie wird die Vermögensbildung begleitet? – Das sind die zentralen Fragen. Sie haben das dankenswerterweise hinterfragen und erarbeiten lassen. Aber die Antworten, Herr Bundesminister, bleiben aus.

Ich habe mir die Mühe gemacht, Ihre Erklärung zur wirtschaftlichen Lage vom 8. Juli 1997 durchzuarbeiten. Seifenblase eins: Standortbedingungen. In der Standortdiskussion haben Nachfragen des Wirtschaftsministeriums ergeben, daß vor allem große Unternehmen die im internationalen Vergleich hohen Strom- und Telekommunikationskosten beklagen. Sie werden sich also für ein Energieorganisationsgesetz mit günstigeren Bedingungen bei den Stromkosten für Unternehmer einsetzen. Ähnliches gilt auch für den Bereich der Telekommunikation et cetera. – Nichts ist passiert! Es wird herumgedoktert. In der Koalition wird darüber gestritten, wie es weitergehen soll.

Seifenblase zwei: Forschung und Entwicklung. Herr Hochleitner und Professor Schmidt haben es Ihnen ja schon ins Stammbuch geschrieben, was mit dieser Forschungsmilliarde passiert. Bereitstellung von mehreren Milliarden Schilling für die industrienahe Forschung, hat es einmal geheißen. – Nicht einmal 1 Milliarde Schilling haben Sie zusammengebracht, Herr Bundesminister! "Knappertsbusch" war alles, was zustandegekommen ist. Das war die ganze Angelegenheit.

Das heißt also, meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, Sie sind an Ihren Worten festzunageln, und da müssen Sie sich gefallen lassen, daß zumindest die Opposition sagt: Es handelt sich um ein Gesetz, das wir jetzt zwar mitbeschließen, so nach dem Motto "Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach", aber die großen Würfe, die Sie angekündigt haben, sind Sie uns bis dato schuldig geblieben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden die Öffentlichkeit und Sie immer darauf hinweisen, daß Sie an Ihren Taten zu messen sind. Ihre Worte habe ich hier auszugsweise zitiert, und davon ist noch einiges offen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.

18.54

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich möchte einige Sachinformationen geben. Ich bedauere es, daß unsere Publikationen aus jüngster Zeit nicht gelesen oder zumindest von jenen Zeitungen, die gelesen werden, nicht übernommen werden.

Zu den Ausführungen von Herrn Professor Van der Bellen: Zu den letzten Neugründungen. Es ist eindeutig klar: Österreich liegt jetzt bei Jungunternehmensgründungen mit über 70 Prozent Eigenkapital weit über dem europäischen Schnitt. Zum erstenmal kommt eine österreichische Unternehmergeneration auf den Markt, die wirklich außergewöhnlich gut mit Eigenkapital finanziert ist. Mit einer Überlebensquote von 72 Prozent liegen wir in Europa weit an der Spitze. Wir haben 5 Milliarden ungenutztes venture capital.

Wir brauchen – um das noch zu einigen Steuerfragen zu sagen – jetzt den steuerlosen, also steuerneutralen Betriebsübergang, denn das wäre der nächste große Eigenkapitalschnitt für die gesamte Tourismuswirtschaft. – Priorität eins für die Steuerpolitik.

Priorität zwei: Wir müssen in Österreich endlich dazu kommen, daß man nicht nur Fremdkapital, sondern auch Zinsen für das Eigenkapital abschreiben kann. In dieser Frage sind wir nicht weit auseinander, das wird notwendig sein. Das sind die Dinge, die man tun muß, damit man in die richtige Richtung kommt. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich würde Sie wirklich gerne einmal in mein Ministerium bitten und Ihnen diese neuen Zahlen präsentieren, da sie offenbar von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden. Ich möchte betonen: Das ist alles nachweisbar. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei der ÖVP.)

18.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kiermaier. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.55

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im ersten Satz der Erläuterungen und Allgemeinen Bemerkungen der Regierungsvorlage steht zu lesen, daß rund 99,8 Prozent der österreichischen Unternehmer KMUs sind, also klein- und mittelständische Unternehmen, die mit ihrem Beschäftigungsvolumen, wie schon sehr richtig gesagt wurde, mehr oder weniger den Hauptteil zum Gedeihen der österreichischen Wirtschaft beitragen und somit die Hauptlast tragen.

Aber es kommt gleich die Aufzählung einer Reihe von Problemen. Es ist schon angeklungen, vor allen Dingen werden die starken Belastungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften genannt. Ich glaube, es schadet niemandem, auch uns nicht, einmal selbstkritisch zu sein und alles zu durchleuchten, um festzustellen, was wir Mandatare in diesem Haus dazu beitragen können, damit dieser Übelstand abgestellt werden kann. Ich glaube, das wäre sehr wichtig.

Ein Stehsatz von mir lautet – ich möchte ihn auch heute wieder bringen –: Der Handwerker gehört in seine Werkstätte, der Kaufmann in sein Geschäft und der Wirt in die Gaststube und alle drei nicht unbedingt ins Büro. – Das ist eine alte Weisheit. Der Verwaltungsaufwand ist einfach zu groß. (Abg. Mag. Schweitzer: Immer weniger Werkstätten, immer weniger Gasthäuser!) – Ich habe nur eine Redezeit von 4 Minuten, Herr Kollege, ich habe keine Zeit, mich mit Ihrem Zwischenruf zu beschäftigen.

Meine Damen und Herren! Es steht auch die Frage der Lebensqualität zur Debatte. Ein mittlerer oder größerer Betrieb kann seine Verwaltungsarbeit an Mitarbeiter delegieren. In kleinen Unternehmen muß der Unternehmer alles selber machen, so ist nämlich die Praxis, und zwar abends und am Ruhetag und so weiter. Das bedeutet natürlich eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität. Diese Arbeit erfordert bei den meisten Betrieben ungefähr zehn Stunden am Tag, bei den Wirten ist es noch viel mehr. Eine Sechs-Tage-Woche ist für sie eine Selbstverständlichkeit.

Meine Damen und Herren! Es wurde viel von der Gründerwelle gesprochen. Ich muß sagen, viele junge Leute überlegen es sich lange, ob sie die Nachfolge antreten sollen. Oft ist es leichter, jemand anderen dafür zu gewinnen, weil dieser nicht weiß, wie es sich in einem Familienbetrieb oft abspielt. Ich möchte jetzt absolut nicht schwarzmalen, sondern die Dinge nur ins Lot bringen.

Der Herr Bundesminister hat einmal gesagt, daß es sehr wichtig wäre, den Betrieben Know-how, also Beratung, zur Verfügung zu stellen, bei Werbung und so weiter. Auch die Hilfe zur Selbsthilfe ist meiner Ansicht nach eine sehr wichtige Sache.

Die Eigenkapitalbasis ist schon angesprochen worden. Da ist unbedingt eine Reform vonnöten. Ich kann mich diesen Forderungen nur anschließen.

Es ist aber dann noch ein Wort gefallen. Herr Dr. Haider hat heute hier von der Österreichischen Hotel- und Fremdenverkehrs-Treuhand GesmbH und der BÜRGES gesprochen und gemeint, zu den Banken geht man nur dann, wenn man marod ist. – Meine Damen und Herren! Das kann ich so nicht stehen lassen. Der ERP-Kredit, den Älteren unter uns ein Begriff, diese Kreditform besteht seit 1947, ist rund 50 Jahre lang von dieser Bank abgewickelt worden, und zwar in sehr guter, gekonnter und professioneller Form. Wenn es diese Bank nicht gäbe, wären viele Betriebe, die bei Gott nicht marod sind, nicht dort, wo sie heute sind.

Ich darf Ihnen nur ein Beispiel bringen. Ich habe 1977 gebaut, und zwar um 5 Millionen Schilling – das war 1977 viel Geld. (Abg. Böhacker: Wie groß war die Eigenkapitalquote?) So hoch wie nötig, sonst hätte ich den Kredit nicht bekommen, lieber Kollege. Denn in den Bedingungen für einen solchen Kredit ist sie ja vorgeschrieben. (Abg. Böhacker: Ich möchte das nur wissen, weil der Minister gesagt hat, die gastronomischen Betriebe haben so wenig Eigenkapital!) Ich habe eines gehabt. (Abg. Böhacker: Na, siehst du!) Na, selbstverständlich. Aber trotzdem war der Kredit notwendig, denn die Eigenkapitaldecke alleine hätte für dieses Bauvorhaben nicht ausgereicht, und nach zehn Jahren war das Ganze abgezahlt.

Nun möchte ich nur sagen: Wenn es diesen Kredit nicht gegeben hätte, dann hätten viele Betriebe solche und ähnlich Bauvorhaben nicht durchführen können. (Abg. Böhacker: In welchem Jahr war das?) Das war von 1977 auf 1987.

Meine Damen und Herren! Man sollte, wie gesagt, mit solchen Äußerungen ein bißchen vorsichtig sein, denn diese Institute verdienen sich das wirklich nicht. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei beiden Banken für die Leistungen, die sie im Sinne der Wirtschaft erbringen, bedanken, und ich meine, man sollte von solchen Hüftschüssen Abstand nehmen. Ich glaube, es wäre besser, das nicht zu tun. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es tritt mit diesem KMU-Förderungsgesetz eine Verbesserung hinsichtlich des Zugangs zu Risikokapital ein. Das steht außer Frage, und das ist auch der Grund, warum wir diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung erteilen werden. Keine Verbesserung hingegen tritt ein im Bereich Eigenkapitalbildung, wie das beispielsweise von Kollegen Puttinger behauptet wurde.

Herr Bundesminister, Sie haben in Ihrer Antwort angesprochen, daß Sie kein Verständnis für die Abschreibmöglichkeit von Investitionen zu 100 Prozent im ersten Jahr haben. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Als Tourismusstrategie!) Ich meine, daß es grundsätzlich überlegenswert wäre, Investitionen mit einer entsprechenden Abschreibmöglichkeit im ersten Jahr zu versehen, nicht nur im Tourismus, sondern im wirtschaftlichen Bereich insgesamt, auch bei anderen Betrieben. Es soll dies eine Kann-Bestimmung sein, Herr Minister. Dann werden Investitionen getätigt, dann wird es Arbeitsplätze geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Rahmenbedingungen, sehr geehrte Damen und Herren, bleiben im Grunde genommen – trotz dieses Gesetzes – annähernd gleich schlecht. Sie wissen, Herr Bundesminister: Die Einnahmen im Tourismusbereich sind von 1996 auf 1997 um 11,42 Prozent zurückgegangen – zumindest wenn man dem "WirtschaftsBlatt" glaubt, das am 5. September ... (Bundesminister Dr. Farnleitner: Das sind die Nächtigungen, nicht der Umsatz! Entschuldigen Sie!)

Das ist nur bedingt richtig. Im Tourismusbericht, Herr Bundesminister, wird angeführt, daß von 1996 auf 1997 ein Zuwachs der Einnahmen von 2,5 Prozent gegeben wäre. Allerdings inkludiert das auch Freizeitausgaben, also auch das Schnitzel am Sonntag. Das hat man sich beziehungsweise haben Sie sich zunutze gemacht, um letztlich die Statistik zu schönen; die Statistik ist damit sozusagen gerettet.

Da Sie den Bereich Investitionen im Tourismus angesprochen haben: Es bejubeln manche bereits heute die Entwicklung im Jahre 1998, nämlich eine Zunahme der Investitionstätigkeit um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Tatsache ist – und das wird sehr bewußt verschwiegen –, daß in den Jahren 1996 und 1997 die Investitionen von 11,6 Milliarden auf 5 Milliarden Schilling abgenommen haben. Von diesem denkbar niedrigsten Stand nun einen Zuwachs von 25 Prozent zu verzeichnen, ist, wie ich meine, immer noch nicht sehr wesentlich oder sehr von Bedeutung und tatsächlich noch nicht dazu angetan, die Situation in der Tourismusbranche zu verbessern.

Es sind eben die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Hiezu gibt es ja zahlreiche Forderungen der Freiheitlichen, die Sie jedoch ganz offensichtlich nicht umzusetzen bereit sind. Da wäre einmal die Streichung der Kurtaxen der Kommunen zu nennen, weiters die Schaffung von Bedingungen, sodaß die Gründung von Tourismusbetrieben leichter wird, eine Abschaffung der Getränkesteuer – die Kammer bewirbt das zwar, schiebt die Unterschriften aber dann in die Schublade –, eine Senkung der Lohnnebenkosten, eine Prüfung neuer Gesetze auch auf Tourismusfähigkeit hin und die, wie ich meine, Zurücknahme der steuerlichen Begehrlichkeit des Staates insgesamt. Ich nenne hiezu nur ein Stichwort, und das lautet: faire Steuern – wie wir das ja präsentiert haben. Ich darf Sie ersuchen, auch in die Diskussion hierüber einzusteigen und das ernsthaft in die Diskussion im Zusammenhang mit der Steuerreform 2000 miteinzubinden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Böhacker. Freiwillige Redezeitbeschränkung: gleichfalls 3 Minuten. – Bitte.

19.05

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister, Sie werden wahrscheinlich ahnen, daß ich Ihre negative Meinung über die 100prozentige Abschreibung der Investitionen im ersten Jahr der Anschaffung nicht teile. Und ich möchte das auch begründen.

Zum Ersten ist diese im Steuersenkungsmodell der Freiheitlichen vorgesehene Sofortabschreibung im ersten Jahr keine Pflicht, sondern eine Optionsmöglichkeit.

Zum Zweiten bedingt eine Investition noch lange keine Kapazitätserweiterung, denn es gibt ja auch Investitionen zur Qualitätsverbesserung. Sie werden das Steuerrecht sicherlich genauso gut kennen wie ich (Abg. Haigermoser: Das kann man nicht sagen!) und wissen, daß derartige qualitätsverbessernde Investitionen auch zu aktivieren und im günstigsten Fall im Laufe von zehn Jahren abzuschreiben sind. Es würde auch im touristischen Bereich eine wesentliche Verbesserung darstellen, wenn diese Investitionen im ersten Jahr der Anschaffung zur Gänze abgeschrieben werden könnten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie sind ja nicht nur Tourismusminister, sondern auch noch Wirtschaftsminister. (Abg. Haigermoser: Da hat er wenig Kompetenzen!) Daher darf man diese Bestimmung nicht nur, wie das Kollege Peter getan hat, branchenbezogen sehen. Kollege Peter! Nimm einmal die Tourismusbrille ab und schau dir doch die gesamtwirtschaftliche Lage an! (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. – Abg. Haigermoser: Nichts! Nichts! Wir reden über etwas anderes!) Es gibt viele Betriebe, viele Branchen, die dringendst – ohne deshalb eine Überkapazität zu erzeugen – investieren sollten, dies aber nicht können, weil die steuerlichen Rahmenbedingungen dazu einfach zu schlecht sind.

Herr Bundesminister! Sie haben gemeint, die meisten Hoteliers hätten mit zu geringem Eigenkapital begonnen. – Kollege Kiermaier hat gerade das Gegenteil bewiesen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner.) Dazu etwas, was auch im Volksmund immer wieder gesagt wird, nämlich, daß man in Österreich unter dieser Bundesregierung dann zu einem kleinen Vermögen kommt, wenn man vorher ein großes gehabt hat. – Das läßt darauf schließen, daß diese Unternehmen wahrscheinlich immer wieder das entsprechende Eigenkapital gehabt haben.

Noch etwas, Herr Minister, und zwar zur geradezu überbordenden Bürokratie. Ich glaube, darin sind wir einer Meinung, und es zeigen auch alle Umfragen in Unternehmerkreisen, daß die Bürokratie das größte Hindernis für eine Weiterentwicklung österreichischer Unternehmen darstellt. Es gibt – noch einmal! – kaum eine Umfrage, in der das nicht bestätigt wird. Nur stichwortartig: Wo sind die Vereinfachungen im Bereich der betrieblichen Lohnverrechnungen? Wer macht denn, gerade in der Gastronomie, die Lohnverrechnung? – Die Wirtin, wenn der letzte Gast gegangen und der erste Frühstücksgast noch nicht da ist. Das ist doch unmenschlich und unzumutbar! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Schaffen Sie doch endlich – gemeinsam mit dem Finanzminister – die entsprechenden Rahmenbedingungen! Wo sind die Pauschalierungsrichtlinien für Klein- und Kleinstbetriebe? Es ist doch unzumutbar, daß Wirte heute nach der Sperrstunde ihre Aufzeichnungen führen müssen. (Abg. Parnigoni: In Fortaleza macht er das aber sicher nicht! – Abg. Haigermoser: Du wärst ein guter Wirt ...!) Immerhin, der Herr Finanzminister sagt, er wäre ja willig. Er hat ja die Verordnungsermächtigung im § 17. Aber die Kammern wehren sich dagegen, denn sie wollen eine Pauschalierung haben, die Steuererleichterungen bringt – und nicht Pauschalierungen, die die Bürokratie abbauen.

Trotzdem fordere ich Sie auf: Werden Sie tätig, damit endlich die klein- und mittelständischen Betriebe von der Bürokratie entlastet werden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Sehr gut! Großartig, Böhacker!)

19.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marolt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.08

Abgeordneter Heinz Anton Marolt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Mit dem KMU-Gesetz geht heute eine Forderung von uns Freiheitlichen in Erfüllung. Ich möchte namens unserer Fraktion sagen, daß wir sehr stolz darauf sind, daß unsere vehemente Forderung in diese Richtung, nämlich dem Tourismus Soforthilfe zu leisten, jetzt eine Grundlage bekommt.

Wann aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wirklich effektive Maßnahmen getroffen, welche die Tourismuswirtschaft auf Jahre hinaus auf eigene Füße stellen? Ich teile nämlich nicht die Meinung des Herrn Parnigoni oder des Herrn Kollegen Puttinger, die nicht nur heute, sondern auch im Wirtschaftsausschuß die Ansicht vertreten haben, daß mit dieser Haftungs- und Förderungsmaßnahme das fehlende Eigenkapital in der Tourismusbranche sichergestellt werde. – Dem ist bei weitem nicht so!

Ich bin nämlich der Meinung, daß nur mit einer Generalreform nach dem freiheitlichen Modell der flat tax (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der SPÖ: Aha! Die flat tax!) und zusätzlicher Verbesserungen im Hinblick auf betriebliche Rahmenbedingungen ein Überleben besonders der klein- und mittelständischen Wirtschaft auf Dauer sichergestellt werden kann. (Zwischenrufe der Abgeordneten Parnigoni und Tichy-Schreder.)

Meine Damen und Herren! Nur mit einer solchen Maßnahme wird es neben einer gerechten Einkommensbesteuerung eine Stärkung der Eigenkapitalquote und zum Beispiel auch eine Senkung der Lohnnebenkosten und viele andere Erleichterungen für die Wirtschaft geben. Es wird nicht ausreichen, wenn von dieser Regierung zwar eine Steuerreform angekündigt wird, bei der einerseits die Senkung der Lohnnebenkosten mit 2 Prozentpünktchen, sage ich dazu, angekündigt wird, aber gleichzeitig die Energie für die Wirtschaft – und nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Schwachen in der Gesellschaft – immens verteuert werden soll.

Bilden wir uns nicht ein – und das, sehr geehrter Herr Minister Farnleitner, sage ich auch in Ihre Richtung –, daß mit einer Haftungsübernahme das Überleben der Tourismusbranche auf Dauer gesichert ist! Der Glaube, daß mit der Rettung und Wiederbelebung eines Ertrinkenden – und die Wirtschaft sieht so aus – dieser gleich wieder ins Wasser gestoßen werden kann, nur weil man irrtümlich der Meinung ist, derjenige könne nun bereits schwimmen, ist falsch: Derjenige wird untergehen!

Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Nehmen Sie das Schicksal der Tourismuswirtschaft wirklich ernst! Ich gebe heute der ÖVP die Chance, jenen Punkten – oder wenigstens einem jener Punkte –, die sie vor wenigen Tagen in einer Enquete für den Tourismus als "10 Punkte der ÖVP" kundgetan hat, nämlich jenem Punkt, den ich vor einem Monat hier im Hohen Hause eingebracht habe (Abg. Öllinger: Ah!), die Zustimmung zu erteilen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Marolt, Haigermoser und Kollegen betreffend die Verlängerung des Betriebes von Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, von 9 bis 23 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, die entsprechenden gesetzlichen Vorbereitungen zu treffen, die eine Verlängerung des Betriebes von Gastgärten, die sich weder auf öffentlichem Grund befinden, noch an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, von 9 bis 23 Uhr, vom 15. Juni bis einschließlich 15. September sicherzustellen."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Heute werden wir ja die Ehrlichkeit sehen, auch jene Ehrlichkeit von Herrn Puttinger (Abg. Parnigoni: Es ist doch ohnedies schon 17mal abgestimmt worden!), der genauso wie Herr Minister Farnleitner bei dieser Pressekonferenz anwesend war ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner.) – Ja, aber bei der Präsentation dieser 10 Punkte gehe ich davon aus, daß Sie anwesend waren. Ich hoffe, daß die ÖVP, nachdem sie mit insgesamt 20 Punkten ihre Position kundgetan hat, wenigstens einen einzigen Punkt, der der Regierung keinen einzigen Schilling kosten wird, aber eine Erleichterung für die Wirtschaft darstellen würde, beschließen wird, nämlich den Punkt 16 aus ihren eigenen 20 Punkten: "neue Sperrstundenregelung für Gastgärten". – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

19.13

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist keine Frage: Für die eigenkapitallose Tourismusgesellschaft ist die KMU-Unterstützung nötig, auch in der Form von Haftungen. Aber dies mit einem Förderungsgesetz tun zu müssen, zeigt doch mit aller Deutlichkeit die Hilflosigkeit der österreichischen Wirtschaftspolitik auf.

Herr Bundesminister! Sie geben damit den Betrieben nur in Form von Krediten und Haftungen wieder das zurück, was Sie ihnen in einer unendlich langen Liste von Steuern, Abgaben und sonstigen Belastungen vorher abgenommen haben. Das schafft Abhängigkeit – aber kein Eigenkapital. Das Problem der Betriebe ist aber das fehlende Eigenkapital, und in der Tourismuswirtschaft ist dies in einem katastrophalen Maße der Fall.

Sie haben eben kein vernünftig angelegtes Tourismusgesamtkonzept. Das sage nicht nur ich, sondern auch sehr viele Experten. Aber Sie haben darüber hinaus auch kein vernünftiges Konzept zur zukünftigen Entwicklung aller klein- und mittelständischen Unternehmen in unserem Land. Sie setzen keine strukturellen Maßnahmen, die für eine Standortabsicherung dieser Betriebe, die ja fast 90 Prozent der Beschäftigten haben, nötig wären. Aufgrund einer Studie der Europäischen Union wissen Sie doch ganz genau, daß die klein- und mittelständischen Unternehmen in bezug auf Fremdkredite einen 2 prozentigen Nachteil gegenüber international agierenden Betrieben haben. Wo, frage ich Sie, Herr Minister, ist auch nur ansatzweise der Vorschlag, mit dem diese Ungleichheit egalisiert werden soll? Mit Förderungen ist dies sicherlich nicht auszugleichen.

Deshalb frage ich Sie auch, Herr Bundesminister: Wo ist denn auch nur im Ansatz zu erkennen, wie Ihre strategische Ausrichtung in bezug darauf aussieht, diese klein- und mittelständischen Betriebe vor allem bei der Osterweiterung – einer Osterweiterung, die ja von Ihrer ÖVP so vehement gefordert wird – vor Schaden zu bewahren? Das Problem Grenzlandförderung wird doch dann ein geradezu unendliches sein.

Herr Bundesminister! Man kommt einfach nicht umhin festzustellen, daß diese Ihre Wirtschaftspolitik gescheitert ist, sonst würden Modelle für Strukturreformen, für die Wirtschaftsstandortsicherung in Österreich vorliegen; es würde eine Vorlage darüber existieren, wie die Folgekosten aller neu eingebrachten Gesetze für Verwaltung, Bürger und Wirtschaft aussehen; es würde eine klare Vorlage zu einer zukunftsorientierten Technologiepolitik geben; und viertens würde ganz sicherlich ein Konzept darüber vorliegen, wie und in welcher Form die Zahl der Aufgaben des Staates reduziert werden können und damit eine Verschlankung der Verwaltung möglich ist. Das wäre letztendlich eine wesentliche Voraussetzung dafür, die Steuer- und Abgabenquote zu senken, und das müßte doch im Interesse aller sein. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Bundesminister.

19.17

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Wir sollten uns davon verabschieden, daß man Betrieben pausenlos mit Begriffen wie "Förderungen", "Steuersenkung" und, und, und helfen muß. – Das wichtigste in einer Marktwirtschaft, geschätzte Damen und Herren, ist, daß es genügend kaufkräftige Konsumenten gibt. Wenn es diese nicht gibt, hat der beste Händler sein Geschäft verloren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Mag. Peter. – Abg. Böhacker: Wir haben etwa 100 Prozent Besteuerung ...!)

Lassen Sie mich das nur sagen, denn Kollege Nußbaumer hört mir ohnedies nie zu; vielleicht hört er aber heute einmal zu!

Der zweite Punkt: Man braucht einen genügend großen Markt. Meine Damen und Herren! (Abg. Böhacker: Wir werden ungefähr zu 100 Prozent besteuert, wenn wir genügend Kunden haben!) Also, Ihre flat tax können Sie sich behalten! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist ein "Niveau" von einer Regierungspolitik!)

Jetzt hören Sie einmal zu: Man braucht also Marktwachstum. Es wurden in Österreich über Jahrzehnte hinweg – seit dem Ende der Monarchie eigentlich – zu viele Unternehmer ausgebildet, die alle ausgewandert sind. Es wurden zu viele Techniker ausgebildet, die ausgewandert sind. Wir haben bis vor wenigen Jahren Fremdenverkehrsleute ausgebildet ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) – Hören Sie einen Augenblick zu, und dann erklären Sie es mir!

In der Welt sind wir groß gewesen, aber zu Hause haben wir keinen Platz gefunden. Ergo haben wir Markterweiterung gespielt, sind der Europäischen Union beigetreten. Unsere Exporte nähern sich der 800-Milliarden-Schilling-Grenze. Die Zahl der Exporteure hat sich mehr als verdreifacht. Kleinbetriebe leben in größeren Märkten. (Abg. Böhacker: 1 Million Österreicher leben an der Armutsgrenze!) Die, die nur für die nächsten 20 Kilometer leben, sind eben die wenigeren. (Abg. Böhacker: 1 Million Österreicher leben an der Armutsgrenze! Das ist das Ergebnis!) Hören Sie einmal zu! – Das sind einmal drei wichtige Dinge.

Der vierte Punkt – auch für Sie, weil Sie sich in Betrieben auskennen –: Wichtig war für diese Kleinen, die in den naheliegenden Märkten tätig sind, die Sicherstellung, daß sie nicht unzulässigen Währungsrisiken zum Opfer fallen – daher der große Euro-Fortschritt.

Nochmals: Gerade die Klein- und Mittelbetriebe sind jene, die aus der Osterweiterung in Zusammenarbeit die größte Wettbewerbsfähigkeit gezogen haben. Ich sage ja nicht, daß man auf der Steuerseite etwas tun müßte. Ich habe das zuerst deutlich klargestellt. Ich habe darauf hingewiesen, daß wir im Bereich der Entbürokratisierung sehr vieles tun können. Ich nenne ein Beispiel, das Sie sicher nicht gelesen haben: Mein Haus hat jüngst die Zahl der Unternehmen, die die Produktionsstatistik ausfüllen mußten, von 240 000 auf 40 000 und bei einer Sub-Statistik von 40 000 auf 4 000 reduziert. Wenn das keine Schritte sind! Man kann nicht immer dieselben Klagen wiederholen, wenn man nicht auch zur Kenntnis nimmt, wo man liegt.

Wenn wir uns im internationalen Benchmarking sowohl im Tourismus als auch im KMU-Bereich umsehen, merken wir, daß Österreich weit besser liegt, als es in jeder anderen Sportart, die man sich vorstellen kann, liegen könnte. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Böhacker: Ein Jahr soll er einmal einen Betrieb führen! Ein einziges Jahr! Das war nämlich wirklich ein bißchen sehr tief, Herr Minister!)

19.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet; damit ist die Debatte geschlossen.

Seitens der Berichterstatter wird kein Schlußwort gewünscht.

Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, jeweils ihren Platz einzunehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1475 der Beilagen. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.) Wir sind im Abstimmungsverfahren!

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist stimmeneinhellig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieses geschieht stimmeneinhellig. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Marolt und Genossen betreffend Verlängerung des Betriebes von Gastgärten.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1518 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden (1543 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 734/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Anhebung der Ausgleichstaxe nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (1544 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 894/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz geändert wird (1545 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 4 bis 6 auf. Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Es wurde keine mündliche Berichterstattung gewünscht, und wir gehen daher gleich in die Debatte ein.

Erstrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.22

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! In einer Behinderten-Zeitschrift habe ich folgendes gelesen: "Das Gefühl, für die Gesellschaft wichtig zu sein beziehungsweise einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen, ist auch für behinderte Menschen von äußerster Wichtigkeit." – Es handelt sich eigentlich um eine Banalität, die da niedergeschrieben wurde.

Aber man wundert sich immer wieder, wie wenig dieses Bedürfnis, wichtig zu sein, eine Position, eine Tätigkeit zu haben, befriedigt wird, wie wenig behinderte Menschen die Möglichkeit haben, einen Arbeitsplatz zu finden. Fast 38 000 Menschen sind in Österreich behindert und arbeitsuchend. Das ganz Gravierende dabei ist, daß diese Zahl enorm gestiegen ist, und zwar innerhalb von drei Jahren um 10 000. Das muß man sich einmal vor Augen führen!

Besonders kraß ist die Situation in Wien, wo die Behindertenarbeitslosigkeit stärker gestiegen ist als die "normale" Arbeitslosigkeit. Wir wissen, daß ungefähr 240 000 Menschen generell arbeitslos sind, wobei ein Experte des Wirtschaftsforschungsinstitutes meint, daß seiner Einschätzung nach 600 000 Menschen tatsächlich arbeitslos sind. Viele sind aber beim Arbeitsamt nicht als arbeitsuchend eingetragen, weil sie jede Hoffnung aufgegeben haben, einen Arbeitsplatz zu finden. Ich bin überzeugt davon, daß diese Dunkelziffer bei den Behinderten noch viel größer ist, weil diese schon von vornherein ausschließen, auf dem Arbeitsmarkt überhaupt akzeptiert zu werden. Und das ist doch etwas sehr Trauriges. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ob von der Änderung, die wir heute bezüglich des Kündigungsschutzes beschließen wollen, wirklich eine Erleichterung für die Behinderten ausgeht und ob die Unternehmen aufgrund dieser Änderungen mehr Behinderte einstellen, wage ich zu bezweifeln, und zwar auch deshalb, weil es sich dabei in Wirklichkeit nur um eine Anpassung an die bisherige Judikatur handelt.

Es ist ja nichts Neues dadurch geschaffen worden, daß der Kündigungsschutz erst nach drei Monaten Beschäftigung eintritt, sondern es wurde damit, wie gesagt, eine Anpassung vorgenommen, und es wurde auch keine Motivation für die Unternehmer geschaffen, mehr Behinderte einzustellen. Aber gerade die Motivation wäre so wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn 28 000 Pflichtstellen sind nicht besetzt. Das sind 41 Prozent derjenigen Stellen, die für Behinderte reserviert sein sollten. Das heißt also, daß die Unternehmer lieber zahlen, als einen Behinderten einzustellen.

Das alles sehe ich noch ein bißchen, mit Ach und Krach, bei der privaten Wirtschaft ein, denn wir wissen, daß unter dem verstärkten Konkurrenzdruck auch größere Anforderungen an die Dienstnehmer gestellt werden. Ich sehe aber überhaupt nicht ein, daß im öffentlichen Bereich weniger Personen aufgenommen werden, als nach dem Gesetz aufgenommen werden müßten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die öffentliche Hand kommt ihrer Einstellungspflicht nicht nach – eine ebenso traurige wie erschütternde Tatsache.

In Wien beispielsweise – Herr Kollege Guggenberger, bitte schreiben Sie sich das auf! (Zwischenruf des Abg. Mag. Guggenberger) – kommt die Gemeinde nur zu 75 Prozent ihrer Einstellungspflicht nach. Das heißt, 1 600 Behindertenstellen sind offen! In diesem Zusammenhang wundert es mich wirklich, daß Herr Stadtrat Rieder zwar ununterbrochen zu begründen versucht, warum die Behinderten ihr Pflegegeld mißbrauchen würden und warum er das Pflegegeld an bestimmte Kriterien binden sollte oder möchte, sich aber überhaupt nicht darum kümmert, daß 1 600 Behindertenstellen nicht besetzt sind. Das wundert mich wirklich! Er sollte, anstatt Mißbrauch zu vermuten, wo es überhaupt keinen Grund gibt, sich doch lieber darum kümmern, daß 1 600 Behinderte im Bereich der Gemeinde Wien eingestellt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Minister Hostasch! Ich habe hier die große Bitte an Sie, einmal mit Ihrem Parteifreund Rieder zu reden. Sagen Sie ihm doch, daß Sie selbst ununterbrochen von Behinderten ersucht werden, ihnen einen Arbeitsplatz zu verschaffen – denn ich bin davon überzeugt, daß Sie genauso viele Ersuchen erreichen wie mich, oder wahrscheinlich sogar noch mehr, weil Sie ja mehr Möglichkeiten haben –, und daß gerade Wien die Möglichkeit hätte, vielen Behinderten zu einem Arbeitsplatz und damit auch zu einer schönen Lebensaufgabe zu verhelfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein anderes Beispiel ist das Unterrichtsministerium – und jetzt richte ich mich an die Österreichische Volkspartei –: Das Unterrichtsministerium ist negativer "Spitzenreiter" bei denjenigen Stellen, die nicht besetzt sind, aber nach dem Behinderteneinstellungsgesetz besetzt sein müßten. Das Unterrichtsministerium hat die höchste Nichterfüllungsquote! Endlich sind wir soweit, daß wir beispielsweise in den Schulen die Integration ziemlich gut durchgeführt haben, nur: Ein Lehrer darf nicht behindert sein! Nach dem Unterrichtsgesetz muß der Lehrer körperlich geeignet sein. Ein Rollstuhlfahrer ist "nicht geeignet". Er kann noch so gut in der Lage sein, den Unterricht zu führen, aber er darf nicht Lehrer sein!

Ich glaube aber, das wäre sehr wichtig. Die Schüler könnten wichtige soziale Erfahrungen damit verknüpfen, wenn sie einen behinderten Lehrer hätten. Da sind 1 165 Planposten offen.

Frau Kollegin Rauch-Kallat hat erst jetzt einen Orden, das Goldene Verdienstzeichen, für die Sorge um die Behinderten erhalten. Da wäre für sie ein wichtiger Ansatzpunkt, im Unterrichtsressort etwas für die Behinderten durchzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen uns nicht damit abfinden, daß die Situation im öffentlichen Dienst weiterhin so ist, und wir glauben, daß man, wenn jedes Ressort die Ausgleichstaxzulage selbst tragen müßte und nicht der Finanzminister sie global für alle Ministerien trägt, größere Bereitschaft zur Einstellung von mehr Behinderten erreichen könnte.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Mag. Haupt zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden (1518 der Beilagen) in der Fassung des Ausschußberichtes (1543 der Beilagen) betreffend Weiterverrechnung der Ausgleichstaxe an die einzelnen Bundesministerien

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der die Budgetierung der Ausgleichstaxzulagen bei den einzelnen Bundesministerien vorsieht, die diese Zahlungen durch eine mangelhafte Behinderteneinstellung notwendig machen."

*****

Davon wäre das Wissenschaftsministerium betroffen, aber auch der Innenminister, der immer wieder sagt, er kann keine Exekutivbeamten beschäftigen, die behindert sind. Ich kenne aber viele junge, kräftige Exekutivbeamte, die beim Telephon sitzen und nur Verbindungen herstellen, die Protokolle aufnehmen oder ähnliches. Da wäre doch Handlungsbedarf für den Innenminister gegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für überhaupt keinen guten Einfall halte ich es, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß Sie die Prämie gestrichen und damit geradezu eine Strafexpedition gegen jene Unternehmer gestartet haben, die ohnehin die Behinderteneinstellung erfüllen, obwohl sie dazu gar nicht verpflichtet wären. Ich meine, Sie sollten endlich einmal motivieren – und nicht diejenigen, die brav sind, die ohnehin ihre Pflicht erfüllen oder sogar übererfüllen, bestrafen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Guggenberger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.30

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern war der internationale "Tag der behinderten Menschen", und heute beschließen wir eine Gesetzesänderung, mit der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundessozialämter bessere, mehr und effektivere Möglichkeiten haben, behinderte Menschen bei deren Eingliederung in das Arbeitsleben zu unterstützen.

Wenn Frau Kollegin Partik-Pabl頖 zu Recht – die eine oder andere Gebietskörperschaft aufgezählt hat, die säumig bei der Einstellung behinderter Menschen ist, dann möchte ich die gute Seite der Medaille auch nicht unerwähnt lassen: So wird beispielsweise im Ressort der Frau Bundesministerin, im Sozialressort, diese Beschäftigungspflicht nicht nur erfüllt, sondern bei weitem übererfüllt. Im Sozialressort werden viermal soviel behinderte Menschen beschäftigt, als das Gesetz es vorsieht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) Das soll auch erwähnt werden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie soll sich aber auch bei Rieder engagieren!)

Es ist einer der positiven Aspekte dieser Novelle, daß es in Zukunft nicht mehr möglich sein wird, daß sich der Bund, die Länder und die Gemeinden mit einer für sie günstigeren Pflichtzahl sozusagen begnügen. Es war nicht leicht, die Länder und Gemeinden von dieser Änderung zu überzeugen. Es ist jedoch uns und vor allem der Frau Bundesministerin gelungen, dies zu bewirken, und das wird ein kräftiger Impuls in Richtung mehr behinderte Beschäftigte in der Arbeitswelt sein. Und auch dazu ist ihr vorbehaltlos zu gratulieren! (Abg. Dr. Graf: Säumig sind die Gebietskörperschaften dort, wo die Sozialisten am Drücker sind!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch einen Satz zum Kündigungsschutz: Der Kündigungsschutz wird bei der Beschäftigung von Behinderten während der ersten drei Monate eines Dienstverhältnisses ausgesetzt. Das ist eine Maßnahme, zu der auch die Betriebsräte vorbehaltlos ja sagen können, wie wir aus verschiedenen Schreiben wissen. Hinsichtlich der Folgezeit hat sich am Kündigungsschutz überhaupt nichts geändert: Es gibt weder eine Verschlechterung noch eine Lockerung, sondern jene Kündigungsgründe, die sich schon bisher aus der Judikatur und aus der Verwaltungspraxis ableiten, werden genau beschrieben und im Gesetz festgelegt. – Das ist es; nicht mehr und nicht weniger. Es ist dies eine Klarstellung, die zu mehr Transparenz führen wird, weil jedem deutlich gemacht wird, unter welchen Gründen eine Kündigung möglich ist beziehungsweise unter welchen nicht.

Einen letzten Satz – dann habe ich die drei Minuten Redezeit, die mir zur Verfügung stehen, schon ausgeschöpft – zur Übererfüllungsprämie. Es hat viele Betriebe gegeben, die 715 S monatlich kassiert haben, weil sie mehr Behinderte beschäftigt haben. Natürlich haben sie diese 715 S gerne entgegengenommen. Aber es ist dies lediglich ein Taschengeld – und hatte sicherlich nicht den Effekt, den Sie vermuten. (Abg. Dr. Graf: Es war ein Signal!) Glauben Sie mir! In diesem Punkt weiß ich als einer, der dieses Gesetz zu vollziehen hat, wirklich Bescheid! Diese über 100 Millionen Schilling, die wir uns dadurch ersparen, werden wir in anderer Weise in viel besserer, wirksamerer Weise verwenden können, um mehr Behinderte in Beschäftigung zu bringen.

Summa summarum: ein gutes Gesetz, ein guter Tag für behinderte Menschen nach dem internationalen "Tag der behinderten Menschen". (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Redezeit: 20 Minuten insgesamt. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Kier – auf dem Weg zum Rednerpult –: Die werde ich nicht brauchen!)

19.35

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich kann mich kurz fassen und möchte zunächst einmal in den Raum stellen, daß wir der Vorlage unsere Zustimmung geben werden, weil die Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz grundsätzlich Verbesserungen bringt, wenn auch nicht solche, wie wir es uns gewünscht hätten.

Es ist allerdings sehr traurig, daß es in der gestrigen Sitzung des Sozialausschusses keine Gelegenheit gab, den Antrag des Liberalen Forums betreffend verschiedene Änderungen zum Behinderteneinstellungsgesetz ausführlicher zu diskutieren. Kollege Guggenberger! Die kräftigen Impulse, die Sie hier heute prognostiziert haben, können wir von der jetzigen Novelle, die Sie als Regierungsvorlage vorgelegt haben, sicherlich nicht erwarten! Wir wissen, daß die Situation der Behinderten auf dem Arbeitsmarkt katastrophal ist. Sie wissen, daß das, was Sie heute beschließen – wozu auch wir unsere Zustimmung geben werden –, nur schmerzstillende Wirkungen haben wird. Aber immerhin: Wer würde Schmerztherapie verweigern, wenn er zustimmen kann!

Wirkliche Lenkungswirkungen dürfen Sie sich allen Ernstes jedoch nicht erwarten! Denn dazu ist das Gesetz in seinem Kern zu antiquiert und läuft an der Wirklichkeit der Arbeitsmärkte zu stark vorbei. Daher mahne ich ein, daß Sie jetzt, da wenigstens endlich im öffentlichen Dienst dieselben Anspruchszahlen gelten wie in der Privatwirtschaft, den nächsten Schritt, den wir vorgeschlagen haben, in Betracht ziehen: Wenn im öffentlichen Dienst die Behinderteneinstellungsquote nicht erreicht wird, dann sind die Dienstposten zu binden und dürfen nicht anders besetzt werden – außer es gelingt im Einzelfall der Nachweis, daß die entsprechende Möglichkeit tatsächlich nicht besteht. Denn wenn der öffentliche Dienst ausschließlich über Ausgleichstaxen sozusagen bestraft wird, wenn also von der rechten Tasche in die linke Tasche gesteckt wird, weil es sich letztlich immer um öffentliche Mittel handelt, dann wirkt das nicht wirklich.

Ich meine, öffentliche Einrichtungen lernen nur dann, wenn sie Maßnahmen wirklich spüren, und öffentliche Einrichtungen würden es wirklich spüren, wenn man Dienstposten bindet. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Frau Kollegin Silhavy! Denn wenn die öffentlichen Einrichtungen Ausgleichstaxen entrichten müssen, die wir ihnen zuvor in Form von Steuern gegeben haben, dann ist das zwar vielleicht unangenehm für den Budgetvollzug an einer bestimmten Stelle, aber nicht wirklich spürbar! Daher bleibt meine Meinung in diesem Punkt aufrecht, und wir werden diese auch weiterhin vertreten. Denn diese Novelle stellt zwar einen Fortschritt dar, aber keineswegs das Ende der Diskussion zur Verbesserung der Möglichkeiten für arbeitslose Behinderte.

Ich möchte jetzt mein Versprechen nicht brechen, daß ich mich kurz fassen werde, daher nur noch: Wir stimmen dieser Novelle zu, bleiben aber weiterhin der Auffassung, daß noch viel mehr zu tun ist, als jetzt heute mehrheitlich beschlossen wird. Rechnen Sie mit weiteren Anträgen der Liberalen! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Steibl. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.37

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn Frau Abgeordnete Partik-Pablé und auch Kollege Kier meinten, daß der öffentliche Dienst die diesbezüglichen Anforderungen nicht erfüllt, dann kann ich nur sagen: Das Land Steiermark und die Stadt Graz erfüllen diese Quote zu 100 Prozent. Das muß man, glaube ich, auch einmal sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist richtig!)

Damit will ich nicht sagen, daß die Integration von Behinderten in den Arbeitsmarkt nicht eine der wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft ist und auch in Zukunft bleiben wird. Dazu möchte ich anmerken, daß man in diesem Zusammenhang – und das wurde gestern im Ausschuß sehr klar und schön formuliert – auch über die Definition des Begriffes "Behinderung" nachdenken muß. Dieser Begriff müßte genauer analysiert werden. Es gibt dafür gegebenenfalls auch noch eine andere Bezeichnung: "Menschen mit Handikap". (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie Behinderte bezeichnet werden, ist wohl das geringste Problem!) – Das ist sicher eines der geringeren Probleme, dennoch ist es wichtig. Ich meine, daß man sehr wohl fragen muß: Wer ist behindert? – Ich glaube, daß auch wir manchmal behindert sind! (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Wenn es auf dem Arbeitsmarkt eng wird, dann trifft es meist jene, die es im Leben ohnehin nicht leicht haben. Und die Zahl der Behinderten – Sie haben das erwähnt, ich möchte es nicht wiederholen – ist wirklich eklatant gestiegen. Mit der Neuregelung des Behinderteneinstellungsgesetzes wird deren Integration nun weiter ausgebaut beziehungsweise die positive Behindertenpolitik der ÖVP – und ich denke, dazu hat auch Gottfried Feurstein viel beigetragen – ein Stück weiter fortgeschrieben, und das ist zu begrüßen.

Ich glaube, daß es nicht notwendig ist, jetzt alles aufzuzählen. Ich möchte nur noch ein paar ganz wichtige Punkte anmerken: Es ist zu begrüßen, daß es gelungen ist, das Modell der Arbeitsassistenz einzuführen, denn dieses hat sich durchaus bewährt. Auch die Nichteinrechnung der Lehrlinge in die Dienstnehmerzahl ist ein ganz wichtiger Punkt.

Weiters sind auch die Neuordnung der Ausnahmen für bestimmte Wirtschaftsbereiche und deren Entfall für Gebietskörperschaften, der Entfall der Prämien für die Übererfüllung der Beschäftigungspflicht sowie auch der Kündigungsschutz wichtige Punkte. Ich glaube, diese Schritte bringen uns sehr viel weiter. All das ist nicht nur ein Klacks, sondern es wird eine wichtige Schiene für behinderte Menschen zum Betrieb gelegt; es ist aber auch für die Betriebe selbst sehr positiv. In meinem Referat gibt es auch einen geschützten Arbeitsplatz, und ich weiß, was das für beide Seiten bedeutet. Das sollte man auch klar bedenken!

Auch Präventivmaßnahmen sind positiv: Bislang konnten erst im nachhinein Förderungen in Anspruch genommen werden. Jetzt geht es schon um Vorsorge. Weiters wurden auch neue Kriterien für die Einschätzung des Grades der Behinderung erarbeitet.

Alles in allem bedeutet diese Novelle des Behinderteneinstellungsgesetzes sicherlich eine zeitgerechte Adaption. Wir stimmen dieser Novelle gerne zu. Daß wir weiterarbeiten müssen, wissen wir! (Beifall bei der ÖVP.)

19.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Guggenberger: Das Behinderteneinstellungesetz interessiert die Grünen offenbar sehr! Es ist keiner von ihnen da!)

19.42

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Entwurf für diese Novellierung steht im Vorblatt zu den Erläuterungen, daß das Problem derzeit die hohe Arbeitslosigkeit behinderter Menschen ist.

Ich denke, in diesem Punkt sind wir uns alle einig. Über die Probleme, die dahinterstehen, ist im Entwurf allerdings leider nichts zu lesen. Ein Grund dafür ist erstens, daß von den insgesamt zu besetzenden Stellen ein gut Teil nicht mit Behinderten besetzt ist. Zweitens wäre dem Problem wahrscheinlich mit einer Erhöhung der Ausgleichstaxe besser beizukommen, weil drittens – und damit bin ich durchaus bei einigen Beispielen – viele, viele Betriebe, leider sehr viele im öffentlichen oder halböffentlichen Bereich, ihre Verpflichtung zur Einstellung behinderter Menschen nach wie vor nicht ernst nehmen – egal, ob das jetzt die Stadt Wien oder die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft ist, ich möchte das sozusagen gleichmäßig aufteilen, oder ob es sich um den roten oder schwarzen Bankenbereich oder ob es sich um die Wirtschaftskammern handelt, die erhebliche Ausgleichstaxen zahlen müssen, oder auch ein bißchen der ÖGB. (Abg. Mag. Guggenberger: Der ÖGB bestimmt nicht!) Im Jahre 1996 waren es immerhin auch noch einige Schillinge, die der ÖGB zahlen mußte! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Streiten wir nicht darum! (Abg. Dr. Mertel: Sagen wir ganz einfach die Wahrheit!)

Es bleiben da leider auch genügend Betriebe in der sozialdemokratischen Reichshälfte übrig! Die Stadt Wien hätte an und für sich auch die Funktion, in diesem Bereich vorbildlich tätig zu sein. In der Vergangenheit war man ja von Ihrer Seite stolz darauf, daß die Stadt Wien diese Funktion tatsächlich erfüllte. Nun erfüllt sie diese halt nicht mehr. Aber sei’s drum! (Zwischenruf des Abg. Mag. Guggenberger.)

Es ist egal, Herr Kollege Guggenberger, ob wir uns jetzt darüber einigen, daß die Ausgleichstaxe auf den Durchschnittslohn festgesetzt werden soll, so wie das unser Antrag vorsieht, oder ob wir zu einem anderen Modus kommen: Die Ausgleichstaxe müßte jedenfalls stark erhöht werden, um tatsächlich der fehlenden Verpflichtung der Unternehmen auch im öffentlichen Bereich einigermaßen gerecht zu werden.

Sicherlich gibt es gute Gründe, auch über die Ausgleichstaxe zu diskutieren. Wir dürfen jedoch nicht zulassen, daß, wie ich im Rahmen der Debatte über die Festlegung des Kündigungsschutzes festgestellt habe, die Behinderten selbst für ihre mangelnde Arbeitsfähigkeit beziehungsweise für die Tatsache, daß sie nicht arbeitsfähig sind und nicht vermittelt werden können, verantwortlich gemacht werden.

Ich meine, diese Novelle bringt tatsächlich einige, wenn auch nicht sehr bedeutende, aber doch positive Fortschritte. Ein Problem sehe ich in der Definition des Begriffs "begünstigter Behinderter". Denn es wird trotz der scheinbaren Erleichterungen für psychisch und geistig Behinderte dadurch, daß sich die Definition des "begünstigten Behinderten" am Begriff der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit festmacht, natürlich für diese Personengruppen extrem schwierig, jemals über diese Schwelle hineinzukommen. Es wurden zwar theoretisch Möglichkeiten eröffnet, gleichzeitig ist es für psychisch und geistig Behinderte aber nicht sehr einfach, diese Grenze tatsächlich zu erreichen.

Allein gegen die Tatsache, daß man sich bei derartigen Grenzen festmacht, um jemanden als Behinderten begünstigt beschäftigen zu können, spricht einiges. Es spricht nichts gegen die Verbesserungen in diesem Zusammenhang, es spricht jedoch viel gegen die Einstellung gegenüber Behinderten, die in dieser Gesellschaft nach wie vor eingenommen wird, und leider vor allem von seiten der Wirtschaft. Daß diese Einstellung nach wie vor vertreten wird, zeigt sich allein schon an der Tatsache, daß es im Jahre 1997 über 37 000 betroffene Behinderte gab, denn auf dem Arbeitsmarkt, wo man sich immer den Besten, Tüchtigsten und Fleißigsten aussucht, gehören die Behinderten immer zu den ersten Gruppen, die herausfallen.

Folgende Anmerkung noch: Die Umbenennung der "geschützten Werkstätten" in "integrative Betriebe" ist ein Etikettenschwindel, und zwar solange, als in den integrativen Betrieben nicht normale Menschen, und zwar nicht zu einem geringen Prozentsatz, sondern zu einem erheblichen Prozentsatz, beschäftigt sind. (Abg. Mag. Guggenberger: Das stimmt nicht!) Ich kann dich beruhigen, Kollege Guggenberger! Obwohl einige Punkte in diesem Entwurf der Novellierung nicht und einige schlecht gelöst sind, stimmen wir diesem zu, weil er immerhin einige kleine Verbesserungen bringt. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Gredler: Ich klatsche aus Solidarität, weil kein Abgeordneter von den Grünen hier ist!)

19.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann gemeldet. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.48

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Besonders wichtig für Behinderte ist die volle Integration in die menschliche Gesellschaft, die Partizipation an Angeboten und Leistungen und größtmögliche Unabhängigkeit.

Zu meinem Entsetzen hörte ich vor kurzem in den Nachrichten, welch demütigenden Diskriminierungen Behinderte ausgesetzt sind: So darf zum Beispiel ein Blinder nicht Trauzeuge sein. – Man kann doch Gehörtes bezeugen!

Jedenfalls sind die von Nichtbehinderten errichteten Barrieren zu beseitigen. Besonders wichtig ist für alle Menschen das Recht auf Arbeit. Behinderte kompensieren ihre Behinderung durch besonderen Arbeitseinsatz, sodaß die von ihnen erbrachte Leistung oft gleichwertig oder höher sein kann als von Nichtbehinderten.

Wichtig an diesem Gesetz ist, daß die Ausnahmen für den öffentlichen Dienst aufgehoben werden. Dieser steht nicht unter hohem Konkurrenzdruck und soll daher auch den natürlichen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachkommen. Behinderte sollen jedoch nicht nur Vertragsbedienstete sein können: Vielmehr muß ihnen die Pragmatisierung ebenso offenstehen. Gesundheitsuntersuchungen vor Pragmatisierungen sind abzulehnen, denn sie haben in der Vergangenheit, wie man an der hohen Zahl frühpensionierter Beamter sieht, nichts gebracht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ein Arbeitsplatz für Behinderte ist nicht nur wichtig für deren eigenständiges Leben, sondern auch für die soziale Entwicklung ihrer Umgebung. Es sollte keine Bereiche mehr geben, in denen Behinderte nicht beschäftigt werden müssen. So war etwa der Spitalsbereich bisher ausgenommen. – Aber gerade ein Behinderter kann doch viel mehr das Bedrückende einer Erkrankung erfühlen als ein Nichtbehinderter!

Vermehrter Einsatz von Arbeitsassistenten soll die dauerhafte Eingliederung in die Erwerbstätigkeit erleichtern. Trotz des besonderen Kündigungsschutzes, der dem Grunde nach unverzichtbar ist, kann bei gravierenden Pflichtverletzungen unter Einhaltung aller Bestimmungen gekündigt werden. Lehrlinge ebenso wie Krankenpflege- und Hebammenschülerinnen werden nicht auf die Zahl der Beschäftigten angerechnet, womit Wünschen der Wirtschaft Rechnung getragen wird.

Wichtig ist die präventive Einsetzung dieser Mittel des Ausgleichsfonds. Da die Prämien für die Übererfüllung der Beschäftigungspflicht nicht effizient waren, werden sie auch nicht mehr ausbezahlt.

Den EU-konformen Begriff "integrative Betriebe" begrüße ich, da der frühere Begriff "geschützte Werkstätten" oft abfällig gebraucht wurde.

Jene, die bittere Klagen darüber führen, daß schwangere Frauen, die behinderte Kinder erwarten, diese Schwangerschaft abbrechen dürfen, sollen sich ebenso wie wir für die volle Integration Behinderter in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft einsetzen. Das Wissen um ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben mit Partizipation an der Gesellschaft für ein behindertes Kind wird Frauen den Mut geben, dieses Kind zu wollen. Ein Kind in eine Welt zu setzen, die ihm verständnislos bis feindlich begegnet, ist für viele Frauen hingegen unerträglich.

Die Qualität einer Gesellschaft erkennt man am Umgang mit ihren schwächeren Mitgliedern. Wir Sozialdemokraten sind seit jeher für die Schwächeren eingetreten. Daher stimmen wir für diese Novelle und versprechen, uns auch in Zukunft mit ganzer Kraft für verbesserte Lebensumstände Behinderter einzusetzen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler.)

19.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.51

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Der Bund als größter Dienstgeber Österreichs geht beim Behinderteneinstellungsgesetz mit schlechtem Beispiel voran. Das ist heute von meiner Kollegin Partik-Pablé bereits dargelegt worden, die sich ja in diesen Dingen ganz besonders gut auskennt. In manchen Ministerien werden nur die Hälfte der Behindertenstellen vergeben. Der Bund zahlt lieber eine Abschlagszahlung für die Ministerien, wobei ich in diesem Zusammenhang der Meinung bin, daß es richtig wäre, wenn Privatbetriebe das selbst zahlen müssen, daß auch die Ministerien diese Abschlagszahlung im Falle der Nichterfüllung aus dem Budget ihres Ressorts selbst berappen müssen.

Bei den Ländern und Gemeinden ist die Situation ähnlich. Wenn ich es schon in vielen Fällen bei marktwirtschaftlich geführten Betrieben für übertrieben erachte, wenn mangelnde Leistungsfähigkeit behinderter Mitarbeiter oft als Argument angeführt wird, so kann dies bei den Gebietskörperschaften aber auf keinen Fall in dieser Art und Form akzeptiert werden.

Froh bin ich bei dieser Gesetzesänderung darüber, daß die Ungleichbehandlung in bezug auf die Einstellungspflicht zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft jetzt beseitigt wird. Die Gleichstellung von öffentlichem Dienst mit der Privatwirtschaft bei der Einstellungspflicht Behinderter wird innerhalb der nächsten vier Jahre vor sich gehen.

Als beschäftigungspolitisch sinnvoll erachte ich es, daß Lehrlinge nicht in die Mitarbeiterzahl für die Beschäftigungspflicht miteingerechnet werden. Positiv sehe ich auch, daß teilzeitbeschäftigte Behinderte nicht voll auf die Pflichtzahl angerechnet werden. Das ist sicherlich eine Erleichterung. Vor allem sollen aber auch Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Prämienzahlung für die Übererfüllung der Beschäftigungspflicht für begünstigte Behinderte beziehungsweise nichteinstellungspflichtige Dienstgeber soll aufgehoben werden. – Ich finde das nicht gut. Diese Maßnahme wurde im Sozialausschuß damit begründet, daß das Geld dazu fehle und Prämien vom EU-Sozialfonds nicht kofinanziert werden. Man prüfe jetzt, ob die Betriebe auf anderem Wege, durch Adaptierungen etwa, eine Unterstützung für jene Maßnahme, die sie für Behinderte treffen, erhalten können. Ich habe es bereits gesagt: Ich finde das nicht gut, denn damit fällt ein zusätzlicher Anreiz – wenn er auch nicht sehr groß ist – für die Einstellung behinderter Menschen weg.

Die Integration vor allem von begünstigten Behinderten in Kleinbetrieben ist in meinen Augen ganz, ganz wichtig, und ich meine, daß die Integration gerade in Kleinbetrieben besonders befruchtend wirkt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! 85 Prozent der österreichischen Betriebe sind Kleinbetriebe mit weniger als 25 Mitarbeitern. Diese Kleinbetriebe haben zwar diesbezüglich keine Beschäftigungspflicht, müssen den Kündigungsschutz für Behinderte aber ebenso mittragen wie größere Betriebe. Dieser Kündigungsschutz stellt ein Hindernis für die Beschäftigung von Behinderten dar – und das wird auch von diesen so gesehen –, egal, ob die Beschäftigungspflicht erst bei über 25 Mitarbeitern besteht oder nicht, weil sich eben jeder Dienstgeber nur mit größten Schwierigkeiten von einem behinderten Dienstnehmer trennen kann.

Die bisherige Regelung ist jedenfalls sicherlich kontraproduktiv. Jetzt wird der Kündigungsschutz erst nach drei Monaten ab Einstellung eines Behinderten wirksam. Es ist dies ein erster Schritt in die richtige Richtung, der begrüßenswert ist. Es wird sich aber erst in Zukunft zeigen, ob dieser Schritt überhaupt genügt. Die "Lebenshilfe" hat vorgeschlagen – und ich finde, diese Variante ist sehr sinnvoll –, daß sich der Kündigungsschutz in Zukunft nicht auf den Arbeitnehmer, sondern auf den Arbeitsplatz selbst bezieht. Dieser Vorschlag ist aus meiner Sicht sicherlich diskussionswürdig.

Kurz noch zur Arbeitsassistenz: Dieses Instrumentarium zur besonderen intensiven Betreuung und Beratung schwerstbehinderter Menschen mit dem Ziel einer dauerhaften Eingliederung in das Erwerbsleben wird jetzt gesetzlich verankert. Ich wünsche den betroffenen Menschen, daß diese Methode funktionieren wird, möchte aber anmerken, daß diese Arbeitsassistenz nur so gut sein wird, wie sie vorbereitet wurde und auch wie sie angenommen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gatterer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.56

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Für behinderte Menschen ist die Integration in den Arbeitsmarkt besonders wichtig. Denn diese begründet nicht nur Lebensinhalt, sondern beinhaltet auch den Beweis, daß man anerkannt und ernst genommen wird. Auf diese Weise besteht die Möglichkeit zu sozialen Kontakten. Behinderten wird Selbstwertgefühl und das Gefühl, nicht ausgeschlossen zu sein, gegeben, und sie erhalten Chancengleichheit.

Deswegen ist diese Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz notwendig. Wir von der ÖVP begrüßen diese Novelle. Wir konnten in letzter Zeit verfolgen, daß nicht zuletzt aufgrund der angespannten Arbeitsmarktsituation Behinderte oft die ersten waren, die aus dem Arbeitsmarkt verdrängt wurden. Daher galt es, neue Akzente zu setzen.

Meiner Ansicht nach besonders positiv ist, daß es für Betriebe nunmehr die Möglichkeit der dreimonatigen Probezeit gibt. Es ist ja nicht immer böse Absicht oder mangelnder Wille der Grund dafür, daß Betriebe keine Behinderten einstellen, sondern manchmal auch die Unsicherheit im Umgang mit behinderten Menschen. In Anbetracht dessen ist die Probezeit eine wertvolle Neuerung für beide Seiten. Denn die Behinderten haben so die Möglichkeit, selbst zu erproben, ob der betreffende Arbeitsplatz der richtige für sie ist, ob die Arbeit für sie bewältigbar ist und ihnen gefällt. Und Arbeitgebern wird der erste Schritt erleichtert, einmal Behinderte einzustellen – und auch Vorurteile abzubauen. Daher ist dieses Gesetz sehr positiv, weil es positive Rahmenbedingungen schafft, weil es Schutz für Behinderte gewährleistet und Barrieren und Einstellungshindernisse für Behinderte abbauen hilft. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiterer zentraler Punkt, nämlich die Gleichstellung von öffentlichem Dienst und privaten Arbeitgebern, wurde schon aufgezeigt. – Ich glaube, das ist sehr positiv. Weiters ist es sehr positiv, daß Lehrlinge aus dieser Zahl ausgenommen sind. Denn ich glaube, wir alle wollen nicht, daß es heißt: entweder Lehrling oder Integration. Jetzt ist beides möglich. Es ist, wie gesagt, sehr positiv, daß Lehrlinge und Krankenschwestern- und Hebammenschülerinnen davon ausgenommen sind.

Sehr positiv zu bewerten ist auch das bereits seit langem bestehende Projekt der Arbeitsassistenz. Da gibt es neue Wege, die Förderung, Einstellung und Betreuung von begünstigten Behinderten auf eine neue Basis zu stellen. Ich meine, wir müssen dafür sorgen, daß diese Arbeitsassistenz wirklich flächendeckend bundesweit ausgebaut wird.

Wenn mit der Streichung der Übererfüllungsprämie von 715 S bewirkt wird, daß wir mehr Mittel zur Verfügung haben, um positive Akzente zu setzen, so ist diese Maßnahme sicherlich von uns allen zu begrüßen. Wenn wir hingegen sehen, daß die Tatsache, daß den Betrieben die Übererfüllungsprämie nicht mehr ausbezahlt wird, dazu führt, daß diese Zahl abgebaut wird, dann müssen wir das, Frau Ministerin, überdenken.

Sehr positiv ist auch, daß Behinderte die Möglichkeit eines Opting-out haben, daß sie sich also entschließen können, nicht als begünstigte Behinderte, sondern als "normale" Arbeitnehmer gelten zu wollen. Ich glaube, auch dadurch werden das Selbstwertgefühl und die Eigeneinschätzung der Behinderten sehr unterstützt. Das ist sicherlich positiv. (Beifall bei der ÖVP.)

Positiv ist auch, daß die "geschützten Werkstätten" umbenannt werden. Nicht zuletzt haben ja einige Parteien den Begriff "geschützte Werkstätten" in Mißkredit gebracht. Deswegen ist der neue Begriff "integrative Betriebe" sicherlich positiv, denn dieser beinhaltet, daß Betriebe den sozialen Auftrag haben, behinderte Menschen zu integrieren, aber dennoch die betriebswirtschaftlichen Ziele nicht aus den Augen verlieren. Für die ÖVP ist dieses Gesetz sehr positiv zu bewerten. Es ist dies ein wichtiger Schritt, daß in Zukunft mehr Behinderte in den Arbeitsmarkt integriert werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.01

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die wesentlichsten Eckpunkte der vorliegenden Gesetzesnovelle hat Kollege Guggenberger in seinem Debattenbeitrag bereits genannt.

Erwähnen möchte ich aber auf jeden Fall noch die Gleichstellung der öffentlichen Hand hinsichtlich der Pflichtzahl – auch in Richtung FPÖ und Kollegen Kier gesprochen –, aber auch die etappenweise Angleichung der Betriebe, die bis jetzt in den Verordnungsbereich gefallen sind. Ich glaube, auch das ist ein ganz wesentlicher Fortschritt.

Kollege Öllinger! Ich würde sagen: Einfach bei der Wahrheit bleiben, dann erübrigen sich Zwischenrufe! Zur Erhöhung der Ausgleichstaxe: In diesem Punkt sind wir einer Meinung. Allerdings führt die Formulierung im Antrag der Grünen den Begriff "Ausgleichstaxe" ad absurdum, wie Sie genau wissen. (Abg. Öllinger: Warum?) Wir haben das im Ausschuß ausführlich diskutiert und begründet, und es freut mich sehr, daß Sie heute hier dieser Vorlage die Zustimmung geben werden und Ihre Fraktion ein anderes Abstimmungsverhalten als im Ausschuß an den Tag legen wird.

Frau Bundesministerin! Ganz besonders freut mich die Stellungnahme einer Gruppe zu diesem Entwurf, die mit diesen Bestimmungen tagtäglich zu tun hat. Ich habe hier ein Schreiben des geschäftsführenden Vorsitzenden der Behindertenvertretung der VOEST-Alpine Konzernbetriebe am Standort Linz, in welchem dieser schreibt:

"Mit der jetzt vorliegenden Neuregelung des Behinderteneinstellungsgesetzes ist es Sozialministerin Hostasch gelungen, zwei gravierende Punkte im Bereich der Beschäftigung von behinderten Menschen zu vereinen. Zum einen, daß der Kündigungsschutz für bestehende Dienstverhältnisse nicht gelockert wurde und somit der Wirtschaft Tür und Tor zu einer großen Kündigungswelle geöffnet worden wäre. Zum anderen, daß die Eingliederung eines Behinderten in den Arbeitsprozeß dadurch erleichtert wird, daß der Kündigungsschutz erst nach drei Monaten seine Wirksamkeit erreicht und somit sowohl Arbeitgeber als auch der behinderte Arbeitnehmer Zeit haben, sich und die neuen Aufgaben kennenzulernen."

Weiter heißt es: "Für uns als Behindertenvertrauenspersonen der VA-Konzerngesellschaften am Standort Linz ist dies ein wichtiger Schritt zur Integration von behinderten Menschen in den Arbeitsmarkt, ohne daß dadurch auch nur ein einziger in Arbeit stehender Behinderter um seinen Arbeitsplatz Sorge haben müßte."

Seitens dieser Behindertenvertretung wird Ihnen, Frau Sozialministerin, der beste Dank ausgesprochen. Ich glaube, das ist das größte Kompliment, das man überhaupt bekommen kann! Auch daher stimmen wir sehr gerne für diese Vorlage. (Beifall bei der SPÖ.)

20.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

20.05

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Vielen herzlichen Dank für diese Beiträge! Denn aus all Ihren Beiträgen war erkennbar, daß Sie dieser Regierungsvorlage Ihre Zustimmung geben werden und den Überlegungen und Zielen dieser Regierungsvorlage auch Ihre Unterstützung angedeihen lassen.

Ich möchte mich auch dafür bedanken, daß in der Debatte die Kernpunkte dieser Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes bereits herausgearbeitet wurden und ich daher diese wesentlichen Veränderungen nicht noch einmal ansprechen muß.

Ich möchte jetzt nur auf die Frage der Arbeitsassistenz verweisen. Wir hatten im September in Salzburg eine sehr große Konferenz im Rahmen unserer EU-Aktivitäten, und dabei bestand die Gelegenheit, mit Experten aus ganz Europa, die sich im Behindertenwesen engagieren, zusammenzukommen und die verschiedensten Modelle der Betreuung von Behinderten einer gemeinsamen Betrachtung zu unterziehen. Dabei stieß unser Modell der Arbeitsassistenz bei allen auf uneingeschränkte – ich möchte es fast so sagen – Bewunderung, weil erkannt wurde, daß damit wirklich ein ganz große Chance verbunden ist, Menschen mit Behinderungen zu einer Integration in der Arbeitswelt zu verhelfen, und daß das ein sehr geeignetes Modell ist, dieses Ziel zu erreichen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Noch ein Hinweis, weil in der neuen Gesetzeslage vorgesehen ist, daß der besondere Kündigungsschutz erst nach drei Monaten ab Beginn des Arbeitsverhältnisses einsetzt: Es ist absolut sichergestellt, daß vom ersten Tag der Arbeitsaufnahme an die gleichen Betreuungsmechanismen einsetzen und die gleichen Unterstützungen für die Arbeitgeber und auch für die Behinderten bestehen, die es bisher für vom ersten Tag an unkündbare oder mit besonderem Kündigungsschutz ausgestattete Dienstverhältnisse gab.

Ich erlaube mir, zum Beitrag des Herrn Abgeordneten Öllinger zu bemerken: Bei den integrativen Betrieben besteht kein Etikettenschwindel, sondern es werden den Behinderten dort wirklich Chancen gegeben, die sie in der Privatwirtschaft sonst nicht hätten. (Beifall bei der SPÖ.)

Du kennst die Situation in den integrativen Betrieben ganz genau: Ich bin, ehrlich gesagt, sehr froh darüber, daß wir vom Begriff "geschützte Werkstätten" wegkommen und uns nun – auch die Semantik ist gerade in diesem Bereich wichtig – mit dem Begriff "integrativer Betrieb" neu orientieren können. In der Praxis wurde das bereits so gehandhabt. Daher ist es, glaube ich, wichtig, wenn wir das nachvollziehen.

Abschließend, sehr geschätzte Damen und Herren, möchte ich darauf hinweisen, daß, wenn dieses Gesetz heute im Hohen Haus beschlossen werden wird, ein weiterer wichtiger Baustein beziehungsweise ein weiteres wichtiges Ziel unseres Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung umgesetzt wird. Wir bieten damit sicherlich sehr vielen Menschen, die besonderer Zuwendung von uns bedürfen, eine neue Chance für ihr Leben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort der Frau Berichterstatterin.

Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt erfolgt.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz und das Behindertenwerkstätten-Vorfinanzierungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 1543 der Beilagen.

Hiezu hat Abgeordneter Mag. Haupt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde daher zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Artikel 1 Z 11 bis 13 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu die Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt nun stimmeneinhellig. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist stimmeneinhellig der Fall. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Mag. Haupt und Genossen betreffend Weiterverrechnung der Ausgleichstaxe an die einzelnen Bundesministerien.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1544 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1545 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mehrheitlich der Fall. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1508 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird (1546 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1509 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird (1548 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 7 und 8 auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten sogleich in die Debatte ein. Erstrednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte.

20.09

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Warum wir Liberalen das Arbeitsmarktförderungsgesetz bezüglich Künstlervermittlung ablehnen, ist relativ rasch erklärt: Sie haben es einmal mehr geschafft, keinen einzigen Paragraphen, auch nicht den § 18, so zu verändern beziehungsweise anzupassen, daß es nicht zu einem überbordenden Bürokratieaufbau kommt.

Ich finde es grundsätzlich kurios, daß Sie es überhaupt nicht über sich gebracht haben, diese viel zu rigiden Bestimmungen im Bereich der privaten Arbeitsvermittlung gleichzeitig mit dieser Novelle zu verändern. Ich meine, Sie müssen schon einmal erklären, wozu es gut sein soll, wenn das Bundessozialamt als Verwaltungsbehörde entscheidet, ob Geschäftsräume angemessen sind und somit auch andere gewerbliche Tätigkeiten in diesen Geschäftsräumen ausgeübt werden dürfen. Ich muß Sie wirklich fragen: Wozu soll dieses zusätzliche Verfahren gut sein, wenn die Gewerbebehörde ohnehin ein Verfahren abführt? – Da frage ich mich, wieviel Vertrauen Sie zu Ihren eigenen gewerberechtlichen Verfahren und zu Ihrer eigenen Gewerbebehörde haben!

Außerdem sollten Sie auch erklären, wieso ein Vermittler einen Nachweis über zusätzliche Befähigung und fachliche Eignung erbringen muß, wenn die Vermittlung von Arbeitsverhältnissen ohnehin einer Gewerbeberechtigung bedarf und ein Gewerbeschein erforderlich ist. – Es muß ja wirklich nicht überall ein Zusatzstempel des Bundessozialamtes angebracht werden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist wirklich ein Beispiel mehr für Ihre Reglementierungswut und für Ihren Hang zur Bürokratie, und genau aus diesem Grund lehnen wir dieses Arbeitsmarktförderungsgesetz ab und fordern darüber hinaus so rasch wie möglich eine umfassende, generelle Novelle bezüglich der privaten Arbeitsvermittlung von Ihnen ein.

Zu den Veränderungen im Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geben wir unsere Zustimmung. Es handelt sich hier schlichtweg um notwendige Reparaturen, und es spricht nicht gerade für Ihre Sorgfalt beim Ausarbeiten von Gesetzen, wenn nach nur wenigen Monaten schon solche Reparaturen notwendig werden. Es ist für uns selbstverständlich, daß Lehrlinge, die in Lehrlingsstiftungen untergebracht sind, ebenso eine Freifahrt bekommen sollen wie alle anderen Lehrlinge auch.

Daß Sie jetzt – und wir haben das bereits bei der Beschlußfassung dieses Gesetzes kritisiert – auch junge Menschen in Stiftungen und in die Berufslehrgänge aufnehmen, die bereits vor 1997 ihre Schulpflicht erfüllt haben, halte ich ebenfalls nicht nur für selbstverständlich, sondern für notwendig. Gedanken machen sollten Sie sich allerdings über den Punkt, warum Sie die versprochenen 4 000 Plätze nicht füllen können, und Gedanken machen sollten Sie sich auch darüber, warum Ihre Zielsetzung mit 15. November 1998 keinesfalls einzuhalten ist. – Ich kann Ihnen versichern – und Sie alle wissen es wahrscheinlich selbst –, daß in den Bundesländern bei der Organisation dieser Berufslehrgänge leider sehr chaotische Zustände herrschen!

Sie sollten sich wirklich Gedanken darüber machen, warum junge Menschen das Angebot nicht annehmen. – Ich glaube, sie erkennen besser als Sie, daß auf diese Weise keine zukunftsorientierte Ausbildung erfolgt. Sie erkennen vielleicht besser als Sie, daß sie nach Absolvierung dieser Lehrlingsstiftung in der Wirtschaft keinen entsprechenden Arbeitsplatz finden können. Ich meine, diese jungen Menschen hoffen nach wie vor darauf, daß ihnen ein lehrberechtigter Betrieb in ihrem näheren Umfeld doch noch eine Lehrstelle anbieten wird.

Die Hoffnung ist gering. Denn Sie haben der Wirtschaft notwendige Rahmenbedingungen verweigert, Sie haben sich verweigert, das Berufsausbildungsgesetz zu reformieren, Sie haben sich geweigert, die minimalsten Veränderungen im Jugendbeschäftigungsgesetz vorzunehmen, wie zum Beispiel die Schaffung der Möglichkeit, bis 23 Uhr im Gastgewerbe arbeiten zu können. Und Sie haben auch die Schaffung einer effektiven Kostenentlastung verweigert, wie wir sie Ihnen vorgeschlagen haben, und zwar über eine lohn- und sozialrechtliche Entkoppelung, die noch dazu auch die Chance auf die notwendige Flexibilität geboten hätte, die Schulzeit entsprechend auszuweiten, den Lehrlingen ein umfassenderes Bildungsangebot mitzugeben, das sie so dringend brauchen werden, um den neuen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt auch entsprechen zu können.

Sie haben seit zwei Jahren eigentlich die Chance vertan, ein gutes Ausbildungssystem wieder zu einem wirklich effizienten und erfolgreichen zu machen. Es tut mir leid, es tut mir insbesondere für unsere jungen Menschen leid, daß Sie die Probleme weiter vor sich herschieben, anstatt wirklich echte Reformen in Angriff zu nehmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.17

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Schaffenrath, es tut mir von Herzen für unsere jungen Menschen leid, daß gerade Sie sich dafür aussprechen, daß Lehrlinge bis 23 Uhr arbeiten sollten.

Als wir dieses Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geschaffen haben, haben wir es befristet für die Schulabgänger 1998/99, weil wir wußten, daß geburtenstarke Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt drängen. Es wurden 2 500 Ausbildungsplätze in Lehrgängen und 1 500 Ausbildungsplätze in Stiftungen vorgesehen. Und wenn wir heute novellieren, dann nicht, weil das Gesetz schlecht ist, sondern weil es bereits ein Erfolg ist, weil nämlich über 1 000 Plätze übrigbleiben und niemand mehr da ist, der eine Lehre anstrebt. Denn wenn junge Menschen studieren oder eine andere Ausbildung machen wollen, dann sind sie für diese Maßnahme nicht vorgesehen. (Zwischenruf der Abg. Schaffenrath.)

Frau Kollegin! Ich habe Ihnen zugehört, also hören Sie mir bitte auch zu! Wir novellieren das Gesetz deshalb, weil wir damit jetzt schon Erfolg gehabt haben. Da ist es nur legitim, wenn man jetzt überprüft, wer von den Schulabgängern 1997 oder den Jahrgängen davor – das haben wir ja das gestern noch korrigiert – noch nicht vermittelt werden konnte, damit wir auch diesen Menschen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt geben. – Ich glaube, das kann man nur positiv erwähnen. Ich kann der Frau Ministerin zu diesen Maßnahmen nur gratulieren, und auch wir vertreten diese einigermaßen stolz! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Feurstein! Es tut mir leid, aber ich möchte mich auch noch mit Ihrer heutigen Presseaussendung auseinandersetzen. In dieser beklagen Sie wieder, daß das Öffnen der Stiftungen und Lehrgänge für Maßnahmen der Vorlehre nicht geklappt hat, daß wir dazu nicht ja gesagt haben. Sie sagen, daß Sie das nicht verstehen können. – Wir haben gestern darüber diskutiert und deutlich zum Ausdruck gebracht, warum es so ist: Stiftungen und Lehrgänge sind für ausbildungsreife Jugendliche vorgesehen. Für die jungen Menschen, die weder berufsfit noch ausbildungsfit sind, sondern erst dazu gemacht werden müssen, gibt es hingegen ein Maßnahmenbündel des AMS, und das sollte man nutzen, auch positiv verkaufen und den jungen Menschen sagen, welche Möglichkeiten sie haben! (Beifall bei der SPÖ.)

20.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.19

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns von der Österreichischen Volkspartei war die Beschäftigung von Jugendlichen stets ein Herzensanliegen: Unter dem Motto "Der Jugend eine Chance geben" sind wir darangegangen, die Rahmenbedingungen für die Ausbildung von Jugendlichen entsprechend anzupassen, um den Betrieben wieder die Möglichkeit zu geben, mehr Lehrstellen zur Verfügung zu stellen.

Die duale Ausbildung stand für uns von der Volkspartei immer im Zentrum unserer Bemühungen, und das wird auch so bleiben. Frau Kollegin Schaffenrath! Ich bin völlig Ihrer Meinung, daß wir uns auch in Zukunft bemühen sollten, die diesbezüglichen Rahmenbedingungen im Interesse der Lehrlinge und im Interesse der Betriebe weiter zu verbessern. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz vom 16. Juni 1998 haben wir Vorschläge des Nationalen Aktionsplans umgesetzt, um jenen Jugendlichen eine Chance zu geben, die keine ordentliche Lehre oder keinen ordentlichen Lehrplatz bekommen haben. Wir haben damit die Institute der Vorlehre, der Stiftungen und der Lehrgänge für 4 000 Jugendliche in Österreich eröffnet.

Frau Kollegin Schaffenrath ist jetzt leider weggegangen, dennoch möchte ich sagen: Wenn heute diese 4 000 Stellen nicht zur Gänze besetzt sind und wir andere Wege suchen müssen, sie auszunützen, dann sollten wir uns darüber freuen, weil das ein Indiz dafür ist, daß unsere Maßnahmen richtig waren und Erfolg hatten, daß die Bundesregierung entsprechende Vorschläge gemacht hat und wir diese richtig mitgetragen haben.

Die Arbeitslosenzahlen vom November waren nicht sehr erfreulich. Wir wissen das. Wir haben eine Zunahme – wahrscheinlich auch wegen der schlechten Wetterlage – zu verzeichnen, aber eine erfreuliche Zahl können wir doch vermerken: Die Zahl der Lehrstellensuchenden hat Ende November 1998 im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel abgenommen. Das ist ein Erfolg, und den lassen wir uns von niemandem nehmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Der heutige Antrag zur Erweiterung – ich möchte sagen: es ist nicht nur eine Verbesserung, sondern auch eine Erweiterung – des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes hat das Ziel, die Maßnahmen, die wir seinerzeit gesetzt haben, einem breiteren Spektrum von Jugendlichen zu eröffnen. Und ich freue mich wirklich, daß es gelungen ist, diese Maßnahmen nunmehr auch Jugendlichen anbieten zu können, die im Jahre 1997 und früher ihre Schulpflicht erfüllt haben.

Ich bedauere auch, daß es nicht gelungen ist – vielleicht war die Zeit zu kurz, vielleicht haben wir auch zuwenig Zeit gehabt, das ernstlich zu diskutieren – im Rahmen dieser Stiftungen auch von der Natur und von ihrem Bildungsstand her weniger gut ausgestattete Schulabsolventen unterzubringen, und ich hätte mich gefreut, wenn wir im Rahmen der Stiftungen auch die Vorlehre hätten unterbringen können. Leider war das nicht möglich! (Beifall bei der ÖVP.)

Unser Vizekanzler Wolfgang Schüssel hat kürzlich den Ausspruch geprägt: Sozial ist, was Arbeit schafft. – In diesem Sinne freue ich mich, wenn wir heute diese Maßnahmen und Möglichkeiten einem weiteren Kreis von Jugendlichen anbieten können. Ich hoffe, daß wir damit einen wirklich guten Beitrag für die Ausbildung und Beschäftigung der Jugendlichen bei uns in Österreich leisten können. (Beifall bei der ÖVP.)

20.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.22

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Regierungsvorlage betreffend die Änderungen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes und insbesondere zur Frage der Künstlervermittlung möchte ich sagen, es ist eigenartig: Seitens der Regierungsparteien wird immer wieder betont, daß unsere Sozialgesetzgebung und unsere Sozialpartnerschaft eigentlich auf der ganzen Welt hervorragend seien. – Da frage ich mich, warum wir dann ständig an unserem diesbezüglichen gesetzlichen Rahmen Veränderungen herbeiführen müssen. Denn wäre es wirklich so, dann müßte es ja umgekehrt sein, dann müßten ja ständig in Brüssel Veränderungen gegenüber jenen Gesetzen vorgenommen werden, die wir derzeit haben!

Es scheint also doch nicht ganz so zu sein, daß alles Gold ist, was glänzt. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Und von der Entbürokratisierung, von der Ihr Bundeskanzler immer spricht, sind wir weit entfernt. Das Gegenteil ist der Fall: Anstatt daß es eine allgemeine Reduzierung der Verordnungen und Gesetze im Interesse der Vollziehbarkeit und Überschaubarkeit gibt, sind wir permanent mit einer Fülle von neuen Verordnungen, Gesetzen und Maßnahmen konfrontiert.

Es ist schon richtig, wenn man Obergrenzen für Vermittlungstätigkeiten einführt, weil das von Haus aus ein eher problematischer Bereich ist. Es wäre zu prüfen, ob es nicht vernünftiger wäre, da Künstler im weiteren Sinne in vielen Bereichen keine Arbeitsverhältnisse haben, eine entsprechende gesetzliche Klärung und Bereinigung herbeizuführen, daß diese in Form von Werkverträgen beschäftigt werden oder als selbständig Berufstätige zu gelten haben, weil es ja üblicherweise bei diesen Engagements zu keinem dauerhaften Arbeitsverhältnis kommt.

Wenn wir schon Veränderungen herbeiführen, die eine EU-Angleichung bringen, dann möchte ich darauf hinweisen, daß es bei Aufenthaltsbewilligungen für Österreicher im Ausland, zum Beispiel in Deutschland, starke Einschränkung gibt. Dort kostet diese 1 000 D-Mark und ist drei Jahre gültig. Dazu kann ich nur sagen: Wenn wir in Europa gemeinsame Bedingungen für die Künstlervermittlung haben wollen, dann müßte es letztlich auch gleiches Recht oder gleiches Unrecht für alle geben.

In diesem Zusammenhang – das wurde auch schon von Kollegin Schaffenrath erwähnt – wäre es notwendig, eine generelle Reform hinsichtlich der privaten Arbeitsvermittler ins Auge zu fassen. Und wenn die Vermittlung von Arbeitskräften durch private Unternehmen gestattet wird, dann muß man bei der Zulassung strengste Kriterien anwenden, aber dann muß nicht wieder jede einzelne Bewilligung der Bundesstempelpflicht unterliegen. Das würde sicherlich einen verbesserten Zugang und Unterstützung in einer Zeit der hohen Arbeitslosigkeit für jene bringen, die auf Jobsuche sind; das wäre notwendig.

Im Zusammenhang mit dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz und der Lehrlingsfreifahrt muß man feststellen: Diese Regelungen kommen wieder um ein halbes Jahr zu spät, denn in Wirklichkeit hätte das schon im Sommer beschlossen werden müssen, damit diese Maßnahmen rechtzeitig greifen.

Wenn einige meinen, daß die Tourismuswirtschaft gerettet wäre, wenn Lehrlinge im Tourismus bis 23 Uhr arbeiten dürfen, dann irren sie. Diese Regelung würde den Tourismus nicht retten, da sind ganz andere Maßnahmen notwendig!

Allein wenn ich Kollegen Trinkl bei seiner Rede emotionsgeladen und gefühlvoll über die Ausbildung sprechen höre und er sagt: Wir haben ein Herz für Lehrlinge!, dann wird für mich genau die Haltung ersichtlich, die die Herren von der ÖVP einnehmen: Sie interessieren sich in Wirklichkeit gar nicht dafür! Im wesentlichen interessiert sie nur, welche Förderungsmittel ein Unternehmer in Anspruch nehmen kann. Und wenn diese entsprechen, dann läßt man sich eben herab und bildet einen Lehrling aus. – Das ist die Situation, wie wir sie derzeit in unserer Republik erleben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bekennen Sie sich dazu! Denn in Wirklichkeit sind früher, als es keine Förderungen oder nur geringe Förderungen und mehr Hemmnisse gab, mehr Lehrlinge eingestellt worden, weil sie gebraucht wurden. Heute gehen viele Jugendliche deshalb nicht mehr in die Lehre, weil der berühmte Slogan "Karriere mit Lehre" genau das beweist, was sich in der Praxis abspielt. Ein entsprechendes Einkommen nach Abschluß der Lehre, Berufssicherheit – außer im öffentlichen Dienst – und die Chance auf einen sicheren Arbeitsplatz sind heute für einen Lehrling nicht gegeben. Sie werden in den Unternehmen herumgeschoben oder landen in Stiftungen. Da frage ich mich: Wozu soll heute noch jemand in die Lehre gehen, wenn er dann in der Wirtschaft in Wirklichkeit nicht erwünscht ist und viele Unternehmen heute nur auf die EU-Osterweiterung warten, weil sie dann billige Fachkräfte zum Pendeln bewegen können? Dazu wären sie bereit, sie sind aber nicht dazu bereit, die Jugendlichen entsprechend auszubilden. Das wäre aber notwendig im Sinne einer guten Entwicklung in der Wirtschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.27

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz habe ich es relativ leicht, weil wir anläßlich der Debatte über dieses Gesetz schon gesagt haben: Dieses Manko ist unerklärbar, so etwas sollte eigentlich nicht vorkommen. – Nun haben Sie das repariert, wir nehmen es zur Kenntnis. Das nächste Mal geht es vielleicht etwas schneller, und zwar nicht nur deswegen, weil die Ausbildungslehrgänge nicht gefüllt werden können. Das wäre eine prinzipielle Frage.

Zweiter Punkt: das Arbeitsmarktförderungsgesetz. Frau Bundesministerin! Die Künstlervermittlung – wir wissen das – hat in Österreich eine eher problematische Geschichte, was auch mit der Künstlervermittlung des ÖGB, die dann vom AMS übernommen wurde, zu tun hat. Es ist dies ein Kapitel, das einige Millionen Schilling gekostet hat.

Ich bin auch mit der jetzigen Fassung nicht zufrieden, und zwar deswegen, weil – wie der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes festgestellt hat – durch den Abs. 4 eine sehr problematische Bestimmung normiert wird: Ausnahmsweise wird einmal so etwas wie Inländerdiskriminierung denkbar. – Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt, den ich für problematisch halte – und da komme ich sozusagen noch zu den früheren Künstlervermittlungen zurück –: Es handelt sich hiebei zwar nicht um eine neue Normierung durch diese Novelle, ich halte es aber sehr wohl für ein Problem, daß wir hier das Prinzip der privaten gewerblichen Künstlervermittlung, nach welchem auch von den zu vermittelnden Künstlern ein Entgelt verlangt wird, festschreiben.

Ich hoffe, daß das nicht Schule macht, wenn das Thema private Arbeitsvermittlung – und ich nehme an, wir werden das bald diskutieren müssen, leider – auf dem Tapet sein wird. Ich würde mir das nicht wünschen. Ich sehe das im Prinzip auch nicht bei den Künstlern ein, obwohl es sicher Künstler gibt, die viel Geld haben und gut vermittelt werden, aber diese bedienen sich vermutlich Agenturen, die hier kaum erfaßt sind und haben möglicherweise andere Vermittlungsverhältnisse. Bei Künstlern mit geringem Einkommen machen jedoch 10 Prozent des Entgelts, das als Provision abgeliefert wird, auch schon etwas aus.

Trotzdem: Im Prinzip ist diese Novelle positiv zu beurteilen. Deshalb stimmen wir ihr genauso wie dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz zu, obwohl – und damit schließt sich der Kreis – natürlich die Fragen des dualen Ausbildungssystems auch durch das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz leider nicht gelöst werden. (Beifall bei den Grünen.)

20.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordnete Hums. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.32

Abgeordneter Franz Hums (SPÖ): Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Die bestmögliche Ausbildung und eine möglichst hohe Jugendbeschäftigung sind nicht nur ein Anliegen junger Menschen, sondern der gesamten Bevölkerung und des gesamten Staates. Das ist auch der Grund dafür, warum die Regierung in Österreich mit den Sozialpartnern in der letzten Zeit äußerst intensiv und auch äußerst erfolgreich gewirkt hat. Ich glaube, es ist überall anerkannt, daß wir in Österreich die niedrigste Jugendarbeitslosenrate haben. Das ist trotzdem kein Grund, sich auszuruhen, sondern ein Ansporn, sich ständig weiter zu verbessern, und heute wird hier ein weiterer Schritt gesetzt.

Wesentlich in der dualen Ausbildung ist natürlich, daß es möglichst viele Lehrstellen gibt. Auch das ist gelungen. Dabei sind sicher die Lehrstellen in Klein- und Mittelbetrieben sehr wichtig. Wir dürfen aber nicht übersehen, daß auch die Lehrwerkstätten von besonderer Bedeutung sind, und zwar die Lehrwerkstätten in den Großbetrieben, deren Zahl von vielen Großbetrieben in den letzten Jahren gewaltig reduziert wurde. Daher sind seit dem Jahre 1996 auch Lehrlinge in Lehrwerkstätten nach einem Abkommen, damals mit Wirtschaftsminister Farnleitner ausverhandelt, so zu fördern wie in anderen Unternehmungen.

Von diesen Unternehmungen möchte ich eine hier lobend hervorheben, die sehr oft kritisiert wird. Die Österreichischen Bundesbahnen sind der einzige Großbetrieb, der über all die Jahre hinweg in den Lehrwerkstätten die Anzahl der Lehrlinge nicht reduziert hat – sicher mit sehr viel Druck durch die Gewerkschaft. Im Jahre 1996 haben übrigens die Mitarbeiter der Österreichischen Bundesbahnen bei den Gehaltserhöhungen auf einen Teil dieser Gehaltserhöhung zugunsten der Lehrlinge verzichtet. Die Wahrung der Lehrstellen erfolgte immer mit Druck durch die Gewerkschaft und durch den Einsatz der Personalvertretung.

Seit dem Vorjahr werden die Lehrlinge in den Lehrwerkstätten in zwei Gruppen geteilt: Sie sind zu einem Teil Lehrlinge der Österreichischen Bundesbahnen, zum anderen Teil zwar auch Lehrlinge der Österreichischen Bundesbahnen, aber in Form einer Stiftung. Diese Stiftung fällt nicht unter die Bestimmungen des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes! Schon im Ausschuß für Arbeit und Soziales wurde festgestellt, daß die Regelungen des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes nur für jene Projekte zur Anwendung kommen, die im Rahmen dieses Gesetzes erfolgen. Diese Regelungen gelten nicht für Einrichtungen wie die der Österreichischen Bundesbahnen, die unabhängig von den Förderungsmaßnahmen dieses Gesetzes eingerichtet sind. Daher ist es selbstverständlich, daß die Lehrlinge in den Lehrwerkstätten der Österreichischen Bundesbahnen, unabhängig davon, ob sie mit den Österreichischen Bundesbahnen oder mit dieser Stiftung einen Vertrag haben, natürlich dieselbe kollektivvertragsmäßige Lehrlingsentschädigung bekommen. Das ist eindeutig.

Frau Bundesministerin! Ich darf Sie hier bitten, das auch dem Wirtschaftsministerium mitzuteilen. Es entspricht nicht diesem Gesetz – und keinem Gesetz! –, daß hier eine Teilung erfolgen soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines wäre natürlich meiner Meinung nach die Idealsituation – die ich auch in meinen früheren Verhandlungen als Personalvertreter durchgesetzt habe; da deckt sich meine Ansicht übrigens ausnahmsweise mit jener des Kollegen Kukacka (Abg. Mag. Kukacka: Das ist gut!) –: Natürlich wäre es am einfachsten, wenn die Österreichischen Bundesbahnen alle diese Lehrlinge nicht über eine Stiftung, sondern zur Gänze direkt als Lehrlinge der Österreichischen Bundesbahnen übernähmen. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Mag. Kukacka und Mag. Mühlbachler.)

Ich bin auch der Meinung, daß der Bund als Eigentümer von so großen Unternehmungen diese Arbeit, nämlich Druck auszuüben, daß wirklich alljährlich Lehrlinge aufgenommen werden, nicht nur den Gewerkschaften überlassen sollte. Hier sollte der Bund als Eigentümer – es hat auch schon in anderen Bereichen Eigentümerweisungen gegeben – doch mit einer entsprechenden Einflußnahme auf das Unternehmen dazu beitragen, daß zumindest in den nächsten zehn Jahren bei den Österreichischen Bundesbahnen von den hochwertigen Lehrplätzen kein einziger verlorengeht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.36

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Eine Änderung des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes ist sicherlich notwendig, weil es zu Problemen bei der Gewährung von Lehrlingsfreifahrten gekommen ist. Nun sollen die Maßnahmen, die durch das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes gewährt werden, nicht nur auf Teilnehmer an Lehrgängen, auf Teilnehmer an Lehrlingsstiftungen und auf Schulabgänger der Jahre 1998/99 beschränkt bleiben, sondern auch für Schulabgänger des Jahres 1997 gelten. Diese Regelung ist rückwirkend. Anscheinend wurde die Problematik der Gewährung von Lehrlingsfreifahrten nicht rechtzeitig registriert. Das wird jetzt nachgeholt.

Dieses Gesetz ist eine vorübergehende Maßnahme. Diese Änderung ist meines Erachtens auch deswegen sinnvoll, da eben Jugendliche eines vergangenen Lehrganges nicht von diesen Maßnahmen ausgeschlossen werden und diese auch lukrieren können. Ich verweise aber darauf, daß immer wieder und vor allem in letzter Zeit Gesetze verabschiedet werden, bei denen auf Wesentliches vergessen wird, und wir diese dann hinterher novellieren müssen.

Aber nichtsdestotrotz, sehr geehrte Damen und Herren, ist es eine gute Lösung, und vor allem wird jungen Menschen damit geholfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sophie Bauer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.37

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Betreffend die vorliegende Regierungsvorlage, mit der das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird, möchte ich schon positiv festhalten, das nun auch Schulabgänger des Jahres 1997 und davor die Chance auf einen Ausbildungsplatz haben. Die Gründe dafür hat ja schon Frau Kollegin Reitsamer genannt.

Eine weitere Abänderung, die meiner Meinung nach viel wichtiger ist, ist die Ausweitung der Lehrlingsfreifahrt auf Lehrlinge, die an einer Arbeitsstiftung oder an Projekten teilnehmen. Bisher waren diese von einer Freifahrt ausgeschlossen. Leider gibt es auch genug Fälle, in denen es den Eltern kaum möglich ist, ihrem Kind eine Ausbildung zu bieten, weil ihnen die finanziellen Mittel dazu fehlen. Der Grund dafür ist plötzliche Arbeitslosigkeit eines Elternteiles – oder sogar beider Elternteile – sowie ein niedriges Einkommen, sodaß nicht einmal das nötige Geld für die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln vorhanden ist – vom Kauf eines eigenen Fahrzeuges kann schon gar nicht die Rede sein. Wenn man in einer Region wohnt, in der die Arbeitslosenrate sehr hoch ist – besonders im ländlichen Raum –, so ist das für die betroffenen Familien besonders hart.

Meine Damen und Herren! Wir leben zwar in einer Zeit der Konsumgesellschaft, dennoch gibt es viele Familien, die um ihre Existenz kämpfen müssen. Deshalb wird die Ausweitung der Lehrlingsfreifahrt auf Lehrlinge, die an einer Arbeitsstiftung oder an einem Projekt teilnehmen, eine Erleichterung, aber auch eine Gleichstellung bringen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich bin sehr froh darüber, daß diese Regierungsvorlage heute beschlossen wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

20.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Meisinger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.39

Abgeordneter Josef Meisinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Wir behandeln heute unter anderem auch das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz. Wenn Herr Abgeordneter Hums hier zum besten gibt, daß die bestmögliche Ausbildung für unsere Jugend gerade genug ist, dann muß ich schon dazusagen, daß eben die Lehrlingsstiftungen nur die zweitbeste Möglichkeit sind, die Jugendlichen auszubilden (Beifall bei den Freiheitlichen), und daß zuwenig getan wurde, um das Angebot an Lehrstellen effektiver und interessanter für die Jugendlichen zu machen. Die Lehrlingsstiftungen können nur so lange als vorübergehende Ergänzung zur Lehre angesehen werden, bis sich das Interesse an und die Verfügbarkeit von Lehrplätzen wieder normalisiert haben.

Die Lehrlingsstiftungen sollen den Lehrlingen im Sinne des ASVG und des Familienlastenausgleichsgesetzes angepaßt werden. Das halten wir für gut. Vorerst waren nur die Jahre 1998 und 1999 vorgesehen. Da die Nachfrage nicht so groß ist, können auch Rückgriffe auf Schulabgänger gemacht werden, die ihre Schulausbildung früher abgeschlossen haben.

Eines der wesentlichen Anliegen ist auch, daß das soziale Ansehen des Lehrlings, des späteren Arbeiters oder Angestellten oder überhaupt des (Abg. Koppler: Arbeitnehmers!) Arbeitnehmers gehoben wird, sodaß eben nicht nur die schulische Ausbildung in den Vordergrund gestellt wird. (Abg. Dr. Stippel: Der Chefsouffleur!) – Auf solche Chefs möchte ich nicht zurückgreifen, denn es gibt Besseres auf dem Markt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Um die Lehre attraktiver zu machen, fordern wir Freiheitlichen die finanzielle Entlastung der Ausbildungsbetriebe und die Besserstellung gegenüber anderen Betrieben, die keine Lehrlinge ausbilden. Ausbildungsbetriebe sollen auch bei öffentlichen Aufträgen bevorzugt werden. Die Abschnittslehre samt Stufenmodell sollte eingeführt werden, um ein breiteres Angebot für junge Menschen zu ermöglichen. Auch das Rotationsprinzip zwischen mehreren Ausbildungsbetrieben wäre ein Modell, Jugendlichen vermehrt zu einer Lehre zu verhelfen. Bewährte Ausbildungsbetriebe – und deren haben wir sehr viele – sollten besonders gefördert werden. Auch Lehrlinge, die Überdurchschnittliches leisten, sollten mehr gefördert werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Lehrberuf sollte attraktiver werden, die Lehrbetriebe sollten dazu motiviert werden, den Lehrlingsstatus anzuheben. Neue, zeitgemäße Lehrberufe sollten vermehrt angeboten werden. Hier ist der Apparat der Kammern, der Innungen, des Gewerkschaftsbundes viel zu träge und dem Markt nicht gerecht.

Wenn hier zum besten gegeben wird, daß es heuer um ein Drittel weniger Lehrstellensuchende gibt als im Vorjahr, dann muß ich die Sonderstellung in Oberösterreich herausgreifen, wo sich laut Aussage des Arbeitsmarktservices die Lehrstellensituation nicht entschärft, sondern verschärft hat. Auf einen Lehrplatz kommen 4,2 Lehrstellensuchende, während im vergangenen Jahr nur 3,5 Lehrstellensuchende auf einen Lehrplatz kamen.

Es ist so, daß es der Gesellschaft, aber ganz besonders der Regierung und der Wirtschaft ein Anliegen sein muß, den Lehrlingen entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten zu bieten, wenn man die Facharbeit in Österreich zu weiteren Höhen führen will. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

20.44

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine kurze Bemerkung zur Frage Lehrlingsfreifahrt: Bei Beschlußfassung des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes war nie in Frage gestellt, daß die Teilnehmer und Teilnehmerinnen, die in diesem Gesetz erfaßt werden, nicht von der Lehrlingsfreifahrt erfaßt werden sollen. Es hat sich aber in der Praxis herausgestellt, daß in der Umsetzung Rechtsunsicherheit gegeben ist. Daher ist es wichtig, absolute Rechtsklarheit zu schaffen, und ich bitte darum, durch diese Beschlußfassung diese Rechtsklarheit für die Betroffenen auch herzustellen.

Ich möchte Herrn Abgeordneten Trinkl danken. Mir geht es wie ihm. Ich bin sehr froh darüber, daß wir heute die Erweiterung des betroffenen Kreises beschließen können, weil sich herausgestellt hat, daß die Angebote, die mit diesem Gesetz eröffnet werden, für die Schulabgänger des Jahres 1998 so umfassend sind, daß tatsächlich alle Schulabgänger dieses Jahres eine entsprechende Möglichkeit zur Beschäftigung in einer Lehrlingsstiftung oder in einem Lehrgang gefunden haben und damit die Chance besteht, auch eine Erweiterung auf andere Jahrgänge durchzuführen. Ich glaube, das ist ein großer Erfolg für unsere Bemühungen, alles für unsere Jugend zu tun, damit sie ein gute Berufs- und somit auch Lebenschance hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geschätzte Frau Abgeordnete Schaffenrath! Erlauben Sie mir mit aller gebotenen Höflichkeit – auch wenn sie jetzt nicht im Saal ist – folgendes zu sagen: Es wurde behauptet, alle Möglichkeiten für Verbesserungen seien an uns vorbeigegangen, es wäre überhaupt nichts geschehen. Ich danke dem Hohen Haus, daß sehr vieles im Bereich der Jugend bezüglich des Berufsausbildungsgesetzes und bei verschiedenen neuen Lehrberufen geschehen ist. Wir haben modernisiert, wir haben ergänzt, wir haben neue Chancen eröffnet.

Und da Frau Abgeordnete Schaffenrath kritisiert und gemeint hat, wir hätten die eine oder andere Jugendschutzbestimmung nicht aufgehoben, möchte ich ihr sagen, daß ich der Meinung bin, daß wir recht gehandelt haben, denn gerade Jugendliche bedürfen eines besonderen Schutzes. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzenberger.)

20.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt auch kein Schlußwort der Berichterstatter.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt erfolgt.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1546 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1548 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt stimmeneinhellig. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf in dritter Lesung die Zustimmung geben wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt gleichfalls stimmeneinhellig. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Da wir vermutlich in relativ kurzer Zeit eine weitere Abstimmung haben werden, erlaube ich mir, auf diese hinzuweisen.

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1519 der Beilagen): Bundesgesetz über die Aufnahme in ein Dienstverhältnis bei den Europäischen Gemeinschaften und das Ausscheiden aus einem solchen Dienstverhältnis (EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz) und betreffend eine Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985 und des Pensionsgesetzes 1965 (1547 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten daher in die Debatte ein.

Erstredner ist Herr Abgeordneter Gaugg. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.49

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Das EU-Beamten-Sozialversicherungsgesetz ist die Nachvollziehung des EU-Rechtes, weil Vertragsverletzungsverfahren gedroht haben.

Zum Inhalt ist zu sagen, daß das Umlageverfahren für sich durch die Internationalisierung nicht mehr zeitgemäß ist und daß das Gesetz ein deutliches Signal für das Drei-Säulen-Modell ist.

Wir werden diesem Gesetzentwurf unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.49

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Eigentlich wollte ich mich nicht beschränken, aber wenn Sie es sagen, werde ich mich kurz fassen.

Natürlich vollziehen wir EU-Recht nach, beziehungsweise sehen wir jene Schwierigkeiten, die es in puncto Anrechenbarkeit von Versicherungsjahren für die Pensionierung gibt. Das Problem ist, daß nicht der versicherungsmathematische Gegenwert, sondern der Rückkaufswert mit 3,5 Prozent verzinst ist. Dies ist die Grundlage dafür, daß diese Übung, die man da unternimmt, eigentlich sehr teuer ist. Hätten wir in Österreich das andere System, nämlich jenes des versicherungsmathematischen Gegenwertes als Rechnungsmöglichkeit, würden wir sehr viel günstiger aussteigen.

Aus dem bestehenden System ergibt sich ein wachsendes Problem. Jene Leute, die Mobilität ernst nehmen und ein paar Jahr in dem einem EU-Land, dann einige Jahre in einem anderen EU-Land und so weiter verbringen, aber nirgendwo genug Jahre zusammenbekommen, um überhaupt ein Anrecht auf eine Pension zu erwerben, werden Probleme bekommen. Im Grunde genommen sind sie aber die ganze Zeit erwerbstätig.

Das sind spannende Themen, die einerseits auf sozialer Ebene auszuverhandeln sind, bei denen wir uns aber andererseits auch im klaren sein müssen, daß wir das ganze System umstellen müssen, damit es nicht so teuer ist, wie es im Moment ist.

Frau Bundesministerin! Ich bedauere nur – jetzt ist sie gerade beschäftigt, aber das macht nichts (Bundesministern Hostasch spricht mit einem ihrer Mitarbeiter), vielleicht kann man ihr das ausrichten –, daß sogar der Verfassungsdienst um Neuformulierungen gebeten hat, weil dieses Gesetz so mißverständlich formuliert und dermaßen unklar ist, daß man wahrscheinlich sehr bald eine Novellierung, und zwar eine Novellierung ins Deutsche brauchen wird. Es gibt ja eine Kollegin in der ÖVP, die das immer überwacht. Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie man Gesetze formuliert, sodaß sie keiner versteht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

20.52

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werte Damen und Herren! Man kann an einem Sitzungstag (Abg. Mag. Peter: Öllinger, die sechste! Die siebente!) – danke, Herr Kollege Peter – wahrscheinlich zwei Fehler machen. Erstens: Man preßt so viele Tagesordnungspunkte wie heute in einen Sitzungstag hinein, sodaß für die Debatte, auch wenn dieser Tagesordnungspunkt nicht der wichtigste ist, eigentlich keine Zeit ist und sich das Ganze wie im Hamsterrad abspielt.

Der zweite mögliche Fehler ist auch hinsichtlich dieses Gesetzentwurfes zu bemerken. Man preßt so viel in einen Paragraphen hinein, sodaß er kaum verständlich ist. Beide Fehler, Frau Bundesministerin, werte Kolleginnen und Kollegen, wären vermeidbar.

Ich bitte trotz der fortgeschrittenen Stunde um eine Nachdenkminute, eine besinnliche Minute. Die Anregung an die Kollegin von der ÖVP ist schon ergangen: Kampf der Gesetzesflut, vor allem Kampf der unleserlichen Gesetzesflut. – Dieser Gesetzentwurf wäre ein gutes Beispiel dafür. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

20.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort der Frau Berichterstatterin.

Wir kommen daher zur Abstimmung, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1519 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieses erfolgt einhellig. Der Entwurf ist damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt einhellig. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 845/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1549 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 967/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (1550 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 10 und 11 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Eine mündlich Berichterstattung findet nicht statt.

Wir treten in die Debatte ein.

Erstrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.54

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Frau Minister! Meine Damen und Herren! Das heute zu behandelnde Thema, der festsitzende Zahnersatz, ist von der Thematik her an sich ein winziges politisches Thema. Wie wir alle wissen, hat es jedoch hohe emotionelle Wellen geschlagen. Es ist ein politisch brisantes Thema, weil ein Paradebeispiel dafür, wie großkoalitionäre Politik nicht gemacht werden sollte.

Jetzt frage ich Sie: Wie läßt man von seiten der Regierungsparteien zwischen zwei Verhandlungspartnern Verhandlungen zu, damit diese mit Sicherheit platzen? – Na ganz einfach: Man sagt dem einem Verhandlungspartner von Anfang an, er bekommt ohnehin das, was er am Schluß haben möchte, wenn die Verhandlungen in die Binsen gehen. – Genau so war es auch. (Abg. Koppler: Das ist der letzte Teil der Geschichte!) Genau aus diesem Grund hatte dieser Verhandlungspartner auch nicht die geringste Motivation, die Verhandlungen anders zu führen, als sie platzen zu lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Manchmal denke ich mir wirklich, daß Sie nicht nur den Bürger, sondern auch uns in dieser Hinsicht für dumm verkaufen.

Zweites Beispiel: Wie schafft man es, sich in einem gemeinsamen koalitionären Entschließungsantrag von seinen politischen Grundsätzen eindeutig zu verabschieden? – Ich sage es Ihnen: In diesem K & K.-, Khol-Kostelka-Entschließungsantrag ist der eindeutige Abschied beider Parteien von der sozialen Gerechtigkeit zu sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Erstmals setzen die Sozialdemokraten in der von ihnen dominierten Sozialversicherung ganz eindeutig die Ungleichbehandlung ihrer Versicherten fest. Oder ist es etwa keine Ungleichbehandlung, wenn nur fünf bis 10 Prozent der Bevölkerung in den Genuß des festsitzenden Zahnersatzes in der billigeren Variante, nämlich in den Zahnambulatorien, kommen? Oder: Ist es etwa keine Ungleichbehandlung, wenn innerhalb dieser 5 bis 10 Prozent nur Stammkunden sein dürfen – gesetzlich festgeschrieben! –, nur Personen mit bestimmter medizinischer Indikation, nur Patienten mit geringen Einkommens- und Vermögensverhältnissen? Bitte, meine Damen und Herren, wie definieren Sie den Begriff "Stammkunden"? Wie überprüfen Sie niedrige Einkommens- und Vermögensverhältnisse? Müssen die Leute mit einem Einkommensbescheid kommen? (Abg. Koppler: Preisregulierung! Das ist doch ein wesentlicher Faktor!) Müssen sie ihr Vermögen vorweisen – das hat nichts mit Preisregulierung zu tun –, damit sie überhaupt dort angeschaut werden dürfen? Wie kommt die Restbevölkerung – und das sind 94 Prozent der Sozialversicherten und Beitragszahlenden – dazu, meine Damen und Herren der Sozialdemokratie, derart ungleich behandelt zu werden? (Abg. Reitsamer: Fragen Sie die Ärztekammer!) – Sie machen das Gesetz! Nicht die Ärztekammer!

Dann kommt noch etwas hinzu. Es gibt ein internes Schreiben der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, in welchem diese ihren Mitarbeitern folgende Anweisung gibt. Ich zitiere: "Konzentrieren heißt nicht, andere Patienten von unseren neuen Leistungen auszuschließen und sie damit komplett zu verlieren. Wir haben nie einen Einkommensnachweis verlangt und werden dies auch nicht tun." – Zitatende.

Was heißt das? – Natürlich behandelt sie alle Patienten! Das heißt, bevor dieser Antrag noch Gesetz wird, ruft die Institution, für die dieses Gesetz gemacht wird, ihre Mitarbeiter bereits ganz eindeutig zum Gesetzesbruch auf. – Na, das ist ein tolles Gesetz, meine Damen und Herren, das Sie da gemacht haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Koppler.)

In diesem Gesetz zeigt die Koalition unter sozialdemokratischer Leitung wirklich ihr wahres Gesicht. Eine ausgewogene medizinische Behandlung für die Bevölkerung? – Überhaupt nicht! (Abg. Dr. Graf – in Richtung der SPÖ –: Das ist wirklich ein Blödsinn! Ein absoluter Stuß! Unbrauchbar! Ungerecht!) Es geht lediglich um eines: Es geht lediglich – und das stand natürlich schon vor den Vertragsverhandlungen fest – um die Ausdehnung des Machtbereichs der Sozialversicherung. (Abg. Dr. Graf: So ist es!) Was mich dabei sehr enttäuscht: Die ÖVP mit ihrer forschen Ärztelobby, wie wir sie kennen, stimmt diesem Antrag selbstverständlich zu. (Abg. Böhacker: Wieder mal umgefallen!)

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen wollen endlich klare Linien in diesem Gesundheitssystem. Wir wollen endlich – das ist mir wirklich ganz wichtig, das habe ich schon im Ausschuß argumentiert – eine ehrliche Leistungsdefinition über das Maß des Notwendigen, das die Sozialversicherung zu zahlen hat. Wir wollen eine solidarisch, sozial ausgewogene medizinische Versorgung der Bürger, wobei es aber auch jedem Bürger selbst vorbehalten ist, mitzuentscheiden, was ihm seine Gesundheit wert ist. Und wir wollen faire Wettbewerbsbedingungen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden einen Entschließungsantrag einbringen, der folgendes beinhaltet: Schaffung von rechtlich identischen Rahmenbedingungen für Zahnambulatorien und Vertragsärzte, eine wirtschaftliche Trennung der Ambulatorien von den Krankenversicherungsträgern, eine Gleichstellung beim Werbeverbot zwischen niedergelassenen Ärzten und Ambulatorien, ein kostendeckendes Arbeiten der Ambulatorien nach Ausgliederung zumindest in den ersten drei Jahren, eine kostenlose präventive Beratung der Patienten in den Ambulatorien. Und schließlich – und das ist ganz wichtig im Sinne der sozialen Gerechtigkeit – fordern wir einen Kostenzuschuß für alle Patienten und nicht nur für 5 bis 10 Prozent der Bevölkerung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn – und das ist der Punkt – wenn die Sozialversicherung in eigenen Ambulatorien Zahnersatz anbietet, dann muß sie das zu identischen Bedingungen tun wie ihre Vertragsärzte, dann ist das eine Pflichtleistung. Dann muß sie das für alle Beitragszahler entsprechend finanzieren und nicht für 5 bis 10 Prozent. Mit diesem Antrag, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, verabschieden Sie sich von Ihren Grundsätzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Reitsamer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.01

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Povysil hat es sich natürlich sehr leichtgemacht: Wenn es eine Geschichte zu erzählen gibt – und ich konzentriere mich nur auf die letzte Seite –, dann wird eben die notwendige Information hier fehlen.

Die Vorgeschichte war, daß gemäß einem Punkt der 55. ASVG-Novelle Zahnambulatorien künftig einen festsitzenden Zahnersatz erbringen dürfen, und zwar um 5 500 S. Denn eine Kalkulation hat ergeben, daß das sehr wohl möglich ist.

Was stand dahinter? – Ich weiß aus eigener, sehr leidvoller Erfahrung, meine Damen und Herren, daß Kronen in der Vergangenheit in den Arztpraxen viel zu teuer waren. Ich kann Ihnen sagen: Ich bin keine Ambulatoriumspatientin, und ich werde es auch nicht werden. – Hauptverband einerseits und Ärztekammer andererseits haben sich also – das war natürlich die Voraussetzung – zusammengesetzt. Es ging darum, ein Ambulatoriumsübereinkommen und eine Richttarifvereinbarung zu treffen. Die Ärztekammer beziehungsweise die Vertreter der Zahnärzte haben zugegeben, daß die Kronen viel zu teuer waren. Denn etwas ging sehr schnell: Hatte man bisher im Schnitt über 8 000 S verlangt, war plötzlich ein Richttarif von 6 200 S plus/minus 10 Prozent möglich.

Der Hauptverband hat das natürlich begrüßt und hat sich zu einer Reihe von Maßnahmen verpflichtet, vor allem, weil immer gesagt wird, daß eine Quersubventionierung stattfindet, zu einer völligen Transparenz bei den Kosten. Von der Ärztekammer wurde verlangt, daß es fünf Jahre keine Ausweitung der Behandlungsstühle geben soll, denn wenn man keine zusätzlichen Behandlungsstühle hat, kann man auch nicht mehr Patienten behandeln.

Zur Konzentration auf bisherige Ambulatoriumspatienten: Sie reden doch so viel von der freien Arztwahl. Wenn ich einen Zahnarzt habe, dann möchte ich bei ihm bleiben! Warum soll ich wegen eines festsitzenden Zahnersatzes meinen Zahnarzt wechseln müssen, zu dem ich vielleicht ein gewisses Vertrauensverhältnis aufgebaut habe? (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Dann ging es um den Qualitätsaspekt bei der Bezuschussung von ausländischen Leistungen. Weiters wurden von der Ärztekammer 30 zusätzliche Vertragszahnarztstellen gefordert, und der Hauptverband hat einer Aufstockung um 35 Millionen Schilling zugestimmt; das sind immerhin plus 10 Prozent für Wurzelbehandlungen, und das ist nicht wenig.

Im Juli hat man sich dann der Ausrede bedient, weil bei den Brückengliedern und den Stiften nichts weitergegangen ist, daß man noch die Zustimmung der Länderärztekammern einholen müßte und einfach zuwenig Zeit für einen solchen Gesamtvertrag sei. Nicht mehr und nicht weniger ist gesagt worden! (Abg. Dr. Graf: All das ist kein Grund, daß man nicht doch ein Gesetz macht, das gerecht ist!) Heute weiß ich, daß man eigentlich die 55. ASVG-Novelle zu Fall bringen wollte, und zwar mit dem Ziel, den festsitzenden Zahnersatz auf lange Zeit, wenn nicht für immer, in der Versenkung verschwinden zu lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber gebrannte Kinder fürchten bekanntlich das Feuer. Deshalb habe ich so sehr auf das Parteienübereinkommen und darauf gepocht, daß der Antrag noch vor der Sommerpause eingebracht wird. Und siehe da: Viereinhalb Monate mehr Zeit und kein Gesamtvertrag! Also war mein Mißtrauen berechtigt, meine Damen und Herren!

Der Hauptverband ist keinen Millimeter hinter das zurückgegangen, was er angeboten hat und was schriftlich vorliegt, wenn ihm das auch in Presseaussendungen vorgeworfen wird.

Gescheitert ist das Ganze letztlich an den überhöhten Forderungen. Denn die Ärztekammer wollte plötzlich 500 Millionen Schilling mehr für den festsitzenden Zahnersatz. Rechnen Sie das bitte auf 2 500 Zahnärzte um, und vergleichen Sie das einmal mit den 600 Millionen Schilling, die man zusätzlich für 1,9 Millionen Pensionisten aufwenden wird!

Meine Damen und Herren! Es gibt, auch wenn wir heute diesen Antrag beschließen, kein Hindernis, weiterhin an einem Gesamtvertrag zu arbeiten. Jedenfalls haben wir aber sichergestellt, daß die Ambulatorien, bis ein solcher Gesamtvertrag kommt, den festsitzenden Zahnersatz ab 1. Jänner 1999 erbringen dürfen. Ich bin trotzdem zuversichtlich, daß der Gesamtvertrag kommt, aber natürlich erst nach den Ärztekammerwahlen! (Beifall bei der SPÖ.)

21.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Wollen Sie die Redezeit eingestellt haben? – Bitte.

21.05

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist jetzt schon einiges gesagt worden, was sehr erhellend war.

Kollegin Reitsamer hat sich auf bestimmte Aspekte konzentriert, die zwar sicherlich diskussionswürdig sind, sie hat aber das zentrale Problem völlig außer acht gelassen, nämlich daß jetzt von Ihnen etwas beschlossen wird, was einen Abschied vom Anspruch der Patienten auf Pflichtleistungen, die medizinischer Indikationen zufolge erbracht werden, bedeutet. Und das heißt: Die Sozialversicherung gibt sich selbst auf!

Wir müssen das ganz nüchtern sagen: Wenn es aus medizinischen Gründen notwendig, sinnvoll und wertvoll ist, so verstehe ich die heutige Debatte, feste Zahnersätze zu machen, dann besteht ein Anspruch der Patienten, daß ihnen dafür von ihrem Sozialversicherungsträger wenigstens irgend etwas, wenn schon nicht alles, bezahlt wird. So ist das! Oder es ist medizinisch nicht notwendig! – Das ist die Philosophie der Sozialversicherungsträger.

Wenn Sie jetzt aber dieses System durchbrechen, dann geben Sie Ihren eigenen Anspruch auf, tatsächlich ohne Ansehen des Einkommens allen Menschen die gleiche medizinische Versorgung zu gewährleisten. Und daß Sie sich um diese Tatsache herumdrücken, das finde ich überhaupt nicht elegant!

Es gibt natürlich ein Argument, warum Sie so vorgehen. Das Argument war: Es ist zu teuer. – Dieses Argument zu verstehen bin gerade ich als liberaler Politiker sehr wohl in der Lage. Das ganz allgemeine Argument, daß etwas zu teuer ist, hört sich allerdings aus Ihrem Mund merkwürdig an, wenn Sie gleichzeitig dafür sorgen, daß die zu teure Leistung anderswo in geschützten Bereichen durchaus erbracht werden kann, allerdings nur für eine Sonderklientel oder für Sonderpatienten, nämlich für die, die in dieser Debatte schon mit dem giftigen Wort "Stammkunden" bezeichnet worden sind. (Abg. Dr. Pumberger: Stammgäste!) Und wenn der Patient zum "Stammkunden" wird und nicht als "Stammpatient" gilt, dann gefällt mir das auch nicht, weil das ein falscher Zugang zum Arzt-Patienten-Verhältnis ist! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn Kollegin Reitsamer gemeint hat, daß es durchaus dem Prinzip der freien Arztwahl entspricht, wenn man bei dem Arzt, der im Ambulatorium behandelt, bleiben kann, auch dann, wenn man sich einen festen Zahnersatz machen läßt – das ist offenbar eine Ableitung aus der freien Arztwahl als Begründung, daß die Ambulatorien das erbringen dürfen –, dann kann ich nicht einmal lachen! Denn "freie Arztwahl" bedeutet, daß ich jederzeit freie Arztwahl habe und den Arzt wechseln kann, wenn ich will. Sie argumentieren jedoch mit dem ständigen Verbleiben bei einem Zahnarzt und bezeichnen das als "freie Arztwahl"!

Letzteres Argument hat auch etwas für sich; ich bin auch seit Jahren bei demselben Zahnarzt. Aber ich weiß, daß ich ihn jederzeit wechseln könnte und daß ich unter Mitnahme der Leistungen meines Sozialversicherungsträgers bei jedem anderen Zahnarzt dieselben Leistungen bekomme, weil ich nicht geneigt und bereit bin, einen Zahnarzt zu beschäftigen, der von mir mehr verlangt, als die Krankenkasse ihm ersetzt. So einfach ist das! Das ist meine Disposition! Und wenn ich die Disposition treffen würde, zu einem Zahnarzt zu gehen, der, nämlich auch privat, mehr verlangt, dann ist das auch meine Disposition. Dann bin ich aber wahrscheinlich kein Sozialfall. Aber die Sozialversicherung sollte allen Leuten, die darauf angewiesen sind, daß es funktioniert, die gleiche Leistung erbringen. Und das durchbrechen Sie jetzt!

Ich meine, Sie sollten sich wirklich überlegen, ob das Argument "zu teuer" ein Argument dafür ist, es überhaupt nicht zu tun. Wenn Sie sagen: Es ist zu teuer, daher können wir es jetzt nicht machen, wir müssen uns noch etwas einfallen lassen, wir müssen intelligenter verhandeln, wir müssen mit den Zahnärzten reden, ob nicht noch andere Wege offen sind im Sinne der Teilübernahme von Kosten, weil wir uns das tatsächlich nicht leisten können, dann könnte ich noch sagen: Gut, das ist vernünftig, das macht Sinn. Sie bringen jedoch das Argument "zu teuer", um Nischen zu bilden, in denen dann andere Privilegien vorfinden. Denn Sie wissen schon, daß die Damen und Herren des Hauptverbandes selbst von sich sagen: Wenn wir nicht in die Ambulatorien gingen, dann meinen unsere Versicherten vielleicht, daß wir nur ihnen zumuten, hinzugehen. – Und diejenigen, die im Hauptverband arbeiten, sind, wie wir wissen, keineswegs die Ärmsten der Armen!

Das heißt: Die soziale Indikation ist hier nicht wirklich gegeben. Daher werden Sie das Argument "zu teuer" noch bereuen. Sie haben zwar recht, aber die Art und Weise, wie Sie dieses Argument eingesetzt haben, hat Sie entlarvt. Und es ist bezeichnend, was die Sozialversicherungsträger alles sonst nicht zahlen: Wenn Sie zum Beispiel jemals in einem Hospiz waren, dann werden Sie wissen, daß aus der Philosophie der Sozialversicherungsträger in den Hospizen nicht der Tagsatz bezahlt wird, der dort notwendig ist, obwohl das nur ein Bruchteil von dem wäre, was in einer anderen stationären Einrichtung gezahlt wird, etwa in einer Intensivstation, wo Menschen auch zu Tode gebracht werden, wenn ich das einmal so zynisch sagen darf. In der Intensivstation wird gezahlt, weil es dort medizinisch indiziert ist, im Hospiz, wo Palliativmedizin betrieben wird, zahlen sie hingegen nicht wirklich: aus Kostengründen oder aus welchen anderen Gründen? – Wenn das Kostenargument ein Argument ist, dann ist das deswegen sehr gefährlich, denn dann könnte man auch sagen: Diese Operation ist ein bißchen zu teuer, das ist ein Sozialversicherter, wir können diese leider nicht vornehmen. Denn wenn das einreißt, daß sich alle operieren lassen, dann wird das zu teuer.

Das Argument "zu teuer" war ganz, ganz schlecht, das wollte ich Ihnen von diesem Pult aus mit aller Deutlichkeit sagen. Denn Sie wissen wohl, daß es auch Zahnärzte gibt, die auf dem freien Markt – wie Sie das nennen, im Ausschuß war das Wort "Markt" in diesem Zusammenhang gestern unheimlich oft zu hören – diese Leistung auch um 4 500 S erbringen. Das werden Sie wohl wissen! Die Ambulatorien werden dafür 5 500 S verlangen, werden sich weiterhin als gemeinnützige Einrichtungen definieren und werden weiterhin sämtliche Steuervorteile, die man hat, wenn man eine gemeinnützige Einrichtung ist, für sich lukrieren. Sie werden sagen: Wir zahlen eh Steuern, denn unsere Mitarbeiter, die bei uns angestellt sind, zahlen Lohnsteuer. Dazu sage ich: No na! Auch die Gehilfinnen des Zahnarztes, die ein Gehalt bekommen, zahlen Lohnsteuer. Der freie niedergelassene Arzt zahlt darüber hinaus auch noch weitere Steuern, das Ambulatorium hingegen nicht. Dieser Unterschied ist unfair, auch das sollten Sie bedenken! So geht man nicht mit Vertragspartnern um! (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr.)

Ich bin kein Zahnarzt, und ich rede auch nicht für die Zahnärzte. Ich bin ein Patient, der das Gefühl hat, daß auf seinem Rücken eine falsche Interessenpolitik betrieben wird, und ich meine, das sollten Sie ändern! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

21.11

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mich interessiert die Sozialpolitik und nicht, wie Sie, Herr Kollege Pumberger, nur das Geld! Mir geht es um die Leute und nicht, wie Ihnen, nur um Eigeninteressen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger.) Das zum ersten.

Zum zweiten: Ich kann mir vorstellen, daß Sie heute große Probleme haben, weil Sie nicht begreifen wollen, daß es eine sozialpolitische Verbesserung gibt. Denn damit tun Sie sich wahnsinnig schwer! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl.)

Es ist monatelang verhandelt worden, und das Gesetz ist weder gegen die Zahnärzte noch gegen die Ärztekammer, noch gegen sonst jemanden. Dieses Gesetz bietet die Möglichkeit, daß die Menschen, die Bürger, die bis heute in den Ambulatorien korrekt behandelt wurden, jetzt auch einen festsitzenden Zahnersatz in den Ambulatorien bekommen. Wir haben dazu noch eine soziale Schutzklausel eingebaut, damit nichts überborden kann.

Insgesamt gesehen ist das eine gute Sache, und ich glaube, es geziemt sich, daß wir all denen, die sich darum bemüht haben, der Frau Minister, dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Vizekanzler, unseren Respekt zollen! Sie haben sich um die Menschen bemüht und nicht, so wie Sie, meine Damen und Herren der Freiheitlichen, um ihre eigenen Interessen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Eine weitere Überlegung nenne ich Ihnen doch auch: Ist Ihnen die Anfertigung von festsitzenden Zahnersätzen in den Zahnambulatorien peinlicher als der Zahntourismus? Ist es Ihnen lieber, daß die Leute zu Tausenden in die Nachbarländer fahren und das Geld hinaustragen? Herr Kollege Kier! Da kommt auch keine Steuer herein! – Sehen Sie! (Abg. Dr. Graf: Wird sich das jetzt ändern?)

Wir wollen die Dinge in diesem Land korrekt ordnen, und das ist mit diesem Gesetz gelungen. Wir werden dem Gesetz zustimmen, denn wir betrachten es als einen Fortschritt, und werden unsere Tätigkeiten in diese Richtung auch fortsetzen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

21.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

21.14

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Herr Kollege Donabauer, es ist wirklich sehr wichtig, daß man einen festsitzenden Zahnersatz hat, und zwar insbesondere als Politiker, denn sonst läuft man Gefahr, daß während einer solch fulminanten Rede wie deiner die Zähne herausfallen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Denn auch Frau Kollegin Reitsamer geht nicht ins Zahnambulatorium (Zwischenruf des Abg. Koppler) – sie nicht, und Herr Kollege Koppler auch nicht! (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr.) Was ist mit dem Kollegen Dietachmayr? – Sie gehen auch nicht ins Ambulatorium, denn Sie wissen ganz genau, daß Krone nicht Krone ist. Denn in den Ambulatorien werden Patienten zweiter Klasse Kronen minderer Qualität von minder ausgebildeten Ärzten verpaßt! Und daher sind Sie nicht dort! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen ganz klar: Von den etwa 280 Zahnbehandlern in den Ambulatorien haben zirka 50 Prozent eine Ausbildung, die nicht jener Ausbildung adäquat ist, die unsere Fachärzte für Zahnmedizin haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Daher dürfen diese Zahnbehandler nur unter Anleitung eines österreichischen ausgebildeten Facharztes für Zahnmedizin arbeiten. Daher gehen Sie nicht gerne hin, Herr Kollege Donabauer! Aber ich sage Ihnen: Was Sie für sich wollen, das müssen Sie auch Ihren Patienten zubilligen! Sie sind Hauptverantwortlicher einer sehr großen Sozialversicherungsanstalt. Tragen Sie daher dazu bei, daß die Zahnkrone kein Luxus mehr ist, sondern daß sie zur Standardausrüstung der gesundheitlichen Versorgung der Zähne Ihrer Patienten gehört, die bei Ihnen zwangsversichert sind, und daß diese Zahnkrone endlich zur Pflichtleistung der Krankenkasse wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich zeige Ihnen jetzt etwas (der Redner hat das Modell eines menschlichen Gebisses auf dem Rednerpult aufgebaut): Vorne links fehlt ein Schneidezahn. Diesen kann man sich durch einen abnehmbaren Zahnersatz, durch eine Klammerzahnkrone, ersetzen lassen. Dafür zahlt die Kasse 3 000 S, die oberösterreichische sogar 4 500 S. Wenn sich der Patient jedoch entscheidet, einen festsitzenden Zahnersatz anbringen zu lassen, dann drückt sich die Kasse und zahlt keinen Groschen mehr. Dann muß der Patient alles selbst zahlen. Wenn die Kasse wenigstens den Mindestzuschuß von 3 000 S, den sie für die Klammerzahnkrone zahlt, berappen würde, dann wären wir ja schon zufrieden! Das wäre eine Pflichtleistung der Krankenkasse!

Herr Kollege Koppler! Sie sind auch ein alter Kassenfunktionär mit fetten Gehältern! (Abg. Koppler: Das "alter" können Sie sich sparen!) Wo ist Abgeordneter Schwimmer? – Er ist gar nicht mehr da! Wahrscheinlich ist er beim Zahnarzt erster Klasse! Kollege Donabauer, Kollege Dietachmayr und wie Sie alle heißen! Gehen Sie zu Ihrem Zahnarzt, lassen Sie sich auch von Ihrer Kasse den Zuschuß zahlen, wie Sie diesen auch Ihren Patienten gönnen sollen! Denn das ist eine Pflichtleistung! Die 3 000 S, die jetzt für die Klammerzahnkrone bezahlt werden, sollen als Zuschuß an Ihre Patienten gezahlt werden, damit diese nicht im Rahmen einer beginnenden Zwei-Klassen-Medizin als Patienten zweiter Klasse in die Ambulatorien gehen müssen, wo ein Teil der Zahnärzte minder ausgebildet ist und unsere Patienten mangelhaft versorgt werden! Die niedergelassene Medizin hat Priorität! – Das sagt auch die Gebietskrankenkasse von Vorarlberg! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

21.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, daß die innenpolitische Debatte nun schon seit fast einem Jahr um den festsitzenden Zahnersatz kreist, ist die heutige Debatte schon in ihren Argumentationsgrundlagen eher sehr bescheiden.

Meines   Erachtens   übersehen   beide   Seiten   Wesentliches.   (Zwischenruf    des   Abg.  Dipl.-Ing. Schöggl.) – Nein, es wird nicht anspruchsvoll, sondern eher kurz!

Die Seite der Sozialversicherungsträger übersieht nach wie vor, daß der festsitzende Zahnersatz eigentlich nicht ihre Lösung ist, sondern die Perspektive der Kassen nach wie vor in der Prothetik liegt. Und das ist ein nennenswertes Problem. In diesem Punkt hat Kollege Pumberger nicht so völlig unrecht: Wenn prothetische Leistungen durch die Kassen begünstigt werden und der festsitzende Zahnersatz eindeutig benachteiligt wird, dann hat das klarerweise Lenkungswirkung, obwohl der festsitzende Zahnersatz vom gesundheitlichen Standpunkt die bessere Lösung wäre.

Andererseits – und da bin ich jetzt bei den Zahnärzten – sollte man auch nicht übersehen, daß die Zahnärzte erstens nicht nur zu jenen Berufsgruppen in Österreich gehören, die die höchsten Einkommen erzielen, sondern – das hat auch die Untersuchung eines Steuerberaters in den sechziger oder siebziger Jahren ergeben – auch zu den Berufsgruppen gehören, die das meiste Schwarzgeld machen. Das ist leider auch ein Faktum. Daher sollte in der Debatte über Kosten – und diese wird auch von den Zahnärzten geführt, und zwar meiner Ansicht nach mit den falschen Argumenten – nicht unerwähnt bleiben, daß es hiebei nicht um eine Berufsgruppe geht, die es notwendig hat, so wie Kollegin Reitsamer das geschildert hat, Verbesserungen in Form von Gehaltserhöhungen durch bessere Abgeltungen für andere Leistungen, etwa Wurzelbehandlungen, mit einem Gesamthonorar von 500 Millionen Schilling herauszuschinden. Das ist nicht die richtige Perspektive!

Was ich aber auf beiden Seiten vermisse, ist eine gesundheitspolitische Perspektive, nämlich eine ernsthafte Auseinandersetzung darüber, was man sich leisten kann und will, wenn man sich gleichzeitig dessen bewußt ist, daß es eine bessere Leistung ist, wenn der festsitzende Zahnersatz gefördert wird. Ich nehme an, das ist unbestritten, und wenn das unbestritten ist, dann müßten wir uns in diese Richtung bewegen können und natürlich auch die Frage nach den Kosten stellen, die ja keine einfache ist. Denn so einfach, wie es sich einzelne Ärzte machen, daß sie eine feststehende Leistung, ähnlich wie für prothetische Zahnersätze, verlangen wollen, ist das nicht. Das wäre zu simpel! Wir könnten ja auch aus dem Beispiel der Bundesrepublik und den durchaus negativen Erfahrungen in diesem Bereich etwas lernen!

Es wird oder es würde keine einfache Lösung sein. Aber ich kann bislang nur erkennen, daß man in der innenpolitischen Debatte nicht an gesundheitspolitischen Lösungen interessiert ist, sondern an einem relativ unproduktiven Hickhack, das über ein Jahr gedauert und bewirkt hat, daß man annehmen muß, daß in der Innenpolitik in diesem Zusammenhang außerhalb der Zahnkrone nur wenig Platz findet. In diesem Zusammenhang ist es beschämend, daß es dabei nicht um Gesundheitspolitik und eigentlich auch nicht um Leistungsverbesserung gegangen ist.

Zu den Ambulatorien möchte ich noch etwas sagen: Ich glaube, in diesem Punkt sollten wir uns nichts vormachen, Frau Bundesministerin! Es ist natürlich ein bescheidener Fortschritt, daß die Ambulatorien diese Leistung jetzt zu einem Tarif anbieten können. Aber gerade viele von denen, für die diese Regelung geschaffen worden zu sein vorgibt, werden vor die Alternative gestellt, sich einen inzwischen relativ guten Zahnersatz in einem ausländischen Ambulatorium oder bei einem ausländischen Zahnbehandler machen zu lassen – und zwar um nur die Hälfte der Kosten wie im Ambulatorium –, eben nach wie vor nach Ungarn oder in ein anderes Land zu fahren, weil es erstens billiger ist und zweitens gesundheitspolitisch auch besser vertretbar ist. Das ist ein Problem, das man bei dieser Debatte nicht verschweigen sollte! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

21.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

21.24

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte einige Punkte relativieren, die meiner Meinung nach sehr wichtig sind.

Ich bin Zahnärztin, und ich weiß, wovon ich spreche. Die erste Frage, die ich an Sie richte, ist: Es gibt 16 verschiedene Kronen. Welche meinen Sie? Was wird denn jetzt mit 5 500 S honoriert? Ich habe in meiner Ordination eine ganze Palette: Ich fange weit unter 5 000 S an, biete eine ganze Palette an und habe selbstverständlich auch höhere Tarife als 5 500 S, aber inklusive – was sonst exklusive ist – mehr oder weniger hochwertigen Metalls und Vermessung – die offensichtlich bei manchen Vertretern der Bundesregierung ausgeblieben ist. Inklusive eines Provisoriums, des Gegenbisses und so fort kommt man, wenn man all das addiert, auf ganz andere Preisstrukturen als diejenigen, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich Herrn Karl Schiemer, den Direktor der Vorarlberger Gebietskrankenkasse, zitieren, oder vielleicht sollte ich sagen: Dr. Schiemer, den ehemaligen Direktor der Vorarlberger Gebietskrankenkasse, weil er ja seinen Rücktritt erklärt hat, und zwar aus Frust aufgrund dieser ganzen Diskussion. Er sagte am 1. Dezember 1998 – in den "Salzburger Nachrichten" konnte man das nachlesen –, daß die Vorarlberger Ambulatorien allein aus Ärztemangel nicht in der Lage seien, Kronen herzustellen. Weiters bezweifelt er, daß man um 5 500 S eine Krone herstellen könne.

Das sagt der Direktor der Vorarlberger Gebietskrankenkassa. – Wenn der Herr Direktor in seinem eigenen Bereich eine Kalkulation gemacht hat und draufgekommen ist, daß dieser Preis wahrscheinlich nicht zu halten ist, und auf der anderen Seite sagt, daß ihm Ärzte fehlen, weil im Ambulatorium im Fünf-Minuten-Takt behandelt wird, dann muß ich sagen: Ich habe noch nie eine Krone in 5 Minuten gemacht, nicht einmal in 20 Minuten! Die Minimalzeit pro Krone ist in meiner Ordination mit einer halben Stunde angesetzt, und das ist das absolute Minimum, da muß schon auf Anhieb alles glattgehen.

Ich glaube wirklich, daß wir uns darüber einigen sollten, welcher Zeitaufwand für eine Erstbehandlung anfällt, die die längste und schwierigste und sensibelste Phase der ganzen Behandlung ist, und daß die weiteren Behandlungen mit mindestens 20 Minuten anzusetzen sind.

Mein Kollege Kier hat erzählt, daß die Ambulatorien eine steuerbegünstigte Variante genossen haben und genießen. Was fehlt, um eine Gleichwertigkeit zu erreichen, ist auch, daß Ärzte von Ärzten angestellt werden können. Das ist etwas, was wir seit langem fordern und die Situation verbessern würde: Die Öffnungszeiten könnten verlängert werden, was eine Verbesserung der Situation bringen würde, natürlich um dem Patienten einen Schritt entgegenzukommen. Das fehlt uns, und das würden wir uns wünschen!

Ich erlaube mir, einen Vergleich heranzuziehen, um Ihnen die Situation ein bißchen plastischer darzustellen: Machen Sie einmal die Augen zu und stellen Sie sich vor, die Bundesregierung kauft das Hotel Imperial und sagt: Selbstverständlich, es gibt viele Personen, die sehr gut untergebracht werden wollen. Bieten wir die Zimmer um 400 S an! – Da werden Sie – oh Wunder! – merken, welchen Effekt das auf alle anderen Hotels hat. Für die privat geführten Hotels würde das eine Katastrophe bedeuten.

Und was werden meine Kolleginnen und Kollegen tun, wenn es ihnen finanziell schlechtgeht? – Dann werden sie als erstes Personal freisetzen! Und welches Personal werden sie zuerst freisetzen? – Frauen in Teilzeitbeschäftigung, denn diese trifft es immer als erste. Und ich meine, es ist bedauerlich, daß die Frauen das ausbaden müssen! Das finde ich schäbig!

Kollege Koppler! Sie haben gesagt, es geht um eine Preisregulierung. (Abg. Koppler: Auch!) Dann machen Sie ein Gesetz, in welchem Sie eine Zahnkrone genau definieren und sagen, um welchen Preis diese angeboten werden soll. Dann hätte ich kein Problem! Ich habe kein Problem damit, bedürftige Menschen entsprechend zu behandeln, sodaß sie es sich leisten können.

Ich biete Finanzierungsmodelle an und treffe entsprechende Übereinkommen mit Patienten, die mir sogar auf mehrere Jahre Anzahlungen leisten, damit sie sich eine bessere Versorgung leisten können. Diese bleiben außerhalb des Genusses der Regelung, die Sie jetzt getroffen haben. Diese bedürftigen Patienten muß ich jetzt wegschicken. (Abg. Reitsamer: Wieso müssen Sie sie wegschicken?) Weil sie nicht gleich behandelt werden wie bedürftige Patienten in Ambulatorien. Denn sie werden diese subventionierten Preise nicht bekommen, und das finde ich nicht in Ordnung! (Zwischenruf der Abg. Reitsamer.)

Frau Kollegin Reitsamer! Geben Sie doch mehr Geld für Prophylaxe aus! Das wäre vielleicht ein Ansatz, dann müßten wir alle weniger Kronen machen. Geben Sie doch dort Geld, wo die Bedürftigkeit entsteht, nämlich bei Behinderten, die betteln müssen, daß sie vielleicht ein paar Windeln mehr kriegen, weil sie einmal Durchfall gehabt haben! In einem solchen Fall müssen sie aber sogar zum Chefarzt gehen, um eine Bewilligung zu bekommen. Das sind Dinge, die wirklich in Angriff genommen werden müssen – aber nicht vor einem gewissen Hintergrund, der im Prinzip nur einer Sache dient, nämlich möglichst schnell und heftig in eine Berufsgruppe zu intervenieren, um sie zu destabilisieren. Es würde den Zahnärzten nicht schlechtgehen, aber ich kann Ihnen auch sagen, warum es ihnen nicht schlechtgeht: weil die Qualität der Behandlung so hoch und so gut ist, weil es genug Varianten gibt und weil wir uns mit den Leuten beschäftigen und mit ihnen reden. In einem Ambulatorium, wo man die Patienten im Fünf-Minuten-Takt abfertigt, wird das wohl nicht möglich sein!

Herr Kollege Koppler! Ich bedauere es zutiefst, daß wir alle Ihre Zähne im Ambulatorium mitfinanzieren müssen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

21.29

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Pumberger hat in der Rede seine Berufskollegen, die in den Ambulatorien beschäftigt sind, sehr schlechtgemacht. – Ich meine, das ist nicht in Ordnung! Auch wenn Sie hier, Herr Dr. Pumberger, mit einer Zahnprothese in der Hand gesprochen haben, war Ihre Rede doch eher zahnlos. Merken Sie sich das! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz verpflichtet die Gebietskrankenkassen, eine ausreichende, zweckmäßige und notwendige Krankenbehandlung sicherzustellen. Das gleiche Gesetz verbietet jedoch bis jetzt den Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen, festsitzenden Zahnersatz, also auch Brücken und Kronen, preiswert herzustellen.

In den vergangenen Jahren hat die Medizin auf dem Gebiet des Zahnerhaltens und Zahnersatzes erfreulicherweise große Fortschritte gemacht. Der Preis, den man in Österreich für festsitzenden Zahnersatz, also für Kronen und Brücken, zahlen muß, ist jedoch enorm hoch und hält Preisvergleichen mit benachbarten Staaten nicht stand. Aus diesem Grund ist auch der Zahntourismus vor allem nach Ungarn und Tschechien in den letzten Jahren enorm angestiegen, aber nicht nur in diese Länder, sondern auch nach Deutschland – Herr Dr. Leiner hat selbst in einer Besprechung einmal erwähnt, daß sehr viele Salzburger ins naheliegende Freilassing fahren, um sich dort einen festsitzenden Zahnersatz zu wesentlich niedrigeren Preisen als in Salzburg machen zu lassen.

Meine Damen und Herren! Billigkronen aus den ehemaligen Ostländern sind aber nicht nur volkswirtschaftlich, sondern vor allem auch gesundheitspolitisch bedenklich. Ich möchte diesbezüglich besonders auf eine Studie der Grazer Universitätsklinik hinweisen, in der festgestellt wurde, daß bei 86 Prozent der Patienten mit Billigkronen zum Teil schwere Schäden im Bereich des Zahnfleisches und des Kieferknochens aufgetreten sind, und eine niederösterreichische Studie zeigt, daß der Zahntourismus im Durchschnitt zirka 25 000 bis 30 000 S Nachbehandlungskosten pro Patient verursacht. – Nicht zuletzt aus volkswirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Gründen treten wir daher dafür ein, daß dieses Gesetz geändert wird und in Ambulatorien auch festsitzender Zahnersatz hergestellt werden kann.

Ich möchte jedoch noch folgendes hinzufügen: Die Kalkulation der Gebietskrankenkassen für die sogenannte Verblend-Metall-Keramikkrone basiert auf einer Vollkostenrechnung, bei der alle tatsächlich anfallenden Kosten Berücksichtigung finden. Darin sind nicht nur die Personal-, die Material-, die Geräte-, die Wartungs- und Reinigungskosten sowie Immobilien- und Umlagekosten für die ärztliche Leistung und Verwaltung beinhaltet, sondern ist auch noch ein großzügiger kalkulatorischer Spielraum von 20 Prozent für Rüstzeiten und sonstige Kosten eingebaut.

Dies bedeutet also das Ende einer Mär, die in manchen Zeitungsberichten und auch Aussagen der Ärztekammer immer wieder vorgebracht wurde. So behauptete die Ärztekammer vor zwei Tagen, daß die Kassenambulatorien Kronen unter dem Richtpreis anböten, den Rest dürfe die Allgemeinheit zuschießen! – Das ist unrichtig, und ich kann Ihnen das auch beweisen.

Die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse hat ein sehr renommiertes Institut, nämlich die Kanzlei Leitner & Leitner, Wirtschaftsprüfer, Steuer- und Unternehmensberater, damit beauftragt, diese Kostenrechnung zu überprüfen. Diese kommt in ihrem Bericht zum Schluß, daß die Zahnambulatorien der Oberösterreichischen Gebietskrankenkassen im Jahre 1996 ein positives Ergebnis in der Höhe von 4,5 Millionen Schilling erwirtschafteten, und bei den Kronen – hören Sie genau zu! – kommt Leitner & Leitner ebenfalls auf einen durchschnittlichen, kostendeckenden Preis von 5 472 S. Daher ist ein Preis von 5 500 S wohl in Ordnung!

Abschließend noch ein paar Worte zum Kollegen Kier, der von einer falschen Interessenpolitik gesprochen hat. Er kennt wahrscheinlich die Meinung der Öffentlichkeit nicht, denn allein in Oberösterreich haben 123 000 Menschen spontan unterschrieben, daß sie für die sofortige Herstellung von festsitzendem Zahnersatz in den Ambulatorien eintreten!

Und zu guter Letzt kann ich Ihnen noch mitteilen, daß in Oberösterreich zehn freie Zahnarztstellen deshalb nicht besetzt werden können, weil sich für diese Stellen beziehungsweise für diese Orte keine ausgebildeten Zahnärzte bewerben. Daher, glaube ich, liegen wir mit dieser Gesetzesnovelle richtig. (Beifall bei der SPÖ.)

21.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

21.36

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich möchte zunächst folgenden Antrag der Freiheitlichen Partei einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dr. Povysil, Dolinschek betreffend faire Neuordnung der Rahmenbedingungen für die Erbringung zahnärztlicher Leistungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat Gesetzesentwürfe zuzuleiten, die folgende Änderungen der Rahmenbedingungen für die Erbringung zahnärztlicher Leistungen durch Zahnambulatorien der Krankenversicherungsträger beinhalten:

1. Die Zahnambulatorien erhalten rechtlich idente Rahmenbedingungen, wie sie für Vertragszahnärzte gelten (etwa im Bereich der Besteuerung, der Möglichkeit, Ärzte zu beschäftigen et cetera);

2. Zahnambulatorien müssen von den Krankenversicherungsträgern wirtschaftlich zur Gänze getrennt und von sonstigen Aufgaben geführt werden und dürfen künftig weder Sach- noch Finanzmittel vom Krankenversicherungsträger erhalten;

3. Gleichstellung beim Werbeverbot zwischen niedergelassenen Ärzten und Ambulatorien; die Zahnambulatorien dürfen nicht ohne kostendeckende Verrechnung, zum Beispiel einzelnen (Ambulatoriums-)Ärzten für die Durchführung privat verrechneter Leistungen zur Verfügung gestellt werden;

4. Zahnambulatorien müssen unter diesen Voraussetzungen in den nächsten drei Jahren kostendeckend arbeiten, danach aber pro beschäftigtem Arzt Überschüsse erzielen, die dem Durchschnitt der von Vertragszahnärzten erreichten Gewinne entsprechen, ansonsten sind sie zu schließen und

5. Zahnambulatorien haben als zusätzliche, ausschließlich vom Krankenversicherungsträger finanzierte Leistungen eine kostenlose Beratung der Versicherten hinsichtlich aller zahnmedizinischen Fragen inklusive einer Kontrolle und finanziellen Beratung zu zahnärztlichen Angeboten und eine Übersicht über die von den einzelnen Vertragszahnbehandlern für einzelne Leistungen geforderten Preise anzubieten.

Drei Jahre nach der Umsetzung dieser Voraussetzungen ist den Zahnambulatorien gesetzlich die Erbringung aller zahnmedizinischen Leistungen zu gestatten.

Überdies sind Zahnbehandlungen und Zahnersatz nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft als Pflichtleistungen der Krankenversicherungen auszugestalten, wobei ein gleicher Kostenzuschuß für alle Versicherten vorzusehen ist."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Haupt! Heißt es unter Punkt drei "zumindest kostendeckend" oder "kostendeckend", so wie Sie es verlesen haben?

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (fortsetzend): Punkt drei?! (Präsident Dr. Fischer: Zumindest?) Kostendeckende Verrechnung!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Haupt! Ich möchte es nur klarstellen: In dem mir vorliegenden Text heißt es in Punkt vier: "Zahnambulatorien müssen unter diesen Voraussetzungen in den nächsten drei Jahren zumindest kostendeckend ..." Sie haben nur ... (Abg. Mag. Haupt: Zumindest! Ja!) Ist "zumindest" richtig? (Abg. Mag. Haupt: Ja!) Gut. – Ich bitte fortzusetzen.

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (fortsetzend): Ich möchte also nunmehr fortsetzen. Worum geht es uns? – Uns geht es erstens um einen fairen Wettbewerb, zweitens um Chancengleichheit sowohl für Ambulatorien als auch für niedergelassene Ärzte, zum dritten um die Sicherheit für alle Pflichtversicherten in der Sozialversicherung, daß es zu keinen Transferzahlungen innerhalb des Bereiches der Ambulatorien kommt, die ja nicht für alle Patienten nutzbar sind, und zum vierten um die Einführung einer Beratungstätigkeit durch die Sozialversicherung, die wir schon seit Jahren vermissen. – Kollege Koppler! Sie werden mir als mein Nachredner an diesem Rednerpult sicher darin recht geben, daß viele Patienten, die sich Angebote für festsitzenden Zahnersatz oder teure Prothesen einholen, eigentlich überfordert sind, diese Angebote auch zu beurteilen.

Ich glaube, daß es für mich als Pflichtversicherten eine Leistung wäre, die eigentlich meine Versicherung anbieten sollte, nämlich mich zu beraten, mich im Sinne des Konsumentenschutzes auf die angegebene breite Palette bei festsitzendem Zahnersatz aufmerksam zu machen! Frau Kollegin Gredler hat gerade von den 14 verschiedenen Varianten gesprochen, die sie anbietet. Es gibt darüber hinaus auch noch weitere kleinere Spielformen dieser Varianten, die unter Umständen erhebliche Mehr- oder Wenigerkosten bedeuten und die teilweise aus kosmetischen Gründen, teilweise aufgrund der Metallegierungen sehr schwer zu beurteilen sind. In dieser Frage wünsche ich mir eine sachkompetente Beratung und damit auch einen Hinweis für den Patienten, wie er kostenbewußt agieren und das Angebot in entsprechender Form besser nutzen kann.

Weiters wünsche ich mir auch, daß die Not- und Wochenenddienste endlich nicht nur ausschließlich von den niedergelassenen Ärzten, sondern auch von den Ambulatorien wahrgenommen werden können, weil es, wenn in einem ganzen Bundesland nur zwei Zahnärzte zur Verfügung stehen, gerade für Behinderte oft sehr schwer ist, die entsprechenden Möglichkeiten wahrzunehmen, sobald sie in ihrem Umfeld nicht vorhanden sind.

Für den gesamten Problembereich der Kassenstellen gibt es meines Erachtens auch zwei Varianten. Kollege Dietachmayr hat gemeint, daß es in Oberösterreich für 30 ausgeschriebene Dienstposten keine Bewerbungen gebe. (Abg. Dietachmayr: Zehn!) Bei uns in Kärnten verhält es sich umgekehrt. Es liegt von 58 Gemeinden der Wunsch nach einer Facharztstelle vor, davon 30 für Zahnbehandler! Für keine gibt es eine Genehmigung durch die Kärntner Gebietskrankenkasse. Man sieht also, daß es von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedliche und teilweise sehr restriktive Positionen gibt.

Ich möchte auch die Zahl der Zahnbehandler etwas relativieren. In den nächsten zwei Jahren werden etwa 1 400 neue Zahnbehandler den österreichischen Markt betreten, und es ist mir daher auch verständlich, daß die Standesvertretung der Ärzte das heute schon im Vorfeld thematisiert. Die Ärztekammerwahlen in Kärnten haben es deutlich bewiesen, daß jene Absolventen, die erst jetzt ihre zahnärztliche Ausbildung machen, sich sehr wohl darüber Gedanken machen, wo sie unterkommen können, welche Chancen sie für eine teure Ausbildung, die der Steuerzahler mit immerhin 120 000 S pro Semester finanziert hat, auf dem Markt haben und ob sie in Zukunft noch eine Praxis erhalten werden.

Ich halte auch jenen Fixkostenbeitrag, der, wie von Kollegen Pumberger bereits erwähnt, heute nur für die Zahnklammern bezahlt wird, eigentlich für eine Selbstverständlichkeit. Medizinisch ist es unumstritten, daß der festsitzende Zahnersatz heute Standard ist, keine Kosmetik und kein Luxus. Daher sollte das, was wir als letztes formuliert haben, nämlich daß "Zahnbehandlung und Zahnersatz nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft" zur Pflichtleistung wird, auch für die Sozialversicherung selbstverständlich sein. Wenn es eine Pflichtleistung wird, kann man sich selbstverständlich unter den Vertragspartnern, aber auch hier im Parlament darüber unterhalten, inwieweit es sinnvoll ist, dazu Selbstbehalte einzuführen. Auch bei Brillen und anderen Heilbehelfen gibt es Selbstbehalte, die schon lange nicht mehr in Diskussion stehen.

Ich glaube, daß auch im Bereich des Zahnersatzes solche Selbstbehalte durchaus akzeptabel wären. Die Alternative wäre das, was in der Diskussion bereits angeklungen ist, nämlich das dänische oder das finnische Modell umzusetzen, wonach bis zum 22., 25. Lebensjahr alle Zahnersatzleistungen einschließlich der orthopädischen Kieferchirurgien bezahlt werden, danach aber jeder selbstverantwortlich die Weiterführung dieser Grundleistung, die ihm die Gesellschaft über die Krankenversicherung bezahlt hat, leisten muß. In den nordischen Staaten Dänemark und Finnland hat dieses System in den letzten 20 Jahren eindeutig und klar zu einer Verbesserung der Zahngesundheit geführt.

Meines Erachtens ist daher mit dem Antrag Kostelka, Khol noch nicht das letzte Wort gesprochen. Ich bin auch der Meinung, daß es schlicht und einfach verfassungswidrig ist, das mit entsprechenden Kontrollmechanismen den sozial Schwachen vorzubehalten. Es stehen zwar zwei Verfassungsexperten als Antragsteller auf diesem Antrag, aber die Formulierung ist meiner Ansicht nach weder verfassungskonform, noch wird sie halten. Auch Professor Pernthaler hat sich in einem Gutachten ähnlich dazu geäußert. Wir werden ohnehin sehen, was die Gerichte dazu sagen werden, da die Ärztekammer bereits angekündigt hat, daß sie für den Fall, daß der Entwurf heute verabschiedet wird, den Rechtsweg beschreiten werde.

Ich glaube daher, daß das Zahnthema noch nicht abgeschlossen ist, sondern irgendwann nach einem Gerichtsentscheid erneut zum Problem werden wird. Ich hoffe, daß dann einige unserer Anregungen in diesem Bereich im Interesse der Patienten und der Zahngesundheit vielleicht umgesetzt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Haupt vorgetragen hat, ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Koppler. – Bitte.

21.45

Abgeordneter Erhard Koppler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pumberger, ich habe Ihnen ja schon während Ihrer Rede mitgeteilt, daß ich bereits seit "ewigen" Zeiten Patient von Zahnambulatorien bin, und ich darf Ihnen nun weiters mitteilen, daß ich mit der Behandlung, die mir dort zuteil wird, sehr zufrieden bin. Ich lehne es ab, Herr Abgeordneter Pumberger, daß Sie Mitarbeiter von Zahnambulatorien diskriminieren und abqualifizieren. Das haben sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Ambulatorien nicht verdient! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete Gredler! Ich nehme Ihr Angebot, daß ich von Ihnen einen Gutschein zur Behandlung meiner Zähne bekommen werde, gerne an. (Abg. Gaugg: Leg sie heraus und zeig sie uns!) Also werde ich in der nächsten Zeit Ihr Patient sein und vergleichen können, wie die Qualität bei Ihnen ist und wie die Qualität bei den Zahnambulatorien ist. Ich werde das Ergebnis dem Hohen Haus sehr gerne mitteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsachlich, aggressiv und teilweise unter der Gürtellinie sind die Reaktionen der Ärztevertreter auf die aktuelle Entwicklung um den festsitzenden Zahnersatz aus Kassenambulatorien. Es tut mir sehr leid, daß diese Verhandlungen gescheitert sind, und ich hoffe, daß die Türen noch nicht zugeschlagen sind, die Verhandlungen nach der Ärztekammerwahl wiederaufgenommen und zu vernünftigen Ergebnissen führen werden. Dann werden wir unter Umständen feststellen, daß wir uns umsonst aufgeregt haben.

Als Mitglied der Landesexekutive der Gewerkschaft in Oberösterreich habe ich es mitinitiiert, daß dieses Problem aktualisiert wird. Und es ist festzustellen – und ich habe mir bei den Diskussionen immer darüber Gedanken gemacht, aber ich habe es nicht so genau gewußt –, daß die Lobby der Zahnärzte eigentlich unter den Freiheitlichen zu finden ist. Diese Debatte zeigt sehr genau, wo die Lobby der Zahnärzte sitzt, nämlich auf dieser Seite dort. (Der Redner deutet in Richtung der Bänke der Freiheitlichen. – Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Ich zeige dir alle roten Zahnärzte!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Ausschußvorsitzende hat bereits auf die letzten Forderungen der Ärzte bei diesen Verhandlungen hingewiesen, und ich möchte diese Forderungen wiederholen, weil zu diesem Zeitpunkt sehr wenige Kolleginnen und Kollegen anwesend waren. Die Forderung der Ärzte in der letzten Phase lautete: 500 Millionen Schilling mehr, dann könne man sich neue Leistungen vorstellen! Das wären jährlich 200 000 S mehr pro Zahnarzt! Angesichts dessen, daß die Einmalzahlung bei den Pensionisten insgesamt 600 Millionen Schilling ausmacht, ist diese Forderung der Ärzte abenteuerlich!

Hohes Haus! Allein in Oberösterreich haben sich mehr als 122 000 Menschen mit ihrer Unterschrift für die Herstellung von festsitzendem Zahnersatz in Ambulatorien ausgesprochen, und diese Forderung, meine sehr verehrten Damen und Herren, wurde in allen Gremien mit den Stimmen aller Parteien, also einstimmig beschlossen. Ich bin schon neugierig auf den Argumentationsnotstand, den Sie bei Ihren Arbeitnehmervertretern in der nächsten Zeit haben werden. (Abg. Scheibner: Wer hat einen Notstand?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich der Frau Bundesministerin und unserer Ausschußvorsitzenden für das Engagement, das zu dieser Entscheidung, zu diesem Gesetz geführt hat, namens der sozial Schwachen ein herzliches Dankeschön aussprechen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.49

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun die Frau Bundesministerin. – Bitte.

21.49

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! So wie Herr Abgeordneter Koppler möchte auch ich mein Bedauern zum Ausdruck bringen, daß die beiden Verhandlungspartner bis zum 30. November zu keinem Gesamtvertrag gekommen sind. Ich überlasse es aber Ihrer Beurteilung, wenn ein Verhandlungspartner am 27. November ein Pressegespräch ankündigt mit dem Titel "Der Kronenkonflikt nach dem Scheitern der Verhandlungen". – Und das drei Tage vor dem vom Parlament bestimmten Termin, dem 30. November!

Bei diesem Pressegespräch wurde weiters mitgeteilt: Sollte die Politik eine Öffnung der Ambulatorien mit Jahresbeginn 1999 ermöglichen, werde man in den nächsten Tagen entscheiden, ob die entsprechenden gesetzlichen Regelungen wegen wettbewerbsrechtlicher Bedenken vor den ordentlichen Gerichten, wegen Verfassungswidrigkeit vor dem Verfassungsgerichtshof und wegen EU-Widrigkeit vor dem Europäischen Gerichtshof angefochten werden. Gleichzeitig wird über die Medien angekündigt, diese Anfechtung auf jeden Fall zu machen. Ich frage mich nun, als wie ernsthaft das Bemühen gewertet werden kann, wirklich zu einem Vertrag zu kommen und mit einem Partner ein gemeinsames Verhandlungsergebnis zu erzielen, so wie es der Gesetzgeber definiert hat, mit klaren Rahmenbedingungen!

Sehr geschätzte Damen und Herren! Als ewige Optimistin hoffe ich trotzdem, daß es, sobald dieser eine Partner wieder vertragsfähig ist, gelingen wird, doch noch einen Gesamtvertrag abzuschließen, der in geordneter und umfassender Form für alle Beteiligten, besonders aber für die Patienten, eine Verbesserung des jetzigen Angebotes bringt. (Beifall bei der SPÖ.)

21.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die über die beiden Ausschußanträge getrennt vorgenommen wird.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1549 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf in 1549 der Beilagen eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die der Vorlage, also dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, dies durch ein Zeichen bekunden. – Ich stelle fest, die Vorlage ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen in diesem Zusammenhang zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend faire Neuordnung der Rahmenbedingungen für die Erbringung zahnärztlicher Leistungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag des Kollegen Mag. Haupt eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1550 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit ist dieser Bericht mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 943/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend Sozialrechts-Änderungsgesetz 1998 – SRÄG 1998 (1551 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt nicht vor.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Dr. Kier das Wort. – Bitte.

21.54

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der nun zu behandelnde Tagesordnungspunkt beschäftigt sich mit der Pensionsanpassung. Ich kann mich sehr kurz fassen und Ihnen wie bei jeder dieser Gelegenheiten von diesem Platz aus zunächst sagen: Solange Sie nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen, durch die Einführung von entsprechenden Bandbreiten eine soziale Staffelung und damit Treffsicherheit bei den Pensionsanpassungen zu erreichen, so lange werden wir diesen Vorlagen nicht zustimmen. – Erstens.

Zweitens: Wenn Ihnen im Lichte der letzten zwei, drei Jahre, im Lichte der nicht wirklich gelungenen Pensionsreform vor dem Hintergrund der dramatisch zunehmenden Armut im Alter, vor dem Hintergrund der Tatsache, daß der soziale Status der Frauen in der Regel nach wie vor dadurch gekennzeichnet ist, daß sie im Alter keine eigenständige Absicherung haben, wenn Ihnen vor dem Hintergrund dieser Umstände nicht mehr einfällt als das, was Sie uns hier vorlegen, wenn Sie nicht einmal dazu bereit sind, in eine Diskussion darüber einzutreten, ob man nicht durch eine Grundsicherung im Alter die Altersarmut massiv bekämpfen und damit einen Quantensprung erzielen könnte, obwohl Sie genau wissen, daß Sie Ihre Pensionsversprechen, was die höheren Pensionen anbelangt, auf Sicht nicht werden halten können und daß die Anzahl der Ausgleichszulagenbezieher zwingend zunehmen wird, weil Sie geringfügige Einkommen mittlerweile pensionsversicherungspflichtig gemacht haben und damit Pensionen erzeugen, die in keiner Weise dazu geeignet sein werden, das Leben zu fristen, wenn Sie nicht begreifen, daß Sie selber etwas tun, was undifferenziert und ungerecht ist, und sich in keine echten Diskussionen einlassen, so lange werden wir solchen Anträgen nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Seidinger. – Bitte.

21.56

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben nicht erwartet, daß Kollege Kier dieser Pensionsanpassung zustimmt, und er hat genausowenig erwartet, daß wir ihm zustimmen, da wir uns das in Österreich in dieser Lage und in dieser Zeit einfach nicht leisten können. Man muß die Dimensionen erkennen, um die es geht, bevor man solche Forderungen aufstellt. So etwas kann man nur tun, wenn man in Opposition ist. Wenn man bereit ist, Verantwortung für diesen Staat mitzutragen, kann man das nicht bejahen!

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich vorweg ein paar Gedanken im Zusammenhang mit dem Sparpaket, der Pensionsreform 1997 sowie deren Ergebnisse und Finanzierung sagen. Wir sind nach wie vor bereit dazu und, glaube ich, gut damit beraten, uns mit dem Umlageverfahren nicht nur auseinanderzusetzen, sondern dabei zu bleiben. Alle Erfahrungen mit dem Kapitaldeckungsverfahren in anderen Ländern waren sehr unterschiedlicher Natur, und die Modelle aus der Schweiz und verschiedenen anderen Ländern vermögen mich absolut nicht zu begeistern.

Diesem Bekenntnis zum Umlageverfahren muß ich aber gegenüberstellen, daß es in den Medien und in der Öffentlichkeit überhaupt immer öfter eine Diskussion gibt, in der die eine Seite behauptet, die ältere Generation betrüge die jüngere, und umgekehrt, daß die jüngere Generation aus der Sicht der älteren einfach alle Mittel aufsauge. Ich glaube, daß das nicht der Fall ist. Außerdem können wir alles brauchen, nur nicht eine Auseinandersetzung zwischen jüngeren und älteren Menschen, weil wir in einer Gesellschaft leben, in der es bereits drei oder vier Generationen hintereinander gibt.

Ich möchte mich jetzt nicht darauf einlassen, in welcher Höhe die monatliche ASVG-Pension liegt. Man kann jedoch schon sagen, daß die Höhe der Pension ausgehend vom Betrag des Jahres 1984, welcher 100 Prozent darstellt, bis zum vergangenen Jahr auf 149,7 Prozent gestiegen ist und die der Ausgleichszulagenbezieher auf rund 185 Prozent. Also ist gerade das geschehen, was man immer verlangt hat, nämlich die Schwächeren in unserer Gesellschaft besserzustellen.

Zum Abschluß der Pensionen: Es hat der Leitungsausschuß des Seniorenrates mit der Bundesregierung verhandelt. Das Angebot betrug 1,5 Prozent, das bedeutet insgesamt 4,17 Milliarden Schilling. Damit waren die Vertreter unserer Verbände nicht einverstanden und konnten letztendlich noch zusätzlich 600 Millionen Schilling gerade für die Ausgleichszulagenbezieher und für kleinere und mittlere Pensionen herausverhandeln, sodaß man es, wenn man den Durchschnitt betrachtet und unter dem Strich ein Resümee zieht, nicht bei jenen 1,5 Prozent bewenden lassen kann, sondern tatsächlich sind es 1,7 Prozent.

Ich verhehle aber auch nicht, daß die Erwartungen größer gewesen sind. Wir werden bei den Pensionisten sicherlich sehr viel Verständnis finden, aber es wird keine Jubelstürme auslösen. Ich glaube jedoch, daß gesagt werden kann, daß wir in dieser Form und in dieser Situation einen für beide Seiten vertretbaren Abschluß von seiten der Regierung und von seiten der älteren Generation zustande gebracht haben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

22.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz so einfach wie Kollege Seidinger möchte ich es mir nicht machen. Es geht nicht nur um den Unterschied zwischen den Rollen der Opposition und der Regierungsparteien, wenn man für eine Grundsicherung eintritt. Ich möchte Kollegen Seidinger schon darauf aufmerksam machen, daß in der Bundesrepublik Deutschland der jetzige Arbeits- und Sozialminister Riester, früher Sekretär der Gewerkschaft IG-Metall, genau das für sein Land eingefordert hat, nämlich eine Grundsicherung unter Aufrechterhaltung des Sozialversicherungssystems.

Kollege Seidinger! Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, unser Pensionsmodell genau anzusehen, dann wüßten Sie, daß es auch prinzipiell machbar ist. Ich kann in dem, was Sie mit dieser Pensionsanpassung versucht haben, in Seitenbereichen durchaus Fortschritte sehen. So wird zum Beispiel, und das erachte ich als durchaus positiv, beim Zusammentreffen mehrerer Pensionen die Zulage, die 300 S beträgt, mit eben diesen 300 S begrenzt, ansonsten liegt die Zulage bei 3,5 Prozent. Das heißt, daß sich indirekt offensichtlich auch in der Regierung die Erkenntnis durchzusetzen beginnt, daß es eine Anzahl von Personen – das wird darin auch direkt beschrieben – gibt, die mehrere Pensionen haben und mit diesen ihren Pensionen eine Alterssicherung erwirtschaften, die auch sozusagen Limits übersteigen kann. – Genau das ist ein Problem.

Meine Damen und Herren! Das andere Problem ist, daß Sie bei der grundsätzlichen Pensionserhöhung wieder davon Abstand genommen haben. Kollegin Ministerin Hostasch weiß ja aus ihrer Zeit in der Gewerkschaft, daß es nicht nur Möglichkeiten von prozentuellen Lohnerhöhungen gibt, auch nicht nur den einfachen Sockelbetrag, sondern auch Mischsysteme. Das wäre auch beim Pensionszuschlag machbar gewesen! Damit könnte man auch nach oben hin begrenzen. Das wäre – weniger für das ASVG und die anderen Begleitgesetze, aber vor allem für die Beamtenpensionen – eine interessante Variante. Dort hat man jedoch offensichtlich auch darauf vergessen.

Dennoch: Nachdem auch in den letzten Jahren der Ausgleichszulagenrichtsatz nicht erhöht wurde und stagniert, würde ich meinen, daß es doch angebracht gewesen wäre, beim Ausgleichszulagenrichtsatz und bei den Personengruppen, die sich in dieser Kategorie befinden, eine deutlichere Erhöhung vorzunehmen, als das durch eine prozentuelle Erhöhung überhaupt möglich ist. Daher wäre es unser Vorschlag gewesen, hier eine Mischform zu entwickeln, wenn schon nicht einen einheitlichen Betrag, um den man erhöht. Da wäre für die, die nur sehr niedrige Pensionen erhalten, sinnvoller und sozial gerechter gewesen, denn da geht es nicht nur um die Ausgleichszulagenbezieher. (Abg. Seidinger: Bleiben wir bei den Ausgleichszulagen! Diese wurden von 1991 bis 1995 von 5 500 S auf 8 000 S erhöht!) Danke, Kollege Seidinger, für das Koreferat! Aber seit 1995 ist nichts erhöht worden, und es besteht das Problem, daß auch 7 800 S, wenn man den Krankenversicherungsbeitrag abzieht, relativ wenig sind. Wir können uns wohl darauf einigen, daß man mit 7 500 S nicht sehr viel hat und daß es angemessen wäre – nicht nur bei denjenigen mit 7 500 S, sondern auch bei jenen mit 8 000 S, von welchen es ganz besonders viele gibt, und auch noch bei jenen mit 9 000 S –, die Erhöhung deutlicher ausfallen zu lassen. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, ein Schritt, den wir uns gewünscht hätten, der schon seit langem gefordert wird und den zu gehen Sie nicht bereit sind. Denn das wäre zumindest ein Schritt mehr in Richtung soziale Gerechtigkeit! (Beifall bei den Grünen.)

22.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

22.03

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben vorgestern im Hauptausschuß beschlossen, daß die Pensionen generell um 1,5 Prozent steigen, und wir beschließen heute, daß es jetzt Einmalzahlungen von 600 S beziehungsweise 900 S zu den Ausgleichszulagen und im Juni noch einmal eine Einmalzahlung von maximal 300 S gibt.

Es ist schon richtig, was Abgeordneter Seidinger gesagt hat. Trotzdem sind die Pensionisten und Pensionistinnen mit dieser Regelung nicht ganz zufrieden. Ich möchte auch daran erinnern, daß wir in den Jahren 1990 bis 1994 in Kenntnis dieser Situation die Ausgleichszulagen jedes Jahr um 500 S erhöht haben. (Abg. Schwarzenberger: Um 8,2 Prozent!) Das waren bis zu 8,2 Prozent bei Inflationsraten von 3 bis 4 Prozent.

Abgeordneter Seidinger regt an, daß wir wieder zu dieser Methode zurückkehren sollen, die wir damals unter Minister Hesoun eingeführt haben, die eine massive Herausführung der unteren Einkommensempfänger unter den Pensionisten bewirkt hat. Denn die 20 Jahre, die Sie erwähnt haben, waren eigentlich die Jahre 1990 bis 1994. Es waren also nicht 20 Jahre!

Meine Damen und Herren! Wir sind gut beraten, wenn wir im Jahr 2000 nicht einfach alle Pensionen mit dem gleichen Prozentsatz erhöhen, sondern wenn wir wieder zu dieser Methode zurückkehren und echte Sockelbeträge einführen. Herr Abgeordneter Seidinger! Wir haben jetzt nämlich den Fehler gemacht, daß wir nicht Sockelbeträge eingeführt haben, sondern Einmalzahlungen. Und Sie kennen den Unterschied zwischen Einmalzahlungen und Sockelbeträgen genau. Die Beamten haben es zur Kenntnis genommen und erreicht, daß ihre Sockelbeträge im letzten Jahr in die Gehaltstabelle eingeflossen sind. Bei den Pensionisten haben wir das bisher nicht getan, und meine Bitte, mein Ersuchen ist, daß wir im Jahre 2000 Lösungen finden, wie es sie in der ersten Hälfte der neunziger Jahre gab. Dann werden wir wieder Zufriedenheit bei den 2 Millionen Pensionisten in Österreich erreichen! (Beifall bei der ÖVP.)

Darum sollten wir uns gemeinsam bemühen, denn ich glaube, der Weg, den diese Regierungskoalition früher einmal beschritten hat, ist gut und richtig! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte.

22.06

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Hier riecht es ja nur so nach Eigenlob! Alles, was ihr macht, ist großartig und einmalig! (Abg. Steibl: Das stimmt auch!) Allerdings ist es nicht nachvollziehbar!

Die beiden Vorredner, Herr Abgeordneter Seidinger und Herr Abgeordneter Feurstein, waren allerdings klug genug zu sagen: Ganz zufrieden sind die Pensionisten doch nicht. – Und ich werde Ihnen jetzt sagen, warum: Sie sind deshalb nicht zufrieden, weil sie in den Vorjahren massive Einkommensverluste, und zwar aufgrund Ihrer verfehlten Sozialpolitik, hinnehmen mußten! Das ist der Punkt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Voriges Jahr betrug die Erhöhung 1,4 Prozent. Davon sind aber nur 0,95 Prozent geblieben, weil es Mehrbelastungen gab. Und dabei rede ich noch gar nicht vom Sparpaket. Im Hinblick auf das Sparpaket war ich immer der Meinung, daß die Regierung zu sparen beginnen wird. In Wirklichkeit müssen jedoch die Pensionisten sparen, damit sie sich das Leben überhaupt noch leisten können! Das ist Ihre Form der Sozialpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Zum Glück ist es nicht so!) Kollege Koppler! Um dich mache ich mir keine Sorgen, auch wenn du in Pension bist. Da kannst du dir sicher sein! (Abg. Mag. Stadler: So ist es!)

Auch wenn das Wort "Grundsicherung" so störend ist: In Wirklichkeit ist die Frage der Pensionseinkommen in Zukunft eine Frage der sozialen Verantwortung. Denn wenn Sie durch Ihre Politik nur mehr geringfügig Beschäftigte, Teilzeitbeschäftigte und ähnliches mehr haben werden, dann frage ich mich, wie Sie in Zukunft jenen Menschen, die 30, 40 Jahre im Arbeitsleben stehen, jemals noch eine Pension zahlen können, Herr Kollege Feurstein! Aber auch um Sie mache ich mir keine Sorgen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn das Umlageverfahren eine von Ihnen so gepriesene Einrichtung ist, dann frage ich mich, warum dann dauernd Kürzungen hingenommen werden müssen. – Weil eben mit alten Methoden, die in der Vergangenheit ihre Berechtigung gehabt haben, in Zukunft kein Staat zu machen ist! Das bedeutet nicht, daß alles, was früher war, schlecht ist, es sollte aber durch neue Maßnahmen ergänzt werden. Man soll sich dem Neuen nicht verschließen, denn sonst bleibt man irgendwann einmal übrig!

Daher meine ich, daß man bei der Auszahlung der Pensionen – gerade für jene Generation, die es sich nicht leisten konnte, Eigenvorsorge zu betreiben, weil sie diese Republik wiederaufgebaut hat – dazu übergehen soll, den Sockelbetrag in einer Form auszubezahlen, daß er wirklich eine deutliche Besserstellung der Einkommensbezieher unterer Bereiche bringt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich schlage daher vor, daß in Hinkunft die Pensionserhöhungen in der Form vorgenommen werden, daß die Hälfte des Pensionsbetrages in Prozenten und die andere Hälfte im Sockelbetragsverfahren ausbezahlt wird. Das wäre mein Wunsch an Sie! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich appelliere wirklich an Sie, jene Generation, die großes Vertrauen in die Politik Ihrer sogenannten großen Koalition gehabt hat, nicht gänzlich zu enttäuschen! Geben Sie Ihrem Herzen einen Schwung! Vor der nächsten Nationalratswahl wird wahrscheinlich wieder irgendwo ein Zuckerl auftauchen, vielleicht in Form eines Briefes von irgend jemandem, der wieder etwas versprechen wird, was er dann nicht hält. Aber diesmal geht das sicherlich nicht mehr hinein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Gaugg, haben Sie den Antrag absichtlich nicht eingebracht? (Abg. Gaugg: Ich habe darauf vergessen!)

Zu Wort gelangt die Frau Bundesministerin. – Bitte.

22.09

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Ich darf darauf verweisen, daß der Beirat für Renten- und Pensionsanpassung vorgeschlagen hat, die Pensionen mit Wirkung Jänner 1999 um 1,5 Prozent zu erhöhen. Der Pensionsbeirat hat damit einen Vorschlag gemacht, der deutlich über der Inflationsrate liegt, und hat mit diesem Vorschlag auch den Spielraum im Sinne einer höheren Anpassung der Pensionen nach oben, wie es die gesetzliche Grundlage vorsieht, voll ausgenützt, und ich bin froh, daß diese Pensionserhöhung, die eine deutliche Kaufkraftverbesserung der Pensionisten mit sich bringen wird, auch tatsächlich realisiert werden kann.

Ganz besonders freue ich mich aber, daß es gelungen ist, noch weitere 600 Millionen Schilling aus dem Budget in Anspruch nehmen zu können, und daß unter jenen Rahmenbedingungen, die schon diskutiert wurden, mit Jänner eine zusätzliche Ausgleichszulage von 900 S beziehungsweise 600 S ausbezahlt wird und mit den Juni-Pensionen beziehungsweise Juli-Pensionen eine besondere Pensionszulage im Ausmaß von 3,5 Prozent, maximal jedoch 300 S, zur Auszahlung kommt. Damit werden genau jene Kriterien berücksichtigt, die einige der Damen und Herren, die sich bereits im Vorfeld und auch heute hier zu Wort gemeldet haben, erwähnt haben, und dementsprechend wird für die Schwächeren eine stärkere Anhebung ihrer Einkommenssituation insbesondere im Jahr 1999 erzielt.

Erlauben Sie mir, Herr Kollege Gaugg, zu sagen: Ich stehe Ihnen mit meinen Beamten gerne einmal zur Verfügung, um Ihnen nachzuweisen, was es für die Betroffenen heißen würde, wenn man Ihre Vorschläge realisierte. Dann würden Sie sehen, daß es keine Vorteile für die Betroffenen sind! (Beifall bei der SPÖ.)

22.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

22.12

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Dr. Harald Ofner zum Antrag der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Heeresversorgungsgesetz und das Impfschadengesetz geändert werden (Sozialrechtsänderungsgesetz 1998 – SRÄG 1998) (943/A) in der Fassung des Ausschußberichtes (1551 der Beilagen) betreffend Aliquotierung der Sonderzahlungen bei Pensionsantritt

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der für Neupensionisten beziehungsweise neue Rentenbezieher eine aliquote Auszahlung der vor dem Pensionsrentenantritt liegenden Pensions(Renten)sonderzahlung für die Monate bis zur nächsten Sonderzahlung vorsieht."

*****

Ich bitte um Ihre Unterstützung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor; wir können daher abstimmen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1551 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in 1551 der Beilagen ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend Aliquotierung der Sonderzahlungen bei Pensionsantritt.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag des Kollegen Mag. Haupt zustimmen, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist daher abgelehnt.

13. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1480 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird (1536 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1517 der Beilagen): Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden (Österreichischer Stabilitätspakt) (1539 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. – Bitte.

22.15

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Zum Punkt 13 der Tagesordnung möchte ich kritisch feststellen, daß die Auswirkungen des Finanzausgleichsgesetzes nicht mit genauen Beträgen, die sich in den kommenden Jahren pro Jahr und Bundesland ergeben, dargestellt wurden. – Dies wäre aber für eine Beurteilung sinnvoll.

Ich möchte auch die Kritik wiederholen, daß auch dieses Gesetz rückwirkend laut Punkt 12 § 23 Abs. 3e in Kraft tritt. – Dies dient nicht gerade der Vertrauensbildung!

Meine hauptsächlichen Ausführungen gelten aber dem Stabilitätspakt. In diesem Zusammenhang ist die Mißachtung von Gesetz und Verfassung noch viel eklatanter hervorgetreten. So sehr eine Haushaltskoordination aus Gründen der Subsidiarität wünschenswert ist, so sehr ist zu kritisieren, daß diese Vorlage mehrere Verstöße gegen die Grundprinzipien des Verfassungsrechtes enthält. Professor Brünner und Professor Pernthaler sprechen von einer "galoppierenden Gesamtänderung" der Bundes-Verfassung.

Tatsächlich verstößt die Vorlage gegen das demokratische Prinzip durch die Delegation von Verfassungsrechtserzeugung an Vollzugsorgane und gegen das parlamentarische Prinzip durch die Einflußnahme von Vollzugsorganen. Sie verstößt gegen das gewaltentrennende Prinzip durch Schaffung gemischter Organe und gegen das bundesstaatliche Prinzip durch Eingriff in die Verfassungsautonomie der Länder. – Das heißt also, es finden sich quer durch Verfassungsverstöße.

Problematisch ist außerdem auch die Ermächtigung an Städte- und Gemeindebund, derartige Verträge abzuschließen, da diese nicht legitimiert sind, für alle Städte und Gemeinden aufzutreten. Auch Artikel 2 Abs. 1 Z. 3 ist als Eingriff in die Verfassungsautonomie der Länder äußerst problematisch, denn dadurch werden auch Änderungen der Landesverfassungen ohne das im Artikel 99 Abs. 2 B-VG geforderte Quorum möglich.

Nach der Judikatur zu Artikel 15a B-VG darf durch Gliedstaatsverträge nach Artikel 15a B-VG keine Änderung der Kompetenzen erfolgen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, daß die Zielsetzung, die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden zu koordinieren, grundsätzlich zu begrüßen ist. Es liegt aber nahe, in diesem Zusammenhang auch die zulässigen Defizitquoten und Sanktionslasten auf die Gebietskörperschaften aufzuteilen. Zu kritisieren ist die gesamte Konstruktion, die darin besteht, daß ein weiterer Schritt in Richtung Regierungsgesetzgebung gesetzt wird. Abzulehnen ist insbesondere, daß die Aufteilung der zulässigen Defizitquoten jederzeit ohne Einbindung der gesetzgebenden Körperschaften verändert werden kann. Da seinerzeit sowohl das zugrunde liegende Verfassungsgesetz als auch die Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus abgelehnt wurden, muß wohl auch dieser vorliegende Stabilitätspakt negativ beurteilt werden, und er wird daher von uns auch abgelehnt.

Der Herr Finanzminister ist jetzt nicht hier. Ich möchte abschließend aber noch festhalten – diesen Eindruck hatte ich nach der Debatte im Ausschuß, und ich werde diesen Eindruck auch nicht los –, daß der Finanzminister offenbar ohnehin nicht an den Vollzug dieses Gesetzes glaubt. Er wollte nämlich im Ausschuß die möglichen Verfassungsverstöße nicht kommentieren und meinte auf meine Frage, daß er unwesentliche Punkte gerne den Gemeinden zugestanden habe. Aber zur Problematik der Fixierung der 0,3 Prozent Haushaltsdefizit für Länder und Gemeinden, welche sehr wesentlich ist, hat er gemeint, daß das nicht so sei. – Ich meine, der Bundesfinanzminister spekuliert damit, daß dieses verfassungswidrige Gesetz gar nicht vollzogen wird. Denn dann wären natürlich die Länder und die Gemeinden die Geschädigten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

22.19

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Nußbaumer, Sie wissen ganz genau, daß Österreich gegenüber der Europäischen Union eine Verpflichtung im Sinne der Haushaltsdisziplin und auch im Sinne der Haushaltsverschuldung eingegangen ist. Nachdem Brüssel nicht danach sucht, wo im Hause Österreich die Defizite liegen, ist es nur logisch, daß auch Österreich für sich selbst Disziplinen im Sinne der Haushaltsordnung festlegt.

Und das beinhaltet der vorliegende Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, der das Haushaltsziel des Bundes, der Länder und der Gemeinden grundsätzlich regelt. (Abg. Ing. Nußbaumer: Aber das ist nicht im Rahmen der Verfassung geschehen!) Die vorliegende Regierungsvorlage regelt die Haushaltsdisziplin der einzelnen Gebietskörperschaften und gegenüber den anderen, die gegenseitige Informationspflicht über den Haushaltsverlauf, die mittelfristige Ausrichtung der Haushalte und die Erstellung der Stabilitätsprogramme, insbesondere aber auch die Aufteilung der Defizitquoten und allfälliger Sanktionslasten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. (Abg. Ing. Nußbaumer: Darum geht es jetzt nicht! Es geht um die Verfassungswidrigkeit!)

Dieser Stabilitätspakt ist die logische Konsequenz des Konsultationsmechanismus, der damit erst in Kraft treten kann. Mit dieser Vereinbarung, Herr Kollege Nußbaumer, wird ein insbesondere für Länder und Gemeinden europaweit einmaliges Vorhaben umgesetzt, daß nämlich in wesentlichen Finanzfragen dem Grunde nach partnerschaftlich im Sinne von Konsultation, von Information und von gemeinsamem Gestalten vorgegangen wird.

Für die einzelnen Ebenen der Gebietskörperschaften bedeuten die Vereinbarungen im konkreten, daß natürlich eine strenge Haushaltsdisziplin erforderlich sein wird, denn eine Überschreitung der Maastricht-Defizitgrenzen, die 2,7 Prozent beim Bund und 0,3 Prozent bei den Ländern und Gemeinden betragen, ist unter Umständen natürlich mit Sanktionen verbunden. Im Bereich der Länder wurde das maximale Defizit von 0,3 Prozent wiederum nach Quoten aufgeteilt, die sich an der Bevölkerungszahl und an den besonderen Erfordernissen orientieren.

Um den sich im Zeitlauf ständig ändernden regionalen Erfordernissen besser Rechnung tragen zu können, wurde auch eine budgetäre Manövriermasse von jeweils 10 Prozent der jeweiligen Landes- beziehungsweise Gemeindequoten geschaffen, sodaß Reservemittel zur Verfügung stehen. (Abg. Ing. Nußbaumer: All das ist nachzulesen! Das ist nicht das Problem!)

Herr Kollege Nußbaumer! Ich habe Ihnen auch zugehört, also hören Sie mir jetzt bitte auch einmal zu! Wichtig ist, daß in Hinkunft Koordinierungskomitees auf Bundes- und auf Landesebene tätig werden, die für die Budgeterstellung und für die Haushaltsführung verantwortlich sind und einander gegenseitig informieren. Es gibt ein Bundeskoordinationskomitee, in welchem Bund, Länder, Städtebund und Gemeindebund vertreten sind, es gibt ein Landeskoordinierungskomitee, in welchem wiederum die Landesfinanz- und Gemeindereferenten und der Gemeindebund und natürlich auch der Österreichische Städtebund vertreten sind. (Abg. Ing. Nußbaumer: Was ist eine Manövriermasse? Erklären Sie mir bitte, was das ist!)

Herr Kollege Nußbaumer! Wenn der Bund gegenüber der Europäischen Union eine Verpflichtung im Sinne sparsamer Haushaltsführung eingeht, dann ist es notwendig, wesentlich und logisch, daß innerhalb Österreichs entsprechende Spielregeln aufgestellt werden. (Abg. Ing. Nußbaumer: Das ist aber nicht das Problem! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Daher bitte ich Sie alle, geschätzte Kolleginnen und Kollegen – von den Kollegen von der Freiheitlichen Partei kann ich das aber wahrscheinlich nicht erwarten –, daß Sie diesem Stabilitätspakt auch zustimmen, damit der Konsultationsmechanismus in Kraft treten kann. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Nußbaumer: Erklären Sie mir Ihr Verständnis davon!)

22.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

22.25

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Merkwürdigerweise ist der Herr Staatssekretär offenbar in wichtigen Regierungskonferenzen verhaftet. Aber es geht ohnehin nicht um wirklich viel, es geht nur um den Finanzausgleich und entsprechende Änderungen, die für sich genommen wohl irgendwo einen Sinn haben werden. Ich meine allerdings, daß sich diese Vorlage deutlich verbessern ließe, wenn man den Zusatzantrag der liberalen Fraktion annehmen würde, der lautet:

Zusatzantrag

der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und PartnerInnen, mit dem die Regierungsvorlage (1480 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichgesetz 1997 geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses (1536 der Beilagen), geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Regierungsvorlage (1480 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses (1536 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

Nach Z. 12 wird die neue Z. 13 angefügt:

‘13. § 24 lautet:

Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des 31. 12. 1999 außer Kraft.’"

*****

Dieser schlanke Zusatzantrag hat einen tieferen Sinn, und dieser wird Ihnen wahrscheinlich nicht verborgen geblieben sein, falls Sie die Vorlage schon gelesen haben. Es geht darum, daß es, wenn ernsthaft eine Steuerreform in Angriff genommen wird – wie bescheiden sie aus unserer Sicht auch ausfallen möge, aus der Sicht des Finanzministeriums wird sie vielleicht ohnehin großartig sein, wir versprechen uns aber nicht viel davon –, notwendig und wichtig sein wird, daß die Effekte der Steuerreform in Neuverhandlungen zu einem Finanzausgleich einfließen, weil das Finanzausgleichsgefüge wesentlich davon abhängig ist, welche Ertragsteuern wo, wie und in welcher Höhe eingehoben werden.

Der Herr Finanzminister hat anläßlich einer Diskussion einmal erwähnt, um zu begründen, warum man keine Reform machen will, daß er die Reform nicht machen kann, weil sonst die Reform vor Auslaufen des Finanzausgleichs kommt. Das ist ein Argument, das man ernst nehmen muß! Wir waren der Meinung, daß die Reform bald kommen soll und daher der Finanzausgleich einfach früher beendet werden können soll. Diesen Gefallen erweisen wir ihm, nur fürchte ich, daß die Koalitionsparteien nicht in der Lage sein werden, diesen Gefallen als solchen zu erkennen, und daher werden sie unseren Zusatzantrag wahrscheinlich ablehnen. Damit, daß sie diesem Antrag nicht zustimmen, werden sie aber beweisen, daß ihnen weder an einer echten Steuerreform noch an einer soliden Neuordnung der finanziellen Verhältnisse zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gelegen ist. Daher werden Sie verstehen, daß ich aus diesem und auch aus anderen, wohlerwogenen Gründen Ihrer Vorlage, mit der der Finanzausgleich geändert wird, nicht zustimmen kann.

Und ich kann auch der Regierungsvorlage betreffend die Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden nicht zustimmen. Warum stimmen wir nicht zu? – Sie wissen, daß wir schon seinerzeit, als die Grundlagen dafür geschaffen wurden, schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken hatten. Und wir sind nur konsequent, wenn wir einer Vorlage, die auf einer Regelung basiert, die nach unserer Auffassung verfassungsrechtlich hochgradig bedenklich ist, jetzt auch nicht zustimmen.

Darüber hinaus meinen wir, daß die Bundesländer, vor allem im Zusammenhang mit der Art und Weise, wie in Österreich die Steuerhoheit wahrgenommen wird, in jeder Phase die Gewinner in diesem Spiel waren. Sie hatten die Ausgaben zu verwalten, die Einnahmen hatte der Bund beizusteuern. Mittlerweile budgetieren sie aufgrund der Zuweisungen, die sie vom Bund bekommen, teilweise mit Überschüssen und tun so, als ob ihre Landesfinanzreferenten so tüchtig gewesen wären. In Wirklichkeit kommen sie in den Genuß positiver Effekte aus dem Finanzausgleich, und das einzige Verdienst jener Landesräte war, daß sie diese zusätzlichen Einnahmen nicht leichtfertig ausgegeben haben.

Daher meine ich: Es sollte alles gemeinsam neu verhandelt werden, es sollte einen neuen Finanzausgleich und eine echte Steuerreform geben. Ein derartiger Konsultationsmechanismus, wie er hier vorliegt, ist überflüssig. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

22.29

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin, die Sie stellvertretend für den Herrn Bundesminister für Finanzen anwesend sind! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von den beiden Vorlagen, die wir jetzt behandeln, nämlich Finanzausgleich und Stabilitätspakt, möchte ich mich mit der ersteren beschäftigen.

Die Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung im Bundesgesetzblatt Nr. 357/1988 verpflichtet in Artikel 9 auch Österreich, die Gemeinden als lokale Gebietskörperschaften mit ausreichenden Finanzmitteln auszustatten, weiters für finanziell schwächere lokale Gebietskörperschaften einen Finanzausgleich durchzuführen sowie den Gemeinden zur Sicherung ihrer Aufgabenerfüllung vielfältige und entwicklungsfähige Finanzsysteme zur Verfügung zu stellen.

Damit sind möglichst gleichwertige Lebensbedingungen für die Bürger, gleich ob diese in der Stadt oder im ländlichen Bereich wohnen, gemeint. Das sollte, so meint man, doch möglich sein. Von einem echten Finanzausgleich, meine Damen und Herren, sind wir jedoch noch weit entfernt. Daher dürfen allzu starke und allzu große Unterschiede in der Finanzkraft nicht länger hingenommen werden: Ich sage das mit aller Deutlichkeit, weil das wirklich nicht angeht.

Ich nenne Ihnen jetzt ein Beispiel: Jene Gemeinde, die in Oberösterreich die stärkste Finanzkraft aufzuweisen hat, hat eine Kopfquote von 18 645 S an eigenen Steuern. Die schwächste oberösterreichische Gemeinde hat eine eigene Finanzkraft von 6 408 S. Die stärkste Gemeinde aus Vorarlberg hat eine Kopfquote von 61 883 S und die schwächste Vorarlberger Gemeinde eine eigene Finanzkraft von 8 605 S.

Meine Damen und Herren! Im Hinblick darauf kann man nicht mehr von einem Finanzausgleich reden, insbesondere dann, wenn die Einwohnerzahl entscheidend dafür ist, wie hoch die Ertragsanteile sind, die im Finanzausgleich seitens des Bundes vorgegeben sind. Ich meine, diesbezüglich hat der Herr Bundesminister für Finanzen Handlungsbedarf. Denn es war ein bißchen wenig, wenn er im Finanzausschuß meinte, der Finanzausgleich hätte an und für sich keine innere Logik. Das ist eine politische Lösung! Das stimmt allemal noch! Er meinte, er würde dann jederzeit den Finanzausgleich ändern, wenn sich die Finanzausgleichspartner das quasi selber regeln und sich einigen.

Meine Damen und Herren! Ich ersuche daher den Herrn Finanzminister eindringlich, Maßnahmen zu setzen, damit nicht Ungerechtigkeiten fortgeschrieben werden, sondern ein Ausgleich hergestellt wird! (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich gibt es dann sehr oft Zurufe, es könnte und sollte doch jede Gemeinde auch für Betriebsansiedlung sorgen, damit auch Kommunalsteuer erbracht werden kann. – Daß man Ansiedlungsprojekte fördern sollte, braucht man den Gemeindeverantwortlichen, glaube ich, nicht zu erklären. Das wissen sie selber, und sie versuchen es auch. Aber vielleicht würde es sich auch einmal lohnen, bei einer Reform des Finanzausgleichs darüber nachzudenken, ob nicht das Aufkommen eines Bezirkes sozusagen auf die Gemeinden in diesem Bezirk aufgeteilt werden könnte. Dann würde nämlich auch der sogenannte Standortwettbewerb für bestimmte Gemeinden wegfallen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es geht doch nicht an, daß große, finanzstarke Gemeinden in der Lage sind, Betriebe anzusiedeln, indem man alle möglichen Zuckerln anbietet. Die Autobahn und die Zubringerstraßen aus dem allgemeinen Steuertopf zu finanzieren, ist keine Kunst. Und das Trinkwasser holt man sich dann aus den entfernteren ländlichen Gemeinden, denn im eigenen Bereich ist aufgrund der Betriebsstätten und aufgrund der Siedlungsdichte die Entnahme von Trinkwasser natürlich nicht möglich.

Auch den Erholungsraum und die Naturschutzgebiete sollen die Umlandgemeinden zur Verfügung stellen, denen man dann hinsichtlich der Bewirtschaftungsweise, der Ansiedlungspolitik, der Flächenwidmungsplanung, der Raumordnung gewisse Vorschriften macht, um den Bestand dieser Schutzgebiete, die natürlich sorgsam aufrechtzuerhalten sind, möglich zu machen.

Es ist daher notwendig, Herr Bundesminister für Finanzen – auch wenn Sie nicht anwesend sind! –, daß in diesem Zusammenhang eine grundlegende Reform stattfindet, damit jene Gemeinden, die überörtliche Lasten zu tragen haben, auch einen tatsächlichen Ausgleich und den notwendigen Spielraum erhalten. Ein vernünftiger Ausgleich ist notwendig, meine Damen und Herren, und ich bitte daher den Herrn Bundesminister für Finanzen und fordere ihn auf, tatsächlich für eine Reform zu sorgen und nicht Ungerechtigkeiten fortzuschreiben! (Beifall bei der ÖVP.)

22.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Zusatzantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Kier vorhin zum Finanzausgleichsgesetz verlesen hat, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

22.35

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte trotz aller besserwisserischen Unkenrufe der Opposition hier festhalten, daß diese Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die wir Stabilitätspakt nennen, eine ganz wichtige formale technische und organisatorische Voraussetzung dafür ist, daß wir für die Erreichung der im Maastricht-Vertrag festgelegten Ziele, die nicht nur Ziele für den Bund, sondern Ziele für Bund, Länder und Gemeinden sind, ein Koordinierungsinstrument auf Bundesebene und auf den Landesebenen haben, mit welchem sichergestellt wird, daß wir diese Stabilitätsziele tatsächlich erreichen.

Meine Damen und Herren! Gerade weil wir in den letzten Tagen viel über eine Steuerreform diskutiert haben: Wir von der ÖVP haben immer betont, daß wir vor einer dreifachen Herausforderung stehen. Diese Herausforderung beinhaltet nicht nur eine Steuerreform, sondern erstens eine Steuerreform, zweitens eine Fortsetzung der Budgetkonsolidierung und drittens den Finanzausgleich. – Das zeigt, wie gewaltig diese Herausforderung ist! Aber wir sind wirklich guten Mutes im Hinblick auf die Stabilitätserfolge, die wir in den letzten Jahren erreicht haben. Im Vorjahr hatten wir insgesamt eine Nettodefizitquote von 1,9 Prozent, wobei schon richtig ist, daß 0,5 Prozent Überschuß von den Ländern und Gemeinden und 0,1 Prozent Überschuß von der Sozialversicherung gekommen sind. Aber insgesamt ist das ein sehr schöner Stabilitätserfolg für den Bund im Sinne unserer Bemühungen, den harten Schilling in einen harten Euro hinüberzuführen.

Meine Damen und Herren! Die heutige Vereinbarung stellt sicher einen Mechanismus dar, mit welchem wir auch in Zukunft diesen Stabilitätskurs im Interesse aller Sparer, aller Anleger, aller Arbeitnehmer und aller Unternehmer fortsetzen können! (Beifall bei der ÖVP.)

22.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

22.37

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Allein die Überschrift "Österreichischer Stabilitätspakt" entspricht, glaube ich, nicht dem, was hier wirklich vorliegt. Die klein darüber gedruckte Überschrift "Vereinbarung betreffend Koordination der Haushaltsführung" kommt dem wohl etwas näher, und wir müssen uns sehr wohl die Frage stellen: Wodurch wird Stabilität in einer Volkswirtschaft bewirkt? Wird Stabilität dadurch bewirkt, daß die einzelnen konsolidierten Haushalte aufeinander abgestimmt und Defizitquoten aufgeteilt werden, oder wird Stabilität dadurch bewirkt, daß man langfristige und mittelfristige Maßnahmen so wählt, daß ein möglichst hoher volkswirtschaftlicher Nutzen bei gleichzeitiger Minimierung der volkswirtschaftlichen Kosten erzielt wird?

Von letzterem ist da überhaupt keine Rede, und deswegen laufen alle sogenannten Stabilitätsmaßnahmen immer nur in die Richtung, daß man allenfalls bei Ausgaben im Sozialbereich, im Kulturbereich oder im Bildungsbereich irgend etwas wegstreicht. Insofern ist es gar nicht so schlecht, daß die Frau Sozialministerin auf der Regierungsbank sitzt, denn das läßt keine anderen "Stabilitätsmaßnahmen" – unter Anführungszeichen – zu.

Daß das nicht wirklich Stabilität gewährleistet, sollten vor allem die Abgeordneten der Sozialdemokratie wissen. Mit derartigen Stabilitätspakten können Sie Maßnahmen, die kurzfristig oder vielleicht auch mittelfristig Geld kosten, sich aber schon mittel- bis langfristig lohnen, wie etwa bessere medizinische Betreuung, Investitionen in die Prävention etwa in der Arbeitsmedizin, nicht erfassen. Solange wir nicht eine echte volkswirtschaftliche Kostenrechnung schaffen, die über den kurz- bis maximal mittelfristigen Aspekt hinausgeht, dienen derartige Pakte nicht der Stabilität, sondern eher einer sozialen Destabilisierung. Und deshalb sind sie schlecht!

Daß es andere Überlegungen im Zuge der Verhandlungen über diesen sogenannten Stabilitätspakt gab, beweist der Antrag der Vorarlberger Landesregierung. Die Vorarlberger Landesregierung hat beantragt, man möge neben finanzpolitischen Zielen und Maßnahmen auch beschäftigungs- und sozialpolitische Ziele und Maßnahmen in einem Stabilitätspakt verankern. – Ich glaube, wenn beschäftigungs- und sozialpolitische Ziele – und ich würde auch die gesundheitspolitischen noch hinzufügen – in einen solchen Pakt aufgenommen werden, dann könnten wir mit Fug und Recht sagen, daß wir zu einem Pakt, der echte Stabilität gewährleistet, unterwegs sind. Warum Sie aber vor allem solche Pakte wie den vorliegenden gutheißen und tolerieren, ist mir nicht verständlich, denn in diesem Land wissen wir, was geeignet ist, die Stabilität zu gefährden, und was nicht geeignet ist, sie sicherzustellen.

Ein Allerletztes: Dieser Pakt bringt natürlich auch eine gewisse Entmündigung der Parlamente, der Landtage und des Nationalrates, mit sich, denn dieser Pakt zieht eine rein exekutive Abstimmung vor, nicht jedoch die Beratung legislativer Maßnahmen, die in diese Richtung führen. Und auch vom Blickwinkel des Systems der Verfassung mit einer Priorität der Gesetzgebung sind derartige kurzsichtige und kurzfristige Maßnahmen aus grüner Sicht abzulehnen. (Abg. Smolle: Die Grünen sind nicht da!)

22.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kröll. – Bitte.

22.41

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Die zustimmenden und ablehnenden Argumente sind ausgetauscht. Es war zu erwarten, daß diejenigen, die den Konsultationsmechanismus politisch nicht vertreten, auch nicht für das Stabilitätsabkommen sein werden.

Eingangs meiner Ausführungen möchte ich daher noch einmal daran erinnern, daß gerade die Gemeinden und auch die Länder eine Konsultation verlangt haben und daß umgekehrt selbstverständlich auch der Bund als zweiter Teil des Ganzen Stabilität zwischen allen drei Ebenen der Gebietskörperschaften verlangt. Mit dieser Regierungsvorlage 1517 wird der Österreichische Stabilitätspakt zwischen dem Bund, den Ländern, dem Österreichischen Gemeindebund und dem Städtebund für die österreichischen Kommunen vereinbart. Damit wird die Haushaltskoordinierung zwischen den Gebietskörperschaften geregelt, und damit bekommt der beschlossene Konsultationsmechanismus erst sein tragfähiges Fundament.

Neben der Informationspflicht betreffend die Haushaltskoordination, auf die von meinen Vorrednern schon hingewiesen wurde, wird im besonderen die Defizitquote von 0,3 Prozent des BIP, welche auf die Länder und auf die Gemeinden entfällt, im Detail geregelt. Das heißt im Klartext, daß 0,11 Prozent auf die Länder ohne Wien, 0,09 Prozent auf Wien als Land und Gemeinde und 0,10 Prozent auf alle Gemeinden ohne Wien entfallen, was insgesamt 0,30 Prozent ergibt. Als Manövriermasse gelten insgesamt – das wurde schon angesprochen – 10 Prozent von diesem Satz, also 0,03 Prozent des BIP, die bundesweit für besondere Erfordernisse der Länder und Gemeinden zur Verfügung stehen und ausgleichend wirken können. Darüber entscheiden die Landesfinanzkonferenz auf der einen Seite und der Gemeinde- und der Städtebund für die Gemeinden, und durch das Ermächtigungsgesetz sind der Gemeinde- und der Städtebund mit Verfassungsrang sehr wohl berufen und in der Lage, diesem Paktum für die österreichischen Gemeinden beizutreten. Die vereinbarten Quoten gelten für die Dauer des geltenden Finanzausgleichs, und ich möchte betonen, daß alle Partner ein Anrecht darauf haben, daß ein Finanzausgleichsgesetz sehr wohl auf die Dauer des Beschlusses gelten muß. Denn wo kämen wir da hin – gerade die Gemeinden –, wenn die Dauer des Finanzausgleiches unter der Zeit mit einfacher Mehrheit des Bundes einseitig geändert werden könnte?!

Es gibt die Möglichkeit, daß die Länder untereinander oder auch die Gemeinden innerhalb eines Landes untereinander die Defizitquoten vereinbaren, wenn sie unter dem Strich wieder dasselbe erbringen. Ein bißchen Beweglichkeit ist also durchaus gegeben.

Abschließend verweise ich auf den wichtigen Punkt 5 b des Artikels 4 dieser Vereinbarung, weil dieser, wie ich meine, gerade für die Gemeinden eine sehr wichtige Regelung beinhaltet. Dieser lautet:

"Wird der Ertrag einer ausschließlichen Abgabe durch ein Urteil eines Höchstgerichtes vermindert, wird der Bund über geeignete Vorschläge der betroffenen Gebietskörperschaft" – also zum Beispiel der Gemeinden – "rechtliche Rahmenbedingungen ... schaffen, die bundesweit einen möglichst weitgehenden Ersatz schaffen." – Dieser Hinweis ist ganz besonders wichtig, weil solche höchstrichterliche Entscheidungen auch tiefer in das Finanzpaktum eingreifen könnten.

Dieser Stabilitätspakt ist gemeinsam mit dem Konsolidierungsmechanismus ein tragfähiges Fundament für die öffentlichen Haushalte der Gemeinden und der Länder zusammen mit dem Bund, um nach den Maastricht-Kriterien weiterhin Stabilität in allen Haushalten in unserer österreichischen Republik im Sinne unserer europäischen Verpflichtung zu wahren, und ich glaube, Stabilität ist etwas, was schließlich und endlich allen zugute kommt! Wir stimmen daher gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

22.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die über die einzelnen Anträge getrennt vorgenommen wird.

Als erstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1536 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Peter und Fraktion einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Peter und Genossen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 13 betreffend § 24 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Zusatzantrag Peter zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes 1536 der Beilagen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Dies ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen worden.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, dies bekunden. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen ist.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluß der gegenständlichen Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden, also dem Österreichischen Stabilitätspakt, gemäß Artikel 15a B-VG und 1517 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diese Genehmigung erteilen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, daß dieser Stabilitätspakt mit Mehrheit genehmigt wurde.

Damit haben wir auch diesen Teil der Tagesordnung erledigt.

15. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1516 der Beilagen): Poststrukturgesetz-Novelle 1998 (1537 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt nicht vor.

Zu Wort gelangt als erster Redner Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte.

22.49

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Das Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz geändert werden soll, mutet eigenartig an, besonders unter dem Blickwinkel, daß 9 500 Mitarbeiter abgebaut werden sollen. Es klingt geradezu wie Hohn, wenn im Jahre 1996 das Ziel formuliert wurde, daß die Post- und Telekom Austria AG, kurz PTA, nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen ist. – Da frage ich mich: Wie ist denn das Unternehmen in den Jahren davor geführt worden? Haben damals keine kaufmännischen Grundsätze gegolten? – Das ist es nämlich! In Wirklichkeit ist die Post deshalb in Schwierigkeiten gekommen, weil sie von der Bundesregierung ständig finanziell ausgehöhlt wurde. Überhöhte Telefontarife haben nicht dazu beigetragen, das Unternehmen Post zu stärken, sondern ausschließlich dazu, die Budgetsanierung über die Bühne zu bringen. Denn wie wäre es sonst möglich gewesen, daß die Post für die Auszahlung der Gehälter an die Mitarbeiter Schulden machen mußte und letztlich einen Schuldenberg von 112 Milliarden Schilling abzubauen hat? (Abg. Parnigoni: Dem stehen Vermögenswerte gegenüber!)

Die ausgegliederte PTA sollte mit 31. Dezember 1999 an die Börse gehen. Relativ rasch hat man aber erkannt, daß das unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht vollziehbar ist. (Abg. Parnigoni: Diese haben sich sehr verändert!) Der Börsengang hätte nämlich zum wirtschaftlichen Schaden der PTA und der PTBG gereicht.

In Anbetracht dessen frage ich mich jetzt: Kann man jene Entscheidung im Jahr 1996 als Bankrotterklärung darstellen oder nicht? (Abg. Parnigoni: Sie können das sicherlich nicht!) Die Hereinnahme eines strategischen Partners ist grundsätzlich positiv, wenn sie zu einer Weiterentwicklung in einem Teilbereich führt. Dabei dürfen aber nicht der Postdienst und der Postautodienst auf der Strecke bleiben, weil das Wurscht ist, weil sich da nichts verdienen läßt. (Abg. Parnigoni: Das ist Ihre Interpretation!) Ich sage Ihnen, was Ihre Intention war: Sie wollten die guten Stücke verkaufen und Beteiligungen hereinholen, der Rest, die Postautobusse, der Paketdienst und ähnliches mehr, bleibt jedoch übrig. Das war Ihre Intention! Denn wenn die Bundesregierung ein echtes Gesamtkonzept für die gesamte Post gehabt hätte, dann hätte sie nicht begonnen, das Unternehmen zu filetieren. Da hätte man ja das gesamte Unternehmen auf den Markt bringen können! (Zwischenruf des Abg. Gaál.)

Das ist schon geschehen! Und jetzt können Sie nicht an die Börse gehen, weil genau das eintritt, daß ein Teil – nämlich die Telekommunikation – gewinnbringend ist, Sie aber noch nicht wissen, was mit dem Rest geschehen soll. Das ist eine Aussage des Bundesministers für Finanzen im Ausschuß! Das ist die Wahrheit! In Wirklichkeit ist die Finanzierung der beiden anderen Bereiche noch nicht geklärt.

Bei der Hereinnahme eines strategischen Partners – wie es so schön heißt – ist es zu einer öffentlichen Ausschreibung gekommen. Dazu sage ich: Wenn man heute für einen Teil eines Unternehmens einen Kaufpreis erzielen möchte und für jedes Angebot dankbar ist, dann ist das die eine Seite. Man hätte allerdings wesentlich besser verhandeln können. Daß das nicht geschehen ist, wundert mich umso mehr, als es im Zuge dieses Ausverkaufs heimischen Vermögens auch ein Vermittlungshonorar von mindestens 54 Millionen Schilling gegeben hat. (Abg. Parnigoni: Woher wissen Sie das?) Das weiß ich, weil das bei internationalen Transaktionen üblich ist! Können Sie nicht lesen? – Sie werden sicherlich den Artikel kennen, in dem berichtet wird, daß ein gewisser Herr Karl Krammer, der Ex-Sekretär des Ex-Bundeskanzlers Vranitzky, mindestens 54 Millionen Schilling kassiert hat. Mich würde wirklich interessieren – und vielleicht kann die Frau Bundesministerin eine Sekunde zuhören, damit sie den Herrn Bundesminister für Finanzen einmal fragen könnte –, wie es zu diesem Beratervertrag überhaupt gekommen ist. (Abg. Parnigoni: Was hat das mit der Post zu tun?) Es sind 54 Millionen Schilling, junger Mann! Ich weiß, für Sie ist das nicht viel Geld! (Abg. Parnigoni: Hat Krammer mit der Post einen Vertrag gehabt?) Das interessiert doch niemanden! 54 Millionen Schilling sind geflossen, die das Unternehmen weniger bekommen hat. Das ist ein Faktum! (Abg. Parnigoni: Das ist typisch!) Jetzt geben Sie einmal Ruhe und horchen Sie zu! Das wäre viel intelligenter! Es geht wieder um einen Staatsbetrieb, den Sie in die Sackgasse geführt haben! Sie sind mit dabei! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie haben Post und Bahn mit Ihrer Politik ruiniert! Es wäre viel gescheiter, wenn Sie einmal zuhorchen!

Sie haben Post und Bahn in einem Ausmaß ruiniert, das unerträglich ist, denn leiden müssen die Mitarbeiter, Sie jedoch nicht! Denn Sie sind ein wohlbestallter Abgeordneter und pragmatisierter Eisenbahner. (Abg. Parnigoni: Was bin ich?) Aber die nächste Generation ist Ihnen völlig egal! (Beifall bei den Freiheitlichen.) All das ist anscheinend lustig für Sie! Für Sie ist es lustig, wenn ein gewisser Krammer eine solide Sicherung seines Lebensabends hat, quasi einen Lotto-Sechser aufgrund seiner früheren Kontakte macht! Und nur deshalb hat er mindestens 54 Millionen Schilling kassiert. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Das ist Ihnen völlig egal! Neuneinhalbtausend Mitarbeiter bei der Post sind Ihnen völlig Wurscht! Hauptsache, Sie können dort fischen und schöpfen in einer Tour!

Haben Sie ein bißchen Disziplin! Sie sind ja unerträglich, wirklich wahr! Sie sind ein wohlbestallter Mann! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Wissen Sie was, Herr Parnigoni? Ich wünsche Ihnen, daß es Ihnen so geht wie Herrn Krammer, daß Sie Ihre politischen Kontakte nach dem Ausscheiden aus dem Parlament auch so gestalten können, daß Sie 54 Millionen Schilling Honorar bekommen! Und dann werden Sie sagen: Ist mir völlig egal!

Noch etwas sage ich Ihnen: Ihre Wähler, die sich Einfamilienhäuser bauen, die sich ein altes Häuschen kaufen und umbauen und ähnliches mehr, zahlen ordentlich Gebühren, wenn sie einen Kaufvertrag unterschreiben. Das von Ihnen ruinierte Unternehmen Post geht hingegen her und nimmt eine Vertragsunterzeichnung in Zürich vor. Denn das erspart der Post exakt 272 Millionen Schilling! Das heißt, man müßte allen Käufern in Österreich dringend empfehlen, in Hinkunft ihre Verträge nicht mehr in Österreich zu unterfertigen, sondern in Zürich, und die Reisekosten sollten Sie ihnen ersetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Geben Sie den Leuten eine Gratiskarte für die Eisenbahn, damit sie in Zukunft ihre Verträge in Zürich unterzeichnen! – Schämen Sie sich dafür! Sie entziehen dem Staat 272 Millionen Schilling, wofür wieder die Mindestrentner und die Kleineinkommenbezieher geradestehen müssen. Aber von diesen Menschen haben Sie sich ja längst entfernt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. Er hat das Wort.

22.56

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor einer Stunde hat Herr Kollege Gaugg bei der Pensionsdebatte gesagt, daß man auch Bewährtes ändern muß, weil man sonst übrigbleibt. – Herr Kollege Gaugg! Dazu kann ich Ihnen sagen: 1996 haben wir das Unternehmen ausgegliedert und in eine eigene AG umgewandelt.

Zweitens: Die Bilanzen beziehungsweise die Erfolgsrechnungen und auch die Investitionen liegen weit über dem Ziel. Man kann also sagen: Das war ein Zielprojekt, und die Leute von der Gewerkschaft und von der Unternehmervertretung haben mitgespielt. Diese kann man also auch loben! (Zwischenruf des Abg. Gaugg.) Denn sie haben alle hart gearbeitet, und diese Herauslösung war ein Erfolg dieser Regierung in einer schwierigen Zeit.

Drittens: Sie reden von 9 000 Leuten. In Wirklichkeit betrifft es 5 500 Leute, die den Sozialplan in Anspruch nehmen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haider.) Und jeder gute Kaufmann – Herr Kollege Haider, das sollten Sie vielleicht wissen – geht dann an die Börse, wenn er das Unternehmen am besten verkauft. Wahrscheinlich ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Haider.) Da stehen blühende Betriebe im Gegensatz zu dort unten bei dir, lieber Kollege Haider!

Im Ausschuß haben Sie nicht zugehört, Herr Kollege Gaugg! Es war eine öffentliche Ausschreibung. UPS und Merrill Lynch haben diese Ausschreibung gecheckt. Und Sie sprechen von einem ruinierten Unternehmen! (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Herr Kollege Krammer war nicht Konsulent der Post! Das sollten Sie einmal nachlesen in Ihrem Artikel! Ich weiß nicht, aus welcher Zeitung Sie das haben! Vielleicht aus der Mickymaus? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gaugg.)

Herr Kollege Gaugg! Ich glaube, mit dieser Privatisierung ist eine der größten Privatisierungen in der letzten Zeit vor sich gegangen: 27,2 Milliarden Schilling hat die Telecom Italia dafür bezahlt. Die Amerikaner haben sich beworben. Und man muß dazu sagen: Mit den Italienern gibt es einen Synergieeffekt in Richtung Osteuropa. Aber das begreifen Sie anscheinend nicht! (Zwischenruf des Abg. Gaugg.)

Herr Kollege Gaugg! Ich sage Ihnen: Ich glaube, daß die Gesetzesnovelle, die wir heute beschließen, wirklich gut ist. Ich weiß schon: Auf seiten der Opposition muß man das madigmachen und niedermachen. Aber ich glaube ... (Abg. Gaugg: Sie reden wider besseres Wissen!) Nein! Ich rede nicht wider besseres Wissen! Ich glaube, es wurde dafür gesorgt, daß das Unternehmen flexibel an die Börse gehen kann und flexible Privatisierungs- und Umstrukturierungsschritte vorgenommen werden können. (Abg. Gaugg: Alles auf Kosten der Arbeitnehmer!) Bundesminister Edlinger hat Ihnen das eine halbe Stunde lang im Ausschuß erklärt, Ihnen und Kollegen Böhacker! (Abg. Gaugg: Bei der Post gibt es zwei Leute, die davon profitieren: Sindelka und Ditz!) Ich weiß, Ihnen paßt das nicht! Wenn erfolgreiche Dinge vor sich gehen, dann knallen Sie hinein!

Ich sage Ihnen etwas zum Abschluß, weil Sie immer so gern buchstabieren. Wissen Sie, wie man PTA buchstabiert? – Potent, technisch gut und aktiv! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Das war jetzt nicht gut!)

22.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. Dann kommen die Abgeordneten Kukacka und Peter zu Wort, und dann kommt die Abstimmung. Die Redezeit für Abgeordneten Firlinger ist auf 4 Minuten gestellt. – Bitte.

22.59

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist noch nicht lange her, da hat eine angesehene internationale Zeitung im Zusammenhang mit einer Privatisierung in Österreich tituliert: "How not to privatise a bank". – Das war im Zusammenhang mit der Creditanstalt-Bankverein. Also: Wie privatisiert man eine Bank besser nicht. Ähnliches könnte man auch auf die Telekom Austria anwenden, meine Damen und Herren. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Ich rufe in Erinnerung: Vor zweieinhalb Jahren, als die letzte Poststrukturgesetznovelle hier verabschiedet wurde, hat man eine Reihe von Vorkehrungen getroffen, aber leider die falschen.

Man hat nämlich einen Privatisierungsvorgang im Gesetz nicht sauber ... (Abg. Mag. Peter: Du sagst uns jetzt die richtige!) – Ich habe es schon damals gesagt, aber du hast nicht zugehört, Kollege Peter. Das ist eben dein Problem. (Abg. Mag. Peter: Jetzt höre ich zu!) Damals hätte man sehr wohl das Unternehmen auf einen geordneten Börsegang und eine geordnete Privatisierung vorbereiten können, aber man ist in Schimären geflüchtet.

Ich kann mich noch daran erinnern, wie die Vorschläge vieler oppositioneller Abgeordneter präsentiert wurden, die ziemlich einhellig gemeint haben, das Unternehmen müsse man zuerst sauber strukturieren und dann könne man einen geordneten Schritt nach dem anderen setzen. Minister Klima, der damalige Finanzminister Klima, aber auch noch Postminister Klima, hat gesagt: Ich werde nicht zulassen, daß die Post zerschlagen wird. – Das war einer seiner Stehsätze, die er hundertfach heruntergespult hat. Und auf Vorhaltungen, wie viele Kündigungen es doch wohl geben werde, 5 000, 6 000 oder gar 9 000, hat er gesagt: Keine einzige! – Das war damals die Aussage des Herrn Klima, meine Damen und Herren.

Die Realität hat aber schließlich das schlechte Gesetz eingeholt beziehungsweise überholt. Man hat ausgegliedert, aber schlampig ausgegliedert, und im nachhinein hat man dann versucht, irgendeine Struktur zu schaffen.

Dann hat man sofort als ersten Schritt die Mobilkom Austria ausgegliedert; kaum nach der Ausgliederung waren schon 25 Prozent und eine Aktie fort in Richtung Telecom Italia. Gut, das war der erste Schritt.

Jetzt kommt der zweite Schritt: Ausgliederung der Festnetzgesellschaft Telekom Austria; 25 Prozent plus eine Aktie verkauft an die Telecom Italia.

Meine Damen und Herren! Als dieser Deal am 28. Oktober 1998 in Zürich, um sich Steuern, Abgaben zu ersparen, über die Bühne ging, wurden von Herrn Ditz und von Herrn Sindelka die Unterschriften unter diesen Vertrag gesetzt. Die Unterschriften waren noch nicht einmal trocken – die waren noch feucht –, da wurde schon der Generaldirektor der Telecom Italia, Herr Gian Mario Rossignolo, gefeuert, abgesetzt, weil er sich im Zuge einer internationalen Einkaufsaktion ein bißchen übernommen hatte.

Jetzt darf ich Sie, meine Damen und Herren – trotz der Beteiligung von Merrill Lynch, anderer und des Herrn Krammer –, folgendes fragen: Ist das der richtige Partner? – Diese Frage muß ich wirklich ernsthaft in den Raum stellen. Man lacht sich da irgendwelche Leute, irgendwelche Beteiligungen an, und im nachhinein muß man das Ganze immer mit einem großen Fragezeichen versehen.

Meine Damen und Herren! Ich habe diesbezüglich größte Bedenken. Eine Privatisierung ist das alles nicht, denn die Telecom Italia ist ein Unternehmen, das 49 Prozent der Anteile in Italien selbst privatisiert hat, aber es ist nach wie vor mit einer goldenen Aktie mehrheitlich im Staatsbesitz der Republik Österreich. Da wird eben ein Staatsbetrieb an einen anderen Staatsbetrieb mit einem Paket von 25 Prozent veräußert, aber der österreichische Privatanleger, der dieses Papier gerne über die Börse erworben hätte, geht leer aus, meine Damen und Herren. Und dazu wollen wir eigentlich nicht ja sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn privatisiert wird, dann ordentlich und sauber und unter Beteiligung der Österreicher. Daher werden Sie für dieses schlampige und schlechte Gesetz nicht unsere Zustimmung finden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

23.06

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Novelle zum Poststrukturgesetz ist ein notwendiger, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, nämlich zu mehr Wettbewerb, zu einem schlankeren Staat, zu einer Entmonopolisierung und zu mehr Kundenorientierung der österreichischen Post.

Diesen Weg haben wir seit Beginn der Privatisierungsdebatte bei der Post immer wieder gefordert, und wir sind froh darüber, daß mit dieser Novelle dieser Weg fortgesetzt wird. Mit dieser Novelle, meine Damen und Herren, wird das fortgeführt, was wir von der Österreichischen Volkspartei und ich seit Beginn dieser Privatisierungsdebatte immer wieder gefordert haben, was sich auch hier in mehreren Reden im Hohen Haus dokumentiert hat, nämlich die Teilung der Post in sinnvolle betriebswirtschaftliche Einheiten und auch in eigene selbständige Unternehmen und Kapitalgesellschaften.

Ich kann mich noch gut an die Debatte anläßlich der Verabschiedung des Poststrukturgesetzes erinnern, als die Kollegen von der SPÖ die PTA noch als gesellschaftsrechtliche Einheit, als ein Gesamtunternehmen verteidigt haben, das, wenn überhaupt, nur als Ganzes an die Börse gehen sollte und ausschließlich als Einheit von Telekom, Postbus und Gelber Post als Kapitalgesellschaft erhalten werden muß.

Ich bin von der Postgewerkschaft wegen unserer Forderung nach eigenen betriebswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Organisationsformen für die verschiedenen Teilbereiche der Post nicht nur einmal, sondern oft genug attackiert worden.

Meine Damen und Herren! Die heutige Novelle beweist einmal mehr, daß wir recht gehabt haben, daß wir Vorreiter und Wegbereiter einer Entwicklung waren, die sich durchgesetzt hat und die nun – Gott sei Dank! – auch bei der SPÖ, ja selbst bei ihrer Postgewerkschaft Zustimmung findet – nicht mit großer Freude, aber immerhin unter dem Druck wirtschaftlicher Zwänge und Entwicklungen, die uns recht gegeben haben.

Nunmehr akzeptiert auch die SPÖ, daß eine getrennte Privatisierung des Telekom-Sektors, unabhängig von Postbus und Gelber Post, höhere Privatisierungserlöse ermöglicht und deshalb auch für beide Bereiche getrennt erfolgen soll.

Die PTA soll nur noch als Holding übrigbleiben, darunter soll die Telekom Austria AG ab dem Jahre 2000 an die Börse geführt werden, Postdienst und Postautodienst sollen nach entsprechenden Privatisierungskonzepten, nachdem sie durch entsprechende wirtschaftliche Maßnahmen saniert wurden, ebenfalls privatisiert werden.

Das, meine Damen und Herren, war immer unser Weg, und ich bin froh darüber, daß wir heute wieder ein Stück weiter auf diesem Weg gekommen sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin auch überzeugt davon, daß es, wie ich ebenfalls immer wieder gefordert habe, wogegen sich die Sozialdemokraten immer ausgesprochen haben, auch zu einer eigenen Bundesbusgesellschaft kommen wird. Es führt kein Weg an der betriebswirtschaftlich vernünftigen Überlegung und Notwendigkeit vorbei, sowohl den Busdienst der Post als auch den Busdienst der Bahn auszugliedern, diese zusammenzulegen und in eine eigene Bundesbusgesellschaft zusammenzuführen; eine eigene Bundesbusgesellschaft, die dann ebenfalls strategische Partnerschaften eingehen und privatisiert werden soll.

Nur so, meine Damen und Herren, kann den Markterfordernissen entsprochen und können die vielen Synergien genützt werden, die vorhanden sind, wie etwa im Parallel-Linienverkehr von ÖBB und Post, bei den gemeinsamen Werkstätten, bei Beschaffungsvorgängen und beim Personaleinsatz.

Ich weiß, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, viele, insbesondere von der Gewerkschaft, sind auch heute noch dagegen, aber diese Entwicklung wird kommen. Sie liegt in der Logik der wirtschaftlichen Zwänge. Es ist auch gut so, daß diese Entwicklung kommen wird, denn sie ist im Interesse Österreichs, im Interesse unseres Wirtschaftsstandortes und auch im Interesse der zukünftigen Postkunden. (Beifall bei der ÖVP.)

23.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

23.12

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Kukacka, ich muß mich Ihren Ausführungen einfach vollinhaltlich anschließen. Das kommt zwar selten vor, aber mein Kompliment. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie sehen die Dinge richtig, und ich glaube, Sie zeigen auch den richtigen Weg auf; daher prinzipielle Zustimmung der Liberalen zu diesem Gesetzentwurf.

Wir kritisieren aber, daß Zeitraum und Procedere der Privatisierung in diesem Gesetzentwurf nicht beschrieben sind. Das ist offengelassen, aber wenn die ÖVP – anscheinend sind Sie ja die treibende Kraft in der Koalition – da weiter Druck macht, wird diese Privatisierung weiter vorangehen.

Es ist ein Schicksal, freiheitlicher Abgeordneter zu sein, man muß hinter jedem Baum gleich einen Räuber und immer einen Skandal vermuten. Ich weiß nicht, Herr Firlinger und Herr Gaugg: Ist es nicht möglich, daß diese Bundesregierung einmal etwas richtig macht? – Ich glaube, sie macht etwas richtig, und wir sollten sagen: Bravo, macht weiter so! – Man kann nicht alles skandalisieren, das wird ganz einfach fad. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.)

Die Telekom Austria sollte sehr bald an die Börse gehen, sie ist börsereif. Die Technologie, vor allem die Funktechnologie, entwickelt sich sehr rasch weiter. Die hohen Anlagevermögen der Telekom Austria werden möglicherweise bald Ballast und kein Asset mehr sein. Da sollte die Privatisierung schnell voranschreiten.

Betreffend Postbus: Ob man beide Businstitutionen zusammenlegt und eine Bundesbusgesellschaft daraus macht oder ob man die beiden – sowohl ÖBB-Busse als auch die Postbusse – überhaupt privatisiert und schaut, ob man einen privaten Betreiber oder Partner findet, sind verschiedene Möglichkeiten, über die sich diskutieren läßt. Ich glaube aber, daß es wichtig ist, daß man auch da einen privatwirtschaftlichen Weg findet.

Die Gelbe Post wird langfristig größere Schwierigkeiten haben: neue Datennetze, E-Mail, Fax und neue Paketdienste. Man wird sich sehr stark den Kopf darüber zerbrechen müssen, was mit den Postämtern auf dem Land passieren soll. Wir haben heute zu Beginn dieser Sitzung über die Frage der Synergie, der Partnerschaft von Nahversorgungszentren gesprochen, wobei Gasthaus und Post, Nahversorger und Post, Trafik, Lottostelle und Post zusammenkommen. Ich meine, da bedarf es einiger innovativer Ideen, wie man diese Postdienste gerade auf dem Land im Sinne der Nahversorgung erhalten kann.

Die zukünftigen Strukturen der Holding sind auch zu diskutieren. Wenn die Privatisierungen Platz greifen, bleiben die PTBG und die PTA übrig. Warum kann man diese nicht gleich mit der ÖIAG zusammenführen? – Das wäre eine Idee, die sicherlich sinnvoll wäre.

Unsere Kritik an diesem Gesetz betrifft im wesentlichen Artikel II in der Frage des Post-Betriebsverfassungsgesetzes. Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, zum wiederholten Male: Ihre Aktion Fairneß kann vor den öffentlich Bediensteten nicht haltmachen. Sie können auf Dauer nicht glaubwürdig bleiben, wenn Sie richtigerweise sagen: Arbeiter und Angestellte haben selbstverständlich dasselbe Recht. – Aber was ist mit den öffentlich Bediensteten? Wollen Sie die Privilegien der Postbediensteten jetzt über das Post-Betriebsverfassungsgesetz in alle Töchtergesellschaften hinüberschleppen? – Das wird möglicherweise eine Krücke sein, um die Zustimmung der Postgewerkschaft zu erhalten. Sie glauben aber wohl nicht wirklich, daß die Postgewerkschaft nicht versteht und nicht in der Lage dazu ist, zu lernen, daß sie zwar eine wichtige und unverzichtbare Dienstleistung in Österreich erbringt, aber eben nur eine Dienstleistung wie viele andere auch? Warum daher die privilegierte Stellung? – Dafür gibt es keinen Grund mehr. (Beifall beim Liberalen Forum.) Die Zeit dieser Sonderstellungen in unserer Gesellschaft sollte sich rasch ihrem Ende zuneigen.

Wir Liberalen werden daher in zweiter Lesung eine getrennte Abstimmung über den Artikel II verlangen und diesen ablehnen, um unsere Unzufriedenheit zu dokumentieren. In dritter Lesung werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters wurde nicht verlangt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haider.)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1537 der Beilagen.

Herr Abgeordneter Mag. Peter hat soeben in seiner Rede erwähnt, daß er ein Verlangen auf getrennte Abstimmung stellt. Ich werde daher zunächst über jene Gesetzesstelle, die von diesem Verlangen erfaßt ist, abstimmen lassen und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über Artikel II in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil des Gesetzentwurfes ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Auch in dritter Lesung ist der Entwurf mehrheitlich angenommen.

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1476 der Beilagen): 2. Dienstrechts-Novelle 1998 (1538 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erstem Redner in dieser Debatte Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer das Wort. – Bitte.

23.17

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, es ist nicht mehr der geeignete Zeitpunkt, um allzuviel über die "Pannen-Liesl" zu sagen. Aber was ihr in letzter Zeit an Fehlern unterläuft, reicht aus, um sie gleich hinter Minister Einem einzureihen. Kollege Höchtl hat ja auch aufmerksam verfolgt, daß diese Rohrstaberldebatte nicht sonderlich glücklich verlaufen ist. Hinsichtlich der Drogengeschichte, die heute virulent geworden ist, wird sich Frau Gehrer auch nicht unbedingt als Unwissende darstellen können. Ich kann mir nicht vorstellen, daß im Unterrichtsministerium, wo sie doch alle Zügel fest in der Hand hat, gerade solch wichtige Dinge ohne ihr Wissen passieren.

Ähnliches, Kollege Höchtl, ist auch bei dem passiert, was heute noch beschlossen werden soll; eine Neuregelung der Neuregelung steht heute auf Druck der Lehrergewerkschaft zu Beschluß. (Zwischenruf des Abg. Dr. Höchtl.) Da hat die schwarze Ministerin mit der schwarzen Gewerkschaft etwas ausverhandelt, und all das, was sie ausverhandelt haben, ist in Kraft getreten. Das lohnt sich schon gesagt zu werden: Am 1. September 1998 ist dieses Gesetz, das heute bereits wieder außer Kraft gesetzt wird, erst in Kraft getreten. Von weitsichtiger Politik kann in diesem Zusammenhang nicht unbedingt die Rede sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das war offensichtlich nicht ganz der Weisheit letzter Schluß. Es ist schade, Herr Kollege Höchtl, daß man die Gelegenheit nicht dazu genützt hat, den Antrag der Freiheitlichen, den ich vor kurzem in diesem Zusammenhang eingebracht habe, zu behandeln. Es ist schade, daß der Antrag, der ein modernes, leistungsorientiertes Dienst- und Besoldungsrecht zum Inhalt hat, von Ihnen gänzlich ignoriert wird.

Sie beschließen unter Druck, einen weiteren Flicken auf eine verschlissene Hose zu nähen. Dabei werden wir Freiheitliche nicht mitmachen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

23.20

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Die vorliegende 2. Dienstrechts-Novelle 1998 ist ein wichtiger und notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Die Einführung einer Dienstkarte, Fragen des Exekutiv- und des Militärdienstes bis hin zu Lehrerfragen sind in dieser Novelle enthalten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich darf hier einige Punkte herausgreifen. Um dem Wildwuchs in Fragen einer Dienstkarte auch im Sinne des Datenschutzes Rechnung zu tragen, ist es notwendig, eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen. Die zulässigen Daten, die auf dieser Dienstkarte vermerkt sein können, sind im Gesetz taxativ angeführt. Das bedeutet, daß geäußerten Bedenken über unkontrollierbare Datenmengen oder gar Personalkontrollen Rechnung getragen wurde und diese Einschränkungen auch für elektronische Datenträger wie Magnetstreifen oder Chips gelten würden. Wenn es dennoch darüber hinaus notwendige Anforderungen oder Wünsche gibt, wird eine Verordnungsermächtigung für die einzelnen Ressorts vorgesehen. Damit kann man diesen Punkt als gut gelöst ansehen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einführung von Ausgleichsmaßnahmen für besondere Erschwernisse des Exekutivdienstes im Nachtdienst. Die von den Kolleginnen und Kollegen der österreichischen Exekutive geforderten Ausgleichsmaßnahmen finden darin ihren Niederschlag und wurden einvernehmlich ausverhandelt. Als besonders zeitgemäß kann es angesehen werden, daß sich die Kolleginnen und Kollegen selbst aussuchen können, ob sie sich für Zeitgutschriften zur Regeneration oder für einen finanziellen Ausgleich entscheiden. Diese Maßnahmen sind ein Schlußstrich unter ein großes Exekutivpaket und ermöglichen eine gerechte Behandlung der österreichischen Exekutivbeamten, die unbestritten einen schweren Dienst zum Wohle der österreichischen Bevölkerung leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im militärischen Bereich sind vor allem für die Truppenkommandanten vor Ort einige wichtige Neuregelungen vorgesehen.

Hinsichtlich der Frage der Lehrer, über die ja im heurigen Jahr bereits heftig diskutiert und die auch von den Medien transportiert wurde, kommt es zu einigen Regelungen betreffend Abgeltung von Schulveranstaltungen, Betreuung von Maturaklassen, EDV-Arbeitsplätze und analoge Bestimmungen im LDG. (Abg. Smolle: Dann dürfte keiner mehr durchfallen bei der Matura! Bei den Zulagen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die von mir eingangs erwähnten einzelnen Punkte einen notwendigen und wichtigen Beitrag zu einem modernen Dienstrecht darstellen. Aus diesen Gründen stimmt die sozialdemokratische Fraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf gerne zu. (Beifall bei der SPÖ.)

23.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte.

23.24

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man sich den Bericht des Finanzausschusses anschaut, dann sieht man, es geht an und für sich von Punkt 1 bis 16 so gut wie ausschließlich um Einstufungen, Zulagen, Abschlagsstunden und andere Dinge mehr. Alleine aus diesem Grunde lehnen die Liberalen diese Novelle und insbesondere die Novellen zum Beamten-Dienstrechtsgesetz und zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz ab.

Wir lehnen diese aus prinzipiellen Gründen ab. Es geht uns nicht darum, ob Lehrer oder Lehrerinnen die doppelte Aufwandsentschädigung für mehrtägige Schulveranstaltungen bekommen oder nicht. Es handelt sich angesichts der Höhe dieses Betrages sowieso um einen vernachlässigbaren Bereich.

Wir sind jedenfalls der Auffassung – das haben wir von dieser Stelle aus auch schon oft genug betont und wiederholt –, daß das Besoldungssystem, das Dienstrecht insgesamt hochgradig reformbedürftig ist, und wir werden uns nicht mehr dazu hergeben, kleine Reparaturen an der Oberfläche mitzutragen. Wir halten das derzeitige System für leistungsfeindlich. Individuelle Leistungen, besonderes Engagement der Betroffenen, insbesondere der Lehrer und Lehrerinnen, rechnen sich nicht. Wir halten das bestehende System auch deswegen für ungerecht, weil sich die Verdienstchancen ausschließlich nach dem Dienstalter definieren, vielleicht noch nach der Möglichkeit, verschiedene Mehrdienstleistungen zu lukrieren. Auch das ist wiederum zwischen den verschiedenen Schularten sehr unterschiedlich. Ich denke, daß gerade in diesem System völlig gleiche Leistungen höchst unterschiedlich honoriert werden.

Das zeigt sich bei diesen Novellen insbesondere dabei, wenn es um die Abgeltung der Betreuung von EDV-Anlagen geht. Es ist meiner Meinung nach einfach nicht einsichtig, warum ein Hauptschullehrer aufgrund seiner Einstufung, aufgrund seiner Besoldungsgruppe für dieselbe Arbeit bei der Betreuung einer bestimmten Anzahl von Computern weniger Geld bekommen soll als ein Lehrer, der diese Tätigkeit an einer AHS ausübt.

Wir halten dieses bestehende System auch für bürokratisch verkompliziert. Das zeigt sich nirgendwo deutlicher als beim § 61 Gehaltsgesetz. Es ist eine Tatsache, daß nicht einmal die EDV-Systeme diesen komplizierten Dingen gerecht werden können. Lehrer und Lehrerinnen haben bisher nicht einmal die tatsächlich geleisteten Überstunden ausbezahlt bekommen.

Wir fordern seit langem – und wir wiederholen diese Forderung hier – die Umstellung auf ein leistungsorientiertes Gehaltsschema. Dafür müßte endlich einmal eine umfassende Arbeitsplatzbeschreibung eingeleitet werden. Die ständigen Versprechungen der Vergangenheit wurden bisher nie eingehalten. Es ist einfach notwendig, endlich mit diesem Zulagenwesen, mit diesen Abschlagsstundenwesen im gesamten Bereich aufzuhören. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Erst wenn diese Arbeitsplatzbeschreibung durchgeführt worden sein wird, kann man "außerordentliche Leistungen" auch definieren. Im Schulbereich würden sich folgende Fragen stellen: Wie schaut es mit der Betreuung von EDV-Anlagen aus? Wie schaut es mit besonderem Engagement im Bereich der Fortbildung in der Ferienzeit aus? Wie sieht es mit besonderen Beiträgen zur Entwicklung der Schulqualität, zur Entwicklung eines besonderen Schulprofils aus? – Es gab bisher keine Leistungsanreize, und das hält auch die Motivation von engagierten Lehrern und Lehrerinnen ziemlich in Grenzen.

Diese Novellen zementieren ein System, das sich an Gehaltsstufen und Verwendungsgruppen orientiert. Diese Zementierung wollen wir nicht. Wir wollen kein leistungsfeindliches, wir wollen kein ungerechtes System, sondern wir wollen, daß Wettbewerb und Leistungsorientierung auch im öffentlichen Dienst Einzug halten.

Sie können mit einer Zustimmung der Liberalen zur 2. Dienstrechts-Novelle im Besoldungsbereich erst dann rechnen, wenn Sie wirklich endlich einmal – das ist schon lange überfällig – den Mut aufbringen, sich von der Oberflächenkosmetik zu lösen, und echte Reformen in Richtung Leistungsorientierung in Angriff nehmen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

23.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

23.29

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser 2. Dienstrechts-Novelle wird, wie von manchen Vorrednern bereits erwähnt, eine Fülle von Anpassungen geregelt, die aufgrund von Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern erreicht worden sind.

Wir stimmen den Anpassungen, die für die Exekutive und für Teile der Kollegenschaften in der Landesverteidigung, selbstverständlich auch für jene, die im Schulbereich tätig sind, erreicht worden sind, zu.

Was den Schulbereich anbelangt, muß ich hinzufügen, daß zusätzlich zu dem, was in dieser Dienstrechts-Novelle enthalten ist, von der Frau Bundesminister eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt worden ist, in der alles, was sich an notwendigen Analysen und Verbesserungen im Laufe der vergangenen Jahre ganz einfach angesammelt hat, partnerschaftlich bearbeitet werden soll. Das soll natürlich nicht allzu lange dauern, aber es soll jenes feste Fundament bilden, aufgrund dessen sich die Zukunft der Pädagogen auch ohne größere Auseinandersetzungen entwickeln kann.

Wir stimmen jenen Übereinstimmungen zu, die wir in dieser Dienstrechts-Novelle erreichen konnten, und hoffen, daß auch in dieser Arbeitsgruppe gemeinsam viel Positives erreicht werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

23.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Antoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

23.31

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Gerade noch rechtzeitig, nämlich vor Ende des Kalenderjahres, konnten Lehrergewerkschaft und Dienstgeber jenen Kompromiß aushandeln, der die Abhaltung von Schulveranstaltungen aller Art sicherstellt. Mit geregelt wurden – darauf haben meine Vorredner bereits hingewiesen – die Betreuung von Matura- beziehungsweise Abschlußklassen und einige andere Dinge.

Ich möchte nur einen Punkt herausgreifen, der mir besonders wichtig und erfreulich zu sein scheint: Ich halte die Neuregelung der EDV-Betreuung im Bereich der Hardware, der Software, der Netzwerkbetreuung und der Vernetzung in Pflichtschulen und dabei wiederum vor allem im Bereich der Volksschulen für etwas Wichtiges und Gutes! Wir ermöglichen damit bereits den Volksschülerinnen und -schülern den Zugang zu neuen Medien. Neben der Vermittlung der Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen haben sie nun die Möglichkeit, auch EDV-Kompetenz zu erarbeiten.

Ich halte die erzielten Regelungen für richtig. Dennoch – und darin stimme ich einigen meiner Vorredner absolut zu – entbindet uns das nicht der Verpflichtung, gemeinsam mit den Lehrervertretern intensiv und engagiert an einem neuen Dienst- und Besoldungsrecht für LehrerInnen zu arbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

23.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1538 der Beilagen.

Wer für diesen Gesetzentwurf ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1432 der Beilagen): Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds (1534 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 945/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung österreichischer Beiträge zum von der Weltbank treuhändisch verwalteten HIPC-Treuhandfonds bzw. zu international akkordierten Notstandshilfe- bzw. Wiederaufbaufonds zur Linderung der durch den Wirbelsturm Mitch verursachten Katastrophe in Mittelamerika (1540 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 17 und 18 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht begehrt.

Wir beginnen die Debatte mit einer Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Mag. Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

23.35

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht bei dieser Regierungsvorlage 1432 der Beilagen: Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds, um eine Aufstockung um 684 Millionen Sonderziehungsrechten, das entspricht in etwa 11,6 Milliarden Schilling.

Es ist mir eigentlich unverständlich, daß man über diese Dinge so einfach hinweggeht, obwohl gerade in letzter Zeit öfter zu hinterfragen war, was mit diesen Geldern passiert. Der Internationale Währungsfonds agiert seit zirka vier Jahren, seit der Mexiko-Krise, als Krisenfeuerwehr für Länder, die in Probleme geraten. Mit Dollarmillionen werden die Devisenkassen aufgefüllt, um diese Probleme zu bewältigen und das Vertrauen der internationalen Finanzmärkte wiederherzustellen. Dieses Vertrauen gewinnen die Länder aber nur dadurch, daß sie eben ihre Auslandsverbindlichkeiten zurückzahlen, das heißt, diese vom Währungsfonds überwiesenen Gelder gehen postwendend wieder zurück an die Gläubiger im Ausland.

Unter diesen Auslandsgläubigern finden sich aber nicht nur Investoren, die in den besagten Ländern langfristige realwirtschaftliche Investitionen durchgeführt haben, das Geld des IWF geht auch an sogenannte kurzfristige Fonds zurück, die eigentlich nur in Hochzinsländern mit riskanten Spielchen agieren, und zwar vor dem Hintergrund, daß, sollte irgend etwas passieren, ohnedies der Währungsfonds einspringt und eine sogenannte Schadensregulierung herbeiführt. Dadurch ist es nun möglich, daß es sich reine Spezialfonds, Spekulationsfonds wie der Longterm Capital Management Fund, der in letzter Zeit nur durch Milliardenstützungen aufgefangen werden konnte, einfach leisten können, in diesen Ländern zu spekulieren, weil sie ohnedies die Gewißheit haben, daß der Internationale Währungsfonds einspringt und allfällige spekulative Risken abfängt. Aber dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind uns unsere Steuergelder einfach zu schade! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Solche Fonds sind nur darauf ausgerichtet, allfällige Gewinne rasch zu lukrieren und, sobald es irgendein Problem gibt, sich rechtzeitig zurückzuziehen. Falls man sich einmal nicht rechtzeitig zurückgezogen hat, laufen eben die Rettungsaktionen seitens des Währungsfonds an! Es ist immer der gleiche Kreislauf, der dabei zu beobachten ist: Ein Land gerät in Zahlungsschwierigkeiten, die Zahlungsschwierigkeiten resultieren daraus, daß die Exportaufträge zurückgehen und damit weniger Devisen ins Land kommen. Es entsteht Devisenknappheit und natürlich auch eine Gefahr für die Währung.

Aber es gibt auch noch andere Ursachen für diese Krisen, wie etwa die Bankenstruktur in diesen Ländern oder eine falsche Kreditpolitik. Der Währungsfonds greift also ein und fordert dafür gewisse Auflagen wie eine Bereinigung der Strukturen, die Durchführung struktureller Maßnahmen, eine Reduzierung des Budgetdefizites und daß die Geldmenge knapp gehalten wird. Denn wenn die Geldmenge knapp gehalten wird, dann steigen natürlich die Zinsen, und das ist wiederum notwendig, damit erneut Anlagekapital in diese Länder fließt. Aber dadurch kommen wieder die kurzfristigen Anleger, die dort Risikokapital anlegen und rasches Geld machen wollen, die Zinsen steigen, und die eigentlich Leidtragenden bei diesen ganzen Aktionen sind die dort lebenden Menschen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn sobald sich diese kurzfristigen, riskanten Anleger wieder aus dem dortigen Finanzmarkt zurückziehen, wird die Krise viel schwerwiegender. Und die eigentlich Leidtragenden sind die dortige Bevölkerung. Es kommt zu einer rasch steigenden Inflation, die Bevölkerung kann sich nichts mehr leisten, es entsteht Armut. Denjenigen, für die der Währungsfonds eigentlich da ist, da er die Volkswirtschaft schützen soll, beziehungsweise sollten seine Gelder der Bevölkerung zugute kommen, kommt diese Einrichtung also nicht zugute, sondern nur den risikobereiten internationalen Privatanlegern. Und solange dieser Mißstand nicht beseitigt ist, wird es seitens der freiheitlichen Fraktion dafür keine Zustimmung geben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mich wundert bei der ganzen Sache nur, daß während der gesamten Begutachtungsphase die Arbeiterkammer das als einzige kritisch angemerkt hat. Die Arbeiterkammer hat das nämlich ganz treffend festgestellt. Solange der Internationale Währungsfonds nicht eingreift und nicht dafür sorgt, daß dort sozialer Unfriede vermieden wird, sondern nur dafür sorgt, daß private Spekulanten ihr Geld nicht verlieren, solange diese Tatsache nach wie vor gegeben ist, wird es seitens der Freiheitlichen keine Zustimmung zu diesen Aktionen geben. (Beifall bei den Frei-heitlichen.)

23.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

23.40

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kritik des Kollegen Trattner am Internationalen Währungsfonds ist berechtigt (demonstrativer Beifall des Abg. Scheibner), denn es ist in der Tat so, daß die Politik des Internationalen Währungsfonds in den letzten Monaten – berechtigterweise – überdacht wurde. In der morgigen Ausgabe der "Presse" wird aus einer Studie der Weltbank, erarbeitet vom Chefökonomen der Weltbank, Joseph Stiglitz, zitiert, in der relativ präzise nachgewiesen wird, daß die Politik des Internationalen Währungsfonds nicht die selbstgestellten (Abg. Ing. Meischberger: Bitte fürs Protokoll: Das ist ja nicht wahr!) – nachlesen, Kollege Meischberger, falls das möglich ist – Zielsetzungen erfüllt, weil sie in vielen Ländern, in denen Rettungspakete des Währungsfonds geschnürt worden seien, dazu geführt habe, daß die Nachfrage zusammengebrochen, große Teile der Bevölkerung im wesentlichen der Verarmung preisgegeben worden seien, und daher mit Recht auch von der Europäischen Union und deren Finanzministern eine fundamentale Reform des Währungsfonds gefordert wird.

Ich bin der Meinung, daß, so richtig die Kritik am Währungsfonds und seiner Politik ist, es aber gleichzeitig ebenso wichtig ist, daß man ein Instrument wie den Währungsfonds zur Verfügung hat. Denn es geht um die Frage: Mit welchen Instrumenten kann man in einer globalisierten Weltwirtschaft Krisen einigermaßen managen? – Und es gibt eine Reihe von Ideen für zusätzliche Institutionen der Weltwirtschaft, über die man meines Erachtens diskutieren kann, aber ich bin der Auffassung, man sollte zuerst immer die bereits vorhandenen Strukturen dafür nützen, das zu machen, was tatsächlich notwendig und richtig ist, bevor man sich neue Institutionen und neue Bürokratien einfallen läßt.

Ich setze in diesem Zusammenhang große Hoffnungen auf eine koordinierte Aktion der Europäischen Union, denn mit Einführung des Euro wird ein gemeinsames Auftreten im Währungsfonds eher möglich. In der letzten Ministerratssitzung im ECOFIN-Rat wurde ja die Vertretung des Euro nicht nur bei den G-7, sondern auch im Währungsfonds diskutiert. Ich halte das für einen ersten, richtigen Schritt, den Währungsfonds von seiner bisherigen Linie, die mit Recht kritisiert wird, wegzubringen.

Im zweiten Punkt dieser Debatte geht es um die Maßnahmen, die wir setzen, um den Opfern des Wirbelsturmes Mitch in Zentralamerika zu helfen. Es ist eine Katastrophe, die die betroffenen Länder in ihrer Entwicklung um 20 Jahre zurückwirft. Ich halte es für richtig, berechtigt und notwendig, daß die internationale Staatengemeinschaft Hilfestellungen leistet. Für uns ist es meiner Ansicht nach wichtig, daß wir uns nicht nur darauf verlassen, daß die multilateralen Organisationen mit unserem Beitrag dort Hilfe leisten, sondern daß wir auch die vorhandenen Strukturen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, über die wir verfügen, da alle diese Länder entweder Kooperations- oder Schwerpunktländer der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit sind, dazu nützen, Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die auch tatsächlich helfen.

Denn es geht darum, daß gerade in einer Zeit, in der durch "World Vision" mit Recht (Abg. Gaugg: Wenn einer in einer Tour kritisiert und dann zustimmt, ist er nicht glaubwürdig!) Spenden für internationale Zusammenarbeit ins Gerede gekommen sind, der österreichische Staat jenen Weg wählen sollte, der der sicherste ist, nämlich einen Großteil der Hilfslieferungen über Strukturen, die nachgeprüft funktionieren, dort zu plazieren, damit diese Hilfe nicht dazu verwendet wird, daß sich irgendwelche korrupten Regierungen bereichern, sondern ganz im Gegenteil den Ärmsten der Armen zugute kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daher ist es wichtig, daß der Finanzausschuß für den vorliegenden Antrag einen Abänderungsantrag beschlossen hat, der Hilfe nicht nur über multilaterale Organisationen kanalisiert, sondern auch die Möglichkeit offenläßt, jene 100 Millionen Schilling, die wir zur Verfügung stellen, auch über die direkten Kanäle der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit abzuwickeln. Ich glaube, das ist der sicherste Weg, daß das Geld dort ankommt, wo es auch tatsächlich ankommen soll, nämlich bei den Ärmsten! (Beifall bei der SPÖ.)

23.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

23.46

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Grünen stimmen den Anträgen des Finanzausschusses betreffend Hilfeleistungen aus Anlaß der Wirbelsturmkatastrophe selbstverständlich zu. Ich halte es für wichtig, bei derartigen Katastrophen internationale Solidarität zu beweisen. Aber auch zu später Stunde und auch in diesem schon reduzierten Kreis ist es mir wichtig, hervorzuheben, daß Österreich meiner, unserer Meinung nach zu wenig tut, um den Ursachen der eindeutig immer häufiger auftretenden Naturkatastrophen beizukommen.

Das wichtigste wären ernstgemeinte und auch wirklich durchgeführte Klimaschutzprogramme. Denn meiner Meinung nach kann man sich von den Schwellen- und Entwicklungsländern nur dann etwas erwarten, wenn hochentwickelte Industriestaaten wie Österreich mit gutem Beispiel vorangehen. Es wird wohl niemand in diesem Haus ernsthaft bezweifeln, daß die Anstrengungen zur Eindämmung der Klimakatastrophe wirklich mit Nachdruck betrieben und vor allem die notwendigen Maßnahmen im Rahmen der Steuer- und Strukturpolitik – Schlagwort "Ökosteuerreform" – getroffen werden sollten. Hier sind Sie säumig. Es ist zwar notwendig, Mittel zur Katastrophenlinderung und -bekämpfung zur Verfügung zu stellen, aber noch viel wichtiger wäre es, Maßnahmen zu setzen, damit die Häufigkeit solcher Katastrophen reduziert werden kann.

Dem Bericht des Finanzausschusses betreffend die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds können wir nicht zustimmen. Wir haben das noch einmal sehr ausführlich diskutiert.

Herr Abgeordneter Gusenbauer, Sie haben selbst den Bericht über jene Pressekonferenz erwähnt, auf der der Experte der Weltbank Kritik am IWF geübt hat. Ich frage Sie nun, ob man einer Institution, an der sogar die Weltbank, die ja wahrlich nicht im Verdacht steht, der Marktwirtschaft und marktkonformen Sanierungsmodellen abgeneigt zu sein, Kritik übt, mehr Geld geben soll. Denn ich denke, daß der IWF seine patenten "Sanierungsvorschläge" – unter Anführungszeichen – ein wenig überzogen hat. Im Rahmen dieser Kritik konnte man auch hören, daß die überhöhte Zinsenpolitik zu unnötigen, zu sozialen Härten in der Binnenwirtschaft geführt hat. Mir ist jedoch bis jetzt kein Statement des IWF bekannt, aus dem hervorgegangen wäre, daß man diese Fehler wenigstens erkannt hat. In einem solchen Fall könnte man darüber reden, ob man dieser Institution in Zukunft ein größeres Vertrauen entgegenbringen kann. Aber ein selbstkritischer Ton ist dort noch nicht vorgekommen.

Wörtlich heißt es im entsprechenden Bericht der "Presse": "Gleichzeitig mit der Sanierung der bankrotten Banken müßten die armen Bevölkerungsschichten durch ,soziale Sicherheitsnetze‘ geschützt werden." Durch diese wunderbaren "Sanierungspakete" – unter Anführungszeichen – seien allein in Indonesien und Thailand in einem einzigen Jahr 25 Millionen Menschen in die Armut zurückgefallen. Das ist ein wunderbares "Sanierungsinstrument", das Sanierung über soziale Härten, über Armutspolitik betreibt! Und dafür soll Österreich die Finanzierungsquote erhöhen? – Das scheint mir nicht wirklich opportun zu sein!

Die Weltbank – man höre und staune! – kommt jetzt zum Schluß – wir haben lange auf ein solches Wort aus dem Mund eines Weltbankexperten gewartet –, daß die Bekämpfung der Armut in den Entwicklungsländern dringlich sei. Und so eine banale Erkenntnis, nämlich daß es Stabilität und wirtschaftlichen Fortschritt nicht geben kann, wenn der soziale Fortschritt nicht zumindest einigermaßen Hand in Hand damit geht, scheint sich nun wenigstens in der Weltbank breitzumachen. Das bedeutet offenbar auch eine Kritik an der bisherigen Politik der Weltbank, aber der IWF ist davon noch wenig beeinflußt.

Wenn sogar die Weltbank empfiehlt, bei der Liberalisierung der Kapitalbewegungen mehr Vorsicht walten zu lassen, dann, glaube ich, stünde es dem österreichischen Parlament gut an, bei der Gewährung weiterer Finanzmittel an eine Institution, die Menschen in die Armut zurückversetzt hat, ebenfalls mehr Vorsicht walten zu lassen. (Beifall bei den Grünen.)

23.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Fink. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

23.50

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Mit dem heutigen Beschluß beteiligt sich Österreich an dem international akkordierten Hilfsprogramm für die Länder Honduras, Nicaragua, Guatemala und El Salvador, die am schwersten vom Wirbelsturm Mitch betroffen sind.

Österreich ist in Mittelamerika nicht sehr stark engagiert. Der Betrag, den wir für dieses Programm leisten, beläuft sich auf 100 Millionen Schilling. Wenn man es damit vergleicht, daß Spanien 1,8 Milliarden Schilling an Hilfe leistet, ist das eigentlich nicht sehr viel. Österreich hat allerdings 14 Millionen Schilling Soforthilfe für den Ankauf von Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen dringend benötigten Hilfsmitteln geleistet. Weiters wird Österreich diesen Ländern einen Schuldennachlaß gewähren.

Diese Naturkatastrophe wird als die schwerste Katastrophe dieses Jahrhunderts bezeichnet. Ich meine daher, daß diese Hilfe von 100 Millionen Schilling den betreffenden Ländern vorurteilslos und mit gutem Gewissen gewährt werden kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

23.52

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Es stimmt, daß sich der Internationale Währungsfonds in der Geiselhaft der Finanzmärkte befindet. Das ist eine richtige, aber traurige Analyse. Jenen Schluß daraus zu ziehen, den Trattner und Petrovic gezogen haben, nämlich ihm weitere Mittel zu verweigern, halte ich jedoch für falsch. Denn die Alternative, nämlich daß es keinen Währungsfonds gibt, der Finanzturbulenzen einigermaßen einebnet, heißt, daß wir in unserer Weltwirtschaft schwarze Löcher bekommen, die nicht nur die gesamten Finanzmärkte, sondern auch die Wirtschaft sehr rasch in ihren Strudel hineinziehen.

Wir sind also, das gebe ich zu, in der heutigen Situation ohne Zweifel nahezu dazu gezwungen, diesen Turbulenzen über den Internationalen Währungsfonds immer wieder die Schärfe zu nehmen, wohl wissend, daß davon Finanzanleger profitieren, die zwar sehr wohl dazu bereit sind, auf Risikomärkten hohe Renditen zu lukrieren, aber dann nicht bereit sind, das Risiko auch selbst zu tragen. Die Alternative, nämlich nicht mit dem Internationalen Währungsfonds zu intervenieren, wäre aber noch schlimmer, und das ist die Geiselhaft, von der ich sprach.

Die Reform des Internationalen Währungsfonds kann auch von Europa ausgehen, wenn Europa es lernt, innerhalb des Internationalen Währungsfonds über den ECOFIN-Rat gemeinsame Strategien zu verfolgen und eine neue Führung im Internationalen Währungsfonds zu installieren, die mehr als bisher der Kontrolle der Geldgeber unterliegt.

Die Situation der Finanzmärkte insgesamt halte ich vor allem im Sinne des Derivathandels für bedrohlich. Dieses Problem erfordert eine globale Zusammenarbeit auf globalen Finanzmärkten. Wir werden – besser früher als später – zu globalen Rahmenbedingungen für unsere Finanzmärkte kommen müssen. So weit sie heute noch entfernt liegen mögen, so sehr müssen wir das anstreben! Den Derivathandel insgesamt über eine "Tobin tax" zu belasten, halte ich für einen ausgesprochen diskutierenswerten Weg, um das Volumen einzuschränken und auf jene Bereiche zu reduzieren, für die die Derivate richtigerweise erfunden wurden.

Wir Liberale werden also der Erhöhung der Quote Österreichs im Internationalen Währungsfonds zustimmen, wobei ich es, genauso wie die anderen Redner, mit Bauchweh tue. Aber wir haben meiner Überzeugung nach in der momentanen Situation leider keine andere Alternative. Daß wir den Opfern des Wirbelsturms Mitch eine Unterstützung zukommen lassen wollen, halte ich für selbstverständlich und kündige daher die Zustimmung zu beiden Vorlagen an. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Gusenbauer.)

23.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort des Berichterstatters ist nicht gewünscht.

Wir stimmen jetzt über jeden Ausschußantrag getrennt ab. Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Erhöhung der Quote Österreichs beim Internationalen Währungsfonds samt Titel und Eingang in 1432 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, der möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Auch das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Leistung österreichischer Beiträge zur Linderung der durch den Wirbelsturm Mitch verursachten Katastrophe in Mittelamerika samt Titel und Eingang in 1540 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Entwurf ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung diesem Entwurf zustimmt, der möge dies durch ein Zeichen kundtun. – Das ist gleichfalls einstimmig. Der Entwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

19. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 800/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend Vorlage eines Berichtes über erfolgte Budgetausgliederungen (1535 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu Punkt 19 der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Es liegt mir nur eine Wortmeldung vor, und zwar von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic. – Bitte.

23.57

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir verhandeln in diesem Hohen Haus oftmals über sogenannte Budgetausgliederungen. Seitens der Regierungsparteien wird für diese Ausgliederungen in der Regel ins Treffen geführt, daß zum einen die Bundesverwaltung, das Bundesdienstrecht, das Haushaltsrecht zu schwerfällig sei, um eine moderne Unternehmensführung zu ermöglichen, und – als zweites Argument – die Ausgliederung dazu führen würde, daß ein bisher defizitärer, teurer Bereich billiger und wirtschaftlicher wäre.

Bislang sind beide Regierungsparteien jeden Beweis für diese Behauptungen schuldig geblieben. Im Gegenteil! (Abg. Mag. Mühlbachler: Stimmt nicht!) Doch, das stimmt! Sie können aber natürlich Ihre bisherige Haltung dadurch relativieren, daß Sie jetzt den negativen Ausschußbericht ablehnen. Es gibt keine Evaluierung der erfolgten Ausgliederungen. Das, was Sie da betreiben, ist eine "Voodoo-Ökonomie", die mit einer sinnvollen budgetären Zielsetzung nichts mehr zu tun hat.

Meine Damen und Herren! Sagen Sie uns doch, wie sich die Relation zwischen den Kosten und vor allem dem volkswirtschaftlichen Nutzen der Ausgliederung der Arbeitsmarktverwaltung – jetzt heißt sie ja AMS –, für welche die Frau Sozialministerin zuständig war, verändert hat! Die Arbeitslosenquote ist nicht gesunken. Der volkswirtschaftliche Nutzen ist sicherlich nicht größer geworden, obwohl man das damals bei der Ausgliederung sehr heftig behauptet hat. Man wolle die Arbeitslosigkeit endlich effizienter bekämpfen, hieß es. Fazit: Das war nicht der Fall. Die Arbeitslosigkeit ist gestiegen. Die Kosten sind nicht gesunken, ganz sicher nicht! In allen Abteilungen, in allen Landesstellen gibt es jetzt jeweils einen roten und einen schwarzen Direktor, die mehr verdienen als im Rahmen der Bundesadministration, und insgesamt ist das Kostenniveau überhaupt nicht gesunken.

Das, was sich eindeutig verschlechtert hat, ist das Leistungsniveau. Und es wurde – unter Anführungszeichen – sehr "selektiv" vor allem bei den Kosten für Kursmaßnahmen, die Frauen betreffen, oder auch bei gemeinnützigen Einstellungsbeihilfen gespart. All das wird es in Zukunft nicht mehr geben. Ich glaube, daß das volkswirtschaftlich unvernünftig und mittel- und langfristig auch teurer ist. – Es wurde also kein entsprechender Beweis erbracht.

Ebenso verhält es sich bei der Autobahnen- und Schnellstraßenfinanzierungs AG und bei der Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesellschaft. – Erreichen diese die 50prozentige Eigenfinanzierung, wie sie in der EU vorgeschrieben ist? Das Parlament erfährt gar nichts mehr! Diese Unternehmen wurden ausgegliedert, und die Opposition hat jedes Recht, Anfragen zu stellen, verloren. Trotzdem folgen weitere Unternehmungen: ÖBB, Post und Telekom, Industrieholding, ÖIAG, also eine Fülle von Ausgliederungen. Es wäre wohl ein Gebot der ökonomischen Vernunft, daß man irgendwann einmal nachrechnet, ob sich das bewährt hat. Denn jetzt sind diese Unternehmen zwar ausgegliedert, und das Parlament hat die Kontrollrechte weitgehend eingebüßt, das, was die Regierung versprochen hat, ist jedoch prima vista sicherlich nicht eingetreten. Trotzdem verfährt man lustig so weiter, beschwört immer irgendeinen Popanz und behauptet, daß das dann billiger und effizienter sei. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler.)

Was ist denn billiger geworden? Warum haben Sie denn nicht dieses bißchen an volkswirtschaftlicher Redlichkeit zu sagen: Schauen wir uns das an!? – Mit diesem Antrag der Grünen wird ja nicht grundsätzlich gegen die Ausgliederungen Stellung genommen. Wir wollen aber, Herr Abgeordneter Mühlbachler, irgendeinen Beweis dafür, daß diese sinnvoll sind! Haben Sie diesen Beweis? – Stimmen Sie unserem Antrag zu und lehnen Sie damit den Ausschußbericht ab! Ich verstehe nicht, wie man so eine "Voodoo-Ökonomie" betreiben kann. Das ist unverständlich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Jetzt sagen Sie schon zum dritten Mal "Voodoo"! Das ist ein bißchen viel!) Es ist ein bißchen viel Voodoo! Das meine ich auch!

Deswegen stellen wir diesen Antrag. Denn es geht jetzt nicht darum, justament und aus Jux und Tollerei öffentliche Eigentumsrechte und staatliche Hoheitsrechte aufrechtzuerhalten. Es geht aber auch nicht justament um das Gegenteil. Ich denke, daß es wirklich sinnvoll wäre, das zu prüfen und sich das anzuschauen. Ich kreide Ihnen Ihre Vorgangsweise vor allem dort besonders an, wo es Beispiele aus dem Ausland gibt. Sowohl im Sozialbereich als auch im Bildungsbereich, als auch im Infrastrukturbereich sind in vielen Ländern schon derartige Ausgliederungen durchgeführt worden. Warum hat man sich denn nicht einmal angeschaut, was etwa mit der sozialen Verwaltung in Großbritannien passiert ist? Warum hat man nicht einmal versucht zu überprüfen, ob man aus diesen ausländischen Beispielen auch für Österreich eine Lehre ziehen kann, ob es eher ratsam oder eher nicht ratsam ist, so vorzugehen?

Da prallen Ideologien aufeinander beziehungsweise sind sie früher aufeinandergeprallt: Die einen haben gesagt: Privat ist jedenfalls besser. Und die anderen haben damals noch gesagt: Privat ist jedenfalls schlechter. – Heute hat man sich darauf geeinigt, daß es meist weder eine echte Privatisierung noch eine staatliche Verwaltung sein soll, und man hat dieses merkwürdige Modell der Ausgliederung gewählt. Das heißt: In aller Regel bleiben die Haftungen der Gebietskörperschaften bestehen, der öffentliche Einfluß und die Möglichkeit, auch politische Zielsetzungen vorzugeben, schwinden jedoch gleichzeitig mit der Möglichkeit zur Schaffung von Transparenz und Kontrolle.

Der Bundesminister für Finanzen hat im Ausschuß wenigstens zugesagt, daß er bei der nächsten Budgetdebatte einen Anhang über einige dieser Ausgliederungen vorlegen wird. Das kann man glauben oder auch nicht. Man kann auch die Vollständigkeit derartiger Anhänge von vornherein in Zweifel ziehen. In aller Regel wird der Opposition jedenfalls nichts berichtet, was irgendwie unliebsam sein könnte, und deswegen denke ich mir, daß es wirklich einmal ein Fortschritt in diesem Hohen Haus wäre, wenn man jenseits aller ideologischen Relikte einmal daranginge, solche Dinge zu evaluieren. Denn da geht es um gewaltige Summen, es geht um Dotierungen dieser ausgegliederten Gesellschaften, die in Summe weit mehr als die Sparpakete ausmachen.

Ich kann nicht verstehen, warum man in diesem Bereich nicht dazu bereit ist, das einmal durchzurechnen. Das verstehe ich wirklich nicht! Es kann doch nichts mit Ideologie oder ähnlichem zu tun haben, daß man ein so simples und – wie ich meine – allgemeines parlamentarisches Anliegen, daß man sich einmal ansehen möge, was das Ganze gebracht hat, zu einem wirklich von allen Parteien getragenen Anliegen macht!

Ich sage Ihnen noch etwas: Ich glaube nicht daran, aber wenn es wirklich so wäre, daß im Rahmen der staatlichen Verwaltung ein wirtschaftlich sinnvolles, in die Zukunft planendes Verhalten unmöglich ist, dann frage ich Sie: Warum reformieren Sie nicht generell das Haushaltsrecht und das Dienstrecht in die Richtung, daß eine effiziente Gebarung auch im Rahmen der staatlichen Verwaltung möglich ist? – Denn es bleiben immer noch genug Bereiche, die niemand für eine Ausgliederung vorgeschlagen hat. Ich habe noch keinen Vorschlag von den Regierungsparteien gehört, das Bundesheer oder die Polizei auszugliedern. (Abg. Dr. Mertel: Die Gerichte vielleicht? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Von den Regierungsparteien kenne ich derartige Vorschläge noch nicht! Wenn es wirklich so ist, daß das Besoldungsrecht, das Dienstrecht und das Haushaltsrecht in diesen Bereichen so bürokratisch und starr sind, wieso reformieren Sie sie dann nicht? (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.)

Frau Abgeordnete! Das hier ist immer noch ein Parlament, und wenn es Sie stört, daß Oppositionsabgeordnete hier überhaupt noch das Wort ergreifen, dann machen Sie doch alles hinter verschlossenen Türen! Sie haben Zweidrittelmehrheiten! Sie können auch die Redezeiten noch einmal beschränken! Wenn es Ihnen so unangenehm ist, im Zusammenhang mit einem Antrag eines Oppositionsabgeordneten vielleicht einmal auch ein bißchen etwas Grundsätzliches anzuhören, dann reizen Sie mich förmlich dazu, meine Redezeit wirklich zur Gänze auszuschöpfen, was ich nicht vorhatte! (Abg. Dr. Mertel: Jetzt steigern Sie sich wieder hinein! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Frau Abgeordnete Mertel! Wenn dieser Einwand noch dazu von einer Frau kommt, dann stört mich das ganz besonders! Dann meine ich nämlich in aller Form, daß das auch ein schlechtes Zeichen für weibliche Solidarität in diesem Haus ist! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Abgeordnete Mertel! Aber ich weiß nicht, ob Sie damit konform gehen! Früher hat die Sozialdemokratie andere Standpunkte vertreten. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Jetzt sind offenbar Ausgliederungen in diesem Haus sehr "in", und Sie tragen das mit!

Ich denke mir, mit dem Antrag des Kollegen Van der Bellen, das einmal zu überprüfen, würden wir wenigstens irgendwie einen demokratiepolitischen Mindeststandard erreichen! Ich gebe einmal mehr zu bedenken: Ich bin für ein moderneres Dienst- und Besoldungsrecht im öffentlichen Dienst, und zwar viel kategorischer, als wir es heute getan haben. (Abg. Koppler: Wir wollen Van der Bellen hören!) Ich bin für ein Haushaltsrecht, das es auch erlaubt, mittel- und langfristige Planungen vorzunehmen, und ich bedauere es sehr, daß sogar so ein kleiner und in meinen Augen selbstverständlicher Oppositionsantrag, der insgesamt dem Bundeshaushalt zugute käme, bei Ihnen nichts als Empörung auslöst. Das ist traurig! (Beifall bei den Grünen.)

0.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens des Berichterstatters wurde nicht verlangt.

Ich bitte jetzt, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1535 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diesen Antrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag wurde mehrheitlich angenommen.

20. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 958/A der Abgeordneten Doris Bures, Dr. Walter Schwimmer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (1529 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Dr. Schwimmer das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

0.09

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich hoffe, statt der fünf Minuten mit fünf Sätzen auszukommen! (Bravo!-Rufe und Beifall bei der SPÖ.)

Wir beschließen heute eine zwar sehr kurze, aber, dessenungeachtet, sehr wichtige Novelle zum Mietrechtsgesetz, weil damit die Wirkungsweise der Schlichtungsstellen erhalten bleibt beziehungsweise im Interesse der Rechtsuchenden auch noch verbessert wird. Die Schlichtungsstellen sind ein bewährtes Instrument zur Entlastung der Bezirksgerichte in den Städten, wo solche eingerichtet sind. Die von vielen Kritikern bei der Beschlußfassung der großen Wohnrechtsreform vor viereinhalb Jahren befürchtete Überlastung der Schlichtungsstellen ist nicht eingetreten, was beweist, daß sich die Wohnrechtsreform bewährt hat.

Ich hätte es gerne gesehen, wenn wir heute auch eine Neuregelung für die Mietzinsreserven mitbeschließen können hätten, damit da ein vernünftiges Ansparen möglich ist. Ich hoffe, daß das bei nächster Gelegenheit möglich sein wird.

Es gibt noch einige andere Wünsche ... (Abg. Mag. Posch: Das ist jetzt der vierte Satz!) – Das ist richtig! Und leider muß ich mich jetzt wiederholen, um auf Ihren Zwischenruf einzugehen! Es gibt noch einige andere Wünsche zum Wohnrecht, sowohl im Bereich des Mietrechtes als auch der Wohnungsgemeinnützigkeit. Ich glaube aber – weil das Wünsche sind, die ins Detail gehen –, daß in beiden Fällen ein Begutachtungsverfahren sinnvoll und wichtig ist, damit die Betroffenen dazu Stellung nehmen können.

Der heutigen Novelle stimmen wir gerne zu. Ich hoffe, ich habe meine Zusage mit den fünf Sätzen eingehalten. (Beifall bei der ÖVP.)

0.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bures. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

0.12

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Novelle zum Mietrechtsgesetz findet natürlich auch unsere Zustimmung. Wie wir im Ausschuß feststellen konnten, findet sie die Zustimmung aller Fraktionen, weil es eigentlich nur darum geht, eine Klarstellung hinsichtlich der Bestimmungen der Schlichtungsstellenverhandlungen zu erreichen. Es ist dies eine unumstrittene Frage, und gleichzeitig kommt es zu einer kleinen Novelle betreffend die Verlängerung der Einspruchsfrist auf vier Wochen.

Daß Kollege Schwimmer sozusagen mit fünf Sätzen das Auslangen gefunden hat, ist natürlich auch darauf zurückzuführen, daß er die Chance verspielt hat, mit dieser MRG-Novelle eventuell gleichzeitig auch die eine oder andere Änderung im Interesse der Mieter durchzusetzen. Diese Chance wurde – was unserer Meinung ganz besonders bedauerlich ist – verspielt, obwohl es dankenswerterweise eine Arbeitsgruppe im Bundesministerium gegeben hat, an welcher nicht nur Vertreter des Justizministeriums, die Arbeitsgruppe Wohnrecht, teilgenommen haben, sondern auch Vertreter der Wirtschaftskammer, Repräsentanten der Immobilien- und Wirtschaftstreuhänder und Vertreter von Mieterschutzorganisationen. Diese Änderungen, die ganz konkret die Bewirtschaftungskosten betreffen – und diese sind ein Bestandteil der Wohnungskosten –, haben hier breite Zustimmung gefunden. Diese breite Zustimmung war nicht nur politisch akkordiert.

Kollege Schwimmer! Ich möchte nur in Erinnerung rufen, daß, was diese Betriebskostenaufteilung betrifft – und um mehr ging es in dieser ein wenig größeren Novelle, als sie heute auf dem Tisch liegt, nicht –, in einer Ihrer Zeitungen zu lesen war:

"Schwimmer ergänzt, daß er im gesamten Wohnrecht bei der Betriebskostenaufteilung die getrennte Erfassung der Wasserkosten durch eigene Wasserzähler mit einer qualifizierten Mehrheit zugelassen wissen möchte."

Sie hätten heute die Chance gehabt, haben sie aber leider verspielt! (Zwischenruf des Abg. Dr. Schwimmer.)

Alle anderen Fragen zu einer Mietrechtsnovelle, von denen Teile der ÖVP leider noch nicht überzeugt sind, haben wir ohnedies ausgeklammert. Ich möchte die Ungleichbehandlung homosexueller Menschen beim Eintrittsrecht von Mietverträgen kurz erwähnen, und es wird voraussichtlich auch hier ein Antrag dazu eingebracht werden. Drei Tage nach dem Weltaidstag stünde es diesem Haus gut an, diese Frage zu diskutieren. Für Menschen, die ihren Lebenspartner verlieren, egal welche Lebensform sie gewählt haben, ist die Tatsache, daß sie auch im Mietrecht diskriminiert werden, ein unerträglicher Zustand.

Daher möchte ich für meine Fraktion sagen: Wir werden dieser kleinen Novelle natürlich zustimmen. Wir werden aber nicht einer diskriminierenden Regelung zustimmen, mit welcher Menschen, die eine andere Lebensform wählen, diskriminiert werden; denn somit dulden wir eigentlich eine Menschenrechtsverletzung, und daher werden wir in dieser Frage einen anderen Weg wählen.

Kollege Schwimmer! Ich lade Sie aber ein, in Zukunft nicht nur fünf Sätze zu der Frage des Mieterschutzes zu sprechen, sondern mehr, auch im Interesse aller Mieter und Mieterinnen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

0.16

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Vorlage, um die es heute geht, stellt ein verfahrensregelndes Problem im Mietrechtsbereich dar. Sie reißt wirklich niemanden vom Sessel. Sie wird einstimmig über die Bühne gehen, auch die Freiheitlichen werden zustimmen.

Wesentlich interessanter als die Novelle selbst ist das Drum und Dran, nämlich die Tagesordnung der Sitzung des Justizausschusses, die vor zwei Tagen stattgefunden hat, sowie das Aviso für die Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung verglichen mit dem, was sich tatsächlich ereignet.

Ich darf kurz aus der Einladung zur Sitzung des Justizausschusses am Mittwoch vorlesen: Erster Tagesordnungspunkt ist der Antrag, über den wir jetzt beraten und abstimmen werden. Zweiter Punkt ist der Antrag der Abgeordneten Schmidt betreffend Änderungen des Mietrechtsgesetzes; dabei geht es um die nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Dritter Punkt ist ein Antrag hinsichtlich einer Novellierung des Urheberrechtsgesetzes, vierter Punkt ist ein Antrag betreffend die Verbesserung der Rechtsstellung von Opfern strafbarer Handlungen, fünfter Punkt ist ein Antrag betreffend wirksame Maßnahmen gegen Kindesmißbrauch und Kinderpornographie.

All das steht auf der Tagesordnung des Ausschusses und auch auf der Tagesordnung gemäß Aviso für die heutige Plenarsitzung zu finden. Im Ausschuß ist jedoch alles untergegangen! Es ist lediglich zur Beschlußfassung über die Vorlage, über die wir jetzt beraten, gekommen. Die anderen Punkte sind dadurch geschoben worden, daß man sie vertagt hat. Man hat die Anträge, die zur Entscheidung anstanden, niedergestimmt, indem man den Vertagungsanträgen zugestimmt hat. Man hat den Anträgen, Unterausschüsse einzusetzen, keinen Erfolg zukommen lassen, weil man den Vertagungsanträgen zugestimmt hat. Und ich entnehme es den Tagesordnungen für andere Ausschüsse und auch der heutigen Tagesordnung, daß diese Vorgangsweise in verschiedenen Bereichen, die hier im Hause zur Behandlung stehen, zur Mode zu werden droht.

Meine Damen und Herren! So kann das nicht weitergehen! Dazu können wir uns nicht finden! Man wird da oder dort wirklich ernsthaft einer Vertagung zustimmen können. Es wird angezeigt sein, das zu tun. Aber man kann nicht unangenehme Anträge, die von der einen oder anderen Oppositionspartei stammen, einfach nicht endbehandeln, indem man weder dafür noch dagegen stimmt, damit sie nicht den Weg ins Plenum finden, wo über sie in aller Öffentlichkeit diskutiert und dann auch abgestimmt werden kann. Und es geht auch nicht an, daß man keine Unterausschüsse einsetzt, selbst wenn sie beantragt sind, sondern einfach sagt: Das müssen wir uns noch überlegen, das vertagen wir. Denn damit ist das auf Monate, wahrscheinlich für diese Legislaturperiode überhaupt, vom Tisch, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mir persönlich ist es nicht so wichtig wie anderen, daß über die Probleme, die im Zusammenhang mit nichtehelichen Lebensgemeinschaften bestehen können, beraten wird. Aber ich kann mir vorstellen, daß die Antragsteller sehr wohl ein lebhaftes Interesse daran haben, daß diesen ihren Anträgen nicht ein Begräbnis dritter Klasse zuteil wird, wie es vorgestern im Justizausschuß geschehen ist. Denn da hat man einfach vertagt!

Es gibt die Problematik betreffend die Novelle zum Urheberrechtsgesetz. Da waren sich eigentlich alle darin einig, daß etwas geschehen müßte. Trotzdem ist nichts geschehen. Offenbar kam der Antrag von der falschen Seite – auch von einer Oppositionspartei. Man hat einfach vertagt. Alle haben in ihren Redebeiträgen erklärt, daß man dazu eigentlich schlicht und einfach ja sagen müßte, aber man hat sich dazu nicht aufraffen können.

Weiters gab es einen Antrag betreffend die Novellierung der Strafprozeßordnung in dem Sinne, daß man endlich etwas für die Opfer strafbarer Handlungen in Österreich tut. Da hat man darauf verwiesen, daß jetzt die große Strafprozeßnovelle komme und man ohnehin das eine oder andere vorhabe, dann könne man alles in einem Aufwaschen machen. – Dabei ist jedem klar, daß die Strafprozeßnovelle ein großes und schwieriges Vorhaben ist, bei dem sich vor allem das Innenressort und das Justizressort in die Haare geraten. An dieser großen Strafprozeßnovelle haben schon Generationen von Justizministern gearbeitet, sie ist aber noch nie in vollem Umfang in das Parlament gekommen.

Wenn man in Anbetracht dessen nicht einen Vorschuß auf Problemkreise nimmt, die keinen Aufschub dulden, wie etwa betreffend die Besserstellung der Position von Opfern von strafbaren Handlungen, dann wird all das auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt. Dann wird das einfach vertagt, ist damit weg vom Tisch, nichts geschieht für die Opfer, das Thema wird über die Legislaturperiode hinaus geschoben!

Weiters gab es einen Antrag der Freiheitlichen, so wie den Antrag auf Besserstellung der Opfer, daß zusätzliche Maßnahmen gegen Kindesmißbrauch und Kinderpornographie getroffen werden sollen. Auch diesem Anliegen wollte und konnte sich im Justizausschuß niemand verschließen. Trotzdem wurde nicht abgestimmt, nicht mit einem Ja, nicht mit einem Nein, es wurde kein Unterausschuß eingesetzt, es wurden keine Experten zugezogen, sondern es wurde einfach vertagt.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die "Absender" der Anträge die falschen waren: Es waren Anträge von den Liberalen und von den Freiheitlichen, und die dürfen einfach keinen Erfolg ernten. Da schiebt man die Dinge lieber auf die lange Bank, obwohl alle der Überzeugung sind, daß diesbezüglich etwas geschehen muß. Das konnte man anhand der Debattenbeiträge bemerken. Jetzt sind diese Punkte aber wieder einmal von der Tagesordnung der Ausschüsse gestrichen, denn jetzt dämmert die Nationalratswahl herauf – egal, wann sie kommen wird –, und das, worum es da geht, wird wahrscheinlich, wenn wir nicht besondere Anstrengungen unternehmen, auf keiner Tagesordnung einer Sitzung des Justizausschusses in dieser Legislaturperiode mehr zu finden sein!

Meine Damen und Herren! So wird es nicht gehen! Ich appelliere an Sie, Ehrlichkeit an den Tag zu legen! Wenn Sie die Anträge nicht wollen, dann sagen Sie es, dann stimmen Sie dagegen! Wenn Sie jedoch der Ansicht sind, daß die Anträge vernünftig sind und nur die falschen Absender dahinter stehen, dann sagen Sie auch das! Dann sagen Sie: Es ist zwar vernünftig, aber wir wollen euch nicht, und wir wollen daher auch eure Anträge nicht. Wir werden eure Anträge abweisen, aber wir werden selber an der Materie basteln!

Oder setzen Sie die Unterausschüsse ein, die verlangt werden, oder ziehen Sie die Experten zu, die beantragt sind! Wenn man aber schlicht und einfach schmunzelt und vertagt, um es vom Tisch zu haben und so über die Legislaturperiode zu kommen, ohne sich der Peinlichkeit unterziehen zu müssen, vernünftige Anträge der Opposition bejahen zu müssen, dann ist das ein schlechtes Verständnis von Demokratie und ein schlechtes Verständnis von Parlamentarismus, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

0.22

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Betreffend die Darstellung des Ablaufs der letzten Sitzung des Justizausschusses pflichte ich Herrn Abgeordneten Ofner bei: Es bestand im Ausschuß von seiten der Regierungsfraktionen einfach kein Interesse, die Anträge der Opposition inhaltlich zu beurteilen. Daher werde ich im Namen meiner Fraktion noch einmal jenen Antrag einbringen, den wir zum Mietrechtsgesetz bereits im Justizausschuß gestellt haben und der leider bei der letzten Sitzung vertagt wurde. Dieser Antrag betrifft § 14 Abs. 3 2. Satz Mietrechtsgesetz und hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Kier, Mag. Barmüller und PartnerInnen betreffend Ergänzung des Berichtes des Justizausschusses (1529 der Beilagen) bezüglich Änderung des Mietrechtsgesetzes

Der Nationalrat hat beschlossen:

Ergänzung des Berichtes des Justizausschusses (1529 der Beilagen) bezüglich Änderung des Mietrechtsgesetzes

Z 1 lautet:

§ 14 Abs. 3 2. Satz

"Lebensgefährte im Sinne dieser Bestimmung ist, wer, unabhängig vom Geschlecht, mit dem bisherigen Mieter bis zu dessen Tod durch mindestens drei Jahre hindurch in einer Wirtschafts- und Haushaltsgemeinschaft gelebt hat;"

Die bisherigen Ziffern 1 und 2 werden zu 2 und 3.

*****

Frau Abgeordnete Bures hat bereits klar gesagt, was hinter diesem Antrag steht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Herr Abgeordneter! Ich möchte Sie noch einmal darauf hinweisen, daß es interessant ist, daß, würde man eine solche Unterscheidung nach anderen Kriterien treffen, die aber offensichtlich nicht dem Art. 7 B-VG entspricht, jeder und jede hier im Plenum das klar erkennen würde. Interessanterweise trifft man aber gerade hinsichtlich Lebensgemeinschaften, wenn es darum geht, ob es heterosexuelle, homosexuelle oder lesbische Beziehungen sind, eine Unterscheidung, die mit Art. 7 B-VG unserer Auffassung nach nicht vereinbar ist. Daher bitten wir Sie, sich zu überlegen, ob Sie unserem Abänderungsantrag nicht beitreten möchten, der sicherstellen würde, daß diese Ungleichbehandlung, die mit Artikel 7 B-VG unserer Auffassung nach nicht vereinbar ist, endlich aufhört. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

0.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben von Herrn Abgeordneten Mag. Barmüller verlesene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Ich erteile jetzt noch Frau Abgeordneter Parfuss das Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

0.25

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Zum Mietrechtsgesetz hat meine Kollegin Bures, die Präsidentin der Mietervereinigung ist, bereits ausreichend Stellung genommen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur darauf hinweisen, daß Schlichtungsstellen, die eine kostengünstige und bürgerfreundliche Alternative zum Gang zum Bezirksgericht darstellen, leider noch viel zu selten vorzufinden sind. So gibt es zum Beispiel keine einzige Schlichtungsstelle in Vorarlberg und nur eine einzige in Tirol.

Zum Antrag des Liberalen Forums: Das geforderte Eintrittsrecht für gleichgeschlechtliche Lebensgefährten wird von uns inhaltlich voll unterstützt. Jede Entlastung von Hinterbliebenen soll ermöglicht werden, denn zusätzlich zur emotionalen Katastrophe, die durch den Todesfall des Lebenspartners verursacht wird, kommt oft auch noch die wirtschaftliche hinzu. Der Hinterbliebene muß eine neue Wohnung mieten, die meist teurer ist, erhält aber keine Witwen- oder Witwerpension und muß die Kosten des Haushalts fortan allein tragen. In Anbetracht dessen sollte ihm ein Verbleiben in der Wohnung des Verstorbenen ermöglicht werden.

Sie wissen, daß wir in einer Koalition sind. Wir müssen bei der ÖVP noch einige Überzeugungsarbeit leisten, damit der Koalitionspartner diese Regelung mittragen kann. (Abg. Dr. Graf: Feigheit ist keine Tugend!) Ich appelliere an die ÖVP, sich im Namen der Menschlichkeit dieser Überzeugungsarbeit nicht zu verschließen! Die Sozialdemokraten werden bei dieser Abstimmung den Saal verlassen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens des Berichterstatters ist nicht gewünscht.

Herr Abgeordneter Mag. Barmüller zur Geschäftsordnung. – Bitte.

0.27

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum) (zur Geschäftsordnung): Herr Präsident! Ich bitte um Feststellung der Pro- und Kontrastimmen nach § 66 Abs. 3 Geschäftsordnungsgesetz.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nur bei Ihrem Zusatzantrag?

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend): Jawohl.

0.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich halte also fest, daß im Sinne des § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung beantragt wurde, bei der Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen eine Auszählung der Stimmen vorzunehmen.

Wir werden so vorgehen.

Ich bitte zu diesem Zweck die beiden Schriftführerinnen zu mir herauf, damit sie mit mir diese Auszählung vornehmen können. Es sind dies Frau Abgeordnete Reitsamer und Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1529 der Beilagen. (Die Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion verlassen den Sitzungssaal.)

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über diesen Zusatzantrag und dann über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Z 1 § 14 Abs. 3 in Artikel I bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Zusatzantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Nach Auszählung stelle ich fest, daß mit 11 Stimmen dafür und mit 73 Stimmen dagegen gestimmt wurde. Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es erübrigt sich daher eine Abstimmung über die beantragte Abänderung der Ziffernbezeichnungen.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes in 1529 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese Beschlußfassung erfolgte einstimmig. Einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung zustimmt, der möge ein diesbezügliches Zeichen geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

21. Punkt

Erstattung von Vorschlägen für die Ernennung eines Mitgliedes und eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Wir kommen sogleich zur Wahl.

Ich werde zunächst die Wahl betreffend die Vorschläge für die Ernennung eines Mitglieds des Verfassungsgerichtshofes durchführen.

Es liegen mehrere Wahlvorschläge vor.

Zur Wahl als Mitglied des Verfassungsgerichtshofes stehen auf Vorschlag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen Herr DDr. Hans Georg Ruppe, auf Vorschlag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen Herr Universitätsprofessor Dr. Bernhard Raschauer, auf Vorschlag der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen Frau Universitätsprofessor Dr. Gabriele Kucsko-Stadlmayer und auf Vorschlag der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen Frau Dr. Brigitte Hornyik.

Ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, daß im Sinne des § 87 Abs. 3 der Geschäftsordnung auch Stimmzettel gültig sind, die den Namen eines anderen wählbaren Kandidaten enthalten.

Die Parlamentsdirektion hat einen Stimmzettel vorbereitet, der die Namen der vorgeschlagenen Kandidaten und daneben rechts ein Kästchen enthält, ebenso eine Leerzeile, neben welcher sich auch ein Kästchen befindet.

Der Stimmzettel ist in der Weise auszufüllen, daß in dem Kästchen parallel zu den Namen desjenigen Kandidaten, dessen Wahl gewünscht ist, ein Kreuz zu machen ist. Auf diese Weise wird kenntlich gemacht, welcher der Kandidaten gewählt werden soll, wenn nicht ein anderer Name auf den Wahlvorschlag geschrieben wird.

Ich bitte, nach Ausfüllen des Stimmzettels diesen in das gleichfalls verteilte Kuvert zu legen.

Die einzelnen Mitglieder des Nationalrates werden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen und eingeladen, ihr Kuvert verschlossen in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Zum Zwecke der Verteilung der Stimmzettel sowie der Kuverts unterbreche ich nun für einige Minuten die Sitzung.

(Die Sitzung wird um 0.33 Uhr unterbrochen und um 0.37 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Die Stimmzettel sind verteilt und ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich bitte Frau Schriftführerin Reitsamer, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Apfelbeck wird sie später ablösen.

Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die aufgerufen werden, zur Wahlurne zu kommen und das verschlossene Kuvert in die Urne zu werfen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Reitsamer und Apfelbeck werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführerinnen die Stimmenzählung vornehmen.

Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung für einige Minuten, bitte Sie aber, die Plätze zu behalten, weil wir in dieser Unterbrechung die Stimmzettel für die Wahl des Ersatzmitgliedes verteilen werden.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 0.45 Uhr unterbrochen und um 0.54 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe Ihnen das Wahlergebnis bekannt.

Es wurden 153 Stimmen abgegeben; davon waren 147 gültig.

Es entfielen auf DDr. Ruppe 92, auf Dr. Raschauer 32, auf Dr. Kucsko-Stadlmayer 9, auf Dr. Horniyk 7 und auf sonstige Kandidaten 7 Stimmen.

Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt 74.

Der Vorschlag des Nationalrates für die Ernennung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes lautet somit auf DDr. Ruppe. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir kommen jetzt zur Wahl über die Ernennung eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes.

Es liegen auch hiezu mehrere Wahlvorschläge vor.

Zur Wahl als Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes stehen auf Vorschlag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen Herr Dr. Robert Schick, auf Vorschlag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen Herr Universitätsprofessor Dr. Heinz Schäffer, auf Vorschlag der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen Frau Dr. Brigitte Hornyik und auf Vorschlag der Abgeordneten Dr. Petrovic und Genossen Frau Dr. Andrea Wukovits.

Ich mache auch hier darauf aufmerksam, daß nach der Geschäftsordnung auch Stimmzettel gültig sind, die den Namen eines anderen wählbaren Kandidaten enthalten.

Die Stimmzettel wurden bereits in der Sitzungsunterbrechung verteilt.

Hat jede Abgeordnete und jeder Abgeordneter einen Stimmzettel? – Gut. Dann können wir mit der Stimmabgabe beginnen, und ich bitte Frau Abgeordnete Reitsamer, mit dem Aufruf der Abgeordneten zu beginnen. Sie wird dann von Herrn Abgeordneten Auer abgelöst werden. – Bitte.

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Reitsamer und Schriftführer Auer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Stimmabgabe ist beendet.

Ich bitte, mit der Stimmenzählung zu beginnen.

Ich möchte, bevor ich die Sitzung zu diesem Zwecke unterbreche, noch ergänzend mitteilen: Von jenen 7 Stimmen, die bei der Wahl des Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes auf sonstige Kandidaten entfielen, waren 5 für Dr. Matzka, 1 Stimme für Dr. Pesendorfer und 1 Stimme für Dr. Hofmeister.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung zum Zwecke der Auszählung der Stimmen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 1.04 Uhr unterbrochen und um 1.14 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe Ihnen das Wahlergebnis für das Ersatzmitglied des Verfassungsgerichtshofes bekannt.

Es wurden 152 Stimmen abgegeben; davon waren 144 gültig.

Die Stimmen verteilen sich wie folgt:

86 entfielen auf Dr. Schick, 32 auf Dr. Schäffer, 12 auf Dr. Hornyik, 7 auf Dr. Wukovits und 7 Stimmen auf sonstige Kandidaten, die sich wie folgt verteilen: 4 Stimmen für Dr. Matzka, 1 Stimme für Dr. Hengstschläger und 2 Stimmen für Dr. Pesendorfer.

Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt 73.

Somit lautet der Vorschlag des Nationalrates für die Ernennung eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes auf Dr. Schick.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Abstimmung über Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag, dem Verkehrsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 858/A (E) der Abgeordneten Mag. Barmüller und Genossen betreffend Einführung eines Gutpunkteführerscheins eine Frist bis 20. Jänner 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

*****

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag, dem Verkehrsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 954/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend die Entwicklung eines gesamtösterreichischen Verkehrsgestaltungsplanes eine Frist bis 19. Jänner 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Ständiger Unterausschuß des Rechnungshofausschusses:
Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 GOG

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe bekannt, daß mir ein Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Nationalrates vorliegt, dem Unterausschuß des Rechnungshofausschusses einen Prüfungsauftrag betreffend die Überprüfung der zweckmäßigen Mittelverwendung von Förderungen der Organisation "World Vision" durch den Bund zu erteilen.

Da die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, ist dieses Prüfungsverfahren auch ohne Beschluß des Nationalrates durchzuführen.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 974/A bis 979/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 5311/J bis 5341/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für 5. Dezember 1998, 1.17 Uhr – das ist gleich im Anschluß an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 1.17 Uhr