Stenographisches Protokoll

154. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 16., und Donnerstag, 17. Dezember 1998

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

154. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 16., und Donnerstag, 17. Dezember 1998

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 16. Dezember 1998: 10.05 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 17. Dezember 1998: 0.00 – 0.37 Uhr

*****

Tagesordnung

Ergänzung und Neureihung der Tagesordnung 50

1. Punkt: Bericht über die Petition Nr. 23 betreffend "Anerkennung von Gebärdensprache", überreicht von Abgeordneten Dr. Volker Kier

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird, sowie über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 975/A (E) der Abgeordneten Karl Smolle, Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Mag. Johann Ewald Stadler und MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend Arbeit der Historikerkommission

6. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundesministeriengesetz 1986, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesfinanzgesetz 1999 (5. BFG-Novelle 1999), das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Vertragsbedienstetenreformgesetz – VBRG)

7. Punkt: Bericht über den Antrag 972/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 976/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Besoldungs-Novelle 1999)

9. Punkt: Bericht über den Antrag 895/A (E) der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend § 42a Entschädigungsgesetz ČSSR

10. Punkt: Bericht όber den Antrag 896/A (E) der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend Entschδdigungsgesetz ČSSR

11. Punkt: Bundesrechnungsabschluß für das Jahr 1997

12. Punkt: Bericht über den Antrag 415/A der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 und das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert werden

13. Punkt: Bericht über den Antrag 843/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 1986 geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Antrag 456/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Gewährleistung der umgehenden Realisierung bereits projektierter Bauvorhaben

15. Punkt: Bericht über den Antrag 457/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Zusammenlegung der BGV I und der BGV II

16. Punkt: Bericht über den Antrag 484/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tauernautobahnfinanzierungsgesetz vom 6. März 1969, BGBl. Nr. 115/1969, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 826/1992, geändert wird

17. Punkt: Bericht über den Antrag 542/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird

18. Punkt: Bericht über den Antrag 596/A der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird

19. Punkt: Erste Lesung des Antrages 908/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. Nr. 410/1975 i. d. g. F., geändert wird

20. Punkt: Erste Lesung des Antrages 925/A der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der jungen Generation (Bundesjugendförderungsgesetz)

21. Punkt: Erstattung eines Vorschlages für die Wahl eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 21

Rufe zur Sache 46, 47

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 723/A (E) betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 19. Jänner 1999 zu setzen 42

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 42

Redner:

Andreas Wabl 138

Bundesminister Dr. Werner Fasslabend 140, 149

Ing. Gerald Tychtl 143

Dr. Karl Maitz 144

Herbert Scheibner 145

Mag. Helmut Peter 146

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 148

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 150

Einwendungen der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen gegen die Tagesordnung gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung 42

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 (1) der Geschäftsordnung 42

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 42

Dr. Peter Kostelka 44

Mag. Karl Schweitzer 45

Dr. Andreas Khol 46

Mag. Thomas Barmüller 47

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 47

Herbert Scheibner 48

Einwendungen finden keine Mehrheit 49

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 der Geschäftsordnung 50

Unterbrechungen der Sitzung 92, 223

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung betreffend die Beantwortung der Dringlichen Anfrage durch den Bundeskanzler:

Mag. Johann Ewald Stadler 102

Dr. Peter Kostelka 103

Aktuelle Stunde (34.)

Thema: "Karenzgeld für alle – ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit"

Redner:

Rosemarie Bauer 21

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 23

Dr. Sonja Moser-Starrach 25

Dr. Ilse Mertel 26

Dr. Jörg Haider 28

Klara Motter 29

Karl Öllinger 31

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 32

Edeltraud Gatterer 34

Gabriele Binder 35

Elfriede Madl 36

Dr. Volker Kier 38

Ing. Monika Langthaler 39

Ausschüsse

Zuweisungen 41, 217, 221

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Österreichs EU-Präsidentschaft und den Europäischen Rat vom 11. und 12. Dezember 1998 in Wien (5344/J) 92

Begründung: Dr. Peter Kostelka 95

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima 98

Debatte:

Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel 103

Peter Schieder 106

Dr. Alois Mock 107

Dr. Jörg Haider 109

Mag. Dr. Heide Schmidt 112

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 115

Dr. Elisabeth Hlavac 117

Rudolf Schwarzböck 118

Mag. Karl Schweitzer 121

Dr. Martina Gredler 122

Mag. Doris Kammerlander 123

Dr. Alfred Gusenbauer 126

Ingrid Tichy-Schreder 127

Mag. Herbert Haupt 129

Mag. Helmut Peter 131

Andreas Wabl 132

Dr. Josef Cap 133

Anna Elisabeth Aumayr 135

Karl Smolle 136

Robert Wenitsch 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaftskraft Österreichs sowie zur Sicherung von Arbeitsplätzen vor dem Hintergrund einer EU-Osterweiterung – Ablehnung 129, 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Bekämpfung unfairer Steuerpraktiken der Bundesregierung – Ablehnung 137, 137

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Petition Nr. 23 betreffend "Anerkennung von Gebärdensprache", überreicht von Abgeordneten Dr. Volker Kier (1531 d. B.) 50

2. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird, sowie über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird (1530 d. B.) 50

Redner:

Mag. Walter Guggenberger 51

Maria Rauch-Kallat 53

Dr. Helene Partik-Pablé 55

Dr. Volker Kier 57

Mag. Terezija Stoisits 59

Dr. Brigitte Povysil 61

Mag. Thomas Barmüller 62

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1531 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen zugunsten der Gehörlosen und Schwerhörenden (E 151) 63

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1531 d. B. 63

Annahme der Gesetzentwürfe in 1530 d. B. 64

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend umfassende Integration gehörloser Mitbürger – Ablehnung 56, 63

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Anerkennung der Gebärdensprache – Ablehnung 60, 64

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1520 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden (1563 d. B.) 65

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1521 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (1567 d. B.) 65

Redner:

Dr. Michael Krüger 65

Peter Schieder 67

Karl Smolle 68

Mag. Helmut Kukacka 71

Mag. Terezija Stoisits 73

Dr. Günther Kräuter 76

Mag. Herbert Haupt 77

Mag. Cordula Frieser 79

Mag. Thomas Barmüller 80

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 81

Harald Fischl 83

Annahme der Gesetzentwürfe in 1563 und 1567 d. B. 86

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Ausbau der Rechte von Minderheiten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk – Ablehnung 75, 86

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Frequenzplanung und Bewilligung für private RundfunkveranstalterInnen durch die Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde – Ablehnung 82, 86

5. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 975/A (E) der Abgeordneten Karl Smolle, Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Mag. Johann Ewald Stadler und MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend Arbeit der Historikerkommission (1560 d. B.) 86

Redner:

Dr. Irmtraut Karlsson 86

Franz Morak 88

Dr. Gerhard Kurzmann 89

Karl Smolle 90

Mag. Terezija Stoisits 150

Dr. Gabriela Moser 151

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1560 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Arbeit der Historikerkommission (E 152) 152

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundesministeriengesetz 1986, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesfinanzgesetz 1999 (5. BFG-Novelle 1999), das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Vertragsbedienstetenreformgesetz – VBRG) (1561 d. B.) 152

7. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 972/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1562 d. B.) 152

8. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 976/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Besoldungs-Novelle 1999) (1564 d. B.) 153

Redner:

Dr. Martin Graf 153

Dr. Ilse Mertel 155

Dr. Volker Kier 157

Dr. Andreas Khol 158

Mag. Terezija Stoisits 159

Dr. Franz Löschnak 160

Franz Lafer 161

Dr. Gottfried Feurstein 162

Otto Pendl 163

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 165

Ernst Fink 166

Annahme der Gesetzentwürfe in 1561, 1562 und 1564 d. B. 167

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend Neufassung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 – Annahme (E 153) 164, 167

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 895/A (E) der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend § 42a Entschädigungsgesetz ČSSR (1565 d. B.) 168

10. Punkt: Bericht des Finanzausschusses όber den Antrag 896/A (E) der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend Entschδdigungsgesetz ČSSR (1566 d. B.) 168

Redner:

Dr. Martin Graf 168

Helmut Dietachmayr 170

Wolfgang Jung 172

Mag. Dr. Josef Höchtl 173

Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigung) 175, 178

Dr. Gerhard Kurzmann 175

Mag. Helmut Peter 176

Mag. Terezija Stoisits 178

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1565 und 1566 d. B. 179

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluß für das Jahr 1997 (III-146/1525 d. B.) 179

12. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 415/A der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 und das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert werden (1541 d. B.) 179

13. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 843/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 1986 geändert wird (1542 d. B.) 179

Redner:

Mag. Gilbert Trattner 179

Robert Sigl 181

Dr. Volker Kier 182

Mag. Franz Steindl 183

Dr. Alexander Van der Bellen 185

Bundesminister Rudolf Edlinger 187

Rainer Wimmer 190

Dkfm. Holger Bauer 190

Johann Kurzbauer 191

Susanne Rieß 192

Karl Gerfried Müller 193

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler 195

Ernst Fink 196

DKfm. Mag. Josef Mühlbachler 197

Annahme der Gesetzentwürfe in 1525 und 1541 d. B. 198

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1542 d. B. 199

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 456/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Gewährleistung der umgehenden Realisierung bereits projektierter Bauvorhaben (1500 d. B.) 199

15. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 457/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Zusammenlegung der BGV I und der BGV II (1501 d. B.) 199

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 199

Matthias Ellmauer 200

Karl Smolle 201

Karl Gerfried Müller 202

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 203

Dr. Karl Maitz 204

Dr. Gabriela Moser 205

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 205

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1500 und 1501 d. B. 206

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 484/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tauernautobahnfinanzierungsgesetz vom 6. März 1969, BGBl. Nr. 115/1969, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 826/1992, geändert wird (1502 d. B.) 206

17. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 542/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem  das  Bundesstraßenfinanzierungsgesetz  1996  geändert  wird (1503 d. B.) 206

18. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 596/A der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird (1504 d. B.) 206

Redner:

Helmut Haigermoser 207

Wolfgang Großruck 208

Karl Smolle 208

Kurt Eder 209

Ing. Wolfgang Nußbaumer 210

Dr. Gabriela Moser 211

Heinz Anton Marolt 212

Karl Freund 212

Ing. Erwin Kaipel 213

Dr. Gottfried Feurstein 214

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1502, 1503 und 1504 d. B. 214

19. Punkt: Erste Lesung des Antrages 908/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. Nr. 410/1975 i. d. g. F., geändert wird 215

Redner:

Mag. Dr. Heide Schmidt 215

Zuweisung des Antrages 908/A an den Geschäftsordnungsausschuß 217

20. Punkt: Erste Lesung des Antrages 925/A der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der jungen Generation (Bundesjugendförderungsgesetz) 217

Redner:

Dr. Martin Graf 217

Brigitte Tegischer 218

Werner Amon 219

Herbert Scheibner 220

Zuweisung des Antrages 925/A an den Verfassungsausschuß 221

21. Punkt: Bericht des Hauptausschusses betreffend Erstattung eines Vorschlages für die Wahl eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft (1557 d. B.) 221

Annahme des Ausschußantrages 223

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 41

1554: Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird

1555: Bundesgesetz, mit dem das BIG-Gesetz, BGBl. Nr. 419/1992, geändert wird (5. BIG-Gesetz-Novelle)

1556: Bundesgesetz, mit dem das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 – JWG geändert wird (Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 1998)

Bericht 41

III-162: Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr gemäß § 3 (2) Bundesbahngesetz 1992 über die von ihm bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen und die eingetretenen Veränderungen

Anträge der Abgeordneten

Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1997 geändert wird (980/A)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend die Sensibilisierung von Organen der Straßenaufsicht für die Probleme behinderter Menschen im Rahmen der berufsbegleitenden Fortbildung (981/A) (E)

Karl Smolle und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz, BGBl. Nr. 379/1984, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 100/1997 und die Kundmachung BGBl. Nr. 50/1998, geändert wird (982/A)

Karl Smolle und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz, BGBl. Nr. 506/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 41/1997, geändert wird (983/A)

Karl Smolle und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz, BGBl. Nr. 506/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 41/1997, geändert wird (984/A)

Dr. Martina Gredler, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Freilassung des Tibeters Ngawang Choephel und anderer politischer Gefangener durch China (985/A) (E)

Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz betreffend die Übernahme einer Garantie für eine von der Oesterreichischen Nationalbank gegenüber der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ("BIZ") einzugehenden Haftung (986/A)

Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Ratifizierung des Status des Internationalen Strafgerichtshofes (987/A) (E)

Ute Apfelbeck und Genossen betreffend Schaffung eines eigenständigen Dienstrechtes für den Rechnungshof (988/A) (E)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich (989/A)

Hermann Böhacker und Genossen betreffend AKM-Gebühr bei Musizieren in Gaststuben im Rahmen der Volksmusik (990/A) (E)

Theresia Haidlmayr, Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Anerkennung der Gebärdensprache (991/A) (E)

Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend den Abschluß des EU-Verkehrspakets (992/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Ausdehnung der Sendezeit für Volksgruppen und MigrantInnen (993/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz, BGBl. Nr. 506/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I .../1998, wie folgt geändert wird (994/A)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz, BGBl. Nr. 506/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I .../1998, wie folgt geändert wird (995/A)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 12. Juni 1981, BGBl. 314, über die Presse und andere publizistische Medien (Mediengesetz) idF BGBl. I Nr. 105/1997 geändert wird (996/A)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Frequenzplanung und Bewilligung für private RundfunkveranstalterInnen durch die Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde (997/A) (E)

Reinhart Gaugg und Genossen betreffend Kontrolle des ÖGB (998/A) (E)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Rechnungshofgesetz 1948 geändert werden (999/A)

Anfragen der Abgeordneten

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsatzsteueraufkommen 1988 (5342/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Verkehrsmasterplan für Vorarlberg und Einfluß der Transitabkommen (5343/J)

Dr. Peter Kostelka und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Österreichs EU-Präsidentschaft und den Europäischen Rat vom 11. und 12. Dezember 1998 in Wien (5344/J)

Franz Riepl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend rechtswidrige Auflagen im Bewilligungsbescheid in besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtungen nach § 30 Berufsausbildungsgesetz (BAG) (5345/J)

Günter Kiermaier und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend parteipolitische Werbung an Schulen (5346/J)

Mag. Helmut Peter und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend den Stand der legistischen Vorarbeiten zur Schaffung von kleinen Aktiengesellschaften (5347/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anfragebeantwortungen durch die Sektion III (5348/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vollzug des Waffengesetzes in bezug auf die Morde am 4. 12. 1998 im Burgenland (5349/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Berücksichtigung von Gemeinden im Finanzausgleich, in denen Wasserreservoirs, Naherholungs- und Naturschutzgebiete situiert sind (5350/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend verstärkte Kontrolltätigkeit der Exekutive im Straßenverkehr (5351/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Einführung von EU-Verkehrskennzeichen in Österreich (5352/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Verzug des Bahnausbaus Salzburg – Freilassing (5353/J)

Mag. Gilbert Trattner und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Strukturreformen in Öffentlichen Dienst (5354/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verschmelzungsverluste (5355/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Privatstiftungen (5356/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend möglicher Polizeiübergriffe im Zuge einer Amtshandlung (5357/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Ihre Verordnungen 288/1998, 294/1998 und 295/1998 (5358/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Haftentschädigung im Fall Löffler-Foco (5359/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Nahvervorgung (5360/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend gesetzliche Verhinderung von Projektunterricht (5361/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Finanzierung der NAVEG-Projekte in Linz (5362/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Strafverfahren im Lebensmittelbereich (5363/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Amtshilfe der Post (5364/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Amtshilfe der Post (5365/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Amtshilfe der Post (5366/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Amtshilfe der Post (5367/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "World Vision" (5368/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend "World Vision" (5369/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend "World Vision" (5370/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend "World Vision" (5371/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "World Vision" (5372/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend "World Vision" (5373/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend "World Vision" (5374/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend "World Vision" (5375/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend "World Vision" (5376/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Bundesimmobiliengesellschaft (BIG); ergänzende Anfrage zu 4405/AB/XX (5377/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Drogentests bei Pädak-Studierenden (5378/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Rechnungshofbericht "Semmering-Basistunnel" (5379/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Entlohnungsstruktur der Sozialversicherungsträger (5380/J)

Dr. Martina Gredler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend den Wahlvorschlag des Kollegiums der Montanuniversität Leoben für die Wahl einer Rektorin beziehungsweise eines Rektors (5381/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Auslandsdienstreisen (5382/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Auslandsdienstreisen (5383/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auslandsdienstreisen (5384/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Auslandsdienstreisen (5385/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Auslandsdienstreisen (5386/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Auslandsdienstreisen (5387/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Auslandsdienstreisen (5388/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Auslandsdienstreisen (5389/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Auslandsdienstreisen (5390/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Auslandsdienstreisen (5391/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Auslandsdienstreisen (5392/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Auslandsdienstreisen (5393/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Auslandsdienstreisen (5394/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5395/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5396/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5397/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5398/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5399/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5400/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5401/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5402/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5403/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5404/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5405/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5406/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Werbeeinschaltungen im Österreichischen Rundfunk, in privaten Rundfunkanstalten, Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatsmagazinen und sonstigen Druckschriften im Jahr 1998 (5407/J)

Kurt Wallner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Zusammenlegung der Heeresmunitionsanstalten Klagenfurt, Graz, Hieflau (5408/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Klarstand bei den gepanzerten Berge- und Kampffahrzeugen des österreichischen Bundesheeres (5409/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Euro-Umrechnung (5410/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Lockerung der Bestimmungen des Bazillenausscheidergesetzes (5411/J)

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Gerichtsverfahren von Gert Lagler (5412/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Anfragebeantwortung hinsichtlich der Anfragen 4745/J und 4814/J (5413/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die brutale Vergewaltigung einer 18jährigen Schülerin in Wels (5414/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die skandalöse Schändung des Andenkens an Dr. Karl Renner durch die Staatsanwaltschaft Wien (5415/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Gliederung der großen Jägerverbände des Bundesheeres (5416/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Untersuchung eines schweren Vorwurfes, der gegen den Vorsitzer eines Geschworenensenates erhoben wurde (5417/J)

Dr. Michael Krüger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Umwandlung der Universitäten in Kapitalgesellschaften (5418/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Anfragebeantwortung 3905/AB vom 25. 5. 1998 hinsichtlich der Vorwürfe, die der Buchautor Wolfgang Purtscheller gegen den ehemaligen Bundesminister für Inneres, Caspar Einem, u. a. erhoben hat (5419/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Ausgaben für Lehrlinge (5420/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Ausgaben für Lehrlinge (5421/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Ausgaben für Lehrlinge (5422/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Auftragsvergabe durch die Bundesgebäudeverwaltung (5423/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen zur Einführung eines Standes- und Disziplinarrechtes bei den Immobillien- und Vermögenstreuhändern (5424/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Verwicklungen eines SP-Gemeinderats in einen Sexskandal (5425/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Ausgaben für Politikerpensionen 1995 bis 1998 (5426/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend leerstehende Zellen in der Justizanstalt Erdberg (Jugendgerichtshof) (5427/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend budgetwirksame Kosten für Ausländer und Fremde in Österreich (5428/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Inhaftierung von Herrn Anton Sarközi (5429/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend fragwürdige Videofilme in den Gefängnisbibliotheken (5430/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Pressestunde vom 6. Dezember 1998 (5431/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5432/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5433/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5434/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5435/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5436/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5437/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5438/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5439/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5440/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5441/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5442/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5443/J)

Dr. Jörg Haider und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Arbeitsleihverträge und Leiharbeit im öffentlichen Dienst (5444/J)

Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend europäische Schienenliberalisierung (5445/J)

Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Erteilung einer Schienenverkehrskonzession an die Firma Senoplast auf der Pinzgaubahn (5446/J)

Ridi Steibl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend sozialistische Kritik am Behinderteneinstellungsgesetz der sozialistischen Sozialministerin (5447/J)

Georg Schwarzenberger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend aufklärungsbedürftige Vorfälle in Salzburg (5448/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundeskanzler betreffend unterlassene Einberufung des Krisenmanagements im Fall Lassing (5449/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Einleitung eine Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens für den Lainzer Tunnel (5450/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Anfragebeantwortung 4670/AB des Bundesministers für Inneres (5451/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Rückführung österreichischer Kulturgüter aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion (5452/J)

*****

MMag. Dr. Madeleine Petrovic an den Präsidenten das Nationalrates betreffend Bundesimmobiliengesellschaft (BIG); ergänzende Anfrage zu 4405/AB/XX (41/JPR)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Parlamentsshop (42/JPR)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Parlamentsausstellung unter dem Titel: "Workuta – Vergessene Welten" (43/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4689/AB zu 4952/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen (4690/AB zu 5036/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (4691/AB zu 4953/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (4692/AB zu 4986/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (4693/AB zu 4989/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (4694/AB zu 4994/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen (4695/AB zu 5001/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Kampichler und Genossen (4696/AB zu 4996/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (4697/AB zu 4949/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4698/AB zu 4970/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4699/AB zu 4971/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4700/AB zu 4972/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Klara Motter und Genossen (4701/AB zu 4982/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (4702/AB zu 4988/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (4703/AB zu 4990/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4704/AB zu 5008/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (4705/AB zu 5017/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Brigitte Tegischer und Genossen (4706/AB zu 5041/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Robert Wenitsch und Genossen (4707/AB zu 4965/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (4708/AB zu 5013/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (4709/AB zu 5032/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4710/AB zu 5051/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossene (4711/AB zu 5052/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (4712/AB zu 4995/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Johannes Zweytick und Genossen (4713/AB zu 4976/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Walter Meischberger und Genossen (4714/AB zu 4958/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder und Genossen (4715/AB zu 4999/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4716/AB zu 5003/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4717/AB zu 5005/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada und Genossen (4718/AB zu 5039/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen (4719/AB zu 4998/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (4720/AB zu 5034/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (4721/AB zu 5046/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (4722/AB zu 4997/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger und Genossen (4723/AB zu 5184/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (4724/AB zu 5025/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (4725/AB zu 5023/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (4726/AB zu 5026/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4727/AB zu 5029/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4728/AB zu 5030/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4729/AB zu 4956/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4730/AB zu 4957/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (4731/AB zu 4979/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (4732/AB zu 5010/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (4733/AB zu 5018/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein und Genossen (4734/AB zu 5042/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4735/AB zu 5045/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (4736/AB zu 4985/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Günther Platter und Genossen (4737/AB zu 5114/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (4738/AB zu 5193/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen (4739/AB zu 5225/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (4740/AB zu 5053/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (4741/AB zu 5190/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Schuster und Genossen (4742/AB zu 5094/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4743/AB zu 5081/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4744/AB zu 5122/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (4745/AB zu 5054/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (4746/AB zu 5057/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4747/AB zu 5069/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Reinhart Gaugg und Genossen (4748/AB zu 5076/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Blünegger und Genossen (4749/AB zu 5062/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (4750/AB zu 5082/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (4751/AB zu 5071/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (4752/AB zu 5056/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (4753/AB zu 5166/J)

Beginn der Sitzung: 10.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen.

Ich eröffne die 154. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 152. Sitzung vom 4. und 5. Dezember sowie der 153. Sitzung vom 5. Dezember sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und ohne Einspruch geblieben. Sie gelten daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Haller, Verzetnitsch, Haidlmayr, Ing. Meischberger, Dr. König, Hagenhofer und Dr. Salzl.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

"Karenzgeld für alle – ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit"

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer. Ihre Redezeit beträgt nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.06

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin Prammer! Ich freue mich besonders, daß Sie jetzt auf der Ministerbank sitzen, weil dieses Thema, das wir heute behandeln, nicht ganz konfliktfrei ist und Sie dazu eine Meinung haben, die ich nicht teilen kann.

Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Österreichische Volkspartei hat die Durchführung dieser Aktuellen Stunde zum Thema "Karenzgeld für alle – ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit" verlangt, weil wir davon überzeugt sind, daß der von Bundesminister Bartenstein vorgesehene Ausbau und die Umwandlung des Karenzgeldes zu einer Familienleistung sinnvoll ist, aber nicht nur das, sondern es würde auch bedeuten, daß ab dem Jahr 2000 Mütter und Väter, und zwar alle Mütter und Väter, monatlich 6 000 S Karenzgeld erhalten würden. Wir glauben, daß dies eine längst fällige Maßnahme, eine Maßnahme im Sinne sozialer Gerechtigkeit wäre. (Beifall bei der ÖVP.) Uns von der Österreichischen Volkspartei sind alle Mütter gleich viel wert, und daher sind wir vor allem auch in diesem Zusammenhang für soziale Gerechtigkeit.

Wir müssen davon ausgehen, daß der Familienlastenausgleichsfonds 70 Prozent zu den Karenzgeldern bezahlt, und allein diese Tatsache macht deutlich, daß dieser Fonds ein Solidaritätsfonds ist, der einen Lastenausgleich zwischen jenen, die keine Kinder haben, und jenen, die Kinder haben, herstellen soll. Daher halten wir es für absolut sozial gerecht, die Mittel für die Bezahlung des Karenzgeldes zur Gänze aus diesem Fonds zu nehmen, es dafür aber an alle Mütter und Väter auszuzahlen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aufgrund dieser Maßnahme würden auch alle geringfügig Beschäftigten, alle Hausfrauen, alle Studentinnen Karenzgeld in voller Höhe beziehungsweise alle in gleicher Höhe beziehen, und natürlich auch selbständige Bäuerinnen, freie Dienstnehmerinnen und, wie ich einer Aussendung des Herrn Caritas-Direktors Dr. Landau entnommen habe, auch die Notstandshilfebezieherinnen. Diese Gruppe umfaßt 11 Prozent. 11 Prozent der Mütter sind bislang vom Bezug des vollen Karenzurlaubsgeldes ausgeschlossen. Für uns aber ist es sehr wichtig, daß keine Ungleichbehandlung der Mütter stattfindet. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bartenstein-Modell würde auch weniger Bürokratie und mehr Verwaltungsvereinfachung bedeuten. Durch die Entkoppelung von einem vorangegangenen Dienstverhältnis wird ein wichtiger Beitrag zur Transparenz dieses Anspruches geleistet.

Ich weiß, wovon ich rede, und ich weiß, wie wichtig es ist, denn viele Frauen lassen sich beraten, und es ist aufgrund der vorgegebenen Fristen oft äußerst schwierig, den Frauen, wenn sie bereits schwanger sind, noch zu einem Anspruch auf Bezug des Karenzgeldes zu verhelfen. Daher ist es sehr wichtig, daß dieser Anspruch als Familienanspruch gesehen wird und selbstverständlich entkoppelt ist von der vorhergehenden Beschäftigung, egal ob diese innerhäuslich oder außerhäuslich erfolgte. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist für vor allem für jene Frauen wichtig, die ein weiteres Kind bekommen, sich der Kindererziehung nach dem ersten Kind widmen, Karenz in Anspruch nehmen, über die Karenz hinaus ihr Kind selbst betreuen wollen und dann für ein weiteres Kind keinen Anspruch mehr haben. Unser Modell würde auch da für mehr Gerechtigkeit und für Gleichheit sorgen. (Beifall bei der ÖVP.) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Gründung des FLAF oder vor 15 Jahren wurden aus dem Familienlastenausgleichsfonds 25 Prozent für das Karenzgeld aufgewendet. Ich habe schon erwähnt, heute wendet der Familienminister 70 Prozent dafür auf. Daher, glaube ich, ist es auch nur recht und billig, daß er mit der Übernahme der Bezahlung der restlichen 30 Prozent aus dem Familienlastenausgleichsfonds auch die Verteilung der Mittel entsprechend bestimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Vereinheitlichung durch diese Art der Finanzierung bringt natürlich auch eine Vereinfachung bei der Administration mit sich, und der Wegfall der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen macht das Ganze unbürokratischer und wesentlich einfacher.

Ich unterstreiche in diesem Zusammenhang auch den Wunsch, so wie die Familienbeihilfe auch das Karenzurlaubsgeld über die Finanzämter ausbezahlen zu lassen, weil das der noch einfachere Weg wäre. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Bartenstein-Modell ist aber auch ein wesentlicher Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, weil jede Arbeitszeitvariante frei mit dem Dienstgeber vereinbart werden kann, ohne daß der Karenzgeldanspruch davon berührt wird. Das ist der nächste Punkt, der uns bislang einigen Kummer bereitet hat.

Das würde natürlich auch eine Verbesserung des Wiedereinstieges bedeuten und mehr Wahlfreiheit für die Eltern. Väter hätten bessere Möglichkeiten, sich aktiv der Erziehung und der Betreuung der Kinder zu widmen.

Dieser Vorschlag von Bundesminister Bartenstein ist somit gerecht, weil jede Mutter oder jeder Vater gleich viel wert ist und gleich behandelt wird. Er ist aus den Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds finanzierbar, er entlastet die Arbeitskosten, und er könnte zur Einsparung von 2,3 Milliarden Schilling im Bereich der Arbeitslosenversicherung führen, die für andere Maßnahmen zur Verfügung stünden, und dieser Vorschlag bedeutet auch weniger Bürokratie. Wenn man diese Vorteile betrachtet und noch dazu weiß, daß diese Mittel im Fonds ab dem Jahr 2000 zur Verfügung stehen, stellt man sich schon die meines Erachtens berechtigte Frage, was einen an der Umsetzung dieses Vorschlages hindert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was hindert uns wirklich daran, sicherzustellen, daß jede Mutter beziehungsweise jeder Vater ab dem Jahr 2000 für ihr beziehungsweise sein Kind 6 000 S Karenzgeld bekommt? (Abg. Madl: Die ÖVP verhindert das! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Dieses Modell, dieses Bartenstein-Modell, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat – und Sie hören es ja gerade – vehemente Gegnerschaft hervorgerufen, vor allem aber bei unserem Koalitionspartner, etwas, was mich sehr befremdet hat. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesministerin! Die erste Frage ist jene der Finanzierung. Ich glaube, ich habe mich mit dieser Frage ausreichend beschäftigt. Die Mittel dafür sind vorhanden.

Die zweite Frage ist aber sicherlich der am vehementesten bekämpfte Punkt, nämlich, diese Zahlungen nicht als Familienleistung anzusehen. Man will das Versicherungsprinzip beibehalten, was bedeuten würde, daß wieder ungleich bezahlt wird beziehungsweise viele – nämlich 11 Prozent aller Mütter – aus dem Bezug von Karenzgeld ausgeschlossen werden. Das können wir uns sicherlich nicht vorstellen!

Und, Frau Bundesministerin, Ihre Äußerung, da wären ja auch Hausfrauen bezugsberechtigt, die nie gearbeitet haben, weise ich vehementest zurück! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: So etwas! Ungeheuerlich!) Das hat mir persönlich, auch als Frauenpolitikerin, sehr weh getan. Erstens werden die 600 000 Vollhausfrauen, die es in Österreich gibt, sicherlich beleidigt sein, und zweitens ist jede Frau Hausfrau, vor allem dann, wenn sie Kinder hat; dann ist sie nicht nur Mutter, sondern dann ist sie auch Hausfrau.

Am besten war ja sicherlich die Aussage von Frau Präsidentin Schmidleithner, die gemeint hat, es wäre ein soziales Verbrechen, die Versicherungsleistung abzukoppeln. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der sozialistischen Fraktion, das empört mich zutiefst! (Beifall bei der ÖVP.) Ich bin jetzt seit fast 16 Jahren in diesem Parlament und habe als Familienpolitikerin immer sehr darunter gelitten, daß wir Jahr für Jahr Gelder aus diesem Familienlastenausgleichsfonds genommen haben, um sie für das Stopfen von Budgetlöchern zu verwenden. (Ironische Heiterkeit und lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ein weiterer Sündenfall liegt zwar weit zurück, aber wenn die freiheitliche Fraktion sich hier aufregt, muß ich sie an das 2. Budgetüberschreitungsgesetz des Jahres 1985 erinnern – Kollege Haigermoser war damals Familiensprecher –: Da sind Waffen angekauft worden mit den Familiengeldern! (Neuerliche heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie waren damals in der Regierung! Das ist nachzulesen! Euer Sündenfall war der größte aller Zeiten! (Beifall bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erinnere mich an eine ähnlich vehemente Aktuelle Stunde zum Thema Familie im Steuerrecht. Heute freue ich mich, wenn unser Koalitionspartner, der sich damals so dagegen gewehrt hat, damit protzt, daß wir diese Maßnahme durchgesetzt haben. Ich wünsche unserem heutigen Thema – Karenzgeld für alle – den gleichen Erfolg! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

10.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme hat sich der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. Seine Redezeit soll gleichfalls 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.16

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Bauer hat gerade ausgeführt, daß heute jede neunte Frau und Mutter – theoretisch auch jeder neunte Mann, aber in der Praxis sind es zu 99 Prozent Frauen, die in Karenz gehen – keinen Anspruch auf Karenzgeld hat.

Das hat, wenn es hiefür überhaupt einen zu rechtfertigenden Grund gibt, historische Gründe, denn als 1961 das Karenzgeld eingeführt wurde, war es in der Tat eine Leistung der Arbeitslosenversicherung, war diese Leistung sinnvollerweise und gerechtfertigterweise an ein vorhergehendes Erwerbstätigsein gekoppelt. Aber das hat sich, wie Frau Abgeordnete Bauer ausgeführt hat, in der Zwischenzeit grundlegend gewandelt. Heute wird das Karenzgeld nicht nur zu 70 Prozent, sondern, wenn man die Pensionsversicherungsleistungen mit einbezieht, liebe Frau Abgeordnete Bauer, sogar zu 75 Prozent, also zu drei Vierteln aus dem Familientopf – FLAF – bezahlt und ist daher von der Finanzierung her längst eine Familienleistung geworden.

Wenn man jetzt einerseits die Familienleistung betrachtet und sich auf der anderen Seite fragt: Ist es dann noch gerechtfertigt, daß jede neunte Frau um das Karenzgeld umfällt?, dann lautet meine klare Antwort, meine sehr geehrten Damen und Herren: Nein, das ist längst nicht mehr gerechtfertigt! (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist insbesondere dann nicht mehr gerechtfertigt, wenn man weiß, um welche Frauengruppen es sich handelt: Es handelt sich dabei um Schülerinnen, es handelt sich um Studentinnen, es handelt sich um Bäuerinnen, es handelt sich um Hausfrauen, und es handelt sich um Zigtausende Frauen, die die sogenannten 3 830-S-Jobs machen, die geringfügig beschäftigt sind, die einmal in der Woche als Kassierin tätig sind und wahrlich nicht zu den Bestgestellten gehören, wie auch die anderen Frauengruppen.

Und das sage ich auch denen, die in den Reihen des Koalitionspartners sitzen: Da ist für mich nicht die Frage, ob das jetzt nach dem Gießkannenprinzip erfolgt oder nicht, sondern da sage ich, der Vorschlag, der von mir und von meinen Freunden getragen wird, ist deswegen ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, weil sich die soziale Treffsicherheit erhöht, weil insbesondere die heute davon ausgenommenen Frauen in Zukunft Karenzgeld beziehen, nämlich jene Frauen, die ungerechtfertigterweise und sozial zu hinterfragend kein Karenzgeld bekommen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Sollte es noch eines Beweises bedürfen, daß gerade in diesem Bereich eine höhere soziale Treffsicherheit erforderlich ist, so bitte ich alle Zweifler, bei der Caritas nachzufragen. Dort ist es geübte Praxis – zwar legal, aber doch unter Ausnützung der gesetzlichen Möglichkeiten –, Schülerinnen, Studentinnen, die schwanger sind, eine gewisse Zeit anzustellen, damit sie eben formal den Anspruch auf Karenzgeld erwerben. – Ja brauchen wir denn das? Ich sage: Nein, das brauchen wir nicht! Machen wir aus dieser Familienleistung Karenzgeld für jetzt 89 Prozent der Frauen eine Familienleistung Karenzgeld für alle Frauen Österreichs, denn jede Mutter sollte uns wirklich gleich viel wert sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich verstehe in diesem Zusammenhang auch nicht, daß Vorwürfe wie der des "sozialen Verbrechens" erhoben werden, oder warum man jetzt die Kinderbetreuungsleistungen, die gerade auch von Hausfrauen erbracht werden – es werden von den Hausfrauen ja nicht nur Kinderbetreuungsleistungen erbracht, sondern sehr, sehr oft auch Pflegeleistungen für ältere Menschen –, herabwürdigt. Das gehört aus meiner Sicht nicht zu dieser Diskussion.

Es ist, wie Frau Abgeordnete Bauer gesagt hat, aber auch ein wesentliches Element der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das wir mit einem Karenzgeld für alle schaffen würden. Denn wie ist es denn heute? – Heute darf eine sich auf Karenzurlaub befindliche Frau de facto kaum etwas dazuverdienen. Es handelt sich de facto um ein Berufsverbot. Der Wiedereinstieg wird erschwert. Eine Urlaubsvertretung ist nur in sehr engen Grenzen möglich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da möchte ich ein weitgehendes Aufmachen dieser starren Regelungen. Wer Karenzgeld bezieht, soll in Zukunft auch Urlaubsvertretungen machen dürfen, soll deutlich günstigere Zuverdienstmöglichkeiten haben. Das ist ein Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das ist ein Beitrag zur besseren Wahlmöglichkeit junger Frauen, das ist ein Beitrag zu einem optimierten Wiedereinstieg von Frauen nach ihrer Karenzzeit.

Da verstehe ich nicht, daß gerade auch von seiten des Koalitionspartners immer wieder der Vorwurf kommt, man würde damit die Frauen zurück an den Herd drängen. Also wenn etwas Frauen an den Herd drängt, dann die jetzige Karenzregelung, denn das derzeit de facto bestehende Berufsverbot zwingt natürlich Frauen, 18 Monate lang zu Hause zu bleiben, beim Kind zu bleiben, also auch den Hauhalt zu führen. (Abg. Fuchs: Die Männer auch!) Wenn Sie diesen Vorwurf in irgendeine Richtung erheben wollen, dann in bezug auf das bestehende System, aber sicherlich nicht in bezug auf unseren Vorschlag "Karenzgeld für alle". (Beifall bei der ÖVP.)

In Zeiten, in denen Sparsamkeit nach wie vor ein wichtiges Gebot ist, ist natürlich auch die Frage der Finanzierung eine wichtige. Ich meine aber, daß es ein Mehraufwand von 700 bis 800 Millionen Schilling rechtfertigt, diesen Schritt zu setzen, insbesondere dann, wenn man weiß, daß durch die Übernahme des heute noch bestehenden 25prozentigen Finanzierungsanteiles des Karenzgeldes aus der Arbeitslosenversicherung in den Familientopf FLAF dort ein Finanzierungsvolumen von 2,3 bis 2,5 Milliarden Schilling frei wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich mir so überlege, was in den ersten Tagen der Diskussion rund um die Steuerreform alles an Möglichkeiten, die Arbeitskosten zu senken, de facto bereits als nicht machbar qualifiziert wurde, dann muß ich sagen: Dieser mein Vorschlag beinhaltet jedenfalls die Möglichkeit, im Bereich der Arbeitslosenversicherung die Arbeitskosten um jährlich bis zu 2,5 Milliarden Schilling zu senken, das sind 0,3 Prozent. Das mag manchem nicht viel erscheinen, aber es ist ein Anfang. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine daher: Wir sollten Österreichs Schülerinnen, Studentinnen, Hausfrauen, Bäuerinnen, vor allem auch die Bezieherinnen von 3 830 S pro Monat nicht länger alleine im Regen stehen lassen, sie nicht länger im Stich lassen, wenn sie schwanger sind, wenn sie nach der Geburt ihres Kindes Karenzgeld dringend brauchen würden. Es ist das mehr als eine gerechtfertigte Abgeltung für 18 Monate Kinderbetreuung, die in hohem Maße auch im öffentlichen Interesse erfolgt. Es handelt sich nicht nur um privates Interesse.

Ich fordere gerade den Koalitionspartner auf, in dieser Sache in eine seriöse Diskussion mit uns einzutreten, das eine oder andere Vorurteil beiseite zu schieben und diesen Vorschlag einer Realisierung zuzuführen. Es ist ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, es erhöht die soziale Treffsicherheit, es kommt vor allem Frauengruppen zugute, die es wirklich brauchen, es ist finanzierbar, es schafft Möglichkeiten zur Senkung der Arbeitskosten, und – damit darf ich schließen – es findet dieser Vorschlag auch ein hohes Maß an Zustimmung in der Öffentlichkeit. 61 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher stimmen diesem Vorschlag zu. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Seite des Koalitionspartners! Auch 56 Prozent Ihrer Wählerinnen und Wähler stimmen diesem Vorschlag zu. Ergo dessen meine ich: Es ist ein naheliegender Vorschlag, der im Sinne der Mütter, der Frauen Österreichs ernsthaft diskutiert werden sollte. Und dazu lade ich herzlichst ein! (Beifall bei der ÖVP.)

10.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Die Redezeiten betragen jeweils 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.25

Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben gelernt, wie Fische zu schwimmen, meint Martin Luther King, und wie die Vögel zu fliegen, aber wir haben offensichtlich nicht gelernt, wie Brüder miteinander zu leben. (Abg. Dr. Mertel: Auch wie Schwestern!) Vielleicht gelingt es uns in dieser Aktuellen Stunde – die Einladung ergeht an uns alle –, eine seriöse Diskussion zum Thema "Karenzgeld für alle" zu eröffnen.

Es ist die Aufgabe der Familienpolitik, auf veränderte Rahmenbedingungen in geeigneter Weise zu reagieren. Wir alle kennen die gesellschaftlichen Veränderungen und die daraus resultierenden familiären Streßsituationen. Geben wir uns einen Denkanstoß! Es ist unserer Demokratie nicht würdig und kein Akt der Fairneß und Solidarität, wenn erbrachte Arbeit nicht anerkannt und nicht entlohnt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen jetzt Fakten sehen. Familien-, Betreuungs- und Erziehungsarbeit werden zu über 90 Prozent von Frauen geleistet. Der Gegenwert ihrer Arbeit stellt 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, also über 800 Milliarden Schilling, dar. Es geht um soziale Gerechtigkeit. Es geht darum, daß Mütter und Väter Zeit haben müssen, Zeit für Dinge, die Zeit brauchen. Es geht um den Einsatz für unsere Kinder. Kinder müssen der Angelpunkt jeder Argumentation in der Familienpolitik sein! Kein Tamagotchi, kein B-Free Kinderhandy können Vater und Mutter ersetzen! (Beifall bei der ÖVP.)

Das erste Lächeln, die ersten Schritte müssen mit Liebe, Liebe und nochmals Liebe begleitet werden. Erfahren Kinder diese Liebe und diese Fürsorge nicht, sind sie auch nicht dazu imstande, an die nächste Generation diese Liebe und Fürsorge weiterzugeben. Der Einsatz für unsere Kinder ist der entscheidende. Tausende neue Väter und Mütter übernehmen jedes Jahr eine Arbeit, die zu den schwierigsten zählt, die jemand haben kann: Sie bekommen ein Kind, einen kleinen, hilflosen Menschen, und übernehmen die volle Verantwortung für sein physisches und psychisches Wohl. Gibt es eine schwierigere, eine anspruchsvollerer Arbeit als diese?

Wem soll nun dieses Karenzgeld für alle, oder nennen wir es Erziehungsgeld oder Betreuungsgeld, zukommen? – Knapp 11 Prozent, 7 000 Menschen, und zwar 7 Prozent Schülerinnen, Studentinnen, Hausfrauen und geringfügig Beschäftigten und 4 Prozent Selbständigen, Bäuerinnen, freien Dienstnehmerinnen, für die ihre derzeitige Teilzeitbeihilfe auf Karenzgeldniveau, also auf das Doppelte, angehoben werden soll. Die Kosten betragen 700 bis 800 Millionen Schilling. Sie können aus dem FLAF bezahlt werden, der bis zum Jahre 2000 wieder positiv bilanzieren wird.

Es ist auch, wie Bundesminister Bartenstein schon ausgeführt hat, bisher der einzige brauchbare Vorschlag, Lohnnebenkosten zu senken, und zwar in der Höhe von 2,3 Milliarden Schilling. Neben Familienfreundlichkeit und Kinderfreundlichkeit, die dieses "Karenzgeld für alle" darstellt, gibt es aber noch drei besondere Anmerkungen:

Erstens: Das Berufsverbot soll wegfallen. Väter und Mütter sollen in der Karenzzeit dazuverdienen können. Es ist genau jener Weg, den Bundesminister Bartenstein aufgezeigt hat, nämlich Väter und Mütter nicht an den Herd zu ketten und Familie und Beruf besser vereinbar zu machen.

Zweitens: Der Anspruch des Mannes auf Karenzgeld beziehungsweise Erziehungs- und Betreuungsgeld soll nicht länger von dem der Frau abhängig sein. Auch da sollte Partnerschaftlichkeit den Zugang weisen.

Drittens: Karenzgeldbezieher sollten wie derzeit geringfügig Beschäftigte, wie alle, die Arbeit leisten, die Möglichkeit erhalten, Pensionsbeiträge einzubezahlen, damit von vornherein eigenständige Altersversorgung aufgebaut und somit auch gewährleistet werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Denken wir daran, daß wir selbst so, wie wir jetzt unsere Kinder entsorgen beziehungsweise liebevoll versorgen, dereinst im Alter entsorgt oder versorgt werden. Für das, was man liebt, muß man sorgen! (Beifall bei der ÖVP.)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mertel. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.30

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Zur Poesievorlesung meiner Vorrednerin Starrach will und kann ich nichts bemerken (Zwischenrufe bei der ÖVP), hingegen möchte ich aber sagen, daß für uns Sozialdemokraten und -demokratinnen "Karenzgeld für alle" keinen Vorrang hat, denn Karenzgeld für alle, wie es Herr Minister Bartenstein vorschlägt, kann wirklich nicht der Weisheit letzter Schluß sein. Vor ein paar Monaten wollte er uns noch den "Kinderbetreuungsscheck" schmackhaft machen, wobei in diesem Zusammenhang eine Studie in Höhe von einigen Millionen Schilling in Auftrag gegeben wurde.

Dann kam sozusagen eine Vision des Herrn Ministers Bartenstein: Kinderbetreuungsgeld! – Das hat aber nicht lange angehalten, nur ein paar Wochen, dann hat er es sich wieder überlegt und ist auf das "Karenzgeld für alle" gekommen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser-Starrach.)

Frau Starrach! Ich würde Sie schon auffordern, Fakten zu berücksichtigen. Wenn Sie uns sagen: Sehen Sie doch die Fakten!, kann ich nur erwidern: Für uns hat das keinen Vorrang, und ich möchte auch begründen, warum das so ist. Trotz des hohen Einsatzes von Mitteln – Herr Minister Bartenstein spricht in diesem Zusammenhang von 800 Millionen Schilling; in Wirklichkeit jedoch wird das bis zu 1,3 Milliarden Schilling kosten – würden dadurch keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen, insbesondere nicht für Frauen. (Abg. Rauch-Kallat: Es werden Familien gestärkt!)

Es trüge das nichts dazu bei, daß Frauen und Männer Beruf und Familie besser unter einen Hut bringen können. Alle diesbezüglichen Umfrageergebnisse bestätigen, daß gerade das gewünscht wird. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir müssen uns auch die Frage stellen: Woher kommen denn die Mittel des FLAF, Herr Minister? – Diese kommen doch zu 72 Prozent von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. (Abg. Schwarzenberger: Nein, von den Arbeitgebern!) Und es ist auch die Frage zu stellen: Wohin werden sie verteilt? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Karenzgeld für alle würde doch bedeuten, daß gerade junge Frauen vom Arbeitsmarkt verdrängt werden. Bei einer Jobsuche würden sie mit dem Argument abgewiesen werden, ohnehin Bezieherinnen von Kindererziehungsgeld zu sein. Mit einem "Karenzgeld für alle" würden auch keinerlei Impulse zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation von Frauen, zum leichteren Wiedereinstieg ins Berufsleben und zum forcierten Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen gesetzt werden.

Da Überschüsse im FLAF angekündigt werden: Meine Damen und Herren, wodurch sind denn diese Überschüsse entstanden? – Durch zwei Sparpakete sowie durch eine Leistungsrücknahme an die österreichischen Familien! Daran haben alle österreichischen Familien mitgetragen, und daher ist es doch logisch, daß alle, die Sparmaßnahmen hinnehmen mußten, auch wieder etwas bekommen! (Beifall bei der SPÖ.)

"Karenzgeld für alle" hieße doch, daß, obwohl alle gespart haben, nur 15 Prozent der Familien etwas zurückerhielten. 85 Prozent würden leer ausgehen, Selbständige und Bauern würden sogar mehr herausbekommen, als sie durch Einsparungsmaßnahmen verloren haben.

"Karenzgeld für alle" ist sozial nicht gerecht, Frau Bauer! Gerade Sie aber waren doch stets die stärkste Verfechterin des Grundsatzes, daß außer Leistungen für die Familien sonst keine sozialen Leistungen aus dem FLAF bezahlt werden sollen. – Das ist doch ein totaler Widerspruch zu dem, was Sie jetzt fordern! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

"Karenzgeld für alle" ist sozial nicht gerecht! Und dazu drei Beispiele. Eine Familie, Mann, Frau, beide erwerbstätig, mit einem monatlichen Einkommen von je 15 000 S, zusammen also 30 000 S. Bei der Geburt eines Kindes fällt ein Einkommen weg: Also 15 000 S plus rund 6 000 S, macht ein Nettoeinkommen von 21 000 S. Das bedeutete einen Einkommensverlust von monatlich 9 000 S netto.

Weiteres Beispiel: Eine Alleinerzieherin, Einkommen 15 000 S, erhielte dann statt dessen ein Karenzgeld von 6 000 S. Einkommensverlust: 9 000 S.

Weiteres Beispiel: Eine Alleinverdienerfamilie, Mann 21 000 S an Einkommen, Frau nicht erwerbstätig, Vollhausfrau. Diese würde nach Ihren Vorstellungen dann auch 6 000 S bekommen. Was bedeutete das aber? – Einen Einkommenszuwachs, nämlich plötzlich ein Einkommen von 31 000 S pro Monat.

Das hieße also, die Gewinner eines "Karenzgeldes für alle" wären nicht die Berufstätigen, nicht die ArbeitnehmerInnen, die Beiträge einzahlen, sondern jene, die keine Beiträge einzahlen. Und da frage ich schon: Wäre das sozial gerecht, daß von jenen, die Beiträge einzahlen, zu jenen umverteilt wird, die keine zahlen, Herr Haider?! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Studentinnen!)

Die Einführung eines Karenzgeldes für alle hieße doch, daß nichts übrigbliebe für andere sinnvolle Maßnahmen, so etwa für die Schaffung von qualifizierten Frauenarbeitsplätzen, wie das der Nationale Aktionsplan für Beschäftigung vorsieht. Und dazu wird sich die ÖVP doch wohl bekennen, hat sie diesen doch mitbeschlossen. (Zwischenrufe der Abg. Rosemarie Bauer.)

Wir SozialdemokratInnen wollen mehr Kinderbetreuungsplätze, denn Kinder haben ein Recht darauf, auch außerhalb der Familie qualifiziert betreut zu werden. Zudem würden dadurch auch zusätzliche Arbeitsplätze für Frauen geschaffen werden. Wir wollen weiters eine Erhöhung des Karenzgeldes ... (Abg. Gaugg: Es würde mich interessieren, warum Sie keine Kinder haben!) Ich kann Ihnen das gerne und ausführlich unter vier Augen sagen. – Aber das war jetzt natürlich aus der tiefsten Schublade, wie nicht anders zu erwarten, möchte ich sagen; fast primitiv. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir treten ein für eine Erhöhung des Karenzgeldes auf ein existenzsicherndes Niveau, für eine Verlängerung des Karenzgeldbezuges auf zwei Jahre für alle Alleinerzieherinnen, für ein Karenzzeitkonto, damit Karenzzeit ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (fortsetzend): ... von Müttern und Vätern frei gewählt werden kann, für eine Verlängerung der Behaltefrist, für Wiedereinstiegshilfen sowie für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen.

Schlußsatz, Herr Präsident: "Karenzgeld für alle" wäre Ausdruck einer verfehlten Familienpolitik. Wir von der SPÖ aber stehen für eine sozial gerechte, weiterhin finanzierbare und damit für eine verantwortungsbewußte Familienpolitik. Die SPÖ will kein neues Sparpaket! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

10.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Schwimmer: Frau Mertel! Das war weder Poesie noch Prosa! Das war beschämend!)

10.36

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der Diskussion zwischen den Regierungsparteien kann man sich wirklich nur die Frage stellen, warum jetzt plötzlich sowohl ÖVP als auch SPÖ alle möglichen neuen Ideen für die Familien erfinden, waren es doch diese beiden Parteien, die noch vor kurzem den Bezug des Karenzgeldes eingeschränkt haben, nämlich von zwei Jahren auf eineinhalb Jahre. Und diese beiden Parteien haben – und das über zehn Jahre lang! – durch eine verfassungswidrige Regelung den Familien mehr als 100 Milliarden Schilling an Geld gestohlen, und das im wahrsten Sinne des Wortes! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Das haben Sie uns empfohlen, die Karenzzeit zu verkürzen!)

Frau Kollegin Mertel! Es mußte erst ein Familienvater zum Verfassungsgerichtshof gehen, der so diese Regierung gezwungen hat, eine Änderung der Steuergesetze herbeizuführen, damit die verfassungswidrige Kürzung der Familieneinkommen repariert wird.

Es schaut also wirklich nicht gut aus, wenn Sie jetzt groß Ideen für die Familien verbreiten und daraus noch eine ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) Sie haben ja auch gesagt, Sie wollen, daß das Karenzgeld erhöht wird. – Das ist doch so ein Spiel, bei dem man das Gefühl hat, da geht es nur mehr um ideologische Auseinandersetzungen.

Ich bin der Ansicht, man sollte gerade bei diesem Thema die Ideologie beiseite lassen, jedoch die Frage stellen: Was braucht eine Gesellschaft, der Kinder wichtig sind?

Ich meine, diese Gesellschaft braucht einmal die Erkenntnis, daß es heute viele Entwicklungen in den Familien, bei Alleinverdienern gibt, und zwar dahin gehend, daß im großen und ganzen gesehen Kinder darunter leiden, daß die Zuwendung, die die Kinder in den ersten Lebensjahren bekommen sollten, nicht in jenem Maße gegeben ist, wie dies notwendig wäre. Das führt wiederum dazu, daß wir dann alle möglichen Ersatzeinrichtungen brauchen – Kinderkrippen, Kindergärten, Psychologen, Therapeuten –, die das an den Kindern reparieren, was letztlich auch durch Fehlverhalten in unserer Gesellschaft erzeugt wurde, indem nämlich den Kindern die Zuwendung der Mutter genommen wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Jeder Kinderfacharzt, jeder Psychologe wird Ihnen sagen – lesen Sie das doch etwa bei Professor Heitger nach! –, daß die wichtigste Entwicklungsphase für ein Kind jene vom ersten bis zum sechsten Lebensjahr ist und daß die Prägung deshalb so wichtig ist in dieser Phase, weil das Kind eine besondere Zuordnung auch zur Mutter hat. – Der Vater soll und hat seine Verantwortung zu übernehmen, aber die Zuwendung der Mutter zum Kind ist in diesen Lebensjahren ganz entscheidend. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher haben wir Freiheitlichen gesagt: Wir sind für die Einführung eines sogenannten Kinderbetreuungsgeldes, sodaß die Frau und Mutter bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes die Möglichkeit hat, frei zu entscheiden, in welchem Umfang sie beruflichen Verpflichtungen nachgehen, in welchem Umfang sie zu Hause beim Kind bleiben will, ob sie überhaupt zu Hause bleibt und sich ihrem Kind beziehungsweise ihren Kindern widmet. Die Frau soll also die Möglichkeit haben, mit einem Betrag von 5 700 S im Monat, und zwar bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes, ihre persönliche Entscheidung frei zu treffen. – Das ist für uns Familienpolitik, wonach auch den Kindern das zuteil wird, was die Kinder von einer humanen Gesellschaft erwarten dürfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe Frauen – Sie wissen, wir diskutieren die Frage Kinderbetreuungsscheck auch aus Anlaß der Kärntner Landtagswahlen – einen Brief geschrieben, und mir hat darauf eine Frau folgendes geantwortet – ich zitiere jetzt aus einem Brief, der heute bei mir eingelangt ist –:

"Ich habe mich über Ihr Schreiben betreffend des Kinderschecks", schreibt sie, "sehr gefreut. Ich bin eine junge Mutter von 20 Jahren und gehöre auch zu jenen Frauen, die keinerlei Unterstützung vom Sozialstaat Österreich erhalten. Ich war gerade im letzten Jahr meiner Ausbildung an der Handelsschule, als ich ungeplant schwanger wurde. Für mich stand sofort fest, das Kind zu behalten. Ich beendete im Juni dieses Jahres die Handelsschule mit ausgezeichnetem Erfolg. Im September kam meine Tochter Melanie zur Welt. Ich kümmerte mich sofort um diverse Anträge, Familienzuschuß und so weiter. Dann traf es mich wie ein Schlag: Weder das eine noch das andere wurde mir bewilligt. Hätte ich vorher gewußt, wie schlecht es mir aufgrund meiner Beendigung der Schule gehen würde, dann hätte ich mit Sicherheit sie abgebrochen und wäre arbeiten gegangen. Seitdem muß ich jeden Schilling zweimal umdrehen und bin gezwungen, so rasch wie möglich eine Arbeit zu finden, meine Tochter einer Tagesmutter anzuvertrauen und somit auch ihre Erziehung. So hatte ich mir das nie vorgestellt!" – Zitatende.

Im Hinblick auf solche Schilderungen sage ich: Das sollte man einmal zur Kenntnis nehmen! Ich bin schon mit dem Herrn Minister einer Meinung, daß wir hier etwas tun müssen, aber ich glaube, daß unser freiheitlicher Vorschlag mit dem Familienscheck der vernünftigere ist – und dies umso mehr, Herr Minister, als Ihre eigene Partei in Kärnten jetzt unter dem Titel "Unsere Familie – unsere Zukunft. Die Kärntner Volkspartei" einen Vorschlag ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): – ich bin schon dabei –, ... den Sie an uns kritisieren, selbst als Forderung aufstellt. Die ÖVP in Kärnten sagt, wir fordern ein Kinderbetreuungsgeld: Für jedes Kind bis zum sechsten Lebensjahr soll es monatlich 5 700 S unabhängig von der Verwendung und unabhängig vom Einkommen der Eltern geben. Ich gratuliere, unsere Idee setzt sich durch! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und Freiheitlichen.)

10.42

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf die Ausführungen meines Vorredners gar nicht eingehen, weil die Zeit einfach zu knapp ist. Ich möchte bewußt ÖVP und SPÖ ansprechen: Es zeigt sich uns heute deutlich, wie gravierend die ideologischen Unterschiede in der Familienpolitik sind und wie sich dieser Streit weiterentwickelt und zu einem Auseinanderdividieren der Koalition führt. Die heutige Aktuelle Stunde, meine Damen und Herren, ist reines Wahlkampfgeplänkel und sonst gar nichts! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen von der ÖVP, das möchte ich Ihnen schon sagen: Wenn in Kärnten ein Plakat affichiert ist, auf dem "Frohe Weihnachten und ein gutes 1999 mit 3 000 S mehr pro Kind" zu lesen ist, so ist das reine Augenauswischerei und schlichtweg billiges Hinters-Licht-Führen des Bürgers und der Bürgerin. Ich glaube nicht, daß wir dem Bürger damit etwas Gutes tun, wenn wir nicht aufzeigen, woher in Zukunft die Mittel für die Erfüllung solcher Versprechen kommen sollen. Das sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ohne aufzuzeigen, aus welchen Quellen in Zukunft die Mittel für die Erhöhung des Karenzgeldes für alle Mütter zu schöpfen wären, Herr Minister, halte ich auch alle diesbezüglichen Vorschläge schlichtweg für unverantwortlich. Sie sind nicht Alleinregierung! Sie können nicht über den FLAF verfügen. Es sei Ihnen ins Stammbuch geschrieben: Den FLAF bezahlen immer noch die Arbeitgeber! Das sei ganz klar gesagt. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abgeordneten Tichy-Schreder.)

Ebenso, meine Damen und Herren, sind die weiteren Forderungen im Familienpaket 2000 ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nein, das stimmt nicht mehr! Das war im Ansatz dieses FLAF, aber es stimmt nicht mehr. Der FLAF ... (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nein, wir reden nachher darüber. Ebenso sind die weiteren Forderungen im Familienpaket 2000 der ÖVP keineswegs finanziell und für die Zukunft sichergestellt.

Wir Liberalen, meine Damen und Herren, bekennen uns zur Familienförderung, ebenso zum Karenzgeld. Wir wollen allerdings eine tragfähige Lösung. Für uns hat die sozial unverträgliche Gießkanne schon lange keine Zukunft mehr. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir halten daher das liberale Modell der Grundsicherung, das des öfteren auch hier im Haus diskutiert wurde, für den richtigen Ansatz zur Herstellung von mehr Gerechtigkeit auch für Eltern und Familien.

Ein weiterer Kritikpunkt für uns Liberale ist, daß ersichtlich ist, daß auch weiterhin die Frauen alle Lasten zu tragen haben. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben dies ja bereits deutlich bekundet: Die Frau gehört zur Familie. Ich frage mich nur: Was ist mit den Kindern, deren Mütter arbeiten gehen mußten? Brauchen diese jetzt psychologische Betreuung? Sind sie keine wertvollen Menschen geworden?

Wir halten es daher für sinnvoll, daß eine weitgehende Aufhebung all jener Regelungen, die es Männern erschweren, in Karenz zu gehen, mit in die Verhandlungen aufgenommen wird. Aus diesem Grund möchte ich auf unseren Antrag, den wir bereits im November eingebracht haben, hinweisen.

Meine Damen und Herren! 1997 waren in Österreich 115 720 Mütter, aber nur 1 068 Väter, also nicht einmal 1 Prozent, in Karenz. Ausschlaggebend für dieses eklatante Mißverhältnis ist sicherlich die nach wie vor existierende Einkommensschere zwischen männlichen und weiblichen Berufstätigen. Wenn finanzielle Aspekte entscheiden, wer in Karenz geht, und der Verzicht auf Einkommen bei den Vätern so viel mehr ausmacht als bei den Müttern, wird sich – logische Folge – an der gegenwärtigen Situation nichts ändern. Auch das traditionelle Rollenverständnis – wir haben das heute auch gehört –, die Frau habe primär die Betreuungspflicht zu übernehmen, trägt hier ein übriges dazu bei.

Meine Damen und Herren! Um zumindest dem finanziellen Moment etwas entgegenzusetzen, wollen wir die Karenzzeit analog der Erwerbsarbeitslosigkeit behandelt wissen, das heißt 80 Prozent des Letztgehaltes gesockelt nach unten und gedeckelt nach oben. Wenn wir wirklich die Gleichstellung in Österreich ernst nehmen, so müssen wir auch in der Karenzfrage zweigleisig vorgehen. Das heißt erstens, Erleichterungen für Frauen, gleichberechtigt am Erwerbsleben teilnehmen zu können, und zweitens, es auch den Vätern zu ermöglichen, gleichberechtigt am Familienleben teilzunehmen. Das verlangt natürlich Regelungen wie die Neubewertung der Arbeit, vielfältige Betreuungsangebote und vieles mehr.

Meine Damen und Herren! Meine Redezeit ist leider um. Es wäre wirklich wichtig, darüber ernsthaft zu diskutieren, statt in einer Aktuellen Stunde zu diesem Thema bloß reines Wahlkampfgeplänkel zu veranstalten. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Karl Öllinger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.47

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wahlkampfzeit dräut herein in dieses Haus. So wie jetzt plötzlich 30 Milliarden Schilling bei der Steuerreform kurzfristig verschenkt werden, so bemühen Sie sich jetzt, all das ungeschehen zu machen, womit Sie sich während der letzten Jahre ausgezeichnet haben, meine Damen und Herren!

Es kann aber nicht nur darum gehen, daß man sich hier herstellt, Herr Bundesminister, und sagt: Karenzgeld für alle! Wir greifen in die Tasche, da ist noch etwas übriggeblieben, und wir geben das gerne weiter.

Herr Bundesminister! Sie – oder, besser gesagt, Ihre Partei – sind uns alle Antworten schuldig geblieben! Was haben Sie denn in bezug auf die Frauen in den letzten Jahren gemacht? – Sie haben die Karenzzeiten gekürzt! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben Frauen, die alleinerziehenden Frauen bestraft. Herr Khol steht noch immer für ein Konzept, das für alleinerziehende Frauen, die den Namen des Kindesvaters nicht nennen können oder wollen, eine Strafe vorsieht, nämlich das erhöhte Karenzgeld nicht zu gewähren. (Abg. Dr. Khol: Das ist doch das mindeste, was man verlangen kann!) Erst als Herr Bundesminister Bartenstein gesagt hat, daß er auch will, daß sie wieder das erhöhte Karenzgeld erhalten sollen, war auf einmal eine etwas andere Stimmung in der ÖVP.

Meine Damen und Herren! Nach wie vor ist es so, daß trotz der Streichung des zweiten Halbjahres beim zweiten Karenzjahr nicht mehr Männer in die Karenz gegangen sind – das sei nur am Rande erwähnt –, das liegt im Promillebereich, Herr Bundesminister! Ein paar hundert Väter sind es mehr, vor allem bei den arbeitslosen Männern sind es mehr. Das ist im Promillebereich.

Nach wie vor – und das ist das eigentlich Erschreckende, Herr Bundesminister – ist es aber so, daß Frauen nach dem Ende der Karenz Beruf und Familie nicht vereinbaren können, und das ist Ihre Politik, die Sie zu verantworten haben. Es ist ein dramatischer Anstieg von Personen zu verzeichnen, die jetzt wieder Sondernotstandshilfe brauchen, weil sie nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen.

Nach wie vor gibt es keine Erhöhung des Karenzgeldes. Sie hätten vier Jahre Zeit gehabt, daß Sie wenigstens den Karenzgeldbezieherinnen das ermöglichen, was Sie den Pensionisten selbstverständlich auch ermöglichen, nämlich jedes Jahr eine Anpassung ihrer Leistung zu gewähren. (Beifall bei den Grünen.)

Warum machen Sie das nicht, Herr Bundesminister und auch Frau Bundesministerin? Das wäre die simple Voraussetzung dafür, daß wir das, was Sie hier vertreten, ein bißchen ernster nehmen könnten.

Zweitens: Natürlich ist es richtig und wichtig, beim Thema Karenzgeld darüber zu reden, daß Gruppen, die derzeit vom Bezug des Karenzgeldes ausgeschlossen sind, künftig einbezogen werden. Voraussetzung dafür ist aber, daß man sich darüber klar wird, was Karenz soll. Wofür ist sie da? – Die Karenzzeit, das Karenzgeld ist für die Unterbrechung einer bestimmten Tätigkeit gedacht: des Berufes, meinetwegen auch der Ausbildung. Ich bin sehr dafür, daß Studierende, daß Schülerinnen – anders als bisher – Karenzgeld erhalten.

Nur, Herr Bundesminister, da Sie auf die Caritas verwiesen haben, die diese Leute anstellt, möchte ich für Sie noch hinzufügen, daß gerade Sie von den Regierungsparteien es waren, die genau diese Anstellungsmöglichkeiten in den letzten Jahren zusätzlich erschwert haben, die eben erschwert haben, daß Schülerinnen, daß Studierende zu einem Karenzgeldbezug kommen. Jetzt aber stellen Sie sich hierher und sagen, das sollte leichter werden. Das ist doch eine doppelzüngige Politik! (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.) Das ist scheinheilig, und zwar scheinheilig zum Quadrat, Frau Abgeordnete Bauer! (Beifall bei den Grünen.)

Wir wollen eine ernsthafte Debatte darüber. Und da stimme ich durchaus dem Abgeordneten Dr. Haider zu, mit dem ich politisch sonst wirklich nicht viel gemein habe: Entideologisieren Sie doch diese Debatte! Aber anders als Kollege Haider sage ich: Es geht nicht nur um die Kinder, sondern darum, daß Beziehungen wieder lebbar werden. Es geht darum, daß die Kinder etwas von ihren Eltern haben, daß die Väter auch etwas von ihren Kindern haben und die Kinder auch etwas von ihren Vätern. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Und natürlich müssen auch die Beziehungen zwischen den Kindern und Eltern, speziell den Müttern, lebbar werden.

Wenn Sie das aber ernst nehmen, dann müssen Sie sich viel mehr einfallen lassen! Da müssen Sie sich einmal vertiefen in die Debatte, wie wir Möglichkeiten und Zeit für Beziehungen schaffen können. Es geht nicht nur um die ersten eineinhalb Jahre des Kindes, sondern es geht um einen viel längeren Zeitraum, in dem sich Eltern derzeit immer noch abstrudeln, weil sie eben diese Möglichkeit nicht haben, weil die Rahmenbedingungen, die das ermöglichen würden, nicht gegeben sind!

Meine Damen und Herren! Wenn Sie wirklich etwas für Eltern, für Kinder tun wollen, dann bitte keine Wahlzuckerl verteilen, sondern eine ernsthafte Debatte darüber führen, wie die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden könnten. Diesbezüglich sind Sie uns aber in den letzten Jahren alle Antworten schuldig geblieben! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

10.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Prammer. – Bitte.

10.53

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte ein paar Sätze aufgreifen, die heute in diesem Haus gesagt wurden, und ich möchte diese unter dem Blickwinkel einer allgemeinen Geschlechterdemokratie, zu der wir uns hinbewegen wollen, beleuchten. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Es ist gesagt worden, daß sich die Gesellschaft verändert hat. – Ja, meine Damen und Herren, die Gesellschaft hat sich verändert – und vor allen Dingen haben sich etwas mehr als 50 Prozent dieser Gesellschaft verändert, nämlich die Frauen. Die Frauen waren gerade in den letzten 20, 30 Jahren unglaublich flexibel, mobil und beweglich. Sie haben darauf reagiert, daß sich die Wirtschaft nicht bewegt hat.

Die andere Hälfte der Gesellschaft hat bis heute nicht die Notwendigkeit verspürt, sich auch zu bewegen, auch zu lernen, auch Veränderungen in Kauf zu nehmen, und zwar im Interesse dieser Gesellschaft. Und diese Gesellschaft besteht aus Männern, aus Frauen und vor allen Dingen aus vielen kleinen, jungen Männern und Frauen, nämlich den Kindern.

Das ist es, was angesagt ist, und das ist es auch, was die Familien brauchen. Und da bin ich auch mit Herrn Abgeordneten Öllinger völlig einer Meinung. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wir brauchen Rahmenbedingungen, die es möglich machen, mit den Familien auch zu leben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wer uns da tatsächlich, und zwar bis heute, etwas schuldig geblieben ist, ist die Wirtschaft, meine Damen und Herren. Wir haben schon oft versucht, das Recht auf Teilzeitarbeit und die Möglichkeit auf Rückkehr zur Vollarbeitszeit durchzubringen. In anderen Staaten gibt es diese Möglichkeiten sehr wohl, und dort sieht man auch ganz eindeutig, daß das Leben in den Familien besser, daß das Miteinander besser geworden ist, daß die Geburtenraten höher sind – wenn das auch ein Kriterium sein soll –, und vieles andere mehr. Und das sind die Herausforderungen, vor denen wir stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich gestehe durchaus zu, daß bei der derzeit geltenden Karenzgeldregelung Veränderungen notwendig sind, denn sie ist viel zu starr. Die Eltern müssen die Möglichkeit haben, sich auch während der Karenzzeit noch einmal neu zu entscheiden, neu zu überdenken, ob nicht vielleicht doch einmal eine bestimmte Zeit der Mann beim Kind zu Hause bleibt oder ob man umsteigen soll auf Teilzeitkarenz und so weiter.

Ich brauche auch nichts mehr dazu zu sagen, was es heißt, auf Einkommen zu verzichten, Einkommen zu verlieren, wenn Kinder da sind, denn das hat Frau Abgeordnete Mertel sehr deutlich ausgeführt.

Meine Damen und Herren! Ich bin jederzeit bereit, über Familienleistungen zu diskutieren, aber: Familienleistungen sind die eine Sache – Karenzgeld ist eine andere. (Beifall bei der SPÖ.)

Heute lastet alles auf den Schultern der Frauen. Zugleich wird immer wieder unterschieden – und das wird auch mir unterstellt – zwischen "Hausfrauen" und "Berufstätigen". Ich unterscheide nicht so! Ich selbst habe ein Leben geführt, in dem ich alle Phasen durchgemacht habe: Ich war Alleinerzieherin, ich war verheiratet und zu Hause bei einem Kind, und ich habe bei einem weiteren Kind sofort wieder die Arbeit aufgenommen. Ich weiß also, wovon ich rede. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich war auch sechs Jahre lang Hausfrau. (Abg. Rauch-Kallat: Haben Sie zu der Zeit auch gearbeitet?) Ich habe natürlich gearbeitet, und Sie werden es nicht glauben, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat, ich habe Hausarbeit und Kinderziehung auch während meiner Berufstätigkeit gemacht. Stellen Sie sich das vor! Allerdings zu einer anderen Uhrzeit. So sieht es unter diesen Bedingungen nämlich aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Des Rätsels Lösung ist nach meinem Dafürhalten ganz eindeutig: Wir müssen die Gesellschaft so ausrichten, daß es ein Miteinander gibt, daß es möglich ist, daß Männer und Frauen, daß Väter und Mütter, daß Eltern gemeinsam mit ihren Kindern ein bestmögliches Leben haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein paar Dinge möchte ich klarstellen, weil mir das ein Herzensanliegen ist. Ich selbst habe zwar schon fast erwachsene Kinder, aber eben doch noch Kinder. All diese Kinder – inklusive meiner – sind besser als ihr Ruf, Herr Abgeordneter Dr. Haider, und ich lasse über die Kinder in Österreich nichts kommen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Ich habe nichts gesagt!)

Die Kinder sind in Ordnung, und wir haben alles zu tun, diese Kinder auch zu fördern und zu unterstützen. Es gibt keine Eltern, die bewußt und absichtlich ihre Kinder verwahrlosen lassen oder sich nicht entsprechend um sie kümmern. Wo dies aber passiert, ist es schlimm, und dort muß auch der Staat eingreifen und unterstützende Maßnahmen bieten, vor allen Dingen auch die Eltern unterstützen. Die Unterstellung aber, daß das Kind sozusagen deshalb nicht in Ordnung ist, weil die Frau berufstätig war, lasse ich nicht gelten! Nein, das lasse ich ganz einfach nicht gelten! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haider: Ich zweifle nicht daran, daß Ihre Kinder in Ordnung sind! Das läßt noch keinen Rückschluß auf Sie zu!)

Meine Damen und Herren! Es ist schon gut diese Diskussion ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, bitte die Redezeit zu beachten! (Abg. Dr. Khol: Das war ein Freudscher Versprecher! Prammer, zurück auf die Abgeordnetenbank!) Frau Bundesministerin. – Bitte.

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer (fortsetzend): Mein Schlußsatz: Dieses Thema bedarf mehr als einer Aktuellen Stunde. (Beifall bei der SPÖ.)

10.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Gatterer. – Bitte.

10.59

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Karenzgeld für alle Mütter oder auch Väter ist ein dringend notwendiger Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel: Das wäre eine Sozialleistung aus dem FLAF – da waren Sie doch immer dagegen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Karenzgeldleistung ist nämlich in letzter Zeit – Kollegin Rosemarie Bauer und Herr Minister Bartenstein haben die Frage der Finanzierung ausführlich dargelegt – von einer Sozialleistung zu einer Familienleistung geworden. Wenn es das Familienministerium zu mehr als zwei Dritteln finanziert, kann man nicht mehr sagen, daß es sich dabei um eine Sozialleistung handelt. Sie haben gemeint, wir hätten gesagt, Sozialleistungen sollten nicht vom Familienministerium finanziert werden: In Wirklichkeit geschieht das schon längst! Das Karenzgeld ist heute nicht mehr nur eine Sozialleistung, sondern vor allem eine Familienleistung, und deshalb ist die ÖVP dafür, daß es ein Karenzgeld für alle Mütter gibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Denn der einzige Unterschied, der jetzt besteht, liegt im Anspruch. Wer fällt durch das soziale Netz? Frau Kollegin Dr. Mertel, ich habe auch drei Beispiele:

Ich habe das Beispiel der 19jährigen Maturantin Ulla N., die nach der Matura auf Arbeitsuche ist und schwanger wird. Der Vater will eigentlich von der Beziehung nichts wissen. Sie hat keinen Anspruch. Ihre Eltern sind geschieden, sie hat auch von dort keine Unterstützung zu erwarten. Sie entscheidet sich für das Kind.

Ist das sozial gerecht, daß wir diese Schülerin – oder Maturantin – ausschließen? (Abg. Dr. Khol: Nach Frau Mertel ist es gerecht!)

Ein zweites Beispiel ist eine 22jährige Studentin, die ungewollt schwanger wird. Der Vater ist auch Student. Sie wollen zusammenbleiben, befinden sich aber beide erst in der Ausbildung. Sie hat im Sommer immer gearbeitet und hat gedacht, das wird reichen, sie wird den Anspruch auf Karenzunterstützung haben: Sie hat ihn nicht! Sie hat, Gott sei Dank, etwas begütertere Eltern, und die Eltern und die Großeltern unterstützen sie. Sie hat sich auch für das Kind entschieden. Aber ist das gerecht? Ist das die Vorstellung von der Selbständigkeit der Frauen, daß sie in dieser Situation auch als Mutter zur Gänze auf ihre Eltern angewiesen ist? (Abg. Dr. Khol: Nein!) Ich glaube wohl nicht, weil wir im Grunde immer für andere Bedingungen kämpfen. Es sind schließlich beide Alleinerzieherinnen! (Beifall bei der ÖVP.)

Als drittes Beispiel ist hier natürlich auch das Beispiel einer Hausfrau zu nennen. Sie ist 32 Jahre alt und lebt im ländlichen Bereich in Kärnten. Sie ist nach dem zweiten Kind aus dem Beruf ausgestiegen. Im Betrieb ihres Mannes wurden Arbeiter abgebaut, und so muß sie sich wieder am Arbeitsmarkt um Arbeit bemühen. Genau in dieser Situation wird sie schwanger. Sie hat viele Jahre eingezahlt, auch ihr Gatte, der jetzt arbeitslos ist. Sie fällt durch das soziale Netz. Auch hier frage ich die SPÖ-Kollegen: Ist das gerecht? (Abg. Dr. Khol: Nein! Ungerecht! – Zwischenruf des Abg. Leikam.)

Diese drei Beispiele zeigen also, daß die jetzige Situation unbefriedigend ist.

Wenn die ÖGB-Frauen sagen, Karenzgeld für alle ist ein soziales Verbrechen, dann sage ich: Die Ausschließung von wenigen, gerade sozial Schwachen, das ist die große soziale Ungerechtigkeit! (Beifall bei der ÖVP.)

Man spürt hier den Kärntner Wahlkampf – schade, ich hätte sonst eine tatsächliche Berichtigung gemacht –, denn ich hätte mir gewünscht, daß Dr. Haider aus diesem Falter weiterliest. Es ist nämlich so, daß die ÖVP Kärnten sehr wohl für die Einführung des Betreuungsgeldes steht, daß das Karenzgeld für alle Mütter der erste Schritt dazu ist und daß unser wirkliches Ziel darin besteht, das auszubauen.

Ich muß dazu auch anmerken, daß in der FPÖ ja große Verwirrung herrscht. Dies gilt nicht nur bezüglich der Finanzierung, die jeden Tag anders dargestellt wird, sondern es ist zum Beispiel auch Dr. Haider als Bundesobmann total anderer Meinung als seine Familiensprecherin. Sie sagt zum Beispiel – und ich erinnere hier daran, daß von der ÖVP von Kärnten aus immer wieder gesagt wird, für Kärnten allein ist das nicht finanzierbar, wir müssen eine bundeseinheitliche Regelung erreichen, auch um die Mütter zum Beispiel sozial absichern zu können et cetera, um dies überhaupt in einen finanzierbaren Rahmen zu bringen –: Dabei war von Anfang an klar, daß die Kosten für den Kinderbetreuungsscheck zwischen Bund und Ländern aufzuteilen sind. – Das sagt sie am 4. Dezember.

Landeshauptmannkandidat Haider sagt in Kärnten immer, es wird eine Kärntner Lösung geben, wobei sich die Berechnungsunterschiede allerdings in Milliardenhöhe bewegen. Er hat auch ... (Abg. Dr. Mertel: Aber mit Bundesmitteln! Mit Bundesmitteln!) Ja, das kommt dazu: Er verfügt anscheinend auch über Bundesmittel. (Abg. Mag. Stadler: Das sagt die ÖVP! Das geht von der ÖVP aus! Da sind Bundesmittel ...!) Dies ist eine bundeseinheitliche Lösung – wir stehen dazu!

Ich muß auch sagen – weil Sie hier von Abschreiben sprechen –: Wir haben ein gutes Modell, das Minister Bartenstein in Auftrag gegeben hat, als Grundlage genommen (Abg. Dr. Khol: Herr Kollege Stadler, wo ist denn Herr Meischberger? – Abg. Mag. Stadler: In Verhandlungen!), und ich zitiere hier Kollegin Haller, laut der sich bezüglich der derzeitigen Forderung der FPÖ nach einem Kinderbetreuungsscheck von 5 700 S das FPÖ-Modell – und auch das ÖVP-Modell, muß ich sagen – nach einer Grundlage des Österreichischen Instituts für Familienforschung richtet. Das heißt, die FPÖ hat gar nichts erfunden, sondern wir haben beide als Diskussionsgrundlage und als erstrebenswertes Ziel ein Modell genommen, das vom Familienministerium in Auftrag gegeben worden ist. Das muß man auch einmal richtigstellen, wenn man vom Abschreiben und vom Übernehmen von Ideen spricht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Da hat Frau Haller schon jahrelang über den Kinderbetreuungsscheck gesprochen! Frau Haller ist die Mutter des Kinderbetreuungsschecks! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Für die ÖVP kann ich nur sagen: Für uns ist der Vorschlag "Karenzgeld für alle Mütter" gerecht und vom Familienministerium aus finanzierbar. Es ist dringend notwendig, diesen Schritt zu setzen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, es tut mir leid: die Redezeit!

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (fortsetzend): ... für die Frauen und auch im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, weil es dadurch möglich ist, auch in der Karenzzeit dazuzuverdienen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

11.05

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es wird eine seriöse Debatte gefordert, und es fallen Worte wie "protzen" und "Diebstahl". Frau Kollegin Moser möchte Kinder "entsorgen": Ich frage mich, ob Kindergärten und Schulen Entsorgungsanstalten sind. Kollege Maitz fragt meine Kollegin Mertel, ob sie Kinder hat. Ich glaube, diese Frage ist bei dieser Debatte überhaupt unzulässig und wirklich entbehrlich.

Meine Damen und Herren, zurück zur Aktuellen Stunde! Wahrlich, die Idee "Karenzgeld für alle" ist bestechend einfach und auf den ersten Blick verlockend: Alle, die ein Kind bekommen, erhalten das Karenzgeld, egal, ob sie jemals durch Erwerbsarbeit eine Anspruchsberechtigung erworben haben oder nicht. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Maitz.) Weiters soll es kein Erwerbsverbot geben. Damit, meine Damen und Herren, verliert das Karenzgeld grundsätzlich seinen Charakter: Es wird zu einem Kindergeld, Muttergeld, Erziehungsgeld – wie immer man es nennen möchte.

Dazu eine Presseaussendung vom 14. September 1998 – ich zitiere –:

"Mit der Ausweitung der Zahl der Empfänger von Karenzgeld aus dem Familienlastenausgleichsfonds werde die Stellung der berufstätigen Frau in Wahrheit geschwächt und das Karenzgeld zur indirekten Geburtenprämie." Da werde wieder einmal "Frauenpolitik und Familienpolitik in einen Topf geworfen".

Und weiters: "Der Familienminister soll klar bekennen, daß er mit seinem Vorschlag in Wahrheit nur eine finanzielle Aufbesserung für die Familien anstrebe, er aber in keiner Weise im Auge hat, die Probleme der berufstätigen Frauen mit Familie einer Lösung zuzuführen. So sei dieser Vorschlag des Familienministers eigentlich eine ‚Mogelpackung‘." – So die Bundesfrauenvorsitzende der Fraktion Christlicher Gewerkschafter Christine Gubitzer.

Meine Damen und Herren! Faktum ist, daß das Karenzgeld ein Ersatz für ausfallendes Entgelt für Erwerbsarbeit ist. (Abg. Dr. Mertel: Und was sagt Frau Brinek?) Frau Brinek sagt auch ein bißchen etwas anderes.

Faktum ist auch, daß die Finanzierung durch lohnbezogene Abgaben in Form von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und von Abgaben an den FLAF erfolgt.

Meine Damen und Herren! Es wurden immer die Kinder zitiert. Es geht um ein Leben mit Kindern, und es geht um die Qualität des Zusammenlebens. Meiner Meinung nach und meiner Überzeugung nach ist der Schlüssel zur Existenzsicherung von Eltern und Kindern die Erwerbstätigkeit. Karenzgeld für alle heißt Arbeit für alle! Erwerbsarbeit ist die Voraussetzung für den Erhalt und die Gestaltung von Sozialleistungen. Karenzgeld für alle zu fordern, ist genauso absurd, wie Arbeitslosengeld für alle zu fordern. (Ruf bei der ÖVP: Absurd?)

In einer Aussendung vom 9. Dezember 1998 meint die Pressesprecherin des ÖIF: "Menschen sollten zukünftig Geld bekommen, weil sie Kinder haben und nicht, weil sie erwerbstätig sind." – Das ist auch ein Ansatz, meine Damen und Herren, den ich aber fast schamlos finde: Denn Kinder als Basis der eigenen Existenzsicherung zu betrachten, bedeutet gleichzeitig den Verzicht darauf, auf eigenen Beinen zu stehen. (Abg. Dr. Maitz: Diskriminierend!) Mutterschaft als Garantie zur eigenen persönlichen finanziellen Absicherung? (Abg. Dr. Maitz: Diskriminierend! – Abg. Rosemarie Bauer: Das ist typisch für Gewerkschafter!) Meine Damen und Herren! Das kann es wirklich nicht sein! Das kann nicht die Lösung des Problems sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt eine Fülle von Vorschlägen, meine Damen und Herren, wie die angeblichen zukünftig überschüssigen Mittel des FLAF sinnvoll eingesetzt werden können. Diese gilt es zu diskutieren. Einige davon wären zum Beispiel die Entlastung des Faktors Arbeit, die Umwandlung in eine Wertschöpfungsabgabe, die Beseitigung sozialer Härtefälle, die Anhebung des Karenzgeldes auf den Ausgleichszulagenrichtsatz, finanzielle Förderungen der Karenzteilung zwischen den Eltern, um der gelebten Partnerschaft und Betreuungspflicht einen Schritt näherzukommen, oder auch der Vollausbau der qualifizierten und pädagogischen Kinderbetreuung und noch vieles mehr, meine Damen und Herren.

Es geht um Gerechtigkeit – darin sind wir uns anscheinend alle einig, nur der Ansatz ist jeweils ein anderer. Es geht aber auch um Gleichberechtigung, es geht um Partnerschaft, und es geht vor allen Dingen um ein Leben mit Kindern. Es geht um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, und die Kinder dürfen dabei nicht zum Spielball werden. (Beifall bei der SPÖ.)

11.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Madl. – Bitte.

11.10

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Gatterer, Sie hätten die Rede, die Sie gehalten haben – jedenfalls den ersten Teil –, schon vor viel längerer Zeit halten sollen. Sie hätten dazu öfters Gelegenheit gehabt, Frau Kollegin Gatterer (Abg. Rosemarie Bauer: Aber Sie hätten es nicht gehört, denn Sie sind ja noch gar nicht so lange da! – Abg. Dr. Haider: Geh, Rosemarie!) – zu Ihnen komme ich noch, Frau Kollegin Bauer –, nämlich zu dem Zeitpunkt, als die Freiheitlichen den Kinderbetreuungsscheck in den Ausschüssen und hier im Nationalratsplenum beantragt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da hätten Sie diese Rede halten sollen, die Sie heute verspätet, nach vielen Jahren, gehalten haben!

Ihre Rede war deshalb so peinlich, Frau Kollegin Bauer, weil sie sich teilweise so angehört hat, als wäre sie von Reden der Freiheitlichen aus den Stenographischen Protokollen abgeschrieben worden, speziell was den von Ihnen bejammerten Punkt betrifft, daß der FLAF immer für FLAF-fremde Ausgaben verwendet worden ist. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.) Ich erinnere mich ganz genau – die Zwischenrufe sind protokolliert, Frau Kollegin Bauer –: Als wir gesagt haben, der FLAF wird für Leistungen herangezogen, die keine familienpolitischen Leistungen sind, haben Sie hereingeschrien: Das stimmt nicht! Blödsinn! – Aber das ist jetzt egal. (Abg. Rosemarie Bauer: Wann? Zu welchem Zeitpunkt?) Heute stellen Sie sich hierher und bejammern, daß der FLAF jahrelang mit FLAF-fremden Leistungen belastet wurde (Abg. Rosemarie Bauer: Frau Kollegin, Sie reden von Sachen! Da wart ihr noch gar nicht da!), und jetzt sagen Sie, dagegen müssen wir irgend etwas tun. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damals, als wir Freiheitlichen das aufgezeigt haben, hätten Sie dafür sein sollen! – Das ist sehr, sehr peinlich. (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.)

Über den Kinderbetreuungsscheck heute hier in der Aktuellen Stunde zu reden, in der man keine Entscheidungen treffen kann, das ist wirklich nur eine Medienausschlachterei (Beifall bei den Freiheitlichen), mit der die ÖVP nur versucht, ihre Versäumnisse in der Familienpolitik in den letzten zehn Jahren vielleicht etwas zu korrigieren. Frau Kollegin Bauer, hier in der Aktuellen Stunde können Sie weder Gesetze beschließen noch die Situation für die österreichischen Familien verbessern. Denn Sie sind schuld! Die ÖVP ist schuld!

Sie haben gefragt: Wer ist denn schuld daran, daß es 400 000 Familien gibt, die an der Armutsgrenze leben, daß es 1,1 Millionen Menschen gibt, die armutsgefährdet sind? (Abg. Dr. Haider: Das stimmt doch, Herr Familienminister!) Wer ist denn schuld daran, daß es speziell Arbeiterfamilien mit Kindern sind, die an der Armutsgrenze leben? – Die ÖVP ist schuld! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Na, selbstverständlich: Die ÖVP mit ihrer verfehlten Familienpolitik der letzten Jahre ist schuld!

Wir können das auch beweisen: Wir wollen den Kinderbetreuungsscheck zum Beispiel auch deshalb in Kärnten einführen, weil der Bund nicht fähig war, schon vor Jahren das zu tun, was die Freiheitlichen gefordert haben, nämlich den Kinderbetreuungsscheck einzuführen! (Zwischenruf der Abg. Rosemarie Bauer.) Da muß es dann natürlich im Lande Kärnten ein Pilotprojekt geben. Kärnten wird bei einem freiheitlichen Landeshauptmann wahrscheinlich das erste Bundesland werden, in dem ein freiheitlicher Kinderbetreuungsscheck auch tatsächlich eingeführt wird, Frau Kollegin Bauer (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Haider – ein Muster eines solchen Kinderbetreuungsschecks in die Höhe haltend –: Bravo! Bravo!), denn ÖVP-Landeshauptleute haben es in zehn Jahren nicht geschafft, einen Kinderbetreuungsscheck für ihr Bundesland einzuführen.

Das gleiche gilt für Lehrlingsfreifahrten, die in Kärnten auch von einem Kärntner Landeshauptmann Dr. Jörg Haider eingeführt worden sind! (Abg. Rosemarie Bauer: Wer war denn Landeshauptmann?) Das ist freiheitliche Politik! Nicht draußen etwas fordern und hier nur reden und dann dagegen stimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Bauer! Am 23. Juni des vergangenen Jahres haben wir eine Sitzung des Familienausschusses gehabt. Bei dieser hat Frau Kollegin Haller den Kinderbetreuungsscheck das x-te Mal eingebracht. Wer war dagegen? – Die ÖVP war dagegen, obwohl die Machbarkeitsstudie ... (Abg. Steibl: Weil wir das Karenzgeld für alle wollen!) Hier ist der Antrag! Der Antrag 644/A (E) ist am 23. Juni im Familienausschuß verhandelt worden. Am 8. Juli haben Sie hier im Plenum gegen den Kinderbetreuungsscheck gestimmt (Abg. Dr. Haider: Oh!) – protokollarisch! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Am 8. Juli, im letzten Plenum: Nationalrat lehnt Antrag Haller zur Bereitstellung eines Kinderbetreuungsschecks ab!

Frau Kollegin! Rechtfertigen Sie sich für diese Taten vor den Familien! Hier herunten brauchen Sie sich nicht zu rechtfertigen – wir kennen Sie ja! (Abg. Rosemarie Bauer: Von Familienpolitik verstehen Sie nichts, Frau Madl!)

Ich sage Ihnen eines, Frau Kollegin, da Sie diese Situation jetzt hier so bejammern (Abg. Rosemarie Bauer: Bejammert wird gar nichts! Sie verstehen das Thema der Aktuellen Stunde nicht!) – "Kinderbetreuungsscheck" oder "Karenzgeld für alle" ist ja, Herr Minister, ein Ausdruck für ein und dieselbe Sache –: Sie hätten in uns den Partner schon lange finden können! Ein Karenzgeld für alle – wenn Sie es so nennen wollen – oder einen Kinderbetreuungsscheck für alle einzuführen, ist ein und dasselbe. Sie hätten das schon lange mit uns beschließen können (Abg. Rosemarie Bauer: Ihr Landeshauptmann Haider hätte das in Kärnten auch schon lange beschließen können!), aber die Koalitionstreue hat Sie hier in diesem Haus zurückgehalten! Mit uns Freiheitlichen hätten Sie dieses Modell schon längst beschließen können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.15

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Hohes Haus! (Abg. Dr. Haider: Sie sind hin- und hergerissen zwischen dem scharfen Argument und dem Charme des Ministers! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Die Debatte über das Karenzgeld für alle hat zumindest insofern etwas Gutes an sich, als sich die Einsicht, daß die jetzige Situation unbefriedigend ist, als gemeinsamer Nenner durch die Diskussion zieht. Nur, Herr Bundesminister Bartenstein, die Schlußfolgerungen, die Sie und Ihre Fraktion daraus ziehen, sind tollkühn! Denn, wenn etwas sozial unbefriedigend ist, dann kann die Lösung nicht darin bestehen, daß wir die Gießkanne in die Hand nehmen und das Geld in diesem Bereich noch mehr als bisher von unten nach oben verteilen.

Denn das eigentliche Problem sind unbetreute Kinder und Kinderarmut. Unbetreute Kinder, das bedeutet, daß zu wenig Kinderbetreuungsmöglichkeiten existieren, um Beruf und Betreuung kombinieren zu können – Punkt eins –, und Kinderarmut heißt, daß die Familientransfers so gestaltet sind, daß sie dort, wo wir sie brauchen würden, nichts nützen, dafür zahlen wir sie auch dort, wo sie nicht notwendig sind. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Genau das ist der Angelpunkt für eine solche Debatte. Denn wenn Sie sowohl Familienpolitik als auch Frauenpolitik als auch Sozialpolitik kombinieren wollen, dann ist es das untauglichste Mittel, einfach einen linearen Transfer einzuführen und dann so zu tun, als ob das die Lösung wäre. Kollegin Gatterer hat Beispiele gebracht, die sozial ans Herz greifend waren, und ich bin auch der Meinung, daß man dort wesentlich mehr tun sollte. Warum man aber deswegen, weil eine 19jährige sozial nicht abgesicherte Mutter mittellos dasteht und ratlos ist, auch in die höchsten Einkommenskategorien 5 700 S transferieren muß, das sehe ich nicht ein! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Es sei denn, man meint hier das, was verräterischerweise in der Diskussion immer wieder dann, wenn die Konzentration nachläßt, sichtbar wird: daß nämlich unter "alle" nicht Männer und Frauen, sondern nur Frauen zu verstehen sind, es sei denn, man meint, daß das ein interessanter Anreiz – zumindest ein Anreiz – ist, aus der Berufstätigkeit auszusteigen. (Abg. Rosemarie Bauer: ... Schwachsinn, aber man kann nicht jedesmal Männer und Frauen ...!)

Ich sage das deswegen mit einer gewissen Betroffenheit, weil ich im Sinne der Wortmeldungen aus der rechten Hälfte dieses Hauses nämlich offenbar ein sozial geschädigter Mensch bin, denn meine Mutter war zeit ihres Lebens berufstätig. Ich bin neben einer berufstätigen Mutter groß geworden, ohne daß ich das subjektive Gefühl habe, daß ich daraus einen Nachteil erlitten habe! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei der SPÖ.) Ganz im Gegenteil: Ich habe frühzeitig erlebt, daß eine berufstätige Mutter ganz andere Qualitäten in die Erziehung einbringen kann als eine, die ausschließlich am heimischen Herd lebt (Beifall beim Liberalen Forum), die die Arbeitswelt nicht kennt, die Kindern daher nicht jene Begleitung geben kann, die man braucht, um so heranzuwachsen, daß man schon in dieser Phase Probleme wahrnimmt, die man sonst – abgeschirmt von der Wirklichkeit des Lebens – nicht bemerkt, und dadurch möglicherweise selbst Rollenbilder fortsetzt, die das eigentliche Übel dieses Problems sind. Denn – machen wir uns nichts vor! –: Solange in der Arbeitswelt eine derartige Einkommensschere vorherrscht, solange in den Köpfen und in den Herzen eine derartige Fixierung auf tradierte Rollenbilder vorhanden ist, werden Sie mit keiner dieser Ihrer Lösungen – und am allerwenigsten mit einer linearen – etwas bewirken.

Der Ausdruck "soziale Treffsicherheit" kommt in diesem Modell "Karenzgeld für alle" so und so nicht vor. Wenn man jetzt noch dazu berücksichtigt, daß der eigentliche Fehler, der hier sichtbar wird, in der Sozialpolitik liegt, nämlich im Alles-oder-nichts-Prinzip, das manchmal vernichtend zuschlägt, daß die zwanghafte Verkoppelung von sozialen Ansprüchen mit vorher innegehabter Erwerbstätigkeit das eigentliche Problem ist, sodaß die 19jährige Maturantin, die nie in der Arbeitswelt war, in unserer Konstruktion natürlich keine Ansprüche hat, dann wäre es meiner Ansicht nach gerade auch in diesem Zusammenhang angebracht, sich einmal konstruktiv und positiv dem Anliegen einer Grundsicherung zu nähern und dieses Thema einmal breit zu diskutieren, anstatt es immer mit der argumentativen Keule totzuschlagen! Das halte ich für einen wichtigen Punkt!

Ein schreiendes Ungerechtigkeitselement an diesem Karenzgeld für alle ist der Umstand, daß die Beiträge dazu ausschließlich aus der Arbeitswelt kommen, und hier wiederum ausschließlich in Form von Dienstgeberbeiträgen. Das wollen Sie jetzt ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein) – Herr Bundesminister Bartenstein, Zwischenrufe von der Regierungsbank sind zumindest ungewöhnlich. (Abg. Schwarzenberger: Aber zur Richtigstellung notwendig!) Ich will Sie nicht maßregeln, aber stehlen Sie mir nicht meine kurze Redezeit!

Das ist der eigentliche Konstruktionsfehler! Denn das Karenzgeld der 19jährigen Maturantin mit Arbeitgeberbeiträgen zu finanzieren, das finde ich tollkühn. Daher muß so etwas, wenn es Sinn machen soll, steuerfinanziert sein, Herr Bundesminister! Aus Steuermitteln muß so etwas finanziert sein, und nicht ausschließlich aus der Arbeitswelt, denn dadurch steigen nur die Lohnnebenkosten weiter an, und es erwachsen daraus negative Effekte auf die Beschäftigungslage. Das ist der springende Punkt!

Sie machen Wahlkampf pur! Sie geben Versprechungen ab, von denen Sie wissen, daß Sie sie nicht einlösen müssen, weil Sie in diesem Haus dafür keine Mehrheit haben. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das finde ich nicht gut, denn damit werden die Leute in die Irre geführt, und das ist ganz, ganz böse. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Langthaler. – Bitte.

11.20

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Natürlich hat auch in diesem Haus der Wahlkampf begonnen, die Debatte hat das eindeutig gezeigt. Bei kaum einem anderen Thema gibt es so große ideologische Scheuklappen wie beim Thema Familienpolitik und Karenzgeld. Wenn man sich vor allem die Argumente der beiden Koalitionspartner anhört und versucht, eine sachliche Debatte dabei herauszufiltern, merkt man ja, daß beide in einigen Punkten natürlich recht haben, aber in einigen Punkten aus meiner Sicht vollkommen unrecht haben.

Natürlich hat die SPÖ recht, daß es vorrangig sein muß, Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor allem für die Frauen zu schaffen. Selbstverständlich hat Frau Abgeordnete Binder recht, daß Karenzgeld per definitionem – wie sie es gesagt hat – eine Ersatzleistung für eine Tätigkeit ist, die man oder "frau" wegen der Betreuung eines Kindes nicht ausüben können. Aber natürlich hat auch die ÖVP dahin gehend recht, daß es unzumutbar ist, daß jede neunte Frau, daß Studentinnen oder Schülerinnen dann völlig ohne jede Regelung dastehen.

Herr Bundesminister! Ich frage Sie: Wer ist denn seit Jahren in dieser Regierung, und wer ist denn auch – das frage ich vor allem die Kolleginnen aus der SPÖ – dafür verantwortlich, daß es beim Thema Karenzgeld eine Reihe von sozialen Ungerechtigkeiten gibt? – Ich möchte Ihnen nur drei Beispiele nennen, die Sie alle kennen, und bei denen Sie alle mitgestimmt haben:

Erster Punkt: die mehrfache Diskriminierung von Alleinerzieherinnen, sei es bei der Dauer der Karenzzeit oder beim erhöhten Karenzgeld.

Zweiter Punkt: die Nichterhöhung des Karenzgeldes, während alle anderen Versicherungsleistungen immer wieder in den letzten Jahren erhöht wurden.

Dritter Punkt: kein eigenständiger Karenzanspruch für Väter.

Das alles ist seit Jahren bekannt, aber jetzt eben, da die Wahlkampfzeit naht, wird das herausgezogen. (Beifall bei den Grünen.)

Der Vorschlag der Grünen, Herr Minister, genau zu diesem Thema, bei dem es laut Ihrer Definition um "Karenzgeld für alle" geht, ist ganz eindeutig – darüber könnte man noch in dieser Legislaturperiode einen Beschluß fassen, möglicherweise auch mit einer seriösen Diskussion und Zustimmung der SPÖ –, denn er sieht vor, daß all jene einbezogen werden, die in Ausbildung stehen, womit die Frage der Einbeziehung der Studentinnen und Schülerinnen wirklich gelöst würde.

Der Vorschlag "Karenzgeld für alle", so wie FPÖ und ÖVP es sehen, birgt natürlich ein großes Problem – auch aus unserer Sicht –, nämlich daß es dadurch zu einem Druck auf Frauen kommen kann, sie vollkommen aus dem Arbeitsmarkt herauszudrängen. Aber die Frage der Studentinnen und der Schülerinnen, Frau Abgeordnete Mertel, muß diskutiert werden. Dieses Problem muß man meiner Meinung nach auch ohne ideologische Scheuklappen noch in dieser Legislaturperiode ganz eindeutig lösen. (Abg. Dr. Mertel: Ich habe mich nicht dagegen ausgesprochen!)

Herr Minister! Ich habe mich auch deshalb zu Wort gemeldet, weil Sie nicht nur Familienminister und Jugendminister, sondern auch Umweltminister sind. Diese drei Funktionen treffen eigentlich in einem Punkt gänzlich zusammen, nämlich wenn es darum geht, darüber zu diskutieren, wie man der nächsten Generation diese Umwelt übergibt. Wie sorgt man dafür, daß es nicht nur finanzielle Maßnahmen, Infrastrukturmaßnahmen und natürlich finanzielle Absicherung gibt, sondern wie kann man auch dafür Sorge tragen, daß es eine Möglichkeit gibt, ökologische und sozial- und familienpolitische Fragen zusammenzuführen?

Vor zwei Tagen, Herr Minister, ist tatsächlich eine aktuelle Entscheidung in der Bundesregierung gefallen, und da habe ich Ihren Aufschrei vermißt. Es wurde nämlich die Ökologisierung des Steuersystems zu Grabe getragen, bevor überhaupt eine ernsthafte Debatte darüber hier in diesem Hause stattgefunden hat. Die Vorschläge der Steuerreformkommission und auch die Vorschläge der Grünen haben eindeutig darauf abgezielt, zu versuchen, genau den familienpolitischen Aspekt und vor allem die Frage kinderreicher Familien in diese Diskussion betreffend Ökobonus mit gleichzeitiger Ressourcensteuer miteinzubeziehen.

Herr Minister! Sie behaupten auch immer wieder von sich, integrativ denken und gerade in Ihrem Ressort die Fragen Familienpolitik und Umweltpolitik zusammenführen zu wollen, sind aber bis heute eine Antwort darauf schuldig geblieben, wie Sie damit umgehen, daß diese Bundesregierung offenbar nicht nur beim Karenzgeld, sondern vor allem auch bei der Frage Ökosteuer ihre Versprechen gänzlich schuldig geblieben ist. Wo ist Ihr Aufschrei, Herr Minister? Wo ist Ihre Forderung, gerade im Bereich Familienförderung einen Ökobonus einzuführen, den man so fördert, daß man tatsächlich endlich die immer billiger werdende Energie auf dem Weltmarkt besteuert, Lohnnebenkosten entsprechend senkt, Arbeit billiger macht, Ressourcen besteuert, und das Geld, das dadurch hereinkommt, auch kinderreichen Familien zuführt? (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist nicht das Thema!)

Diese Diskussion, Frau Abgeordnete Bauer, ist nicht nur bei einer solchen Debatte aktuell, denn auch in der Steuerreformkommission wurde das so diskutiert, daß es einen Ökobonus gerade für Familien mit vielen Kindern geben sollte, damit es nicht zu sozialen Ungerechtigkeiten kommt. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie immer nur auf den gleichen festgefahrenen Ebenen diskutieren, heute ausschließlich im Bereich der Karenzgeldregelung, weil es wahlkampfopportun ist (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), ein anderes Mal ausschließlich betreffend Steuerreform, weil es gerade opportun ist, dann werden Sie nie zu einer Lösung kommen, die wirklich nicht nur von einer breiten Mehrheit getragen wird, sondern von der eine breite Mehrheit in diesem Lande auch profitiert. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Peter.)

11.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet, und ich danke dem Herrn Bundesminister.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 5342/J und 5343/J.

2. Anfragebeantwortungen: 4689/AB bis 4753/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (1554 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das BIG-Gesetz BGBl. Nr. 419/1992 geändert wird (5. BIG-Gesetz-Novelle) (1555 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 – JWG geändert wird (Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 1998 (1556 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Verkehrsausschuß:

Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr gemäß § 3 (2) Bundesbahngesetz 1992 über die von ihm bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen und die eingetretenen Veränderungen (III-162 der Beilagen).

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was Punkt 1 der heutigen Tagesordnung betrifft, nämlich die Behandlung der Petition des Abgeordneten Dr. Kier betreffend "Anerkennung der Gebärdensprache", sind die erforderlichen Vorkehrungen getroffen worden, um die diesbezügliche Debatte durch Gebärdendolmetscher, die dann auf der Regierungsbank Platz nehmen werden, in die Gebärdensprache zu übertragen. Bis dahin wird es aber eine kleine Weile dauern, weil noch Geschäftsordnungsfragen zu klären sind.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Klub der sozialdemokratischen Abgeordneten hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung der heutigen Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 5344/J der Abgeordneten Dr. Kostelka und Genossen an den Herrn Bundeskanzler betreffend Österreichs EU-Präsidentschaft und den Europäischen Rat vom 11. und 12. Dezember 1998 in Wien dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird diese dringliche Behandlung um 15 Uhr begonnen werden.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß Herr Abgeordneter Wabl beantragt hat, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 723/A (E) betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung eine Frist bis zum 19. Jänner 1999 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang nach § 43 der Geschäftsordnung das Verlangen von fünf Abgeordneten vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Da wir soeben festgelegt haben, daß es um 15 Uhr zur Behandlung einer Dringlichen Anfrage kommen wird, wird die kurze Debatte im Anschluß an die Debatte zur Dringlichen Anfrage stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag erfolgt unmittelbar nach Durchführung der Debatte.

Einwendungen gegen die Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Tagesordnung selbst liegt mir einerseits ein Antrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen auf Absetzung des Punktes 3 der heutigen Tagesordnung sowie ein Verlagen vor, über diesen Einwendungsantrag eine Debatte durchzuführen.

Andererseits liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol auf Ergänzung der heutigen Tagesordnung vor, nämlich einen zusätzlichen Tagesordnungspunkt 4 in die heutige Tagesordnung aufzunehmen. Zu diesem Abänderungsantrag Dr. Kostelka, Dr. Khol liegt kein Verlangen auf Debatte vor.

Wie ich soeben mitgeteilt habe, hat also Herr Abgeordneter Mag. Stadler schriftlich Einwendungen gegen die ausgegebene Tagesordnung erhoben, und zwar Einwendungen betreffend Punkt 3 der Tagesordnung, dessen Absetzung beantragt wird. Wenn diesen Einwendungen nicht beigetreten wird, hat der Nationalrat darüber zu befinden.

In der gemäß § 50 der Geschäftsordnung stattfindenden Debatte beschränke ich – wie immer in solchen Fällen – die Redezeit auf 5 Minuten und die Zahl der Redner pro Klub auf maximal drei.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte sehr.

11.29

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Sie haben vollkommen richtig vorgetragen, daß die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol heute die Ergänzung der Tagesordnung verlangen, und zwar um einen Punkt, der im Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt 3 diskutiert werden soll.

Wir Freiheitlichen haben verlangt, daß betreffend Vorlagen zum Rundfunkgesetz, die jetzt ergänzt werden sollen, ein Unterausschuß des Verfassungsausschusses eingerichtet werden soll, um diese Dinge eingehend zu beraten. – Dazu gab es keine Zustimmung!

Dann haben wir verlangt, daß die heutige Debatte, weil sie eine Marathontagesordnung aufweist, in 10 "Wiener Stunden" abgehalten werden soll, damit die Opposition überhaupt noch Gelegenheit dazu hat, sich hier zu Wort zu melden. – Es gab keine Zustimmung, kein Entgegenkommen von den Regierungsfraktionen!

Dafür wird aber heute bei einer Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden", die Sie mit Zweidrittelmehrheit beschließen wollen, gleich die Tagesordnung mit ergänzt, Herr Kollege Wabl. Ich habe es Ihnen in der Präsidialkonferenz schon gesagt: Sie werden von diesen Regierungsparteien über den Tisch gezogen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß nicht, warum Sie da mittun, aber Sie tun mit – jeweils zu Lasten der Oppositionsfraktionen, jeweils zu Lasten des Parlamentarismus insgesamt! Denn der Parlamentarismus erlebt ja, seitdem diese große Koalition erkannt hat, daß sie mit Zweidrittelmehrheit alles machen kann, seinen Schwanengesang.

Streichung von Sitzungstagen! Weil sich die Regierung in Klausur begibt, muß das Parlament Sitzungstage streichen! Wir haben uns nach der Regierung zu richten; nicht die Regierung richtet sich nach dem Parlament, sondern die Regierung bestimmt, wann Sitzungstage stattfinden. Im Jänner wurde ein Sitzungstag gestrichen. Die Opposition war gespalten. Die Grünen und die sogenannten Liberalen sind für die Streichung von Sitzungstagen – wiederum zu Lasten des Parlamentarismus, zu Lasten des Hohen Hauses, immer auf Kommando der Regierung! Natürlich sind die beiden Klubobleute der Regierungsfraktionen sofort dabei, wenn ihre Regierungsmitglieder entsprechende Verlangen an das Haus richten.

In gleicher Manier geht es bei der heutigen Debatte weiter. Herr Kollege Kostelka, wenn das eine Dringliche Anfrage sein soll, dann erläutern Sie das heute noch! Es versteht nicht einmal mehr ein Journalist draußen, daß das eine Dringliche Anfrage sein soll. Weil der Herr Bundeskanzler einen vollen Terminkalender hat, muß man die Geschäftsordnung mißbrauchen, die Geschäftsordnung beugen und mit so einer Wischiwaschi-Dringlichen Anfrage dafür sorgen, daß der Herr Bundeskanzler seine dringlichen Termine wahrnehmen kann, da sich ja das Parlament nach der Regierung zu richten hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Parlament hat sich nach der Regierung zu richten und nicht die Regierung nach dem Parlament, während aber umgekehrt, Herr Kollege Schwarzenberger, jahrelang Landwirtschaftsvorlagen, etwa der Waldbericht 1996, etwa der Grüne Bericht 1997, hintangestellt werden – genauso wie alle Oppositionsanträge.

Meine Damen und Herren! Da gerade die Familiendebatte durchgeführt wurde: Es ist ja pure Heuchelei, 5 Minuten vor Wahlterminen von Familienpolitik zu sprechen, während alle Anträge im Familienausschuß schubladisiert werden, weil sie von den Oppositionsfraktionen kommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Der Familienausschuß tagt ja nicht einmal mehr, Frau Bauer! Er tagt ja nicht einmal mehr! Die Regierung zwingt das, was sie auf der Tagesordnung haben will, auf diese hinauf, was jedoch die Opposition in den Ausschüssen verlangt, ist unerheblich. Am liebsten würde man das Parlament überhaupt auf zwei Regierungsfraktionen reduzieren; davon möchte die eine möglichst rasch und die andere nie mehr wieder wählen gehen. So schaut der Parlamentarismus in diesem Hause aus, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist der Schwanengesang des Parlamentarismus! Das ist der Schwanengesang des Parlamentarismus und der Herr Präsident schaut zu! Herr Präsident! Das ist meine Kritik an Ihrer Form der Führung des Hauses. Sie schauen zu, wie dieses Parlament immer mehr Rechte verliert, wie dieses Parlament immer mehr von der Regierung dominiert wird und nach der Regierungspfeife zu tanzen hat.

Die heutige Debatte über die Erklärung des Bundeskanzlers zum EU-Ratsvorsitz, wobei, um den Koalitionsfrieden zu wahren, auch noch der Vizekanzler die Debatte beginnen wird, zeigt das ja. Das ist ja überhaupt etwas ganz Neues: Es findet heute eine Dringliche Anfrage statt, der Bundeskanzler gibt eine Erklärung ab, und dann ist der Vizekanzler der erste Debattenredner. Die Abgeordneten werden überhaupt nicht mehr gefragt, was sie zu diesem Thema zu sagen haben. Die Regierung übernimmt auch noch das Parlament! (Abg. Leikam: 20 Redner!) Und letztlich zeigt sich ja, daß die Regierung dieses Parlament beherrscht: Dieses Parlament hat, vertreten durch die beiden Regierungsparteien mit tätiger Unterstützung von Grünen und Liberalen, nach der Pfeife der Regierung zu tanzen.

Meine Damen und Herren! Immer, wenn Sie beklagen, daß Sie schlecht behandelt werden, daß Sie keine Rechte mehr im Hause haben, meine Damen und Herren von den Grünen (Abg. Leikam: 20 Redner sind gemeldet!), dann müssen Sie sich selbst an der Nase nehmen! Sie spielen immer dann mit, wenn es um die Rechte dieses Hauses geht. Dann sind Sie nämlich immer dabei und lassen sich über den Tisch ziehen, immer in der Hoffnung, daß es einmal eine Ampelkoalition geben könnte – und die bekommt man ja letztlich durch Wohlverhalten. Da werden Sie aber sehr schief gewickelt sein. Glauben Sie mir das!

Herr Kollege Wabl! Sie werden das nicht mehr erleben, weil Sie diesem Haus nicht mehr angehören werden. Ich weiß nicht, ob das ein Schaden oder ein Nutzen ist. Aber das, was Sie in den letzten Präsidialkonferenzen zugunsten der Regierung gemacht haben, deutet eher darauf hin, daß es ein Nutzen ist. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich würde mir beispielsweise von Ihnen Unterstützung erwarten, daß der Innenminister endlich eine Erklärung darüber abgibt, wie es möglich ist, daß im Innenministerium eine ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): ... Autonummer eines Täters, eines schweren Straftäters, bekannt ist, aber seit Monaten und Jahren diesbezüglich nichts unternommen wurde, während die Medien bereits darüber schreiben. Das wäre zum Beispiel eine Frage für eine dringliche Behandlung hier im Hause. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher ersuche ich Sie heute: Achten Sie das Parlament und sorgen Sie dafür, daß diese Regierung endlich auch erkennt, daß sie dieses Parlament zu respektieren hat! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Gleiche Redezeit. – Bitte.

11.35

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Mit aller gebotenen Zurückhaltung muß ich darauf hinweisen, daß die Geschäftsordnung auch für die beiden Regierungsfraktionen gilt. Es ist unser Recht, die Ergänzung der Tagesordnung zu beantragen, insbesondere dann, wenn wir gute Gründe dafür haben.

Diese guten Gründe haben hinsichtlich des Rundfunkgesetzes vier der insgesamt fünf Fraktionen der Präsidiale anerkannt, da es letztendlich unleugbar so ist, daß die Änderung der Richtlinien zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitglieder über die Ausübung der Fernsehtätigkeit mit 1. Jänner nächsten Jahres in Kraft tritt. Wir haben daher noch in diesem Jahr eine Anpassung des Rundfunkgesetzes vorzunehmen. Heute findet die letzte Sitzung des Nationalrates vor Jahresende statt, daher ist es sinnvoll und notwendig, diese Novelle auf die Tagesordnung zu setzen.

Diese Ergänzung erfolgt deswegen, weil im Privatradiogesetz spiegelgleiche Bestimmungen enthalten sind, die natürlich auch an diesem Tag beschlossen werden sollen, weil sonst eine Ungleichbehandlung von Privatradios und dem öffentlichen Rundfunk das Ergebnis wäre. Es würde bedeuten, daß mit Jahresbeginn eine Durchrechnungsregelung für die Werberechte, für die Werbezeiten im ORF einträte, für Privatradios jedoch nicht. Eine solche Ungleichbehandlung zwischen dem öffentlichen Rundfunk und den Privatradios zu Lasten der Privatradios wollen wir nicht, und daher ist es zwingend notwendig, daß beide Gesetzentwürfe auf die Tagesordnung kommen.

Herr Kollege Stadler! Die Aufregung ist völlig unnotwendig. Wir werden heute auch noch über die Dringliche Anfrage zu sprechen haben. Daß meine Fraktion von dem selten in Anspruch genommenen Privileg Gebrauch macht, eine Dringliche einzubringen, haben Sie zu verantworten, weil Sie in der Präsidiale zu einer anderen Vorgangsweise nicht bereit waren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol.)

Im übrigen ist das in keiner Weise ein Mißbrauch der Geschäftsordnung! (Abg. Mag. Stadler: Aber ja!) Herr Kollege Stadler, wenn meine Fraktion in dieser laufenden Legislaturperiode das zweite Mal eine Dringliche Anfrage einbringt, dann können Sie mit Sicherheit nicht von einem Mißbrauch der Geschäftsordnung sprechen. Das, was aber sehr wohl zu konstatieren ist, ist, daß Sie nunmehr zu Beginn jeder Plenarsitzung mit fadenscheinigen Argumenten eine Einwendungsdebatte inszenieren, um über Dinge zu reden, die mit der Tagesordnung und Ihren eigentlichen Einwendungen überhaupt nichts zu tun haben.

Ich sage Ihnen folgendes: Diese Tricks, diese Mißbräuche der Geschäftsordnung, werden die Freiheitliche Partei nicht mehr aus ihrem Tief holen. Ich sehe, daß Sie zu allen Methoden greifen, aber die heutige wird sicherlich nicht sonderlich sinnvoll und erfolgreich sein. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol.)

11.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.

11.38

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Klubobmann Kostelka! Tatsache ist, daß die Debatte um die Novellierungen, die heute zum Regionalradiogesetz und Rundfunkgesetz stattfinden sollen, nicht ausreichend geführt wurde. Viele Anregungen, die aus dem Begutachtungsverfahren gekommen sind, wurden nicht einmal andiskutiert. Und gerade das wäre Grund genug, um einen entsprechenden Unterausschuß einzurichten, damit über diese Anregungen, die aus dem Begutachtungsverfahren stammen, entsprechend diskutiert werden kann.

Es ist zum Beispiel so, daß die Errichtung einer Medienanstalt, die de facto – bis auf die SPÖ – von allen gefordert wird, nicht in der Novelle enthalten ist. Darüber müßte diskutiert werden, und der geeignete Ort dafür wäre ein entsprechender Unterausschuß. Das, was heute beschlossen werden soll, ist tatsächlich nicht ausdiskutiert, meine Damen und Herren.

Wenn Sie, Herr Kollege Kostelka, von einer Ausweitung der Werbezeiten, die auch beschlossen werden soll, sprechen, dann muß man aber gleichzeitig auch über eine Reduktion der Beiträge diskutieren. Diese Diskussion hat nicht stattgefunden. Das sind Themen, über die in einem entsprechenden Unterausschuß ausreichend diskutiert werden könnte, und deshalb ist diese Forderung bezüglich Absetzung dieser Punkte durchaus berechtigt. Ein Unterausschuß hätte in dieser Frage seine Berechtigung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und nun zu jener Dringlichen Anfrage, die Sie heute stellen. Diese hat, abgesehen davon, daß es sich hiebei um eine merkwürdige Auslegung der Geschäftsordnung handelt, bei weitem nicht jene Dringlichkeit wie zum Beispiel eine Debatte über Schlagzeilen wie: "Fuchs-Kennzeichen war bereits im März 1996 bekannt." (Der Redner hält eine Kopie des genannten Zeitungsartikels hoch.) Das schreiben Wochen- und Tageszeitungen! Offensichtlich liegt einem Verhandlungsakt ein Aktenvermerk bei, in dem dieses Kennzeichen aufscheint.

Ist das wahr? Ist das nicht wahr? – Das interessiert die Öffentlichkeit, und darüber sollte diskutiert werden. Der Innenminister sollte in diesem Haus erscheinen und uns darüber Auskunft geben, ob das, was zu Beginn dieser Woche in einer Wochenzeitung zu lesen war und auch heute in einer Wochenzeitung nachzulesen ist, deren Herausgeber der Anwalt dessen ist, der besagten Aktenvermerk verfaßt hat und behauptet, daß dieser Aktenvermerk mit dem Fuchs-Kennzeichen einem Akt beiliegt, der dem Innenministerium seit dem Jahr 1996 bekannt ist. (Zwischenruf des Abg. Leikam.) Darüber sollten wir diskutieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Der Fall Fuchs ist doch nicht irgend etwas, sondern der meist diskutierte Kriminalfall der Zweiten Republik, meine Damen und Herren!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schweitzer! Wir werden in der morgen stattfindenden Präsidiale über den Ruf "zur Sache" reden, daher muß ich ganz korrekt sagen: Einwendungen gegen Punkt 3 der Tagesordnung haben nichts mit der Kommentierung der Zweckmäßigkeit dieser oder jener Dringlichen Anfrage zu tun.

Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind wieder am Wort!

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): Herr Präsident! Mir ging es darum, festzuhalten, daß es meines Erachtens dringlich notwendig ist, daß man über die in der Öffentlichkeit kolportierten Schlagzeilen, in denen unter anderem behauptet wird, daß das Kennzeichen des meistgesuchten Verbrechers der Zweiten Republik bereits seit 1996 bekannt war, redet. (Abg. Schieder: Er bringt es nicht hinüber!) Darüber wollen wir diskutieren, darüber sollten wir den Innenminister heute in einer Dringlichen Anfrage befragen und nicht über einen Gipfel, der keiner war, diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Gleiche Redezeit. – Bitte.

11.42

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Volkspartei wendet sich vehement gegen die Absetzung des Gesetzes zur Neuordnung des ORF. Wir treten für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit guten Entwicklungsmöglichkeiten ein (Abg. Wabl: Solange er schwarz und rot ist!), und deswegen wollen wir das Gesetz heute beschlossen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bis zum 31. Dezember dieses Jahres muß die Fernsehrichtlinie der Europäischen Union umgesetzt werden. In dieser Fernsehrichtlinie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, ist ein Verbot enthalten, Gewalt und Pornographie zu einer Zeit auszustrahlen, in der Minderjährige fernsehen. Sie wenden sich also dagegen, daß wir diese wichtige Bestimmung ab 1. Jänner nächsten Jahres in Kraft setzen. Wir sind gegen Pornographie und Gewalt im Fernsehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Böhacker.)

Mit dieser Rundfunkgesetz-Novelle wird auch sichergestellt, daß das vierte Hörfunk-Programm des Rundfunks überwiegend fremsprachig ist. Wir schätzen Blue Danube Radio, wir schätzen dieses Fremdsprachenprogramm, und wir wollen daher dieses Gesetz heute beschließen. (Beifall bei der ÖVP.)

In der heute vorliegenden Novelle wird weiters etwas geregelt, dessen Fehlen ich schon lange bemängelt habe: eine Beschwerdemöglichkeit für jeden Hörer und Seher, der durch unrichtige Tatsachenbehauptungen in seinen Rechten verletzt wurde. Die Bürgerinnen und Bürger können sich nun allein und direkt bei der Beschwerdekommission des Österreichischen Rundfunks beschweren. Die Volkspartei möchte, daß diese Beschwerdemöglichkeit ab 1. Jänner nächsten Jahres zur Verfügung steht, und daher wollen wir, daß heute dieses Gesetz beschlossen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und da wir für Chancengleichheit zwischen dem öffentlich-rechtlichen ORF und den vielen kulturell wichtigen und auch Identität stiftenden Regionalradios sind, wollen wir heute auch das Regionalradiogesetz beschließen, das den Regionalradios, den privaten Radios, die gleichen Werbemöglichkeiten wie dem ORF einräumt.

Und deswegen, meine Damen und Herren, treten wir dafür ein, daß beide Gesetze heute beschlossen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Präsident! Ich möchte zum Schluß anmerken, daß ich nach Kollegen Kostelka wahrscheinlich der einzige war, der hier zur Sache geredet hat, und darauf hinweisen, daß es dem Präsidium obliegt, die Geschäftsordnung zu wahren und die Redner daran zu erinnern, zur Sache zu sprechen und nicht zu anderen Themen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

11.46

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herrn Abgeordneten Khol ist insbesondere bei seinem letzten Satz beizupflichten, zu dem aber auch gehört, daß man dem Präsidium vom Rednerpult aus keine Ratschläge erteilt, wie Sie sicherlich durch Ihre Teilnahme an der Präsidiale wissen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Schieder: Aber auch, daß man so etwas nicht sagt!)

Meine Damen und Herren! Aber darüber hinaus wollen es die Liberalen, Herr Abgeordneter Schieder, nicht zur Kenntnis nehmen (Abg. Schieder: Ich muß nichts zur Kenntnis nehmen!), daß eine wild um sich schlagende FPÖ jetzt auch gleich die Grünen und die Liberalen in ihren Rundumschlag einbezieht. (Abg. Schieder: Sie sind ein Oberlehrer!) Ich bin weiters der Ansicht, daß die ganze Diskussion um die Causa Fuchs insofern überflüssig ist, als das Kennzeichen des Herrn Fuchs seit der Anmeldung seines Fahrzeuges wohl mindestens so bekannt war wie das Kennzeichen des Herrn Rosenstingl. Der Unterschied ist, daß Fuchs in Österreich sitzt und Rosenstingl abgepascht ist. Das ist aber der einzige Unterschied! (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte aber gerade deshalb auch auf den noch zu erweiternden Tagesordnungspunkt eingehen, weil die angesprochene Richtlinie nicht nur (Abg. Mag. Stadler: Ein besonderer Geistesblitz war er noch nie! – Abg. Dr. Khol: Aber besser als der Schweitzer!), Herr Abgeordneter Stadler, in bezug auf die Umsetzung der Fernsehtätigkeit wichtig ist, sondern weil sie auch ein Verbot etwa diskriminierender und damit auch sexistischer Werbung enthält.

Ein letzter Punkt, Herr Abgeordneter Stadler: Nur weil Ihr Mediensprecher Meischberger heute vor dem OGH seine eigene Steuergeschichte verhandeln muß und es bei Ihnen außer ihm keine in diesem Fach kompetenten Leute gibt, werden wir nicht eine Debatte nicht führen oder absetzen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Abg. Leikam: Das schaut aber nicht gut aus! – Abg. Schieder: Endlich kommt die Wahrheit ans Licht!)

11.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

11.47

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Khol, man kann dem Buchstaben der Geschäftsordnung entsprechen und trotzdem deren Geist verletzen. (Abg. Dr. Khol: Oooh!) Und ich denke, daß das hier sehr wohl passiert. Denn die Anordnung der heutigen Tagesordnung ist doch dadurch zustandegekommen, daß, wie wir aus der Präsidiale wissen, der Herr Bundeskanzler einerseits heute vormittag dem Europäischen, und nicht dem österreichischen Parlament Rede und Antwort steht – was terminlich nicht anders möglich war –, andererseits aber sichergehen wollte, daß er, sobald er in Österreich ist, gleich drankommt. Das ist der Grund dafür, daß diese Dringliche Anfrage eingebracht wurde, und nicht, weil das so dringlich ist und nicht, weil es das hervorragendste Instrument der Regierungsparteien ist! (Abg. Dr. Kostelka: Ist das Ihre Einwendung?) Denn Sie sagen uns bei jeder Gelegenheit, die Dinge, die die Opposition für wichtig ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Dr. Petrovic! Wenn die Dringliche Anfrage beim Debattenbeitrag des Kollegen Schweitzer nicht zur Diskussion gestanden ist, kann sie auch in Ihrem nicht zur Diskussion stehen. Wir debattieren jetzt über die Absetzung des Tagesordnungspunktes 3!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Aber insgesamt geht es natürlich schon um die Einhaltung des Geistes der Geschäftsordnung. Wenn nun diese Geschäftsordnung durch die Wahl der Instrumente verletzt wird, muß es meiner Ansicht nach auch die Möglichkeit geben, das im Plenum zu artikulieren.

Ich sehe sehr wohl einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Themen, denn es ist letztlich – das wissen wir alle und man kann das ruhig aussprechen – auch ein Kunstgriff, die Absetzung des Punktes 3 oder irgendeines Punktes zu beantragen, um Raum für anderes zu schaffen.

Das ist auch mein inhaltliches Problem mit dem freiheitlichen Antrag. Denn im Prinzip teile ich die Auffassung der Freiheitlichen, daß es Dinge gibt, die viel, viel dringlicher sind – nicht nur Fragen über die Ermittlungen in der Causa Briefbomben, sondern vor allem auch die Neutralitätsgefährdung durch den Herrn Verteidigungsminister im Zusammenhang mit illegalen Waffenexporten. (Rufe bei der ÖVP.) Das ist alles viel dringlicher! (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich möchte den Regierungsparteien eigentlich nicht die Freude machen, nicht über den ORF zu reden! Denn seit Jahren wird der gesamten Opposition gesagt: Es kommt die große ORF-Reform! Jetzt aber macht sich Klubobmann Khol Sorgen um die zukünftige Lebensfähigkeit des ORF und die Möglichkeiten, eine Durchrechnung der Werbezeiten einzuführen. Meine Retourfrage lautet: Warum, Herr Klubobmann Khol, warum, Herr Klubobmann Kostelka, liegen denn Oppositionsanträge betreffend eine viel umfassendere Reform des ORF seit weit mehr als einem halben Jahr im Ausschuß, ohne behandelt zu werden?

Warum sind Sie auch nicht dazu bereit, in umfassender Art und Weise über das Privatradio zu reden, und zwar im Zusammenhang mit dem Privatfernsehen, denn es gehört eigentlich in diesen Bereich? – Diese Debatte möchte ich den Regierungsparteien heute ebenfalls nicht ersparen, denn die Versäumnisse im Zusammenhang mit der Medienpolitik sollten meiner Überzeugung nach heute in aller Öffentlichkeit diskutiert werden! (Abg. Schieder: Das können Sie ruhig tun!)

Insofern möchte ich nicht, daß dieser Tagesordnungspunkt abgesetzt wird, wiewohl ich die Vorgangsweise sehr, sehr problematisch finde. Ich hätte durchaus auch die Möglichkeit gesehen, bei diesen brisanten Themen eine Erklärung eines Bundesministers als zusätzlichen Punkt der heutigen Tagesordnung zu verlangen, und ich wäre auch dafür gewesen, daß sich der Innenminister beziehungsweise – für uns prioritär – auch der Verteidigungsminister zu wirklich hundertmal aktuelleren Fragen hier im Plenum äußert. (Beifall bei den Grünen.)

11.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nunmehr erteile ich Herrn Abgeordneten Scheibner das Wort. – Bitte.

11.52

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, daß wir uns über derartige Dinge unterhalten müssen, darüber, daß Sie von den Koalitionsparteien, von den Regierungsparteien – und das ist ja signifikant für Ihre Politik – alles daransetzen, Ihren Auftrag, den Sie hier im Parlament hätten, nicht ernst, ja überhaupt nicht wahrzunehmen, nämlich das Volk, die Wähler, die Sie gewählt haben, zu vertreten, die Regierung zu kontrollieren, Gesetze zu machen, Initiativen zu setzen und nicht Erfüllungsgehilfe der Bundesregierung zu spielen, meine Damen und Herren. Genau das ist in all diesen Fällen, bis hin zu dem heute zur Debatte stehenden Antrag betreffend das Rundfunkgesetz der Fall! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn, Herr Kollege Khol, Sie stellen mit unglaublicher Dramatik dar, warum das heute und hier und jetzt beschlossen werden muß. Seit 1994, meine Damen und Herren, wissen Sie, daß das Rundfunkgesetz, daß die gesamte Medienlandschaft so, wie sie in Österreich gestaltet ist, nicht weiter zu erhalten ist. Ein Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg hat das Rundfunkmonopol für unzulässig erklärt. Seit fast fünf Jahren hätten Sie Zeit, über diese Dinge hier zu diskutieren. Es ist aber nichts passiert, weil Sie sich nicht einigen konnten, da Ihre parteipolitischen Interessen einer ordentlichen Lösung entgegengestanden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und jetzt bringen Sie hier, husch-pfusch, einen Antrag dazu ein, sind aber nicht in der Lage und bereit dazu, im Parlament ordentlich darüber zu diskutieren. Man könnte über diese wichtige Materie, für die Sie selbst anscheinend fünf Jahre lang keine Lösungsmöglichkeiten gefunden haben, durchaus etwa in einem Unterausschuß diskutieren. Darum geht es uns, meine Damen und Herren. Sie können nicht wichtige Dinge nur deshalb vor sich herschieben, weil es in der Regierung keine Einigung darüber gibt, und dann, wenn es diese Einigung endlich gibt, darüber, ohne eine ordentliche Debatte hier im Nationalrat zu ermöglichen, abstimmen.

Aber, meine Damen und Herren, das kommt, wie gesagt, nicht zum ersten Mal vor. Wir haben ununterbrochen mit solchen Dingen zu kämpfen, etwa im Bereich der Sicherheitspolitik. Am 21. März 1996 hat meine Fraktion einen Antrag bezüglich der Neuregelung der österreichischen Sicherheitspolitik eingebracht. (Abg. Schieder: Das ist nicht Rundfunkpolitik! Sicherheitsanträge sind nicht Rundfunkpolitik!) Im Jahre 1996, Kollege Schieder! 1996! Acht Anträge, Herr Kollege Schieder, liegen im Außenpolitischen Ausschuß und werden nicht behandelt. (Abg. Dr. Kostelka: Aber Sie haben nicht einmal die Behandlung beantragt!) Allein dieser Antrag aus dem Jahre 1996 wurde sechsmal vertagt, Kollege Kostelka – sechsmal vertagt! –, weil man auch dafür, wie beim Rundfunkgesetz, erst eine Einigung der Bundesregierung abwarten möchte und muß, bevor die Volksvertretung darüber diskutieren darf, meine Damen und Herren! Dabei geht es bei diesen Anträgen nicht einmal um Gesetzesanträge, sondern nur um Entschließungsanträge. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: 15 Sondersitzungen!)

Herr Kollege Leikam! Auch Sie sind einer von denen, die immer wieder Aktivitäten einmahnen und sich als große Parlamentarier aufspielen, auch in Ihrem Bundesland. Wo sind Sie aber, wenn es darum geht, die Interessen der Parlamentarier, der Volksvertreter, hier zu vertreten? – Da sind Sie still und ergehen sich nur in merkwürdigen Zwischenrufen. Wir würden uns diesbezügliche Initiativen von Ihnen erwarten, etwa im Bereich der Sicherheitspolitik, über die das Parlament eine Meinung äußern sollte!

Seit 1996 sind Sie nicht einmal dazu in der Lage, diese Dinge einer entsprechenden Behandlung zuzuführen. Das geht sogar so weit, daß die ÖVP auch ihre eigenen Initiativen in diesem Ausschuß einbringt, jedoch gleich dazusagt, daß sie nicht darüber diskutieren und vor allem nicht abstimmen wolle. Das ist eben nur ein politischer Gag. Damit werden wichtige Initiativen, damit wird das Parlament für Ihre regierungsinternen Schwächen und Probleme mißbraucht, meine Damen und Herren!

Es ist mir schon klar, daß Sie, wenn wir den Finger auf die Wunden in Ihrer Koalition legen, nervös sind und versuchen, alles abzublocken. Das wird Ihnen aber nicht gelingen, meine Damen und Herren, denn die Bevölkerung verlangt von Ihnen als Parlamentarier, daß Sie, auch wenn Sie der Fraktion einer Regierungspartei angehören, Ihren Auftrag, den Sie laut Verfassung haben, wahrnehmen, nämlich die Regierung zu kontrollieren, eigene Initiativen zu setzen und nicht die Erfüllungsgehilfen einer Bundesregierung zu sein, die nicht in der Lage ist, die wichtigen Probleme in diesem Land zu lösen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, und zwar stimmen wir zunächst ab über den Antrag des Abgeordneten Mag. Stadler.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die sich den Einwendungen anschließen wollen und daher für die Absetzung des Tagesordnungspunktes 3 von der heutigen Tagesordnung stimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Damit bleibt es in diesem Punkt bei der ausgegebenen Tagesordnung.

Ergänzung und Neureihung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters stimmen wir ab über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen, die Tagesordnung um den Bericht des Verfassungsausschusses betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, zu ergänzen.

Für diese Ergänzung ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Im Falle einer positiven Beschlußfassung wird dieser Punkt als 4. Tagesordnungspunkt zusätzlich in die Tagesordnung aufgenommen und mit Punkt 3 gemeinsam zu verhandeln sein.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Damit ist die Tagesordnung ergänzt und die dahinter befindlichen Tagesordnungspunkte werden neu gereiht.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir weiters der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte – und das ist bereits die neue Reihung – 1 und 2, 3 und 4, 6 bis 8, 9 und 10, 11 bis 13, 14 und 15 sowie 16 bis 18 zusammenzufassen.

Liegt dagegen eine Einwendung vor? (Einige Abgeordnete der SPÖ schicken sich an, sich von ihren Plätzen zu erheben.) Ich bitte nur diejenigen aufzustehen, die dagegen sind, daß wir die Punkte zusammenfassen. – Dies ist einvernehmlich so festgelegt.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz, bei der allerdings kein volles Einvernehmen, sondern Übereinstimmung von vier Fraktionen erzielt wurde, schlage ich vor, im Sinne der Auffassungen dieser vier Fraktionen für die Debatte zu allen Tagesordnungspunkten der heutigen Sitzung eine Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden", das sind für die SPÖ 135 Minuten, für die ÖVP 126 Minuten, für die FPÖ 117 Minuten, für das Liberale Forum und für die Grünen je 81 Minuten zu beschließen.

Für eine solche Beschlußfassung ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, und ich ersuche daher jene Damen und Herren, die für diese Tagesblockzeit von 9 "Wiener Stunden" eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Petition Nr. 23 betreffend "Anerkennung der Gebärdensprache", überreicht vom Abgeordneten Dr. Volker Kier (1531 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird, sowie über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird (1530 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gelangen wir zu den Punkten 1 und 2 der heutigen Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Auf die Übertragung der Debatte über diese beiden Tagesordnungspunkte durch Gebärdendolmetscher habe ich bereits hingewiesen. Ich begrüße die Kollegin und den Kollegen, die diese Aufgabe durchführen werden. (Allgemeiner Beifall. – Auf der Regierungsbank beginnen zwei Gebärdendolmetscher, die Debatte in die Gebärdensprache zu übertragen.)

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Guggenberger. Die Redezeit wurde mit 10 Minuten angegeben. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.01

Abgeordneter Mag. Walter Guggenberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Entgegen meiner sonstigen Übung darf ich auch die Betroffenen auf der Galerie sehr herzlich im Hohen Hause willkommen heißen, und ich darf auch die beiden Gebärdendolmetscher ganz besonders willkommen heißen. Jeder, der Gebärdendolmetscher jemals bei ihrer Arbeit gesehen hat, kann feststellen, wie ungeheuer beeindruckend es ist, wie sie auch komplexe Sprachgebilde, komplexe Sachverhalte so übertragen, daß es die betroffenen gehörlosen Menschen verstehen können. Wer eines Beweises bedarf, wie wichtig Gebärdensprache ist, der braucht nur der Dame und dem Herrn hier in den nächsten Stunden zuzusehen; von ihnen wird dieser Beweis erbracht. Respekt und Wertschätzung für Sie beide! (Allgemeiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unterschriften und Petitionen betreffend behinderte Menschen haben in diesem Haus schon mehrmals zu sehr wesentlichen gesetzgeberischen Maßnahmen geführt. So darf ich etwa daran erinnern, daß zu Beginn der neunziger Jahre der Österreichische Zivilinvalidenverband rund 60 000 Unterschriften gesammelt hat, um zu erreichen, daß eine Pflegevorsorge in Österreich eingeführt wird. Der Gesetzgeber hat diesen Wunsch beziehungsweise diese Forderung aufgegriffen, und Österreich war das erste Land Europas, in welchem ein Bundes-Pflegegeldgesetz beziehungsweise Landes-Pflegegeldgesetze eingeführt wurden. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Weiters wurden vor zwei Jahren 48 000 Unterschriften gesammelt und in Form einer Petition in diesem Haus eingebracht, um zu erreichen, daß ein Gleichstellungsgesetz geschaffen wird.

Außerdem haben wir im Juli letzten Jahres das Bundes-Verfassungsgesetz geändert: Wir haben dem Artikel 7 einen Artikel 7a hinzugefügt, in welchem es heißt: Niemand darf aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden.

Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich dazu und sind bereit, Maßnahmen zu treffen, mit welchen Benachteiligungen behinderter Menschen im täglichen Leben vermieden werden können.

Jetzt liegt uns wieder eine Petition vor – eingebracht vom Abgeordneten Dr. Kier und unterstützt von den Behindertensprechern aller parlamentarischen Fraktionen dieses Hauses. Wir werden uns besonders bemühen, möglichst viele Punkte dieser Petition in die Tat umzusetzen, so wie es uns bei bisherigen Petitionen gelungen ist.

Es hat im Jahre 1993 erstmals eine Veranstaltung, nämlich eine Enquete zum Thema Gehörlosigkeit hier im Hohen Hause stattgefunden. Das war sozusagen eine Premiere, denn damals waren erstmals Gebärdendolmetscher hier im Hohen Hause zu sehen. In dieser Enquete ist ein Satz gefallen, an den ich mich noch gut erinnern kann und der mich sehr beeindruckt hat. Damals hat ein Teilnehmer dieser Enquete auf die Frage eines Laien gemeint: Blindheit muß doch das Schlimmste sein! Darauf hat ein anderer Teilnehmer dieser Enquete eingewendet: Blindheit trennt die Menschen von den Dingen; Sprach- und Gehörlosigkeit aber trennt die Menschen von den Menschen!

Deshalb meine ich, daß Sprach- und Gehörlosigkeit und somit von den Menschen getrennt zu sein, etwas ist, was man mit allen Mitteln bekämpfen muß. Aus diesem Grunde sind Gebärdensprache und andere Möglichkeiten der Kommunikation etwas ganz besonders Wichtiges. Das sollten wir besonders unterstützen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

Vorletzte Woche wurde im Rahmen der Diskussion über das Behinderteneinstellungsgesetz darüber gesprochen, daß der Begriff "Behinderte" eigentlich unzutreffend ist, daß er nicht so recht paßt, weil er den ganzen Menschen anspricht. Die Amerikaner haben in ihrem Sprachschatz ein Wort, das besser paßt. Sie sagen: "people with special needs" – Menschen mit besonderen Bedürfnissen.

Besondere Bedürfnisse haben eben auch gehörlose Menschen, und in ihrem Forderungsprogramm weisen sie auf viele ihrer Bedürfnisse hin. Ich möchte mich nun nur mit ein paar wichtigen Forderungen des Programms gehörloser Menschen auseinandersetzen.

Eine ihrer Forderungen ist beispielsweise die Früherziehung. Das ist eine Forderung – und das muß man sagen dürfen, ohne daß man den Ball an jemand anderen weiterspielt –, für deren Erfüllung die Länder zuständig sind. Es fällt nun einmal nicht in die verfassungsmäßige Kompetenz des Hohen Hauses, Maßnahmen auf diesem Gebiete zu setzen. Das gleiche gilt auch dann, wenn man vom ORF mehr Programme mit Untertiteln verlangt. – Diese Forderung ist aber selbstverständlich zu unterstützen! Es hat sich die Bundesregierung schon in ihrem Behindertenkonzept aus dem Jahre 1992 sehr klar dafür ausgesprochen. Die Rechtskonstruktion des Österreichischen Rundfunks läßt es jedoch, wie Sie alle sicher wissen werden, nicht zu, daß da der Gesetzgeber auf den Plan tritt. Seitens des ORF wird hiezu verlautet, daß es monatlich 150 Stunden an Sendungen mit Untertiteln gebe, was mehr sei als in anderen vergleichbaren Fernsehanstalten des benachbarten Auslandes.

Ich gebe Ihnen recht, daß das zuwenig ist, daß es mehr sein müßte! Wir unterstützten nachdrücklich alles, was dazu führt, nur: Gesetzliche Maßnahmen können wir in diesem Zusammenhang nicht treffen. Aber noch einmal: Sie haben unsere Unterstützung, und wir haben das in Gesprächen mit den Verantwortlichen des Österreichischen Rundfunks auch schon vorgebracht.

Ich möchte jetzt noch auf ein paar Dinge hinweisen, die bereits geschehen sind. Ich bin Leiter eines Bundessozialamtes, nämlich jenes von Tirol, und ich darf sagen: Wir haben dort – aber nicht nur in unserem Bundessozialamt wurde das gemacht – schon vor Jahren unsere Mitarbeiter in der Gebärdensprache geschult, sodaß gehörlose Menschen mit den Mitarbeitern der Bundessozialämter in ihrer Art kommunizieren können. Die Bundessozialämter bieten eine breite Palette an Leistungen an. Nicht zuletzt darf ich darauf verweisen, daß das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales das erste Österreichische Gebärdensprachlexikon auf CD-ROM fördert. Ich glaube, daß das eine außerordentlich wichtige Maßnahme ist, die eine große Hilfe – davon sind wir überzeugt – darstellen wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

Es gibt in vielen Bereichen der Verwaltung zwar theoretisch Probleme, aber in der Praxis gibt es, so zeigen uns unsere Ermittlungen, schon sehr viel Verständnis dafür. Auch die Verwaltungsverfahrensgesetze erlauben es, mit Gebärdendolmetschern zu kommunizieren. So ist es auch in der Justiz, wie Herr Bundesminister Michalek etwas später sicherlich noch ausführen wird.

Ich sehe schon: "Wes das Herz voll ist, des gehet der Mund über." – Ich habe übersehen, daß das Licht hier beim Rednerpult bereits zu leuchten begonnen hat.

Lassen Sie mich abschließend nur noch folgende Bemerkung machen: Es ist zwar schon sehr viel geschehen, aber ich gebe all jenen recht, die sagen, daß noch viel mehr als bisher getan werden muß. Ich darf eines versichern: Die sozialdemokratische Fraktion dieses Hauses finden Sie auf Ihrer Seite! (Beifall bei der SPÖ.)

12.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren! Die Aufnahmeleitung des ORF hat mir mitteilen lassen, daß sie gewisse Schwierigkeiten hat, beide Dolmetscher ins Bild zu bekommen. (Zwei andere Gebärdendolmetscher stellen sich rechts und links neben das Rednerpult und setzen die Übertragung in die Gebärdensprache fort.) Ich würde daher vorschlagen, daß sich beide Dolmetscher neben dem Rednerpult postieren. – Darf ich Sie ersuchen, daß Sie sich unten links und rechts neben das Rednerpult stellen. (Ruf: Die Ablöse ist ja schon erfolgt!) Dann muß sich die Ablöse neben das Rednerpult stellen. (Ruf: Es sind schon zwei da!) Gut.

Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Es wird auf Wunsch eine Redezeitbeschränkung von 8 Minuten eingestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

12.11

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren von den gehörlosen Menschen, aber auch liebe Gäste auf der Galerie! Ich möchte mich zuallererst bei den Mitgliedern der Präsidialkonferenz dafür bedanken, daß sie diesen Tagesordnungspunkt an den Beginn der heutigen Tagesordnung gestellt haben – statt wie bei so vielen wichtigen Punkten an das Ende, die dann erst zu mitternächtlicher Stunde behandelt werden können –, sodaß damit auch ein wesentlicher Beitrag in der öffentlichen Bewußtseinsbildung für die Anliegen gehörloser Menschen geleistet werden kann.

Es ist ja in diesem Hause Gott sei Dank gute Tradition – und auch die österreichische Bundesregierung bekennt sich dazu –, daß Anliegen behinderter Menschen über parteipolitische Grenzen hinweg sehr ernst genommen werden und in diesem Hause auch verfolgt werden, so wie das die NGOs und auch viele andere Vereinigungen tun, die die Bewußtseinsbildung für die Bedürfnisse behinderter Menschen vorantreiben, wie zum Beispiel die Special Olympics, eine Vereinigung, welcher Bürgermeister Kröll als Präsident vorsitzt. Ich finde das gut so. (Beifall bei der ÖVP.)

"Gehörlos: Stille macht einsam", beginnt ein Artikel im "Kurier". Und weiters heißt es da: "Kein Telefon, kein Radio, keine Musik. Keine vertraute Stimme. Der lärmende Alltag der Hörenden mit seiner schnellen, selbstverständlichen Kommunikation ist für Gehörlose ein fremdes Land.

Gehörlosigkeit ist eine Behinderung, die man nicht sieht. Das ist Vor- und Nachteil zugleich: Vorteil, weil man oft ‚unerkannt? durchs Leben kommt, Nachteil, weil daraus Mißverständnisse resultieren. Verständnisprobleme werden von Hörenden manchmal mit ‚deppert sein? gleichgesetzt, die Worte ‚stumm? und ‚dumm? sind uralte Verwandte.

In Österreich leben ca. 490 000 Menschen mit Hörbehinderungen, davon sind rund 8 000 völlig taub. Die Zahlen sind vor allem bei jungen Menschen gestiegen." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Es ist bekannt, daß bei gehörlosen Menschen gerade die zwischenmenschliche Kommunikation – Herr Kollege Guggenberger hat es ja schon angeführt – problematisch ist und daß Gehörlosigkeit oft einsam und mißtrauisch macht. Wir müssen daher alles dazu beitragen, daß Gehörlosigkeit überwunden und mit entsprechenden Maßnahmen kompensiert werden kann. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es gibt, meine Damen und Herren, einen Expertenstreit in der Frage, ob die Lautsprache oder die Gebärdensprache besser sei. Auch die Betroffenen sind sich da nicht immer ganz einig. Ich habe das vor mehr als 20 Jahren in bezug auf einen ganz anderen Bereich, nämlich bei meiner blinden Tochter, die damals nicht vollblind, sondern schwer sehgeschädigt war, persönlich erlebt. Es treten immer Probleme bei den Grenzfällen auf, wo man sich fragt, ob der Betreffende gehörlos oder bereits taub ist. Da hat man mir gesagt, meine Tochter soll entweder in der normalen Schwarzschrift lesen lernen oder die Blindenschrift lernen; beides sei nicht möglich. Sollte sie beides tun wollen, dann werde sie keines von beiden beherrschen. Ich mußte damals gegen die sogenannten Experten – gegen die sogenannten Experten, denn ich bin der Meinung, daß die besten Experten meist die Eltern sind, weil sie die meiste Erfahrung mit ihrem Kind haben – intensiv dafür kämpfen, daß beides möglich gemacht wurde. Es hat funktioniert, und meine Tochter – sie ist mit 20 Jahren dann vollständig erblindet – ist heute sehr froh darüber, daß sie in Kindertagen die Brailleschrift gelernt hat und daher jetzt im Erwachsenenalter damit sehr gut umgehen kann.

Aus diesem Grund, meine Damen und Herren, bin ich der Meinung, daß die Gehörlosen bestimmen sollten, wofür sie sich persönlich entscheiden, und daß auch beides möglich sein sollte (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits), denn sie selbst wissen am besten, was gut für sie ist.

Meine Damen und Herren! Die Petition, die wir heute behandeln, stellt das Ergebnis der Beratungen über eine Petition dar, die der Gehörlosenverband eingebracht hat. Diese Beratungen hatten auch ein ganz konkretes Ergebnis: Sie bilden die Grundlage für eine Novelle sowohl der Strafprozeßordnung als auch der Zivilprozeßordnung.

Ich darf auch einen gemeinsamen Abänderungsantrag einbringen, der ausschließlich eine sprachliche Anpassung – das war der Wunsch des Justizministeriums – zum Inhalt hat. Es soll damit die Zivilprozeßordnung dem Wortlaut der Strafprozeßordnung angepaßt werden.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Rauch-Kallat, Mag. Guggenberger, Dr. Kier, Mag. Stoisits, Dr. Graf und Kollegen zum Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird (1530 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses (1530 d. B.) angeschlossene Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird (Anlage 2), wird wie folgt geändert:

In Artikel I wird § 185 Abs. 1a die Wortfolge "taube, stumme oder taubstumme Partei" durch die Wortfolge "gehörlose oder stumme Partei" ersetzt.

*****

Dies zur formalen Beschlußfassung.

Ich bin sehr froh darüber, daß dieser eine Punkt heute mit dieser Petition gemeinsam verabschiedet werden kann. Aber ich möchte ausdrücklich festhalten, meine Damen und Herren, daß dies nur ein Teil der Forderungen dieser Petition ist, daß es uns allen ein Anliegen sein muß, weitaus mehr als diesen einen Teil zu erfüllen, wenngleich nicht alle Punkte des Forderungsprogramms hier in diesem Hause erledigt werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß es wichtig ist, daß gerade in der Früherziehung Eltern gehörloser Kinder das Recht auf Information über Gebärdensprache und Gebärdensprachgemeinschaften ebenso wie über Lautsprache und andere Möglichkeiten haben. Des weiteren sollen sie das Recht auf bezahlten Gebärdensprachunterricht haben. Da muß es ein größeres Angebot geben. Wir werden in allen neun Bundesländern dafür plädieren, daß diese Forderung umgesetzt wird.

Das gleiche gilt natürlich für Schul- und Berufsausbildung und natürlich auch für das Angebot bei den Gebärdendolmetschern und für deren Ausbildung. Sie sehen es ja, meine Damen und Herren, welch großartige Leistung diese Dolmetscher vollbringen, wie hilfreich das für die Betroffenen selbst ist. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Liberalen Forums.)

Schließlich, meine Damen und Herren, ist für uns selbstverständlich, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein höheres Angebot für gehörlose Menschen bringt: sei es durch Untertitelung oder durch Gebärdendolmetscher. Dabei darf die Kostenfrage nicht alleine ausschlaggebend sein.

Wir haben diesbezüglich in Österreich ein Angebot, das bei weitem nicht dem Angebot, das es in England gibt, entspricht. In England gibt es eine gesetzliche Regelung: 50 Prozent des Programms, das heißt 670 Stunden pro Monat werden für Gehörlose entsprechend adaptiert. In den Niederlanden gibt es zwar noch keine gesetzliche Regelung, aber dort werden ebenso 50 Prozent, und zwar rund 330 Stunden hiefür adaptiert. Österreich liegt mit 11 Prozent beziehungsweise 150 Stunden weit darunter, ist aber damit weiter vorne als die große Bundesrepublik Deutschland, die nur 110 Stunden in beiden Programmen adaptiert, und noch vor der Schweiz, die 130 Stunden in einem Programm adaptiert.

Ich plädiere dafür, meine Damen und Herren, daß wir den ORF auffordern, in diesem Bereich sein Angebot zu erhöhen, und zwar auch in Sendungen wie zum Beispiel "Vera". Da kann es ja nicht nur eine Untertitelung, sondern vielleicht auch ein Gebärdendolmetsch sein.

Wir von der Österreichischen Volkspartei haben all unsere Veranstaltungen in der letzten Zeit mit Gebärdendolmetschern bestückt. Wir hoffen, daß das in Zukunft auch andere Parteien tun werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Guggenberger. – Beifallskundgebungen auf der Galerie.)

12.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Frau Abgeordnete Rauch-Kallat verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich darf die beiden Gebärdensprachdolmetscher ersuchen, noch einen Meter näher zum Rednerpult zu gehen; der ORF hat mir gesagt, dies wäre günstiger. (Abg. Dr. Haider: Dann sollen sie gleich die Reden halten! Das ist viel einfacher!)

Als nächster erteile ich Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé das Wort. Freiwillig gewünschte Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

12.21

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich war gestern zu einer Weihnachtsfeier, die der Herr Bundespräsident für behinderte Menschen gegeben hat, eingeladen. Bei dieser Weihnachtsfeier hat der Herr Bundespräsident voll Hochachtung und Bewunderung davon gesprochen, wie behinderte Menschen ihre Handicaps meistern. – Und das ist richtig.

Man müßte eigentlich annehmen, daß die Gesellschaft alles tut, um es den behinderten Menschen zu ermöglichen, ihre Handicaps leichter zu überwinden und mit ihnen fertigzuwerden. Tatsächlich aber hat man oft den Eindruck, daß die Gesellschaft Hürden aufbaut, die es behinderten Menschen erschweren, sich im täglichen Leben zurechtzufinden, oder vorhandene Barrieren nicht abbaut.

Heute diskutieren wir über die Lage gehörloser, hörbehinderter Menschen, über ihren Kampf, sich im Leben zurechtzufinden, und ihren Kampf, daß die Gebärdensprache eingeführt wird. Es ist doch bestürzend, daß sich seit dem Jahre 1993 – damals haben wir zuletzt über dieses Thema diskutiert – praktisch nichts geändert hat.

Ich muß Ihnen schon sagen, Herr Abgeordneter Guggenberger – er ist jetzt leider nicht im Saal, Frau Rauch-Kallat auch nicht –: Sie haben hier im Parlament immer wieder schöne Sonntagsreden gehalten, aber zur Verbesserung der Lage haben Sie während der vergangenen Jahre nichts beigetragen.

Frau Rauch-Kallat hat darauf hingewiesen, daß bei den ÖVP-Veranstaltungen jetzt ein Gebärdendolmetsch beigezogen wird. Dazu möchte ich folgendes sagen: Wir ziehen seit Jahren – die Freiheitlichen waren da die erste Partei – einen Gebärdendolmetsch zu unseren Bundesparteitagen, Neujahrstreffen und so weiter hinzu. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich erinnere mich daran, daß das damals noch mit hämischen Bemerkungen seitens anderer Parteien bedacht wurde. Das heißt, es gibt überhaupt keinen Grund, daß sich die Regierungsparteien in diesem Zusammenhang Lorbeeren umhängen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson.)

Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien und von der Bundesregierung! Ihnen mache ich zum Vorwurf, daß Sie zwar sonst immer die ersten sind, die internationale Resolutionen beschließen beziehungsweise in nationales Recht überführen, daß sie aber dann, wenn es um Behinderte geht, säumig sind. Es gibt nämlich eine UNO-Resolution aus dem Jahre 1988, in der allen Mitgliedstaaten empfohlen wird, die Gebärdensprache anzuerkennen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Europäische Parlament hat den EU-Mitgliedstaaten ebenfalls die Anerkennung der Gebärdensprache empfohlen, nur: In Österreich ist da allerdings überhaupt nichts geschehen! Am 19. November 1998, also heuer, ist diese Resolution des Europäischen Parlaments wiederholt worden. – Das bedeutet, das österreichische Parlament hätte genug Handlungsbedarf gehabt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In Holland beispielsweise gibt es bereits in allen Schulen bilingualen Unterricht – bei uns jedoch stellt sich die Unterrichtsministerin taub. Seit 1993 hat es bei uns trotz aller Entschließungen, trotz aller schönen Reden überhaupt nichts gegeben, was uns da einen Schritt weitergebracht hätte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Frau Unterrichtsministerin ist heute nicht hier, um an dieser Diskussion teilzunehmen – ich glaube, es ist nicht einmal ein Vertreter des Unterrichtsministeriums hier –, daher bitte ich Frau Abgeordnete Rauch-Kallat: Üben Sie ein bißchen Druck auf die Unterrichtsministerin dahin gehend aus, daß sie den bilingualen Unterricht fördert. Ich meine, er ist wirklich notwendig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man sieht ja hier im Parlament, wie wichtig der Gebärdendolmetsch ist. Ich glaube, niemand auf der ersten oder zweiten Galerie könnte die Lautsprache verstehen, sondern sie können die Diskussion nur mit Hilfe des Gebärdendolmetschers verfolgen.

In den Schulen, meine sehr geehrten Damen und Herren, in denen ja die Integration weitgehend Platz gegriffen hat – das ist auch gut so –, hat sich das Problem vervielfacht, weil hörbehinderte Kinder teilweise nicht dem Unterricht folgen können. Und da ist es notwendig, einen Gebärdendolmetsch einzuführen, um diese Mängel wettzumachen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie Beifallskundgebungen auf der Galerie.)

Frau Rauch-Kallat hat erwähnt, daß ein Teil der Resolution erfüllt worden ist. Dazu möchte ich sagen: Höchstens 1 Promille ist erfüllt worden, und zwar gerade das, was es ohnehin schon gibt. In der Strafprozeßordnung war bisher die Beiziehung eines Gebärdendolmetschers nicht vorgesehen, aber selbstverständlich hat jeder Richter einen Gebärdendolmetscher beigezogen, denn was hätte er sonst mit jemandem machen sollen, der nicht hört? – Das heißt, wir werden hier etwas beschließen, was es in der Realität schon gibt.

Etwas zum ORF: Ich hätte mir wirklich mehr an Druck erwartet, der auf den ORF ausgeübt wird. Im nächsten Tagesordnungspunkt beschließen wir zum Beispiel, daß der ORF mehr Einnahmen aus Werbung erzielen kann – er kann mehr "cashen" –, und anstatt daran die Bedingung zu knüpfen, mehr Sendungen mit Gebärdendolmetschern zu führen, hat man das ganz einfach übersehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der ORF kann in Zukunft mehr Zeit für Werbung verwenden, aber ob es dann auch mehr Sendungen für Gehörlose gibt, liegt allein im Ermessen des ORF – und damit sind wir auf keinen Fall einverstanden.

Ich bringe nun noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Kollegen betreffend umfassende Integration gehörloser Mitbürger, eingebracht am 16. Dezember 1998 im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 1

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, umgehend alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Situation der gehörlosen Mitbürger zu verbessern, und zwar insbesondere durch

1. die Schaffung einer Kommission beim Bundeskanzleramt zur Vorbereitung der Umsetzung der Resolution des Europäischen Parlaments auf Anerkennung der Gebärdensprache in Österreich,

2. Initiativen, die den Gehörlosen und Hörgeschädigten die ungehinderte Teilnahme am österreichischen Universitätsleben ermöglichen,

3. die Sicherstellung der tatsächlichen Beiziehung von Gehörlosendolmetschern bei allen öffentlichen Dienststellen,

4. die Einrichtung von Regelklassen an allen Schulen für Gehörlose, bei denen je ein Lehrer für Lautsprache und einer für Gebärdensprache unterrichtet, wobei grundsätzlich für Gehörlose und Hörgeschädigte beziehungsweise für deren Eltern ein freies Wahlrecht bestehen soll, ob sie ausschließlich lautsprachlichen oder lautsprachlichen und gebärdensprachlichen Unterricht erhalten wollen.

*****

Ich hoffe, daß auch Sie diesen Entschließungsantrag unterstützen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie Beifallskundgebungen auf der Galerie.)

12.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist mit ausreichender Unterstützung eingebracht und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich erteile das Wort nun Herrn Abgeordneten Dr. Kier. – Bitte.

12.28

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es erfüllt einen mit großer Freude, wenn es aufgrund einer Petition, die man eingebracht hat und hinsichtlich derer man nicht ganz sicher war, ob nicht auch sie das Schicksal vieler Petitionen erleiden wird, nämlich daß sie zwar in Verhandlung genommen wird, aber zu keinem Ergebnis führt, wenn es also aufgrund einer Petition zu einer Fünfparteieneinigung kommt, die in zwei wesentlichen Verfahrensgesetzen der Republik, nämlich in der Strafprozeßordnung und in der Zivilprozeßordnung, die Zuziehung von Gebärdendolmetschern ausdrücklich vorsieht. Ich halte das – im Gegensatz zu meiner Vorrednerin – für einen Meilenstein.

Ich gebe schon zu: Es war auch bisher schon Sache, daß Dolmetscher zugezogen wurden – das ist erfreulich und ein Beweis für eine bewegliche und warmherzige Justiz –, aber der Unterschied ist ein Quantensprung, nämlich ob im Gesetz eine ausdrückliche Anordnung steht oder ob das dem Gutdünken des verhandlungsführenden Richters überlassen ist.

Die gegenständliche Petition befaßt sich unter anderem auch damit, die Gebärdensprache als Sprache anzuerkennen. Und die Verankerung des Gebärdendolmetschers in der Strafprozeßordnung und in der Zivilprozeßordnung ist eine De-facto-Anerkennung in zwei wesentlichen Verfahrensgesetzen. Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Anerkennung des Gebärdens als Sprache! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei der SPÖ.)

Dieser dem Anschein nach sozusagen kleine Erfolg, jetzt etwas im Gesetz zu haben, was teilweise schon Praxis war, ist ein Entwicklungsschritt. Und ich meine daher, jetzt schon darauf hinweisen zu dürfen, daß meine Kollegin Stoisits und ich gemeinsam einen Entschließungsantrag einbringen werden, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die sich mit der rechtlichen Problematik der Anerkennung einer solchen Sprache auseinandersetzt. Ich bin mir ganz sicher, daß da noch einige Vorurteile zu überwinden sein werden; Vorurteile, aber auch eine Denkweise, die im Gestern steckengeblieben ist.

Das Unterrichtsministerium hat im Zuge seiner Stellungnahme zu diesem Anspruch zum Ausdruck gebracht, eine Sprache könne nur anerkannt werden, wenn dieser Sprache auch eine ethnische Minderheit oder Gruppe zugeordnet werden könne. – Ich halte das für einen Denkfehler! Eine Sprache und deren Wichtigkeit können doch nicht davon abhängen, ob es eine Volksgruppe gibt, die sie spricht – wenn es eine Sprache gibt, die über solche Grenzen weit hinaus wirkt (Beifall beim Liberalen Forum), die nicht festhält an Merkmalen wie Rasse, Geschlecht oder Abstammung, sondern ein Kommunikationsmittel ist, das entwickelt wurde, um Menschen, die gehörlos sind, zueinanderzubringen. Ich meine, es wird andere rechtliche Möglichkeiten geben müssen, solch eine Sprache anzuerkennen als ausschließlich den sozusagen historisch gebundenen Weg einer ethnischen Minderheit, die man dann künstlich definieren müßte und die sich, wie ich meine, nicht definieren lassen würde. Nach welchen ethnischen Kategorien sollte man Gehörlose einordnen?

Ich meine daher, daß das Argument des Unterrichtsministeriums vielleicht gut gemeint war, daß es aber einen falschen Weg weist. Wir müssen über diese Grenze hinaus solche Sprachen anerkennen. Und deshalb ist auch der von Frau Kollegin Rauch-Kallat vorgetragene Abänderungsantrag wichtiger, als es den Anschein hat. Der Antrag betrifft sprachliche Verbesserungen in der Zivilprozeßordnung. Daß die Worte "Taube, Stumme oder Taubstumme" nunmehr durch "Gehörlose oder Stumme" ersetzt werden, ist ein enormer Fortschritt auf sprachlicher Ebene. Und: Sprache schafft Bewußtsein. Das bedeutet in diesem Fall, daß die in den alten Formulierungen der Zivilprozeßordnung vorhandenen Worte "Taube, Stumme oder Taubstumme" jetzt aus dem Gesetz verschwinden werden.

Ich erinnere mich daran, wie oft ich es erlebt habe, daß sich meine gehörlosen Freunde gekränkt haben, wenn sie als "Taubstumme" bezeichnet wurden; persönlich gekränkt, weil sie sprechen, weil sie sich verständigen konnten, weil sie eben nicht stumm waren. Denn: "Stumm" nur mit Lautsprache in Verbindung zu bringen, ist die Arroganz der Hörenden! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ist daher auch die Fünfparteieneinigung zum Entschließungsantrag, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, bis zur Jahresmitte weiterentwickelte Berichte vorzulegen, wertvoll, wenn auch für einen Oppositionellen nicht sehr beruhigend. Wir wissen: Die Mitte des nächsten Jahres wird unter ganz anderen Vorzeichen stehen, als einen Bericht über gehörlose Menschen hier in diesem Hause vorzutragen. Wir werden uns dann in mehrfacher Hinsicht in Wahlauseinandersetzungen befinden, und die Regierungsparteien werden das in dieser Phase dann – so leid es mir tut – nicht mehr sehr ernst nehmen, weil das Thema zuwenig erfolgversprechend ist, um Stimmen zu fangen. (Abg. Tichy-Schreder: Also bitte schön! – Abg. Dr. Rasinger: Herr Kier!) – Ich sage das mit dieser Deutlichkeit, weil ich der Meinung bin, daß es so kommen wird. Sollten Sie mich eines Besseren belehren, indem wir im Juni 1999 hier über einen konsistenten Bericht zur Verbesserung der Lage Gehörloser debattieren können (Abg. Dr. Rasinger: Das war aber jetzt unfair!), werde ich mich bei Ihnen entschuldigen. Bis dahin befürchte ich jedoch, daß meine Voraussage zutreffen wird. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Die Petition hat mehr enthalten, als wir heute hier beschließen werden. Die Frage der Früherziehung, die Frage der Schule, die Frage der Berufsausbildung, das sind – in dieser Reihenfolge – Schlüsselfragen. Wenn ein heranwachsender junger Mensch nicht schon in der Phase seiner frühen Kindheit Sprache bekommt, um zu kommunizieren, kann er nicht gut lernen. Wenn er in der Schule nicht integriert ausgebildet wird und Sprache haben darf, kann er sich nicht entfalten. Wenn er keine Berufsausbildung bekommen kann, kann er sich später nicht durchsetzen. Die Aufgabe der Gesellschaft ist es, Chancengleichheit herzustellen auch für gehörlose Menschen.

Das Problem dieser Menschen ist nicht sichtbar; sie tragen es nicht außen. Diese Menschen sind dann, wenn wir sie nicht fördern, in diesem Sinn unter Umständen wirklich stumm, weil wir sie stumm machen. Daher ist der Anspruch der Früherziehung, der Schule und der Berufsausbildung von entscheidendster Bedeutung.

Ob das nun im einzelnen Ländersache oder Bundessache sein mag: Es muß unser aller Sache sein! Wenn es mehrheitsfähig ist in diesem Land, dann werden auch die Landtage entsprechende Beschlüsse fassen. Wenn sich der Nationalrat in dieser Frage eindeutig positioniert, wird es kein noch so hartherziger Landtagsabgeordneter durchstehen, auf Dauer dagegenzustimmen. Warum sollten nicht auch in Landtagen Fünfparteien- oder Vierparteieneinigungen – je nach der Zahl der dort vertretenen Parteien; in den meisten Fällen abhängig von der Gerechtigkeit des Wahlrechtes –, einstimmige Beschlüsse zustande kommen, wenn sie hier im Hohen Hause heute möglich sind?

Bleibt mir zum Schluß zu sagen: Der Österreichische Rundfunk ist schon eine Enttäuschung! Auch wenn er sich rühmt, da relativ viel zu machen: Er macht zuwenig! All das, was schon geschehen ist, ist positiv zu sehen – ich möchte nicht, daß etwas zurückgenommen wird –, aber es ist zuwenig.

Wenn wir auch gehörlose Menschen in jeder Hinsicht ernst nehmen und in jeder Hinsicht integrieren wollen, dann müssen wir sie insbesondere am politischen Leben in größtmöglichem Umfang teilnehmen lassen. In diesem Verständnis engagiert sich auch das Liberale Forum bei eigenen Veranstaltungen für den Einsatz von Gebärdendolmetschern. Das ist aber noch nicht die Lösung. Die Lösung wäre in diesem Fall zum Beispiel, daß politische Diskussionen, die im Fernsehen ablaufen, überhaupt nicht mehr möglich sind, ohne daß auch ein Gebärdendolmetsch zum Einsatz kommt. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Der Punkt, den wir erreichen müßten, wäre, daß es bei überhaupt keinem Sendungsfenster, das sich von seiner Struktur her dafür eignet, Gebärdendolmetsche einzusetzen, mehr vorstellbar wäre, daß Hörende im Fernsehen anrufen und fragen, warum kein Gebärdendolmetsch im Einsatz ist. – Ich meine, bis zur Erreichung dieses Punktes ist noch ein weiter Weg zurückzulegen.

Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk sollte nicht warten, bis er vom Nationalrat aufgefordert wird. Er sollte das eigentlich selbst als öffentlich-rechtliche Aufgabe erkennen. Und da er auch gebührenfinanziert ist, dürfte auch das finanzielle Argument kein entgegenstehendes sein.

In diesem Sinne hoffe ich, daß dieser Appell, den ich von diesem Pult aus an den Rundfunk richte, erfolgreich ist, denn direkte Zugriffsmöglichkeiten sind in der Realität tatsächlich nicht vorhanden – aber die menschlichen Zugriffsmöglichkeiten müßten doch auch einmal genügen. Muß es immer ein Gesetzesbefehl sein, wenn es darum geht, etwas zu tun, was ohnedies alle als richtig bezeichnen? – Ich zweifle daran. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen sowie Beifallskundgebungen auf der Galerie.)

12.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Frau Abgeordnete, Sie haben eine Redezeit von 5 Minuten gewünscht. (Abg. Mag. Stoisits: 5 Minuten nur, oje!) Sie können auch mehr haben. – Bitte.

12.39

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedaure ganz besonders, daß Theresia Haidlmayr heute nicht hier sein kann – sie ist krank, das ist der Grund dafür –, denn Theresia Haidlmayr ist jene Person, die mich persönlich am meisten sensibilisiert hat für die Probleme von gehörlosen Menschen.

Ich bin von der heutigen Situation hier deshalb irgendwie positiv betroffen, weil ich heute etwas zum ersten Mal erlebe: daß Publikum im Nationalrat, nämlich Besucher und Besucherinnen, Beifall kundtun können, ohne daß der Präsident sie rügt. Das dürfen nämlich hörende Menschen nicht, die dürfen nicht klatschen – aber Sie dürfen es! Das berührt mich, das finde ich toll. Ich glaube, es ist für Sie eine außergewöhnliche Situation, daß Sie sozusagen einmal einen Vorteil haben. Es ist ein ganz kleiner, aber mich macht er nachdenklich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von Theresia Haidlmayr habe ich auch den heute bereits vom Kollegen Guggenberger verwendeten Ausdruck "people with special needs" zum ersten Mal gehört – das stimmt, ich sage das ehrlich. Ich finde diesen englischen Ausdruck als die beste Zusammenfassung, als den besten Ausdruck, wenn es um Menschen geht, die anders sind als wir – anders als wir, die wir hören, sehen, gehen; das bezieht sich auf Handicaps verschiedenster Art. 

Deshalb freut es mich, daß ich heute vielfach von Vorrednern und Vorrednerinnen gehört habe, daß noch mehr getan werden muß – und daß das, was heute von allen Parteien gemeinsam hier beschlossen wird, nur ein einzelner Schritt ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das alles wird unterstützt, und die sozialdemokratische Fraktion hat angekündigt und Frau Rauch-Kallat für die ÖVP hat angekündigt, es werde noch mehr getan werden.

Aber erlauben Sie mir, daß ich als Oppositionsabgeordnete Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, die Frage stelle: Wann? – Die Leute interessiert nicht, was Sie hier sagen, sondern die Leute interessiert in erster Linie, was Sie tun. Die Diskussion, was die Anerkennung der Gebärdensprache betrifft – ich bin jetzt schon einige Jahre im Nationalrat und habe die Debatte, die übrigens damals auch in Gebärdensprache gedolmetscht wurde, miterlebt –, und diese Versprechungen, Kollege Guggenberger, hat es bereits gegeben. Aber ich möchte jetzt nicht wiederholen, was Kollege Kier und was Kollegin Partik-Pablé heute an Kritik vorgebracht haben.

Bei aller Wertschätzung dessen, was heute beschlossen wird, möchte ich doch einen, wenn auch wegen der 5 Minuten Redezeitbeschränkung nur kurzen Überblick darüber geben, wie es in anderen Ländern ist, damit wir österreichische Abgeordnete nicht glauben, daß wir heute etwas Besonderes beschließen. Das, was heute vollzogen wird, ist der niedrigste Level, wenn man das in europäischer Gesamtsicht sieht. So ist zum Beispiel in Dänemark, meine Damen und Herren, die dänische Gebärdensprache die erste Unterrichtssprache für alle Schulstufen für gehörlose beziehungsweise hörgeschädigte Kinder, und das gesprochene Dänisch ist dort selbstverständlich die Zweitsprache. – Also davon sind wir weit entfernt!

In den Niederlanden hat die Regierung 1996 eine Kommission eingesetzt, die im Juni 1997 einen Bericht vorgelegt hat, in dem sie der Regierung ganz eindeutig und klipp und klar die Anerkennung der niederländischen Gebärdensprache als Sprache empfiehlt.

In der Schweiz hat der Bundesrat eine vom National- und vom Ständerat an ihn überwiesene einstimmige Forderung gutgeheißen, die – das lese ich jetzt nicht vor, denn das würde zu lange dauern – einer faktischen Anerkennung der Gebärdensprache gleichkommt.

In Finnland ist das Recht des Gebrauchs der Gebärdensprache bereits seit 1955 in der finnischen Verfassung verankert. – Und diese Liste ist noch nicht komplett, denn sie umfaßt noch nicht ganz Europa. (Zwischenruf des Abg. Mag. Guggenberger.)

Deshalb, meine Damen und Herren, mag heute ein wichtiger Tag sein, aber es ist ganz bestimmt nicht der wichtigste Tag für gehörlose beziehungsweise hörgeschädigte Menschen. Es muß weitergehen, und deshalb haben wir gemeinsam mit der liberalen Fraktion – Dr. Kier hat schon darauf hingewiesen – einen Entschließungsantrag formuliert. Es geht um konkrete Ergebnisse, und es geht darum, daß jene Kommission, die bis Mitte nächsten Jahres tagen wird, auch einen konkreten Auftrag hat. Und ein konkretes Anliegen der gehörlosen Menschen ist die Anerkennung ihrer Sprache als offizielle Sprache.

Deshalb lese ich jetzt den Entschließungsantrag, den Dr. Kier ja bereits in den Grundzügen vorgetragen hat, vor. (Abg. Mag. Guggenberger: Das bringen Sie 5 Minuten vorher ein!) Wir hätten gerne, daß sie ihn mit uns mittragen, denn um dieses Anliegen geht es eigentlich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stoisits, Dr. Kier, Freundinnen und Freunde betreffend Anerkennung der Gebärdensprache

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Betroffenen und ExpertInnen, einzurichten, welche eine juristische Lösung zur Anerkennung der österreichischen Gebärdensprache ausarbeiten soll. Diese Arbeitsgruppe soll bis Mitte 1999 der Regierung einen Bericht vorlegen.

*****

Die juristische Anerkennung der Gebärdensprache – das ist die Schlüsselstelle!

Ich bin relativ kundig, was das Recht auf die eigene Muttersprache für ethnische Minderheiten angeht, und mir ist deshalb auch bewußt, daß das wirklich zwei paar Schuhe sind auf der juristischen Ebene. Aber das soll doch nicht noch einmal sechs Jahre oder noch einmal zehn Jahre lang als Ausrede dafür verwendet werden, daß Ihr Anliegen nicht – im wahrsten Sinne des Wortes – Gehör findet. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

12.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Frau Abgeordnete Stoisits soeben verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich erteile jetzt als nächster Rednerin Frau Abgeordneter Dr. Povysil das Wort. 4 Minuten beträgt die gewünschte Redezeit. – Bitte.

12.45

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herzlich willkommen! Ich begrüße heute auch ganz besonders herzlich die beiden Gebärdendolmetscher (Beifall bei den Freiheitlichen), und ich freue mich wirklich, daß sie heute bei parlamentarischen Themen erstmalig auch Gehörlosen die Möglichkeit bieten, an diesem Geschehen teilzunehmen. (Abg. Schieder: Das ist nicht erstmalig! – Abg. Dr. Haider: O ja, im Hohen Haus schon! – Widerspruch des Abg. Schieder. – Abg. Dr. Haider: Das ist mir entgangen!)

Sie wissen es alle, aber ich möchte den Abgeordneten noch einmal mitteilen, wie viele Gehörlose es in den EU-Staaten gibt. Es gibt nämlich so viele, wie die Bevölkerungszahl ganz Irlands ausmacht.

In Österreich gibt es 1 Promille Gehörlose, das sind zirka 8 000 Menschen. Nur vergißt man immer, daß das Umfeld der Gehörlosen ja ein viel größeres ist, daß Verwandte, Arbeitskollegen, Eltern, Kinder in die Problematik Gehörloser miteinbezogen sind – ein Umstand, der meistens gar nicht beachtet wird.

Ich bin Ärztin und bin sehr oft mit Dr. Fellinger, der das Gehörlosenzentrum in Linz leitet, in Kontakt. Deshalb weiß ich: Gehörlose sind eine Gruppe, die medizinisch sehr schwer zu versorgen ist, und zwar ganz einfach aus dem Grund, weil es sehr wenig Ärzte gibt, die mit ihnen auch tatsächlich kommunizieren können. Und sie neigen ganz besonders dazu, sich in ihre eigene Welt und innerhalb ihrer eigenen Gruppierung zurückzuziehen. Die Selbstmordrate unter Gehörlosen ist ganz besonders hoch. Ihnen Kommunikation und wirkliche gesellschaftliche Integration zu bieten, ist ein sehr wichtiges gesundheits- und gesellschaftspolitisches Anliegen.

Und ich muß dasselbe sagen wie viele meiner Vorredner, vor allem jene der Oppositionsparteien: Daß die Gebärdensprache noch immer nicht gesetzlich verankert ist, ist ein Umstand, der einfach nicht akzeptiert werden kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Gerade Gehörlose haben ein Recht, in ihrer eigenen Sprache zu kommunizieren – wie alle anderen Menschen und wie alle anderen Bevölkerungsgruppen und alle anderen Minderheiten auch. Und hier ist die ÖVP wirklich einmal sachlich zuständig. Aber es werden nur Sonntagsreden gehalten, und es ändert sich in Wirklichkeit am gegebenen Zustand seit Jahren nichts! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit diese Bevölkerungsgruppe wirklich zu ihrem Recht kommt, damit die Menschen wissen, welche gesetzlichen Möglichkeiten sie haben, habe ich auch eine diesbezügliche Anfrage an Herrn Nationalratspräsidenten Fischer gerichtet. In den USA ist es zum Beispiel bei den meisten Nachrichtensendungen möglich, durch Einblendung eines Gebärdendolmetschers oder durch Untertitelung aktuelle Meldungen zu verfolgen. Bei uns im ORF gibt es diesbezüglich nur die Sendung "Wochenschau". Das ist die einzige Sendung mit Gebärdendolmetsch. Und außerdem gibt es Sendungen, wie etwa "Universum", "Österreich-Bild", "Report", "Am Schauplatz" und einige wenige mehr, die mit abrufbaren Untertiteln ausgestattet sind. Weitere Nachrichtensendungen, wie zum Beispiel "Hohes Haus", eine Sendung über das parlamentarische Geschehen, oder Live-Berichterstattungen aus dem Hohen Haus sind Gehörlosen einfach nicht zugänglich.

Es ist zwar möglich – das wurde mir von Herrn Präsidenten Fischer mitgeteilt –, über Internet die Stenographischen Protokolle abzurufen, aber, meine Damen und Herren, nicht jeder Gehörlose hat Internet! Und man weiß außerdem auch ganz genau, daß es zu großen Zeitverzögerungen beim Abrufen des Internets kommt.

Gerade Gehörlose brauchen unser gemeinsames besonderes politisches Engagement, um sich in unsere Welt integrieren zu können. Gerade Gehörlose brauchen eine eigene Sprache, und sie brauchen, meine Damen und Herren, eigens ausgebildete Lehrer, die ihnen diese Sprache beibringen. Es gibt aber nur einen einzigen Universitätslehrgang in Graz, der solche Lehrer ausbildet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gerade Gehörlose brauchen eigene Förderungen und eigene, ganz besondere Unterstützungen an Universitäten. Gerade gehörlose Kinder brauchen in Schulen, in der Erziehung unsere Hilfe, um sich wirklich in unsere Welt integrieren zu können.

Meine Damen und Herren! Ich appelliere an Sie, hier nicht nur Sonntagsreden zu schwingen. Ich bitte Sie: Helfen Sie alle gemeinsam mit, damit die Gehörlosen nicht immer wieder, wie sie es selber wissen, in ihre eigene Welt abdriften, sondern ermöglichen Sie ihnen – wie auch anderen Minderheiten – wirklich gesellschaftliche Kommunikation und gesellschaftliche Integration! (Abg. Dr. Feurstein: Keine Ahnung!) Es gibt nur eine Welt, meine Damen und Herren, und das ist unsere gemeinsame! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

12.50

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe mir natürlich für heute auch etwas Besonderes überlegt. Entschuldigen Sie, wenn ich ein wenig stammeln werde, aber eigentlich müßte es gut funktionieren. Ihre Begrüßung müßte eigentlich in Ihrer Sprache ungefähr so aussehen. (Der Redner macht einige Gesten in der Gebärdensprache. – Beifall beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich halte es für einen wichtigen Schritt, daß im Bereich der Gerichtsverfahren die Gebärdensprache als Sprache anerkannt wird. Aber es gibt auch immer wieder eine Diskussion darüber, was denn etwa an Kommunikationsmitteln für Gehörlose notwendig ist und was an Aufwendungen bei Finanzämtern abgesetzt werden kann oder nicht. Das wäre auch etwas, was im Sinne einer Vereinheitlichung innerhalb Österreichs von der Bundesregierung beziehungsweise vom Herrn Finanzminister ohne einen Gesetzesauftrag unmittelbar in die Wege geleitet werden könnte. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das Feld der politischen Betätigung in diesem Zusammenhang ist weit. Da Herr Abgeordneter Kier bereits auf die nationalen Aspekte eingegangen ist, möchte ich auf eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. November 1998 zurückgreifen, in der insbesondere darauf hingewiesen wird, daß nur vier der 15 EU-Staaten die Gebärdensprache als eigene Sprache anerkannt haben und daß es in unserer Gesellschaft vor allem auch um den Zugang zu Information geht und daß dieser in Wirklichkeit mangelhaft ist.

Wir haben im Bereich der audio-visuellen Mittel das Recht auf Information für Gehörlose nicht gewahrt, und ich möchte auch Herrn Abgeordneten Guggenberger nicht zustimmen, daß man den ORF so einfach aus der Debatte läßt. (Abg. Mag. Guggenberger: Ich habe gesagt, mit Gesetzen geht das nicht!) Ich weiß, ich zitiere Sie nicht falsch, denn Sie haben gesagt: Gesetzliche Maßnahmen können wir hier nicht treffen in bezug auf den ORF.

Ich glaube, daß auch dieses Feld durchaus strapaziert werden könnte, vor allem deshalb, weil auch meine Vorrednerin interessanterweise hier einen Integrationsgedanken durchblitzen hat lassen, der ihr in anderen Fällen völlig fehlt. Aber es ist nie zu spät, etwas dazuzulernen, auch nicht für Frau Abgeordnete Povysil. (Abg. Scheibner: Hör einmal auf mit deiner Polemik! Einmal ein Thema ohne Polemik! Unglaublich!) Es geht darum, daß wir, wenn wir die Integration als ein notwendiges Grundrecht erachten, diese Maßnahmen und diese Grundwerte auch in anderen Bereichen wenigstens in die Diskussion einfließen lassen. Wenigstens einfließen lassen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber wenn es um Information geht, dann sei am Ende der österreichischen Präsidentschaft im Rahmen der Europäischen Union auch darauf hingewiesen, meine Damen und Herren, daß in der Europäischen Union immerhin sieben verschiedene, inkompatible Text-Telephonsysteme eingesetzt werden und daß es auch ein vorrangiger Aspekt wäre, auf europäischer Ebene den Level zu vereinheitlichen, um über Telephon zwischenstaatlich auch für Gehörlose eine Information überhaupt erst möglich zu machen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Es ist in dieser Entschließung des Europäischen Parlaments auch die Rede von angemessenen Rechtsvorschriften, die es ermöglichen, daß die Übersetzung in Gebärdensprache bei Rundfunkanstalten gewährleistet ist – nicht "möglich gemacht wird" oder vielleicht "empfohlen" werden sollte, sondern daß sie "gewährleistet" wird! Das ist etwas, was auch im österreichischen Recht nach wie vor fehlt und was durchaus hier im Nationalrat beschlossen werden könnte.

Insofern, meine Damen und Herren, sind die heutigen Anträge ein wichtiger Schritt, aber sie sind hoffentlich nur ein erster. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlußwort.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, weil wir jetzt mit den Abstimmungen beginnen.

Wir stimmen über jeden Ausschußantrag getrennt ab.

Zunächst stimmen wir ab über die dem Ausschußantrag 1531 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Entschließung zustimmen, dies durch ein entsprechendes Zeichen kundzutun. – Diese Entschließung ist einstimmig angenommen. (E 151.)

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 1531 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme dieses Berichtes ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Auch dieser Bericht ist einstimmig zur Kenntnis genommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen betreffend umfassende Integration gehörloser Mitbürger.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist die Praxis! Da setzt ihr euch nieder! Das sind immer nur die Sonntagsreden!) – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Einführung der Gebärdensprache in Schulen – das lehnt ihr ab! – Ruf bei der ÖVP: Wichtigtuerei! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist keine Wichtigtuerei! Was Sie machen, ist nur eine Heuchelei! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Das ist eine Doppelbödigkeit der ÖVP! Die Glaubwürdigkeit ist längst verspielt! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist die größte Heuchelei, die mir je untergekommen ist!)

Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Abstimmungsvorgang in Ruhe durchführen zu können!

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits, Dr. Kier und Genossen betreffend Anerkennung der Gebärdensprache.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozeßordnung geändert wird, samt Titel und Eingang, Anlage 1, in 1530 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung erfolgt einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Entwurf ist in dritter Lesung, auch hier wieder einstimmig, angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Zivilprozeßordnung geändert wird, samt Titel und Eingang, Anlage 2, in 1530 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Rauch-Kallat, Mag. Guggenberger, Dr. Kier, Mag. Stoisits, Dr. Graf und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Abänderungsantrag vorliegt, werde ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes, Anlage 2, in 1530 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Rauch-Kallat, Mag. Guggenberger, Dr. Kier, Mag. Stoisits, Dr. Graf und Genossen betreffend Artikel I Ziffer 1 § 185 Abs. 1a abstimmen lassen.

Wer diesem Entwurf zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Entwurf ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung erfolgt einstimmig. Der Entwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Damit sind die beiden ersten Tagesordnungspunkte erledigt.

Ich glaube, in Ihrem Namen sprechen zu dürfen, meine Damen und Herren, wenn ich mich ganz besonders bei den Gebärdensprachdolmetschern bedanke. (Allgemeiner Beifall.)

Diese beiden Damen und Herren haben es möglich gemacht, daß Sie, meine Damen und Herren am Balkon, dieser Sitzung folgen konnten, und ich danke auch Ihnen für Ihre Teilnahme an dieser Sitzung und wünsche Ihnen alles Gute für Ihren Lebensweg. (Allgemeiner Beifall. – Ein Teil der Abgeordneten erhebt sich von den Plätzen und spendet Beifall in Richtung Galerie. – Die Besucher auf der Galerie drücken ihrerseits Beifall in der Gebärdensprache aus. – Abg. Dr. Khol ahmt diese Geste nach.)

3. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1520 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden (1563 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1521 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird (1567 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir beginnen die Debatte mit einer Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Dr. Krüger. Gewünschte Redezeit: 6 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

13.02

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausschußberatungen zur Novelle des Rundfunkgesetzes und des Regionalradiogesetzes und die Art, wie diese Ausschußberatungen stattgefunden haben, die Art, wie das Begutachtungsverfahren stattgefunden hat, die Art, in der im letzten Moment von den Koalitionsparteien Abänderungsanträge eingebracht wurden, die Art, in der zunächst gesagt wurde, alle drei Gesetzesmaterien, nämlich Rundfunkgesetz, Privatradiogesetz beziehungsweise -Novelle und Kabel- und Satellitenrundfunkgesetz werden in einem verhandelt und beschlossen – sie wurden dann bekanntlich doch getrennt und zum Schluß wieder teilweise mit einbezogen –, also die Art der Ausschußberatungen und das Verfahren, das der heutigen Beschlußfassung vorausging, ist eigentlich stellvertretend dafür, wie man in Österreich von seiten der Regierungsparteien Medienpolitik betreibt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Pures Management by chaos!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie brauchen sich nicht zu berühmen, daß Sie vor einigen Jahren das private Radio zugelassen haben, denn sämtliche Schritte in Richtung einer Liberalisierung der Medienpolitik, in Richtung einer Zulassung eines privaten Sektors im Rundfunkbereich sind nicht auf Ihr Votum zurückzuführen, sondern einzig und allein auf verschiedenste Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen ein ganz besonderes Beispiel vor Augen halten, das, wie ich glaube, Ihre völlige Untätigkeit im Bereich der Medientätigkeit, im Bereich der Liberalisierung eindrucksvoll demonstriert. Der Verfassungsgerichtshof kann naturgemäß nur Gesetze wegen Verfassungswidrigkeit oder Verordnungen wegen Gesetzwidrigkeit aufheben. Wenn es um schlichte Untätigkeit der Regierungsparteien, der Regierung geht, kann er überhaupt nichts machen.

Herr Kollege Schieder! Ich zitiere für Sie auswendig aus dem Erkenntnis nach dem Verfahren, das seinerzeit die "Kronen Zeitung" bei ihren Bemühungen um Zulassung zum privaten Fernsehen angestrengt hat. Da hat der Verfassungsgerichtshof gesagt: Ja selbstverständlich ist die rechtliche Situation in Österreich massiv menschenrechtswidrig. Die Grundrechte der Meinungsfreiheit und damit das Grundrecht auf Fernsehveranstaltungsfreiheit und Radiofreiheit sind natürlich massiv verletzt, aber der Verfassungsgerichtshof kann nicht eine gänzliche Untätigkeit des Gesetzgebers substituieren, sondern nur in Teilbereichen, wie er gesagt hat. Er ist nur dazu da, partielle Untätigkeiten des Gesetzgebers zu pönalisieren, nicht jedoch gänzliche Untätigkeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sollte Ihnen doch zu denken geben. Dieses Erkenntnis liegt bereits Jahre zurück. Darin rügt der Verfassungsgerichtshof die gänzliche Untätigkeit der Bundesregierung, die gänzliche Untätigkeit des Gesetzgebers bei der Erfüllung von Grundrechten.

Herr Kollege Schieder! Welche Erklärung haben Sie dafür, daß im Jahr 50 nach Inkrafttreten der Erklärung der Menschenrechte, der UN-Charta, die Grundrechte in den Punkten Medienfreiheit und Meinungsfreiheit noch immer nicht umgesetzt sind? Würden Sie sich hier bitte erklären. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie wir wissen, verhandeln und beschließen wir heute die Rundfunkgesetz-Novelle – beziehungsweise wird mit Mehrheit darüber beschlossen werden – und gleichzeitig die Änderung des Regionalradiogesetzes. Leider Gottes – das habe ich bereits in den Ausschußberatungen gesagt – ist Ihnen wieder kein großer Wurf in Richtung eines Dualismus zwischen dem öffentlich-rechtlichen Sektor und dem privaten Sektor gelungen. Nach wie vor gibt es in Österreich kein terrestrisches Fernsehen. Wenn Sie sagen, ein Unterausschuß sei notwendig, pflichten wir Ihnen bei. Aber was hat Sie denn davon abgehalten, sich mit dieser Materie zu befassen, wenn sogar die Medienpolitiker in Albanien schon soweit sind, terrestrisches Fernsehen zuzulassen, meine sehr geehrten Damen und Herren? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind nicht mehr das Medien-Albanien Europas, meine Damen und Herren. Das wäre eine Beleidigung für Albanien, das bereits einen anderen Rechtsstandard in der Medienpolitik gesetzt hat. Es gibt nach wie vor keinen Dualismus des öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Sektors. Warum? – Es gibt nach wie vor kein terrestrisches Fernsehen. Es gibt auch keine bundesweite Frequenz im Hörfunkbereich, die dem Privatradiosektor zur Verfügung stünde. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat vier Frequenzen.

Sie kennen die Diskussion um Blue Danube Radio. Da gibt es meines Erachtens nur zwei Möglichkeiten: Entweder finden Teile des Blue-Danube-Radio-Progamms in den anderen drei Programmen statt und man macht eine Frequenz für den Privatsektor frei – dann hätte man zumindest ein 3 : 1 Übergewicht zugunsten des Österreichischen Rundfunks oder des öffentlichen Sektors; das wäre ein Mindestmaß –, oder aber man sagt, man kann auf ein fremdsprachiges Radio nicht verzichten – wobei ich für diesen Ansatz in Teilbereichen durchaus Verständnis habe –, dann muß man aber hergehen und die Überversorgungen und die Mehrfachversorgungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abstellen.

Wenn Sie heute auf der UKW-Bandbreite RDS einstellen, dann werden Sie erkennen, daß immer wieder dasselbe Programm des ORF ertönt und empfangen wird, immer wieder dasselbe. Das ist doch der Beweis für die Überkapazität des Österreichischen Rundfunks. Natürlich wird er aus seiner Sicht Ihnen nicht von vornherein empfehlen, Frequenzen freizumachen. (Abg. Schieder: Das stimmt doch nicht, was Sie da sagen!) Das stimmt. (Abg. Schieder: Das ist doch kein Beweis!) Ja, das stimmt. (Abg. Schieder: Es kommt doch darauf an, ob man es im Gebirge hört oder sonstwo!)

Aber, Herr Kollege Schieder, es steht doch fest, daß es keinen Dualismus im Privatradiobereich gibt, und es steht weiters fest, daß es in Österreich keine Medienanstalt gibt. Die ÖVP, der Herr Kollege Kukacka als Mediensprecher der Österreichischen Volkspartei, ist dafür, ebenso die Mediensprecher aller Parteien hier im Haus – mit Ausnahme der Sozialdemokratie, sie ist dagegen. Was spricht denn eigentlich gegen eine Medienanstalt, die auch eine Fusionskontrolle hätte, die eine Lizenzbehörde sein könnte, die eine Entzugsbehörde sein könnte, die eine gewisse Aufsichtsbehörde sein könnte? Was spricht denn dagegen? Vielleicht können Sie hier erklären, wieso Sie mit Ihrem Koalitionspartner diesbezüglich nicht zu einer Übereinstimmung gekommen sind.

Nun, worum geht es im konkreten bei den Novellen? – Es geht einerseits darum, daß die EU-Richtlinie umgesetzt wird. So weit, so gut. Das ist überhaupt keine Frage. Unser Antrag ist ja dahin gehend gewesen, diese Novelle, soweit es um die Umsetzung der EU-Richtlinie geht, durchzuführen, alles andere in den Unterausschuß zu verweisen und dann wirklich eine gescheite Mediengesetznovelle zu machen. Es geht um eine massive Ausdehnung der Werbezeiten in den Fernsehwerbesendungen von bisher 30 Minuten im Wochenschnitt auf dann 35 Minuten im Jahresschnitt und ab 1. Jänner 2002 auf 42 Minuten, wobei ab dem Jahre 2001 die Beschränkung der Prime-time-Werbesendungen wegfällt. Das heißt, ab 2001 kann man in der wichtigsten Werbezeit mehr als 20 Prozent einer Stunde werben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe naturgemäß auch Verständnis für die Rolle des ORF, der sagt, wir brauchen die Einnahmen aus der Werbung, um ein ordentliches Programm machen zu können und auch um den öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrag zu erfüllen. Aber dann, bitte, kann das nur Zug um Zug mit einer Gebührensenkung gehen. Wenn es eine Ausdehnung der Werbezeiten gibt und damit eine Ausdehnung der Einkünfte, dann nur Zug um Zug mit einer Senkung der Gebühren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Schieder. – Herr Abgeordneter, Sie wollen eine Redezeit von 10 Minuten? (Abg. Schieder: Eingestellt zumindest!) Ich stelle auf alle Fälle 10 Minuten ein. – Bitte.

13.10

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Immer wenn es um Rundfunkpolitik geht, insbesondere wenn es um Fernsehen geht, gibt es in unserem Land eine bemerkenswerte kognitive Dissonanz oder, wenn Sie so wollen, ein Auseinanderklaffen zwischen primärem und sekundärem Wollen.

Auf der einen Seite bekennt sich jeder zu einem starken österreichischen, zu einem nationalen Fernsehen in der neuen europäischen Landschaft, bekennt sich jeder zu einem starken öffentlich-rechtlichen ORF. Wenn es aber dann darum geht, dieses Bekenntnis auch mit dem zweiten Wollen in die Tat umzusetzen, dann mangelt es meistens daran. Ich muß all jenen, die hier auch in ihrer persönlichen Meinung auseinanderklaffen, mit aller Deutlichkeit sagen: Wenn man sich kräftige österreichische Lebenszeichen auf dem Fernsehsektor in Europa erwartet, dann darf man nicht mit praktischen Maßnahmen dem ORF das Lebenslicht ausblasen oder ihm das wirtschaftliche Leben schwermachen. – Das geschieht leider sehr oft.

Wenn man den ORF will, dann muß man ihm auch das Bestehen ermöglichen, auch durch den Gesetzgeber. Deshalb bin ich sehr froh, daß neben den wichtigen europäischen Anpassungen in dieser Novelle auch Dinge wie Feiertagsregelung und Jahresausgleich enthalten sind, die dazu beitragen, daß es diesen starken nationalen ORF weiterhin geben wird und somit auch eine österreichische Stimme in diesem zusammenwachsenden Europa.

Das zweite – das möchte ich auch insbesondere dem Kollegen Krüger sagen –: Alle, die hier so schön von Grundrechten, von Vielfalt, von Dualismus und von privaten Möglichkeiten sprechen, übersehen eines, übersehen unser Land als Land der Berge. Es ist die Beschaffenheit unseres Landes, die es unmöglich macht, auf einer Vielzahl von Kanälen terrestrisches Fernsehen zu senden. De facto besteht die Möglichkeit für terrestrisches Senden von drei Programmen in ganz Österreich. Wenn nun zwei davon der ORF hat und ein drittes einem Privaten gegeben werden soll, dann schafft das nicht jenes Grundrecht für jeden Privaten, auch Fernsehen zu betreiben, sondern dann schafft es für einen Auserwählten dieses Recht und vernachlässigt natürlich die Rechte vieler anderer, die vielleicht auch Fernsehen betreiben wollen.

Dritte Bemerkung oder dritter Fehler, der oft in der Debatte gemacht wird: Man tut so, als ob das Verhältnis Rundfunk zu Zeitungen dem von kommunizierenden Gefäßen entspräche, in denen die Merkflüssigkeit eine fixe Menge hat, und man glaubt, wenn man sie bei einem Gefäß hinunterdrückt – zum Beispiel das Werbeaufkommen –, dann wird sie beim anderen automatisch steigen. Das ist eine krasse Verkennung aller Mechanismen des Marktes und außerdem ein gedanklicher Fehler dahin gehend, daß die Erfahrung in allen anderen Ländern zeigt, daß ein Mehr an Werbung auf einem Sektor nicht dazu führt, daß es bei den anderen Sektoren automatisch herunterfällt, sondern daß dieses Mehr an Werbung dazu führen kann, daß in dem Land insgesamt – auch über dieses Mehr hinausgehend – ein Mehr an Werbung stattfindet, eine neue Einstellung zur Werbung entsteht, sodaß ein Mehr bei einem auch dem anderen hilft, mehr an Einnahmen durch die Werbung zu erhalten.

Vierte Bemerkung: Dieses Gesetz ist sehr wichtig. Deshalb haben wir, um es auch bei unserem Partner durchzubringen, manche Dinge in Kauf genommen. Vieles vertreten wir gemeinsam, in vielen Dingen gibt es ein gemeinsames Wollen der Regierungsparteien, der Koalitionsparteien. Ich verhehle aber nicht, daß meine Partei oder ich persönlich manche Dinge gerne anders gehabt hätten und daß selbst Anträge, die ich unterschrieben hätte, wäre es nur um mich und meine Fraktion gegangen, anders aussehen würden.

Ich glaube, daß zum Beispiel bei den Sendezeiten für die Interessenvertretungen eine bessere Lösung zu finden gewesen wäre. Der ORF hat ja schon an einer gearbeitet, und es hat auch schon Ergebnisse gegeben. Ich verhehle nicht, daß mir das lieber gewesen wäre. (Abg. Mag. Stoisits: Es hat schon eine Regierungsvorlage gegeben!) Na ja, man muß Kompromisse schließen, um das Wichtige durchzubringen.

Ich verhehle auch nicht, daß ich lieber eine andere Regelung gehabt hätte, als sie jetzt für Teletext und Online-Dienste gefunden wurde. Um nämlich den Redaktionsfehler zu beseitigen, der die Unsinnigkeit gebracht hätte, daß dort nur 35 Minuten Werbung pro Tag möglich gewesen wären, was in den neuen Medien gar nicht geht, hat man das ausgenützt, um zu sagen, es müsse prozentmäßig beschränkt werden. Jetzt gibt es die Regelung mit 11 Prozent, die der Sache nicht gerecht wird, die diesen neuen technischen Instrumenten auch gedanklich nicht gerecht wird. Andererseits bin ich froh, daß es 11 Prozent und nicht bloß 5 Prozent sind, denn sonst hätte das eine Einschränkung, einen Rückschritt hinsichtlich der Möglichkeiten dieser wichtigen neuen Dienste und auch hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Zuganges in diesen neuen Bereichen gebracht.

Das heißt, man mußte im Detail Kompromisse machen, um das gesamte Gedankengut nun über die Bühne zu bringen.

Fünftens und letztens: Die Opposition hat völlig recht: Es wäre wert gewesen, ihre Anträge ausführlicher zu diskutieren. Da ist vieles dabei, was man durchaus machen kann und machen sollte. Dafür ist es aber noch nicht zu spät. Wir werden den Unterausschuß für Satelliten einsetzen, und es besteht die echte Bereitschaft, diese Dinge zu diskutieren. Es ist vieles darunter, wie Minderheitenfragen und anderes, und es wäre gut für dieses Land, wenn das auch rechtlichen Eingang fände. Darüber werden wir in aller Ruhe in den nächsten Monaten reden.

In der Summe sind diese Novellen ein wirklicher Fortschritt, auch wenn meine und unsere Wünsche weitergingen. Wir werden ihnen deshalb sehr gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.

13.18

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod državni sekretar! Visoki Dom! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Schieder! Ich hoffe, Ihre Worte sind nicht nur Sand, den Sie der Opposition in die Augen streuen wollen, wenn Sie sagen, daß Sie die Anträge, die Sie ja im Ausschuß abgelehnt haben, im kommenden Unterausschuß wohlwollend behandeln und auch mit beschließen wollen. Ich bin nur der Auffassung, wir sollten nicht Monate dafür vorsehen, sondern wir sollten das im Jänner, spätestens im Februar machen, und dann müßten wir mit der großen Rundfunkgesetz-Novelle hier ins Hause kommen.

Das, was Sie derzeit vorgelegt haben, meine Damen und Herren, ist natürlich keineswegs eine Rundfunkgesetz-Novelle, sondern es ist eine sehr dürftige Anlaßgesetzgebung, resultierend zunächst daraus, daß wir eine EU-Richtlinie im Zusammenhang mit der Beschwerdemöglichkeit und mit dem Beschwerderecht zu beachten haben, weiters daraus, daß der Verfassungsgerichtshof gesagt hat, daß Belangsendungen so, wie sie derzeit laufen, nicht zulässig sind.

Meine Damen und Herren! Da sind wir schon bei dem zentralen Punkt auch der Kritik des Liberalen Forums in dieser Angelegenheit. Der Verfassungsgerichtshof stellt fest, daß die Belangsendungen beseitigt gehören. Aber was tun Sie, was machen Sie? – Bereits im Ausschuß beginnen Sie, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes schon wieder zu durchlöchern. Sie haben mit Hilfe eines Abänderungsantrages für die Interessenvertretungen – sprich für die Kammern, für den Österreichischen Gewerkschaftsbund und für die Österreichische Industriellenvereinigung – wiederum Belangsendungen hineinmoniert und mit beschlossen, meine Damen und Herren. Und das ist eine Mißachtung unserer Gerichtsbarkeit, das ist eine Mißachtung auch dessen, was grundsätzlich im Gesetz steht!

Es ist klar: Belangsendungen haben keinen Sinn, Belangsendungen gehören abgeschafft. (Beifall beim Liberalen Forum.) Und wenn man schon überhaupt über Belangsendungen reden kann, dann meine ich, es besteht natürlich ein berechtigtes Interesse, vor Wahlen den Parteien bestimmte Möglichkeiten zu geben, sich darzustellen, und zwar gleichmäßig darzustellen. Das könnte noch ein Rest an Belangsendung sein. Aber dabei geht es mehr um politische Information, und Medien sind eben dazu da, auch politische Information zu transportieren.

Herr Kollege Schieder! Dieser Antrag macht Ihnen, aber auch der ÖVP keine Ehre. Ich weiß nicht, warum Sie sich immer von den Damen und Herren aus diesem Bereich gängeln lassen. Das ist kein selbständiger Nationalrat, das ist keine unabhängige Entscheidungsinstanz, sondern wir sind am Gängelband einiger Damen und Herren der Berufsvertretungskörperschaften. Das geht nicht an! Wir sollten vernünftige Gesetze im Sinne dieses Landes beschließen und uns da nicht hineinregieren lassen. (Abg. Schieder: Um Weintrauben zu bekommen, muß man gewisse Kerne mitessen!) – Das kann sein. Aber es gibt natürlich auch die Möglichkeit – entschuldigen Sie den Ausdruck –, die Kerne auszuspucken. (Abg. Schieder: Man kann sie ausspucken, aber damit wird es nicht besser!) Der Apfel wird aber trotzdem gut, das Drumherum ist in Ordnung. Man muß, wie man in Kärnten sagt, den Butzen nicht immer mitfressen, man kann ihn auch zur Seite legen, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber nun komme ich ein wenig auf das Inhaltliche zu sprechen. Ich war sehr traurig darüber, daß wir diese Materie so spät bekommen haben. Ich hatte meine Anträge schon längst vorbereitet, daher war ich etwas verzweifelt. Ich meinte, manches werde vorerst gar nicht kommen, doch liegt es nun vor. Die Zeit war sehr kurz, wie Sie wissen, wir hatten gerade drei Tage Zeit, uns in diese Materie einzulesen. Dennoch haben wir unsere Änderungsvorschläge unterbreitet, die ich nun kurz skizzieren möchte. Sie liegen als Anträge vor, und ich hoffe, wir werden uns darüber einigen.

Es geht einmal um eine Reihe von Bestimmungen, die die Sendungen der ethnischen Minderheiten betreffen. Dazu möchte ich ein klares Bekenntnis abgeben. Auch wir sind für einen starken Dualismus, das heißt, der ORF soll sein öffentlich-rechtliches Interesse wahrnehmen und seiner Aufgabe nachkommen. Wir sind aber auch der Auffassung, daß parallel dazu die privaten Betreiber gestärkt werden sollten. Es sollte also eine programmatische und inhaltliche Alternative sein.

Ich muß dazu sagen – vielleicht bin ich der einzige, der so denkt –, ich habe ein bißchen das Gefühl, daß alle Privatbetreiber in etwa denselben Salat machen und dann darüber jammern, daß sie zuwenig Zuhörer haben. Ich bin kein Programmgestalter, kein Redakteur, aber mir tut es leid, wenn ich am Knopf drehe und überall dasselbe höre. Aber das ist nicht mein Problem, denn ich habe noch Ö 1, das ich liebe, und ich habe vor allem den Knopf, auf dem "Ein/Aus" steht, den ich vor allem beim Fernsehapparat sehr häufig betätige. (Abg. Tichy-Schreder: Das ist unsere Alterskategorie! Es gibt andere Sender!)

Meine Damen und Herren! Es geht um einen klaren Informationsauftrag, um einen Informationsauftrag über ethnische Gruppen und für ethnische Gruppen, den wir in dieses Gesetz hineinmonieren müssen.

Wir müssen auch einen klaren Programmauftrag hineinmonieren. Dies tun wir schon sehr lange, Kollegin Stoisits hat diesbezüglich einen 1987 von mir eingebrachten Antrag wiederholt in diesem Haus eingebracht. Der Rundfunk ist nicht bereit, mehr zu tun. Er sagt, wir haben für diesen Bereich eigentlich nur einen allgemeinen, aber keinen direkten konkreten Programmauftrag.

Weiters bekennen wir uns klar zu der vierten Linie, also zur fremdsprachigen Linie. Wir sind aber auch der Auffassung, daß man Artikel 11 der Regional- und Minderheitensprachen-Charta auch in die Tat umsetzen sollte. Für die meisten von Ihnen ist das eine bekannte Materie. Es wird vom Europarat verlangt, daß zumindest ein Radiokanal und ein Fernsehkanal für diesen Bereich zur Verfügung gestellt werden sollten. Ich möchte das nicht weiter ausführen, denn wir werden darüber im Ausschuß noch eingehend beraten.

Was auch nicht ganz unwichtig ist – wir haben früher auch nicht gewußt, daß das je maßgeblich sein wird –, ist die Bestimmung über das Beschwerderecht, mit der wir auch nicht zufrieden sind. Derzeit wird verlangt, daß 500 Menschen eine Beschwerde unterstützen müssen. Es ist klar, Volksgruppensendungen werden nicht von so vielen Personen gehört und gesehen. Daher sind wir der Auffassung, daß es auch da zu einer Änderung kommen muß, denn die Beschwerdemöglichkeit, wie sie derzeit vorgesehen ist, ist einfach von der Zahl her nicht zu schaffen.

Was nun das Regionalradiogesetz betrifft, so meinen wir, daß wir die Frage der Beteiligung des ORF vor allem für Volksgruppen-Betreiber, wie ich sie kurz bezeichnen darf, klar festlegen sollten. Es geht darum, daß der ORF der einzige ist, der über viele Archive verfügt, der darüber verfügt, was jahrelang an Kulturellem in diesem Bereich geschaffen wurde. Das hat er aufgenommen, und das schlummert derzeit in seinen Archiven. Das wäre verwendbar! Vor allem aber könnte der ORF auch helfen, gemeinsame Sendungen zu gestalten, und könnte sich dadurch selbst und auch die Institutionen und Betreiber bei Volksgruppen entlasten. Vor allem geht es auch darum, daß er vertraglich einen Teil auslagert und sagt, macht diese Versorgung. Ich denke da zum Beispiel an ständige Nachrichtensendungen, die nach denselben Kriterien wie beim ORF ablaufen könnten. Das könnten wir vertraglich stündlich auch an private Betreiber abtreten.

Wichtig ist auch die Frage der Zurverfügungstellung der technischen Sendeanlagen. Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Sie wissen, daß wir faktisch nur einen Durchlaufer haben. Wir danken für die wirklich großzügige Hilfe der Bundesregierung, hier ist einmal ein mutiger Schritt getan worden, aber Sie wissen auch, daß wir ein Drittel der Beträge, die wir von Ihnen erhalten, postwendend als Durchlaufer an den ORF überweisen. Es freut uns, daß das so quasi unter dem Titel Volksgruppenförderung läuft, aber in Wirklichkeit ist das natürlich eine Abstattungszahlung an den ORF dafür, daß er uns seine Anlagen zur Verfügung stellt.

Zum Schluß kommt, wie man so schön sagt, das dicke Ende, und darum geht es dem Liberalen Forum auch, nämlich darum, die gesamte Regionalradiobehörde einmal zu überdenken. Wir sind der Auffassung, daß das Ganze, so wie es derzeit läuft, nicht in Ordnung ist. Wir sind der Meinung, daß diese Behörde mit Fachleuten besetzt sein sollte, also nicht mit Vertretern politischer Parteien, sondern mit Fachleuten, die vom Hohen Haus aus einer Liste mehrerer Personen gewählt werden sollten, wie dies unser Vorschlag vorsieht.

Wir brauchen eine Medienanstalt, die tatsächlich unabhängig arbeitet, wir brauchen keine Verlängerung der Regierungspolitik auch noch in den Privatmedienbereich hinein. Davon müssen wir uns verabschieden. Das wäre das große und auch notwendige Ende des Staatsrundfunks, der immer noch ein bißchen existiert.

Ich möchte aber jetzt nicht die Details unserer Vorlage vorbringen. Im wesentlichen geht es darum, daß wir eine unabhängige Institution schaffen müssen, egal, wie immer wir sie dann bezeichnen.

Dieses sehr große, umfassende Paket wurde vom Liberalen Forum bereits in der letzten Sitzung vorgetragen und auch heute wieder vorgebracht. Meine Damen und Herren! Kollege Schieder hat sich diesbezüglich schon geäußert, auch Kollege Khol in einem Vieraugengespräch. Ich gehe davon aus, daß wir im Februar eine große, schöne Rundfunkgesetz-Novelle hier vorliegen haben, mit der wir alle zufrieden sein können. Natürlich wird es Kompromisse geben – ich bin dafür bekannt, daß ich auch das zustande bringe –, aber es muß auf alle Fälle soviel drinstehen, daß man sagen kann, es ist ein schönes, wenn auch verspätetes Weihnachtspaket.

Bei einem Paket, in dem etwas enthalten ist, in dem eine Materie geregelt wird, über die wir uns freuen, sind wir in der Lage, auch Kompromisse zu schließen, und daher tut es mir in bezug auf diese Vorlage leid. Ich habe auch angeboten, einen Sprung hinsichtlich dieser Vorlage zu machen, aber diese haben Sie enorm verpatzt. Dieser Sprung war angesichts der Dinge, die Sie noch im letzten Moment hineinreklamiert haben, nicht mehr möglich. Im großen und ganzen gehe ich davon aus, daß guter Wille vorhanden ist, aber länger als bis Februar werde ich nicht warten. Meine Klubchefin schüttelt das Haupt, sie scheint euch beide besser zu kennen. Aber ich hoffe, ich habe recht und nicht sie. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kukacka. Freiwillig gewählte Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

13.29

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der heutige Beschluß über die Novellierung des Rundfunkgesetzes und des Regionalradiogesetzes ist für uns von der Volkspartei ein weiterer wichtiger Schritt zu mehr Liberalisierung in der österreichischen Medienszene und ein weiterer Schritt zu einem dualen Mediensystem, nämlich zu einem gleichberechtigten Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem Rundfunk auf der einen Seite und privaten Hörfunk- und Fernsehanbietern auf der anderen Seite.

Aber es ist richtig – das hat auch Kollege Krüger festgehalten –, daß, obwohl es ein weiterer Schritt ist, noch viele andere Schritte notwendig sein werden, um zu einem europareifen Standard zu kommen.

Wenn Kollege Krüger gestern im Ausschuß gesagt hat – auch heute hat er es angetönt –, daß mit den heutigen Beschlüssen auch eine einseitige Bevorzugung des ORF verbunden ist, dann würde ich dem deshalb nicht zustimmen, weil es nicht richtig ist, und ich werde auch sagen, warum. Aber es ist zweifellos so, daß der ORF nach wie vor über eine überaus starke Position verfügt und einen großen Vorsprung vor seinen privaten Konkurrenten hat, und zwar aus vielerlei Gründen, auch aus historischen Gründen.

Ein Grund ist auch, daß Österreich der medienpolitischen Entwicklung in Europa nachhinkt – das gebe ich durchaus zu –, weil bei uns auch die Liberalisierung sehr spät eingesetzt hat. Es gibt natürlich auch Gründe dafür, warum dem so ist.

Zum einen – das sage ich ganz emotionslos – haben die Sozialdemokraten diesen Prozeß dort, wo es möglich war, gebremst, weil sie geglaubt haben – vielleicht glauben sie es noch immer –, sich in diesem Monopol gut eingerichtet zu haben. Ein weiterer Grund dafür liegt darin, daß die Generalintendanten und die Geschäftsführung des ORF, angefangen bei Bacher, über Zeiler bis Weis, immer sehr klug die mediale Vorherrschaft des ORF bewahrt und geschützt haben. (Abg. Smolle: ... gute Beziehungen zur ÖVP!)

Zudem sind sich auch die möglichen Konkurrenten und Betreiber eines privaten Hörfunks und Fernsehens, nämlich zum Beispiel österreichische und auch ausländische Verlage und Zeitungshäuser, in dieser Frage sehr uneinig und konnten und können deshalb vom ORF auch gegeneinander ausgespielt werden.

Nicht zuletzt kommt zu den von mir genannten Gründen der Gesetzgeber hinzu. Also wir selbst, das Hohe Haus, haben den ORF hinsichtlich der Gebührenfrage, aber vor allem was die Werbezeiten und die sonstigen rechtlichen Rahmenbedingungen betrifft, sehr zuvorkommend und sehr wohlwollend behandelt. Kollege Schieder! Es gibt kaum eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt in Europa, die in ihren rechtlichen Rahmenbedingungen vom Gesetzgeber so gute Voraussetzungen mit auf den Weg bekommt, wie das beim ORF der Fall ist. Ich glaube, auch das sollte man an diesem Tag und zu diesem Anlaß einmal sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Trotzdem kann man heute nicht von einer einseitigen Bevorzugung des ORF gegenüber Privaten sprechen, vor allem deshalb nicht, weil heute – das ist richtig und notwendig – nicht nur das Rundfunkgesetz, sondern auch das Regionalradiogesetz beschlossen wird. Damit kommt eine Werbezeitausdehnung nicht nur dem ORF, sondern auch den privaten Radios zugute. Sowohl bei den Privaten als auch beim ORF wird es eine Jahreswerbezeitdurchrechnung geben. Das macht beim ORF – so haben die Berechnungen ergeben – immerhin eine Ausdehnung der Jahreswerbezeit von bis zu 7 Prozent aus. Aber auch bei den privaten Hörfunkbetreibern wird die Werbezeit von derzeit 90 Minuten auf täglich 120 Minuten erhöht.

Man muß aber auch dazu sagen, daß der ORF diese 120 Minuten nicht für alle seine vier Sender, sondern nur als Gesamtwerbezeit für alle seine Sender im Hörfunkbereich zur Verfügung hat, während die 120 Minuten bei den Privatsendern für jeden Sender einzeln gelten. Darüber hinaus ist auch beim Rundfunk die Ö-Regional-Werbung auf 5 Minuten Lokalwerbung beschränkt.

Der ORF wird auch über einige andere Einschränkungen nicht unbedingt frohlocken, die aber zum Teil auch in der EU-Richtlinie festgelegt sind. Das ist einmal die Tatsache, daß die Werbung klar als solche erkennbar sein muß und durch optische und akustische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen getrennt werden muß. Das wird die Schleichwerbung, das Product Placement, die Eigenwerbung schwieriger machen als bisher. Ein klares Verbot gibt es auch für Teleshopping. Es gibt aber auch ein klares Gebot zur Kennzeichnung jugendgefährdender Sendungen durch entsprechende akustische oder optische Mittel.

All diese Maßnahmen, meine Damen und Herren, begrüßen wir ausdrücklich als eine notwendige Einschränkung im Sinne des öffentlich-rechtlichen Auftrages des ORF, der ihn zwar in seiner Markt-, Werbe- und Quotenorientierung einschränkt, und zwar ganz bewußt, ihm dafür aber andererseits die Gebührenfinanzierung ermöglicht, die ihm immerhin Einnahmen in der Höhe von rund 4,5 Milliarden Schilling im Jahr bringt.

Schließlich beschränkt unser Abänderungsantrag auch noch den Werbeumfang der Teletext- und Online-Dienste auf 11 Prozent des Seitenumfanges.

Wichtig ist uns auch noch, meine Damen und Herren, daß in Zukunft jede Person, die durch falsche Berichterstattung in ihren Rechten verletzt wurde, eine zusätzliche Beschwerdemöglichkeit bei der Rundfunkkommission erhält. Damit wird auch der Rechtsschutz des Bürgers vor falscher oder diffamierender Medienberichterstattung gestärkt. Das halten wir für eine richtige und notwendige Entwicklung angesichts des etwas leichtfertigen Umganges der Medien mit dem Persönlichkeitsschutz. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nicht zufrieden sind wir damit, daß das Problem des Aufgabengebietes und der Kompetenzen der Regionalradiobehörde oder der Privatradiobehörde, wie sie jetzt heißen wird, darauf beschränkt wird, daß der Name geändert wird. Das ist zu wenig. Gerade da herrscht Handlungsbedarf, meine Damen und Herren! Und das sagen nicht nur wir Politiker, sondern das sagen auch die handelnden Personen in der Behörde selbst. Die Vorsitzende etwa hat gesagt: Wenn man Unabhängigkeit und ständige Beschäftigung als angemessen betrachtet, halte ich eine Medienanstalt für etwas Gutes.

Sie sagte weiter, in Deutschland hätten sich die Landesmedienanstalten jedenfalls bewährt, und es wäre besser, würde die Kompetenzen und Aktivitäten der Regionalradiobehörde, der Regionalradiokommission und der Frequenzbehörde unter dem Dach einer professionellen Medienanstalt konzentriert werden. – Genau das ist es, was wir von der Österreichischen Volkspartei auch verlangen, und wir werden bei diesem Thema auch nicht Ruhe geben. Wir werden uns im kommenden Unterausschuß sehr intensiv mit dieser Frage beschäftigen und auch einen entsprechenden Antrag einbringen. Ich würde mir wünschen, daß auch die Sozialdemokraten die Notwendigkeit einer solchen Anstalt erkennen und wir zu einer gemeinsamen Lösung kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Abschließend: Was wir heute beschließen, ist ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung des dualen Rundfunksystems, zu mehr Chancengerechtigkeit und zu mehr Chancengleichheit zwischen ORF und Privaten. Aber dieser Weg muß konsequent fortgesetzt werden. Den Privaten müssen weitere Entwicklungsmöglichkeiten gegeben werden, damit wir auch in diesem Bereich europareif werden.

Der ORF muß in Zukunft seinen Schwerpunkt auf sein Selbstverständnis als eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt legen, denn nur so kommt er seinem gesetzlichen Auftrag nach, aber auch nur dadurch bewahrt er seine eigentliche österreichische Identität. Alles andere, nämlich Quotenjagd um jeden Preis, können die Privaten genauso gut, wenn nicht sogar besser, aber ohne daß dabei Gebühren eingehoben werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits mit einer freiwilligen Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

13.39

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Es ist in Österreich ganz modern, ein Bekenntnis zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk abzugeben. Jeder tut es, überall, wo es nur geht, macht man es. Vor allem im Parlament ist es besonders beliebt, weil der ORF mitschaut. Jeder bekennt sich zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dieser muß gestärkt werden, Geld muß dafür her und vieles mehr. Das höre ich jetzt schon einige Jahre. Ein Mitglied des Kuratoriums des ORF, Peter Schieder, aber auch andere Herren, die Mitglieder des Kuratoriums und Mitglieder des Nationalrates sind, beteuern immer wieder und überall, wie wichtig die große Reform des Rundfunkgesetzes, also die große ORF-Refom, ist. Es wird auch erwähnt, welch sinnvollen Vorschläge die Opposition – selbstverständlich mit Einschränkungen – gebracht hat.

Das wird aber nicht nur von der politischen Konkurrenz, in dem Fall von den Regierungsparteien, sondern auch weit darüber hinaus immer wieder beteuert. Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich frage mich: Was sollen diese Beteuerungen, was sollen die schönen Worte, wenn dann dort, wo es tatsächlich um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geht, wo es um die wirtschaftliche Grundlage für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geht, wo es um das Aufrüsten für das medienpolitische neue Jahrtausend geht, nichts passiert, wenn tatsächlich jene gesetzlichen Grundlagen, die die Bedingung dafür sind – das ist eben der Rahmen, in dem der ORF steckt: ein strenges Korsett in Form eines Gesetzes, deshalb ist er der öffentlich-rechtliche Rundfunk –, nicht geschaffen werden?

Ich muß Ihnen ehrlich sagen: Das, was ich jetzt im Verfassungsausschuß gehört habe, nämlich dahin gehend, wie ernst man die Vorschläge nehmen werde, ist Schall und Rauch. Die Vorschläge liegen längst im Ausschuß des Nationalrates, aber nicht auf dem Tisch, sondern in der Schublade. Es wurde auf parlamentarischer Ebene noch keine fünf Minuten seriös über die Vorstellungen der einzelnen Regierungsparteien zur großen ORF-Reform diskutiert; was Schieder mit Kukacka und was Popp mit Rudas oder wer auch immer – um die Herren informell anzusprechen – in irgendwelchen Wirtshäusern, Kammern oder in ORF-Sitzungssälen diskutieren, das entzieht sich der Kenntnis der breiten Öffentlichkeit und vor allem jener der Opposition.

Wir Grünen wollen – weil uns der ORF, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Anliegen ist; ich will damit aber nicht sagen, daß es die anderen nicht ernst meinen –, daß diese Grundlagen auch verhandelt werden, und zwar in einer transparenten und nachvollziehbaren Diskussion. Das soll nicht wegen der Grünen so passieren, Herr Kollege Schieder, sondern wegen der Öffentlichkeit, wegen des Interesses, das die Gebührenzahler und -zahlerinnen haben.

Jeder, der in Österreich einen Fernsehapparat besitzt, hat Interesse an dieser Diskussion, weil sie ihn trifft. Sie trifft ihn nämlich, indem er zahlen muß, und sie trifft ihn, weil er Qualität oder eben keine Qualität im ORF vorgesetzt bekommt. Das ist es, was im Zentrum steht. Die Gebührenzahler und -zahlerinnen interessiert nicht, was ihr in den Hinterkammern und Hinterstübchen ausmacht, sondern sie interessiert, wie die Qualität des Programms ist, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk für das Geld, das man dafür zahlt, bietet. Das soll im Zentrum stehen! (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt haben wir wieder etwas erlebt, und ich sage gleich vorweg: Die Grünen werden der Novelle des Rundfunkgesetzes in der Fassung der Regierungsvorlage zustimmen. Darin steht im wesentlichen das, was nicht nur nicht verhinderbar ist, nämlich die Fernsehrichtlinie, sondern was Sinn macht, absolut Sinn macht. Selbstverständlich sagen wir dazu ja! Wir sagen auch ja zur Neuregelung bei den Werbezeiten, weil dies in unseren Augen ein Baustein für die wirtschaftliche Grundlage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist. Deshalb haben wir Interesse daran, daß das heute hier beschlossen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir wollen aber diese unsere Zustimmung mit der Aufforderung, mit der Bitte verknüpfen – oder wir flehen den ORF auch an –, dem auch gerecht zu werden, indem er Qualität bietet, indem er nicht in die fünfziger Jahre zurückfällt, in denen es nur Regierungsfunk und so weiter gegeben hat. Er soll das auch ernst nehmen und auch sehen, daß es das Interesse des Parlaments, des Nationalrates ist, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Österreich im Mittelpunkt steht.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren – alle Dinge haben ja mehrere Seiten, zumindest zwei –, es kann doch nicht so sein, daß ein Mitglied des Aufsichtsrates des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, nämlich Kollege Mag. Kukacka – Mitglied des Aufsichtsrates, Mitglied des Kuratoriums –, gleichzeitig Geschäftsführer eines Verlages ist, der ein Radio betreibt, das sich in direkter Konkurrenz zu dem Unternehmen befindet, in dessen Aufsichtsrat er ist. Das muß man sich einmal vorstellen, was sich Österreich leistet! Österreich leistet sich einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in dessen Aufsichtsrat Menschen sitzen, die Konkurrenzunternehmen zu dem Unternehmen betreiben, in dessen Aufsichtsrat sie sind. Ich meine, das ist absurd! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Das stimmt nicht!) – Das ist ja absurd, aber das ist Realpolitik in Österreich! Dieser geht dann noch her und sagt, die Sozialdemokraten bremsen. (Abg. Mag. Kukacka: Ich betreibe kein Privatradio! Ich betreibe kein Privatradio!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jene, die kundig sind, wissen, was da gespielt wird. Da eben jener Herr Kukacka und Herr Kurator Schieder diese Hinterstübchenpolitik weiter betreiben und es diese öffentliche Diskussion nicht gibt, deshalb rührt das niemanden, deswegen regt sich niemand darüber auf, daß ein Kukacka in einem Kuratorium sitzt und gleichzeitig dem ORF Konkurrenz macht, obwohl er eigentlich nur Interesse am ORF, am wirtschaftlichen Überleben und am Programm haben und seinen Aufgaben im Kuratorium gerecht werden, diese wahrnehmen sollte. – Das, meine Damen und Herren, zur Glaubwürdigkeit der Regierungsfraktionen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kukacka: Dann kennen Sie das Rundfunkgesetz nicht! Sie kennen das Rundfunkgesetz nicht! Sie kennen das Rundfunkgesetz nicht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt komme ich noch – die Zeit ist knapp, und ich habe noch einiges vor bezüglich Minderheiten, Volksgruppen und Migranten im ORF – zu jenem Punkt, bei dem sich die Regierungsfraktionen gänzlich ad absurdum geführt haben: das Bekenntnis zum öffentlichen Rundfunk. Überall war zu hören, die Belangsendungen wollen wir nicht, das ist eine Belästigung der Hörer und Seher, was soll das, und wir wollen einen attraktiven ORF. – Seien Sie mir nicht böse, Belangsendungen sind für Hörer und Hörerinnen und Seher und Seherinnen alles, nur nicht attraktiv! Selbst von dem, was wir Grünen dort plazieren, würde ich nicht sagen, daß es das Gelbe vom Ei im ORF sei. Das sage ich sozusagen als Belangsendungsgestalterin und -anbieterin.

Dann macht die Regierung einen Vorschlag und sagt: Machen wir da einmal einen Schnitt – beim Verfassungsgerichtshof ist der Prozeß ohnehin in die Richtung gelaufen –, nur mehr politische Parteien im Sinne des politischen Wettstreits – es gibt eben auch Wahlen – sollen Belangsendungen haben. – Das bekommen wir als Regierungsvorlage. Wir sagen: Gut, es ist nicht das, was wir wollen – wir wollen die gänzliche Abschaffung von Belangsendungen, nicht in bezug auf Wahlauseinandersetzung gemeint –, aber wir sagen ja.

Und was machen die Parlamentsfraktionen der Regierungsparteien? Was bringen sie jetzt? – Sie bringen die Interessenverbände wieder her. Dies stellt doch allen Ernstes einen Rückfall in die fünfziger Jahre dar. Gesetzliche berufliche Interessenvertretungen, der Österreichische Gewerkschaftsbund und die Vereinigung der Österreichischen Industrie bekommen Belangsendungen wie eh und je. Es wird alles in den Stand vor dem Verfahren beim Verfassungsgerichtshof zurückversetzt. Der Verfassungsgerichtshof wird "ausgehebelt".

Ich bin zwar noch nicht ganz davon überzeugt, ob es nicht vielleicht doch noch gelingen wird, auch diese Bestimmungen wegen Gleichheitsverletzung zum Verfassungsgerichtshof zu bringen, aber das ist eben Realpolitik. Jene, die es können, richten es sich. Da helfen alle Faxe nichts, die wir jetzt vom Seniorenrat bekommen. Herr Knafl steht mir politisch nicht nahe, aber Herr Knafl vom Österreichischen Seniorenrat hat recht, wenn er fragt: Warum die Österreichische Dentistenkammer und warum nicht die Senioren? – Senioren sind dadurch gekennzeichnet, daß sie nicht mehr im Berufsleben stehen. Jetzt bekommt ein im Berufsleben stehender Dentist eine Belangsendung, aber ein beträchtlicher Teil der österreichischen Bevölkerung, nämlich jene, die nicht im Berufsleben stehen, hat keine? – Da frage ich mich: Welch eine Welt ist das? – Das ist die ÖVP-SPÖ-Koalitionswelt! So schaut sie aus, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.) Wenn das im Interesse des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, dann weiß ich nicht mehr weiter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb mein Abänderungsantrag: Streichen der Belangsendungen, tutto completto! Wozu die Belästigung von Hörern und Hörerinnen und Sehern und Seherinnen? (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage über ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden (1520 der Beilagen in der Fassung des Ausschußberichtes 1563 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

Punkt 7 wird wie folgt abgeändert:

Im § 5 entfällt Abs. 1, die Abs. 2 bis 10 werden zu den Abs. 1 bis 9.

*****

Das ist die einzig mögliche Konsequenz. Kollege Schieder! Machen Sie einmal eine Meinungsumfrage unter den Gebührenzahlern und –zahlerinnen! Ich glaube, es hat noch kein Thema gegeben, bei dem die Grünen soviel Zustimmung hätten wie dabei.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt komme zu meinen nicht minder wesentlichen Anliegen, nämlich der Vertretung der österreichischen Volksgruppen und Migranten und Migrantinnen, der Möglichkeit der Verwendung einer anderen Sprache außer der deutschen Sprache im Österreichischen Rundfunk. All das liegt im Verfassungsausschuß, unbehandelt, niemanden von der Koalition interessiert das. Deshalb habe ich es heute noch einmal in Form eines Entschließungsantrages formuliert, weil ich Sie bitte, das bei der sogenannten großen ORF-Novelle zu berücksichtigen. Das sind tatsächlich Anliegen von Menschen, die keine Lobby haben, die keinen Kukacka als Geschäftsführer haben, die keinen Schieder haben. Diese haben nur zwar verfassungsmäßig gewährleistete Rechte wie in Artikel 7 und in der Charta, aber niemand schert sich darum, um es ganz brutal zu sagen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freunde und Freundinnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, im Sinne der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen und der Rahmenkonventionen des Europarats zum Minderheitenschutz dafür Sorge zu tragen – Beifügung: die Rahmenkonvention und die Charta sind österreichisches Recht! –, daß

a) die Sendezeit im Hörfunk für die ungarische und kroatische Volksgruppe in Wien und Burgenland und für die slowenische Volksgruppe in Kärnten binnen fünf Jahren kontinuierlich zu einem Ganztagesprogramm ausgebaut wird;

b) für die Slowenen in der Steiermark, die Roma und Sinti im Burgenland, die Tschechen in Wien und die MigrantInnen einzelner Sprachzugehörigkeit in den jeweiligen Bundesländern eine ausreichende Sendezeit im Hörfunk eingeräumt wird;

c) zusätzlich zu den bestehenden sonntäglichen Fernsehsendungen für die Volksgruppen und MigrantInnen ("Heimat, fremde Heimat", "Dobar dan, Hrvati", "Dober dan, Koroška") täglich in den bundesländereigenen Sendungen zumindest ein Beitrag in der Sprache der dort lebenden Volksgruppe beziehungsweise MigrantInnen mit deutschen Untertiteln ausgestrahlt wird;

d) bei Bestellung von Mitgliedern für die Hörer- und Sehervertretung durch den Bundeskanzler die in Österreich anerkannten Volksgruppen berücksichtigt werden.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese vier Punkte sind das Herz des Weiterbestandes der ethnischen Volksgruppen in Österreich. Denn verlieren wir die Sprache, dann verlieren wir die Artikulation, und damit verlieren wir die Seele. Sie haben es in der Hand, die Seele, unsere Sprache und deshalb unseren Fortbestand zu erhalten. (Beifall bei den Grünen.)

13.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Sowohl der vorgetragene Abänderungsantrag als auch der verlesene Entschließungsantrag sind geschäftsordnungsmäßig überreicht worden, ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlungen miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter mit einer freiwilligen Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

13.52

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es geht nicht um eine große ORF-Reform – man hat nämlich in der Debatte phasenweise diesen Eindruck –, sondern es geht um einen Anpassungsbeschluß, bei dem es beispielsweise im Zusammenhang mit der Werbung zu einem Stück mehr Fairneß und zu einem Stück mehr Ausgewogenheit zwischen privatem und öffentlichem Rundfunk kommt – zum Beispiel durch die Ausdehnung der Werbezeiten der Privaten auf ORF-Niveau oder etwa die Jahresdurchrechnung der Werbezeiten.

In dieser Novelle werden nicht alle Wünsche erfüllt, das liegt in der Natur der Sache. Es ist ein Kompromiß, es ist ein umstrittenes Thema.

Zum Thema Belangsendungen, das angesprochen wurde: Belangsendungen für Pensionistinnen und Pensionisten, wie sie der Österreichische Seniorenrat einmahnt? Belangsendungen für Jugendorganisationen? Was mir besonders wichtig erscheint!

Ich glaube, Frau Kollegin Stoisits, man kann nicht a priori sagen, das sei nicht attraktiv, das sei eine Belästigung. Die Jugendorganisationen würden sich bedanken, wenn man ihnen ausrichtet und mitteilt: Wenn ihr eine Sendung gestalten könnt, dann ist das a priori nicht attraktiv. (Abg. Mag. Stoisits: Das dürfen Sie nicht! – Zwischenruf des Abg. Wabl.) – Natürlich, okay. Es ist heiß umstritten.

Wenn der ORF Sendezeit zur Verfügung stellt und wenn es um politische Interessen geht, dann ist das umstritten. Das hat natürlich auch historische Wurzeln. Es hat vor Jahrzehnten eine Sendung des Bundeskanzlers, eine Sendung des Vizekanzlers gegeben und vor langer Zeit – so möchte man meinen – in den Ländern ähnliches, nämlich die Sonntagsansprache des Landeshauptmannes in Ö 2.

Früher, meine Damen und Herren, haben die Landeshauptleute mit landesfürstlichem Gehabe und Getue regiert. Es war Brauch, daß der Landesvater an jedem vierten Sonntag im Monat den andächtig lauschenden Untertanen seine eigene Vollkommenheit dargestellt hat. In Wirklichkeit waren das natürlich leere Worthülsen, eine Selbstdarstellung, parteipolitische Propaganda, immer wiederkehrende Politphrasen. (Abg. Dr. Graf: Das ist eine massive Kritik an Gratz und Zilk!) – Auf Zilk komme ich noch zu sprechen.

Das war gratis, meine Damen und Herren! Die Parteien habe nämlich nichts dafür bezahlt. Es ist eine Eigenwerbung der Parteiobmänner – einseitig, weil die politische Konkurrenz nicht die gleichen medialen Bedingungen vorfindet, und geduldet und gefördert von Landesintendanten in einer Zeit, als die Landesintendanten noch von den Landesfürsten bestimmt worden sind und sich dann auch immer wieder dankbar gezeigt haben. Wie ist das heute in der modernen Zeit, in der es keine Landesfürsten mehr gibt? In der Demokratie eine Selbstverständlichkeit für die Vorsitzenden der jeweiligen Landesregierungen ist? In der die Dame und die Herren Landeshauptleute modern, aufgeschlossen und zukunftsorientiert sind?

Es wurden gerade Wien und Zilk angesprochen. Die Wiener Kolleginnen und Kollegen wissen, daß Altbürgermeister Helmut Zilk, der medial alles andere als schüchtern ist, schon vor Jahrzehnten von sich aus selbst auf diese Gratisselbstdarstellung verzichtet hat. Sicher meinen auch die Wiener Kolleginnen und Kollegen, daß dieses landesfürstliche Relikt in den anderen Bundesländern schon lange abgeschafft wurde. Aber mitnichten, meine Damen und Herren! Ich muß Sie leider davon in Kenntnis setzen, daß es diese Radioansprachen der Landeshauptleute – gratis, einseitig, leere Worthülsen, Eigendarstellung, politische Propaganda – noch immer gibt, und zwar einmal im Monat. Da hat sich überhaupt nichts verändert.

Es hat sich aber etwas anderes verändert, nämlich die Landesintendanten. Es sind junge, engagierte Intendanten in den Ländern am Werk, und das ist die große Veränderung. Diese neuen Intendanten sind eben nicht von den Landeshauptleuten bestimmt worden. Dank Gerhard Weis sind diese nämlich objektiv bestellt worden, und sie müssen sich nicht bei irgendeinem Landeshauptmann für die Karriere bedanken, und sie hängen nicht am politischen Gängelband.

Daher, meine Damen und Herren, bin ich überzeugt davon, daß die Landesintendanten im Jahre 1999 diesen Unfug abstellen werden – egal, ob das Gerhard Draxler in Kärnten, Roland Adrowitzer in Tirol oder Edgar Sterbens in der Steiermark ist. Die jungen, modernen Intendanten werden diesen Anachronismus beenden und diese landesfürstlichen Relikte ins Mediummuseum befördern, und ich freue mich schon darauf.

Es gibt ein Gutachten von Holoubek, in dem die rundfunkrechtliche Zulässigkeit der Sendung des Landeshauptmannes abgehandelt wird. Daraus geht ganz eindeutig hervor, der ORF ist nicht dazu verpflichtet, das ist auf Seite 5 nachzulesen. Es gibt keinen Anspruch der Landeshauptleute auf diese Sendung, Seite 6, und dem Landesintendanten steht die Abschaffung dieses Sendetyps offen, Seite 10 des Gutachtens.

Ich bin zutiefst davon überzeugt, meine Damen und Herren, daß der Gesetzgeber im Jahre 1999 nicht eingreifen muß, diese Frage nicht regeln muß. Ich bin zutiefst davon überzeugt, daß die Landesintendanten ab Jahresbeginn für Fairneß, Chancengleichheit, Ausgewogenheit und Modernität im politischen Medienbereich in den Landesstudios sorgen werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haupt mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 4 Minuten. – Bitte.

13.57

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die Ausführungen des Kollegen Dr. Kräuter nur in einem Punkt korrigieren: Ich glaube, daß seine Einschätzung für Österreich zu optimistisch ist. Ich bin überzeugt davon, daß erstens die Wahlen ins Land ziehen werden und vielleicht dann die Abschaffung der Sendungen der Landeshauptleute erfolgen wird. Vielleicht wird überhaupt noch das Verfassungsgerichtshoferkenntnis von 1999 ins Land gehen, und es wird aufgrund des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses von 100 durchgefallenen Regionalbewerbern eine Gesamtreform angegangen.

Denn eines ist in der Geschichte des ORF und des öffentlichen Rundfunks in Österreich jedem bewußt, der sich damit beschäftigt hat: Reagiert hat die jeweilige Bundesregierung nur dann, wenn sie beim Verfassungsgerichtshof oder bei europäischen Gerichtshöfen verloren hat oder wenn sich die großen Medien in diesem Lande, nämlich die Printmedien, einig waren, gemeinsam ein Volksbegehren gegen den ORF zu machen, um den Verteilungskuchen in den Werbeaufkommen in entsprechender Form neu zu gestalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sonst hat sich im ORF nichts bewegt, außer daß Personen von einer Dienststelle zur anderen geführt worden sind, die es gewagt haben, nicht für die Mächtigen in diesem Staat und der Regierung treu das Rundfunkprogramm zu gestalten, sondern auch der Opposition und anderen Interessengruppen, die nicht in den staatlich geförderten Interessengruppen subsumiert sind, Zugang zur Meinungsfreiheit zu ermöglichen.

Es wird sich am heutigen Rundfunk- und Regionalradiogesetz auch in dieser Hinsicht nichts ändern. Es ist fünf Minuten vor zwölf eine legistische Umsetzung der EU-Forderungen und nicht mehr, und es ist darüber hinaus auch ein weiteres Festschreiben der Bevorzugung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das muß klar gesagt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kukacka! Denn jemand, der vier Kanäle hat und eine Sendung als Werbesendung nur einmal angerechnet bekommt, ist selbstverständlich jedem Mitbewerber gegenüber klar im Vorteil und wird daher den "Werbekuchen" leichter lukrieren als jemand, der kleine regionale Betreuungseinheiten und nicht mehr zugesprochen erhalten hat. Sie werden mir recht geben, daß nicht einmal diese Änderung des bestehenden Gesetzes in dieser Reform enthalten war, ganz zu schweigen von anderen Besserstellungen und Liberalisierungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Verhältnis zu den Privatbetreibern. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Daß darüber hinaus auch das Problem des Minderheitenrundfunks und der Vertretung der Minderheiten im ORF nicht ordnungsgemäß geregelt ist, sollte auch angeführt werden. Ich habe mit meinem Kollegen Harald Ofner schon vor Jahren entsprechende Vorschläge im Zusammenhang mit der Öffentlichrechtlichkeit des ORF in den Minderheitenbeiräten eingebracht. Die Positionen wurden damals heftig bekämpft. Es hat mich gefreut, daß auch die deutschsprachigen Untertitel zum Verständnis der Mehrheitsbevölkerung für diese Minderheitensendungen nunmehr Eingang in den Abänderungsantrag der Kollegin Stoisits gefunden haben.

Aber eines sollte hier auch gesagt werden, und zwar, daß es im Regionalradiogesetz ein Kuriosum gibt. Wenn man sich nämlich den seinerzeitigen Bescheid für die Agora Korotan Lokalradio GmbH ansieht und dort unter dem entsprechenden Punkt 4 betreffend die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Regionalradiogesetz nachschaut, dann stellt man fest, daß sich die Mitglieder des Vereines "Agora" schon seit 1989 intensiv mit dem Thema "Freies Radio" beschäftigen.

Was verbirgt sich dahinter? – Hinter dem Thema "Freies Radio" verbirgt sich eine Institution, mit der Longo Mai als Privat- und Piratensender in Europa mehrfachen Medienbruch begangen hat und nunmehr in einer offiziellen Begründung zur Zuteilung des Radios Agora-Korotan in Kärnten eine illegale Tätigkeit als Qualifizierung vorgeschoben hat.

Dazu kann ich nur sagen: Eine derartige Begründung in einem Erlassungsbescheid nach dem Regionalradiogesetz, in der ein mehrfacher, über Jahre begangener Gesetzesbruch als Qualifizierung für Longo Mai und Agora angeführt wird, bedeutet für mich schlicht und einfach die Ausschaltung des Rechtstaates. – Aber im Zusammenhang mit dem Österreichischen Rundfunk, mit der Neuregelung des Österreichischen Rundfunks und mit der Verletzung der Minderheitenrechte wundert mich auch dieser Rechtsbruch bei der Bescheiderstellung in keiner Weise mehr. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Frieser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.02

Abgeordnete Mag. Cordula Frieser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Seit 1. April 1998 – mit einer gegenüber den anderen europäischen Staaten eingetretenen Verspätung von mehr als einem Jahrzehnt; das wurde von meinen Vorrednern schon erwähnt und ist wirklich kein Aprilscherz! – gibt es auch in Österreich rudimentäre Ansätze eines dualen Rundfunksystems. Das heißt, daß in Österreich neben dem ORF auch private Unternehmen Radioprogramme gestalten und senden dürfen.

Es beginnt sich also – zwar verspätet, aber doch – das duale System, das Miteinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern auszuprägen. Da wir uns nun einmal zum dualen System bekannt haben, wie ich meine, haben wir auch faire Rahmenbedingungen dafür zu erstellen. In diesem Zusammenhang möchte ich, wie schon einige meiner Vorredner, darauf hinweisen, daß sich die Privaten gegenwärtig noch in einer Situation befinden, die der Rolle des David ähnelt, während der ORF sozusagen den Goliath darstellt. Die heutigen Gesetzesbeschlüsse sind in diesem Lichte zu sehen, wobei ich betone, daß sie hinsichtlich dieser Rollenverteilung – zumindest, was meine Idealvorstellungen anlangt – keine Besserung bringen.

Der ORF hat hinsichtlich der Werbezeiten – das stellt man fest, wenn man sie mit den Werbezeiten anderer renommierter Public Broadcaster, wie zum Beispiel BBC, ARD oder ZDF vergleicht – eine sehr großzügige Regelung. Sehr wichtig wäre auch, daß die Grauzonen der sogenannten Sonderwerbeformen von Product Placement bis zur Schleichwerbung klar geregelt sind, sodaß es in diesem Bereich nicht zu schleichenden Grenzüberschreitungen und Ausweitungen kommt. Dies gilt insbesondere für Teletext und Online-Dienste und die Spielregeln für neue Medien insgesamt.

Eine völlig inakzeptable Verzerrung wäre es auch gewesen, wenn man statt der Bewilligung des weithin geschätzten Blue Danube Radio, das übrigens ein exzellentes und klassisches Beispiel für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrages ist, dem ORF die Möglichkeit geboten hätte, ein viertes Hörfunkprogramm zur Konkurrenzierung der Privaten zu eröffnen.

Meine Damen und Herren! Besonders heikel ist die Frage der dualen Medienordnung im Zusammenhang mit dem Privatfernsehen in Österreich. Sie erinnern sich: Der ausgesandte Gesetzentwurf ist zu Recht zur weiteren Beratung zurückgestellt worden. Ich habe Anfang Oktober an einem gesamtösterreichischen Kabel-TV-Symposion teilgenommen. Dort wurde mir von anderen Teilnehmern das blanke Entsetzen über die mögliche Gefährdung ihrer Existenzgrundlagen durch diesen Gesetzentwurf signalisiert.

Meine Damen und Herren! Ganz entscheidend für die Ausprägung und Etablierung eines dualen Systems, das diesen Namen auch wirklich verdient, sind die Ordnungsrahmen. Ich finde, daß eine unabhängige Medienanstalt, die private und öffentliche Veranstalter gleichermaßen kontrolliert und ihre Entwicklungen mitgestaltet und fördert, längerfristig unabdingbar sein wird.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle den Vergleich mit der Telekomregelung oder mit den deutschen Medienanstalten. Bei allem Respekt vor der Regionalradiobehörde: Die Abhängigkeit vom Bundeskanzleramt, vom Verkehrsministerium und letztlich auch vom ORF in bezug auf Infrastruktur, Know-how und Frequenzfragen ist für ein faires, duales System längerfristig nicht vertretbar!

Meine Damen und Herren! Eine bloße Umbenennung der Regionalradio- und Rundfunkbehörde in eine Privatrundfunkbehörde oder entscheidende Kompetenzerweiterungen und Unabhängigkeit reichen nicht aus. Das wäre schlichtweg ein zynischer Etikettenschwindel.

Die von mir angesprochenen Punkte sind übrigens nahezu unisono auch in den Stellungnahmen der Bundesländer zu den Gesetzentwürfen enthalten: in der Stellungnahme der Wiener Landesregierung genauso wie in der Stellungnahme der oberösterreichischen Landesregierung und – last, but not least – jener der steiermärkischen Landesregierung.

Sehr präzise ist die Stellungnahme des Verbandes Österreichischer Zeitungsherausgeber. Sie sind von allen Veränderungen am stärksten betroffen. Ihre Äußerungen sollten wir daher mit Interesse zur Kenntnis nehmen und damit die Medienvielfalt in unserem Lande bewahren helfen.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, daß gerade in Österreich die Schnelligkeit des Fortschritts jener einer Schnecke gleicht. Meine Hoffnung ist aber dennoch, daß wir uns mit der Diskussion über diese Gesetze in die richtige Richtung bewegen. Ich halte das für eine eminent wichtige kultur- und demokratiepolitische Aufgabe.

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, ehe ich schließe, folgenden Antrag einzubringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Peter Schieder und Genossen betreffend den Bericht des Verfassungsausschusses (1563 der Beilagen) über die Regierungsvorlage 1520 der Beilagen, Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Z 14 lautet:

14. In § 8 Abs. 1 wird in Z 11 die Wortfolge "an Interessenverbände" durch die Wortfolge "an gesetzliche berufliche Interessenvertretungen, den Österreichischen Gewerkschaftsbund und die Vereinigung der Österreichischen Industrie" und in Z 12 der Verweis auf § 5 Abs. 4 durch den Verweis "§ 5 Abs. 6" ersetzt.

*****

Ich ersuche Sie, diesem Antrag Ihre Unterstützung zu geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht worden, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.09

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist heute bereits mehrmals darauf eingegangen worden, daß diese Novelle auch eine Umsetzung der Richtlinie 89/552/EWG ist, und zwar in der Fassung 97/36 EG. Ich glaube, daß man geflissentlich über etwas hinweggesehen hat, und zwar darüber, daß diese Regelung auch die Werbung betrifft. Diese Bestimmung sollte nicht nur – wie es etwa in § 2a des Rundfunkgesetzes künftig lauten wird – auf Pornographie, auf unmotivierte Gewalt oder grundlose Gewalttätigkeiten bezogen werden, sondern es muß gerade auch im Bereich der Werbung, einem zunehmend umstrittenen Feld, entsprechende Regelungen geben.

Ich darf Sie daher auf einen Antrag verweisen, der von den Abgeordneten Schaffenrath, Öllinger, Kammerlander, Moser und Barmüller eingebracht worden ist, der auch auf die Richtlinie Bezug nimmt, die heute mit dem Beschluß über das Rundfunkgesetz umgesetzt werden soll, und in dem es heißt, daß besonders nach dem Geschlecht diskriminierende Werbung in Österreich verboten sein sollte. Sie finden das im Artikel 12 der Richtlinie, in dem es ausdrücklich heißt: "Die Fernsehwerbung darf nicht a) die Menschenwürde verletzen und b) Diskriminierungen nach Rasse, Geschlecht oder Nationalität enthalten."

Während wir diskriminierende Werbung, die sich gegen Rasse oder Nationalität richtet, unmittelbar erkennen, ist die Wahrnehmung von diskriminierender Werbung nach dem Geschlecht – dies stellt man gerade auch dann fest, wenn man sich etwa die Aussagen des Werberates ansieht – in Österreich noch sehr entwicklungsbedürftig.

Eines ist heute bereits mehrmals angesprochen worden: Es geht hier nicht nur um politische Aussagen – und zu Recht sind vom Abgeordneten Kräuter auch bestimmte Belangsendungen oder Reden der Landeshauptfrau oder des Landeshauptmannes angesprochen worden –, sondern es geht natürlich auch um gesellschaftliche Leitbilder, die durch die Werbung, das Fernsehen, die Massenmedien überhaupt vermittelt werden. Daher ist es wichtig, daß diskriminierende Rollenklischees, die zu Werbezwecken benützt werden, in Österreich nicht aufrechterhalten werden.

Die Richtlinie ist ein umzusetzendes, daher dem Rechtsbestand angehörendes Mittel, aber es gibt auch Entschließungen des Rates, auch des Europäischen Parlamentes, die dasselbe fordern. Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang ersuche ich Sie, den Antrag, der vorliegt, der eingebracht worden ist und sich damit beschäftigt, daß in Zukunft nach dem Geschlecht diskriminierende Werbung auch ein Verwaltungsstraftatbestand nach dem Artikel 9 EGVG sein soll, in den Ausschüssen in Beratung zu nehmen. Weiters fordere ich Sie dazu auf, daß das, was in bezug auf Gewalt und in bezug auf Pornographie im Rundfunkgesetz bereits festgeschrieben ist oder heute festgeschrieben werden soll, aber etwa unter keiner Verwaltungsstrafsanktion steht, auch dahin gehend überlegt und überdacht wird, daß diese Regelungen gerade auch in bezug auf die nach dem Geschlecht diskriminierende Werbung angewendet werden sollen.

Meine Damen und Herren! Abgeordnete der Liberalen haben gemeinsam mit den Grünen einen entsprechenden Antrag eingebracht, der als Trägerrakete für eine solche Diskussion dienen könnte. In diesem Sinne hoffe ich, daß wir noch in dieser Legislaturperiode zu Beratungen darüber kommen werden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

14.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.12

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zur Vorgangsweise hat meine Kollegin Terezija Stoisits das meiste bereits gesagt. Es ist immer wieder bedauerlich, daß wir eine umfassende Mediendebatte – den ORF, aber auch die Privatradios und das Privatfernsehen betreffend; unserer Meinung nach dringend notwendig wäre auch eine Debatte über freie, nicht kommerzielle Radios – nicht führen können, weil das in dieser Gesamtheit in diesem Haus offenbar unmöglich ist.

Wir konnten heute früh bei einer kurzen Präsidiale erreichen, daß es sehr bald eine Unterausschußsitzung zu den Oppositionsanträgen geben wird. Ich hoffe auch, daß die Absichtserklärungen von heute morgen halten werden und daß wir diese dringend notwendige gesamthafte Debatte dann auch wirklich in Angriff nehmen können.

Bevor ich zum Thema ORF komme, möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freunde und Freundinnen betreffend Frequenzplanung und Bewilligung für private RundfunkveranstalterInnen durch die Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, wird ersucht, dem Nationalrat bis 1. März 1999 einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, wodurch sichergestellt wird, daß bei der Geschäftsstelle der Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde auch Vorkehrungen für Frequenzplanung getroffen werden, sodaß von der Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde mit der Lizenzvergabe auch die Bewilligung für die Sendeanlagen erteilt werden kann.

*****

Ich möchte es bei dieser Gelegenheit nicht verabsäumen, einmal ein Lob und einen herzlichen Dank an die Geschäftsstelle der Regionalradios auszusprechen, denn es ist wirklich nur dem ganz überdurchschnittlichen Einsatz der dort Tätigen zu verdanken, daß das überhaupt noch so funktioniert, wie es funktioniert.

Bei den Prügeln, die diesen Menschen noch im Wege liegen, muß ich sagen, daß das Bundeskanzleramt dort dringenden Handlungsbedarf hätte. Spätestens bei der Frequenznutzungsplanung werden wir einmal mehr feststellen müssen, daß sich eine Aufteilung der Kompetenzen zwischen Regionalradiobehörde und Frequenzbehörde in der bisherigen Form nicht bewährt. Ich appelliere daher dringend an Sie, Herr Staatssekretär, bis zum nächsten Frühjahr die Arbeiten in Richtung einer handlungsfähigen Zusammenziehung der Agenden vorzubereiten, damit wir das dann rasch beschließen können. Und, wie gesagt, ein herzliches Dankeschön den dort Tätigen! (Beifall bei den Grünen.)

Zur heutigen Klein- und Kleinstreform. Wie gesagt, es ist sehr unbefriedigend, daß eine an sich notwendige und aus unserer Sicht auch wünschenswerte Regelung, was die Durchrechnung der Werbezeiten betrifft, nicht mit einer etwas größeren Reform verbunden wird. (Abg. Schieder: Richtig!) Ich finde, die Kritik derjenigen, die von diesen Außerachtlassungen betroffen sind, wird uns auch zu Recht entgegengebracht.

Ich spreche in diesem Zusammenhang von den Filmschaffenden und auch von den österreichischen MusikerInnen. Ich weiß nicht, wie oft ich es in diesem Haus schon gesagt habe: Es ist wirklich ein Jammer, es ist eine Schande für ein Land, das sich immer "Kulturland" und "Kulturnation" nennt, wie man mit diesen beiden großen Berufsgruppen und Wirtschaftsbranchen umgeht!

Herr Staatssekretär! Es geht mir dabei nicht um den sozialen Aspekt. Ich weiß schon, daß Berichte zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler erstellt werden. Darum geht es auch. Aber es ginge in Wahrheit vielmehr darum, einmal die Schwierigkeiten und auch die Chancen dieser Branchen zu evaluieren! Es gibt überhaupt keine Branchen, die derart chancenreich sind und in anderen Ländern so expandieren wie die Filmbranche und wie die Musikbranche. Nur in Österreich zählen wir nach wie vor eher die Obstbäume, statt einmal die Arbeitsbedingungen, die Wirtschaftsstrukturen, die Strukturen dieser Branchen zu evaluieren oder einmal zu versuchen, die Schwierigkeiten, die sich in diesen Bereichen immer stärker stellen, aus dem Weg zu räumen. Das passiert nicht!

Wenn wir im Rahmen dieser kleinen ORF-Reform praktisch nur die EU-Mindeststandards umsetzen, das heißt, daß mindestens 10 Prozent der ORF-Haushaltsmittel für das österreichische Filmschaffen aufzuwenden sind, dann ist das eigentlich ein Armutszeugnis. Diese EU-Werte stellen doch nur Mindestwerte dar und sollten von einer Kulturnation wie Österreich wohl bei weitem überschritten werden!

Ich nenne dazu die Vergleichszahlen: ARD 43 Prozent, ZDF 75 Prozent, und der ORF liegt mit 17 Prozent nur knapp über der 10-Prozent-Hürde. – Das ist ein Jammer! Das erklärt auch den Niedergang dieser Branche, die in Österreich einfach kein politisches Augenmerk mehr genießt.

Noch schlimmer ist die Situation im Bereich der Musik. Es genügt nicht, zu beschwören, daß man im Prinzip einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit öffentlich-rechtlichem Auftrag will, wenn gleichzeitig die Zugangshürden – und ich rede dabei nicht von Geld, Herr Staatssekretär! –, vor allem im Bereich der Unterhaltungsmusik, einfach übergroß sind.

Wir hatten schon eine Petition der "Österreichischen Note" hier im Haus, aber geändert hat sich gar nichts. Der öffentlich-rechtliche Auftrag wird auf Ö1 sichtbar beziehungsweise hörbar erfüllt, aber bei Ö3 sagt man: Dort können wir nicht, dieses Programm brauchen wir als Finanzmittellieferanten. – Der öffentlich-rechtliche Auftrag ist dort nicht erkennbar.

Ich frage Sie schon, ob nicht die Förderung des heutigen musikalischen Schaffens, der Gegenwartsmusik, der U- und E-Musik, ein Anliegen auf allen Programmen des ORF sein sollte. Herr Staatssekretär! Das Argument, das ich in diesem Zusammenhang dann immer höre, verstehe ich nicht. Da heißt es zum Beispiel: Na ja, da gibt es durchaus gute Künstlerinnen und Künstler, aber sie haben ja keinen Vermarktungsvertrag.

Der ORF sagt: Solange sie keinen Plattenvertrag haben, können wir sie nicht spielen. – Und die Plattenfirmen wiederum sagen: Der ORF spielt sie nicht, daher bekommen sie keinen Plattenvertrag. – Aus diesem Teufelskreis kommt niemand heraus! Wir verspielen damit enorme Chancen, was die Schaffung von wirklich zukunftsorientierten Arbeitsplätzen betrifft.

Gestatten Sie mir dazu noch ein Wort, Herr Staatssekretär: Welches Aufsehen haben im Vergleich dazu etwa die Schotterbetriebe erweckt, auch mit ihren Demonstrationen auf der Ringstraße? Ich frage Sie wirklich: Wie sehen Sie denn die Zukunft der Arbeitsplätze und der Wirtschaft in Österreich, wenn man zum Beispiel die Arbeitschancen im Film und in der Musik so geringschätzt und stattdessen auf wahre "Steinzeitbetriebe" setzt?!

Herr Staatssekretär! Das ist ein echtes Armutszeugnis. Ja, die Grünen werden dieser Regelung der Werbezeitendurchrechnung zustimmen, aber eigentlich sind wir traurig und empört darüber, daß man sich zu einer wirklich großen Reform, auch was die Arbeitsmöglichkeiten und die Lebensfähigkeit der vom ORF abhängigen Branchen betrifft, wieder nicht entschließen konnte. Meine Kollegin Stoisits hat es zu Recht gesagt: Das ist natürlich auch deswegen so, weil der ORF sehr wohl am Gängelband der Regierungsparteien geführt wird und weil es da Interessenkollisionen gibt.

Allein das Anstellen von regierungsnahen Gruppierungen um Belangsendungen beweist mir, daß ein Schritt in Richtung echter Kommerzialisierung, aber auf Basis des öffentlich-rechtlichen Auftrags leider im großen und ganzen damit verabsäumt wurde. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fischl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.21

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! (Abg. Schieder: Sprechen Sie jetzt stellvertretend für den Meischberger?) – Herr Kollege Schieder, Sie können das interpretieren, wie Sie möchten. Ich spreche in erster Linie für meine Fraktion und natürlich auch für mich und auch für die Wähler, die uns wählen werden – hoffentlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Ich möchte mich als letzter Redner zu diesem Kapitel in den paar verbleibenden Minuten, die ich noch habe, ein bißchen damit auseinandersetzen, was einige Herren, vor allem Kollege Kräuter, hier von sich gegeben haben. Er hat von einer Regierungsvorlage gesprochen, die Ausgewogenheit zum Inhalt habe. Herr Kollege Kräuter, normalerweise möchte ich Sie nicht aufwerten, aber in diesem Fall möchte ich Ihnen durch meinen Widerspruch eine kleine Aufwertung zuerkennen, denn ich frage mich wirklich: Wo ist eine Ausgewogenheit in dieser Regierungsvorlage zu erkennen? Meinen Sie vielleicht, daß man im Rahmen der Anpassung in diesem Gesetz schärfere Jugendschutzmaßnahmen ergreift, daß man vielleicht die Werbezeiten ausdehnt, gegen die wir Freiheitlichen in Wirklichkeit nicht besonders viel haben, vorausgesetzt, es werden Begleitmaßnahmen beschlossen, die dem Privaten, der privaten Wirtschaft in unserem Staat entsprechend Rechnung tragen, was in dieser Vorlage überhaupt nicht der Fall ist?

Man findet die Begehren, die Anliegen, die Kritiken und die Meinungen der privaten Betreiber in diesem Gesetz überhaupt nicht berücksichtigt – die wischt man locker vom Tisch, weil es ja darum geht, das ORF-Prestige auszuweiten, sozusagen auch die Monopolstellung zu manifestieren, Herr Kollege Kräuter.

Da möchte ich auch gleich zu den Ausführungen des Kollegen Kukacka kommen, der sagt, dieses Gesetz sei europareif, wir hätten mit diesem Gesetz einen Schritt in Richtung mehr Europareife gemacht. Herr Kollege Kukacka, kennen Sie den Artikel 86 des EG-Vertrages? Kennen Sie die marktbeherrschende Stellung, die ein Monopolunternehmen einnimmt? Kennen Sie den Grundgedanken der EU? Kennen Sie die Dienstleistungsfreiheit? Kennen Sie, wenn Sie wollen, die Verfassung der EU? Herr Kollege Kukacka, in einer Zeit, in der sich die Regierungsparteien in Österreich unermüdlich rühmen, den EU-Vorsitz innezuhaben, wäre wohl mehr Sensibilität hinsichtlich EU-Recht angebracht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kräuter! Wenn ich vorhin von den vielen Privaten gesprochen habe, dann habe ich jene in etwa 50 gemeint, die sich seit 1993 nach dem Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes dazu entschlossen haben, ein Unternehmen in diesem Land zu gründen – unter schwierigsten wettbewerbsmäßigen Rahmenbedingungen! Von diesen rund 50, die seit 1993 tätig sind, findet eigentlich keiner das wirtschaftliche Auskommen, und das aus nur einem einzigen Grund: weil Sie – die regierenden Parteien – es darauf anlegen, permanent den Rechtsstatus des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens auszubauen, um die Macht, die Sie dadurch haben, entsprechend ausleben zu können. Herr Kollege Kräuter, das ist der wahre Grund, und das ist auch der Grund dafür, warum Privat hinter Staat gereiht wird.

Herr Kollege Kräuter, gerade weil ich Sie von der linken Reichshälfte anspreche: Vielleicht orientieren Sie sich einmal ein bißchen an Ihrem sozialistischen Fraktionskollegen, dem Regierungsvorsitzenden Jospin in Frankreich. Dieser hat gerade jetzt der Öffentlichkeit eine Kommunikationsgesetznovelle vorgestellt, die genau den umgekehrten Trend von Österreich widerspiegelt. Der umgekehrte Trend heißt in Frankreich: stärker in Richtung öffentlicher Auftrag, weniger Werbesendezeiten, Reduktion der Werbesendezeiten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehbereich. (Abg. Schieder: Der macht das ja nicht im terrestrischen Bereich! Der macht es ja auf dem Satelliten! Das stimmt ja nicht, was Sie da sagen!) – Herr Kollege Schieder, ich weiß, das tut Ihnen weh, weil es Ihre Domäne ist. Herr Kollege Schieder, es tut Ihnen so weh, weil es Ihre Domäne ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nur, glauben Sie mir, Herr Kollege Schieder, diese Domäne wird nicht mehr lange die Ihre sein! Glauben Sie es mir! (Weiterer Zwischenruf des Abg. Schieder.) Der Wettbewerb wird auch in diesem Bereich seinen Einzug halten. Nach diesem sehnen sich auch die ORF-Mitarbeiter. Wirklich, glauben Sie es mir! (Abg. Schieder: Ich glaube Ihnen, daß Sie nicht wissen, was in Frankreich beschlossen wird!) Ich habe seit fast zehn Jahren mit den Mitarbeitern des ORF intensiven Kontakt und kann Ihnen nur sagen, diese sehnen sich nach Wettbewerb, Liberalisierung und Privatisierung, nach all dem, was für Sie ein Fremdwort ist, weil es mit Ihrer politischen Doktrin einfach nicht vereinbar ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Ich sehne mich danach, daß Sie richtig zitieren, Frankreich richtig zitieren!)

Herr Kollege Schieder! Ich gebe Ihnen dann gerne den Bericht Ihres Kollegen Jospin. Er ist vielleicht kein Kollege, aber zumindest könnte er bei der Schaffung einer neuen Kommunikationsgesetznovelle ein Vorbild für Sie sein, vielleicht nehmen Sie daraus Anleihen. Wir Freiheitlichen können mit vielem von dem, was Jospin sagt, leben, aber sicherlich nicht mit dem, was Sie hier beschließen wollen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es wird kein Schlußwort seitens des Herrn Berichterstatters gewünscht. Wir treten sogleich in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher die Damen und Herren, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgesetz und die Rundfunkgesetz-Novelle 1993 geändert werden, samt Titel und Eingang in 1563 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Khol, Schieder und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Schließlich hat Herr Abgeordneter Dr. Graf ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde daher zunächst über die von den Abänderungsanträgen sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile, und zwar der Reihe nach, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Streichung des § 5 Abs. 1 in Ziffer 7 Artikel 1 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über die beantragten Änderungen der Absatzbezeichnungen in § 5.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 1 Ziffer 7 § 5 nun in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über Artikel I Ziffer 13 in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Khol, Schieder und Genossen betreffend Artikel 1 Ziffer 14 § 8.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung geben wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen betreffend Ausbau der Rechte von Minderheiten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1521 der Beilagen unter Berücksichtigung der dem Ausschußbericht 1567 der Beilagen angeschlossenen Abänderungen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters noch zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen betreffend Frequenzplanung und Bewilligung für private RundfunkveranstalterInnen durch die Regionalradio- und Kabelrundfunkbehörde.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

5. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 975/A (E) der Abgeordneten Karl Smolle, Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Mag. Johann Ewald Stadler und MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend Arbeit der Historikerkommission (1560 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun den 5. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die erste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Dr. Karlsson vor. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.30

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Worum geht es bei diesem Tagesordnungspunkt, bei diesem Antrag, der nun erfreulicherweise nach einigem Hin und Her ein Fünf-Parteien-Antrag ist? – Es geht darum, daß die unterzeichneten Abgeordneten die Einsetzung einer Historikerkommission unter dem Vorsitz des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, Dr. Jabloner, die sich bereits konstituiert und ihre Arbeit aufgenommen hat, begrüßen und daß die Bundesregierung die Arbeit dieser Kommission erleichtern und vor allem dafür sorgen soll, daß keine Akten aus der relevanten Zeit vernichtet werden und der Erhalt dieser Dokumente sichergestellt wird.

Was ist der historische Hintergrund der Arbeit der Historikerkommission und der mühseligen Arbeit in den Archiven? – Am 26. März 1938 hat Hermann Göring in seiner Rede am Wiener Nordwestbahnhof das Programm vorgegeben: Es ging darum, die Juden aus dem Gebiet der Kultur und der Wirtschaft zu vertreiben – aus Wien und aus Österreich. Dieses Programm wurde sofort umgesetzt, und es begann eine Welle von Grausamkeit und Gier. Für uns ist es heute sehr schwierig, diese Welle begreiflich zu machen, auch nur zu beschreiben.

Ich habe mir lange überlegt, wie das in angemessener Weise geschehen könnte. Ich möchte es mit ganz konkreten Beispielen aus den Gebieten der Kultur, der vertriebenen Kultur, versuchen, ging es doch vor allem um Publikumslieblinge, um sehr populäre Künstler wie zum Beispiel Emmerich Kálmán, Komponist bekannter Operetten wie "Gräfin Mariza" oder "Die Csárdásfürstin".

Kálmán kehrte im März 1938 von einem Besuch aus Budapest nach Wien zurück und fand sein Haus von SA-Leuten besetzt. Ihr Anführer war ein mit ihm, wie Kálmán glaubte, befreundeter Rechtsanwalt. Das Haus wurde gerade ausgeräumt. Bilder, Teppiche und Möbel wurden unter den Hausangestellten aufgeteilt, und als Kálmáns Ehefrau bemerkte, daß sie die Hausangestellten entlassen werde, wurde ihr geantwortet: Juden können uns nicht entlassen! – Es ist dazu zu sagen, daß Emmerich Kálmán sein Eigentum nie wieder zurückbekommen hat.

Diese Dinge waren nicht unbekannt. Georg Kreisler hat es in seinem sarkastischen, trockenen Ausspruch im New Yorker Exil so ausgedrückt: Für die Wiener war es gar nicht so interessant, ein Teil Deutschlands zu werden. Was sie interessiert hat, war: Sie wollten die Wohnung vom Herrn Kohn haben.

Aber auch in dieser Zeit gab es Anständige und Unanständige, auch unter den Künstlern. Zwei Beispiele aus meinem Wahlkreis, aus der Josefstadt: Meine langjährige Nachbarin, Witwe des k. u. k. und späteren Burgschauspielers Hans Höbling – damals sehr bekannt –, erzählte mir bei meinem ersten Besuch in ihrer Wohnung:

"Wir leben" – er war damals schon gestorben – "noch immer in der Junggesellenwohnung meines Mannes. Es wurden ihm in der Zeit, als man seine Abstammung vom Affen nachweisen mußte, viele Wohnungen angeboten, aber mein Mann sagte, ein anständiger Mensch mache so etwas nicht."

Das zweite Beispiel: Vielleicht haben sich Kenner der Literatur schon oft gewundert, wieso Heimito von Doderer, der nach den Biographien in der Währinger Straße bei der Spitalgasse wohnte, ein Stammbeisel in der Lenaugasse hatte. Manche von Ihnen wohnen ja in dieser Gegend Lenaugasse/Josefstädter Straße. Die Hintergrundgeschichte ist folgende: In der Buchfeldgasse 6 wohnte ein Malerin, Trude Wähner – sie mußte emigrieren, wurde vertrieben. Heimito von Doderer und Albert Paris Gütersloh haben diese Wohnung bezogen, gleich ums Eck befand sich ihr späteres Stammbeisel. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 mußte Trude Wähner lange Jahre prozessieren, um diese Wohnung überhaupt wieder zurückzubekommen. – Auch darum geht es.

Ich will nicht unerwähnt lassen, daß es natürlich auch Menschen gab wie den populären Textdichter vieler Hermann-Leopoldi-Lieder, Theodor Waldau, die sich nicht vorstellen konnten – Zitat –, "daß einem unbescholtenen Menschen etwas geschehen könne". Dieses Argument hören wir ja auch heute wieder sehr oft. Waldau wurde im KZ Buchenwald vernichtet.

Übrigens wurde auch das Eigentum von Robert Stolz, der als Regimegegner emigrierte, beschlagnahmt.

Vielleicht ein ganz absurdes Detail am Rande: Bei der Vertreibung und Vernichtung der Kultur kamen die Nationalsozialisten sehr schnell an eine Grenze, und so eine Grenze waren die Walzer der Strauß-Dynastie, die sie ja selbst als Filmmusik verwendet haben. Es war sehr schwierig, diese Musik als entartet hinzustellen oder zu verbieten.

Johann Strauß, den die zeitgenössischen Antisemiten mit dem Ausspruch "der Jidl mit der Fiedel" beschimpften, war also nicht zu verbieten. Also was hat man gemacht? – Im Band 60 der Trauungsmatrikel der Pfarre zu St. Stephan stand über dem Namen des Großvaters Johann Strauß: "getaufter Jude". Man hat diese Seite 110 herausgerissen und eine neue ohne diesen Zusatz wiedereingefügt. Die Strauß-Walzer waren damit "arisiert", und die Volksgenossen konnten sich guten Gewissens wieder dieser Musik erfreuen. – Das ist ein absurdes Detail am Rande dieser Vernichtungsmaschinerie.

Es wird immer wieder argumentiert: Warum rühren sich diese Ausgeraubten erst jetzt, warum nicht schon früher? – Erstens stimmt dieses Argument nicht, es wurden immer wieder diesbezügliche Vorstöße gemacht, und zweitens kommt noch etwas dazu, und auch hier möchte ich einen Betroffenen darüber sprechen lassen, Peter Herz,, Textdichter so bekannter Wienerlieder wie "In einem kleinen Café in Hernals":

"Meine Wohnung wurde nach meinem Auszug von Nazis geplündert; alles wurde weggeschleppt, darunter auch mein Markenalbum, das viele Raritäten aufwies, mir als wertvolles Relikt aus meiner Jugendzeit viel bedeutete. Was zählt das, was mir in der Nazizeit widerfuhr, aber gegen das unermeßliche Leid der vielen anderen? Fast nichts!" – Und das war auch die Überlegung dieser Betroffenen.

Robert Dachs hat es sich zu seinem Lebenswerk gemacht, diese ausgeraubte, vertriebene, vernichtete Kultur aufzuzeigen, und ich möchte ihm hier Anerkennung und Dank aussprechen. Er hat sehr oft über die Mühen der Archivarbeit berichtet und wie schwierig es ist, den Zugang zu diesen Archiven zu bekommen. Die Akten gab es ja: Penibel listete die nationalsozialistische Vernichtungsmaschinerie, wie das die jüngst gefundenen Akten der VOEST zeigen, alles auf.

Es geht jetzt darum, daß nichts mehr verschwindet, daß Gerechtigkeit geschaffen wird, wo man sie noch schaffen kann, und daß Klarheit geschaffen wird. Wir wünschen der Historikerkommission bei ihrer schwierigen Arbeit viel Erfolg. Unser Antrag, dem meine Fraktion gerne die Zustimmung gibt, soll ihr diese Arbeit erleichtern. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

14.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Morak. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.40

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Worum geht es hier? – Meine Vorrednerin hat darüber schon einiges erzählt. Ich lese dazu kurz folgenden Satz vor:

Die Bundesregierung wird ersucht, in allen Archiven der Behörden des Bundes und der nachgeordneten Dienststellen für die Zeit der Tätigkeit der Historikerkommission für den Erhalt der bestehenden Aktenbestände zu sorgen beziehungsweise die Vernichtung von Akten zu verhindern. – Zitatende.

Ich meine, daß diese Absicht in Ordnung geht, daß das löblich ist, daß das gut und redlich ist. Wir geben diesem Entschließungsantrag selbstverständlich auch unsere Zustimmung, das ist klar.

Ich denke nur, daß das Ganze ein bißchen zu kurz greift. Das Ziel dieses Hauses muß es sein, ein Archivgesetz zu machen, sodaß gesetzlich festgeschrieben wird, was aufgehoben und archiviert zu werden hat. Zweitens geht es um Richtlinien dafür, wann, unter welchen Umständen und unter welchen Voraussetzungen skartiert wird. Drittens: Wie sind die Bedingungen für die Benützung dieser Archive?

Es gibt in praktisch allen europäischen Ländern Archivgesetze. Man muß in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß in Österreich der 20jährige Tiefschlaf des BKA dafür ausschlaggebend ist, daß verabsäumt worden ist, ein Archivgesetz zu schaffen. Historiker haben in den letzten 20 Jahren darauf hingewiesen, daß die nötige Klarheit für den Zugang zu Archiven fehlt, um entsprechend arbeiten zu können. Man muß als Politiker selbstkritisch anmerken, daß wir lange so getan haben, als wäre das ein "Orchideenthema". Ich denke, daß sich die Zeiten geändert haben und der Zugang der Söhne-, Töchter- und Enkelgeneration zu dieser vergangenen Zeit ein anderer geworden ist, und ich meine, daß hier Handlungsbedarf besteht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Dieses Defizit wurde von der Historikerkommission in ihrer ersten Sitzung aufgezeigt. Es ist seitdem virulent, und wir wären hier im Hohen Haus gut beraten, wenn wir dieses Ergebnis der ersten Sitzung der Historikerkommission zum Anlaß nähmen, darüber ernsthaft nachzudenken und uns mit dieser Materie zu befassen.

Ich denke, wir täten diesem Land etwas Gutes, wir täten uns etwas Gutes und wir täten den Opfern und der Zukunft etwas Gutes, wenn wir uns darüber einigen könnten, ein solches Gesetz in nächster Zeit auf die Beine zu stellen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.43

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei – wir haben das schon im Verfassungsausschuß klargemacht – unterstützt diesen Entschließungsantrag, für den Herr Abgeordneter Smolle, der nach mir sprechen wird, im Verfassungsausschuß eine gewisse Urheberschaft in Anspruch genommen hat. Ich gehe davon aus, daß das Parlament diesem Entschließungsantrag mit breiter Mehrheit zustimmen wird, ja ich denke, daß es bei der Beschlußfassung Einhelligkeit geben wird.

Ich möchte als Historiker, der viele Jahre selbst in einem öffentlichen Archiv gearbeitet hat, zu diesem Entschließungsantrag einige grundsätzliche Anmerkungen machen. Man könnte, wenn man diesen Entschließungsantrag wörtlich nimmt, den Eindruck gewinnen, der Nationalrat sehe die Arbeit der Historikerkommission durch eine mögliche oder bevorstehende Vernichtung von Akten gefährdet und wolle das jetzt durch eine Resolution, durch einen Entschließungsantrag unter allen Umständen verhindern.

Meine Damen und Herren! Ein solcher Denkansatz unterstellt den Historikern und den Archivaren im öffentlichen Dienst zumindest, daß sie nicht sehr sorgfältig mit dem historischen Material, das ihnen anvertraut ist, umgingen. Wenn man das nicht so vorsichtig formuliert, wie ich es jetzt getan habe, könnte man auch sagen: Man bringt einer ganzen Berufsgruppe ein gewisses Maß an Mißtrauen entgegen. Ich kenne von vielen Historikertagen, aber auch von den Tagungen der österreichischen Archivare her das hohe Berufsethos dieser Leute. Das sind wirklich keine Aktenvernichter vom Schlage der Staatssicherheit in der ehemaligen DDR, sondern das sind im Gegenteil Wissenschafter, die sich – um Leopold von Ranke zu zitieren – bemühen, zu erforschen, wie es eigentlich in der Vergangenheit gewesen ist. Mir ist kein einziger Fall bekannt, daß ein österreichischer Archivar Aktenbestände bewußt manipuliert oder vernichtet hätte.

Meine Damen und Herren! In einem Archiv ist es auch nicht so einfach, bestimmte Aktenbestände einfach verschwinden zu lassen. Denn es gibt genaue Verzeichnisse über diese Aktenbestände, und es gibt in jedem Archiv auch eine Archivordnung, die peinlich genau folgende Punkte regelt: Was muß für ewige Zeiten – wie es so schön heißt – aufbewahrt werden? Welche Quellen sind dauernd wichtig?

Weiters gibt es selbstverständlich auch Archivmaterial, von dem man sagt: Welche Akten können nach 20 oder auch schon nach zehn Jahren skartiert werden? – Nur Aktenbestände, die Massenquellen sind, die also historisch zweitrangig sind und keine große Bedeutung haben, müssen aus Platzgründen in jedem Archiv dieser Welt von Zeit zu Zeit ausgeschieden und vernichtet werden.

Ich werde diesem Antrag nicht deshalb zustimmen, weil ich meinen Berufskollegen – den Archivaren und den Historikern – mißtraue, sondern weil ich es als Historiker für wichtig halte, folgendes zu klären: Was ist mit dem sogenannten arisierten Vermögen geschehen? Wie ist die Rückgabe erfolgt? In welchem Umfang ist die Rückgabe erfolgt? – Die Rückgabe, meine Damen und Herren, diese Rückstellungen wurden ja meist zwischen 1951 und 1955 durchgeführt. Welche Mängel hat es dabei allenfalls gegeben?

Das sind interessante Fragen zur Zeitgeschichte, die die Historikerkommission sehr wohl interessieren müssen und von ihr auch zu behandeln sind.

Zu den anderen Themen, die noch nicht angesprochen worden sind, die aber ebenfalls von Bedeutung sind, gehören die Fragen: Was geschieht mit den Privatarchiven, auf die der Nationalrat keine Zugriffsmöglichkeiten hat? Und wie halten wir es in Zukunft mit der Archivsperre, die in den angelsächsischen Ländern etwa 30 Jahre und bei uns 50 Jahre beträgt, wenn es sich um personalbezogene Quellen handelt? – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. Herr Abgeordneter, ich möchte Sie darauf hinweisen, daß ich Sie um 15 Uhr eventuell unterbrechen müßte. – Bitte. (Abg. Mag. Peter: Das schaffst du leicht, Karli!)

14.48

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod državni sekretar! Visoki Dom! Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Khol: "Visoki Dom" gefällt mir besonders gut, das heißt "Hohes Haus"!) Werter Herr Abgeordneter Khol! Es freut mich, daß Sie den Raum betreten haben, um mir zuzuhören. (Abg. Dr. Graf: Es ist schon bald 15 Uhr!) Es freut mich aber noch viel mehr, daß wir einen Entschließungsantrag, der als starke Pflanze im Liberalen Forum das Licht der Welt erblickt hat, über die Grünen und die beiden Regierungsfraktionen bis hinüber zur Freiheitlichen Partei so erweitern konnten, daß wir einen wirklich starken Akzent setzen.

Jetzt gehe ich mit Ihnen darin konform, werter Herr Vorredner, daß dieser Antrag kurz greift. Ich habe schon seinerzeit erklärt, warum es so ist. Mir ist es aber darum gegangen, ein Signal zu setzen, und zwar ein sehr wichtiges Signal in diesem Bereich, weil ich Informationen darüber bekommen habe, daß, wie gesagt, mit Archivmaterialien doch nicht ganz so sorgfältig umgegangen wird. Vor allem wissen wir ja, daß sich eine Reihe von Archivmaterialien in Händen befindet, bei denen nicht ganz klar ist, wem diese Papiere eigentlich gehören. (Abg. Dr. Graf: Wo ist das konkret passiert?) Selbstverständlich können wir im Nationalrat nur die Bundesregierung als Adressatin heranziehen. Wir können keinem Privaten etwas auferlegen, außer im Wege von Gesetzen, das ist klar. Daher werden wir im Wege eines Entschließungsantrages einen Privaten nicht unbedingt dazu bewegen können, aber wir werden vielleicht die Sensibilität dafür schaffen. (Abg. Dr. Graf: Wo ist das konkret passiert?)

Ich habe das ja schon berichtet. Diese Rede ist nachzulesen, Herr Kollege. Das habe ich schon – da waren Sie vielleicht nicht im Saal ... (Abg. Dr. Graf: Aber wo konkret?) O ja, das war sehr konkret, ich habe Ihnen das alles berichtet. Aber halten wir uns jetzt nicht mit alten Reden auf, die im Stenographischen Protokoll nachzulesen sind. Ich bin jedoch gerne bereit, die Rede für Sie herauszusuchen, wenn Sie dazu selbst nicht in der Lage sind. (Abg. Dr. Graf: Ich höre Ihnen immer zu!)

Meine Damen und Herren! Es ist mir völlig klar, daß dieser Antrag kurz greift. Er sollte aber gleichzeitig auch ein Anlaß dafür sein – nehmen Sie das bitte als Anregung mit, Herr Staatssekretär! –, daß wir uns nun sehr rasch ein gutes, solides Archivgesetz erwarten. Ein Archivgesetz bezieht sich nicht nur auf Materialien, die sich im öffentlichen Bereich befinden, sondern auch auf Materialien, die sich im privaten Bereich, im kirchlichen Bereich oder wo auch immer befinden, wenn dies für die Historie, für die Öffentlichkeit, für die Gemeinschaft wichtige, grundlegende Materialien sind. Das ist ein Grundmanko in Österreich: Wir brauchen ein gutes Archivgesetz, aber wir haben es nicht.

Ein solches Gesetz würde uns die Möglichkeit geben, auch in dem Bereich einzugreifen, den Kollege Stummvoll schon seinerzeit bei der ersten Kontaktnahme im Zusammenhang mit diesem Antrag moniert hat: Wir müssen uns auch den Kopf darüber zerbrechen, was wir mit all jenen Firmen machen, die zu jener Zeit Zwangsarbeiter beschäftigt und damals die Löhne nicht an die betroffenen Arbeiter ausbezahlt haben, sondern zum Beispiel – wie wir auch wissen – in weiten Bereichen direkt an die SS. Das heißt, in diesen Firmen befinden sich sehr wichtige Unterlagen. Deshalb geht es hier nicht um eine Hatz gegen die Archivare, sondern es geht darum, zu sagen: Grundsätzlich sollen Materialien – wie irrelevant auch immer sie im ersten Augenblick erscheinen mögen – derzeit keine Veränderung erfahren.

Das habe ich dem Herrn Justizminister klar mitgeteilt, und es freut mich besonders, daß er meinen Hinweis offenbar ernst genommen hat. Denn er hat bereits eine eigene Kommission zur Sichtung eben dieser Akten eingerichtet. Er geht zwar in seiner Presseaussendung nicht darauf ein, daß sich das letztlich auf einen Antrag der Liberalen bezieht, aber das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, daß er rasch reagiert und eine Kommission bestellt hat, die sichtet, wo sich derzeit all diese Akten vor allem aus der Nachkriegszeit, aber selbstverständlich auch aus der Zeit von 1938 bis 1945 befinden. Man sieht, meine Damen und Herren, daß gute Werke es meistens an sich haben, daß sie dann auch bei anderen gute Werke bewirken. In diesem Sinn ein Kompliment an den Herrn Justizminister. Ich hoffe, daß auch andere Ministerien so rasch reagieren werden und sofort zur Sichtung schreiten, unabhängig von der Frage, als wie wichtig sich letztlich einzelne Dokumente erweisen werden.

Meine Damen und Herren! In den Zeitungen vom heutigen Tag können wir feststellen, daß sich eine Reihe von NS-Akten auch bei der VOEST befinden. Hier habe ich zum Beispiel eine Mitteilung über die Zusammenarbeit der deutschen "Allianz" mit der Holocaust-Kommission und auch eine Monierung eines US-Staatssekretärs, daß die österreichischen Versicherungen in dieser Hinsicht nicht so kooperativ seien. Auch in diesem Sinn ist unser Antrag äußerst wichtig, meine Damen und Herren, weil er sozusagen ein bißchen der erhobene Zeigefinger in diese Richtung ist: Gehen wir achtsam mit unseren Archiven um! Das betrifft auch Banken und private Gesellschaften, denn es wird notwendig sein, auch von dort Archivmaterial zu erhalten.

Es wird sich selbstverständlich auch die strafrechtliche Frage ergeben, ob es bei der Vernichtung von sozusagen belanglosen Akten nicht doch in gewissem Sinn auch zur Beseitigung von Beweismaterial gekommen ist. Denn es wird zu Entschädigungsverfahren kommen, meine Damen und Herren, und da wird es selbstverständlich eine Frage sein, ob diese Akten noch vorhanden sind, ob sie am Tag X – zum Beispiel am Tag der heutigen Antragstellung – noch da waren und ob sie dann, wenn man sie braucht, eben nicht mehr da und nicht mehr auffindbar sind.

Ich bin ebenfalls der Auffassung, daß Archivare nicht a priori zum Aktenvernichten da sind und daß sie das auch nicht tun. Aber es gibt auch andere Methoden, um Materialien schwerer zugänglich zu machen, zum Beispiel – ich habe darüber schon letztes Mal berichtet – durch Vermengung von verschiedenen Materialien. Wir wissen, daß grundsätzlich über Landespapiere und Landesdokumente die Länder, über Privatdokumente Private und über Bundesunterlagen Bundesbehörden entscheiden. Wenn man nun versucht, diese Unterlagen ein bißchen miteinander zu vermengen, und sich der Bestand dann sozusagen als Gesamtkonvolut darstellt, dann braucht man sehr viele Bewilligungen, um an einzelne Materialien heranzukommen. Es gibt in dieser Hinsicht bei den bürokratischen Archivaren recht viel Phantasie, sodaß man Materialien zwar nicht verschwinden läßt, aber sie nur sehr restriktiv zur Verfügung stellt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte diesen Anlaß benützen, um Ihnen ein Beispiel aus dem Bereich zu bringen, den wir unmittelbar behandeln. Ich zitiere da – Herr Präsident, ich möchte gleich darauf aufmerksam machen – aus dem Bericht des Verbandes slowenischer Genossenschaften, der im Zusammenhang mit der Nachkriegsgeschichte erstellt wurde. Der Text steht im Original in slowenisch. Ich werde ihn zitieren und dann zusammenfassend in deutsch vortragen. (Der Redner zitiert einen längeren Text in slowenischer Sprache. – Abg. Dr. Haider: Gut slowenisch kannst du nicht!)

(Den zitierten Text übersetzt der Redner wie folgt:) Hier wird berichtet, daß mit dem Angriff auf Jugoslawien die slowenischen Genossenschaften liquidiert wurden und daß diese Liquidierung so stattgefunden hat, daß die slowenischen Genossenschaften in die übrigen Genossenschaften überführt wurden. Es hat dann bis ins Jahr 1957 gedauert, bis man Teile dieses Vermögens wieder zurückbekommen hat.

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne werde ich für einige weitere Anlässe ebenfalls Dokumente vorlegen. In demselben Bericht wird festgestellt, daß die slowenischen Genossenschaften – dies nur als Beispiel; ich könnte dasselbe auch über die tschechische Bibliothek erzählen – bisher keine Entschädigung für das verlorene Vermögen bekommen haben. Das ist eine Tatsache. – Zitat aus dem Bericht, den ich Ihnen vorgelesen habe. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne danke ich für die breite Unterstützung. Ich bin aber der Auffassung, daß wir diese Angelegenheit im Ausschuß ohne weiteres ausweiten und vertiefen können und daß wir vielleicht sogar ein mutiges Archivgesetz verabschieden können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich unterbreche nun die Verhandlungen zum laufenden Tagesordnungspunkt, um um 15 Uhr eine Dringliche Anfrage aufzurufen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.58 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme nun die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Schieder, Dr. Hlavac, Dr. Gusenbauer, Dr. Cap und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Österreichs EU-Präsidentschaft und den Europäischen Rat vom 11. und 12. Dezember in Wien (5344/J)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 5344/J.

Da diese Anfrage inzwischen allen Damen und Herren Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Die Europäische Union ist mit dem Ziel, ein stärkeres und geeintes Europa zu schaffen, in mehrfacher Hinsicht gefordert. Einerseits geht es darum, den Integrationsprozeß durch die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion, durch die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, durch ein Paket interner Reformmaßnahmen und durch die Entwicklung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu festigen und zu vertiefen. Andererseits muß der Prozeß der Erweiterung der Europäischen Union vorangetrieben werden, ohne dabei den bestehenden Zusammenhalt der Mitgliedsstaaten zu gefährden.

Bei der Bewältigung dieser Herausforderungen hat die Europäische Union auch während der österreichischen Präsidentschaft in vielen Bereichen wichtige Erfolge erzielt: So stellen die Beschlüsse über die Wirtschafts- und Währungsunion und die bevorstehende Einführung des Euro – für die ein Großteil der Vorbereitungsarbeiten während der letzten sechs Monate erfolgte – einen Meilenstein in der europäischen Integration dar. Auch der Prozeß der Erweiterung der Union wurde im selben Zeitraum erfolgreich eingeleitet. Während der österreichischen Präsidentschaft wurde beispielsweise der erste sämtliche Beitrittskandidaten betreffende Fortschrittsbericht von der EU-Kommission vorgelegt und mit der fortgeschrittensten Gruppe der Beitrittskandidaten wurden die Beitrittsverhandlungen eröffnet.

Aus österreichischer Sicht besonders erfreulich ist dabei, daß die Europäische Union hinsichtlich der Sicherheit der nuklearen Kernkraftwerke in Osteuropa nun unzweifelhaft klargestellt hat, daß die mittel- und osteuropäischen Staaten ihre Regelungen und Technologien in diesem Bereich an die EU-Standards anpassen müssen.

Während der österreichischen Präsidentschaft konnte in diesem Zusammenhang auch eine Einigung über die Beibehaltung der bestehenden Gemeinschaftsinitiative INTERREG erzielt werden. Diese Einigung ermöglicht auch in Zukunft die von Österreich im Hinblick auf die Erweiterung der Europäischen Union geforderte intensive Förderung der Grenzregionen.

Zu den wichtigsten Erfolgen der letzten Jahre gehört das Umdenken der Europäischen Union im Bereich der Beschäftigungspolitik. Ein Prozeß, der von Österreich besonders forciert wurde. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und ihrer strukturellen Ursachen soll künftig – so die Einschätzung aller Mitgliedstaaten – im Mittelpunkt der europäischen Politik stehen.

Der Auftakt dazu wurde mit dem Beschäftigungsgipfel in Luxemburg im November 1997 gesetzt. Der sogenannte ‚Luxemburger Prozeߑ sieht die jährliche Erarbeitung beschäftigungspolitischer Leitlinien sowie die Ausarbeitung nationaler Aktionsprogramme zur Schaffung von Arbeitsplätzen, die jährlich zur Überprüfung auf EU-Ebene vorzulegen sind, vor. Während der österreichischen Präsidentschaft wurde nun erstmals ein gemeinsamer Beschäftigungsbericht erstellt, der die tatsächliche Umsetzung der in den Nationalen Aktionsplänen gesetzten Ziele durch die EU-Mitgliedstaaten und damit die konkret erzielten Fortschritte im Vergleich zum Vorjahr einer Überprüfung unterzieht.

Gleichzeitig wurden auch die ‚Beschäftigungspolitischen Leitlinien‘ für 1999 beschlossen. Die zur Vorbereitung dieser Leitlinien erstellte Bilanz zeigt für 1998 eine erste positive Entwicklung. Demnach erfährt die EU 1998 ein starkes und – aus österreichischer Sicht besonders wichtig – beschäftigungsschaffendes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von durchschnittlich 2,9 Prozent. Als Konsequenz daraus konnten in den vergangenen Monaten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union etwa 1,7 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die EU-Arbeitslosenquote liegt damit zum ersten Mal seit 1992 unter 10 Prozent.

Die Debatte über die internen Reformen der EU wurde durch die ‚Agenda 2000‘, in der die Europäische Kommission unter anderem Reformvorschläge für den Bereich der Struktur- und Agrarpolitik und den Finanzrahmen der EU nach dem Jahr 2000 präsentierte, eingeleitet. Unter den Mitgliedstaaten der EU konnte in diesen Bereichen zwar noch kein Konsens erzielt werden, eine Annäherung der Auffassungen ist aber beispielsweise in Bereichen wie der Strukturpolitik bereits erkennbar.

Im Vorfeld des Wiener EU-Gipfels wurden – vor allem was den künftigen Finanzrahmen der Union und die Beiträge der einzelnen Mitgliedstaaten betrifft – unterschiedlichen Interessenslagen der einzelnen Mitgliedstaaten und Auffassungsunterschiede über die erforderlichen Reformen sichtbar. Der von den ‚Nettozahlern‘ eingebrachte Vorschlag zur ‚realen Stabilisierung‘ der Ausgaben der Europäischen Union auf Basis des Budgetentwurfes für 1999 und die von Deutschland mit Nachdruck eingebrachte Forderung nach Reduzierung seiner Beitragszahlungen an die Europäische Union konnte demgemäß nicht abschließend beraten werden, der Wille zur raschen Problemlösung wurde jedoch unterstrichen.

Von der österreichischen Präsidentschaft wurde nach Abschluß des Prozesses der technischen Prüfung der Rechtstexte und Identifizierung der politischen Schlüsselfragen ein Bericht erarbeitet, der die Optionen für die internen Reformen aufzeigt. Damit wurde eine gute Ausgangsbasis für einen zeitgerechten Abschluß des Gesamtpaketes ‚Agenda 2000‘ bis März nächsten Jahres geschaffen. Einer raschen Einigung der Mitgliedstaaten der EU über die internen Reformen mit dem Ziel einer effizienten Europäischen Union, aber auch im Lichte der geplanten Erweiterung der Union wurde damit der Weg bereitet.

Die Aufgabe der österreichischen EU-Präsidentschaft war es, die beim Europäischen Rat von Cardiff begonnene Debatte über die Zukunft Europas weiterzuentwickeln und den Prozeß der Konsolidierung, Vertiefung und Erweiterung der Europäischen Integration ein weiteres Stück voranzubringen. Besondere Priorität aus österreichischer Sicht hatte dabei der Bereich der Beschäftigungspolitik und in diesem Zusammenhang die Verstärkung der gemeinsamen Beschäftigungsstrategie in der Europäischen Union.

Beim Europäischen Rat am 11. und 12. Dezember in Wien wurden wichtige Weichen für die künftige Entwicklung der Europäischen Union gestellt. Im Mittelpunkt der Beratungen standen Fragen der Wirtschafts-, Währungs- und Beschäftigungspolitik in Europa, die ‚Agenda 2000‘, die Erweiterung, aber auch Fragen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Im Rahmen der ‚Wiener Strategie für Europa‘ wurden für die Politik der Europäischen Union vier Themenbereiche festgelegt, die künftig Priorität haben sollen. Es sind dies: Förderung der Beschäftigung, des Wirtschaftswachstums und der Stabilität, Verbesserung der Sicherheit und der Lebensqualität, Reform der Politiken und Institutionen der Union, Förderung von Stabilität und Wohlstand in Europa und weltweit.

Zur weiteren Forcierung der Beschäftigungspolitik in Europa wird während der deutschen Präsidentschaft in Ergänzung des Stabilitätspaktes ein ‚Beschäftigungspakt‘ erarbeitet werden. Damit soll die Priorität einer Politik, die offensiv Arbeitsplätze schafft, unterstrichen werden. Beschäftigungspolitik soll künftig Bestandteil eines umfassenden Konzeptes sein, das eine auf Wachstum und Stabilität ausgerichtete makroökonomische Politik, eine die Wettbewerbsfähigkeit fördernde Wirtschaftsreform und eine umfassende Arbeitsmarktpolitik umfaßt. Ziel ist es, die Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern, Chancengleichheit zu erreichen und damit mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Mit genanntem Beschäftigungspakt sollen zusätzliche, nachprüfbare Zielvorgaben und Fristen sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene verankert und ein Dialog zwischen allen betroffenen Akteuren etabliert werden. Die Einbeziehung der Sozialpartner wird dabei eine wichtige Komponente darstellen.

Die internen Reformen der Europäischen Union betreffend bekräftigten alle Mitgliedstaaten beim Europäischen Rat in Wien ihre Entschlossenheit, bis März nächsten Jahres eine umfassende Einigung über die ‚Agenda 2000‘ zu erzielen. Die Mitgliedstaaten verständigten sich darauf, Solidarität, strenge Haushaltsdisziplin, Reformwillen und Gerechtigkeit als Leitlinien für die ‚Agenda 2000‘ anzuwenden.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende

Anfrage:

1. Was konnte beim Europäischen Rat von Wien am 11. und 12. Dezember 1998 in Wien erreicht werden, wie bewerten Sie die Ergebnisse und welche weiteren Schritte ergeben sich daraus für die nächste Präsidentschaft?

2. Inwiefern sehen Sie das Ziel der österreichischen EU-Präsidentschaft, den Bereich der Beschäftigungspolitik besonders zu forcieren und die Beschäftigungsstrategie der EU weiter zu verstärken, durch die Ergebnisse des Europäischen Rates in Wien erreicht?

3. Die österreichische EU-Präsidentschaft wurde mit großem Einsatz angegangen. Welche Bilanz können Sie nunmehr knapp vor Ende dieses Halbjahres ziehen?

Gemäß § 93 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 GOG verlangen die unterzeichneten Abgeordneten, daß diese Anfrage dringlich behandelt wird, also vom Fragesteller nach Erledigung der Tagesordnung, spätestens jedoch 15 Uhr, frühestens aber drei Stunden nach Eingang in die Tagesordnung mündlich begründet werde und hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfinde."

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Kostelka als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Klubobmann.

15.01

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Lassen Sie mich eingangs, da das zu Beginn der heutigen Sitzung schon einige Diskussionen verursacht hat, ein paar Worte zur Begründung dieser Dringlichen Anfrage finden. (Abg. Mag. Peter: Die sozialdemokratischen Festspiele!)

Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion hat bei 154 Sitzungen des Nationalrates in der laufenden Legislaturperiode genau zwei Dringliche Anfragen gestellt. Im Schnitt bedeutet das: Nur jede 75. Sitzung gab es eine Dringliche Anfrage der führenden Regierungsfraktion. – Das werden Sie, so hoffe ich, wohl doch aushalten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es kann in diesem Zusammenhang auch in keiner Weise von einem Mißbrauch der Geschäftsordnung die Rede sein. Ganz im Gegenteil: Was für Sie bei Dringlichen Anfragen gilt, gilt auch für uns. Wenn es Mißbrauch gibt, wenn es dem Geist der Geschäftsordnung zuwiderhandelnde Vorgangsweisen gibt, dann ist das beispielsweise dann der Fall, wenn man in vier Jahren elf Sondersitzungen beantragt, oder, wie in den letzten Tagen immer wieder zu bemerken war, wenn Sie eine Einwendungsdebatte nicht als "Dringliche Anfrage" deklarieren. Das, meine Damen und Herren, ist Mißbrauch! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Werden wir sehen, wer stärker ist: ihr oder ihr?)

In diesem Zusammenhang sei mit aller Deutlichkeit gesagt: Die Debatte über den österreichischen EU-Vorsitz ist sinnvoll und notwendig, und das wurde auch von allen Mitgliedern dieses Hauses und der Präsidiale grundsätzlich bejaht und akzeptiert. (Abg. Dr. Graf: Der Kanzler wollte freiwillig keinen Bericht geben, jetzt ist er gezwungen worden!) Es bestand auch Einvernehmen zwischen den Fraktionen, daß akzeptiert wird, daß sowohl Bundeskanzler Klima als auch Vizekanzler Schüssel am heutigen Tag nicht unter dem ersten Tagesordnungspunkt eine Erklärung abgeben können, weil sie einer Verpflichtung nachgekommen sind, die von Ihnen akzeptiert worden war, nämlich dem Europäischen Parlament in Straßburg gegenüber.

Diese Dringliche Anfrage, meine Damen und Herren, ist die Garantie dafür, daß die Debatte, die Sie ursprünglich eigentlich mit uns gemeinsam wollten, überhaupt stattfinden kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Das schlechte Gewissen spricht aus Ihnen! – Abg. Scheibner: Also doch ein Mißbrauch!)

Österreich hat die Präsidentschaft in der Europäischen Union am 1. Juli dieses Jahres übernommen, und wir haben uns von Anbeginn an zum Ziel gesetzt, daß das eine Arbeitspräsidentschaft zu sein hat, daß es nicht eine Präsidentschaft des Repräsentierens, sondern des Koordinierens und des Entscheidens sein soll, insbesondere in dreierlei Hinsicht: Beschäftigung, innere Sicherheit und die Rolle Europas in der Welt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Pörtschach und Wien stehen in diesem Zusammenhang für eine neue Dynamik in der Europäischen Union. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Sie mögen heute über die "Wiener Strategie" lächeln: Sie werden aber in Beobachtung der Geschichte der Europäischen Union feststellen müssen, daß das das Erfolgsrezept der Zukunft ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Was ist denn die "Wiener Strategie"?) Wenn in Zukunft, in den nächsten zwei, drei Halbjahren, in den nächsten Präsidentschaften von einem der arbeitsreichsten Abschnitte in der Geschichte der Europäischen Union die Rede sein wird, dann ist damit die Wiener Präsidentschaft, dann sind damit die "Wiener Strategien" gemeint. Und das, meine Damen und Herren, ist etwas, worauf wir stolz sind und wofür wir Bundeskanzler Klima und Vizekanzler Schüssel danken möchten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sie müssen in diesem Zusammenhang auch die Arbeitsweise der Europäischen Union berücksichtigen. Meine Damen und Herren! Erfolge, Beschlüsse, Entscheidungen in der Europäischen Union waren nie das Ergebnis von Pfingsterlebnissen, sondern stets das Ergebnis eines harten Ringens um Gemeinsamkeit. Es hat aus gutem Grund immer eine vorherige Zieldefinition, eine Zeitvorgabe und in der Regel eine Entscheidung in letzter Minute gegeben. Von diesen drei Kriterien sind in einer ganzen Fülle von Bereichen beim Gipfel von Wien Nummer eins und Nummer zwei, nämlich Zieldefinition und Zeitvorgabe erfüllt worden. Das ist es, was Europa in den letzten Jahren und Jahrzehnten vorangebracht hat, nämlich der Erfolgszwang, auf den sich alle 15 Mitglieder geeinigt haben.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang hat sich die Europäische Union unter mehrheitlich sozialdemokratisch dominierten Regierungen eben nicht auf Lorbeeren ausgeruht. Man muß zur Kenntnis nehmen, daß in der letzten Zeit immerhin 1,7 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. (Abg. Jung: Wo?) Nur zur Darstellung der Dimension dieses Umfanges zusätzlicher Arbeitsplätze: Meine Damen und Herren! Das ist mehr als die Hälfte des gesamten österreichischen Arbeitsmarktes an zusätzlichen, an neuen Arbeitsplätzen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Man hat sich nicht damit begnügt, daß erstmals seit 1992 die Arbeitslosenrate wieder unter 10 Prozent gerutscht ist, sondern man hat – ganz im Gegenteil – folgendes zum Zentrum dieser Tätigkeiten, dieser Bemühungen der Europäischen Union unter dem österreichischen Vorsitz gemacht: Beschäftigung, Beschäftigung und nochmals Beschäftigung! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Ich erinnere mich deutlich daran, daß ein österreichischer Bundeskanzler sehr nachdenklich von "seinem" ersten europäischen Gipfel zurückgekommen ist und berichtet hat, daß damals ein Regierungschef eines Nachbarlandes, nämlich Bundeskanzler Kohl von der Bundesrepublik Deutschland, im Brustton der Überzeugung erklärt hat: Beschäftigungspolitik ist keine europäische Dimension!

Das Ergebnis des Wiener Gipfels, meine Damen und Herren, ist genau das Gegenteil: Die Beschäftigungspolitik hat absolute Priorität! (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ja nicht neu! Haben Sie den Luxemburger Gipfel verschlafen?) Das ist das Ergebnis des Wiener Gipfels, und das wird auch in den nächsten Monaten umgesetzt werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Aber nicht nur der Gipfel von Pörtschach und der Gipfel von Wien waren von wesentlicher Bedeutung, auch in der Transit-Frage gab es bedeutende Fortschritte. Meine Damen und Herren! Mit dem Schweiz-Vertrag ist ein weiter Bereich in der Transit-Frage endgültig abgeschlossen worden. (Abg. Haigermoser: Umblättern nicht vergessen! Sie haben die falsche Rede mit!) Wir haben in diesem Zusammenhang einen Vorteil erringen können und sichergestellt, daß der Transitverkehr durch Österreich minimiert wird. Auch sind mit der Euro-Vignette die Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof vom Tisch und ist damit für Österreich ein Risiko beseitigt.

Für die Zukunft Europas ist aber auch das 5. Rahmenprogramm zur Forschung und Entwicklung von großer Bedeutung. In vier Jahren, von 1999 bis zum Jahre 2002, werden insgesamt 15 Milliarden ECU, das sind 207 Milliarden Schilling, für Forschung und Entwicklung aufgewandt werden. Meine Damen und Herren! Das sind Jahr für Jahr mehr als 50 Milliarden Schilling! Das ist genau der Anstoß, den Europa, den die europäische Wirtschaft, aber auch der europäische Arbeitsmarkt brauchen, um den Vorsprung auszubauen, zu erhalten und zu wahren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die offizielle Inbetriebnahme von EUROPOL sichert einen verstärkten Kampf gegen Drogenhandel, Menschenschmuggel, Kfz-Schieberei und Geldwäscherei. Damit ist auch ein wichtiger Anstoß zur massiveren Bekämpfung des internationalen Verbrechens gegeben.

Auch im Kulturministerrat wurden weitreichende Beschlüsse gefaßt.

Die Verhandlungen mit insgesamt sechs Ländern über die Aufnahme in die Europäische Union werden in einer Mischung aus Zuversicht und Realismus geführt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es ist überhaupt keine Frage, meine Damen und Herren, daß diese Verhandlungen nur unter der Perspektive geführt werden können und geführt werden sollen, daß diese Länder Schritt für Schritt an die europäische Wirtschaftsentwicklung, an die Sozialentwicklung und an die des Einkommens herangeführt werden sollen, bevor eine Hereinnahme in die Europäische Union sinnvoll ist und erfolgen kann.

Meine Damen und Herren! Was bei diesem Wiener, bei diesem Pörtschacher Gipfel gelungen ist, was unter Vorsitzführung Österreichs in der Europäischen Union gelungen ist, ist, daß von dem zaghaften Beginn des Luxemburger Prozesses im Wege der "Wiener Strategien" ein neuer Anfang nicht nur im Bereich der Beschäftigungspolitik gemacht wurde, sondern auch bei den Investitionen der Infrastruktur, bei den Mechanismen wirtschaftspolitischer Koordination. Es wird im zweiten Halbjahr des nächsten Jahres einen Steuerpakt geben, der die Vereinheitlichung der Steuern in Europa sicherstellen wird (Abg. Mag. Schweitzer: Was?), und letztendlich, Herr Abgeordneter Schweitzer, ist die Einbeziehung der Umweltpolitik in die Politiken der Europäischen Union sichergestellt worden. Das ist Ihnen als Umweltpolitiker aber anscheinend gleichgültig. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Diese zunehmende Dynamik in der Europäischen Union zu übersehen, grenzt an Ignoranz. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal hervorheben: Die österreichische Vorsitzführung ist ein Erfolg für Europa, ein nationaler Erfolg. Meine Damen und Herren von der Opposition! Sie müssen aufpassen, daß Sie sich nicht den Vorwurf einhandeln, trotz aller Erfolge für Österreich und für Europa nur deswegen gegen die Vorsitzführung zu sein, weil Sie nicht in ausreichendem Maße dabei waren. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Selten so gelacht!)

Meine Damen und Herren! Die Vorsitzführung Österreichs in der Europäischen Union wird international anerkannt. Wenn ausländische Parlamentarier dies tun, wenn dies beispielsweise der belgische Präsident der Ersten Kammer tut, dann wird Ihnen kein Stein aus der Krone fallen, wenn Sie das auch tun. Und ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Gerhard Schröder!) – Sie sagen: Gerhard Schröder.

Zitat: "Allein der bemerkenswerte Rahmen und der Charme Wiens" (Abg. Haigermoser: War die Forelle blau oder Müllerin-Art?) "sowie die außerordentlich gute Vorbereitung Bundeskanzler Klimas und der österreichischen Regierung haben keine mutwilligen Kontroversen zugelassen." – Meine Damen und Herren! Das ist Schröder im Originaltext. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Und wenn Sie schon an unseren Worten zweifeln, noch ein Zitat. Santer: "Ich bin mit dem Verlauf der österreichischen EU-Präsidentschaft äußerst zufrieden. Die beim Gipfel beschlossenen Wiener Strategien setzten neue Impulse. Sie hatte die Koordinierung der Sozialwirtschaft und der Steuerpolitik zum Ziel und beinhaltet den Auftrag zum Beschäftigungspakt." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das ist die Zukunft Europas! Was Sie betreiben, ist Miesmacherei – nicht zuletzt gegenüber Österreich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Das Schweinsbratl war saftig, das Sie gegessen haben!)

Ich habe in diesem Zusammenhang überhaupt noch nicht über die Menschenrechte gesprochen, die einer Lösung zugeführt werden sollen, über die Erleichterung des Zugangs der Justiz, über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, der in Europa geschaffen werden soll.

Meine Damen und Herren! In Wien wurden viele erste Schritte getan. Ich habe bereits am Beginn erwähnt: Die ersten Schritte sind in der Europäischen Union die wichtigsten. Der Wiener Gipfel, der von Österreich geführte Vorsitz in der Europäischen Union stellt eine Trendwende in Richtung Beschäftigungspolitik dar. Es ist ein neuer Beginn für Europa, ein Beginn für das Europa der Bürger, und es ist auch ein umfangreiches Arbeitsprogramm.

Meine Damen und Herren! Was die österreichische Bundesregierung unter der ausgezeichneten Vorsitzführung von Bundeskanzler Klima und Vizekanzler Schüssel zustande gebracht hat, ist etwas, das Europa einen wesentlichen Schritt weiterbringt. Namens meiner Fraktion danke ich dafür. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Es wurde keine einzige Frage gestellt!)

15.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundeskanzler Mag. Klima zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

15.15

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, daß ich Gelegenheit habe, im Anschluß an die Beratungen im Europäischen Parlament – ein Teil unserer Aufgabe im Rahmen der Vorsitzführung – hier im österreichischen Parlament, in unserem Parlament die Frage der Präsidentschaft Österreichs mit Ihnen zu diskutieren.

Ich bedanke mich auch für Ihr Verständnis dafür, daß wir das nicht bereits heute morgen taten, sondern einige Stunden später tun, aber ich gehe davon aus, daß wohl jedes Parlament dieser Welt Verständnis dafür gehabt hätte, wenn der Bundeskanzler und der Vizekanzler als Teil der Präsidentschaftsaufgabe Österreich heute im Europäischen Parlament vertreten haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir eingehend eine Bemerkung, die von grundsätzlicher Bedeutung ist. Ich halte es für sehr gut, daß es in der Europäischen Union das Prinzip gibt, daß jedes halbe Jahr ein anderes Land – egal, ob groß oder klein – gleichberechtigt den Vorsitz übernimmt, ein Prinzip, das ein Miteinander von demokratisch gleichwertigen Staaten in einer Union, in einer Gemeinschaft sicherstellt, nicht ein Direktorat, ein Oben und Unten, sondern ein Miteinander von gleichberechtigten Staaten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Daher bin ich froh darüber, sagen zu können, daß die erste österreichische Präsidentschaft, die erste Präsidentschaft eines neuen Mitgliedstaates der Europäischen Union in dem erfolgreich war, was wir uns vorgenommen haben, nämlich eine Arbeitspräsidentschaft zu sein, eine Präsidentschaft, die in Hunderten Rats-Arbeitsgruppensitzungen, in 50 Ministerräten, in zwei Gipfeln zahlreiche Probleme bewältigen konnte, zahlreiche Lösungen ermitteln konnte und in allen Politikfeldern Europa ein Stück weitergebracht hat. Das ist durch die engagierte Mitarbeit, die gute Vorbereitung, die gute Organisation von Hunderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes, durch die gute Zusammenarbeit innerhalb der Regierung, ohne parteipolitisches Hickhack, möglich gewesen, ist also ein Verdienst der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und dieser Koalitionsregierung. Und ich bedanke mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Sie alle haben hervorragende Arbeit geleistet, und es würde Ihnen (in Richtung Freiheitliche gewandt) gut anstehen, wenn auch Sie die gute Arbeit, die hervorragende Organisation der österreichischen Beamten, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in Österreich mit einem Applaus honorieren würden. Die werden sich nicht freuen, wenn Sie das nicht tun. (Abg. Scheibner: Wir brauchen keine Belehrungen! – Abg. Haigermoser: Geben Sie den Rohrstab aus der Hand!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daß das eine Arbeitspräsidentschaft war, zeigt sich, glaube ich, auch daran, daß wir viele Probleme – nicht alle! – lösen konnten. Ich erinnere etwa daran, daß es möglich war, die heißumstrittene, lange diskutierte Frage der Rechtsgrundlagen für die Sozialprogramme und Hilfsprogramme der NGOs, der Nichtregierungsorganisationen, zu lösen.

Ich erinnere weiters daran, daß es möglich war, das 5. Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung – heißumstritten! – einer Lösung zuzuführen.

Ich erinnere daran, daß es möglich war, die Transitregelung im Verkehr zu schaffen und, daran anknüpfend, ein Erfolg des Außenministers, das Schweiz-Paket insgesamt zu lösen.

Ich erinnere daran, daß es möglich war, das Budget für 1999 – ebenfalls heißumstritten im Europäischen Parlament – einer Lösung zuzuführen. Und ich erinnere daran, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß es aufgrund des österreichischen Einsatzes und aufgrund von viel Engagement des österreichischen Außenministers gelungen ist, eine Einigung unter allen 15 Staaten zu erreichen, mit sechs Ländern – Beitrittskandidaten eben – konkrete Verhandlungen aufzunehmen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Ja, diese operativen Erfolge sind schon einen Applaus wert!

Und weil vorhin das Codewort "Herr" oder "Frau GASP", "Mrs." oder "Mr. CFSP" gefallen ist: Natürlich wäre es uns lieber gewesen, auch diese Frage lösen zu können, aber es hat keinen Sinn, an der Realität vorbeizugehen, die da lautet, daß bis zum Wiener Gipfel leider nicht von allen Mitgliedstaaten – und das liegt wahrlich außerhalb unseres Handlungsbereiches – der Vertrag von Amsterdam schon ratifiziert wurde, sondern zum Beispiel von Frankreich erst im Februar, März nächsten Jahres ratifiziert werden wird. Daher hatten all jene Staaten, die nicht wollten, eine gute Basis für ihre Argumentation.

Aber wir hätten das gerne – ich sage das ganz klar, offen und nüchtern – in Wien entschieden. Was wir allerdings nicht beeinflussen konnten, ist, daß die Franzosen nicht ratifizieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber was wir – und ich glaube, das wird sich in den nächsten Monaten sehr deutlich zeigen – während der österreichischen Präsidentschaft erleben konnten, ist eine Trendumkehr in der Politik der Europäischen Union. Ich erinnere mich noch genau an die Tage beim letzten Gipfel in Cardiff sowie danach. Da wurde in vielen Wortmeldungen – auch bei einigen von Ihnen – die Sorge angesprochen, was nach dem gemeinsamen Markt und der gemeinsamen Währung sein wird: Wird es nun eine Pause, einen Stopp der europäischen Integration, einen Stopp der Vertiefung der Gemeinsamkeiten geben? Wird es eine Renationalisierung, ein Auseinanderleben geben?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wohl nachhaltigste Ergebnis der österreichischen Präsidentschaft ist, daß wir sehr klar und deutlich eine Orientierung der Politik der Europäischen Union auf jene Themen erreichen konnten, die die Menschen am meisten – und das zu Recht! – berühren. Wir haben ganz klar gesagt: Wir wollen eine gemeinsame europäische Beschäftigungspolitik. Wir alle wollen gemeinsam in Europa die innere Sicherheit erhöhen, indem wir beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität, die international agiert, gemeinsam vorgehen, und indem wir zum Beispiel auch das Migrationsproblem gemeinsam in Europa lösen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich sehr wohl daran erinnern, daß von so manchem von Ihnen Kritik kam, als ich den britischen Premierminister Tony Blair gebeten habe, ein Impulsreferat über die Ideen der europäischen Identität auf dem Gebiete der Sicherheitspolitik zu halten. (Abg. Haigermoser: Heute kriegen wir es wieder! – Abg. Mag. Stadler: Seien wir froh, daß wir eine Dringliche haben!)

Hohes Haus! Unter der österreichischen EU-Präsidentschaft wurde ein Diskussionsprozeß in Gang gesetzt, mit dem das sichergestellt wird, was wir alle wollen, nämlich eine starke politische Rolle eines starken Europas in der Welt! Das wird der nachhaltige Erfolg sein! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier und heute auch vom Europäischen Rat gesprochen worden. Damals, als ich das erste Mal daran teilgenommen habe, war es geradezu undenkbar, davon zu reden, daß die Beschäftigungspolitik auch eine europäische Dimension hat. Natürlich wissen wir, daß Beschäftigungspolitik national zur Unterstützung der Unternehmen gemacht werden muß. Aber was nun klar ist, und zwar sehr klar und eindeutig, ist, daß wir eine gemeinsame europäische Verpflichtung, eine gemeinsame europäische Möglichkeit zu handeln haben, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, um die europäischen Unternehmen und damit das Schaffen von Arbeitsplätzen in Europa zu unterstützen. Und das ist der Erfolg dieser österreichischen EU-Präsidentschaft, meine Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn Sie das alles wirklich objektiv zu analysieren versuchen, dann werden Sie feststellen können, daß es noch vor ein oder zwei Jahren geradezu undenkbar war, in den Schlußfolgerungen eines Gipfels festzuhalten, daß Beschäftigung oberste Priorität in Europa hat. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wir haben gesagt, daß es in Ergänzung zu einem Stabilitätspakt auch einen Beschäftigungspakt in Europa geben wird, und wir haben ein Bekenntnis dazu abgelegt, daß wir eine Wirtschaftspolitik in Europa nicht nur im Sinne von Strukturpolitik betreiben – natürlich auch, um strukturell die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu sichern –, nicht nur betreiben durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, durch Ausbildung und Qualifikation der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz, sondern auch durch einen ausgewogenen Mix von Stabilität und Wachstumspolitik. Das Bekenntnis, daß – ohne Gefährdung der Stabilität – Wachstum Arbeit für Europa bringen kann, ist ein wesentlicher Effekt! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es stand keinesfalls von vornherein fest, daß es uns gelingen wird, in diesen Schlußfolgerungen festzuschreiben, daß es im Beschäftigungspakt zusätzliche nachprüfbare Zielsetzungen für die Beschäftigungserfolge in den einzelnen Mitgliedsländern geben muß. Manche sagen jetzt enttäuscht, das steht doch nicht quantifiziert drinnen. – Wir haben gesagt: Es gibt quantifizierbare, aber auch qualitative Zielsetzungen. Und daher haben wir uns in diesem Sinne auf nachprüfbare Zielsetzungen in der Beschäftigungspolitik, und zwar im Sinne einer Selbstverpflichtung der Länder, ähnlich wie es im Stabilitätspakt festgehalten ist, geeinigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mir im Sinne der Koordination der Wirtschaftspolitik besonders wichtig erscheint, ist folgendes: Wie Sie wissen, beginnen wir am 1. Jänner 1999 mit dem Euro. Es war eine hervorragende Leistung des österreichischen Finanzministers, die umstrittene Frage anzugehen, wie sich diese Euro-11-Gruppe etablieren wird, um eine bessere Wirtschaftspolitik zu machen, und zwar ohne Trennlinien zu den Pre-Ins zu ziehen. Es ist ein Erfolg Österreichs, daß diese Euro-11-Gruppe problemlos als Koordinationsorgan eingerichtet werden konnte. Es ist weiters ein Erfolg Österreichs, daß es nun das erste Mal in Europa eine gemeinsame Vertretung in bezug auf den Euro nach außen geben wird, eben als starke Waffe im Weltwährungssystem, als starke Waffe zur Unterstützung der europäischen Wirtschaft und Beschäftigung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es mag vielleicht dem ersten Anschein nach nichts mit Beschäftigungspolitik zu tun haben, wenn wir uns dazu bekannt haben, die europäische Position zur Reform des Weltwährungssystems, zur Reform des Internationalen Währungsfonds, die europäische Position zur Reform des Frühwarnsystems im Weltwährungssystem weltweit durchzusetzen. Was hat das mit Beschäftigungspolitik zu tun? – Wir haben zum Beispiel bei den Finanzkrisen in Malaysien, in Indonesien, aber auch in Brasilien sehr wohl gesehen, was das damit zu tun hat: Durch scheinbar nicht vorhergesehene spekulative Aktionen sind ganze Volkswirtschaften zerstört worden, und zwar mit massiven negativen Auswirkungen auf die Exporte, auf die Arbeitsplätze auch in Europa.

Daher wird es in Zukunft eine kräftige europäische Stimme auch im Bereich der Weltfinanzsysteme geben, um unser soziales Marktwirtschaftsmodell auch dort durchzusetzen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Oder, meine Damen und Herren: Denken Sie weiters an die Frage der Koordination in der Steuerpolitik! Hätten Sie es für möglich gehalten, daß nun in den Schlußfolgerungen des Gipfels von Wien steht, daß wir uns dazu verpflichten, innerhalb eines halben Jahres eine politische Einigung über ein europäisches Modell der Zinsertragsbesteuerungen, der Kapitalerträge zu finden? (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Was hat das mit Beschäftigungspolitik zu tun, meinen Sie? – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es uns nicht gelingt – bei allem Bekenntnis zu einem fairen Steuerwettbewerb –, in einem gemeinsamen Markt mit einer gemeinsamen Währung unfairen Steuerwettbewerb und Steuerdumping zu verhindern, dann wird die Konsequenz die sein, daß die Last der Finanzierung des Staates nur von den Konsumenten und von den Arbeitnehmern getragen wird – zu Lasten der Arbeit! –, und daß sich Kapital und andere mobile Faktoren der Besteuerung völlig entziehen. Daher: Auch das ist ein maßgeblicher Erfolg der österreichischen EU-Präsidentschaft. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Etwas, das – ich weiß es – manchen von Ihnen gar nicht so ein Anliegen ist, war in der österreichischen Präsidentschaft ebenso ein großer Erfolg, nämlich die Stärkung des sozialen Dialoges auf europäischer Ebene. Wir haben nun die Vereinbarung geschafft, daß auf Arbeitgeberseite Klein- und Mittelbetriebe genauso eingebunden sind wie Industriebetriebe.

Wir haben bei unserem Treffen hier in Wien vereinbart – das wurde in den Schlußfolgerungen festgehalten –, daß nun auch auf europäischer Ebene die Sozialpartner in einem gemeinsamen Dialog Verantwortung tragen für die Arbeitsplätze und um gemeinsame Lösungen im Bereich der Arbeitsorganisation ringen werden. Das ist etwas, was noch vor einem Jahr völlig undenkbar gewesen wäre.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf europäischer Ebene werden wir das, was sich in Österreich bewährt hat, nämlich der soziale Dialog zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern – etwas, was unserem Land Frieden und Wohlstand gebracht hat –, weiterführen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehen Sie sich bitte den Aktionsplan für die Bereiche Freiheit, Sicherheit und Recht an, denn da werden Sie nämlich merken, was unter der österreichischen EU-Präsidentschaft erarbeitet und in Wien an konkreten Maßnahmen beschlossen wurde, um die innere Sicherheit in der Europäischen Union zu stärken! Und das ist auch – nach dem Thema Arbeitsplätze – das zweitwichtigste Thema, das die Menschen in Europa interessiert: die gemeinsamen Anstrengungen in der Bekämpfung der organisierten Kriminalität.

Wir haben in Wien beschlossen, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die sich mit der europäischen Bewältigung der Frage der Migrations- und Asylpolitik beschäftigt, denn ein Land alleine kann das nicht schaffen. Es ist aber eine europäische Verpflichtung, jenen Menschen, die Asyl brauchen, weiterhin Asyl zu gewähren und daher ein vernünftiges System zu finden, durch das die Lasten in der Europäischen Union gerecht verteilt werden, ein Modell also, durch das die europäische Sicherheit gestärkt wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden sehr häufig dafür kritisiert, daß wir im Bereich der Agenda 2000, der Finanzreformen, keine Einigung erzielen konnten. – Seien wir doch ehrlich: Im Juni dieses Jahres haben 15 Staats- und Regierungschefs beschlossen, daß sie diese Einigung im März 1999 unter deutscher Präsidentschaft machen wollen! Es ist genau definiert worden, was Österreich während seiner EU-Präsidentschaft auf diesem Gebiete zu leisten hat. Und was wir geleistet haben, das kann sich wirklich sehen lassen!

Wir haben in dutzenden Ratsarbeitsgruppen sämtliche Rechtstexte und technische Texte gemeinsam bearbeitet und nun vorliegen.

Wir haben weiters Einigung erzielt im Bereich Vorbeitrittsstrategien; da gibt es nur noch einen Vorbehalt.

Wir haben Einigung erzielt im Bereich der Finanzierung transeuropäischer Netze und der Garantiefonds. Es ist auch absehbar, in welche Richtung sich die Strukturfonds bei der Einigung bewegen. – Folgendes aber muß man sich klar und deutlich vor Augen halten: Eine Einigung über das Gesamtpaket wird erst in den letzten Märztagen 1999 erzielt werden können.

Was wir zusätzlich gemacht haben – und das war eine hervorragende Leistung unserer Ministerinnen und Minister –, ist, daß wir ein politisches Papier sozusagen der Schlüsselargumente zur Lösung der Agenda 2000 vorgelegt und alle am Tisch liegenden Alternativen dazu berücksichtigt haben. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Wir haben damit das, was uns für 1999 durch den Gipfel von Cardiff auferlegt wurde, auch auf diesem Gebiete erfüllt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was aus meiner Sicht – entschuldigen Sie, daß ich das abschließend noch hinzufüge – auch sehr positiv gelaufen ist, war, dieses Momentum der Erweiterung der Europäischen Union aufrechtzuerhalten. Wir haben einen guten Bericht der Kommission vorliegen, der aber hinsichtlich mancher Staaten – man muß das offen sagen – wenig Dynamik in der Umsetzung ihrer Reformprozesse aufzeigt, in bezug auf andere Staaten aber Reformprozesse als sehr, sehr willkommen anzusehen sind.

Wir haben es nicht nur geschafft, mit sechs Staaten konkrete Beitrittsverhandlungen zu beginnen, sondern wir haben es auch geschafft, daß sofort mit den bilateralen Acquisprüfungen begonnen werden wird, um eben dieses Momentum der Erweiterung der Europäischen Union aufrechtzuerhalten.

Wir haben zwei Dinge zusätzlich erreicht: Es ist in diesen Papieren das erste Mal von "nuklearer Sicherheit" im Zusammenhang mit einer EU-Erweiterung die Rede, und weiters etwas, was wir uns schon lange gewünscht haben, daß nämlich die soziale Konvergenz in diesem Erweiterungsprozeß zu beachten sein wird.

Wir haben während unserer Präsidentschaft auch folgende zwei Dinge geschafft: Erstens, die klare Vision, die politische Perspektive, daß wir für ein gemeinsames und friedliches Europa diese schrittweise Erweiterung brauchen, zu bestätigen, und zweitens, daß wir diesen Erweiterungsprozeß mit Realitätssinn so vorbereiten müssen – und das können wir garantieren –, daß er für die Menschen in der Europäischen Union und für die Menschen in den Beitrittsländern einen Erfolg darstellen wird – und keinen sozusagen programmierten Mißerfolg, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube aber – und das möchte ich dazu abschließend feststellen –: Bei all den vielen technischen Problemen, die gelöst werden konnten, einige leider nicht, sollten wir nicht vergessen, was das oberste Ziel dieser österreichischen Präsidentschaft, eines neuen Mitgliedslandes der Europäischen Union, war, nämlich den Menschen in Europa klarzumachen, daß es über einen Markt, über eine Währung hinausgehend europäische Visionen, europäische Notwendigkeiten gibt. Uns ist bewußt geworden, daß wir den Menschen in Europa im Bereich Beschäftigung, innere Sicherheit und Lebensqualität erfolgreiche Politik zu zeigen haben, denn dann werden die Menschen ein Stück mehr für die europäische Seele empfinden.

Es ist ein Erfolg der österreichischen Präsidentschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß wir keine Renationalisierung, kein Auseinanderdriften Europas zugelassen haben. Und folgendes möchte ich auch noch hinzufügen: Es mag vor drei, vier oder fünf Jahren sehr unangenehm gewesen sein, wenn das Bild von Europa dominiert war von Streitigkeiten, von einem Auseinanderklaffen und so weiter. Da war auch oft von "Euro-Sklerose" die Rede. Das mag damals unangenehm gewesen sein. (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Jetzt, meine Damen und Herren, ab dem 1. Jänner 1999, wenn wir eine gemeinsame europäische Währung haben werden, wäre das nicht nur unangenehm, sondern hätte sogar nachteilige Folgen für unsere europäische Währung, für die Wirtschaft und für die Beschäftigung. Daher bin ich stolz darauf, daß es unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, daß es den Regierungsparteien gelungen ist, diese österreichische EU-Präsidentschaft als erfolgreiche Arbeitspräsidentschaft, die Orientierung, Offenheit, aber auch ein Miteinander signalisiert hat, für unser Ziel zu nutzen, nämlich für ein gemeinsames, stabiles und friedliches Europa einzutreten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundeskanzler.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.38

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich habe dieser etwa halbstündigen Rede des Herrn Bundeskanzlers aufmerksam zugehört. Viele seiner Worthülsen habe ich zumindest so zu deuten versucht, daß man sie als Anfragebeantwortung sehen könnte, aber vermißt habe ich jedenfalls eine Beantwortung der drei dringlichen Fragen der Anfragesteller Kostelka und Genossen.

Ich gehe also davon aus, daß der Herr Bundeskanzler diese Dringliche Anfrage schriftlich beantworten wird, und ich ersuche, daß diese schriftliche Anfragebeantwortung den Mitgliedern des Hohen Hauses übermittelt wird.

15.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Kostelka. – Bitte.

15.39

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich verweise darauf, daß unsere erste Frage in die Richtung ging, welche Ergebnisse die österreichische EU-Präsidentschaft gebracht hat. Die zweite Frage bezog sich auf die Beschäftigungsstrategie, die dritte Frage auf die Bilanz, die daraus gezogen werden kann.

Auf all diese Fragen ist der Herr Bundeskanzler, und zwar ganz dezidiert, eingegangen. – Das einzige, Herr Präsident, was gefehlt hat, war, daß er die Ziffern 1, 2 und 3 nicht explizit ausgesprochen hat, aber das kann ich dem Kollegen Stadler gerne nachliefern. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das ist kein Weihnachtswunsch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

15.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung.

Ich rufe in Erinnerung, daß ab jetzt gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung jedem Redner maximal 10 Minuten an Redezeit zur Verfügung stehen; jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten.

Gemäß § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung hat sich Herr Vizekanzler Dr. Schüssel zu Wort gemeldet. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Vizekanzler.

15.39

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Bewertung einer Präsidentschaft fällt naturgemäß für jenes Land, das die Präsidentschaft innehat, relativ positiv aus. Das ist immer so. Aber die unbestechlichen, objektiven Beobachter von außen bewerten uns ja auch.

Wenn zum Beispiel heute in der "Financial Times" ein Leitartikel zu finden ist, der den Werdegang Österreichs beschreibt und in dem steht, daß Österreich vor zehn Jahren eigentlich ein ziemlich isolierter Außenseiter war und heute in das Zentrum europäischer Politik zurückgekehrt ist und eine exzellente Vorsitzführung in der Union hingelegt hat, so ist das nicht Weihrauch, nicht Selbstlob, sondern eine Bewertung, die man dankbar und auch, glaube ich, positiv aufnehmen kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Natürlich haben wir diese Präsidentschaft – ich sage das gleich im voraus, damit alle Redner, die nachher kommen, dieses Argument auch richtig werten, so, wie wir es beide verstehen – als Teampräsidentschaft angelegt. Das ist nicht eine Personality-Show für den Bundeskanzler und/oder den Außenminister, sondern da sind alle Fachminister eingebunden, da ist ein hervorragendes Team von 200 bis 300 erfahrenen Verhandlern, Diplomaten, Außenvertretern beteiligt, die das meiner Einschätzung nach wirklich gut gemacht haben. Daß wir den Schweiz-Vertrag abschließen konnten, dazu war beispielsweise der Beitrag des Verkehrsministers ganz entscheidend. Umgekehrt wäre das Gesamtpaket nicht möglich gewesen, hätte es der Außenminister nicht fertiggemacht. Auch der Beitrag der Kommission darf nicht vergessen werden.

Ich finde, das ist ja auch die Kunst einer guten Präsidentschaft, daß man nicht glaubt, selber das Rad neu erfinden oder gar die Union neu gründen zu müssen, oder daß alles, was jetzt an Gutem da ist, nur durch uns allein geschaffen wurde, sondern: Es war die Chance gegeben, und diese haben wir, glaube ich, ganz gut genützt, indem wir das wertvolle Wissen und die Kraft der Kommission, aber auch den Beitrag der europäischen Parlamentarier gebündelt haben, sodaß dann tatsächlich einige gute, geradezu spektakuläre Erfolge möglich gewesen sind. Die Frage der Rechtsgrundlage für die Förderung der NGOs wurde schon erwähnt. Das ist, bitte, ein Thema, das 15 Jahre lang offengestanden ist. Wir haben es zusammengebracht, zu einem Ergebnis zu kommen, weil wir uns auch sehr um das Parlament und um die Kommission gekümmert haben.

An dieser Stelle möchte ich auch nachdrücklich dem Organisationsteam gratulieren, und, weil sie heute nicht da, sondern in unserer Vertretung noch in Straßburg ist – denn die Debatte geht ja im Europäischen Parlament weiter –, möchte ich hier wirklich auch den Beitrag von Frau Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner hervorheben, die diese Aufgabe ausgezeichnet gemacht hat und diese interinstitutionellen Sachen, diese Verhandlungen, die sehr kompliziert sind, hervorragend geführt hat. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Viktor Klima hat zu Recht darauf hingewiesen: Die österreichische Präsidentschaft fällt in eine Zäsur, und diese wirklich wichtige Zäsur ist das Datum 1. Jänner 1999, die Einführung des Euro. Man wird später einmal im Rückblick die Zeit der Union in die Zeit vor der Einführung des Euro und in die Zeit nachher einteilen. So selbstverständlich war es natürlich nicht, daß wir in den Zeiten der Finanzkrisen in der Welt – Asien, Rußland, Lateinamerika – ein sanftes, professionelles und absolut stabiles Einführungsdatum des Euro garantieren konnten. Auch daß vor 14 Tagen eine konzertierte Leitzinsensenkung durch alle europäischen Nationalbanken möglich gewesen ist, ist ein klarer Beweis dafür, daß an dieses Projekt geglaubt wird. Wir – die Präsidentschaft mit den 15 Mitgliedstaaten plus Kommission und EZB – haben klar vor Augen geführt, daß eine starke Währung, Preisstabilität und die Vereinbarung eines Beschäftigungsengagements nicht nur ein Wunschtraum sind, sondern Realität! Wir – Briten und Österreicher – haben das in diesem Jahr fertiggebracht. Es gibt am Ende dieses Jahres über 1,5 Millionen mehr Jobs in Europa als vorher. Wir haben mehr neue Jobs geschaffen als etwa die Amerikaner.

Das europäische Modell lebt also! Und es ist doch wichtig, so etwas gemeinsam außer Streit zu stellen, denn das gibt uns Hoffnung für die Zukunft. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die zweite Zäsur ist im Zusammenhang damit zu sehen, daß Europa, wenn wir den größten Wirtschaftsraum der Welt und eine der stärksten Währungen haben wollen – und das steht außer Streit –, als Global Player natürlich auch eine gemeinsame starke Außenvertretung in der Politik braucht, sowie auch eine Sicherheits- und Verteidigungsdimension. In diesem Punkt sind in der österreichischen Präsidentschaft keine Entscheidungen gefallen (Abg. Scheibner: Null!), aber im nachhinein betrachtet wird jeder sehen, daß hier eigentlich die Weichen richtig gestellt worden sind. (Abg. Scheibner: Sie haben hier für das Parlament Diskussionsverbot verordnet! Das war eine einzigartige Leistung!) Bis zur Wahl in Deutschland war es klar, daß dieser neue hohe Vertreter der Außenpolitik eigentlich kein Politiker sein soll. Nach der österreichischen Präsidentschaft ist klar – uns war das vorher schon klar –: Das muß ein glaubwürdiger, höchst professioneller europäischer Außenpolitiker sein! Nur so kann Europa auf der Weltbühne Gewicht haben! Das ist klar, das ist entschieden – die Person noch nicht, aber das Profil.

Genauso ist es in der Frage der Sicherheits- und Verteidigungsdimension. Natürlich war es nicht alleine die österreichische Präsidentschaft. Wir haben auch Glück gehabt. Wir sind zum Teil ein großes Risiko eingegangen, denn diese ganze Sache hätte ein Debakel werden können und ist ja am Anfang auch kritisiert worden. Wir haben zum ersten Mal alle 15 Verteidigungsminister der Union nach Wien eingeladen. Nachträglich hat man uns im Europäischen Parlament zu dieser Initiative gratuliert!

Wir waren die ersten, die als Inhaber der Präsidentschaft der Union einen politischen Dialog auf höchster Ebene mit der Westeuropäischen Union geführt haben. Ich war der erste, der mit dem NATO-Generalsekretär – mit Zustimmung aller 15 – einen offiziellen politischen Dialog begonnen hat. Man kann sagen, das hätte ja früher schon passieren sollen. Richtig! Aber wir haben es gemacht, wir sind das Risiko eingegangen, und die Orientierungsdiskussionen und die britisch-französische Initiative haben bewiesen, daß wir da etwas verändert haben. Das ist wichtig für uns, und das ist auch wichtig für Europa. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines meiner Bestreben war es – und auch da sind wir Risken eingegangen –, daß wir uns selbst in den Weltkrisenzonen oder in den europäischen Krisenzonen – und ich rechne den Mittelmeerraum/Nahost durchaus dazu – einfach eine größere Sichtbarkeit, ein größeres Profil geben wollen. Natürlich habe ich meinen Traum noch nicht verwirklichen können. Jeder hat seinen Traum, und mein Traum wäre gewesen, daß wir noch vor Weihnachten (Zwischenruf des Abg. Dr. Kurzmann) – das ist jetzt nicht zum Blödeln, bitte – etwa im Kosovo den Beginn von politischen Verhandlungen feiern können. Das wäre unglaublich wichtig gewesen (Abg. Scheibner: Das sind ja wieder die Amerikaner!), denn es kann ja nicht genug sein für uns, daß wir einige Hunderttausend Flüchtlinge notdürftig versorgt wieder zurückgebracht haben, sondern die Zeit läuft davon, und im Frühjahr kann es wieder losgehen. Es ist schade, daß das noch nicht gelungen ist. Ich gebe die Hoffnung immer noch nicht auf – 14 Tage haben wir noch Zeit.

Aber in unserer Präsidentschaft ist erstmals ein EU-Beauftragter, der Österreicher Wolfgang Petritsch, in dieser Region und hat sogar Geld, nämlich 50 Millionen Euro – das ist viel Geld: rund 600 oder 700 Millionen Schilling –, um die Flüchtlinge wenigstens über den Winter zu bringen. Wir spielen da eine Rolle, und das Europäische Parlament hat heute Ibrahim Rugova den Sacharow-Preis verliehen, weil wir auch die friedlichen Kräfte im Kosovo bewußt unterstützen wollen. Wir waren diejenigen, die die serbischen Oppositionellen alle gemeinsam nach Wien geholt haben, um eine demokratische Alternative zu ermutigen, den Kampf gegen Diktatoren anzugehen. (Zwischenruf des Abg. Jung.) Ich glaube, daß wir auf diese Präsenz und Sichtbarkeit der Europäischen Union durchaus stolz sein können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jung.)

Wir sind eben nicht nur in der Theorie der Orientierungsdiskussion steckengeblieben, sondern wir haben eher versucht, durch die Praxis die Theorie zu überholen. Wenn heute im Kosovo bis Ende Dezember die Hälfte der Kosovo-Verifiers eintreffen wird, so sind sie zu zwei Dritteln aus EU-Bürgern gebildet. Wenn zur Sicherheit in Mazedonien eine NATO-Extraction-Force gebildet wird, so wird sie zu 100 Prozent aus NATO-Soldaten gebildet. Das heißt, das europäische Modell einer Sicherheitspolitik, einer militärischen Komponente, die regionale Konflikte dämpfen, absichern soll, nimmt Gestalt an. Daß das gerade in der österreichischen Präsidentschaft Gestalt gewonnen hat, daran haben wir schon mitgewirkt – das kann man, glaube ich, ohne falsche Bescheidenheit sagen.

In der Nahostfrage haben wir durch die Einladung von Präsident Arafat diesem sofort nach der Konferenz in Washington die Chance gegeben, die Stimme Palästinas vor den 15 Regierungschefs zu erheben. Ich selbst bin in diese Region gefahren, bin dann in sechs Länder gereist, habe die Europäische Union in Washington bei der Donors-Konferenz vertreten. Wir haben gezeigt, daß wir auch in Zukunft bereit sind, als größter Geber der Welt den Friedensprozeß zu unterstützen. Das heißt, Außenpolitik ist für uns Friedenssicherung, aktive Friedenssicherung gewesen. Und ich meine, daß gerade das kleine Österreich auf diesen europäischen Beitrag durchaus stolz sein kann. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Eines ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte um den Schlußsatz, Herr Vizekanzler!

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel (fortsetzend): Eines unserer wichtigsten Themen wird Rußland sein. Wir konnten am Montag im Landwirtschaftsrat sicherstellen, daß die Nahrungsmittelhilfe im Umfang von 400 Millionen Euro für Rußland beschlossen wurde. Sie wird im Schnellverfahren bereits heute vom Europäischen Parlament bewilligt.

Wir haben den Schweiz-Vertrag unter Dach und Fach gebracht, eine höchst erfolgreiche Konferenz mit der SADC abgeschlossen, und wir haben zum ersten Mal ein Profil für die Menschenrechte entwickelt. Ich hoffe, daß die deutsche EU-Präsidentschaft das fortführt: mit einem jährlichen Menschenrechtsbericht und mit einer Menschenrechtsagentur, die hoffentlich in Wien beheimatet sein wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.50

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Graf: Nicht zu scharf ins Gericht gehen!) Der Vorsitz in der EU war nicht nur für unser Land, für den Bundeskanzler, den Außenminister, für die Regierung etwas Neues, eine Premiere: Es war auch für das Parlament – und im Parlament sicherlich für die Opposition in erster Linie – eine neue Situation und für uns alle eine neue Erfahrung.

Wie ist das im halben Jahr eines Vorsitzes? So mußten wir uns fragen, so mußten sich auch die Abgeordneten fragen. Kann man die Regierung in dieser Zeit zur Gänze aus allem Parlamentarischen herauslassen? Inwieweit kann man sie in EU-Angelegenheiten binden, wenn die Regierungsmitglieder gleichzeitig Vorsitzende und allen Ländern verpflichtet sind? Inwieweit kann man sie mit Terminen belasten? Inwieweit kann man verlangen, daß sie, wenn sie in Straßburg sein müssen, gleichzeitig hier im Parlament sind?

Es hat sich am Anfang von allen Fraktionen dieses Hauses eine sehr starke Bereitschaft gezeigt – und ich möchte das auch wirklich erwähnen –, zum Beispiel bei der Festlegung von Budgetdebatten, der Budgeterstellung und so weiter auch auf die Tatsache einzugehen, daß Österreich den Vorsitz führt, daß die Regierung – vor allem Bundeskanzler und Vizekanzler – bestimmte Aufgaben für die EU zu erfüllen und wir uns in unserer Arbeit auch ein bißchen darauf einzustellen haben. Diese Bereitschaft war vorhanden, und dafür möchte ich auch allen Fraktionen dieses Hauses ein Dankeschön aussprechen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Frage war: Wird sich diese technische Bereitschaft, die gezeigt wurde, auch fortsetzen, wenn es dann daran geht, objektiv zu beurteilen, wie dieses Vorsitzhalbjahr war? Werden dann alle das objektiv im Interesse unseres Landes beurteilen? Oder wird dann das nahende Wahljahr seine Schatten dahin gehend vorauswerfen, daß man zum Beispiel seitens der Opposition nicht mehr bereit sein wird zu sagen, das war ein guter Vorsitz, weil man sich schon Kapital für die nächsten Wahlschlachten herausholen will?

Sosehr ich ein ehrliches Dankeschön für diese Anfangsbereitschaft sagen mußte und wollte, so sehr habe ich nun bei der Beurteilung das Gefühl, daß aus Gründen der eigenen Profilierung für das nächste Jahr nicht objektiv gesagt wird, was auch hier im Parlament zu sagen ist: Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Ihnen sowie der gesamten Bundesregierung und Tausenden Mitarbeitern Österreichs ein herzliches Dankeschön für diese erfolgreiche Arbeit (Abg. Dr. Kurzmann: Ist Ihnen das nicht peinlich?), die Sie nicht nur für unser Land, sondern auch für unser Land in Europa geleistet haben! Wir sind stolz darauf, daß wir als Österreicher das so gut zustande bringen konnten! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Im Ausland wird das entsprechend gewürdigt. (Abg. Mag. Stadler: Entsprechend!) Dort, wo man die Möglichkeiten sieht, dort, wo man die Größe der Länder sieht, dort, wo man mit dem großen Vorgänger England et cetera vergleichen kann, dort wird zu Recht darauf hingewiesen, daß sich dieser österreichische Vorsitz sowohl in der Durchführung, in der Technik, im Verhandlungsgeschick als auch in den Ergebnissen durchaus sehen lassen kann.

Ich weiß, hier kommt dann manchmal das Argument: Nun ja, das war ein "tanzender Kongreß". – Dieses Zitat ist damit einerseits nur zur Hälfte wiedergegeben, denn es hieß ja: Der Kongreß tanzt, aber er bewegt sich nicht.

Andererseits war es für unser Land sicherlich auch wichtig zu zeigen, daß auch diese Tagung in das Bild des Standards einer Kultur paßt, die unser Land bei Fremdenverkehr und anderen Dingen zeigen will, weil es daraus Nutzen in ganz Europa zieht. Es war aber ein Vorsitz oder, wenn ich bei diesem Bild bleiben darf, ein Kongreß, der getanzt und sich inhaltlich bewegt hat. Es war Erlebnis und Ergebnis. Es war Ergebnis nicht nur für die Staaten und Regierungen, sondern für die Menschen dieses Kontinents, insbesondere in der Beschäftigungsfrage. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es gab Fortschritte auf diesem wichtigen Sektor, es gab große Fortschritte auch auf anderen Sektoren. Trotz des Wermutstropfens bezüglich des "Mr. GASP" oder der "Mrs. GASP" gab es Fortschritte auch im Bereich der Außenpolitik. Bei der Agenda 2000 gibt es eine Situation, in der klarer ist, wie sich die Länder verhalten. Es wurde die Frage der Erweiterung in Bewegung gehalten. Es wurden Dinge auf die Tagesordnung gebracht, bei denen es noch vor zwei Jahren undenkbar schien, daß man sich in der EU damit beschäftigen wird.

Schließlich war es – ich muß und möchte das von dieser Stelle aus sagen – auch ein Vorsitz, der die parlamentarischen Verpflichtungen nicht nur als lästige Verpflichtungen gesehen hat, sondern inhaltlich ernst erfüllt hat: Vorsitz gegenüber dem EP, Bundeskanzler und Außenminister gegenüber der Sitzung der Vorsitzenden der Außenpolitischen Ausschüsse, der Parlamentspräsidenten und gegenüber der COSAC. All die Schnittstellen zwischen parlamentarischen Einrichtungen und Vorsitz haben also ausgezeichnet funktioniert, besser als in den vergangenen Jahren, besser auch in bezug auf inhaltliche Fragen. Es ist dort gut gearbeitet worden. Auch dafür ein herzliches Dankeschön! Auch das hat dazu beigetragen, daß Österreich insgesamt, seine Organe, seine Regierung und sein Parlament in Europa ernst genommen werden. Es war ein Vorsitz, der uns, den Menschen, dem Land in Europa geholfen hat. Das, glaube ich, ist das Schönste, was man von einem solchen halben Jahr sagen kann. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Wabl: Halleluja!)

15.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Mock. Maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.58

Abgeordneter Dr. Alois Mock (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine, daß es bei jeder dieser Debatten angebracht ist, die Dinge differenziert zu sehen. (Abg. Dr. Schmidt: Ja!) Je differenzierter wir die Ergebnisse beurteilen, desto größer ist auch die Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit für das, wofür wir gearbeitet haben. (Demonstrativer Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist nämlich in diesem Sinn überhaupt keine Frage, daß die Führung der Präsidentschaft der Europäischen Union durch Österreich, auch die Tagung des Allgemeinen Rates, des Europarates unter Vorsitz von Bundeskanzler und Vizekanzler ein beachtlicher Erfolg waren, ein beachtlicher Erfolg für Österreich, in der Arbeit selbst und für unser Ansehen im Rahmen Europas. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte in diesem Sinne auch bewußt der Bundesregierung dafür danken, weil ja auch die Fachminister sehr oft eingeschaltet waren. Dazu kommt, daß gerade die Sektoren, die oft nicht durch Anerkennung und durch berechtigte Komplimente verwöhnt wurden, wie etwa der diplomatische Dienst, die Exekutive oder auch die allgemeine Beamtenschaft, gezeigt haben, daß wir auf diese Mitarbeiter stolz sein können.

Ich wurde betreffend die Organisation von früheren Bekannten spontan angesprochen. Wir wissen alle, meine Damen und Herren: Wenn eine Organisation nicht klappt, wenn sie nicht funktioniert, wenn man zu spät oder zu früh kommt, den Partner nicht trifft, dann ist das Klima kaputt, sodaß man im Inhalt nicht mehr weiterkommen kann.

Ich möchte diesen Gruppen auch besonders dafür danken, daß sie für die Sicherheit und für die Organisation Außergewöhnliches geleistet haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Natürlich muß man sagen, daß in der Substanz auch manches stehengeblieben oder nur wenig weitergeschoben worden ist. Man muß auch offen sagen, daß, wenn die "Großen" dort vereinbaren, man müsse manches erst im März oder im Juni nächsten Jahres erledigen, man nicht von uns erwarten kann, daß wir das durchziehen können. Wir müssen das analysieren und darlegen, daß wir Verständnis dafür haben.

Nehmen wir das schwierige Kapitel einer Gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik. Ich möchte hier besonders dem Vizekanzler für das danken, was er im Kosovo zustande gebracht hat. Daß wir dort heute noch lange keinen Frieden, aber wenigstens Waffenstillstand haben, der es der Bevölkerung erlauben wird, vielleicht einigermaßen menschlich – oder weniger unmenschlich – den Winter zu überstehen, für dieses besondere Engagement danke ich dem Vizekanzler im Namen der armen Bürger dieses Landes, das zerrissen ist, das noch immer von der Gefahr bedroht ist, jeden Tag wiederum mit Hunderten Toten, neuen Flüchtlingen und dergleichen mehr konfrontiert zu sein. Aber derzeit herrscht Waffenstillstand. Wir sind dankbar, Herr Vizekanzler, daß Sie es so weit gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Natürlich wünscht man sich, daß die Europäische Union in so einem Fall kraftvoll eingreift. Allein die Stellung der Menschenrechte gibt heute die Möglichkeit, dort einzugreifen, ohne sich mit Formalismen der Souveränität lange aufhalten zu müssen. Nur, meine Damen und Herren, eine gemeinsame Außenpolitik ist das Schwierigste, was wir in Europa zusammenbringen müssen. Ich persönlich bin davon überzeugt, daß es noch mindestens eine ganze Generation dauern wird, bis bei großen Konfliktfragen ein einheitliches, kraftvolles Agieren gegeben sein wird. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Daher halte ich es auch für sinnvoll, wenn sich gerade die Europäische Union sehr auf die mittleren und kleineren Konfliktfälle im Kosovo, in Albanien, wo auch immer sie passieren – es gibt genügend Beispiele in Europa –, konzentriert. Da kann man sehr vieles machen, sowohl bei der Konfliktprävention als auch nachher beim Wiederaufbau. Ein bestimmter Betrag zum Wiederaufbau Albaniens kann sehr rasch wirken, wird als spektakulär empfunden. Der gleiche Betrag in einer großen Konfliktsituation, wie zum Beispiel jener in Rußland, in der früheren Sowjetunion, ist weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber man könnte damit beginnen und zeigen, daß wir kleinere Konflikte bereits lösen können. Bei anderen müssen wir mitreden, mitbestimmen, aber wir sind noch keine eigenständige Kraft.

Das wird noch länger dauern, aber es ist ohnehin schon Spektakuläres an Gemeinsamkeit in Europa erreicht worden, wenn ich daran denke, daß man sich vor 40, 50 Jahren noch mit Haß oder im Krieg gegenüberstand. Ich glaube, eine nüchterne Beurteilung der Politik im Bereich der Außenpolitik und im Bereich der Sicherheitspolitik ist angesagt.

Zur Beschäftigungsfrage: Herr Bundeskanzler, ich teile Ihre Ansicht bezüglich des Akzentes, den Sie dieser Frage zuordnen – auch daß Sozialpolitik und Beschäftigungspolitik ein Teil der Sicherheitspolitik im weitesten Umfang sind. Wir laufen aber schon ein wenig Gefahr – ich habe mir das herausgeschrieben – mit dem Verlangen nach nationalen Aktionsplänen. Diese sollten zu einem gemeinsamen Beschäftigungsbericht führen. Es wird mitgeteilt: Nächstes Jahr schließen wir einen Beschäftigungspakt ab. – Da setzt dann irgendwo die Gefahr ein, daß die Menschen sagen: Es gibt immer neue Abkommen, aber wir hören nie Ziffern und Zahlen, was uns das gebracht hat.

Daß die allgemeine Politik sich darauf konzentriert und – wie Sie und auch der Herr Vizekanzler gesagt haben – zu einer Besserung der Situation beigetragen hat, ist richtig, aber von der EU ist zuviel angekündigt worden, um derzeit voll glaubwürdig zu sein, daß sich aufgrund des EU-Einflusses diesbezüglich etwas geändert hätte. Das müssen wir nüchterner sehen, sonst verlieren wir die Glaubwürdigkeit.

Für mich ist es ohnehin keine Frage: Es gibt keinen Bereich der Politik für Europa, bei dem nicht auch Solidarität und Sozialpolitik präsent zu sein haben. Ich kann mir keine andere Politik vorstellen. Schon wenn man die Aussagen der Gründerpersönlichkeiten analysiert und bei ihnen nachliest, spielte – abgesehen vom Friedensziel – bei allen auch das soziale Engagement eine wichtige Rolle, weil letztlich alle diese Politiken den Menschen zu dienen haben. – Soviel zur Beschäftigungsfrage.

Es gibt noch einen anderen Bereich, in dem sehr viel weitergegangen ist, nämlich in der Verkehrspolitik durch das Abkommen mit der Schweiz. Jeder weiß, wie hartnäckig seit Jahren verhandelt wurde, wie gering noch vor sechs Monaten die Chancen waren, daß man da überhaupt weiterkommt. Ich meine, daß das ein beachtlicher Erfolg ist, auf den wir ebenfalls stolz sein können. Der Schweizer Außenminister hat sehr nüchtern – es ist einer der Charakterzüge des Schweizer Wesens, nüchtern zu sein –, sehr klar zum Ausdruck gebracht, daß Österreich einen wertvollen Beitrag im Sinne der Nachbarschaftshilfe geleistet hat.

Meine Damen und Herren! Wenn ich jetzt so gefährliche Themen wie Naher Osten und das, was sich in Ostasien abgespielt hat – die direkten und indirekten Einflüsse der Finanzkrisen –, nicht erwähne, so geschieht das aus einer Reihung der Prioritäten heraus. Das, was in unserer näheren Umgebung geschieht, ist für unsere Sicherheit, für unsere Zukunft noch immer wichtiger als das, was weit entfernt von uns passiert. Das ist nicht gegen die Globalisierung gerichtet; ich selbst habe für meinen Bereich nach dem Beitritt zur Europäischen Union erklärt, daß Asien ein Schwerpunkt unserer Außenpolitik werden muß. Diese Linie wurde auch weiterverfolgt, und das wird auch trotz der Schwierigkeiten so bleiben. Man muß Visionen haben – deswegen muß man noch lange nicht zum Arzt geschickt werden –, aber gleichzeitig auch Realismus, und die Realität zeigt, daß das, was in der Nachbarschaft passiert, eben das Wichtigste für die Sicherheit unseres Landes ist.

Ich komme zur Erweiterungsfrage. Ich betrachte es als großen Erfolg, daß jetzt zu verhandeln begonnen wird. Wir haben ein enormes Glaubwürdigkeitspotential bei den Beitrittswerberländern. Das kann aber auch rasch in ein Defizit umschlagen. Nicht, daß es keine Schwierigkeiten geben wird – es wird Schwierigkeiten geben in diesem Zusammenhang; wir müssen etwa die Ängste der Bürger beachten –, aber diese sind bewältigbar. Wir haben sie in der Vergangenheit bewältigt und werden sie auch jetzt bewältigen, wenn ein hohes Maß an Gemeinsamkeit vorhanden ist.

Genauso wie die Regierung auf einiges verweisen kann, das dem Wohl Österreichs und auch dem Ansehen der Bundesregierung gedient hat, muß man andererseits feststellen, daß es eine Reihe von konkreten Zielen gibt, deren Verwirklichung nicht so rasch vonstatten ging. Da liegt auch für die Opposition ein Betätigungsbereich, da kann sie nachschieben. Sie ist ja nicht dazu da, um zu loben, sondern um anzutreiben. Jeder hat in der Demokratie seine Aufgabe.

Ich bin also durchaus optimistisch, daß wir auch diese Phase wieder bewältigen werden. Ich glaube, der Gipfel in Wien und die Präsidentschaft Österreichs waren ein großer Erfolg für unser Land, ein wichtiger Beitrag, ein Stück näher zu einem gemeinsamen friedlichen Europa zu kommen, auf das wir letztlich alle stolz sein können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Mag. Peter.)

16.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Haider. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

16.07

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir haben uns heute darüber gewundert, daß die große Regierungspartei eine Dringliche Anfrage an ihren Bundeskanzler aus der eigenen Partei stellen muß, um dringlich zu erkunden, was denn tatsächlich an Ergebnissen bei diesem EU-Gipfel und während der vorangegangenen sechs Monate angefallen ist. Das zeigt einmal mehr, daß es offenbar ein ziemlich diskretes Ergebnis geben muß, das nicht leicht zu entdecken ist. Der Herr Bundeskanzler hat es auch in sehr wolkigen Worten dargestellt. Ich bin mir zwar noch nicht ganz klar darüber, was es wirklich ist, aber er hat zumindest versucht, uns ein Ergebnis darzulegen.

Herr Kostelka hat es in seiner Rede, glaube ich, treffend erfaßt, als er sagte: Wenn eine der arbeitsreichsten Perioden einer Präsidentschaft jetzt beginnt, dann ist es auf diese Wiener Strategie zurückzuführen. – Das heißt, Sie haben so wenige Probleme bewältigt, daß die Deutschen jetzt alle Hände voll zu tun haben, um das, was Sie alles übriggelassen haben, endlich zu lösen zu beginnen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: So steht es in den deutschen Zeitungen!) So steht es auch in den deutschen Zeitungen.

In einer spanischen Zeitung ist zu lesen: Der Wiener Gipfel wird in die Geschichte eingehen als jener Moment, in dem der Zug nicht weiterfahren kann, weil sich die Lokführer nicht einig sind, auf welcher Route sie weiterfahren sollen. – Das ist gar nicht so falsch dargestellt, weil ich wirklich glaube, daß diese Orientierungslosigkeit mit ein Grund dafür war, warum es zu keinen spürbaren konkreten Ergebnissen in der Beschäftigungspolitik, in der Sicherheitspolitik und bei den Finanzierungsfragen als den im Mittelpunkt stehenden Fragen gekommen ist.

Das hat mit Ihren Personen nichts zu tun. Sie sind immer ein bißchen persönlich beleidigt, wenn man nicht alles bejubelt. Wir sagen ganz unumwunden: Sie haben viel gearbeitet, Sie sind viel unterwegs gewesen. Der Herr Schüssel ist im Flugzeug unterwegs gewesen und hat Tag und Nacht verhandelt. Der Herr Bundeskanzler hat zweimal eine Tour des Capitales gemacht, um alle Staats- und Regierungschefs zu besuchen, aber es ist eben peinlich, wenn man eine Tour des Capitales macht, den französischen Staatspräsidenten Chirac besucht, am nächsten Tag bei Herrn Schröder ist, und dann kommt man heim und findet einen Brief vor, den Chirac und Schröder einem geschrieben haben, weil sie einem nicht sagen wollten, worüber bei der Konferenz verhandelt wird.

Ich frage mich also wirklich: Was ist das für eine Kommunikation bei euch? – Da fährt jeder jeden besuchen, und nachher schreibt man sich erst recht Briefe, um das auszudrücken, was wirklich durchgeführt werden soll. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Mag. Klima.) Sie wären wahrscheinlich ein guter Reisebüroagent, Herr Bundeskanzler. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Ausgezeichnet! Reisebüro Schüssel, Klima & Co mit beschränkter Haftung, und die Steuerzahler bezahlen. Das wäre ein Erfolgshit! Da kann man gratis auf Urlaub nach Österreich kommen, und da kann man klassengebunden Diners zu sich nehmen. Sie haben ja 1.- und 2.-Klasse-Diners gehabt. Ganz imperial ist es zugegangen. Wie am Kaiserhof! Wie zu Habsburgs besten Zeiten hat es ein 1.-Klasse-Menü für die Regierungschefs und ein 2.-Klasse-Menü für die sonstige Diplomatie gegeben. Unter neuen sozialdemokratischen Mehrheiten in Europa ist das eine interessante feudalistische Wende, die sich hier ankündigt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Bürgernähe!)

Ich meine, daß das, was die Kommentatoren über den Gipfel geschrieben haben (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr), nämlich "flach", "enttäuschend", "dürftig", nicht die Kritikpunkte der Opposition sind, sondern das sind die Stimmen der in- und ausländischen Presse, auf die Sie so viel Wert legen. Flach, enttäuschend, dürftig! – Es ist tatsächlich nicht viel weitergegangen, denn das einzige, was wirklich begonnen wurde, sind die Verhandlungen über die Osterweiterung. Das ist aber genau das, was wir Österreicher nicht haben wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Osterweiterung ist heute in ihrer Dimension überhaupt nicht absehbar. Ich kann dem Herrn Vizekanzler nicht zustimmen, wenn er bei jeder Gelegenheit sagt, es werde an Vorleistungen rund 1 000 Milliarden Schilling kosten, was wir zu bezahlen haben, damit wir diese Nachbarländer reif für die EU machen. – Herr Vizekanzler! Die Vorstellung von einer Freihandelszone, von einem Zugang zum freien Markt der EU ist eine andere. Wenn jemand an einem größeren Markt teilhaben kann, dann ist das Vorteil genug, dann muß man ihm das nicht auch noch finanzieren. Das ist ein grobes Mißverständnis. Und genau dieses Geld geht uns ab, um in Österreich die Strukturen in Ordnung zu bringen, in Österreich die Steuern zu senken, in Österreich das Wirtschaftswachstum zu beschleunigen und in Österreich neue Arbeitsplätze zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich habe auch nicht verstanden, daß man sich nicht auf das eine oder andere Konkrete verständigen konnte. Es geht um Arbeitsplätze, das ist schon recht, Herr Bundeskanzler, aber dann verstehe wirklich nicht, warum bei allen Konferenzen eine derartige Hochstimmung herrscht. Auf jedem Foto, in jedem Bericht, sieht man einander umarmende, lächelnde, freundliche, glückliche Politiker. 17 Millionen Arbeitslose, das ist eine wahnsinnige Gaudi! 17 Millionen Arbeitslose – da haut man sich bei den Konferenzen wahnsinnig ab! Da muß es ja so fröhlich zugehen dabei, diese 17 Millionen Arbeitslose verwalten zu dürfen.

Sie gehen jetzt her und sagen: Es sind ohnehin weniger geworden! – Täuschen Sie doch die Öffentlichkeit nicht! Aus Vollzeitarbeitsplätzen und Ganztagsarbeitsplätzen sind Teilzeitbeschäftigungen geworden. Das ist die Art der Beschäftigungspolitik, die sich nun auch in Europa durchsetzt. Das ist das, was wir auch in Österreich haben. Deshalb steigt die Arbeitslosenrate, deswegen haben Sie das Problem der Langzeitarbeitslosen und deswegen ist auch die Osterweiterung so gefährlich für Österreich, weil sie zu einem Zustrom von Billigarbeitskräften nach Österreich in hunderttausendfacher Form führen wird. Billigarbeitskräfte werden zu teuer gewordene österreichische Arbeitskräfte von ihrem Arbeitsplatz verdrängen, und dann werden Sie kein Rezept haben, meine Damen und Herren, um diese Problematik zu steuern! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aus diesem Grunde meine ich, daß es gescheit wäre, wenigstens den einen oder anderen Punkt, den die EU selbst vorschlägt, in Angriff zu nehmen. Lesen Sie doch die Protokolle der EU-Kommission! Lesen Sie die Vorschläge der EU-Präsidentschaft selbst, die Leitlinien für die Beschäftigungspolitik! Dort steht es ja nachzulesen: Nur eine drastische Senkung der Steuern wird zu mehr Beschäftigung in Europa führen. – Jene Länder, die das tun, beispielsweise Holland, Großbritannien, Irland und Spanien, haben die beste Beschäftigungssituation. Das können Sie jetzt drehen und wenden, wie Sie wollen. (Zwischenruf des Abg. Hums.) Niedrige Steuern führen zu einem Zuwachs an Beschäftigung, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Spanien hat einen massiven Schnitt bei den Steuern gemacht. (Abg. Marizzi: Keiner hat die "flat tax"! Aber keiner hat die "flat tax"!) Spanien ist zusätzlich mit den Mitteln aus dem Kohäsionsfonds begünstigt, die Sie ihnen noch gewähren, obwohl es eigentlich die Maastricht-Kriterien erfüllt hat. – Das ist auch ein Widerspruch in sich; diese Dinge hätten wir gerne besprochen gehabt. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Mag. Klima.) Ja, Herr Bundeskanzler, 20 Prozent Arbeitslosigkeit in Spanien (neuerliche Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Mag. Klima), da geht es bergab. Wenn Sie jedoch so großen Wert darauf legen, daß wir über die realen Arbeitslosenzahlen reden, rechnen Sie in Österreich einmal alle Zwangsfrühpensionisten dazu, dann kommen Sie nämlich auf 16 Prozent Arbeitslosigkeit in Österreich, wie es auch das Wifo gesagt hat. Dann brauchen Sie nicht mehr großartig stolz darauf zu sein, daß das ein Ausweis für eine besonders hervorragende Politik sei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine also, es wäre doch auch für uns als Land, das die EU-Präsidentschaft innehat, vernünftiger, eine gewisse Vorbildfunktion zu beachten. Hätten Sie eine steuerpolitische Vision entwickelt! Das, was Sie jetzt auf den Tisch gelegt haben, ist eher bescheiden. Sie versprechen 30 Milliarden Schilling, davon 12 Milliarden Schilling, die Ihnen der Verfassungsgerichtshof aufgetragen hat – das kommt ja nicht freiwillig –, und 9 Milliarden Schilling holen Sie sich über die Kürzung von Überstunden, über die Streichung der Sonderausgaben. Das heißt, die Arbeiter zahlen sich ja ihre eigene Steuersenkung selbst, und mit 9 Milliarden Schilling werden Sie die kalte Progression ausgleichen. – Das können Sie gleich wieder vergessen, weil die Abgabenquote nicht sinken wird. Das sind jene Dinge, die die Leute irritieren und der Grund, warum sie letztlich Zweifel haben, ob all das, was Sie hier vorgetragen haben, so ernst gemeint ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Ich glaube, daß die Chancen nicht ausreichend genützt worden sind.

Herr Vizekanzler! Es ist richtig, Sie haben sich im Kosovo bemüht, aber Sie sollten auch sagen, daß Sie bei diesem Prozeß dort nur Zaungast sind. Sie dürfen für die EU zur Geberkonferenz nach Washington fahren und dürfen zahlen. Verhandeln und politisch entscheiden, das tun die Amerikaner – auch am Balkan, auch im Kosovo. Das ist die Realität, weil Europa in diesen Fragen nicht gehört wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie müssen zur Kenntnis nehmen, daß Sie zwar nach Palästina fahren dürfen, 5,5 Milliarden Schilling spenden dürfen und noch 50 Millionen Schilling von Österreich dazulegen dürfen, aber die Amerikaner entscheiden und nicht der Herr Vizekanzler Schüssel im Auftrag der EU. Wir sind die Zahler, und die Amerikaner bestimmen die Politik. Das muß uns klar sein, und das ist eigentlich den Aufwand, den die europäische Außenpolitik tätigt, im Grunde genommen nicht wert. (Abg. Wabl: Deshalb wollen Sie den NATO-Beitritt haben!) Sie sind sozusagen die Finanzierungsonkel, die das Geld hinlegen, und die anderen bestimmen die Politik!

Ich meine auch, daß Sie die Chance nicht genützt haben – und das tut mir besonders leid –, die Frage der Nettobeiträge in Angriff zu nehmen. Herr Bundeskanzler! Es war bezeichnend, daß Sie am Ende der Konferenz – nach Schluß der Konferenz! – plötzlich mutig geworden sind und sich in einer Wiener Zeitung zu Wort gemeldet und gesagt haben, Sie seien jetzt auch für das Einfrieren der Beiträge – aber erst, nachdem Ihnen Herr Schröder gesagt hat: "So nicht! Wir Deutschen wollen nicht mehr für alles zahlen, wir wollen eine Senkung der Nettobeiträge!" – Und das, nachdem Sie uns hier im Parlament oft gesagt haben, das, was in England hinsichtlich des Rabatts, den Margaret Thatcher für ihr Land herausgeholt hat, passiert ist, stimme erstens nicht und zweitens werde es sich nicht aufrechterhalten lassen. – Jetzt hat es Ihnen Ihr Freund Tony Blair auch gesagt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (fortsetzend): Er hat gesagt: Wir wollen den Rabatt auch weiterhin haben. – Sie haben das zur Kenntnis nehmen müssen. Wäre es nicht gut gewesen, als EU-Ratspräsident, der aus Österreich kommt, auch für das eigene Land das Wort zu ergreifen und zu sagen: Auch wir wollen niedrigere Nettobeiträge, weil wir in diesem Lande auch Bedürfnisse der Finanzierung haben und weil wir heute als kleines Land der drittgrößte Beitragszahler geworden sind!? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das sind meines Erachtens die wirklichen Schwachstellen. Daher sollte man das Ergebnis nicht besonders bejubeln, sondern zur Kenntnis nehmen, daß man eine Gelegenheit versäumt hat, bei der man auch für Österreich vieles erledigen hätte können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Die Frage 4 wäre das gewesen!)

16.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. 10 Minuten Redezeit laut Geschäftsordnung. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Die Kollegin Schmidt läßt sich freiwillig nicht beschränken!)

16.19

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte eingangs nur ein paar Bemerkungen zum technischen Ablauf dieser Diskussion machen. Ich bedauere es auch, daß die Debatte über den Bericht des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers betreffend EU-Gipfel im Rahmen einer Dringlichen Anfrage stattfinden muß. Ich bedauere das vor allem deswegen, weil die beiden Berichte sozusagen in einem Sandwich zwischen zwei Hallelujareden stattgefunden haben, und zwar jener des Klubobmannes Kostelka und jener des außenpolitischen Sprechers der SPÖ Schieder. Man muß aber wissen, warum es auf diese Weise passiert. Es gibt nämlich eine Fraktion in diesem Hause, die nicht dazu bereit war, auf ein parlamentarisches Instrumentarium zu verzichten. Alles, was sonst stattgefunden hätte ... (Abg. Dr. Khol: Welche Fraktion war das, Frau Schmidt?) – Die freiheitliche, und Sie wissen, daß es nur diese sein kann, wenn es um solche Dinge geht. Das ist eine Realität. (Abg. Mag. Stadler: Ihre Komplexe möchte ich haben!)

Deswegen müssen wir in dieser Form hier diskutieren. Ich bedauere das (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler) – das ist nachlesbar –, denn für eines muß man doch Verständnis haben: daß diese beiden Herren, Bundeskanzler Klima und Vizekanzler Schüssel, heute eben nur zu diesen Zeitpunkt Zeit haben (Abg. Mag. Stadler: Ich bin froh, daß es eine Dringliche ist! So einen Schmarren in Form einer Regierungserklärung, wäre zu groß!), eine Debatte mit dem Parlament zu führen. Dafür muß man in dieser Situation einfach Verständnis haben. (Beifall beim Liberalen Forum.) Aber wenn eine Fraktion nur aus Destruktion besteht, dann müssen vier Fraktionen nun in dieser Form diskutieren, und ich tue das hiermit.

Zweitens bedauere ich, daß diese Debatte mit einer solchen Schwarzweißmalerei geführt wird. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Sie brauchen sich nicht anzubiedern!) Ich habe schon vorher dieses Hochjubeln des EU-Vorsitzes und auch des EU-Gipfels durch die meisten – Herr Abgeordneter Mock, ich sage: die meisten – Abgeordneten und auch Vertreter der Regierung auf der einen Seite erwähnt. Der erste Redner der Opposition hat nun so getan, als ob in dieser Zeit das Allerschlimmste passiert wäre. Da ist wirklich mehr Differenziertheit angesagt. (Abg. Scheibner: Habt ihr wieder einmal nicht zugehört? Immer diese Reflexe!) Eine solche Differenziertheit will ich versuchen – ich weiß nicht, ob es gelingt, aber ich will es versuchen –, in die Gesamtbeurteilung einzubringen.

Dennoch steht für uns Liberale der Umstand an der Spitze, daß diese EU-Präsidentschaft Österreichs wirklich nicht viel bewegt hat. Damit schließen wir uns der Meinung der allermeisten ausländischen Kommentatoren an. Das ist eine Realität! Allerdings gebe ich Österreich dafür nicht die alleinige Schuld, und ich halte es für notwendig, das auch festzuhalten. Der Wahlkampf in Deutschland trägt meines Erachtens einen maßgeblichen Teil an Schuld daran, daß nichts wietergegangen ist. (Abg. Mag. Stadler – auf leere Bänke in den Reihen der SPÖ weisend –: Da sieht man, was die Regierungserklärung der eigenen Fraktion wert ist!) Ich glaube allerdings, daß auch die Tatsache, daß es in immer mehr Ländern Spitzenpolitiker gibt, die lieber den leichteren Weg gehen, nämlich jenen, der Bevölkerung nach dem Mund zu reden, als den schwierigeren, Überzeugungsarbeit zu leisten, eine Rolle spielt. Das führt dazu, daß Verkaufsstrategie, vor allem gute Verkaufsstrategie, als das Wesentliche angesehen wird, und das – das muß ich schon sagen, Herr Bundeskanzler – immer öfter auch in Ländern, die sozialdemokratisch regiert werden! (Abg. Mag. Stadler – neuerlich auf leere Bänke in den Reihen der SPÖ weisend –: Da wollten sie sogar eine Regierungserklärung dafür haben!)

Es greift wie eine Seuche um sich, daß Verkaufsstrategie alles ist und man sich mit den Mühen der politischen Arbeit, nämlich der Gestaltung und Überzeugung, nicht mehr auseinandersetzen möchte. Und ich habe den Eindruck, daß man sich sehr wohl – und das ist einer der vielen Punkte, die im Gegensatz zu Ihrer Beurteilung stehen, Herr Bundeskanzler – immer mehr damit abfindet, daß der gemeinsame Markt zu einem gut Teil schon erreicht ist – überhaupt jetzt mit dem Euro –, und glaubt, daß man sich darauf zumindest eine Zeitlang ausruhen könnte, bis man die eigenen parteipolitischen Schäfchen im Trockenen hat.

Auf diese Weise wurde das Ziel dieses Projektes Europa tatsächlich aus den Augen verloren. Und ich bin nicht Ihrer Meinung, daß wir der Renationalisierung eine Absage erteilt haben, sondern das Gegenteil ist der Fall. Wenn Sie sich ansehen, wie mit den wesentlichen Punkten umgegangen wird, dann müssen Sie doch zugeben, daß die Tendenz eher in Richtung Renationalisierung und Populismus geht und eben nicht in Richtung der mühsamen Überzeugungsarbeit, dieses Projekt Europa wieder in Erinnerung zu rufen und weiterzuentwickeln. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es genügt nicht, die Überschriften außer Streit zu stellen. Das sieht man daran, wie zum Beispiel mit der Erweiterung umgegangen wird, wiewohl die Erweiterung Europas ein wesentlicher Baustein ist, um das Ziel zu erreichen, das Friedensprojekt Europa zu vollenden oder überhaupt herzustellen.

Wenn nun der Herr Vizekanzler immer wieder betont, daß unter der österreichischen Präsidentschaft immerhin die Aufnahme der Verhandlungen erfolgt sei, so muß ich dazu sagen: Das ist schon richtig, nur wissen wir doch, daß das Acquis-Screening abgeschlossen war. Das heißt: Hätte man nicht mit den Verhandlungen begonnen, dann wäre das ein klares negatives Signal gewesen. Aber es ist kein derart positives Signal, daß einmal damit angefangen wurde, noch dazu, da es möglich gewesen wäre, in dieser Frage mehr einzubringen. Ich hätte es für sehr notwendig gehalten, daß zum Beispiel an die Slowakei ein klares Signal gegeben wird. Nichts davon ist von Österreich ausgegangen, und ich werde nachher noch einige Bemerkungen zu den möglichen Signalen im Zusammenhang mit der Erweiterung machen.

Nichts ist auch nur in Angriff genommen worden, was die Institutionenreform betrifft. Ich erinnere mich noch gut daran, daß im Hauptausschuß nicht nur der Vizekanzler, sondern vor allem auch der Bundeskanzler gesagt hat, daß gar nicht die Absicht bestehe, über die Institutionenreform zu reden. Sie haben die Segel gestrichen, weil angeblich bei den anderen Ländern keine hohe Bereitschaft dazu vorhanden war, statt daß Sie sich bemüht hätten, eine solche Bereitschaft herzustellen, etwas vorzugeben, als Schrittmacher zu fungieren, wie es eigentlich auch die Aufgabe einer Präsidentschaft sein könnte.

Was die Finanzierung betrifft: Herr Haider hat es für so "großartig" gehalten, daß Bundeskanzler Klima am Schluß der Präsidentschaft davon gesprochen hat, daß auch er der Meinung sei, man sollte die Beiträge einfrieren. Ich halte das nicht für "großartig", sondern für genau jenen Weg des Populismus, den eben auch Klima geht. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Und er steht nicht am Anfang, sondern er schleift schon länger in diesen populistischen Weg ein, der überhaupt keinen konstruktiven Beitrag für ein neues Finanzierungskonzept der Europäischen Union bringt (Abg. Böhacker: Wollen Sie die Beiträge erhöhen?), sondern einfach nur das fordert, was die Leute gerne hören: Wir wollen weniger zahlen! Aber es wird nicht dazugesagt, wie die weitere Finanzierung tatsächlich erfolgen soll. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Was die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betrifft: Es waren die Franzosen und die Briten, die jetzt den Begriff des "europäischen Heeres" in die Diskussion gebracht haben. Als eine Woche zuvor die Liberalen davon gesprochen haben, sind wir mit Spott und Hohn übergossen worden (Abg. Jung: Sie haben von Auflösung gesprochen!), wie man darüber überhaupt reden könne. (Bundeskanzler Mag. Klima: Das hat niemand gesagt!) Aber dazu, eine Position zu entwickeln und zu einer Diskussion darüber, wie ein solches Heer entwickelt werden könnte, mit welchen Bausteinen, ob das unter Auflösung der nationalen Heere möglich wäre oder wie sonst in weiterer Folge, kam von österreichischer Seite kein einziger Beitrag! (Abg. Scheibner: Sie sind ja noch schlimmer als die Sozialisten in dieser Frage!) Daher ist es auch kein Wunder, daß das Ziel, daß man sich gesetzt hatte, nämlich daß unter österreichischer Präsidentschaft ein "Mr." oder eine "Mrs. GASP" gekürt werden würde, nicht erreicht werden konnte. Wie auch, wenn kein Anstoß aus Österreich kommt?! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Auch was die Beschäftigungspolitik betrifft, Herr Bundeskanzler, gibt es für mich nur Überschriften und nichts weiter. Glaubwürdigkeit, darin etwas weiterzubringen, werden Sie nur dann erreichen können, wenn Sie im eigenen Land, in dem Sie mit Ihrem Koalitionspartner die Mehrheit haben – noch dazu eine Zweidrittelmehrheit! –, etwas weiterbringen.

Wie wollen Sie denn in Europa etwas bewegen, wenn Sie nicht einmal in Ihrem eigenen Land etwas bewegen? Wie wollen Sie glaubhaft von Entbürokratisierung reden, wenn Sie überhaupt nichts dabei finden, daß es in diesem kleinen Land neun unterschiedliche Bauordnungen, neun unterschiedliche Sozialhilfegesetze, neun unterschiedliche Tierschutzgesetze und was sonst noch alles an Unfug gibt, was Bürokratie und Kosten verursacht und einen Aufwand und ein Hemmnis darstellt für alles, was Unternehmerschaft, und zwar nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in den Köpfen bedeutet? Wie wollen Sie denn in der Deregulierung glaubwürdig sein, wenn es Ihnen bis heute nicht gelungen ist, diese "Zunftordnung", die unsere Gewerbeordnung ist, radikal zu reformieren? (Abg. Tichy-Schreder: Überhaupt nicht!) Sie können in Europa nichts weiterbringen, da man mit Recht sagen wird: Machen Sie einmal vor der eigenen Türe sauber, und danach kommen Sie zu uns!

Aber das ist nur ein Punkt in der Frage der Beschäftigungspolitik! Wir alle wissen, daß die Bürokratie ein wesentlicher Hemmschuh ist, aber selbstverständlich spielt auch die Steuerpolitik eine Rolle. Das, was wir bisher von der bevorstehenden Steuerreform gehört haben, ist nicht dazu angetan, Ihnen Glaubwürdigkeit für eine vernünftige Steuerharmonisierung in Europa zu verschaffen. Denn selbstverständlich wäre eine Steuersenkung notwendig, selbstverständlich wäre es notwendig, damit die Kaufkraft der Bevölkerung zu erhöhen.

Damit kommen wir gleich zur Erweiterung. Immer nur vom Lohnniveau in den ehemaligen Oststaaten zu sprechen, ist eine verkürzte Sichtweise, wesentlich wichtiger ist es, das Lohn-Preis-Niveau zu sehen. Daher geht es um die Stärkung der Kaufkraft! Aber selbst wenn wir nur vom Lohnniveau ausgehen, so – ich sehe, daß mir die Zeit davonläuft – wissen wir, daß einige Beitrittsstaaten wie Tschechien oder vor allem Slowenien prozentuell ganz nahe bei oder sogar schon über dem Prozentsatz mancher EU-Länder wie zum Beispiel Portugal oder Griechenland liegen; sogar an Spanien ist man schon ziemlich nahe herangerückt.

Was ich meine, ist dies: Sie hätten eine ganz andere Handschrift hinterlassen können, wenn Sie versucht hätten, die anderen Mitglieder dazu zu bringen, sich zum Beispiel mit einem Zeitplan für die Erweiterung auseinanderzusetzen (Beifall beim Liberalen Forum), sich damit auseinanderzusetzen, was man bei der Institutionenreform in Angriff nehmen könnte oder wie drastisch man das Einstimmigkeitsprinzip wirklich einschränken kann – und ich glaube, daß es notwendig ist, dieses einzuschränken.

Ich verstehe bis heute nicht, daß die konkrete Ausgestaltung der Fördertöpfe bei den Strukturfonds nicht über die Bühne gebracht werden konnte, denn es gibt seit einem Jahr durchaus eine Übereinstimmung darüber, daß die Anzahl der Zielgebiete, in denen es Schwerpunkte geben soll, auf drei reduziert werden sollte. Man hätte es jetzt nur konkretisieren müssen. Aber in dieser Frage haben Sie Ihre Handschrift nicht hinterlassen, und ich bedauere das. Ich bedauere das als überzeugte Europäerin, denn wir wollen dieses Europa weiterentwickeln. Wir wollen es aber auf einem höheren Grundrechtsstandard weiterentwickeln, als wir ihn derzeit haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (fortsetzend): Herr Präsident, ich war gerade beim Schlußsatz.

Der Grundrechtsstandard darf nicht zurückgenommen werden, wie Herr Schlögl das will, sondern er gehört ausgebaut. Wir brauchen eine höhere Wettbewerbsfähigkeit, und wir brauchen vor allem einen sozialen Zusammenhalt. Nur dann können wir das Ziel des Friedensprojektes auch wirklich erreichen! (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

16.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte. (Abg. Scheibner: Wo ist die SPÖ? – Abg. Dr. Graf: Aufgelöst!)

16.29

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Außenminister! Hohes Haus! Am Beginn der österreichischen Ratspräsidentschaft vor etwa einem halben Jahr wurden Ziele und Absichtserklärungen diskutiert, nun gibt es eine Auseinandersetzung darüber, wieweit Erfolge erzielt worden sind und ob diese Erfolge über bloße Überschriften und Absichtserklärungen hinausgehen. Ich denke, der Tenor der Kritik trifft wohl den Punkt: Es ist, Herr Bundeskanzler, zwar erreicht worden, daß über Beschäftigung und auch über einen erweiterten, einen ökologischen Sicherheitsbegriff gesprochen wird, allein konkrete Maßnahmen sind nach wie vor ausständig.

Ich konzediere zwar, daß es für ein kleines Land in der Situation Österreichs nicht leicht ist, rasch sichtbare, faßbare, meßbare Erfolge einzufahren, ich glaube jedoch, daß all diese Bemühungen, die zentrale – auch sicherheitspolitische – Aufgabe zu bewältigen, nämlich die Vollbeschäftigung herzustellen, nur dann erfolgreich sein können, wenn dieses Anliegen nicht durch andere Felder der Politik konterkariert wird. Im vorliegenden Text der Dringlichen Anfrage der spärlich vertretenen Fraktion der SozialdemokratInnen (Abg. Aumayr: 13 Abgeordnete der SPÖ sind da!) steht geschrieben, daß – und das wird ja zutreffend sein – während der österreichischen Ratspräsidentschaft vier Themenbereiche festgelegt wurden, die in Hinkunft Priorität haben sollen, und zwar: "Förderung der Beschäftigung, des Wirtschaftswachstums und der Stabilität, Verbesserung der Sicherheit und der Lebensqualität, Reform der Politiken und Institutionen der Union, Förderung von Stabilität und Wohlstand in Europa und weltweit."

Herr Bundeskanzler! Ich würde – auch als Oppositionspolitikerin – sogar so weit gehen, zu sagen: Wenn wir das alles wenigstens im Inland und auf dem internationalen Parkett glaubhaft vorlebten, dann wäre das schon ein Erfolg. Nur: Es passiert nicht! Ich glaube, daß Sie, Herr Bundeskanzler und Herr Außenminister, meine Einschätzung teilen, daß der Wunsch nach Vollbeschäftigung, nach Stabilität und Sicherheit, nach weltweiter Stabilität ein frommer, unerfüllbarer Wunsch bleiben wird, solange Österreich selbst, solange Mitglieder der österreichischen Bundesregierung alles daransetzen, die Krisenherde dieser Erde zu destabilisieren und Unsicherheit zu schaffen. Das ist ein harter Vorwurf, ich weiß es, doch ich kann ihn begründen.

Herr Bundeskanzler und Herr Bundesminister! Wie Sie wissen, führen wir seit einigen Tagen eine Debatte über österreichische Waffenexporte. Zum bereits bekannten Fall der 40 000 Sturmgewehre ist jetzt ein neues Geschäft dazugekommen, nämlich ein Panzergeschäft, auf das ich am Ende meiner Ausführungen noch eingehen werde. Wir können heute beweisen, daß uns der Bundesminister für Landesverteidigung im Zuge dieses Geschäftes nachweislich mehrfach die Unwahrheit gesagt hat. (Abg. Jung: Nicht das erste Mal!)

Der Bundesminister für Landesverteidigung – und ich frage Sie schon, Herr Außenminister, wie Sie das als sein Parteiobmann beurteilen – teilt uns am 9. Dezember mit, daß der mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung abgeschlossene Kaufvertrag eine Klausel enthalten habe, der zufolge die Firma die Waffen funktionsunfähig zu machen hatte. (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Zur Sache!) Es ist meiner Meinung nach sehr wohl zur Sache, Herr Abgeordneter Khol, daß ich (Abg. Dr. Khol: Das hat mit dem EU-Vorsitz nichts zu tun!), wenn es um Stabilität und Wohlstand weltweit geht, die Frage des Verhaltens der österreichischen Bundesregierung nur unter diesem Aspekt thematisiere. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Khol! Mittlerweile ist mir dieser Kaufvertrag zugänglich, und darin steht wortwörtlich – ich zitiere aus GZ 61/133/01 –: Eine Demilitarisierung durch das österreichische Bundesheer ist nicht vorgesehen. – Der Bundesminister hat uns die Unwahrheit gesagt! Er bestätigt diese Unwahrheit am 15. Dezember, als davon die Rede ist, daß die Geräte zu demilitarisieren seien. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat damit die Neutralität Österreichs, die Sicherheit in Europa und damit die Absichtserklärung der österreichischen Schwerpunktsetzungen in der Präsidentschaft verletzt und gebrochen.

Er hat auch gesagt, daß insbesondere im Geschäft mit den Vereinigten Staaten – siehe Bescheid des Innenministers – die Waffen zu demilitarisieren, also unbrauchbar zu machen seien. Nun liegt mir der Vertrag schriftlich vor. Daraus geht hervor, daß man genau jene Teile der Waffen, die für dieses eine Geschäft mit den USA durch Zersägen des Laufes tatsächlich unbrauchbar gemacht worden sind, als Ersatzteile geliefert hat, nämlich unzersägte Läufe. Das heißt, für eine angesägte Waffe kam sofort das passende Ersatzteil. – Er hat also wieder die Unwahrheit gesagt!

Drittens wurde diese internationale Stabilität, die österreichische Neutralität und die Ziele der österreichischen Präsidentschaft dadurch konterkariert, daß man die ÖNORM 2050 verletzt hat. Der Bundesminister hat uns mitgeteilt, daß diese ÖNORM selbstverständlich einzuhalten sei. Es liegt mir jetzt die öffentliche Ausschreibung des Landesverteidigungsministeriums vor. Darin steht, daß bei ausländischen Bietern im Rahmen von Waffengeschäften bereits bei Anbotlegung eine Exportbewilligung des Bundesministeriums für Inneres vorzulegen sei. Der Zuschlag für das Geschäft wurde – wie mir schriftlich vorliegt – am 5. August erteilt, allein die entsprechende Genehmigung – auf ein Jahr befristet und für bestimmte Länder – wurde erst am 9. September, also danach, erteilt. Keine Rede war natürlich von Genehmigungen für Rumänien oder Botswana.

Klarerweise ist damit – und das betrifft Sie, Herr Bundeskanzler – auch § 5 Abs. 2 Kriegsmaterialiengesetz verletzt worden, denn es kann ja wohl nur ein wirklich denkunmöglicher Versuch einer Beugung des Rechts – ich sage, es ist Amtsmißbrauch – sein, wenn an einen ausländischen Händler im Inland geliefert wird, wenn sogar ein Geschäft mit einer holländischen Briefkastenfirma gemacht wird und danach gesagt wird: Wir waschen unsere Hände in Unschuld, wir wissen nicht, was dann passiert ist.

Herr Klubobmann Khol! Dem Dokument "Ziele und Schwerpunkte der österreichischen Präsidentschaft" entnehme ich wortwörtlich:

Destabilisierende Anhäufungen und Transfers kleiner und leichter Waffen in Verbindung mit einer zunehmenden Anzahl innerer Konflikte haben die internationale Gemeinschaft vor neue Aufgaben gestellt. – Zitatende. (Abg. Dr. Khol: Ja!)

Österreich liefert Waffen in diese Konfliktgebiete. Ein "wunderbarer" Beitrag zur österreichischen Ratspräsidentschaft! Finden Sie das nicht auch, Herr Bundeskanzler? Finden Sie das nicht auch, Herr Außenminister?

Daß Österreich damit außerdem den Verhaltenskodex der Europäischen Union, der genau vor solchen indirekten Waffentransfers über Händler warnt und sie verbietet, verletzt hat, scheint die für die österreichische Außenpolitik zuständigen Regierungsmitglieder nicht sehr zu stören. Ich frage Sie: Wie halten Sie es denn mit dem Verhaltenskodex der Europäischen Union? Gilt das für den Ratsvorsitzenden nicht? Was ist mit der Resolution 642 des Europarates? Es gibt eine Fülle von Rechtsquellen, die durch Geschäfte mit Krisenherden gebrochen worden sind.

Ich komme zu meinen Schlußausführungen. Es liegt nun ein neuer Antrag vor, und zwar wieder des Verteidigungsministers, in dem es um 41 Stück Panzer – jetzt kommen also schon die etwas größeren Waffen – für Argentinien, Bolivien, Marokko und Botswana geht. Und es liest sich sehr nett, wenn in den "Blue Helmet News" über eine Feier der österreichischen Blauhelme, MINURSO, in der Westsahara, Marokko, berichtet wird, bei der ein Österreicher von einem Vertreter des UN-Generalsekretärs die "Medal for Peace" an die Brust geheftet bekommt – ein Vertreter jenes Landes, das in eben dieses Marokko nicht nur Blauhelme entsendet, sondern nun auch Panzer schicken will!

Meine Damen und Herren! Geschätzte Mitglieder der österreichischen Bundesregierung! Sie werden sich entscheiden müssen, denn Arbeitsplätze sind nicht gleich Arbeitsplätze. Wir wollen Vollbeschäftigung, wir wollen Förderungen für Frauen und Kulturschaffende. Das, was bei diesen verbrecherischen Geschäften passiert, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz; die Redezeit ist zu Ende!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): ... ist allenfalls dazu angetan, Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie, bei den Sargfabrikanten, bei den Totengräbern und den Aasgeiern aller Art zu schaffen. Und das ist für Österreich eine Schande! (Beifall bei den Grünen.)

16.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Als Redezeit sind freiwillig 6 Minuten vorgeschlagen. – Bitte.

16.40

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in meinem Debattenbeitrag der Beurteilung der österreichischen Präsidentschaft widmen. (Abg. Dr. Petrovic: Halleluja!) Bei manchen Teilen der Debatte beziehungsweise bei einigen Kommentaren hatte ich den Eindruck, daß die Aufgabe der EU-Präsidentschaft nicht richtig gesehen wird, daß da Erwartungen geweckt werden, die in dieser Weise nicht zu erfüllen sind. (Zwischenruf des Abg. Jung.)

Was das Ergebnis unserer EU-Präsidentschaft betrifft, so wurden, glaube ich, einige sehr wichtige Erfolge erzielt. Vor allem ist sehr wichtig – das hat auch der Herr Bundeskanzler angesprochen –, daß eine Trendwende vollzogen wurde. So gibt es nun die Bereitschaft, erstens in der Beschäftigungspolitik gemeinsam fortzufahren – das ist eine außerordentlich wichtige und zentrale Frage – und zweitens die Steuer-, Struktur- und Wirtschaftspolitik zu koordinieren.

Diese beiden Maßnahmen werden dazu führen, daß die Arbeitslosigkeit in der Europäischen Union sinkt, und das ist nun wirklich der zentrale Punkt, das ist das, was die Bürgerinnen und Bürger in Europa von uns erwarten.

Auch im Bereich der Verkehrspolitik, wo eigentlich gar nicht mehr damit gerechnet wurde, daß es zu einer Lösung kommt, konnten ganz konkrete Erfolge erzielt werden. Obwohl sie sehr wichtig sind, wurden sie hier mit keinem Wort erwähnt beziehungsweise wurden sie geleugnet.

Die Einigung über das Landverkehrsabkommen zwischen der EU und der Schweiz ist ein großer Erfolg der österreichischen EU-Präsidentschaft. Dieses Abkommen ist nicht nur für die Europäische Union als Ganzes wichtig, sondern gerade für uns in Österreich, weil es dadurch zu einer deutlichen Entlastung des Alpentransits kommen wird, weil der Umwegverkehr über die Brenner-Strecke sehr stark zurückverlagert werden kann. Die Schätzungen gehen von mindestens 200 000 LKW-Fahrten pro Jahr aus. Das ist doch wirklich ein schöner Erfolg!

Ein Zusätzliches wird die Einigung über die Wegekostenrichtlinie leisten, bei der ein wichtiger Schritt in Richtung einer umweltfreundlichen Verkehrspolitik gesetzt wird. Vor allem sind die Staffelung der LKW-Schadstoffklassen, die Differenzierung zwischen Tag- und Nacht-Maut und die Kostenanlastung im Straßengüterverkehr nach dem Verursacherprinzip wichtig und ein deutliches Signal in die richtige Richtung, nämlich in Richtung Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene.

Noch einmal zurück zum wichtigsten Thema, zu dem der Beschäftigung. Wir alle erinnern uns daran, daß das lange Zeit kein Thema in der EU gewesen ist, daß sich viele Regierungen, und zwar gerade jene mit gewichtiger Stimme in der Europäischen Union, dagegen verwahrt haben, daß die Beschäftigungspolitik zu einem zentralen europäischen Thema gemacht wird. Es war der österreichische Bundeskanzler mit Unterstützung der Schweden, der ganz massiv dafür eingetreten ist, daß die Beschäftigungspolitik zu einem zentralen Thema gemacht wird. Heute ist das ein unbestrittenes Ziel, und wir können sagen, daß wir in einigen wesentlichen Punkten schon weitergekommen sind.

Erstmals ist ein gemeinsamer Beschäftigungsbericht erstellt worden, und es sind – etwas, was mir als Frau sehr wichtig ist – die beschäftigungspolitischen Leitlinien um einen ganz wichtigen Punkt erweitert worden, nämlich daß die Gleichstellung von Frauen und Männern ein zentrales Anliegen der Europäischen Union ist. Dafür möchte ich der Bundesregierung, vor allem aber dem Herrn Bundeskanzler und der Frauenministerin sehr danken. In diesem Bereich sind wichtige Schritte in die richtige Richtung gesetzt worden, sind Entscheidungen gefallen, die für die Frauen von großer Bedeutung sind.

Überhaupt möchte ich feststellen, daß die österreichische EU-Präsidentschaft für die Frauen sehr erfolgreich gewesen ist, und zwar nicht nur in der Frage der Beschäftigung, sondern auch in bezug auf andere Initiativen. Ich nenne da nur stichwortartig den Kampf gegen den Frauenhandel. Es ist hier von der Regierungsbank aus schon mehrmals erwähnt worden, wie wichtig die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist. Es hat darüber hinaus Initiativen zum Thema Frauen und neue Informations- und Kommunikationstechnologien gegeben, und es hat auch Initiativen zur Rolle der Frau im öffentlichen Dienst gegeben – also ein breites Spektrum an Initiativen, die für die Frauen in unserem Land und in Europa sehr wichtig sind.

Noch einmal kurz zusammengefaßt: Es gibt in ganz zentralen Bereichen Erfolge der österreichischen EU-Präsidentschaft, was die Beschäftigungspolitik betrifft, was die Anliegen der Frauen betrifft, in den Bereichen Umwelt und Verkehr, also eine ganze Reihe von positiven Entwicklungen und positiven Beschlüssen, und daher glaube ich, sagen zu können, daß diese EU-Präsidentschaft wirklich ein Erfolg gewesen ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. Die Uhr ist auf 8 Minuten gestellt. – Bitte.

16.46

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Verehrter Herr Präsident Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In wenigen Minuten ist die österreichische EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 1998 im Detail nicht analysier- und bilanzierbar, aber man braucht als interessierter Beobachter nicht viel, um zu einem aussagekräftigen Satz zu kommen: Es ist mehr herausgekommen, als Euro-Skeptikern lieb ist, und es ist weniger herausgekommen, als glühende Europäer gerne gewollt hätten. Aber eines ist sicher herausgekommen: eine vernünftige Weichenstellung für die Einigung unter deutschem Vorsitz im März nächsten Jahres. Dazu möchte ich sagen: Sollte diese angesichts des großen Vorhabens der Agenda 2000 nicht vollständig möglich sein, dann wird es wahrscheinlich keine Katastrophe sein, sondern sie wird auch später noch fertigstellbar sein. Aber eines ist klar, meine Damen und Herren: Wer Klubobmann Dr. Haider zugehört hat, der weiß, daß das Ergebnis, unabhängig davon, wie es im März oder zu späteren Daten ausfallen wird, heftig kritisiert werden wird.

Klubobmann Dr. Haider tut so, als hätte er Mitleid mit dem deutschen Vorsitz. (Abg. Dr. Petrovic verteilt Kopien eines Schriftstückes.) Ich habe gelesen, daß der neue deutsche Bundeskanzler Schröder gemeint hat ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schwarzböck, einen Moment bitte! – Wir haben eine Vereinbarung betreffend das Verteilen von Drucksorten getroffen. Ich meine, daß wir uns alle daran halten sollten. (Abg. Dr. Petrovic hört mit der Verteilung auf.) – Bitte, Herr Abgeordneter Schwarzböck.

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (fortsetzend): Ich haben in den letzten Tagen gelesen, daß der neue deutsche Bundeskanzler Schröder gemeint hat, es sei einiges an Arbeit für den deutschen Vorsitz geblieben. Man darf nicht vergessen, daß der deutsche Bundeskanzler vor sieben oder acht Wochen noch Ministerpräsident von Niedersachsen war. Ich meine, daß in jeder Funktion, vor allem nach einem Bundeskanzler Kohl, ein gewisser Erfahrungsprozeß dazugehört, um überhaupt erahnen zu können, was mit dem EU-Vorsitz, vor allem mit der Verantwortung, europäischer Motor im Erbe sein zu müssen, in Verbindung steht. Aber ich bin mir sicher: Sollte Herr Dr. Haider jemals in eine ähnliche Regierungsverantwortung auf Länder- oder nationaler Ebene kommen, würde er wahrscheinlich länger brauchen, um mit diesen Dingen fertig zu werden, als Bundeskanzler Schröder.

Die Widersprüchlichkeit ist quer durch die Argumentation spürbar gewesen. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch die Kritik der Opposition, vor allem durch jene der Freiheitlichen, und zwar seit den Vorbereitungen für unseren EU-Beitritt. So ist beklagt oder sogar heftig kritisiert worden, Österreich würde in der Europäischen Union in der Bedeutungslosigkeit versinken. Jetzt beklagt man die fehlende Dominanz Österreichs in der EU-Ratspräsidentschaft. Natürlich kann ein demokratisches Gebilde von fünfzehn Mitgliedsländern nicht so funktionieren, daß der jeweilige Vorsitzende Dominanz ausüben kann – weder im großen Rat noch in den kleinen Bereichen, in welchen unsere Beamten bis in die kleinsten Expertengruppen ein halbes Jahr lang die Präsidentschaft in großartiger Weise geführt haben.

Ich glaube, daß wir mit Fug und Recht sagen können: Das Ergebnis der österreichischen EU-Präsidentschaft liegt wahrscheinlich in einer guten alten österreichischen Lebensart: irgendwo in der Mitte. Und das ist für das, was ein junges EU-Mitgliedsland von der Größe Österreichs in die EU einbringen konnte, ein hervorragendes und ausgezeichnetes Ergebnis. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Agenda 2000 ist nun einmal in der Grundkonzeption ein Reformwerk von beachtlichem Umfang. Wenn wir nun gemeinsam versuchen, bei dem bisherigen Verteilungsschlüssel der gemeinsam eingebrachten Steuermittel zur Finanzierung der EU-Politik einen Wandel herbeizuführen – im Grunde genommen wurden nach dem bisherigen Verteilungsmechanismus ja riesige Erfolge erbracht, und Länder, die von den Kohäsionsmitteln groß profitiert haben, sind Mitglied der ersten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion geworden –, dann ist nicht zu erwarten, daß Premierminister Tony Blair freudig zustimmen wird, wenn der englische Rabatt diskutiert wird. Da sind natürlich auch aus innenpolitischen Gründen in einer derart schwierigen Frage politisch verkraftbare Verhandlungsmechanismen und Abstimmungsmechanismen im europäischen Prozeß notwendig.

Ich möchte aber auch darauf verweisen, daß sich die Ausgangslage, mit der die Agenda 2000 in der Kommission konzipiert wurde, wesentlich verändert hat. Die Rußlandkrise und die Asienkrise haben die Welt im ökonomischen Bereich auch hinsichtlich der Bewertung der dynamischen Weiterentwicklungsmöglichkeiten verändert. Wenn unser Vizekanzler berichten konnte, daß am Montag im EU-Rat die Nahrungsmittelhilfe für Rußland jetzt endlich finalisiert wurde, so ist das nicht nur ein wichtiger Schritt für die Sicherheit auf diesem Kontinent in den nächsten Wochen und Monaten angesichts der Wintermonate, die in Rußland Dramatik bringen werden, sondern es ist für uns auch die Möglichkeit, den zusammengebrochenen Drittland-Lebensmittelexport der Europäischen Union wieder einigermaßen zu normalisieren und damit auch für viele Bauern Europas, die auf die Ostexporte angewiesen sind, hoffentlich eine Normalisierung zu erreichen.

Ich möchte auch darauf verweisen, daß zeitgerecht und entgegen allen Unkenrufen der Euro auf die Schiene gesetzt worden ist. Und alle, die sich gefürchtet haben, daß damit unsere Währung, zu der wir eine besondere Beziehung haben, der Schilling, von einer Währung abgelöst würde, die dem, was der Schilling an jahrzehntelanger Stabilität in aller Welt bedeutet hat, nicht entspricht, sind eines Besseren belehrt worden. Auch unter dem österreichischen Ratsvorsitz konnte die Währungspolitik so weitergeführt werden, daß jene Länder, die im ersten Block der Wirtschafts- und Währungsunion drinnen sind, nicht von jenen negativen Tendenzen der Währungsspekulationen oder der Abwertungen berührt waren, wie jene Länder, die noch zuwarten und die das heute ausgleichen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Des weiteren möchte ich darauf verweisen, daß wir Beschäftigung natürlich umfassend sehen. Beschäftigungspolitik kann nicht nur darin bestehen, daß wir uns einseitig für neue Arbeitsplätze einsetzen – es ist, glaube ich, unbestritten, daß das ein gemeinsames Ziel eines Landes mit hoher sozialer Tradition und Kultur, wie Österreich eines ist, sein muß –, sondern dazu gehört auch, daß wir den Wandel in jenen Beschäftigungsbereichen, in welchen ein intensiver Strukturwandel vor sich geht, so steuern, daß dort nicht mehr wegbricht, als wir überhaupt mit neuen Innovationen und mit einer zielgerichteten Beschäftigungspolitik schaffen können.

Daher muß bei der Agenda 2000 ein vernünftiges Ergebnis, ein verkraftbares Ergebnis – auch was den gesamten Komplex der vergemeinschaftlichten Agrarpolitik und Lebensmittelwirtschaft betrifft und einhergehend mit einer Vertiefung der europäischen Integration – gefunden werden, sonst laufen wir Gefahr, daß wir mehr riskieren, als wir mit den noch so großen Bildungs-, Beschäftigungs- und Innovationsinitiativen in den Bereichen des Gewerbes, der Industrie oder der Dienstleistungen weiterbringen.

Daher ist es besonders zu begrüßen, daß mit den Erweiterungsverhandlungen begonnen worden ist. Frau Dr. Schmidt, das Screening ist noch nicht abgeschlossen, wir sind noch nicht einmal bei der Hälfte angelangt. (Abg. Dr. Schmidt: Es ist selbstverständlich abgeschlossen!) Optimisten meinen, daß es Mitte 1999 abgeschlossen werden kann. Aber eine Erfahrung machen wir: Wir nähern uns in der Verständigung, was Europäische Rechtsordnung, was Acquis Communautaire ist – und zwar nicht nur hinsichtlich des Textes, sondern auch in bezug auf die Vollziehbarkeit –, jenen Ländern immens an, die die Vorgabe haben, den Acquis Communautaire umsetzen zu müssen, um Mitglieder der Europäischen Union zu werden.

Wenn Sie mit Beamten der Europäischen Union, aber auch mit österreichischen Beamten reden, die die Aufgabe des Screenings bei den Beitrittswerbern zu erbringen haben, dann können Sie hören, wie schwierig, aber auch wie fruchtbar der Prozeß ist, der den Start der Beitrittsverhandlungen und die Fortführung des Screenings darstellt, der die Voraussetzung dafür bildet, bei der EU-Erweiterung überhaupt etwas weiterbringen zu können. Damit ist eines klar: Wem die Erweiterungspolitik bisher zu schnell gegangen ist, der soll zur Kenntnis nehmen: Je früher der Verhandlungsbeginn erfolgt, umso mehr Zeit haben wir, gemeinsam und partnerschaftlich an die Sache heranzugehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir haben mit der österreichischen Präsidentschaft einen großen Schritt getan, das Fundament für das große Vorhaben Agenda 2000 und für die EU-Erweiterung zu verbreitern, und ein gutes breites Fundament war immer noch eine sehr gute Basis für eine ersprießliche Zukunftsgestaltung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweitzer. – Bitte.

16.55

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Ich nehme nicht an, daß Sie heute schon durch die Löwelstraße gegangen sind, sonst hätten Sie festgestellt, daß die Personality Show, die Sie nicht wollen, dort bereits einen Höhepunkt erreicht hat: Klima/Blair, Klima/Jospin, Klima/Schröder lachen dort von 24 Bodenplakaten. Also die Personality Show erreicht einen neuen Höhepunkt, möchte ich Ihnen nur sagen. Überzeugen Sie sich selbst in der Löwelstraße! (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Smolle: Fesch sind sie ja! Es ist nicht das Problem der Regierung, daß sie keine feschen Leute hat!)

Herr Bundeskanzler! Selbstüberschätzung räche sich, sollen Sie nach dem Gipfel von Brüssel gesagt haben, und Sie haben damit die EU-Präsidentschaft der Briten gemeint und damit den Mund wohl etwas zu voll genommen, schreibt Wolfgang Böhm in der "Presse". Denn viel besser ist es Ihnen beim Wiener Gipfel auch nicht ergangen. Zwar kam keine peinliche, dafür gleich überhaupt keine Einigung zustande. – Zitat aus der Zeitung "Die Presse". (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Ich erinnere Sie jetzt an den EU-Hauptausschuß vor Pörtschach – und ich nehme an, Kollegin Gredler wird das auch noch tun –, damals haben Sie uns vollmundig mitgeteilt, was Sie alles tun werden: Sie werden vertiefen, und Sie werden erweitern. Sie werden neue Impulse für die Steuerpolitik, für die Beschäftigungspolitik setzen. Sie werden dafür sorgen, daß es eine wirtschaftliche Stimme Europas gibt, eine gemeinsame starke Stimme. Sie werden für die Erhöhung der inneren Sicherheit sorgen. Sie werden dafür sorgen, daß es eine gemeinsame Außenpolitik gibt, daß es einen "Mr." oder eine "Mrs. GAP" (Abg. Tichy-Schreder: Nicht GAP, sondern GASP!) – pardon! – "GASP" gibt. Sie werden diese Lösungen, die Sie erreichen wollen, auf dem Gipfel von Pörtschach vorbereiten, und Sie werden schlußendlich all das, was Sie sich da vollmundig vorgenommen haben, in Wien dann zur Umsetzung bringen.

Ich bin jetzt, Herr Bundeskanzler, in meinen Ausführungen dort angelangt, wo ich nur Auszüge aus einzelnen Kommentaren in inländischen und ausländischen Zeitungen bringen will, die das Ergebnis des EU-Gipfels von Wien beleuchten. (Abg. Leikam: Zeitung lesen können wir selber, Schweitzer!)

Das Ergebnis des EU-Gipfels von Wien liegt in einigen unbedeutenden Papierchen vor, und diese unbedeutenden Papierchen sollen nun als großer Fortschritt präsentiert werden, hochtrabend mit dem Titel "Wiener Strategie für Europa" versehen. Was steht dahinter? – Die Schlußfolgerungen aus dem Wiener Gipfel sind in Wahrheit dürftig: kalmierende Phrasen und Worthülsen, die alle, die sich näher dafür interessieren, was dahintersteckt, völlig im unklaren lassen. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.)

Die Wiener Strategie ist lediglich eine Auflistung von achtzehn Arbeitsaufträgen. Konkretes soll erst auf den Gipfeln von Köln und Helsinki gemacht werden. Die "Süddeutsche Zeitung", Herr Kollege, sagt: Die rot-grüne Bonner Koalition muß nun sehen, wie sie mit dem Erbe der österreichischen Präsidentschaft, die vieles angekündigt hat, aber kaum etwas zum Abschluß gebracht hat, zurecht kommt.

Zum Beispiel mit dem vielbejubelten Beschäftigungspakt. Wie verhält es sich denn damit wirklich? – In Wahrheit wird ja nur die Aufschrift gewechselt. Die Festlegung auf gemeinsame Leitlinien bezüglich Beschäftigung ist doch längst erfolgt, und zwar auf dem Gipfel in Luxemburg im Dezember 1997. Wenn Sie jetzt diese Leitlinien auf den Namen "Pakt" umbenennen, ist dies als Erfolg zu bezeichnen? Nur die Unbenennung von "Leitlinien" auf "Pakt" ist ein großer Erfolg für Arbeitslose? Da besteht in Wahrheit kein Unterschied! Das möchte ich Ihnen schon sagen.

Was versteht man denn konkret unter Beschäftigungspakt? – Es ist hier heute noch nicht gesagt worden, was der konkrete Inhalt dieses Beschäftigungspaktes ist. Welche Maßnahmen werden da ergriffen, welche Maßnahmen sind es, die Arbeit schaffen?

Aber auch bezüglich der anderen, so wichtigen und von Ihnen vollmundig angekündigten Bereiche, in denen Sie etwas weiterbringen wollen – wie beispielsweise die Finanzierung der Gemeinschaft, die Finanzierung der EU-Erweiterung, die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik –, steht die Frage im Raum, wie das funktionieren soll, wenn es zu einer EU-Erweiterung tatsächlich kommen soll. Die institutionelle Reform, die gemeinsame Außenpolitik, die gemeinsame Erhöhung der inneren Sicherheit wurden auf die nächsten Jahre verschoben. Diesbezüglich gibt es, wie erwartet, überhaupt keine Ergebnisse.

Ein Zitat zum Schluß: Die Deutschen, die im Januar die Ratspräsidentschaft übernehmen, werden nun die Drecksarbeit machen müssen, so EU-Diplomaten, weil die Österreicher nichts weitergebracht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Abgeordnete Dr. Martina Gredler. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.01

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Darstellung, die heute hier geboten wurde, ein bißchen in die Realität rücken, und zwar insofern, als ich mir erlaube, den Titel eines Buches von Peyrefitte zu zitieren, der eigentlich China betrifft (Abg. Dr. Khol: Alain Peyrefitte!), nämlich: "Quand la Chine s’éveillera le monde tremblera." Ich möchte das ummünzen auf Österreich, denn das ist der Eindruck, den ich nach der Rede des Herrn Bundeskanzlers hatte: Wenn Österreich erwacht, erzittert die Erde!

Ich habe mir nach der Rede des Herrn Bundeskanzlers wirklich die Frage gestellt: Was hätte die EU ohne Österreich in den letzten sechs Monaten gemacht? – Die EU wäre völlig kollabiert, wenn es Österreich nicht gegeben hätte! Es wäre ein sensationelles Chaos entstanden, wären nicht die Minister und die Vertreterinnen und Vertreter Österreichs dagewesen!

Ich möchte damit wirklich die Regierungsmitglieder benennen, denn ich anerkenne sehr wohl die Leistungen der Beamtinnen und Beamten in diesen sechs Monaten. Sie sind teilweise an die Grenze ihrer physischen Kapazität gestoßen. Ich möchte mich bei ihnen für den Einsatz, den sie geleistet haben und der sicher nicht immer einfach oder gar lustig war, sehr herzlich bedanken.

Nun möchte ich auf die Ausführungen von Herrn Kostelka eingehen. Er hat folgende drei Punkte als Arbeitsschwerpunkte genannt: Beschäftigung, innere Sicherheit und die Rolle Europas in der Welt.

Zum Punkt "innere Sicherheit" fällt mir das Matzka-Papier ein. – Das war ja wahrlich beschämend als Leistung und als Input, den Österreich im Rahmen seiner EU-Ratspräsidentschaft erbracht hat. Es mußte zur Überarbeitung zurückgezogen werden, weil man sich darauf geeinigt hatte, daß es keine taugliche Grundlage darstellt. Peinlich, peinlich! Unangenehm!

Was den Punkt "die Rolle Europas in der Welt" anbelangt, hätte ich mir gewünscht, daß Österreich in bezug auf die EU-Erweiterung ein ehrlicher Makler wäre – wie das genannt wurde – und daß es sich getraut hätte, konkrete Schritte und Termine zu nennen, wie sich das zurzeit Joschka Fischer traut, der eigentlich ein unerfahrener Außenpolitiker ist, aber offensichtlich ist er ein mutiger. Oder sollte man nur sagen: ignorant? Ich glaube nicht, daß er ignorant ist, sondern ich glaube, daß das Berechnung ist, denn Deutschland möchte sich bei den Nachbarstaaten profilieren. Aber das hat Österreich versäumt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang einiges erwähnen. Man darf nicht vergessen, daß zum Beispiel das Verhältnis des Einkommens in Tschechien zu dem Einkommen bei uns 1989 1 : 10 war, jetzt liegt es bei 1 : 2. Tschechien hat sich in diesem Bereich angenähert, und das mit großen Schritten.

Ich meine, daß die Aktivierung der toten Grenzen, wenn wir die EU schnell und effektiv ausweiten würden, ein wichtiger Schritt wäre.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf etwas hinweisen, was hier noch nie erwähnt wurde: Wir exportieren in jene osteuropäischen Länder, die der EU beitreten wollen, weit mehr als wir aus ihnen importieren. Das bedeutet im Prinzip, daß die EU-Erweiterungsländer eigentlich bei uns Arbeitsplätze sichern, und das sollten wir berücksichtigen. Wir dürfen nicht vergessen, daß diese Länder auch die Möglichkeit hätten, sich an anderen Märkten zu orientieren, und daraus hätten wir dann die Konsequenzen zu ziehen!

Ich bitte daher inständig, daß man seitens Österreichs mutiger wird und sagt: Wir wollen unsere östlichen Nachbarstaaten innerhalb der nächsten vier Jahre in der EU haben, und wir werden keine Verzögerung mehr tolerieren. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Was die Spanier können, können wir allemal auch, wenn es um die EU-Erweiterung geht.

Zum Thema "europäische Armee" hat meine Vorrednerin vom Liberalen Forum schon einiges ausgeführt. Folgendes ist ja wirklich interessant: Den Liberalen wird vorgeworfen, daß sie zu futuristisch sind, zu weit nach vorne schauen. Es heißt, für diese europäische Armee müsse man zuerst in Österreich überhaupt einen Konsens finden! – Erstens: Haben Sie den Mut, die Diskussion darüber zu führen! Zweitens: Haben Sie den Mut, zu sagen, daß nicht das Modell von Tony Blair, wonach es in jedem Land einzelne "Brocken" gibt, eine sinnvolle und effektive Strategie in bezug auf die europäische Armee ist – Herr Kollege Gusenbauer, ich hoffe, daß du darauf eingehen wirst –, sondern daß man, wenn man gemeinsam agiert, auch eine gemeinsame Struktur schaffen sollte. Das wäre eine sinnvolle Methode! Nichts anderes als das hat das Liberale Forum vorgeschlagen und möchte es haben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte – weil ich nur wenig Zeit habe – nur kurz auf die Euro-Diskussion zu sprechen kommen. Herr Bundeskanzler! Sie haben gesagt, der Euro sei eine Waffe. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Mag. Klima.) Meiner Meinung ist der Euro ein Instrument und keine Waffe. (Bundeskanzler Mag. Klima: Habe ich gesagt, er sei eine Waffe?!) Wir wollen die Wirtschaft nicht als Ersatz für kriegerische Auseinandersetzungen haben, nämlich dann auf ökonomischer Ebene. Wir wollen mit dem Euro eine Stabilisierung in Europa und in der Welt erreichen sowie einen fairen Wettbewerb. Der Euro ist daher ein Instrument und keine Waffe, Herr Bundeskanzler! (Abg. Smolle setzt zum Beifall an.) – Entschuldigen Sie, daß ich keinen Applaus zulasse, aber ich muß zum Schluß wirklich noch ein Wort zu "Mr. GASP" beziehungsweise "Mrs. GASP" sagen.

Eine "Mrs. GASP" ist offensichtlich nicht so sehr erwünscht, denn die einzige Kandidatin hat sich zurückgezogen. Aber Sie, Herr Bundeskanzler, haben die Möglichkeit, Ihr besonderes Engagement für die Gleichstellung von Frauen unter Beweis zu stellen: Suchen Sie doch eine Kommissionspräsidentin! Das wäre ein neuer Ansatz (Beifall und Bravorufe beim Liberalen Forum) für die Gleichwertigkeit von Mann und Frau auf der europäischen Ebene. Wir würden Sie dabei unterstützten! (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander. – Bitte.

17.07

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Außenminister! Kolleginnen und Kollegen! Beim Durchblättern der Zeitungen – sowohl der österreichischen als auch der ausländischen – erhalten ich und, wie ich meine, auch viele andere Leserinnen und Leser ein zumindest sehr differenziertes Bild. Man erhält, wenn man die Überschriften und Kommentare durchschaut, das Bild, daß das ein Gipfel war, bei dem vieles ungelöst geblieben ist, bei dem zwar vieles besprochen wurde, Probleme aber aufgeschoben wurden, bei dem zwar wortreiche Erklärungen abgegeben wurden – manche nennen das auch "Worthülsen" –, bei dem es sich aber um einen "flachen Gipfel" handelte, bei dem rundherum Harmonie herrschte, es aber wenig Fortschritte gab. – Ich könnte diese Aufzählung fortsetzen.

Wir haben gerade heute – interessanterweise und dankenswerterweise – die "Auslandspresseschau" bekommen, die Sie durchblättern können, wobei Sie feststellen werden, daß das eine allgemeine Einschätzung ist.

Es mag schon stimmen – ich möchte da durchaus differenzieren –, daß man nicht all das der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft um den Hals hängen kann als Schuld oder als ein Nichterfüllen von Aufgaben, aber eines muß schon gesagt und noch einmal in Erinnerung gerufen werden: Sie haben zu Beginn der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft ein sehr umfangreiches Programm vorgelegt. Wir haben schon damals in der Debatte gesagt, daß es nicht gut ist, das, was auf der Agenda, auf der Tagesordnung steht und zu erledigen ist, mit dem zu vermischen, was Ihre Schwerpunkte sind, mit dem, wovon Sie sagen, daß Sie es auf jeden Fall während Ihrer EU-Ratspräsidentschaft erreichen wollen, vielleicht noch gespickt mit Dingen, die – mehr oder weniger in letzter Minute – von der britischen EU-Ratspräsidentschaft auf die österreichische übergegangen sind. Das war deswegen nicht gut – genau vor diesem Dilemma stehen Sie jetzt –, weil Sie jetzt an dem gemessen werden, was Sie in Ihrem Papier vorgegeben haben, an allem, an jedem, ob es nun Ihr ambitioniertes Vorhaben oder die Tagesordnung war. Insofern bleibt nun eben der Eindruck bestehen, daß Sie in Ihrer EU-Ratspräsidentschaft vieles von dem, was Sie erreichen wollten, nicht erreicht haben.

Es wäre interessant, darüber zu diskutieren – aber es ist heute hier nicht die Zeit dazu –, was in Ihrer Verantwortung als die EU-Ratspräsidentschaft führendes Land liegt und gelegen ist und was davon unter Umständen auch Anzeichen einer Europamüdigkeit sind. Viele Kommentatoren haben es so beschrieben: Der Gemeinsinn geht verloren, der Gemeinsinn wird vermißt. Es wäre deswegen interessant, darüber zu diskutieren, weil die Probleme, die Sie nicht gelöst haben, im nächsten Jahr gelöst werden sollen. Daran ist dann wahrscheinlich die Frage, wo der Gemeinsinn und der Wille zur Gemeinsamkeit bleiben, zu messen.

Lassen Sie mich noch einmal drei Bereiche herausgreifen, die Schwerpunkte Ihrer Präsidentschaft waren und an denen meiner Meinung nach besonders gut zu sehen ist, was Sie nicht erreicht haben, was Sie nicht eingebracht haben und hier auch nicht einmal erwähnen. Es wäre keine Schande, das zu erwähnen! (Bundeskanzler Mag. Klima spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Mag. Posch.) – Ich würde übrigens Wert darauf legen, so wie alle anderen Redner und Rednerinnen, ungeteilte Aufmerksamkeit von der Regierungsbank zu erhalten. – Danke.

Ich möchte drei Bereiche herausgreifen, hinsichtlich derer ich mir denke, daß es keine Schande gewesen wäre, wenn Sie da oder dort eingestanden hätten, daß Sie das vorgelegt haben, wie zum Beispiel ein Nonpaper kurz vor dem Gipfel. Wir haben es vorgelegt mit meiner Meinung nach sehr beachtlichen, guten Vorschlägen, nämlich daß die Europäische Zentralbank einbezogen werden soll. Aber Sie sind damit offensichtlich nicht durchgekommen, denn von diesem Nonpaper ist keine Rede mehr, von diesem Vorschlag war auf dem Gipfel keine Rede. Es war aber auch von anderen Dingen, wie beispielsweise von Ihrem beliebten Begriff, Herr Bundeskanzler, des Policy mix bei der Beschäftigungspolitik, keine Rede auf dem Gipfel. Keine Rede davon, keine Rede vom Nonpaper! So bleibt die Frage, worin der Fortschritt vom Luxemburger Gipfel bis zum Wiener Gipfel besteht, weiterhin berechtigt.

Ein Jahr lang war uns versprochen worden, daß die nationalen Beschäftigungspläne evaluiert werden und daß es – ich betone das Wort – quantifizierbare Ziele und Kriterien geben soll. Herr Bundeskanzler! Nachprüfbare Kriterien sind genau das, was wir ein Jahr lang gehabt haben, sie sind das Papier, auf dem sie stehen, nicht wert. Es ist einfach nicht nachprüfbar, wenn Sie schöne Worte in einen Nationalen Beschäftigungsplan hineinschreiben ohne Quantifizierung der Maßnahmen, ohne Quantifizierung der Ziele und Kriterien, ohne Angabe der Kosten und ohne Angabe des Zeitpunktes der Umsetzung. (Beifall bei den Grünen.)

Zu den "schönen" Worten dieses Gipfels: Was ist ein Beschäftigungspakt? – Auch ich frage mich, was das ist. Ist das Liberalisierung und Flexibilisierung? Ist das Wachstumspolitik? Ist das Policy mix? Ist das das Einbeziehen von verschiedensten Instrumenten, die auch auf dem Luxemburger Gipfel nur diskutiert und nicht beschlossen wurden? Was ist das? Gehören in solch einen Beschäftigungspakt die Steuerharmonisierungen hinein? – Meiner Meinung nach schon. Damit sind wir beim nächsten Bereich angelangt.

Steuerharmonisierungen waren ein deklariertes Ziel Ihrer EU-Ratspräsidentschaft. Finanzminister Edlinger hat sogar im Herbst noch einmal betont, daß Sie das unter Dach und Fach bringen möchten. Das Wort "Harmonisierung" kommt aber in den "Wiener Strategien" überhaupt nicht mehr vor, sondern es ist von einem "fairen Steuerwettbewerb" die Rede. Dieselbe Frage: Was ist das? Was ist "fair"? Was ist ein "fairer Steuerwettbewerb"?

Wir haben in den letzten Jahren erlebt, was ein sogenannter fairer Wettbewerb auslösen kann. Nämlich Massenarbeitslosigkeit, ein Steigen der Arbeitslosigkeit. Was ist daher ein "fairer Steuerwettbewerb"? – Das ist eine der Zauberformeln, die da gefunden wurden, ohne zu erklären, was genau das sein soll.

Von einer Steuerharmonisierung, die ein wesentlicher Schritt im Zusammenhang mit der Beschäftigungspolitik wäre – ein sehr wesentlicher Schritt –, sind wir meilenweit entfernt. Nicht erreicht! Nicht erfüllt! Abgeblitzt! – Man kann das auch so nennen.

Ich muß zitieren, wie ich schon oft zitiert habe in diesem Zusammenhang, nämlich Jean Claude Juncker, der gesagt hat: Ich habe nicht alles erreicht! Ich habe beim Beschäftigungs-Gipfel in Luxemburg viel vorgelegt, aber wir haben nicht alles erreicht!

Sie könnten das doch auch sagen! Dies wäre kein Schaden, kein Schaden für Österreich und auch kein Schaden für die Ambitionen und Vorhaben, hinsichtlich derer ich hoffe, daß sie nach wie vor vorhanden und aufrecht sind.

Lassen Sie mich noch zu einem dritten Bereich kommen: zur EU-Erweiterung, wofür wir doch immer wieder so etwas wie die Patenschaft übernommen haben. Die EU-Erweiterung ist auf die lange Bank geschoben, sie ist nicht vorhanden. Im Gegenteil. Wir haben uns einer unglückseligen Debatte angeschlossen, die die Deutschen wieder einmal losgetreten haben, nämlich der Nettozahler-Debatte, obwohl wir wissen, daß sie völlig konträr zu den Erweiterungswünschen und dem Erweiterungswillen ist.

Wir haben eine Zauberformel gefunden, nämlich das Einfrieren der Ausgabenansätze, obwohl wir wissen, daß dies Hilflosigkeit widerspiegelt, daß dies ein ungeeigneter und ein äußerst konservativer Vorschlag ist, der nicht geeignet ist, die Probleme, die vor uns liegen, zu lösen.

Wo ist Ihr Vorschlag, Herr Außenminister, den Sie einmal als "Marshall-Plan" für die EU-Erweiterungsländer vorgebracht haben? (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dr. Schüssel.) Es ging dabei um die Differenz der Eigenmittelobergrenze, 180 Milliarden Schilling. Dieser Vorschlag ist einzubringen, und es ist zu sagen: Die EU-Erweiterung kostet etwas! Das ist eine Investition für die Zukunft, und als solche sollten wir sie auch sehen! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dr. Schüssel.) – Nur deswegen, weil Haider das kritisiert, dürfen wir es nicht mehr machen, Herr Außenminister? So weit sind wir? So weit ist Ihre Politik? (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Dr. Gredler. – Vizekanzler Dr. Schüssel: Nein, weil es außer Streit steht ...!)

Aber was ist, Herr Bundeskanzler – um zu einer letzten solchen Zauberformel zu kommen –, Ihr Momentum der EU-Erweiterung, ihrer Aufrechterhaltung? – Das begreife ich absolut nicht.

Zum Schluß: Ein Schwerpunkt waren die Menschenrechte. Sie haben vieles aufgezählt. Zu den Menschenrechten und zu meinem Verständnis von Menschenrechten gehört aber auch, überall dort, wo dies möglich ist, Kriege und Konflikte zu verhindern. Sie haben es in Ihrem Papier und auch im Memorandum der EU für die Vereinten Nationen erwähnt, und Sie, Herr Außenminister, haben es in Ihrer Rede vor den Vereinten Nationen erwähnt: daß der Handel mit gebrauchten kleinen Waffen zu einem der gefährlichsten Potentiale wird, wenn es um Konflikte und um Kriege geht, gerade um Bürgerkriege. Dieser Handel ist zu stoppen, es sind Maßnahmen zu treffen, mit denen er verboten wird.

Im Lichte der Ereignisse, wie wir sie jetzt sehen, von denen wir jetzt lesen, die wir Grüne aufgedeckt haben, frage ich: Wie stehen Sie dazu und was sagen Sie dazu, daß wir, um das eigene Landesverteidigungsbudget zu sanieren, in Kauf nehmen, dadurch Kriege woanders zu fördern und zu unterstützen? Das ist doch konträr zu dem, was Sie immer wieder betonen, nämlich sowohl in Ihrem Papier zur österreichischen EU-Ratspräsidentschaft als auch in Ihren Reden. (Beifall bei den Grünen.)

Ich würde mir sehr wünschen, daß Sie, Herr Bundeskanzler, und Sie, Herr Außenminister (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – ich bin schon bei meinem Schlußsatz! –, auch zu diesem Faktum unter dem Blickwinkel der EU-Ratspräsidentschaft, unter dem Blickwinkel der Schwerpunktsetzung auf die Menschenrechte Stellung nehmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Die Uhr ist auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

17.18

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder möchte das sehen, was am ehesten in seine politischen Kategorien und in sein Kritikschema paßt. Selbstverständlich ist es so, daß man als Verantwortlicher für die Präsidentschaft nach dem Ringen in erster Linie die Erfolge sieht. Wenn man aber die Strategie pflegt, daß von der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft nichts übrigbleiben darf, wie das einzelne Teile der Opposition machen, dann kann man auch keinen Erfolg zugestehen.

Angesichts dieser Debatte sollte uns klar sein, zu welchem Zeitpunkt wir diese Auseinandersetzung führen. Ich meine, daß, unabhängig davon, ob Österreich die EU-Ratspräsidentschaft innehatte oder nicht, das letzte halbe Jahr entscheidend für die Zukunft der Europäischen Integration war. Dieses halbe Jahr war deswegen entscheidend, weil sich Europa an einer Wegkreuzung befunden hat: Es ging dabei um die Entscheidung, ob der Euro das letzte Projekt der Europäischen Integration darstellt oder ob es darüber hinaus eine Integrationsperspektive gibt.

Wenn man den Brief, den noch im Frühjahr Kohl und Chirac geschrieben haben, liest und sieht, welche Schwerpunkte darin enthalten sind, dann muß man feststellen: Die Befürchtung des Bundeskanzlers, daß der Zug teilweise in Richtung Renationalisierung hätte fahren sollen, ist nicht unberechtigt. Wenn man im Vergleich dazu nun den Brief von Schröder und Chirac liest, dessen Basis die Diskussionen, die in Pörtschach stattgefunden haben, sind, wird einem völlig klar, daß sich die Europäische Union mit dem bisher erreichten Integrationsstand nicht zufriedengeben wird. Ganz im Gegenteil! Sie wird über den Euro hinausgehende weitere Integrationsschritte setzen.

Das ist das Entscheidende, das in diesem halben Jahr passiert ist: daß die Weichenstellung in Richtung weitere Integration erfolgt ist und die Gefahr des Rückfalls in Nationalismen gebannt wurde. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tichy-Schreder.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der zweite Punkt: Selbstverständlich braucht man Visionen. Die Osterweiterung ist meiner Auffassung nach eine der wesentlichsten Visionen. Klar ist aber auch, daß man zur Verwirklichung der Visionen demokratische Mehrheiten in den Mitgliedstaaten schaffen muß, da das europäische Projekt letztendlich auf demokratische Zustimmung angewiesen ist. Weiters braucht man neben demokratischer Zustimmung auch Prinzipien, die nachvollziehbar, die gerecht sind.

Wenn es zum Beispiel eine Auseinandersetzung über die Finanzierung in der Europäischen Union gibt, dann ist das legitim, absolut legitim, denn, wie der deutsche Außenminister richtigerweise gesagt hat, auch die Kohäsionsländer, die in den letzten Jahren einen wirtschaftlichen Fortschritt durchgemacht haben, müssen zur Kenntnis nehmen, daß, wenn es zur Osterweiterung kommt, sie nicht mehr die ärmsten in der Europäischen Union sein werden, weil nämlich neue, ärmere hinzukommen, denen man stärker helfen muß als denjenigen, die bereits jetzt in der Europäischen Union sind. Gleichzeitig kann es nicht so sein, daß nur ein kleiner Teil der Mitgliedstaaten der Europäischen Union die gesamten finanziellen Lasten trägt, während jener Teil durchaus wohlentwickelter Staaten aufgrund gewisser politischer Sonderkonditionen versucht, sich aus der finanziellen Verantwortung zu stehlen. Daher ist es ganz wichtig, daß auf Basis des Zusammenhangs Vision, demokratische Zustimmung und Umsetzung der EU-Erweiterung diese Finanzdebatte auch geführt wird, weil das letztendlich für den demokratischen Zusammenhalt der Europäischen Union wichtig ist.

In diesem Zusammenhang ist meiner Meinung nach auch jegliches Lamento darüber, daß diese Frage in Wien nicht gelöst werden konnte, völlig überflüssig. Es ist doch klar, daß bei einer so großen Aufgabe eine Lösung nur dann möglich ist, wenn es ein Paket gibt. Gleiches gilt in den Personalfragen. Eine losgelöste Entscheidung zu "Mr." oder "Mrs. GASP" ohne eine Orientierung in der Frage des Kommissionspräsidenten und anderer wichtiger Positionen (Abg. Dr. Gredler: -präsidentin!) – oder -präsidentin – ist nicht erzielbar, weil das nur in Form einer Paketlösung über die Bühne gehen kann, wenn man Spielraum, Masse und Raum für Kompromisse auf europäischer Ebene hat. Genau das wird im nächsten halben Jahr der Fall sein, und daher werden die entscheidenden Beschlüsse auf Basis einer vernünftigen Vorbereitung unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft auch gefaßt werden. Ich glaube, daß Österreich all das, was in diesem Zusammenhang getan werden konnte, getan hat. (Abg. Dr. Gredler: Das glaube ich nicht!)

Herr Kollege Haider hat heute gesagt, die einzigen Fortschritte, die es gäbe, lägen in der Osterweiterung, und diese wollen wir Österreicher nicht! (Abg. Aumayr: 70 Prozent der Österreicher sind dagegen!) – Dazu stelle ich fest: Kollege Haider hat hier auch einmal gesagt, daß wir Österreicher den Beitritt zur Europäischen Union nicht wollen. Dem halte ich entgegen: Österreich ist mit Zustimmung von zwei Dritteln der Bevölkerung Mitglied geworden. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Haider ist ein anderes Mal hier gestanden und hat gesagt, daß wir Österreicher den Euro nicht wollen. – Tatsache ist: Die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung ist stolz darauf, daß wir mit 1. Jänner 1999 den Euro in Österreich haben werden.

Kollege Haider ist heute hier gestanden und hat gesagt, daß wir Österreicher die Osterweiterung nicht wollen. – Dazu möchte ich sagen: Die Österreicher werden zum Zeitpunkt der Osterweiterung erkennen und stolz darauf sein, daß Österreich in Zukunft im Zentrum einer erweiterten Europäischen Union liegen wird, die ein Bündnis für Frieden und Stabilität in Europa darstellt! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und beim Liberalen Forum sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Tichy-Schreder. (Abg. Tichy-Schreder: Ohne Doktor!) Frau Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder. – Bitte, Frau Kollegin.

17.24

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte ist eine Auseinandersetzung über die Arbeit Österreichs in der Europäischen Union. Ich möchte in Erinnerung rufen, was der Herr Vizekanzler zu Beginn der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft gesagt hat: Für Österreich ist dieses halbe Jahr eine harte Knochenarbeit.

Meine Damen und Herren! Das dürften manche Oppositionsredner vergessen haben, denn es war bereits zu Beginn unserer EU-Ratspräsidentschaft klar, daß sich die Länder Großbritannien, Österreich und Deutschland ein gemeinsames Arbeitsprogramm vorgenommen haben. Eines hat man nämlich in der Europäischen Union auch festgestellt: Wenn jedes Land in einem halben Jahr eine neues Thema "in die Arena wirft" – unter Anführungszeichen –, dann wird kein Thema zu Ende geführt werden.

Es haben sich also die drei genannten Länder Themen vorgenommen, die zu behandeln sind, und für diese Themen hat Österreich die schwierigsten Arbeiten, die Vorbereitungsarbeiten, im vergangenen halben Jahr durchgeführt, indem es Papiere erstellt hat, damit es Verhandlungsgrundlagen gibt. Dafür möchte ich unseren Ministern, unserem Herrn Vizekanzler und dem Bundeskanzler sowie den Mitarbeitern in den Ministerien sehr herzlich danken! Das ist die mühevolle Arbeit der Ebene, aber auch die Arbeit, die wahrscheinlich später dann bedankt werden wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann Frau Kollegin Kammerlander verstehen, wenn sie die Frage stellt, ob der Gemeinsinn in der Europäischen Union abhanden gekommen ist. Auch das Gespenst der Renationalisierung der einzelnen Staaten ist aufgekommen. Ich glaube, daß es gerade deswegen notwendig war und ist, daß sich die Europäische Union immer wieder um neue Mitglieder erweitert, die an die Vision, die an das Europa glauben, denn diese Mitgliedstaaten geben einen neuen Impetus und bringen neue Gedankengänge in die Gemeinschaft ein. Das hat auch Österreich getan.

Österreich versucht eben, die notwendigen Ziele zu verfolgen, damit sich die Bürger in Europa mehr wohlfühlen, mehr zu Hause fühlen und damit auch für sie Europa etwas näherrückt. Dazu hat jeder etwas beizutragen, und Österreich hat eben durch die Vorlage von Unterlagen sehr viel beigetragen.

Was aber auch ganz wichtig ist – wenn man die Zeitungen von morgen liest, erkennt man, daß das sogar sehr wichtig ist –, ist, daß die gemeinsame europäische Außenpolitik Gestalt annimmt, denn nicht alle Mächte auf unserer Welt sind sehr stabil. Es ist enorm wichtig, daß Europa mit dem Euro an Stabilität gewinnt. Aber jetzt ist der nächste Schritt wichtig, nämlich daß es auch eine gemeinsame Außenpolitik der Europäischen Union gibt. Und gerade unser Vizekanzler hat sehr wertvolle Schritte in diese Richtung initiiert und vorwärtsgebracht. Natürlich geht es nicht von heute auf morgen, ein global player zu werden, aber unser Vizekanzler hat die Anerkennung der anderen Staaten durch seine Missionen, die er getätigt hat, gefunden, und das ist wichtig. Es ist wichtig, daß das in der Welt anerkannt wird, damit die Europäische Union auch künftig im Rahmen einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik geschlossen auftreten kann.

Gerade in der Arbeit am Balkan kommen Österreich enorme Verdienste zu. Und daß es gelungen ist, einen Österreicher dort als EU-Beauftragten zu installieren, nämlich im Kosovo, trägt hoffentlich in Zukunft dazu bei, daß es dort weiter zu friedvollen Maßnahmen kommt, obwohl die Zeichen eher auf Sturm stehen.

Die Bestrebungen gehen in Richtung Stabilität der Geldmittel. Und ich bin sehr froh, daß die Europäische Union keine eigene Steuer einführt, denn das würden die Bürger nicht verstehen, sondern daß man die Ausgaben beschränkt und versucht, die Mittel richtig zu planen und einzusetzen. Der eine Punkt ist also der Haushalt, wo die finanziellen Mitteln im nächsten Halbjahr beschlossen werden. Aber neben den finanziellen Mitteln, die die einzelnen Staaten besonders betreffen, geht es auch um die Menschlichkeit in diesem Bereich Europa und darum, was von Europa ausgehen kann.

Da bin ich dem Herrn Vizekanzler sehr dankbar, daß er in der UNO-Vollversammlung den Kindesmißbrauch zu einem Thema gemacht hat. Es ist dies etwas, was viele Menschen auf dieser Welt bewegt, und es ist sehr wichtig, daß nicht nur darüber gesprochen wird, sondern diesbezüglich auch Handlungen gesetzt werden. Heute haben wir diesbezüglich ein ORF-Gesetz verabschiedet, und ich hoffe, daß alle Maßnahmen gegen Kindesmißbrauch ergriffen werden und wir bei der nächsten Konferenz, die gemeinsam mit den USA und mit der Europäischen Union abgehalten werden wird, Fortschritte erzielen. Denn die Ausbreitung des Kindesmißbrauchs über Internet ist eines der schlimmsten Verbrechen. Es ist wichtig, daß das geächtet wird, daß das unter Strafe gestellt wird und daß wir hier gemeinsam vorgehen. Das ist europäische Kultur von Österreich ausgehend. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein weiterer wichtiger Punkt ist unserer Meinung nach natürlich die EU-Erweiterung. Ich habe schon angeschnitten, daß die neuen Kandidaten sehr wichtig sind, daß sie ein Salz in der Suppe der Europäischen Union darstellen, um mehr Gemeinsamkeit zu erreichen. Dabei hat Österreich eine Vermittlerfunktion: Es hat per Vermittlung an unsere Nachbarstaaten im Norden, Osten und Süden weiterzugeben, was die Europäische Union verlangt.

Es ist dem Vizekanzler zu danken, daß er initiiert hat, daß endlich mit den Verhandlungen zur EU-Erweiterung begonnen wird, denn so selbstverständlich war das für die einzelnen 15 EU-Mitgliedstaaten nicht. Dabei ist wichtig: Wie werden wir als Vorsitzführende anerkannt, damit wir die anderen Staaten so weit bringen, daß sie dem zustimmen? Dazu bedarf es viel Geschick und Vertrauen der anderen Staaten, und das hat Österreich gewonnen.

Wenn wir unsere Stimme erheben, so hilft uns das als Partner auch in Zukunft, wenn wir nicht mehr die Vorsitzführung innehaben, wenn wir uns dann auch für diese Nachbarstaaten im Norden, Osten und Süden einsetzen. Ich glaube, daß die Regierungschefs dieser Staaten es schätzen gelernt haben, wie sich Österreich für sie einsetzt.

Ich bin Herrn Abgeordnetem Gusenbauer dankbar dafür, daß er gesagt hat, daß von all dem, was Herr Dr. Haider hier behauptet hat, immer das Gegenteil eingetreten sei. Ich freue mich, daß wir in Zukunft die Österreicherinnen und Österreicher von dem Vorteil der Erweiterung der EU um unsere Nachbarstaaten überzeugen können, daß wir diesbezüglich auch, wie der Herr Vizekanzler am Sonntag angekündigt hat, Aufklärung geben werden, daß es stabiler, sicherer für die Österreicher ist, wenn sich die Europäische Union erweitert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

17.32

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst, um nicht in Zeitnot zu kommen, folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaftskraft Österreichs sowie zur Sicherung von Arbeitsplätzen vor dem Hintergrund einer EU-Osterweiterung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei den Beitrittsverhandlungen mit den EU-Aspiranten von ihrem Vetorecht Gebrauch zu machen, solange nicht sichergestellt ist, daß vor einem Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten

eine Angleichung und überprüfbare Einhaltung der sozial- und arbeitsrechtlichen Standards sowie der Umweltstandards der Kandidatenländer mit jenen der Europäischen Union erfolgt ist,

das Ziel der Europäischen Union, die Arbeitslosigkeit zumindest zu halbieren, realisiert wurde,

ein spezifisches und ausreichend dotiertes und hinsichtlich der Förderungsregeln der besonderen Problemlage angepaßtes Sonderprogramm für die im Nahbereich der Grenze zu den MOEL liegenden heimischen Regionen geschaffen wurde,

eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union durch Renationalisierung der land- und forstwirtschaftlichen Einkommenspolitik mit dem Ziel der Erhaltung des Arbeitsplatzes ‚Bauernhof‘ durchgeführt wurde,

die Steuersysteme harmonisiert sind und die Wirtschaftskraft Österreichs durch Maßnahmen, insbesondere im Bereich des Steuerrechts, durch Bürokratieabbau gestärkt wurde, um wettbewerbsfähig zu bleiben."

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Entschließungsantrag wollen wir Freiheitlichen wieder einmal darauf hinweisen, daß wir uns die Osterweiterung unter bestimmten strengen, unseren Vorstellungen entsprechenden Kautelen vorstellen können, aber nur dann, wenn sie als Beitrag zur Sicherheit Europas verstanden werden kann und nicht zu einer Verunsicherung Europas, zu mehr Arbeitslosigkeit und zu einem Verdrängungswettbewerb auf Kosten der Arbeitnehmer im neuen Europa führen wird.

Wir fühlen uns durchaus im Einklang mit den Forderungen, die der Österreichische Gewerkschaftstag bezüglich dieser Thematik schon lange erhoben hat. Ich glaube, daß die Forderungen des ÖGB nach entsprechenden Übergangsfristen für die Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt, nach Übergangsfristen bei den Dienstleistungsfreiheiten, nach Übernahme der sozialen Mindeststandards, nach einem Beihilfenprogramm für Grenzregionen, nach einem Stopp des Straßengüterverkehrs, nach technischer Sicherheit von Atomkraftwerken – erst dann begrüßt der ÖGB den Beitritt der Reformstaaten – einer ähnlichen Haltung entsprechen, wie wir sie auch haben.

Ich glaube, man sollte die Arbeitnehmerinteressen nicht einfach am Altar der EU opfern und am Ende dieses Wiener Gipfels und am Ende der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft auch nicht in Euphorie ausbrechen und meinen, daß sich da viel bewegt habe.

Im wichtigen Bereich der Beschäftigungspolitik stehen wir nahezu dort, wo wir vor eineinhalb Jahren gestanden sind. Der Vertrag von Amsterdam ist noch nicht ratifiziert und ist in diesem Bereich noch nicht zur Gänze umgesetzt. Die nationalen Beschäftigungsprogramme, die vorliegen, geben ein klares Zeugnis davon, daß die hochgelobte österreichische Sozialpolitik nicht jene Spitzenfunktion hat, die man immer behauptet hat. Unter den "best practices" befindet sich kein einziges Programm von Österreich. Das, was man noch am ehesten dafür halten könnte, nämlich das Programm zur Gleichbehandlung von Frauen, hat den üblen Beigeschmack entsprechend der Kritik der Kommission, ein alter Hut zu sein, dessen teilweise Erfolglosigkeit aufgrund der Arbeitsmarktzahlen und des Auseinanderdriftens der Beschäftigungseinkommen von Frauen in Österreich vom Jahre 1990 bis heute nachgewiesen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß wir in allen anderen Bereichen der vorliegenden Punkte versagt haben, sei nur angeführt. Es kann daher auch nicht verwundern, daß der Herr Bundeskanzler heute hier nicht die österreichischen Zahlen und die Entwicklungen des letzten Monats angeführt hat, sondern sich auf die Einsparungseffekte der EU beschränkt hat und diese für sich reklamiert hat, denn im eigenen Land hat man nichts weitergebracht. Aber dort, wo man scheinbar laut den Zahlen etwas weitergebracht hat, nämlich bei der Jugendbeschäftigung, ist auch die Kritik der EU harsch: Es handle sich um ein dreijähriges Abstellgleis, die Weiterbeschäftigung werde erst danach zu beurteilen sein, und es werde erst dann zu evaluieren sein, ob der heute eingeschlagene Weg der Jugendausbildung auch tatsächlich ein erfolgreicher ist oder nur eine Zwischenstufe zwischen Schule, Lehre oder Lehrausbildung in den unterschiedlichsten Institutionen und Schulungen und dann nachfolgender Arbeitslosigkeit darstellt.

Die entsprechenden Berichte und Kommentare liegen vor. Sie entziehen sich durchaus nicht nur unserer Kritik, sondern es wird auch immer wieder versucht, sie über Umwege möglichst spät und möglichst verzögert dem Parlament zuzuführen, um uns die entsprechenden Informationen bei den Debatten schwerzumachen. Heute, sehr geehrter Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler, haben Sie geirrt. Die Meldungen aus Brüssel über Ihren dortigen Auftritt beziehungsweise aus Straßburg haben uns schon lange erreicht. Die Kritik des Luxemburgers Santer etwa, der Sie scharf kritisiert hat, der schlicht und einfach formuliert hat, daß nichts weitergegangen sei – wortwörtliches Zitat, sehr geehrter Herr Vizekanzler! –, hat inzwischen Österreich erreicht.

Das, was Sie mit dieser Dringlichen Anfrage hier erreichen wollten, nämlich die Opposition daran zu hindern, in einer Dringlichen einerseits die militärischen Fragen aufzuwerfen oder anderseits die Versäumnisse im Bereich der Sicherheitsinspektion und der Verfolgung der Triebattentäter aufzuzeigen, haben Sie sicherlich erreicht. Sie haben aber nicht erreicht, daß Sie damit eine Jubelstimmung in Österreich erzeugen konnten über einen Gipfel, der in seinen Endergebnissen bescheiden geblieben ist, obwohl er zugegebenermaßen Ihnen beiden eine Reihe von Kilometern gebracht hat.

Ich möchte mit folgenden Worten schließen: Wir sind stolz auf Österreich. Wir sind auch stolz auf die Österreicherinnen und Österreicher, denn sie haben trotz der schlechten Rahmenbedingungen durch diese Bundesregierung Österreich einen hervorragenden Startplatz in Europa gesichert. Das ist bei Gott nicht Ihr Verdienst, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Mag. Haupt vorgetragen hat, ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung und wird dann abgestimmt werden.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Helmut Peter. – Bitte.

17.38

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Für mich waren die Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Vizekanzlers zur österreichischen EU-Ratspräsidentschaft eine Enttäuschung. Sie waren eine Enttäuschung deswegen, weil sie ein peinliches Selbstlob darstellten.

Etwas mehr Selbstkritik, etwas mehr Distanz hätte die Leistungen, die ohne Zweifel da waren, der österreichischen Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union hervorgestrichen. Sie hätten auch klar sagen können, was Sie nicht erreicht haben. Wir hätten dann einen Bericht gehabt, der diskutierenswerter gewesen wäre als das, was wir jetzt an peinlichen Lobhudeleien erlebt haben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die österreichische Bundesregierung hat eine ganz große Chance vorbeigehen lassen, und zwar aus innenpolitischen Interessen, wenn ich es nicht sogar innenpolitische Feigheit nenne. Wir sind das Land in der Europäischen Union, das das höchste Interesse daran haben muß, daß eine Erweiterung der Europäischen Union möglichst rasch vor sich geht. Diesbezüglich geht der Entschließungsantrag des Herrn Abgeordneten Haupt, den er soeben eingebracht hat, genau in die falsche Richtung, denn genau das, was Haupt fordert, nämlich eine Anpassung der sozialrechtlichen und arbeitsrechtlichen Normen und Standards, eine Anpassung der Umweltstandards, ist ein Teil des Acquis Communautaire, ist ein Teil der Beitrittsverhandlungen, und genau das erreichen wir am allerschnellsten und am allerbesten durch eine Aufnahme der EU-Kandidatenländer in die Europäische Union.

Mit der Vorgangsweise, die Osterweiterung durch Bedingungen hinausschieben zu lassen, stellst du dich, Kollege Haupt, in die Reihe jener Mitgliedsländer der Europäischen Union, die heute die sogenannten Nehmerländer sind, die hundert Gründe finden, die Vertiefung der EU zu verhindern, um über die Vertiefung, die nicht stattfindet, dann auch die EU-Erweiterung zu verhindern. Man schlägt also den Sack und meint letztlich den Esel. Das ist mir zu offensichtlich. Diesem Antrag ist nicht zuzustimmen!

Deine Formulierung, die Arbeitnehmerinteressen würden am Altar der EU geopfert, ist ein abgrundtief falsches Schlagwort – um nicht das Wort "dumm" zu verwenden –, denn genau das Gegenteil ist wahr! Österreich ist jenes Land, das am meisten Grenzen zu den EU-Beitrittskandidaten hat – zu denen ich die Slowakei nach dem Wechsel dort dazuzählen möchte –, Österreich ist jenes Land, das das höchste Interesse daran hat, neue, größere Märkte zu bekommen, Österreich ist jenes Land, das in Relation zu seiner Größe die meisten Investitionen in diesen Staaten hat. Österreich braucht diese Märkte, Österreich braucht die Durchlässigkeit dieser Grenzen, damit wir ein zweites Mal den Vorteil einheimsen können, den wir jetzt schon mit unserem Beitritt zur Europäischen Union eingeheimst haben: daß unsere österreichische Industrie auf einmal neue Märkte gefunden hat und das Wachstum der letzten drei Jahre letztlich eine Ernte des EU-Beitritts Österreichs im Jahre1995 war.

Genauso haben wir eine zweite Ernte einzubringen, eine zweite Ernte in der Erweiterung der Nachbarstaaten, die uns die Möglichkeit geben, nicht nur auf gesättigten Märkten im Verdrängungswettbewerb arbeiten zu müssen, sondern auf ungesättigten Märkten neue Chancen zu finden.

Das ist das große Versäumnis unserer EU-Ratspräsidentschaft. Österreich hätte die Chance gehabt, das zu einem Schwerpunkt zu machen, aber der Herr Bundeskanzler hat das erklärt, was man in Österreich gerne hört und was innenpolitisch vordergründig sehr wichtig ist. Ich weiß, daß Beschäftigung sehr wichtig ist, ich glaube allerdings, daß die staatlichen Möglichkeiten zur Beschäftigung nicht darin liegen, davon zu reden, sondern die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens so zu verändern, daß mehr Beschäftigung möglich ist, und für die Osterweiterung einzutreten, denn diese gibt uns die Chance, über neue Märkte aktiv mehr Beschäftigung in Österreich zu haben.

Die innere Sicherheit und Integration sind wichtig. Die äußere Sicherheit, um die sich der Herr Vizekanzler angenommen hat, ist ein sehr wesentliches Anliegen, und Stabilität und Wachstumspolitik wollen alle, aber der Schwerpunkt der Interessen an der Erweiterung der Europäischen Union muß bei Österreich liegen.

Daß es Übergangsfristen geben wird, daß es noch schwierige Verhandlungen geben wird, ist gar keine Frage, doch ein Argument, meine Damen und Herren, kann ich nicht gelten lassen, das ist das Argument der Einkommensunterschiede. Wenn man die Einkommen innerhalb der Europäischen Union vergleicht, dann sieht man, daß die Einkommen Griechenlands bei 69 Prozent – der Durchschnitt ist 100 Prozent – und jene Luxemburgs bei 166 Prozent liegen, was ein Unterschied von nahezu eins zu drei ist. Wenn man den österreichischen Einkommensunterschied zwischen den schwächsten Gebieten im Burgenland und den stärksten und wohlhabendsten Gebieten in den städtischen Agglomerationen hernimmt, so kann man sehen, daß auch da der Einkommensunterschied nahezu eins zu drei ist. Da geht es weniger um Einkommensunterschiede, sondern um den klaren Willen, daß der Euro – wie Gusenbauer es richtig gesagt hat – nicht der Endpunkt einer europäischen Integration sein kann, sondern ein weiterer Schritt zu machen ist.

Die Vertiefung der EU hätte daher Schwerpunkt in unserer EU-Ratspräsidentschaft sein müssen, die Erweiterung der EU wäre das Ziel gewesen. In diesen beiden Bereichen haben Sie reichlich wenig bewegt. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt gelangt Herr Abgeordneter Wabl zu Wort. Die restliche Redezeit der grünen Fraktion in dieser Debatte beträgt 5 Minuten. – Bitte.

17.45

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Außenminister! Frau Klubobfrau Petrovic hat auf Ihre außenpolitisch vielbeachtete Rede vor der UNO schon Bezug genommen. Herr Bundesminister! Wissen Sie, in Bereichen, wo es nicht direkt ans Eingemachte geht, direkt um konkrete Zahlen, die dann der Finanzminister darstellen muß, läßt sich trefflich diskutieren, trefflich schöne Reden halten, trefflich die Auseinandersetzung führen, da gibt es sehr differenzierte Argumentationslinien, aber in der ganz konkreten Sache, in der Sie als Außenminister oder Sie als politisch Verantwortlicher konkret Außenpolitik und Innenpolitik gestalten können, da ist es gefragt, Stellung zu beziehen. Doch wo haben Sie das heute hier und jetzt konkret getan? Der Bundeskanzler hat sich verabschiedet, und Sie, Herr Parteiobmann und Außenminister, sitzen hier und sagen offensichtlich auch nichts.

Ich werde Ihnen nun anhand unserer Gesetzeslage demonstrieren, wie sich die Politik in unserem Land im Zusammenhang mit Waffenexporten verhält. Das Kriegsmaterialiengesetz hat folgenden Wortlaut, meine Damen und Herren:

§ 5 besagt: "Eine Bewilligung nach § 3 ist nicht erforderlich für die Einfuhr von Kriegsmaterial durch den Bundesminister für Landesverteidigung für das Bundesheer ..." – Das geht dann so weiter.

Abs. 2 lautet: "Die Ausfuhr von Kriegsmaterial durch die im Abs. 1 erster Satz angeführten Bundesminister bedarf der Zustimmung der Bundesregierung." – Das heißt, wenn der Herr Bundesminister für Landesverteidigung ausführt, bedarf es der Zustimmung der Bundesregierung.

Herr Außenminister! Ich frage Sie: Was ist das für ein Geschäft? Das Verteidigungsministerium schreibt 40 000 österreichische Sturmgewehre aus. Es melden sich Inländer, und es melden sich auch Ausländer. Es meldet sich ein Waffenhändler aus der Schweiz, und dieser Waffenhändler aus der Schweiz kauft diese 40 000 Gewehre in Bausch und Bogen.

Herr Bundesminister! Welcher Paragraph ist dafür zuständig? Wurde hier von einem Privaten exportiert, zum Beispiel von Steyr Mannlicher, oder wurde hier vom Bundesministerium für Landesverteidigung durch Bundesminister Fasslabend exportiert?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Wabl! Die Debatte über die EU-Präsidentschaft ist ein ganz weites Thema – von der Landwirtschaft bis zum Verkehr, zur Wissenschaft und allem möglichen –, aber Sie legen es jetzt offensichtlich darauf an, ohne Umschweife ein anderes Thema zu behandeln. (Abg. Dr. Kostelka: Wabl! Wabl!) Ich bitte Sie, sich so zu verhalten wie alle anderen. Es geht um die EU-Präsidentschaft – mit weiter Auslegung der Geschäftsordnung.

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Herr Bundesminister Schüssel! Die EU-Präsidentschaft hat sich auch in diesen Bereichen klar und ausschließlich für eine ganz bestimmte Menschenrechtspolitik deklariert, Herr Außenminister Schüssel hat sich vor der UNO ganz klar deklariert, und ich finde, daß es eine Frage der Glaubwürdigkeit ist, wie sich der Außenminister in der internationalen politischen Auseinandersetzung darstellt. Aber wenn ein grober Verstoß gegen das Kriegsmaterialiengesetz vorliegt, dann erwarte ich mir in diesem Haus der Volksvertretung, daß die Bundesregierung dazu Position bezieht (Beifall bei den Grünen) und nicht nur einfach den Abgeordneten Maitz vorschickt, der von Frechheit, Impertinenz und sonstigem herumfaselt, sondern ich erwarte mir eine klare Interpretation des Kriegsmaterialiengesetzes nach § 5. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ob da verletzt worden ist, wird letztendlich die Staatsanwaltschaft beurteilen, Herr Maitz.

Über die Nationalsozialisten, Herr Maitz, können wir heute leicht reden. Wir können leicht darüber reden, wer damals nicht hingeschaut hat (Abg. Dr. Schwimmer: Wabl verträgt die Wahrheit nicht!), aber wie werden künftige Generationen über Sie reden, Herr Maitz, wenn Sie gefragt werden: Wer hat die Waffen geliefert für die afrikanischen Kriegsschauplätze? Wer hat die Waffen für Bosnien und für den Balkan geliefert? Dann sitzen auch hier Verantwortliche, Herr Maitz, und nicht nur irgendwo kleine Waffenhändler, die ihr schmutziges Geschäft machen. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist die entscheidende Frage, und ich erwarte mir von der Bundesregierung dazu eine klare Position.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Herr Präsident! Ich bin bereits bei meinem Schlußsatz. – Ich erwarte mir von der Bundesregierung, insbesondere vom Bundeskanzler und auch vom Außenminister, dazu eine klare Stellungnahme. Denn an den Taten werdet ihr sie erkennen, nicht an den großen Reden. (Beifall bei den Grünen.)

17.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

17.50

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es wäre natürlich verlockend – aber die Zeit reicht dazu nicht aus –, sich auch die strategische Frage zu stellen, worüber wir hier manchmal streiten, denn natürlich ist es sehr stark innenpolitisch bezogen, wenn nach einem Machtwechsel in Deutschland mit einem neuen Bundeskanzler die neue Regierung sagt: Wir haben eine Nettozahlerposition, die uns á la longue als zu hoch erscheint, daher möchten wir, daß es zu einer anderen Verteilung der Belastungen kommt! Das geschieht alleine mit einem innenpolitischen Bezug, indem man sagt: Die Arbeitsplätze wollen wir künftig nicht im EU-Raum finanzieren, sondern vor allem in Deutschland, vor allem in den neuen Bundesländern! Wir wollen vor allem die gegenwärtige Zahl von 4 Millionen Arbeitslosen senken, damit wir überhaupt eine Legitimation haben, bei den nächsten Wahlen wiedergewählt zu werden!

Das ist die eine Seite. Sie ist zu akzeptieren, und die nationalen Beschäftigungsprogramme sind ein Puzzle in der Überlegung, die Beschäftigung in Europa insgesamt zu erhöhen. Aber ich muß mir in diesem Zusammenhang die Frage stellen: Mit welchem Ziel, mit welchen Instrumentarien? Warum will ich zum Beispiel das Agrarbudget reduzieren, senken? Wozu will ich neue finanzielle Handlungsspielräume für die EU erwirken? Was ist wirklich das Projekt, das ich habe, und mit welchen Instrumenten kann ich es erreichen? – Da sind noch viele Fragen offen, wir werden aber versuchen müssen, sie zu beantworten.

Was bedeutet die Institutionenreform für Österreich? Werden wir mehr Gewicht oder weniger Gewicht haben? Ist für uns eine Verfassung auf europäischer Ebene ein Vorteil oder ein Nachteil? Ist die Mehrheitsfähigkeit in der Bevölkerung schon so entwickelt, daß man sagt: Was in Europa ein Fortschritt ist, ist letztlich auch ein Fortschritt für Österreich? Heißt das: Was in Europa eine bessere Konjunktur, eine bessere Koordinierung der Wirtschaft, der Sozialpolitik, der Finanzpolitik bedeutet, ist auch für Österreich gut?

Wenn es gelingt, das alles zu vermitteln, daß man als Österreicher auch im österreichischen Sinn europäisch denkt, wiewohl man dann in Wirklichkeit österreichisch denkt, dann hat man schon eine bessere Voraussetzung und eine bessere Chance auf Mehrheitsfähigkeit für Vorhaben, die ursprünglich nicht mehrheitsfähig waren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist das, was ich der FPÖ vorwerfe: Sie will nicht! Sie will das nicht, weil sie in dieser Hinsicht innenpolitisch kurzsichtig denkt und weil sie eben diesen Denkansatz nicht hat. – Aber die strategische Frage ist eine entscheidende!

Zweiter Punkt: Von den Oppositionsparteien wird immer der Eindruck erweckt, diese Bundesregierung wäre die Bundesregierung eines 50-, 60-, 70-Millionen-Staates. (Abg. Dr. Graf: Das haben Sie aber vor fünf Jahren behauptet!) Das ist sie nicht! Das heißt aber nicht, daß wir uns kleiner machen müssen, das heißt nicht, daß wir Gestaltungsverweigerung ansagen müssen. Das wurde wirklich nicht getan! Die Zeit, die die österreichische EU-Ratspräsidentschaft zu bewältigen hatte, gehört, wie Abgeordneter Gusenbauer richtig gesagt hat, zu den interessantesten Monaten. Es war dies eine Zeit, in der es zu gigantischen Veränderungen, zu gigantischen Weichenstellungen gekommen ist. Das sollten auch Sie mit Ihrer kleinkarierten, provinziellen Sicht zur Kenntnis nehmen, meine Herren Abgeordneten von der FPÖ, daß das eine solche Epoche war. (Abg. Dr. Graf: Epoche?!)

Es hat einen Paradigmenwechsel gegeben. Denken Sie an die Diskussion in Maastricht, denken Sie daran, daß damals die Stabilität die Priorität war, und denken Sie daran, daß mit dem Machtwechsel in verschiedenen Regierungen in Europa nicht mehr nur die Stabilität, sondern Stabilität und Beschäftigung entscheidende Elemente der Politik wurden! All das sollten Sie zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ihnen – und das ist das wirklich Verwerfliche – ist Beschäftigung Wurscht, für Sie ist Beschäftigung Gegenstand Ihrer oppositionspolitischen Strategien. (Abg. Jung: Wie ist das mit Ihnen? Schauen Sie sich die Arbeitslosenzahlen an!) Heute nützt es Ihnen, heute ist man für die Beschäftigung. Würde es Ihnen bei den Wahlen nützen, gegen die Beschäftigung zu sein, würden Sie gegen die Beschäftigung sein. (Abg. Haigermoser: Wie viele Beschäftigte hast du außer deinem parlamentarischen Mitarbeiter?) Würde es Ihnen nützen, auf allen Vieren hier im Parlament auf- und abzugehen, würden Sie auf allen Vieren hier im Parlament auf- und abgehen. Das ist Ihr Politikverständnis! Damit wollen wir aber nichts zu tun haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher ist die Frage der Erweiterung der EU auch aus dieser Sicht zu beurteilen. Daher ist es auch positiv, daß die Gespräche darüber begonnen wurden. (Abg. Haigermoser: Wie viele Beschäftigte hat Cap außer dem parlamentarischen Mitarbeiter?) Das heißt noch lange nicht, daß man nicht darauf drängen wird, daß der Acquis Communautaire zu erfüllen ist, daß die sozialökonomischen Standards zu erreichen sind. Natürlich soll das so sein. Im Interesse der betroffenen EU-Kandidatenländer! Es ist ein anderes Wording, wenn man sagt: Im Interesse der Kandidaten für die EU-Erweiterung fordern wir daher: eins, zwei, drei, vier, fünf!

Sie sagen etwas anderes! Sie sagen: Im Interesse der Stammtischfaschisten wollen wir daher nicht und fordern daher: eins, zwei, drei, vier, fünf! (Abg. Jung: Im Interesse der Arbeitslosen fordern wir: eins, zwei, drei, vier, fünf!) Das ist der entscheidende demokratiepolitische und der entscheidende moralische Unterschied. Daher wird es zwischen uns nie eine Gemeinsamkeit geben können – schon gar nicht in dieser Frage! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

17.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten, Klubredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

17.55

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Cap! Sie fordern bei der Beschäftigungspolitik: eins, zwei, drei, vier. Sie taumeln von einem Beschäftigungsgipfel zum anderen. Aber mit welchem Resultat? – Mit dem Resultat, daß die Arbeitslosenzahlen in der EU explodieren. Das ist das Ergebnis Ihres Engagements! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Gusenbauer: Herr Kollege Gusenbauer hat gesagt, daß, was auch immer Dr. Haider in bezug auf den EU-Beitritt prophezeit habe, das Gegenteil eingetreten sei. Also wie ein Sozialdemokrat hergehen und so eine Feststellung treffen kann, wo doch seine Parteikollegin, die Kollegin Ederer, die Österreicher belogen hat und in die EU hineingelogen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Bitte eine andere Sprache zu verwenden! Ich weise diesen Ausdruck zurück!

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (fortsetzend): Hineingeschwindelt und hineingelockt haben Sie die Österreicher mit dem Versprechen, daß sich jede Familie 1 000 S erspart, wenn wir der EU beitreten. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wissen Sie, wie hoch die Inflationsrate war?) Das Gegenteil ist eingetreten! (Lebhafte Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Der Herr Kollege Schwarzböck hat die gleiche Behauptung aufgestellt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wissen Sie, wie hoch die Inflationsrate war?) Auch von all dem, was die ÖVP den Bauern beim EU-Beitritt versprochen hat, ist das Gegenteil eingetreten. (Abg. Dr. Gusenbauer: Haben Sie schon einmal den Rechenstift benützt?) Wo sind denn bitte die verbilligten Betriebsmittel? – Wir haben heute in Österreich den höchsten Dieseltreibstoffpreis in der EU, aber im Gegenzug den niedrigsten Milchpreis.

Aber das, was jetzt mit der GAP-Reform in der Agenda 2000 passiert, wird ein Bauernsterben verursachen, wie wir es in Europa noch nie erlebt haben. Ich hätte gerne gehabt, daß darüber beim EU-Ratsvorsitz gesprochen wird. Es gibt darüber eine Studie, Herr Kollege Schwarzböck, und es hat mich schon gewundert, daß Sie heute bei Ihrer Rede mit keinem Wort die Bauern erwähnt haben, obwohl Sie doch ganz genau wissen, daß in der GAP-Reform ... (Zwischenruf des Abg. Schwarzböck.) Sie haben nur von der EU-Osterweiterung gesprochen, aber von den Bauern haben Sie nicht gesprochen. Sie haben nicht davon gesprochen, daß in der GAP-Reform für die Bauern Preissenkungen von minus 30 Prozent bei Rindern, minus 20 Prozent bei Getreide und minus 15 Prozent bei der Milch vorgesehen sind. Sie haben nicht davon gesprochen, daß, wenn die GAP-Reform so umgesetzt wird, wie sie vorliegt, wie sie Ihr Parteikollege, EU-Kommissar Fischler vorgelegt hat, in Europa bis zum Jahr 2005 3 Millionen Bauern ihren Arbeitsplatz verlieren und werden ihre Höfe verlassen müssen. Das muß man sich vorstellen: 3 Millionen arbeitslose Bauern kommen zu 17 Millionen Arbeitslosen in der EU dazu! Wenn diese Bauern die Höfe nicht verlassen, sondern auf ihren Höfen bleiben, dann haben sie ein Einkommensminus von 17 Prozent zu verzeichnen. Wissen Sie, was das bedeutet? Das ist auch ein Kahlschlag für die österreichische Landwirtschaft.

Daher wird es höchste Zeit, daß Sie ein Versprechen, das Sie auch vertraglich zugesichert haben, nämlich die Anhebung der Mehrwertsteuerpauschale, endlich erfüllen. Sie werden heute bei unserem Antrag die Möglichkeit dazu haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. Die Restredezeit seiner Fraktion beträgt 5 Minuten. – Bitte.

17.59

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod minister! Visoki dom! Hohes Haus! Herr Minister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß die gesamte Debatte ein bißchen falsch läuft, und zwar deshalb, weil wir uns zu sehr mit der Vergangenheit befassen. Ich bin an sich nicht so enttäuscht von der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, weil ich mir nicht viel erwartet habe. Es ist also vernünftig, wenn man sich nicht zuviel erwartet, denn dann ist man am Bilanztag nicht so traurig. Warum sollte denn die österreichische Politik in Europa so wesentlich besser sein, als sie hier zu Hause ist? In diesem Sinne ist es ein mäßiger Erfolg. Man hat die sechs Monate irgendwie über die Runden gebracht.

Unverständlich ist natürlich, daß wir uns heute von den zwei Hauptverantwortlichen eine Art Lobeskanon anhören mußten. Das war natürlich nicht angebracht, und in diesem Sinne ist auch das Einbringen dieser Dringlichen Anfrage nicht in Ordnung. Wir haben uns einen sehr kritischen Europabericht erwartet, aber nicht ein Lob darüber, was Österreich Großartiges geleistet habe.

Alle wesentlichen Punkte sind ungelöst geblieben – egal, ob es nun die Frage der Sicherheitspolitik ist, ob es die Frage des Konfliktlösungspotentials ist, ob es die Frage der Agenda 2000 ist, ob es zum Beispiel die Frage der Verringerung des Agrarbudgets ist. All diese Fragen sind offengeblieben! Beschäftigungspolitik als Programmpolitik zu verkünden kann natürlich jedermann. Die Frage ist: Wie viele Arbeitslose weniger gibt es seit Juni, Juli 1998? Das ist die Frage! Und wir stellen fest: Da hat sich nichts Wesentliches geändert. Mir wäre es wichtig gewesen – und das habe ich mir eigentlich erwartet –, daß man sagt, was man vorhat, für die Zukunft zu tun.

Herr Vizekanzler! Sie haben gesagt, Sie könnten einige dieser Dinge, die Sie vorgeschlagen hatten, nicht machen, nicht entgegennehmen, weil Sie als Präsident aller vorher Konsens brauchen. – Herr Vizekanzler! Ich würde Sie bitten, nachdem Sie nun von der Last und Bürde der Präsidentschaft frei sind, daß Sie nun mehr Initiativen setzen, daß Sie initiativ sind vor allem im Bereich der Sicherheitspolitik, im Bereich der Agrarpolitik, aber natürlich auch in einem ganz speziellen Bereich, nämlich daß Europa endlich in der Lage sein wird, seine Konflikte selbst zu lösen.

Wir brauchen – in diesem Zusammenhang moniere ich das wieder, Herr Vizekanzler – ein europäisches Volksgruppenrecht. Wir brauchen die Möglichkeit des Handlings und müssen mit Konflikten umgehen können. Dies ist vor allem als Prävention zu sehen, und da haben Sie ganz kläglich versagt. Es gibt nach wie vor Krisen, diese sind nicht entschärft, diese sind genauso in ihrer Brisanz vorhanden.

Meine Damen und Herren! Diesbezüglich haben Sie einfach keine Kompetenz gezeigt. Deshalb hätte ich mir einen kurzen Bericht darüber erwartet, was bisher geschah. Es ist zwar nicht viel geschehen, aber immerhin hätten Sie einen umfangreichen Bericht und Plan darüber geben können, wie wir es besser machen werden – gerade jetzt, da Sie von dieser Bürde in der EU befreit sind. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Sinne ist der Antrag der FPÖ – das möchte ich nur noch mit einem Satz erwähnen – falsch, populistisch und nach hinten gewandt. Angesichts solch starker Märkte – es erwartet uns immerhin ein 106-Millionen-Markt – hat es keinen Sinn, wenn wir uns wiederum ausschließen. Das ergibt keinen Sinn, vor allem dann nicht, wenn wir wissen, daß wir die etwas bessere Konjunktur in Österreich den Exporten in den Osten verdanken können, meine Damen und Herren! Gerade da machen wir die ergänzenden Gewinne, die andere Staaten nicht lukrieren konnten. – Das ist daher eine völlig unsinnige Vorgangsweise.

In diesem Sinne erlaube ich mir, mehr Sachlichkeit zu monieren. Meine Herren auf der Regierungsbank! Machen Sie diesbezüglich doch endlich einmal einen Vorschlag und sagen Sie, daß wir die Dinge ändern sollen! Was heißt neue Beschäftigungspolitik? – Bleibt es bei den Ankündigungen oder folgen Taten? – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Wenitsch vor. Herr Abgeordneter, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Sie noch 1 Minute Redezeit haben. – Bitte.

18.03

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Außer schwammigen Absichtserklärungen und einer Belastung der Steuerzahler in Höhe von 900 Millionen Schilling wurde während dieses Ratsvorsitzes nichts erreicht. Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Koller, Klein und Wenitsch betreffend Bekämpfung unfairer Steuerpraktiken der Bundesregierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert, zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft den pauschalierten Mehrwertsteuersatz von 10 Prozent auf 12 Prozent anzuheben."

*****

Herr Kollege Schwarzböck! Ich warte auf Ihre Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Wenitsch soeben vorgetragen hat, ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht und überreicht worden. Er steht mit in Verhandlung, die allerdings jetzt zu Ende ist, weil dazu keine Wortmeldung mehr vorliegt.

Ich schließe daher die Debatte und bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir zunächst ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaftskraft Österreichs sowie zur Sicherung von Arbeitsplätzen vor dem Hintergrund einer EU-Osterweiterung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag des Abgeordneten Mag. Haupt sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist damit abgelehnt.

Wir stimmen weiter ab über den zweiten eingebrachten Entschließungsantrag. Es ist dies der Entschließungsantrag der Abgeordneten Aumayr und Genossen betreffend Bekämpfung unfairer Steuerpraktiken der Bundesregierung. (Abg. Dr. Khol: Wo ist Meischberger mit der Steuer?)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt. (Abg. Parnigoni: Wo ist Haider? – Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Bevor wir zum nächsten Punkt kommen, möchte ich Sie um Disziplin ersuchen. Es war heute Vormittag schon so laut. Es bürgert sich offensichtlich die Gewohnheit ein, daß während der Abstimmung lautstarke Auseinandersetzungen stattfinden. Ich kann nicht einmal die Abstimmung durchführen. Ich bitte, in Zukunft wenigstens hier mit der entsprechenden Disziplin und Stille anwesend zu sein! (Abg. Dr. Graf: Das ist immer die ÖVP!)

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu einer kurzen Debatte über den Antrag des Abgeordneten Wabl, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 723/A (E) betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung eine Frist bis 19. Jänner 1999 zu setzen.

Die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag wird nach der Debatte, die wir jetzt beginnen, stattfinden.

Ich rufe Ihnen die Bestimmungen der Geschäftsordnung über die Redeordnung in Erinnerung: Der Erstredner hat zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten, alle anderen Abgeordneten haben eine Redezeit von 5 Minuten.

Stellungnahmen der Mitglieder der Bundesregierung sowie der Staatssekretäre sollen gleichfalls dieses Zeitlimit nicht überschreiten.

Ich erteile jetzt als erstem Redner Herrn Abgeordneten Wabl zur Begründung das Wort. Herr Abgeordneter, Sie haben 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

18.07

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Grünen haben im Zusammenhang mit der Verletzung der Bundesverfassung, im Zusammenhang mit den Verhaltensweisen des Bundesministers für Landesverteidigung bei seinem zielstrebigen Vorgehen in Richtung NATO-Beitritt, im Zusammenhang mit seinen oftmals gemachten Äußerungen, die eindeutig nicht mehr auf dem Boden der österreichischen Bundesverfassung stehen, einen Mißtrauensantrag gegen den Bundesminister für Landesverteidigung eingebracht.

Dieser Mißtrauensantrag liegt vor und wurde zugewiesen, aber wird von Ihnen nicht verhandelt. Es ist nicht nur so, daß der Außenminister und der Herr Bundeskanzler die Diskussion darüber verweigern, sondern es ist auch so, daß dieses Haus nicht bereit ist, über Anträge der Opposition zu diskutieren und sie dann abzulehnen. (Abg. Mag. Schweitzer – ein Plakat in die Höhe haltend –: Andreas!)

Herr Bundesminister Fasslabend hat gestern im Fernsehen versucht, den Ball in Richtung Caspar Einem zu spielen und daraus eine Koalitionsfrage zu machen, um die Verteidigungslinie sozusagen dichtzumachen.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich mit § 5 Kriegsmaterialgesetz auseinandergesetzt haben, dann werden Sie der grünen Fraktion recht geben, daß es höchst an der Zeit ist, diesen Mißtrauensantrag zu behandeln und diesem Hause zur Beschlußfassung vorzulegen.

Meine Damen und Herren! In Österreich ist es möglich, seitens der Bundesregierung mittels eines einfachen Sachverhalts ein Gesetz zu mißachten, zu übertreten. – Sachverhalt: Man hat im Verteidigungsministerium 40 000 Gewehre, schafft in der Mitte von Österreich einen Briefkasten, verkauft de facto an einen Schweizer, behauptet aber, der Briefkasten hat mit mir das Geschäft vollzogen, und setzt dann § 5 Kriegsmaterialgesetz, also die stärkste Passage, nämlich daß ein Export nur über Zustimmung der Bundesregierung stattfinden kann, außer Kraft und übertritt diese Bestimmung.

Meine Damen und Herren! Es gibt auch eine andere Variante des Bundesministers für Landesverteidigung: Man schaffe in der Mitte von Österreich eine Lagerhalle, mache einen Kaufvertrag mit einem Rüstungshändler, mit einem Waffendealer aus einem anderen Land – aus der Schweiz, aus Holland, aus Botswana oder sonst irgendwo – und behaupte dann, weil in dieser Lagerhalle in der Mitte von Österreich kurzfristig diese Waffen gelegen haben, es ist kein Kriegswaffenexport nach § 5 und damit für die Bundesregierung auch nicht vorlagepflichtig.

Herr Bundesminister! Sie meinen, Sie können hier diese Sache aussitzen. Sie haben bereits einen Antrag dahin gehend vorbereitet, 41 Panzer – alte Panzer, Kürassier – in Länder, in denen nachweislich entweder eine Krise besteht, starke militärische Konflikte drohen oder diese bereits voll im Gange sind, zu liefern. Sie scheuen sich nicht, jene Politik, die offiziell vom Außenminister vor der UNO vertreten wird, jene Politik, die offiziell vom Bundeskanzler während der EU-Ratspräsidentschaft vertreten worden ist, zu desavouieren und politisch kaputtzumachen.

In dieser Angelegenheit gibt es zwei Aspekte: einen moralischen und einen rechtlichen. Der moralische Aspekt ist eindeutig: Sie hätten nur den "Standard" von heute aufschlagen müssen, und zwar steht dort auf Seite 5: Illegale Waffen überschwemmen Afrika. – Da sind genau jene Länder dabei, in die diese Waffen, diese Sturmgewehre gelangt sind und für die jetzt ein Antrag für den Export von österreichischen Altpanzern vorliegt. – Meine Damen und Herren! Das ist die moralische Seite dieses Geschäfts, das der Herr Bundesminister offensichtlich offensiv betreibt.

Jetzt hat er meines Erachtens auch noch die Stirn, der Öffentlichkeit und der Volksvertretung weiszumachen zu versuchen, er habe lediglich an einen Privaten verkauft. Das ist zufällig ein Schweizer Waffenhändler, zufällig ein holländischer Waffenhändler, aber es hat doch dazwischen ein Lagerhaus bestanden, es war dazwischen ein Briefkasten. Daß längst die Beamten dagegen Sturm laufen, daß bereits in der Waffenbranche klar ist, daß man sich aus österreichischen Altarsenalen günstig bedienen kann, um die Krisenregionen zu versorgen, das interessiert Herrn Minister Fasslabend nicht! – Das Hohe Haus müßte bereit sein, über diesen Antrag zu diskutieren und diesen Antrag auch abzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Aber wo sind denn die alten Jungsozialisten, wie etwa Herr Gusenbauer? – Keinen Satz hat er darüber verloren! Wo ist denn Herr Cap, der ein Kämpfer gegen die Waffenexporte war?! – Damals hat er noch demonstriert, damals hat er die rote Nelke im linken großen Knopfloch getragen. Heute ist nur mehr ein großes Loch in der Debatte, wenn über die Moralität dieser Art von Politik der Bundesregierung diskutiert wird! Der Bundeskanzler hat keinen einzigen Satz darüber verloren. Das ist nicht notwendig, denn es ist ja "nur" die Volksvertretung. Das Showbusiness muß weitergehen.

Offensichtlich ist das, was Sie hier machen, meine Damen und Herren und Herr Maitz, nur mehr eine große Show für die "Tante" Klasnic, für das Fernsehen, für Ihre Zeitungen, für Ihre Weinverkostungen, Herr Zweytick! Es interessiert Sie nicht, was tatsächlich auf dieser Welt passiert! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Sie sind immer bei den Weinverkostungen dabei!)

Wenn Sie die heutige Zeitung gelesen hätten, dann wüßten Sie, daß seit langem die Eindämmung von Massenvernichtungswaffen ganz oben auf der internationalen Tagesordnung steht. Aber es sind die automatischen Gewehre und Handfeuerwaffen, die die meisten Toten und Verstümmelten in den Konflikten der letzten Jahre verursachten. Das sind genau jene Waffen, Herr Bundesminister, von denen Sie meinen, diese könne man verkaufen! 40 000 StG 58 – wahrscheinlich sind es viel, viel mehr. Das sind nur jene Papiere, die wir bekommen, zugespielt bekommen haben von jenen Menschen, die offensichtlich damit nicht mehr einverstanden sind, die das ganz offensichtlich nicht für legitim halten.

Meine Damen und Herren! Sie haben es in der Hand, darüber offensiv zu diskutieren.

Meine lieben Kameraden von der ÖVP und Genossen von der Sozialdemokratie! Geben Sie Ihren Taufschein ab, Herr Khol! Herr Cap, geben Sie Ihr sozialdemokratisches Parteibuch ab, machen Sie weiter so – und halten Sie Ihren Weihnachtsschlaf! Der Herr Bundesminister wird seine 41 Kürassiere nach Afrika liefern, und Herr Gaal wird dabei salutieren und sagen: Alles in Ordnung, Wannen in Ordnung, Kanonen in Ordnung. Sie können abtreten! (Beifall bei den Grünen.)

18.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Herr Bundesminister Dr. Fasslabend. – Bitte, Herr Minister.

18.15

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muß sagen, daß ich in meiner nunmehr bereits über ein Jahrzehnt dauernden Tätigkeit hier im Hause als Abgeordneter des Nationalrates, aber auch als Mitglied der Bundesregierung noch nie eine Begründung für einen Mißtrauensantrag beziehungsweise eine Fristsetzung gehört habe, die derart substanzlos war. Dies schließt genau dort an, worauf ich bereits gestern hingewiesen habe.

Wider besseres Wissen versuchen Sie, aus dem Verkauf von Altbeständen von Waffen und Geräten (Abg. Wabl: Sie sagen öffentlich die Unwahrheit und behaupten noch solche Dinge!), den die Republik Österreich seit Jahrzehnten durchführt, eine politische Frage zu machen (Abg. Wabl: Sie haben öffentlich die Unwahrheit behauptet!), die man dem Verteidigungsministerium und dem Verteidigungsminister anzuhängen versucht, so nach dem Motto: Irgend etwas wird schon hängen bleiben! Sie machen das ganz systematisch im Sinne Ihrer Aussage, die Sie selbst getroffen haben, nämlich daß alles unternommen werden muß, um diesen Bereich zu skandalisieren.

Ich möchte daher Ihre ständigen Versuche, persönlich zu diffamieren, zu skandalisieren, ja sogar zu kriminalisieren, auf das heftigste und entschiedenste zurückweisen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Um es auch vor aller Öffentlichkeit klarzumachen, möchte ich noch einmal und auch hier den Gesetzestext für die in Frage kommenden Gesetzesbestimmungen und rechtlichen Regelungen zur Kenntnis bringen: (Abg. Wabl: Lesen Sie nicht § 3 vor, der ist für Privatgeschäfte!) Der Nationalrat hat beschlossen – und zwar bereits vor mehr als 20 Jahren –:

Die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial bedarf unbeschadet der nach anderen Rechtsvorschriften notwendigen Bewilligungen einer Bewilligung nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes. Als Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial ist das Verbringen von Kriegsmaterial über die Staatsgrenze anzusehen. (Abg. Dr. Khol: Über die Staatsgrenze! – Abg. Wabl: Das ist unglaublich!)

§ 3 lautet: Die Bewilligung nach § 1 wird vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten und dem Bundesminister für Landesverteidigung nach Anhörung des Bundeskanzlers – soweit keine anderen gesetzlichen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen entgegenstehen – unter Anwendung von Artikel 130 Abs. 2 B-VG erteilt. Und hierauf ist Bedacht zu nehmen. – Es ist aufgrund des Gesetzes eindeutig klargestellt (Abg. Wabl: Sie zitieren den falschen Paragraphen, Herr Minister!), was unter dem Export von Waffen oder von Kriegsmaterial zu verstehen ist. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Und es ist auch eindeutig klargestellt, wer dafür zuständig ist. (Abg. Wabl: Das ist unredlich, was Sie hier tun! Sie zitieren den falschen Paragraphen! – Abg. Schwarzenberger: Er kann nichts dafür, daß Wabl nicht lesen kann!)

Ich möchte Ihnen jetzt auch noch die sachliche Komponente näherbringen. Das Bundesministerium für Landesverteidigung hat, wie es seit mehreren Jahrzehnten Usus ist, den Altbestand, der von uns nicht mehr benötigt wird, im Sinne dieses Gesetzes und der Paragraphen entsprechend ausgeschrieben. Das heißt, der Verkauf von 40 000 Sturmgewehren wurde öffentlich ausgeschrieben. Das war im Mai 1996 beziehungsweise im Juni; die öffentliche Ausschreibung zum Verkauf erfolgte im Juni 1996.

Es hat daraufhin auch entsprechendes Interesse gegeben. Mehrere Firmen haben um Zusendung der Ausschreibungsunterlagen ersucht. In den Ausschreibungen ist als Bedingung das Vorliegen einer Bewilligung durch das Innenministerium enthalten gewesen. Da diese Bewilligung innerhalb der Angebotsfrist nicht erbracht werden konnte, hat die betreffende Firma am 22. Juli den Antrag beim Bundesministerium für Inneres gestellt und am 23. Juli das Ansuchen beim BMLV eingebracht, daß sie diese Bestätigung nicht rechtzeitig beibringen kann und daher die Frist abzuwarten wäre, die wahrscheinlich zwischen vier und sechs Wochen dauert.

Bei der Angebotseröffnung hat sich herausgestellt, daß die Firma Brügger + Thomet aus der Schweiz Bestbieter war. Sie hat das beste Angebot gehabt und hat erst nach dem Vorliegen der Exportbewilligung durch das BMI den abgefertigten Zuschlag erhalten – nach dem Vorliegen der Exportbewilligung; so wie es auch im Angebot vorgesehen war. Der Vertrag ist erst im November rechtskräftig geworden.

Jeder Vertrag hat nicht nur einen Erfüllungsgegenstand, sondern auch Konditionen, einen Erfüllungsort, und er hat eine Erfüllungszeit. Der Erfüllungsort war eindeutig definiert, und auch die faktische Handhabung ist genau nachzuvollziehen. Die Ware war aus den Lagern des Bundesheeres abzuholen und ist am 10. Dezember in Hall, am 16. Dezember in Salzburg, am 15. Jänner in Klagenfurt und am 23. Jänner in Wien abgeholt worden. Der Vertrag ist ab diesem Zeitpunkt jeweils auch so erfüllt worden und war rechtsgültig. – Von einer Verbringung der Ware über die Grenze durch das österreichische Bundesheer kann daher in keiner Weise die Rede sein!

Jetzt sagen Sie – Sie wissen das ganz genau –, daß selbstverständlich irgend etwas versucht werden muß, um es dem Verteidigungsminister anzuhängen. Ich sage Ihnen daher, wie es tatsächlich gelaufen ist – nicht mit eigenen Worten, denn da könnte sich nach Ihrer Diktion der Verteidigungsminister wieder selbst verteidigen, sondern ich sage Ihnen das mit den Worten des Bundeskanzleramtes, und zwar genauer gesagt des Verfassungsdienstes, der dazu eine Stellungnahme abgeliefert hat. Ich werde Ihnen das wortwörtlich vorlesen, sodaß Sie auch ganz genau Bescheid wissen.

Zum Waffenexport Schweiz/Brügger + Thomet veröffentlicht das Bundeskanzleramt am 9. Dezember 1998:

Das Bundeskanzleramt/Verfassungsdienst beehrt sich, nachfolgenden in seinem Wirkungsbereich bekanntgewordenen Sachverhalt gemäß § 84 StPO mit dem Ersuchen um Weiterleitung an die zuständige Staatsanwaltschaft zur Kenntnis zu bringen:

Mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 9. September 1996 wurde der Firma Brügger + Thomet Feinmechanik, nunmehr Brügger + Thomet AG, Oberlandstraße ..., über ihren Antrag die Ausfuhr von 40 000 Sturmgewehren StG 58 in die Schweizerische Eidgenossenschaft und nach erfolgter Demilitarisierung in die Vereinigten Staaten von Amerika, nach Kanada, in die Französische Republik und in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, nach Japan sowie in das Königreich Belgien unter im Bescheid näher angeführten Auflagen sowie befristet bewilligt. – Zitatende.

Laut Aussage des Bundeskanzleramtes nicht wir, das Bundesministerium für Inneres! Darin steht auch genau, wie es weitergegangen ist – ich zitiere –:

Mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 29. August wurde erneut eine inhaltsgleiche Bewilligung befristet erteilt. – Untechnisch kann man sagen: Verlängerung der Bewilligung.

Zur Geschäftszahl – sie ist näher angeführt – des Bundesministeriums für Inneres suchte die Brügger + Thomet AG erneut um Verlängerung der Bewilligung an, wobei sie in einer Beilage zum Antrag unter anderem angab, auf Grundlage der erteilten Bewilligungen unter anderem 215 Sturmgewehre nach Holland, 1 000 Sturmgewehre nach Rumänien, 1 675 Sturmgewehre nach Botswana und 30 Sturmgewehre nach Italien ausgeführt zu haben.

Mit Note des Bundesministeriums für Inneres vom 4. November 1998 wurde die Brügger + Thomet AG zur Stellungnahme zum Verdacht bewilligungsloser Ausfuhr aufgefordert.

In dieser Stellungnahme, protokolliert zur Geschäftszahl et cetera des Bundesministeriums für Inneres, bestätigt die Brügger + Thomet AG, daß nicht alle Waffen demilitarisiert wurden sowie daß Ausfuhren in Länder erfolgten, die von den zitierten Bescheiden nicht umfaßt sind. Zugleich werden Anträge auf nachträgliche Erteilung von Ausfuhrbewilligungen gestellt.

In der Anlage werden die bezughabenden Unterlagen des Bundeskanzleramtes/Verfassungsdienst in Ablichtung übermittelt. Das Bundeskanzleramt/Verfassungsdienst ersucht um seinerzeitige Verständigung über die dortigen Veranlassungen.

Gezeichnet für den Bundeskanzler

Okresek.

Das ist die Sachlage, und das sagt aus, wer für eine Bewilligung zuständig ist, wie es im Gesetz steht. Das aber, was Sie tun, ist nichts anderes als der beständige Versuch, alles Militärische an den Pranger zu stellen, es nicht nur zu diffamieren, sondern, wie Sie es ausgedrückt haben, auch zu kriminalisieren! (Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Ich möchte bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck bringen, daß ich von Ihnen eine Entschuldigung dafür erwarte, einfach deshalb, weil ich es für absolut ungehörig empfinde (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ), daß ein Abgeordneter im Schutz seiner Immunität versucht, einen Minister dieser Republik rechtswidrig anzuprangern, ihn eines Gesetzesbruches zu beschuldigen beziehungsweise das Vorgehen der Republik überhaupt in ein derartiges Licht zu stellen. Ich finde, das ist unerhört und gehört auch entsprechend abgestellt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen dazu noch etwas sagen, Herr Abgeordneter Wabl. (Abg. Wabl: Die Wahrheit wird auch durch Macht nicht verdreht!) Sie haben den Fall angesprochen, daß etwa Panzer zum Abverkauf stehen. Ich kann Ihnen auch dazu sofort eine Auskunft geben.

Das, was hier vorliegt, ist kein Exportantrag. Sondern das, was hier vorliegt, ist das Untersuchen, ob der Abverkauf von 41 Wrackteilen, die seit Jahren auf einer Liegenschaft in Simmering lagern, die deshalb geräumt werden muß, weil dieses Grundstück verkauft wird, in Staaten erfolgen könnte, die diese Geräte als ganz normales Gerät in ihren Armeen besitzen. Das sind nämlich jene Staaten, die den "Kürassier" dort als entsprechendes Gerät haben. Es liegt selbstverständlich nahe, diese Teile nicht irgendwohin zu verkaufen, sondern dorthin, wo sie allenfalls auch als Ersatzteile verwendet werden können.

Die Sorgfalt des Ministeriums können Sie an der Vorgangsweise ersehen, daß, bevor noch irgendeine Handlung unternommen wird, bereits vorher das Außenministerium befragt wird, ob dort ein Krisengebiet vorliegt, ob es überhaupt möglich oder denkbar wäre, dorthin Waffen zu verbringen oder zu exportieren.

Ich möchte zum Schluß noch folgende Bemerkung machen: Ich finde es nicht nur unerhört, wie Sie, Herr Abgeordneter Wabl, eine bestimmte Tendenz in die Debatte zu bringen versuchen, sondern möchte auch noch dazusagen: Die Grünen sind schon immer gegen das Bundesheer und alles Militärische aufgetreten – aber dann plötzlich, als es in Kroatien Krieg gegeben hat, hat es auch Abgeordnete wie Frau Petrovic gegeben, die plötzlich den Einsatz des Bundesheeres gefordert haben (Oh-Rufe bei der ÖVP), und zwar dann, wenn es um eine bestimmte Art des Einsatzes geht. Ich möchte anhand dieses Beispiels darauf verweisen: Für uns sind Waffen nicht dazu da, um sie in den Krieg zu schicken, in einem mutwilligen oder sonst irgendeinem Sinn, sondern: Für uns sind sie dazu da, um Menschen davor zu bewahren, daß sie von Aggressoren getötet oder vertrieben werden, daß sie ihr Land verlassen müssen, daß Krieg geführt wird.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch sagen: Wenn es nicht einen militärischen Einsatz in Bosnien gegeben hätte, würde diese Krise wahrscheinlich immer noch anhalten. (Zwischenruf des Abg. Wabl.) Wenn es nicht die Drohung eines militärischen Eingreifens im Kosovo gegeben hätte, würde wahrscheinlich die Chance auf eine friedliche Regelung im Kosovo gar nicht bestehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich fordere Sie daher dazu auf: Lassen Sie von dieser perfiden Art, Politik zu machen, ab – im Interesse der Sicherheit für andere Menschen! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Das war super! – Abg. Wabl: Unbeschreiblich!)

18.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Tychtl. Für Sie und die folgenden Redner gilt jetzt eine geschäftsordnungsmäßige Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

18.30

Abgeordneter Ing. Gerald Tychtl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir konnten den Ausführungen des Herrn Bundesministers entnehmen, daß alle notwendigen Schritte rechtens erfolgt sind, und ich stehe auch nicht an, dem Glauben zu schenken. (Abg. Wabl: Widerlich! Unbeschreiblich! Für Ihre Geschäfte!) Wir werden daher dem Antrag der Grünen bezüglich der Vorwürfe der Kostenexplosion im Zusammenhang mit dem beschlossenen Mech-Paket beziehungsweise wegen angeblich illegaler Waffenexporte nicht zustimmen, weil diese Behauptungen für uns in keiner Weise ausreichen, um dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung das Vertrauen zu entziehen. – Das möchte ich einmal vorausschicken. Dies gilt natürlich auch für den Fristsetzungsantrag, der heute zur Debatte steht.

Die Frage, die sich für mich aber dabei stellt, ist grundsätzlicher Natur. Den Ausführungen des Herrn Bundesministers war zu entnehmen, daß die Waffen, in diesem Fall die Sturmgewehre, die in die Schweiz verkauft wurden, dort demilitarisiert wurden. Ich frage mich nun in diesem Zusammenhang: Welches Interesse kann ein Käufer daran haben, in Österreich funktionsfähige Waffen zu kaufen und sie in die Schweiz zu transferieren, um sie dort zu demilitarisieren? – Schlüssig wäre wohl nur der Grund – wenn es etwa um die Kostenfrage geht –, daß diese Waffen bei uns wesentlich billiger sind.

Von meiner Warte aus stellt sich daher die Frage, ob es nicht in einem solchen Falle grundsätzlich vernünftiger wäre, dem Käufer sozusagen die Arbeit abzunehmen und die Demilitarisierung im eigenen Hause, im eigenen Lande durchzuführen, um all jenen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die entsprechende Angriffe starten würden – zu Recht oder zu Unrecht, das möchte ich jetzt nicht beurteilen. Eines ist klar: Wenn der Verkauf dieser Waffen im demilitarisierten Zustand erfolgt, dann können sie nicht mehr eingesetzt werden.

Wenn in einer Zeitschrift heute berichtet wird, daß auch Panzer veräußert werden sollen, und auch Länder genannt werden, in die diese Panzer geliefert werden sollen, dann stellt sich auch dabei dieselbe Frage: Wer kauft dieses Kriegsmaterial?

Herr Bundesminister! Ich glaube daher, wir sollten uns grundsätzlich überlegen, ob es nicht eine andere Möglichkeit gibt, entweder die Auswahl der Länder wirklich so abzuchecken, daß es für diese Länder keine Möglichkeit mehr gibt, diese Waffen weiterzuveräußern und sie wieder funktionsfähig zu machen – oder aber, sie in Österreich zu demilitarisieren. (Rufe bei der ÖVP: Der Innenminister prüft ja! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Gaál und Grabner.)

Wir wissen doch alle, wo solche Waffen landen! Wer regelmäßig Zeitungen und Zeitschriften liest und wer die Nachrichten in Rundfunk und Fernsehen verfolgt, wird immer wieder feststellen, wo Waffen, die möglicherweise auch einmal bei uns gewesen sind, letztendlich über viele, viele Ecken landen.

Daher bitte ich Sie, Herr Bundesminister, verstärkt das zu tun, was Sie hier dargelegt haben, nämlich wirklich alle Möglichkeiten, die Ihnen gegeben sind, auszunützen, um eine solche Entwicklung hintanzuhalten. Ich appelliere an Sie, auch in Zukunft verstärkt dazu beizutragen, daß Waffen, die bei uns noch zu veräußern wären, in einen solchen Zustand versetzt werden, daß dies nicht mehr passiert.

Wenn schon aus finanziellen Gründen ein Verkauf von Waffen notwendig ist, dann erscheint es notwendig, daß dies unbedingt nach den Normen des § 5 des Kriegsmaterialgesetzes getan wird. Herr Bundesminister! Nur dadurch, so meine ich, werden all jene verstummen müssen, die vielleicht aus anderen Gründen nicht die besten Freunde unseres Bundesheeres sind. Wir Sozialdemokraten bekennen uns zu unserem Bundesheer, und wir bekennen uns auch zu jenen, die dafür sorgen wollen, daß unser Bundesheer einsatzfähig ist.

Herr Bundesminister! Ich bitte Sie, auch in Zukunft das zu beachten, was Sie uns heute dargelegt haben, damit derartige Vorkommnisse nicht wieder zu Schlagzeilen führen, die letztendlich unserem Heer schaden. Dies wollen wir nicht, daher lehnen wir den vorliegenden Antrag ab. (Beifall bei der SPÖ.)

18.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. Redezeit gleichfalls 5 Minuten. – Bitte.

18.35

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Landesverteidigung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich im Zusammenhang mit diesem Thema zwei Aspekte beleuchten: die Fakten und die politische Wertung.

Die Fakten sind vom Herrn Bundesminister Fasslabend eindrucksvoll und klar dargestellt worden. Der Auftrag über 40 000 Gewehre wurde nach einem Ausschreibungsverfahren dem Bestbieter zugesprochen. Dieser hat sie, wenn er sie exportiert, mit einer Genehmigung des Bundesministeriums für Inneres zu versehen.

Warum Herr Kollege Wabl zu der Rechtsmeinung kommt, daß nicht das §-3-Verfahren, das hier richtigerweise von allen Ministerien angewendet wurde, durchzuführen wäre, sondern das §-5-Verfahren – dies kommt nur dann zur Anwendung, wenn die Republik selbst oder der Minister selbst oder das Bundesministerium selbst Waffen für Zwecke des Heeres ein- oder ausführt –, kann ich mir nur insofern erklären, als sein Rechtsexperte, den er zu Rate gezogen hat, Herr Rechtsanwalt Dr. Herwig Hauser, eben kein Experte für das Kriegsmaterialiengesetz ist, sondern, wie aus einer Veröffentlichung der Rechtsanwaltskammer eindeutig zu ersehen ist, ein Experte für Miet- und Pachtfragen, für Leasing, Reiserecht und Wettbewerbsrecht bei immateriellen Gütern, also kein Experte für Kriegsmaterialrecht. So erklärt sich auch die Fehlmeinung des Herrn Abgeordneten Wabl. (Abg. Wabl: Unbeschreiblich! Wir werden nicht verhindern können, daß Sie die Unwahrheit sagen, aber ...!) – Die Fehlmeinung des Herrn Abgeordneten Wabl kann ich mir nur so erklären.

Herr Bundesminister Caspar Einem und sein Ministerium haben in dem vorgeschriebenen Verfahren nach § 3 im Einvernehmen mit den anderen drei Ministerien die Genehmigung erteilt und damals taxativ aufgeführt, in welche Länder diese Waffen weiterverkauft werden dürfen, nämlich nach Großbritannien, in die USA, nach Japan, Frankreich und Belgien.

Die Käuferfirma hat sich nicht an diese Auflage gehalten. Daher wurde sie auch vom Ministerium für Inneres gerügt, und außerdem ist eine Sachverhaltsdarstellung darüber an die Staatsanwaltschaft ergangen. Und ich sage Ihnen folgendes: Weder das Innenministerium noch das Verteidigungsministerium hat irgendein Problem mit der korrekten Abwicklung dieses Geschäftes, sondern wir wissen genau, daß korrekt gehandelt wurde. Wir scheuen daher keine Überprüfung – durch wen auch immer. Nur den Rechtsexperten des Kollegen Wabl wollen wir doch lieber nicht, denn er ist für etwas anderes Experte, nicht für das Kriegsmaterialrecht. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn in einem Begleitpapier, das Frau Kollegin Petrovic dann wahrscheinlich herzeigen wird, die Käuferfirma irrtümlich und falsch in die Spalte "Exporteur" das Bundesministerium für Landesverteidigung einträgt und nicht die eigene Firma, dann kann man das doch bitte nicht dem Herrn Bundesminister für Landesverteidigung anlasten, sondern dann ist diese Firma darauf aufmerksam zu machen, daß sie dieses Formular richtig ausfüllen muß. (Abg. Wabl: Märchenonkel Maitz!)

Selbstverständlich weiß man auch, daß der Bundesminister keinen Käufer auswählt. Das möchte ich vor allem Herrn Klubobmann Kostelka sagen, weil im morgigen "Kurier" seine Äußerung zitiert wird, nämlich daß man dem Antrag des Kollegen Wabl selbstverständlich nicht zustimmen werde. Der Nachsatz lautet jedoch – ich zitiere –: "... auch wenn Fasslabend seine Käufer nicht optimal gewählt habe." – Zitatende.

Herr Bundesminister Fasslabend hat keinen Käufer ausgewählt! Eine Ausschreibung nach den Gesetzen unserer Republik wurde gemacht, und den Zuschlag hat der Bestbieter bekommen. Bitte keinen "side step"! Da ist klar und korrekt gehandelt worden.

Die politische Wertung ist eindeutig. Die Kollegen Petrovic und Wabl sind dafür bekannt, daß sie mit blanken Unwahrheiten die Diffamierung des Bundesheeres betreiben. Das ist bekannt. Daß sie neuerdings auch Verleumdungen gegen den Bundesminister betreiben, ist neu. Ehrabschneidung und Rufmord zu versuchen, ist ihre Sache. Wir haben dieses hemmungslose und schamlose Treiben satt! Es wird ihnen nicht gelingen, und zwar trotz aller Unwahrheiten nicht, einen korrekt handelnden, einen absolut integren, einen allseits anerkannten Bundesminister Werner Fasslabend in jenen Schmutz zu ziehen, in dem sie sich offensichtlich selbst so gerne bewegen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zum Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

18.39

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Jeder Minister hat den Verteidiger, den er verdient. Kollege Maitz hat ja jetzt recht tief in verschiedene Kisten gegriffen. (Abg. Schwarzenberger: Ein guter Verteidiger! – Abg. Rosemarie Bauer: Sehr sachlich! Wirklich sehr sachlich!) – Meine Damen und Herren, das bleibt Ihnen überlassen.

Nun zur Sache. Wir diskutieren heute darüber, einem Entschließungsantrag der Grünen – dem Minister soll das Mißtrauen ausgesprochen werden – eine Frist zu setzen. Dieser Entschließungsantrag ist in zweifacher Hinsicht merkwürdig. Zum einen steht außer Streit, daß ein Mißtrauensantrag das wohl schärfste Mittel eines Parlamentariers ist, mit dem er von seinem Kontrollrecht gegenüber einem Regierungsmitglied Gebrauch machen kann. Dieses Mittel sollte wohl eine spontane Reaktion auf ein mißliches, möglicherweise auch rechtswidriges Verhalten eines Ministers sein.

Da stellt sich schon die Frage, ob ein selbständiger Entschließungsantrag ... (Abg. Müller hält ein aufgeschlagenes Exemplar der "Kronen Zeitung" in die Höhe und deutet unter lebhaften Zwischenrufen auf einen Artikel.) – Kollege da oben in der zweiten Reihe, kümmere dich einmal um Windischgarsten! Ich an deiner Stelle würde mir überlegen, ob ich nicht darüber Zeitungen in die Höhe halten soll, statt sich hier zum Moralapostel aufzuspielen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Grabner: Reden wir über Meischberger! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kollege Wabl! Es stellt sich schon die Frage, ob ein selbständiger Entschließungsantrag eine solche spontane Reaktion sein kann, vor allem wenn hier Argumente für diesen Mißtrauensantrag vorgebracht werden, die aus dem Jahre 1996 beziehungsweise 1997 datieren. – Ich meine, daß ein Mißtrauensantrag dieser Art andere Zwecke verfolgt, etwa den, dieses Thema immer dann, wenn es einem gerade paßt, durch Fristsetzung oder andere parlamentarische Maßnahmen in eine aktuelle Debatte zu bringen. (Abg. Grabner: Meischberger!)

Zweitens halte ich den Inhalt und die Begründung dieses Entschließungsantrages für wenig zielführend, wenn da zum Beispiel etwa von Aussagen des Verteidigungsministers zum NATO-Beitritt gesprochen wird oder wenn es darum geht, daß österreichische Soldaten an einer "PfP"-Übung mitmachen, wo doch sogar die Schweiz mittlerweile Mitglied der "Partnerschaft für den Frieden" ist. – All das sind Dinge, die einen Mißtrauensantrag als nicht gerechtfertigt erscheinen lassen. (Abg. Grabner: Meischberger!)

Trotzdem kann man darüber diskutieren, ob – und wenn ja, warum – diesem Minister das Mißtrauen auszusprechen ist. Dazu gäbe es eine Reihe von Diskussionspunkten, die aber die Grünen weder in diesem veralteten Antrag noch in der heutigen Debatte eingebracht haben. Dabei ginge es nämlich im Gegensatz zu ihrer Argumentation zum Beispiel darum, warum der Minister mitsamt der Regierung noch keine Entscheidung über die grundlegende Ausrichtung in der Sicherheitspolitik geschafft hat, und um all die Nachteile, die für Österreich dadurch entstanden sind.

Man könnte zum Beispiel auch die Frage stellen, warum dieser Bundesminister in seiner Amtszeit – er rühmt sich ja, der längstdienende Minister zu sein – zwei neue Heeresgliederungen beschlossen hat, durch die das Bundesheer in der Praxis demontiert wurde und die die Soldaten verunsichert haben.

Man müßte weiters fragen, warum dieser Bundesminister mitsamt der Bundesregierung diesem Heer kein ausreichendes Budget zur Verfügung stellt, um wenigstens einen Notbetrieb aufrechterhalten zu können, der gewährleisten würde, daß unser Land im Ernstfall gesichert ist.

Man müßte auch die Frage stellen, warum dieser Bundesminister mitsamt der Bundesregierung nicht einmal in der Lage ist, die im Landesverteidigungsrat schon beschlossenen Beschaffungsvorhaben und -pakete umzusetzen.

Das sind jene Fragen und Argumente, die es als sinnvoll erscheinen ließen, über dieses Mittel des Parlaments, einem Minister das Mißtrauen auszusprechen, zu diskutieren.

Dennoch füge ich hinzu: Aufgrund unserer langjährigen Praxis werden wir der Fristsetzung dieses Antrags unsere Zustimmung geben. Auch wenn man sagt, dieser Antrag ist mit seiner Begründung in Wahrheit nicht aktuell, sollte man doch dafür sorgen, daß möglichst rasch, vielleicht aber mit anderen Argumenten, darüber abgestimmt wird. Ich meine aber trotzdem, daß ein Mißtrauensantrag als spontane Reaktion wohl besser als ein unselbständiger Entschließungsantrag in einer entsprechenden Sachdebatte eingebracht würde.

Noch einige Bemerkungen zu der aktuellen Argumentation bezüglich der angesprochenen Waffenverkäufe. Dabei handelt es sich in Wahrheit natürlich um die Weiterführung einer Debatte, die wir schon in den letzten 20, 25 Jahren wiederholt geführt haben und bei der es dann immer wieder eine "österreichische Lösung" gegeben hat.

Worum geht es? – Man produziert im Inland Waffen, man möchte sie dann auch verkaufen, aber durch diverse gesetzliche Maßnahmen ist man gezwungen, päpstlicher als der Papst zu sein, und man sagt: In Länder, in denen diese Waffen möglicherweise auch eine Verwendung finden können, wollen wir sie nicht exportieren! – Das ist natürlich ein Widerspruch in sich! Denn wer – einschließlich Österreich – kauft denn Waffen und warum? – Natürlich dafür, daß er sie im Ernstfall auch verwenden kann; hoffentlich für gute Zwecke.

Den Verkauf dieser 40 Jahre alten Sturmgewehre, dieser 30 Jahre alten Panzer jetzt zu thematisieren, halte ich wirklich für vordergründig. Da wäre mehr Ehrlichkeit gefordert. Man sollte sich vielmehr für klare Richtlinien für Rüstungsproduktion und Export etwa im Rahmen der Europäischen Union einsetzen und dann auch für eine wirksame Kontrolle sorgen. Aber dieses Thema jetzt für eine Skandalisierung zu benützen, halte ich für verfehlt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Wir bräuchten euch eh nicht!)

18.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

18.46

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, das Hohe Haus weiß, daß Herr Abgeordneter Wabl dem Bundesheer nicht grün ist. Das hat er in einen Entschließungsantrag gegossen, und das ist sein gutes Recht.

Einen selbständigen Entschließungsantrag als Mißtrauensantrag zu verwenden, wie Kollege Scheibner sagte, ist ungewöhnlich. Wenn ich Minister Fasslabend wäre, würde ich die Fraktion der Volkspartei auffordern, möglichst schnell für die Behandlung dieses Antrags zu sorgen, damit er vom Tisch ist. Sonst schwebt dieser Mißtrauensantrag ja im Ausschuß, ohne daß Sie, Herr Minister, etwas dagegen tun können. Wir werden der Fristsetzung daher zustimmen. Ich möchte aber gleich hinzufügen, daß ich mir nicht vorstellen kann, daß wir dem Inhalt dieses Entschließungsantrages nahetreten.

Zur Causa selbst. Herr Bundesminister! Es ist wirklich spannend: Waffen werden nur unter der Voraussetzung, daß sie demilitarisiert werden und nur in gewisse Länder geliefert werden, für den Export freigegeben. Das steht im Gesetz, und Sie haben das ja nachgewiesen. Ich glaube Ihnen, daß alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Aber de facto werden diese Waffen dann nicht demilitarisiert und nicht in die Länder geliefert, die in dem jeweiligen Bescheid stehen.

Man muß sich fragen: Warum ist das so? – Darüber muß man sich einmal den Kopf zerbrechen. Faktum ist ja ... (Die Abgeordneten Dkfm. Mühlbachler und Dr. Maitz: Wer ist zuständig?!) – Natürlich der Herr Innenminister. (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Murauer, Dr. Maitz und Dkfm. Mühlbachler.) – Ja, jetzt müßten die Roten aufschreien. Aber darum geht es ja nicht! Das ist so, als würde man einen heißen Erdapfel herumschieben.

Es geht darum, daß das Bundesheer Waffen verkauft hat – ich weiß, der Herr Innenminister hat den Bescheid ausgestellt –, aber offensichtlich sind diese Waffen nicht dort angekommen, wo sie ankommen hätten sollen, und vor allem waren sie nicht demilitarisiert.

Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, als Sie die 40 000 Sturmgewehre verkauft haben, Herr Landesverteidigungsminister? Haben Sie geglaubt, daß das Souvenirs sind, die die Japaner in ihre Wandschränke hängen, die Amerikaner in ihre Bars und die die Belgier mit nach Hause nehmen? Haben Sie das wirklich geglaubt, Herr Minister? Haben Sie nicht in Ihrem Stammhirn eigentlich gewußt – ich kann es Ihnen nicht vorwerfen, weil ich es nicht beweisen kann –, daß ein Händler schon irgendeinen Weg finden wird, diese Waffen weiterzuverkaufen?

Glauben Sie wirklich, jemand gibt Ihnen 7 Millionen Schilling für demilitarisierten Schrott, den er nur nach Amerika und nach Belgien verschicken darf? Haben Sie das wirklich geglaubt? – Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Bundesminister, daß Sie mit Ihrer Erfahrung als Landesverteidigungsminister so naiv sind!

Eigentlich ist die ganze Diskussion darüber, wie wir in Österreich mit Waffen umgehen, eine in höchstem Maße verschleierte, verlogene, hin- und hergezogene Debatte. Wir haben seit dem 18. Oktober 1977 ein Kriegsmaterialiengesetz, und seither erlebe ich eine Diskussion nach der anderen, in der versucht wird, dieses Gesetz zu umschiffen.

Ich schlage den Koalitionsparteien vor: Wenn Sie dieses Kriegsmaterialiengesetz nicht für brauchbar halten, weil Österreich sich damit aus dem internationalen Rüstungsspiel heraushält, dann stellen Sie einen Antrag, bringen Sie ein neues Gesetz ein. Machen Sie ein Gesetz, durch das, was Herr Bundesminister Fasslabend will – zum Beispiel 40 000 Gewehre in funktionsfähigem Zustand verkaufen, alles andere, etwa das Argument der "Souvenirindustrie", ist ja ein reines Kasperltheater –, möglich wird! Novellieren Sie dieses Gesetz! Dann müssen Sie sich aber auch im Parlament der Diskussion stellen, die dann selbstverständlich darüber ausbrechen wird, ob Österreich zu den Exporteuren von Kriegsmaterialien zählen soll oder nicht.

Jetzt kann Österreich de facto, bis auf wenige Ausnahmen, gar nicht dazu zählen. Denn den Ländern, die Waffen brauchen, dürfen wir sie nicht verkaufen, und die anderen Länder, die keine brauchen, werden sich auch keine kaufen.

Die Frage ist nur, ob sich die Welt durch unser seit 20 Jahren geltendes Kriegsmaterialiengesetz wesentlich verbessert hat. Ich bezweifle es. Aber es ist die Aufgabe der Regierung, eine Änderung herbeizuführen, wenn sie dies will. Aber wie um das "goldene Kalb" herum zu tanzen und "Souvenirs" zu verkaufen, das halte ich für einigermaßen lächerlich! (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

18.49

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Hier liegt nicht der Versuch einer Kriminalisierung des Bundesministers durch die Grünen vor, sondern hier liegt ein kriminelles Verhalten im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung vor. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es ist so, daß dieses Verhalten eindeutig dem § 5 Abs. 2 Kriegsmaterialiengesetz widerspricht, weil selbstverständlich der Verkauf an einen ausländischen Händler – der ex definitione weiterverkauft und wobei nicht über 40 000 Stück Enduser-Certificates vorlagen – nach dem § 5 zu beurteilen ist.

Aber, Herr Bundesminister, sogar wenn es nach § 3 zu beurteilen wäre, was ein Unfug ist, haben Sie rechtswidrig gehandelt! (Rufe bei der ÖVP: Nein! Nein!) Denn auch § 3 Kriegsmaterialiengesetz sieht selbstverständlich vor, daß keine Exporte in Länder durchzuführen sind, in denen Menschenrechte verletzt werden oder wo Konfliktherde angesiedelt sind. (Abg. Dr. Maitz: Das sagen Sie der Firma!) Dann hätten Enduser-Certificates vorliegen müssen! Haben Sie geglaubt, Herr Maitz, daß sich ein Schweizer Händler 40 000 Gewehre über seinen eigenen privaten Kamin hängt? Das ist sogar für Sie ein wenig zu naiv, Herr Maitz. (Heiterkeit bei den Grünen.)

Selbst wenn der § 3 anzuwenden gewesen wäre, war es selbstverständlich rechtswidrig. (Abg. Dr. Maitz: Sie kann auch das Gesetz nicht lesen, die Gnädigste!)

Herr Bundesminister! Es war ein glatter Verstoß gegen den Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren vom 5. Juni 1998! (Abg. Schwarzenberger: Sie sind falsch beraten worden! Sie sollten sich einen besseren Juristen suchen!) Auch wenn Sie noch so laut schreien: Es ist ein glatter Verstoß gegen die Resolution 642 des Europarates (Abg. Dr. Maitz: Ein glatter Unsinn, was Sie da sagen! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), und es ist ein glatter Verstoß gegen die eigenen Zielsetzungen der österreichischen Bundesregierung im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft, wo Sie geschrieben haben: bessere Kontrolle kleinerer und leichterer Waffen zur Eindämmung des dadurch verursachten Leides.

Wenn Sie sagen, wir waschen unsere Hände in Unschuld, wir haben die Verpflichtung diesem Schweizer Waffenhändler überbunden, von dem wir geglaubt haben, er hängt sich alle 40 000 Gewehre über den eigenen Kamin. Kaputtmachen muß er sie auch noch, bevor er sie über den eigenen Kamin hängt. – Nein, Herr Bundesminister, hier sagen Sie die glatte Unwahrheit!

Herr Bundesminister! Es liegt uns ja der Vertrag vor, auf den Sie sich beziehen, der Verkaufsvertrag auf Basis der Ausschreibung vom 5. August 1996. (Abg. Dr. Maitz: Den Bescheid anschauen!) Und Sie sagen ja: Der Vertrag mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung enthielt die Klausel der Demilitarisierung. – Landesverteidigungsressort 9. Dezember 1998, wiederholt am 15. Dezember 1998.

Ich habe hier den Vertrag, und der sagt das glatte Gegenteil – meine Herren von der SPÖ, ich habe es Ihnen schon gezeigt –: Eine Demilitarisierung durch das österreichische Bundesheer ist nicht vorgesehen. Sie wurde auch niemandem überbunden in diesem Vertrag, und sie ist auch nicht passiert, auch im Bescheid ist kein Wort davon zu finden, außer beim Amerika-Geschäft. Beim Amerika-Geschäft haben Sie ja eine ganz "feine" Lösung gefunden, Herr Bundesminister. (Abg. Dr. Maitz: Vielleicht können Sie das dem Herrn Innenminister sagen!) Bei diesen etwa 10 000 Waffen, die uns dokumentiert sind, haben Sie zwar den Lauf zersägt, nur haben Sie in einem Geschäft – und diese Papiere liegen uns vor! – genau diesen Lauf als Ersatzteil mitgeliefert. Das heißt, man demilitarisiert eine Waffe, indem man nicht mit einem Panzer drüberfährt, denn dann wäre sie wirklich kaputt, nein, man zersägt den Lauf und liefert gleich einen intakten Lauf mit. – Das ist glatter Gesetzesbruch, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Maitz: Glatter Unsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Auch der Bescheid des Innenministers ist nachträglich erteilt worden – nachträglich, nämlich am 9. September! Damit ist es auf jeden Fall ein glatter Bruch des Gesetzes – egal, ob § 3 oder § 5 Kriegsmaterialiengesetz. Vielleicht lesen Sie einmal den § 6, Herr Bundesminister, denn in diesem steht, daß das alles im vorhinein, und zwar für den jeweiligen Endverbraucher, zu genehmigen ist. – Das heißt, da fährt die Eisenbahn drüber. Das ist rechtswidrig gewesen, und zwar von seiten Ihres Ressorts! (Beifall bei den Grünen.)

Was Ihre dauernden Versuche betrifft, zu sagen, ja der Händler hat offenbar die Bedingungen gebrochen, möchte ich Ihnen sagen (Abg. Dr. Maitz: Die Märchenstunde der Frau Petrovic!), daß der Händler das ganz anders in Erinnerung hat, denn der Händler sagt: Sie haben laufend berichtet, wohin sie gemeldet haben, pauschal wurde es ihnen erteilt. Wurde nichts angegeben, wurden die StG 58 schußfertig weitergeleitet. Der Händler amüsiert sich sogar über den Landesverteidigungsminister und sagt: Bitte, was soll denn die Gefängniswache von Botswana mit nicht schußbereiten Gewehren?

Daher, Herr Bundesminister: Tischen Sie uns bitte nicht andauernd solche Unwahrheiten auf, die wirklich klar und eindeutig der Faktenlage widersprechen! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten der ÖVP und der Grünen.)

18.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich nochmals Herr Bundesminister Dr. Fasslabend zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

18.55

Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zu den soeben von der Frau Abgeordneten Petrovic vorgebrachten Äußerungen machen.

Um hier klarzustellen: Ein Vertrag, der 1996 abgeschlossen wird, kann rein aus logischen Gründen eine Resolution der EU, die im Frühjahr 1998 beschlossen wird, nicht berücksichtigen. Ich bitte Sie, das aus rein logischen Gründen einmal zu berücksichtigen. – Das ist das erste. (Abg. Dr. Petrovic: Wann sind die Anträge gestellt worden? – 21. November 1998!)

Zweitens: Sie behaupten nach wie vor, daß hier keine Verpflichtung zur Demilitarisierung vorgesehen wurde. – Ich möchte Ihnen das jetzt noch einmal ganz klar und deutlich zum Ausdruck bringen: Der Bescheid des Bundesministeriums für Inneres, ergangen am 9. September 1996 (Abg. Dr. Petrovic: Im nachhinein! Rechtswidrig!), für den Bundesminister gezeichnet, Dr. Schnabl, sagt aus: "die Bewilligung zur Ausfuhr von 40 000 Sturmgewehre StG 58 per Bahn über Buchs oder Wolfurt-Lustenau in die Schweizerische Eidgenossenschaft und nach erfolgter Demilitarisierung in die Vereinigten Staaten von Amerika, nach Kanada, die Französische Republik, in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland, nach Japan sowie in das Königreich Belgien erteilt." – Das sagt er aus. (Abg. Dr. Petrovic: Wieso sagen Sie, das steht im Vertrag? Im Vertrag steht das Gegenteil! – Abg. Dr. Maitz – in Richtung der Abg. Dr. Petrovic –: Das ist Ihre Erfindung! Das hat er nicht gesagt! Lüge!)

Ich lese Ihnen noch einmal vor, was der Verfassungsdienst des Bundeskanzlersamtes dazu feststellt: "nach erfolgter Demilitarisierung in die Vereinigten Staaten von Amerika" et cetera. – Haargenau das gleiche!

Ich lese Ihnen jetzt die Abschrift meiner Äußerung zu diesem Thema im österreichischen Fernsehen vor. Ich zitiere wortwörtlich:

Das war sicherlich eine Fehlinformation, denn das Innenministerium hat dieser Firma genau vorgeschrieben, wohin es liefern darf (Abg. Dr. Petrovic: Das ist eine Lüge!): nach Amerika, nach Belgien, nach Frankreich, nach Japan et cetera, und hat auch Auflagen gegeben, etwa daß das Gerät zu demilitarisieren ist et cetera, hat bestimmte Fristen zur Einhaltung vorgegeben, etwa ein Jahr. Das heißt, daß die Waffen in einem gewissen Sinn unbrauchbar gemacht werden müssen, sodaß sie nur mehr für bestimmte Zwecke zur Verfügung stehen. – Zitatende.

Wer da eine Lüge aufstellt, Frau Abgeordnete, das kann jedes kleine Kind erkennen! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Grünen.)

18.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen – und ich bitte Sie, sich jetzt zu beruhigen!

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 723/A (E) betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Landesverteidigung eine Frist bis 19. Jänner 1999 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag ist, der möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir setzen jetzt in den Verhandlungen zum 5. Punkt der Tagesordnung fort. Es ist dies der Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 975/A (E) betreffend die Arbeit der Historikerkommission in 1560 der Beilagen.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Gewünschte Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Magistra.

18.59

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Präsident! Daß der Nationalrat der Republik Österreich die Arbeit der Historikerkommission unterstützt, fördert, alles tut, daß jenes Gremium, das mit dieser so wichtigen Arbeit von den beiden Präsidenten des Nationalrates, vom Bundeskanzler der Republik, vom Vizekanzler der Republik beauftragt wurde, seiner Aufgabe bestmöglich nachkommen kann, das ist für mich eine Sache, die wir gar nicht diskutieren müßten, das ist etwas, was in der Sache selbst schon begründet ist.

Daß es, meine sehr geehrten Damen und Herren, in den letzten Wochen sichtbare Zeichen auch in der österreichischen Politik dafür gegeben hat, daß die Aufarbeitung der jüngeren österreichischen Geschichte, insbesondere der den Arbeitsauftrag der Historikerkommission betreffenden Fakten, ernst gemeint ist, möchte ich auch nicht in Zweifel stellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber das, was heute von allen fünf Parteien in diesem Entschließungsantrag und in dem Ersuchen an die Bundesregierung mit getragen wird, nämlich die Historikerkommission bei ihrer Arbeit in den Archiven des Bundes und in den nachgeordneten Dienststellen zu unterstützen und nicht etwa zu behindern, ist nur ein Mosaikstein in der Aufarbeitung der jüngeren Geschichte Österreichs, ein Mosaikstein, der im konkreten Fall eine Hilfestellung sein wird. Kollege Smolle hat ihn schon vor drei Uhr genannt, und es steht heute auch in allen Zeitungen: Über 30 000 Akten tauchten von den ehemaligen Hermann-Göring-Werken in Linz auf, Akten, von denen bis vor kurzem behauptet wurde, die gebe es nicht. Ja wie soll es denn auch etwas geben, wenn man nie geschaut hat, ob es diese gibt, und wenn man nie einen Auftrag gegeben hat, zu forschen und zu eruieren?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ja nur wieder ein Beweis dafür, wie notwendig es war, diesen Arbeitsauftrag erteilt zu haben, und wie notwendig jede Unterstützung ist. Aber das, was der Nationalrat leisten muß – und das ist ein Auftrag, den ich Sie bitte ernst zu nehmen –, ist, die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, wie es sie auch in anderen Ländern gibt, nämlich daß Archive und die Arbeit von Historikern grundsätzlich durch legistische Maßnahmen unterstützt und gefördert werden. Daher gibt es die Forderung nach einem Bundesarchivgesetz, das vorsieht, daß nicht nur im Einzelfall eine Unterstützung geboten wird, weil es so etwas wie einen gemeinsamen politischen Willen gibt, sondern das klar für alle Zukunft regelt, wie die Voraussetzungen zu sein haben. Das ist ein Auftrag, den uns die Historikerkommission beziehungsweise die damit zusammenhängende Diskussion implizit mit auf den Weg gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist das letzte, was ich Ihnen dazu sagen wollte: In der Beilage zur "Wiener Zeitung" habe ich gelesen: Der Nationalrat zieht mit dem Beschluß des Rückstellungsgesetzes den Schlußstrich unter die Raubkunst-Diskussion. – Wenn das hier im Raum wirklich jemand glaubt, dann täuscht er sich gewaltig, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht Schlußstriche wurden in den letzten Monaten und Tagen gezogen, sondern Diskussionen wurden eröffnet, Arbeitsprozesse und Forschungsvorgänge sind initiiert und begonnen worden. Nichts geht von allein, sondern alles braucht Druck und politischen Willen.

Das ist es, was der Nationalrat mit dieser kleinen, im wesentlichen ja nicht vielsagenden Entschließung zum Ausdruck bringen soll, aber das legistische Vorhaben liegt tatsächlich noch vor uns, und dazu bedarf es Initiativen. Das ist es, was wir dem Herrn Staatssekretär auf den Weg mitgeben möchten: Herr Staatssekretär, das Bundeskanzleramt ist da gefordert, Vorschläge zu erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen. Das können nicht die einzelnen Fraktionen machen. Das Parlament hat ja nicht einmal einen legistischen Dienst. Sie sind hier aufgerufen, und daher ersuchen und bitten wir Sie, über diesen Fünf-Parteien-Antrag hinaus aktiv zu werden. Es wird niemand eine Mutter- oder Vaterschaft beanspruchen, wenn es der Sache dienlich ist, aber festgehalten werden muß, daß die Opposition diejenige war und immer noch ist, die in dieser Frage die treibende Kraft ist, und das ist wesentlich.

Sie sind diejenigen, die es mit Ihren Mitteln, mit Ihren Ressourcen, mit dem gesamten Brain in der Hand haben, das auch tatsächlich zu tun, und das ist wirklich eine ernsthafte Sache. Die über 30 000 Hermann-Göring-Werke-Akten zeigen, wie notwendig es ist, dafür zu sorgen, daß nicht irgendwo etwas verschwindet, in letzter Sekunde vernichtet wird oder daß man – Stichwort Vermögensverkehrsstelle im Staatsarchiv – in Schachteln hineinschaut, bevor man sagt: Wir wissen alles, beziehungsweise wir können nichts sagen, weil wir noch nie nachgefragt haben, weil es keine gesetzliche Grundlage dafür gegeben hat! Jetzt muß alles auf den Tisch! Diese Zeit ist jetzt wirklich gekommen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

19.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Dr. Gabriela Moser vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

19.06

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Bezeichnenderweise findet heute hier und jetzt, genau einen Tag nachdem 38 000 neue Akten gefunden wurden, der Beschluß statt, daß geforscht, daß aufgearbeitet, daß endlich Gewissen erforscht werden soll. Das ist sehr bezeichnend. (Abg. Koppler: Sie haben nichts dazu beigetragen, daß diese Akten gefunden wurden! Null!)

Bezeichnend ist auch, daß Österreich in der Aufarbeitung seiner Geschichte leider auch im internationalen Trend liegt. Die Schweiz ist uns nur knapp voraus. Deutschland ist ungefähr auf derselben Ebene wie wir. Es hat in Mitteleuropa leider an die 50, 60 Jahre gedauert, bis man nachgefragt hat, bis man aufgestöbert hat, bis man fündig wurde. Das ist ein mitteleuropäisches Defizit. Österreich ist in diesem Bereich leider im Einklang mit seinen Nachbarstaaten.

Bezeichnend ist für mich auch, daß eine Historikerkommission von Amts wegen eingesetzt wird, um punktuell nachzuforschen, punktuell Aufklärung zu schaffen, punktuell endlich das ans Tageslicht zu bringen, was Teile der Bevölkerung an sich schon lange wußten. Über die Zusammensetzung dieser Kommission ist ja in den Medien eifrig diskutiert worden. Es gibt da ein kleines großkoalitionäres Ergebnis: Es wurden keine Kapazitäten berufen, es wurde nur ein internationaler Vertreter in diese Kommission entsandt, und zwar ein internationaler Vertreter, der einen sehr guten Ruf hat und auf seinem Gebiet wirklich eine Kapazität ist. Es wäre notwendig gewesen, mehr internationale Forscher zu beteiligen, damit eine gewisse Objektivität gewährleistet ist.

Es ist für mich auch etwas fragwürdig, daß man gewisse, sehr beschlagene österreichische Forscher nicht in diese Kommission berief, aber sehr wohl Forscher, die nur am Rande mit dieser Geschichtsperiode zu tun hatten.

Ein letztes Moment ist für mich auch noch sehr bezeichnend, nämlich der Umgang in Österreich mit der Zeitgeschichte insgesamt. Die Zeitgeschichte wurzelt bei uns mehr oder weniger im Wiener Institut, das erst 1966 gegründet worden ist. Es hat in der Ära Kreisky in den siebziger Jahren einen leichten Aufwind gegeben, der den Auftrag zur Folge hatte, die Zwischenkriegszeit, die Zeit der Ersten Republik aufzuarbeiten, da einmal Klarheit zu schaffen und eine sogenannte ausgewogene Darstellung zu erarbeiten.

In den achtziger Jahren begannen die Förderungstöpfe auszutrocknen, in den achtziger Jahren schraubte man zurück. Warum? Weil die Zwischenkriegszeit bereits durchleuchtet war, weil man jetzt in die brisante Zeit der NS-Herrschaft vorstieß, weil damals Material wahrscheinlich zu suchen, zu finden und zu bearbeiten gewesen wäre, das in den achtziger Jahren sehr wohl noch Sprengkraft besessen hätte. Jetzt erst – allein auf äußeren Druck, auf den Druck der Vereinigten Staaten beziehungsweise aufgrund der Klagsdrohungen – hat man wieder die Zeitgeschichte etwas mehr in den Mittelpunkt der politischen Diskussion gestellt. Leider ist das ein schlechter Anlaß. Für mich ist die Einsetzung dieser Historikerkommission hier und heute, die punktuell arbeitet, die einen beschränkten Arbeitsauftrag hat, nämlich nur für vier Jahre mit einem Budget von 25 Millionen Schilling, eigentlich der Auftakt für eine generelle "Aufrüstung" der Zeitgeschichte.

Wir brauchen die Reflexion über unsere nähere Vergangenheit dringender als ein Stück Brot, wir brauchen diese Reflexion nicht nur in den wissenschaftlichen Medien und nicht nur in den Tageszeitungen, sondern auch in den Schulen.

Bitte nehmen Sie die Einsetzung der Historikerkommission auch zum Anlaß, die Zeitgeschichte insgesamt höher zu bewerten. (Beifall bei den Grünen.)

19.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, denn wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1560 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Wer für diese Entschließung ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese Entschließung ist stimmeneinhellig angenommen. (E 152.)

6. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Bundesministeriengesetz 1986, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesfinanzgesetz 1999 (5. BFG-Novelle 1999), das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Vertragsbedienstetenreformgesetz – VBRG) (1561 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Verfassungssauschusses über den Antrag 972/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1562 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 976/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das Bundestheaterpensionsgesetz geändert werden (Besoldungs-Novelle 1999) (1564 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 6 bis 8 der Tagesordnung. Die Debatte darüber wird unter einem durchgeführt.

Da auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet worden ist, beginnen wir sofort mit der Debatte.

Die erste Wortmeldung stammt vom Abgeordneten Dr. Graf. Herr Abgeordneter, Sie haben eine freiwillige Redezeit von 6 Minuten verlangt. Ich stelle die Uhr so ein. – Bitte.

19.12

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es wird, wie ich vernommen habe, in dieser Debatte auch noch der Herr Finanzminister zu uns stoßen. Das ist meiner Ansicht nach gut und wichtig. Verhandelt hat dieses Thema, das heute auf dem Tisch liegt und zur Debatte steht, im wesentlichen Herr Staatssekretär Ruttenstorfer, der offensichtlich leider nicht hier ist. Das macht aber nichts. Wir befinden uns hier in einer Materie, die man auch, gelinde gesagt, als eine unendliche Geschichte bezeichnen könnte. (Abg. Dr. Feurstein: Eine endliche Geschichte, nicht eine unendliche!) Ich möchte daran erinnern, daß an diesem Thema schon viele Staatssekretäre zerbrochen sind, und möchte dies im Rahmen des Bundesangestelltengesetzes ein wenig beleuchten.

Begonnen hat damit Staatssekretär Kostelka – heute Klubobmann –, der stets vollmundig angekündigt hat, eine entsprechende durchschlagende Reform im Staatsdienst herbeiführen zu wollen. Fortgesetzt hat das später der sehr erfolgreiche Staatssekretär Einem, der nunmehr Bundesminister im Wissenschaftsministerium ist, nachdem er schon ein anderes Bundesministerium geleitet hat. Er hat ebenfalls das Bundesangestelltengesetz propagiert, er hat hier im Hohen Hause sowie in den Ausschüssen immer wieder versprochen, ein modernes Dienstrecht und ein Bundesangestelltengesetz zu bewerkstelligen.

Danach gab es den nächsten erfolgreichen Staatssekretär, nämlich Staatssekretär Schlögl, heute Bundesminister für Inneres. Auch er hat das vollmundig angekündigt. Dazu möchte ich, weil es eine Sache der jüngeren Vergangenheit ist, etwas zitieren. Am 6. Juli 1995 kündigte er – nachdem er kurz zuvor angelobt worden war – in der Zeitung groß an: Spätestens 1997 soll es ein ganz neues Bundes-Dienstrecht geben, das erstens die Bezüge total reformiert und zweitens die Pragmatisierung und Unkündbarkeit auf das absolut notwendige Maß zurückdrängt!

Außerdem wollte er – im Vertragsbedienstetenbereich sowie im Beamtenbereich – die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten im Bundesdienst herbeiführen. Die Schlagzeilen dazu sind Legion. Das ist ihm allerdings nicht ganz gelungen, er ist dann zu höheren Diensten aufgestiegen. Er hat dies nicht nur einmal von sich gegeben, sondern zum Beispiel am 13. Juni 1995 in den Medien verlautbaren lassen: Die Pragmatisierung ist für mich kein Thema! Fix ist aber, daß ich ein neues Bundesangestelltengesetz schaffen möchte, das noch in dieser Periode verabschiedet werden soll!

Wir sind jetzt am Ende dieser Periode. Es gibt ein derartiges Bundesangestelltengesetz nicht, und es ist das eingetreten, was Staatssekretär Schlögl selbst ankündigte, indem er sagte: Kann sein, daß ich damit auf die Nase falle! Er sagte also schon damals: Kann sein, daß ich auf die Nase falle! Aber er selbst ist nicht auf die Nase gefallen. Das hat dann ein anderer übernommen, nämlich Staatssekretär Ruttenstorfer. Er ist mit diesem Vorhaben nicht nur auf die Nase gefallen, sondern hat damit einen Bauchfleck gemacht, wie man es so schön sagen kann. Es ist nämlich tatsächlich alles mißlungen, was man sich nur vorstellen kann. (Bundesminister Edlinger nimmt auf der Regierungsbank Platz.)

Grüß Gott, Herr Minister! (Bundesminister Edlinger: Schönen guten Abend!) Es ist gut, daß jetzt auch jemand Kompetenter da ist. Jetzt gehen wir ja in die Materie ein. Ich möchte nur noch dazusagen: Die Staatssekretäre, die bis jetzt an diesem Thema zerbrochen sind, haben letztlich alle Karriere gemacht. Herr Minister, Sie müssen auf Ihren Sessel aufpassen! Zuspätkommen wird vielleicht noch einmal bestraft werden. (Bundesminister Edlinger: Ich bin nicht heikel!) Herr Staatssekretär Ruttenstorfer ist jetzt auch auf die Nase gefallen, aber vielleicht steigt er dadurch ebenfalls die Karriereleiter hinauf und wird bald Finanzminister. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie müssen also auf Ihre Position aufpassen. Er hat genauso agiert wie seine Vorgänger und wird wahrscheinlich auch Karriere machen. Es steht ihm eine große Zukunft bevor. So ist das in Österreich, wenn man besonders erfolglos ist, überhaupt dann, wenn es darum geht, den öffentlichen Dienst zu reformieren.

Das Bundesangestelltengesetz ist nicht verwirklicht worden. Verwirklicht worden ist tatsächlich, daß wir nunmehr folgendes erreicht haben: Statt eines modernen, leistungsorientierten, nach Anforderungsprofil gestalteten Gehaltsschemas haben wir jetzt vier Gehaltsschemen, nämlich zwei Beamten-Gehaltsschemen, ein altes und ein neues, sowie zwei Vertragsbediensteten-Gehaltsschemen, ebenfalls ein altes und ein neues. Das neue enthält allerdings die Optionsmöglichkeit, daß auch die Vertragsbediensteten nach altem Schema und die Beamten überwechseln können.

Das halte ich allerdings, gelinde gesagt, für einen Wunschzettel ans Christkind. Ich glaube nicht – wie es die Regierung offensichtlich glaubt –, daß Beamte oder Vertragsbedienstete bei gleicher aktiver Lohnlebenssumme den Vorzug einer Besserstellung der Beamten oder der Vertragsbediensteten-Alt in der Pension ganz einfach aufgeben werden oder aber vielleicht eine Besserstellung eben durch den Kündigungsschutz aufgeben werden. Gerade in einer Zeit, in der auch am Arbeitsplatz immer mehr nach Sicherheit gestrebt wird, dürfte das tatsächlich ein Wunsch an das Christkind sein. Das paßt zur heutigen Debatte kurz vor Weihnachten.

Es gibt einige sehr bedenkliche Dinge, die heute mit geregelt werden. Dazu gehört die Pensionskasse, die verpflichtende Pensionskasse in Form einer Betriebs-Pensionskasse, für die kein freies Wahlrecht vorgesehen ist; die Bestimmungen sollen in bezug auf die Beitragsleistung und auf die Pensionsleistung geschlechtsneutral abgefaßt werden. Das halte ich für verfassungswidrig. Erstens ist noch immer nicht garantiert, daß Männer genauso lange leben wie Frauen – das sage ich dazu. Daher muß eine Pensionskasse – das ist von der Regierung beschlossen und gesetzlich verankert worden –, um nach den gesetzlichen Bestimmungen zu funktionieren, ihr Geld nach versicherungsmathematischen Grundsätzen anlegen und auch wieder ausbezahlen. Dann kann man den Unterschied zwischen der Lebensdauer von Frauen und Männern entweder durch geringere Beitragsleistungen der Männer oder durch geringere Pensionsauszahlungen an Frauen ausgleichen.

Ich halte das für verfassungswidrig. Sollte das umgesetzt werden, was Sie heute zu beschließen gedenken – zumindest in Ihrer Ausschußfeststellung ist es so beschlossen worden –, dann wird es sicherlich dazu kommen, daß diese Regelung vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden wird, es sei denn, Sie streben wieder einmal die Untugend an, daß Sie diese Bestimmung für die Beamten und für die Vertragsbediensteten dann im Verfassungsrang regeln.

Ein Letztes noch: Auch die Vertragsbediensteten-Neu sind in die Pensionsversicherungsanstalt der Beamten übergeführt worden, und zwar ausschließlich aus einem Grund: Eine schwarz dominierte Pensionsversicherungsanstalt stand vor dem Bankrott beziehungsweise vor dem Verlust ihrer Beitragszahler. Damit man im koalitionären Zwist wieder Frieden schafft, hat man da insofern einen Schuhlöffel gefunden, als man in Zukunft die Vertragsbediensteten-Neu in das Pensionssystem der Beamten transferiert, damit man dort Posten erhält, damit man Sozialversicherungen, die unnötig geworden sind oder unnötig werden, am Leben erhält, und zwar nur, um Einflußbereiche aufrechtzuerhalten.

Ich denke, daß gerade das ein Signal in die falsche Richtung ist. Statt dessen müßte so vorgegangen werden, daß wir die Sozialversicherungen zusammenlegen. Wenn sich die günstige Gelegenheit bietet, daß das geschafft werden kann, dann sollte man das auch tun und nicht das Signal in die falsche Richtung geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Mertel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

19.20

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! In letzter Zeit wurden Stimmen laut, daß in der Koalition nichts mehr gehe und daß wir keine Reform zustande brächten. In Wirklichkeit ist uns ein großer zweiter Schritt im Bereich der öffentlich Bediensteten gelungen. Auch wenn Herr Graf meint, daß sich die Staatssekretäre alle möglichen körperlichen Verletzungen zugezogen hätten – von Nasen- bis Bauchfleckverletzungen –, sehe ich es anders. (Abg. Dr. Graf: Bitte, das sagte Staatssekretär Schlögl selbst! Er sagte selbst, er kann auf die Nase fallen! Ich habe nur zitiert!)

Ich meine, daß das Vertragsbediensteten-Reformgesetz ein richtiger und großer Schritt in Richtung einer modernen und effizienten öffentlichen Verwaltung ist. Wenn Sie sich an den Terminus "Bundesangestelltengesetz" hängen, dann sage ich Ihnen, daß mit diesem Gesetz meiner Ansicht nach auch in diese Richtung ein gewaltiger Schritt getan wird. Es ist ein Schritt zu einem modernen Dienstrecht, in das nun auch die Vertragsbediensteten ... (Abg. Dr. Graf: "Kann sein, daß ich damit auf die Nase falle", das hat er gesagt!) Ja, okay. Das ist meine Redezeit, lassen Sie mich endlich fertig reden!

Es ist ein Schritt zu einem modernen Dienstrecht, in das nun auch die Vertragsbediensteten der allgemeinen Verwaltung und der handwerklichen Verwendung einbezogen werden. Das ist aber auch eine Abkehr von einer nicht mehr zeitgemäßen Besoldungsphilosophie. An den öffentlichen Dienst werden hohe Anforderungen gestellt, und bei der Bewältigung seiner vielen Aufgaben braucht er qualifiziertes, aber auch motiviertes Personal, motivierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Die gesamte Reform des Vertragsbedienstetenrechtes ist im Zusammenhang mit der vor vier Jahren abgeschlossenen Besoldungsreform – die im übrigen ein großer Erfolg war – zu sehen. Im Zuge dieser Besoldungsreform haben in manchen Bereichen bis zu 90 Prozent der Bediensteten die Optionsmöglichkeit wahrgenommen. Bei dieser Besoldungsreform wurden die alten Besoldungslaufbahnen für Beamte durch eine funktionsbezogene und verantwortungsbezogene Entlohnung ersetzt. Dasselbe Prinzip wird nun bei der Reform des Vertragsbedienstetenrechts umgesetzt, und zwar mit dem Ziel gleichen Lohnes für gleiche Arbeit für alle Bundesbediensteten.

Das klingt einfach, aber legistisch und technisch ist die Umsetzung dieses Grundsatzes alles andere als einfach. Für die Vertragsbediensteten, die ja weder Dienstklassen noch Beförderungen kennen, mußten erst andere Anknüpfungspunkte und Vergleichsparameter gefunden werden. Es war eine einheitliche Arbeitsplatzevidenz und Arbeitsplatzbewertung für die Bundesbediensteten notwendig, aber auch die Berücksichtigung dreier Faktoren. Diese Faktoren sind die Arbeitsplatzbewertung, die Nettoauszahlung und die Lebensverdienstsumme. Nur anhand dieser drei Faktoren kann man Beamte und Vertragsbedienstete in bezug auf ihre Laufbahnen überhaupt vergleichen und sie in der Folge gleich entlohnen. Um das Prinzip "Gleicher Lohn und gleiche Arbeit" umzusetzen, mußte also erst eine dienst- und besoldungsrechtliche Grundlage geschaffen werden. Dabei war es das Ziel, die neugeschaffenen Bewertungsgruppen zahlenmäßig so gering und übersichtlich wie möglich zu halten.

Das System der Zulagen besteht darin, daß die Leistungsanforderungen eines Arbeitsplatzes finanziell sofort schlagend und sofort spürbar honoriert werden und ihnen nicht erst über den langen Weg der Beförderungen entsprochen wird. Niedergeschlagen hat sich das in einer Funktionszulage und in individuellen Leistungsprämien als zusätzliche Elemente der Besoldung. Die individuelle Honorierung von Leistungen ist selbstverständlich ein sensibler Bereich. Daher sind die Vergabekriterien besonders transparent und so nachvollziehbar wie möglich zu gestalten. Dabei hat auch die Personalvertretung ein Mitwirkungsrecht.

Die wichtigste besoldungsrechtliche Neuerung dieser Reform ist die Neuverteilung der Lebenseinkommen. Wie ich es sehe, kommt das vor allem Frauen zugute, denn 63 Prozent der Vertragsbediensteten sind Frauen. Für jüngere Vertragsbedienstete sollen also höhere Anfangsgehälter in Verbindung mit einer flacher verlaufenden Lohnkurve kommen. Vorgesehen ist die Einstufung und Entlohnung nach Funktion und nicht mehr nach Vorbildung, wobei die Vorpraxis – auch diejenige in der Wirtschaft – berücksichtigt werden soll. Das bedeutet höhere Einkommenschancen für jüngere Bedienstete in einem früheren Laufbahnbereich.

Die Neugestaltung der Lebensverdienstkurve führt dazu, daß Vertragsbedienstete in der Regel mit ihren Einstiegsgehältern über jenen der Beamten liegen und die Beamten die Vertragsbediensteten erst allmählich in der Laufbahnmitte überholen. Die neuen Verdienstkurven legen einen Schwerpunkt auf die Verteilung vor dem 40. Lebensjahr und liegen immer über den alten Vertragsbediensteten-Gehaltskurven. Es gibt also unter immerhin 36 000 Vertragsbediensteten tatsächlich keine Verlierer. Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, mit der diese Reform vereinbart worden ist, sagt dazu salopp, aber sehr treffsicher: Mehr Geld den Müttern und den Vätern statt den Großmüttern und den Großvätern!

Das Einkommen gerade in dieser Phase anzuheben ist eine sehr sinnvolle Maßnahme – das möchte ich als Familienpolitikerin hervorheben –, denn in dieser Phase fallen Hausstandsgründung und Geburten von Kindern an. Oft entfällt ein Arbeitseinkommen für eine gewisse Zeit, oder es wird Teilzeit gearbeitet. Auch diese Möglichkeit – das Recht auf Teilzeitarbeit – ist analog zum Beamten-Dienstrechtsgesetz in dieser Reform verankert.

Ein Wort auch zur Gestaltung der Lebensverdienstkurve: Entscheidende Bedeutung hat die Höhe der Altersversorgung zusammen mit den aktiven Bezügen – und das in zunehmendem Maße, wie uns die Demographen versichern. Es ist daher besonders erfreulich, daß man sich in den Verhandlungen auf die Schaffung einer betriebsinternen Altersversorgung, also einer innerbetrieblichen Pensionskasse geeinigt hat. Die Details sind noch nicht ganz ausgearbeitet, aber es steht immerhin schon fest, daß die Beiträge an die Pensionskasse durch Beiträge der Dienstgeber und Dienstnehmer in der gleichen Höhe von 1,5 Prozent der monatlichen Bezüge erfolgen sollen. Herauskommen soll dabei – nach einer durchschnittlichen Laufbahn mit 40 Jahren Beitragsleistung – eine Zusatzpension in Höhe von zirka 10 Prozent des Letztbezuges.

Aus frauenpolitischer Sicht ist vor allem das Vorhaben, das Leistungsrecht geschlechtsneutral zu gestalten, zu begrüßen. Es soll ausdrücklich verhindert werden, daß durch das Kapitaldeckungsverfahren – das hat Herr Graf schon angeschnitten – Frauen wegen ihrer höheren Lebenserwartung niedrigere Leistungen aus der Pensionsversicherung zu erwarten hätten. Eine große Risikogemeinschaft – wie im Fall der geplanten betrieblichen Pensionskasse – kann einen solchen Ausgleich finanziell bewältigen.

Nun auch ein Wort zur Besoldungs-Novelle und zu den Gehaltsverhandlungen: Durch die Erhöhung der Gehälter, der Zulagen und der Nebengebühren um 2,5 Prozent, die gleichzeitige Senkung des ehemaligen Pensionssicherungsbeitrages um 0,2 Prozent und die Erhöhung der Beamtenpensionen um 1,5 Prozent nehmen die öffentlich Bediensteten in angemessener Weise am gegenwärtigen Wirtschaftsaufschwung teil. Diese Erhöhung erstreckt sich auch auf den Landesdienst.

Die Änderungen im Besoldungsrecht erfordern entsprechende dienstrechtliche Anpassungen. Daher sind Regelungen in Verfahrensfragen, im Dienstvertrag, bei befristeten Dienstverträgen und in diesem Zusammenhang mit dem Kettenvertragsrecht getroffen worden. Auch der beruflichen Aus- und Weiterbildung wird besonders großes Augenmerk geschenkt.

Am längsten hat man beim Themenkreis "Versetzung, Verwendungsänderung und Kündigungsschutz" verweilt. Es bleibt der bisher schon strenge Kündigungsschutz aufrecht, und darüber hinaus werden Versetzungsschutz und Dienstzuteilung nun im Gesetz verankert. Überall dort, wo Funktionszulagen gebühren, kann ein Arbeitsplatzwechsel künftig positive oder negative Auswirkungen haben. Daher wird das neugeschaffene Instrument der sogenannten aufsaugbaren Ergänzungszulage eingeführt. Diese Zulage sorgt dafür, daß ein Arbeitsplatzwechsel zu keinen unverschuldeten Einkommenseinbußen führt.

In letzter Zeit wurden im Zusammenhang mit den zwei Punkten, in denen die Vertragsbediensteten schlechter gestellt waren – schlechtere Bezahlung und keine vollen Karrieremöglichkeiten –, heftige Debatten geführt, und zwar hinsichtlich des Kündigungsschutzes und der Arbeitsplatzsicherung sowie einer Karriere, die ganz nach oben führt. Es war das Ziel der SPÖ-Fraktion, die Aufwertung des Dienstverhältnisses des Vertragsbediensteten zu einer vollwertigen Alternative zum pragmatisierten Dienstverhältnis zu erreichen und kein Fortschreiben zweier Klassen von öffentlich Bediensteten zuzulassen. Das heißt, daß wir auch für Vertragsbedienstete den Weg in Spitzenpositionen geöffnet haben wollten. Die Entscheidung über die Pragmatisierung soll beim Vertragsbediensteten belassen werden, er soll aber im Falle einer Pragmatisierung bei Nichtanwendung des § 136a pensionsrechtlich Vertragsbediensteter bleiben.

Meine Damen und Herren! Diese Reform ist nicht billig. Sie wird in ihrer Endausbaustufe immerhin 900 Millionen Schilling Mehrkosten verursachen. Daß sie trotz dieser beträchtlichen Kosten zustande gekommen ist, zeigt jedenfalls, wie wichtig dieser weitere Schritt zu einem modernen und leistungsorientierten öffentlichen Dienst ist. (Beifall bei der SPÖ.)

19.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

19.31

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich kann mich sehr kurz fassen, da die wesentlichen Dinge bereits gesagt sind. Das, was uns tatsächlich bekümmert, ist, daß der ursprüngliche Ansatz, ein harmonisiertes Arbeitsrecht für die Bediensteten der öffentlichen Hand zu schaffen, nicht wirklich gelungen ist, weil die vorliegende Novelle, statt eine Harmonisierung zu bewerkstelligen, weitere Kategorien bildet.

Am unangenehmsten an dieser Kategorienbildung ist wohl, daß die Vertragsbediensteten-Neu in die Beamten-Unfall- und -Krankenversicherung geschoben werden. Ich verstehe das schon. Wenn man ein attraktives Vertragsbedienstetenrecht hat und davon ausgehen muß, daß eine größere Zahl von öffentlich Bediensteten ihre Karriere nach den neuen Regeln des Vertragsbedienstetenrechtes abwickeln wird, dann steht zu befürchten, daß die Zahl der Versicherten in der Beamten-Unfall- und -Krankenversicherung zu gering wird. Das ist ein Thema, über das man sich unterhalten muß, dazu allerdings eine solche Spaltung vorzunehmen, ist, so meine ich, nicht gerade das, was man sich unter Harmonisierung vorstellt.

Daß Leitungsfunktionen auf Zeit in einer brauchbaren Form definiert werden, halten wir für gut, und daß nach der neuen Regelung Leitungsfunktionen auch von Vertragsbediensteten erreicht werden können, begrüßen wir grundsätzlich auch. Aber man hat sich um die eigentliche Kerndebatte herumgedrückt, nämlich, sich endlich zu entscheiden, wie man das Berufsbeamtentum Ende des 20. Jahrhunderts neu und positiv definieren könnte. Diese Leistung haben Sie nicht erbracht. Sie sind sozusagen in der Gabel steckengeblieben: Sie ändern zwar am Vertragsbedienstetengesetz etwas, nehmen aber keine Harmonisierung vor, denn es bedarf eines definierten Beamtentums. Es ist nur die Frage: Sind die Werkzeuge des 19. Jahrhunderts die richtigen für das 21. Jahrhundert? Und: Welchen Kündigungsschutz muß ich haben? Ich brauche einen Kündigungsschutz, und zwar einen über das normale Arbeitsrecht hinausgehenden, aber muß es der sein, der im 19. Jahrhundert entwickelt wurde, oder gäbe es nicht da bessere Möglichkeiten?

Der Kündigungsschutz ist ein Zwillingsbruder zur Funktion und nicht so sehr zum Status. Ich meine daher, daß Sie, wenn Sie Leitungsfunktionen auf Zeit geschaffen haben, sich dann auch den Kopf darüber zerbrechen müssen, wie Sie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um-gehen, wenn sie nach Ablauf der Zeit nicht wiederbestellt werden. Denn eines darf nicht passieren: Daß Sie da Teillösungen finden, die dann dazu führen, daß es in einer Zweiklassengesellschaft im öffentlichen Dienst zu unangenehmen Verwerfungen kommt.

Wir werden wir diesen Vorlagen nicht zustimmen können, weil sie unseren Harmonisierungsvorstellungen nicht entsprechen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Khol. Sie haben eine Redezeit von 10 Minuten begehrt. – Bitte.

19.34

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir von der Volkspartei sehen im öffentlichen Dienst das Rückgrat des Rechtsstaates. Wir wollen, daß der Bundespräsident weiterhin als Schirmherr über dem öffentlichen Dienst wacht, die Freiheit von politischer Pression gewährleistet und das Ausgeliefertsein an politische Willkür verhindert. Das heißt: Für uns ist der öffentliche Dienst in seiner Unabhängigkeit sehr wichtig, und wir stehen zum Berufsbeamtentum! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen allerdings im öffentlichen Dienst gleiche Berufschancen ... (Bundesminister Edlinger spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Schieder.) Könnten Sie mir den Witz auch erzählen, Herr Kollege? Dann lache ich mit. (Abg. Schieder: Bitte um Entschuldigung!) – Bitte. (Abg. Schieder: Aber das war jetzt kein Witz, sondern ...!) Ich bitte, diese Bemerkung nicht zu protokollieren. (Abg. Schieder: Von mir schon!)

Als Anhänger des Berufsbeamtentums wollten wir in dieser Reform die Wahrung des Rechtsstaates durch das Berufsbeamtentum, die Wahrung der Pragmatisierung für die leitenden öffentlich Bediensteten und die Ernennungsrechte des Bundespräsidenten gesichert wissen. Das ist uns gelungen.

Wir haben auch ein weiteres Ziel erreicht: gleiche Berufschancen für sämtliche öffentlich Bedienstete. Das heißt also: Es mußte die Diskriminierung zwischen Vertragsbediensteten der Entlohnungsgruppe a und b und den öffentlich-rechtlich ernannten Beamten A und B beendet werden. Dafür sind wir eingetreten, das haben wir erreicht.

Wir haben durch eine flexible Regelung ein neues Berufsbild, eine neue Laufbahn geschaffen, die im Regelfall dazu führen wird, daß öffentlich Bedienstete mit höheren Anfangsgehältern einsteigen, dann, wenn sie die Qualifikationen für Leitungsfunktionen haben, in diese Leitungsfunktionen ernannt werden und den besonderen Rechtsschutz der Pragmatisierung erhalten, gleichzeitig aber im alten Gehaltsschema und im alten Pensionsrecht verbleiben. Ich halte das für eine gute Regelung.

Worüber ich mich auch freue, ist, daß wir, dem Grundsatz der Subsidiarität folgend, die Krankenversicherungsanstalt des Bundes in ihrem Bestand gesichert haben. Wir haben das bei den Eisenbahnern getan, wir machen das bei der Knappschaftsversicherung. Das sind kleine und feine Versicherungen, die kostendeckend sind. Die Beamtenversicherung hat beispielsweise einen Selbstbehalt, der relativ beträchtlich ist, wird aber von ihren Versicherten sehr geschätzt. Warum sollten wir das dann beenden? Wir haben also die Versicherungsanstalt in ihrem Bestand gesichert.

Die Ziele haben wir erreicht, Herr Minister. Es war ein hartes Verhandeln, aber ich bin froh, daß wir im Parlament dazu gekommen sind, das Kind dann doch noch auf die Welt zu bringen.

Ich erinnere mich, daß der Herr Bundeskanzler, als wir in der Bundesregierung bei den Beamtenverhandlungen gescheitert waren, sehr erzürnt war, als er gehört hat, daß ich diese gesamte Vorlage als Initiativantrag hier eingebracht habe. In der Pressekonferenz hat er das als Scheinaktivität bezeichnet. Ich bin froh, daß eine Scheinaktivität wie diese solche Früchte wie die heutigen zeitigt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Am Wort ist jetzt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.37

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Grünen wollen, daß die Kompetenzen und das Amt des Bundespräsidenten in dieser Republik diskutiert werden. Das möchte ich hier festgehalten haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Grünen wollen, daß die Wahrung des Rechtsstaates nicht davon abhängt, ob der Herr Bundespräsident darüber wacht, wie viele pragmatisierte Beamte es gibt, was pragmatisierte Beamte tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Grünen bekennen uns zur Pragmatisierung. Wir Grünen wollen nicht die vollständige Abschaffung der Pragmatisierung. Wir Grünen wollen aber – und deshalb habe ich Bedenken, und das ist es, warum es heute nicht so einfach ist, diesen Gesetzesvorlagen zuzustimmen –, daß endlich eine Gesamtdiskussion, eine generelle Diskussion über diese wesentlichen Fragen, die auch Herr Dr. Kier schon genannt hat, geführt wird.

Ich verhehle nicht meine Freude darüber, daß mit dieser großen Novelle tatsächlich wesentliche Punkte angegangen wurden, die wichtig sind, so zum Beispiel, daß es höhere und damit attraktivere Bezüge für junge Bedienstete gibt, daß Spitzenfunktionen auch Vertragsbediensteten sozusagen offenstehen. Es kommt noch ein Entschließungsantrag betreffend Neukodifikation des Rechts, dem ich auch gerne meine Zustimmung gebe. Ich habe ja schon im Ausschuß gesagt, daß es meiner Schätzung nach in dieser Republik nur 27 Personen gibt, die das gesamte Dienstrecht der Beamten und Vertragsbediensteten, der öffentlich Bediensteten, überhaupt noch überblicken und überhaupt wissen, wie die gesetzlichen Bestimmungen im Detail sind. Das halte ich nicht für rechtsstaatfreundlich, und deshalb stimme ich diesem Entschlie-ßungsantrag gerne zu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir aber nicht wollen, das ist eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, Herr Dr. Khol, wie Sie das predigen. (Abg. Dr. Khol: Wir auch nicht!) Wie haben Sie das gesagt? – Wir stehen zum Berufsbeamtentum!, haben Sie gesagt. Denn das ist die Botschaft, die Sie hier vermitteln, und das ist der Kompromiß, den Sie da oktroyiert haben, damit es überhaupt zu einer Mehrheit kommt.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wenn es stimmt, was Frau Dr. Mertel hier referiert hat, daß es nämlich nicht um ein Fortschreiben des Zwei-Klassen-Systems, wie Sie es vorher genannt haben, geht, wenn das durch das Reformwerk gewährleistet ist, wenn alle Möglichkeiten, die Beamten offenstehen, auch Vertragsbediensteten offenstehen, dann frage ich mich, wozu man diese Regelung so getroffen hat, wie sie ist. Wenn es weder finanziell noch sonst irgendwo irgendwelche Unterschiede gibt, dann kann es ja nur einen ideologischen Hintergrund haben, nämlich das Stehen zum Berufsbeamtentum. Das muß hier einmal klar ausgesprochen werden.

Denn die finanziellen Rahmenbedingungen sind es nicht. Das haben Sie gesagt, das hat Herr Dr. Khol gesagt, und diese Reform kostet ja die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, denen aber die Dienstleistungen, die die öffentliche Verwaltung bietet, auch etwas wert sind, auch einen ganzen Schüppel Geld.

Ich komme nun noch einmal auf den Beginn meiner Rede zurück und möchte betonen: Daher ist es so wesentlich – und das ist meine Kritik an der Besoldungs-Novelle – , auch in der Diskussion Akzente zu setzen. Ich freue mich, daß es zu einem Gehaltsabschluß in dieser Höhe gekommen ist, denn es hat ja schon sehr magere Jahre für Beamte und Vertragsbedienstete gegeben.

Aber ich halte diese Art der Vorgangsweise – und das ist jetzt eine Kritik an allen, die das verhandelt haben, und ich spreche da vor allem jene an, die nicht das Zwei-Klassen-System wollen, jene, die sich für die Unterprivilegierten und für die niederen Einkommensschichten einsetzen – nicht für optimal, daß es dann zu Abschlüssen kommt, die nur prozentuell eine Erhöhung enthalten und wo es keine Sockelbeträge für jene, die wenig haben, gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin für dieses Mischsystem, und ich habe auch letztes Jahr – vielleicht erinnern Sie sich – meine Argumente vorgebracht, warum ich diese Lösungen nicht für optimal gehalten habe, aber ich vermute, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß Ihnen dazu die Phantasie fehlt.

Abschließend auch ein Wort zum Homogenitätsgebot. Diesbezüglich ist ja eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, so wie es eben bei einer Änderung der Bundesverfassung der Fall ist. Auch dagegen habe ich im Prinzip nichts, allerdings sieht man daran wieder, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie man sich als Politiker wendet und windet und immer alles so verkauft, wie es gerade paßt.

Ich sehe das im Kontext der großen Bundesstaatsreform, etwas, was nicht nur wir Grüne, sondern viele andere vehement einfordern. Da gibt es ungeheuer wichtige Punkte. Jetzt geht man her und bricht, weil es gerade in diesem Zusammenhang opportun ist, einen Teil der Bundesstaatsreform heraus – das ist jetzt keine inhaltliche Diskussion, die ich führe –, und andere Dinge werden nicht einmal diskutiert. Ich höre den Ruf, ja den Schrei nach Landesverwaltungsgerichten schon sehr lange, aber das interessiert niemanden. Da gibt es keinen Druck, und da meint man, daß man am Vorabend des Wahljahres auch nicht allzu viele Stimmen gewinnen kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht die Höhe des Abschlusses bei der Besoldungs-Novelle ist es, nicht der Inhalt dessen, was wir beschließen, sondern der Kompromiß, den Sie geschlossen haben, veranlaßt mich dazu, meinen Kolleginnen und Kollegen zu empfehlen, diesen Gesetzen nicht die Zustimmung zu geben. (Abg. Dr. Khol: Die sind nicht da! Nicht ein einziger! – Abg. Mag. Stoisits – auf dem Weg zu ihrem Platz –: Die werden schon kommen! – Abg. Dr. Khol – Beifall spendend –: Ich klatsche statt Ihrer Klubobfrau!)

19.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Löschnak. 5 Minuten freiwillig auferlegte Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.44

Abgeordneter Dr. Franz Löschnak (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, einige Anmerkungen zur Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle zu machen, die ja ein Teil dieses Paketes ist. Vorerst zum Inhalt:

Mit dieser Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle werden einige wesentliche Änderungen vorgenommen. Es ist schon angesprochen worden: In Artikel 21 entfällt das Homogenitätsgebot. Es werden daher in Zukunft Bund und Länder das Beamten- und Vertragsbediensteten-Dienstrecht frei gestalten können, auch wenn sie in Zukunft eine gewisse Verpflichtung zur wechselseitigen Information haben werden. – Das ist das eine.

Der zweite Punkt: Es werden die Gemeindewachkörper ermächtigt werden, in Zukunft an der Vollziehung des Verwaltungsstrafgesetzes in gleichem Umfang mitwirken zu können wie alle anderen Sicherheitsorgane, und es wird der Bundes- und Landesgesetzgebung die Befugnis eingeräumt, jene Tätigkeiten, die sie der Exekutive gewähren können, auch an Gemeindewachkörper übertragen zu können.

Der dritte Punkt ist eine in Entsprechung zur schon beschlossenen Novelle zum Bundespräsidenten-Wahlgesetz vorzunehmende Änderung des Artikel 60, also daß zwischen dem ersten und dem zweiten Wahlgang der Kandidat nicht mehr ausgetauscht werden kann.

Der vierte Kernpunkt ist, daß redaktionelle Fehler der letzten Jahre behoben worden sind.

Soweit zum Inhalt.

Zweiter Teil: Eine kurze Bewertung dieser Dinge.

Was den ersten Punkt angeht, bin ich vielleicht ein bißchen vorbelastet, aber wenn ich mich richtig erinnere, war die Bindung der Länder an die Grundsätze des Bundes im Beamten- und Vertragsbediensteten-Dienstrecht vor etlichen Jahren ein Erfordernis, weil sonst die Entwicklung zu sehr auseinandergeklafft wäre. Ich verstehe daher nicht ganz, warum dieses Homogenitätsgebot jetzt wieder aufgehoben wird. Es war das vor Jahren ein Anliegen, und mir ist kein Umstand bekannt, der dazu geführt hätte, daß es jetzt kein Anliegen mehr sein sollte. Aber bitte, das sollte man nicht überbewerten, denn die Realität ist ja an diesen Dingen gänzlich vorbeigegangen, und das wird wahrscheinlich auch in Zukunft so sein.

Wesentlich wichtiger erscheint mir die Einräumung bestimmter Befugnisse für die Gemeindewachkörper, denn da kann man über einige tausend Mitarbeiter in der Exekutive verfügen, die sehr gut ausgebildet sind und denen man daher durchaus Agenden übertragen kann. Man hat ja teilweise schon vor einigen Jahren mit einer Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz den ersten Schritt gesetzt. Ich sehe das als eine Fortsetzung dieser Entwicklung, und das ist, Herr Kollege Feurstein, nicht nur etwas, was Vorarlberg im besonderen freut, weil man dort, zumindest in diesem Punkt, fortschrittlich ist – das attestiere ich Ihnen voll –, aber das wird auch für andere Länder von Interesse sein, wo es eben diese Gemeindewachkörper gibt. (Abg. Dr. Feurstein: Wir haben dafür gekämpft!)

Der dritte Punkt, den ich noch einer Bewertung unterziehen möchte, ist die Beseitigung der redaktionellen Versehen der letzten Jahre. Mit diesen redaktionellen Änderungen und der gesamten legistischen Durchgestaltung dieser Bundes-Verfassungsgesetz-Novelle wurde ein Anreiz für künftige gesetzgeberische Initiativen geliefert. Man sollte nicht nur davon sprechen, daß man die Rechtskultur, die geändert gehört, ändern möchte, sondern man sollte es auch tatsächlich tun. Diese Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz ist für mich ein gutes Beispiel dafür, und daher kann man dem ganzen Vorhaben durchaus seine Zustimmung geben. Meine Fraktion wird das tun. (Beifall bei der SPÖ.)

19.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lafer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.49

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Weil hier von Frau Dr. Mertel dem Vorwurf, daß in der Koalition nichts mehr weiterginge, entgegengehalten wurde, daß wieder ein vernünftiges Werk auf den Tisch gekommen sei, möchte ich die Vorgeschichte dieses Gesetzes schildern.

Es gab da eine Regierungsvorlage von der SPÖ und eine Regierungsvorlage von der ÖVP, man war sich uneinig, und man hat dann aus diesen beiden Vorlagen ein Werk zusammengestoppelt. Ich wage es daher zu bezweifeln, daß es sich dabei wirklich um ein sehr gutes Vertragsbedienstetenrecht handelt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Dr. Mertel! Erinnern Sie sich bitte daran, daß man, als man das Besoldungsrecht geschaffen hat, zwar all die modernen Komponenten eines Dienstrechts angesprochen hat, sie aber in das Gesetz nicht eingebaut wurden. Es hat geheißen: Es soll leistungsgebunden sein! In Wirklichkeit wurde es leitungsgebunden.

Unter diesen Voraussetzungen ist auch hier wieder ein Vertragsbedienstetenwerk zustande gekommen; mein Kollege Dr. Martin Graf hat schon ausführlich darauf hingewiesen.

Ich möchte aber auch zur Erhöhung der Gehälter und Zulagen einige Sätze sagen. Diese Erhöhung um 2,5 Prozent ist von uns aus aus zwei Gründen, die ich hier anführen möchte, abzulehnen. Ich möchte hier aus der Sicht eines Exekutivbeamten sprechen, weil ich mir da am leichtesten tue und auch genau nachvollziehen kann, wie das funktioniert.

Zum einen wurden die Exekutivbeamten in den letzten drei Jahren bei den Gehaltsverhandlungen komplett ausgehungert. Da gab es überhaupt nichts – außer einer Einmalzahlung –, und im Jahre 1997 gab es überhaupt nur 466 S.

Zum zweiten findet ja 1999 wieder eine Personalvertretungswahl statt, also mußte man den Beamten mit 2,5 Prozent wieder einiges geben.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man die Verhandlungen mit den Metallern berücksichtigt und die Situation vergleicht, würde man als Beamter dazu sagen: Die Beamten brauchen überhaupt keine Gehaltserhöhung, sondern nur eine Angleichung an die Löhne der Metaller. Bei einem Gehalt von 20 000 S ist das schön zu vergleichen, beginnend mit 1994. Ich möchte Ihnen das hier zumindest einmal erklären.

Die Beamten bekamen im Jahre 1994 2,55 Prozent, die Metaller 3,5 Prozent und eine Einmalzahlung von 2 000 S. Im Jahre 1995 bekamen die Beamten 2,87 Prozent, die Metaller 3,5 Prozent und eine Einmalzahlung von 2 500 S. Im Jahre 1996 gab es eine Null-Lohnrunde mit einer Einmalzahlung von 2 700 S bei den Beamten, die Metaller bekamen 2 Prozent. Im Jahre 1997 gab es bei den Beamten 0 Prozent und eine Einmalzahlung von 3 600 S, bei den Metallern 2,1 Prozent. Im Jahre 1998 bekamen die Beamten 466 S, die Metaller 2,9 Prozent und eine Einmalzahlung von 2 500 S. Im Jahre 1999 gibt es 2,5 Prozent bei den Beamten, bei den Metallern 2,9 Prozent und eine Einmalzahlung von 2 500 S.

Anhand dieser Beispiele ist schon zu erkennen, daß ein Beamter beim Vergleich dieser Lohnabschlüsse um zirka 7 Prozent monatlich mehr bekommen müßte, um mit einem Metaller gleichziehen zu können. Dieser monatliche Beitrag würde allein schon 1 520 S ausmachen. Das ist der Vergleich allein, ohne daß die Erhöhungen mit eingerechnet sind. Das wurde ja immer mit der ausgezeichneten Wirtschaftslage in Österreich begründet. Das wurde vom Finanzminister immer betont.

Herr Finanzminister! Sie haben gesagt, daß aufgrund der Einführung des Euros die Konvergenzkriterien eingehalten werden konnten. Sie haben aber auch aus den letzten Spar- und Belastungspaketen zig Milliarden Schilling gewonnen. Aufgrund dessen kann es kein Loch in das Budget reißen, wenn Sie für die zirka 35 000 Exekutivbeamten auch einmal eine Entlohnung durchführen, die ihrem Beruf und ihren Aufgaben entspricht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.53

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Meine Damen und Herren! Es war tatsächlich ein langer Weg, bis wir die Gesetzentwürfe, die wir heute im wesentlichen beschließen, nämlich die Novelle zum Bundes-Verfassungsgesetz und das Vertragsbedienstetengesetz, wirklich so weit gebracht haben.

Aber wenn Sie, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, den ÖVP-Initiativantrag mit dem, was im Ausschußbericht steht, vergleichen, so werden Sie mit ganz wenigen, kleinen Abweichungen genau das finden, was im ÖVP-Initiativantrag steht. Ich möchte nicht sagen, daß wir uns jetzt voll durchgesetzt haben (Abg. Dr. Graf: Sie haben die SPÖ über den Tisch gezogen!), aber wir haben den richtigen Weg aufgezeigt, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen.

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz ist eine grundsätzliche Neuorientierung. Ich gebe zu, daß dies nur für einen Bereich gilt, nämlich nur für den Bereich der aktiv Bediensteten. Für die aktiv Bediensteten wird die Lebensverdienstsumme neu gestaltet. Sie bekommen am Anfang deutlich mehr, am Ende gibt es eben eine Verflachung der Kurve.

Nicht gelöst – das ist vielleicht ein Problem – ist die Frage der Weiterversorgung im Bereich der Pensionen. Wir führen im wesentlichen das ASVG-System für die Bundesbediensteten ein, aber die Frage der Pensionskassen, alles, was hier gemacht werden soll, ist, Frau Abgeordnete Mertel, meiner Ansicht nach noch nicht ausdiskutiert. In diesem Punkt sind für mich die Ausführungen in den Erläuternden Bemerkungen nicht ausreichend, denn mit 0,75 Prozent kann man keine großen Sprünge machen. Das wissen Sie auch. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.) – Ich sage das ja nur. Ich wollte nur anmerken, daß wir da noch etwas nachzuholen haben, nämlich wie die ganze Frage der Pensionsvorsorge durch Pensionskassen zu erfolgen hat. Ich bin sehr froh darüber, daß der Herr Staatssekretär im Ausschuß deutlich festgestellt hat, daß er das Pensionskassenmodell verwirklicht haben möchte. – Das war eine ganz wichtige Festlegung.

Nächster Punkt, meine Damen und Herren: Ich freue mich natürlich, Herr Abgeordneter Löschnak, daß Sie nun plötzlich mit eitler Wonne für die Veränderung des Homogenitätsgebotes sind. Das ist eine Forderung, die wir nicht ein Jahr, sondern jahrzehntelang – ich möchte das betonen: seit Jahrzehnten! – immer wieder erhoben haben. Das Land Vorarlberg steht seit einigen Monaten Gewehr bei Fuß. Es möchte auch ein modernes Landesbedienstetengesetz schaffen. Das ist seit Monaten fix und fertig. Wir konnten es nicht beschließen, weil eben von Ihrer Seite – das muß ich schon sagen, Herr Abgeordneter Löschnak (Abg. Dr. Khol – in Richtung des Abg. Dr. Löschnak –: Jeder hört das, was er will!) – die Änderung dieser Verfassungsbestimmung immer wieder blockiert worden ist, die heute Gott sei Dank beschlossen wird, und zwar in einer Form, mit der wir mehr als zufrieden sind. Aber ich sage auch ganz offen: Die Landesbediensteten im Land Vorarlberg müssen jetzt ein Jahr darauf warten, bis das neue moderne Landesbedienstetengesetz in Kraft treten kann, denn der Termin 1. Jänner 1999 ist jetzt nicht mehr zu halten.

Meine Damen und Herren! Ich unterstreiche auch sehr die Lösung für die Gemeindesicherheitswache. Sie wissen, Herr Abgeordneter Löschnak, daß schon zu der Zeit, als Sie Minister waren, die Vorarlberger zu Ihnen gekommen sind und gebeten haben: Gebt doch der Gemeindesicherheitswache dieselben Kompetenzen, gebt ihr dieselben Aufgaben wie der Gendarmerie! – Jetzt haben wir die Möglichkeit dazu. Ich hoffe nur, daß das, was Sie gesagt haben, auch beim jetzigen Innenminister durchschlägt, wenn es darum geht, die Materiengesetzgebung dem anzupassen, was wir alle eigentlich wollen. Also auch da erfolgt ein wichtiger, immenser Fortschritt durch Entbürokratisierung, eine bessere Ausnützung der vorhandenen Ressourcen und natürlich auch dahin gehend, daß die Leute, die in der Gemeindesicherheitswache sehr erfolgreich tätig sind, nicht weiter diskriminiert werden.

Das ist noch keine Bundesstaatsreform. Ich hoffe – und ich hoffe sehr –, daß Sie auch bei den anderen Bereichen der Bundesstaatsreform, um die wir sehr kämpfen – da ist die ÖVP ein Bannerträger, ein wirklicher Bannerträger, die Bundesstaatsreform durchzuführen und umzusetzen –, allmählich mit uns gehen und weitere wichtige Punkte dieser Bundesstaatsreform beschließen. Es soll eine Veränderung der Bundesverfassung in Richtung mehr Autonomie für die Länder sein, sodaß eine Verwirklichung des Föderalismus im Sinne der Subsidiarität – einer echten Subsidiarität! – erfolgt. Die kleine Gemeinschaft sollte befähigt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen, man soll ihr nicht einfach Aufgaben übertragen. Sie soll befähigt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen, und wir sollten auch bald Fortschritte erzielen, so wie wir es jetzt in diesem Bereich erreicht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

19.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Sie ist nicht im Saal. Dieser Debattenbeitrag findet nicht statt.

Ich rufe jetzt Herrn Abgeordneten Pendl auf. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.58

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte an dieser Stelle auf einige Anmerkungen meiner Vorredner eingehen. Herr Abgeordneter Dr. Graf! Betreffend Christkind und Wunschzettel möchte ich Ihnen hier nur zwei Beispiele mitteilen.

Beim AMS gab es ein Optionsrecht. Die meisten hier im Saale wissen, daß der Großteil aufgrund dieses Optionsrechtes freiwillig, weil der Kollektivvertrag beim neuen AMS ein guter war, optiert hat. Es gab ein freiwilliges Optionsrecht im Besoldungsreformgesetz für Beamte. Meine Damen und Herren! Die Beamten haben freiwillig optiert. Es gibt also zwei klassische Fälle in ganz unterschiedlichen Bereichen, bei denen dieses Optionsrecht funktioniert hat. (Abg. Dr. Graf: Mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen!)

Wir haben, Herr Abgeordneter Dr. Graf, nachdem das Gemeindebedienstetenrecht aus Vorarlberg seinerzeit durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde, weil dort die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten vorgenommen worden ist, genau aus diesen Gründen Rechtsstaatlichkeit. Wenn man weiß, daß sich der Arbeitsinhalt danach orientiert, ob jemand Angestellter oder Arbeiter ist, und nicht, weil wir ganz einfach irgendwo etwas beschließen, haben wir gewußt, wie schwierig diese Sache legistisch zu regeln ist.

Zu den Redebeiträgen des Liberalen Forums, aber auch der Grünen, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich folgendes anmerken: Wir hatten beziehungsweise haben bis zur Stunde kein echtes Recht, denn das Vertragsbedienstetengesetz 1948 ist ein Vorlaufrecht. 36 000 Kolleginnen und Kollegen werden sich "bedanken", wenn sie hören, daß hier einige Parteien dagegengestimmt haben, daß sie endlich – seit 1948! – zu einem modernen, neuen und gerechten Recht kommen können.

Eingehend auf die Bemerkungen, daß das keine zwei Regierungsvorlagen waren: Das wissen wir sowieso alle. Es waren zwei Initiativanträge, aber man sollte die Kirche – wenn ich es so formulieren darf – im Dorf lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Rund 90, 95 Prozent der technischen Inhalte waren auf der Sozialpartnerebene ausverhandelt. Wenn man bedenkt, daß es rund 36 000 Betroffene in der Verwaltung des Bundesdienstes im Vertragsbedienstetenbereich gibt, dann versteht man, daß sich die Diskussion, die medial begleitet war, an der Frage der Leitungsfunktionen in den Zentralleitungen entzündet hat. Da ist die Frage dann auf dem Verhandlungswege in der Koalition – wir alle stehen zu diesem Kompromiß – gelöst worden. Ich glaube, daß, wenn ein Vertragsbediensteter die Möglichkeit hat, Sektionsleiter zu werden, er auch das Recht hat, um Pragmatisierung anzusuchen. Ich brauche das nicht zu wiederholen; es wurde bereits von Herrn Klubobmann Khol angemerkt, daß dieser Vertragsbedienstete sowohl pensions- als auch gehaltsrechtlich im alten System bleibt. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ein weiterer Bereich: Die einzelnen Ressortchefs müssen im Gruppenleiterbereich vorweg definieren, welche Positionen in Zukunft für pragmatische Positionen vorgesehen sind, und dann können sich Kolleginnen und Kollegen, wenn sie damit betraut werden, auch um das Pragmatikum bewerben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube aber, daß es am allerwichtigsten ist, daß es erstmals möglich ist, daß vertragsbedienstete Kolleginnen und Kollegen in alle Funktionen in unserer Republik aufsteigen können. Ich möchte noch anmerken, daß es auch eine Frage der Gerechtigkeit ist, wenn zwei Kolleginnen oder Kollegen dieselbe Tätigkeit verrichten, Schreibtisch an Schreibtisch sitzen, aber wesentlich unterschiedlich entlohnt werden. Meine Damen hier im Hause! Die überwiegende Zahl dieser 36 000 Vertragsbediensteten sind Kolleginnen. Ich meine, hier gilt es, im doppelten Sinne die Anmerkung zu treffen, daß das mehr als gerecht ist.

Es stimmt, wie angemerkt worden ist, daß eine Neufassung dieses Vertragsbedienstetenrechts notwendig erscheint. Uns erscheint dies auch notwendig.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend Neufassung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948

Die Bundesregierung wird ersucht, eine Neufassung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 vorzubereiten, in die sämtliche Novellen eingearbeitet werden, und bei dieser Gelegenheit auch eine zeitgemäße Bezeichnung dieses Gesetzes vorzuschlagen.

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten stimmen diesen Gesetzesvorlagen sehr gerne zu. (Beifall bei der SPÖ.)

20.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.04

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Abschluß dieser sehr ausführlichen Debatte möchte ich nur ganz wenige Punkte im Zusammenhang mit der Dienstrechtsreform anführen, die mir vor allem auch für die Zukunft wichtig erscheinen.

Erstens glaube ich, feststellen zu können, daß wir heute in einer Welt von unglaublichen Veränderungen leben. Diese Veränderungen gehen natürlich am öffentlichen Dienst nicht vorbei – gar keine Frage. Es ist sicherlich kein Zufall, daß es etwa in der Managementliteratur schon ganze Bibliotheken voll mit Büchern zu dem Thema "Management of Change" – das heißt, wie behandle ich Veränderungen – gibt. Ich meine, wenn wir heute ein Gesetzeswerk beschließen, von dem gesagt werden kann: Wir gehen wieder einen Schritt weiter, wir gestalten etwas für die Zukunft!, dann geschieht das aus der Erkenntnis des folgenden fundamentalen Grundsatzes, den jedes Unternehmen beachten muß: Man kann Reformen nur mit den Betroffenen und nicht gegen die Betroffenen, nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg, durchführen. – Veränderungswille läßt sich nicht verordnen, er muß gemeinsam erarbeitet und gemeinsam erlebt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist auch ein wichtiger Grundsatz für die Zukunft unseres Verhältnisses zum öffentlichen Dienst. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens, meine Damen und Herren, müssen wir bei all diesen Veränderungen auch die gesamte unglaubliche Bandbreite des öffentlichen Dienstes berücksichtigen. Diese reicht ja von der Cobra-Sondereinheit bis hin zur Intensivkrankenschwester, von der Lehrerin in der Sonderschule bis hin zum Hochschulprofessor oder Höchstrichter. (Abg. Dr. Graf: Das ist das Problem!) Das erfordert natürlich eine sehr differenzierte Politik. Ich weiß – auch in der Wirtschaft ist es ähnlich; es gibt sehr differenzierte Interessen! –, wie schwierig es ist, entsprechende Zukunftsgestaltung zu betreiben und für die Betroffenen diese Reformpolitik so zu machen, daß sie sie mittragen können.

Ich muß sagen: Große Hochachtung vor den beiden Hauptverhandlern Staatssekretär Ruttenstorfer und Minister Willi Molterer. Sie haben sich an diesen Grundsätzen orientiert und uns deshalb heute ein erfolgreiches Werk zur Beschlußfassung vorgelegt.

Dritter Punkt: Gerade als Vertreter der Wirtschaft möchte ich eines sehr deutlich unterstreichen: Für uns in der Wirtschaft ist die Qualität der öffentlichen Verwaltung in immer größerem Ausmaß auch ein Wettbewerbsfaktor für den Wirtschaftsstandort Österreich. Es gibt wichtige Bereiche, die für den Wirtschaftsstandort Österreich in hohem Maße von Bedeutung sind. Ich nenne nur die Bereiche Infrastruktur, Energieversorgung, Ausbildung und die Frage, wie lange Behördengenehmigungsverfahren dauern. Daher bekennen wir uns in der Wirtschaft dazu, daß wir in diesem Bereich mit modernen Managementmethoden und mit entsprechenden gesetzlich fundierten Reformen arbeiten müssen.

Meine Damen und Herren! Ein letztes Wort: Ich glaube, wir werden mit diesem Gesetzeswerk auch einen wichtigen Schritt in jene Richtung gehen, die heute unter dem Schlagwort "New Public Management" läuft.

Gestatten Sie mir, nur einen Punkt dazu herauszugreifen: "New Public Management" heißt auch Motivation der Mitarbeiter. Ich meine, wir haben da eine Gruppe vor uns, die sehr oft pauschal mit der Bezeichnung "Bürokratie" und mit ähnlichen Schlagworten eingedeckt wird.

Nur ein Beispiel: Wir als Wirtschaftskammer haben seit zwei Jahren mit einer großen Wirtschaftszeitung die Aktion "Amtsmanager des Jahres" laufen – ganz bewußt als Motivationsfaktor. Da geht es darum, die Tüchtigen vor den Vorhang zu bitten. Und es gibt sehr viele tüchtige junge und ältere Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, die durchaus die Bezeichnung "Amtsmanager" verdienen. Diese sollten wir vor den Vorhang bitten. Das sollte man anerkennen, denn auch das macht die Qualität unseres Wirtschaftsstandortes aus. (Beifall bei der ÖVP.)

20.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fink. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.09

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lassen Sie mich einige Anmerkungen zur Besoldungs-Novelle machen.

Mit der Besoldungs-Novelle werden die zwischen den Gebietskörperschaften und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst vereinbarten Ergebnisse umgesetzt. Ab 1. Jänner 1999 werden die Gehälter und auch die Zulagen der Beamten und Vertragsbediensteten um 2,5 Prozent erhöht. Die heutige Bemerkung betreffend Vergleich mit den Metallern ist, so glaube ich, in Ordnung, da die Metaller 2,9 Prozent bekommen haben und die Beamten in letzter Zeit wirklich magere Jahre hatten.

Tatsache ist, daß es leider in diesem Bereich sehr viele Bedienstete gibt, die niedrige Gehälter beziehen. Daher wäre es mir lieber gewesen, wenn man mit Sockelbeträgen gearbeitet hätte. Es hat aber seit einigen Jahren bei den Beamten und Vertragsbediensteten fast keine Erhöhungen gegeben. In den letzten drei Jahren wurden nur Einmalzahlungen beziehungsweise Fixbeträge vereinbart.

Tatsache ist auch, daß die Gehälter der C-, D- und E-Bediensteten höher als beziehungsweise gleich hoch wie in der Privatwirtschaft sind. Bei den A- und B-Bediensteten ist es umgekehrt. Diese Gehälter sind niedriger als in der Privatwirtschaft.

Es war daher notwendig, die Gehälter an jene der Privatwirtschaft anzugleichen. Von den Gewerkschaften wurde eine prozentuelle Erhöhung vorgeschlagen und mit der Bundesregierung vereinbart. Die Kosten dieser Novelle betragen 3,8 Milliarden Schilling. Ich glaube, daß dieser Abschluß nicht überzogen und budgetär verträglich ist. Es ist ein Abschluß, der bei den Staatsdienern nach einer Durststrecke von drei Jahren sicherlich notwendig war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abschließend möchte ich mich im Namen meiner Fraktion für die ausgezeichnete Arbeit der Beamten und Vertragsbediensteten, ganz gleich, ob sie in der Gemeinde, auf Landesebene, in den Bezirkshauptmannschaften oder in einer Zentralverwaltung tätig sind, bedanken. Daß wir dieser Besoldungs-Novelle zustimmen, ist eine Selbstverständlichkeit. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort seitens der Berichterstattung.

Wir treten sogleich in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Vertragsbedienstetenreformgesetzes samt Titel und Eingang in 1561 der Beilagen.

Hiezu hat Herr Abgeordneter Dr. Kier ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt.

Ich werde daher zunächst über die vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Artikel I §§ 68 und 74, und zwar in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich auch hier um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt durch die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend Neufassung des Vertragsbedienstetengesetzes 1948.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen. (E 153.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1562 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst gemäß § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung das Vorliegen des verfassungsmäßigen Anwesenheitsquorums fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ausdrücklich stelle ich fest, daß die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit vorliegt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt durch die Mehrheit. Abermals stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Ich lasse jetzt über den Entwurf betreffend Besoldungsnovelle 1999 samt Titel und Eingang in 1564 der Beilagen abstimmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist gleichfalls die Mehrheit. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 895/A (E) der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend § 42a Entschδdigungsgesetz ČSSR (1565 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 896/A (E) der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend Entschδdigungsgesetz ČSSR (1566 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 9 und 10 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als erster Redner Herr Abgeordneter Dr. Graf. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.15

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben nunmehr zwei Vorlagen zu verhandeln, die wieder einmal die sudetendeutsche Frage betreffen. Lassen Sie mich diese Gelegenheit wahrnehmen, im ausgehenden Jahr 1998, dem "Jahr der Menschenrechte", dazu einige Gedanken einfließen zu lassen, weil es mich persönlich, aber auch unsere Fraktion wirklich betrübt, daß wir uns in der Frage der Behandlung der sudetendeutschen Anliegen und überhaupt der volksdeutschen Vertriebenen hier in diesem Hause – das ist klar sichtbar – aus verschiedenen Gründen von einem bereits vorhandenen Konsens schrittweise wegbewegen.

Diese Tendenz ist meines Erachtens ganz klar und deutlich erkennbar. Es war bis weit in die neunziger Jahre breiter und einstimmiger Konsens, daß die Anliegen der Sudetendeutschen und auch der volksdeutschen Vertriebenen nahezu immer eine einhellige Beschlußfassung fanden. Ich erinnere nur daran, daß in diesem Hause bereits im Jahre 1990 ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Preiß, Dr. Gaigg und Dr. Ofner, den damaligen Vertriebenen-Sprechern der drei großen Parteien, einstimmig – auch mit den Stimmen der Grünen; die Liberalen waren damals noch nicht in diesem Hohen Haus vertreten – gefaßt wurde, daß endlich – wirklich endlich! – unter Einbeziehung der Vertriebenenverbände sowie der maßgeblichen Stellen in Österreich eine Stiftung zur Erhaltung eines Kulturzentrums, eines "Hauses der Heimat" gegründet werden sollte.

Dieser Entschließungsantrag wurde zwar einhellig und einstimmig gefaßt, fand jedoch das Schicksal vieler Entschließungsanträge. Er wurde aufgrund des Ablaufes der Legislaturperiode verfristet und im wesentlichen niemals umgesetzt. Die damalige Willensbildung aber war eindeutig und klar! Man wollte in diesen Fragen selbstverständlich ein Signal, ein Zeichen dafür setzen, daß man gewillt sei, ein Kulturzentrum, ein "Haus der Heimat" in Gestalt eines Traditionshauses, eines Geschichtshauses zu gründen und auch ständig zu erhalten, und daß gerade uns Österreichern das Vertriebenenthema ein Anliegen sei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser Konsens – das ist für mich, für meine Fraktion, aber auch für viele Betroffene klar erkennbar – bröckelt nun immer mehr. Herr Kollege Höchtl! Wir sind uns zwar in der Sache einig, in der Beschlußfassung leider Gottes nicht so sehr, aber wir sollten diesen Konsens wieder finden! Ich meine, daß die sozialdemokratische Fraktion in diesem Hause an diesem Auseinanderdriften große Schuld hat.

Ich möchte die Sozialdemokraten, da gerade sie mit den Sudetendeutschen immer eine tiefe und enge historische Verbundenheit hatten, mahnen und dazu auffordern – ich weiß, daß es unter ihnen durchaus Interessierte gibt, auch wenn sie jetzt untereinander plaudern mögen und so tun, als ob es sie nichts anginge –, sich doch endlich wieder ihrer Sudetendeutschen- und Vertriebenenfreundlichkeit, die sie in diesem Hohen Haus in der Vergangenheit stets an den Tag gelegt haben, zu besinnen.

Als ein Datum, worauf die Sozialdemokraten vielleicht hinarbeiten könnten, wenn ihnen das Menschenrechtsjahr 1998 schon nicht als Anlaß genügt, wäre vielleicht der 18. September 1999 zu nennen, an dem die Sozialdemokraten Deutschlands und Österreichs in Brünn eine Feier anläßlich des 100. Jahrestages des Brünner Gesamtparteitages begehen werden. Es war dies für die gesamte Sozialdemokratie in Mitteleuropa und für den deutschsprachigen Raum, aber auch für die Tschechen, Slowaken, Slowenen und Mitglieder der anderen Sprachkulturen im damaligen Österreich-Ungarn ein wichtiger Parteitag, an dem epochale Beschlüsse gefaßt wurden. An dieser 100-Jahr-Feier werden auch die Sozialdemokraten teilnehmen und dieses Parteitages gedenken.

Nehmen Sie dieses Thema, wenn Sie nach Brünn reisen, ernst und erinnern Sie sich wieder daran, Ihre Verantwortung für die Sudetendeutschen als Sozialdemokraten wahrzunehmen! Ich mahne das nicht nur im Namen der Österreicher, sondern vor allem im Namen der Vertriebenen heftig ein und hoffe, daß Sie sich in diesem Sinne bekehren und gemeinsam mit uns in diesem Hohen Haus wieder mehr für die Vertriebenen tun werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß, daß in der heutigen Diskussion versucht werden wird, die Anträge der Freiheitlichen polemisch abzufertigen. Es sei bereits über das Geld verfügt, es könne nicht mehr entschieden werden, als hier zur Verteilung anstand. – Ich sage Ihnen von diesem Rednerpult aus: Das ist nicht so zu sehen, wie Sie es sehen! Es ist ein Signal!

Darüber hinaus sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Wir haben mit dem damaligen einstimmigen Beschluß in diesem Hohen Haus betreffend das Entschädigungsgesetz und die Valorisierung oder Wertanhebung letztendlich nur eine 34prozentige Anhebung beschlossen; aus welchem Budgettopf et cetera das Geld kommt oder von wo dieses genommen wird, um diesen Wert auszugleichen, das haben wir nicht beschlossen. Das steht in keinem einzigen Paragraphen, den wir damals beschlossen haben – und ich habe sie mir sehr genau angeschaut!

Wir haben keine Erläuternden Bemerkungen beschlossen. Außerdem haben wir in der vorhergehenden Debatte gerade von Herrn Kollegen Feurstein gehört, daß Erläuternde Bemerkungen keine Gesetzeskraft und keinen normativen Charakter haben sowie in der Regel nicht nur verhandelbar, sondern weiterverhandelbar beziehungsweise, wenn es sein muß, auch zu vernachlässigen sind. Das muß auch in dieser Frage gelten, ich sage das mit Bestimmtheit! Beschlossen haben wir nur die gesetzlichen Bestimmungen.

Wenn Sie jetzt vermeinen, daß Sie eine Wertanhebung auf Kosten von geschädigten Vertriebenen, Geschundenen, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht zum Zuge gekommen sind, sei es deswegen, weil sie eine Frist versäumt haben, sei es deswegen, weil sie in Beweisnotstand geraten sind, machen können, so finde ich das fast perfid. Was wollen Sie, Herr Minister, einer alten Frau – und derer gibt es viele – erzählen, die zu Ihnen kommt und sagt: Ich habe einen Bescheid erhalten, daß ich um eine Woche zu spät angesucht habe und daher gemäß dem Entschädigungsgesetz nicht in den Genuß einer Entschädigung kommen!? Wollen Sie dieser alten Dame dann vielleicht sagen, sie solle sich nichts daraus machen, ihr Geld habe sowieso ein anderer Betroffener erhalten?

Das kann doch nicht gerecht sein! Wir als Gesetzgeber können doch nicht beabsichtigen, letztendlich auf Kosten eines Teiles der Vertriebenen und Geschundenen einen anderen Teil zu entschädigen. So sehr wir dafür sind, daß es zu einer tatsächlichen Wertanhebung kommt – wie wir das auch mitbeschlossen haben, und 34 Prozent bedeuten bei weitem nicht einmal eine Wertverlustabdeckung, sie müßte wesentlich höher sein –, kann es unserer Meinung nach doch nicht so sein, daß wir auf Kosten von einigen wenigen ein paar andere wenige entschädigen. Das kann nicht und wird auch niemals der Tenor unserer Meinung sein, und dagegen werden wir uns immer wehren!

Herr Minister! Ich sage Ihnen in diesem Zusammenhang noch folgendes: Es sollte eine Stiftung gegründet werden. Eine solche ist in einer Entschließung in diesem Hohen Haus im Jahre 1990 auch bereits beschlossen worden, und zwar eine Stiftung zur Erhaltung des "Hauses der Heimat". Sie sind nun als Finanzminister gefordert, diesbezüglich aktiv zu werden. Es gibt auch noch andere Töpfe, in denen Gelder liegen, die nicht zur Auszahlung kommen, Millionen, Hunderte Millionen Schilling, die endlich den Vertriebenenverbänden, den Vertriebenen zugute kommen sollen und nicht im Sacke der Republik zum Stopfen irgendwelcher Budgetlöcher verwendet werden dürfen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Hier ist unser aller Verantwortung gefragt! 1998 ist das "Jahr der Menschenrechte", 1999 vielleicht die 100. Wiederkehr des "Gesamtdeutschen Sozialdemokratischen Parteitages". Nehmen Sie in Brünn die Gelegenheit wahr zu handeln! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Edlinger.) – Nein, das war am 18. September 1899, und nächstes Jahr werden Sie alle dorthin fahren und wahrscheinlich sudetendeutsche Parolen von sich geben. Aber es ist nicht mehr gefragt, nur zu reden, wir müssen in diesem Hohen Haus endlich auch handeln! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.25

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist schon sehr eigenartig, wenn sich Kollege Graf hier zu diesem Pult stellt und sagt, der Antrag seiner Fraktion werde polemisch abgefertigt. – Ich werde Ihnen einmal sagen, was polemisch ist: Polemisch ist es nämlich, mit dem traurigen Schicksal dieser Menschen politisches Kleingeld zu machen! (Abg. Dr. Graf: Ich bin selber aus einer Vertrie-benenfamilie! Sie nicht!) Ich werde Ihnen nun sagen, was Rechtens ist und wie die rechtliche Situation ausschaut. (Abg. Dr. Graf: Meine Verwandten sind zu Hunderten umgekommen!)

Herr Abgeordneter Graf! Sie haben von diesem Rednerpult aus gesagt, daß aus diesem Geld, das gar nicht vorhanden ist, ein Fonds gebildet werden soll. Ein solcher Fonds würde aber wieder nicht den einzelnen zur Verfügung stehen, sondern für das "Haus der Heimat". (Abg. Jung: Es gibt solche und solche Opfer, das ist so!) Aber ich komme später noch darauf zurück. Ich möchte zunächst der Ordnung und Fairneß halber auch für jene Abgeordnete, die die Materie nicht so genau kennen, kurz schildern, wie das Ganze zustande gekommen ist.

Die Republik Φsterreich hat aufgrund des Vermφgensvertrages mit der ehemaligen ČSSR rund 1 Milliarde Schilling in bar sowie Vermφgenswerte, Rechte und Interessen, die in der Republik Φsterreich gelegen sind, erhalten. Diese wurde von den Bestimmungen des Vermögensabwicklungsgesetzes erfaßt. Danach konnten die früheren Eigentümer beim Handelsgericht die Herausgabe dieser Vermögen geltend machen. Diese Frist betrug zehn Jahre und wurde mehrfach öffentlich kundgetan. (Abg. Jung: Was ist nach der Frist mit den Geldern gewesen, Herr Kollege?) Jene Vermögenswerte, die aufgrund dieser Rechtsgrundlage nicht zurückgegeben werden konnten (Abg. Jung: Sind die schlechter?), wurden von der Republik Österreich verwertet und die Verwertungserlöse (Abg. Dr. Graf: Kollege Dietachmayr! Sie sind Vertriebenen-Sprecher! Können Sie einmal darüber sprechen?) – hören Sie mir einmal nur ein bißchen zu! (Abg. Dr. Graf: Sie sind Abgeordneter ...!), ich habe Ihnen auch zugehört – wurden samt den Erträgen dieser Vermögen dem Gesamtbetrag zugerechnet, sodaß insgesamt ein Betrag von über 1, 523 205 502 Milliarden Schilling herausgekommen ist. So genau wurde das abgerechnet!

Davon wurden bis zum Inkrafttreten der Novelle 1997, von der Sie bereits gesprochen und die wir hier einstimmig beschlossen haben, über 1 Milliarde, genau 1,1 Milliarden Schilling ausbezahlt. Da es weniger Antragsteller gab als erwartet wurde, ist ein Betrag von rund 385 Millionen Schilling übriggeblieben. Daher wurde im Jahre 1997 im Rahmen einer Novelle zum ČSSR-Vermφgensgesetz diese Quote um 34 Prozent erhφht, und zwar, wie schon erwδhnt, mit den Stimmen aller Fraktionen dieses Hauses. Eine Verwendung dieser Mittel – und jetzt hφren Sie gut zu! – fόr andere als im Vermφgensvertrag genannten Zwecke stellt eine Verletzung einer völkerrechtlichen Verpflichtung dar und ist daher gesetzwidrig! Ich glaube, es ist nicht unsere Aufgabe, polemisch und populistisch zu agieren, sondern gesetzeskonform zu arbeiten. (Abg. Jung: Wir können ja die Gesetze ...! Das haben wir gerade jetzt betrieben! Was sagen Sie dazu? Sie können nur ablesen!)

Aufgrund dieser Novelle 1997 wurden von der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, die das abwickelt, bisher rund 60 Millionen Schilling ausbezahlt, und es laufen jetzt immer noch einige Verfahren, sodaß das auch rechtlich nicht möglich wäre. (Abg. Dr. Graf: Das ist eine Schande! Das Ganze kann sicherlich 20 Jahre laufen!)

Sie sprechen immer von einem Betrag, der gar nicht vorhanden ist. Es ist wirklich beschämend, daß Sie bei den Funktionären des Verbandes der Volksdeutschen Landsmannschaften durch Ihre unwahren Informationen Hoffnungen wecken, daß 150 oder noch mehr Millionen Schilling zur Verfügung stünden, die gar nicht vorhanden sind. Dieser Betrag ist nicht vorhanden! Es ist auch ein Schreiben der Landsmannschaften – das werden Sie auch kennen – an den Bundeskanzler und an den Vizekanzler ergangen. Dazu ist zu sagen, daί ein ausdrόcklicher Verzicht der ČSSR auf sudetendeutsches Vermögen im Vermögensvertrag enthalten ist. Sämtliche Vermögenswerte, die aufgrund des Vermögensabwicklungsgesetzes nicht zurückgegeben werden konnten, wurden verwertet und ergaben, wie schon erwähnt, einen Gesamtbetrag von über 1,5 Milliarden Schilling.

Es ist daher unrichtig, daß diese 153,9 Millionen Schilling der Republik anheimgefallen sind, so wie Sie es in dem Antrag formuliert haben. Das ist unrichtig! Der Entschließungsantrag aus dem Jahre 1990 wurde dem Finanzausschuß zugewiesen; er wurde aber parlamentarisch nicht weiter behandelt. (Abg. Dr. Graf: Weil die Gesetzgebungsperiode abgelaufen ist!) Die Gesetzgebungsperiode ist abgelaufen, und ein ähnlicher Antrag wurde in der nächsten und übernächsten Periode nicht wieder neu eingebracht. Es ist daher auch unrichtig, daß dieser Antrag in der Sitzung des Nationalrates angenommen worden ist, so wie Sie es formuliert und den Damen und Herren des Verbandes mitgeteilt haben. Das ist also noch eine Unwahrheit!

Meine Damen und Herren! Für das "Haus der Heimat", das bekanntlich vor drei Jahren eröffnet wurde – das möchte ich hier ganz besonders erwähnen; ich stehe voll dafür und habe selbst auch sehr oft an Gesprächen teilgenommen, um Geld aufzutreiben, um dieses Haus auszufinanzieren –, wurden aus Budgetmitteln in den Jahren 1990 bis 1997 insgesamt 31,9 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt. (Zwischenruf des Abg. Jung. – Abg. Dr. Graf: Das Geld ist ja von den Sudetendeutschen selbst!) – Lieber Herr Kollege! Sie haben das ja selbst mitbeschlossen! Bei der vorletzten Sitzung haben wir für die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der Heimatvertriebenen – was sicherlich auch ein ganz wichtiger Bestandteil für die Aufarbeitung der gesamten Geschichte Österreichs ist – einen Betrag von 2 Millionen Schilling beschlossen. Ich hoffe, daß dieser Betrag auch in der Folge zur Verfügung stehen wird, damit die Fachkräfte davon bezahlt werden können.

Meine Damen und Herren! Es ist sehr "schön" und populistisch, und vielleicht bringt es die eine oder andere Wählerstimme, wenn man bei diversen Heimattagen und Veranstaltungen den Menschen Hoffnungen macht, die nicht erfüllbar sind, weil der Inhalt des Versprechens gesetzwidrig ist. (Abg. Dr. Graf: Das tun Sie aber!) Herr Kollege Graf! Daher muß ich diese Methode strikt ablehnen! Auf diese Weise helfen Ihre Aktivitäten den Heimatvertriebenen überhaupt nicht! (Abg. Dr. Graf: Sie wollen die Sudetendeutschen für immer und ewig als Bittsteller und Almosenempfänger behandeln!) Schämen Sie sich! (Abg. Dr. Graf: Sie müssen sich schämen! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Sie spielen mit der Hoffnung und den Gefühlen der Menschen ein wirklich schlechtes und falsches Spiel! (Zwischenruf des Abg. Jung.) Ich trete auch für die Heimatvertriebenen ein, aber immer im Rahmen des Gesetzes, und ich bin nicht bereit, um vielleicht Sympathien zu gewinnen, einen Weg wie jenen zu gehen, den Sie vorschlagen haben, da ich genau weiß, daß dieser Weg ein falscher, weil ein rechtswidriger ist! (Beifall bei der SPÖ.)

20.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Jung. 5 Minuten freiwilligen Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.33

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Sudetendeutschen und die volksdeutschen Vertriebenen überhaupt haben natürlich keine mächtige Lobby hinter sich, auch nicht die Presse wie in den USA. Entsprechend gering ist das Interesse. Allerdings sollte man hier nach dem Rechtsstandpunkt vorgehen und nicht zwischen solchen und solchen Opfern unterscheiden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die vorliegende Thematik hat meiner Meinung nach zwei Aspekte: Den finanziellen Aspekt hat Kollege Graf angesprochen; Sie haben sich jedoch hartnäckig geweigert, auf diesen einzugehen, obwohl für andere Bereiche sehr wohl Geld aufgebracht werden kann und Fristen verlängert und verändert werden können, wenn man will. Das hat man in letzter Zeit deutlich gesehen!

Es gibt da aber auch noch einen moralischer Aspekt, und diesbezüglich bleibt noch viel zu tun. Es ist nämlich in diesem Zusammenhang, ebenso wie bei der Frage der geraubten Güter, hoch an der Zeit, auch gegenüber den vertriebenen Volksdeutschen finanzielle, aber vor allem auch moralische Gerechtigkeit zu üben und nicht weiter zwischen solchen und solchen, zwischen guten und schlechten Opfern zu unterscheiden.

Meine Damen und Herren! Ich habe Mauthausen gesehen, ich war in verschiedenen jüdischen Museen in den USA, ich war im Yad VashemXXXvgl.Häu in Jerusalem, und ich glaube, daß niemand diese Gedenkstätten emotional unberührt und ohne Erschütterung verlassen kann. Sie erinnern an eine Bürokratie des Grauens, an Orte, an denen Menschenleben nur Zahlen waren und wo man an einer Rampe zwischen lebenswertem und unwertem Leben unterschied. Wir alle kennen diese Schilderungen und haben sie bei vielen Anlässen des Gedenkens vor Augen gehabt. Gerade deswegen möchte ich Ihnen jetzt ganz kurz einen ganz anderen Augenzeugenbericht zu Gehör bringen, auch über Opfer:

"... der entsetzliche Anblick, der sich ihm bot, überstieg seine Kräfte. Rings um eine Anschlagsäule waren fünf junge Frauen mit einem Strick mehrfach umwickelt festgebunden. Ihnen zu Füßen hatte man in einen Kanal ihre sieben Kinder gepfercht, das Kanalgitter wieder eingesetzt, die Kinder mit Benzin übergossen und angezündet. In dem Augenblick, in dem Rainer hinzugekommen war, hatte man die gefesselten Mütter ebenfalls mit Benzin bespritzt und angezündet. Die Frauen gaben als brennende Fackeln keinen Laut von sich. Es war der johlenden Menge entgangen, daß eine der Deutschen den angesengten Strick entzweigerissen und sich in die Flammen geworfen hatte, die durch das Kanalgitter herausschlugen. Ihre vom Todesmut angefachten Kräfte hoben das Gitter weg. Auf dem Bauch liegend versuchte diese Mutter, in das Knäuel der lodernden Kinder hinunterzugreifen. Leblos lagen sie in den Flammen. Unterdessen waren, von den Füßen herauf bis zu den Haaren brennend, die anderen vier Frauen in sich zusammengesackt, da ihnen der gemeinsame Halt durch den Strick genommen worden war. Das war das Zeichen für die Mörder, die Säule im jubelnden Ringeltanz zu umtanzen."

Meine Damen und Herren! Das war nicht Auschwitz! Selbst von Auschwitz gibt es keine derartigen schrecklichen Schilderungen. Das war der Vertriebenenalltag in der Tschechoslowakei im Frühjahr 1945 – nach Kriegsende! Die Täter waren nicht Uniformierte, sondern es waren Zivilisten, Männer und Frauen.

Auch diese Vertriebenen waren unschuldige Opfer! Dieser zu gedenken und moralisch oder finanziell Wiedergutmachung zu leisten, ist jedoch auch heute noch verpönt und wird allzuoft mit der "Totschlagkeule" des Faschismusarguments belegt. Aber im Unterschied zu den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus wurden die Henker und Mörder dieser Opfer nie gerichtet, sondern durch die Beneš-Dekrete freigesprochen und oft auch, wie der sogar im Westen umjubelte Staatspräsident des Prager Frühlings, General Ludvik Svoboda,XXXvgl.Häu gefeiert.

Meine Damen und Herren! Es ist sehr hoch an der Zeit, auch hier die Wahrheit auszusprechen und diesen Opfern endlich materiell, vor allem aber moralisch Gerechtigkeit widerfahren zu lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege! Hören Sie doch endlich auch auf die Stimme Ihres Gewissens! Können Sie mir sagen, worin sich diese Opfer unterscheiden? Warum wurden jetzt zum Beispiel für die jüdischen Opfer des Krieges Bestimmungen auch betreffend Fristen aufgehoben? Warum können für diese – zu Recht! – Mittel flüssiggemacht werden? Und wieso haben diese Menschen, die Sudetendeutschen, kein Recht darauf, Herr Kollege Dietachmayr? – Diese Antwort haben Sie hier an diesem Pult ganz deutlich verweigert! Sie haben sich an Ihr Manuskript geklammert, wahrscheinlich weil Sie Ihr schlechtes Gewissen davon abgehalten hat, auf diese Frage zu antworten! Das ist die Realität hier in diesem Haus! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann an Sie, meine Damen und Herren, nur appellieren: Zeigen Sie, daß Sie nicht zwischen solchen und solchen Opfern unterschieden! Zeigen Sie das mit Ihrem Abstimmungsverhalten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.38

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage der Vertriebenen ist sicherlich nie allein eine finanzielle und materielle. Jedes Mal, wenn wir hier ernsthaft solche Themen diskutieren, müssen wir bedenken, daß wir von dem Standpunkt auszugehen haben, daß immer dann, wenn Menschenrechtsverletzungen, Vertreibungen, Folterungen, Tötungen – vor allem in diesem Jahrhundert – erfolgt sind, Unrecht begangen wurde und diese Folterungen, Tötungen und Vertreibungen Unrecht waren und Unrecht bleiben. Das muß ein moralischer Grundsatz sein, zu dem sich alle sich zu Menschenrechten bekennenden Politiker unbedingt aussprechen müssen! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens: Die Sudetendeutschen ereilte nach 1945 das Schicksal, daß sie brutal innerhalb weniger Stunden vertrieben wurden, und zwar rund 3,5 Millionen Menschen, wobei etwa 245 000 Menschen den Tod gefunden haben. Dieses Schicksal darf ganz einfach nicht vergessen werden! Die Frage ist nur, welche angemessenen Möglichkeiten wir haben. Denn wir können dieses Schicksal nicht Schilling um Schilling, Krone um Krone aufrechnen, um das Unrecht wiederum halbwegs auszugleichen, indem wir versuchen, die eine oder andere materielle Besserstellung zu erreichen. Vielmehr müssen wir alle gemeinsam die Frage beantworten, wie es uns gelingt, jene Dekrete, die unter dem Titel "Beneš-Dekrete" zusammengefaßt sind, aus der Welt zu schaffen. Mit diesen Dekreten ist Unrecht legalisiert und Unrecht als Recht deklariert worden. (Abg. Dr. Graf: Der Außenminister sagt das Gegenteil! – Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer.) Das heißt: Wir müssen gemeinsam in bilateralen und internationalen Bemühungen dieses Unrecht aus der Welt schaffen! (Abg. Dr. Graf: Sagen Sie das Ihrem Außenminister!)

Herr Kollege! Sie verstehen wenig davon, aber das ist egal, denn wer immer in der Frage mit uns übereinstimmt, daß die Beneš-Dekrete damals schon Unrecht waren und immer Unrecht bleiben werden, solange sie existieren, ist mir recht im Kampf gegen dieses Unrecht! Denn Unrecht muß beseitigt werden und kann nie Recht werden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Sagen Sie das Herrn Dietachmayr!)

Nun aber zur Frage, die heute zur Debatte steht. Ich habe eigens, weil wir in einem Finanzausschuß ... (Abg. Ing. Nußbaumer: Das ist ein Höchtl-Slalom!) – Das ist überhaupt kein Slalom, sondern das ist mein Bekenntnis, das sind meine Überzeugungen! Da gibt es überhaupt kein Fragezeichen!

Ich möchte jetzt aber auf das eingehen, was zur Debatte steht. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer.) Auch wenn Sie schreien, bringen Sie keine bessere Argumentation! Gehen wir nun auf das ein, was zur Debatte steht: Was steht zur Debatte? – Zur Debatte steht die Frage im Hinblick auf zwei Anträge, ob es zusätzliche Möglichkeiten gibt, im Rahmen einer Stiftung Mittel für die Betroffenen auszuschütten. Ich habe extra eine Sitzung des Finanzausschusses auf den nächsten Termin mit der Begründung verschoben, daß wir nachprüfen müssen, welche rechtliche Grundlage für diese Anträge existiert und was überhaupt vorhanden ist. (Zwischenruf des Abg. Jung.)

Herr Kollege! Sie wissen nicht, wovon Sie reden! Erkundigen Sie sich, wovon die Rede ist, und dann können wir ehrlich diskutieren, keine Schwierigkeit! Kollege Dietachmayr hat wenigstens die rechtliche Grundlage erwähnt, auf welche wir uns in einer rechtlichen, finanziellen Debatte beziehen müssen. Alles andere ist wichtig vom moralischen Aspekt, steht aber mit dem Gesetzesantrag nicht direkt in Zusammenhang.

Worum geht es in den Anträgen? – Ich bin ein bißchen erstaunt, und ich muß für die Öffentlichkeit wiederholen, was ich im Finanzausschuß vor wenigen Tagen bereits begründet habe: Ich war erstaunt darüber, daß im Finanzausschuß zwei Anträge der Freiheitlichen vorgelegt wurden, gemäß welchen man versuchte, Geld nochmals zu verteilen oder eine entsprechende Frist zu verlängern, obwohl längst schon in diesem Hohen Haus sogar mit den Stimmen der freiheitlichen Abgeordneten beschlossen worden ist, daß einerseits diese Frist abgelaufen ist und andererseits das gesamte Geld, das dafür zur Verfügung stand, schon verteilt wurde. Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Graf: Das stimmt ja nicht!) Das ist die Wahrheit! Und ich habe noch niemanden in diesem Haus gesehen, der sich erdreistet hat, einen Antrag zu stellen, daß Geld nochmals verteilt werden soll, das mit seiner Stimme schon einmal verteilt wurde. (Abg. Dr. Graf: Das wird auch nicht wahrer, wenn du es immer wieder wiederholst!) Das ist eine Premiere, und diese Frage hat Herr Graf zu beantworten! (Zwischenruf des Abg. Jung.) Das gibt es kein zweites Mal, das ist eine Premiere, das ist ein Unikum! Ich kann doch nicht einem Antrag zustimmen, der überhaupt keine Grundlage hat! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage ein eindeutiges Ja zum "Haus der Heimat". Wir haben uns dafür eingesetzt, daß dieses "Haus der Heimat" für die Vertriebenen eine Stätte der Begegnung ist. (Abg. Jung: Sie machen sie zu Almosenempfängern! Das ist eine unglaubliche Überheblichkeit!) Ich darf Ihnen sagen, Herr Kollege: Reden Sie nicht einen solchen Blödsinn! Denn was Sie sagen, ist Blödsinn! – Ich war vor 14 Tagen persönlich mit einigen Freunden bei einer großen Feier im "Haus der Heimat", denn ich bin im Gegensatz zu Ihnen immer einer gewesen, der sich jeweils auch zu seiner Vergangenheit bekannt hat. Meine Eltern waren nämlich unter jenen, die im Jahre 1945 gewaltsam vertrieben wurden. (Abg. Dr. Graf: Meine auch, Herr Kollege!) Und ich möchte dieses Schicksal meiner Eltern nicht anders beurteilen als so, wie sie es mir geschildert haben. Sie haben mir mitgegeben, daß wir dieses Unrecht nie vergessen dürfen!

Allerdings muß ich auf die Dinge, die vorliegen, auch die richtige Antwort geben. Ich habe gesagt: Wir haben uns zum "Haus der Heimat" bekannt, und es war nicht die Freiheitliche Partei, sondern es war diese Bundesregierung, die im Laufe von sieben Jahren, von 1990 bis 1997, genau 31 930 000 S für die Errichtung des "Hauses der Heimat" aus Budgetmitteln und nicht aus irgendwelchen anderen Mitteln zur Verfügung gestellt hat. In einer Initiative haben der Außenminister und der Bundeskanzler vereinbart, daß in den kommenden Jahren, beginnend mit dem heurigen Jahr, jährlich 2 Millionen Schilling für das "Haus der Heimat" zur Verfügung gestellt werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind Taten, nicht Worte, und Taten zählen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie sagen, Sie hätten den Antrag gestellt, weil den Betroffenen aus den vorhandenen Mitteln mehr Geld zur Verfügung stehen solle, dann kann ich Ihnen bewiesen, daß Sie Geld zweimal verwenden wollen. Am 10. Oktober 1997 ist mit den Stimmen der Freiheitlichen, der Liberalen, der Grünen, der Sozialdemokraten und der Volkspartei einstimmig beschlossen worden, daß die Mittel, die insgesamt noch zur Verfügung standen, nämlich in Summe mehr als 385 825 000 S, den Antragstellern, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ihren Antrag gestellt haben, in einer Valorisierung zusätzlich zu den früheren Beträgen ausbezahlt werden. Das war ein einstimmiger Beschluß des Nationalrates.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Abgeordnete aller anderen Fraktionen bekennen uns dazu, daß wir uns an das, was wir in einem Gesetz beschließen, auch in Zukunft halten. Wir sind für eine weitere Unterstützung der Sudetendeutschen, aber wir sind dagegen, Mittel ein zweites Mal zu verteilen, deren Verteilung wir hier schon einmal per Gesetz beschlossen haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Graf zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeitbeschränkung. Bitte sich darauf zu beschränken, Tatsachen zu berichtigen! (Abg. Schwarzenberger: Keine Märchen erzählen!)

20.47

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Höchtl hat behauptet, daß ich einen Antrag gestellt hätte, aufgrund dessen Geld verteilt werden sollte, das bereits mit dem Bundesgesetz, mit dem das Entschδdigungsgesetz ČSSR geδndert wurde, ausgegeben wurde. – Das ist tatsächlich unrichtig!

Richtig ist vielmehr, daß bei dieser Gesetzesänderung ein § 42a nach § 42 eingeschaltet wurde, gemäß welchem zu den Entschädigungsbeträgen eine Erhöhung von 34 Prozent zuerkannt wurde. In der gesamten Gesetzesänderung, die sechs Absätze beinhaltet, findet sich überhaupt keine betragsmäßige Beschränkung, und schon gar nicht ist von einer Summe von rund 300 Millionen Schilling die Rede, die sie hier vom Rednerpult aus erwähnt haben. Sie haben eine Zusammenfassung gebracht, ich habe jedoch den Gesetzestext hier! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für mich zählt der Gesetzestext, und wir haben nicht beschlossen, in welcher Form das budgetiert werden soll. Da besteht ein Unterschied! Und es stimmt mich traurig, daß ich einem alten Fuchs und Parlamentarier sagen muß, was ein Gesetz ist, was beschlossen wird und ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Tatsächlich berichtigen bitte!

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Es tut mir leid: Das wurde nicht beschlossen. Und auch wenn Sie es noch so oft sagen, wird es nicht wahrer! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.49

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anträge des Kollegen Dr. Graf sind deshalb von Bedeutung, weil es auch in diesen um Gerechtigkeit und um die Wiedergutmachung für die Opfer der Vertreibung durch die Tschechen, nämlich um eine Entschädigung für die Sudetendeutschen geht. Dabei geht es keineswegs – wie ein Vorredner angemerkt hat – um das Wechseln von politischem Kleingeld! (Zwischenruf des Abg. Dietachmayr.)

Weiters möchte ich auch von dieser Stelle aus einmal klarstellen: Die Volksdeutschen sind keine Bittsteller in diesem Land. Sie haben sehr viel zum Aufbau dieses Landes beigetragen, und sie verdienen hier eine echte Vertretung und nicht nur Erfüllung einer Alibifunktion! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Maitz: Das wissen wir schon lange!)

Wenn etwa § 36 des Entschädigungsgesetzes der ehemaligen Tschechoslowakei festlegt, daß Ansprüche auf Entschädigung überhaupt nur bis zum 31. Dezember 1980 angemeldet werden können, dann darf man sich nicht wundern, daß statt der über 90 000 erwarteten tatsächlich nur 47 000 Anträge gestellt wurden. Denn im Jahre 1980 hat es eben noch den sogenannten Ostblock und auch noch einen funktionierenden Warschauer Pakt gegeben, und da haben viele Betroffenen keine realistische Möglichkeit gesehen, eine realistische Entschädigung zu erhalten.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch darauf hinweisen, daß die Entschädigung für viele verfolgte Altösterreicher auch mit anderen Beitrittswerbern der EU-Osterweiterung nicht oder nur sehr schleppend funktioniert. Ich nenne als Beispiel unseren südlichen Nachbarn Slowenien: Der 1991 frei und unabhängig gewordene Staat Slowenien will sich, wie wir wissen, von den berüchtigten Avnoj-Gesetzen ebenfalls nicht trennen. Dabei verhält man sich ähnlich wie in Tschechien mit den Beneš-Dekreten. Die sogenannten Avnoj-Gesetze waren die Partisanenbeschlüsse von Jajce, die später für ganz Jugoslawien Gesetzeskraft erlangt haben. Sie waren die Grundlage für die Ermordung, Vertreibung und Verfolgung etwa der Untersteirer, der Gottscheer oder auch der Donauschwaben.

Diese Avnoj-Gesetze sind, anders als die berüchtigten Beneš-Dekrete in Tschechien, zwar nicht Teil der slowenischen Verfassung, das sogenannte Denationalisierungsgesetz, das am 20. November 1991 in Slowenien in Kraft getreten ist, baut aber direkt auf den Avnoj-Gesetzen auf und bewirkt, daß die Entrechtung der Altösterreicher fortgesetzt wird. Der Stichtag für die Rückgabe des beschlagnahmten Vermögens ist nämlich der 28. August 1945. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch die Angehörigen der deutschen Minderheit, nämlich ungefähr 540 000 Menschen, entweder in kommunistischen Konzentrationslagern wie Sterntal oder Tüchern oder auf der Flucht. – Es ist meiner Ansicht nach purer Zynismus, daß ein demokratischer Staat wie Slowenien zufällig Überlebenden – ohnedies zögernd und widerstrebend – Wiedergutmachung leisten will, sich aber sonst um seine historische Verantwortung drückt!

Meine Damen und Herren! Die öffentliche Meinung kippt auch in diesem Punkt. Es war lange Zeit nicht opportun, über diese Dinge überhaupt noch zu reden. Zu diesem Thema habe ich einen sehr interessanten Artikel in einer der Freiheitlichen Partei durchaus nicht nahestehenden Zeitung gefunden, nämlich in der Ausgabe der "Kronen Zeitung" vom 9. Oktober 1998. – Unter der Überschrift "Keinen Persilschein für Beneš" ist zu lesen:

"Tschechien und Slowenien wollen in die EU. Grundlage für Beitrittsverhandlungen sind lediglich die Vertragswerke innerhalb der EU. Dazu zählt nicht die Vertreibung der Volksdeutschen. Diesen formellen Standpunkt bekundet unentwegt die österreichische Bundesregierung – weil die Forderung nach Einbeziehung der tschechischen Beneš-Dekrete und slowenischen AVNOJ-Beschlüsse erstens vom bösen Haider kommt, zweitens ,Gutmenschen’ in Paris und London ein derartiges Ansinnen als ,unanständig’ bewerten könnten und drittens Bonn ebenfalls verzichtet, um nicht in ein schiefes Licht zu geraten. Merkt die österreichische Bundesregierung nicht, wie sie das Rechtsgefühl der Menschen verletzt?"

Weiter heißt es hier: "Seit den neuen Entschädigungsansprüchen von Nazi-Opfern hat sich bei uns eine breite Sensibilität in den Fragen von ,aus der Vergangenheit herrührendem’ Recht und Unrecht entwickelt. Und noch wichtiger: Die EU ist mehr als nur ein Handelsverein. Sie ist – das betont die Bundesregierung auf Schritt und Tritt – eine Wertegemeinschaft. In einer solchen Wertegemeinschaft darf es für Beneš-Dekrete und AVNOJ-Beschlüsse keinen Platz geben!"

Dafür darf es in einer zivilisierten mitteleuropäischen Gesellschaft wirklich keinen Platz mehr geben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.55

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Dr. Kurzmann! Ich halte es für opportun, darüber zu reden: Wer Wind sät, wird Sturm ernten, und wer Verbrechen sät, muß die Antwort erdulden. (Abg. Dr. Kurzmann: Sie verwechseln Opfer und Täter! Das ist unerhört!) Sie haben mir noch gar nicht zugehört!

Die Okkupation des Protektorats Böhmen und Mähren war ein Verbrechen gegen das Völkerrecht. Die Verbrechen von Lidice, um nur ein Beispiel herauszugreifen, waren Verbrechen gegen die Menschenrechte, und auch das faschistische System von Tiso in der Slowakei hat das Unrecht dieser Zeit verlängert. Die Rache des Jahres 1945, ohne sie beschönigen zu wollen, ist auf den Fuß gefolgt. Fast eine Viertelmillion Menschen ist zu Tode gekommen, manche auf die grausamste Art und Weise. Über drei Millionen Menschen wurden vertrieben. Das sind selbstverständlich Verbrechen gegen die Menschenrechte, ohne Zweifel wurde an den vertriebenen Menschen Unrecht begangen. Daher freue ich mich, immer wieder zu hören, daß es vermehrt tschechische Menschen gibt, die betroffen sind von den Verbrechen, die im Namen ihres Volkes geschehen sind.

Diese Vertreibung brachte aber auch eine nachhaltige Schwächung der Tschechoslowakei mit sich. Man hat dreieinhalb Millionen Menschen verloren, die in den Wiederaufbauzeiten nach dem Krieg gefehlt haben. Wir haben hingegen eine Stärkung durch diese Menschen erfahren, die zu uns gekommen sind und in Österreich integriert wurden. Wir Österreicher konnten also hautnah erleben, welches unsägliche Leid in unseren Namen als Teil des "großdeutschen Reichs", der wir damals waren, anderen Völkern zugefügt wurde und wie dieses dann, als späte Rache, zurückgekommen ist. Wir Österreicher haben allerdings überhaupt kein Recht, meine Damen und Herren – das möchte ich vor allem Ihnen von der freiheitlichen Fraktion sagen! –, den mahnenden Finger zu erheben. Es ist absolut unzulässig, Vergleiche anzustellen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist absolut unzulässig, zu sagen: Es gibt solche und solche Opfer. Mehr als zu Tode quälen kann man einen Menschen nicht. (Zwischenruf des Abg. Jung.) Es geht aber um folgendes: Wir haben für die Verbrechen einzustehen, die wir in unserem Land angerichtet haben, und die tschechische Bevölkerung wird für die Verbrechen einzustehen haben, die sie in ihrem Land angestellt hat. Und ich freue mich – das betone ich noch einmal! –, daß mit Ausnahme weniger Nationalisten in Tschechien immer mehr Menschen – an der Spitze Präsident Havel – letzten Endes lernen, auch mit ihrer Vergangenheit umzugehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

Die Betroffenheit und die Bitte um Vergebung muß auch uns, die Generation der Nachgeborenen, weiter begleiten. Ich halte die Äußerungen des Dichters Martin Walser im Rahmen der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in Deutschland für interessant. Er hat eine harte und notwendige Auseinandersetzung ausgelöst. Er meinte, es müsse Schluß sein mit der ewigen Vergangenheitsbewältigung. Er sprach sogar von der "Instrumentalisierung Auschwitz".

Ich möchte Herrn Walser widersprechen: Ich freue mich, daß in Deutschland eine solche öffentliche Debatte möglich war und daß sie in aller Klarheit und Härte geführt wurde. Auch in Österreich müssen wir dazu Position beziehen. Ich befürchte jedoch, daß wir in Österreich für eine solch hochstehende Debatte noch nicht soweit sind. Wir müssen sie aber führen, auch wenn sie kontroversiell und schmerzhaft ist, wie es die Deutschen heute schon tun!

Meine Damen und Herren! Das Leid der Vertriebenen kann uns nur persönlich berühren und das Glücksgefühl in uns wachhalten, daß so etwas unserer Generation bisher erspart blieb und hoffentlich immer erspart bleiben wird. Die Höhe der Verluste, die dreieinhalb Millionen Sudetendeutsche erlitten haben, sind finanziell nicht abgleichbar. Die Klärung der Frage, ob es jetzt 1 Milliarde oder 1,5 Milliarden Schilling sind, hilft sicherlich einzelnen da und dort; das Leid insgesamt ist jedoch nicht abgleichbar, und die Verbrechen, die diese Menschen erleiden mußten, können durch Ersatzleistungen nicht ungeschehen gemacht werden. Vielmehr sollten wir auch darüber nachdenken, wie wir mit dem Schatten unserer Vergangenheit immer noch umgehen. Es gibt den schönen Satz: Sollten wir nicht aufhören, die Splitter im Auge unseres Nächsten zu suchen, solange wir die naheliegenden Balken nicht sehen?

Wir haben immer noch nicht den Mut gehabt, die Frage des Schicksals der Menschen, die als Zwangsarbeiter in Österreich gelebt haben, wirklich aufzuarbeiten. Wir haben das nach dem Krieg verdrängt. Wir haben nicht wirklich über die Rückstellung der geraubten Kunstgüter diskutiert. Sie haben alle, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, das Buch der Familie Thorsch bekommen, die aus diesem Lande schließlich "ausradiert" wurde. Dieses Land hat nie darauf reagiert.

Solange wir das nicht getan haben, meine ich, sollten wir nicht den Finger anderen gegenüber erheben. Ich lehne daher die Anträge der Freiheitlichen ab. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Graf gemeldet. Bitte Tatsachen berichtigen und keine Gefühle und Motive darstellen!

21.00

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Abgeordneter Peter hat hier gesagt, daß die Freiheitlichen immer wieder zwischen solchen und solchen Opfern unterscheiden. – Das ist unrichtig! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Eben nicht! Das macht nämlich ihr!)

Ganz genau das Gegenteil ist der Fall! Wir unterscheiden zwischen Opfern überhaupt nicht! (Zwischenrufe beim Liberalen Forum, bei den Freiheitlichen sowie bei der SPÖ.) Kleinkinder, Alte, Greise, vornehmlich Frauen, aber auch Männer sind, wenn sie zu Tode kommen, gequält werden, geschunden werden und Opfer sind, für uns ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Graf, bitte die Tatsache berichtigen – und keine weiteren Ausführungen.

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Ich habe die Tatsache berichtigt: Wir unterscheiden eben nicht zwischen solchen und solchen Opfern. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Herr Kollege Peter hier gesagt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kostelka: Schluß! Aus!)

21.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.01

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine Damen und Herren! Ich war nicht auf der Rednerliste. Ich habe nicht die Absicht gehabt, das Wort zu ergreifen. Aber wenn ein Abgeordneter dieses Hauses so wie Abgeordneter Jung nach einer auch mich sehr bewegenden Schilderung beziehungsweise Vorlesung von Geschehnissen – oder von etwas, was Menschen, die ganz einfach nur einer bestimmten Nationalität angehört haben, passiert ist – hier sagt, selbst von Auschwitz gäbe es keine so schrecklichen Schilderungen, dann muß ich mich zu Wort melden.

Meine Damen und Herren! Menschenrechte sind unteilbar. Ich kann keine besseren Worte auf das finden, was Herr Brigadier Jung gesagt hat, als die Worte von Hermann Langbein, einem inzwischen verstorbenen Widerstandskämpfer, der einmal, in einem seiner letzten Interviews, auf die Bemerkung eines Journalisten, daß Auschwitz die Hölle gewesen sei (Zwischenruf des Abg. Jung), gesagt hat – ich versuche hier, ihn zu zitieren –: Auschwitz war die Hölle? – Nein! Hölle ist etwas außerhalb der Welt. Auschwitz war die Welt. Ein ganzer Staatsapparat hat mitgewirkt. Zu diesem Staat gehörte auch Österreich.

Menschenrechte sind unteilbar! Das Leid der Ermordeten ist nicht aufrechenbar. Industrielle Massenvernichtung ist bisher ein singuläres Ereignis in der Geschichte geblieben, und es soll so bleiben. Die Monstrosität eines Verbrechens wie das der Nazis ist mit nichts zu vergleichen. Darum gibt es keine Gleichsetzung. Darum gibt es nur das Bewahren, darum gibt es nur die Erinnerung, und darum gibt es nur den Leitspruch: Niemals vergessen! – Aber manche haben schon vergessen! (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

21.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort des Herrn Berichterstatters.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1565 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Jene Damen und Herren, die den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, seinen Bericht 1566 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

11. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluß für das Jahr 1997 (III-146/1525 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 415/A der Abgeordneten Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz 1948 und das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert werden (1541 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 843/A der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundeshaushaltsgesetz 1986 geändert wird (1542 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 11 bis 13 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.05

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird wahrscheinlich jede der Regierungsparteien in Jubel ausbrechen: Das Budgetdefizit 1997 wurde mit 68 Milliarden Schilling prognostiziert, und es sind nun also nur 67,2 Milliarden Schilling geworden. Der Herr Finanzminister läßt sich wahrscheinlich als der große Sanierer feiern. Aber, Herr Finanzminister, dem ist nicht so.

Sie wissen auch selbst ganz genau, daß dieses Budget unter ganz anderen Prämissen festgelegt worden ist. Sie waren damals noch nicht Finanzminister – auch das ist klar –, als dieses Budget unter der Prämisse eines Wirtschaftswachstums von 2,6 Prozent festgelegt worden ist. Nach der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sind effektiv dann aber 3,9 Prozent Wirtschaftswachstum herausgekommen – das heißt, um 50 Prozent mehr! Das steht, bitte, ... (Bundesminister Edlinger: Das eine ist das reale, das andere das nominelle!) Nein, beide Prozentsätze sind unter der Voraussetzung, daß es sich dabei um nominelle Ziffern handelt, festgestellt worden! Herr Finanzminister, nehmen Sie sich doch einmal den Bundesrechnungsabschluß zur Hand, lesen Sie ihn durch, und hören Sie damit auf, immer von hinten von der Regierungsbank aus zu kritisieren und uns Ihren Grant spüren zu lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind das Parlament, und Sie sind auf der Regierungsbank! Nehmen Sie einfach einmal zur Kenntnis, daß auch Sie die Bundesrechnungsabschlüsse zu lesen haben! In diesen steht das nämlich ganz dezidiert drinnen, Herr Finanzminister. Es steht dezidiert drinnen, das Budget ist unter der Annahme eines nominellen Wirtschaftswachstums von 2,6 Prozent erstellt worden, aufgrund der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sind jedoch nominell 3,9 Prozent Wirtschaftswachstum zu verzeichnen. Da können Sie jetzt nicht sagen, das eine sei reell und das andere nominell! Denn es steht da drinnen! Oder sagen Sie eben dem Kollegen auf der Bank, dem Herrn Rechnungshofpräsidenten Fiedler, daß unter Umständen die Beamten etwas nicht Richtiges hineingeschrieben haben. Dann wird Herr Präsident Fiedler dazu Stellung nehmen. Aber Sie können nicht von hinten, von der Regierungsbank aus, sagen, das eine sei nominell und das andere reell. Das geht, bitte schön, nicht, denn es wird alles sehr genau in diesem Bericht angeführt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun haben Sie das Glück, ein um 50 Prozent höheres Wirtschaftswachstum zu haben, und rühmen sich, das Budgetdefizit minimal unterschritten zu haben. Dabei wissen doch auch Sie ganz genau, daß ein Prozent mehr an Wirtschaftswachstum zwischen 12 und 15 Milliarden Schilling mehr an Steuereinnahmen bringt. Das ist genau jene Kritik, die wir seitens der Oppositionsparteien damals immer wieder angebracht haben. Wir haben damals kritisiert, daß dieses Belastungspaket in erster Linie zu Lasten der Bevölkerung geht – im Gegensatz zu dem, was Ihr Vorgänger, der damalige Finanzminister und jetzige Bundeskanzler Klima, behauptet hat, daß nämlich ein Drittel durch Steuererhöhungen und zwei Drittel durch Ausgabenkürzungen aufgebracht werden würden. Das haben Sie bald einmal revidieren müssen. Das Wifo hat gesagt, die Relation sei bestenfalls 50 zu 50. Das IWF hat gesagt, das Schwergewicht liege auf den Steuererhöhungen.

Jetzt werden Sie vielleicht sagen, das IWF interessiert Sie nicht, das Wifo interessiert Sie nicht. Sie haben nämlich ganz andere Zahlen, vielleicht vom Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses Frisch, der in der letzten Sitzung des Budgetausschusses über den Finanzschuldenbericht der Bundesregierung gesagt hat, daß die strukturellen Maßnahmen seitens der Bundesregierung so eminent gewesen seien, daß man allein bei den Personalkosten durch strukturelle Maßnahmen 14 Milliarden Schilling eingespart habe.

Wenn Sie sich jetzt den Bundesrechnungsabschluß ansehen und jene 14 Milliarden Schilling suchen, die Herr Professor Frisch erwähnt hat, werden Sie auf Seite 202 im Band 2 finden, daß die Werkleistungen an Dritte um 21,6 Milliarden Schilling gesteigert wurden. Bei einer Erhöhung der Werkleistungen an Dritte um 21,6 Milliarden Schilling und einer nur minimalen Verringerung – um 5 Milliarden – des öffentlichen Personalaufwandes wollen Sie von strukturellen Erfolgen reden!

Herr Finanzminister! Wenn Sie auf der einen Seite sagen, Sie haben mit strukturellen Maßnahmen das Budget in den Griff bekommen, und sich auf der anderen Seite unter der Voraussetzung eines Wirtschaftswachstums, das um 50 Prozent höher war als prognostiziert, am Defizit nichts geändert hat, dann gibt es daraus nur zwei Schlüsse: Entweder wurde das Budget damals vollkommen falsch erstellt, insofern als man gesagt hat, dieses Budget paßt unter der Prämisse von 2,6 Prozent Wirtschaftswachstum, doch bei 3,9 Prozent Wirtschaftswachstum kommt nun das gleiche Defizit heraus; oder es hat sich als wahr herausgestellt, daß diese strukturellen Maßnahmen der Bundesregierung wirklich nur kurzfristiger Natur waren, und zwar insofern, als man gesagt hat, im Jahre 1996 wird sich das auswirken, aber 1997 werden sich die Mindereinnahmen schon bemerkbar machen. (Abg. Mag. Mühlbachler – vom Präsidium zu seinem Platz zurückkehrend –: Trattner, es gibt einen dritten Schluß: daß du unrecht hast! – Abg. Haigermoser: Zwischenrufe nur vom Sitzplatz! Der Herr Oberlehrer ...!)

Kollege, du kannst dich hier zum Rednerpult stellen und dann deine Wortspenden von dir geben. Etwas viel Gescheiteres haben wir von dir im Budgetausschuß ohnedies noch nicht gehört.

Herr Finanzminister, genau darum geht es aber: Entweder wurde das Budget damals falsch erstellt, unter der Prämisse von 2,6 Prozent – das Wirtschaftswachstum hat jetzt aber 3,9 Prozent ausgemacht –, oder was ist sonst los? – Auf diese Frage würde ich Sie heute um eine Antwort vor dem Hohen Haus ersuchen.

Die zweite Frage lautet: Was ist mit den strukturellen Maßnahmen, mit jenen 14 Milliarden Schilling, auf die sich Professor Frisch bezieht? Hier im Rechnungsabschluß sind sie nicht zu sehen – bestenfalls 5 Milliarden Schilling, dabei aber über 21 Milliarden Schilling mehr an Werkleistungen. Sie können uns aber nicht erklären, wie es zu diesen Dingen kommt.

Heute wollen Sie der Bevölkerung klarmachen, daß Sie für eine Steuerreform bestenfalls 10 Milliarden Schilling zur Verfügung haben, und jetzt erhöhen Sie das Ganze auf 18 Milliarden Schilling und sagen, ein Drittel sollen die Länder zahlen, zwei Drittel zahlt der Bund. Das heißt, 12 Milliarden Schilling wollen Sie zur Verfügung stellen. Aber auf der Ausgabenseite haben Sie nicht das geringste Gespür dafür, strukturelle Maßnahmen durchzusetzen! Wir erwarten keine kurzfristigen, aber mittelfristige Ansätze, sodaß man sieht, Sie haben den Willen, bei den Ausgaben zu sparen, damit endlich eine Steuerreform für die österreichische Bevölkerung durchgesetzt werden kann. Diesen Willen haben Sie aber nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie gehen immer nur davon aus, daß wir diese Ausgaben zu erfüllen haben, und auf der anderen Seite wollen wir nur die Einnahmen, sprich Steuern, erhöhen. Das müssen Sie uns heute einmal erklären, wie diese Diskrepanz zu verstehen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Aumayr: Der Minister wird schweigen!)

21.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sigl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.12

Abgeordneter Robert Sigl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesrechnungsabschluß 1997 war maßgeblich von den Auswirkungen des Strukturanpassungsgesetzes 1996 geprägt. Mit dem Konsolidierungsprogramm (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen) für die Jahre 1996 und 1997 wurde die Trendumkehr in der budgetären Entwicklung bewerkstelligt. Das Budgetdefizit des Bundes wurde von 117,9 Milliarden Schilling im Jahr 1995 auf 67,2 Milliarden Schilling oder 2,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahre 1997 reduziert. Das gesamtstaatliche Defizit nach Maastricht-Definition gemessen am Bruttoinlandsprodukt lag damit deutlich unter dem Konvergenzwert und auch wesentlich unter dem vorgegebenen Ziel der Bundesregierung von 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Mit dem Abgang im allgemeinen Haushalt von 67,2 Milliarden Schilling hat Österreich als eines der ersten Länder das Maastricht-Ziel erreicht. Die Schuldenquote konnte um über 3 Prozentpunkte des BIP von 69,5 Prozent auf 66,1 Prozent reduziert werden. Die restriktiven Effekte auf das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung fielen wesentlich geringer aus, als von der Opposition prophezeit wurde. Durch diese Anstrengungen ist die Teilnahme Österreichs an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion sichergestellt. Dies ist für Österreich als offene Volkswirtschaft mit einer stabilen Währung von besonderer wirtschaftlicher wie auch politischer Bedeutung. Damit ist weiters sichergestellt, daß die wichtigsten Aufgaben des Bundes, nämlich die Sicherung des Wirtschaftsstandortes und damit der Beschäftigung sowie des Fortbestandes des Sozialstaates, erfüllt werden können.

Hohes Haus! Auf einige Punkte beziehungsweise Kennzahlen im Bericht des Rechnungshofes zum Bundesrechnungsabschluß möchte ich kurz näher eingehen, da sie für mich wesentlich für die weitere wirtschaftliche wie auch gesellschaftliche Entwicklung unseres Landes zu sein scheinen. Erstmals zeigt nämlich der Primärsaldo des Bundes im Beobachtungszeitraum 1993 bis 1997 einen Überschuß von 22,8 Milliarden Schilling. Da der Primärsaldo als Indikator der Auswirkungen der aktuellen Finanzpolitik auf die künftigen Haushalte angesehen werden kann und Rückschlüsse auf die längerfristige Stabilität der Budgetentwicklung zuläßt, kann und muß man hier – wie ich auch eingangs schon gesagt habe – von einer Trendumkehr sprechen.

Weiters bestätigt der vorliegende Bericht des Rechnungshofes die Zunahme der Zahl der Beschäftigten am österreichischen Arbeitsmarkt um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Leider konnte dadurch noch nicht die Arbeitslosenrate verringert, jedoch auf jeden Fall der Anstieg der Arbeitslosenzahl gebremst werden. Eine entscheidende Besserung des Arbeitsangebotes für Menschen ohne Arbeit wird es in den nächsten Jahren geben.

Umso positiver ist die Entwicklung der Inflationsrate. Der Preisauftrieb ging im vergangenen Jahr abermals zurück, was im Hinblick auf den Euro erfreulich ist, und lag im Jahre 1997 im Durchschnitt um 0,6 Prozentpunkte niedriger als 1996. Eine gleichbleibend niedrige Inflationsrate ist klarerweise nicht unwesentlich für investitionswillige Finanzkräfte.

Zuletzt möchte ich noch einiges zu den Exporten anmerken. Obwohl die Exportzahlen im Jahr 1997 einen leichten Rückgang erfuhren, kann man durchaus optimistisch sein. Die Exportzahlen des Jahres 1998 profitieren von der dynamischen Nachfrageentwicklung und der Exportoffensive der Bundesregierung. Die Warenexporte sollten 1998 und 1999 um je 9 Prozent real ansteigen, die Warenexporte 1999 über 31 Prozent des nominellen BIP erreichen, nachdem sie 1996 noch 25,7 Prozent betragen haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesrechnungsabschluß 1997 zeigt, daß diese durch sozialdemokratische Handschrift geprägte Budgetpolitik unseres Finanzministers den Weiterbestand Österreichs als finanzstabiles Land und als Wirtschaftsstandort garantiert. Deshalb möchte ich Sie abschließend ersuchen, diesem Bundesrechnungsabschluß Ihre Zustimmung zu geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.17

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Zu den vorliegenden Tagesordnungspunkten kann ich mich im wesentlichen kurz fassen, zumal der Bundesrechnungsabschluß zum Teil ja auch schon ein wirtschaftshistorisches Papier ist. Er war allerdings schon interessant zu lesen.

Ganz so positiv wie mein Vorredner kann ich die Kennzahlen, die sich aus dem Rechnungsabschluß ergeben, nicht beurteilen, wobei ich durchaus zugebe, daß nicht zuletzt aufgrund der Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft und der Bereitschaft der österreichischen Bevölkerung, das Ihre zu tun, letztlich die Wachstumserwartungen erreicht wurden und damit auch der Budgetvollzug im wesentlichen im Rahmen der vorgesehenen Ansätze geblieben ist. Allerdings war dieser Anlauf, der damals genommen wurde, offenbar nicht lange genug. Deswegen ist das, was wir von der künftigen Steuerreform zu erwarten haben, nicht das, was wir uns eigentlich verdient hätten. Denn wir nehmen jetzt schon sehr lange Anlauf auf dem Sanierungsweg.

Was ich im Rahmen dieser kurzen Debatte zum Bundesrechnungsabschluß noch besonders hervorheben möchte, ist der darauf folgende Tagesordnungspunkt, bei dem ich mich einfach freue, daß es gelungen ist, einen Antrag der liberalen Fraktion bezüglich Fristsetzungen zur Vorlage des Bundesrechnungsabschlusses in einen Allparteienkonsens zu bringen und zu erreichen, daß nach der heutigen Beschlußfassung der Bundesrechnungsabschluß nunmehr dem Nationalrat jeweils bis spätestens September des auf den Budgetvollzug folgenden Jahres vorliegen wird. Das ist schon etwas, was einen mit Freude erfüllt, weil sich in diesem Fall gezeigt hat, daß hartnäckiges Beharren zu einer gemeinsamen Lösung geführt hat. Daß auch noch eine Novelle zum Geschäftsordnungsgesetz notwendig sein wird, kann die Freude nicht trüben. Der entsprechende Antrag ist schon im Hause und wird demnächst der ersten Lesung zugeführt und, wie ich hoffe, in der Folge dann auch zügig beschlossen werden (Beifall beim Liberalen Forum), weil es dann wohl nur mehr eine Sache des Anstandes ist, daß wir auch unsere eigene Geschäftsordnung so adaptieren, daß wir von dem Benefiz der früheren Vorlage des Bundesrechnungsabschlusses auch im Rahmen der Beratungen in diesem Haus Gebrauch machen können.

Nun bleibt mir noch eine Bemerkung zum Tagesordnungspunkt betreffend den Antrag des Kollegen Van der Bellen. Hier wiederum habe ich die traurige oppositionelle Erfahrung gemacht, daß es zunächst zwar den Anschein hatte, als ob auch dafür eine gewisse Konsensbereitschaft vorherrschen würde, die sich zunächst darin manifestiert hat, daß man in den Ausschußberatungen zu erkennen gegeben hat, man würde das vertagen wollen, um es auf der Ebene der legistischen Sprache noch zu verbessern, daß im Ergebnis dann aber in der Abstimmungsrunde nicht mehr über dieses Vorhaben abgestimmt wurde, sondern direkt über den Antrag, und dieser ist, obwohl er seinem Inhalt nach eine sehr vernünftige Sache ist, dann auf der Strecke geblieben.

Es war mir wichtig, das auch im Plenum zu berichten, da ja nicht alle laufend über das Ausschußgeschehen informiert sind. Hätten wir rechtzeitig bemerkt, daß die in den Raum gestellte Vertagung in Wirklichkeit eine beabsichtigte Ablehnung war, dann hätten wir in der Ausschußberatung anders argumentiert. – Das ist ein Wermutstropfen gewesen. Wir fühlten uns dadurch in gewisser Weise ausgebremst – nicht durch die Mehrheit der Regierungsparteien, sondern durch die Vorgangsweise. Das war schade. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.22

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Meine Herren Präsidenten! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte meine Rede zweiteilen. Der erste Teil wird dem Rechnungsabschluß 1997 gewidmet sein, und da der Rechnungsabschluß in die Vergangenheit orientiert ist, möchte ich auch etwas in die Zukunft blicken und daher den zweiten Teil meiner Rede der Zukunft widmen.

Zum Rechnungsabschluß 1997 kann man vier Anmerkungen machen:

Erstens – man kann es nicht wegdiskutieren –: Es ist ganz einfach erfreulich – das muß man feststellen –, daß der Abgang um 736 Millionen Schilling unterschritten werden konnte. Das ist zunächst einmal ganz einfach erfreulich, Herr Minister.

Die zweite Anmerkung ist die, daß der Rechnungsabschluß – auch das muß man in dieser Form feststellen – etwas verzerrt ist, nämlich durch Maßnahmen wie die Ausgliederung der ASFINAG – dies verändert aber den Saldo nicht –, aber auch durch Rücklagenzuführungen. Herr Kollege Trattner, das muß man offen eingestehen: Hätten wir diese Rücklagenzuführung von 6,3 Milliarden nicht getätigt, dann wäre der Abgang noch mehr verringert worden, nämlich um diese 6,3 Milliarden Schilling. (Abg. Mag. Trattner: Es wurden aber über 3 Milliarden aufgelöst, das muß man auch sagen!) Das muß man ganz offen dazusagen, und das steht auch im Rechnungsabschluß. Dann würde die Sache schon ganz anders ausschauen. (Abg. Mag. Trattner: Da würden Sie sich anschauen, Herr Finanzminister!)

Ich möchte eine dritte Anmerkung machen: Es gibt insofern eine Verzerrung ... (Abg. Mag. Trattner: Es wurden 3 Milliarden aufgelöst!) Nun, immerhin sind es also 3 Milliarden. Das muß man aber auch sagen, und du hast es hier am Rednerpult nicht gesagt. Man muß der Wahrheit die Ehre geben. (Abg. Mag. Trattner: Daß das Wirtschaftswachstum um 50 Prozent höher war, das muß man auch sagen!)

Aber ich möchte zur Verzerrung noch etwas sagen: Diese Verzerrung hat mit dem Antrag von Professor Van der Bellen zu tun. In der Tat ist es so, daß durch Ausgliederungen, durch das Auflösen von Bundesbetrieben ein Vergleichen der Einnahmen und Ausgaben mit den anderen Jahren schwierig wird, und das Ergebnis wird in der Tat etwas verzerrt. Das ist nun einmal so.

Der vierte Punkt betrifft eine positive Feststellung – und das möchte ich auch betonen –, und zwar, daß wir im Jahr 1997 interessanterweise erstmals seit langem einen positiven Primärsaldo haben. Das heißt, der Saldo des allgemeinen Haushaltes minus dem Zinsendienst ist mit 20,9 Milliarden Schilling positiv. Wenn man nun diesen Primärsaldo als Indikator heranzieht, dann können daraus schon einige Rückschlüsse gezogen werden. Das bedeutet meiner Meinung nach, daß es doch in Richtung einer langfristigen Stabilität der Budgetentwicklung geht – mit anderen Worten: Wir sparen! Das muß man ganz einfach in dieser Form festhalten. Der einzige Wermutstropfen – und dies wurde hier auch bereits gesagt – liegt darin, daß dieser Spargedanke eher auf der Einnahmenseite gelegen ist, und zwar im negativen Sinne, insofern, als die Einnahmen steigen, wir uns aber bei den Ausgaben noch mehr überlegen müssen, wie wir strukturelle Maßnahmen tätigen.

Es ist daher Zeit für eine Steuerreform. Die Regierungsparteien haben sich zu dieser Steuerreform bekannt. Das Volumen von 30 Milliarden Schilling ist auch bereits bekannt. Ich bin dafür, Herr Finanzminister, daß wir dieses Paket so schnell wie möglich schnüren.

Das waren einmal meine Ausführungen zur Vergangenheit. Wir haben aber im Ausschuß nicht nur über den Rechnungsabschluß gesprochen, sondern uns auch mit der Zukunft befaßt, nämlich konkret mit dem Antrag des Liberalen Forums. Diesbezüglich muß ich Herrn Kollegen Kier, der jetzt nicht mehr im Saal ist, korrigieren und feststellen, daß es – fürwahr – zwar ein Antrag des Liberalen Forums war, aber mit einer Befristung, die unmöglich ist! Das hat Kollege Kier dann auch eingesehen. Er hat nämlich gemeint, daß wir bis zum 31. Mai den Rechnungsabschluß vorlegen sollten. Aber das geht ja gar nicht, denn es gibt einen gewissen Fristenlauf – um den muß man wissen. Wenn der Rechnungshof diesen Rechnungsabschluß erstellt, dann gibt es einmal eine Stellungnahme des Finanzministers. Ferner gibt es gewisse Auslaufzeiträume: So können zum Beispiel bis zum 20. Jänner Zahlungen zu Lasten des abgelaufenen Finanzjahres getätigt werden. Es können bis zum 30. Jänner Zuführungen zu Rücklagen und Entnahmen aus Ausgleichsrücklagen getätigt werden und so weiter. Rechnet man das hoch, dann wäre es gar nicht möglich gewesen, bis Ende Mai einen Rechnungsabschluß fertigzubekommen. Daher haben wir uns im Ausschuß darüber in realistischer Weise beraten, und es gab dann einen Fünf-Parteien-Abänderungsantrag dahin gehend, daß der Rechnungsabschluß bis zum 30. September vorgelegt werden soll, also zu einem Zeitpunkt, zu dem wir auch das Budget für das nächste Jahr beraten, und das scheint mir natürlich sinnvoll. In die Zukunft gerichtet bedeutet das, daß wir aufgrund der Rechnungen im Rechnungsabschluß auch Schlußfolgerungen für die weitere Budgetentwicklung ziehen können.

Das geht mir aber doch noch zu wenig weit. Ich verweise auf die Beiratsstudie, die ebenfalls bereits angesprochen wurde. Mir würde es leid tun, Herr Minister, wenn diese Beiratsstudie ad acta gelegt würde. Wir sollten sie ernsthaft diskutieren. Ich persönlich wäre im Ausschuß dafür gewesen, daß wir auch einen Unterausschuß einsetzen, nur wurde dann von der Opposition – wenngleich sie ihn nicht direkt abgelehnt hat – dagegen argumentiert, da sie uns vorwarf, daß wir hier nur Probleme verschleppen und nicht lösen wollten. Konkret war damit der Antrag der Grünen gemeint.

Meiner Meinung nach gibt die Studie sehr viel her. Der Rechnungsabschluß ist in der Tat nur ein Zahlenwerk und gibt keine Möglichkeit, in die Zukunft zu sehen. Es gibt keine Steuerungsmöglichkeiten. Wir sollten uns etwa das Kernstück ansehen, nämlich die Voranschlagsvergleichsrechnung: Sie trifft keine Aussage über Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit.

Herr Minister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Vielleicht könnte es eine Anregung sein – die man auch, ohne etwas zu ändern, verwirklichen könnte –, daß wir uns fraktionsgemäß vorbesprechen, ähnlich wie dies im Wirtschaftsausschuß beim Tourismusbericht geschehen ist, und daß wir etwa auch Schwerpunkte nennen, bei denen eine Abweichungsanalyse möglich ist, das heißt, bei denen man vielleicht im Textbericht etwas mehr auf diese Abweichungen eingeht. Das wäre vielleicht eine Möglichkeit.

Die Beiratsstudie besagt auch, daß die Bestands- und Erfolgsrechnung aufgrund der hohen Bewertungsreserven einen beschränkten Aussagewert hat oder daß die Jahreserfolgsrechnungen unter Umständen ganz entfallen könnten.

All das heißt zusammenfassend: Erstens, der Rechnungsabschluß 1997 ist als positiv zu betrachten. Zweitens, wir sollten die Beiratsstudie wirklich ernst nehmen, sollten uns zusammensetzen – egal ob in einem Ausschuß oder in einem Unterausschuß – und die Maßnahmen wirklich genauestens diskutieren. Wir könnten vielleicht den Rechnungsabschluß – dieser soll meiner Auffassung nach auch weiterhin vom Rechnungshof erstellt werden – etwas umändern, modifizieren, entschlacken. Drittens wäre ich sehr stark dafür, daß wir diese Diskussion sehr bald beginnen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.30

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Herren Präsidenten! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich habe nur vier Bemerkungen zu machen.

Zuerst eine Bemerkung zu Vorrednern von den Koalitionsparteien: Herr Kollege Steindl! Selbstverständlich wird der Primärsaldo positiv, wenn man bei einer sehr hohen Staatsverschuldung versucht, die Defizite herunterzufahren. Das ist eine mathematische Notwendigkeit. Allerdings möchte ich die Frage stellen: Ist die Tatsache, daß die Sparpakete der Jahre 1996 und 1997 notwendig wurden, irgendwie vom Himmel gefallen? – Nein! Das war der sagenhaften Regierungskunst von SPÖ und ÖVP spätestens im Jahre 1995 zu verdanken, als das Defizit im Bundeshaushalt explodiert ist! Selbstverständlich mußte diese Entwicklung korrigiert werden. Es geht mir jedoch auf die Nerven, wenn Sie die sogenannten Belastungspakete oder Sparpakete 1996 und 1997 – wobei mir egal ist, wie Sie das nennen – als besonderes Regierungskunststück hinstellen, obwohl Sie es waren, die 1995 diese Entwicklung zugelassen haben! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Steindl: Sie dürfen nicht ungerecht sein! Es hat auch Wahlen aufgrund dieser Situation gegeben!)

Zweitens: Es ist ein starkes Stück, daß die Nichteinsetzung eines Unterausschusses im Budgetausschuß jetzt den Oppositionsparteien zugeschrieben wird, Herr Kollege Steindl! – Richtig ist, daß ich im Budgetausschuß einen Wutanfall bekommen habe. Das ist nicht zu leugnen! (Heiterkeit und Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler.) Du wirst es kaum glauben, Monika, aber es war tatsächlich so! Ich habe den Wutausbruch aber nicht wegen des Unterausschusses zur Besprechung der Beiratsstudie bekommen – denn einen solchen Unterausschuß hätte ich jederzeit akzeptiert und befürworte ihn auch ausdrücklich –, sondern weil ein wahrlich sehr "komplizierter" Dreizeilenantrag von mir nicht akzeptiert wurde und ihn der Herr Vorsitzende zunächst einmal dem Unterausschuß zuweisen wollte. Auf diesen Antrag komme ich noch zurück: Um diesen Dreizeilenantrag zu verstehen, braucht man wirklich nur die Intelligenz eines Dreijährigen! (Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner.) Und wenn er schlecht formuliert war, dann ist das zugegebenermaßen mein Fehler, aber da hätte es dem Know-how der Regierungsparteien doch in keiner Weise irgendwie Abbruch getan, wenn man mich darauf hingewiesen hätte, daß das Wort "Nummer 13" vielleicht durch ein anderes ersetzt hätte werden sollen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steindl.)

Sie haben gesagt, Herr Kollege Steindl – und da bekomme ich schon meinen nächsten Zornesausbruch! (Heiterkeit bei den Grünen) –, daß der Unterausschuß, der zur Beiratsstudiendiskussion dienen hätte sollen, von der Opposition irgendwie abgewürgt worden sei. Das ist ja lächerlich! Selbst wenn wir gewollt hätten, Herr Kollege Steindl, wäre das nicht möglich gewesen. Wissen Sie, wie die Mehrheitsverhältnisse in diesem Raume sind? Wissen Sie das? – Abgesehen davon ist der Vorsitzende des Budgetausschusses immer noch ein ÖVPler. Machen Sie ihm bitte den Vorwurf, daß der Unterausschuß nicht zustande gekommen ist! (Abg. Mag. Trattner: Sie könnten das nächste Mal vielleicht einen Einzeilenantrag machen!) Ja! Dann geht es vielleicht!

Herr Präsident! Nun eine kurze Bemerkung – bevor ich mich hier echauffiere – über den Informationsgehalt beziehungsweise die Prioritäten der Kommentierung im Bundesrechnungsabschluß. Wir haben bereits im Ausschuß folgende Merkwürdigkeit besprochen: Es wurde im Jahre 1997 eine wesentliche Reform, nämlich die Mehrwertsteueranpassung im Bereich der Sozialberufe, die aufgrund einer EU-Richtlinie notwendig geworden war, vorgenommen, die zu einem deutlich erhöhten Mehrwertsteueraufkommen von ungefähr 12 Milliarden Schilling, wenn ich es recht im Kopf habe, geführt hat, allerdings budgetneutral war, weil im gleichen Ausmaß entsprechende Förderungen an die Gesundheits- und Sozialträger beziehungsweise Sozialberufe ausgezahlt wurden. Das ist eine interessante Geschichte, die rein vom finanziellen Volumen –10 Milliarden Schilling plus – eine erhebliche Bedeutung hat. Im Bundesrechnungsabschluß sucht man allerdings vergeblich irgendeine Zahl dazu.

Der Herr Präsident hat mich dann darüber aufgeklärt, daß im Kapitel 52, in dem es um die Verbuchung der öffentlichen Abgaben geht, Unterschiede zwischen Voranschlag und Bundesrechnungsabschluß nur dann verbucht werden, wenn sie mehr als 3 Prozent, verglichen mit dem Voranschlag, ausmachen, daß sie ansonsten aber nicht aufgenommen werden. – Dazu meine ich: Dieses Prozedere hatte sicherlich irgendwann einmal eine Begründung. Allerdings führt das dazu, daß zwar auch kleinste Änderungen gegenüber dem Voranschlag, etwa in der Höhe von 5 Millionen Schilling, weiter hinten kommentiert werden, während Änderungen von 5 Milliarden Schilling und mehr – in diesem Fall von über 10 Milliarden Schilling – mit keinem Wort erwähnt werden. Denn das Umsatzsteueraufkommen ist eben so hoch, daß auch 10 Milliarden Schilling – oder wieviel immer das in diesem Fall waren – weniger als 3 Prozent ausmachen. Das sollte man einmal überdenken! Vielleicht kann der Herr Präsident dann dazu Stellung nehmen, was sich der Rechnungshof inzwischen zu den Prioritäten der Kommentierung und der Informationsbereitstellung überlegt hat! Denn ich meine, daß man aus diesem Bundesrechnungsabschluß ruhig etwas Spannenderes machen könnte, als es derzeit ist, aber das setzt voraus, daß er sozusagen anders aufbereitet wird.

Herr Steindl! Da mich schon so viele Vorredner darauf angesprochen haben, komme ich nun noch einmal auf diesen Antrag, auf diese unseligen drei Zeilen, zurück – ich erspare Ihnen jetzt alle drei und beschränke mich auf ungefähr zwei –: § 98 des Bundeshaushaltsgesetzes hätte ergänzt werden und die Bilanzen beziehungsweise Gewinn- und Verlustrechnungen der Bundesbetriebe, der betriebsähnlichen Einrichtungen des Bundes und der ausgegliederten Unternehmen umfassen sollen. Mag sein, daß das legistisch noch zu ungenau ist, weil etwa die ausgegliederten Unternehmungen nicht genau beschrieben werden. Dann muß man das eben anders formulieren, wenn man will! Aber daß Sie das einem Unterausschuß zuweisen wollten, damit man weitere zwei Jahre darüber debattiert, wie diese zwei Zeilen lauten sollen, habe ich wirklich als Provokation empfunden. Gestatten Sie, daß ich das hier auch noch einmal sage!

Inzwischen hat der Finanzminister in einem anderen Ausschuß, nämlich im Finanzausschuß, zugesagt, daß es möglich wäre, etwa in einen Anhang oder in einen irgendwie gegliederten Teil des Voranschlages für das Bundesfinanzgesetz einige wesentliche Dinge bezüglich der finanziellen Auswirkungen der Ausgliederungen aufzunehmen. Ich nehme das dankend und sozusagen mit Genugtuung zur Kenntnis und warte darauf, wie sich das im nächsten Budget verhalten wird.

Allerdings, Herr Finanzminister, möchte ich auch im Plenum noch einmal festhalten, daß es mir nicht nur um die finanziellen Ströme im laufenden Budget geht, sondern auch darum, daß die Transparenz bezüglich der Ausgliederungen selbst in jenen Fällen erhöht wird, in welchen es überhaupt keine Ströme zwischen Budget und dem jeweiligen ausgegliederten Unternehmen gibt. Denn beispielsweise gibt es, wenn ich mich recht erinnere, bei der Austro Control überhaupt keine finanziellen Beziehungen mehr zwischen dem Voranschlag beziehungsweise dem Budget und dieser Institution, obwohl das natürlich eine Bundeseinrichtung ist, hinsichtlich welcher man gerne irgendwo auf einen Blick feststellen können möchte, welche die wesentlichen Bilanzposten waren und welche die wesentlichen Posten der Gewinn- und Verlustrechnung waren. Und diese Transparenz läßt sehr zu wünschen übrig! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

21.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bundesminister Edlinger. – Bitte, Herr Bundesminister.

21.38

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz zu ein paar Bemerkungen, die bislang in der Diskussion gefallen sind, Stellung nehmen. (Abg. Mag. Trattner: Keine Polemik von der Regierungsbank!) Ich bedauere, daß sich manche Abgeordnete offensichtlich darüber mokieren, daß sich der Rechnungsabschluß günstiger darstellt als der Voranschlag. Ich entschuldige mich dafür, aber ich werde es nicht verabsäumen, trotzdem ... (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Ich meine es ehrlich und entschuldige mich wirklich, wenn es Ihnen guttut! (Abg. Gaugg: Die Watsche komme schon noch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Noch einmal: Ich stelle fest, daß der Bundesrechnungsabschluß um mehr als 700 Millionen Schilling günstiger ist als der Voranschlag. Das ist in der Tat auf verschiedene Faktoren zurückzuführen.

Ich möchte zunächst darauf hinweisen, daß der Bundesvoranschlag 1996 und 1997 in einem Zug erstellt wurde, daß die Grundlage dieser beiden Voranschläge das Konsolidierungspaket des Jahres 1996 war und daß zum Zeitpunkt der Budgeterstellung klar war, daß dieses so entstandene Doppelbudget vor allem im zweiten Bereich des Budgets, nämlich jenem für das Jahr 1997, mit einer ganzen Reihe von Unsicherheiten versehen ist, die darauf zurückzuführen sind, daß bestimmte Auswirkungen des Maßnahmenpaketes zum Zeitpunkt der Beschlußfassung noch nicht klar waren, in welcher Zeitabfolge ein entsprechender Budgetniederschlag erfolgen wird.

Insofern wundere ich mich wirklich über manche Aussagen, weil ich das mehrfach ausgeführt habe, sodaß ich im letzten Ausschuß von einer Ihrer Kolleginnen sogar kritisiert wurde, daß ich immer das gleiche sage. Aber ich habe auch keine Veranlassung, etwas anderes zu sagen! Ich habe immer gesagt, daß die Jahre 1996 und 1997 als eine Einheit mit einer Summe von Einmaleffekten dargestellt wurden, die selbstverständlich auch darauf ausgerichtet waren, die notwendigen Ziele zu erreichen, die sich die Republik Österreich und die Bundesregierung gesteckt haben, nämlich die Maastricht-Kriterien zu erfüllen, um als eines der ersten Länder auch in der WWU und damit bei der gemeinsamen Währung sein zu können. Bei der Erstellung der Budgets für die Jahre 1998 und 1999 – und auch in diesem Punkt wiederhole ich mich, denn ich habe das sowohl in meiner Budgetrede für das Jahr 1998 als auch in jener für das Jahr 1999 gesagt – haben wir die Bundesbudgetdefizite eigentlich nur sehr marginal im Vergleich zum Abgang 1997 gesenkt, und dafür werden wir wahrscheinlich nicht nur hier, sondern möglicherweise auch in Brüssel kritisiert werden, aber das hatte den Zweck, eine Summe von Einmalmaßnahmen der Budgets 1996 und 1997 durch nachhaltige und dauerhafte in den Budgets 1998 und 1999 zu ersetzen.

Niemand kann uns dabei "ertappen", denn ich habe das bei der Budgeterstellung dargelegt, und ich hatte schon mehrmals Gelegenheit, auf den Effekt des Budgets 1997 Bezug zu nehmen. Ich möchte daran erinnern, daß sich selbstverständlich zwischen der Budgeterstellung 1996 und 1997 eine Reihe von Faktoren geändert haben, zum Beispiel die Wachstumsfrage, überhaupt keine Frage! (Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner.) Sie müssen meinen Zwischenruf mißverstanden haben! Ich habe nur gefragt, ob Sie nominell oder real meinen, denn ich kann ja lesen! In meinem Bericht steht: 2,8 auf 3,9 und 1,2 auf 2,5. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner.) Nein! Da steht: nominell von 2,8 auf 3,9 und real 1,2 auf 2,5. Und ich habe Sie gefragt, ob Sie nominell oder real meinen. Sie haben meinen Zwischenruf nicht verstanden, das tut mir leid, aber ich kann auch lesen, Herr Abgeordneter Trattner! (Abg. Mag. Trattner: Das habe ich angenommen! Sie sind immer so schnell beleidigt!)

Man kann mir alles Mögliche unterstellen, aber beleidigt bin ich wirklich nicht sehr leicht! Ich nehme an jeder Diskussion mit sehr großem Langmut teil, auch dann, wenn ich fünfmal dasselbe gefragt werde. Das müssen doch insbesondere Sie wissen, daß ich mit Langmut die immer wieder gleichen Fragen mit immer wieder gleichen Antworten beantworte! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Gaugg.)

Ich möchte Ihnen jetzt noch etwas sagen, Herr Abgeordneter Mag. Trattner: Ich habe mir die von Ihnen genannten Zahlen zwar nicht aufgeschrieben, die durch den Wachstumseffekt entstanden seien, aber ich glaube, Sie haben von 10 oder 11 Milliarden Schilling gesprochen. – Das ist falsch! Diese Faustregeln haben in den achtziger Jahren noch gestimmt. Aber Sie wissen genau, daß unsere Wachstumseffekte zu einem nicht kleinen Teil durch Exportwachstum hervorgerufen werden, und daher können wir heute davon ausgehen – und wir können das auch beweisen –, daß 0,1 Prozent Wachstum insgesamt Mehreinnahmen von etwa 600 Millionen Schilling erzeugen, wovon ungefähr 200 Millionen, also ein Drittel, den Ländern und Gemeinden gehören. Also: Ein Wachstum von einem Prozent bedeutet daher bundesbudgetmäßig etwa 4 Milliarden Mehreinnahmen netto, damit wir von den richtigen Positionen ausgehen.

Es ist doch überhaupt keine Frage, daß uns das Wachstum ... (Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner.) Das verstehe ich nicht mehr! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner.) Nein! Von 2,8 auf 3,9! Aber lesen Sie auf Seite 324 nach! Dort können Sie lesen, daß das nominelle Wachstum zum Zeitpunkt der Budgeterstellung 2,8 Prozent betrug und die derzeit aktuellen Werte sich mit dem Rechnungsabschluß auf 3,9 Prozent belaufen. (Abg. Mag. Trattner: Von 2,6 auf 3,9! Das steht im ersten Band auf Seite 14!) Ich gehe von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung aus, und ich möchte jetzt nicht um 0,2 Prozent diskutieren! Es gibt Wachstumseffekte, lesen Sie das auf Seite 324 nach! Es tut mir leid! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wie Sie meinen!

Noch einmal: Es gibt einen Wachstumseffekt. Sie sind allerdings davon ausgegangen, daß ein Prozent 10 Milliarden Schilling bedeuten. Nehmen Sie zur Kenntnis: Ein Prozent sind 4 Milliarden netto für das Bundesbudget, und ich bitte, künftighin Argumentationen von diesem Wert abzuleiten!

Es hat niemand abgestritten, daß das Wachstum 1997, das tatsächlich größer war als jenes, welches bei der Budgeterstellung zur Grundlage genommen worden war, das Budgetergebnis fraglos positiv beeinflußt hat. Ich meine, daß man das weder wegdiskutieren noch sich dafür schämen sollte. Ich registriere das als sehr positiven Effekt. Denn wenn das nicht der Fall gewesen wäre, dann hätte man beim Budgetvollzug 1997 stärkere restriktive Vollzugsmaßnahmen setzen müssen, als wir das getan haben. Denn ich bringe in Erinnerung, Herr Abgeordneter Mag. Trattner, daß ich im April 1997, als bereits ein Drittel des Vollzuges quasi vorbei war, in Erkenntnis der Tatsache, daß wir das Wachstum, wie es sich damals dargestellt hat, noch nicht ganz abschätzen konnten und die Gefahr groß gewesen wäre, daß wir über die ominösen 3 Prozent hinausschießen könnten, Ermessenskredite im Ausmaß von 5 Milliarden Schilling gesperrt habe, die ich ab Oktober, als wir bemerkt haben, daß dieser Wert für das Wachstum nicht nur prognostiziert ist, sondern tatsächlich auch eintritt, etwa zu 50 Prozent wieder aufmachen konnte.

Außerdem gab es im Vollzug durch Ausgliederungen Veränderungen. Im Hinblick auf die ASFINAG waren die kräftigsten Effekte festzustellen. In diesem Zusammenhang sind auch die Werkleistungen für Dritte zu erklären. Aufgrund der Ausgliederung haben wir allein Schulden des Bundes an die ASFINAG in einer Höhe von 19 Milliarden ausgebucht, wodurch sich diese Zahl erklärt. Vor allem waren es aber auch – darüber haben wir in einem anderen Diskussionseck im Budgetausschuß gesprochen – jene 12 Milliarden Schilling unechter Steuerbefreiungen im Gesundheitsbereich, die unsere Steuerquote noch einmal fiktiv um 0,5 Prozent angehoben haben, obwohl das eigentlich ein Durchläufer war.

Und ich möchte auf noch etwas zu sprechen kommen, und das wird Sie möglicherweise freuen – ich registriere das aber als Säckelwart –: Durch die Aufhebung der Mindest-KöSt durch den Verfassungsgerichtshof sind uns natürlich ein paar hundert Millionen im Vollzug verlorengegangen, was sich im Budget 1997 niederschlägt. Sonst wäre im Rechnungsabschluß faktisch ein Mehr dieses Wachstumseffektes niedergelegt.

Ich möchte damit schließen und nur noch auf eine Bemerkung eingehen: Ich sehe den Bericht des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen ähnlich positiv, wie das in der heutigen Diskussion schon angeschnitten wurde. Und wir sind uns ja auch im Ausschuß darüber einig geworden – nicht durch einen formellen Beschluß, aber aufgrund der Übereinstimmung von Meinungsäußerungen –, daß es schade wäre, wenn wir diesen Bericht ad acta legten! (Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner.)

Es sind eine Reihe von sehr interessanten Ansätzen in diesem Bericht enthalten. Ich möchte darauf hinweisen, daß etwa die Flexibilisierungsklausel, die wir bereits beschlossen haben, aber auch die Verankerung des Budgetcontrollings teilweise auf Anregungen zurückzuführen sind, die dieser Broschüre entstammen! (Zwischenruf des Abg. Mag. Trattner.) Ob es anders formuliert ist, weiß ich nicht, aber wir haben das im Geiste dessen realisiert, was in diesem Bericht steht.

Es stehen noch andere hochinteressante Dinge in dieser Broschüre. So wird etwa die unproportionale Entwicklung zweckgebundener Mittel gegenüber anderen beschrieben, wodurch Begehrlichkeiten und Formen der Kreativität entstehen, die wir uns eigentlich gar nicht leisten können. Ich glaube, daß das wichtig ist, vor allem wenn man über Sparsamkeit und über Ausgabenstabilisierung redet – und ich rede davon nicht nur im Hinblick auf Brüssel, sondern das bezieht sich auch auf die hiesigen Verhältnisse –, denn bei einem nachhaltigen Kurs der Budgetkonsolidierung werden wir fraglos ohne Ausgabenstabilisierung und massive Maßnahmen in diesem Bereich nicht auskommen. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.)

Dazu bekenne ich mich. Ich finde also eine Reihe von Anregungen in dieser Studie, und ich würde es in der Tat sehr begrüßen, wenn wir uns im Rahmen welches Gremiums des Hohen Hauses auch immer über diese Dinge sehr ernsthaft unterhalten und auch versuchen, gemein-sam zu brauchbaren Lösungen zu kommen.

Ich möchte schließen, indem ich feststelle: Der Rechnungsabschluß 1997 ist eine Momentaufnahme. Die Tendenz setzt sich in der Zwischenzeit allerdings fort, und ohne ein großes Geheimnis zu verraten, möchte ich sagen, daß ich annehme, daß der Rechnungsabschluß 1998 im Verhältnis zum Voranschlag noch günstiger ausfallen wird als der Rechnungsabschluß 1997. Nachdem ich erst Zahlen vorlege, wenn ich sie dezidiert habe, sage ich jetzt: Ich gehe davon aus, daß wir einen sehr günstigen Rechnungsabschluß 1998 haben werden. Und das ist wichtig, denn es geht auch darum, Defizite im laufenden Budget abzusenken, um weniger Schulden aufnehmen zu müssen, die spätere Budgets durch entsprechende Zinsendienste belasten.

Ich glaube, wir sind als Gesamtregierung auf einem positiven Kurs, und ich bin überzeugt davon, daß, da in den letzten Tagen die Eckdaten dafür bekanntgeworden sind, in welchen Volumina sich die Steuerreform bewegen wird, es zu einer maßvollen, aber spürbaren Senkung kommen wird. (Abg. Mag. Trattner: Eine mickrige Steuerreform!) Nein! Angesichts der Zeitungsberichte ist zu erkennen, daß Sie die Veröffentlichungen und auch die politischen Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers mißverstanden haben! Aber es ist jetzt auch noch nicht die Zeit, darüber zu diskutieren. Denn es ist legitim, daß sich die Regierung zuerst darüber klar wird, mit welchen konkreten Vorschlägen sie an die Öffentlichkeit geht. (Abg. Mag. Trattner: Wollt ihr das vor oder nach der Wahl machen?) Es wird aber jedenfalls eine maßvolle, budgetverträgliche und für die Menschen unserer Republik spürbare Entlastung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Wimmer. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.54

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Meine Herren Präsidenten! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Steindl, ich muß unserem Minister Edlinger recht geben: Heute über das Paket von 30 Milliarden Schilling im Rahmen der Steuerreform zu sprechen, ist noch ein bißchen zu früh. Denn erstens steht dieser Betrag, soviel mir bekannt ist, noch nicht ganz fix im Raum und ist noch nicht ausdiskutiert, und zweitens steht auch noch nicht ganz genau fest, in welche Richtung die Verteilung stattfinden soll. Darüber, welche Teile der Bevölkerung in Zukunft mehr entlastet werden sollen, sind sich, glaube ich, auch unsere Fraktionen noch nicht ganz einig.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Abschluß des Budgets 1997 stand heute schon über weite Strecken im Kreuzverhör der Kritik. Und gerade deshalb ist es notwendig – und ich erlaube mir, das zu tun –, ein paar Eckpunkte dieses Rechnungsabschlusses noch einmal anzusprechen und ein bißchen ins rechte Lot zu rücken. Das Bild, das heute über weite Strecken von der Opposition gezeichnet wurde, stimmt nämlich einfach nicht. Ich verstehe natürlich, daß vor allem die Opposition eine andere Sichtweise hat; das ist natürlich und liegt im Wesen der Opposition. Es wird Ihnen aber trotzdem nicht gelingen, diese – wie ich meine – vorausschauende und erfolgreiche Budgetpolitik schlecht zu reden, meine sehr geehrten Damen und Herren, denn die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache!

Welche Fakten gibt es? – Erstens wird der Konsolidierungskurs, der mit dem Budget 1996 tatsächlich begonnen hat, konsequent weitergeführt. Zweitens sind die Horrorszenarien, die damals bei der Budgeterstellung von der Opposition immer wieder gezeichnet wurden, nicht eingetreten. Es ist in diesem Haushaltsjahr tatsächlich gelungen, das Nettodefizit niedriger zu halten, als im Voranschlag angenommen. Der Abgang beträgt 67,2 Milliarden Schilling, das sind 2,67 Prozent, und veranschlagt waren, soviel mir bekannt ist, 2,74 Prozent. Bekanntlich betrug das Nettodefizit 1995 5,2 Prozent, wir haben dieses also in den letzten zwei Jahren halbiert. Das ist ein Erfolg, den man gar nicht anders darstellen kann, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube, daß mit dieser unserer offensiven Politik Spielraum geschaffen wird, den wir in Zukunft ganz dringend benötigen werden. Dieser Spielraum wird übrigens auch von der Opposition immer wieder gefordert, wenn es darum geht, Mittel für sinnvolle Investitionen, für Beschäftigung und Ausbildung zu lukrieren. – Ich glaube daher, daß dieser Rechnungsabschluß einen erfolgreichen Weg zeichnet, und daher werden wir diesem Rechnungsabschluß gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Parnigoni: Ein guter Abschluß!)

21.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dkfm. Bauer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

21.57

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Abhanden gekommener Herr Bundesminister! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Ist er da? Umso besser! Herr Bundesminister! Sie wissen, ich vermisse Sie immer, schon seit den Zeiten des Wiener Landtages!

Herr Kollege Wimmer! Herr Bundesminister! Niemand spricht der Bundesregierung ab, daß das Defizit, verglichen mit dem Jahre 1996, verringert worden ist. Und es mokiert sich auch niemand darüber, daß es gelungen ist, den Bundesrechnungsabschluß um ein sensationelles Promille günstiger ausfallen zu lassen als den Voranschlag. In Anbetracht dessen werden oberflächliche und äußerst genügsame Beobachter halleluja rufen, ein paar haben es schon getan, und noch einer, keine Frage! (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Aber ich sage Ihnen: Wenn Sie nicht äußerst genügsam und oberflächlich sind, erkennen Sie, daß für solche vorweihnachtlichen Lobgesänge keinerlei Anlaß besteht! Denn erstens gab und gibt es in diesem Budget 1997 so wie in den vorangegangenen kaum strukturelle Veränderungen auf der Ausgabenseite. Ich sage "kaum", und das können Sie auch im OECD-Bericht und im Rechnungshofbericht nachlesen, da brauchen Sie sich nicht auf den Oppositionellen Holger Bauer zu verlassen. Es gibt kaum echte Einsparungen im Sinne nachhaltiger und damit andauernder Einsparungen in diesem Rechnungsabschluß beziehungsweise Budget. Vielmehr haben Sie dieses Ergebnis, das Sie hier so bejubeln, im wesentlichen – man könnte beinahe sagen: ausschließlich – durch zusätzliche Belastungen, sprich höhere Steuern und steuerähnliche Abgaben, erreicht.

Herr Kollege Wimmer! Wenn Sie den Kopf schütteln, dann empfehle ich Ihnen, den Bundesrechnungsabschluß, Teilheft 1, Seite 21 zur Hand zu nehmen. Dort werden Sie folgendes sehen: daß die Koalition in den letzten acht Jahren – und nicht nur in den letzten acht Jahren, aber weiter reicht die Tabelle nicht zurück – die fiskalische Gesamtbelastung, also die Steuern und die Abgaben, ständig und kontinuierlich erhöht hat, hinaufgeschnalzt hat, und zwar in einem solchen Ausmaß, daß sie mit 43,8 Prozent, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, den höchsten fiskalischen Gesamtbelastungsstand der Zweiten Republik zustande gebracht hat. Wir haben die höchste Steuer- und Abgabenbelastung der gesamten Zweiten Republik! Und darauf sind Sie stolz? Mit solchen Methoden bringt auch die Frau Schmauslaberl eine Haushaltskonsolidierung zusammen, wenn sie diese Möglichkeit hat! Das ist doch keine Kunst, auf die Sie stolz sein müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Sigl: Schmähreißer!)

Der gesamte Wiederaufbau der Zweiten Republik ist mit einer geringeren gesamtfiskalischen Belastung zustande gebracht worden als die Bewältigung dieses Konjunktureinbruchs, an die Sie 1995/96 herangehen wollten und mußten! Zu Stolz und zu irgendwelchem besonderen Schulterklopfen besteht also überhaupt kein Anlaß.

Zweitens haben Sie noch etwas gemacht: Sie haben Ihre Schuldenwirtschaft von heute zunehmend und ebenfalls kontinuierlich ansteigend in die Zukunft verlegt. Wenn Sie es nicht glauben, dann empfehle ich Ihnen wieder, Teilheft 1 zur Hand zu nehmen. Dort werden Sie auf Seite 47 unter den sogenannten "budgetwirksamen Vorbelastungen" sehen, daß Sie hier kontinuierlich einen Gesamtschuldenstand von 1 735 Milliarden Schilling aufgetürmt haben, und diese Schulden beziehungsweise die Abstattung dieser Schulden wird die Budgets bis ins Jahr 2031 belasten.

Ich sage es noch einmal: Es besteht überhaupt kein Grund, sich besonders auf die Schulter zu klopfen, halleluja zu rufen oder irgendwelche sonstigen Beifallskundgebungen von sich zu geben, wie Sie es hier gemacht haben. Denn um auf diese Art und Weise einen Haushalt zu sanieren, dazu bedarf es nicht einmal eines mittelmäßig begabten Buchhalters.

Ich sage Ihnen noch eines: Die nächsten Belastungspakete sind vielleicht noch nicht geschnürt, aber die Ingredienzien haben Sie Jahr für Jahr bereits wieder bereitgelegt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer. – Er hat – nomen est omen – das Wort. 

22.03

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Meine Herren Präsidenten! Herr Bundesminister! Sehr verehrte Damen und Herren! Bevor ich in die Tagesordnung eingehe, möchte ich kurz auf das Jahr 1995 eingehen. – Herr Professor Van der Bellen ist jetzt leider nicht im Saal. (Abg. Dr. Van der Bellen – von seinem Sitzplatz aus rufend –: Da bin ich!) Entschuldigen Sie, Herr Professor! – Wir wissen aus den damaligen Vorgesprächen zu den Budgetverhandlungen, daß die Neuverschuldung im Jahr 1996 auf zirka 150 Milliarden Schilling geradezu explodiert wäre, und es kam schließlich im Dezember 1995 zur Neuwahl. Diese Neuwahl ist ja ganz deutlich durch die Handschrift der Österreichischen Volkspartei geprägt, und gerade mit dieser Neuwahl wurde eine Trendumkehr eingeleitet, eine Konsolidierung mit dem Ziel, das Defizit der öffentlichen Haushalte zumindest auf 3 Prozent zurückzuführen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts des Bundesrechnungsabschlusses 1997 können wir – auch wenn Herr Holger Bauer anderer Meinung ist (Abg. Parnigoni: Was aber nicht schlimm ist! Das ist ohnedies normal!) – mit Genugtuung feststellen, daß sich die wirtschaftliche Situation unseres Landes positiv entwickelt hat. Ich möchte dies mit einigen Zahlen dokumentieren:

Erstens: Das reale Wirtschaftswachstum erreichte im Berichtsjahr 2,5 Prozent. Unsere Wirtschaft wächst daher wieder im Einklang mit der Entwicklung der Union.

Zweitens: Die Arbeitslosenrate nach EUROSTAT in der Höhe von rund 4,5 Prozent ist niedriger als die Hälfte des EU-Durchschnittes.

Drittens: Als Folge der mäßigen Lohnentwicklung und wettbewerbssteigernden Effekte durch den EU-Beitritt ist die Inflation mit 1,3 Prozent niedrig geblieben, und wir zählen auch heuer, im Jahre 1998, zu jenen drei Ländern innerhalb der EU, die die niedrigste Inflationsrate aufweisen.

Viertens: Die langfristigen nominellen Zinsen gingen im internationalen Gleichklang zurück. Im September dieses Jahres lag das Zinsniveau mit 3,4 Prozent erstmals seit dem Jahre 1989 wieder unter der nominellen Wachstumsrate des BIP.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Besonders erfreulich ist die Entwicklung der Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte. Bei Bund, Ländern und Gemeinden – und hier ist meiner Meinung nach ein besonderer Kraftakt gelungen – wurde die Nettokreditaufnahme, die im Jahre 1995 noch rund 118 Milliarden Schilling oder 5,1 Prozent des BIP betrug, innerhalb von zwei Jahren um rund 71 Milliarden Schilling auf 47,2 Milliarden beziehungsweise 1,9 Prozent des BIP verringert. Hier gebührt ein besonderer Dank den Ländern und Gemeinden! (Abg. Dr. Salzl: Den Steuerzahlern gebührt Dank!) Diese haben durch ihre Budgetdisziplin gemeinsam – Bund, Länder und Gemeinden – sehr wesentlich zu dieser positiven Entwicklung beigetragen, und mit einer Neuverschuldung von rund 67 Milliarden Schilling gehören wir zu jenen Ländern, die im kommenden Jahr den Euro einführen werden. Auch die Gemeinden beschäftigen sich mit Strukturreformen. Durch Ausgliederungen von Dienstleistungen oder teilweise Ausgliederungen im Bereich der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung werden Maßnahmen gesetzt, um die öffentlichen Haushalte weiter zu entlasten.

Sehr verehrte Damen und Herren! Trotz der Erfolge in der Budgetpolitik sind weitere Maßnahmen notwendig, um die kommenden Budgets nachhaltig zu sichern. Ich denke hier an die Dynamik einzelner Staatsausgaben. Diese müssen überprüft werden, um die mittel- und langfristige Abgabenbelastung zu verringern. Das derzeitige Defizit muß weiter verringert werden, um die bei eventuellen Konjunktureinbrüchen notwendigen Spielräume zu haben. Darüber hinaus sollte es bei weiterer Verringerung der Defizite auch gelingen, die Schuldenquote von derzeit 64 Prozent mittelfristig auf die geforderten 60 Prozent zu verringern – um nur einige Beispiele zu nennen.

Abschließend darf ich darauf hinweisen, daß mit dem Ergebnis des Bundesrechnungsabschlusses 1997 die Voraussetzung für ein erfolgreiches Stabilitätsprogramm geschaffen wurde. Seitens der Österreichischen Volkspartei werden wir dem vorliegenden Bundesrechnungsabschluß 1997 gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP.)

22.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Susanne Rieß. – Bitte.

22.08

Abgeordnete Susanne Rieß (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Wenn ich mir den Bundesrechnungsabschluß 1997 ansehe, zeigt sich, daß diese Koalition im Jahre 1997 noch weniger Handlungsspielraum hatte als in den Jahren zuvor. Das, was Sie, Herr Minister, Kollege Sigl, Kollege Wimmer, uns als Erfolg verkaufen wollen, dokumentiert in Wahrheit Ihre Niederlage!

Ich darf insbesondere auf die noch immer exorbitant und ungebremst steigenden Ausgaben des Bundes hinweisen. Nicht im geringsten ist hier die notwendige Trendumkehr zu bemerken! (Abg. Müller: Ha, ha!) Die Staatsausgaben sind von 754,8 Milliarden Schilling im Jahre 1996 auf 832 Milliarden Schilling – das sind über 10 Prozent! – im Jahre 1997 gestiegen, wobei man noch hinzufügen muß, daß Sie für 1997 weniger veranschlagt haben, als Sie 1996 ausgegeben haben, nämlich 747,2 Milliarden Schilling. Das ist eine Trendumkehr, die wahrlich nur als Voranschlagswunsch zu sehen ist!

Noch ärger steht es mit den Staatsfinanzschulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Hier setzt sich der Trend leider ebenfalls nach oben fort: Die Staatsschuld stieg von 58,6 Prozent im Jahre 1996 auf 59,5 Prozent im Jahre 1997 an. Sind wir überhaupt noch kreditfähig, Herr Minister? Sollten wir nicht besser EU-Nettoempfänger werden?

Fast ein Viertel der Steuereinnahmen geht bereits für den Zinsendienst weg. Zugegeben: Die Zinsensteuerquote ist 1997 rückläufig gewesen. Dies resultiert aus den gestiegenen Steuereinnahmen, die Sie 1997 lukriert haben und die Sie uns jetzt als Erfolg verkaufen wollen. (Zwischenruf des Abg. Eder.) Tatsächlich aber resultieren diese gestiegenen Steuereinnahmen aus den unsozialen und ungerechten Steuerbelastungspaketen der letzten Jahre. Sie sparen nicht – trotz aller Beteuerungen –, und Sie haben das auch gar nicht vor. Sie bürden nur die ganze Last den Bürgern auf. Das ist das verwerflich Ungerechte und Unsoziale.

Auch der Rechnungshof kommt zu einem eindeutigen Ergebnis, und er empfiehlt der Regierung dringend, der Ausgabenverminderung höchste Priorität zukommen zu lassen. Denn auf ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent beziehungsweise 3,9 Prozent wie im Jahr 1997 gibt es kein Gewohnheitsrecht. Sie wissen das, Herr Minister.

Generell wäre beim Bundesrechnungsabschluß 1997 auch einmal über die Bewertung des Vermögens zu diskutieren. Eine Bewertung, so wie sie hier erfolgt, nämlich mit einer sofortigen Abschreibung von 50 Prozent im Jahr der Anschaffung, würde sich jeder österreichische Unternehmer wünschen.

Die Aussagekraft der Vermögensrechnung des Bundes ist wegen dieser Bewertungsusancen als eingeschränkt zu betrachten – so der Rechnungshof. Herr Minister, hier wäre eine Änderung zum Zwecke einer realistischeren Beurteilung dringend notwendig.

Ebenso hätten Sie dringenden Handlungsbedarf und eine dringende Verpflichtung, endlich die seit 1978 ausstehenden Abschlußrechnungen des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds, des KRAZAF, einzufordern. Es vergehen 20 Jahre, und es gibt für den KRAZAF keinerlei Konsequenzen in bezug auf die Nichteinhaltung seiner Offenlegungspflicht!

Herr Minister! Sie vernachlässigen hier in eklatantester Weise Ihre Kontrollpflicht, der Sie auf der Suche nach "Schwarzbier" draußen bei den kleinen Wirten so gerne nachkommen. Herr Minister, werden Sie endlich tätig beim KRAZAF! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerfried Müller. – Bitte.

22.13

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Herr Finanzminister! Geschätzte Damen und Herren! Als besonders positiv am Bundesrechnungsabschluß 1997 ist der Sparerfolg, der sich an der Entwicklung des Defizites des Bundes ablesen läßt, hervorzustreichen. Es ist gelungen, den Abgang deutlich zu verringern. Herr Kollege Steindl hat ja schon darauf hingewiesen, daß der Primärsaldo 1997 mit 20,3 Milliarden Schilling erstmals ein kräftiges Plus verzeichnet. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Was ist das? Was ist denn das? Was ist der Primärsaldo? – Zwischenbemerkung von Bundesminister Edlinger. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ich weiß es ja, aber er nicht!) Das Nettodefizit liegt, berichtigt um die Rücklagenzuführung im Umfang von 6,3 Milliarden Schilling, weit unter dem 1997 prognostizierten Wert.

Herr Staatssekretär außer Dienst! Frau Kollegin Rieß! Es ist eben sehr, sehr schwer, etwas Positives zu kritisieren – darin pflichte ich Ihnen bei. (Abg. Meisinger: 1,8 Millionen Staatsverschuldung! Sehr positiv! – Abg. Dkfm. Mag. Mühlbachler: Wieviel? Wieviel Staatsverschuldung? Meisinger, sag es noch einmal!) Sie haben angesprochen, daß die Abgabenquote im vergangenen Jahr gestiegen ist. Sie ist im vergangenen Jahr um 0,6 Prozent von 42,2 Prozent auf 42,8 Prozent gestiegen. Aber warum ist sie gestiegen? – Sie ist deswegen gestiegen, weil wir die unechte Steuerbefreiung bei den Gesundheitseinrichtungen eingeführt haben und weil wir diese Mehreinnahmen von 12 Milliarden Schilling diesen Gruppen über Transferleistungen wieder zurückgegeben haben, weil wir nicht wollten, daß die Patienten verstärkt zur Kasse gebeten werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Erklären Sie mir den Primärsaldo! Was ist das?)

Tatsache ist, daß sich Österreich weiter auf einem positiven Weg zur Sicherung und Erhöhung des Wohlstandes, zur Verbesserung der Beschäftigungslage und natürlich auch zur Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit befindet.

Die Bundesregierung ist in den letzten Jahren gemeinsam mit den Österreicherinnen und Österreichern einen sehr verantwortungsvollen Weg gegangen. Es ist uns miteinander gelungen, das Defizit, das – ohne das beschönigen zu wollen – von 1991 auf 1995 angewachsen ist, durch einnahmen- und ausgabenseitige Maßnahmen wesentlich zu verringern. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Welche ausgabenseitigen Maßnahmen? Was haben Sie ausgabenseitig gemacht?)

Die Fortführung höherer Defizite hätte unsere finanz- und wirtschaftspolitischen Spielräume stark verringert und auf längere Sicht sicherlich zu einer eher unfinanzierbaren Budgetbelastung geführt. Darauf haben die Regierungsparteien auch immer zeitgerecht hingewiesen, und sie haben auch durch nicht so populäre Maßnahmen entsprechend gehandelt.

Hohes Haus! Noch ein paar Sätze zur Steuerreform: Unter Berücksichtigung unserer budgetpolitischen Verantwortung werden im Rahmen der kommenden Steuerreform insbesondere die Bezieher mittlerer und kleinerer Einkommen zu entlasten sein. Die "flat tax" beispielsweise würde ja am stärksten die Bezieher großer Einkommen entlasten. Der wichtigste Grundsatz wird also die richtige Dosierung sein, denn niemand hat etwas davon, wenn durch die Steuerreform Löcher aufgerissen werden, die dann in späteren Jahren wiederum durch verschiedene Ausgabenkürzungen gestopft werden müssen.

Ich bekenne mich aber auch dazu, daß neue Wege begangen werden, um eine kreative Budgetpolitik zu betreiben. Wir müssen das Phänomen bekämpfen, daß Unternehmungen aufgrund technologischer Erneuerung zwar höhere Wertschöpfungen erzielen, der Beitrag dieser Unternehmungen zur sozialen Sicherheit jedoch aufgrund des Abbaus von Arbeitsplätzen und aufgrund der Aushöhlung der Bemessungsgrundlagen immer geringer wird. Die Lösung geht – wie schon einige Male angesprochen wurde – in Richtung einer Wertschöpfungsabgabe oder wertschöpfungsähnlichen Abgabe. (Abg. Dr. Lukesch: Das wäre der falsche Weg! Das wäre ganz der falsche Weg!)

Wir brauchen also den Mut, neue Ideen auszuarbeiten und diese dann auch umzusetzen. Denn nur so sichern wir die Zukunft unseres Landes, um dem internationalen Wettbewerbskampf auf dem Arbeitsmarkt, in der Wirtschaft und in der Sozialpolitik standhalten zu können.

Abschließend möchte ich noch kurz auf das Stichwort Steuerdisziplin eingehen. Die Steuerrückstände im Bundesrechnungsabschluß 1997 liegen mit 39,6 Milliarden Schilling zwar deutlich unter dem Wert von 1995, sind aber trotzdem etwas höher als 1996. Wäre die Steuerdisziplin bei den Unternehmern so gut wie bei den Unselbständigen, hätten wir wesentlich mehr Spielraum. Daher ist es wichtig und richtig, Finanzminister Edlinger bei den von ihm angekündigten Maßnahmen gegen diese Auswüchse auch entsprechend zu unterstützen. In diesem Zusammenhang erachte ich persönlich es als effizienteste Maßnahme, auch wieder einmal ernsthaft über eine Aufstockung des Personals bei den Finanzbehörden nachzudenken.

Geschätzte Damen und Herren! Da der Bundesrechnungsabschluß 1997 das angestrebte Ziel übererfüllt hat, stimme ich diesem gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

22.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Präsident des Rechnungshofes. – Bitte, Herr Präsident.

22.19

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es gab sowohl im Budgetausschuß als auch in der heutigen Diskussion eine Reihe von Wortmeldungen, in denen die Meinung vertreten wurde, der Bundesrechnungsabschluß solle anders aussehen, als er tatsächlich aussieht, als er dem Hohen Haus vorgelegt wird; es sollten Änderungen betreffend die Abfassung des Bundesrechnungsabschlusses beziehungsweise den Aufbau des Bundesrechnungsabschlusses überlegt werden.

Ich habe die diesbezüglichen Diskussionsbeiträge bereits im Budgetausschuß kommentiert und habe mir darüber hinaus auch noch die Mühe gemacht, einmal eine historische Betrachtung darüber anzustellen, welches Ziel eigentlich ursprünglich die Väter unserer Verfassung mit dem Bundesrechnungsabschluß erreichen wollten. Es war nicht uninteressant zu sehen, was Kelsen und die Mitverfasser der Bundesverfassung diesbezüglich festgehalten haben. (Abg. Haigermoser – eine Spielzeugampel in der Hand haltend –: Van der Bellen hat gesagt, die SPÖ möchte sofort wählen und die ÖVP überhaupt nicht!)

Der Bundesrechnungsabschluß soll – und diese Funktion erfüllt er auch – vornehmlich dem Nachweis dienen, ob die haushaltsleitenden Organe die ihnen im Wege des Bundesfinanzgesetzes erteilten Ausgabenermächtigungen eingehalten haben. Es geht also um eine Überprüfung, ob das, was im Bundesfinanzgesetz den haushaltsleitenden Organen eingeräumt wurde, im Zuge des Budgetvollzuges auch eingehalten worden ist oder ob es diesbezüglich Abweichungen gibt. – Das ist das Wesen des Bundesrechnungsabschlusses, und dementsprechend wird er auch verfaßt.

Weitere Wünsche, die darüber hinaus im Laufe der Zeit von seiten des Nationalrates, aber auch von anderer Seite an den Rechnungshof herangetragen wurden, den Bundesrechnungsabschluß zu erweitern und darin auch andere Aussagen zu treffen, sind sehr wohl auch vom Rechnungshof aufgegriffen worden. Wenn man sich den Bundesrechnungsabschluß heute ansieht, so wird man unschwer feststellen können, daß in ihm wesentlich mehr enthalten ist als das, was darin festzuhalten dem Rechnungshof von Gesetzes wegen an sich aufgetragen ist.

Ich darf in diesem Zusammenhang nur beispielsweise auf volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen, Bruttoinlandsprodukt, Volkseinkommen, Primärsaldo, fiskalische Gesamtbelastung, seit einigen Jahren die Maastricht-Berechnungen und auch auf die finanzpolitischen Schlußfolgerungen verweisen: All dies sind Dinge, hinsichtlich deren der Rechnungshof nicht verpflichtet wäre, sie im Bundesrechnungsabschluß festzuhalten. Er tut dies dennoch, weil er aufgrund der Diskussionen, die in den Ausschüssen beziehungsweise auch hier im Plenum abgeführt werden, weiß, daß ein Interesse daran besteht.

Aber ich glaube, man sollte den Bundesrechnungsabschluß nicht überspannen. Man sollte auch bedenken, daß der Umfang des Bundesrechnungsabschlusses bereits sehr groß geworden ist und daß auf der anderen Seite ja auch wiederum davon gesprochen wird, daß man den Bundesrechnungsabschluß in einigen Punkten vielleicht entlasten könnte, daß man eine Entschlackung vornehmen sollte.

Ich darf daher um Verständnis dafür ersuchen, daß ich meine, daß der Umfang des Bundesrechnungsabschlusses und die Erläuterungen, die der Rechnungshof freiwillig, ohne gesetzlich verpflichtet zu sein, dazu gibt, bereits ein solches Ausmaß erreicht haben, daß man nicht noch weiter gehen sollte.

Was nun die finanzpolitischen Schlußfolgerungen, die der Rechnungshof im Bundesrechnungsabschluß ausspricht, anbelangt, so ist es kein Geheimnis, daß er sich diesbezüglich sehr vorsichtig verhält, daß er solche finanzpolitischen Schlußfolgerungen nur sehr vorsichtig formuliert, und dies aus einem ganz einfachen Grund: Im Gegensatz zu den Prüfungen, die der Rechnungshof vornimmt und über die er dem Nationalrat seine Berichte vorlegt, beruht der Bundesrechnungsabschluß nicht auf Prüfungen. Er beruht ausschließlich auf Zahlenmaterial und auf Auswertungen dieses Zahlenmaterials, ohne daß ihm Gebarungsprüfungen zugrunde liegen; daher auch die sehr vorsichtigen Ausführungen des Rechnungshofes dazu.

Eines allerdings hat der Rechnungshof im Bundesrechnungsabschluß auch diesmal wieder festgehalten: daß man in Hinkunft vor allem den Einsparungen auf der Ausgabenseite wird erhöhtes Augenmerk schenken müssen. Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns eigentlich alle einig – der Rechnungshof, der Herr Finanzminister, die Regierung und die Opposition. Ich glaube, es steht außer Frage, daß die Bemühungen in der Zukunft in diese Richtung zu gehen haben, und soweit mir dies geläufig ist, sind die Anstrengungen von seiten der Bundesregierung und von seiten des Finanzministeriums auch darauf ausgerichtet.

Ich glaube daher, daß die Ausführungen, die Erläuterungen des Rechnungshofes im Bundesrechnungsabschluß durchaus ausreichend erscheinen und daß sie aussagekräftig sind. Daß sie verschieden interpretiert werden – je nachdem, ob man der Opposition oder der Regierung angehört –, steht auf einem anderen Blatt. Aber ich glaube, daß der Rechnungshof nicht noch mehr Erläuterungen geben sollte, die er, ohne daß Prüfungen vorgenommen würden, guten Gewissens auch nicht abgeben könnte.

Herr Abgeordneter Van der Bellen! Sie haben im Ausschuß ein Problem angesprochen, und zwar die Begrenzung der Erläuterungen zu Kapitel 52. Ich habe Ihnen nach dem Ausschuß gesagt, der Rechnungshof wird sich dieser Thematik annehmen, wird das Problem bis zum Plenum beleuchten und sich Änderungsvorschläge durch den Kopf gehen lassen. Herr Abgeordneter, wir haben auch tatsächlich Überlegungen dazu angestellt, und ich kann Ihnen heute diesbezüglich vermelden, daß der Rechnungshof diese Sonderregelung für das Kapitel 52 ab dem nächsten Bundesrechnungsabschluß wird fallenlassen und daß ebenso wie bei allen übrigen Kapiteln bei Abweichungen von über 5 Millionen Schilling auch diesbezüglich vom Rechnungshof die Erläuterungen gegeben werden.

Ich möchte damit auch unter Beweis stellen, daß wir Anregungen von seiten der Parlamentarier durchaus entgegenkommen, daß wir durchaus bereit sind, solche Anregungen aufzugreifen, zumal dann, wenn damit eine bessere Aussagekraft erreicht werden kann und wenn damit auch nicht eine umfangmäßige Belastung des Bundesrechnungsabschlusses verbunden ist.

Lassen Sie mich also damit schließen, daß wir, wenn Wünsche von seiten der Parlamentarier an uns herangetragen werden, durchaus bereit sind, sie aufzugreifen und auch diesbezüglich den Rechnungsabschluß zu erweitern, daß man aber doch bedenken sollte, daß der Rechnungsabschluß bereits einen beträchtlichen Umfang erreicht hat und daß er nicht ins Uferlose gehen kann. Ich glaube, daß man mit dem, was der Rechnungshof vorgelegt hat, das Auslangen finden kann und daß die Aussagekraft dessen, was der Rechnungshof im Bundesrechnungsabschluß vorlegt, eine sehr hohe ist und damit auch den Parlamentariern ein Informationsgehalt zukommt, der sie guten Gewissens für diesen Bundesrechnungsabschluß wird stimmen lassen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fink. – Bitte.

22.27

Abgeordneter Ernst Fink (ÖVP): Meine sehr geehrten Herren Präsidenten! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Bundesrechnungsabschluß 1997 widerspiegelt die erfolgreiche Arbeit der Bundesregierung und zeigt den Konsolidierungserfolg. Wenn Herr Dkfm. Bauer uns vorwirft, daß wir darauf zu stolz sind, dann sage ich ihm, ich bin als Abgeordneter wirklich stolz darauf! Mit diesem Bundesrechnungsabschluß wurden die fiskalischen Maastricht-Kriterien erfüllt und damit die Teilnahme Österreichs an der Wirtschafts- und Währungsunion möglich gemacht.

In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern (Abg. Haigermoser: Du wirst nicht mehr lange stolz sein!), daß das Budgetdefizit 1995 noch 117,9 Milliarden Schilling betrug. (Abg. Haigermoser – erneut eine Spielzeugampel in die Höhe haltend –: Du wirst nicht mehr lange stolz sein!) – Nun ja, es kann sich vieles verändern! Bei der nächsten Wahl wird sich zum Beispiel zeigen, ob ihr dann überhaupt wieder hier herinnen seid. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Der Abgang des Jahres 1996 wurde auf 89,4 Milliarden Schilling gesenkt (Abg. Haigermoser – die Spielzeugampel in die Höhe haltend –: Euch geht sowieso kein Licht auf!) und erreichte 1997 mit 67,2 Milliarden Schilling Maastricht-konforme 2,7 Prozent des BIP.

Beachtlich ist, daß die im Bundesvoranschlag für 1997 vorgesehene Defizitreduktion sogar übertroffen wurde. Das Defizit lag schließlich um 796 Millionen Schilling unter dem präliminierten Abgang. Man kann, wenn man es an den Einnahmen mißt, sagen, das ist 1 Promille; wenn man es am Abgang mißt, dann ist es 1 Prozent. Man kann auch die 796 Millionen nennen, und wir sind auch stolz auf dieses Ergebnis. Ohne Reservenbildung – 6,3 Milliarden Schilling wurden einer Rücklage zugeführt – hätte sich der Abgang 1997 auf 6,9 Milliarden Schilling verringert und wäre um 7,1 Milliarden Schilling unter dem ursprünglich geplanten Nettodefizit gelegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie erinnern sich, daß die erfolgreiche Budgetsanierung und damit die Einbindung in die Europäische Währung nur dadurch ermöglicht wurde, weil die ÖVP die Richtungswahl 1995 erzwungen hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Jawohl! Die ÖVP ist an allem schuld! – Heiterkeit bei der SPÖ.)

Dieser Kurs der Österreichischen Volkspartei hat sich sehr bewährt. Wir exportieren heuer Waren im Wert von zirka 800 Milliarden Schilling, wir werden ein reales Wirtschaftswachstum von 3,2 Prozent haben, und wir können eine Rekordbeschäftigung verzeichnen. Um diesen Kurs erfolgreich fortsetzen zu können, ist die Steuerreform 2000 sehr wichtig, denn sie wird eine vernünftige und spürbare Entlastung bringen. Wir wollen die Tarife senken, wir wollen die Betriebsübergaben und die Altersvorsorge steuerlich begünstigen, und wir wollen die Ausbildung junger Menschen fördern, wie wir das beispielhaft mit dem ersten Lehrlingsjahr geschafft haben. Die Ausbildung junger Menschen wird steuerlich durch einen Absetzbetrag von 20 000 S anerkannt, und wir wollen das natürlich auf die gesamte Lehrzeit ausdehnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die negativen Erwartungshaltungen der Opposition haben uns vom erfolgreich eingeschlagenen Weg des konsequenten Konsolidierungskurses nicht abbringen können. Mit den Reformmaßnahmen ist es der Bundesregierung gelungen, den erforderlichen budgetpolitischen Spielraum zu erlangen und den Wirtschaftsstandort Österreich abzusichern. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Diese Rede mußt du im Wahlkampf halten! Darauf freue ich mich schon!)

22.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mühlbachler. – Bitte.

22.32

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich auf den letzten Budgetausschuß beziehen und folgendes feststellen: Im letzten Budgetausschuß gab es zwei oppositionelle Anträge, wobei im Grunde genommen geglaubt wurde, daß keiner der oppositionellen Anträge erledigt werden könnte.

Ich nehme es aber für mich und auch für die Vertreter der Regierungsparteien in Anspruch, daß auf den Antrag von Dr. Kier – natürlich mit gewissen Abänderungen – eingegangen wurde. In einem Antrag Haselsteiner wurde verlangt, daß der Bundesrechnungsabschluß mit 31. Mai vorgelegt wird. Wir alle wissen, daß das unmöglich gewesen wäre. Aber wir haben uns letztlich darauf geeinigt, daß wir mit Ende September, also noch vor dem nächsten Voranschlag, den Bundesrechnungsabschluß des vergangenen Jahres behandeln werden, und ich glaube, daß das ein großer Erfolg ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben vom Wirtschaftsbeirat für die Veränderung der Haushaltsrechnung Vorgaben bekommen, und ich glaube, daß ich als Vorsitzender zusammen mit den Vertretern der Regierungsparteien bewirkt habe, daß die eingebrachten Vorschläge zumindest beachtet wurden und weiterbehandelt werden.

Ich möchte auch sagen: Es gibt Dinge, die immer wieder vorkommen und die ich auch im Ausschuß nicht dulden kann. (Abg. Gaugg: Was können Sie denn nicht dulden?) Meine sehr geehrten Damen und Herren gerade von den Freiheitlichen! Wenn beispielsweise Herr Mag. Trattner dem Herrn Finanzminister empfiehlt, daß er doch den Bundesrechnungsabschluß lesen möge, dann ist das meines Erachtens eine eher lächerliche Gebärde! (Abg. Gaugg: Festhalten!)

Herr Mag. Trattner! Heute sind einige Anträge von Ihnen gekommen, die ich insgesamt nicht ernst nehmen kann, wenn ich im Finanzschuldenbericht des Jahres 1997 lese, daß zur Zeit Ihrer Regierungsbeteiligung die Finanzschuld, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, am höchsten war, nämlich 5,3, 4,4, 4,4, 5,1. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser.) Da wart ihr dabei, das habt ihr damals mitverantwortet, ihr habt damals abgewirtschaftet! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ihr wart diejenigen, die aus dem Familienlastenausgleichsfonds Panzer finanziert haben! So wart ihr! Das war eure Sache! Ihr seid nicht glaubwürdig! (Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Bitte, meint heute nicht, ihr hättet keine Vergangenheit! Eure Vergangenheit wird euch in der Zukunft einholen! – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

22.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen werden.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 1997 samt Titel und Eingang in 1525 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die mit dem Gesetzentwurf, mit dem der Bundesrechnungsabschluß für 1997 genehmigt wird, einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist mit Mehrheit in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Die Genehmigung des Bundesrechnungsabschlusses ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit vorgenommen worden.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Rechnungshofgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1541 der Beilagen.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein diesbezügliches Zeichen ersuchen. – Ich stelle fest, daß dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung einstimmig angenommen wurde.

Wir stimmen nunmehr in dritter Lesung ab.

Im Falle der Zustimmung erbitte ich ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß die Vorlage in dritter Lesung ebenfalls einstimmig angenommen wird.

Damit gelangen wir schließlich zur Abstimmung über den Antrag des Budgetausschusses, seinen Bericht in 1542 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen. – Die Kenntnisnahme erfolgt mit Mehrheit.

Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.

14. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 456/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Gewährleistung der umgehenden Realisierung bereits projektierter Bauvorhaben (1500 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 457/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Zusammenlegung der BGV I und der BGV II (1501 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 14 und 15.

Auf eine mündliche Berichterstattung wird verzichtet.

Ich gehe sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. – Bitte.

22.39

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zu vorgerückter Stunde noch ein wenig mit dem Bundeshochbau, mit der Bundesimmobiliengesellschaft und mit den beiden Bundesgebäudeverwaltungen auseinandersetzen.

Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß ein Antrag des Kollegen Kier vorliegt – es handelt sich hierbei um einen abgeschriebenen alten, allerdings unvollständig abgeschriebenen Antrag der freiheitlichen Fraktion –, in dem vorgeschlagen wird, BGV I und BGV II zu fusionieren und damit einige Rationalisierungseffekte einzuspielen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß das nur ein halbherziger Schritt wäre. Die Bundesgebäudeverwaltung I und II in der bestehenden Struktur ist nämlich ein Relikt aus der Vergangenheit und muß grundlegend reformiert werden. Um es gleich zu sagen, meine Damen und Herren: Ein bloßes Zusammenlegen und Bereinigen von einigen antiquierten Strukturen wird nicht ausreichen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Mir fehlt hier das Privatisierungselement, wobei das Privatisierungselement in diesem Zusammenhang natürlich in einem umfassenden Sinne auch dahin gehend zu verstehen ist, daß die Bundesimmobiliengesellschaft, die BIG, mit einbezogen wird.

Herr Bundesminister! Sie haben in einer Anfragebeantwortung, die etwa ein Jahr alt ist, einige Mitteilungen zum Stand der Privatisierungen gemacht. Sie haben einige Angaben gemacht, wie und zu welchen Konditionen mit Stichtag 1. Oktober 1997 verkauft wird, und Sie haben einige interessante Feststellungen getroffen, die ich jetzt kurz aufgreifen möchte.

Denn es erscheint mir schon wesentlich, daß bis zum 1. Oktober 1997 etwa 957 Wohnungen aus dem Bestand des Bundes, also Ihres Ressorts, zu einem durchschnittlichen Erlös von 9 500 S pro Quadratmeter veräußert wurden, wobei in diesem Preis ein 30prozentiger Abschlag für die Aufgabe von Mietrechten inkludiert ist. Wenn man davon ausgeht, daß die durchschnittliche Wohnungsgröße rund 77 m2 beträgt – und das ist auch die Durchschnittsgröße für die weiteren Privatisierungsvorhaben – und das in die Zukunft vorträgt, dann ergibt sich ein interessantes Phänomen. Denn ab dem Jahr 1999 will der Bund, soweit es Ihr Ressort betrifft, wie das Wirtschaftsministerium verlauten ließ, noch weitere rund 1 200 Wohnungen verkaufen, erwartet sich für diese 1 200 Wohnungen aber nur einen Verkaufserlös von 350 Millionen. Meine Damen und Herren! Das ist pro Wohnung ein Betrag, der unter 300 000 S, genau bei etwa 291 000 S, liegt. Wenn man daraus den Quadratmeterpreis errechnet, kommt man auf einen Betrag von zirka 3 800 bis 4 000 S pro Quadratmeter. Gegenüber 9 500 S aus dem Jahr 1997 ist das ein Preisverfall von 60 Prozent!

Herr Bundesminister! In Anbetracht dessen müssen Sie dem Hohen Haus einmal erklären, nach welchen Kriterien eigentlich privatisiert wird. Ich möchte Sie bitten, Herr Bundesminister, uns das ganz genau und plausibel darzulegen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn wie Sie wissen, Herr Bundesminister, beträgt der durchschnittliche Mieterlös im Altbaubestand von Bundesimmobilien, soweit es Mietobjekte betrifft, die für private Wohnungen zur Verfügung gestellt wurden, 18 S pro Quadratmeter, also 1 800 S für eine 100-m2-Wohnung. Daher ist es völlig klar, daß einem Mieter, dem eine Wohnung angeboten wird, auch das beste und attraktivste Preisangebot des Wirtschaftsministeriums nicht attraktiv genug erscheint. Auf diesem Gebiet – und das betrifft zum Großteil auch Ihre Amtsvorgänger – wurde jahrelang ein völlig falscher Weg beschritten, denn man hat sich einfach von den billigen Mieten des Wirtschaftsministeriums nie verabschiedet.

Herr Bundesminister! Da liegt das eigentliche Problem: In Wirklichkeit hätte man die Mieten, die den Bundesbediensteten eingeräumt wurden, mit der Zeit auf ein erträgliches, aber einigermaßen marktübliches Niveau anheben müssen. Dann wäre die Privatisierung heute interessant. So aber, Herr Bundesminister, sehe ich die große Gefahr, daß die wenigen zaghaften Privatisierungsansätze, die Ihr Ministerium unternimmt, im Sande verlaufen werden. Und das ist eigentlich schade, denn das kann sich diese Republik nicht leisten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich meine daher, daß es nicht genug sein wird, wenn man in Ihrem Ministerium eine Studie nach der anderen produziert und sagt: Es ist ohnedies schon viel geschehen, wir haben enorme Rationalisierungspotentiale ausgeschöpft. Gestatten Sie mir, Herr Bundesminister, daß ich sage: Man muß das tatsächlich umsetzen und darf nicht nur davon reden und eine Studie nach der anderen beauftragen. Bitte, fangen wir endlich an, sinnvoll und mit Augenmaß zu privatisieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

22.46

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Antrag 456/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend die Gewährleistung der umgehenden Realisierung bereits projektierter Bauvorhaben wird der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten aufgefordert, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um bereits projektierte und finanzierte Bauvorhaben ehestmöglich zu realisieren. Dieser Antrag ist überholt.

Im Baubudget 1998 sind insgesamt 7,2 Milliarden vorgesehen. Alle 15 größeren Neubauvorhaben wurden planmäßig begonnen und befinden sich derzeit in Baudurchführung. Insgesamt werden heuer im Bundeshochbau rund 6 Milliarden Schilling ausgabenwirksam und bauwirksam umgesetzt.

Das Budget 1999 sieht insgesamt Ausgaben von 6,8 Milliarden vor. Im kommenden Jahr werden 51 Neubauprojekte und viele kleinere Einzelprojekte im Rahmen der Erhaltungsarbeiten in Angriff genommen. Und wenn man in Österreich etwas herumkommt, dann sieht man überall Bauvorhaben des Bundes. Wesentliche zusätzliche Baukapazitäten sind gar nicht vorhanden. Dies müßte auch den Liberalen auffallen. Die Situation stellt sich also ganz anders dar als in diesen Anträgen dargestellt.

Der Entschließungsantrag 457/A (E), ebenfalls von Dr. Volker Kier und Genossen des Liberalen Forums, betreffend Zusammenlegung der Bundesgebäudeverwaltung I und der Bundesgebäudeverwaltung II als ersten Schritt und Fusionierung mit der Bundesimmobiliengesellschaft als nächsten Schritt zeigt einmal mehr die zentralistische Einstellung dieser Partei, die in keiner Weise dem föderalen Aufbau unserer Republik Rechnung trägt. Solche Modelle, die Kostenreduktionen fast ausschließlich durch Personalabbau erreichen wollen und die mit der Notwendigkeit der Budgetkonsolidierung gerechtfertigt werden, sind meiner Ansicht nach zu unausgereift und viel zu dürftig. Zentralisierungen bringen – das lehrt uns die leidvolle Erfahrung der Verstaatlichten in den siebziger Jahren – keine kostensenkenden, sondern kostensteigernde Effekte.

Viel zielführender und besser scheint mir die Vorgangsweise zu sein, die Bundesminister Farnleitner vor einem Jahr gewählt hat. Er hat nämlich das Managementbüro Dr. Jenewein beauftragt, die Möglichkeiten einer Effizienzsteigerung in der Verwaltung des Bundeshochbaus zu überprüfen. Das Ergebnis dieser Untersuchung liegt vor. Mehrere Möglichkeiten der Effizienzsteigerung sowie strategische Vorstellungen wurden mit Unterstützung der Mitarbeiter des Bundeshochbaus formuliert. Ebenso wurden gemeinsam mit den Mitarbeitern mittel- und langfristige Zielsetzungen aufgezeigt.

Der Herr Bundesminister gab im Vorfeld dieser Untersuchungen einige Vorgaben wie Entbürokratisierung, Deregulierung, Ausgliederung von Dienststellen, Verringerung der Nebengebühren, Energieeinsparungen, um nur einige zu nennen. Die gegenständliche Untersuchung stellt fest, daß vorrangig eine bessere Auslastung und Nutzungsoptimierung der vorhandenen Immobilien, verbunden mit internen Verwaltungsvereinfachungen, erfolgen soll.

Weiters hat der Minister zur Verwirklichung dieses Projekts einen Arbeitskreis mit fünf Gruppen eingesetzt, die an der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen bereits arbeiten. Schwerpunkte sollen bessere Raumnutzung, Deregulierung, Raum- statt Objektbetreuung, Modernisierung des Buchhaltungssystems, Vereinfachungen bei Erlässen und Formularen und so weiter sein. Dieses Reformprojekt ist bereits voll im Gange, Herr Kollege Firlinger! Damit soll eine Effizienzsteigerung erreicht werden, die die Kosteneinsparungen des auf Personalabbau und Zentralisierung beruhenden Modells um ein Vielfaches überragt. – Lassen wir die Betroffenen arbeiten und das Reformprojekt verwirklichen! Meine Fraktion kann den vorliegenden Entschließungsanträgen 456/A (E) und 457/A (E) die Zustimmung nicht erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.

22.51

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod minister! Visoki dom! Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Minister! Erlauben Sie mir, ein bißchen auf die Ausführungen meines Vorredners einzugehen, der die Liberalen als "Zentralisten" bezeichnet hat. – Ich meine, wenn man Verwaltungsvereinfachungen vorschlägt, dann strebt man nicht Zentralismus an, sondern eine vernünftige Einsparung von überflüssiger Bürokratie, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

In diesem Sinne ist der Antrag des Kollegen Kier zu verstehen. Es kann aber sein, daß einige der Meinung sind, wir sollten quasi für jeden Bezirk eine BGV einrichten, möglicherweise auch noch je eine schwarze und eine rote BGV. Das würde einige Leute freuen, vor allem die jeweiligen Herren Direktoren.

Meine Damen und Herren! Im Antrag des Kollegen Kier zeigt sich vor allem die Sorge, daß öffentliche Investitionen zögerlich geschehen. Ich meine, es wäre an der Zeit, daß man Vorhaben, die bereits ausfinanziert sind und das Planungsstadium überschritten haben, rasch realisiert. Ich verweise in diesem Zusammenhang vor allem auf die Realisierung des TU-Gebäudes für Maschinenbau, sei es nun auf der Platte oder den Aspanggründen, und auf die B 301, die Außenringverbindung Süd Autobahn – Schwechat.

Herr Minister! Es wäre überhaupt an der Zeit, daß Sie sich mit Ihrem Ministerkollegen einmal ins Kämmerlein sperren, vielleicht jetzt über die Weihnachtsfeiertage. Ich hatte das Glück oder das Pech, hintereinander im Bautenausschuß – sprich: Straßenbautenausschuß – und dann im Ausschuß für den Ausbau unserer Bahnstrecken zu sitzen, und ich hatte das Gefühl, daß es sich bei den Ministern um zwei Herren von verschiedenen Ländern und verschiedenen Bundesregierungen handelt. Denn der eine hat sozusagen mit großem Fragezeichen von den Straßenbauvorhaben gesprochen, und der andere hat sozusagen mit einem genauso großen Fragezeichen und ironisch vom Masterplan gesprochen. Da war mir nicht ganz klar, ob diese Herren derselben Bundesregierung angehören. Wie ich annehme, ist dies der Fall, aber es wäre gut, wenn man doch zu einem gemeinsamen Plan und einem gemeinsamen Verkehrskonzept kommen könnte. Farnleitner und Einem könnten sich damit vielleicht ein Denkmal setzen wie Herr Ghega mit seiner Semmeringbahn. Vielleicht geht es in diese Richtung.

Herr Minister! Ich möchte Sie noch ein bißchen positiv provozieren. Sie haben im Ausschuß einige sehr mutige Äußerungen getroffen, vor allem im Zusammenhang mit der Frage der Zusammenlegung von BGV I und BGV II. Sie haben versprochen, daß eine Projektgruppe eine Studie erstellen wird, die im März vorliegt. Herr Minister! Ich möchte Sie wirklich bitten, daß Sie sich beeilen und uns möglichst bald die Fakten darstellen. Sie sagten selber, hier sei ein sehr großes Einsparungspotential vorhanden, das Sie gerade untersuchten. Es würde uns sehr freuen, die Ergebnisse zu erfahren. Vor allem würde uns freuen, wenn Sie uns dann auch gleich mitteilen würden: Ich habe das Einsparungspotential gleich wahrgenommen und realisiert. Ich habe nicht eine Studie gemacht und dann zugewartet, sondern habe bereits eingespart! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Noch etwas für mich sehr Erfreuliches; ich hoffe, es entspricht der Wahrheit, so sind jedenfalls meine Notizen: Herr Minister! Ich bitte Sie, mich zu korrigieren, aber ich habe Ihnen sehr sorgfältig zugehört, wie ich das immer tue, wenn Minister sprechen, ich habe ja das Glück, den Herren immer vis-à-vis zu sitzen. Sie haben im Ausschuß kundgetan: Ich habe in meinem Ministerium mit 2 700 Personen begonnen. Ich gehe davon aus, daß ich etwa 2002 nur mehr 2 300 Beamte haben werde. Und dann haben Sie gesagt: Wenn ich dann das Ministerium verlasse, dann werden es nur mehr 1 500 sein. – In Anbetracht dessen haben natürlich meine skeptischen Kollegen gleich gesagt: Du hast entweder schlecht gehört, oder der Farnleitner hat vor, Mengen von Beamten auszulagern, das heißt, er macht eine schlampige Privatisierung. (Zwischenruf des Abg. Gaugg.)

Es ist, wie ich meine, wichtig, daß Sie mir das einmal erklären, denn wenn Sie bei dieser Aussage bleiben, dann stimmen die Angaben, die das Liberale Forum macht, nämlich daß wir in der Verwaltung 25 Prozent einsparen können. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Gaugg: Sag doch endlich, worum es geht!)

Farnleitner hat gesagt: ohne Verlust für den Bürger! Er hat gesagt, er habe seine Erlässe durchgesehen und auf ein Drittel reduziert. Da habe ich gesagt: Herr Minister! Sie haben sich versprochen, Sie meinten wohl: um ein Drittel. Darauf hat er gesagt: Nein, auf ein Drittel.

Herr Minister! Es wird uns sehr freuen, wenn Sie uns das ein bißchen näher erläutern.

Wenn das, was Sie sagen, der Wahrheit entspricht, dann unterstützen Sie eine sehr wichtige Forderung des Liberalen Forums, daß wir vor allem einen schlankeren Staat brauchen. Das bedeutet natürlich effizient arbeitende, gut ausgebildete und gut ausgestattete Beamte, moderne Beamte, mutige Beamte, aber nicht unbedingt pragmatisierte Beamte! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller. – Bitte.

22.57

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Herr Präsident! Herr Wirtschaftsminister! Meine Damen und Herren! Zum Antrag des Liberalen Forums betreffend Zusammenlegung der BGV I und II möchte ich vorausschicken, daß es unbestritten ist, daß die Effizienz der Liegenschaftsverwaltung des Bundes seit geraumer Zeit diskutiert wird. Unbestritten ist auch, daß der Rechnungshof schon seit Jahren eine Neuorganisation der Bundesgebäudeverwaltungen anregt.

Strittig ist immer nur, welcher Weg dabei eingeschlagen werden soll: Die FPÖ will überhaupt alles, was nicht niet- und nagelfest ist, verscherbeln, die Kolleginnen und Kollegen vom Liberalen Forum wollen die Bundesgebäudeverwaltung I und II ohne Wenn und Aber zusammenlegen, der Wirtschaftsminister wehrt sich vehement gegen die, wie er sagt, Zusammenlegung von völlig inhomogenen Strukturen und verweist auf sein Reformprojekt zur Effizienzsteigerung.

Faktum ist, daß – wie der Rechnungshof bereits festgestellt hat – die Liegenschaftsverwaltung des Bundes in bezug auf die Personal- und Verwaltungskosten im Vergleich zu privaten und gemeinnützigen Hausverwaltungen und in bezug auf die Wirtschaftlichkeit schlecht abschneidet. Allerdings darf man nicht außer acht lassen, daß eine Reihe von Bediensteten nicht ausschließlich für die Liegenschaftsverwaltung eingesetzt werden, sondern auch mit anderen Aufgaben betraut sind. Hier ist beim direkten Vergleich Vorsicht angebracht, damit man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht.

Weitere Kritikpunkte des Rechnungshofes sind auch, daß das Wirtschaftsministerium die Liegenschaftsverwaltung nicht ausreichend koordiniert und unterstützt. Kritisch zu beleuchten ist auf jeden Fall die große Zahl von insgesamt 33 Dienststellen, die mit der Liegenschaftsverwaltung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten betraut sind.

Ich unterstütze jedenfalls eine Reform, aber es darf bei der Reform der Liegenschaftsverwaltung des Bundes keine Ho-ruck-Aktionen geben. Kosten und Nutzen der einzelnen Varianten müssen genau geprüft und ausdiskutiert werden, bevor weiterverhandelt und ein Lösungsansatz gewählt wird. Immerhin geht es in diesem Zusammenhang nicht nur um Papier und Geld, sondern auch um eine Reihe von Menschen, die in dieser Liegenschaftsverwaltung arbeiten. Diese Tatsache, glaube ich, sollten wir keinesfalls aus den Augen verlieren.

Wir haben bei dieser Verwaltung aber auch kein Geld zu verschenken. Daher möchte ich abschließend noch folgenden Aspekt der Energiebeschaffung ansprechen: Die Liegenschaftsverwaltung des Bundes betreut immerhin 143 Millionen Quadratmeter Grundstücksfläche, 12 Millionen Quadratmeter Nutzfläche in rund 11 200 Einzelgebäuden. Diese Fläche muß naturgemäß auch beleuchtet, beheizt, also mit Energie versorgt werden.

Durch die Energiemarktliberalisierung ist mit einer erheblichen Senkung der Strompreise zu rechnen. Ich erwarte daher, daß die Liegenschaftsverwaltung des Bundes diese sich öffnende oder eröffnete Möglichkeit zur Einsparung von Energiekosten auch nutzen wird. Damit kann wesentlich zur Senkung der öffentlichen Ausgaben beigetragen werden.

Da die gesamte Diskussion zur Umorganisation der Liegenschaftsverwaltung bei weitem noch nicht abgeschlossen ist, kann ich zum derzeitigen Zeitpunkt dem LIF-Antrag namens meiner Fraktion nicht nähertreten. (Beifall bei der SPÖ.)

23.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schöggl. – Bitte.

23.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte kurz einige Anmerkungen zu den Ausführungen des Kollegen Ellmauer machen. Wenn er hier etwa feststellt, daß die Bauwirtschaft so gut ausgelastet ist, daß wir gar nicht mehr bauen könnten, dann ziehe ich das sehr in Zweifel. Wenn er sagt, man sieht überall Baustellen, wenn man durch die Lande zieht und fährt, dann muß ich sagen, die Ursache dafür liegt meiner Meinung nach nicht darin, daß so viel gebaut wird, sondern darin, daß nichts fertig wird. Und warum wird nichts fertig? – Weil da und dort eben das Geld dazu fehlt, die Bauten zeitgerecht fertigzustellen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegenden Anträge geben Gelegenheit, die Bauwirtschaft zu thematisieren, der es – wie immer um diese Zeit, aber auch das ganze Jahr schon – gar nicht besonders gutgeht. Da natürlich diese Anträge, wenn sie über ein Jahr liegen, nicht aktueller werden – aber so geht es eben mit den Anträgen der Opposition, das sind wir ohnehin gewöhnt –, ist es auch nicht ganz fair, zu sagen, diese Anträge seien letztlich überflüssig. Man braucht alles nur lange genug liegen zu lassen, dann wird es natürlich irgendwann einmal nicht mehr ganz aktuell sein.

Der öffentliche Hochbau ist derzeit nahezu am Erliegen. Beim Infrastrukturausbau hecheln wir atemlos hinter den Bedürfnissen her und gefährden damit die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes. Aber die Regierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, macht Ankündigungen. Wir haben gehört, daß Minister Einem für die nächsten Jahre 300 Milliarden Schilling für die Eisenbahn angekündigt hat. Da muß natürlich auch wieder das Gegenstück, einige Milliarden Schilling für die Straße, angekündigt werden. Es bleibt aber letztlich bei den Ankündigungen.

Ich habe im Fundus einen Artikel gefunden, in dem seinerzeit schon – das war am 11. April 1996 – berichtet wurde, daß die Regierung feiert. Da steht: "Ditz pumpt Geld in den Hochbau." – Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, gar so lange hat er nicht gepumpt! Er wurde ja anderswohin entsorgt. Mit dem Pumpen im Hochbau war es also nicht so weit her.

Andererseits leisten wir uns aber überdimensionierte und überbürokratische Apparate – ob sie nun BGV I, BGV II, BIG oder anders heißen. Es steht mit diesen Apparaten natürlich jede Menge an Problemen an, die sich in erster Linie in den Kostensteigerungen bei den Mieten in den öffentlichen Gebäuden niederschlagen. Wenn wir in den Budgets der letzten Jahre zum Beispiel die Kostensteigerungen bei den Universitätsräumen oder den vom Unterrichtsressort genutzten Schulobjekten ansehen, dann sehen wir, diese Entwicklung hat natürlich katastrophale Auswirkungen auf die Budgets dieser Ressorts. Wir werden das auch bei den nächsten Budgets sehr kritisch verfolgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was geschieht aber? Was geschieht zum Beispiel auch im militärischen Bereich? – Das Bundesheer wird verkleinert und faktisch bis zur Einsatzunfähigkeit umstrukturiert. Aber das Heer der BGVler bleibt unverändert. Wir wissen, daß weit über 1 000 Beamte – 1 063 Beamte, laut einer Anfragebeantwortung – allein für das Bundesheer arbeiten. Da wäre eine Änderung angesagt. Übertragen wir doch endlich diese Gebäude dem Bundesheer! Aber das will man nicht, oder besser ausgedrückt: Die Beamten wollen das nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die einzige Sorge ist nämlich, daß sie die Generalkompetenz verlieren – etwa nach dem Motto: Da könnte ja jeder kommen und die von ihm genützten Gebäude verwalten und instandhalten wollen! – Aber was wäre daran so schlecht? Was wäre so schlecht daran, wenn die Schulen vom Unterrichtsressort verwaltet und instandgehalten würden, die Unis vom Wissenschaftsbereich und die Gendarmerieposten vom Innenressort? – Ich denke, daß man dabei durchaus auch private Dienstleister heranziehen sollte.

Besser wäre es allerdings – und ich denke dabei an die Intentionen unseres leider sehr schwer erkrankten Kollegen Schöll –, die BGVs endlich echt und vollständig zu privatisieren. Über kurz oder lang werden wir in diesem Punkt recht behalten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maitz. – Bitte.

23.06

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit vielen Jahren kenne ich die Bundesgebäudeverwaltung II, die für die militärischen Hoch- und Tiefbauten verantwortlich ist. Der Zusammenlegungsantrag ist nicht neu. Seit vielen Jahren wird bereits darüber diskutiert, ob es sinnvoll wäre, diese beiden Einheiten zusammenzuführen.

Der Unterschied ist im wesentlichen der, daß in der Gesamtbundesgebäudeverwaltung für Universitäten, Schulen und anderes Landesbeamte im Auftrag des Bundes arbeiten, in der BGV II für das Militär hingegen unmittelbar Bundesbedienstete.

Seit vielen Jahren gibt es diese Diskussion. Zweimal sind die Grenzen ganz deutlich aufzuzeigen: zum Beispiel im Bereich der Kollegenschaft. Wäre der Bund bereit, Landesbedienstete linear zu übernehmen, oder wären umgekehrt die Länder bereit, die Bundesbediensteten zu übernehmen? Oder ist es wirklich sinnvoll, daß Landesbeamte die militärischen Bauten, die Sonderbauten wie Flughäfen, Fliegerwerften, Radarstationen und so weiter, in ihre Obhut übernehmen?

Ich denke, daß der Weg, den Minister Farnleitner eingeleitet hat, der richtige ist, nämlich die praktische Kooperation zwischen beiden Einheiten, die in der mittelbaren und unmittelbaren Bundesverwaltung arbeiten. Dies betrifft die Kooperation in der Bauführung – die Techniker und Handwerker der BGV II zum Beispiel werden künftig selbstverständlich behördenübergreifend in allen Bundeshochbauten für Reparaturen und Sofortmaßnahmen eingesetzt werden – und die intensive Zusammenarbeit dieser Dienststellen des Bundes und der Länder mit dem Ziel, ein Liegenschaftsmanagement mit einer Raumdatenerfassung für alle Bundesgebäude und Liegenschaften zu schaffen.

Das oberste Ziel bleibt: Erstens die optimale Betreuungssicherheit, zweitens die bestmögliche Auslastung aller Dienststellen, die mit diesen Arbeiten betraut sind, und drittens die bestmögliche wirtschaftliche Raumnutzung, um dem Steuerzahler viel, viel Geld zu ersparen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu bedenken ist auch, daß es insgesamt um 2 300 Kolleginnen und Kollegen geht und davon allein rund 1 000 im handwerklichen, also im einfachen Dienst stehen. Auch das ist im Sinne unserer Obsorge zu bedenken. (Beifall bei der ÖVP.)

23.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gabriela Moser. – Bitte.

23.09

...Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Sie können sich sicher vorstellen, daß wir Grünen nicht einfach in Bausch und Bogen alle Bundesbauvorhaben in höchster Geschwindigkeit realisiert haben wollen.

Insofern ist es ganz klar, daß wir diesen Antrag des Kollegen Kier, den wir sonst sehr schätzen, nicht unterstützen können. Denn es gibt von unserer Seite her – ganz kurz und klipp und klar – keinen Blankoscheck für Vollmachten, alles auf Teufel komm raus durchzuziehen. – Das ist der eine Aspekt.

Der andere Aspekt ist der, daß wir auch nicht einer blinden Zusammenlegung von verschiedenen Institutionen auf Ministeriumsebene zustimmen werden, weil wir finden, daß eine Verwaltungsstruktur sicherlich eine gewachsene Struktur ist und daher in einem Gesamtkonzept umgruppiert werden muß. Deshalb darf nicht nur die eine Abteilung zur anderen verlegt werden, sondern es wäre eine Gesamtrevision auch im Bereich des Wirtschaftsministeriums erforderlich. Dann, glaube ich, könnten wir zustimmen. Die Vorgaben hier und heute passen nicht! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

23.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte.

23.10

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte kurz darüber informieren, daß die Projektgruppen zur Reform der Bundesgebäudeverwaltung voll im Plan arbeiten, daß die Ergebnisse auch vor dem Sommer vorliegen werden und daß dem, was ich im Ausschuß erläutert habe, von mir nichts hinzuzufügen ist, auch wenn die Zahlen manchmal etwas vermischt sind – aber das würde ich in einem Privatissimum gerne klarstellen.

Nun zu den Ausführungen des Herrn Abgeordnetem Firlinger: Man sollte, wenn man ankündigt, zwei Zahlen nicht verwechseln. Der BIG sollen 1 200 Wohnungen zur Verwertung übertragen werden. Die 350 Millionen sind eine budgetäre Vorauszahlung, der Enderlös ist abzurechnen. Man verwechsle diese zwei Zahlen nicht! Sie wurden ja auch in dieser Form genannt. (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Punkt ist, daß die Mieter, die in unseren Gebäuden wohnen, selbstverständlich nach Mietrecht behandelt werden und daß wir die Möglichkeiten des Mietrechtes auch ausnützen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Verlangen des Berichterstatters nach einem Schlußwort liegt nicht vor.

Wir gelangen daher zu den Abstimmungen, und zwar stimmen wir als erstes ab über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht in 1500 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme des Berichtes stimmen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit angenommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht in 1501 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die zustimmen, ein Zeichen geben. – Dies ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.

Damit sind diese Punkte der Tagesordnung erledigt.

16. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 484/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tauernautobahnfinanzierungsgesetz vom 6. März 1969, BGBl. Nr. 115/1969, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 826/1992, geändert wird (1502 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 542/A der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird (1503 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 596/A der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 geändert wird (1504 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 16 bis 18 der Tagesordnung, die unter einem behandelt werden.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte.

23.13

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! In aller gebotenen Kürze möchte ich einige Anmerkungen zum Tauernautobahnfinanzierungsgesetz machen. Dabei geht es nicht nur um ein lokales Problem, sondern meiner Ansicht nach auch um die Notwendigkeit, darüber zu diskutieren, wie man Wettbewerbsverzerrungen für die Tourismuswirtschaft eingrenzt. Ich bin neugierig, wie sich insbesondere die Salzburger Abgeordneten heute bei dieser Abstimmung verhalten werden, zum Beispiel Herr Kollege Leiner, der nämlich den Wirtschaftstreibenden in der Region Flachau versprochen hat, sich dafür einzusetzen, daß die ungerechtfertigte Maut Flachau – Flachauwinkel abgeschafft wird.

Es wird sehr interessant sein – wir werden uns dann auch im Pongau bei den Diskussion treffen, nicht nur anläßlich des Wahlkampfes –, wie Sie, Kollege Leiner, stellvertretend für die anderen Salzburger Abgeordneten, wie etwa Schwarzenberger, sich hier verhalten werden, denn ihr habt eurem Bürgermeister in Flachau mit Brief und Siegel zugesagt, euch für dieses drängende Thema einzusetzen.

Es ist ein Faktum, meine Damen und Herren, daß die Liftgesellschaft Zauchensee anläßlich der Errichtung der Autobahnabfahrt in Flachauwinkel verpflichtet wurde, nach einem gewissen Mengenschlüssel Mauten abzuführen. Bis dato sind – ich habe heute noch ein Gespräch mit der Geschäftsführerin der Liftgesellschaft Zauchensee geführt – im Laufe der Jahre bereits zirka 12 Millionen Schilling – 11 bis 12 Millionen – bezahlt worden, und trotzdem werden diese Mauten weiterhin eingehoben, zirka 550 000 S bis 600 000 S jährlich. Offensichtlich wurde seitens des Ministeriums dort eine kleine Melkkuh entdeckt, und man ist nicht bereit, die seinerzeitigen Zusagen, daß man sich, wenn das einmal abgezahlt ist, über Lösungsmöglichkeiten im Sinne der Tourismuswirtschaft, der Seilbahnwirtschaft sowie der dort als Anrainer lebenden Bevölkerung unterhalten werde, einzuhalten.

Herr Bundesminister! Wenn ich aus der Parlamentskorrespondenz den lapidaren Satz "Bundesminister Dr. Farnleitner sah nicht die geringste Veranlassung für eine Änderung dieses Gesetzeszustandes" im Hinblick auf die von mir zitierte Vorgangsweise entnehmen darf, dann möchte ich dazu schon bemerken, daß das ein bißchen wenig beziehungsweise äußerst dürftig ist! Natürlich kann man sagen: Was geht es mich an, was meine Vorgänger irgendwann einmal versprochen haben? – Ich finde, Sie sollten sich schon daran halten.

Ich meine daher, es wäre, wenn Sie auch heute unseren beziehungsweise meinen Antrag ablehnen, zumindest ein Signal, mit den Vertretern der Seilbahnwirtschaft und der Bevölkerung sowie mit den Bürgermeistern in ein Gespräch einzutreten, um in Hinkunft dieses ungerechtfertigte Inkasso hintanzuhalten.

Herr Bundesminister! Ich darf vielleicht noch ganz kurz auf ein Thema, die Mauten betreffend, zu sprechen kommen, das auch in Hinkunft bald ein Problem werden wird, und zwar auf die Vignettengeschichte. Wir meinen, daß der Vignettenvertrieb den Trafiken nicht genommen werden sollte (Beifall bei den Freiheitlichen), und zwar auch deshalb nicht, weil, wie wir alle genau wissen – ich hoffe, Sie wissen es auch –, die Trafiken doch auch eine gewaltige soziale Aufgabe haben, weil nach wie vor auch viele Behinderte in Österreich Trafiken betreiben, und weil die Trafiken auch eine gewaltige Nahversorgerfunktion, insbesondere im ländlichen Raum, ausüben. Es ist daher meiner Ansicht nach eine Milchmädchenrechnung, einfach eine Ausschreibung zu machen und zu sagen, der sogenannte "Bestbieter" sollte zum Zug kommen.

Sie wissen genau, daß man hier eine volkswirtschaftliche Gesamtrechnung aufstellen sollte, nämlich insofern, als die Post bis dato quasi mit gewaltigen Subventionen der öffentlichen Hand rechnen konnte beziehungsweise überhöhte Telefongebühren dazu benutzt wurden, um sich einen Wettbewerbsvorteil bei Standorten und so weiter herauszuschinden.

Das heißt, wir werden sehr aufmerksam beobachten, welche Interessen Sie in Hinkunft beim Verkauf der Vignetten vertreten werden, ob Sie auf der Seite dieser klein- und mittelständischen Unternehmer, die es nicht leicht haben, nämlich der Trafikanten sind, oder ob Sie hier der Post etwas zuschanzen werden. Das heißt für uns auch, daß wir bei Ihnen die Wirtschaftskompetenz einfordern müssen, nämlich – Ihren Sonntagsreden entsprechend – auch für die Klein- und Mittelständler etwas zu tun. Ich finde, die Trafikanten haben sich das verdient!

Auf das Problem Autobahnabfahrt Flachauwinkel zurückkommend, zähle ich zumindest auf den Regionalabgeordneten, Herrn Primar Leiner. Ich hoffe, daß er über seinen parteipolitischen Schatten springt und im Dienste der Bevölkerung und nicht nach Parteidisziplin abstimmt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wurmitzer: Der braucht nicht über seinen Schatten zu springen! Ich habe noch nie einen Haigermoser gesehen, der über seinen Schatten springt!)

23.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

23.18

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte kurz auf den Antrag der Abgeordneten Haigermoser, Böhacker und Kollegen betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Tauernautobahnfinanzierungsgesetz geändert werden soll, eingehen.

Es hat natürlich nicht alles gestimmt, was Herr Haigermoser jetzt gesagt hat. Auch wenn man etwas ausläßt, stimmt es nicht ganz.

Der Vertrag wurde im Jahr 1979 geschlossen, als die zusätzliche Abbiegespur zu Flachauwinkel geschaffen wurde, und es wurde vereinbart, daß die Liftgesellschaft diese Vorfinanzierung im nachhinein zahlen soll. Es wurde eine Kündigungsfrist von 10 Jahren vereinbart. Diese 10 Jahre sind ausgelaufen, die Liftgesellschaft hat gekündigt, und man hat vereinbart, daß, da es sich um eine Mautstrecke handelt, die Liftgesellschaft pro PKW 10 S für 15 Kilometer Mautstrecke abliefert. – Das ist gültiger Vertrag, das ist gültiges Gesetz, und dazu bekennt sich meines Wissens auch die Liftgesellschaft. Es ist meines Wissens auch kein offizieller Antrag da, diesen Vertrag zu ändern, zumal sich dieses Problem demnächst ohnehin über das Road-Pricing von selbst lösen wird. (Abg. Haigermoser: Für PKWs gibt es also auch ein Road-Pricing? Sehr interessant!)

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Mir kommt vor, Sie wollen eine Zwangsbeglückung machen. So etwas nennt man Zwangsbeglückung! Es ist grotesk, etwas zu fordern, wenn es der Vertragspartner gar nicht beantragt beziehungsweise will. (Abg. Haigermoser: Das stimmt doch gar nicht!) Das kommt mir – aus aktuellem Anlaß, Herr Haigermoser – so vor, als hätte Herr Haider gestern eine Weihnachtsamnestie für Herrn Meischberger gefordert, obwohl dieser erst heute verurteilt worden ist. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Deshalb werden Sie sicherlich wärmstes Verständnis dafür aufbringen, daß wir diesem Antrag nicht zustimmen können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Bravo!)

23.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Volle 20 Minuten bitte!)

23.20

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod minister! Gospod chef ÖVP-jevskega kluba! (Abg. Dr. Khol: Lahko noč!) Visoki Dom! Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Minister! Ich möchte nur eine kurze Stellungnahme abgeben.

Es kommt selten vor, aber in diesem Fall glaube ich Ihnen, Herr Kollege Haigermoser, mehr als Ihrem unmittelbaren Vorredner. Ich gehe davon aus, daß Ihr Antrag Anlaß dazu war, daß man sich sozusagen der alten Rechte besonnen und vielleicht doch eine Vertragsänderung bewirkt hat. (Abg. Dr. Khol: Willst du diesmal bei den Freiheitlichen kandidieren? Das wäre die dritte Fraktion!) – Aber wegen einer Straßenmaut werde ich doch nicht die Seite wechseln, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Khol – in Richtung der Freiheitlichen –: Nehmt ihr ihn nicht?) Im übrigen bleibe ich, wie Sie wissen, der, der ich immer war, und das erleichtert mir mein Leben. Ich muß mich nicht biegen und drehen, sondern ich bin der, der ich immer war.

Nun kurz zu diesen beiden Anträgen. Herr Minister, ich glaube, es wäre notwendig, diesen Antrag von Kollegen Haigermoser zum Anlaß zu nehmen, um zu überprüfen, ob wir nicht noch mehr solche unangenehme Vertragssituationen bei unseren Straßen haben. (Abg. Haigemoser: Knebelungsverträge nennt man das!) Wenn wir grundsätzlich auch meinen, daß weniger Staat und mehr privat vernünftig ist, wenn wir also vieles über Private finanzieren wollen, dann ist es ja deshalb nicht unvernünftig, darüber nachzudenken, ob der Staat tatsächlich immer ein angenehmer, guter Vertragspartner ist. Der Staat hat natürlich quasi das Gesetz auf seiner Seite und ist wesentlich stärker – wenn man so sagen will – als der private Vertragspartner, der natürlich nicht die Gesetze ändern kann (Abg. Haigermoser: Klar!), sondern der im wesentlichen aus dem Vertrag lebt. (Abg. Haigermoser: Sehr gescheit, Smolle!)

Es wäre gut, einmal zu überprüfen, ob und inwieweit es vielleicht viele solcher "schlampigen Fortsetzungen" gibt. In diesem Sinne mögen die Regierungsparteien, wenn sie dem Antrag auch nicht zustimmen, ihn doch bitte zum Anlaß für eine Überprüfung nehmen.

In diesem Sinne stimmen wir dem Antrag Haigermoser zwar zu – es liegt aber ein negativer Ausschußbericht vor, und wir werden uns daher nicht von den Plätzen erheben.

Nun zur Frage der Bundesstraßen. Was die Frage der Einfahrt in unser Land über die Autobahnen betrifft, ist, so glaube ich, Herr Minister, der hier von den Freiheitlichen eingebrachte Antrag insofern vernünftig, als wir sozusagen dem Autofahrer, der aus dem Ausland einreist, die Möglichkeit bieten sollten, bei der ersten Abfahrt entweder die Autobahn zu verlassen oder eben auf der Autobahn weiterzufahren. (Abg. Rosemarie Bauer: So viele Möglichkeiten gibt es hier nicht, denn umdrehen darfst du nicht! Aber der Karl fährt nur mit dem Rad, der weiß das nicht!)

Dort haben wir es mit zwei neuralgischen Bereichen zu tun, einerseits im Bereich Kufstein – Kiefersfelden und andererseits in Bregenz bei der Verbindung Deutschland – Schweiz beziehungsweise Schweiz – Deutschland, wo wir die Autofahrer eigentlich auf die Bundesstraße hinunterzwingen, und das ist ja nicht der Sinn des Ganzen. Da wäre es vernünftig, so vorzugehen, wie es in diesem Antrag vorgeschlagen wird. Ich hoffe natürlich, daß dies vollständig ist. Sie können es aber ohne weiteres ergänzen, wenn noch irgendwelche Einfahrten betroffen sind. Wir gehen auch davon aus, daß man dies ohne weiteres tun kann.

In diesem Sinne, Herr Minister, ist also einiges zu tun. Wenn dies auch nicht die zentralen Probleme des österreichischen Straßenverkehrs sind, so sind es doch einige sehr unangenehme Probleme, die von der betroffenen Bevölkerung oft als sehr unangenehm empfunden werden. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.

23.24

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich aufgrund der vorgerückten Stunde sehr kurz fassen. Ich möchte dem Antrag selbst und dem, was Kollege Großruck gesagt hat, nichts hinzufügen. Ich bin mit ihm vollkommen einer Meinung.

Zweitens darf ich zu den Anmerkungen des Kollegen Smolle in bezug auf die Einreisenden aus dem Ausland schon festhalten, daß es gerade bei dem von ihm als Beispiel genannten Fall Kufstein – Kiefersfelden ja schon jetzt so ist, daß dort in Wirklichkeit keine Maut geprüft oder verlangt wird. Das ist ja bereits frei, und man kann das auch frei halten.

Wir haben ja auch am 19. April 1996 Herrn Bundesminister Farnleitner aufgefordert, eine Untersuchung der Verkehrsauswirkungen insbesondere in jenen sensiblen Bereichen, die Sie angesprochen haben, Herr Kollege Smolle, durchzuführen. Aufgrund dieser Studie kann man insgesamt als Trendergebnis feststellen, daß die Vignette im gesamten Bundesgebiet etwa 1 Prozent des Verkehrs von den Autobahnen auf die Bundesstraßen verlagert hat. Der Verdrängungseffekt von 1 Prozent liegt unter der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate des Straßenverkehrs auf den Bundesstraßen, ist also völlig vernachlässigbar.

Ein wesentlich wichtigeres Anliegen – und da wundere ich mich, daß Sie das nicht auch angesprochen haben und verlangen – wäre es für uns, das LKW-Road-Pricing rascher als bisher geplant auf die Beine zu bringen, denn es spricht nichts dagegen, das LKW-Road-Pricing bereits im Jahr 2000 einzuführen. Wenn es vollelektronisch noch nicht möglich sein sollte, dann kann man das ja auch noch in einer anderen Form tun.

Wir hätten dadurch sehr rasch wesentlich mehr Mittel zur Verfügung, nämlich rund 3,4 Milliarden Schilling, als wenn wir wieder bis zum Jahr 2001 warten würden. Bis dahin fehlen schon wieder rund 7 Milliarden Schilling, und diese 7 Milliarden Schilling, sehr geehrte Damen und Herren, werden dringend gebraucht, vor allem im Bereich des Verkehrs im Osten Österreichs. Ich denke dabei etwa an die Umfahrungen Wiens, an die Umfahrung B 301 in Wien, an die Nordumfahrung in Wien, an die B 3 und die B 3d. All das sind wichtige Straßenprojekte in der Ostregion Österreichs, vor allem auch im Bereich Wien, wo derzeit der Transit und die LKW-Transitlawine aus Tschechien und aus der Slowakei herein nach Österreich immer mehr greifen und die Bevölkerung zunehmend sehr stark beeinträchtigen.

Gerade weil wir jetzt im Rahmen der EU-Osterweiterung darüber diskutieren, auch diese Staaten irgendwann in die EU einzubinden, sollten wir rechtzeitig die Mittel dafür aufbringen, diese wichtigen Umfahrungsstraßen zum Wohle der Bevölkerung Wiens zu bauen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

23.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Nußbaumer. – Bitte.

23.27

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Eder, ich bezweifle, daß Ihre Aussage betreffend 1 Prozent Verlagerung aus dem höherrangigen Verkehr richtig ist. Wir haben in Vorarlberg eine Messung gemacht – sie wurde zweifach durchgeführt –, und laut dieser sind über 80 Prozent im Einreiseverkehr aus Deutschland und im Transitverkehr in die Schweiz betroffen. Deshalb verstehe ich überhaupt nicht, daß im Ausschuß diese unsere Forderung nach Mautfreistellung und damit Rückführung des Verkehrs vom niederrangigen auf das höherrangige Netz abgelehnt worden ist.

Diese Ablehnung zeigt mit aller Deutlichkeit, wie weit die Regierung und wahrscheinlich auch die Regierungsabgeordneten in dieser Frage gegen die Interessen der Bürger agieren, wie wenig die Regierung an sich bemüht ist, Realitäten anzuerkennen, und wie weit sich die Abgeordneten der Regierungskoalition vor den Regierungskarren spannen und sich zum Stimmvieh degradieren lassen. Denn wenn Sie die Situation an Ort und Stelle betrachten würden – und ich gebe Ihnen nachher noch ein Beispiel –, dann würden Sie hier anders sprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich appelliere daher von dieser Stelle aus nochmals an die Regierungsabgeordneten, darüber zu befinden, ob sie tatsächlich der betroffenen Bevölkerung weiterhin diesen unzumutbaren Lärm, diese Umwelt- und Verkehrssicherheitsrisiken aufbürden wollen oder ob Sie im Interesse der Bürger nicht doch diese Erleichterungen für sie schaffen und diese unzumutbaren Belastungen in diesen Grenzbereichen abstellen wollen. Sie würden damit zuallererst den geplagten Bürgern helfen, Sie würden der Wirtschaft helfen, auch der Tourismuswirtschaft und jenen regionalen Wirtschaftstreibenden, die unter dem Verkehrsstau auf der niederrangigen Straße zu leiden haben.

Wir würden durch die Verminderung der Verkehrsstauzeiten auch der Umwelt helfen, wir würden die nachbarschaftlichen Beziehungen verbessern, und Sie, Herr Bundesminister, müßten dann nicht eine deutsche Vignettensünderin eine Woche lang in den Arrest bringen, wie dies tatsächlich geschehen ist. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner.) Das war natürlich ein Schlag gegen die Tourismusbemühungen, gegen die Tourismuswerbung, aber auch ein Imageverlust durch den Spott und Hohn, den deutsche Medien in der Folge über uns Österreicher ausgeschüttet haben.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie meiner Beweisführung nicht nähertreten und nicht folgen, dann glauben Sie dies wenigstens unseren Nachbarn in Lindau, die folgende Initiative eingeleitet haben – ich zitiere –:

"CSU will Entlastung für Lindau-Zech erreichen. Der Europäischen Kommission in Brüssel liegt jetzt eine Anfrage der CSU vor, ob es Überlegungen gibt, den grenzüberschreitenden Verkehr auf der Bundesstraße 31 in Lindau-Zech einzudämmen. Urheberin der Initiative ist Kreisrätin Daniele Kraft, die Ende August auch Ministerpräsident Edmund Stoiber über die immensen Verkehrsprobleme an der deutsch-österreichischen Grenze informierte. Seit Einführung der Vignettenpflicht in Österreich sei Lindau-Zech übermäßig durch Verkehr belastet. Viele Autofahrer, so Kraft, verlassen die A 96, um über die B 31 in die Schweiz oder nach Österreich zu gelangen. Kraft fordert deswegen, daß Staaten mit Autobahngebühren eine Benützung derselben bis zur ersten Ausfahrt nach der Staatsgrenze zulassen sollten. Unterstützt wird dieser Vorschlag von Markus Ferber, CSU-Mitglied des Europäischen Parlaments. Er leitete die Idee in Form einer Anfrage an die Kommission weiter und fragt, ob es Pläne gebe, die grenznahen Orte von dem verstärkten Verkehrsaufkommen nach der Vignettenpflicht zu entlasten." – Zitatende.

Meine Damen und Herren – in erster Linie von der ÖVP, aber es sind nicht mehr sehr viele da! Die CSU kennen Sie wohl! Ich werde mir heute genau das Stimmverhalten der Vorarlberger ÖVP-Abgeordneten hier anschauen! Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition! Dieses Problem ist ein grenzüberschreitendes Problem an Grenzen, die es eigentlich nicht mehr gibt. Bedenken Sie daher auch die Auswirkungen! Nehmen Sie den Bericht des Ausschusses daher nicht zur Kenntnis und ermöglichen Sie damit die Zustimmung zu den beiden Anträgen Haller und Nußbaumer mit allen Vorteilen, die ich jetzt gerade erläutern durfte! – Ich danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser zu Wort. – Bitte.

23.32

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner sprach davon, wie man der Umwelt nützen könne. – Ich glaube, wir würden der Umwelt am meisten nützen, wenn wir den Autoverkehr nicht noch weiter verbilligen würden, wie es uns in den drei Anträgen nahegelegt wird. Alle drei Anträge zielen darauf ab, daß die Kosten für den Autofahrer geringer werden: der Vignetten-Antrag, der Antrag betreffend die Mautstelle und auch der Antrag des Kollegen Nußbaumer.

Insofern ist ganz klar, daß wir diesen Anträgen nicht zustimmen, sondern den Minister neuerlich auffordern werden, entsprechend unserem Steuersystem – dem echten Ökosteuersystem –, mit welchem wirklich umverlagert wird, endlich auf der Straße die Kostenwahrheit im besten wirtschaftlichen Sinn einzuführen. Die Einführung dieses Systems würde auch der Wirtschaft nützen, weil sie ihre Wege dann effizienter gestalten würde. Man sollte endlich dafür sorgen, daß die wirklich fahrleistungsabhängige Kilometerabgabe auch in Österreich entsprechend dem Schweizer Modell kommt.

Wir wollen nicht mehr länger über Details, wie zum Beispiel die Vignette erst bei der ersten Autobahnauffahrt nach der Grenze et cetera, et cetera, diskutieren. Das ist für uns völlig nebensächlich! Die Vignette ist ohnehin nur eine Krücke der gegenwärtigen Finanzpolitik, denn sie dient nicht der Verkehrspolitik – verkehrspolitisch ist das ja ein Unsinn! –, sondern bringt nur finanzpolitisch einiges. Vielmehr wollen wir endlich darüber diskutieren, wie wir zu gerechten Kosten auf der Straße kommen, sodaß wir unser Verkehrssystem effizienter gestalten können und insgesamt mehr in Richtung Schiene gehen.

Daher werden wir den negativen Ausschußbericht auf jeden Fall unterstützen und hoffen, daß Sie, Herr Minister, unser österreichisches halboffenes Mautsystem des Road-Pricings in die Richtung schnellstens weiterentwickeln, die die Schweiz vorgibt und die wahrscheinlich auch die Bundesrepublik vorgeben wird, sodaß wirklich jeder gefahrene Straßenkilometer auch das kostet, was er die Volkswirtschaft, die Regierung und auch die Bewohner an Umweltqualitätseinbußen kostet. Das ist der Grund für unsere Ablehnung! – Danke.

23.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinz Marolt. – Bitte.

23.35

Abgeordneter Heinz Anton Marolt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Den Ausführungen meiner Kollegen und Vorredner Haigermoser und Ing. Nußbaumer ist inhaltlich nichts hinzuzufügen. Daher möchte ich meine kurze Redezeit dafür nutzen, auf ein weiteres Manko beim Tauernautobahnfinanzierungsgesetz hinzuweisen, und zwar auf die derzeitige Doppelbemautung, die durch die Einführung der Vignette einerseits und die Beibehaltung der Tunnelmaut andererseits entstanden ist.

Meine Damen und Herren! Vor allem Kärnten-Urlauber sind davon massivst betroffen. Wen wundert es dann, wenn deutsche Urlauber die Kärntner als "Abzocker der Nation" bezeichnen? "Straßenräuber", "Wegelagerer", "Abkassierer" und weitere Vorwürfe und Ausdrücke ähnlicher Art müssen sich nicht nur die Mitarbeiter an den Mautstellen gefallen lassen, sondern solche emotionalen Aussagen anreisender Gäste müssen sich vor allem Beherbergungsunternehmer anhören, vor allem dann, wenn die Gäste, nachdem doppelt abkassiert wurde, wegen oft stundenlanger Tunnelstaus total erschöpft am Urlaubsort ankommen, da es bekanntlich die zweite Tunnelröhre noch nicht gibt.

Meine Damen und Herren! Kennen Sie eigentlich die Gründe für den permanenten Gästerückgang vor allem beim Bustourismus, der speziell zur Belebung der Vor- und Nachsaison beitragen sollte? – Ich werde Ihnen einen der Gründe dafür nennen. Die Busunternehmer sind zum Beispiel nicht mehr bereit, bei einer Kärnten-Fahrt dreimal zur Kasse gebeten zu werden: erstens durch die Vignette, zweitens durch die Tauerntunnel-Maut und drittens durch die leistungsbezogenen sechs Groschen, welche pro gefahrenen Kilometer auf Österreichs Straßen in Form von Mehrwertsteuer bezahlt werden müssen. Und wenn eine Gästegruppe, Herr Bundesminister – das sage ich speziell auch in Ihre Richtung –, zum Beispiel von einem Ersatzbus abgeholt werden muß, dann wird noch ein viertes Mal abgecasht, denn dann muß die Vignette ein zweites Mal gekauft werden.

Das Land Kärnten hat von allen Ebenen aus auf diese Problematik und dieses Manko hingewiesen, auch die Funktionäre der Handelskammern aller Couleurs. Erwähnt sei jetzt nur der Dringlichkeitsantrag der FPÖ-Kärnten, mit welchem die Untragbarkeit der Doppelmaut und deren Folgen bereits am 3. Oktober 1996 im Landtag aufgezeigt wurden.

Herr Bundesminister! Hohes Haus! Daher ersuche ich heute dringlichst, Maßnahmen zu treffen, die dazu beitragen, Kärnten als Urlaubsland wieder attraktiver zu machen. Wenn man schon die versprochene Tourismusmilliarde für Kärnten im Semmering-Basistunnel vergraben hat, dann soll doch wenigstens bei der Einreise nach Kärnten ein Vorteil für Kärnten-Urlauber zum Tragen kommen! Ich fordere daher eine Rückvergütung der Tauerntunnel-Maut für Kärnten-Urlauber bei gleichzeitiger Kompensation der Umsatzausfälle etwa durch jene, die Kärnten lediglich als Transitland in den Süden betrachten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Karl Freund. – Bitte.

23.38

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zum Tagesordnungspunkt betreffend das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz einige Anmerkungen zur Autobahnvignette zu machen.

Einer Entschließung des Nationalrats zufolge hat der Wirtschaftsminister eine Untersuchung der Verkehrsauswirkungen auf besonders sensiblen Strecken im Zusammenhang mit der Einführung der Vignette für das hochrangige Straßennetz vorgelegt. In erster Linie sollte erhoben werden, in welchem Umfang durch die Vignette Verkehrsverlagerungen von der Autobahn auf das nachgeordnete Straßennetz verursacht werden. Interessant erscheint in dieser Analyse, daß es nur zu sehr minimalen Verlagerungen gekommen ist, und zwar nur zu zirka 1 Prozent.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Weitere Verkehrsuntersuchungen werden vielleicht zeigen, ob ein Abklingen der im ersten Jahr durch die Vignette punktuell bemerkbaren Verkehrsverlagerungen eintritt oder ob in Ausnahmefällen eventuell neue Maßnahmen überlegt werden müssen. Natürlich wären Mautfreistellungen richtig gewesen. Leider gab es vom Koalitionspartner SPÖ keine Zustimmung dazu.

Positiv zu vermerken ist, daß keine preisliche Erhöhung für die Vignette geplant ist. Schließlich sind für die Erhaltung der Autobahnen auch Budgetmittel im Rahmen der Mineralölsteuer vorgesehen. 1998 hat der Finanzminister 34,5 Milliarden Schilling Mineralölsteuer kassiert, und ich meine, daß auch er verpflichtet wäre, unsere Autobahnen mitzufinanzieren, weil der Autofahrer meiner Meinung nach nicht endlos zur Kasse gebeten werden kann. Ihm stehen ganz einfach bessere Verkehrsverbindungen und bessere Straßen zu!

Zum Road-Pricing, das Kollege Eder angesprochen hat, der sich gewünscht hat, daß dieses System bei uns in Österreich so schnell wie möglich eingeführt wird, möchte ich sagen: Die Vorbereitungen sind bereits sehr weit gediehen. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß wir dieses System in Österreich allein einführen werden. Ich denke, daß dessen Einführung nur möglich ist, wenn auch andere Länder, insbesondere die Bundesrepublik Deutschland, folgen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Geschätzter Herr Bundesminister! In diesem Zusammenhang freut es mich, daß mit der Sanierung und dem Ausbau der West Autobahn begonnen wird. Allein für diesen Ausbau sind 6 Milliarden Schilling vorgesehen, und es ist ganz besonders notwendig, daß diese Straße saniert und weiter ausgebaut wird. (Abg. Dr. Khol: Jetzt kommt der Schlußsatz!)

Hohes Haus! Ich glaube, daß es gerade aufgrund der Einführung der Vignette zu Verbesserungen gekommen ist. Aufgrund dieser Einnahmen können wir wichtige Maßnahmen auf dem Autobahnsektor bewerkstelligen und weitere Maßnahmen setzen. Ich hoffe, daß wir dazu die Unterstützung des gesamten Hohen Hauses bekommen! – In diesem Sinne herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)

23.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kaipel. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol: Man beginne mit dem Schlußsatz!)

23.42

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir haben aus guten Gründen die Forderung der Freiheitlichen, Ausnahmen von der Vignettenpflicht für Kufstein zu treffen, abgelehnt. Zweifellos ergeben sich im Raum Kufstein besondere verkehrspolitische Probleme, und die Antragsteller haben auch recht, daß Verkehrszählungen belegen, daß die A 12 von einem Teil der Verkehrsteilnehmer gemieden wird, die auf niederrangige Straßen ausweichen. Der Grund dafür ist aber nicht die Vignette, sondern die allgemein schwierige Verkehrssituation in Tirol. Es gibt keinen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen der Vignette und der Verkehrsverlagerung. Daher können wir diesem Antrag nicht folgen.

Wenn die Antragsteller behaupten, daß ein Großteil der ein- beziehungsweise durchreisenden ausländischen Verkehrsteilnehmer nicht bereit ist, eine Vignette zu lösen, dann muß ich feststellen, daß diese Behauptung durch nichts belegt ist. Ausnahmen für Kufstein würden zweifellos der Gerechtigkeit wegen auch Ausnahmen für andere Bereiche bedingen, und das würde bedeuten, daß das Vignettensystem sinnlos und auch die Finanzierung unmöglich werden würde.

Wir kennen den Bericht des Wirtschaftsministers betreffend die Verkehrsverlagerung nach der Einführung der Vignette, den wir im Ausschuß enderledigt haben. Er bestärkt uns in unserer Annahme. Wir haben die Zahlen gehört, und diese sprechen eine deutliche Sprache: Eine Verlagerung ist nur in sehr, sehr geringem Ausmaß festzustellen. Im ersten Quartal 1998 ist überhaupt kein diesbezüglicher Einfluß feststellbar. Es gibt zugegebenermaßen zwei Abweichungen in regionalen Bereichen hinsichtlich der A 14 und der A 12, wo es 11 Prozent beziehungsweise 3 bis 7 Prozent an Verlagerungen gibt. Die Untersuchung der mehrbelasteten Bundesstraßen hat jedoch ergeben, daß die Belastung vergleichsweise nicht bedrohlich ist und daß sich auch die Unfallzahlen nicht erhöht haben. Erfahrungen langjähriger ausländischer Mautbetreiber zeigen, daß bei einer Neueinführung eine Pendelbewegung entsteht, daß aber nach der ersten Phase der Ablehnung wieder eine Rückverlagerung festzustellen ist.

Alles in allem läßt der Bericht keine dramatischen und überzogenen Schlußfolgerungen zu. Daher darf ich abschließend feststellen, daß der Antrag der Freiheitlichen das Problem nicht trifft. (Beifall bei der SPÖ.)

23.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

23.44

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abgeordneter Nußbaumer hat hier den Eindruck zu vermitteln versucht, die Abgeordneten des Bundeslandes Vorarlberg seien sich der Problematik im Raum Bregenz nicht bewußt.

Dazu möchte ich feststellen: Wir sind uns dieser Problematik sehr wohl bewußt! Allerdings geht es in dem vorliegenden Antrag und in dem Bericht nicht um den Schwerpunkt Bregenz, sondern um eine ganze Liste von verschiedenen Autobahnteilstücken. (Abg. Ing. Nußbaumer: Bringen Sie doch einen Abänderungsantrag ein!) Meine Damen und Herren! Einem solchen Antrag können wir auf keinen Fall zustimmen, weil der Bericht des Ministers eindeutig gezeigt hat, daß es hiebei nicht um eine Problematik geht, die ganz Österreich betrifft, sondern um ein Problem, das im wesentlichen auf zwei Punkte begrenzt ist.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen ganz klar: Wir sind neuerlich in Verhandlungen eingetreten, und wir werden das Problem lösen. Wir lassen uns aber wirklich nicht von solch hanebüchenen Anträgen beeinflussen, Herr Abgeordneter Nußbaumer! Ihr Antrag löst das Problem für Bregenz in keiner Weise, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

23.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Daher kommen wir zu den Abstimmungen, und zwar stimmen wir zunächst ab über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 1502 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters stimmen wir ab über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht in 1503 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier darf ich bitten, daß jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, ein Zeichen geben. – Auch dieser Bericht wird mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Schließlich stimmen wir über den Antrag des Bautenausschusses ab, seinen Bericht in 1504 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch dieser Antrag ist vom Nationalrat mit Mehrheit genehmigt und damit beschlossen.

Danke, Herr Bundesminister.

19. Punkt

Erste Lesung des Antrages 908/A der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975), BGBl. Nr. 410/1975 in der geltenden Fassung, geändert wird

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Das Wort erhält die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte.

23.47

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß, daß Sie dieses Thema in- und auswendig kennen und daß Sie das Gefühl haben, daß man nicht mehr darüber nachdenken muß. Sie haben dieses Thema abgehakt, insbesondere die Abgeordneten der großen Koalition, und meinen, damit hätten es auch alle anderen abgehakt.

Ich halte das für einen Fehler, denn Kontrollinstrumente gehören zur Sicherung der Rechtsstaatlichkeit. Das heißt, es ist ein ernstes Thema, das man nicht ganz einfach zur Seite schieben kann. Ich meine, daß gerade die parlamentarische Kontrolle ein Herzstück dieser Kontrollinstrumente sein sollte.

Das Parlament hat mehrere Kontrollinstrumente. Frau Abgeordnete Krammer wird in einem dieser Kontrollinstrumente demnächst ihre Tätigkeit aufnehmen. Die Volksanwaltschaft ist ein solches Instrumentarium. Der Rechnungshof ist ein solches Instrumentarium. Wir haben Fragerechte, wir haben Kontrollausschüsse, und wir haben die Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse einzurichten.

Wie mit diesen Kontrollrechten umgegangen wird, zeigt eine bedauerliche Entwicklung, und zwar auch, was die Instrumente betrifft. Sie wissen, daß wir erst kürzlich darüber diskutiert haben, wie zum Beispiel das Instrumentarium Volksanwaltschaft ausgestattet ist. Ich wiederhole es, auch wenn es Ihnen vielleicht auf die Nerven geht, und zwar deshalb, weil ich möchte, daß im Protokoll festgehalten wird, daß es eine Oppositionspartei gibt, die sich mit diesen rechtsstaatlichen Instrumenten auseinandersetzt, auch wenn das vielleicht nicht populär ist.

Sie höhlen das Kontrollinstrument Volksanwaltschaft immer mehr aus, indem Sie immer mehr ausgliedern. Die Mehrheitsverhältnisse des Bundes bleiben zwar aufrecht, daher kann der Rechnungshof durchaus kontrollieren, die Volksanwaltschaft lassen Sie jedoch nicht kontrollieren. Sie wollen unter sich bleiben, indem Sie nur den drei stärksten im Parlament vertretenen Parteien überhaupt ein Vorschlagsrecht geben. Es kann nicht Ausdruck eines ernstzunehmenden Kontrollbedürfnisses sein, wie Sie sich diese Instrumente herrichten, und ich sage absichtlich so locker "herrichten", denn diesen Eindruck hat man. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Mit dem Fragerecht gehen Sie ähnlich um, mit den Fragen, die wir auf schriftlichem oder mündlichem Weg an die Regierungsmitglieder einbringen können. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß wir deswegen oft parlamentarische Anfragebesprechungen machen müssen, weil die Antworten entweder ungenügend sind, nicht stimmen und weil Sie versuchen, lediglich eine Pflichtübung zu erfüllen. Auch dieses Kontrollinstrumentarium wird von Ihnen offensichtlich als eine Lästigkeit empfunden.

Die Art, wie die Kontrollausschüsse in diesem Parlament gehandhabt werden, ist überhaupt ein Kapitel für sich. Ich brauche nur daran zu erinnern, was sich Landeshauptfrau Klasnic letztens geleistet hat, als sie es durchgehen ließ und gestützt hat, als ihre Beamten meinten, sie müßten dem parlamentarischen Kontrollausschuß nicht einmal Rede und Antwort stehen. Sie hat es nicht einmal für notwendig gefunden, eine Antwort auf einen Brief des Präsidenten des Nationalrates zu geben. Und als die Antwort dann einlangte, hat sie eine eindeutige Sprache gesprochen, nämlich: Ich bin ich, und ihr werdet mir schon nicht in die Karten schauen können!

An all dem sieht man, wie die Kontrollinstrumente von den Regierenden immer weniger ernst genommen werden, seien es nun die Mehrheiten hier im Parlament, die dann die Regierung stellen, oder seien es die Mehrheiten in den Ländern. Und auch das letzte Instrumentarium, von dem man noch meinen sollte, daß es an einen Kernbereich herangeht – indem man nämlich die politische Verantwortung der Regierungsmitglieder klärt, damit man nicht gleich mit einem Mißtrauensantrag kommen muß, sondern vorher Dinge klären kann, um in der Zukunft ähnliche Mißstände, die man vermutet, zu vermeiden –, nämlich die Untersuchungsausschüsse, werden von der Mehrheit in diesem Haus seit Jahren torpediert.

Ich erinnere daran, daß wir die Spielregeln für die Untersuchungsausschüsse deshalb geändert haben, um das Argument des fairen Verfahrens auch wirklich ernsthaft auf den Tisch legen zu können. Denn es ist wahr, daß sich bei den ursprünglichen Untersuchungsausschüssen der letzten Jahre manche Unfairneß nicht nur eingeschlichen, sondern dann auch zu parteipolitischem Kleingeld geführt hat.

Die Oppositionsparteien haben an neuen Spielregeln mitgearbeitet. Nachdem alles unter Dach und Fach war, haben Sie die Sache jedoch abgehakt, haben gemeint, mehr brauchen wir nicht, und Sie sind über die Frage des Minderheitenrechtes nicht einmal gesprächsbereit.

Ich erinnere daran, daß das Verlangen nach einem Untersuchungsausschuß im Zusammenhang mit der Ermordung dreier Kurden viele Monate lang die Öffentlichkeit bewegt hat, vor allem deswegen, weil ein deutsches Gericht festgestellt hat, daß sich die blutige Spur von Wien bis nach Deutschland gezogen hat. Wir haben damals also nicht aus irgendeinem parteipolitischen Kalkül darüber geredet, sondern es ging tatsächlich um Verantwortlichkeiten und politische Verflechtungen und es ging um das Rückgrat unseres Landes anderen Ländern gegenüber. Dieses Rückgrat durften wir bis heute nicht hinterfragen, und daher besteht die Gefahr, daß, wenn eine ähnliche Situation eintritt, ähnliches wieder passiert. Damals waren sich die meisten Medien in diesem Land und die meisten Beobachter der politischen Szenerie einig, daß das ein klassischer Fall für einen Untersuchungsausschuß sein müßte. Sie haben diesen jedoch verweigert.

Dann gab es einen weiteren Fall – der Herr Wirtschaftsminister ist bis vor kurzem noch auf der Regierungsbank gesessen –, in welchem es wieder um Menschenleben gegangen ist, zwar in einem ganz anderen Zusammenhang, aber es ging wieder darum, daß möglicherweise auch die Verletzung der Aufsichtspflicht in einem Kausalzusammenhang mit dem Tod von Menschen stehen könnte, jedenfalls aber die Vernachlässigung der Aufsichtspflicht ein auf dem Tisch liegendes, ernstes Verdachtsmoment ist. Und es ginge dabei auch darum, festzustellen, welche Verflechtungen vielleicht ganz bewußt zu dieser Verletzung der Aufsichtspflicht geführt haben.

Auch in diesem Fall waren sich wiederum sehr viele einig, sogar in den Regierungsparteien, daß das ein klassischer Anlaß für einen Untersuchungsausschuß wäre. Die Mehrheit in diesem Hause hat jedoch abgeblockt, und viele, die dagegen gestimmt haben, haben gegen ihre Überzeugung dagegen gestimmt. Sie wären vielleicht zu diesem Zeitpunkt sehr froh gewesen, wenn eine Minderheit, das heißt Abgeordnete, die nicht unbedingt ihrer Fraktion angehören, ein solches Instrumentarium in Bewegung hätte setzen können. Aus Koalitionsräson hat man sich aber nicht zuzustimmen getraut.

Sie sind also nicht bereit, die Spielregeln zu ändern, und deswegen haben wir eine erste Lesung zu diesem unserem Antrag verlangt, weil wir glauben, daß dieses Thema nicht erledigt bleiben darf, weil wir glauben, daß die Spielregeln dahingehend geändert werden müssen, daß – wie es auch in anderen Ländern durchaus möglich ist – auch eine Minderheit dieses Hauses einen Untersuchungsausschuß einsetzen kann.

Ich erinnere die beiden jetzigen Regierungsfraktionen an die Zeiten, als sie in der Opposition waren. Ich will jetzt überhaupt nicht polemisieren und sagen, daß diese Zeiten für Sie wiederkommen könnten, aber auszuschließen ist ja wirklich nichts! Ich bitte Sie daher, durchaus auch einmal die Dinge aus dieser Sicht zu betrachten, wie und mit welchen Instrumenten Sie in einem solchen Fall die Regierungsarbeit kontrollieren könnten, wenn Sie dieses Recht einer Minderheit nicht zugestehen. In Deutschland funktioniert das! Wieso in Österreich nicht?

Ich appelliere daher an Sie, sich darüber Gedanken zu machen und, wenn wir soweit sind, im Ausschuß darüber zu beraten, vielleicht von Ihrer Blockade abzugehen, damit wir zu einer Änderung kommen, gemäß welcher entweder einem Viertel der Abgeordneten ein solches Recht zugestanden wird oder vielleicht sogar, wie wir es uns wünschen würden, allen Abgeordneten in Zweierfraktionen. Wir sind gesprächsbereit, auch nur eine der Varianten zuzulassen, und wir haben auch zusätzlich noch einen Filter eingebaut, indem nicht mehr als zwei Untersuchungsausschüsse beantragt werden können, das heißt, wenn zwei laufen, ist ein dritter gar nicht möglich. Sie sehen: Zerstörerisch – wie Sie es vielleicht meinen könnten – oder nur effekthascherisch kann das also gar nicht umgesetzt werden. – Ich bitte Sie, umzudenken! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

23.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Daher ist die Debatte geschlossen.

Ich weise den Antrag 908/A der Frau Abgeordneten Dr. Schmidt dem Geschäftsordnungsausschuß zur weiteren Beratung zu.

20. Punkt

Erste Lesung des Antrags 925/A der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Förderung von Anliegen der jungen Generation (Bundesjugendförderungsgesetz)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Ich erteile dem Antragsteller, Herrn Abgeordneten Graf, das Wort. – Bitte.

23.57

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Spät nachts noch ein Jugendthema: Ich bin sehr froh darüber, daß wir hier eine erste Lesung auch zu diesem Thema relativ rasch durchführen. Wir haben diese Vorlage erst vor kurzem eingebracht. Ich finde, es tut not, daß wir die Jugendförderung auf gesetzliche Beine stellen, und die Wünsche und Begehren in diese Richtung gehen quer durch alle Fraktionen.

Ich erinnere daran, daß es eine Petition gibt, die von den Sozialisten eingebracht wurde, und Abgeordnete Tegischer unterstützt auch, daß bundesweit einheitliche Jugendförderbestimmungen endlich in Kraft gesetzt beziehungsweise umgesetzt werden. Und auch Kollege Amon als Jugendsprecher der ÖVP zieht am gleichen Strang. Ich glaube, daß auch bei den kleineren Oppositionsparteien durchaus ein einheitlicher Wille vorhanden ist.

Es hat bis jetzt immer nur eine Initialzündung gefehlt. Daher haben wir nun diesen Antrag eingebracht, und ich glaube, es ist sogar eine recht gute Vorlage, die durchaus diskussionswürdig ist. Ich freue mich schon jetzt auf die Diskussionen. Ich habe vernommen, daß uns wenigstens garantiert wird, daß im Verfassungsausschuß darüber diskutiert wird. Denn im Familienausschuß geht schon seit über einem Jahr überhaupt nichts mehr weiter, er tagt nicht einmal mehr. Daher ist es mir lieber, wenn eine Vorlage vom Verfassungsausschuß diskutiert wird, bevor sie gar nicht diskutiert wird.

Ich glaube, man kann durchaus über den einen oder anderen Punkt geteilter Meinung sein. Wenn man aber ernsthaft an dieses Thema herangeht, dann wird man einen Kompromiß oder Konsens zwischen den Fraktionen finden. Wir haben einmal eine Definition der Jugendorganisationen, die in einem allfälligen Jugendbeirat mit Sitz verankert sein sollen, vorgenommen, wobei man durchaus über die Zahlen streiten kann. Ich glaube aber, daß das nicht das Problem einer ersten Lesung ist, sondern daß sich das auch aus den Ausschußberatungen ergeben kann.

Wir haben heute vom Bundeskanzler gehört, daß die modernste und wirkungsvollste Form der Vorsitztätigkeit das Rotationsprinzip ist, ähnlich wie in der EU mit einer Troika. Wir haben das in diesem Zusammenhang auch berücksichtigt, und es gibt uns sozusagen sogar der Kanzler recht, daß auch die Kleinen gleiche Rechte in der Vorsitzführung haben sollen. Das wurde, wie gesagt, berücksichtigt.

Die Aufgaben sind definiert. Die Förderung ist grundsätzlich beschränkt. Wir stehen auf dem Boden der Forderung, daß es ausschließlich Projektförderungen in Form von Projektkostenerstattungen oder auch von Zuschüssen geben soll. Es soll jedoch keine, wie man so schön sagt, Basisfinanzierung ausgeschüttet werden, die letztendlich wenig bis gar nicht nachvollziehbar ist. Diesem Erfordernis haben wir nach unserem Verständnis auch Rechnung getragen. Letztlich ist der Abschluß eines Förderungsvertrages vorgesehen, der Rechte, Pflichten und Maßnahmen für den Fall der Mißachtung der Bestimmungen festlegt.

Offen ist ferner – und das wollen wir auch gar nicht einschränken, es soll hierfür ja auch ein Portefeuille seitens der Ministerien geben –, daß durchaus noch eine gesonderte Förderung über die Ministerien möglich sein soll, um vielleicht das eine oder andere zusätzliche Projekt schneller oder gezielter zu fördern.

Das alles wird mit diesem Antrag nicht ausgeschlossen. Im wesentlichen handelt es sich um eine schlanke Vorlage mit 21 Paragraphen, die leicht verständlich und für jedermann durchaus nachvollziehbar gestaltet ist. Das wesentliche Moment – und ich glaube, das ist ein berechtigtes Anliegen, das auch vom Familienminister hier im Hohen Haus immer wieder geäußert worden ist – ist in Wirklichkeit, daß man diesen unsäglichen Bundesjugendring los wird, der ja nur eine Förderungsverteilungsorganisation ist, die nicht nachvollziehbar ist, die willkürlich, undemokratisch organisiert ist, in der ja nicht das Recht waltet, sondern die Willkür der dort vertretenen Jugendorganisationen.

Ich erinnere daran, daß dieser Bundesjugendring durchaus Jugendorganisationen von politischen Parteien – und nicht nur politische Jugendorganisationen, sondern auch unpolitische – bislang abgelehnt hat, obwohl sie die Berechtigung hätten, dabei zu sein. Der Ring Freiheitlicher Jugend ist dort trotz Antragstellung niemals aufgenommen worden, was meines Erachtens ohnehin fragwürdig ist und weswegen der Minister schon längst hätte einschreiten müssen, und zwar in der Form, daß er die Jugendförderung an entsprechende Bedingungen knüpft. Aber auch die Sudetendeutsche Jugend ist trotz Antrag dreimal nicht aufgenommen worden. Das zeigt, daß es notwendig ist, diesbezüglich etwas zu tun, und diese Vorlage ist geeignet, die Diskussion in Gang zu setzen.

Ich hoffe, es beteiligen sich alle daran, es sind wirklich alle daran interessiert, etwas Sinnvolles für die Jugend und für die Jugendorganisationen zu tun. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Brigitte Tegischer. – Bitte.

0.02

Abgeordnete Brigitte Tegischer (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen etwas Grundsätzliches zum Thema Jugendförderung sagen. Uns ist es wichtig, daß es nicht nur um die Finanzierung von Jugendorganisationen geht, sondern darum, alle Wünsche und Vorschläge von vielen Jugendlichen, auch außerhalb der Jugendorganisationen, zu berücksichtigen und es Jugendlichen vor allem zu ermöglichen, sich aktiv am politischen Geschehen zu beteiligen.

Ein wichtiges Anliegen – Kollege Graf hat es schon angeschnitten – ist die bundesweite Vereinheitlichung der Jugendschutzbestimmungen. Es ist ja überhaupt nicht einsichtig, warum für gleiche Altersgruppen verschiedene Bestimmungen gelten. Diese Angelegenheit ist derzeit noch Landessache. Wir würden uns aber wirklich wünschen, daß Jugendthemen auch bundesweit geregelt werden, weil Schutzbestimmungen sehr wohl bereits in vielen Gesetzen verankert sind.

Weitere Bestrebungen, die derzeit von uns sehr aktuell diskutiert werden – auch parteiübergreifend –, betreffen die Mitbestimmung und Mitentscheidung von Jugendlichen. So soll zum Beispiel auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, daß bei Bürgerinitiativen auch Jugendliche mit 16 Jahren oder vielleicht sogar schon jüngere die Möglichkeit haben sollen zu unterschreiben und nicht erst Personen ab 19 Jahren.

Unsere Bestrebungen gelten weiters der Förderung der Persönlichkeitsentwicklung, der Kritikfähigkeit, der Mitbestimmung und Mitentscheidung. Ich möchte, weil wir uns wirklich vehement gegen eine Diskriminierung verwahren, einen Punkt aus dem FPÖ-Antrag herausgreifen: In § 2 Ihres Antrages steht, daß unter Jugend jugendliche Staatsbürger österreichischer Staatsangehörigkeit gemeint sind. Ich glaube, es ist wichtig, daß man hier auch ausländische Jugendliche integriert, weil wir ja immer bestrebt sind, auch diese in unsere Gesellschaft zu integrieren.

Daß der Ring Freiheitlicher Jugend in den Bundesjugendring nicht aufgenommen worden ist, liegt wahrscheinlich daran, daß gewisse Punkte in den Statuten nicht eingehalten wurden. (Abg. Dr. Graf: Falsch! Falsch!) Ihre Bestrebungen, dem Bundesjugendring anzugehören, sind ja auch nicht unbedingt die größten, denn meines Wissens liegt der letzte Antrag des Rings Freiheitlicher Jugend mindestens drei Jahre zurück. (Abg. Dr. Graf: Also bitte! Soll ich vielleicht alle drei Jahre einen Antrag stellen?) Aber ich lasse mich gerne belehren, wenn das nicht der Fall ist.

Nach den vom Jugendministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium erstellten Sonderrichtlinien gibt es nicht nur Förderungen für Jugendorganisationen, sondern, wie auch von Ihnen gefordert, sehr wohl auch Projektförderung ebenso wie die freie Förderung. Im Jahre 1997 hatten dabei 400 bis 500 Organisationen beziehungsweise freie Jugendgruppierungen die Möglichkeit, ihre Projekte vorzustellen und einzubringen.

Zum Schluß möchte ich noch sagen, daß es unsere Intention ist, die Anliegen der Jugendlichen insofern aufzuwerten, sie sozusagen in den Verfassungsstatus zu erheben, als zum schon bestehenden Seniorenbeirat auch ein Jugendbeirat im Bundeskanzleramt installiert werden soll, um den Jugendlichen auch auf höchster Ebene die Möglichkeit zu geben, ihre Anliegen darzustellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Wir haben ohnedies einen Jugendminister! Wir haben zwar einen Jugendminister, aber keinen Seniorenminister! – Weitere Zwischenrufe des Abg. Dr. Graf.)

0.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist nicht Herr Abgeordneter Graf, sondern Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

0.07

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute die erste Lesung dieses von der FPÖ eingebrachten Jugendförderungsgesetzes diskutieren – Kollege Graf hat gesagt, daß ihm die Initialzündung gefehlt hat: möglicherweise habe ich mit dem im August von mir gemachten Vorschlag die Initialzündung dafür gegeben, daß Sie dann im November diesen Antrag eingebracht haben (Abg. Dr. Graf: Das haben wir ja schon voriges Jahr gemacht!) –, dann ist das Anlaß, sich Gedanken nicht nur darüber zu machen, wie die verbandliche Jugendarbeit in Zukunft zu organisieren ist, sondern auch über die Frage, wie man diese verbandliche Jugendarbeit in Zukunft fördern und einer entsprechenden Vertretungsweise zuführen kann.

In der Tat ist natürlich der Österreichische Bundesjugendring, wie er heute existiert – und es gibt ja sehr viele Persönlichkeiten in diesem Hohen Haus, die in diesem Österreichischen Bundesjugendring als Vorsitzende oder in sonstigen Funktionen gedient haben –, nicht ganz zeitgemäß, denn es liegt natürlich eine gewisse Diskrepanz darin, daß dieses Gremium auf der einen Seite beschließt, wer Mitglied im Bundesjugendring sein darf, und andererseits auch über die Verteilung der Mittel entscheidet. Das heißt, daß jede Aufnahme weiterer Organisationen natürlich automatisch mit einer Kürzung der eigenen Mittel zu tun hätte, und dies schafft im Handling ein gewisses Problem.

Daher macht es durchaus Sinn, sich Gedanken darüber zu machen, das einmal auf gesetzliche Beine zu stellen und es nicht, wie es derzeit der Fall ist, in der Form eines Vereines zu belassen.

Daher glaube ich, daß die Anregung, die von den Freiheitlichen in Form dieses Antrages kommt, nicht so schlecht ist, auch wenn man im Detail hier sehr unterschiedlicher Meinung sein kann. Es gilt daher auch, dies im Detail auszuverhandeln. So haben wir beispielsweise im Statut der Jungen Volkspartei die Bedingung enthalten, daß es Personen sein müssen, die ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben – nicht aber unbedingt österreichische Staatsbürger (Abg. Dr. Graf: EWR!) –, die hier ausschließlich zu fördern sind. Hier gibt es also gewisse Differenzen.

Es kann auch nicht so sein, daß die Jugendvertretung, wie in Ihrem Vorschlag vorgesehen, eine Angelegenheit des Jugendministeriums ist, sondern die Jugendorganisationen sollen die Verwaltung natürlich für sich selbst in Angriff nehmen. Im Ansatz ist diese Idee aber zweifelsohne richtig.

Ich möchte aber schon eine Lanze für die verbandliche Jugendarbeit brechen. Ich glaube, daß wir mit einer übertriebenen Projektfinanzierung, wie wir sie derzeit haben, der verbandlichen Jugendarbeit in Wirklichkeit keinen guten Dienst erweisen. Wir haben als Junge ÖVP beispielsweise 1 400 Ortsgruppen im gesamten Bundesgebiet. Wenn ich nun jede Ortsgruppe als eigenes Projekt abrechnen würde, hätte ich eine ungeheure Zahl abzurechnen. Das kann es also nicht sein. Wir glauben daher, daß verbandliche Jugendarbeit etwas anderes ist als projektorientierte Jugendarbeit, die durchaus in Verbänden erfolgen kann. (Beifall des Abg. Zweytick.)

Das alles ist zu diskutieren, und das werden wir im Ausschuß tun. Ich glaube daher, daß wir sicher zu einem solchen Jugendförderungsgesetz kommen werden, durch das wir einerseits die Jugendförderung auf gesetzliche Beine stellen und andererseits der Jugendvertretung auch einen entsprechenden Ansprechpartner geben, den sie jetzt in Form eines Vereines, wie es der Österreichische Bundesjugendring ist, nicht im genügenden Ausmaß hat. Wenn wir die Jugendförderung jedoch auf gesetzliche Beine stellen, dann wird es einen solchen Ansprechpartner geben.

In diesem Sinne glaube ich, daß es ein interessanter Vorschlag ist. Wir werden uns bemühen, zu einem gemeinsamen Standpunkt zu kommen, und ich hoffe, daß wir in diesem Hause dafür eine breite Mehrheit finden werden. (Beifall bei der ÖVP.)

0.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

0.11

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Redners und der Rednerin der Regierungsparteien geben uns Hoffnung – und ich hoffe, das bleibt so und ist nicht nur durch die Tageszeit und durch den Umstand, daß es sich um eine erste Lesung handelt, bedingt –, daß wir hinsichtlich der wichtigen Anliegen der Neuorganisation und auch der gesetzmäßigen Organisation der Jugendarbeit doch gemeinsam einen wichtigen Schritt weiterkommen werden und daß wir über diesen Antrag sehr intensiv im Ausschuß diskutieren werden können.

Daß dies notwendig ist, haben auch die Vorredner bestätigt. Wir merken, daß die verbandliche Jugendarbeit, so wichtig sie ist, im Bewußtsein der Jugendlichen immer mehr an Bedeutung verliert, wie überhaupt die herkömmlichen politischen Parteien immer weniger den direkten Zugang zu den Jugendlichen haben. Als ich noch Obmann unserer Jugendorganisation gewesen bin, gab es schon eine Jugendstudie, die zu dem Ergebnis kam – und ich glaube, daß sich das bis jetzt nicht geändert hat –, daß nur mehr 4 Prozent der Jugendlichen – 4 Prozent, Kollege Steindl! – sich bereit erklären würden, in einer der vorhandenen politischen Parteien aktiv mitzuarbeiten (Abg. Mag. Steindl: Bei uns ist der Prozentsatz höher!) – sehr wohl auch bei euch! Die Mitgliederzahlen eurer Jungen ÖVP kenne ich auch! In dem Maße, in dem es in den Bundesländern nicht mehr so wichtig ist, Mitglied der Jungen ÖVP zu sein, wenn man in eine Diskothek gehen möchte, weil man mit dem Auto woanders hinfahren kann, in dem Maße habt ihr auch an Mitgliedern verloren. Es sollte auch nicht der Sinn einer Jugendorganisation sein, daß man Mitglied sein muß, um zu Freizeitgestaltungsmöglichkeiten Zugang zu erhalten.

Die genannten 4 Prozent sollten aber für uns alle ein Alarmsignal und auch ein Auftrag sein, diese auch politische Jugendarbeit auf ein neues Standbein zu stellen.

Der heute schon angesprochene Bundesjugendring könnte oder sollte eigentlich ein Dachverband der wichtigsten Jugendorganisationen sein. Wir wissen aber, daß er in Wirklichkeit überhaupt nicht mehr ernst genommen wird. Es gibt über den Bundesjugendring ja auch kaum Initiativen, mit denen über alle Verbände hinweg konkret auch in der Öffentlichkeit Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Jugendlichen gesetzt worden wären, sondern da geht es ganz einfach darum, das Budget möglichst positiv – nämlich positiv für die einzelnen Organisationen – zu verteilen.

Frau Kollegin Tegischer! Sie haben gemeint, der Ring Freiheitlicher Jugend wurde nicht aufgenommen, weil es wahrscheinlich Statutenprobleme gegeben hat. – Ich war einer, der damals den Antrag auf Aufnahme in den Bundesjugendring gestellt hat, und ich kann Ihnen sagen, daß wir alle Kriterien erfüllt hatten. Das Verfahren war eigentlich schon abgeschlossen. Ich mußte mich als Jugendobmann einem Hearing im Bundesjugendring stellen. Auch das ist in Ordnung gegangen. Wir haben nur das Problem gehabt, daß damals auf parteipolitischer Ebene irgendeine tagespolitische Diskussion ausgebrochen ist, und dann hat man plötzlich verlangt, daß sich die Jugendorganisation, die aufgenommen werden will, und der Obmann von der eigenen Partei distanzieren müssen, dann werde man ihn aufnehmen. Wenn er das nicht tut, werde man ihn nicht aufnehmen. Das war das Kriterium des Bundesjugendringes, um eine Jugendorganisation, die immerhin 10 000 Mitglieder umfaßt, in ihre Organisation, die bis dato der einzige Dachverband ist, mit einzugliedern.

Wenn das die Kriterien sind, nach denen in einer Jugendorganisation Jugendarbeit für alle österreichischen Jugendlichen gemacht wird, dann ist klar, daß hier absoluter Reformbedarf besteht!

Ich hoffe wirklich, daß wir die positive Stimmung der heutigen Debatte in den Ausschuß mit hineinbringen und daß wir den Interessen der Jugendlichen – und zwar nicht den parteipolitischen, sondern den demokratiepolitischen Interessen – nachkommen werden und die Jugendarbeit auch durch die Vorschläge, die wir in diesem Gesetz gemacht haben, auf eine neue, bessere und zukunftsorientierte Basis stellen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Damit ist die Debatte geschlossen.

Im Einvernehmen mit den Antragstellern weise ich den Antrag 925/A dem Verfassungsausschuß zu.

21. Punkt

Bericht des Hauptausschusses betreffend Erstattung eines Vorschlages für die Wahl eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft (1557 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf Berichterstattung liegt nicht vor.

Ich weise darauf hin, daß die bisherige Volksanwältin Mag. Evelyn Messner mit Wirkung von Ende dieses Jahres ihre Funktion zurückgelegt hat und der Nationalrat somit die Aufgabe hat, ein Mitglied für den Rest der Funktionsperiode namhaft zu machen.

Die einschlägigen Bestimmungen in Artikel 148g der Bundesverfassung, die für die Wahl eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft maßgeblich sind, sind bekannt.

Der Hauptausschuß hat diese Materie beraten und stellt folgenden Antrag:

Antrag

des Hauptausschusses des Nationalrates

"Der Nationalrat wolle Frau Dr. Christa Krammer mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1999 für den Rest der Funktionsperiode zu einem Mitglied der Volksanwaltschaft wählen."

*****

Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Es liegt mir auch nur dieser eine Antrag vor. Daher werde ich, wenn keine Einwendungen erhoben werden, im Sinne des § 87 Abs. 7 der Geschäftsordnung über diesen Wahlvorschlag durch Aufstehen und Sitzenbleiben abstimmen lassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? (Abg. Dr. Khol: Nein! – Zwischenruf bei den Grünen.) – Das ist ... (Abg. Dr. Petrovic: Ja!)

Meine Damen und Herren, es gibt ja eine Geschäftsordnung. Es liegt nur ein Wahlvorschlag vor, und § 87 Abs. 7 der Geschäftsordnung lautet: "Liegt nur ein Wahlvorschlag vor, kann auf Vorschlag des Präsidenten über diesen gemäß § 66 Abs. 1 oder 2" – also durch Aufstehen und Sitzenbleiben – "abgestimmt werden. Wird jedoch eine Einwendung erhoben, hat es bei der Wahl mit Stimmzetteln zu bleiben."

Somit frage ich, ob jemand Einwendungen erhebt. (Abg. Dr. Petrovic: Ja!) – Gut. (Abg. Dr. Kostelka: Aber, Herr Präsident, es wurde doch bereits enunziert, daß keine Einwendung vorliegt!)

Nein, es wurde noch nicht enunziert. Wenn jemand eine Wahl mit Stimmzetteln wünscht, so werden wir das in einer Demokratie so machen, auch wenn das Zeit kostet. Ich kann nichts dafür. Das "Ja" der Einwendung war deutlich. (Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Sie haben die Einwendungen von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic gegen die Wahl durch Aufstehen und Sitzenbleiben gehört. Daher hat die Wahl durch Stimmzettel zu erfolgen.

Zu benützen sind die grünen Stimmzettel, die sich in den Laden der Abgeordnetenpulte befinden und den Aufdruck "Stimmzettel für Wahlen ohne Wahlzettel" tragen. Für die Wahl können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Antrag des Hauptausschusses in 1557 der Beilagen stimmen, auf den Stimmzettel "Ja" zu schreiben, jene, die gegen den Antrag sind, "Nein" zu schreiben. Es ist nicht möglich, andere Namen vorzuschlagen, weil das in der Verfassung so geregelt ist. Nach dem Ausfüllen der Stimmzettel sind diese in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche nunmehr die Abgeordneten, die Stimmzettel entsprechend auszufüllen und diese nach Namensaufruf durch den Schriftführer in die Urne zu werfen.

Ich bitte Frau Abgeordnete Parfuss, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Frau Abgeordnete Rosemarie Bauer wird sie später ablösen. – Bitte, Frau Abgeordnete Parfuss.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Parfuss und Rosemarie Bauer werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne. – Während der Abstimmung ist der Lärmpegel im Sitzungssaal sehr hoch. Es fallen Zwischenrufe, darunter: Abg. Dr. Khol: Das ist Fischer in Reinkultur! – Abg. Mag. Kammerlander – in Richtung ÖVP –: Eine solche Wahl war immer geheim! Sie werden doch noch wählen können! Können Sie nicht einmal wählen? Zehn Minuten mehr, und bei euch brennen alle Sicherungen durch! – Gegenrufe bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Schriftführerin.

Ich stelle fest, daß die Stimmabgabe beendet ist. Bitte, die Urne zu den Bänken zu tragen und rasch auszuzählen.

(Die zuständigen Bediensteten des Hauses nehmen die Stimmenzählung vor.)

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe in der Zwischenzeit bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 980/A bis 999/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 5344/J bis 5452/J eingelangt.

Schließlich sind Anfragen der Abgeordneten Dr. Petrovic sowie des Abgeordneten Haigermoser an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche jetzt die Sitzung für die Stimmenauszählung.

(Die Sitzung wird um 0.27 Uhr unterbrochen und um 0.36 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis beziehungsweise das Wahlergebnis bekannt:

Es wurden 145 Stimmen abgegeben. Davon waren 140 Stimmen gültig. Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt somit 71.

Es wurden 134 "Ja"-Stimmen und 6 "Nein"-Stimmen abgegeben. (Lebhafter Beifall und Bravo!-Rufe.)

Somit ist Frau Dr. Christa Krammer mit Wirkung vom 1. Jänner 1999 zum Mitglied der Volksanwaltschaft gewählt. Ich darf mich der soeben zum Ausdruck gebrachten Gratulation herzlich anschließen.

Damit haben wir diese Sitzung erledigt.

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zu-weisungen dient, berufe ich für heute, 0.38 Uhr, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 0.37 Uhr