Stenographisches Protokoll

159. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 24. Februar 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

159. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Mittwoch, 24. Februar 1999

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 24. Februar 1999: 10.02 – 22.36 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Thema Treibstoffpreis

2. Punkt: Wirtschaftstreuhandberufsgesetz – WTBG

3. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

4. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert wird

5. Punkt: 5. BIG-Gesetz-Novelle

6. Punkt: Bericht über den Antrag 821/A (E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend den Verdacht von Preisabsprachen im Hoch- und Straßenbau

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird

8. Punkt: Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits samt Anhang und Schlußakte

9. Punkt: Bericht über den Antrag 905/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend EU-Beitragssenkungen

10. Punkt: Bericht über den Antrag 561/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Ausbau der finanziellen Mittel für das Internationale Kriegsverbrechertribunal für Exjugoslawien

11. Punkt: Bericht über den Antrag 931/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Werner Amon und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der genitalen Verstümmelung von Frauen

12. Punkt: Bericht über den Antrag 788/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Maßnahmen zugunsten von Mädchen und Frauen, die von menschenrechtsverletzenden Praktiken der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane betroffen sind

13. Punkt: Bericht über den Antrag 432/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Verlängerung der Österreichischen Nationalinitiative Wald – Dritte Welt

14. Punkt: Bericht über den Antrag 538/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Militär- und Rüstungsausgaben in den Entwicklungsländern als Kriterium der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 923/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Reform des Dienst- und Besoldungsrechtes für Lehrer

17. Punkt: Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 1998

18. Punkt: Bericht über den Antrag 382/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Einrichtung einer zentralen Notrufstelle zur Prävention gegen Kindesmißhandlung

19. Punkt: Bericht über den Antrag 870/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Einführung des Kinderbetreuungsschecks

20. Punkt: Bericht über den Antrag 871/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Erhöhung des Mutter-Kind-Paß-Bonus

21. Punkt: Bericht über den Antrag 926/A (E) der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Lehrlinge

22. Punkt: Erste Lesung des Antrages 971/A der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und die Nationalrats-Wahlordnung 1992 (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert werden

23. Punkt: Erste Lesung des Antrages 974/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird

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Inhalt

Nationalrat

Erklärung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer anläßlich des Lawinenunglücks in Tirol 20

Mandatsverzicht des Abgeordneten Ing. Walter Meischberger 20

Angelobung des Abgeordneten Wilfried Tilg 20

Personalien

Verhinderungen 20

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4831/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 40

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 93

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 93

Dr. Johannes Jarolim 96

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 97

Dr. Michael Krüger 99

Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek 101

Mag. Helmut Peter 102

Andreas Wabl 102

Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 901/A betreffend Änderung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 23. März 1999 zu setzen 40

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 40

Redner:

Dr. Volker Kier 104

Dr. Peter Kostelka 105

Karl Smolle 106

Mag. Terezija Stoisits 107

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 108

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung 41

Wortmeldungen des Abgeordneten Dr. Andreas Khol betreffend Ruf "zur Sache" 99

Feststellungen des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder betreffend Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol sowie Gegenstand der Debatte und Inhalt der Debattenbeiträge 99, 102, 104

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Martin Graf betreffend Redezeitbeschränkung und freies Rederecht jedes Abgeordneten 189

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka betreffend Redezeitbeschränkung 190

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung 193

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol betreffend Gegenstand der namentlichen Abstimmung 193

Feststellung des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder zur Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol 193

Unterbrechungen der Sitzung 193, 195

Wortmeldungen des Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler betreffend die namentliche Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen sowie Ersuchen um Wiederholung der namentlichen Abstimmung mittels Stimmkarten oder Abhaltung einer Präsidialkonferenz 194, 195

Weitere Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Dr. Peter Kostelka 194

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 195

Feststellungen des Präsidenten MMag. Dr. Willi Brauneder betreffend die namentliche Abstimmung 195, 196

Aktuelle Stunde (36.)

Thema: "Betrug an Österreichs Bauern"

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 21

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 23

Robert Wenitsch 25

Rainer Wimmer 27

Georg Schwarzenberger 28

Karl Smolle 30

Andreas Wabl 31

Dr. Stefan Salzl 32

Emmerich Schwemlein 33

Rudolf Schwarzböck 35

Dr. Martina Gredler 36

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 37

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 21

Ausschüsse

Zuweisungen 39, 200, 201

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Thema Treibstoffpreis 41

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 41

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung 41

Redner:

Mag. Reinhard Firlinger 45

Mag. Helmut Kukacka 46

Mag. Helmut Peter 48

Mag. Herbert Kaufmann 50

Dr. Alexander Van der Bellen 52

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 54, 70

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 54

Dkfm. Holger Bauer 56

Georg Oberhaidinger 57

Mag. Thomas Barmüller 59

Mag. Dr. Josef Trinkl 63

Günter Kiermaier 64

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 65

Georg Schwarzenberger 66

Robert Wenitsch (tatsächliche Berichtigung) 68

Anton Blünegger 68

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 69

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen betreffend "Schutzgeldzahlungen" im Bereich der Wirtschaftskammer Österreich – Ablehnung 66, 70

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1273 d. B.): Wirtschaftstreuhandberufsgesetz – WTBG (1635 d. B.) 70

3. Punkt: Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1636 d. B.) 71

4. Punkt: Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert wird (1637 d. B.) 71

Redner:

Helmut Haigermoser 71

Ingrid Tichy-Schreder 73

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 75

Dr. Kurt Heindl 76

Dr. Martin Graf 78

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 79

Mag. Helmut Peter 80

Ing. Monika Langthaler 82

Mag. Franz Steindl 83

Günter Kiermaier 84

Peter Marizzi 85

Mag. Kurt Gaßner 86

Mag. Johann Maier 87

Annahme der Gesetzentwürfe in 1635, 1636 und 1637 d. B. 88

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1635 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Maßnahmen zum bundesweiten Schutz von Treuhandschaften sowie zur Ermöglichung der Gründung von interdisziplinären Gesellschaften (E 155) 88

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (1555 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das BIG-Gesetz, BGBl. Nr. 419/1992, geändert wird (5. BIG-Gesetz-Novelle) (1640 d. B.) 89

6. Punkt: Bericht des Bautenausschusses über den Antrag 821/A (E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend den Verdacht von Preisabsprachen im Hoch- und Straßenbau (1641 d. B.) 89

Redner:

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 89

Dr. Walter Schwimmer 91

Dr. Gerhard Kurzmann 108

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 109

Kurt Eder 110

Mag. Reinhard Firlinger 110

Karl Smolle 111

Matthias Ellmauer 113

Doris Bures 114

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 114

Franz Riepl 116

Annahme des Gesetzentwurfes in 1640 d. B. 117

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1641 d. B. 117

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend die Übertragung von 1 200 Bundeswohnungen an die BIG-LV – Ablehnung 90, 117

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Mag. Johann Ewald Stadler, Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Ideenwettbewerb für ein "Haus der Geschichte" beziehungsweise ein "Haus der Toleranz" – Annahme (E 156) 92, 117

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1431 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (1605 d. B.) 117

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1482 d. B.): Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits samt Anhang und Schlußakte (1606 d. B.) 117

9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 905/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend EU-Beitragssenkungen (1610 d. B.) 118

10. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 561/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Ausbau der finanziellen Mittel für das Internationale Kriegsverbrechertribunal für Exjugoslawien (1607 d. B.) 118

Redner:

Mag. Johann Ewald Stadler 118

Dr. Michael Spindelegger 120

Dr. Martina Gredler 121

Peter Schieder 124

Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel 125

Herbert Scheibner 128

Mag. Doris Kammerlander 130

Dr. Irmtraut Karlsson 132

Dr. Helga Konrad 133

Annahme des Gesetzentwurfes in 1605 d. B. 134

Genehmigung des Staatsvertrages in 1606 d. B. 134

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 134

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1610 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend künftige Finanzierung der Europäischen Union (E 157) 135

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1607 d. B. 135

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 931/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Werner Amon und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der genitalen Verstümmelung von Frauen (1609 d. B.) 135

12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 788/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Maßnahmen zugunsten von Mädchen und Frauen, die von menschenrechtsverletzenden Praktiken der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane betroffen sind (1608 d. B.) 135

13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 432/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Verlängerung der Österreichischen Nationalinitiative Wald – Dritte Welt (1611 d. B.) 135

14. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 538/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Militär- und Rüstungsausgaben in den Entwicklungsländern als Kriterium der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (1612 d. B.) 135

Redner:

Dr. Brigitte Povysil 136

Werner Amon 137

Dr. Martina Gredler 138

Dr. Alfred Gusenbauer 140

Mag. Doris Kammerlander 141

Mag. Walter Posch 144

Dkfm. Holger Bauer 145

Inge Jäger 146

Hans Helmut Moser 147

Dr. Helene Partik-Pablé 148

Herbert Scheibner 149

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1609 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der genitalen Verstümmelung von Frauen (E 158) 151

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1608 d. B. 151

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1611 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Verlängerung der Österreichischen Nationalinitiative Wald – Dritte Welt (E 159) 151

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1612 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Militär- und Rüstungsausgaben in den Entwicklungsländern als Kriterium der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (E 160) 151

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Mag. Dr. Josef Höchtl, Dr. Martina Gredler, Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend den Friedensprozeß in der Westsahara – Annahme (E 161) 141, 151

15. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1568 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird (1585 d. B.) 151

Redner:

Maria Schaffenrath 152

Mag. Dr. Josef Höchtl 153

Dr. Dieter Antoni 154

Elfriede Madl 155

Karl Öllinger 156

Werner Amon 157

Verena Dunst 158

Dr. Johann Stippel 159

Brunhilde Fuchs 159

Franz Riepl 160

Emmerich Schwemlein 160

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 161

Annahme des Gesetzentwurfes in 1585 d. B. 162

16. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 923/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Reform des Dienst- und Besoldungsrechtes für Lehrer (1586 d. B.) 162

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 162

Franz Stampler 163

Maria Schaffenrath 165

Dr. Dieter Antoni 166

Mag. Dr. Udo Grollitsch 166

Karl Öllinger 167

Dr. Robert Rada 168

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 169

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1586 d. B. 170

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1556 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 – JWG geändert wird (Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 1998) (1619 d. B.) 170

18. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 382/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Einrichtung einer zentralen Notrufstelle zur Prävention gegen Kindesmißhandlung (1620 d. B.) 170

19. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 870/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Einführung des Kinderbetreuungsschecks (1621 d. B.) 170

20. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 871/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Erhöhung des Mutter-Kind-Paß-Bonus (1622 d. B.) 170

21. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 926/A (E) der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Lehrlinge (1623 d. B.) 171

Redner:

Edith Haller 171

Dr. Sonja Moser-Starrach 172

Dr. Volker Kier 173

Dr. Ilse Mertel 174

Mag. Terezija Stoisits 175

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 178

Matthias Ellmauer 180

Sigisbert Dolinschek 181

Brigitte Tegischer 182

Karl Öllinger 183

Katharina Horngacher 185

Elfriede Madl 186

Franz Riepl 187

Johann Schuster 187

Edith Haller (tatsächliche Berichtigung) 189

Ludmilla Parfuss 190

Karl Gerfried Müller 191

Annahme des Gesetzentwurfes in 1619 d. B. 192

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1619 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Gesprächsaufnahme mit den Ländern hinsichtlich Grundqualifikationen für Tageseltern (E 162) 192

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1620, 1621, 1622 und 1623 d. B. 193, 198

Entschließungsantrag der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen betreffend Aufwertung und Stärkung der Familien durch eine Ausdehnung des Karenzgeldanspruchs auf alle Eltern als Vorstufe zur Einführung des Kinderbetreuungsschecks zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf – Ablehnung (namentliche Abstimmung) 181, 196

22. Punkt: Erste Lesung des Antrages 971/A der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und die Nationalrats-Wahlordnung 1992 (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert werden 198

Redner:

Walter Murauer 198

Mag. Dr. Josef Höchtl 199

Zuweisung des Antrages 971/A an den Verfassungsausschuß 200

23. Punkt: Erste Lesung des Antrages 974/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird 200

Redner:

Dr. Volker Kier 200

Ing. Kurt Gartlehner 200

Zuweisung des Antrages 974/A an den Geschäftsordnungsausschuß 201

Eingebracht wurden

Bürgerinitiative 39

Bürgerinitiative betreffend "begleitende Maßnahmen zur Abtreibung" (Ordnungsnummer 19)

Regierungsvorlagen 39

1587: Bundesgesetz, mit dem ein Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz erlassen wird und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Bundesvergabegesetz 1997, das Fremdengesetz 1997, die Gewerbeordnung 1994, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geändert werden

1589: Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz – IVEG

1614: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden

1632: Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG)

1633: Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999

1638: Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999

Berichte 39

III-176: Bericht gemäß § 13 Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen – LRG-K, BGBl. Nr. 380/1988, über den Erfolg der nach diesem Bundesgesetz getroffenen Maßnahmen und die Entwicklung des Standes der Technik; BM f. wirtschaftliche Angelegenheiten

Zu III-161: Ergänzung des Berichtes über Aktivitäten betreffend den Talkbergbau in Lassing seit dem 17. September 1998; BM f. wirtschaftliche Angelegenheiten

Vorlage 47 BA: Bericht gemäß § 65 Abs. 5 des Bundeshaushaltsgesetzes über das Eingehen, die Prolongierung und die Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen im Finanzjahr 1998; BM f. Finanzen

Vorlage 48 BA: Bericht gemäß § 27 (3) bzw. § 28 (4) BHG, BGBl. Nr. 213/1986, in Zusammenhang mit P 3 des Allgemeinen Teiles des Fahrzeugplanes und P 4 des Allgemeinen Teiles des Planes für Datenverarbeitungsanlagen für das Jahr 1998; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Neuregelung des Investitionsfreibetrages (1016/A) (E)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Maßnahmen zum Schutz der Wale (1017/A) (E)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Förderungsrichtlinie für Entschädigungen nach § 33 f. Abs. 6 Wasserrechtsgesetz (1018/A) (E)

Herbert Scheibner und Genossen betreffend Schadenersatzpflicht von Grundwehrdienern (1019/A) (E)

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Nichtverhängung von Schubhaft an Kinder und Jugendliche (1020/A) (E)

Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Regionalradiogesetz, BGBl. Nr. 503/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2/1999, geändert wird (1021/A)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Abschaffung der Pensions- und Abfertigungsprivilegien der Politiker (1022/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Erwin Rasinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Stärkung ambulanter, niedergelassener Strukturen (5756/J)

Maria Rauch-Kallat und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend den Weiterbau des Atomkraftwerkes K2/R4 (5757/J)

Dr. Günther Leiner und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Berufsausweis für diplomierte Angehörige der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (5758/J)

Georg Wurmitzer und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Strafanzeigen gegen kurdische Botschaftsbesetzer (5759/J)

Dr. Andreas Khol und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Entwicklungen aufgrund der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 (5760/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend illegalen Waffen- und Kriegsmaterialienbesitz von Abgeordneten der Grünen (5761/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend illegalen Waffen- und Kriegsmaterialienbesitz von Abgeordneten der Grünen (5762/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend illegalen Waffen- und Kriegsmaterialienbesitz von Abgeordneten der Grünen (5763/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Export von Alt- und Gebrauchtwaffen (5764/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Budget- und Personalaufwand des Staatspolizeilichen Dienstes (5765/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Budget- und Personalaufwand des Heeres-Nachrichtenamtes (5766/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Budget- und Personalaufwand des Heeres-Abwehramtes (5767/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Truppenübungsplatz Allentsteig (5768/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Ausschank von Schnaps in Buschenschanken, Jausenstationen (5769/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Hygieneverordnung (5770/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Hygieneverordnung (5771/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Betriebskindergärten des Bundes im Bereich des BMWV (5772/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundeskanzler betreffend OECD-Richtlinien für Multinationale Unternehmen (Errichtung von nationalen Kontaktstellen) (5773/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend OECD-Richtlinien für Multinationale Unternehmen (Errichtung von nationalen Kontaktstellen) (5774/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Verbleib der Projektgüter nach Albanien im Rahmen der Osthilfe (5775/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Mindestlizenzgebühr für die Teilnahme an der 4. Mobilfunk-Lizenz-Ausschreibung nach dem DCS-1800 Standard (Anwendung der EU-Richtlinie 97/13/EG) (5776/J)

Dr. Andreas Khol und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Versagen des AMS Wien (5777/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Punkteführerschein (5778/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend drohenden Ausverkauf der ÖIAG-Anteile (5779/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Landschloß Orth (5780/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Landschloß Orth (5781/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Überflüge über die Republik Österreich durch ausländische Militär-Jets (5782/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Überflüge über die Republik Österreich durch ausländische Militär-Jets (5783/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Überflüge über die Republik Österreich durch ausländische Militär-Jets (5784/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überflüge über die Republik Österreich durch ausländische Militär-Jets (5785/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Überflüge über die Republik Österreich durch ausländische Militär-Jets (5786/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Überflüge über die Republik Österreich durch ausländische Militär-Jets (5787/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Satellitennavigationssysteme (5788/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Initiative zur Wahrung der Rechte europäischer Unternehmen im Bereich der Satellitenkommunikation (5789/J)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Beschilderung gegen falsches Auffahren auf Autobahnen und Schnellstraßen (5790/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Berichtspflicht Österreichs zu wichtigen Konventionen der Vereinten Nationen (5791/J)

Karl Gerfried Müller und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Kennzeichnung von Fernsehprogrammen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen (5792/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Abkommen zwischen der Ärztekammer für Oberösterreich und der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (5793/J)

Josef Meisinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend unzumutbare Regelungen beim Arbeitsmarktservice (5794/J)

Josef Meisinger und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Änderung der Körperschaftsteuer für Kleine Versicherungsvereine (5795/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Staatlicher Rundfunk und Fernsehen (5796/J)

Ute Apfelbeck und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Prüfung der Österreichischen Osthilfe (5797/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Standortsicherung Wien für die zentraleuropäische Flugsicherung (5798/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Karenzansprüche innerhalb der EU (5799/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Karenzansprüche innerhalb der EU (5800/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Datenaustausch (5801/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Projekte zugunsten der Flüchtlinge (5802/J)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend einige aufklärungswürdige Vorgänge hinsichtlich der gerichtlichen Untersuchung der bisherigen Geschäftsgebarung der Firma "heimatwerbung" Gesellschaft m.b.H. (5803/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend umstrittene Rektorswahl in Leoben (5804/J)

Josef Edler und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Bau der Nordautobahn (5805/J)

Sigisbert Dolinschek und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend "Leichtkraftfahrzeuge" (5806/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Verleih von Skiausrüstungen – Sicherheitserhebung der AK-Salzburg (5807/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5808/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5809/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5810/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5811/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5812/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5813/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5814/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5815/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5816/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5817/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5818/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Zugänglichkeit von Stellen im Öffentlichen Dienst für Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen (5819/J)

Wolfgang Großruck und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Werbekampagne "Gewalt gegen Frauen" (5820/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mietwucher bei Dienst- und Naturalwohnungen (5821/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Mietwucher bei Dienst- und Naturalwohnungen (5822/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5111/AB zu 5373/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5112/AB zu 5404/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5113/AB zu 5358/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5114/AB zu 5398/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (5115/AB zu 5478/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5116/AB zu 5475/J)

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5117/AB zu 5463/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5118/AB zu 5477/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5119/AB zu 5465/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5120/AB zu 5438/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (5121/AB zu 5430/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen (5122/AB zu 5347/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5123/AB zu 5363/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5124/AB zu 5365/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5125/AB zu 5402/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5126/AB zu 5414/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5127/AB zu 5417/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5128/AB zu 5439/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Schwarzenberger und Genossen (5129/AB zu 5448/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5130/AB zu 5451/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5131/AB zu 5472/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5132/AB zu 5480/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5133/AB zu 5513/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (5134/AB zu 5350/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gilbert Trattner und Genossen (5135/AB zu 5354/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (5136/AB zu 5355/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (5137/AB zu 5356/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5138/AB zu 5372/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5139/AB zu 5384/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5140/AB zu 5400/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (5141/AB zu 5410/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5142/AB zu 5437/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5143/AB zu 5458/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5144/AB zu 5470/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen (5145/AB zu 5479/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5146/AB zu 5367/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5147/AB zu 5389/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5148/AB zu 5403/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (5149/AB zu 5408/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (5150/AB zu 5409/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (5151/AB zu 5416/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5152/AB zu 5440/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5153/AB zu 5461/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5154/AB zu 5473/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5155/AB zu 5428/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5156/AB zu 5366/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5157/AB zu 5383/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5158/AB zu 5382/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5159/AB zu 5395/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5160/AB zu 5426/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5161/AB zu 5449/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (5162/AB zu 5452/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5163/AB zu 5466/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5164/AB zu 5359/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5165/AB zu 5388/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen (5166/AB zu 5412/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5167/AB zu 5415/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (5168/AB zu 5427/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (5169/AB zu 5429/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5170/AB zu 5460/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5171/AB zu 5514/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen (5172/AB zu 5516/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5173/AB zu 5378/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5174/AB zu 5392/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5175/AB zu 5476/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5176/AB zu 5393/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5177/AB zu 5362/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5178/AB zu 5364/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (5179/AB zu 5353/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5180/AB zu 5468/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (5181/AB zu 5512/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5182/AB zu 5432/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (4183/AB zu 5454/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5184/AB zu 4024/J bis 4263/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5185/AB zu 5464/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5186/AB zu 5456/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen (5187/AB zu 5481/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5188/AB zu 5379/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen (5189/AB zu 5482/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5190/AB zu 5369/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5191/AB zu 5685/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5192/AB zu 5520/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (5193/AB zu 5521/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen (5194/AB zu 5509/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5195/AB zu 5518/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5196/AB zu 5519/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5197/AB zu 5515/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5198/AB zu 5510/J)

Beginn der Sitzung: 10.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie zur 159. Sitzung des Nationalrates begrüßen, die ich hiemit eröffne.

Das Amtliche Protokoll der 158. Sitzung vom 16. Februar 1999 ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung sind die Abgeordneten Gradwohl, Heinzl, Dr. Keppelmüller, Mag. Frieser, Gatterer, Kröll, Platter, Aumayr, Böhacker und Dr. Haider.

Erklärung des Präsidenten anläßlich des Lawinenunglücks in Tirol

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Präsident Dr. Fischer sowie alle im Saale Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.) Wir haben gestern die Nachricht von dem ganz schrecklichen, tragischen Unglück, das sich in Österreich, in Galtür, Tirol, ereignet hat, erhalten. Ich glaube, es ist der Wunsch aller Mitglieder des Hauses, aus diesem Anlaß zunächst einmal der Toten zu gedenken, den Angehörigen der Toten unser aufrichtiges Mitgefühl auszudrücken und gleichzeitig der Hoffnung Ausdruck zu verleihen, daß es möglich sein möge, in diesen Stunden noch möglichst viele Verschüttete zu retten, wobei wir allen Helfern Erfolg wünschen und ihnen unseren Dank ausdrücken.

Wir haben in einer Präsidialsitzung, die jetzt stattgefunden hat, kurz überlegt, ob sich der Nationalrat in dieser Angelegenheit in einer Entschließung artikulieren soll, aber wir sind der Auffassung, daß es selbstverständlich ist, daß alle – Regierung, Landesregierungen, Gemeinden, Bundesheer, Gendarmerie, Feuerwehr – in diesen Stunden ihr Bestes leisten, um den Schaden in Grenzen zu halten, Menschenleben zu retten und natürlich dann in weiterer Folge auch für die Zukunft Vorkehrungen zu treffen, soweit das menschenmöglich ist.

Ich bitte Sie, daß wir in einer Minute des Gedenkens, in einer Trauerminute verharren, um der Opfer dieses Unglücks zu gedenken. (Die Anwesenden verharren kurz in stillem Gedenken.) – Ich danke Ihnen. (Die Plätze werden wieder eingenommen.)

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung eingelangt, daß Herr Abgeordneter Ing. Meischberger auf sein Mandat verzichtet hat und an seiner Stelle Herr Wilfried Tilg in den Nationalrat berufen wurde.

Da der Wahlschein des Genannten vorliegt und dieser im Hause anwesend ist, werde ich sogleich seine Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch den Schriftführer wird der neue Mandatar seine Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten haben.

Ich ersuche den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Auer, die Gelöbnisformel zu verlesen, und ich darf Sie bitten, sich neuerlich von den Sitzen zu erheben.

Schriftführer Jakob Auer: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Abgeordneter Wilfried Tilg (Freiheitliche): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße den neuen Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht: Der Herr Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, Dr. Caspar Einem, wird heute durch Herrn Bundesminister Rudolf Edlinger vertreten.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr – um 10.06 Uhr – zur Aktuellen Stunde mit dem Thema

"Betrug an Österreichs Bauern"

Auch hiezu darf ich eine kurze Mitteilung aus der soeben stattgefundenen Präsidiale machen: Wir haben uns vorgenommen, uns bei nächster Gelegenheit in einer Präsidialsitzung über die Terminologie bei geschäftsordnungsmäßigen Anträgen zu unterhalten, um hier und jetzt eine Auseinandersetzung aus diesem Anlaß zu vermeiden.

Als erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schweitzer. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.07

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts des Lawinenunglücks von Galtür ist es nicht ganz einfach, zum politischen Alltag zurückzukehren. Unser Mitgefühl gehört allen Angehörigen und Freunden der Opfer, und ich bin sicher, daß seitens der offiziellen Stellen, seitens der Bergrettung alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um dieses Unglück – soweit als möglich – in Grenzen zu halten.

Herr Präsident! Trotzdem soll der politische Alltag, soll dieses Thema, bei dem es auch in einer anderen Form um Existenzen geht, hier mit allem, was dazugehört, diskutiert werden, und ich nehme noch einmal Bezug auf den Titel dieser Aktuellen Stunde, der lautet: "Betrug an Österreichs Bauern". Das ist ein Zitat, Herr Präsident. Ein Journalist der "Salzburger Nachrichten", Barazon, hat unter diesem Titel einen Leitartikel verfaßt, und ich meine, er hat diesen Titel zu Recht gewählt. Der Inhalt dieser Agenda 2000 sieht nichts anderes vor als einen Betrug an Österreichs Bauern. Ich werde im Laufe meiner Ausführungen auch nachweisen, daß es tatsächlich so ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es sind noch einige hier im Hohen Haus, die sich daran erinnern werden – vor allem die Bauernvertreter der ÖVP werden sich gut daran erinnern –, daß wir vor dem EU-Beitritt Österreichs sehr lang und breit über die Zukunft der österreichischen Landwirte diskutiert haben, und es waren meine damaligen Kollegen Huber, Murer, Reichhold und auch Kollegin Aumayr, die heute noch im Nationalrat ist, die das Szenario gezeichnet haben, das heute eingetreten ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie von der ÖVP haben den Kollegen von den Freiheitlichen immer widersprochen und haben gesagt, hier seien Schwarzmaler am Werk, das alles werde nicht eintreten. Der damalige Landwirtschaftsminister Fischler ist hier auf der Regierungsbank gesessen und hat für alles, was die Freiheitlichen an Problemen erkannt haben, eine große Lösung parat gehabt, und diese große Lösung hat er mit strahlendem Tiroler Lächeln von dieser Bank verkündet: "Feinkostladen Europas" hat er diese Lösung genannt. Dieser "Feinkostladen Europas" ist die Lösung aller bäuerlichen Probleme. Die Bauern werden nicht genug produzieren können, um die Regale dieses "Feinkostladens Europas" zu füllen, und sie werden Preise bekommen, die sie noch nie bekommen haben. – Das war damals das Credo des jetzigen Kommissärs Fischler, und die ÖVP hat applaudiert und hat auf die Schwarzmaler der FPÖ gezeigt.

Und heute? Wo ist denn dieser "Feinkostladen Europas", meine Damen und Herren von der ÖVP? Wo haben Sie denn schon diese österreichischen Produkte gekauft im europäischen Ausland, diese Feinkostprodukte zu teuren Preisen? Wo haben Sie die gekauft, meine Damen und Herren von der ÖVP?

Das war damals die Lösung der ÖVP für die Zukunftssicherung der österreichischen Bauern, und jetzt wird ein neues Modell propagiert. Einmal mehr droht uns der inzwischen zum Kommissär aufgestiegene damalige Minister Fischler mit einem Programm zur Zukunftssicherung, meine Damen und Herren. Man muß sagen, er droht uns mit der Agenda 2000. Laut Fischler weist uns diese Agenda 2000 den Weg: den Weg aus einer Überschußproduktion, den Weg aus unsinnigen Ausgaben, den Weg gegen Welthandelsrestriktionen. Und Fischler sagt wörtlich: Mit der Reform wird nicht länger in Getreide- und Fleischberge investiert, sondern in die europäische Wettbewerbskraft – so Fischler –, in unternehmerische Landwirte und Verarbeiter.

Herr Kollege Schwarzböck! Erklären Sie meinem Freund Karner, der in etwa 1 000 Schweine in seinem Betrieb füttert, wie er sich dem Wettbewerb stellen soll mit dem holländischen Schweinezüchter, der auf riesigen Schiffen produziert, der alles, was anfällt, ins Meer läßt! Wie soll denn dieser wettbewerbsfähig sein gegenüber dem holländischen Schweinezüchter, Herr Kollege Schwarzböck? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wie soll denn das funktionieren? Was werden Sie meinem Kollegen Karner in Willersdorf sagen, der vor dem Ruin steht, für den der Schweinepreis heute unter 10 S ist? Wem kann man solche Einkommensrückgänge noch zumuten? Welcher Berufsgruppe darf man das noch zumuten, meine Damen und Herren?

Übersetzt bedeutet dieses Zukunftssicherungsprogramm des Herrn Fischler: minus 30 Prozent beim Rindfleisch, minus 20 Prozent beim Getreide, minus 15 Prozent bei der Milch. – So sieht das neue Zukunftssicherungsprogramm des ÖVP-Agrariers Fischler aus, und die ÖVP-Agrarier in diesem Haus haben das alles bis heute – nein: bis gestern – unterstützt, meine Damen und Herren.

Die Ausgleichszahlungen reichen nicht aus, das wissen Sie! Es wird die Einkommensverluste nicht kompensieren können, was hier an Ausgleichszahlungen vorgesehen ist. Unterm Strich, meine Damen und Herren, drohen neuerliche Einkommensverluste in der Höhe von 4 Milliarden Schilling für die österreichischen Bauern.

Vor allem auch deshalb ist diese Agenda 2000 notwendig, meine Damen und Herren – und das muß man den Österreichern sagen, das muß man den österreichischen Bauern sagen –, weil eine Osterweiterung finanziert werden muß, weil der Vorbeitritt einiger Länder finanziert werden muß, etwas, was erneut Existenzprobleme für die heimischen Bauern bringen wird.

Meine Damen und Herren! Wenn Länder wie Polen, Ungarn, Tschechien et cetera in die Europäische Union kommen, dann bedeutet das ja noch größere landwirtschaftliche Flächen, die unter diese Förderungsprogramme fallen sollen, dann heißt das nichts anderes als erneut zusätzliche Konkurrenz für die heimischen Bauern, mit ganz anderen Produktionsvoraussetzungen, weil dann die Agroindustrie Einzug halten wird, weil dann auf riesigen Flächen Mengen produziert werden unter Bedingungen, die unsere österreichischen Bauern aufgrund der natürlichen Voraussetzungen einfach nicht haben. Sie müssen die eigene Konkurrenz mit Einkommensverlusten finanzieren. Meine Damen und Herren! Das muten Sie unseren Bauern zu! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Dem Schwarzenberger fällt schon etwas ein!)

Diese Fischler-Reform wird von Ihnen mitgetragen. Dieses sogenannte Zukunftssicherungsprogramm ist für die Großlandwirtschaft, meine Damen und Herren, in den USA, aber nicht für die bäuerlichen Familienbetriebe in Österreich. (Abg. Mag. Stadler: Demonstrieren gehen sie!) Ab Montag ist aber auch dem Kollegen Schwarzböck aufgefallen, daß etwas schiefläuft, und er fuhr nach Brüssel demonstrieren. Es war geradezu lustig, Sie im Fernsehen als Protestredner zu sehen, Herr Kollege Schwarzböck, zu sehen, wie Sie die Faust in der Hosentasche geballt haben. – Aber es war niemand da, es war kein Ansprechpartner da. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wo war denn der Herr Kommissär? Haben Sie Zutritt erhalten?(Abg. Haigermoser: Einen Wasserwerfer hat er euch geschickt!) Es war wirklich lustig!

Heute ist es öffentlich: Die EU-Agrarpolitik ist gescheitert. Diese Förderungspolitik ist nachgewiesenermaßen extrem betrugsanfällig. Viele Milliarden – insgesamt nachgewiesene 57 Milliarden Schilling, meine Damen und Herren! – sind in dunklen Kanälen verschwunden, und Sie halten weiter fest an diesem Moloch! Wir Freiheitliche haben darauf hingewiesen. Wir haben der Bevölkerung gesagt, was da kommen wird, aber das war alles schwarzgemalt. Das stimmt doch alles nicht!, hat man gesagt, aber die Realität übertrifft sogar das, was wir an Szenario entwickelt haben. Da wird einem schwarz vor Augen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Finanzierung und Vorbereitung der Osterweiterung darf nicht zu Lasten der Bauern gehen. Es darf keine Degression der Marktordnungsprämien geben. Es braucht eine Harmonisierung des Umwelt- und Verbraucherschutzes – ich glaube, da werden Sie mir recht geben, Herr Minister –, hohe Standards in diesen Bereichen sind in internationale Vereinbarungen einzubringen. Ein fairer Wettbewerb kann nur entstehen, wenn man die hohen Umweltniveaus, die hohen Verbraucherschutzniveaus in anderen Ländern einhalten muß.

Das ist es, was es zu fordern gilt, das ist es, was es umzusetzen gilt, meine Damen und Herren! Da haben Sie verläßliche Partner in uns Freiheitlichen! Da können Sie mit uns Agrarpolitik für die kleinen heimischen Betriebe machen, die ja mehr sind als nur Produktionsbetriebe: Sie sind ein Teil dieser österreichischen Identität. Das muß Ihnen doch auch endlich einmal klar werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Umweltschutz muß in die Agrarpolitik viel stärker mit einbezogen werden (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), er muß ein noch höheres Gewicht bekommen, das heißt, Direktzahlungen müssen in Übereinstimmung mit klar definierten ökologischen Zielsetzungen stehen, sodaß Landschaftsschutz ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): ... und vorsorgender Verbraucherschutz in Hinkunft wichtige Bestandteile der Agrarpolitik sind. So sehen freiheitliche Vorstellungen aus, was Zukunftssicherungsprogramme für Bauern betrifft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer Stellungnahme zum Gegenstand gelangt Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort. Er vertritt den Herrn Landwirtschaftsminister. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundesminister.

10.18

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten des Hohen Hauses! Gestatten Sie auch mir, meiner Erschütterung über das schreckliche Lawinenunglück in Galtür Ausdruck zu geben. Meine und unsere Anteilnahme gilt den Angehörigen der Toten. Wir wünschen den Helfern alles Gute und viel Erfolg.

Ich stehe hier heute stellvertretend für meinen Kollegen Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer, weil dieser gerade heute an der entscheidenden Tagung der Landwirtschaftsminister in Brüssel teilnimmt und dort für die Interessen der österreichischen Bauern und Bäuerinnen eintritt. Deshalb ist es von der FPÖ geradezu unverantwortlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ihn von diesen Verhandlungen zur Agenda 2000 weg nach Österreich zitieren zu wollen. (Beifall bei der ÖVP. – Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

In dieser Stunde ist der Platz von Minister Molterer am Verhandlungstisch, und ich bin mir der Zustimmung der österreichischen Bäuerinnen und Bauern sicher, daß sie ihren Minister jetzt dort am notwendigsten brauchen. Er muß dort Einfluß nehmen, wo in diesen Tagen die Entscheidungen fallen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Da ich jetzt gehört habe, wie sehr unser Beitritt zur Europäischen Union von den Freiheitlichen, von Abgeordnetem Schweitzer kritisiert wurde, gestatten Sie mir vorweg folgende Bemerkung in meiner angestammten Funktion in dieser Regierung als Umweltminister: Gerade für mich sind die Einführung und Verstärkung von Umweltelementen in der Agrarpolitik ein herausragendes Beispiel der Gestaltungsmöglichkeit auf europäischer Ebene, die auf nationaler Ebene kaum gegeben beziehungsweise realisierbar gewesen wäre. Österreich konnte die im Vergleich zur Europäischen Union wesentlich umweltschonendere und ökologischere Produktion auch nach dem Beitritt im Jahr 1995 beibehalten. Möglich war dieser Erfolg durch den flächendeckenden Ansatz des österreichischen Programms für umweltgerechte Landwirtschaft. Es gelang über die Jahre, etwa 80 Prozent der Betriebe mit 90 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen zur Teilnahme zu bewegen. Damit ist Österreich der "Umweltprogrammeister" der Gemeinschaft. Österreich ist imstande, nicht weniger als 17 Prozent der für diesen Bereich vorgesehenen Mittel zu lukrieren!

Nun aber zu den angesprochenen Fragestellungen im Rahmen der Weiterentwicklung der europäischen Landwirtschaft. Die gemeinsame Basis für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik bildet das vom Europäischen Rat bestätigte europäische Modell der Landwirtschaft. Wir treten dabei für eine Reform ein, die eine flächendeckende Bewirtschaftung des Landes einschließlich der Berggebiete und einschließlich der benachteiligten Gebiete ermöglicht. Eine nachhaltige Bewirtschaftungsform, das heißt eine Bewirtschaftung im Einklang mit der Natur, wird auch den ökologischen Anforderungen gerecht. Es ist klar, daß die vielfältigen Aufgaben der Landwirtschaft in der Bewahrung und Gestaltung der Natur- und Kulturlandschaft im gesellschaftspolitischen Konsens stehen. Die Behauptung dieser europäischen Identität der Landwirtschaft steht nicht im Gegensatz zum vierten Eckpunkt, nämlich der Wettbewerbsfähigkeit.

Es ist in diesem Zusammenhang jedoch notwendig, festzuhalten, daß dies nicht nur eine Frage des Preises allein sein kann. Die in Europa von der Gesellschaft anerkannten und gewollten höheren Tierschutz-, Sozial- und auch Umweltstandards müssen daher auf internationaler Ebene abgesichert werden.

Die neue europäische Landwirtschaft, das Modell dieser selbst beruht, meine sehr verehrten Damen und Herren, auf zwei Säulen.

Dies sind zum ersten die Marktordnungen: Die Bauern wollen über den Verkauf ihrer Produkte weiterhin einen guten Teil ihres Einkommens erwirtschaften. Deshalb steht Österreich den vorgeschlagenen Preissenkungen in den einzelnen Marktordnungsbereichen kritisch gegenüber. Als Ausgleich für die Preissenkungen bei Milch, Rindfleisch und Kulturpflanzen müssen die direkten Zahlungen in Form von Prämien erhöht werden. In diesem Zusammenhang schlagen einige Finanzminister Europas vor, daß diese Prämien generell jährlich prozentuell gesenkt werden sollen. Dieses Modell, meine sehr verehrten Damen und Herren, lehnen wir entschieden ab! (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat einen sozial gerechteren Vorschlag zur Staffelung der Prämien eingebracht. Wenn eine Staffelung der Marktordnungsprämien eingeführt werden soll, dann sind wir der Auffassung, daß es eine Differenzierung nach Betriebsgröße geben muß. (Abg. Dr. Ofner: ... und werden daher dagegen stimmen!) Bei den Vorschlägen zur Änderung der Marktordnungen sind die Standpunkte in den Mitgliedstaaten in den laufenden Verhandlungen sehr unterschiedlich. Die deutsche Präsidentschaft will dennoch noch diese Woche eine politische Einigung im Rat der Landwirtschaftsminister erreichen.

Zum zweiten Schwerpunkt, nämlich der ländlichen Entwicklung: Im Rahmen der bisherigen Verhandlung zur Agenda 2000 ist es gelungen, die ländliche Entwicklung als zweite Säule der Agrarpolitik zu etablieren. Die darin enthaltenen Leistungsabgeltungen bilden neben dem Markterlös und den Prämien die dritte Komponente in der künftigen Einkommensgestaltung unserer Bauern. Bei diesen Vorschlägen besteht grundsätzlich schon weitgehende Übereinstimmung auf europäischer Ebene. Gerade in diesem Bereich ist es in den Verhandlungen gelungen, vor allem für Österreich positive Ansätze zu verankern. So wird es möglich, im Rahmen der Ausgleichszulage einen Sockelbetrag für kleine Betriebe einzuführen. Jene Maßnahmen, die bisher auf 5b-Gebiete beschränkt waren, werden nunmehr horizontal, das heißt im gesamten Bundesgebiet, angeboten werden können. Es kommt weiters zu einer Gleichstellung der Nebenerwerbslandwirte bei der Investitionsförderung, und im Bereich der Agrarumweltprogramme soll ein genereller Kofinanzierungssatz von 50 Prozent vorgesehen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Staats- und Regierungschefs haben bei ihrer Tagung in Cardiff bestätigt, daß für eine Reform der Agrarpolitik angemessene und ausreichende Mittel unter Wahrung der Haushaltsdisziplin zur Verfügung stehen müssen. Ein vernünftiger Budgetrahmen ist Voraussetzung für eine vernünftige Agrarpolitik in Europa. Diese Debatte hat sich in den vergangenen Monaten auf europäischer Ebene zusehends verschärft. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der Aufschrei der europäischen Bauernschaft in Brüssel zu verstehen. 50 000 Bauern haben vorgestern in einem Demonstrationszug die warnende Stimme erhoben und klargemacht, daß es dabei um die Existenz der europäischen Bauernschaft geht, und viele österreichische Bauern, auch welche, die hier in diesem Saale sitzen, waren mit dabei. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Wo war Fischler?)

Dem Vertreter der österreichischen Bauernschaft, unserem Landwirtschaftsminister Molterer (Abg. Dr. Ofner: Fischler könnte alles verhindern!), ist es bewußt, daß es um die Zukunft der Bauern geht und daß deshalb eine vernünftige Linie in der Budgetfrage absolute Priorität in den in den nächsten Wochen auf allen Ebenen stattfindenden Verhandlungen hat.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein. Die Redezeiten betragen einheitlich 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Robert Wenitsch. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Da werden sie sie wieder mit den Wasserwerfern wegspritzen! – Abg. Rosemarie Bauer: Aktionismus ist das!)

10.27

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Sie sind leider im Moment der falsche Ansprechpartner, aber damit müssen sich die Bauern und damit müssen wir uns abfinden.

Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen knapp vor der Vernichtung eines ganzen Berufsstandes. Nicht anders kann man die Absichten, die in der Agenda 2000 enthalten sind, bezeichnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister, der von der ÖVP entsandte Bauernbündler, ehemalige ÖVP-Landwirtschaftsminister und jetzige Kommissär Fischler fordert eine Senkung des Interventionspreises für Rindfleisch im Ausmaß von 30 Prozent. Er fordert eine Senkung des Milchrichtpreises um 17 Prozent. Er fordert eine Senkung des Interventionspreises für Butter und Magermilchpulver um 17 Prozent und eine Senkung des Interventionspreises für Getreide um 20 Prozent. Die dafür derzeit angebotenen Ausgleichszahlungen stellen für die Bauern keine vollständige Kompensation ihrer Einkommensverluste dar. Das bedeutet für die österreichischen Bauern einen jährlichen Verlust von 4 Milliarden Schilling.

Meine Damen und Herren! Darüber hinaus hat ÖVP-Kommissär Fischler vor, die Marktordnungsprämien auf dem Stand von 1999 einzufrieren und degressiv zu gestalten. Dies ist wirklich der Ruin und der Untergang des Bauernstandes, ganz anders, als Sie, Herr Minister, eben in Ihrer Rede gemeint haben, als Sie darzustellen versuchten, was ja Österreich im Prinzip alles für die Landwirtschaft getan hat. – Nichts haben wir getan, im Gegenteil: Ich bin überzeugt davon, daß die Bauern, die sich in schweißtreibendem Einsatz ihre Biobetriebe aufgebaut haben, unter diesem Preisverfall der bäuerlichen Produkte am meisten zu leiden haben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Barazon spricht von Betrug an Österreichs Bauern, ich aber gehe sogar noch einen Schritt weiter: Es ist kein Betrug allein am Bauernstand, es ist auch ein Betrug am Konsumenten! (Abg. Smolle: Richtig!) Ich habe hiezu ein Beispiel vorbereitet (der Redner zeigt eine Tafel), und ich würde wirklich alle Konsumentenschützer auffordern, auf die Aussagen dieses Taferls einzugehen:

Ein Kilogramm Weizen, meine sehr geehrten Damen und Herren, kostet im Moment 1,80 S. Aus einem Kilogramm Weizen kann man 22 Semmeln erzeugen. Das heißt, der Anteil des Weizenpreises an einer Semmel beträgt zurzeit 8 Groschen. Eine 20prozentige Senkung der Getreidepreise würde für den Konsumenten eine Verbilligung der Semmel um 1,6 Groschen bedeuten. Wenn ich von einem derzeitigen Durchschnittspreis einer Semmel von 3 S ausgehe, dann heißt das, daß die Semmel nicht einmal um ein halbes Prozent billiger werden könnte – wenn diese Verbilligung der bäuerlichen Erzeugnisse überhaupt an den Konsumenten weitergegeben wird, was ich sehr stark bezweifle. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Smolle: Bitte wiederholen! Bitte wiederholen! – Abg. Mag. Schweitzer: Er ist schwer von Begriff, der Herr Smolle! – Abg. Smolle: Bitte wiederholen!)

Ja, ich weiß schon, Kollege Smolle, daß Sie keine Ahnung von der Landwirtschaft haben. Das ist mir schon klar. Ich würde Sie dann aber auch bitten: Melden Sie sich in Zukunft bei solchen Themen nicht zu Wort! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Minister! Der Arbeitsplatz Bauernhof ist massiv bedroht. Deshalb fordern wir Freiheitlichen von der österreichischen Regierung: Keine Zustimmung zur geplanten Agenda 2000 und damit zur Osterweiterung! Weiters müssen in Europa endlich einheitliche Umweltstandards geschaffen werden, wie überhaupt die Wettbewerbsbedingungen am Betriebsmittelsektor für Österreichs Bauern endlich angeglichen werden müssen. Es ist unfair, von einem einzelnen Berufsstand zu fordern, zu Weltmarktpreisen zu produzieren, wenn nicht überall auf der Welt dieselben Produktionsbedingungen vorzufinden sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Durch das Versagen Ihres Kollegen Mag. Molterer während des österreichischen Ratsvorsitzes, bei welchem er die Pflicht gehabt hätte, die Weichen für die zukünftige Agrarpolitik zu stellen, hätte er auch die Pflicht gehabt, endlich einzufordern, daß die Einkommenspolitik in der Landwirtschaft renationalisiert wird.

Kollegen Smolle von den Liberalen möchte ich, weil er sich vorhin in die Belange der österreichischen Bauern eingemengt hat, nur daran erinnern, daß der zukünftige Spitzenkandidat der Liberalen für die EU-Wahlen dasselbe fordert, nämlich eine Kürzung der Mitgliedsbeiträge, um mit den damit verfügbar werdenden Beträgen die Beschäftigungspolitik gestalten zu können.

Ich fordere dasselbe für die Bauern ein: eine Kürzung unseres Mitgliedsbeitrages und eine Renationalisierung der Einkommenspolitik. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Damit kann jedes Land individuell auf die Bedürfnisse seiner Bauern und seiner Bürger eingehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich komme schon zum Schlußsatz, Herr Präsident. – Es wird immer deutlicher, daß gerade die ÖVP mehr oder weniger zum "Henker" des Bauernstandes wird. Das Traurige ist für mich dabei nur die Tatsache, daß die Bauern mit ihren Mitgliedsbeiträgen an diesen Bauernbund ihren eigenen Henker finanzieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rainer Wimmer. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.33

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Diese Woche ist sehr bedeutend und wichtig für die österreichische Landwirtschaft. Zunächst einmal gab es die Großdemonstration in Brüssel, bei der gegen die Kommissionsvorschläge vehement aufgetreten, vehement demonstriert wurde. Wir haben ja in den Medien diese Demonstration miterleben dürfen. Weiters findet heute die Aktuelle Stunde der Freiheitlichen statt, bei der – davon können wir ausgehen – kein einziges gutes Haar an der österreichischen Landwirtschaftspolitik gelassen wird, und letztlich finden in Brüssel zurzeit auch die Verhandlungen zur Agenda 2000 statt.

Was die Demonstration in Brüssel betrifft, meine sehr geschätzten Damen und Herren, so ist mir aufgefallen – ich habe die Berichte in den Medien verfolgt –, daß Kommissär Fischler nicht gerade enorm beeindruckt war, als er etwa meinte, er werde sich ganz sicher nicht dem Druck der Straße beugen. Er hatte auch recht, als er sagte, es sei nicht mehr finanzierbar, für Interventionslager zu produzieren und nicht für den Markt. Das waren sehr deutliche Worte, die er diesbezüglich gefunden hat, und er hat es eigentlich auf den Punkt gebracht.

Die Neugestaltung der Agrar- und Regionalpolitik ist zurzeit das wesentlichste Thema in der Europäischen Kommission. Im wesentlichen geht es um eine Fortführung der Reform des Jahres 1992. Das heißt, es geht in erster Linie um die Senkung der Interventionspreise, die im Gegenzug durch Direktzahlungen kompensiert und ausgeglichen werden sollen. Das heißt gleichzeitig aber auch, daß es bei der zukünftigen Finanzierung der Agrarförderungen zu Verschiebungen kommt, zu Verschiebungen vom Konsumenten, wie ich glaube, hin zum Steuerzahler. Man schätzt, daß es hier zu Mehrkosten in der Größenordnung von 4 bis 8 Milliarden Euro kommen wird, wobei ich davon ausgehen möchte – und gerade erst heute ist ja auch in den Medien etwas anderes gestanden –, daß dieser Betrag nicht diese Größenordnung erreichen wird. Er wird wahrscheinlich geringer ausfallen. Wissen werden wir es aber erst dann, wenn diese Zahlungen tatsächlich geleistet werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte aber auch nicht verschweigen, daß gerade dieser Agenda-Vorschlag auch positive Ansätze in sich birgt. Ich denke dabei etwa an die Einführung der Obergrenzen bei den Großbetrieben oder daran, daß die Möglichkeit zur weiteren Differenzierung bei den Förderungen durch die Mitgliedsländer offengehalten wird, oder auch daran, daß ein verstärkter Ausbau der Mittel für die Umweltprogramme vorgesehen ist. Ebenfalls positiv und sehr zukunftsträchtig sind die regionalpolitischen Ansätze, die in diesem Vorschlag aufgezeigt werden.

Ich meine daher, daß einzelne Elemente dieses Vorschlages durchaus positiv sind. Insgesamt ist diese Reform aber zuwenig sozial orientiert, zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt. Ich hoffe, daß bei den zukünftigen Verhandlungen gerade dieses Thema noch besonders angesprochen und ausverhandelt wird. Es fehlen vor allem die Zielgenauigkeit und die stärkere Ausrichtung nach sozialen Gesichtspunkten.

Geschätzte Damen und Herren! Gerade das Argument der ungerechten Förderung zieht sich wie ein roter Faden durch die ständigen Diskussionen, vor allen Dingen auch deshalb, weil man sieht, daß man mit den herkömmlichen Förderungsinstrumentarien den Strukturwandel in Wirklichkeit negativ beeinflußt und beschleunigt. Trotz der Reform, die im Jahr 1992 angegangen wurde, fallen pro Jahr in der gesamten Europäischen Union 500 000 Betriebe weg. Österreich selbst ist davon ebenfalls ganz stark betroffen.

Förderungen wie Tier-, Acker- und Umweltprämien richten sich zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich nach der Anzahl der gehaltenen Tiere oder nach der bewirtschafteten Fläche. Somit liegt natürlich auf der Hand, daß große Betriebseinheiten finanziell starke Vorteile genießen, wogegen gerade die kleinen Betriebe, also unsere Kleinbauern, nur ganz bescheidene Zuschüsse erhalten.

Ich möchte dieses Thema gar nicht neu aufwärmen, aber letztlich bedeutet das – das wird ja auch ständig kolportiert und ist kein Geheimnis –, daß heute 20 Prozent der großen Agrarbetriebe 80 Prozent der Förderungen erhalten. Das kann es wohl nicht sein, meine sehr geschätzten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Weg endet nämlich für viele Bauern in einer Sackgasse. Er führt gerade in jene Richtung, die wir alle nicht haben wollen, nämlich zur industriellen Landwirtschaft. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Dieses System fördert die Großen und zwingt immer mehr kleinere Bauern zum Aufgeben.

Ich meine daher, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Rainer Wimmer (fortsetzend): ... daß es zwingend notwendig ist, anstatt die Fläche oder die Anzahl der Tiere zu fördern, in Zukunft den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen.

Erlauben Sie mir nur noch eine Anmerkung zum Vorschlag von Bundesminister Molterer, Herr Präsident. (Abg. Mag. Schweitzer: Zuviel aufgeschrieben, was? Er hat noch fünf Seiten! – Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer.) Um eine flächendeckende Landwirtschaft aufrechtzuerhalten – jawohl, Herr Kollege Schweitzer –, brauchen wir eine Umverteilung im Förderungssystem. Wir brauchen eine Umverteilung von Großbetrieben hin zu den Kleinbetrieben (Beifall bei der SPÖ), ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt ist Ende! (Neuerliche Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer.)

Abgeordneter Rainer Wimmer (fortsetzend): ... hin zu den kleinen Bauern. Wenn Bundesminister Molterer diesen Vorschlag einbringt, kann er davon ausgehen, daß wir ihn unterstützen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte.

10.39

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! An und für sich ist es bedauerlich, daß angesichts der gegenwärtigen riesigen Naturkatastrophe eine Partei im Parlament keine andere Antwort findet, als Aktionismus zu betreiben. (Beifall bei der ÖVP. – Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich weise auch mit Entschiedenheit die Aussage zurück, daß der Bauernbund der "Henker" der österreichischen Bauern ist, denn der Bauernbund ist die einzige politische Bauernorganisation, die für die Interessen der österreichischen Bauern kämpft. (Beifall bei der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Worum geht es bei der Marktordnung im Rahmen der Agenda 2000? (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Die gegenwärtige Programmperiode läuft im heurigen Jahr aus, und eine Marktordnung wird auch in Zukunft noch notwendig sein. Eine gänzliche Ablehnung der Agenda 2000 (Abg. Haigermoser: Blablabla!) heißt, sich voll dem freien Wettbewerb preiszugeben, ohne GAP-Prämien als Ersatz dafür zu bekommen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Blablabla!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wo liegt das Problem? – Europas Bauern produzieren um 10 bis 20 Prozent mehr, als in Europa abgesetzt werden kann. Hiezu gibt es auch ein WTO-Abkommen, das bereits aus dem Jahr 1993 stammt und das vorsieht, daß innerhalb der nächsten sechs Jahre, also von 1995 aus gesehen bis zum Jahr 2001, die Exportstützungen um 36 Prozent und die gestützten Mengen um 21 Prozent reduziert werden müssen. Aus diesem Grund werden neue Rezepte gesucht.

Wir verlangen allerdings solche Rezepte, mit denen die Reduktion der Exportstützungen, die die FPÖ bisher immer verlangt hat, die zu Preiseinbußen im Inland und zu Einkommensverlusten der Bauern führt, mittels GAP-Prämien voll ausgeglichen wird.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Den derzeitigen Unmut der Bauern hat die Forderung von acht EU-Finanzministern ausgelöst, die Budgetansätze auf das Niveau des Jahres 1999 einzufrieren. Dazu muß ich schon sagen, daß der Kommissionsvorschlag auf eine Steigerung der GAP-Prämien an die Bauern auf 59 Milliarden Schilling im Jahr 2006 abzielt, und dagegen wehren sich jetzt die Bauern. (Abg. Dr. Ofner: Dann stimmt doch dagegen!) Aus diesem Grund ist es auch notwendig, daß Minister Molterer jetzt bei den entscheidenden Schlußverhandlungen in Brüssel ... (Abg. Dr. Ofner: Stimmt dagegen!) – Ja, Herr Abgeordneter Ofner! Wenn Sie mehr von Agrarpolitik verstehen würden (Abg. Dr. Ofner: Einstimmigkeitsprinzip!), dann würden Ihre Zwischenrufe wahrscheinlich anders lauten. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Wimmer! Wir verstehen eines nicht: Molterer hat folgenden Vorschlag eingebracht: Wenn es eine Degression, wenn es Kürzungen geben soll, dann nur eine Größendegression und keine Zeitdegression. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.) Die Sozialdemokraten von Deutschland, Frankreich und England lehnen eine Größendegression entschieden ab, weil laut ihren Zielen nur die Großbetriebe Zukunft haben, nicht aber die Klein- und Mittelbetriebe. (Abg. Dr. Ofner: Ihr braucht nur dagegen zu sein, und es findet nicht statt!) Meine Bitte wäre daher, daß die österreichischen Sozialdemokraten die deutschen Sozialdemokraten beeinflussen sollten. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser.)

Abgeordneter Schweitzer hat zu Beginn seiner Rede erklärt, daß der Huber-Plan das Konzept der Freiheitlichen Partei für die Fragen der Zukunft gewesen wäre. Der Huber-Plan besagte, daß jeder Vollerwerbsbetrieb 100 000 S bekommen soll, aber alles andere dem Weltmarkt überlassen werden soll. Angesichts dessen ist die Absicherung in der Agenda 2000 noch wesentlich besser als im Huber-Plan. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Trinkl: Woher soll der Schweitzer das wissen?)

Noch eine Anmerkung: Abgeordneter Reichhold, ehemaliger Agrarsprecher der Freiheitlichen Partei, sagte hier – ich zitiere aus dem Protokoll –: Mir geht in dieser Regierungserklärung auch eine echte EG-Vorsorge für die Bauern ab. 3 Milliarden Schilling sind an Einkommensverlusten zu erwarten. – Wissen Sie, welche Absicherung es gab? – Es waren nicht 3 Milliarden im Jahr, sondern es waren im Rahmen des 40-Milliarden-Paketes für vier Jahre jeweils 10 Milliarden Schilling zusätzlich zu den EU-Prämien vorgesehen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Haigermoser.)

Ich darf auch noch Ihren Parteiobmann, der leider heute nicht anwesend ist, zitieren. (Abg. Dr. Khol: Der Wahlkampf ist ihm wichtiger!) Im "trend" vom Oktober 1997 wurde er gefragt: Rund 60 Prozent der EU-Subventionen werden für den Agrarbereich aufgewendet. Halten Sie diese Aufteilung gegenüber Klein- und Mittelbetrieben für zeitgerecht und fair? Darauf antwortete Haider: Die FPÖ ist grundsätzlich gegen Subventionen. (Abg. Dr. Khol: Schau! Schau!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz.

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (fortsetzend): Mit diesem Modell kann die Landwirtschaft sicher nicht konkurrenzfähig für die Zukunft gemacht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

10.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist das Niveau der ÖVP!)

10.43

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod minister! Visoki Dom! Hohes Haus! Herr Minister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man kann natürlich die Agrarpolitik, so wie es die FPÖ getan hat, auf eine Semmelpolitik reduzieren. Ich muß dazu sagen, diese einfache Sicht zeichnet die FPÖ aus. Es ist so, wie sich‘s der kleine Hansi halt vorstellt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es geht um Semmeln, und das ist das Niveau, auf dem Sie argumentieren.

Meine Damen und Herren! Aber es müßte sich auch schon bis zur FPÖ durchgesprochen haben, daß man denselben Schilling nur einmal ausgeben kann, denselben Euro nur einmal ausgeben kann. Aber Sie versprechen hier vom Rednerpult jedesmal jedem alles. Und das ist das Problem auch Ihrer Agrarpolitik. (Abg. Haigermoser: Smolle, was kostet ein Kilo Brot?)

Zurück zur Problematik: Es ist klar, daß wir mit dieser Art der Budgetpolitik im Agrarbereich der EU nicht mehr weiterkommen können. Es ist klar, daß es da zu einer großen Wende kommen muß, und das heißt konkret: weg von der produktbezogenen Förderung hin zu einer Förderung, die Direktzahlungen an die Bauern vorsieht. Das ist die zentrale Zielsetzung. Davon müssen wir ausgehen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn hier ein Plädoyer für den Bauernbund gehalten wurde, dann möchte ich klar dazu sagen, daß auch der Bauernbund für das mißlungene EU-Budget und für die mißlungene Agrarpolitik insgesamt verantwortlich ist. Sie haben uns in diese Schere hineingejagt, sodaß wir jetzt nicht mehr wissen, wie wir den gesamten Agrarmarkt finanzieren können. Diese Schuld nehmen Sie ruhig auf sich, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Haigermoser: Bravo, Smolle! Sehr gut!)

Worum geht es? – Wir müssen wegkommen von den Interventionspreisen, wir müssen wegkommen von den Exportstützungen, und wir müssen wegkommen von dem übermäßigen und überbordenden Verwaltungsaufwand. Das sind drei ganz klare Eckpunkte. Wir müssen die europäische und auch die österreichische Landwirtschaft wettbewerbsfähig machen. Das ist das Wichtigste. Wir müssen auch in der Landwirtschaft nachhaltige, gute, solide Arbeitsplätze schaffen, und das heißt konkret: Strukturwandel in Österreich, meine Damen und Herren! Das ist der Punkt, über den wir sprechen müssen. (Abg. Haigermoser: Was bist du eigentlich: grün, liberal? Was bist du?)

Wir haben in Österreich 78 000 Haupterwerbsbetriebe, denen 166 000 Nebenerwerbsbetriebe gegenüberstehen. Schon diese Schere zeigt klar auf, daß da ein Strukturwandel, eine Reform erforderlich sind. Das ist der Ausgangspunkt, meine Damen und Herren!

Wir brauchen eine Entlastung des Budgets. Wir brauchen geringere Ausgaben zugunsten der Landwirtschaftsförderung. Wir brauchen einen geringeren Verwaltungsaufwand. Wir brauchen auch genügend Geld, meine Damen und Herren – das sei jetzt vor allem in Richtung FPÖ gesagt –, für die Osterweiterung. Die Osterweiterung ist ein wirtschaftlich, politisch und sicherheitspolitisch vernünftiges Projekt. Und wir Österreicher müssen da einfach mitmachen. Wir dürfen nicht über Semmeln reden und über andere derartige Kleinigkeiten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir brauchen also eine wettbewerbsfähige und starke Landwirtschaft. (Abg. Mag. Stadler: Smolle! Was kostet eine Semmel? Wissen Sie das überhaupt? Beim Hofer!) Mit den Stützungen der Produktpreise hauen wir genau die Weltmarktpreise zusammen, denen wir dann wieder nachlaufen. Das ist die grundlegend falsche Politik.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, war auch die Erklärung meines Kollegen Strohmayer richtig, der sagte, daß wir eine Renationalisierung auch bei den Förderungen anstreben müssen. (Abg. Mag. Schweitzer: So? Da schau her!) Wir können die österreichische Bundesregierung aus ihrer Grundverantwortung nicht entlassen. Wir können es nicht zulassen, daß sie sich quasi auf die EU und auf die Kommission ausredet, wenn sie selbst schlechte Strukturpolitik in der Landwirtschaft und auch in Fragen der Beschäftigung macht.

Meine Damen und Herren! Das ist der Gedanke, den Herr Strohmayer klar zum Ausdruck gebracht hat (Abg. Haigermoser: Wie heißt der Mann?): Es gibt auch eine Selbstverantwortung der Länder!

Die Ausgabendynamik, die wir gerade in den Bereich des EU-Budgets hineingebracht haben, müssen wir beseitigen. Wir haben klare Aufgaben. Wir haben klare Zielsetzungen.

Ich möchte aber auch etwas Positives sagen, und ich bitte Sie, Herr Minister, dies Ihrem Kollegen Molterer mitzuteilen. Wir gehen davon aus, daß die Agrarminister stark genug sein werden, diese Reform durchzusetzen – auch gegen die Bauernlobby und auch gegen die Populisten! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte.

10.48

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schwarzenberger! Ich möchte nur einen Satz zu Ihrer Aufregung wegen dieses Taferls sagen. Ich halte es für sehr degoutant, in dieser Argumentationslinie fortzusetzen, indem man sagt, es sei nicht mehr erlaubt, hier Anschauungsmaterial zu zeigen, weil ein schweres Lawinenunglück passiert ist. Die Anteilnahme ist einheitlich, und alle Abgeordneten teilen diese. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hans Helmut Moser.)

Meine Damen und Herren! Was kann sich ein Demokrat oder ein Bauer oder eine Bäuerin mehr wünschen als folgenden Umstand: Wir sitzen im österreichischen Parlament, der Umweltminister selbst sitzt hier und vertritt die Anliegen der Landwirtschaft. Der Landwirtschaftsminister der ÖVP sitzt in Brüssel und verhandelt. (Abg. Dr. Khol: Der Landwirtschaftsminister der Republik Österreich!) Der ehemalige Landwirtschaftsminister der ÖVP, Franz Fischler, hat das mächtigste Ressort in Brüssel. Was kann demokratisch mehr passieren, was kann effektiver sein für ein kleines Land wie Österreich als diese Konstellation, meine Damen und Herren? – Dennoch ist es notwendig, daß Menschen auf die Straßen gehen, die bisher in der demokratischen Auseinandersetzung in unserem Land sehr wohl potent mitagieren und Landwirtschaftspolitik mitgestalten konnten.

Ich habe in einer meiner vorhergehenden Reden angemerkt, daß es für die Opposition hier in diesem Hause fast keine Ansatzpunkte mehr gibt, sich in die Landwirtschaftspolitik einzumischen, vor allem dann nicht, wenn einer der mächtigsten Agrarpolitiker wie Herr Schwarzböck plötzlich zu den Demonstranten wechseln muß und der Herr Kommissär und die Exekutive in Brüssel dann mit den Wasserwerfern antanzen.

Meine Damen und Herren! In welcher Situation befinden wir uns? – Ich frage Sie: Was ist für ein Parlament wie dieses zu tun? – Hier müßten meines Erachtens unsere Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Aber was tun wir?

Herr Umweltminister! Sie haben heute hier von den Degressionsmodellen geredet. Wie lautete denn das große Versprechen Ihrer Partei, von der ÖVP und damals auch von der SPÖ? Es ging damals um diese Maßnahmen – wir haben sie mitgetragen – zum ÖPUL, um diese Milliardenbeträge, die den Bauern zu Recht zustehen, weil sie eine existentielle, wichtige Aufgabe in unserem Land erfüllen. Aber was haben Sie damals versprochen? – Sie werden diese Zahlungen klar und effektiv an soziale Fragen binden, Sie werden diese Zahlungen klar und effektiv an ökologische Standards binden.

Was ist davon übriggeblieben? – Herr Molterer kämpft für eine Degression, die ungefähr 100 Bauern betrifft. Die Masse, die Menge, die Großzahl der Landwirtschaften in Österreich bezieht zirka 20 000 bis 50 000 S im Jahr an Förderungen. Diesbezüglich gibt es einen Vorschlag der Grünen auf Europaebene, daß in diesem Bereich Zuschläge gezahlt werden und im oberen Bereich radikal gekürzt wird. Denn wer kann denn verstehen – ich kann mich noch an die Empörung der Sozialdemokraten erinnern –, daß 73 000 Bauern 22 000 S kassieren und 292 Bauern im Schnitt 2 Millionen Schilling Förderung kassieren? Da setzt das Modell des Herrn Molterer zu kurz an.

Herr Umweltminister! Dazu sollten Sie etwas sagen. Wir hätten auch hier in diesem Haus einmal Gelegenheit gehabt, im Zusammenhang mit der Gentechnikproblematik einen klaren Beschluß zu fassen. Ich muß allerdings anmerken: Die FPÖ ist auch nicht mitgegangen. Wir haben verlangt, wenn der Steuerzahler, wenn der Konsument mit Steuermitteln den Bauern zu Recht unter die Arme greift, dann ist es auch legitim, daß die Konsumenten und Konsumentinnen auch ihre Anliegen mit berücksichtigt finden müssen, nämlich in dem Sinne, daß ihre Produkte gentechnikfrei sind. Sie von der ÖVP, von der FPÖ, von der SPÖ und auch von den Liberalen haben diesen Vorschlag der Grünen abgelehnt. Das hätte nämlich 90 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche betroffen. Wir haben hinsichtlich der Grundzüge sprachlich scheinbar keine Unterschiede, aber wenn man dann ins Detail geht, sieht man genau, auf welcher Seite Sie stehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit bitte beachten!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Mein Schlußsatz: Wofür Molterer in Brüssel kämpft, ist meines Erachtens nur ein ganz bescheidener Ansatz. Dieser bescheidene Ansatz geht zwar in die richtige Richtung, ist aber, wenn er so bescheiden bleibt, ein weiterer schwerer Verlust von Möglichkeiten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Kollege Wabl! Wir waren nicht dagegen! – Abg. Mag. Schweitzer: Andreas! Wir haben euren Antrag unterstützt!)

10.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. Er hat das Wort.

10.54

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Schwarzenberger! Nach Ihrer Märchenstunde vom Rednerpult aus wundert es mich nicht, daß Sie mit Gendarmeriebegleitung von der Bauernversammlung weggebracht werden mußten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Außer Haider braucht kein Abgeordneter Gendarmeriebegleitung! Der Haider braucht die meiste Gendarmeriebegleitung!) – Das ist durch die Presse gegangen, und Sie werden das nicht abstreiten können.

Wenn Sie uns Aktionismus vorwerfen, dann muß ich Ihnen sagen, was Sie vor wenigen Tagen in Brüssel aufgeführt haben, war doch Aktionismus pur. Die Bauernbündler fahren nach Brüssel, um dort gegen den Bauernbündler Fischler zu protestieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Statt daß sie ihn aus dem Bauernbund schmeißen und zur Persona non grata erklären, fahren sie demonstrieren und machen dort ein Theater auf Kosten unserer Bauern. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Bundesregierung hat mit dem EU-Beitritt unsere Bauern auf dem Altar der EU geopfert, und mit der Entsendung Fischlers als Kommissär hat man versucht, die Verantwortung für diese verfehlte Agrarpolitik der letzten Jahre und Jahrzehnte an der EU-Garderobe abzugeben. Das ist die Wahrheit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schwarzenberger, das geht auch ganz deutlich aus Ihrer Rede hervor, vor allem aber aus den Pressemeldungen der letzten Tage. Zum Beispiel attackiert der deutsche Bauernverbandspräsident Kommissär Fischler und sagt – es heißt hier wörtlich –: "Märchenstunde zur Agenda 2000 – EU-Kommissar Fischler spricht von Horrorszenario." Dann heißt es weiters:

Der Präsident des deutschen Bauernverbandes Gerd Sonnleitner hat in scharfen Tönen die EU-Kommission und insbesondere Agrarkommissar Fischler attackiert. Laut einem im voraus übermittelten Bericht des Münchner Nachrichtenmagazins "Focus" warf er Fischler vor, Landwirte und Verbraucher mit einer Märchenstunde über die wahren Folgen des Reformpakets Agenda 2000 hinwegzutäuschen. – Und genau die gleiche Märchenstunde versuchen Sie hier über die Bühne zu bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es heißt dann weiters: Keines der abgegebenen Versprechen sei wahr, weder die Umwelt noch der Steuerzahler noch der EU-Haushalt würde von der Reform profitieren. Das einzige, was Fischler dem entgegenzusetzen hatte, war, daß er sagte, die Bauernverbände malen hier ein Horrorszenario, und sie verunsichern die Bauern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau das ist Ihre Politik. Nicht jene, die das Horrorszenario verursacht haben, sind schuld, sondern jene, die es aufzeigen, sind dann auf einmal schuld daran. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist dieser Fischler ein Horror für die Bauern. Offensichtlich kennt er seine eigenen Studien oder die Studie der Kommission zur Agenda 2000 nicht. In dieser Studie steht unter "Auswirkung auf die Beschäftigung im bäuerlichen Bereich bis zum Jahr 2006": Es würde ein Einkommensplus von 3 Prozent bis zum Jahr 2006 für unsere Bauern geben, aber nur dann, wenn 2,5 bis 3 Millionen Bauern aufhören, die Höfe zusperren und diese Fläche auf die anderen aufgeteilt würde. Wenn also 2 bis 3 Millionen Bauern aufgeben, käme es zu einem Gewinn von 3 Prozent, zu einem Einkommenszuwachs.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In die gleiche Richtung gehen die SPÖ-Aussagen, die da lauten: Es ist nicht zu wenig Geld oder es sind nicht zu wenig Förderungen da, es gibt nur zu viele Bauern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn das die Zukunftsperspektiven für unsere verarmten und in ihrer Existenz bedrohten Bauern sind, dann gute Nacht! Gute Nacht mit dieser Agrarpolitik, gute Nacht mit dieser Einkommenspolitik, die in den letzten Jahren betrieben wurde, gute Nacht mit dieser Agenda 2000! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Da nützt es auch nichts, wenn Sie sich hier herstellen und sagen, es sei sowieso alles in Ordnung, den Bauern gehe es nicht so schlecht. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Wer hat das gesagt?) – Sie haben es doch gesagt. Sie haben das ÖPUL-Programm in den höchsten Tönen gelobt und gemeint, daß damit eine Existenzsicherung für unsere Bauern gegeben wäre.

In Wirklichkeit sieht es ganz anders aus. Ich habe hier eine Studie des Landwirtschaftsministers über die Armut im ländlichen Raum, und in dieser heißt es, daß über 30 Prozent der bäuerlichen Betriebe armutsgefährdet und die Hauptbetroffenen dieser neuen Armut vor allem Frauen sind. Herr Bundesminister, diese Materie fällt doch zum Teil in Ihr Ressort! Sie sollten sich darum kümmern, daß die Bauern, die bäuerlichen Familien, die Frauen in den landwirtschaftlichen Betrieben tatsächlich Zukunftsperspektiven haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wird seit Jahren eine großangelegte Bauernvernichtung betrieben (Beifall bei den Freiheitlichen) – betrieben von der EU, unterstützt von dieser Bundesregierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines kann ich Ihnen mit Sicherheit versprechen: Wir Freiheitlichen werden mit aller Vehemenz gegen diese Bauernvernichtung auftreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Ofner: Was ist los?)

11.00

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Auf den Zwischenruf von der rechten Seite, was los sei, darf ich sagen: Es handelt sich bei der Tatsache, daß ich zwei verschiedene Schuhe trage, um keinen Modegag. Modegags sind wir von Ihrer Seite gewöhnt. Ich denke da etwa nur an die Samtsakkos und Hemden mit Rüschen von Herrn Haider, wir warten nur auf die Seidenhosen und die Puffärmel. Bei mir handelt es sich um einen Heilbehelf. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Das habe ich nur wissen wollen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Tatsache ist, daß im Bereich der Landwirtschaft Reformbedarf besteht. Ich darf Herrn Kommissar Fischler von einem Briefing in Brüssel zitieren:

Fischler unterstrich, daß es keine Unklarheit gebe, welche Probleme es zu bewältigen gilt. Die WTO-Grenzen für unsere subventionierten Exporte stehen bereits fest. Der Unterschied zwischen den Preisen auf dem Binnenmarkt und jenen auf dem Weltmarkt ist auch offensichtlich. Klarerweise soll herauskommen, daß bedeutende Kürzungen der landwirtschaftlichen Produktion ins Haus stehen. Tatsache ist, daß die Budgets der EU-Mitgliedstaaten angespannt sind. Tatsache ist, daß der EU-Beitritt der MOEL-Länder ansteht. Tatsache ist, daß die Strukturfonds reformiert werden müssen.

Aufgrund dieser Umstände muß klarerweise auch im Bereich der Landwirtschaft etwas geschehen. Kommissar Fischler hat reagiert, meine Damen und Herren! Am 15. Juli 1997 hat er die "Agenda 2000" vorgelegt. Was ist in der langen Zeit, die seither verstrichen ist, passiert? – Ich zitiere wieder Aussagen des Herrn Kommissar Fischler in den "Salzburger Nachrichten":

Bauern wird nicht die Wahrheit gesagt. Fischler: Am Anfang haben die Bauernvertreter gemeint: Wir brauchen keine Reform, und wir verhindern daher die Reform! Die Bauern haben sich durch ihr Verhalten am Anfang ein Eigentor geschossen. – In der Folge macht Herr Kommissar Fischler dreimal die Aussage – er redet dreimal davon –, daß den Bauern teilweise nicht die Wahrheit gesagt wird. Allein in diesem Interview bezieht er sich dreimal darauf.

Ein weiterer, nicht unwesentlicher Punkt im Zusammenhang mit dem Umstand, daß die "Agenda 2000" schon im Juli 1997 vorgelegt wurde, ist eine aktuelle Presseaussendung des Herrn Bundesministers Molterer, in der er wissen läßt, daß er derzeit intensive Gespräche mit anderen Mitgliedstaaten führt.

Ich meine, meine Damen und Herren, daß gerade in bezug auf diese Angelegenheit sehr viel wertvolle Zeit verstrichen ist. Daß etwas passieren muß, ist aber eine Tatsache – eine Tatsache, die auch die "Süddeutsche Zeitung" dargelegt hat. Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, daß seit 1992 Jahr für Jahr 500 000 – eine halbe Million! – landwirtschaftliche Betriebe geschlossen werden. Jahr für Jahr! Man stelle sich das vor!

Was heißt das für uns? – Für Österreich kann und muß das heißen, daß wir darauf schauen müssen, daß die kleinbäuerliche Struktur erhalten bleibt. Ich zitiere die Österreichische Bergbauernvereinigung, die kritisiert, daß es bisher verabsäumt wurde, ein Konzept mit Zukunftsvisionen für eine bäuerliche Landwirtschaft zu entwickeln.

Ich könnte wieder Herrn Kommissar Fischler zitieren, der sagt: Wo liegt die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft? – Sie liegt auf alle Fälle in der Qualität. Sie liegt nicht dort, wo sie der liberale Abgeordnete Frischenschlager sieht. Frischenschlager sagt: Die Familienbauernbetriebe sind eine landwirtschaftliche Lebenslüge. Es sei eben kein Zukunftsberuf, ein Sieben-Hektar-Bauer zu sein.

Das Gegenteil ist der Fall, meine Damen und Herren! Ich bringe Ihnen ein Beispiel aus meiner Region, aus Salzburg, wo es sehr viele kleine Bergbauern gibt. Da gibt es zum Beispiel eine Molkerei in Maishofen. Diese hat im Jahre 1992 3,8 Millionen Liter Milch und im Jahre 1998 über 40 Millionen Liter Milch verarbeitet – lauter Bioprodukte. Im Prinzip war das eine Chance für die kleinen Bauern. Ich halte es für falsch, wenn man die kleinstrukturierte Landwirtschaft verurteilt.

Wir brauchen mit der Agenda 2000 eine Senkung der Produktionspreise, wir brauchen die Sicherung der Einkommen der Bauern durch Direktzahlung, und das Wesentliche ist, daß ein Sockelbetrag für die Kleinbetriebe eingeführt wird und endlich eine soziale Staffelung Platz greift. (Beifall bei der SPÖ.)

11.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. Er hat das Wort.

11.06

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Verhandlungen im Agrarministerrat in Brüssel und in der Aktuellen Stunde des österreichischen Nationalrates geht es zurzeit nicht um Semmeln und auch nicht um Budgetpositionen, sondern um die Rahmenbedingungen für 17 Millionen Beschäftigte in der europäischen Landwirtschaft. Wenn jeder Beschäftigte einen Familienangehörigen hat, so stellt diese Bevölkerungsgruppe ungefähr das Wählerpotential von Italien. Wenn man die vor- und nachgelagerten Interessen, die mit der Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft verbunden sind, mitberücksichtigt, dann kann man sagen: Es geht in bezug auf die Betroffenheit von Bürgern um ein Land in der Größe von Frankreich oder Deutschland.

9,5 Millionen dieser 17 Millionen in der Landwirtschaft Beschäftigten sind älter als 55 Jahre, 1,3 Millionen sind jünger als 35 Jahre, und ungefähr ein Drittel ist im Haupterwerbsalter zwischen 35 und 55 Jahren. Die Reformkonzeption, wie sie die Kommission vorgeschlagen hat, geht auf bisherige Budgetgrundlagen zurück, Präsident Schwarzenberger hat sie angesprochen. Aufgrund des Ergebnisses der deutschen Wahl hat sich die Grundsatzerklärung zum Beibehalten dieser Linie wesentlich verändert und die politischen Gewichte in Europa total verschoben.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft stützt im Bereich der Markt- und Strukturpolitik liberale Konzepte. Die Mehrheit der sozialdemokratischen Finanzminister möchte bei der Durchsetzung dieses Konzepts das Budget stark kürzen. Wenn das so geschieht – all das sind noch Hypothesen –, dann gibt es stärkere liberale Elemente im Bereich des Marktes und eine bewußte Umschichtung von Budgetmitteln zugunsten der Interessen sozialdemokratischer Arbeitnehmerpolitik.

Das kann bedeuten – ich betone: all das sind Hypothesen –, daß all jene Kräfte, die bezüglich Globalisierung und Liberalismus in ihrem Interessenbereich Unbehagen fühlen, resignativ sagen, sie müßten alles Verfügbare in Richtung Milderung von Globalisierung und Liberalismus in ihrem Interessenbereich sichern.

Meine geschätzten Damen und Herren! Daher geht es aus österreichischer Sicht nicht nur darum, ob Minister Molterer für das Modell "europäische Landwirtschaft" eintritt, sondern auch darum, ob Finanzminister Edlinger, der sich zum Anwalt der Steuerzahler und nicht zum Feind der Bauern deklariert hat, was mich freut, letztendlich mehr einbringt als die Budgetstabilisierung.

In der Politik ist es keine Kunst, weniger Geld auszugeben. Die Kunst besteht darin, mit weniger Geld effizient die gleichen Ziele, die man bisher in konsensualer Weise vertreten hat, umzusetzen. Diese waren in diesem Parlament auch zwischen den Regierungsparteien übereinstimmend, ich glaube, sogar mit der Opposition!

Wir wollen eine Landwirtschaft, die von ökologischer Grundorientierung geprägt ist und die den hohen ethischen Erfordernissen der österreichischen und europäischen Konsumenten gerecht wird – am besten nachvollziehbar in unserer Position zur Gentechnik.

Mehr Liberalismus mit weniger Geld – diese Zielsetzung ist gefährliche Illusion, das muß allen klar sein. Mit mehr Liberalismus und weniger Geld kann nicht mehr Ökologie und Gentechnikfreiheit erreicht werden. Daher ist völlig klar, daß sich die Mehrheit der sozialdemokratischen Finanz-, Landwirtschafts- und Außenminister in der Abwägung darüber, welche Freiheit die Landwirtschaftsminister haben, um ein europäisches Modell weiterzuführen, nicht nur mit Budgetverantwortung befassen kann, sondern auch damit, ob sie zu diesen Zielen unserer gemeinsamen Politik stehen. (Beifall bei der ÖVP.) – Das wird am Ende des Verhandlungsergebnisses bewertet werden müssen.

Ich habe am Montag in Brüssel aus Überzeugung demonstriert, aber nicht gegen die EU (Abg. Dr. Ofner: Sondern gegen den Bauernbündler Fischler!), sondern für eine demokratische, partnerschaftliche EU, und das hängt von der politischen Führung dieser EU ab! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte in aller Offenheit sagen, meine Damen und Herren: Ich bin stolz, daß 40 000 Bäuerinnen und Bauern ihren Unmut und ihre Sorge zum Ausdruck gebracht haben. Aber ich bin auch stolz darauf, daß keine einzige Verletzung passiert ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer hat Sie empfangen? Wer hat Sie in partnerschaftlicher Übereinstimmung empfangen? Wer hat Sie empfangen?)

Ich sage aber auch mit aller Offenheit: Die Reaktion der Ratspräsidenten bezüglich der Artikulation dieser 17 Millionen Erwerbstätigen ... (Abg. Mag. Schweitzer: Wer hat Sie empfangen? – Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (fortsetzend): ... hat meine Vorstellung der sozialdemokratischen Sicht der Grundrechte in bezug auf Streiks und Demonstrationen schwer erschüttert. (Beifall bei der ÖVP.)

11.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

11.12

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat einen interessanten Satz geprägt, indem er sagte: Mehr Liberalismus würde schaden. – Ich sage Ihnen: Mehr Liberalismus bedeutet Grundsicherung, und Grundsicherung für die Bauern bedeutet mehr Sicherheit für ihr Leben und für ihr Einkommen. Das ist mehr Liberalismus: daß man die Bauern nicht mehr der blanken Not und der Willkür irgendwelcher Subventionsgeber aussetzt, sondern daß sie durch die Grundsicherung abgesichert sind. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich würde Ihnen empfehlen, sich einmal mit dem Modell anzufreunden, das wir ausgearbeitet haben. Auch für die Bauern wäre das ein guter Weg, vor allem in Hinblick darauf, daß in Österreich 300 000 Menschen in der Landwirtschaft tätig sind, von denen zwei Drittel Nebenerwerbsbauern sind, und zwar aus gutem Grund, was aber bedeutet, daß das ganze System "schief" ist. Es sollte grundsätzlich reformiert werden.

Aus der EU gibt es einen Rückfluß von 13,5 Milliarden Schilling nach Österreich. Dazu kommen ungefähr 16 Milliarden Schilling, die von Bund und Ländern finanziert werden. Zusammen sind das 29 Milliarden Schilling an Finanzierungsmitteln. Das bedeutet, daß es für jedes Kilogramm Rind, das man produziert, auf dem Weltmarkt – Anfang der neunziger Jahre war das so – 1,5 D-Mark und 4 D-Mark an Subventionen gibt. Was erreicht man damit? – Man erreicht damit, daß man die Märkte kaputtmacht. Man erreicht damit, daß wir bei Rindfleisch einen Selbstversorgungsgrad haben, der weit über 100 Prozent dessen liegt, was wir in Europa verbrauchen.

Was macht man mit diesen Rinderbergen? – Man subventioniert sie und exportiert sie in die Dritte Welt. Was passiert dadurch in der Dritten Welt? – Wir machen damit dort die Märkte kaputt. Gleichzeitig subventioniert die EU auch mit Förderungsmitteln Rinderfarmen, Kühlhäuser und so weiter und so fort. – Also: Auf der einen Seite machen wir mit unseren Geldern die Märkte kaputt, auf der anderen Seite subventionieren wir etwas, was nie funktionieren kann, weil wir eben so interveniert haben. Das ist eine Verzerrung! (Beifall beim Liberalen Forum.) – Man muß das auf einer globalen Ebene sehen und kann nicht nur sozusagen das Österreichische darin erkennen.

Ich glaube, daß man mit anderen Mitteln arbeiten sollte. Man sollte sich darauf einigen, welche Produkte überhaupt gefördert werden sollen. – Als ich noch im Europäischen Parlament war, wurde in Europa mit über 1,5 Milliarden – damals Ecu – die Tabakindustrie subventioniert – ein Tabak, der von niemandem geraucht werden wollte, außer von sozusagen ein paar Exoten.

Wozu gebe ich Geld für Produkte aus, die kein Mensch will? – Offensichtlich hat sich der Geschmack der Europäer in bezug auf Tabak mehr auf Amerika ausgerichtet. Also wozu gibt man Geld aus? – Man sollte die Bauern, die Tabak produzieren, fördern, und zwar den Umstieg. Man sollte nicht eine Summe ein Jahr lang zur Verfügung stellen, sondern ihnen die Möglichkeit geben, tatsächlich umzusteigen. Das heißt, man sollte auf zehn Jahre – egal, wie sie es ausgeben wollen, also flexibel sein – eine Summe zur Verfügung stellen, damit diese Anbauflächen einmal brachliegen können und danach neue Pflanzen setzen kann. Bis diese tragen, wird es wohl zehn Jahre dauern. Das ist eine offensive Politik, eine solche Politik sollte man betreiben, aber man darf doch nicht das einmal Festgelegte ununterbrochen mit Subventionen weiterführen!

Das führt uns ins Dilemma, daß wir aus diesen 47 Prozent Landwirtschaftsförderung nicht herauskommen. Fast 47 Prozent der Budgetmittel gibt die EU für den Bereich der Landwirtschaft aus, und zwar für 5 Prozent der Arbeitnehmer der EU. Die Solidarität hat auch einmal ein Ende.

Warum bekommt eine alleinerziehende Mutter nicht dieselbe Aufmerksamkeit? Warum bekommt ein Seidenraupenzüchter mehr Subventionen, als alle Förderungen für Frauenbeschäftigungsinitiativen ausmachen? – Das ist eine Verzerrung! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das stimmt nicht mehr! Es sollte der soziale Zusammenhalt wiederhergestellt werden, und der soziale Zusammenhalt kann nur mit allen miteinander funktionieren.

Wir brauchen die Grundsicherung für die Bauern, die eine Arbeit verrichten, die wir alle schätzen. Das sollten wir tun und nicht Subventionsmilliardäre und -millionäre noch weiter stützen. Davon gibt es genug! Sie haben alle Märkte kaputtgemacht. Sie können das nachlesen, zu welchem Chaos es führt, wenn etwa im Bereich Zucker einer für Europa die Fäden in der Hand hält.

Zum Schluß kommend: Ich glaube, daß man den Weg von Kommissar Fischler, der das eingehend und sicherlich mit ausreichender Sensibilität überprüft hat, unterstützen sollte. Daher bitte ich, Bauern nicht zu verunsichern, sondern ihnen im Gegenteil die Grundsicherung zu ermöglichen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

11.18

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Umweltminister! Hohes Haus! Ich meine, daß es gerade angesichts einer Naturkatastrophe, die uns alle entsetzt hat und traurig stimmt, notwendig ist, pro futuro zu hinterfragen, was im Bereich der Umwelt- und Agrarpolitik getan werden kann – die Agrarpolitik ist ein wichtiger Teil der Umweltpolitik –, damit von dieser Seite her in Zukunft zumindest das Menschenmögliche getan wird, um derartige Katastrophen hintanzuhalten.

Herr Abgeordneter Schwarzböck hat an sich die richtigen Grundsätze, die für eine Landwirtschaft der Zukunft notwendig sind, genannt, nämlich das ökologische und ethische Prinzip. Meine Damen und Herren! Nur: Ein durchgängiges ökologisches und ethisches Prinzip in der gesamten Agrarpolitik, insbesondere in der gesamten Förderungspolitik kann ich und können wir von den Grünen leider nicht erkennen.

Es stimmt, daß wir in Österreich einen sehr hohen Anteil an ökologisch landwirtschaftenden Betrieben haben, doch dieses Prinzip ist kein durchgängiges. Das, was uns von den Agrarvertretern, vor allem von jenen der ÖVP, immer signalisiert wird und was vor allem Kern der Agrarpolitik in Brüssel ist, ist, daß man sich die Politik und die Förderungsinstrumente nach allen Seiten offenläßt. Doch das kann auf Dauer nicht gutgehen. Man kann nicht ein bißchen Gentechnik fördern und daneben auch ein wenig Ökologie predigen. Man kann nicht ein bißchen Ethik auf den Biobauernbetrieben hochhalten und daneben das ganze Leid und den bodenlosen Skandal im Zusammenhang mit den Langstreckentransporten von Tieren, zum Beispiel von Schlachtrindern, sehenden Auges weiterhin in Kauf nehmen – und immer mehr Geld dort hineinstecken!

Der kapitale Fehler der europäischen Agrarpolitik, der da auf die österreichischen Bäuerinnen und Bauern durchschlägt, sind die Exportsubventionen. (Beifall bei den Grünen.) Diese Weltmarktorientierung ist der kapitale Fehler; und dabei betrifft er nur einen winzigen Anteil an der internationalen Agrarproduktion, in etwa 10 Prozent im Bereich der Fleisch- und Milchproduktion. Wegen dieser 10 Prozent werden Milliarden-Förderungen-Karusselle in Betrieb gehalten, bei denen es immer wieder auch zu rechtswidrigen, zu illegalen Zahlungsvorgängen kommt. Wegen dieser 10 Prozent wird letztlich die nationale, die heimische Produktion preisgegeben.

Daß damit gleichzeitig riesige Transportströme in Gang gehalten werden und daß diese Transportströme eine maßgebliche Mitverantwortung bei der Entstehung von Abgasen, bei der Belastung der Umwelt mit bodennahem Ozon und damit eine maßgebliche Mitverantwortung für das Waldsterben, wodurch im Winter die Berggebiete unsicher werden, haben, das wissen Sie. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Na ja, na ja!)

Herr Umweltminister! Sie brauchen hier nicht zu beschwichtigen! Ich habe gesagt: Mitverantwortung, und daß diese vorhanden ist, können Sie wohl nicht in Abrede stellen.

Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, warum Sie beschwichtigen, denn es kann kein Interesse daran geben, diese Milliarden-Subventionen-Karusselle zu Lasten der österreichischen Landwirtschaft im Hinblick auf einen dubiosen Weltmarkt aufrechtzuerhalten.

Ich sage Ihnen folgendes: Dieses Lavieren zwischen verschiedenen Förderungsprinzipien – biobäuerliche Betriebe hier, Weltmarktorientierung dort – führt immer wieder zu verwaschenen Haltungen; auch in Sachen Gentechnik, wo die dubiosen Machenschaften der Genlobby und von Konzernen wie Monsanto jeden Tag deutlicher zu Tage treten. Bestochene Wissenschaft, Wissenschafter, die mundtot gemacht werden: All das hängt auch mit dieser nicht eindeutigen Abgrenzung zusammen.

Daher fordere ich Sie, Herr Bundesminister, gerade in Zeiten wie diesen auf: Setzen Sie sich im Rahmen der Bundesregierung dafür ein, daß das, was als Lippenbekenntnis auch von ÖVP-Politikern gerne beschworen wird, nämlich nach ökologischen und ethischen Grundsätzen zu wirtschaften, auch die einzige Realität der Förderungspraxis ist! (Beifall bei den Grünen.)

11.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Es ist von mir gemäß § 103 der Geschäftsordnung die Verhängung eines Ordnungsrufes für den Ausdruck "Henker des Bauernstandes" verlangt worden. Ich möchte die Stimmung jetzt nicht anheizen, aber dem Kollegen Wenitsch sagen: Man kann noch so scharfe politische Kritik sicher auch mit anderen Worten artikulieren, und ich würde dringendst darum bitten.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 5756/J bis 5777/J.

2. Anfragebeantwortungen: 5111/AB bis 5198/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem ein Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz erlassen wird und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Bundesvergabegesetz 1997, das Fremdengesetz 1997, die Gewerbeordnung 1994, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz geändert werden (1587 der Beilagen),

Insolvenzverwalter-Entlohnungsgesetz – IVEG (1589 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Depotgesetz und das Kapitalmarktgesetz geändert werden (1614 der Beilagen),

Bundesgesetz über Auslandszulagen bei Entsendungen aufgrund des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland – Auslandszulagengesetz (AuslZG) (1632 der Beilagen),

Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999 (1633 der Beilagen),

Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999 (1638 der Beilagen).

4. Ergänzung oder Änderung von Regierungsvorlagen oder Berichten:

Ergänzung des Berichtes des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über Aktivitäten betreffend den Talkbergbau in Lassing seit dem 17. September 1998 (Zu III-161 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 65 Abs. 5 des Bundeshaushaltsgesetzes über das Eingehen, die Prolongierung und die Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen im Finanzjahr 1998 (Vorlage 47 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 27 (3) beziehungsweise § 28 (4) BHG, BGBl. Nr. 213/1986, in Zusammenhang mit P 3 des Allgemeinen Teiles des Fahrzeugplanes und P 4 des Allgemeinen Teiles des Planes für Datenverarbeitungsanlagen für das Jahr 1998 (Vorlage 48 BA);

Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 19 betreffend "begleitende Maßnahmen zur Abtreibung".

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuß für Arbeit und Soziales:

Antrag 1015/A (E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Genossen betreffend Vereinheitlichung des Sozialversicherungsrechts und Strukturreform der Sozialversicherungsträger;

Bautenausschuß:

Antrag 1010/A der Abgeordneten Kurt Eder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird,

Antrag 1011/A (E) der Abgeordneten Kurt Eder und Genossen betreffend Senkung der Immobilienmaklerprovisionen in der Immobilienmaklerverordnung,

Antrag 1013/A der Abgeordneten Karl Smolle und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), BGBl. Nr. 139/1997, i.d.F. BGBl. Nr. 800/1993, geändert wird;

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Antrag 1014/A der Abgeordneten Anton Leikam, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenstandsgesetz (PStG) geändert wird;

Justizausschuß:

Bundesgesetz, mit dem das Firmenbuchgesetz geändert wird (1588 der Beilagen),

Antrag 1009/A der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird;

Verfassungsausschuß:

Antrag 1008/A der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bezügegesetz geändert wird;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Umweltausschuß:

Bericht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 13 Luftreinhaltegesetz für Kesselanlagen – LRG-K, BGBl. Nr. 380/1988, über den Erfolg der nach diesem Bundesgesetz getroffenen Maßnahmen und die Entwicklung des Standes der Technik (III-176 der Beilagen).

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4831/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, daß das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4831/AB zur Anfrage 5187/J der Abgeordneten Mag. Dr. Fekter und Genossen betreffend Vorgehen der Justizbehörden in der Causa Rieger-Bank durch den Herrn Bundesminister für Justiz durchzuführen.

Im Sinne der Bestimmungen der Geschäftsordnung und nachdem heute keine Dringliche Anfrage vorliegt, findet diese kurze Debatte um 15 Uhr statt.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, daß Herr Abgeordneter Dr. Kier beantragt hat, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 901/A der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen betreffend Änderung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus eine Frist bis zum 23. März 1999 zu setzen.

In diesem Zusammenhang liegt auch das Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen.

Diese Kurzdebatte wird im Anschluß an die eben angekündigte Besprechung der Anfragebeantwortung stattfinden, und unmittelbar nach Ende der Debatte wird sodann die Abstimmung über diesen Fristsetzungsantrag vorgenommen werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die heutige Tagesordnung betrifft, liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 2 bis 4, 5 und 6, 7 bis 10, 11 bis 14 sowie 17 bis 21 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen eine Einwendung? – Dies ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten der gesamten Tagesordnung für heute erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockredezeit von 8 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 120 Minuten, ÖVP 112 Minuten, Freiheitliche 104 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 72 Minuten.

Über eine solche Vorgangsweise hat das Hohe Haus zu befinden. Ich frage daher: Gibt es gegen diese Blockredezeiten Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist das so beschlossen.

1. Punkt

Erklärung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Thema Treibstoffpreis

Präsident Dr. Heinz Fischer: In diesem Sinne gelangen wir zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluß an die Erklärung des Herrn Bundesministers wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entsprechend dem von fünf Abgeordneten unterzeichneten Verlangen eine Debatte stattfinden.

Ich darf nunmehr dem Herrn Bundesminister zur Abgabe seiner Erklärung das Wort erteilen. – Bitte, Herr Bundesminister.

11.28

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte in leichter Abweichung von meinem Gesamtthema zunächst doch einige Worte zur tragischen Situation in manchen Wintersportorten verlieren.

Unser Mitgefühl, das Mitgefühl der Bundesregierung, auch unsere Unterstützung, gilt in diesen Stunden der einheimischen Bevölkerung, den eingeschlossenen Touristen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Unternehmern der Wirtschaft. Sie stehen nicht nur unter großem psychischen und physischen Druck, sondern viele sehen ihre Zukunftspläne gefährdet oder sogar zerstört.

Besonders möchte ich der Opfer gedenken, die verletzt wurden oder ihr Leben verloren haben. Ihnen und den betroffenen Familien gebührt besondere Anteilnahme.

Mein Dank gilt allen, die bei den Rettungs- und Sicherungsbemühungen unermüdlich im Einsatz sind. Die Art der Katastrophenbewältigung möge einmal mehr zeigen, wie sehr das Solidaritätsgefühl in unserem Land entwickelt ist.

Der vom Bundeskanzler aktivierte Krisenstab wird umfassende Vorsorge- und Hilfemaßnahmen treffen.

Ich darf nun zum Thema kommen: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich bin von verschiedensten Wirtschaftskreisen, Interessenverbänden, von Regional- wie Bundespolitikern in der letzten Zeit wiederholt aufgefordert worden, dämpfend und gestaltend in die Preispolitik der österreichischen Mineralölwirtschaft einzugreifen. Ich habe in diesem Zusammenhang immer wieder darauf verwiesen, daß im Hinblick auf die Wettbewerbssituation die Anwendung des bestehenden kartellrechtlichen Mißbrauchsaufsichtsverfahrens zweckmäßig sei.

Nach der aufgrund einer vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten veranlaßten Studie über den österreichischen Treibstoffmarkt stehe ich nicht an, vorweg zu erklären:

Erstens: Im österreichischen Markt für Treibstoffe gibt es ein erhebliches Wettbewerbsdefizit.

Zweitens: Die Nettopreise für Treibstoffe sind überhöht und müssen unter den gegebenen Umständen gesenkt werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Eine Reduktion der Treibstoffpreise ist eine Maßnahme, von der vor allem Pendler, Reisende und transportintensive Wirtschaftszweige, insgesamt über die inflationssenkenden Auswirkungen aber alle Staatsbürger Nutzen haben.

Drittens: Im Zuge der gegenwärtigen Auseinandersetzung wird es auch darum gehen, künftig den Einsatz von Biosprit und Biodiesel zu forcieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Endverbraucherpreise für Mineralölprodukte, insbesondere jene für Fahrbenzine und Dieselkraftstoff, waren seit jeher eine politisch sensible Materie. In der Nachkriegszeit und bis weit in die letzten Jahrzehnte waren diese bedeutenden Energieträger Gegenstand der amtlichen Preisregelung, aus der sie erst am Beginn der achtziger Jahre entlassen wurden. Im Zuge der Deregulierungsbestimmungen auf Sozialpartnerebene wurde auch die Kontrolle im Bereich der Paritätischen Kommission zurückgenommen. In der Öffentlichkeit besteht aber weithin der Eindruck, daß der Benzinpreis von der öffentlichen Hand, dem Staat oder der Politik zu bestimmen sei. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang einige Klarstellungen.

Wir wissen über diesen Wirtschaftsbereich aus der jahrzehntelangen Erfahrung der Preisregelung hinreichend Bescheid, allerdings sind die vor allem auf Wettbewerbserscheinungen abgestellten neuen Vorschriften des Preisgesetzes bisher nicht hinreichend exploriert worden.

Ich verweise darauf, daß der Wirtschaftspolitik im gegenständlichen Fall drei Optionen zur Verfügung standen und stehen:

Erstens: die Anwendung des Kartellgesetzes.

Zweitens: die Ergreifung marktkonformer Maßnahmen, um den Wettbewerb zu stärken. – Das können eine erhöhte Transparenz, aber auch generelle Änderungen der Rahmenbedingungen, auf die ich später noch kurz zu sprechen komme, sein.

Drittens – das liegt mir persönlich am wenigsten, um es offen zu sagen –: die Rückkehr zur amtlichen Preisregelung.

Dazu ist festzuhalten:

Erstens: Gegen den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung können in Österreich vor allem die Amtsparteien – das sind die Finanzprokuratur und Kammern – tätig werden. Diese sind jedoch nicht tätig geworden. Ich gebe zu, daß die Beweislage, wie wir jetzt anhand dieser Studie sehen, für normal juristisch Gebildete außerordentlich kompliziert ist und lange Verfahren wahrscheinlich das Ergebnis gewesen wären.

Zweitens: Im Jahre 1990 wurde von meinem Amtsvorgänger zwischen dem Wirtschaftsressort und der Mineralölwirtschaft das bekannte Branchenübereinkommen – bekannt als "gläserne Taschen" – vereinbart. In diesem Übereinkommen wurde die Meldung bestimmter Daten wie etwa Importeinstandspreise, Verarbeitungskosten und Großhandelspreise festgelegt. Allerdings fehlten darin betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Es wurde daher von meinem Amtsvorgänger Dr. Ditz – übrigens auch über Wunsch der Bundesarbeitskammer – außer Kraft gesetzt.

Drittens: Die Aktivierung der amtlichen Preisregelung ist nach der geltenden Regelung des § 5 Preisgesetz nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Als diese Diskussion ausbrach, erteilte ich den Auftrag, statt sich weiter in Diskussionen über Meldesysteme für Benzinpreise zu beschäftigen, eine Studie durch Professor Puwein durchführen zu lassen, und zwar eine analytische Darstellung der Wettbewerbselemente des österreichischen Treibstoffmarktes. Dieser Auftrag wurde im April 1998 erteilt. Die Bundesarbeitskammer hat im März einen Antrag nach § 5 auf Einleitung eines Untersuchungsverfahrens nach dem Preisgesetz gestellt, sodaß sich diese beide Dinge getroffen haben.

Lassen Sie mich nun wenige Worte zum § 5 Preisgesetz sagen. § 5 Preisgesetz gibt dem Wirtschaftsminister von sich aus nur wenig Möglichkeiten zum Handeln. Ich habe einen Antrag der Parteien laut Preisgesetz abzuwarten und weiters eine Empfehlung der Preiskommission selbst. Dann gibt es noch die Einschränkung, daß eine Preisregelung nur dann möglich ist, wenn der Mißstand durch marktkonforme Maßnahmen nicht beseitigt werden kann. Sie werden an meinen späteren Ausführungen sehen, daß marktkonforme Maßnahmen aufgrund der Kompliziertheit ihrer Einführung und des Zeitablaufs kurzfristig kaum wirksam werden.

Lassen Sie mich zum derzeitigen Verfahrensstand einige Bemerkungen machen: Die Wifo-Studie habe ich gleichzeitig mit der Übermittlung an die Parteien des Verfahrens der Öffentlichkeit dargestellt. Das Verfahren befindet sich jetzt in der Phase, daß eine Erwiderung des Autors auf Einwendungen der Mineralölindustrie noch abzuwarten ist.

Lassen Sie mich kurz resümieren, was die Studie ergeben hat: Österreichs Kraftstoff-Nettopreise sind Europaspitze. Österreich zählt innerhalb der OECD zu den Ländern mit den höchsten Nettopreisen für Kraftstoffe. Im Jahresdurchschnitt 1997 war Eurosuper in Österreich um fast 50 Prozent, Dieselkraftstoff um 70 Prozent teurer als im billigsten OECD-Land. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die meinen schriftlichen Ausführungen beiliegenden graphischen Darstellungen bezüglich eines internationalen Preisvergleichs für Benzin- und Dieselkraftstoff.

Im Zeitraum von 1985 bis 1997 kostete Eurosuper netto im Durchschnitt um 40 Prozent, Dieselkraftstoff um 26 Prozent mehr als in Deutschland.

In Österreich reagierten die Kraftstoffpreise auf Änderungen der Rohölpreise wesentliche schwächer als in Deutschland. Die monatlichen Schwankungen der Kraftstoffpreise waren in Deutschland um fast 50 Prozent stärker als in Österreich. Eine 10prozentige Änderung des Rohölpreises bewirkte in Deutschland regelmäßig eine 5prozentige, in Österreich eine bloß 3prozentige Änderung der Kraftstoffpreise ab Tankstelle, ohne Steuern.

In Österreich selbst herrschen große regionale Preisunterschiede. Ich erwähne erneut: Eurosuper ist in Tirol um 25 Prozent teurer als in Wien.

Die oben genannte Studie kam zu dem Ergebnis, daß die Standortfaktoren das hohe Preisniveau nicht erklären können. Ich möchte hier nicht im Detail auf die Ihnen bekannte Unterlage eingehen, lassen Sie mich aber deutlich zu den Schlußfolgerungen des Autors im Hinblick auf Wettbewerbspolitik Stellung nehmen.

Dadurch, daß der Kraftstoffmarkt in Österreich im wesentlichen von sechs "Majors", wie das so schön heißt, von sechs Großen und einer geringer werdenden Zahl von "Outsidern" bestritten wird, haben wir eindeutig eine Oligopolstruktur. Diese Oligopolstruktur verwendet das System der Trichterpreisbildung, um Preissenkungen von "Outsidern" durch Anpassung möglichst wirkungslos zu machen und diese auch zur Preisanpassung, zur Anpassung an die Politik der "Majors" zu bringen.

Meine Damen und Herren! In der Diskussion hat sich gezeigt, daß die Erwiderungen der Mineralölwirtschaft vor allem auf folgende Probleme abstellen:

in Österreich bestehe ein Verbot für unbemannte Automatentankstellen,

es gebe zu viele Ausnahmen betreffend die Gaspendelung,

man bräuchte eine Liberalisierung des Sortiments sowie der Öffnungszeiten der Tankstellen,

es gebe auch sonst Wünsche, was diverse Auflagen betrifft.

Lassen Sie mich dazu deutlich sagen: Erstens: Was die Aufhebung des faktischen Verbots für unbemannte Automatentankstellen anlangt, habe ich meinem Haus bereits die Anweisung gegeben, alle erforderlichen Maßnahmen einzuleiten, um dieses bestehende Verbot aufzuheben. – Einseitige Vorleistung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens: Ich werde im Gespräch mit den Landesregierungen sicherstellen, daß wir keine weiteren Verlängerungen der Ausnahmen im Bereich der Gaspendelleitungen gewähren, um keine weiteren Alibis für derartige Preisstrategien zu geben.

Drittens: Was die Änderungsanträge betreffend Tankstellensortiment und Verkaufsflächen anlangt, bin ich davon abhängig, daß es Änderungen im gesetzlichen Bereich gibt. Aufgrund des Art und Weise – ich erinnere mich noch daran –, wie emotionell dieses Thema im Zusammenhang mit der letzten Gewerbeordnungsgesetz-Novelle besetzt war, glaube ich nicht, daß es diesbezüglich rasch zu einer Lösung kommen wird. Lassen Sie mich auch deutlich sagen: Eine Nahversorgungsdiskussion aus dem Titel "Treibstoffpreise" ist mir nicht einleuchtend.

Daher zwei Optionen für die nächsten Wochen, meine Damen und Herren: Was kann passieren? – Der eine Punkt ist: Wenn die Preiskommission auf marktkonforme Maßnahmen vertraut und mir empfiehlt, auf Marktkonformität zu setzen, dann ist der Zeithorizont ein anderer, als wenn die Preiskommission zu dem Schluß kommt, daß – wie ich meine – die marktkonformen Mittel eine längere Umsetzungszeit brauchen, sodaß es deshalb zur Empfehlung einer amtlichen Preisregelung kommt.

Ich füge aber hinzu: Ich appelliere an die einschlägige Mineralölwirtschaft, es nicht dazu kommen zu lassen, sondern uns im Wege freiwilliger Akzeptanz des in einer Marktwirtschaft unvermeidlich Nötigen eine derartige Auseinandersetzung zu ersparen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin sehr froh darüber, daß mich die OMV gestern ermächtigt hat, Ihnen hier mitzuteilen, daß ein Unbundling im Unternehmen aus bilanztechnischen Gründen ohnedies durchgeführt wird und daß man bereit ist, die diesbezüglichen Ergebnisse künftig der Öffentlichkeit transparent darzustellen. Damit wäre einer der Hauptfehler des seinerzeitigen Transparenzmodells beseitigt. Ich hoffe, daß die OMV dafür auch Ihre Anerkennung bekommt und daß wir damit ebenfalls einen Schritt in eine transparentere, raschere Preispolitik gehen können.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß mein Bericht in diesem Haus nicht nur zu größerer Klarheit beiträgt, sondern daß er auch den notwendigen öffentlichen Druck weiter verstärkt, damit es rascher zu marktkonformen Anpassungen der Benzinpreise im Interesse der von mir schon angesprochenen Kreise der Bevölkerung kommt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Firlinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

11.41

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Am Abend wird der Faule fleißig – so kommt es mir vor, gerade bei dem hochsensiblen Punkt "Treibstoffpreise in Österreich". (Abg. Dr. Kostelka: Euer Lieblingszitat!)

Herr Bundesminister! Ich darf Sie fragen: Wo bleiben Ihre konkreten Handlungen? – Sie haben von Zeit zu Zeit eine Reihe von Ankündigungen immer wieder öffentlich plaziert, aber umgesetzt worden ist von alledem, was Sie uns seit geraumer Zeit versprechen, eigentlich nichts beziehungsweise nur sehr wenig.

Herr Bundesminister! Ein Gutachten einer Automobilorganisation bescheinigt Ihnen, daß es auf dem Sektor Treibstoffpreisgestaltung und Einflußnahme durch das Bundesministerium, durch Ihr Ministerium, acht Jahre hindurch eigentlich nur Pfusch gegeben hat. Früher hatten wir die amtliche Preisregelung, dann wurde sie aufgehoben, weiters gab es das Modell der "gläsernen Taschen", aber auch dieses wurde wieder aufgehoben. Tatsache ist, meine Damen und Herren, daß wir in Österreich die mit Abstand höchsten Endverbraucherpreise auf diesem Sektor haben. Ich bitte Sie, Herr Bundesminister, diese Tatsachen auch einmal zur Kenntnis zu nehmen und das Gebot des Handelns endlich zu erkennen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Damit man einmal sieht, was alles in den Treibstoffpreisen "verpackt" ist, möchte ich das Hohe Haus darüber aufklären, was es mit den diversen Steuern auf sich hat. (Abg. Rosemarie Bauer: Die Rede war schon vorbereitet!)

Mineralölsteuer: Da zahlen die Österreicher, die Melkkühe der Nation – die österreichischen Autofahrer, die Privathaushalte, die Teilnehmer am Berufsverkehr –, 35,6 Milliarden Schilling.

Normverbrauchsabgabe: 5,4 Milliarden Schilling.

Kraftfahrzeugsteuer: 1,7 Milliarden Schilling.

Motorbezogene Versicherungssteuer: 9,8 Milliarden Schilling.

Straßenbenützungsabgabe: 1 Milliarde Schilling.

Dann kommen noch Maut und Vignette, Herr Bundesminister: 6,2 Milliarden Schilling.

Das macht in Summe 58,9 Milliarden Schilling. Mit diesem Anteil sind die österreichischen Endverbraucherpreise enorm belastet. Jeder Haushalt stöhnt unter dieser Belastung – doch Sie machen außer ein paar Ankündigungen nichts. Herr Bundesminister, mit Verlaub: Das ist mir zuwenig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber auch das Wenige, was Sie angekündigt haben, Herr Bundesminister, findet nicht meine Zustimmung, denn ich bin strikt gegen die Wiedereinführung der amtlichen Preisregelung. Sie hat in der Vergangenheit nichts gebracht. Warum sollte sie heute etwas bringen?

Außerdem nehmen die Erdölmultis, die Rohölkonzerne, zu denen auch die OMV gehört, Ihre Ankündigungen nicht sonderlich ernst. Sie haben das auch in der Vergangenheit nie recht ernst genommen.

Tatsache ist, daß die Rohölpreise ein historisches Tief erreicht haben, Herr Bundesminister. Wenn ich mir ansehe, wie sich die Preise in den letzten Jahren bewegt haben, so stelle ich fest: von 18 Dollar pro Faß oder Barrel auf zunächst 13 Dollar und mittlerweile – erst dieser Tage, im Februar – auf 10,18 Dollar als Preis für Brent-Öl auf dem Spotmarkt. Das ist der tiefste Preis seit ungefähr neun Jahren. (Abg. Kiss: Und was ist deine Antwort?)

Da besteht, Herr Bundesminister, meiner Meinung nach Handlungsbedarf, zumal die Fachleute ganz genau wissen, daß Treibstoff ein preisunsensitives Gut ist. Das heißt, daß sich dann, wenn die Treibstoffpreise steigen, das Konsumverhalten nicht ändert, daß sich, weil es den Berufsverkehr und teilweise eine schlechte Infrastruktur in Österreich gibt, das Verhalten der Autofahrer hinsichtlich des Treibstoffverbrauchs kaum ändert. Deshalb geht es weniger darum, mit der amtlichen Preisregelung zu winken, Herr Bundesminister, sondern es müßten einige andere Maßnahmen zum Einsatz kommen.

Erstens: Machen Sie einmal, da wir in Österreich schlichtweg zuwenig Wettbewerb haben, eine Wettbewerbsklage! Kündigen Sie sie nicht nur an, sondern bringen Sie tatsächlich eine Wettbewerbsklage ein! Das Ankündigen kann ich schon nicht mehr hören. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiss: Firlinger hat schon wieder nicht verstanden, was der Minister gesagt hat! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Wir haben erhebliche Nachteile, was die Liberalisierungsschritte auf diesem Sektor betrifft. Auf der einen Seite gibt es zu viele Tankstellen – das wissen wir, das ist bekannt, da muß selbstverständlich ein Schrumpfungsprozeß einsetzen –, auf der anderen Seite dürfen die Tankstellen gewisse Dinge einfach nicht verkaufen. Im Vergleich zur Schweiz, in Vergleich zu Deutschland, in Vergleich zu Italien gibt es unzeitgemäße Reglementierungen, was das Nebengeschäft betrifft, und daher stimmt die Kalkulation der Tankstellen nicht. In dieser Hinsicht bitte ich, Herr Bundesminister, den Ansatz zu treffen, aber nicht eine hohle Drohung in den Raum zu stellen!

Weiters gilt es selbstverständlich, die Sache mit der Steuer ernsthaft zu hinterfragen. Sie sitzen selbst in der Regierung, Sie können sich nicht auf Finanzminister Edlinger ausreden. Das wäre mir zuwenig!

Der dritte Punkt ist selbstverständlich, daß Sie auf die Österreichische Mineralölverwaltung, die OMV, die mit einem überdominanten Marktanteil eine nach wie vor marktbeherrschende Stellung in Österreich einnimmt, einwirken und nicht nur irgendwelche Protokolle verlesen, und zwar dahin gehend einwirken, daß seitens der OMV tatsächlich flexibler reagiert wird, wenn es zu einem Preisverfall kommt. Dort ist man immer dann, wenn es Preiserhöhungen gibt, sofort mit einer Erhöhung da, aber dann, wenn die Rohölpreise verfallen, tut sich ewig lang nichts, bevor es dann langsam zu einem leichten Abbröckeln an der Preisfront kommt.

Ich meine, daß es eminent wichtig wäre, diese drei Punkte anzugehen. Damit würden die Steuerzahler enorm entlastet werden. Angesichts von drei Sparpaketen, die Sie mitzuverantworten haben, und angesichts enormer Belastungen auf dem Sektor Energiepreise – ich möchte als Beispiel nur den Strompreis erwähnen – wäre es hoch an der Zeit, konkrete Handlungen zu setzen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kukacka. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

11.48

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn Herr Bundesminister Farnleitner sagt, er werde sich trotz seiner bekannten, marktwirtschaftlich fundierten Grundeinstellung nicht scheuen, bei der Benzinpreisregelung von den ihm eingeräumten gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, dann wissen wir, daß ihm diese Feststellung nicht leichtfällt, meine Damen und Herren, denn er bekennt sich und wir von der ÖVP bekennen uns zur sozialen Marktwirtschaft. Wir gehen nicht leichtfertig mit dirigistischen Instrumenten um. Wir haben aus ordnungspolitischen Gründen keine Freude mit der amtlichen Preisregelung, und als ein EU-Mitgliedstaat wissen wir in Österreich wohl auch, daß das heute kein zeitgemäßes Instrument zur Preisbildung mehr ist.

Aber wenn der Wirtschaftsminister diese Rute ins Fenster stellt, dann ist offensichtlich Feuer am Dach. Es ist höchst notwendig, auch zu diesen Maßnahmen zu greifen, und wir halten ausdrücklich fest, daß wir selbstverständlich voll hinter dem Wirtschaftsminister stehen, wenn er entsprechende Maßnahmen ergreift. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir bekennen uns zu Markt und Wettbewerb als Preisregulator bei verschiedenen Gütern und Dienstleistungen. Es gibt kein besseres und effizienteres Instrument dafür als einen funktionierenden Markt und einen entsprechenden Wettbewerb der Anbieter. Dazu stehen wir! Aber genau darin liegt das Problem (Abg. Oberhaidinger: Wir haben keinen Markt!): Wir haben keinen ausreichenden Wettbewerb, und es gibt keinen funktionierenden Markt, keinen ausreichend funktionierenden Marktmechanismus bei den Kraftstoffen. Der Herr Bundesminister hat darauf hingewiesen, und die Wifo-Studie weist es ebenfalls nach.

Die Gründe liegen darin, daß in Österreich ein zentrales Unternehmen der Mineralölwirtschaft – die OMV – vorherrscht, die noch dazu lange Zeit zu 100 Prozent im Eigentum des österreichischen Staates stand, daß es nur eine Raffinierie gibt, die ausschließlich im Eigentum der OMV steht, daß eine einzige Rohölpipeline zur Versorgung dieser Raffinerie zur Verfügung steht und Rohöl nur von der OMV und den in Österreich tätigen Tochterfirmen internationaler Konzerne – wie BP, Esso, Shell, Agip et cetera – verarbeitet wird und daß sich den Kraftstoffmarkt in Österreich sechs große Player teilen und unter diesen die OMV mit ihrer Raffinierie die dominierende Rolle spielt, auch als gleichzeitiger Eigentümer des größten Tankstellennetzes.

Meine Damen und Herren! Monopol- und Oligopolbildung statt freies Spiel der Marktkräfte und statt eines effizienten Wettbewerbes: So schaut es leider in Österreich aus! Das sollten wir nicht weiter hinnehmen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.)

Es müssen klare, wettbewerbsfördernde Maßnahmen und Strukturen entwickelt werden, damit in Österreich rasch der Vergangenheit angehört, was in der Wifo-Studie schwarz auf weiß niedergeschrieben steht. Die österreichischen Autofahrer sind in gewisser Weise die Melkkühe der Nation, aber, Herr Kollege Firlinger, nicht etwa primär bei den Steuern, wie Sie gemeint haben, denn während Österreich bei den Endverbraucherpreisen an der Spitze liegt, liegt es bei der Besteuerung der Treibstoffe nur im europäischen Mittelfeld. Das Problem stellen vielmehr die österreichischen Nettopreise für Treibstoffe dar, also die Preise ohne Steuern. Darin liegt das Problem! Würden in Österreich die deutschen Treibstoffpreise gelten, so könnten sich die Konsumenten jährlich rund 6,5 Milliarden Schilling ersparen.

Meine Damen und Herren! Österreich zählt innerhalb der OECD zu den Ländern mit den höchsten Nettopreisen für Kraftstoffe. Bei Eurosuper beträgt der Unterschied zur Bundesrepublik Deutschland 1 S, bei Super zur Schweiz 66 Groschen. Das können wir nicht hinnehmen!

Aber auch innerhalb Österreichs herrschen bei den Kraftstoffpreisen an der Zapfsäule große Differenzen. In den westlichen Bundesländern ist das Preisniveau generell höher als im Osten unseres Landes. Anfang 1998 waren die Nettopreise für Eurosuper in Tirol um 25 Prozent höher als jene in Wien. Das läßt sich auch und vor allem auf die unterschiedlichen Marktanteile der kleinen Tankstellenunternehmer zurückführen.

Meine Damen und Herren! Das alles ist auch nicht mit Standortunterschieden erklärbar. Wir sind der Auffassung, daß jetzt endlich einmal auch das Absprachekartell der Mineralölkonzerne aufgebrochen werden muß (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny), daß der Wettbewerb angekurbelt werden muß und daß die Treibstoffpreise zumindest auf das Schweizer Niveau reduziert werden müssen. (Abg. Oberhaidinger: Wer ist da der zuständige Minister?) Daran führt kein Weg vorbei!

Meine Damen und Herren! Vor allem müssen die früheren Mitglieder der OMV-Konzernspitze und jetzigen Regierungsmitglieder, Herr Bundeskanzler Klima, Herr Staatssekretär Ruttenstorfer und Herr Bundesminister Einem, endlich einmal auch der OMV auf die Zehen treten, statt ihr dauernd die Mauer zu machen! (Beifall bei der ÖVP.)

Den Herren muß doch klar sein, daß sie ihren Job gewechselt haben und jetzt an der Spitze der Republik stehen. (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.) Sie haben die Interessen der Konsumenten zu wahren, sie stehen nicht mehr an der Spitze des größten Tankstellenpächterkonzerns in Österreich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Handlungsbedarf ist gegeben, und da ist vor allem die Unterstützung des Wirtschaftsministers bei seinen Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs und zur Senkung der überhöhten Preise auf dem Mineralölmarkt angesagt. Darum möchte ich diese Herren ersuchen. (Abg. Mag. Peter: "Bitte, bitte, niedrige Preise"! Genauso wird es gehen!)

Meine Damen und Herren! Es gibt auch politische Kräfte in Österreich, die die Ölkonzerne in ihrer Hochpreispolitik unterstützen und die das auch ganz konkret mit ihrer Politik tun werden, wenn es die entsprechenden politischen Konstellationen zulassen. Ich meine damit vor allem die Grünen, und unter ihnen vor allem Frau Klubobfrau Dr. Petrovic. Noch im Jahre 1995, vor der letzten Nationalratwahl, hat sie gesagt: Ich lege mich in der Budgetfrage auf rigorose Umverteilung fest. Die Energiepreise, und zwar für alle Energieformen, Benzin, Heizöl, müssen Jahr für Jahr kräftig angehoben werden. 1 Liter Treibstoff könnte so in einigen Jahren 20 S kosten. (Ah-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Kiss: Aber zum Glück zählt das nicht!)

Meine Damen und Herren! Weiters hat Frau Abgeordnete Dr. Petrovic gesagt: Die Grünen wollen Regierungsverantwortung übernehmen! und dem noch hinzugefügt, sie würde persönlich für den Posten der Vizekanzlerin zur Verfügung stehen. (Abg. Dr. Trinkl: Eine gefährliche Drohung!) Meine Damen und Herren! Diese Bereitschaft zur Übernahme von Regierungsverantwortung ist eine gefährliche Drohung für die österreichischen Autofahrer. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine rot-grüne Ampelkoalition würde offensichtlich – angesichts der Steuer- und Wirtschaftspläne der Grünen im allgemeinen und einer Belastungslawine für alle Energiepreise im speziellen – das Ende für eine stabile wirtschaftliche und soziale Situation in Österreich bedeuten. Die rot-grüne Koalition in Deutschland ist bereits im Ansatz bei ihrer Energiepolitik und bei ihrer sogenannten ökosozialen Steuerpolitik massiv ins Schleudern geraten. Auf diese Beispiele und Vorbilder können wir in Österreich dankend verzichten – auch und gerade im Interesse der Steuerzahler und der Autofahrer! (Beifall bei der ÖVP.)

Nicht verzichten, meine Damen und Herren, wollen wir aber auf eine Förderung von Bioenergie. Der Einsatz von Biodiesel und Biosprit ist in Österreich noch nicht ausreichend gesichert. Deshalb treten wir dafür ein, daß dem Kraftstoff bis zu 2 Prozent Biodiesel und Biosprit beigemengt werden. Das würde sowohl die Umwelt entlasten als auch zusätzliche Arbeitsplätze in der Landwirtschaft schaffen als auch eine Stärkung des Technologiestandortes Österreich mit sich bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Diese zukunftsorientierten Wege sollten wir rasch beschreiten. Wir unterstützen dabei jede diesbezügliche Initiative der Minister Farnleitner und Molterer. (Beifall bei der ÖVP.)

11.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Er hat das Wort.

11.58

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Früher gab es Revolutionen wegen Brotpreisen, heute sind die Bierpreise und die Treibstoffpreise die sensiblen Preise, die sogar zu Parlamentssitzungen führen.

Der Treibstoffpreis ist offensichtlich noch wichtiger als der Bierpreis. Er ist so wichtig, daß der Herr Bundesminister eine eigene Erklärung abgibt und Appelle an die Mineralölwirtschaft hier im Hohen Haus vernehmen läßt. Herr Kukacka legt nach und schimpft über Oligopole und Marktbeherrschung, über Absprachekartelle, die er aufbrechen möchte. Aber warum reden Sie nicht vom Kartellrecht, Herr Kukacka? – Die Bundesregierung hat vor vier Jahren eine Novelle zum Kartellrecht gemacht. Aber diese Novelle im Kartellrecht ist zum Schmeißen. Sie wissen, daß diese Novelle im Kartellrecht zum Schmeißen ist! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie ist ein sozialpartnerschaftliches Konstrukt, worin die Sozialpartner nicht nur als Amtsparteien die Ankläger sind – es darf ja überhaupt niemand außer den Amtsparteien Anklage beim Kartellgericht erheben –, sondern darüber hinaus gleichzeitig auch Gutachter und Richter sind. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Jawohl!)

Es wurde jetzt vom Justizministerium eine Novelle zum Kartellrecht ausgearbeitet, die bald hierher ins Hohe Haus kommen wird. Diese wird allerdings wieder nichts ändern, Herr Bundesminister, Sie haben in Ihrer Rede über Preispolitik kein Wort darüber verloren, daß wir in Österreich ein Kartellrecht haben, das eigentlich nicht existiert. Wir haben ein Kartellrecht, das aus der Steinzeit der Marktwirtschaft stammt. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Lassen Sie mich eines ganz klar festhalten: Es ist selbstverständlich Aufgabe der Politik, für die Märkte Rahmenbedingungen zu schaffen. Das wissen Sie, Herr Dr. Farnleitner, noch viel besser als alle anderen hier im Hohen Haus, weil Sie nämlich ein hochgebildeter Wirtschaftler sind. Darüber hinaus ist es Aufgabe der Politik, über ein Wettbewerbs- und Kartellrecht zu verhindern, daß Unternehmen das tun, was sie gerne tun, nämlich Monopolisten oder Oligopolisten zu werden.

Herr Kukacka! Es nützt eben nichts, wenn man hier vom Rednerpult aus in Richtung Öffentlichkeit schreit, man müsse das Absprachenkartell aufbrechen. – Sagen Sie, Herr Kukacka, wie Sie es aufbrechen wollen! Sagen Sie, daß Sie und die Österreichische Volkspartei mit den Sozialdemokraten die Bremser dahin gehend sind, daß es kein vernünftiges Kartellrecht gibt! Das verstehe ich übrigens bei den Sozialdemokraten überhaupt nicht: Wieso haben Sie nicht den Mut, in Österreich wirklich den Posten eines Kartellanwalts einzuführen, so wie es in einer kultivierten Marktwirtschaft möglich ist? Dieser Kartellanwalt soll im Justizministerium angesiedelt sein und dieselben Rechte wie ein Staatsanwalt haben. Er soll also auf eine Sachverhaltsdarstellung hin – von wem auch immer – oder von Amts wegen tätig werden können.

Herr Bundesminister! Wenn Sie in der Zeitschrift "FORMAT" richtig zitiert worden sind, wäre das auch Ihre Politik. Sie haben heute bei diesem Schauspiel betreffend Treibstoffpreise, das in Vorwahlzeiten selbstverständlich notwendig ist, weil der Treibstoffpreis ein sensibler Preis ist, darüber eigentlich nichts gesagt. Ich habe mir erwartet, daß Sie da sagen werden: Ich, Wirtschaftsminister der Republik Österreich, habe die Nase voll! Ich habe von dem Spiel der Oligopolen der Mineralölwirtschaft und von dem geheimen Kartell, das sie gebildet haben, die Nase voll. (Abg. Mag. Kukacka: Hat er gesagt!) Ich werde dieser Republik ein Kartellrecht geben, das uns wirklich in die Lage versetzt, ohne Appelle und sonstige Herumredereien – was nützen denn Appelle in der Wirtschaft, wenn es ums Geld geht? – eine Rechtssituation zu schaffen, in der ein Kartellanwalt durchgreifen kann. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn man sich die Argumente der Mineralölindustrie anhört, so muß man sagen, es gibt eine Reihe von Argumenten, die man auch würdigen sollte. Es ist nicht nur die Aufgabe der Politik und der Wirtschaft, Rahmenbedingungen zu setzen und die Einhaltung des Wettbewerbs zu garantieren, sondern auch gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen. Sie haben aber durch Ihre Politik – natürlich über höhere Steuern auf Treibstoffe – teilweise Tankstellen an den Grenzen Österreichs ruiniert. Gar keine Frage! Sie haben durch den Steuerunterschied auf Diesel und Benzin, der nur durch die Frächterlobby erklärt werden kann, dazu beigetragen, daß heute 50 Prozent der Autos mit Diesel fahren. Das sind Eingriffe in den Markt, die Sie getätigt haben. Haben Sie diese durch Zufall gemacht – oder war das eine Förderung des Dieselmotorenwerkes von BMW in Steyr?

Sie haben natürlich über teure Rahmenbedingungen den Tankstellen andere Kostenvoraussetzungen gegeben, als es sie im Ausland gibt. Es ist einfach lächerlich, wenn man in Tankstellen nach 18.30 Uhr oder 19.30 Uhr zwar noch Bier verkaufen darf, aber Milch, die ja auch im Regal steht, darf man nicht mehr verkaufen, denn da gibt es eine Ladenöffnungs- und Betriebszeitenverordnung und sonstigen Unsinn.

Lassen Sie doch die Tankstellen das verkaufen, was die Kunden wollen! Und nur das, was die Kunden wollen, werden die Tankstellen auch verkaufen. Das wissen Sie genausogut wie ich. Lassen Sie sie dort Deckungsbeiträge verdienen! Sie werden mit den Benzinpreisen heruntergehen können, wenn man ihnen mit einem wirklichen Kartellrecht noch einmal auf die Finger klopft und mit einer Sachverhaltsdarstellung beim Kartellanwalt droht, der die Sache prüft und sie an das Kartellgericht weitergibt – heute das Oberlandesgericht Wien –, das dann, wie jedes andere Gericht auch, in einem Strafverfahren entscheidet.

Meine Damen und Herren! Eines muß klar sein: Eine geheime Kartellabsprache, ein Außerkraftsetzen des Marktes ist – und ich weiß, was ich hier sage – ein Akt der Wirtschaftskriminalität. Das ist eine kriminelle Handlung gegen den Markt, gegen andere Anbieter und gegen den Konsumenten. Aber mit Appellen und frommen Sprüchen werden wir da keinen Zentimeter weiterkommen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Lassen Sie mich mit einigen weiteren Überlegungen zur Frage Wettbewerb schließen. Warum liberalisieren wir den Wettbewerb in der Stromwirtschaft nur bis zu einer Höhe von neun Gigawattstunden? Warum haben wir nicht den Mut, wie es andere europäische Staaten gemacht haben, eine wirkliche Liberalisierung durchzuführen? – Nur der Markt senkt die Kosten! Nur der Markt findet die billigste und beste Lösung für die Konsumenten! Nur der Markt ist in der Lage, die optimale Lösung zu finden, wenn wir in der Politik den Märkten die entsprechenden Rahmenbedingungen geben und für eine entsprechende kartellrechtliche Garantie sorgen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger.)

12.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.05

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es ist schön, Herr Minister, daß Sie sich nach hartnäckigem Widerstand, nach jahrelangem Zögern nun endlich des Themas Benzin- und Dieselpreis annehmen. Eine späte Erkenntnis ist allemal noch besser als überhaupt keine. Ich darf nur in Erinnerung rufen, daß die AK und die Autofahrerklubs seit Jahren fordern, daß endlich etwas gegen die überhöhten Diesel- und Benzinpreise unternommen wird.

Ein funktionierender Markt ist natürlich besser als eine Preisregelung. Wenn aber der Markt in dieser Sparte nicht funktioniert und auch nicht dazu gebracht werden kann, daß er funktioniert, so darf eine Preisregelung kein Tabuthema sein. (Beifall bei der SPÖ.) Das sagen nun auch Sie, Herr Minister. Diese Haltung nehmen auch Sie jetzt ein.

Ich darf in Erinnerung rufen, daß das nicht immer so war. Es gibt mehrere Aussendungen Ihrerseits, in denen Sie die Preisregelung für beendet erklärt haben. Es gibt Aussagen des Generalsekretärs der ÖVP, der gemeint hat, Preisregelung sei ein Rückschritt, et cetera, et cetera. – Preisregelung darf kein Tabuthema sein, wenn ein Markt nicht funktioniert. Ich hoffe, daß wir uns darauf einigen können.

Sehr geehrter Herr Minister! Daß dieser Markt nicht funktioniert, behaupten die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer schon lange. Das zeigt nun endlich auch eine Studie, die durchgeführt wurde. Sie haben ja die Zahlen selbst genannt. Der Nettopreis für Eurosuper ist um 50 Prozent, Diesel um 70 Prozent teurer als im billigsten EU-Land. Der Nettoabgabepreis von Eurosuper ist um 40 Prozent, jener von Diesel um 26 Prozent teurer als in Deutschland. Derzeit liegen die Preise bei Eurosuper um 80 Groschen und bei Diesel um 60 Groschen über dem EU-Preisniveau.

Die Ölwirtschaft argumentiert immer wieder damit, daß das auf die Besonderheit der österreichischen Tankstellenstruktur zurückzuführen ist, und zwar auf die topographische Lage und auf das relativ dichte Tankstellennetz. Die Studie zeigt sehr deutlich, daß diese österreichischen Besonderheiten bestenfalls 20 Prozent des Preisunterschiedes erklären, weil wir in Österreich immer noch deutlich über dem Preisniveau etwa der Schweiz liegen.

Es gibt deswegen keinen freispielenden Markt, weil eben sechs Firmen den Markt beherrschen. (Abg. Mag. Peter: Warum setzen Sie als Amtsparteien kein Kartellverfahren ein?) – Auf das werde ich noch zu sprechen kommen, Herr Abgeordneter Peter. (Abg. Mag. Barmüller: Ziehen Sie es vor, Herr Abgeordneter! Sagen Sie es gleich!) Sechs Firmen beherrschen den Markt.

Auch die Tankstellenpächter, die sich in großer Anzahl bei uns beschweren, aber immer anonym bleiben wollen, weil sie unter ziemlichem Druck der Ölwirtschaft stehen, sind in großer Abhängigkeit und haben tatsächlich überhaupt keinen Spielraum für eine Preisgestaltung. Senkt einmal eine freie Tankstelle den Treibstoffpreis, wird sofort im umliegendem Gebiet, und zwar – wie wir festgestellt haben – innerhalb von Stunden, ebenfalls der Preis gesenkt, um das Verhalten des einen wettmachen zu können. Die Studie nennt das Trichterpreisbildung. Ich glaube, daß man in diesem Punkt eher von einem Verhaltenskartell reden kann.

Die Mineralölwirtschaft beklagt sehr oft – auch das haben Sie gesagt, Herr Abgeordneter Peter – die ungünstige Ausgangslage der Tankstellenshops. Sie ist ungünstig, aber ich bezweifle, daß durch bessere Mobilität, durch mehr Freiheit bei den Tankstellenshops die Benzinpreise tatsächlich niedriger werden würden. Die Wettbewerbssituation spricht nämlich nicht dafür. Wäre es so, müßten eigentlich die Autobahntankstellen, die die größten Shops haben, die billigsten Anbieter sein. Wir wissen jedoch, daß genau das Gegenteil der Fall ist. (Abg. Mag. Peter: Wir müssen auf der Autobahn nicht tanken!)

Wir können auch feststellen, daß die Pächter der Tankstellenshops keinen Spielraum haben, Herr Minister. Sie werden in Wirklichkeit bei den Produkten, die sie einkaufen, bei den Preisen, zu denen sie einkaufen, und bei den Preisen, zu denen sie verkaufen, bestimmt. Ein Tankstellenpächter hat daher in seinem Shop keinen Spielraum. Auch dieses Problems sollten Sie sich einmal annehmen, Herr Minister! Letzten Endes zeigt die Tatsache, daß die Preisschwankungen in Österreich nur halb so groß wie jene in Deutschland waren, daß der Markt ganz einfach nicht funktioniert.

Was kann man nun dagegen tun? – Man kann auf der einen Seite zuschauen und zufrieden sein, so wie dies lange Zeit auch geschehen ist. Das kostet die Österreicher jährlich 3 Milliarden Schilling. Das ist der Weg, den wir nicht wollen, und Sie gehen jetzt ja auch einen neuen Weg.

Man kann auf der anderen Seite irgendwelche Lippenbekenntnisse von sich geben, wie es Herr Abgeordneter Kukacka getan hat, der gemeint hat, der Bundeskanzler solle der OVM auf die Zehen treten. Einmal abgesehen davon, daß ich mich frage, wo eine Aktiengesellschaft Zehen hat, muß ich sagen, daß Herr Kukacka wohl das Aktiengesetz überhaupt nicht kennt. Es ist im Aktiengesetz nicht möglich, von Regierungsseite auf den Vorstand und auf die Preisgestaltung einzuwirken.

Es geht letztendlich darum, einen funktionierenden Markt zu erzeugen, insbesondere mit kartellrechtlichen Maßnahmen, und es geht darum, daß man, wenn dieser funktionierende Markt kurzfristig nicht erzeugt werden kann, mit Maßnahmen der Preisregelung zu arbeiten beginnt.

Beim Kartellgesetz wird es notwendig sein, vor allem das Verhaltenskartell neu zu definieren und klarzustellen, daß auch das verboten ist. Weiters ist zu gewährleisten, daß es durch die Novelle zum Kartellgesetz zumindest relativ leichtgemacht wird, ein Verfahren in Gang zu bringen, damit die wirklich großen Hürden, die es jetzt gibt, um ein Verhaltenskartell zu beweisen, gesenkt werden. Wir müssen in die Lage kommen, Verfahren auch tatsächlich in Gang zu bringen, weil das jetzt noch kaum möglich ist.

Herr Minister! Sie haben in Ihrer Erklärung nicht klar und deutlich gesagt, welchen Weg Sie eigentlich in Zukunft gehen wollen. Ich fordere klipp und klar folgendes: Wenn die Preise für Benzin und Diesel nicht innerhalb sehr kurzer Frist gesenkt werden – und zwar freiwillig von der Mineralölwirtschaft gesenkt werden –, dann müssen Sie das laufende Verfahren innerhalb der Preiskommission rasch zum Abschluß bringen, eine Preisregelung einführen und den Benzin- und Dieselpreis auf ein faires, EU-gerechtes Niveau bringen. Ich gehe davon aus, daß diese Preissenkung deutlich über 40 Groschen pro Liter liegen muß und daß das auch ein Preis sein muß, der gewährleistet, daß die Arbeitsplätze in der österreichischen Ölwirtschaft gesichert werden können.

Herr Minister! Mittel- und langfristig geht es aber nicht um Preisregelung – dahin gehend sind wir uns einig –, sondern um den funktionierenden Markt. Es gibt im Prinzip nur zwei Methoden, wie wir das angehen können. Forderungen, Appelle und eine Mißachtung des Aktiengesetzes sind sicher nicht der richtige Weg. Es geht darum, Transparenz zu erzeugen. Die Autofahrerklubs und wir veröffentlichen wöchentlich die billigsten und die teuersten Tankstellen im Internet. Herr Minister! Sie sollten Ihr Versprechen wahr machen, aufgrund der Meldungen der Mineralölwirtschaft auch Ihrerseits pro Bundesland die 20 billigsten und die 20 teuersten Tankstellen zu veröffentlichen. Es ist notwendig, daß das Kartellgesetz neu geregelt wird, insbesondere daß die Frage des Verhaltenskartells neu angegangen wird.

Herr Minister! Wenn wir schon bei der Frage des funktionierenden Wettbewerbs und beim Kartellgesetz sind, so muß ich abschließend noch sagen, daß das nicht nur für den Benzinpreis, der derzeit ein Thema ist, relevant ist, sondern daß es noch viele Bereiche in Österreich gibt, in denen wir von mehr Wettbewerb profitieren könnten. Ich nenne etwa die Diskussion, die wir in Gang gebracht haben bezüglich Wechselgebühren bei den Banken, wo absurderweise der Umtausch innerhalb der Euro-Währungen nach Einführung des Euro bei kleinen Beträgen teurer und nicht billiger geworden ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Was hat der Ruttenstorfer behauptet im Fernsehen? – Das Gegenteil!) Ich nenne die Erdgaspreisbildung, ich nenne die Strompreisbildung für die Haushalte et cetera.

Es geht daher um ein vernünftiges Kartellrecht, das relativ rasch in diesem Haus beschlossen werden sollte. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Barmüller: Warum hat die Arbeiterkammer nichts gemacht? Gar nichts ist gemacht worden! – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Der Ruttenstorfer hat es in Abrede gestellt, als er mit der Frau Riess-Passer diskutiert hat! Das darf nicht wahr sein!)

12.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

12.15

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf die Sache selbst eingehe, möchte ich etwas zum allerersten Redebeitrag des Herrn Bundesminister Farnleitner und auch zu seinem Vorredner Bundesminister Bartenstein sagen. Daß der ganze Nationalrat heute um die Opfer von Galtür trauert, hat meines Erachtens bereits Präsident Fischer in unser aller Namen zum Ausdruck gebracht. Ich habe keine Lust dazu, mir am heutigen Tag noch von jedem ÖVP-Minister zusätzlich sein Sondervotum zu dieser Katastrophe anzuhören. Ich finde das zumindest deplaciert. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Tichy-Schreder: Das ist eine Pietätlosigkeit! Das ist peinlich!) – Es war tatsächlich peinlich, Frau Kollegin. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

Nun zur Frage der Benzin- und Dieselpreise, die Herr Minister Farnleitner hier thematisiert hat. Daß die Nettopreise im Mineralölhandel im internationalen Vergleich überhöht beziehungsweise sehr hoch sind, Herr Bundesminister, ist seit vielen Jahren bekannt. Das wird in jedem Vierteljahresbericht der International Energy Agency und in OECD-Berichten dokumentiert. Ich selbst habe schon Pressekonferenzen dazu abgehalten. Die Arbeiterkammer Oberösterreich, wenn ich mich nicht irre, hat das auch immer wieder thematisiert, allerdings ohne eine Konsequenz daraus zu ziehen, nämlich tatsächlich einmal eine Kartellklage einzureichen. (Abg. Mag. Peter: So ist es!) Daß es sich hier, wie Minister Farnleitner richtig sagte, um ein Oligopol handelt, wobei es nicht verwegen ist, seit der Freigabe der Preise Preisabsprachen anzunehmen, ist uns auch mittlerweile seit ungefähr 15 Jahren bekannt. Vorher waren Preisabsprachen nicht notwendig, weil die amtliche Preisregelung nichts anderes war als ein amtlich verordnetes Preiskartell. Das war für die Mineralölwirtschaft wahrscheinlich noch besser.

Herr Bundesminister! Ich wundere mich schon über einen Punkt. Natürlich teilen wir Ihre Meinung, daß die Preissituation bei den sogenannten Nettopreisen, also ohne Steuern, problematisch ist und daß die Nettopreise so weit wie möglich gesenkt werden müssen. (Abg. Haigermoser: Nicht mehr 35 S pro Liter!) Selbstverständlich! Aber ich wundere mich darüber, daß Sie über die Bruttopreise so gut wie nichts sagen. Sollten wir wirklich aus Ihrer Erklärung schließen, daß Ihre Straßenverkehrspolitik jene ist, schlicht und einfach Benzin, Superbenzin, Diesel und so weiter zu verbilligen, und das ist alles?

Wir diskutieren seit mindestens einem Jahr Steuerreformfragen. Herr Kollege Kukacka! – Er leider verschwunden. (Abg. Mag. Kukacka betritt soeben den Sitzungssaal.) – Da oben steht er. Wir haben natürlich schon lange zur Kenntnis genommen, daß sich die ÖVP von ihrem seinerzeitigen ökosozialen Wirtschaftskonzept verabschiedet hat und daß sie ein ökosoziales Steuerreformkonzept leider nicht unterstützt. Das wissen wir bereits. Eine gefährliche Drohung für uns – das werden Sie verstehen – ist angesichts der schwarz-roten Vereinbarungen weniger die ohnehin geringe Aussicht, daß die Grünen in die Regierung kämen, sondern eine gefährliche Drohung nach meinem Dafürhalten – das sage ich Ihnen in aller Freundschaft – wäre ein Verkehrsminister oder Straßenbauminister Kukacka. (Abg. Mag. Kukacka: Das verstehe ich!) Das kann ich schon in gleicher Form zurückgeben.

Sie versuchen hier auf eine sehr oberflächliche Art und Weise, die Grünen in die 5-D-Mark-Falle tappen zu lassen. Herr Kollege Kukacka! In diese Falle werden Sie uns nie bringen. Ich werde Sie zwar nicht dazu bringen können, daß Sie unser Steuerreformmodell endlich lesen, aber vielleicht genügt nur als Hinweis, daß sogar die VOEST-Alpine Stahl, die – wenn ich nicht irre – in Ihrem Wahlkreis beheimatet ist, von unserem Steuerreform-Modell profitieren würde und daß die Privathaushalte im Maßstab 1 : 1 für die Erhöhung der Energiepreise steuerlich entlastet werden würden.

Das wissen Sie ja alles, aber Sie betreiben eben hier ein bißchen Wahlkampf und versuchen auf diese Art und Weise, zwei zusätzliche Stimmen zu gewinnen. Das ist ein wenig sehr einfach, Herr Kollege Kukacka. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kukacka.)

Herr Minister Farnleitner! Daß Sie hier die Wifo-Studie popularisieren, ist okay. Es freut mich ja immer, wenn solche Studien der breiteren Öffentlichkeit bekanntgemacht werden. Aber wenn Sie hier schon extra eine Erklärung nach § 19 GOG abgeben, dann erwarte ich mir doch, daß Sie nicht einfach über die Nettopreise in der Mineralölwirtschaft reden – das ist eine Sache, die schon seit 15 Jahren bekannt ist; mindestens! –, sondern da erwarte ich mir, daß Sie sagen, welches verkehrspolitische Konzept Sie haben. Ich erwarte mir, daß Sie sagen, wie diese Dinge in Ihre Perspektive über Straßenbau, Eisenbahnbau et cetera eingebunden sind, wofür Sie eben in Ihrem Ressort zuständig sind.

Ich erwarte mir von Ihnen, daß Sie das Kartellrecht nicht einfach übergehen, und zwar mit einem Satz, der sinngemäß besagt: Wir haben es halt noch nicht angewandt! Ich erwarte mir von einem Wirtschaftsminister, daß er die Reform des Kartellrechts einmal in einer Form angeht, daß man sagen kann: Wir haben ein Kartellrecht, das internationalen Maßstäben entspricht. Auch das wissen Sie mit Ihrer Erfahrung in dieser Materie ja viel besser als ich.

Was bleibt von Ihrer Erklärung? – Es bleibt die Drohung – die jedoch gleichzeitig durch die Aussage, daß Sie es ohnehin nicht wollten, daß es Ihnen das das Allerunliebste sei, abgeschwächt wird – mit der amtlichen Preisregelung. Der Mineralölwirtschaft wäre das gar nicht so unlieb, denn dann hätte sie auf jener Politik, die sie im Moment ohnehin betreibt, ein Gütesiegel. Dann hätten wir ein amtlich verordnetes Kartell, und die Mineralölwirtschaft würde die von Ihnen zugelassenen Höchstpreise eben auf ihren Tankstellen anschreiben. Das ist alles! "Viel Vergnügen!" kann ich dazu nur sagen.

Und das zweite, das bleibt, ist ein Appell an die Mineralölwirtschaft zur freiwilligen Kooperation. C’est tout! Herr Bundesminister, das ist auf hochdeutsch gut genug für 14 Tage Wahlkampf, aber mehr als eine Luftblase ist das nicht. Wenn Sie schon eine Erklärung nach § 19 abgeben – das ist immerhin etwas Besonderes –, dann erwartet man sich etwas mehr als das. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

12.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Farnleitner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

12.22

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte vor allem zu den Redebeiträgen der Abgeordneten Peter und Van der Bellen einige klarstellende Bemerkungen machen. Meine Einstellung zum Kartellgesetz ist, wie ich aus den mitgebrachten Zeitungsausschnitten vieler Abgeordneter ersehen habe, hinreichend dokumentiert. Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß das österreichische Kartellgesetz in der gegenwärtigen Fassung nicht bleiben kann, weil es de facto ein Abdanken der österreichischen Souveränität und eine totale Verlagerung dieser Kompetenz nach Brüssel bedeutet. Das kann ich Ihnen nach meinen Erfahrungen in den Fällen Billa, Rewe und anderen sagen. Das ist klar! An dieser meiner Position ändert sich gar nichts. – Das wäre der erste Punkt.

Zweiter Punkt: Wir hatten früher aus anderen Gründen bei all den Schwierigkeiten bei der Einführung der sozialen Marktwirtschaft in Österreich – da wir bereits sozial waren, bevor wir den Markt eingeführt haben – eindeutig auch das Phänomen, daß abgestimmtes Verhalten und Verhaltenskartell im Kartellgesetz so geregelt wurden, daß erst über eine Anzeige ein Registrierungsverfahren eingeleitet wird. Daher war ich mit die treibende Kraft – ich wollte mich nur nicht in die Gestion des Justizministers einmischen –, daß in der jetzt zur Diskussion stehenden Novelle die gegenwärtige Regelung der Verhaltenskartelle nicht bleiben kann. Denn Verhaltenskartelle führen ja dazu, daß das Anpassungsverhalten in Österreich de facto mehr oder weniger sehr gezielt spielbar werden kann.

Ich füge noch zwei andere Bemerkungen hinzu. Ich sage das jetzt fast scherzhaft, aber ich war jahrelang Mitautor des Preisgesetzes, und wir haben darin den früheren Preisministern in § 5 die Möglichkeit zur amtlichen Preisregelung für Mineralöltreibstoffe weggenommen. Das will ich hier wiederholen, denn es wurde auch vom Abgeordneten Firlinger völlig negiert! Der Preisminister ist in dieser Frage an einen Antrag gebunden, den andere an ihn stellen müssen, damit er überhaupt agieren kann. Von sich aus kann er keinen Preis regeln. Daher wiederhole ich meinen Wunsch: Wer immer an mich herantritt, soll, wenn er es ernst meint, entweder ein Kartellgerichtsverfahren beantragen oder einen Antrag nach § 5 stellen. Dieser Antrag nach § 5 kam erst im Vorjahr, nachdem wir uns über die Studie geeinigt hatten. Das waren zwei Klarstellungen dazu.

In Richtung des Herrn Professors Van der Bellen sei deutlich gesagt: Meine Straßenbaupläne werden dem Hohen Haus in Bälde zugeleitet werden, da ich in den nächsten Wochen in der Regierung selbst das, was ich donaueuropäisches Straßenkonzept nenne, vorlegen und damit in die Anhörung zum Bundesstraßengesetz treten werde. Ich glaube, daß es sehr wohl sinnvoll ist, das Adernsystem Österreichs im Verkehrswesen an die neuen Verhältnisse im Donauwirtschaftsraum anzupassen. Das ist eine Schiene.

Die zweite Schiene ist, daß wir in der Energiepreispolitik nicht den Weg des deutschen Nachbarn gehen werden. Darüber sind Sie bereits hinreichend informiert. Ich glaube, daß der Anlauf zu einem ökosozialen Steuersystem nicht in dieser Reform erfolgen wird. Das kann ich Ihnen als Teilnehmer der Verhandlungsrunde so sagen. Über diesen Punkt werden wir uns noch sehr lange unterhalten. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

12.25

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Professor Van der Bellen, ich habe es wirklich nicht angebracht gefunden, daß Sie auf die Äußerungen von zwei Regierungsmitgliedern zum Unglück von Galtür in dieser Art und Weise Stellung genommen haben. Es ist meiner Meinung nach selbstverständlich auch Aufgabe der Regierung, dazu eine Stellungnahme abzugeben, und selbstverständlich ist es auch Aufgabe des Wirtschaftsministers, sich darauf zu beziehen. Daher halte ich es für sehr angebracht, daß Herr Minister Farnleitner von dieser Stelle aus eine entsprechende Stellungnahme abgegeben hat. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wundere mich über den Verlauf der heutigen Diskussion. (Abg. Dr. Petrovic: Ja, ich auch!) Der Wirtschaftsminister nimmt aufgrund einer Untersuchung seine Aufgabe wahr, bringt das Thema "überhöhte Treibstoffpreise" ins Parlament, und – siehe da! – eine ganze Reihe von Abgeordneten stellt sich ans Rednerpult und sagt: Herr Wirtschaftsminister, wieso bringen Sie das Thema eigentlich erst jetzt, wieso haben Sie nicht schon lange gehandelt? – Da muß ich schon fragen: Kennen denn die Abgeordneten die Gesetzeslage nicht? Der Herr Wirtschaftsminister hat jetzt schon zum zweiten Mal wiederholt, wie die Gesetzeslage ist und daß er von sich aus gar nicht aktiv werden kann. Bezüglich der Forderungen nach einer Änderung des Kartellrechtes bitte ich also den Herrn Justizminister, sich damit auseinanderzusetzen, damit entsprechende Änderungen herbeigeführt werden. (Abg. Mag. Barmüller: Sie appellieren an sich selbst! Sie geben zu, daß Sie in 14 Jahren großer Koalition nicht gehandelt haben!) Ich glaube, die Argumentation kann gar nicht anders laufen, als sie jetzt hier vorgebracht wird. (Abg. Haigermoser: Seit fünf Jahren wird es von euch verhindert! – Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Barmüller und Dkfm. Holger Bauer.)

Kollege Haigermoser! Da von Verhindern die Rede ist, möchte ich schon sehr klar und deutlich folgendes herausstellen (Abg. Hans Helmut Moser: Jetzt kommen Sie daher und wollen Gesetze ändern! Sie haben seit Jahren Zeit gehabt!) Die Meinung der FPÖ zur Preisregulierung ist durch Herrn Abgeordneten Firlinger ganz ausgezeichnet dargestellt worden. (Abg. Haigermoser: Jetzt sind wir schuld, oder was?) Er hat gesagt: Es muß etwas getan werden, aber Preisregulierungen wollen wir nicht! – So hat er es zum Ausdruck gebracht.

Ich frage nun: Was wollte er damit sagen? (Abg. Haigermoser: Aber nicht über das Kartellrecht!) – Wahrscheinlich wollte er gar nichts sagen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß es wirklich notwendig war und ist, daß heute über die Mineralölpreise gesprochen wird. (Abg. Mag. Barmüller: Viele Zuhörerinnen und Zuhörer verlassen zu Recht die Galerie, weil sie sich das nicht mehr anhören wollen!) Und ich glaube eines ... (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Rede lieber über die Bierpreise! Da verstehst du mehr davon!) Das stimmt, das war mein Metier, und daher verstehe ich auch etwas vom Bierpreis.

Aber ich möchte Ihnen noch folgendes sagen, Herr Dkfm. Bauer (Abg. Haigermoser: Was kostet heute eine Halbe?): Ich halte es aufgrund der heutigen Debatte für unbedingt notwendig, daß Gesetzesänderungen eingeleitet werden und den Kraftfahrern tatsächlich Rechnung getragen wird, indem man ihre Belange mehr denn je auch im Parlament artikuliert und entsprechende Gesetzesanträge einbringt. (Abg. Smolle: Dazu ist er ja da, daß er Regierungsentwürfe einbringt!) Ich bin sehr dafür, daß in Kürze als Gegensatz zum "Masterplan" von Dr. Einem ein "Masterplan"-Straße von Minister Farnleitner an das Parlament weitergeleitet wird, denn – und das möchte ich betonen – eine Verabschiedung vom Verkehrsträger Straße auf jene Art und Weise, wie sie im Moment von Rot, Grün und den Liberalen propagiert wird, wäre gegenüber vielen ländlichen Bereichen einfach unstatthaft. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht mir unter anderem darum, aufzuzeigen, daß die Verkehrsstruktur in Österreich davon geprägt ist, daß sehr viele Österreicher tagtäglich pendeln müssen, daß tagtäglich sehr viele auf ihr Individualverkehrsmittel angewiesen sind (Abg. Schwemlein: Die können ja nicht mehr fahren, die stehen ja auch nur mehr! – Abg. Haigermoser: Das kennen wir schon!), weil sie aufgrund der topographischen Lage gar nicht auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen können. Daher haben wir auch gegenüber jenen, die auf das Individualverkehrsmittel Auto angewiesen sind, eine entsprechende Verantwortung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Und was ist mit dem Kartellrecht?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was uns die Erdölwirtschaft als Grund für die hohen Preise übermittelt, ist meiner Meinung nach eher schändlich. Ich möchte ein Beispiel bringen: Es wird damit argumentiert, daß Österreich strengere Umweltauflagen als andere Länder habe, etwa im Bereich der sogenannten Gasrückführung. Das hätte Hunderte Millionen Schilling gekostet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dieser Gasrückführung, also mit der Installation der doch relativ teuren Gaspendelleitungen haben wir im Grunde genommen für die Erdölwirtschaft eine Neuorganisation ihrer Transportwege vorgenommen. In den ländlichen Bereichen wurde eine Reihe von Tankstellen geschlossen. Man hat gesagt, daß das aus Umweltschutzgründen geschehen sei. Ich sage Ihnen aber, daß die Erdölindustrie dahinter war, und deswegen haben wir es so schnell beschlossen – nicht zum Vorteil unserer ländlichen Bereiche! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben für unsere Autofahrer Verantwortung zu tragen und für sie geradezustehen, und das erwarte ich mir auch von der heutigen Diskussion. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hans Helmut Moser: Autofahrerpartei!)

12.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Leikam: 3 Minuten sind genug!) – Bitte.

12.33

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich bin ein unerschütterlicher Anhänger der sozialen Marktwirtschaft. Eine ganz wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren der Marktwirtschaft ist der Wettbewerb. Die Oligopolisten am Benzinsektor versuchen in Österreich alles, am Preissegment diesen Wettbewerb zu verhindern, wo immer und wie immer es nur geht.

Es ist jedoch interessant, daß – und das möchte ich Ihnen schon auch sagen, Herr Bundesminister, das geht ein wenig in Richtung der Frage, warum man erst jetzt, wenige Wochen vor den Wahlen, wenige Monate vor den nächsten Nationalratswahlen aktiv wird – in keinem anderen Land die Ölmultis mit dieser ihrer Strategie der Wettbewerbsverhinderung bislang so erfolgreich gewesen sind wie in Österreich. Denn es ist kein Zufall, daß es nur mehr in Mexiko, in Neuseeland und in Japan einen höheren Benzinpreis – ohne Steuern – gibt als in Österreich. Mexiko, Neuseeland und Japan! Das ist interessant! – Das zum ersten.

Zum zweiten wird aber jedermann, der mit offenen Augen und Ohren durchs Land fährt, auch selber feststellen können, daß beziehungsweise wie dieser Wettbewerb verhindert wird. Herr Bundesminister, Sie werden verständlicherweise Ihr Auto, Ihren Dienstwagen nicht selber betanken, aber um so mehr haben Sie, während der Chauffeur tankt, Zeit, auf die Preistafeln zu schauen. Dabei werden Sie registrieren, daß Sie auf der ganzen West Autobahn ... (Abg. Auer: Hat das der Bauer gemacht? Als Staatssekretär?) Es ist ja kein Vorwurf, daß der Minister im Dienstwagen fährt! Das ist nicht das Thema! Er soll nur schauen, er soll die Augen offenhalten und, während der Chauffeur tankt, die Preistafeln ablesen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl.) Dabei wird er auf der ganzen West Autobahn, von Wien bis Salzburg – weiter habe ich es nicht geprüft –, von Tankstelle zu Tankstelle, von Multi zu Multi, immer nur sehen: 11,03 S pro Liter Eurosuper.

Wenn Sie also, wie gesagt, mit wachem Verstand durchfahren (Zwischenruf des Abg. Haigermoser), werden Sie sich sagen, daß das eigenartig ist, denn egal, ob in Wien oder in Salzburg, ob das Tankstellen von BP, von der OMV, von ESSO oder von wem auch immer sind, überall liegt der Preis pro Liter bei exakt 11,03 S. Ich bin ausgestiegen, und ... (Bundesminister Dr. Farnleitner: 10,83 S am Stadtrand von Wien heute!) – Ich habe gesagt: auf der Autobahn! Diese Tankstelle ist noch nicht auf der Autobahn! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Muß man dann immer von der Autobahn abfahren?)

Wenn Sie sich dann noch die Mühe machen, auszusteigen und den Tankstellenpächter – freundlich, so wie ich das mache – zu fragen, ob das nicht eigenartig ist, daß überall 11,03 S steht, bekommen Sie zur Antwort: Wissen Sie, ich kann mir nicht helfen, Herr Abgeordneter, das wird mir von der Zentrale vorgeschrieben, aber sagen Sie ja nichts, sonst bin ich meine Konzession los! 

Drittens werden Sie, wenn Sie weiter mit wachen Augen durchs Land fahren, folgendes feststellen: Sollten Sie oder Ihr Chauffeur eine freie Tankstelle, die es ja nur so oft wie die berühmte Stecknadel im Heuhaufen gibt, ausfindig machen, dann können Sie eine Preisdifferenz – ich habe das selber notiert – bis zu 90 Groschen feststellen! Bis zu 90 Groschen können Sie sich pro Liter ersparen. Bei einem 50-Liter-Tank macht das immerhin einen runden Fünfziger aus. Aber Sie werden dann interessanterweise noch etwas feststellen, nämlich daß komischerweise in der näheren Umgebung dieser freien Tankstelle, bei der der Liter um 90 Groschen billiger ist, plötzlich auch bei der OMV-Tankstelle, bei der ESSO-Tankstelle, bei der BP-Tankstelle nur jener Preis verlangt wird, den diese freie Tankstelle verlangt.

Allerdings: Wenn der Chauffeur dann wieder Gas gibt und sich 10, 20, 25 Kilometer von dieser freien Tankstelle entfernt, geht der Preis wieder schrittweise hinauf. Dann kostet der Liter nicht mehr beispielsweise 10,13 S, sondern zuerst 10,23 S, dann 10,55 S, 10,80 S, bis wir wieder beim ostüblichen Niveau von 10,83 S angelangt sind. Im "Fachchinesischen" nennt man das "Trichterpreisbildung". Das macht man, um diesem Störenfried, der freien Tankstelle, den für die Fixkostendegression notwendigen Umsatz zu verwehren, damit er nicht so viel Umsatz macht, um auf Dauer wirklich billiger sein zu können, und um ihn damit natürlich letztlich umzubringen, wenn er sich nicht vorher aufkaufen läßt.

Ich habe schon einmal darüber gesprochen, was sich die Ölmultis in unserem Land leisten und – ich sage es noch einmal – auch leisten können. Zumindest bislang läßt man sie gewähren. Das grenzt an moderne Wegelagerei, es ist das Raubrittertum des 20. Jahrhunderts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister, wir stehen daher in dieser Frage an Ihrer Seite. Wir haben allerdings nur ein Problem dabei – das sage ich Ihnen ganz ehrlich –: Es drängt sich ein Verdacht auf. Kollege Firlinger hat gemeint: Am Abend wird der Faule fleißig! Ich meine: Vor Wahlen werden manche Politiker emsig! Aber bitte, es soll sein! Immerhin, immerhin! k

Aber zweitens habe ich bei Ihnen immer das Gefühl, Sie lassen sich relativ rasch einlullen. Und heute wurde ich wieder darin bestärkt: Sie waren ganz begeistert, daß die OMV jetzt irgendwelche betrieblichen Kennzahlen veröffentlicht. Na und? Solange Sie nicht die Kalkulationsgrundlagen einsehen und vergleichende Kalkulationen anstellen können, nützt das gar nichts, da Sie die Kennzahlen ja nicht nachprüfen können. Die sind ja gewitzt geworden. Die geben doch nicht irgendwelche Kennzahlen bekannt, aus denen die Frau Schmauslaberl erkennt: Aha, der Benzinpreis könnte geringer sein.

Drittens haben wir mit Ihnen immer wieder folgendes Problem: Am Anfang, wenn Sie irgendeine Geschichte beginnen, können Sie vor lauter Kraft nicht laufen, und wenn es ins Finale geht, gehen Sie in die Knie. Bei Ihnen heißt es leider immer frei nach der Shakespeare-Komödie: "Viel Lärm um nichts!" (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Oberhaidinger. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.40

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren über eigenen Wunsch des Bundesministers Farnleitner die unendliche Geschichte der österreichischen Treibstoffpreise in der Ära der letzten drei ÖVP-Wirtschaftsminister. Da können die ÖVP-Vorredner noch so viele Nebelgranaten werfen, für mich bleibt der Eindruck bestehen, Herr Bundesminister: Diese Ihre heutige Erklärung ist eine Flucht nach vorne – und nichts anderes. (Abg. Haigermoser: Sie sind in einer Koalition!)

Wenn Sie gegenüber den Journalisten ankündigen, die Ölmultis hätten noch fünf Wochen Zeit, um etwas zu tun, um zu handeln, sonst werde der Preis um 40 Groschen reduziert, dann kann ich nur sagen: Herr Bundesminister, bitte handeln Sie! Es ist höchst an der Zeit! Ihr Nichthandeln – die Beträge wurden heute ja schon mehrmals genannt – kostete die österreichischen Autofahrer in den letzten eineinhalb Jahren 7 Milliarden Schilling, und jeder Tag, der weiter ungenutzt verstreicht, kostet die österreichischen Autofahrer 12 Millionen Schilling, die zwar ungerechtfertigt, aber dennoch berechtigt, Herr Minister, weil Sie das dulden, in die Taschen der Ölmultis fließen. (Abg. Tichy-Schreder: Sie kennen das Gesetz auch nicht! – Abg. Schwarzenberger: Minister Klima hat das noch gemacht! Das ist ein Roter! Aber auch Minister Einem!)

In einer falsch verstandenen Deregulierungspolitik, meine Damen und Herren, haben Sie – vor allem Ihr Vorvorgänger, Vizekanzler Schüssel, dann Ditz und jetzt Sie, Herr Bundesminister Farnleitner – die Mineralölindustrie geradezu zu einer überhöhten Preispolitik eingeladen.

1990 wurde vom Vorvorgänger Schüssel das Prinzip der gläsernen Taschen erfunden. Seit damals zahlt der österreichische Autofahrer eindeutig zuviel für den Treibstoff. (Abg. Tichy-Schreder: Das stimmt nicht!) Ich kann Ihnen die Quellen dafür zeigen, Frau Kollegin Tichy-Schreder. (Abg. Tichy-Schreder: Ja, die zeigen Sie mir!) 1996 war dann das Prinzip der "gläsernen Taschen", das hochgelobte, vielbejubelte Prinzip, nicht mehr zu halten. Der Druck wurde zu groß.

Einige Sätze zu Ihrer speziellen Rolle im Zusammenhang mit den Treibstoffpreisen, Herr Bundesminister. In Ihrer Zeit war der Preisverfall des Rohöls wirklich dramatisch, das wissen Sie genausogut wie ich. Einige Zahlen dazu – sie wurden heute noch nicht genannt –: Im Jänner 1997 kostete ein Barrel Rohöl der Sorte Brent 23,5 Dollar, im Jänner 1998 15,2 Dollar und im Jänner 1999 11 Dollar. Der Preis ist in dieser kurzen Zeit um mehr als 60 Prozent gefallen, die Tankstellenpreise haben sich jedoch kaum nach unten bewegt. Superbenzin kostet heute um 80 Groschen und Diesel um 60 Groschen mehr als im EU-Durchschnitt.

Weil die Sozialpartner 1997 extrem unzufrieden waren, vor allen Dingen aber, weil der ARBÖ sehr starken Druck in der Öffentlichkeit machte, kam es im Jänner 1997 zu einem Benzinpreisgipfel. Das Ergebnis war ein typisch österreichisches: Es wurde ein österreichisches Placebo in der Form verabreicht, daß eine Studie über den Kraftstoffmarkt in Auftrag gegeben und die Öffentlichkeit damit beruhigt wurde.

1998 wurde die Verzögerungspolitik weiter fortgesetzt. Die Arbeiterkammer verlangte dann im Februar 1998 aufgrund der so stark gefallenen Rohölpreise eine Senkung der Tankstellenpreise um mindestens 50 Groschen. Nach zweiwöchiger Diskussion wurde dann der Preis um 10 Groschen abgesenkt.

Es gab dann einen weiteren Gipfel im April 1998 sowie eine Preiskommission im Mai 1998. Damals wurde über Antrag der Arbeiterkammer eine Branchenuntersuchung beschlossen. Gemeinsam wurde damals beschlossen, daß diese bis Sommer 1998 fertigzustellen wäre. Wiederum, meine Damen und Herren, sind Monate ins Land gegangen – passiert ist nahezu nichts. Heuer im Jänner stellten Sie dann der Presse das Ergebnis dieser Studie vor.

Ich glaube, wenn man sich die Genesis der Treibstoffpreise in diesen Jahren anschaut, dann kommt man wirklich nicht umhin, Ihre heutige Erklärung als eine Flucht nach vorne zu bezeichnen.

Herr Bundesminister! Namens meiner Fraktion fordere ich Sie dringendst auf, die zweite Ihrer Optionen, die Sie heute angekündigt haben, auch wirklich zu ergreifen und dafür zu sorgen, daß keine Kommission mehr tagt, sondern daß der Preis tatsächlich um mindestens 50 Groschen gesenkt wird.

Zum zweiten – und das hätten Sie schon lange tun können –: Forcieren Sie den Wettbewerb! Erhöhen Sie bitte den Anteil der Tankstellen, die nicht den großen Marktführern gehören! Ermöglichen Sie ... (Abg. Mag. Schweitzer: Wie schaut es mit dem Strompreis aus?) 750 Millionen Schilling hat sich die österreichische Wirtschaft bis dato schon erspart, obwohl die Liberalisierung noch nicht einmal in Kraft getreten ist, Kollege Schweitzer. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie schaut es mit dem Strompreis aus?) Ich kann nur sagen: Zeitungen lesen, Wirtschaftszeitungen lesen, dann werden Sie feststellen, daß schon viel passiert ist! (Abg. Mag. Schweitzer: Wie ist das mit dem Strompreis für die Haushalte?) Aber ich bin nicht der Minister. (Abg. Mag. Schweitzer: Strompreis für Haushalte! Wie schaut es da aus?) Kommt auch. Sie werden es auf alle Fälle erleben und ich auch, und zwar rascher, als wir alle glauben.

Herr Bundesminister! Ermöglichen Sie bitte den Großkaufmärkten – Beispiele dafür gibt es in Frankreich und in England – den Einstieg in das Tankstellengeschäft! Unterstützen Sie Billigtankstellen! Die Preise sollten transparent sein und die kostengünstigsten Tankstellen täglich in allen Medien bekanntgemacht werden.

Zum dritten: Bitte fördern Sie den Umsatz der Tankstellen! Beispiele wurden heute schon genannt: Shop-Business ausweiten, die Produktpalette erweitern, Öffnungszeiten, die schon längst nicht mehr zeitgemäß sind, verändern und so weiter.

Viertens: Sorgen Sie bitte in Ihrem Ministerium für eine bessere Marktüberwachung!

Und zu guter Letzt – auch dieses Instrument wurde heute schon mehrmals angesprochen –: Schärfen Sie gemeinsam mit dem Bundesminister für Justiz das Kartellrecht, damit Sie besser als bisher in der Lage sind, regulierend und kontrollierend einzugreifen!

Ich glaube, Herr Bundesminister, daß diese Ihre unendliche Geschichte der Treibstoffpreise in unserem Land wahrlich kein Ruhmesblatt darstellt. Kommen Sie bitte Ihrer Verpflichtung nach! Sorgen Sie dafür, daß die Preise gesenkt werden! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

12.47

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Debatte ist eine kaum erträgliche, Herr Abgeordneter Oberhaidinger. (Abg. Mag. Schweitzer: Im Burgenland zahlen wir 2,44 S für die Kilowattstunde! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Das gehört auch dazu!) Sie ist deshalb kaum erträglich, weil es einfach ein Armutszeugnis einer Volksvertretung und eines Gesetzgebers in einem Land ist, wenn sich die Abgeordneten der Regierungsfraktionen, die ja die Mehrheit in diesem Hause haben, die die Gesetze in diesem Hause beschließen, hier hinstellen und an den Herrn Wirtschaftsminister und an den Herrn Justizminister appellieren, sie mögen doch endlich eine Regierungsvorlage machen, damit man all das abstellen kann. – Die einzigen, die das abstellen können, sind die Abgeordneten in diesem Haus mit ihrer Stimme. Und das wird seit Jahren nicht gemacht! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Das Problem ist bekannt, aber zu warten, bis irgendein Minister etwas macht, kann in der Struktur, kann vor allem in der politischen Struktur in Österreich einfach nicht funktionieren.

Daher möchte ich folgendes an den Anfang stellen: Daß § 19 Abs. 2 der Geschäftsordnung von einem Wirtschaftsminister oder überhaupt von einem Mitglied der Regierung genutzt wird, um eine aktuelle Erklärung hier im Hause abzugeben, ist ein positives Zeichen für den Parlamentarismus. Man könnte damit wirklich wichtige politische Themen diskutieren. Daß im Wahljahr, jetzt unmittelbar vor den Landtagswahlen, vom Herrn Wirtschaftsminister gerade die Treibstoffpreise angezogen werden, ist natürlich eine klare Priorität, eine parteipolitische Priorität in Richtung dieses Wahlkampfes. Das ist nun einmal so!

Aber daß es die Regierung ist, die es ja in der Hand hätte, entweder Maßnahmen zu initiieren oder – unterstützt von ihren Fraktionen – solche Maßnahmen im Hause ausarbeiten zu lassen, die sich eines solchen Instruments bedient, um einfach öffentlich zu machen, daß es hier ein Problem gibt, von dem wir alle wissen, daß es existiert – seit langem existiert! –, das ist in Wahrheit von der Intention her ein Mißbrauch der Geschäftsordnung. Es geht nämlich nicht um dieses drängende Problem – das hätte man in 13 Jahren großer Koalition längst lösen können, aber das ist nicht geschehen –, sondern es geht darum, vor dem 7. März und vor den EU-Wahlen und schließlich auch noch vor den Nationalratswahlen, die aller Voraussicht nach ohnehin auch im Juni stattfinden werden, hier noch klar zu positionieren, welche Klientel man zu bedienen gedenkt.

Was Sie nicht dazusagen, ist, wen dann das nächste Sparpaket treffen wird, wenn Sie all diese Maßnahmen – vom Karenzgeld angefangen bis hin zum quasi Null-Schilling-Treibstoffpreis für alle oder für alle, die es brauchen – durchsetzen werden. Das wird hier in diesem Hause verschwiegen.

Es könnte ja genausogut der Herr Außenminister heute hier stehen und etwa zur Kurdenfrage eine Erklärung abgeben – eine unbestritten wichtige Frage, auch von der europäischen Dimension her. Das hat man nicht getan, denn sonst müßte man vielleicht auch darüber reden, wie das vor Jahren, als Kurdenführer in Österreich ermordet worden sind, gewesen ist, als die staatlichen Stellen in Wahrheit geholfen haben, daß die mutmaßlichen Täter aus dem Land ausreisen konnten. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger.) Das müßte man dann auch bereden. Daher kommt der Herr Wirtschaftsminister, aber nicht der Herr Außenminister, denn das könnte ja ein unangenehmes Thema sein.

Es kommt auch nicht Frau Bundesministerin Hostasch, um vielleicht über die Arbeitslosigkeit und darüber zu reden, was denn herausgekommen ist bei all den Maßnahmen, die bisher angeblich von der Regierung gesetzt worden sind, die aber nur dazu geführt haben, daß die Arbeitslosenquote nicht gesenkt worden ist. (Zwischenruf des Abg. Schwemlein.) Auch Frau Bundesministerin Hostasch kommt nicht, denn auch das, Herr Abgeordneter Schwemlein, ist ein unangenehmes Thema.

Und auch Herr Bundesminister Farnleitner spricht lieber zu den Treibstoffpreisen und nicht etwa zu seinem jüngsten Bericht über die Bewältigung der Folgen aus dem Bergwerksunglück in Lassing, den wir im Wirtschaftsausschuß enderledigt haben, damit er nicht das Licht des Plenums erblickt. Wir hätten ja genausogut diese heutige Erklärung des Herrn Wirtschaftsministers dort behandeln, dort im Rahmen einer aktuellen Aussprache, wie sie in einer Ausschußsitzung möglich ist, bereden und dann enderledigen können. – Nein, das wollte man nicht. Es ist Wahlkampf, und daher muß das Plenum herhalten, um diesen Wahlkampf von den Regierungsfraktionen, die es verabsäumt haben, ihre Verantwortung wahrzunehmen und Maßnahmen zu setzen, jetzt eben mit Wortspenden zu beginnen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dr. Puttinger: Ich glaube, ich bin der einzige, der ihm zuhört! – Abg. Dr. Petrovic: Nein, wir hören auch zu!) Nein, Herr Abgeordneter, Sie sind nicht der einzige, der zuhört.

Leider ist Herr Abgeordneter Mühlbachler schon weggegangen, denn ich freue mich ja immer, wenn Regierungsfraktionsvertreter hier am Rednerpult auf einmal zum Verteidiger der Witwen und Waisen oder auch der PendlerInnen werden. (Abg. Dr. Lukesch: Die Liberalen stehen nicht hinter derartigen Problemen!) Herr Abgeordneter Lukesch, ich bin ja gerne bereit, auf platte Polemik einzugehen, nur, wahr ist, daß das letzte Sparpaket nicht von den Liberalen beschlossen worden ist – und das hat gerade auch die AlleinerzieherInnen getroffen –, sondern da sind Sie mit aufgestanden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Jetzt können Sie hier natürlich süffisant sagen: Wer denkt denn in diesem Medienzeitalter schon daran, was vor sechs Monaten gewesen ist? Wer denkt denn daran, daß die große Koalition angetreten ist, um die großen Probleme dieses Landes zu lösen? (Abg. Dr. Lukesch: Herr Barmüller, bleiben Sie bei der Sache!) Das gesamte Budget ist zwar von den Zahlen her für den Eintritt in die Währungsunion geglättet worden, aber strukturell haben keine Bereinigungen stattgefunden. Das kommt jetzt auch sukzessive zutage. Wir werden deshalb nicht umhinkommen, auch die Grundstruktur in Österreich – und das ist die Nebenregierung der Sozialpartner – klar anzusprechen als eines der zentralen Probleme, an denen dieses Land leidet.

Herrn Abgeordneten Mühlbachler, der hier gesagt hat, wie günstig doch die Preissenkung für Kraftstoffe für die PendlerInnen wäre, muß man fragen: Warum gibt es denn vor Ort nicht genügend Arbeitsplätze für die Menschen? Wo sind denn die Vorschläge – die umgesetzten Vorschläge oder wenigstens die seriös diskutierten Vorschläge – einer ökologischen Steuerreform, die gerade im ländlichen Bereich Arbeitsplätze schaffen würde? – Das sind Probleme, die von der großen Koalition seit 13 Jahren auf die lange Bank geschoben werden. Eine Enquete-Kommission, hier im Hause von den Oppositionsfraktionen gefordert (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben nicht zugehört, Herr Barmüller!), Herr Abgeordneter Lukesch, ist nicht einmal eingesetzt worden, weil man über eine ökologische Steuerreform, die Arbeitsplätze im ländlichen Bereich schafft, einfach nicht reden will, weil das zu gravierende Einschnitte bedeuten würde, und zwar auch in den strukturellen Bereichen, die den einzelnen Regierungsfraktionen zugerechnet werden. Und daher wird es nicht gemacht.

Wenn etwa davon gesprochen wird, daß die PendlerInnen in Wahrheit so profitieren würden von günstigeren Treibstoffpreisen, warum sagen Sie dann nicht auch dazu, daß, wenn es einen Wettbewerb im Bereich des Verkehrs geben soll, dann nicht nur auf die Treibstoffpreise geachtet werden muß, sondern daß insbesondere auch auf ein anderes Angebot, etwa im Bereich der öffentlichen Verkehrsträger, geschaut werden muß? Wo sollen denn Menschen, die keine andere Möglichkeit haben, als mit dem Auto zu fahren, wirklich in einen Wettbewerb einsteigen können? – Das geht nicht, das wird nicht gemacht!

Nachgefragt – Herr Abgeordneter Lukesch, das wissen Sie – wird nicht der Treibstoff, sondern wird die Dienstleistung Mobilität! Die Menschen müssen von A nach B kommen, und dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Aber mit einer eindimensionalen Politik, mit einer sozialpartnerschaftlichen Politik wird es immer nur so sein, daß hier etwa Herr Abgeordneter Mühlbachler herunterkommt und sagt: Wir müssen die Straße weiter ausbauen, aber die Liberalen, die Grünen und die Roten sind ja alle gegen die Straße – was ein wirklicher Schwachsinn ist. Das kann weder nachgewiesen noch mit Zitaten aus Parlamentsreden belegt werden, sondern wahr ist, daß wir einen Mix in allen Bereichen brauchen – von der Energie bis hin zum Verkehr. Daß wir diesen Mix nicht haben und daß Wettbewerbsverzerrungen existieren, ist auch dadurch bedingt, daß zum Beispiel die Wirtschaftskammer natürlich darauf schaut, daß ihrer Klientel nichts passiert.

Da Herr Abgeordneter Kukacka heute hier gesagt hat, die AutofahrerInnen seien die Melkkuh der Nation, kann ich dazu nur feststellen, meine Damen und Herren: Die AutofahrerInnen sind allenfalls die Melkkuh der Koalition, aber sie sind nicht die Melkkuh der Nation. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Steindl: Das war jetzt eine tiefe Polemik!) Das ist keine tiefe Polemik. Denn die Treibstoffpreise, Herr Abgeordneter, sind ja nicht deshalb so hoch, weil die Nettopreise so hoch wären, sondern auf den Treibstoffpreisen liegen immense Lasten an Abgaben. Schauen Sie sich das einmal an, das ist doch evident! Das wissen wir. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Erinnern Sie sich doch daran: Immer wenn es um eine ökologische Steuerreform gegangen ist, hat man gesagt, man könne niemals die Mineralölsteuer erhöhen, aber wenn es um die Budgetsanierung gegangen ist, Herr Abgeordneter, dann hat es nie ein Problem gegeben, die Mineralölsteuer anzuheben, dann waren immer Sie diejenigen, die dazu aufgestanden sind.

Und wer war es denn, der die Zweckbindung der Mineralölsteuer, die für den Straßenbau bestanden hat, aufgehoben hat, damit sie ins allgemeine Budget fließt? – Das war doch auch diese Koalition! Oder etwa nicht?

Und wenn das so weitergeht, meine Damen und Herren, dann werden Sie nur eines erreichen: daß die Menschen in Österreich schlicht und einfach nicht mehr glauben, was hier gesagt wird, weil es auch nicht glaubwürdig ist. Sie versuchen nämlich zu verschleiern, daß das Grundproblem, an dem gerade etwa auch das Kartellrecht leidet, die sozialpartnerschaftliche Struktur in Österreich ist.

Daher, meine Damen und Herren, möchte ich kurz auf die Erklärung des Herrn Bundesministers unmittelbar eingehen und an ihr belegen, daß in Wirklichkeit das, was heute vom Herrn Bundesminister vorgetragen wurde, nichts anderes ist als das Paradebeispiel für das Sozialpartnerkartell, das in diesem Land existiert und mit dem die Preise in vielen Bereichen hochgehalten werden:

Es ist so, daß die Politik für den Benzinpreis verantwortlich ist, weil sie nicht die Strukturen geschaffen hat – die Koalition hat diese Strukturen nicht geschaffen –, die eine Möglichkeit bieten, daß Wettbewerb auch in diesem Bereich existiert. Der Herr Bundesminister hat ausgeführt, welche Möglichkeiten er hat, und hat zu Recht das Kartellrecht genannt. Aber laut Kartellrecht sind eben nur die Wirtschaftskammer Österreichs, die Bundesarbeitskammer, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs und die Finanzprokuratur berechtigt, einen Antrag zu stellen und eine Klage einzureichen. Andere dürfen das nicht.

Es gibt überhaupt keinen Grund für diese Bevormundung von Menschen in Österreich außer einem einzigen: daß die Sozialpartner, die in Tausenden von Beiräten in diesem Land – Hunderte sind es zumindest; wahrscheinlich werden tausend schon fast erreicht werden – nur darauf achten, daß alles hinter verschlossenen Türen ausgemacht wird – was mit dem sozialen Frieden überdeckt wird, als wäre eine parlamentarische Diskussion dem sozialen Frieden nicht zuträglich –, weiterhin hinter diesen Türen ausmachen können, was sie ausmachen wollen.

Sie von seiten der ÖVP haben völlig verschwiegen, daß das Branchenübereinkommen, das 1990 beschlossen worden ist – der Herr Bundesminister hat es kurz gestreift –, und zwar noch unter dem Wirtschaftskurs Schüssel-Ditz, in Wahrheit ein Flop war! (Abg. Dr. Puttinger: Gute Leute!) Nein, der Herr Bundesminister sagte heute hier: Mußte leider aufgehoben werden. – Das steht hier drinnen. Es war nicht funktional, war ein Blödsinn. Am 22. April 1996 wurde es aufgehoben, weil es nämlich eine unbefriedigende Lösung darstellte. (Abg. Dr. Puttinger: Das steht nicht drinnen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und der dritte Punkt, den der Herr Bundesminister anspricht, ist der: Er kann nur zur amtlichen Preisregelung zurückgehen.

Wahr ist, daß die Ideen der Wirtschaftspartei ÖVP in wirtschaftspolitischen Fragen rückschrittlich sind, weil sie sozialpartnerschaftlich gedacht sind. Es war auch interessant, zu hören, daß es der jetzige Bundesminister war, der damals noch als Verhandler auf seiten der Wirtschaftskammer Österreich agierte, der dafür eintrat, im Rahmen des Preisgesetzes den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten als oberstes Organ der Verwaltung zu entmündigen, weil er ja wirklich nur auf Antrag tätig werden kann.

Es ist interessant – letzter Punkt –, daß in einer Frage von öffentlichem Interesse, wo offensichtlich Preise zum Schaden einer ganzen Volkswirtschaft gebildet werden, der Bundesminister als oberstes Organ der Verwaltung auf einen Antrag warten muß – nämlich wieder von der Bundesarbeitskammer, von der Wirtschaftskammer oder Präsidentenkonferenz, vom Finanzministerium, vom Wirtschaftsministerium oder möglicherweise auch vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft –, daß der Bundesminister von sich aus nicht tätig werden kann, daß das oberste Organ der Verwaltung im öffentlichen Interesse nicht tätig werden kann. Warum? – Weil die Spitzen der Sozialpartnerschaft, die auch hier im Hohen Hause gesessen sind, die Parlamentarier und die Regierung entmündigen. Das, was hier gemacht wird, ist eine Show, die Sie für den Wahlkampf abziehen, aber es dient nicht dazu, daß die Verhältnisse in Österreich besser werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Auch in jenen Bereichen, in denen der Herr Bundesminister – und das betrifft den Elektrizitätsbereich – selbständig, ohne auf einen Antrag zu warten, hätte tätig werden können, um beispielsweise erneuerbaren Energieträgern in Österreich eine Chance zu geben und damit auch in ländlichen Bereichen vermehrt Arbeitsplätze zu schaffen, hat er aus eigenem Antrieb nichts unternommen.

Daher: Diese Erklärung ist eine Wahlkampferklärung! Lesen Sie § 5 Preisgesetz nach: Eine amtliche Preisregelung funktioniert maximal sechs Monate. Doch was geschieht nach diesen sechs Monaten? – Dann sind wir wieder dort, wo wir vorher waren, aber die Wahlen sind vorbei. Doch das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.01

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Barmüller, erlauben Sie, auf Ihre Ausführungen, die ich nicht ganz verstanden habe, kurz zu replizieren: Nicht der Wahlkampf ist es, der den Bundesminister veranlaßt hat, hier eine Erklärung abzugeben, sondern es ist die Sorge um 4 Millionen Autofahrer, um die Wirtschaft, um die Pendler, die ihn dazu bewogen haben, heute hier diese Erklärung abzugeben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Plötzlich!)

Daß diese meine Feststellung richtig ist, Herr Kollege Barmüller, bezeugt die Erregung des Herrn Kollegen Oberhaidinger. Er hat es offensichtlich nicht verkraftet, daß der Herr Wirtschaftsminister nunmehr auch Konsumentenschutzminister ist und die Interessen der Konsumenten wahrnimmt (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Mag. Barmüller), und er hat es nicht verkraftet, daß die Frau Prammer keine Erklärung in dieser Sache abgegeben hat. (Abg. Mag. Barmüller: Wie lange können Sie Preise regeln?)

Folgendes, Herr Kollege Kaufmann – er ist leider momentan nicht da –, möchte ich Ihnen auch sagen, weil Sie sich darüber erregten, daß vom Minister oder von wem auch immer keine Klage nach dem Kartellrecht eingebracht wurde: Sie als Sozialpartner hätten es in der Hand gehabt, eine solche Klage einzubringen. Der Herr Abgeordnete Barmüller hat es nicht in der Hand, mit gutem Recht, aber Sie hätten die Möglichkeit gehabt, eine solche Klage einzubringen. Wahrscheinlich aber haben Sie Beziehungen zur OMV, die sie daran gehindert haben, eine solche Klage einzubringen. Ich wollte das einmal klargestellt wissen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Bravo!)

Eigentlich wollte ich mich auch noch kurz der FPÖ zuwenden, aber offensichtlich – das haben die Redner bisher bewiesen – ist der letzte Tankstellenfachmann durch den Mandatsverzicht des Herrn Meischberger, der uns ja heute verlassen hat, abgegangen, und somit fehlen die Fachleute. Sie konzentrieren sich nur mehr darauf, Taferln zu lesen, Herr Staatssekretär Bauer. Das ist zuwenig, um eine entsprechende Preisgestaltung zu erreichen.

Meine Damen und Herren! Wir diskutieren eine Erklärung des Bundesministers (Abg. Mag. Barmüller: Wie lange können Preise amtlich geregelt werden?), die notwendig war, nachdem die von ihm in Auftrag gegebene Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes vorlag. Sie wurde von ihm in Auftrag gegeben und von ihm veranlaßt. Niemand kann sagen: Wo war der Wirtschaftsminister? Er hat gehandelt, und erst, als die Studie vorlag, konnte diese Diskussion hier stattfinden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich gebe zu, daß die Ergebnisse dieser Studie sehr aufschlußreich sind. Sie gipfeln in dem Satz: Die Tankstellenpreise in Österreich sind zu hoch, die Abgabepreise in Österreich sind wesentlich höher als in vergleichbaren Staaten, und – auch das gebe ich zu, Herr Kollege Barmüller – die OMV und die Mineralölwirtschaft haben zuwenig auf Änderungen auf den Rohstoffmärkten reagiert.

Das alles gebe ich zu. Aber das kann nur – und das ist richtig – in der Schlußfolgerung münden, daß auch auf dem Mineralölmarkt mehr Markt gefragt ist. Zu dem Umstand, daß die Mineralölwirtschaft in Österreich von sechs großen Firmen bedient wird – das sage ich jetzt vorsichtig –, fällt mir meine Volkswirtschaftsvorlesung in den siebziger Jahren ein, bei der ich gemeint habe, die Bildung von Monopolen und Oligopolen sei überwunden. Ich gebe zu: Dem ist nicht so!

Oligopole tendieren dazu, ihre Marketingaktivitäten auf die Bereiche der Produktinnovation, der Werbung, der Kundenbetreuung, des Services zu konzentrieren, nicht aber auf die Preispolitik. Da wird der Wirtschaftsminister jetzt ansetzen, da wird der Wirtschaftsminister jetzt entsprechend Druck machen. Dafür sind wir ihm sehr dankbar! (Abg. Mag. Barmüller: Wie lange kann das funktionieren? Sechs Monate maximal! Das wissen Sie!) Sie wissen genau, daß der Wirtschaftsminister Transparenz verlangt hat, und diese Transparenz wird die Mineralölfirmen dazu bringen, ihre Preise entsprechend anzugleichen.

Dies war eine Initiative des Wirtschaftsministers, und wir begrüßen diese Initiative. Es ist in diesem Bereich tatsächlich mehr Markt gefragt. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sie müssen Absprachen verhindern! Kartellrechtlich müssen Sie vorgehen!) Das hat der Herr Kaufmann zugesagt. Er wird dazu die entsprechenden Schritte tun.

Ich bin überzeugt davon, daß der Wirtschaftsminister die Mineralölwirtschaft dazu zwingen wird, Farbe zu bekennen und die Preise entsprechend anzugleichen. Die ersten diesbezüglichen Gespräche haben bereits stattgefunden.

Ich darf vermerken: Auch die Mitteilungen von seiten der Mineralölwirtschaft enthalten nun Signale, daß diese Vorstellungen des Wirtschaftsministers auch entsprechend Früchte tragen werden – ob es Ihnen paßt oder nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Barmüller: Bis jetzt haben sie es nicht gemacht! Warum sollen sie es in Zukunft tun? – Abg. Haigermoser: Trinkl! Nicht genügend! Setzen!)

13.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte. (Abg. Dr. Petrovic: Nein, ich bin gestrichen!) Ach so, aber Ihr Name war noch auf dem Bildschirm. – Bitte, Moment, wir müssen jetzt einen Kontra-Redner aufrufen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Er ist nicht im Saal, daher kann seine Rede nicht stattfinden. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann betritt in diesem Moment den Sitzungssaal. – Abg. Haigermoser: Er ist da! – Abg. Schwarzenberger – in Richtung des Abg. Haigermoser –: Beim Aufruf war er nicht da!)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiermaier. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.07

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die kurze Zeit, die ich zur Verfügung habe, dazu nützen, mich ein wenig der Tankstellenpächter anzunehmen, die, wie ich meine, in ihrer Lage, in der sie sich durch die Handlungsweise der Ölmultis, die ja sehr global agieren, befinden, nichts zu lachen haben.

Meine Damen und Herren! Den Ölmultis ist es am wichtigsten, daß die Dividenden stimmen und daß die Vorstände der Aktionärsversammlung gute Berichte geben können, und die Großaktionäre – seien Sie mir nicht böse über diesen Ausdruck! – kriegen die Taschen nicht genug voll.

Meine Damen und Herren! Den Tankstellenbesitzern und ihren Familien, die wirklich noch an den Tankstellen arbeiten – Scheiben putzen, Luft prüfen und dergleichen Tätigkeiten mehr verrichten –, wird der Brotkorb "ordentlich" hoch hinaufgehängt. Es ist in manchen Regionen schon sehr schwierig, eine Tankstelle gewinnbringend zu führen. Wenn ich höre, meine Damen und Herren, daß sie sich halt durch die Führung eines Shops schadlos halten sollen, dann frage ich mich, was das für eine Politik sein soll. Es muß doch möglich sein, daß man an dem Produkt, das man verkauft, so viel verdient, daß man sich davon ernähren kann, und nicht ein anderes Produkt herhalten muß, um eine Lücke zu füllen, für die andere mehr oder weniger kassieren.

Wenn ich höre, daß die Kalkulationen der Ölgesellschaften alle fair ablaufen, dann kommen mir die Tränen, denn so wie Sie alle weiß auch ich, daß zwischen 10 Dollar Rohölpreis und dem Abgabepreis an der Tankstelle eine Spanne dazwischenliegt. Daran hängt aber auch sehr viel Arbeit. Aber für so naiv braucht man uns nicht zu halten, zu glauben, daß wir nicht wissen, daß da gewaltige Spannen drinnen sind. Da, glaube ich, ist der Hebel anzusetzen.

Es ist wichtig, daß wir versuchen, für die kleinen Tankstellenbesitzer eine Lösung zu finden, und zwar eine Lösung, die sie auch wieder dahin bringt, daß sie mit mehr Engagement und Begeisterung ihrer ureigensten Tätigkeit nachgehen.

Meine Damen und Herren! Ich möchte diese Gelegenheit dazu nützen, all jene, die zur Verbesserung der Situation der Tankstellenbesitzer beitragen können, aufzurufen, bei dieser Stimmungsmache mitzutun. Ich fordere Sie auf, daß wir uns gemeinsam für diese Betriebe, für die Tankstellenbesitzer – es gibt viele in unserem Land, und es sind fleißige Leute – einsetzen und dafür Sorge tragen, daß da wieder eine echte Partnerschaft entsteht und nicht ein Diktat herrscht, wie es zurzeit der Fall ist, also darauf hinzuwirken, daß sich die Ölgesellschaften wieder einmal dessen bewußt werden, daß diejenigen, die ihren Benzin verkaufen, auch das Recht haben, damit in menschenwürdiger Weise ihren Lebensunterhalt zu verdienen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich als nächster Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort gemeldet. 4 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.10

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben jetzt schon alle gehört, der Treibstoffpreis sei zu hoch, und es wurden dafür Gründe genannt. Es ist auch recht lustig, zu beobachten, wie sich Schwarz und Rot gegenseitig Vorwürfe machen, wer wem die Mauer macht, wer welche Bremse zieht, wer welche Aktivitäten setzt, wer wem welche Vorgaben macht.

Tatsache ist, daß, obwohl der Rohölpreis einen historischen Tiefstand hat, die Treibstoffpreise zu hoch sind. Sie stellen eine Belastung für den einzelnen Bürger dar, führen auch bei den Unternehmen zu überhöhten Kosten, sind auch ein Nachteil für die Wirtschaft – die österreichische Mineralölwirtschaft ist natürlich davon ausgenommen – und bedeuten auch einen Wettbewerbsnachteil für Österreich.

Herr Bundesminister! Wir haben in Österreich einen abgeschotteten Markt in diesem Bereich. Wenn ich Herrn Kollegen Kukacka richtig verstanden habe, so sind natürlich Sozis daran schuld, daß dem so ist. Also Sie, meine Damen und Herren von der sozialistischen Fraktion, tragen die Schuld hiefür.

Herr Wirtschaftsminister! Wenn das von seiten der ÖVP geäußert wird und wenn diese Position von seiten des Wirtschaftsministers gleichsam mitgetragen wird, dann klingt das, glaube ich, mehr als unglaubwürdig, und zwar deswegen, weil Sie selbst in jenen Bereichen, in welchen die ÖVP die Hand draufhält, dafür sorgen, daß abgeschottet und gemauert wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie von der ÖVP sind ein kongenialer Partner innerhalb dieser sozialistischen Regierungskoalition. Wenn es nämlich um den Einflußbereich der ÖVP geht, beispielsweise um den Bereich der Bundeswirtschaftskammer, dann sieht es ganz anders aus, dann wird auch abgeschottet: Der Herr Wirtschaftsminister, der bekanntermaßen aus dem Kammerbereich kommt, sorgt dafür, daß Unternehmungen, die Zwangsmitglieder der österreichischen Wirtschaftskammer sind, in weitere Zwangsmitgliedschaften hineingepreßt werden, indem ihnen nahegelegt wird, Mitglied zu werden, so sie auf dem Markt bestehen und weiterhin Geschäfte machen und Produkte anbieten und Aufträge erhalten wollen, wie das im öffentlichen Bereich der Fall ist.

Wie kann es sein, Herr Bundesminister, daß es in der Kammer angesiedelte sogenannte Schutzvereine gibt, (Güte)schutzvereine – wobei ich das Wort "Güte" einklammern möchte –, private Vereine, die in der Bundeswirtschaftskammer beherbergt werden, die Sie, Herr Bundesminister, per Bescheid beziehungsweise per Verordnung zu Prüfinstitutionen akkreditieren? Ich habe nichts gegen ehrbare Berufe, beispielsweise den eines Zuckerbäckers, aber ein Zuckerbäcker mit einem WIFI-Kurs ist nach meinem Dafürhalten nicht derjenige, der Überprüfungen im technischen Bereich durchführen kann, soll und muß. Das gilt auch dann, wenn es beispielsweise um den Kläranlagenbau geht, wofür es bei öffentlichen Aufträgen einen Prüfingenieur des Landes gibt, einen Zivilingenieur, der mit der Planung beauftragt ist und der die Bauüberwachung zu kontrollieren hat.

Noch einmal: Es soll keine, wie ich meine, überflüssige Kontrollfunktion ausgeübt werden. Diese Kontrollfunktion ist verbunden mit – ich nenne es beim Namen – Schutzgeldzahlungen, Herr Bundesminister. Da werden gleichsam Einverleibungsgebühren in diese Güteschutzvereine, die es in der Wirtschaftskammer sonder Zahl gibt, kassiert. (Abg. Dr. Puttinger: Stimmt nicht!) Eintrittsgebühr: 50 000 S. Überprüfungsgebühr, Erstüberprüfung: 50 000 S. Jährlicher Mitgliedsbeitrag: 10 000 S. (Abg. Dr. Trinkl: Wieviel? Sie haben keine Ahnung vom Lotto! Sie reden wie der Blinde von der Farbe!)

Ich spreche von einem Bereich – und das wollen Sie nicht hören –, den Sie sich geschaffen haben (Beifall bei den Freiheitlichen) und wo Sie wieder mittels Zwangsmitgliedschaften als Wirtschaftsbremser auftreten (Abg. Dr. Trinkl: Ist ja nicht wahr! – Abg. Dr. Puttinger: Wer legt den Beitrag fest?), die Unternehmen nicht wirtschaften lassen und einen abgeschotteten Markt schaffen, und zwar mit Insidergeschäften, mit Preisabsprachen und mit überhöhten Forderungen. Und Sie, Herr Bundesminister, akkreditieren derartige private Vereine innerhalb der Bundeswirtschaftskammer zu Prüfinstitutionen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Staatlich geduldete Mafia!)

Ich erlaube mir daher folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann und Kollegen betreffend "Schutzgeldzahlungen" im Bereich der Wirtschaftskammer Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, im Einvernehmen mit den zuständigen Bundesministern dem Nationalrat bis längstens 31. März 1999 darüber zu berichten, in welchen Bereichen es zu ‚Schutzgeldzahlungen? beziehungsweise zu anderen ‚Marktzutrittsbarrieren? für Unternehmen – insbesondere bei öffentlichen Auftragsvergaben – kommt, sowie raschest Maßnahmen zu setzen, die geeignet sind, ungerechtfertigte ‚Marktzutrittsbeschränkungen? für Unternehmen im Interesse der heimischen Wirtschaft zu beseitigen."

*****

(Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, der soeben verlesen wurde, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

13.17

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit dem Beitritt Österreichs zur EU sind die Preise im land- und forstwirtschaftlichen Bereich sofort auf das EU-Preisniveau gesunken. Im Bereich der Betriebsmittel hat es diese Preisanpassungen leider nur sehr unzureichend gegeben. Aus den Erklärungen des Bundesministers Farnleitner geht hervor, daß auch Dieselkraftstoffe in Österreich wesentlich teurer sind als im vergleichbaren europäischen Raum. Aus der Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung, die hier beigegeben worden ist, geht hervor, daß der Dieselpreis ohne Steuern nur in Norwegen und Schweden höher ist als in Österreich. In allen anderen OECD-Staaten sind Dieselpreise niedriger. (Abg. Haigermoser: Sage, daß es nicht stimmt, daß du mit Heizöl mit deinem Traktor gefahren bist!)

Nein, wir dürfen nicht mit Heizöl fahren, aber wir wünschen es uns. Ich weiß aber, daß es Freiheitliche gibt, die anscheinend mit Heizöl fahren, sonst könnte Herr Haigermoser nicht sagen, daß das auch möglich ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Ich habe das nicht behauptet!)

Der Verbrauch an Treibstoffen in Österreich liegt etwa bei 3 Millionen Tonnen Diesel und 2 Millionen Tonnen Benzin pro Jahr. Das heißt, daß allein eine Preisermäßigung um 10 Groschen für die österreichischen Verbraucher und Autofahrer bereits 500 Millionen Schilling an Einsparungen bringen würde. Da sollten schon auch die guten Beziehungen zur OMV etwas nützen, die in Österreich doch eine sehr starke Monopolstellung hat: Da eine Reihe von Regierungsmitgliedern früher in der OMV-Spitze saßen, aber auch eine Reihe von Abgeordneten bei der OMV sozusagen Bedienstete sind, müßte da an und für sich schon ein Gesprächsklima entstehen, das dazu führt, daß die Preise dieses Monopolbetriebs – alle anderen müßten dann nachziehen – gesenkt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben noch dazu die Schwierigkeit, daß gerade im ländlichen Raum kaum eine Konkurrenz der Tankstellen untereinander vorhanden ist, sodaß man sich in der Regel bei der einzigen, die es weit und breit gibt, bedienen muß – egal, wie hoch die Preise dort sind.

Minister Molterer und Minister Farnleitner bemühen sich nun, eine Beimischungsverpflichtung von Biodiesel zu erreichen. Allein eine Beimischungsverpflichtung von 2 Prozent würde in Österreich eine Rapsfläche von etwa 60 000 Hektar für die Biodieselproduktion voraussetzen. Anstatt Ackerland stillzulegen, könnte man auf diesen Flächen erneuerbare Energieträger produzieren. Natürlich könnten damit auch Wertschöpfungen für die Landwirtschaft, aber auch für den nachgelagerten Verarbeitungsbereich erzielt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Kyoto-Abkommen zwingt uns, die Umweltbelastungen in den nächsten Jahren abzusenken. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer.) Das wäre etwa ein solcher Bereich.

Auch das Weißbuch der EU verlangt eine Verdoppelung der erneuerbaren Energie innerhalb der nächsten Jahre. Dadurch könnte man viele Arbeitsplätze im ländlichen Raum schaffen, und für bäuerliche Betriebe wäre ein entsprechendes unterstützendes Einkommen vorhanden. Darüber hinaus könnten Biotreibstoffe auch im innerstädtischen Bereich zur CO2- und Rußreduktion ökologisch sinnvoll eingesetzt werden.

Wer zum Beispiel ein Auto kontrolliert, welches mit Biotreibstoff fährt, und ein weißes Schild hinter den Auspuff hängt, wird sehen, daß dieses nicht verrußt wird. Das allein zeigt schon, welch bessere Verbrennung durch die Verwendung von Biotreibstoff erreicht wird. Im Biodiesel sind nämlich rund 11 Prozent Sauerstoff enthalten, die eine wesentlich bessere Verbrennung ermöglichen. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer.)

Damit könnte Österreich in dieser Produktion eine Technologieführerschaft erreichen. Wir hoffen, daß sich die Regierung auch durchsetzen kann, um in Zukunft ... (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sie sollen nicht hoffen, Sie sollen regieren! – Abg. Dr. Ofner: Ihr seid in der Regierung! Auch die Schwarzen sind in der Regierung!) – Ich muß sagen, die freiheitlichen Abgeordneten haben eine derart schlechte Kinderstube, daß sie die elementarsten Regeln der Diskussion nicht mehr akzeptieren können! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir hoffen, daß es im Bereich der erneuerbaren Energie, so wie es bei der Regierungsklausur in Bad Aussee vereinbart worden ist, bereits im kommenden Jahr zu einem Beimischungszwang kommt, weil das sehr viel Wertschöpfung in Österreich bewirken würde. Darüber hinaus würden viele Arbeitsplätze auf Bauernhöfen und auch im ländlichen Raum, in der Verarbeitung, entstehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Oppositionsredner! Sie werden prämiert von der Opposition! – Abg. Haigermoser: Ein pragmatisierter Regierungsoppositionsredner!)

13.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Wenitsch hat eine tatsächliche Berichtigung begehrt. 2 Minuten Redezeit. Beginnen Sie bitte mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.23

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schwarzenberger hat in diffamierender Weise behauptet, Freiheitliche würden mit Heizöl fahren. (Abg. Schwarzenberger: Der Haigermoser hat das gesagt! – Abg. Haigermoser – in Richtung des Abg. Schwarzenberger –: Du hast "nein" gesagt, und ich glaube dir, weil du mein Freund bist!)

Ich stelle richtig: Es ist kein Fall bekannt, in dem Freiheitliche mit Heizöl gefahren sind. Und wenn die Bauern oder irgend jemand anderer in Österreich das tun würde, dann wäre die ÖVP schuld daran, weil sie nämlich den Dieselpreis zu hoch besteuert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Blünegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

13.24

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Ich finde, wenn man soeben die Reden der Einheitspartei SPÖ/ÖVP zu den Treibstoffpreisen gehört hat, dann mußte man denken, das ist ein lächerliches Produkt, was da herausgekommen ist. Denn die SPÖ wirft der ÖVP Nichtstun vor, die ÖVP wiederum sagt, daß der Herr Bundesminister genug tut, und in Wirklichkeit passiert gar nichts! Es wird in diesem Punkt sicher nichts anderes passieren, als daß wieder nur schöne Reden gehalten werden! (Abg. Dr. Puttinger: Bewegung!)

Herr Bundesminister! Sie erklären uns immer wieder in der Öffentlichkeit, daß Sie gegen die überhöhten Treibstoffpreise etwas tun werden. Aber ich muß Ihnen sagen, Herr Bundesminister, Sie hätten schon lange etwas tun können! Die heutige Situation bei den Benzinpreisen besteht ja seit Jahren, aber Sie sind noch nie direkt gegen die Mineralölwirtschaft aufgetreten. Auch gegen die Preispolitik sind Sie bisher nicht aufgestanden, und jetzt tun Sie das auch nur, weil Wahlen vor der Tür stehen.

Herr Bundesminister! Ich spreche jetzt als Tiroler Abgeordneter zu Ihnen. Wir in den westlichen Bundesländern haben schön langsam wirklich die Nase voll von Ihnen und Ihren dauernden Versprechungen. Auch von den Ankündigungen haben wir die Nase voll, ebenso von Ihrer verfehlten Wirtschaftspolitik. Dazu gehört in erster Linie Ihre Einwirkung auf die Entscheidung bezüglich der berühmten Unterinntal-Maut, die Sie und Verkehrsminister Einem in Tirol verantworten müssen.

Wir Tiroler zahlen die höchsten Treibstoffpreise in Österreich. Der Österreich-Durchschnittspreis von 1 Liter Superbenzin beträgt 10,77 S. In Wien kostet der Liter 10,44 S, bei uns in Tirol kostet er 10,95 S. Herr Bundesminister! Bei 30 Tankfüllungen pro Jahr mit durchschnittlich 40 Litern zahlt ein Tiroler rund 612 S mehr als ein Autofahrer in Wien.

Bei Diesel kommt man in dieser Rechnung bei gleichem Verbrauch auf 355 S. Und da kommt der Abgeordnete Schwarzenberger hier heraus und spricht von einer Preissenkung beim Diesel! Ich frage Sie, Herr Abgeordneter Schwarzenberger: Wie viele diesbezügliche Anträge haben wir Freiheitlichen in diesem Haus schon gestellt, bei denen Sie als ÖVP dagegen gestimmt haben, gegen die Senkung der Dieselpreise?! (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Aber es gibt noch drastischere Berechnungen der Volkswirtschaft. (Abg. Schwarzenberger: Ist der Preis noch ein amtlich verordneter Preis oder bildet er sich am freien Markt?!) 

Die Freiheitlichen haben einen Antrag gestellt, wonach der Dieselpreis gesenkt werden soll, aber Sie von der ÖVP haben bei diesem Antrag nicht einmal mitgestimmt! Da sieht man, daß Sie noch im Liegen umfallen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch drastischer ist für mich als Tiroler und freiheitlicher Abgeordneter noch ein weiteres Beispiel, das ich hier erwähnen möchte. Bei 297 595 zugelassenen PKW in Tirol – das ist der Stand von 1997 – bezahlen die Tiroler um insgesamt 117 Millionen Schilling mehr als die Autofahrer in Wien. – Das ist keine Juxzahl, sondern das ist seriös ausgerechnet worden.

Aber leider sieht man immer wieder, daß es dem Herrn Bundesminister völlig gleichgültig ist, daß die OMV-Multis oder OMV-Aktionäre auf dem Rücken der Tiroler und der österreichischen Bevölkerung insgesamt Traumgewinne erzielen. Herr Bundesminister! Jetzt – ausgerechnet 14 Tage vor der Landtagswahl in jenen drei Bundesländern, in denen die Menschen Spitzenbenzinpreise zahlen müssen – entdecken Sie plötzlich Ihre Liebe zum Mann auf der Straße, zum Konsumenten!

Herr Bundesminister! Wir wollen, daß Sie sich nicht mit diversen Ankündigungen und Versprechungen bis zum 7. März hinüberretten, sondern wir wollen endlich einmal Taten sehen! In diesem Sinne hoffe ich, daß das Kartellrecht geändert wird – da gebe ich dem Kollegen Peter recht. Die Debattenbeiträge, die die Redner der derzeitigen Einheitspartei SPÖ/ÖVP hier von sich gegeben haben, können mich allerdings nicht optimistisch stimmen hinsichtlich dessen, daß es für die Autofahrer, die Konsumenten zu einer spürbaren Treibstoffpreissenkung kommt. Aber von Ankündigungen und Versprechungen allein können wir nicht leben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

13.28

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! – Herr Bundesminister! Ich gehe nicht auf Ihr besonderes "Taktgefühl" ein, mit dem Sie eine offenbar schon länger vorbereitete Wahlkampferklärung zu den Benzinpreisen (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ich hoffe, der Benzinpreis sinkt!) – wobei eine Preissenkung natürlich heißt: mehr Transitverkehr und mehr Abgase – ausgerechnet mit einer Erklärung zur gestrigen Lawinenkatastrophe verknüpft haben. Ich überlasse es Ihnen, das selbst zu beurteilen. (Abg. Rosemarie Bauer: Was soll das?! Geschmacklos!)

Das Wort "geschmacklos", Frau Abgeordnete Bauer, haben Sie verwendet. Dieser Begriff bleibt, wie ich meine, am heutigen Tag der ÖVP vorbehalten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rosemarie Bauer: Geschmacklos war Kollege Van der Bellen! Erinnern Sie sich an Lambach?)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der Österreichischen Volkspartei! Ich gehe auch nicht auf die dramatischen Versäumnisse gerade des Wirtschaftsministers im Bereich der Luftreinhaltung, im Bereich der Schadstoffreduktion, im Bereich der Störfallprävention ein. Und ich gehe auch nicht auf die Ihnen bekannten und durch die Politik der Bundesregierung letztlich mitverursachten Versäumnisse im Bereich des Schutzes der Wälder ein, die bei der Katastrophenprävention besonders entscheidend sind.

Ich gehe auch nicht auf das Ökosteuermodell von uns Grünen ein. Es liegt schriftlich vor. Die, die es interessiert und die keine billige Wahlkampfpolemik anstreben, können es lesen. Die, die nicht lesen können oder wollen, werden das auch nicht tun, daher brauche ich es ihnen von hier aus auch nicht zu erklären. Wie gesagt: Es liegt schriftlich auf und kann eingesehen werden.

Aber, Herr Bundesminister, ich gehe sehr wohl auf den Sinn dieser heutigen Übung ein, die Sie von der Regierungsbank aus absolviert und geboten haben. Für diese Ihre Übung hat wohl Frau Abgeordnete Bauer das einzig passende Wort gefunden. Es ist in meinen Augen ... (Abg. Rosemarie Bauer: Van der Bellen! Die Diskussion um Lambach!) – Wissen Sie, ich kann auf Zwischenrufe nur reagieren, wenn aus ihnen ein gewisses Maß an intelligenter Kritik hervorleuchtet. (Beifall bei den Grünen. – Oje-Rufe bei der ÖVP.)

Ansonsten haben Sie offenbar vor einiger Zeit für die heutige letzte Sitzung vor den Landtagswahlen (Abg. Schwarzenberger: Morgen ist die letzte Sitzung!) folgende Parole ausgegeben: Sie wollen bei einer größeren Klientel punkten, gleichgültig, ob die Argumente rational oder nicht rational sind. Das zählt so kurz vor Wahlkämpfen wenig. Ich finde es nur im höchsten Maße deplaziert und störend, einerseits in der Präsidiale, andererseits von Tirol aus die große Eintracht und den nationalen Konsens angesichts einer Katastrophe zu beschwören, aber uns dann hier im Hohen Haus dieses wirklich billige Wahlkampfspektakel zu bieten! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wie hoch der Benzinpreis sein soll, haben Sie uns wieder verschwiegen!)

13.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Bundesminister Dr. Farnleitner hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

13.33

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zum Zeitplan etwas sagen. Wir haben, da mehrere Nachbesserungen notwendig waren, monatelang auf die Ergebnisse dieser Studie gewartet. Ich finde es – und das hat auch ein Abgeordneter gesagt – nur fair, wenn über etwas, was in der Öffentlichkeit eine große Rolle spielt, der zuständige Minister das Haus auch informiert. Davon habe ich Gebrauch gemacht, und dazu stehe ich. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Dr. Nowotny und Ing. Tychtl.)

Zweiter Punkt: Ich darf wirklich deutlich sagen – und Sie können das in der öffentlichen Auseinandersetzung während der letzten zwei Jahre verfolgen –, daß viele, die kritisiert haben, sich mit Presseaussendungen zufriedengegeben und nicht die Courage aufgebracht haben, entweder einen Antrag nach dem Preisrecht oder einen Antrag nach dem Kartellrecht zu stellen. Ich habe zwei Jahre lang geduldig genug den Reibebaum für alle, die sich in der Preisfrage profilieren wollten, gespielt. Daher habe ich jetzt einmal die Initiative ergriffen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Bravo!)

Dritter Punkt, und zwar nochmals zum Zeitablauf. Ich habe gesagt: Alle wettbewerblichen Maßnahmen, von denen wir reden – angefangen von einer Verschärfung des Kartellrechts, was die Verhaltenskartelle anlangt, bis zu einem amtswegigen Verfahren und einer Stärkung der Institutionen –, sind nichts, was in wenigen Wochen durchsetzbar ist. Alles, was etwa auch von der Mineralölwirtschaft gewünscht wird, ist – mit Ausnahme der Automat-Tankstellen – in wenigen Monaten nicht umsetzbar. Daher ist es durchaus legitim, zu drohen und zu sagen: Wir machen beides, die Maßnahmen nach dem Preisrecht und die notwendigen Maßnahmen im Bereich der wettbewerblichen Rahmenbedingungen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Verzetnitsch und Ing. Tychtl.)

13.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Es liegt ein Entschließungsantrag vor, über den wir jetzt abzustimmen haben.

Wir stimmen also ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann und Genossen betreffend "Schutzgeldzahlungen" im Bereich der Wirtschaftskammer Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

2. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1273 der Beilagen): Wirtschaftstreuhandberufsgesetz – WTBG (1635 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird (1636 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert wird (1637 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 2 bis 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erstem Redner Herrn Abgeordnetem Haigermoser das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

13.36

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bereits anläßlich der Gewerbeordnungsnovelle vor zwei Jahren, damals als großer Wurf gefeiert, wurde über die Notwendigkeit des Berufes des selbständigen Buchhalters lang und breit diskutiert. Kollege Heindl und ich haben uns damals einiges zu sagen gehabt, aber damals war offensichtlich die Zeit dafür nicht reif, nicht einmal eine Maus ward geboren vor zwei Jahren. (Abg. Dr. Heindl: Leider!)

Die Blockadepolitik der sozialistischen Koalition hat damals, vor zwei Jahren, eine taugliche Lösung verhindert. Jetzt wird zwar etwas frischer Wind in die Buchhalterstuben hineingelassen, was wir Freiheitlichen grundsätzlich begrüßen, aber es wäre nicht die sozialistische Koalition, wenn nicht wieder einmal mit aller Gewalt der Kammerstaat zuschlagen würde, meine Damen und Herren. Das Würgeeisen des Kammerstaates haben Sie von der Regierungskoalition in diesem Zusammenhang wieder einmal mit Perfidie eingesetzt!

Es werden nun zwei Klassen von Buchhaltern geschaffen, und es wundert mich, daß Sie nicht noch eine dritte, vierte und fünfte darangehängt haben. Das hätte mich wirklich nicht gewundert. Es soll nun die Berufe des gewerblichen Buchhalters und des selbständigen Buchhalters geben. Allein diese Bezeichnungen zeigen deutlich, welches Verwirrspiel auf den Konsumenten, auf den zukünftigen Klienten zukommt.

Hunderte Briefe und Faxe haben Sie und wir als Abgeordnete bekommen. Aus einem dieser Schreiben möchte ich auszugsweise zitieren, weil es sehr viel aussagt.

Da schreibt uns zum Beispiel Frau Ulrike Gruber, Steuerberaterin und selbständige Buchhalterin – ich zitiere –:

Mein Klientel besteht zu 99 Prozent aus Kleinbetrieben, Vermietern, nebenberuflich selbständig Tätigen und seit einigen Jahren – so schreibt sie, und das ist auch für die Sozialdemokraten interessant, meine ich – vermehrt aus Arbeitnehmern, die den Überblick über die Arbeitnehmerveranlagung, früher Jahresausgleich, verloren haben. – Ende des Zitats.

Das ist das Problem, das wir haben: daß dieses Haus mit Ihrer Zustimmung ständig Gesetze beschließt, welche dann vom "Normalbürger" – unter Anführungszeichen – ohne den Zugriff auf teure Berater nicht mehr exekutiert werden können. Das ist ein Problem, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und weiter heißt es dann in diesem Schreiben: Ursache dafür ist meiner Meinung nach jedoch nicht die Tatsache, daß ich Steuerberaterin bin, sondern der Umstand, daß durch die vielen gesetzlichen Änderungen das Honorar sich natürlich entsprechend niederschlägt. – Zitatende.

Das ist sehr interessant, und da sollten wir eigentlich ansetzen, meine Damen und Herren, anstatt jetzt wieder – zugegeben: ein laues Lüfterl hereinlassend – neue Bürokratien zu schaffen.

Zuletzt werden wir in diesem Schreiben der erwähnten Steuerberaterin aufgefordert – ich zitiere –, nicht dem Schwachsinn unsere Stimme zu geben, ein Berufsbild in zwei Kammern zu verankern – ich kann Ihnen schon prophezeien, einem solchen Schwachsinn werden wir Freiheitlichen natürlich nicht zustimmen, meine Damen und Herren (Beifall bei den Freiheitlichen) –, nicht die Verantwortung zu übernehmen und die Kostenbelastung der Wirtschaft dort zu bekämpfen, wo sie entsteht, nämlich bei der Gesetzgebung. – Ende des Zitats.

Das sollte man eigentlich tun, anstatt jetzt wieder Tünche drüberzugeben und zu sagen: Wir, die Regierung, sind die großen Liberalisierer und drücken damit die Kosten herunter! Mit dieser Einzelmaßnahme werden Sie nur in Teilbereichen fündig werden, meine Damen und Herren.

Helmut Peter, es ist nahezu grotesk, mit welchem "Kampfesmut" du dich für diese alten Zöpfe auf die Schienen geworfen hast. Da hast du wieder einmal den richtigen Wind zu erwischen gemeint und in bewährter Form deine Fahne nach dem Wind gehängt. Aber damit sollst du selber fertig werden, das ist nicht mein Problem.

Ein Offenbarungseid und Eiertanz ist auch der sogenannte Präsidiumsbrief der Kammer der Wirtschaftstreuhänder vom Feber 1999. Also so etwa "Batzweiches" wie in diesem Brief ist mir schon lange nicht untergekommen. Das ist ja nur mehr zum Wiehern, was uns da der Herr Hübner schreibt, nämlich: In jüngster Zeit ist eine Kompromißvariante ernsthaft zur Diskussion gestellt worden, die unserer Meinung nach schlicht unsinnig ist. Es soll einen gewerblichen Buchhalter in der Wirtschaftskammer und einen selbständigen in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder geben. Und dann schreibt er weiter: Wenn sie unvermeidbar ist – nämlich diese Zweiteilung –, kann die Bilanzierungsbefugnis nur in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder verankert werden.

Also im Endeffekt ist es ihm Wurscht, Hauptsache, er bekommt ein paar Kammerzwangsmitglieder mehr, meine Damen und Herren.

Damit ist es auf dem Tisch: Gebt dem Reiche Leo Maderthaners, was des Maderthaners ist! Das sind auch wieder ein paar Mitglieder. Dann haben wir wieder neue Selbständige, und Sie können wieder mit Ihren Statistiken hausieren gehen und sagen, daß die Regierung jetzt neue Selbständige "geboren" hätte. Und dem illustren Zirkel des Herrn Hübner geben wir dann auch noch ein paar Zwangsmitglieder, meine Damen und Herren.

Und das wollen wir nicht, Helmut Peter! Wir wollen ein System, wie es zum Beispiel in der Schweiz derzeit in Diskussion ist: Controller 2000, vom Institut für Rechnungswesen und Controlling der Uni Zürich auf fünf Seiten vorgeschlagen: Berufsbild, Prüfungsfächer, Prüfungskonzept. – Das ist zackig, klar ersichtlich und modernst: Controller 2000, Fachausweis für Finanz- und Rechnungswesen, Controller 2000, Diplomexperte für Rechnungslegung und Controlling. Ohne Kammerzwang, meine Damen und Herren! Der darf das alles. Und das wäre ein nachahmenswertes Schweizer Beispiel für uns. So stellen wir Freiheitliche uns moderne Buchhaltung und Dienstleistung vor! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das Ganze gäbe es, Helmut Peter und Herr Präsident Maderthaner, ohne Kammerzwangsmitgliedschaft, wäre automatisch billiger, es gäbe keine Einverleibungsgebühr – aber dagegen seid ihr ja auch, habe ich irgendwann einmal gehört, und jetzt stimmst du wieder für die Einverleibungsgebühr; es ist ja zum Wiehern mit dir! –, keine KU 1, keine KU 2 und keine Grundumlage. All das führst du heute mit deiner Zustimmung ein, Kollege Peter! Aber damit sollst du selber fertig werden. Ich sage nur: Fahne nach dem Wind. (Beifall des Abg. Mag. Schweitzer.)

Meine Damen und Herren! Es war auch ganz interessant, zu hören, was der Abgesandte des Herrn Justizministers im Ausschuß zu einem anderen Thema gesagt hat; Kollege Hofmann wird noch darauf eingehen. Herr Sektionschef Hopf sagte, der Bundesminister für Justiz sei unglücklich über das Vertretungsrecht vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Jetzt weiß ich nicht, wer das lebende Unglück ist: Sie oder der Herr Justizminister? Also unglücklich solltet ihr in der Regierung nicht sein, meine Damen und Herren, ihr solltet euch einig sein. Das wäre schon etwas: Einigkeit in der Regierung, aber unglücklich solltet ihr die Bürger nicht machen. – Ich lasse dieses Zitat des weiteren unkommentiert im Raum stehen.

Meine Damen und Herren! Noch einmal und abschließend: Der vorliegende Gesetzentwurf, der heute mit Mehrheit beschlossen wird, ist zugegeben besser als nichts. Es ist, wie schon mehrmals gesagt, positiv, weil es eine leichte Öffnung bewirkt, aber es ist nicht innovativ, es ist weit entfernt von Bürgernähe, von Transparenz, und es hat einen ähnlichen Makel wie das von Ihnen, Herr Bundesminister, seinerzeit so gelobte Teilgewerbe. Das ist ja auch ein bissel ein Rohrkrepierer geworden. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Farnleitner.) Na ja, wir können uns gerne einmal über diese Grenze unterhalten: Fünf Mitarbeiter darf er haben, einen sechsten darf er schon nicht mehr einstellen. Aber lassen wir dieses Thema!

Auf der Entbürokratisierungsebene in einer vernetzten Materie ist überhaupt nichts passiert, sie ist nicht einmal angedacht worden. Sie können von einer Opposition, die etwas auf sich hält und Alternativen vorlegt und nicht nur nein dazu sagt, nicht verlangen, daß sie einem derartigen lauen Lüfterl zustimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Haigermoser ist der beste Abgeordnete aus Salzburg in diesem Haus!)

13.45

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Dr. Graf, Sie sind sehr leicht zufriedenzustellen, wenn Sie mit der Rede des Abgeordneten Haigermoser zufrieden waren. Es ist für mich ganz logisch, daß die Freiheitlichen gegen diese Regierungsvorlage stimmen werden, denn sie wollen es sich weder mit den Bilanzbuchhaltern noch mit den Steuerberatern verderben. Das ist natürlich am einfachsten. (Abg. Dr. Graf: Und mit wem haben Sie es sich verdorben? – Abg. Haller: Eine Gewissensfrage!) Herr Abgeordneter Dr. Graf, hören Sie meinen Ausführungen zu! Ich habe es mir mit niemandem verdorben ... (Abg. Haigermoser: Weiter, weiter, weiter!) Sie können nicht zuhören, Herr Abgeordneter Haigermoser, aber das ist bereits bekannt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auf Ihr Schweizer Beispiel eingehen, Herr Abgeordneter Haigermoser. Sie kennen die Schweizer Verhältnisse überhaupt nicht und haben vom Beruf des Buchhalters, des gewerblichen Buchhalters und des selbständigen Buchhalters, überhaupt keine Ahnung, wenn Sie den Controller hier anführen. Der Controller hat nämlich ganz andere Aufgaben als der selbständige und der gewerbliche Buchhalter.

Darüber hinaus, Herr Abgeordneter Haigermoser, schauen Sie sich einmal das Schweizer Kammersystem an! In der Schweiz müssen Sie nicht Mitglied sein, aber Sie können verschiedene Dinge nicht machen, wenn Sie nicht Mitglied sind. Außerdem kostet die Schweizer Kammer wesentlich mehr als die österreichische Wirtschaftskammer, mehr als die Wirtschaftstreuhänderkammer und so weiter und so fort. (Abg. Haigermoser: Der Controller ist zuständig für buchhalterische Dinge!) Herr Abgeordneter Haigermoser, Sie argumentieren immer mit Halbwissen, aber ich führe Sie einmal in die Schweiz und schicke Sie zu den entsprechenden Stellen, und dann werden Sie feststellen, daß dieses Schweizer System wesentlich teurer als das österreichische System ist! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haigermoser: Geh!)

Herr Abgeordneter Haigermoser! Ich weiß, Sie glauben es nicht. Deshalb habe ich gesagt, ich führe Sie hin, denn dann werden Sie vielleicht mit Unternehmern dort sprechen und von diesen das erfahren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) – Herr Abgeordneter Dr. Graf, Sie wollen anscheinend nicht informiert werden, also wende ich mich nicht mehr an Sie.

Wir haben versucht, sowohl für die Buchhalter als auch für die Steuerberater einen Mittelweg zu finden, ganz einfach. (Abg. Dr. Graf: Auf Kosten der Anwälte! Auf Kosten eines anderen Berufsstandes!) Es hat sich auch – und das haben Sie auch noch nicht festgestellt – herausgestellt, Herr Abgeordneter Dr. Graf, daß sich die Wirtschaft, die Technologie enorm verändert hat. Wir alle wissen, zu der Zeit, als wir vor etlichen Jahren die Gewerbeordnung beschlossen haben, die Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung, gab es diese Buchhaltungssysteme noch lange nicht. Wir wollen auf der einen Seite erreichen, daß Menschen, die in einem Betrieb als Buchhalter tätig sind, auch die Möglichkeit haben, selbständig zu werden.

Was passiert denn heute? Schlagen Sie den Inseratenteil der Samstag-Zeitungen auf. Sehr viele Menschen bieten Buchhaltungsarbeiten an, können aber diese nicht als selbständiger Buchhalter und auch nicht als gewerblicher Buchhalter ausführen. Darum ist der erste Schritt, Menschen, die bis jetzt in der Illegalität gearbeitet haben, aus dieser herauszuführen und den gewerblichen Buchhalter in der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, in der Wirtschaftskammer zu verankern. Warum? Weil die Bilanzbuchhalter, die uns – nicht nur uns, sondern allen – vehement die Türen eingerannt sind, speziell in der Wirtschaftskammer verankert sein wollten, weil die Gebühren in dieser wesentlich günstiger sind als in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.

Für den Bereich der Wirtschaftstreuhänder haben wir Anfang der achtziger Jahre die Regelung getroffen, daß nur mehr Akademiker diesen Beruf ergreifen können. Jetzt gibt es aber auch Absolventen von Fachhochschulen und so weiter, und dem Herrn Wirtschaftsminister ist es in Verhandlungen mit den Wirtschaftstreuhändern gelungen, hier wieder ein neues System einzuführen und diese Berufsordnung zu entstauben und auch zu liberalisieren. Es wird keine Honorarordnung mehr enthalten sein und die Möglichkeit bestehen, daß der Buchhalter ohne akademische Ausbildung, aber mit einer Bilanzbuchhalterprüfung, die er erfolgreich abgelegt hat, und gewisser Praxiszeit selbständiger Buchhalter werden kann. Mit Weiterbildungsmaßnahmen und Prüfung kann er auch zur Steuerberaterprüfung antreten. Das ist sehr, sehr positiv. Allerdings – das möchte ich Ihnen auch sagen – kann er ohne akademischen Grad nicht Wirtschaftsprüfer werden. Das ist einvernehmlich vereinbart worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gab lange Gespräche mit allen Seiten, es gab diese Stellungnahmen und jene Stellungnahmen, und wir haben versucht, einen Mittelweg zu gehen, der allen gerecht wird. Wir haben Limits vorgesehen, die festlegen, bis zu welchem Ausmaß gebucht werden kann, um speziell den Klein- und Mittelbetrieben helfen zu können und kostengünstigere Angebote an Buchhaltungsarbeiten zu erreichen.

Wir haben aber darüber hinaus auch die Prüfungsordnungen entstaubt und, weil immer auf die Sozialpartner losgegangen wird, ganz bewußt die Sozialpartner aus der Prüfungskommission herausgenommen. In der Prüfungskommission sind nun nur mehr das Finanzministerium und das Wirtschaftsministerium vertreten, wobei die Wirtschaftstreuhänder natürlich prüfen können und ihre Mitglieder zur Verfügung stellen können.

Wir haben durchgehend bei allen Prüfungen erreicht, daß nicht ein Angehöriger dieses Berufsstandes auch der Vorsitzende der Prüfungskommission ist, um mehr Gerechtigkeit zu erzielen, und wir haben auch erreicht, daß Einsichtnahme in die Prüfungsarbeiten gewährt werden kann.

Im Rahmen des Ausschusses haben wir einen Abänderungsantrag eingebracht, mit dem wir das Vertretungsrecht der Wirtschaftsprüfer erweitert haben. Die Wirtschaftstreuhänder haben mit dieser Novelle bereits fixiert bekommen, daß sie das Vertretungsrecht bei den Unabhängigen Verwaltungssenaten haben. Jetzt haben wir darüber hinaus noch das Vertretungsrecht nur für die Wirtschaftsprüfer – das sind Akademiker – bei den Verwaltungsgerichtshöfen in diesen anhängigen Verfahren erreicht. Es sind diejenigen, die sämtliche Arbeiten ausführen und die Vorbereitung für die Rechtsanwälte machen. Die Gruppe der Wirtschaftsprüfer, die hochspezialisiert ist, hat also jetzt auch das Vertretungsrecht beim Verwaltungsgerichtshof.

Meine Damen und Herren! Die öffentliche Auseinandersetzung rund um dieses Gesetz war hauptsächlich von den Anliegen der Buchhalter geprägt, aber dieses Berufsrecht ist im Einvernehmen mit den Wirtschaftstreuhändern zustande gekommen. Es ist dies ein modernes Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das auch auf die Belange der Europäischen Union Rücksicht nimmt. Ich glaube, mit den heute zur Beratung stehenden Gesetzen wird für Österreichs Wirtschaft ein guter Schritt gesetzt.

Meine Damen und Herren! Ich möchte nun einen Abänderungsantrag einbringen. Es geht dabei um eine rein formale Abänderung. Es ist ein Zitierungsfehler unterlaufen, es war nur der erste Satz angeführt, weshalb es jetzt zu dieser Ergänzung kommen muß.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Kollegen zum Bericht und Antrag des Wirtschaftsausschusses (1637 der Beilagen) über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Ziffern 2 und 3 lauten:

"2. Nach § 24 Abs. 2 1. Satz wird folgender Satz eingefügt:

,In Abgaben- und Abgabenstrafverfahren können die Beschwerden und die Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 45 und 46) auch mit der Unterschrift eines Wirtschaftsprüfers versehen sein.‘

3. Dem § 73 wird folgender Abs. 3 angefügt:

,(3) § 23 Abs. 1 und § 24 Abs. 2 2. Satz treten gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes, BGBl. I Nr. .../1999, in Kraft.‘"

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, daß sich in nächster Zeit sehr viele Menschen in den neugeschaffenen Berufen selbständig machen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

13.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der verlesene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt. Er wurde überreicht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Tichy-Schreder, es ist nicht so, daß die Freiheitlichen sich nach allen Seiten offenhalten (Abg. Tichy-Schreder: Na selbstverständlich! Aber ja!), um es sich weder mit den Wirtschaftstreuhändern noch mit den Buchhaltern zu verderben. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Nur, das Problem ist, daß wir, die Freiheitlichen, nicht bereit sind, diesem Kompromiß, einem faulen Kompromiß, einem Eiertanz, den Sie hier aufgeführt haben, die Zustimmung zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber Sie haben schon recht, es ist insgesamt gesehen gar nicht so negativ gelaufen, auch im Ausschuß nicht. Wir haben durchaus positive Dinge im Ausschuß behandelt, auch im Zusammenhang mit dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz. Und positiv habe ich auch den Zwischenruf – als solcher ist er zu werten – meines Kollegen Haigermoser empfunden, denn Schwarz und Rot haben einen Antrag eingebracht, der sich mit der Übernahme von Treuhandaufgaben beschäftigt. Das heißt, der Schutz von Treuhandschaften sollte durch den Herrn Bundesminister sichergestellt werden, beziehungsweise soll die Möglichkeit geschaffen werden, daß interdisziplinäre Gesellschaften im Interesse der Wirtschaft auch tatsächlich gegründet werden können.

Aber was haben Sie bei diesem Entschließungsantrag gemacht? Sie haben eine Frist bis 31. Dezember 1999 hierauf vermerkt. Nun weiß ich schon, daß der Wahltermin zwischen Rot und Schwarz noch nicht hundertprozentig fixiert ist. Das hängt von der künftigen Steuerreform und von vielen anderen Dingen ab. (Abg. Mag. Stadler: Und von den Landtagswahlen!) Es ist eigentlich schon für jeden erkennbar, daß in Wirklichkeit nichts mehr weitergeht. Mit diesem Problem haben Sie seitens der Regierungsparteien zu kämpfen. Es wird wahrscheinlich der 13. Juni sein, oder es wird im Oktober oder November gewählt – wir werden sehen –, aber sicherlich nicht am 31. Dezember 1999! Ein Antrag wie dieser mit einer Frist für 31. Dezember 1999 ist, um es ganz simpel auszudrücken, für die "Würscht". Warum? Weil dieser Antrag in der nächsten Legislaturperiode keine Relevanz mehr hat und ein neuer eingebracht werden müßte.

Nun zu Ihrem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, zu den Buchhaltern zweier Klassen, die Sie geschaffen haben.

Es gibt nun auf der einen Seite den selbständigen Buchhalter, der bilanzierungsberechtigt ist – hier sind Obergrenzen eingezogen – und sich einen Steuerberater zur Vertretung suchen muß. Auf der anderen Seite gibt es den gewerblichen Buchhalter – also das gebundene Gewerbe –, der nicht bilanzieren darf. Die Erstellung von Saldenlisten ist die Grenze dessen, was gemacht werden darf.

Der Nachteil, wie ich meine, ist, daß es wieder zwei Buchhaltergruppen gibt, eine Aufteilung – wie könnte es anders sein?; vom Kollegen Haigermoser bereits angesprochen – auf die Kammer der Wirtschaftstreuhänder und auf das Reich des Herrn Präsidenten Maderthaner, nämlich die Wirtschaftskammer Österreich. Worum geht es? – Um eine Zwangseinverleibung. Wir kennen das ja in Österreich: Jedes Mitglied ist willkommen, so es diese Zwangseinverleibungsgebühr entrichtet.

Lassen Sie mich noch etwas sagen, das zwar heute in der Debatte noch nicht geäußert worden ist, aber medial im Vorspann dazu bereits sehr wohl. Es wurde sehr viel von der Verbesserung der Arbeitsplatzsituation durch dieses Wirtschaftstreuhandberufsgesetz gesprochen, weil es so viele neue Arbeitsplätze geben werde. Ich sage Ihnen: Das, was hier beschlossen wird, ist eine Umverteilung, die stattfindet, und natürlich wird auf diese Art und Weise auch – das ist richtig und wurde schon erwähnt – die Statistik der neuen Selbständigen geschönt.

Unsere Zustimmung können Sie bei diesem Kompromiß, der für uns ein fauler Kompromiß ist, nicht erwarten. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kurt Heindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

13.58

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der Freiheitlichen Partei! Ich weiß nicht, Herr Kollege Hofmann, ob Sie bei der letzten Ausschußsitzung dabei waren. – Doch, Sie waren dabei. Wir haben das korrigiert, weil ich grundsätzlich mit Ihrer Kritik einverstanden war, und diese Frist wurde auf 31. Juli vorverlegt. Jetzt würde Ihre Kritik auch stimmen, sollte noch vor dem 31. Juli gewählt werden, aber grundsätzlich ... (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Das war der Zwischenruf des Kollegen Haigermoser, das war das Positive!) – Das habe ich nicht gehört. Okay, erledigt, darüber brauchen wir nicht mehr weiterzureden.

Helmut Haigermoser! Bei mir war nicht das Hauptthema, wo die jeweiligen neuen Berufsgruppen zugeordnet werden. Im Gegenteil: Hätte ich gehört, was die Bilanzbuchhalter wollen, hätte ich dafür kämpfen müssen, daß sie zur Kammer der gewerblichen Wirtschaft kommen.

Ich zitiere aus einem Verhandlungsprotokoll, das ich heute zufällig bekommen habe: Unser primärer Wunsch – nämlich der der Bilanzbuchhalter – ist es, in der Gewerbeordnung geregelt zu werden. – Die wollten dort hinein. Ich habe mich deswegen herausgehalten, sage ich ganz ehrlich, weil es einfach ein Wettbewerbsproblem war. Das wissen Sie ganz genau. Der Leistungsumfang des gewerblichen Buchhalters ist erheblich geringer als der des selbständigen. Der selbständige Buchhalter ist in Wirklichkeit eine echte Konkurrenz zum Steuerberater. Daher ist er aus organisatorischen und Systemgründen natürlich in diesem Bereich unterzubringen. Das ist die Realität. Alle anderen Interpretationen überlasse ich Ihnen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Helmut, eines muß ich dir schon sagen: Wir haben ausführlich diskutiert, und wenn du sagst, das ist ein laues Lüfterl, dann muß ich sagen, bei euch war Flaute, denn konkrete Vorschläge sind nicht gekommen. Kritik hat es gegeben, ja – ich will jetzt nicht polemisieren –, aber wie man es anders regeln und anders machen könnte, dazu ist von euch nichts gekommen, da war wirklich Flaute, da gab es nicht einmal ein laues Lüfterl. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Da wir im Ausschuß dieses Thema sehr sachlich diskutiert haben, will ich nicht polemisieren. Ich habe jetzt wenig Redezeit; reden wir dann weiter. – Meine Damen und Herren! Ich glaube aber auch, daß das ein sehr wichtiges Gesetz ist.

In den letzten Jahren ist sehr viel über das Thema Dienstleistungsgesellschaft, freie Berufe gesprochen worden. Es gibt genügend Untersuchungen von verschiedenen Wirtschaftsinstituten, aus denen hervorgeht, daß gerade in diesem Bereich ein entsprechendes Beschäftigungspotential vorhanden ist, und zwar vor allem in qualitativer Hinsicht. Und davon haben wir uns leiten lassen. Aus einer erst jüngst vom IHS erstellten Untersuchung geht hervor, daß es im Bereich der freien Berufe ein ungenütztes Potential von rund 30 000 hochqualifizierten Arbeitsplätzen gibt. Die Konsequenz ist normalerweise, daß ein hochqualifizierter Arbeitsplatz die Basis für andere Arbeitsplätze bildet. Also ich bin überzeugt davon, daß das etliches bringen wird.

Schon in den letzten Jahren war das der Fall. Das Wachstum der freien Berufe und ihre Wirtschaftskraft waren bereits in den letzten Jahren zwei- bis dreimal so hoch, als es dem Bruttoinlandsprodukt entsprochen hätte. Wir sehen also, daß wir hier auf dem richtigen Weg sind.

Der Verband der österreichischen Bilanzbuchhalter hat vor einigen Wochen eine Dokumentation herausgegeben. "Die Zeit ist reif", schreiben sie. "Was wir als Angestellte tun müssen, wollen wir als Selbständige tun dürfen." – Wir können es von hier aus sagen: Sie dürfen, sie sollen – und zwar nicht nur aus Eigeninteresse, sondern auch im Interesse der Klein- und Mittelbetriebe. Jeder, der sich mit diesen Dingen näher beschäftigt, weiß, wie sehr dort ein breiteres Angebot, ein qualifiziertes Angebot notwendig ist. Und gerade die Klein- und Mittelbetriebe brauchen das.

Ich habe nämlich vor einigen Wochen eine Diskussion mit Vertretern von Kreditschutzverbänden geführt. Gerade in den letzten Jahren hat sich gezeigt, daß die Hauptursache von betrieblichen Schwierigkeiten in unrichtig, also fehlerhaft geführten Büchern liegt. Wenn also das Angebot breit und auch preiswert ist, dann bin ich davon überzeugt, daß das mittelbar auch ein Beitrag zu einer Verbesserung der Struktur in den Betrieben sein wird. Das war der Ausgangspunkt.

Was wollten wir? – Wir wollten die Überbürokratisierung abbauen, mehr Wettbewerb schaffen, die Aufgaben der einzelnen Berufsgruppen durchlässiger gestalten, monopolistische, geschlossene Bereiche aufbrechen, aber gleichzeitig darauf achten, daß Qualität großgeschrieben wird. Wer sich mit dem Gesetz beschäftigt, wird feststellen, daß wir diese Ziele erreicht haben. Dieses WTBG soll also auch ein Signal an die Klein- und Mittelbetriebe sein.

Nützen sie das Angebot, dann wird es – das können wir von hier aus sagen – in ihrem eigenen Interesse und zu ihrem eigenen Nutzen sein!

In dieser Diskussion ist auch deutlich geworden, daß es ein Spannungsverhältnis gibt, Herr Kollege Graf. Natürlich stehen die Vertreter der Steuerberater für andere Interessen ein als die Vertreter der Anwälte, die Vertreter der Bilanzbuchhalter oder der gewerblichen Buchhalter. Es hat sich nicht um eine Kammerdiskussion gehandelt, sondern um eine Interessendiskussion. Das ist ein breiter Rahmen. (Abg. Dr. Ofner: Ich kann doch nicht die einen befriedigen oder weniger kränken wollen, indem ich einem außenstehenden Berufsstand etwas wegnehme!) – Herr Kollege Ofner! Mit dem Wort "wegnehmen" haben Sie schon wieder das Problem angeschnitten. Wenn Sie liberalisieren, schaffen Sie zwangsläufig Konkurrenz. Sie sprechen von "wegnehmen".

Ich sage Ihnen etwas, weil ich damit ein bißchen zu tun habe. Wir wissen, daß 25 bis 30 Prozent der Verfahren bei Verwaltungsgerichtshöfen in jenem Bereich angesiedelt sind, von dem wir jetzt sprechen. Kollege Ofner, du weißt als Anwalt ganz genau, daß man sich in der Regel der Wirtschaftsprüfer als Gutachter bedient. Diese erledigen dort mehr Arbeit als ein herkömmlicher Anwalt, wenn es sich – ich relativiere das ohnehin, Herr Kollege – nicht um einen Wirtschaftsanwalt handelt. (Abg. Dr. Ofner: Die berufsmäßige Parteienvertretung vor Gericht!) Lieber Kollege Ofner! Ich sage dir noch einmal: In jedem Bereich wird es immer dann, wenn wir liberalisieren, welche geben, die sagen, das ist schlecht. Im selben Atemzug werden sie aber nach Liberalisierung verlangen. Das ist das Problem, vor dem wir stehen. Aber wir können nicht beides zugleich haben: einerseits Liberalisierung und gleichzeitig Aufrechterhaltung geschützter Bereiche. Das geht nicht! (Abg. Dr. Ofner: Untereinander tun Sie nichts liberalisieren!) Ich bin sofort zur Diskussion bereit.

Anerkennen Sie doch, daß wir bemüht waren und auch etliches erreicht haben. Ich bin im Ausschuß gefragt worden, mit wieviel neuen Berufsanwärtern wir rechnen. Niemand kann eine Prognose diesbezüglich abgeben. Wir wissen nur eines: Es haben sich bereits mehr als 7000 Bilanzbuchhalter und Buchhalterinnen in einem freien Verband organisiert. Ihre Zahl ist mittlerweile erneut gewachsen. Es gibt etliche gewerbliche Buchhalter, die vor allem in kleineren Bereichen tätig sind und die aufgrund der Logistik gar nicht in der Lage sind, die entsprechenden Qualifikationen zu erwerben. Ich glaube, wir konnten das berücksichtigen, denn niemand konnte das kritisieren.

Meine Damen und Herren! Ich sage es ganz offen: Es wird nicht die letzte Reform sein. Aber dieser Schritt ist ein wichtiger Reformschritt in Richtung Erweiterung. (Abg. Dr. Ofner: Ich fürchte, das ist die nächste Schwächung der Kammer!) So wie die Kollegen des LIF und der Grünen zugestimmt haben, werden vielleicht auch Sie heute oder morgen zustimmen. (Abg. Mag. Peter: Das glaube ich nicht, Herr Heindl!)

Wir sind stolz auf dieses Gesetz, da es sich um einen Schritt in Richtung mehr Liberalisierung handelt. Jawohl, Helmut Haigermoser, es bringt einen neuen Wind und bietet vor allem vielen Frauen die Chance, eine selbständige Tätigkeit auszuüben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.06

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die jetzige Diskussion geht schon in die richtige Richtung, aber, Herr Kollege Heindl, Sie übersehen etwas ganz Wesentliches: Man bricht in der Rechtspflege bereits mit allen Traditionen in diesem Haus. Dies setzt sich auch in diesem Fall und unter diesem Minister fort.

Ich sage: Es gibt wesentlich intelligentere Lösungen, um mit dem Problem der Gutachtertätigkeit im Vertretungsbereich der Höchstgerichte fertigzuwerden. Es wäre höchst an der Zeit gewesen, daß man die Voraussetzungen dafür schafft, interdisziplinäre Gesellschaften zu gründen. Das wäre ein Lösungsansatz, der an sich klug ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber es wird ja nicht gemacht! Das Berufsrechtsänderungsgesetz der Rechtsanwälte, das in Begutachtung liegt, sieht es wiederum nicht vor. Die Wirtschaftstreuhänderordnung sieht es auch nicht vor.

Herr Minister! In Ihrem Drang, Kompromisse zwischen den einzelnen Interessengruppen zu schließen, schaden Sie den freien Berufsständen generell. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie erheben die Winkelschreiberei zum System. Das muß auch einmal hier gesagt werden. Sie sind einer der Totengräber der freien Berufe generell – das möchte ich hier einmal dezidiert festhalten –, und zwar in vielen Bereichen. Wir haben heute, morgen und in naher Zukunft viele Gesetzesänderungsinitiativen seitens der Regierung hier zu behandeln. Es werden im strafrechtlichen Bereich Konfliktlösungszentren geschaffen, wo in Zukunft Psychologen strafrechtliche oder rechtsfreundliche Vertretungen machen können.

Sie sind nicht in der Lage, ein Berufsbild für Mediatoren beizubringen oder dem Hohen Haus vorzulegen. Sie schaffen aber den Beruf der Mediatoren und damit auch die rechtsfreundliche Vertretung unter Ausschluß der Anwälte in der österreichischen Rechtsordnung. Damit geht es Schritt für Schritt wirklich an die Substanz eines ganzen Berufsstandes.

Aber es wundert mich nicht, daß hier im Hohen Haus kein Aufschrei erfolgt. Denn unter einer Justizausschußvorsitzenden Fekter, die in Wirklichkeit gar nichts mit der Sache zu tun haben will, kann eigentlich nichts weitergehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) In Wirklichkeit weinen wir – auch wir Freiheitlichen – dem ehemaligen Justizausschußobmann Graff in dieser Angelegenheit nach. Er hätte so etwas nie zugelassen! Man kann nicht versuchen, einen freien Beruf abzuändern, zu liberalisieren, wenn das schlußendlich auf Kosten eines anderen freien Berufes geht. Da muß man gemeinsam vorgehen. Da muß man ein System finden, das einer echten Liberalisierung entspricht.

Wirtschaftstreuhänder unterliegen nicht dem Werbeverbot der Rechtsanwälte und können ganz anders und massiv in der Öffentlichkeit auftreten. Es ist eine Wettbewerbsverzerrung, wenn man nicht gleichzeitig auch den Anwälten die gleichen Möglichkeiten in die Hand gibt. Auf der anderen Seite ist es tabu, darüber zu sprechen, daß man bei den Notaren, wo es wirklich notwendig ist, Liberalisierungen herbeiführt, zum Beispiel bei der Unterschriftsbeglaubigung, die überhaupt keine Möglichkeit darstellt, irgendeinem Berufsstand im Wege zu stehen. Ja, Sie sind immer bei uns, aber Sie wollen es nicht für die gesamten freien Berufe regeln.

Die Lösung heißt interdisziplinäre Gesellschaften! Dann gäbe es dieses Problem nicht mehr. Das findet man aber nicht, ich sehe das nirgends. Wo ist denn eine Regierungsvorlage in diesem Bereich? Es gibt sogar eine EU-Richtlinie, nach der wir das umsetzen müßten. Das Berufsrechtsänderungsgesetz der Rechtsanwälte sieht das aber nicht vor. Dort versucht man abzumauern.

In Wirklichkeit knabbert man massiv an der Substanz eines freien Berufes. Wir Freiheitlichen werden daran nicht mitwirken, das können wir Ihnen schon heute und hier sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Peter! Ich bin sehr, sehr gespannt darauf, wie Sie zu diesem Problem stehen. Heute bringt Kollegin Tichy-Schreder einen Abänderungsantrag ein, der sogar das, was nach den Beratungen im Ausschuß nicht zugelassen gewesen wäre, nämlich Wiederaufnahmeverfahren oder Wiedereinsetzungsverfahren, bei denen noch die Vorbehaltlichkeit der Rechtsanwälte geregelt war, jetzt plötzlich auch den Wirtschaftstreuhändern zukommen lassen will.

Das ist nämlich der faule Kompromiß, den Sie eingehen: Sie nehmen auf der einen Seite den Wirtschaftstreuhändern etwas weg zu Lasten eines anderen Berufsstandes, anstatt daß Sie die freien Berufe generell liberalisieren und eine moderne europäische Lösung in Form von interdisziplinären Gesellschaften herbeiführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte.

14.10

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Da ich als "Totengräber der freien Berufe" bezeichnet wurde, muß ich sagen: Ich bin als Totengräber der landwirtschaftlichen Marktordnungen, als Totengräber der Kartellandschaft Österreichs, als Totengräber der "heiligen" Energieordnung, als Totengräber der Telekomordnung und als Totengräber der alten Wirtschaftstreuhänderordnung bekannt. (Abg. Dr. Ofner: Irgend etwas stimmt immer! – Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich darf Ihnen sagen: Für einen Liberalen ist es eine Auszeichnung, so bezeichnet zu werden. Ich finde es nicht beleidigend, das ist wirklich eine Distinktion, auf die ich Wert lege.

Zweiter Punkt: Herr Abgeordneter Graf, es finden parallel zu diesem Gespräch – und dort sollte ich auch teilnehmen – Gespräche zwischen Herrn Minister Michalek und Staatssekretär Ruttenstorfer zur Frage der Rechtsanwaltsordnung und der Notariatsordnung statt, um über eine Gleichsetzung mit den Liberalisierungsfunktionen der Wirtschaftstreuhänder zu verhandeln. (Abg. Dr. Ofner: Ihr wollt alles in der Kammer haben!) Denn eines ist klar: Es macht keinen Sinn, wenn wir in der Wirtschaftstreuhänderordnung interdisziplinäre Gruppen erlauben, andere Ordnungen das aber nicht vorsehen. Ich hoffe, daß in den parallel laufenden Gesprächen diese Art von Liberalisierung durchgesetzt wird. Dies war in der Regierungsvorlage nicht enthalten und wurde über Maßgabe beider Regierungsparteien dem Kollegen Justizminister sozusagen aufs Auge gedrückt. Und darüber wird jetzt verhandelt.

Daher kann es nicht darum gehen, eine einseitige Liberalisierung durchzuführen, sondern es sollten alle freien Berufe in gleicher Weise frei sein, auch das darf ich Ihnen einmal sagen. Ich erlaube mir manchmal, darauf hinzuweisen, daß es leicht ist, anderen zum Wettbewerb zuzureden, sie in Wettbewerbsprozessen zu vertreten, aber im eigenen Bereich ein Werbeverbot und eine Preisbindung zu haben. Damit soll Schluß sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.12

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte. (Abg. Dr. Ofner: Für Sie, Herr Minister, ist ein Freiberufler ein Greuel! – Abg. Dr. Graf: Das ist eine einseitige Regelung!)

Zu Wort gelangt jetzt bitte Herr Abgeordneter Mag. Peter. Ich bitte, die Zwiegespräche einzustellen. – Bitte.

14.12

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Von Haigermoser zu Hofmann zu Graf zieht sich der Weg der Fundamentalopposition, die zwischen der Liberalisierung und dem Schutz der Pfründe der Rechtsanwälte schwankt. Also irgendwie ist es sehr schwierig, gerade bei den Freiberuflern neue Lösungen zu finden, und wie man es macht, ist es falsch. Auf der einen Seite hängt man dem Herrn Haigermoser die Fahne zu sehr in den Wind, ich weiß nicht, in welche Richtung, hoffentlich nicht in seine Richtung, das wäre mir sehr peinlich. Und auf der anderen Seite kriege ich also ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

Lieber Freund! Ich würde mir so wünschen, daß die Freiheitliche Partei ein bißchen was in den letzten zehn Jahren gelernt hätte. Ihr seid immer reaktionärer und immer unerträglicher geworden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Aber ihr fühlt euch dabei wohl, das verstehe ich schon. Ich habe damit Gott sei Dank nichts mehr zu tun. Denn eure Form von Politik, nämlich einfach herzugehen, regelmäßig einen Haufen Unsinn zu erzählen und alles, was gemacht wird, schlecht zu finden, ist zu einfach, zu kurz gegriffen. Ich kann nur bedauern, was ihr unter Politik versteht (Abg. Dr. Graf: Einseitige Regelungen!): Fundamentalopposition um jeden Preis, Unsinn um jeden Preis! Nur laut muß es sein! Und das ist halt ein bißchen bedauerlich. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aber man kann es so schwer jedem recht machen in diesem Fall. Ich habe jetzt auch ein Fax bekommen von einem Wirtschaftstreuhänder, einem beeideten Wirtschaftstreuhänder, einem Steuerprüfer, einem Magister, einem Herrn X, so wollen wir ihn nennen, der mich via E-Mail auf eine Art und Weise angekübelt hat, gegen die der Haigermoser heute noch ein Lercherl war. (Abg. Fischl: Das Volk "kübelt" Sie an, Herr Kollege?) Mein Gott, Fischl, halt einmal den Mund! Es kommt nichts Gescheites heraus! Das heißt also, dieser Herr X, wie wir ihn nennen wollen, hat offensichtlich die Fassung verloren, weil etwas passiert ist, was er sich nicht vorstellen kann, nämlich daß auf einmal Neuregelungen erfolgen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Fischl.)

Also komm, Fischl, du bist jetzt dran. Sag’ etwas Gescheites. Komm! (Abg. Fischl: Du kannst sagen, daß dich jemand als Volksvertreter anschreibt, nicht "ankübelt"!) Ja, er hat mich angekübelt, so wie mich Herr Haigermoser als gewählter Volksvertreter heute angekübelt hat. Ich habe zum Unterschied von dir den Mut, das auch zu sagen. So, hast du noch etwas zu sagen? – (Abg. Fischl: Nein!) Gut, danke, jetzt gehen wir weiter. (Abg. Kiss: Du solltest Lehrer werden!)

Wir haben also insgesamt ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Verzeihen Sie, aber das Wort wird noch immer vom Präsidium aus erteilt! – Herr Abgeordneter Peter, bitte setzen Sie fort!

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Herr Präsident! Da Sie mich nicht unterstützt haben, mußte ich selbst damit fertigwerden.

Wir haben also jetzt ein Gesetz, von dem ich nicht glaube, daß es die Ultima ratio ist, aber ich glaube, daß es ein Gesetz ist, das die Zustimmung der Liberalen wert ist, aus einem ganz einfachen Grund, nämlich weil es offensichtlich ins Schwarze trifft, was eine Reform einer Berufsordnung anlangt – das Werbeverbot wurde bereits genannt –, weil es die Gründung mehrerer gemischter Kanzleien, interdisziplinärer Kanzleien möglich macht und vor allem mehr Wettbewerb entstehen läßt.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß wir in diesem Haus in eine Diskussion darüber eintreten, ob wir Pflichtmitgliedschaften im Bereich der kleinen Kammern der Freiberufler brauchen. Wir haben diesbezüglich ein Papier ausgearbeitet und uns sehr intensiv mit der Frage beschäftigt, welche Möglichkeiten es gäbe, ohne Pflichtmitgliedschaft, wie es in anderen Ländern der Fall ist, Freiberuflerkammern zu führen. Ich glaube aber, daß es sinnvoll ist, jetzt diesen Reformschritt zu machen, ohne die prinzipielle Diskussion zu führen.

Genau dasselbe gilt für die Frage der gewerblichen Buchhalter. Wenn ich nun einmal unter dem jetzigen Rechtssystem den gewerblichen Buchhalter will, dann werde ich ihn wohl oder übel in ein Wirtschaftskammersystem einbinden müssen, das so ist, wie es ist. Die Reformvorstellungen der Liberalen im Bereich der Gewerbeordnung und vor allem im Bereich der Wirtschaftskammer bleiben trotzdem aufrecht. Ich halte aber die drei ... (Abg. Kiss spricht mit Fraktionskollegen.) Bitte laß mich auch mitreden! Um was geht es? (Abg. Kiss: Fußball!) Fußball, Entschuldigung, Fußball. (Abg. Fischl: Das ist unglaublich!) Hast du auch noch etwas zu sagen?

Herr Präsident! Können Sie ihm das Wort erteilen? Er möchte noch etwas sagen.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Er steht nicht auf der Rednerliste, Herr Abgeordneter Peter.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (fortsetzend): Es kommt von dieser rechten Seite eigentlich nur Unflat, also was soll ich darüber diskutieren?

Drei Qualifikationsstufen haben wir also. Der gewerbliche Buchhalter wird ähnlich sein ... (Zwischenrufe des Abg. Mag. Stadler.) Gut, jetzt kommt die übliche Frage der Freiheitlichen, was der Apfelstrudel im "Weißen Rössl" kostet. Ich halte neuerlich fest: Ich weiß es nicht, ich müßte nachschauen.

Es gibt also einen gewerblichen Buchhalter, der ein Kontierer ist. Ich halte die Wertgrenze, an die wir ihn gelegt haben, Frau Kollegin Tichy-Schreder, nicht für notwendig, weil er entsprechend seiner Qualifikation dem Kleinbetrieb dient, und es ist eigentlich nicht notwendig, dort Wertgrenzen nach der Bundesabgabenordnung festzulegen. In Wirklichkeit wird die wirtschaftliche Realität so ausschauen, daß dieser gewerbliche Buchhalter für Kleinbetriebe – rund 80 Prozent der österreichischen Unternehmen haben ja unter 10 Millionen Umsatz, im Handel geht es sogar bis 16 Millionen – selbstverständlich den gesamten Abschluß macht, da der Unternehmer – ich verstehe das schon – selbst unterschreibt, weil er bei der Finanz nicht vertreten werden will. Das ist das, was de facto passieren wird.

Der selbständige Buchhalter hat eine höhere Qualifikation. Er ist daher selbst Wirtschaftstreuhänder. Solange wir den Beruf des Wirtschaftstreuhänders in dieser Art aufrechterhalten, sollte es, so meine ich, auch die entsprechenden Qualifikationsprüfungen geben. Im Unterschied dazu halte ich die Qualifikationsprüfung, das gebundene Gewerbe beim gewerblichen Buchhalter eigentlich für verzichtbar. Denn da entscheidet die tatsächliche Qualifikation auf dem Markt, ob er gut oder schlecht ist, und nicht eine in der Vergangenheit abgelegte Prüfung.

Die Freiheitlichen haben noch immer nicht erkannt, was da Revolutionäres in den freien Berufen im Hinblick auf die Dienstleistung passiert, welch völlig neue Aufgabenstellung und Marktchance sich für die Wirtschaftstreuhänder bietet, und zwar gemeinsam mit Rechtsanwälten und mit Ingenieurkonsulenten. Hiemit ist erstmals in Österreich die Möglichkeit für die Einrichtung interdisziplinärer Kanzleien gegeben!

Herrn Graf sei in Erinnerung gerufen, daß wir heute früh auf unseren Abgeordnetenbänken Mitteilungen vorgefunden haben, in denen steht, daß die Regierungsvorlagen Notariats-Berufsrechts-Änderungsgesetz und Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz bereits dem Hohen Haus zugeleitet wurden. Das heißt also, dieser Prozeß der Öffnung der freien Berufe ist im Gange. Ich vertraue darauf, daß der Entschließungsantrag ernst gemeint ist, wenn er auch letztlich mit 31. Juli begrenzt ist.

Meine Damen und Herren! Es liegt ein Gesetzentwurf vor, zu dem ich als Oppositioneller ja sagen kann, und ich tue dies auch ganz bewußt, weil ich ihn für klug halte. Meine Kritik geht dahin, daß dieses Gesetz keine echte Reform sowohl der Kammern im freiberuflichen Bereich als auch der Wirtschaftskammer mit sich bringt. Das wäre aber bei dieser Reform zu viel verlangt. Daher ist dieser Schritt ein Schritt in die richtige Richtung. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

14.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.19

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes und vor allem das Lobbying, das von einigen kam, hat mich jedenfalls sehr an die Diskussionen rund um die Gewerbeordnung erinnert, und ich war schon sehr überrascht darüber, daß gerade Vertreter von den sogenannten freien Berufen dann, wenn es um ihre eigenen Anliegen geht, nicht wirklich sehr liberal und frei denken, sondern vor allem doch vorrangig daran denken, ihr eigenes gewonnenes Monopol, ihr eigenes Schatzkästchen zu schützen. (Abg. Dr. Graf: Meinen Kommentar zum Berufsrechtsänderungsgesetz der Rechtsanwälte müssen Sie lesen!)

Herr Abgeordneter Graf! Ich bin mit einer extrem offenen Meinung in diesen Ausschuß gegangen. In einem hat ja Abgeordneter Haigermoser zweifellos recht: Das Gesetz ist auf jeden Fall besser als nichts! Das hat er ja auch gesagt. Ich habe mir in diesem Ausschuß die Argumente sowohl von den Regierungsparteien als auch vom Herrn Abgeordneten Peter und den Freiheitlichen sehr aufmerksam angehört. Ich muß Ihnen sagen, in diesem Fall haben mich einfach die Regierungsparteien überzeugt.

Ich möchte einige Beispiele erwähnen, warum ich aus Sicht der Grünen heute sehr bewußt diesem Gesetz meine Zustimmung gebe, fünf Gründe, die vielleicht hier noch nicht so genau aufgezeigt worden sind:

Der erste Grund ist zweifellos der, daß es ein enormer Vorteil ist, daß die gewerbliche Buchhaltung im Bereich der Gewerbeordnung geschaffen wird. Die Grünen haben sich immer dafür eingesetzt, und ich halte es für hervorragend, daß das endlich geschieht. Der Wermutstropfen ist – wir haben das auch schon im Ausschuß angemerkt –, daß es kein Vertretungsrecht gegenüber den Finanzbehörden gibt.

Ein zweites, ganz konkretes Beispiel, das ich für sehr leicht nachvollziehbar halte, ist, daß es durch dieses Aufbrechen eines bisher sehr rigiden Systems tatsächlich möglich ist – Copyright vom Abgeordneten Heindl, muß ich dazusagen –, daß es ein 16jähriger HASCH-Absolvent, eine 16jährige HASCH-Absolventin, also Handelsschulabsolventen, mit entsprechenden Prüfungen und Regelungen bis zum Steuerberater schaffen kann. Das ist tatsächlich ein großer Sprung, und das ist ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Regelung!

Damit komme ich zu einem Punkt, der mich bei den Faxen von seiten der Wirtschaftstreuhänder wirklich geärgert hat, etwas, was bei mir eher einen umgekehrten Effekt erzeugte: Das war dieser Akademikerdünkel, der da durchgeschlagen hat. Es kann mir doch keiner erzählen, daß eine bisher unselbständige Buchhalterin in einer Wirtschaftstreuhandkanzlei bisher offensichtlich nicht ordentlich, vernünftig und hervorragend ihre Arbeit gemacht hat, nur weil sie eben keine Akademikerin ist! Oft ist es in der Praxis doch so, daß sie die Arbeit macht, der Wirtschaftstreuhänder, der Steuerberater "haut" den Stempel drauf – und hin geht’s zur Finanz. Die eigentliche Arbeit wird bisher meist von unselbständigen Buchhalterinnen geleistet, die nun von den Wirtschaftstreuhändern in den Faxsendungen, die wir bekommen haben, offensichtlich als dazu nicht in der Lage abgestempelt wurden. Das hat mich wirklich extrem gestört.

Ein vierter Punkt, weshalb ich diesem Gesetz sehr gerne die Zustimmung gebe, ist, weil es damit gerade auf dem Land für Frauen, möglicherweise auch in schwierigen Regionen, einfacher sein wird, als gewerbliche Buchhalterinnen eine neue Arbeitsplatzmöglichkeit zu finden. Das ist ein ganz eindeutiges Argument, und ich wundere mich, daß das von seiten der Freiheitlichen völlig negiert wird.

Ein fünfter Punkt – und da verstehe ich Herrn Abgeordneten Graf überhaupt nicht, denn darüber haben wir doch im Ausschuß diskutiert – ist, daß es sehr wohl ein interdisziplinäres Faktum in diesem Gesetz gibt, und zwar erstmals! Ich verstehe Ihr Argument überhaupt nicht, denn darum ging es ja auch im Ausschuß, daß es gerade in diesem Bereich endlich möglich sein wird, Gemeinschaftskanzleien, Gemeinschaftspraxen, wenn Sie so wollen, in diesem Bereich zu gründen.

Das doppelte System und die aus meiner Sicht bei den selbständigen Buchhaltern nach wie vor zum Teil sehr bürokratischen, sehr rigiden Hürden sind auch für mich ein Punkt, bei dem ich mir denke: Na, da ist vieles an Kompromiß drinnen, und die beiden Koalitionsparteien, die beiden Regierungsparteien sind dabei eben einem bestehenden System mit all seinen Schwächen verhaftet geblieben.

Aber wenn man sich als Oppositionspartei, so wie bei vielen anderen Punkten, überlegt: Ist das Glas mehr oder weniger halbvoll oder halbleer?, dann kann man sagen: In diesem Fall ist es halbvoll, und man kann daher auch als kritische Oppositionspartei diesem Gesetz zweifellos die Zustimmung geben. Und das tun wir heute! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Haigermoser: Du bist Berichterstatter! Du mußt neutral und objektiv bleiben!)

14.23

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Abgeordneter Haigermoser! Tatsächlich geht mit der heutigen Beschlußfassung eine lange Diskussion zu Ende. Seit der großen Gewerbeordnungsnovelle gibt es nun schon die Diskussion über ein eigenes Buchhaltergewerbe.

In der Diskussion darüber, welchen Umfang das haben sollte, wo das placiert sein sollte, gab es verschiedene Anregungen, gab es auch quer durch die Parteien verschiedene Vorschläge. Jeder von uns war im Ausschuß natürlich konfrontiert mit Wirtschaftstreuhändern, mit Buchhaltern, mit Unternehmensberatern, und jeder von ihnen hat natürlich seine Philosophie erzählt.

Ich glaube, daß die jetzige Lösung, die ja schon im Ausschuß Zustimmung fand, auch heute im Plenum eine breite Zustimmung erfährt. Es haben ja auch die Liberalen und die Grünen angekündigt, diesem Gesetzeswerk zuzustimmen. Ich verstehe die Freiheitlichen nicht, Herr Abgeordneter Haigermoser: Die Freiheitlichen treten ja bekanntlich immer für Entbürokratisierung, für das Aufbrechen alter Strukturen ein, dafür, daß mehr liberale Elemente hineinkommen. Weg mit den geschützten Bereichen!, so hört man immer wieder. (Abg. Haigermoser: Richtig!) Stimmt das so? – (Abg. Haigermoser – eine Broschüre in die Höhe haltend –: Da haben wir es, das ist das Modell!)

Daher verstehe ich Herrn Abgeordneten Graf nicht, der hier die Rechtsanwälte verteidigt, denn immer dann, wenn es um die eigenen Bereiche geht, ist man auf einmal nicht mehr liberal. Dann möchte man das alles nicht haben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Diese Politik der Freiheitlichen nennen wir ab dem heutigen Tag die "Semmel-Politik". Einverstanden damit? (Neuerlicher Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Haigermoser: Was hat er denn gegen die kleinen Bäcker? Dir wird das Körberl gestrichen! Aus ist es mit dem frischen Kipferl zum Frühstück!)

Ich glaube, daß die Änderung der Gewerbeordnung und das neue WTBG ein brauchbarer Kompromiß sind. Die Fakten sprechen für sich. Da geht es nicht darum, daß in der Gewerbeordnung etwas geändert wurde und im WTBG, sondern darum, daß damit zwei Berufsbilder geschaffen wurden – das muß man auch einmal eindeutig sagen –, nämlich in der Gewerbeordnung mit einem gewissen Umfang und im Wirtschaftstreuhandgesetz mit einem gewissen Umfang. Es wird der Markt mit 13,3 Prozent vom Umsatzvolumen geöffnet, das heißt, man hat wirklich den Intentionen der Marktöffnung Rechnung getragen.

Betont werden muß auch: Mit dem, was wir heute beschließen, passen wir gewisse Dinge der Realität an. Das muß auch einmal betont werden. Wie oft geschah da etwas sozusagen unter der Hand, im Schwarzbereich? All das wird jetzt durch diese Änderungen entsprechend legalisiert.

Wir schaffen auch Voraussetzungen, um das Selbständigwerden zu fördern, und es wird dadurch zusätzliche Arbeitsplätze geben. Interessant ist die Feldstudie, die von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Auftrag gegeben wurde: Die Wirtschaftstreuhänder meinen, daß sie Wettbewerbsvorteile hinsichtlich wichtiger Kompetenzen, wie zum Beispiel Verläßlichkeit gegenüber dem selbständigen Buchhalter haben, und zwar auch nach der Beschlußfassung, daß aber beim Preis-Leistungsverhältnis vielleicht die Buchhalter einen Vorteil haben.

Ich glaube, es ist ein Schritt in die richtige Richtung, in Richtung Liberalisierung, in Richtung Durchlässigkeit, und die nächsten Jahre werden ja zeigen, ob wir damit die richtigen Weichen gestellt haben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kiermaier. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.28

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf dem Weg nach Europa ist ein verstärkter Wettbewerb eine Selbstverständlichkeit, die natürlich auch vor den Steuerberatern und Wirtschaftstreuhändern nicht haltmacht. Die Abschaffung der Honorar- und Wettbewerbsrichtlinien war höchst an der Zeit; wir begrüßen das sehr.

Um es gleich vorweg klarzustellen: Begonnen wurde bei den Rauchfangkehrern, und das Ende ist noch lange nicht erreicht, meine Damen und Herren. Es ist ja wirklich nicht einzusehen, daß Preisüberwachung und Konsumentenschutz nur für bestimmte Berufsgruppen gelten, während andere Freiräume haben. Die Devise lautet: Gleiches Recht für alle! Die sogenannten Honorarnoten haben gefälligst den Charakter einer Rechnung zu erhalten, und es kann nicht sein, daß da Unterschiede von 100 Prozent und mehr bestehen.

Meine Damen und Herren! Daß, wie ich immer wieder höre, die Klienten in vielen Fällen penibel jedes kleinste Telefonat verrechnet bekommen, jede Briefmarke per Computerprogramm verrechnet wird, ist geradezu widerlich. Das muß man sich einmal im Dienstleistungsgewerbe vorstellen, meine Damen und Herren! Dort wäre so etwas undenkbar! Dort gibt es eine Reihe von Leistungen, die nicht honoriert werden. Was würde beispielsweise jemand sagen, wenn er heute in ein Kaffeehaus oder in ein Gasthaus geht, seine Zeche bezahlt und dazu einen Posten "Zeitungsgebühr" verrechnet bekommt, weil er die Zeitung gelesen hat? – Es gäbe auch noch andere Beispiele.

Oder: Wenn zum Beispiel ein Handwerker einen Kostenvoranschlag erstellt, meine Damen und Herren, der viel Arbeit erfordert, dann sind qualifizierte Kräfte tagelang tätig – und dann bekommt er den Auftrag nicht. Der kann das ja auch niemandem verrechnen.

Aber die Herrschaften in diesem Bereich, um den es hier geht, meinen, sie können jeden Handgriff verrechnen! Das wird wahrscheinlich in Zukunft nicht mehr möglich sein, das gehört dringendst abgeschafft. Es ist da teilweise – ich sage ausdrücklich teilweise – bei manchen Treuhändern eine Krämerseelen-Natur eingerissen, die es in diesem Berufsstand eigentlich nicht geben sollte.

Meine Damen und Herren! Der Beruf des selbständigen Buchhalters wird von uns in aller Form begrüßt, und wir sind sehr froh, daß er geschaffen wurde. Auch der gewerbliche Buchhalter – auch keine Frage – ist eine gute Sache. Es ist ja heute schon angeklungen, daß es viele kleine Firmen gibt, wo die Aufbuchungsarbeit – und ich weiß, wovon ich rede – ungefähr einen halben Tag pro Woche dauert. Es ist viel, viel sinnvoller, wenn ein gewerblicher Buchhalter mehrere solcher kleinen Firmen betreut. Er hat damit einen legalen Beruf, er hat sein Betätigungsfeld – ich glaube, das war eine Marktlücke, die zu füllen dringend notwendig war.

Die Fachkräfte, die in diesem Bereich tätig sind, meine Damen und Herren, machen ja schlicht und einfach die ganze Arbeit. Daher kann ich mir nicht vorstellen und es kann mich niemand davon überzeugen, daß kleine Betriebe durch jene gewerblichen Buchhalter, die in einem kleinen Betrieb die gesamte Arbeit und auch die Vertretung machen können, schlecht bedient werden. Ich finde das nur legitim!

Ich kann nur sagen, meine Damen und Herren: Das ist kein "laues Lüfterl", das hier weht, Kollege Haigermoser, sondern das ist eine ordentliche Reform. Der Freie Wirtschaftsverband und wir Sozialdemokraten stehen dahinter – und wir bedanken uns auch beim Koalitionspartner, daß er dabei mitgemacht hat. – Danke vielmals. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Wir bedanken uns bei euch, daß ihr mitgemacht habt! Wir sind eine Gesellschaft der wechselseitigen Bewunderung! – Heiterkeit.)

14.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. Gleichfalls 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.31

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich will meine Rede positiv anlegen, weil ich glaube, daß dieses Gesetz, das wir heute beschließen, eine Entbürokratisierung, eine Liberalisierung ist, und ich stehe nicht an, heute hier Frau Kollegin Tichy-Schreder und dem Kollegen Kurt Heindl, die in monatelangen Verhandlungen wirklich eine gute Arbeit geleistet haben, dafür zu danken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hofmann hat gemeint: Na ja, Arbeitsplätze, was ist das schon? – Wir haben dieses Gesetz im Ausschuß sehr ausführlich diskutiert, und ich freue mich auch über das, was Kollegin Langthaler gesagt hat und möchte das wiederholen: Mit diesem Gesetz werden natürlich viele, viele Frauenarbeitsplätze, vor allem in ländlichen Regionen, geschaffen werden. Ich glaube, die entsprechenden Rahmenbedingungen hiefür werden heute gesetzt.

Das Potential an Arbeitsplätzen, die durch dieses Gesetz geschaffen werden können, beträgt 3 000 bis 5 000. Ich kann mich erinnern, Herr Bundesminister, daß Sie gesagt haben, daß dieses Gesetz eine Dynamik entwickeln kann, die auch zur Schaffung von bis zu 10 000 Arbeitsplätzen führen könnte. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können stolz darauf sein, wenn 3 000 bis 5 000 oder vielleicht sogar 10 000 neue Arbeitsplätze durch dieses heute zu beschließende Gesetz geschaffen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren und Herr Kollege Graf! Dieses Gesetz bedeutet auch ein Entfesseln, ein Aufmachen. Es ist durchgängig und bietet auch sogenannten kleinen Leuten Aufstiegschancen. Es wird auch weniger Schwarzarbeit geben. Die Betreffenden haben die Aufstiegsmöglichkeit vom Buchhalter bis zum Steuerberater, und mit diesem Gesetz werden auch für andere hohe Eintrittschancen geschaffen. Und, mein Gott, wenn das Akademikerprinzip fällt, dann ist ja auch nicht die Welt zusammengebrochen. Warum soll sich einer nicht von unten hinauf emporarbeiten, durch Kurse und so weiter, wenn er seinen Beruf seinerzeit falsch gewählt hat, warum kann er sich nicht ein anderes Berufsbild aussuchen? (Abg. Dr. Graf: Von mir aus ist es in Ordnung! Das habe ich ja gar nicht bekrittelt!) – Sie sind ja immer für Entbürokratisierung und für Liberalisierung. (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ich habe nur 4 Minuten Redezeit!

Es ist auch völlig egal, Herr Kollege Haigermoser, welche Kammerzugehörigkeit vorliegt. Wichtig ist, daß die Fachhochschulen aufgewertet werden, daß Prüfungen stattfinden.

Sie haben berichtet, daß Sie viele Briefe von Betroffenen erhalten haben. Auch ich habe einige hundert Briefe bekommen. Da werden wir beispielsweise gebeten, die Betreffenden bei der Umsetzung dieser Wünsche der über 250 000 Unternehmen Österreichs und der über 16 000 Bilanzbuchhalter Österreichs zu unterstützen. – Und genau das geschieht heute, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Auch die Wertgrenzen wurden geregelt; das wurde bereits erwähnt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Und – aufpassen! – es gibt eben auch entsprechende strafrechtliche Vorkehrungen, um die Auftraggeber, Herr Kollege Haigermoser, um die Steuerzahler zu schützen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser.) – Streut Rosen und bleibt bei keinen Stengeln.

Last but not least möchte ich auch den stillen Arbeitern des Ministeriums danken, allen voran Herrn Dr. Bernbacher. Ich glaube, er hat in diesem Zusammenhang wirklich gute Arbeit geleistet.

Dieses Gesetz, meine sehr geehrten Damen und Herren – und darauf sind wir, ist die Koalition sehr stolz –, bedeutet ein Abschneiden von alten Zöpfen, und daher geben wir diesem Gesetz gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Halleluja!)

14.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.35

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gut Ding braucht Weile, heißt es, und Weile hat es gebraucht, dieses neue Wirtschaftstreuhandberufsgesetz. Ob es ein gut Ding ist, beurteilen zumindest die Betroffenen sehr unterschiedlich: Den Buchhaltern geht es zuwenig weit, den Wirtschaftstreuhändern geht es zu weit. – Ich denke, es ist ein gut Ding aus vielen Gründen, die heute schon genannt wurden. Drei davon darf ich noch einmal kurz wiederholen.

Erstens einmal bietet es einer großen Gruppe von Menschen die Möglichkeit, den Weg in die Selbständigkeit zu beschreiten, und darüber hinaus – mein Vorredner hat darauf hingewiesen – auch den Weg aus der Illegalität zu finden. Man weiß, daß gerade im Kleinstgewerbebereich sehr viele Buchhaltungen schwarz gemacht werden.

Durch die Beseitigung – ein zweiter Punkt – der Honorar- und Wettbewerbsrichtlinien wird erstmalig per Gesetz ein freiberufliches Monopol aufgeweicht, wenn auch nicht zur Gänze beseitigt.

Ein dritter Punkt – und dieser wurde heute auch schon des öfteren genannt –: Die Durchlässigkeit der Ausbildung und damit der beruflichen Karriere, ohne zwingenden Hochschulabschluß und ohne Matura, ist eine ganz große Errungenschaft dieses Gesetzes.

Daß das freiberufliche Monopol der Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater noch nicht ganz beseitigt werden konnte, zeigt die Diskussion, zum Beispiel wenn es um die Berechtigung zum Abschluß von Büchern geht. Da darf jetzt der selbständige Buchhalter zwar bis zu den Grenzen der BAO 125 auch abschließen, er darf aber nur Bücher führen für die doppelte Grenze. Warum – wer kann mir das erklären? – kann er nicht auch bei 10 Millionen Schilling einen Abschluß durchführen? Ist das nicht doch eine Verteidigung eines bestimmten Marktanteiles? – Die Frage, was passiert, wenn die Grenzen überschritten werden, ist meiner Meinung nach noch zu klären.

Oder aber: Warum darf er den Kunden bei der Finanzbehörde nicht vertreten? Man muß nämlich bedenken, daß die Bilanz und alles, was dazu gehört, der Unternehmer ja selbst unterschreiben muß und selbst auch der Behörde gegenüber verantwortlich ist. Also: Wo wird erklärt, warum er, der selbständige Buchhalter, ihn nicht vertreten darf?

Ein Nadelöhr – und darauf möchte ich auch noch hinweisen – scheint mir weiters die Zusammensetzung dieser Prüfungskommissionen zu sein. Es ist das zwar gegenüber dem ursprünglichen Entwurf sehr, sehr viel besser geworden, aber noch immer hat die Wirtschaftstreuhänderkammer ein Anhörungsrecht, wenn es um den Vorsitz geht; sie schlägt nach wie vor die Hälfte der Prüfungskommissäre vor. Ich wünsche dem Wirtschaftsminister schon heute viel Glück, wenn er diesbezüglich einmal nicht konform geht mit den Vorschlägen und mit der Anhörung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder.

Ich denke – und das wurde eigentlich von allen Seiten betont –, der Weg, der mit diesem Gesetz eingeschlagen wurde, ist richtig!

Lassen Sie mich mit einem Zitat aus der "Presse" vom 27. Jänner 1999 enden – ich gebe es nicht wörtlich, sondern nur inhaltlich wieder –: Der Alpenländische Kreditorenverband stellt darin fest, daß die Honorare der Wirtschaftstreuhänder als Buchhalter mit Hochschulabschluß sich für Kleinunternehmer in recht hohen Sphären bewegen. Weiters wird festgestellt, daß es trotz dieser Buchhalter mit Hochschulabschluß bei den Insolvenzen in den letzten Jahren kein einziges Unternehmen gegeben hat, bei dem die Buchhaltung in Ordnung gewesen wäre. Bei den Buchhaltern ohne Hochschulabschluß kann es also nur noch besser werden, in jedem Fall aber billiger. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

14.41

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich mit dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz auseinandersetzt, dann bietet es sich geradezu an, sich mit der Aufgabe von Treuhändern generell auseinanderzusetzen, und zwar mit der Tätigkeit von Notaren, Rechtsanwälten oder Gewerbetreibenden, die derartige treuhändische Tätigkeiten übernehmen.

Es geht darum, daß Treuhandgelder verschwinden beziehungsweise unterschlagen oder veruntreut werden. Das Thema ist aktueller denn je: Ich erinnere an die Diskussion um den Fall des Rechtsanwaltes N.N., bei dem Hunderte Millionen gesucht werden, aber ich erinnere auch an den Fall Rosenstingl, der als Prokurist für seine Wirtschaftstreuhandunternehmen Treuhandgelder entgegengenommen hat, die verschwunden sind.

Der Wirtschaftsausschuß hat daher einen Entschließungsantrag angenommen, in dem der Bundesminister für Justiz bis 31. Juli aufgefordert wurde, die Schaffung eines bundeseinheitlichen Treuhandregisters vorzulegen und gleichzeitig auch generelle zivilrechtliche Bestimmungen zur Regelung der Treuhandschaft im ABGB zu schaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um eine Neuregelung im ABGB, es geht um einen Mustertreuhandvertrag, es geht um ein bundeseinheitliches Treuhandregister, und es geht um ein Versicherungspaket, damit Konsumenten und Unternehmer nicht geschädigt werden. Mit einer solchen Realisierung schaffen wir mehr Rechtssicherheit für Konsumenten und zugleich auch Vertrauen in die Treuhandberufe. Wir Sozialdemokraten werden dieses Anliegen weiterverfolgen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Beim Treuhandbereich muß man auch die Position der Banken miteinbeziehen und überdenken!)

14.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Der Berichterstatter hat auf sein Schlußwort verzichtet.

Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen. Ich bitte die Mitarbeiter, die Gänge zwischen den Sitzreihen zu verlassen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1635 der Beilagen.

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält Verfassungsbestimmungen. Ich stelle daher das verfassungsmäßig vorgeschriebene Präsenzquorum fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Entwurf ist damit angenommen.

Ausdrücklich stelle ich fest, daß die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich auch um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mehrheitlich so der Fall.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1635 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

So Sie dieser Entschließung beitreten möchten, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit, daher angenommen. (E 155.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1636 der Beilagen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

So Sie auch in dritter Lesung Ihre Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1637 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Tichy-Schreder, Dr. Heindl und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffern 2 und 3 eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages abstimmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung auch in dritter Lesung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

5. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über die Regierungsvorlage (1555 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das BIG-Gesetz, BGBl. Nr. 419/1992, geändert wird (5. BIG-Gesetz-Novelle) (1640 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Bautenausschusses über den Entschließungsantrag 821/A (E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend den Verdacht von Preisabsprachen im Hoch- und Straßenbau (1641 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 5 und 6 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.46

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Wir debattieren nun die Änderung des BIG-Gesetzes aus dem Jahre 1992. Es geht dabei im wesentlichen um drei Punkte: Der erste Punkt ist die vorgesehene Nutzung des Palais Epstein durch das Parlament, der zweite Punkt die Übertragung des Universitätszentrums Althanstraße an die BIG, und der dritte Punkt ist die Vermarktung von weiteren 1 200 Wohneinheiten, die im wesentlichen aus dem Bereich Landesverteidigung kommen, durch die BIG.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am einfachsten ist wohl die Angelegenheit Palais Epstein zu betrachten. Wir Freiheitlichen begrüßen, daß das Palais Epstein in der Zukunft vom Parlament genützt werden kann und wird. Wir sind überzeugt davon, daß es gelingen wird, dieses Objekt einerseits dem Denkmalschutz und andererseits modernen und praxisgerechten Anforderungen Rechnung tragend dem parlamentarischen Betrieb zuzuführen – sind doch gerade wir Freiheitlichen diejenigen, die von Wahl zu Wahl immer drückender unter Platznot leiden und dieses Gebäude daher sehr gut zu nützen wissen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was den zweiten Punkt, die Übertragung des Universitätszentrums Althanstraße an die BIG betrifft, meine sehr verehrten Damen und Herren, so sollten wir dabei auch die Interessen der Wissenschaft im Auge behalten. Ich habe im Ausschuß schon gesagt – und wir werden das auch weiterhin kritisch verfolgen –, daß sich die Kostenentwicklung für die Universitäten durch die Mieten an die BIG sehr bedenklich entwickelt. So haben sich zum Beispiel die Mietkosten im Jahr 1997 auf 1,105 Milliarden Schilling belaufen, im Jahr 1999 wird dieser Betrag bereits bei 1,9 Milliarden Schilling liegen. Das macht immerhin bereits 6,7 Prozent des Wissenschaftsbudgets aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen, daß gerade Forschung, Entwicklung und Wissenschaft in Österreich großen Nachholbedarf haben, daß wir bestrebt sein müssen, entsprechend viele gut ausgebildete Akademiker zu haben. Es ist nicht einzusehen, daß in diesem Bereich eine Budgetumschichtung vom Wissenschafts- zum Wirtschaftsressort erfolgt, und das womöglich auf Kosten der Wissenschaft.

Herr Minister! Ich erinnere Sie an Ihre im Ausschuß getätigte Aussage, daß wir kein Mitleid mit den Falschen haben sollten, kein Mitleid mit der Wissenschaft, die laut Ihrer Aussage wenig Bewußtsein für die Kosten von Räumen und Ressourcen aufweist. Ich, Herr Minister, und meine Fraktion, wir haben Mitleid mit den Universitäten, mit der Forschung, weil es dabei schließlich um die Zukunft geht, und diese liegt uns sehr am Herzen.

Zum dritten Punkt: Es werden der BIG 1 200 Wohneinheiten aus dem Bereich der Landesverteidigung zur Vermarktung zum Verkehrswert übertragen. Wir begrüßen grundsätzlich, daß für die Mieter und Bewohner die Möglichkeit geschaffen wird, Eigentum zu fairen Bedingungen zu erwerben. Wir wissen aber auch, daß es bei der Vermarktung viele Probleme gibt – als Schlagwort nenne ich hier nur das Mischeigentum oder sogar auch Spekulationsvorwürfe, die dahin gehen, daß Großvermarkter große Objekte kaufen und aufgebrachte Mieter über neuen Wohnungskostenbescheiden brüten.

Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl, Mag. Haupt und Kollegen betreffend die Übertragung von 1 200 Bundeswohnungen an die BIG-LV

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf mit einer entsprechenden Novellierung des § 24a Gehaltsgesetz vorzulegen, der die Möglichkeit einer Erhöhung der Mietaufwendungen für Beamte im Ruhestand beziehungsweise deren Hinterbliebenen im Sinne des derzeit geltenden § 24a Gehaltsgesetz wieder beseitigt.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, im Interesse einer optimalen Transparenz der Vorgänge in Zusammenhang mit der Liegenschaftsverwertung durch die BIG-LV sowie einer optimalen Vermarktung der im Sinne des BIG-Gesetzes zu diesem Zwecke übertragenen Wohnflächen dem Nationalrat jährlich einen Bericht vorzulegen."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt immer wieder Anfragen in bezug auf den Stand des Projektes der Vermarktung der Liegenschaften sowie die Transparenz der Vorgänge um diese Vermarktung. Sie haben selbst bestätigt, Herr Minister, daß sehr viele Anfragen im parlamentarischen Bereich zu diesem Thema vorliegen. Stimmen Sie diesem Antrag im Sinne der Transparenz dieses Projektes und der optimalen Vermarktung dieser Liegenschaften zu! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.51

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die 5. BIG-Novelle enthält einige sehr wichtige Vorhaben, die sich hinter diesem sehr technisch klingenden Namen verbergen.

Zum ersten werden durch diese Novelle vom Bund an die BIG beziehungsweise an eine in ihrem Alleineigentum stehende Gesellschaft 1 200 Wohnungen verkauft, mit denen so wie sonst nach dem Stammgesetz vorgegangen werden soll. Das heißt, es besteht die Möglichkeit, diese Wohnungen vor allem an die interessierten Mieter weiterzuveräußern, ein Weg, der erfolgreich ist, den ich sehr begrüße und der, glaube ich, auch in anderen Bereichen weitergegangen werden soll. Wann immer Mieter Interesse am Eigentumserwerb haben, soll ihnen das ermöglicht werden. Ich hoffe, daß etwa die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner über wohnrechtliche Veränderungen die Möglichkeit eröffnen, bisherige Hemmnisse zu beseitigen, und daß etwa im Bereich des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes die seitens des Bauträgers insofern bestehende Manipulationsmöglichkeit, als er durch eine Verschiebung des Zeitpunktes der Zahlung der Grundkosten den Mieter daran hindern kann, Rechtsanspruch auf Eigentumserwerb zu bekommen, beseitigt wird.

Ein weiterer wichtiger Bereich der BIG-Novelle ist die Abrundung der Betreuung der Universitätseinrichtungen in Wien durch die Bundesimmobiliengesellschaft. Es werden praktisch alle Universitätseinrichtungen bereits von der BIG betreut. Das neu errichtete – so neu ist es gar nicht mehr – Universitätsgebäude Althanstraße ist in der Zwischenzeit abgezahlt. Daher ist es sinnvoll, auch dieses Gebäude in den Fruchtgenuß der BIG zu übertragen und damit eine einheitliche Betreuung der gesamten Universitätsliegenschaften in Wien zu erreichen. Das ist der Grund und nichts anderes. Die Ausführungen meines Vorredners dazu sind daher ins Leere gegangen.

Als Wiener und als museal Interessierter freut mich auch, daß mit dieser Novelle eine wichtige Voraussetzung dafür geschaffen wird, daß dem Technischen Museum bessere Möglichkeiten geboten werden können, vor allem für die Errichtung einer Halle, in der die Verkehrsausstellung untergebracht werden kann. Gleichzeitig werden damit auch Parkmöglichkeiten geschaffen.

Ein ganz wesentlicher Punkt für das Parlament – wir sollten uns ruhig dazu bekennen und dies hier auch zum Ausdruck bringen – ist die Bereitstellung des ehemaligen Stadtschulratsgebäudes, des Palais Epstein, für das Parlament – ein Gedanke, der gar nicht so neu ist. Ich habe meinen Klub einige Jahre lang im sogenannten Raumkomitee des Hauses vertreten, und wir haben schon vor etlichen Jahren das wegen seiner Nähe und seiner Ausstattung für Parlamentszwecke sehr geeignete Stadtschulratsgebäude dafür in Betracht gezogen, die Arbeitsmöglichkeiten der Abgeordneten zeitgemäß zu erweitern, auch in einer zumutbaren Entfernung, etwa wenn es darum geht, zu einer Abstimmung zurechtzukommen, was natürlich auch für den parlamentarischen Betrieb ganz wichtig ist. Daß wir das Gebäude in der Schenkenstraße für Parlamentszwecke anmieten konnten, war uns zwar damals höchst willkommen, es ist aber keineswegs so günstig gelegen.

Dieses Palais Epstein ist vor der Übertragung zur Nutzung für Parlamentszwecke in Diskussion geraten, weil es mit einer an sich sehr verfolgenswerten Idee, nämlich dort ein "Haus der Zeitgeschichte" oder ein "Haus der Toleranz" zu schaffen, in Zusammenhang gebracht wurde. Ich halte diesen Gedanken für sehr wichtig, und ich halte es auch für wichtig, daß er vom Parlament unterstützt wird. Gerade aber weil dieser Gedanke so wichtig ist, kann man dafür nicht das nächstgelegene Gebäude verwenden, ungeachtet seiner Eignung für diesen Zweck. Ein "Haus der Zeitgeschichte", und noch mehr ein "Haus der Toleranz", kann keine reine Ausstellungssache sein. Das kann keine rein museale Darstellung sein, sondern dabei geht es darum, ein interaktives Geschehen zu ermöglichen, den Besuchern die Möglichkeit zu geben, sich wirklich mit der Zeitgeschichte Österreichs zu beschäftigen, mit den Höhen und Tiefen unserer Zeitgeschichte und damit, welche schweren Verstöße gegen die Menschenrechte und gegen die Toleranz es gegeben hat. Ein interaktives Einbinden der Besucher einer solchen Einrichtung ist ganz, ganz wichtig. Daher ist es notwendig, auch die entsprechenden Studien durchzuführen und die entsprechenden Räumlichkeiten mit Sorgfalt zu suchen und dann bereitzustellen, bevor eine solche Einrichtung geschaffen wird.

Ich habe schon im Bautenausschuß bei der Verabschiedung der BIG-Novelle gesagt, daß mit dem Erwerb des Palais Epstein für das Parlament das "Haus der Zeitgeschichte" oder das "Haus der Toleranz" keineswegs abgehakt ist, ganz im Gegenteil: Wir wollen das mit Nachdruck verfolgen. Auch der Klubobmann meiner Fraktion Andreas Khol hat sich mit Nachdruck dafür eingesetzt, daß wir einen gemeinsamen Beschluß fassen können.

Ich freue mich daher, daß es mir vergönnt ist, folgenden Fünf-Parteien-Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol, Mag. Stadler, Dr. Schmidt, Dr. Petrovic betreffend Ideenwettbewerb für ein "Haus der Geschichte" beziehungsweise ein "Haus der Toleranz"

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, den Gedanken der Errichtung eines "Hauses der Toleranz" beziehungsweise eines "Hauses der Geschichte", für dessen Realisierung gerade auch in letzter Zeit verschiedene Vorschläge zur Diskussion gestellt wurden, weiterzuverfolgen und in Zusammenarbeit mit den Bundesländern Wien und Niederösterreich nach geeigneten Standorten für ein solches Projekt zu suchen.

Zur Realisierung dieses Konzeptes möge auf breiter Basis ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben werden, der mithilft, eine optimale Lösung der gestellten Aufgabe zu finden, wobei Expertisen, die von der Frau Bundesministerin Gehrer und Herrn Bundesminister Dr. Einem bereits in Auftrag gegeben wurden, ebenfalls entsprechende Berücksichtigung finden sollten.

Über das Ergebnis diesbezüglicher Aktivitäten möge die Bundesregierung dem Nationalrat zum frühestmöglichen Zeitpunkt, längstens aber bis 31.10.1999 einen Bericht vorlegen.

*****

Ich freue mich darüber, daß dieser Antrag eine so breite Basis im Haus finden wird, daß er als Fünfparteienantrag eingebracht wird, daß wir mit Nachdruck die Ideen des "Hauses der Zeitgeschichte", des "Hauses der Toleranz" weiterverfolgen. Es sollte auch der Vorschlag der Kultusgemeinde, ein Haus oder ein Zentrum der Shoa zu schaffen, der auch von Simon Wiesenthal unterstützt wird, miteinbezogen werden, weil das leider ein tragischer Teil unserer Zeitgeschichte ist und eine Mahnung zu Toleranz und dazu, ein menschenwürdiges Verhalten allen unseren Mitbürgern gegenüber zu erreichen.

Ich bitte, diesem Antrag ebenso wie der BIG-Novelle die Zustimmung zu geben. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 5 und 6, um geschäftsordnungsgemäß um 15 Uhr eine und dann eine zweite Kurzdebatte aufzurufen.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4831/AB

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zur Durchführung einer Kurzdebatte, und zwar über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Justiz mit der Ordnungszahl 4831/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich somit.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache auf folgende Redezeitbeschränkungen gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung aufmerksam: Antragsteller zur Begründung maximal 10 Minuten, jeder weitere Redner maximal 5 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung und zu Wort gemeldeter Staatssekretäre sollen 10 Minuten nicht übersteigen.

Zur Begründung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stadler gemeldet. 10 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.00

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben diese heutige Anfragebesprechung unter anderem deswegen verlangt, Herr Bundesminister, weil Ihnen vor wenigen Tagen der künftige Landeshauptmann von Kärnten, Dr. Haider, vorgeworfen hat, daß die Justiz, der Rechtsstaat in zunehmendem Maße verrottet seien. (Abg. Dr. Gredler: Was ist der? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Der künftige Landeshauptmann!) – Der künftige Landeshauptmann von Kärnten, falls Sie das noch nicht bemerkt haben. Sie werden dort nicht vorkommen, Frau Gredler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jedenfalls hat der Herr Bundesminister auf den Vorwurf, daß der Rechtsstaat unter dieser Justiz zunehmend verrottet sei, recht heftig reagiert. (Abg. Smolle: Er soll ja schon Bundeskanzler werden wollen!)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ihre Reaktion, Herr Bundesminister, war in Wirklichkeit überflüssig. Sie hätten, anstatt sich auf Dr. Haider, den künftigen Landeshauptmann von Kärnten (Abg. Dr. Gredler: Wo ist Haider?), einzuschießen, hergehen und Ihre Justiz einmal durchleuchten müssen. Ich beziehe mich damit auf eine Anfrage, die heute zur Debatte steht. Selbst Ihre eigene Justizausschußvorsitzende, Frau Fekter, die jetzt nicht da, die immer dann durch Abwesenheit glänzt, wenn es um sie geht, wirft Ihnen im Zusammenhang mit der Causa Rieger vor, daß in der Justiz die Strafverfolgung des Herrn Bankchefs deshalb unterblieben ist, weil dort Akte monatelang liegengeblieben sind. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Da ist ein Lärmpegel! Kann man das nicht abschaffen?) Bereits das hätte Sie stutzig machen sollen. Sie hätten prüfen sollen, ob der Vorwurf, daß der Rechtsstaat in Österreich unter Ihrer Ministerschaft verrottet sei, nicht vielleicht doch stimmt.

Herr Bundesminister! In den heutigen Tageszeitungen war nachzulesen, daß ein weiteres Beispiel der Verrottetheit in der Rechtspflege in diesem Land heute zur Debatte stehen soll. Man hat gelesen, die Österreichische Volkspartei bringt eine Dringliche Anfrage ein. Ich weiß nicht, Herr Bundesminister, ob Sie diese Dringliche bekommen haben. – Sie haben es auch nur in der Zeitung gelesen. Mir ist es gelungen, von der ÖVP die Dringliche Anfrage zu bekommen, die sie nicht eingebracht hat, meine Damen und Herren! (Rufe bei den Freiheitlichen: Aha!)

Dringliche Anfrage der Abgeordneten Fekter und Wurmitzer – immer dann, wenn es gegen die FPÖ geht, ist Herr Wurmitzer dabei – betreffend wiederkehrende FPÖ-Vorwürfe einer angeblichen Politjustiz in Österreich. – Meine Damen und Herren! Diese Dringliche Anfrage wurde nicht eingebracht. Das ist für die Anfragesteller besonders peinlich, weil sie jetzt nämlich eine Klage ins Haus bekommen werden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ach so!) Frau Fekter ist, wie gesagt, Vorsitzende des Justizausschusses. – Sie brauchen sich nicht zu fürchten, Frau Bauer! Sie sind noch nie irgendwie aufgefallen, aber Ihr Kollege Wurmitzer, der nicht da ist, Herr Kollege Spindelegger, der nicht da ist, und Frau Fekter, die nicht da ist, ... (Abg. Dr. Puttinger: Da ist er!)

Jö, der Herr Spindelegger – die graue Maus im Hintergrund mit der Sozialwohnung, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da ist ja einer der Täter! Die Klage, Herr Kollege Spindelegger, ist bereits fertig, sie wird eingebracht werden. Sie werden für Ihre kolossalen Falschbehauptungen geradestehen müssen. Sie waren so etwas von nicht informiert – das sind Sie meistens –, nur diesmal sind Sie es zu Lasten der Freiheitlichen Partei in Niederösterreich gewesen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist er immer!) Diesmal waren Sie es zu Lasten einer Unternehmung der FPÖ. Sie haben einfach Falsches zitiert, Sie sind einem Falschinformanten, auf den ich dann ein bißchen eingehen werde, auf den Leim gegangen. Und jetzt müssen Sie vor Gericht für das Ganze geradestehen. (Abg. Dr. Fekter: Riegerbank!)

Herr Bundesminister! Dann wird Ihre Justiz die Möglichkeit haben, ohne Scheuklappen (Abg. Dr. Fekter: Herr Präsident! Zur Sache!), so wie sie nämlich Ihre Justiz bei einem anderen Fall, bei einem ÖVP-Minister hatte – diesen Fall habe ich auch dabei –, Herrn Spindelegger, Frau Fekter – Justizausschußvorsitzende – und Herrn Wurmitzer eine Verurteilung auf den Pelz zu brennen, meine Damen und Herren! Für Falschbehauptungen, wie sie Herr Wurmitzer, Frau Fekter und Herr Spindelegger ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das wird er nicht machen!) – Ich weiß, daß er es nicht durchsteht. Ich weiß, daß der Herr Minister nicht einer der Tapfersten ist, das wissen wir alle. Aber er sollte jedenfalls dafür sorgen, daß seine Justiz unparteiisch zu judizieren hat, meine Damen und Herren, Hohes Haus! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe bei der ÖVP: Das ist ungeheuerlich!)

Für diesen Schmarren, Herr Spindelegger, werden Sie vor der Justiz dieses Ministers stehen. Für diesen Schmarren werden Sie hoffentlich und wahrscheinlich auch eine Verurteilung ausfassen, so wie es, meine Damen und Herren, Hohes Haus, jedem geschieht, der etwa folgende Falschbehauptung aufstellt: Wir würden 29 Firmen Millionen an Forderungen, die diese Firmen gegen uns hätten, nicht bezahlen. – Das ist hanebüchen falsch! Herr Spindelegger, der natürlich ein Beamter ist, bringt ein paar Firmen durcheinander, das ist nichts Ungewöhnliches. (Abg. Steibl: Das ist eine Beleidigung der Beamten!) Aber ich habe immer geglaubt, eine Schottergrubenbesitzerin kennt sich wenigstens bei mehreren Firmen aus und kann drei Firmen auseinanderhalten. Das kann die Frau Justizausschußvorsitzende aber offenkundig nicht, meine Damen und Herren, Hohes Haus!

Das Problem ist aber ein anderes: Sie hat endlich einen schwindligen Informanten gehabt, und zwar Herrn Leiter. Das ist jener Mann, der von der Kriminalpolizei bereits als nicht ganz seriös eingestufter Informant gewertet wird. Er geht zuerst beim SPÖ-Klub ein und aus, die rennen dann gleich zu "NEWS", und jetzt ist er bei der ÖVP gelandet, die gleich eine Dringliche Anfrage machen, die sie dann nicht einbringen, meine Damen und Herren! (Abg. Smolle: Woher wissen Sie das?) So funktioniert das. Das ist Herr Leiter. Er wird auch in der Dringlichen Anfrage der ÖVP erwähnt, und zwar gleich in mehreren Fragestellungen, meine Damen und Herren! Ist das nicht von Ihnen ein Beleg dafür ... (Abg. Dr. Fekter: Zur Sache! – Abg. Steibl: Wo ist Haider?)

Frau Fekter ist jetzt eingetroffen – einen Sonderapplaus für die Frau Justizausschußvorsitzende und ihre Falschbehauptungen! Frau Fekter! Sie werden dafür geradestehen müssen. Mit Ihren Anfragen, die Sie hier im Haus einbringen wollen, mit denen Sie belegen wollen, daß diese Justiz angeblich nicht verrottet sei, haben Sie als Justizausschußvorsitzende im erheblichen Maße dazu beigetragen, daß der Vorwurf, der Rechtsstaat in Österreich sei verrottet, stimmt. Das ist das Problem einer Justizausschußvorsitzenden, die irgendwelchen Halbweltstypen als Informanten aufsitzt. Das ist das Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Sie halten die falsche Rede, Herr Stadler!)

Sie hätten spätestens bei Ihrer eigenen Pressekonferenz mitbekommen müssen, daß Sie auf dem falschen Dampfer sind, Frau Kollegin Fekter! (Abg. Smolle: Herr Kollege Stadler!) Ich bringe Ihnen noch ein paar andere Beispiele für eine verrottete Justiz. (Abg. Smolle: Herr Kollege Stadler!) Ich bringe Ihnen ein Beispiel aus einem Ministerium Ihrer eigenen Partei, Frau Abgeordnete! (Abg. Smolle: Wozu benützen Sie denn die Justiz, wenn sie verrottet ist?)

Da gibt es etwa die Personalstände des Ministers Molterer, der irgendwelche Gagen auszahlt, die nach dem Beamten-Dienstrecht gar nicht gezahlt werden dürfen. Er schädigt damit die Republik, weil diese Mitarbeiter seine Parteiarbeit erledigen. All das wird angezeigt. Wissen Sie, was dann der Herr Minister antwortet? – Er sagt dazu: Derzeit besteht kein Anlaß bei der Staatsanwaltschaft, den Sachverhalt neuerlich rechtlich zu würdigen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Kollege Smolle! Passen Sie lieber auf!), obwohl er vorher sagt, daß das Ganze strafbar sei und ein strafwürdiges Verhalten darstelle, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Peter: Zur Sache!) Aber erst dann, wenn Ihnen der Rechnungshof das auch noch bestätigt, Herr Minister, haben Ihre Staatsanwälte Lust, Laune und die Geneigtheit, dem Gesetz Genüge zu tun, Strafanzeige und eine Anklage einzubringen. (Abg. Dr. Puttinger: Zur Sache, Herr Präsident! – Abg. Dr. Lukesch: Was hat das mit der Riegerbank zu tun?)

Was ist das? – Ich nenne das verrottete Strafrechtspflege unter Ihrer Ministerschaft. Was ist das für eine Strafrechtspflege, wenn eine Untersuchungsrichterin in St. Pölten den Kriminalbeamten die Weisung gibt, daß nicht darüber geredet werden darf, was die ÖVP bei der Heimatwerbung für ein Verbrechen zu verantworten hat, nämlich das Verbrechen des gewerbsmäßigen Betruges? Darüber darf man nicht reden, das wird man in aller Heimlichkeit vertuschen wollen. Oder: Reden wir über den ÖVP-Gemeinderat Meierhofer vom Semmering, ein Rechtsanwalt, der derzeit ein Strafverfahren hat. Ich bin jetzt schon gespannt, wie Ihre verrottete Strafrechtspflege mit diesem Herrn fein umgehen wird. (Abg. Rosemarie Bauer: Das ist doch ungeheuerlich! – Abg. Smolle: Reden wir über Rosenstingl!)

Herr Schmolle! Ich habe gerade einen Kärntner im Auge. Herr Schmolle! (Abg. Dr. Lukesch: Was sagen Sie zu Rosenstingl? Haben Sie da schon Anklage erhoben?) Hören Sie sich an, was die "Kärntner Tageszeitung" dazu schreibt:

Ein guter Rat zum Thema Rosenstingl: Tee trinken und bis zum 7. März mit dem Urnengang warten. Denn die Situation wird bis dahin für die FPÖ sicherlich noch brenzliger, denn die Causa Rosenstingl ist erst der Anfang. Sollte das Timing der Justiz stimmen, dann könnte die rot-schwarze Koalition noch lange von der Affäre profitieren, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer hat das gesagt?) – Dieses Zitat stammt aus dieser Tageszeitung, Kärntner TZ. Das ist das Denken dieser Justiz!

Herr Minister! Sie haben Handlungsbedarf, und zwar mehrfachen Handlungsbedarf. Nicht nur Frau Fekter hat gesagt, daß Ihre Justiz Herrn Rieger hat laufen lassen. Herr Präsident Woratsch wird schon wissen, wovon er spricht, wenn er vor wenigen Tagen anläßlich einer Geburtstagsfeier kritisiert hat, daß die Gefahr, daß die Strafrechtspflege, die Rechtsprechung in diesem Land unter politische Kuratel gestellt wird, evident ist. Ist Ihnen das nicht aufgefallen? (Abg. Smolle: Da hat er wahrscheinlich an die FPÖ gedacht!)

Herr Schmolle! Sie begreifen selten Zusammenhänge, aber das sollte Ihnen doch aufgefallen sein, daß der Justizminister nicht von der FPÖ kommt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Justizminister ist einer, der zwischen rot und schwarz hin- und herschwankt, aber das ist einem so "grandiosen" Oppositionspolitiker wie Herrn Schmolle noch nicht aufgefallen, meine Damen und Herren, Hohes Haus!

Das Problem mit dieser Justiz ist auch, daß zum Beispiel in Pflegschaftssachen sogar schriftliche Weisungen erteilt werden. Ich habe hier ein anderes Dokument aus Ihrem Ministerium. Herr Ministerialrat Dr. Schütz gibt sogar dem Gericht Weisung, wie man in einer Kindschaftsangelegenheit vorzugehen hat, weil der Kindesvater zufällig Habsburg-Lothringen heißt. Da ist er unangenehm berührt gewesen. Daher hat man der Justiz eine Weisung gegeben, wie sie das zu erledigen hat. Man stellt es in der dritten Person dar. Da heißt es: Überdies fällt es, ohne freilich der Rechtsprechung vorgreifen zu wollen, dem Bezirksgericht Innere Stadt anheim, einen Beschluß zu fassen, und dann kommt gleich der Text, wie der Beschluß zu lauten hat.

Meine Damen und Herren! Ihre Justiz nenne ich verrottet, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da hätten Sie nicht warten müssen, bis Frau Fekter kommt, die sich selbst nirgends auskennt, oder Herr Spindelegger mit seiner Sozialwohnung, um Ihnen darzutun, wie es mit der Strafrechtspflege in diesem Land ausschaut. Das werden wir uns in den nächsten Jahren noch vornehmen. In einem vergleichbaren Fall, meine Damen und Herren, Herr Bundesminister, mußte in Kanada der Justizminister zurücktreten, weil es die Angelsachsen mit der unabhängigen Justiz weit ernster nehmen. (Abg. Dr. Lukesch: Noch nicht einmal Riegerbank gesagt, Herr Präsident! – Abg. Dr. Puttinger: Zur Sache!)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter, bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Mein Schlußsatz lautet: Wir werden einen Testfall haben, bei dem Frau Fekter, Herr Spindelegger und Herr Wurmitzer vor Gericht stehen werden, und dann werden wir sehen, wie verrottet die Justiz in diesem Land ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Ab jetzt 5 Minuten Redezeitbeschränkung pro Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.11

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur eingangs erwähnen, daß ich heute in der Früh gehört habe, warum diese Dringliche Anfrage der ÖVP, die ursprünglich geplant war, zurückgezogen wurde. Ich bin nicht der Sprecher der ÖVP, aber ich glaube, es ist bemerkenswert, und man sollte das gleich unmittelbar auf Ihre "großartige" Wortmeldung, Herr Kollege Stadler, sagen. Der Grund dafür liegt darin, daß gestern ein Lawinenunglück passiert ist, dessen Konsequenzen wir alle kennen. Es gibt eine Pietät in diesem Haus, die dazu geführt hat, daß der Beschluß gefaßt worden ist, diese Dringliche Anfrage heute nicht einzubringen. (Abg. Mag. Stadler: Das hat doch mit Pietät nichts zu tun! Das ist doch ein Schmarren!)

Ich respektiere diesen Wunsch, ich respektiere diese Vorgangsweise, ich denke, sie ist richtig. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) Es bleibt Ihnen überlassen, hier ein Spektakel abzuziehen, das billig und würdelos ist, das in Wirklichkeit typisch für Sie und demokratiegefährdend ist, meine Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Kollege Stadler versucht hier heute in larmoyanter Art, so wie wir es aus der letzten Zeit kennen – es gibt genug Gründe, jetzt aufzupassen –, von all den strafrechtlich relevanten Vorfällen abzulenken. Ich schaue mir jetzt nur an, wie uns offensichtlich Ihr Obmann, der große Führer, mit seinem Steuerakt die letzten 15 Jahre an der Nase herumgeführt hat. Zufällig durch eine Einblicknahme in den Steuerakt kommt man darauf, daß er vielleicht doch einen Steuerbetrug gemacht hat. In diesem Zusammenhang verstehe ich natürlich, daß Sie die Aufmerksamkeit auf andere Dinge lenken wollen. (Abg. Dr. Graf: Herr Kollege Jarolim! Jetzt wird es Zeit, daß Sie zur Sache sprechen!)

Herr Kollege Stadler! Ich möchte dazu folgendes sagen: Ich glaube, Sie selbst sind eine Gefährdung für die Demokratie (Abg. Dr. Partik-Pablé: Reden Sie zur Riegerbank!), Sie persönlich, und zwar deshalb, weil Sie uns hier heute vielleicht zehnmal erklärt haben, warum dieser Staat ein verrotteter Rechtsstaat ist. Ich weise diese Behauptung mit aller Schärfe zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage das nicht nur für meine Fraktion, sondern ich möchte das auch im Namen jener aussprechen, die sich nicht wehren können. Wie kommt die Richterschaft dazu, wie kommen Staatsanwälte dazu, wie kommen all jene dazu, die in einer Justiz arbeiten, die tadellos funktioniert, die in einer Justiz arbeiten, mit der Sie zunehmend Schwierigkeiten haben? – Wir wissen, meine Damen und Herren der FPÖ, daß Sie noch mehr Schwierigkeiten bekommen werden, weil das Vorstrafenregister der Ihnen Nahestehenden noch länger werden wird.

Meine Damen und Herren! Aber hier herzugehen und die Diskussion auf den Kopf zu stellen und zu sagen, die Justiz sei verrottet, nur weil Sie Probleme mit der Justiz haben, das ist das Letzte, und das ist vor allem eine Vorgangsweise, die wir bereits kennen, und zwar von Zuständen, die wir nicht haben wollen! Daher müssen Sie damit rechnen, daß wir sagen, daß Sie, Herr Kollege Stadler, eine Demokratiegefährdung sind. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Damit wollen Sie alles abblocken! Jede Diskussion wollen Sie abblocken! – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

Frau Kollegin! Ich glaube, es geht nicht darum, daß wir eine Diskussion abwürgen wollen. Es gibt genügend Punkte, die ich Ihnen auch sagen kann. Ich kann Ihnen zwei Aspekte darlegen, damit Sie verstehen, Herr Kollege Stadler, was ich meine. Sie verstehen es zwar, aber Sie stellen sich so an, als würden Sie es nicht verstehen.

Es gibt zwei Punkte: Der erste betrifft die Demokratiegefährdung. Die Wendung "verrotteter Rechtsstaat" beinhaltet eine Symbolik, die wir alle kennen. Es ist überflüssig, darüber zu reden. Der Name "verrotteter Rechtsstaat" – dieser Begriff wurde von Ihnen verwendet, ebenso wie die Ausdrücke, daß KZ "Straflager" sind und daß Österreich eine "Mißgeburt" ist. Nicht vergessen werden darf auch die "ordentliche Beschäftigungspolitik", meine Damen und Herren! (Abg. Scheibner: Alles falsch!) Sie lernen nicht aus der Geschichte. Sie distanzieren sich zwar davon, Sie erzählen den Wählern draußen, daß Sie das nicht so gemeint haben, Sie kommen aber immer wieder mit den gleichen Vorwürfen und zeigen damit, wessen Geistes Kind Sie sind. Wir nehmen das zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Sie zitieren gerade falsch!)

Der zweite Punkt ist, daß Sie ganz einfach ehrlicherweise ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) – Kollege Stadler! Ich erwarte es mir einfach gar nicht mehr. Das ist betrüblich, aber es ist ein Faktum. Sie müßten auch sagen, in welchen Bereichen Sie solche Schwierigkeiten mit der Justiz haben, was das für Fälle sind. Ich glaube, wir haben es erst unlängst bei der Causa Meischberger erlebt. Sie haben doch einen Universitätsprofessor gesucht und wollten ihm diesen Auftrag geben, bis Sie dann gemerkt haben, das funktioniert nicht. Sie haben keinen ernstzunehmenden Juristen gefunden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Da war Fuhrmann besser!) Dann hat das wieder ganz anders ausgeschaut. Er sagt, ich bin unschuldig, ich wurde vom OGH aufgrund einer Politjustiz verurteilt. (Abg. Dr. Graf: Was ist mit Bundesrat Pfeifer? – Abg. Mag. Stadler: Pfeifer, Koncilia!)

Meine Damen und Herren! Das ist ein derart klarer Sachverhalt, daß sogar die Hühner darüber lachen! Sie haben Juristen in Ihren Reihen, die mehr wissen als Sie, Herr Kollege Stadler! Ich wundere mich darüber, daß unter diesen nicht ein Aufschrei erfolgt ob dieser nahezu unglaubwürdigen Vorgangsweise.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, all das, was Sie uns heute hier geboten haben, und das, was uns Ihr Klubobmann und Führer mit seinem Steuerakt in Zukunft noch bieten wird, wird sicher das Seine dazu beitragen, daß die Bevölkerung auf Sie so reagiert, wie sie reagieren sollte. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)

15.16

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.16

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Stadler, wir sind von Ihnen in diesem Haus sicherlich schon allerhand gewöhnt (Abg. Koppler: Alles!), aber Sie überraschen uns immer wieder, es gelingt Ihnen immer wieder, sich selbst zu übertreffen. Ihr heutiger Debattenbeitrag im Rahmen einer Anfragebesprechung zum Thema Riegerbank hat eine derartige Mischung von politischer Geschmacklosigkeit, Mißbrauch der Redefreiheit im Parlament und Kärntner Wahlkampf geboten, wie es kaum mehr zu überbieten ist. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Das ist eine Dringliche Anfrage der ÖVP!)

Alles der Reihe nach, Herr Kollege Stadler! Es ist völlig unbestritten, und ich bestätige es hier (Abg. Mag. Stadler: Fekter, Wurmitzer – eure Dringliche!), daß meine Fraktion in der Tat vor hatte, heute eine Dringliche Anfrage einzubringen. (Abg. Scheibner: Das hat nichts mit Wahlkampf zu tun?) Aber das unterscheidet uns im politischen Stil, in der politischen Kultur, Herr Kollege Stadler: Wir haben gesagt, angesichts dieser Lawinenkatastrophe wäre es nicht zu verantworten, hier ein Polit-Hickhack durchzuführen, wie Sie es eben jetzt gemacht haben, Herr Kollege Stadler! Das ist eben der Unterschied, und der Staatsbürger kann sich jetzt ein Bild machen. Insofern glaube ich, ist es ganz gut, daß Sie sich zu Wort gemeldet haben. Sie haben hier eine Debatte zu einer Dringlichen abgehalten, die gar nicht eingebracht wurde, und zwar aus Gründen der Pietät nicht eingebracht wurde! (Abg. Mag. Stadler: Was machen Sie konkret für die Lawinenopfer? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was machen Sie für die Opfer? Sagen Sie das!)

Frau Kollegin! Sie beweisen mit Ihren Zwischenrufen, daß Sie es bis jetzt nicht verstanden haben! Sie haben es bis zur Stunde nicht verstanden, daß diese Dringliche aus Gründen der Pietät nicht eingebracht wurde. (Beifall bei der ÖVP. )

Aber es ist ein unüberbietbarer Gipfel der Geschmacklosigkeit, eine Dringliche Anfrage, die aus den genannten Pietätsgründen nicht eingebracht wurde, zum Gegenstand billigen politischen Kleingeldwechsels zu machen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Glauben Sie, daß die Lawinenopfer etwas davon haben? Was machen Sie konkret für die Lawinenopfer?) Herr Kollege Stadler! Das ist Ihnen wieder einmal gelungen, Sie übertreffen sich wirklich ständig selbst an negativen Botschaften. (Beifall bei der ÖVP. )

Meine Damen und Herren! Es ist auch noch selten vorgekommen, Herr Präsident (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was machen Sie konkret für die Lawinenopfer?), daß in einer Anfragebesprechung das eigentliche Thema mit keinem einzigen Wort zur Sprache gekommen ist. Ich muß ehrlich sagen, Herr Präsident, es obliegt nicht mir, einen Ersatzpräsidenten zu spielen, aber den Zwischenrufen zur Sache hätte ich persönlich schon Rechnung getragen. Kollege Stadler hat kein einziges Mal die Riegerbank erwähnt, keinen einzigen Satz zum eigentlichen Thema des politischen Verlangens, nämlich Riegerbank, hier ausgesprochen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Stummvoll! Sagen Sie doch, was Sie konkret für die Lawinenopfer machen!)

Es war durchsichtig, daß ein billiges Politspektakel betrieben werden soll, mit jenen Ausdrücken, die mein Vorredner zu Recht kritisiert hat und die Ihr wahres Gesicht, Herr Kollege Stadler, wieder einmal gezeigt haben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir von der Volkspartei haben diese Anfrage seinerzeit an den Justizminister eingebracht. Wir haben die Antwort erhalten. Sie war unserer Meinung nach korrekt, die Fragen wurden korrekt beantwortet. Es wurde heute auch keine einzige Antwort kritisiert, weil Sie auf die ganze Anfrage gar nicht eingegangen sind. Wir sagen nur: Obwohl die Antworten des Justizministers für uns durchaus korrekt waren, ist das Thema Riegerbank, Aufsicht, Kontrolle et cetera für uns noch nicht erledigt – allerdings nicht im Sinne eines Politspektakels, sondern im Sinne seriöser Vorschläge: Was können wir tun, damit selbst so kleine Banken, die nicht einmal ein Promille der Bilanzsumme unserer Bankenlandschaft haben, nicht den Sparer, den Anlagesuchenden und das Vertrauen in unseren Finanz- und Kapitalmarkt gefährden?

Daher sagen wir seriöserweise: Wenn ein Handlungsbedarf besteht, dann im Bereich der stärkeren Effizienz der Bankenaufsicht. Wir werden – das darf ich ankündigen – in den nächsten Tagen einen Entschließungsantrag mit der Zielsetzung einer größeren Effizienz der Bankenaufsicht einbringen, weil wir diesbezüglich in der Tat einen Handlungsbedarf sehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.)

Ich glaube, wir müssen alles tun, um das Vertrauen des Sparers, das Vertrauen des Anlagesuchers in die Stärke und in die Sicherheit unseres Geld- und Finanzmarktes sicherzustellen. Daher werden wir – auch das unterscheidet uns – seriöse Vorschläge einbringen und zur Diskussion im Hohen Haus vorlegen: Wie können wir die Effizienz der Bankenaufsicht verstärken, ohne ein solch billiges Politspektakel abzuziehen, wie es Ihnen heute wieder gelungen ist, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Khol gemeldet. – Bitte.

15.21

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich habe die Rede des Herrn Stadler in meinem Büro am Fernsehschirm mitverfolgt. Ich habe dabei vermißt, daß Sie entgegen den Absprachen, die wir in der Präsidialkonferenz getroffen haben, den Ruf "Zur Sache" nicht erteilt haben. Ich verlange, wenn jetzt bei Abweichungen der Ruf "Zur Sache" nicht erteilt wird, eine außerordentliche Präsidialkonferenz und eine Sitzungsunterbrechung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Klubobmann Khol! Ich habe die Rede vom Präsidium aus mitverfolgt. Ich habe tatsächlich bei manchen Passagen die Hoffnung gehabt, der Herr Abgeordnete würde wiederum zum Thema zurückkommen. (Ironische Heiterkeit.) Diese Hoffnung hat sich auch erfüllt, muß ich sagen, Herr Abgeordneter Khol! Diese Hoffnung hat sich auch erfüllt.

Herr Abgeordneter Stadler ist meines Erachtens nicht weiter – vielleicht länger, aber in der Sache nicht weiter – abgewichen als etwa Herr Abgeordneter Mag. Maier beim vorigen Tagesordnungspunkt, als er auf den Abgeordneten Rosenstingl in einem auch eher sehr weiten Zusammenhang hingewiesen hat. Das war meine Beurteilung der beiden Wortmeldungen. (Abg. Dr. Khol: Dann hätten Sie ihm auch dort den Ruf "Zur Sache" gegeben! – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsordnung!) – Bitte, Herr Klubobmann.

15.22

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Sie handhaben die Geschäftsordnung. Wir haben in der Präsidiale vereinbart, daß genau in solchen Fällen der Ruf "Zur Sache" erteilt wird, und ich werde eine Sitzungsunterbrechung verlangen, wenn Sie die Geschäftsordnung in Zukunft nicht handhaben. – Denken Sie an Haupt!

15.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Selbstverständlich, bitte. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krüger. – Bitte. (Weitere anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.23

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich finde es eine unglaubliche Anmaßung des Kollegen Khol, auf die Vorsitzführung durch den Herrn Präsidenten einwirken, ja ich möchte sogar sagen, ihn in bezug auf seine Spruchpraxis nötigen zu wollen. Das ist Ihr Verständnis von Demokratie! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Das ist der verlotterte Rechtsstaat! – Abg. Schieder: Das ist keine Geschäftsordnungs-Wortmeldung! Sprechen Sie zur Debatte und nicht zur Geschäftsordnung!)

Herr Kollege Khol! Kollege Jarolim hat nicht ein Wort zur Riegerbank gesagt!

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Krüger! Das Präsidium weiß sehr wohl seine Entscheidungen einzuschätzen und sich allenfalls in der Präsidiale gegen solche Vorwürfe zu wehren. Ich glaube auch, daß ich Sachargumente dort beibringen werde. Ich bitte, wirklich zur Sache zu reden! Das Präsidium bedarf keines Verteidigers! – Danke schön.

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (fortsetzend): Herr Kollege Jarolim! In der Ausschußarbeit – das darf ich durchaus sagen – schätze ich Sie als sachbezogenen Politiker. Aber das, was Sie sich heute geleistet haben, ist wirklich nicht nur eines Abgeordneten, sondern auch eines Rechtsanwaltes zutiefst unwürdig! Das muß ich Ihnen sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie als Abgeordneter der Republik Österreich, angelobt auf unsere Verfassung und auf die Unschuldsvermutung, sprechen davon, daß Kollege Haider einen Steuerbetrug zu verantworten hat. Das ist umso ärger! Ich würde das einem anderen, der mit den rechtlichen Werten oder mit der Justiz nicht so verbunden ist wie Sie, noch verzeihen, weil er sich nicht auskennt. Aber daß Sie als ausgebildeter Anwalt, in flagranter Verletzung der Unschuldsvermutung jemanden, einen unbescholtenen Staatsbürger, einen Steuerbetrüger nennen, das ist eine Schande! Das ist ein Tiefpunkt in diesem Hohen Haus, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist unglaublich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Sie sollten sich mit Herrn Stadler auseinandersetzen! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie scheinscheilig – ich wiederhole: scheinheilig! – versuchen (Zwischenruf des Abg. Koppler), die Justiz in Schutz zu nehmen, dann verweise ich auf alle "Auslassungen" des Präsidenten Fischer im Zusammenhang mit den Verurteilungen im Sinowatz-Worm-Komplex, als er die Justiz gegeißelt hat, als er davon gesprochen hat, daß Österreich durch die Justiz ein Richterstaat sei. Wo ist denn da Ihr Aufschrei oder jener der Sozialdemokratie geblieben? – Hier messen Sie mit zweierlei Maß, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie messen noch einmal mit zweierlei Maß. Von Kollegen Meischberger haben Sie den Rücktritt verlangt. Kollege Meischberger ist zurückgetreten. All Ihre Kalender konnten Sie sich (Abg. Mag. Stadler: In die Haare schmieren!) in die Haare schmieren.

Was ist denn mit Kollegen Pfeifer – Kollege Pfeifer, ehemaliger Präsident des Bundesrates, angeblich angesehener Parlamentarier des Bundesrates? Was ist denn damit? – Da sagen Sie, das sei das freie Mandat, da verlangen wir nichts, aber Herr Meischberger soll zurücktreten. Auch da wird wieder einmal mit zweierlei Maß gemessen. Das ist unglaublich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Ein Verfassungsgesetz haben Sie verlangt!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte schon auch auf die Rieger-Sache eingehen, weil sie mir repräsentativ dafür erscheint, daß die Justiz mit zweierlei Maß mißt. (Abg. Mag. Stadler: Koncilia! Unterrainer!) Das muß ich Ihnen schon sagen. Ich bin mit der Anfragebeantwortung nicht zufrieden, das muß ich Ihnen auch sagen. Herr Justizminister, Sie haben selbst zugegeben, daß der Akt von Anzeigen gegen die Riegerbank zwei Monate lang gelegen ist, daß nichts geschehen ist. Kein Wort findet sich in dieser Beantwortung darüber, kein Wort!

Meine Damen und Herren! Es ist zwar nicht neu, daß die Justiz in Österreich auf einem Auge blind ist und daß mit zweierlei Maß gemessen wird, insbesondere was die Weisungspraxis anlangt, aber, Herr Justizminister, Sie machen es sich besonders einfach. Wenn die Staatsanwaltschaft eine Meinung zu einer Weisung vertritt, wird sie von der Oberstaatsanwaltschaft korrigiert, und diese Korrektur wird von Ihnen zur Kenntnis genommen. Der Herr Justizminister erteilt ja keine Weisungen, aber er hat eine Oberstaatsanwaltschaft, die die Staatsanwaltschaft korrigiert. Dafür gibt es X Beispiele (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé), etwa den Freispruch des Herrn Sipötz, des Landesrates, des Landeshauptmann-Stellvertreters Sipötz im Sinowatz-Worm-Prozeß. Der Staatsanwalt wollte eine Berufung einbringen. Der Oberstaatsanwalt verbietet ihm das. Der Justizminister nimmt das zur Kenntnis. (Zwischenruf des Abg. Smolle.)

Ein weiteres Beispiel: Der Staatsanwalt will Vorerhebungen zur Causa Einem im Zusammenhang mit dem Kurdenbüro einleiten, der Staatsanwalt will Vorerhebungen pflegen. Die Oberstaatsanwaltschaft sagt: einstellen. Der Justizminister sagt: Das nehme ich natürlich zur Kenntnis, weil es im Sinne der Sozialdemokratie ist. (Abg. Smolle: Es gibt keine Weisung! – Abg. Schieder: Waren sie alle bei der Riegerbank beschäftigt? Waren das Angestellte der Riegerbank? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sag einmal "Riegerbank"!)

Herr Justizminister! Sie machen es aus Ihrer Sicht ja gescheit! Sie verlängern Ihre Ministerschaft – Sie haben sie bereits einmal verlängert –, weil Sie genau wissen, was mit einem tatsächlich unabhängigen Minister in Österreich wie Herrn Foregger passiert. Er war vier Jahre lang untadeliger Minister, aber weil er es zugelassen hat, daß die Genossen aus der Regierung vor Gericht gestellt wurden, daß sie verurteilt wurden, hat er den Hut nehmen müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) So schaut es aus, wenn es um Vorerhebungen gegenüber SPÖ-Politikern geht.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (fortsetzend): Anders ist es natürlich, wenn es um Freiheitliche geht, bei denen ist jedes Mittel recht. (Abg. Schwarzenberger: Einmal "Riegerbank" erwähnen!) Wenn heute ein Finanzbeamter sagt: In der Causa Meischberger ist nichts enthalten, wir schließen den Aktendeckel!, dann wird sehr wohl weiter interveniert, und es werden alle möglichen Rechtsbehelfe ergriffen, um einen unbescholtenen Abgeordneten letztendlich zu verurteilen.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich bitte, den Schlußsatz zu Ende zu bringen, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Justizminister! Schade, daß die Zeit um ist, aber ich werde Ihnen weitere Beispiele der Zwiespältigkeit der Justiz und Ihrer Weisungen liefern.

15.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Die Redezeit ist erschöpft. (Beifall bei den Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abgeordneten Dr. Krüger. )

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Justiz. – Bitte, Herr Bundesminister.

15.29

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß sowohl die Behauptungen des Herrn Abgeordneten Stadler als auch die meines Vorredners, aber auch die von Ihnen angesprochenen Äußerungen Ihres Klubobmannes im Zusammenhang mit dem Rücktritt Meischberger, und die Anwürfe gegen die Justiz auf das entschiedenste zurückweisen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger.)

Die Behauptung, Herr Abgeordneter, daß Richter und Staatsanwälte interessengeleitet und von politischen Weisungen gegängelt wären, stellt eine ungeheuerliche und durch nichts begründete Unterstellung dar! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Diese ungerechtfertigten Angriffe sind schon deshalb unverantwortlich, weil sie das Wirken der Justiz in Mißkredit bringen, was zur Folge hat, daß das Vertrauen der Bevölkerung völlig ungerechtfertigterweise gefährdet wird. (Abg. Meisinger: Zu Recht!)

Sie selbst haben heute Fälle angesprochen, die Sie in Ihrer Argumentation widerlegen. (Abg. Dr. Graf: Der Präsident Woratsch sagt das aber auch!) Wenn Sie die Weisung ansprechen, Herr Kollege, dann bitte ich Sie, nennen Sie mir einen einzigen Weisungsfall, der – unter Anführungszeichen – "politisch" gewesen wäre. Daß es Weisungen der Oberstaatsanwaltschaft an die Staatsanwaltschaft gibt ... (Abg. Dr. Krüger: Sipötz, Hatzl, Einem – alles politisch!) – Was soll politisch sein? Ist der Oberstaatsanwalt politisch? – Die Oberstaatsanwaltschaft ist die vorgesetzte Behörde der Staatsanwaltschaft in einem Instanzenzug. Das ist doch selbstverständlich! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Den Gasometer-Fall kennen Sie aber sicherlich!)

Es ist immer dieselbe Methode, mit der Sie hier argumentieren: entweder pauschale Angriffe, gegen die man nichts sagen kann, oder Sie stellen – noch dazu mit großer Eloquenz – Fälle in den Raum, die ich im einzelnen mangels guter Akustik gar nicht recht verstanden habe und gegen die man mangels Kenntnis der näheren Umstände oder Erinnerung im Augenblick nichts sagen kann.

Ich lade Sie ein, mir jeden einzelnen der von Herrn Abgeordneten Stadler heute angeführten Fälle vorzulegen. Sie und die Öffentlichkeit werden nach der jeweiligen Untersuchung eine Antwort bekommen. Es gibt keinen einzigen Fall, der vor der Öffentlichkeit nicht zur Gänze vertreten werden könnte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich muß Sie also dringend bitten und an Sie appellieren, sich sowohl im Inhalt, aber auch im Ton zu mäßigen und in einer staatspolitisch so wichtigen Angelegenheit, wie es das Funktionieren der Justiz ist, zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren. Ich bin dazu bereit, und ich bitte Sie, das auch zu sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich doch noch einen Gedanken aufgreifen. Vielleicht muß ich in Erinnerung rufen, was Gegenstand dieser jetzt durchgeführten Debatte ist, nämlich die Riegerbank. (Abg. Smolle: Etwas früher!)

Es ist für das Präsidium schwierig, im vorhinein festzustellen, was ein Redner sagen wird, aber im nachhinein möchte ich feststellen, daß das Thema von manchen Rednern tatsächlich nicht einmal am Rande annähernd berührt worden ist. Ich bitte, das bei den nächsten Wortmeldungen zu berücksichtigen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Auch vom Herrn Minister! Der Herr Minister hat nicht einmal die Riegerbank erwähnt!)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Fekter: Skandalös, Herr Präsident!)

15.33

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir haben wieder einmal erlebt, wie der Klubobmann der Freiheitlichen Partei eine Parlamentsrede damit verwechselt, einen Kübel Unflat hier auszuleeren. Je mehr Mandatsträger und Mandatsträgerinnen der Freiheitlichen Partei mit der Justiz in Berührung kommen, angeklagt werden, leider auch verurteilt werden, desto gespaltener wird das Verhältnis der Freiheitlichen Partei zur österreichischen Justiz. – Meine Damen und Herren! Das ist eine Entwicklung, die erschreckend ist! (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Aber nicht unzulässig!)

Wir führen heute eine Debatte, die Herr Stadler zum Vorgehen der Justizbehörden in der Causa Riegerbank verlangt hat. Ich habe in den ersten zehn Minuten, während hier Unflat ausgegossen wurde, weder das Wort "Riegerbank" noch irgend etwas von einer Anfragebesprechung bemerkt. Ich habe nur gemerkt, daß offensichtlich im Zusammenspiel mit dem Präsidenten des Hohen Hauses, der heute den Vorsitz führt, die Geschäftsordnung eine Spielwiese der Freiheitlichen Partei wird. (Abg. Mag. Stadler: Eine satte Unterstellung! Das ist unerhört! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Du hast wieder einmal nicht zugehört!) Wenn Sie, Herr Stadler, von Unterstellung sprechen, dann ist das so, als ob der Dreck dem Rotz eine Watschen gibt. Das sage ich Ihnen im Salzkammergut-Dialekt ganz deutlich. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich habe diesem ganzen bösen Spiel der Freiheitlichen nichts weiteres hinzuzufügen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Stadler: Dem gehört ein Ordnungsruf verpaßt! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Dem gehört ein Ordnungsruf!)

15.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Kollege Peter! Das Zusammenspiel mit dem Präsidenten weise ich auf das entschiedenste zurück.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Graf: Kritik ist unerwünscht, manche dürfen alles!)

15.35

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Meine Kollegen von der Freiheitlichen Partei! Ihre generellen Angriffe gegen die Justiz machen es heute sehr schwer, berechtigte Kritik gegen ein System vorzutragen, das in letzter Zeit – ich sage das mit Bedacht – in einigen Bereichen der Justiz immer offenkundiger wird.

Meine Damen und Herren von der SPÖ, der ÖVP und auch von den Liberalen! Ich würde Ihrer Kritik grundsätzlich zustimmen, daß die FPÖ hier eine Anfrage mißbraucht, und das stimmt auch offensichtlich. Nur eines lasse ich mir dennoch nicht nehmen, Herr Justizminister, nämlich daß es eine Kritik, und zwar eine berechtigte Kritik an bestimmten Teilen der Justiz zu üben gilt. (Abg. Dr. Schmidt: Kritik und Unflat sind zwei verschiedene Paar Schuhe!) – Selbstverständlich sind das zwei verschiedene Dinge. (Abg. Mag. Stadler: Die ÖVP hat die Geschäftsordnung mißbraucht!)

Ich weiß, wie scharf damals die Kritik vom Präsidenten Fischer gegenüber der Justiz und der Gerichtsbarkeit war, und ich finde es auch zulässig, daß es Kritik an der Justiz gibt. Aber umso mehr ist es zulässig, Herr Minister, daß Parteienvertreter und Volksvertreter Kritik an der Justiz üben, wenn es so ist, wie ich in der vergangenen Woche in der "Kleinen Zeitung" lesen konnte, nämlich daß der Staatsanwalt meinte, er müsse in einer politisch sehr schwerwiegenden Angelegenheit Kritik an einer Partei üben.

Herr Justizminister! Die Grünen haben seit mehr als einem Jahr immer wieder mit Unterlagen, mit Beweisen, mit Schriftstücken, mit klaren Verdachtsmomenten auf die problematische Frage der Baukartelle hingewiesen. Die Justiz weiß seit Monaten darüber Bescheid. (Abg. Mag. Stadler: Seit Jahren!) Wir von den Grünen ... (Abg. Mag. Stadler: Wir haben eine Anzeige eingebracht! Die hat man zurückgelegt!)

Ich weiß, seit Jahren wurden diese Verdachtsmomente immer wieder geäußert, und ich erinnere an den Prozeß gegen den früheren Generaldirektor Talirz, als Kollege Khol auch noch die Verteidigungsrede hier gehalten hat. Welche Vorkommnisse in diesem Zusammenhang in diesem Prozeß passiert sind, wird noch näher zu untersuchen sein. Aber der Staatsanwalt hat damals beim Prozeß in Graz alles dazu getan, damit dieser Prozeß erfolglos geführt wird. Der Richter hat schon vor Beginn der Prozeßverhandlungen – vor Beginn des Prozesses! – in der Öffentlichkeit erklärt, das sei keine dünne Suppe – damit hat er Herrn Ofner zitiert –, sondern das sei gar keine Suppe. Und das Justizministerium hat eine Weisung erteilt, daß dieser Prozeß durchgeführt werden muß. Die Zeitungen waren voll damit, daß es sich dabei um Politjustiz handelt.

Ich habe dann eine Anfrage gestellt, und in dieser Anfrage wurde alles relativiert. Aber was passiert? – Ausgerechnet jener Staatsanwalt, der am Rande des Prozesses und im Prozeß jedesmal in seinen Aussagen festgestellt hat, daß er mehr oder weniger dazu gebracht worden ist, diesen Prozeß zu führen, hat jetzt wieder die Angelegenheit der Baukartelle über und teilt der Öffentlichkeit mit, die Grünen seien mit den Unterlagen zu früh an die Öffentlichkeit gegangen, weil die Baufirmen doch nicht blöd seien. Wir wissen, daß die Staatsanwaltschaft die Unterlagen schon Tage davor hatte, aber der Herr Staatsanwalt weiß ja schon im voraus, daß darin nichts enthalten ist.

Er sagt auch freimütig im Gespräch mit den Grünen: Ich verstehe von der Sache nichts, das werden sich schon die Sachverständigen anschauen. – Jetzt frage ich Sie: Welches Vertrauen soll ich denn in ein Gericht haben, wo sich der Staatsanwalt nicht auskennt und der Sachverständige die Beurteilung übernimmt?

Und dann lese ich in der parlamentarischen Anfragebeantwortung durch unseren Justizminister zur Causa Talirz in genau denselben Bauangelegenheiten:

"Die in der Strafsache gegen Dr. Heinz Talirz erteilte Weisung zur Anklageerhebung stützte sich sowohl auf den Verdacht der mißbräuchlichen Erteilung eines Auftrages durch Dr. Heinz Talirz zur Erstellung einer Vergabekalkulation als auch auf den Verdacht der mißbräuchlichen Veranlassung der Übernahme von Grundeinlösekosten in der Höhe von ca. 3,6 Millionen Schilling." Und weiters: "Die objektive Vergeudung von Steuermitteln schien zum damaligen Zeitpunkt so gut wie festzustehen, die subjektive Tatseite war durch die Aussagen von Zeugen belegbar."

Jetzt frage ich Sie: Was ist, glauben Sie, in diesem Prozeß passiert? – Der Staatsanwalt hat lamentiert und gesagt, daß er überhaupt nicht verstehe, warum da gegen Herrn Talirz etwas unternommen wurde, warum er überhaupt in Untersuchungshaft genommen wurde. Er versteht all das überhaupt nicht.

Ich frage Sie: Was haben die Sachverständigen dort gemacht?

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter! Ich bitte Sie um den Schlußsatz beziehungsweise darum, den Schlußsatz zu Ende zu bringen!

Abgeordneter Andreas Wabl (fortsetzend): Die zuständigen Sachverständigen sind der Reihe nach umgefallen, und sämtliche Zeugen haben sich der Aussage entschlagen. In Palermo würde ich mir dazu mein eindeutiges Urteil bilden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Stadler: Hören Sie auf, ich kenne den Fall! Er hat völlig recht, das ist Ihre Justiz!)

15.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Wabl! Ich habe auch hinsichtlich Ihrer Rede gehofft, Sie würden am Schluß, nach den weit ausholenden Beispielen, zum Thema zurückkommen. Aber dies war auch in Ihren Ausführungen nicht der Fall.

Von der Anfragebeantwortung waren wir insgesamt sehr weit entfernt. Wir sollten diese Debatte nicht als Muster für weitere Debatten über Anfragebeantwortungen nehmen.

Die Debatte ist geschlossen. (Abg. Mag. Stadler: Die ÖVP sollte ihre Dringlichen einbringen, wenn sie sie schon ankündigt!)

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zur Durchführung einer weiteren Kurzdebatte. Diese betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kier, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 901/A der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen betreffend Änderung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus eine Frist zu setzen, und zwar bis zum 23. März 1999.

Redezeitbeschränkungen gemäß § 57a Abs. 1 wie zuvor erwähnt.

Zur Begründung erhält Herr Abgeordneter Dr. Kier das Wort. Maximale Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.42

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fristsetzung, die wir heute hier beantragen, bezieht sich auf einen Antrag, dessen Inhalt eine kleine, aber wichtige Verbesserung im Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus bringen würde. Wir würden damit etwas, was wir seinerzeit mit diesem Gesetz beschlossen haben, ins Gesetz geschrieben haben, reparieren.

Wir haben in diesem Gesetz nämlich eine Frist von zehn Jahren vorgesehen. Annähernd zehn Jahre lang muß jemand in Österreich gelebt haben, damit dieses Gesetz, wenn er im Jahr 1938 oder danach Opfer der Verfolgung durch die Nationalsozialisten wurde, auf ihn angewendet werden kann. Diese Frist von zehn Jahren bezieht sich auf Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, und wurde gewählt, weil das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht auch die Zehnjahresfrist kennt, die man braucht, um eingebürgert zu werden. Diese Frist ist im geltenden österreichischen Staatsbürgerschaftsrecht vorgesehen. Nach zehn Jahren ist eine Einbürgerung bereits relativ einfach möglich; ein Rechtsanspruch entsteht nach 30 Jahren. Und deswegen haben wir auch in dieses Gesetz über den Nationalfonds diese Zehnjahresfrist geschrieben, sogar noch mit der Möglichkeit, daß sie nicht unbedingt voll erfüllt sein muß, sondern daß es in etwa zehn Jahre sein müssen.

Nun hat sich aber herausgestellt, daß diese Frist dem Problem zum Teil nicht wirklich adäquat ist, weil man seinerzeit übersehen hat, daß im Jänner 1933 die Nationalsozialisten im damaligen Deutschen Reich die Macht ergriffen haben und daß daher im Jahr 1933 eine Flüchtlingswelle, Emigrationswelle auch nach Österreich gekommen ist; Menschen, die geglaubt haben, daß, wenn sie aus dem Deutschen Reich nach Österreich flüchten, sicher sein werden – das waren sie auch bis zu einem gewissen Grad – nicht alle, aber doch die meisten –, jedoch nur bis zum März 1938! Diese Menschen waren zwar fünf Jahre lang ohne Unterbrechung in Österreich, fielen jedoch nicht in den Kreis jener Betroffenen, die von unserem Nationalfondsgesetz erfaßt wurden. Daher wurde schon vor über einem Jahr die Diskussion darüber aufgenommen.

Als wir uns dann näher damit beschäftigten, bemerkten wir folgendes – ich glaube, das wäre ein Grund dafür,  diesem Fristsetzungsantrag und in der Folge auch unserem Antrag zuzustimmen –: Wir haben beim Studium des österreichischen Staatsbürgerschaftsrechtes festgestellt, daß im Jahr 1938 – also zum Zeitpunkt des Stichtages, um den es hier geht – in der österreichischen Rechtsordnung für die Erlangung der Staatsbürgerschaft aufgrund des Bundesgesetzes über die Bundesbürgerschaft aus dem Jahr 1925 nur eine Vierjahresfrist vorgesehen war. Das entspricht genau jener Frist, die heute zehn Jahre beträgt. Aus diesem Grund sind wir der Meinung, daß es richtig wäre und den Intentionen des damaligen Gesetzgebers entspräche, jene Anwartschaftsfrist, die im Jahr 1938 vorgesehen war, zugrunde zu legen, wenn wir uns mit Menschen beschäftigen, die im Jahr 1938 oder in den folgenden Jahren Opfer von Verfolgung wurden; also nicht die heutige Zehnjahresfrist.

Das wäre ein kleiner Schritt, aber ein Schritt in die richtige Richtung, vor allem ein Schritt in Richtung einer erhöhten Glaubwürdigkeit. Denn nur deshalb, weil unser heutiges Staatsbürgerschaftsrecht – ich spreche schon zur Sache, wenn ich das jetzt erwähne – härtere Fristen kennt als jenes, das in der Ersten Republik im Jahre 1925 beschlossen wurde, dürfen wir diese härteren Fristen, die uns, dem Liberalen Forum, auch heute nicht gefallen, nicht auf das Jahr 1938 projizieren.

Und daher bitte ich Sie, diesem Fristsetzungsantrag zuzustimmen, mit dem Anspruch, daß dann eine Chance bestünde, noch vor Ablauf dieser Legislaturperiode diese Reparatur durchzuführen. Lange genug liegt dieser Antrag schon im Hohen Haus, nämlich seit Oktober vergangenen Jahres. Das Fristsetzungsbegehren ist nicht engherzig, es ist auf den 23. März hin formuliert, also hätten wir von heute an vier Wochen Zeit, um uns im zuständigen Verfassungsausschuß damit zu beschäftigen. Ich ersuche Sie daher herzlich, unserem Fristsetzungsantrag zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

15.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Kostelka. – Bitte, Herr Klubobmann.

15.47

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kier hat mit Recht darauf verwiesen, daß wir in einer Sitzung des Nationalfonds vor nicht allzu langer Zeit über diese Frage bereits gesprochen haben, da ein Nationalfonds, der nun schon einige Jahre tätig ist und bisher insgesamt 25 000 Fälle positiv abgehandelt hat, natürlich die Tendenz hat, neue Probleme sozusagen zu gebären, aufzuzeigen, daß die eher willkürliche Grenze – ich gebe zu, die zehn Jahre sind eine willkürliche Grenze, zu der wir uns damals einvernehmlich gefunden haben – Probleme geschaffen hat.

Ich glaube jedoch, Herr Kollege Kier, daß wir diese Frage nicht über das Knie brechen sollten. Denn das, was Sie hier angeschnitten haben, ist nur eine der Fragen, die wir im Zusammenhang mit dem Nationalfonds zu diskutieren und in der nächsten Zeit auch zu entscheiden haben werden.

Selbstverständlich ist es ein Problem, wenn jemand dieser Zehnjahresfrist nahe ist, sie aber nicht erreicht. Der Hinweis auf die Vierjahresfrist, die Sie jetzt vorschlagen, ist letztendlich nur ein Hinweis, Sie schaffen damit im Grunde genommen neuerlich eine willkürliche Grenze. Ich sage Ihnen ganz offen, daß für mich diese Perspektive, die Sie aufzeigen, wichtig ist, glaube aber, daß wir in einem anderen Zusammenhang noch viel wichtigere Diskussionen zu führen haben werden, beispielsweise über die Aufgaben, die der Nationalfonds gegebenenfalls im Zusammenhang mit einer Anerkenntnis gegenüber den Zwangsarbeitern wahrzunehmen haben wird. Das ist aber etwas, was in meinen Augen noch nicht entscheidungsreif ist, und zwar deswegen, weil es nicht Aufgabe der Republik, nicht Aufgabe des Nationalfonds sein kann, für zahlungsverpflichtete Firmen, die es teilweise noch gibt, einzustehen.

Dem Beispiel der Bundesrepublik Deutschland folgend wäre es sinnvoll, zuerst einmal diese Entscheidungen abzuwarten und daß sich in weiterer Folge der Nationalfonds, der ja langsam Licht am Ende des Tunnels sieht, denn das Ende seiner Tätigkeit ist absehbar, um die neuen Aufgaben kümmert. Wir stehen jederzeit zu Gesprächen bereit.

Das, was mich ein bißchen negativ berührt, Herr Kollege Kier: Ich meine, eine solche Frage ist nicht dazu angetan, politisches Kleingeld zu münzen. Eine Diskussion in dieser Form riecht zumindest ein bißchen danach. Ich würde Sie wirklich ersuchen, die Diskussion mit jener Kollegialität, in der wir die Gespräche im Nationalfonds und in seinen Organen bisher geführt haben, fortzuführen. Dort stehen wir Ihnen selbstverständlich zu einem solchen Disput zur Verfügung. (Beifall bei der SPÖ.)

15.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.50

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Visoki Dom! Hohes Haus! Herr Präsident! Die Liberalen wurden und werden keineswegs vom Gedanken geleitet, hier sozusagen eine billige Debatte zu einem heiklen Thema führen zu wollen. Ich sehe diese Debatte eher als eine dringend notwendige, immer wieder erforderliche Erinnerung daran, daß Österreich im Zusammenhang mit Entschädigungen und Entschädigungsgesetzgebung nicht den Weg beschritten hat, sich an den Opfern zu orientieren, sondern in erster Linie den Versuch unternommen hat, die Zahl der Berechtigten, die Menge des Vermögens, das rückerstattet werden soll, und auch den Anteil, den die Republik zu leisten hat, möglichst niedrig und gering zu halten. Das zieht sich so durch, wie wir wissen, vom ersten Entschädigungsgesetz angefangen, das schon im Zusammenhang mit dem seinerzeitigen Rechtsbestand von Rechtsgeschäften aus der NS-Zeit beschlossen wurde und das sozusagen eine sehr schlampige Art und Weise der Meldung von Rechtsgeschäften aus der NS-Zeit vorsah.

Das hatte damals zum Beispiel zur Folge, daß der Großonkel des Herrn Haider sehr günstig zu seinem Vermögen kam und sein Vermögen auch ohne Probleme behalten konnte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Grollitsch.) Das heißt, er hat die gesamten Vorteile seiner seinerzeitigen Rechtsgeschäfte aus der NS-Zeit lukrieren können (Abg. Dr. Grollitsch: Woher wissen Sie das?) und hat nach dem Krieg sozusagen auch noch die Absolution bekommen dafür, daß er die Dinge so günstig bekommen hat. Man hat ihm all die sogenannten unsittlichen Bestimmungen aus dem Vertrag herausgestrichen. Der Herr Großonkel von Herrn Haider hatte sich nämlich dazu verpflichtet, in Südkärnten die Bevölkerung zu germanisieren. Das hat er unterschrieben! Er hat versprochen, daß er im Schulbereich tätig wird, damit die slowenisch sprechenden Kinder möglichst bald ihre Muttersprache vergessen! Meine Damen und Herren! Das hat der Herr Großonkel des Herrn Haider unterschrieben!

Ich bin nicht für Sippenhaftung, aber in diesem Fall hat ja Kollege Haider den Vorteil aus diesem günstigen, für den Großonkel damals günstigen Vertrag gezogen. Nunmehr ist er Eigentümer dieser Liegenschaft, aber wir wissen nicht genau, ob er da nicht unter Umständen vielleicht noch in irgendwelche Steuer-Kalamitäten hineingerät – ich wünsche es ihm nicht, aber es könnte ja sein, daß sich da noch einiges zeigt, was uns dann ein bißchen traurig stimmt darüber, daß wir solch einen Abgeordneten zum Kollegen haben, meine Damen und Herren!

Es steht das Ganze im Freudschen Sinne ein bißchen im Zusammenhang mit einer "pathopsychologischen" Verdrängung, damit, daß der Österreicher gesagt hat: Ich bin unschuldig, wir sind unschuldig, wir haben während der NS-Zeit nichts getan! Es gibt – und deshalb haben wir eine Historikerkommission – eben noch keine Aufarbeitung des österreichischen Anteiles an der Schuld der NS-Epoche, meine Damen und Herren. Und in diesem Sinne geht es darum, alle, auch die gesetzlichen Maßnahmen, genau zu justieren, und das soll unser Antrag bewirken, nämlich eine Feinjustierung, weil wir merken, daß gewisse gesetzliche Bestimmungen bestimmte Personen willkürlich von Entschädigungen ausschließen. Das ist das Ziel dieses Antrages und auch der Gedanke, der uns leitet, wenn wir sagen, wir möchten, daß dieser Antrag rasch behandelt wird!

Meine Damen und Herren! Wir finden, daß diese Sache entscheidungsreif ist. Ich gebe Kollegen Kostelka recht, wenn er meint, daß noch einiges mehr ansteht, dessen Lösung vielleicht schwieriger sein wird, aber ich meine, wir sollten, wenn wir einen Teil herausnehmen und erledigen können, dies mutig tun.

In diesem Sinne, glaube ich, ist es wichtig, zu dieser Aufarbeitung zurückzukehren, der Historikerkommission alle Voraussetzungen für ihre Arbeit zu geben und insbesondere dem Nationalfonds – und darin gehe ich auch konform mit Kollegen Kostelka – auch neue Aufgaben zuzusprechen. Selbstverständlich wird darüber auch noch in den Sitzungen des Ausschusses selbst beraten werden.

Ich meine, der Fristsetzungsantrag ist vernünftig, ist richtig, und der Antrag selbst sollte so bald wie möglich hier im Plenum beraten werden, damit wir ihn verabschieden können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abgeordneten Mag. Stoisits und Mag. Posch.)

15.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.55

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovani gospodin predsednik! Poštovane dame i gospodo! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Klubobmann Dr. Kostelka, selbstverständlich haben Sie recht: Jede Frist schafft Ungerechtigkeiten, weil jeder, der die Frist auch nur um einen Tag nicht erfüllt, nicht in den Genuß von Rechten kommt, nicht den Anspruch erhält und sich zumindest, wenn schon nicht als ungerecht behandelt, so doch als nicht behandelt fühlt. Selbstverständlich ist es so! Und diese Gefahr ist auch jedem bewußt, der eine Frist vorschlägt.

Wenn Ihr inhaltliches Argument gegen den Antrag von Dr. Kier jenes ist, daß Sie sagen, wir wollen das nicht übers Knie brechen, denn die Vollziehung des Fonds hat gezeigt, daß auch eine neuerliche Fristfestsetzung, wenn sie auch noch so kurz wäre, dieselben Probleme bringt, dann kann ich Ihnen aus meiner Erfahrung als Kuratoriumsmitglied und aus vielen Gesprächen, die auch mich dazu motiviert haben, eine identische Forderung aufzustellen, nur sagen, daß es uns, was die Intention des Nationalfonds der Republik Österreich insgesamt angeht, nur recht sein könnte, die Fristen so kurz wie möglich zu halten.

Meine Damen und Herren! Es gibt keine Ansprüche, es gibt keinen Rechtsanspruch auf eine Leistung aus dem Nationalfonds. Das ist – und das war ein einstimmiger Beschluß des Nationalrates – eine Geste der Republik gegenüber Verfolgten des Nationalsozialismus. Jene, die die Arbeit des Nationalfonds beobachten und kennen, wissen: Dieser Entschluß, diese Geste – spät, aber doch – zu setzen, ist auf enorm positiven Widerhall gestoßen.

Ich habe vom Herrn Präsidenten, der ja der Präsident des Fonds ist, einmal ein ganz dickes Konvolut von Schreiben, die aus allen Teilen der Welt gekommen sind, und zwar von Menschen, die im Zusammenhang mit der Arbeit des Fonds kontaktiert wurden, von Schreiben, die als Reaktion an die Geschäftsführung beziehungsweise an den Präsidenten gekommen sind, erhalten. Es ist sehr bewegend, diese Zeilen zu lesen.

Daher, Herr Klubobmann Kostelka, kann es ja nur im Sinne dieser positiven ursprünglichen Intention sein, dann, wenn sich die Aufgabe des Fonds dem Ende zuneigt, so – ich sage das jetzt untechnisch – großzügig wie möglich zu sein. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob ich als Voraussetzung, um in den Genuß dieser Geste kommen zu können, eine zehnjährige Wohnsitzdauer in Österreich nachweisen muß oder nur eine vierjährige. Das, was damit bewirkt werden würde, wäre nicht die Ausschaltung von Härtefällen, Herr Klubobmann, sondern daß der Kreis jener, die in den Genuß kommen – es geht dabei um Geld; es geht um etwas, was sozusagen wirklich einen materiellen Gesichtspunkt in sich birgt –, größer würde. Das ist die Intention des Antrages von Dr. Kier, den die grüne Fraktion unterstützt, und deshalb unterstützen wir auch den heutigen Fristsetzungsantrag.

Herr Klubobmann Dr. Kostelka! Wenn Sie Herrn Dr. Kier zwar nicht lautstark, aber doch vorwerfen, in diesem sensiblen Punkt mit der heutigen Fristsetzungsdebatte politisches Kleingeld wechseln zu wollen, dann muß ich Ihnen entgegnen: Was kann daran, daß sich Menschen heute hier in Österreich in der Wahrnehmung ihres Mandats als Politiker und Politikerinnen für Verfolgte des Nationalsozialismus einsetzen, das Wechseln von politischem Kleingeld sein? Nie, Herr Klubobmann Kostelka, soll das – und deshalb war ich auch ein bißchen bestürzt darüber, daß Sie das so gesagt haben – so verstanden werden, als wolle man politisches Kleingeld damit wechseln.

Es stehen die ehrliche Absicht und Intention dahinter, für diese Menschen etwas zu tun, da der Kreis jener, die in den Genuß dieser Geste kommen, immer kleiner wird, weil sie ja bereits vor dem Jahre 1938 in Österreich gewohnt haben müssen. Sie sind daher nicht mehr die allerjüngsten, das besagt ja schon die aktuelle Jahreszahl! Es handelt sich um zumindest Sechzigjährige; das ist die Untergrenze. Deshalb ist das etwas, hinsichtlich dessen ich meine, daß die Lösung nicht aufgeschoben werden kann und der Verfassungsausschuß aufgefordert ist – in welchem Rahmen und in welcher Form auch immer –, aktiv zu sein. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das Kuratorium des Nationalfonds führt aus. Aber der Gesetzgeber ist nicht das Kuratorium, sondern der Nationalrat, und die Vorgaben gibt der Ausschuß und damit das Plenum. Deshalb, Herr Dr. Kier: Danke für Ihre Initiative und ja zur Fristsetzung! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

16.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kier, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 901/A betreffend Änderung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich eine Frist bis zum 23. März 1999 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit nehmen wir die Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 5 und 6 wieder auf.

Zu Wort gelangt als nächster Redner Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

16.00

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Nationalrat befaßt sich heute mit der 5. Novelle des Bundesimmobiliengesetzes. Die Freiheitliche Partei wird dieser Regierungsvorlage zustimmen, weil damit vieles verwirklicht wird, was wir in der Vergangenheit ebenfalls vertreten und gefordert haben.

Die Grundzüge dieser Novelle sind zweifellos richtig, meine Damen und Herren. Das betrifft vor allem die Veräußerung von früheren Naturalwohnungen, die den bisherigen Bewohnern zum Kauf angeboten werden. Die Schaffung von Wohnungseigentum ist ein altes freiheitliches Anliegen, das wir auch in den Landesregierungen und in den Städten, in denen wir Regierungsmitglieder stellen, immer wieder zügig vorantreiben. Beispiele dafür in der Steiermark sind Landesrat Michael Schmid oder – in Graz – Vizebürgermeister Peter Weinmeister.

Damit es aber nicht zu einer unverantwortlichen Mietenerhöhung bei denjenigen kommt, die ihre Wohnung nicht käuflich erwerben können oder wollen, bringen wir Zusatzanträge ein. Das hat Kollege Schöggl bereits getan. Denn es darf nicht dazu kommen, daß etwa Pensionisten, die schon seit Jahrzehnten in Naturalwohnungen gelebt haben, durch diese Novelle finanziell geschröpft werden. Dieser soziale Aspekt ist neben der wirtschaftlich richtigen Grundsatzentscheidung ebenfalls zu beachten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Anlaß zur Besorgnis gibt ein Zeitungsartikel, der aus dem Jahre 1997 stammt und im "Kurier" veröffentlicht wurde. Darin ging es um die Verwertung von Bundesheerkasernen, und es wurde positiv angemerkt, daß die Immobilien dem Bund 100 Millionen Schilling Gewinn gebracht hätten. Dazu kamen bisher 900 Millionen Schilling als Verkaufserlös. – Das wird dort festgestellt.

Der Kommentator hat angemerkt: "Hierbei handelt es sich um eine etwas geschönte Darstellung. In Wahrheit ist es so, daß der Eigentümer, nämlich der Bund, mit sich selbst über die BIG einen Mietvertrag zu überhöhten Mieten abschließt. Im Falle Rossauer Kaserne sprechen Beobachter davon, daß die Vermietung zum Doppelten des Marktpreises erfolgt und diese als Einnahme verbucht wird. So gesehen" – heißt es darin weiter –, "muß man hinterfragen, ob es gerechtfertigt ist, tatsächlich von einem Gewinn zu sprechen. Jedenfalls werden mit dieser Methode derzeit Mittel aus den Ressortbudgets zugunsten des Finanzministers abgesaugt." – Das, meine Damen und Herren, halten wir für bedenklich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Unverständlich ist, daß im Zusammenhang mit der Privatisierung der 1 200 Bestandseinheiten von "beschäftigungsrelevanten Maßnahmen" die Rede war. Was daran beschäftigungsrelevant sein soll, hat uns der Herr Bundesminister im Bautenausschuß nicht erklärt. Es ist völlig überflüssig, daß Regierungsmitglieder ihre sachlich richtigen Argumente immer wieder euphemistisch verbrämen. Dadurch leidet nämlich dann auch ihre Glaubwürdigkeit in der Sache selbst.

Daß das Palais Epstein in Hinkunft durch das Parlament genützt wird, ist erfreulich und entspricht – wie wir alle wissen – dem Raumbedarf, den man in den Büros dieses Hauses überall bemerkt. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Nicht zugehört im Ausschuß!) Als Historiker begrüße ich es, daß dadurch ein Museum der Gegenwartsgeschichte und der Toleranz nicht verhindert, sondern nur ein anderer Standort dafür gesucht wird.

Wir werden daher dieser Regierungsvorlage zustimmen, und ich ersuche die Vertreter der anderen Parteien, auch unsere Zusatzanträge zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.

16.06

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Da mir hier gesagt worden ist, ich hätte im Ausschuß eine Frage nicht beantwortet, möchte ich antworten: Herr Abgeordneter! Es muß so sein, daß Sie nicht zugehört haben. Sie stellten eine Frage, die schon Ihr Begleiter gestellt hatte, nämlich nach der Beschäftigungswirkung dieser Maßnahme.

Ich habe im Ausschuß erklärt, daß wir die Verkäufe in der BIG so streuen, daß die Verkäufe über alle Bundesgebäudeverwaltungen in etwa so vor sich gehen können, daß die personelle Auswirkung, daß dann ein Teil der Bundesgebäudeverwaltung überhaupt nichts mehr zu tun hätte und nur noch der andere Teil arbeiten müßte, ausgeglichen wird, weil diese Schritte harmonisch mit der notwendigen Reform der Bundesgebäudeverwaltung einhergehen.

Ich bitte also darum, mir nicht vorzuwerfen, daß ich eine Frage nicht beantwortet hätte. Es waren genug Zeugen anwesend, die das gehört haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kurt Eder. – Bitte.

16.07

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich auch in aller Kürze einige Anmerkungen zur Bundesimmobiliengesellschaft und zu den Vorlagen, die wir heute hier bearbeiten, machen.

Ich darf hier kurz berichten, daß im Ausschuß zu all diesen Fragen eine sehr sachliche und konstruktive Debatte stattfand und daß wir im wesentlichen zu all den Punkten einstimmige Beschlüsse herbeiführen konnten und herbeigeführt haben. Ich darf bei dieser Gelegenheit aber sowohl Kollegen Dr. Kurzmann von der Freiheitlichen Partei als auch Kollegen Dipl.-Ing. Schöggl von der Freiheitlichen Partei – weil beide in etwa in die gleiche Richtung argumentiert haben – aus meiner Sicht sagen, daß die ganze Konstruktion der BIG in die Richtung gegangen ist, Kostenbewußtsein bei der Zurverfügungstellung von Flächen für Büroräumlichkeiten, Universitäten, Schulen und so weiter deutlich zu machen.

Es geht vor allem darum, daß Flächen nicht, einfach ohne nachzudenken, in Dimensionen gefordert werden – wie das früher oft der Fall war –, in denen man sie gar nicht braucht, sondern es soll über die Mieten, die nun bezahlt werden müssen, sehr wohl ein Bezug zur Fläche und den Kosten hergestellt werden. Ich halte das für eine sehr wichtige und wesentliche Sache in der Konzeption selbst. Denn ich war jener Abgeordnete von der sozialdemokratischen Fraktion, der bei der Gesamtkonstruktion dieser Bundesimmobiliengesellschaft dabei war und diese Überlegungen schon damals mit anstellte. Wir können sehr deutlich feststellen: In dem Moment, in dem die Ressortverantwortlichen auch auf die Kosten zu schauen haben, brauchen sie wesentlich kleinere Büroräume und wesentlich weniger Fläche.

Es ist absolut nicht so, daß jetzt automatisch – nach dem Vorbild von früher – Gelder für die Wissenschaft nahtlos in andere Ressorts hinüberlaufen, wie Sie gemeint haben, Herr Kollege Schöggl. Statt dessen wird ganz genau überlegt und darüber nachgedacht, welche Flächen man zu welchen Preisen und zu welchen Kosten bekommt. Ich denke, das ist auch in Ihrem Sinn. Ich hoffe, daß wir uns à la longue darauf verstehen werden. – Das ist keine Kritik, sondern eine Anmerkung aus meiner Sicht.

Zum zweiten möchte ich eine Bitte an den Herrn Bundesminister richten. Alle anderen Punkte wurden hier heute schon lang und breit erörtert, und ich möchte dazu nichts mehr sagen; darüber besteht Einstimmigkeit. Aber ich habe noch die Bitte, daß man nunmehr danach trachtet, in die Bundesimmobiliengesellschaft aufgrund der Konstruktion, die wir gewählt haben, möglichst viele Flächen des Bundes so einzubringen, daß das Kostenbewußtsein, von dem ich vorhin gesprochen habe, sich umso mehr multipliziert. Ich meine damit vor allem auch, daß man jene Flächen, die zurzeit dem Bundesheer gehören, die teilweise auch für Kasernenplanungen zur Verfügung stehen und auf denen man jetzt keine Kasernen mehr bauen will, möglichst rasch der Bundesimmobiliengesellschaft überträgt, um diese Flächen zu einer vernünftigen Verwertung – sei es in Richtung Wohnraum oder sei es in Richtung Betriebsansiedlung, also Wirtschaft, vor allem in den städtischen Bereichen – zu bringen. Darum ersuche ich.

Im übrigen kann man all den Vorschlägen, die hier vorliegen, die Zustimmung geben. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Auch unseren Zusatzanträgen?)

16.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. – Bitte.

16.10

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Freiheitlichen haben im Ausschuß einen Entschließungsantrag eingebracht, der dazu angetan ist, zukünftige Absprachen am Bau, zukünftige Absprachen hinsichtlich verbotener Kartellbildung hintanzuhalten.

Wir haben darüber im Ausschuß und auch in der Öffentlichkeit eine lange Diskussion geführt. Was ist daraufhin geschehen? – Siehe da: Wie nicht anders zu erwarten war, haben die Vertreter der Regierungsparteien wieder einmal gesagt: Na ja, man tut sowieso alles, um solche Phänomene, solche zerstörerischen Aktionen von Kartell- und Preistreibern hintanzuhalten. – Aber den Antrag der Freiheitlichen haben sie nicht unterstützt.

Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, haben sich damit wieder einmal selbst entlarvt. Denn sowohl von den Vertretern der SPÖ als auch von den Vertretern der ÖVP wurde in den Debattenbeiträgen eigentlich nichts vorgebracht, was gegen diesen Antrag sprechen würde. Aber dennoch hat man wieder gesagt: Das ist nicht notwendig, das Ministerium arbeitet ohnedies daran. Herr Bundesminister, auch Sie haben in diese Richtung argumentiert. Aber ich merke nichts davon.

Ich halte es nicht für akzeptabel, daß Sie sich hinter einer Expertengruppe verschanzen, die eine Ausarbeitung macht und sich ewig lang Zeit läßt. Das ist ein zahnloses Gebilde! Was wir jetzt brauchen, Herr Bundesminister, ist konkretes Handeln, damit nicht jeden Tag wieder neue Dinge an die Oberfläche treten, die einfach beschämend für die Republik Österreich sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Bogen reicht von Unregelmäßigkeiten bei den Österreichischen Bundesbahnen – dort im Hoch- und Tiefbau – bis hin zur Lieferung von Turbinen zu überhöhten Preisen. Sie kennen diese Problematik, Sie sind ja damit konfrontiert. Da genügt es mir nicht, Herr Bundesminister, daß Sie eine Expertengruppe einsetzen, die tagt und tagt und an dem einen oder anderen herumbastelt, wir aber bis heute keinen Entwurf im Parlament haben. Daher denke ich, daß unsere Vorlage sehr wohl einen Sinn hat, und es wäre deshalb wünschenswert, daß sich alle Fraktionen diesem Antrag anschließen.

Wir wollen von der Bundesregierung erstens eine Dokumentation aller bei der EU-Kommission anhängigen Verfahren betreffend vermeintliche Verstöße Österreichs gegen die EU-Vergaberichtlinien, zweitens eine Auflistung sämtlicher Beschwerdefälle vor der Bundesvergabekommission, drittens echte Maßnahmen zur Hintanhaltung dieser Preisabsprachen, viertens eine konkrete Änderung des Bundesvergabegesetzes – in deren Verlauf man sich auch mit den Auswahlkriterien dafür, wer wirklich Bestbieter ist, einmal auseinandersetzt –, und fünftens wollen wir eine massive kartellrechtliche Verschärfung, damit es solche Bauaufträge – Bauaufträge, die keine sind, da nur unterderhand hin- und hergeschoben wird – nicht mehr gibt. Herr Bundesminister! Es ist nicht akzeptabel, wenn Sie da durch Nichttätigkeit "glänzen".

Letzter Punkt des Anstoßes war wieder einmal der Flughafen Wien. Es ist schade, daß der Herr Bundesminister für Justiz nicht hier sitzt, weil er sich das eigentlich auch hätte anhören sollen. Erklären Sie mir bitte – vielleicht stellvertretend für den Herrn Bundesminister für Justiz –, wie es sein kann, daß im Jahr 1996 eine Anzeige der FPÖ, die gegen vermutete Preisabsprachen gerichtet war, von der Staatsanwaltschaft bereits nach acht Wochen ad acta gelegt wurde und daß jetzt der Korneuburger Staatsanwalt genau in der gleichen Sache ermittelt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das wäre in diesem Sinne höchst aufklärungswürdig. Da möchte ich die Bundesregierung ersuchen, endlich mit dem Unter-den-Teppich-Kehren aufzuhören und wirksame Maßnahmen zu beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.

16.15

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospod minister! Visoki dom! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Minister! Die Liberalen begrüßen diese Regierungsvorlage. Sie ist nicht nur ein Schritt in die richtige Richtung, sondern hat auch Gewicht. Es geht darum, daß eine beachtliche Anzahl von Bundeswohnungen in das Privatvermögen übergeführt wird. Wir sind der Auffassung, daß dies sozusagen auch ein Beispiel für die anderen Gebietskörperschaften sein könnte. In diesem Sinne haben Sie die richtige Vorlage vorgelegt, Herr Bundesminister, und wir werden zustimmen.

Es ist ganz klar, daß Private sowohl bei der Errichtung als auch bei der Betreuung von Wohnungen wesentlich effektiver sind und ihre Aufgabe wesentlich besser wahrnehmen können als die öffentliche Hand. Der Verkauf soll zu 60 Prozent an Gesellschaften und zu 40 Prozent an Wohnungseigentümer gehen. Das liegt ganz auf der Linie, weil Sie früher einmal gesagt haben, Sie seien ein liberaler Minister. Daß das zumindest ein kleiner liberaler Ansatz ist, kann ich Ihnen gerne zugestehen. Es ist zwar zu bedauern, daß es eine bevorzugte Gruppe ist, die dabei zu ihrem Vorteil kommt – denn es sind vorwiegend wieder Damen und Herren aus dem öffentlichen Dienst –, aber es ist immerhin ein richtiger Schritt.

Stichwort Gesellschaften, meine Damen und Herren: Sie haben heute in Ihren Unterlagen Informationen über die Zuweisung des Antrages 1013/A vorgefunden. Darin geht es vor allem darum, daß wir uns selbstverständlich ein bißchen darüber den Kopf zerbrechen müssen, wie es mit den gemeinnützigen Gesellschaften weitergehen soll. Dazu haben wir einen Antrag eingebracht, auf den ich jetzt speziell hinweisen möchte.

Es geht nämlich nicht an, daß Gesellschaften auch ihre Finanzierungsanteile den Mietern weiterverrechnen, daß aber die Mieter letztlich nicht in den Genuß der eigentlich erworbenen Wohnung kommen, sondern weiterhin Mieter bleiben. In diesem Zusammenhang bitte ich Sie, Herr Minister, auch den liberalen Antrag intensiv zu prüfen. Es liegt, wie ich annehme, auch auf Ihrer Linie, daß wir die Mieter in die Richtung stärken, daß sie letztlich Eigentümer jener Wohnungen werden sollen, die sie finanziert haben. Es geht nicht an, daß unter dem Titel "Miete" Finanzierungskosten getragen werden.

Gemäß dem Antrag ist auch wichtig, daß wir die Bevorzugung bei Zuteilungen einschränken beziehungsweise insgesamt in Frage stellen. Aus diesem Grund denke ich, Herr Minister, daß wir uns vielleicht auch in diesem Zusammenhang treffen könnten.

Zum Palais Epstein eine sehr kurze Stellungnahme: Wir tragen den Fünfparteienantrag selbstverständlich mit, weil wir diese Regelung für sehr vernünftig halten. Es ist klar und liegt ganz auf der Linie des Liberalen Forums, daß wir selbstverständlich für ein "Haus der neuen Geschichte" sind. Ich habe persönlich nur ein bißchen Angst vor einem "Haus der Toleranz", denn Toleranz sollen Menschen haben. Überhaupt weiß ich nicht, ob der Begriff "Toleranz" in diesem Zusammenhang immer der richtige ist. Denn habe ich den anderen, den Mitmenschen, überhaupt zu tolerieren? Habe ich ihn nicht einfach zu akzeptieren, so, wie er ist und wie auch ich selbst akzeptiert werden will?

Es scheint so zu sein, daß Toleranz ein bißchen das Gnädige ist, von oben herab: Ich toleriere, und der Untere freut sich darüber, daß er toleriert wird. Ich denke, das ist eine Unebenheit, die wir hier zumindest in der Namensgebung ausschalten sollten.

Ein kleiner Satz noch zum Antrag Firlinger: Dieser Antrag ist ein Sammelsurium von guten Vorschlägen – dagegen möchte ich nichts sagen, es sind gute Vorschläge darin – und gleichzeitig auch von inakzeptablen Vorschlägen. Da geht es zum Beispiel um ein Outing von Beschwerdeführern und so weiter. Das ist ein schlampig und schnell geschriebener Antrag, der einiges Vernünftige beinhaltet, aber leider Gottes in der Wirkung letztlich auch danebengeht. In diesem Sinn können wir euren Antrag leider nicht mittragen. Ihr hättet ihn ja auch verbessern und heute als Entschließungsantrag einbringen können, dann hätten wir ihn vielleicht mitgetragen. Aber es ist eben eine der Eigenheiten der Freiheitlichen Partei, daß sie etwas zuwenig lernfähig und zuwenig bereit ist, selbstkritisch zu sein.

In diesem Sinne unterstützen wir die erste Materie und unterstützen auch den Bericht – weil er ein negativer ist – des Ausschusses. Wir denken, damit einen Beitrag zur Liberalisierung auch im Wohnungsbereich zu leisten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

16.20

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Firlinger! Zu Ihren Ausführungen und zu dem Vorwurf an Minister Farnleitner, er wäre nicht tätig geworden, kann man nur sagen: Sie haben im Ausschuß nicht aufgepaßt.

Der Herr Bundesminister hat im Bautenausschuß zu Ihrem Antrag folgendes mitgeteilt: Nach den Vorfällen des letzten Jahres wurde von mir – also von Bundesminister Farnleitner – angeregt, eine Arbeitsgruppe einzurichten, an der der Rechnungshof, das Justiz- und das Wirtschaftsministerium teilnehmen. Mittlerweile wurde ein Rohbericht erstellt, der ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Verhinderung von Preisabsprachen enthält und in Kürze vorliegen wird. – Der Minister hat auch mitgeteilt, er könnte sich die Einrichtung eines Vergabekatasters sowie eine Fixierung des Baubudgets auf vier Jahre vorstellen, um eine längerfristige Planung zu ermöglichen. Daher geht der Vorwurf der Nichttätigkeit völlig ins Leere. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gegenstand dieser BIG-Gesetzesnovelle ist im wesentlichen die Veräußerung von weiteren 1 200 Liegenschaften an die Bundesimmobiliengesellschaft. Damit kann der erfolgreiche Weg der Veräußerung von Bundeswohnliegenschaften weitergegangen werden. Bisher wurden aufgrund des BIG-Gesetzes, das wir 1994 beschlossen haben, zirka 3 300 Wohnungen an die Bundesimmobiliengesellschaft übertragen. Um die Kontinuität dieser erfolgreichen Veräußerungen sicherzustellen, ist es erforderlich, weitere 1 200 Bestandseinheiten zum Verkauf zu übertragen. Ebenso soll eine möglichst einheitliche Betreuung der Universitätsliegenschaften in Wien gewährleistet werden.

Was sind die Hauptkriterien für die Tauglichkeit zur Übertragung dieser Objekte? – In erster Linie sind dies einmal Veräußerbarkeit ohne vorherige Vornahmen von grundbücherlichen Teilungen beziehungsweise Einräumung von Rechten, möglichst geringer Dienst- und Naturalwohnungsanteil beziehungsweise eine zweckmäßige Bewirtschaftung von Naturalwohnungen. Auch beschäftigungsrelevante Aspekte sind enthalten, und zwar in bezug auf die Bundesgebäudeverwaltungsstruktur.

Mit dem Bundesimmobiliengesetz 1994 hatten wir die Intention, eine höhere wirtschaftliche Effizienz sowie die Vermeidung von Schwerfälligkeiten des Bundeshaushaltsrechtes und der Bundespersonalregelungen zu erreichen. Der ökonomische Erfolg der BIG ist evident und wurde vom Rechnungshof anläßlich zweier Schwerpunktüberprüfungen bestätigt. Darin wurden die Tätigkeiten der BIG positiv beurteilt. Die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages zur Angleichung der Immobilienverwaltung an die Gegebenheiten der Privatwirtschaft impliziert aber auch, daß die BIG weitestgehend dieselben Voraussetzungen wie privatwirtschaftlich agierende Firmen hat.

Meine Damen und Herren! Ein paar Worte zum Palais Epstein: Die Unterbringung von Teilen des Parlaments im Palais Epstein begrüße ich sehr. Auf diese Weise kann die akute Raumnot, die hier in diesem Hause herrscht, an der wir Parlamentarier, vor allem aber die Mitarbeiter des Hauses leiden, gelindert werden. Dies wird auch wesentlich zur Verbesserung unserer Arbeitsbedingungen beitragen.

Abschließend halte ich fest: Kosten fallen durch diese Novelle für den Bund keine an, vielmehr wird der Bund dadurch entlastet und hat Einnahmen in der Höhe der tatsächlich erzielbaren Verkaufserlöse. Meine Fraktion wird daher dieser 5. BIG-Gesetz-Novelle gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Doris Bures. – Bitte.

16.23

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben heute eigentlich nur die Fortsetzung einer doch sehr erfolgreichen Vornahme von Veräußerungen von Liegenschaften. Dieses Mal ist auch ein großer Teil an Mietwohnungen darin enthalten. Ziel dieses BIG-Gesetzes ist es, zu einer einheitlichen Verwaltung zu kommen. Das ist etwas sehr Positives und ist ja auch – wie an den Ausführungen schon zu erkennen war – unumstritten, wie die Beschlußfassung dieser zusätzlichen Veräußerungen, die einstimmig erfolgen wird, zeigen wird. Ziel war es auch, in diesem Verwaltungsbereich eine Anpassung an die Gegebenheiten der Privatwirtschaft zu erreichen, dem natürlich nichts entgegensteht.

Herr Bundesminister! Ich würde Sie in diesem Zusammenhang – auch ergänzend zu den Ausführungen des Kollegen Eder – wirklich darum bitten, daß bei allen Kriterien für die Privatwirtschaft gerade die BIG-Liegenschaftsverwaltung natürlich auf die strengste Einhaltung aller mietrechtlichen wie auch wohnungseigentumsgesetzlichen Regelungen Bedacht zu nehmen hat.

Wir können es als Erfolg verzeichnen, daß um ein Vieles mehr an Wohnungen veräußert wurde als ursprünglich angenommen. Die gesetzlichen Bestimmungen sind ja klar. Da gibt es keine Eingriffe in bestehende Mietverträge. Es gelten die alten Verträge, die auch seitens des Bundes abgeschlossen wurden. Ich würde Sie in diesem Zusammenhang ersuchen, daß es da verstärkt auch Informationen an die Mieter gibt, was sie zu erwarten haben, wenn Wohnungseigentum gebildet wird, und mit welchen Kosten das verbunden ist. Es soll eine ausführlichere Information von seiten der BIG geben, als man das vom privatwirtschaftlichen Bereich der Immobilienmakler gewohnt ist. Das wären meine Bitte und mein Ersuchen.

Ganz kurz ein weiterer Punkt: Ich bin sehr froh über die zusätzliche Entschließung, weil eine Forderung ja auch die Übernahme des Palais Epstein für Parlamentszwecke ist. Es soll in diesem Zusammenhang auch aufgrund eines Ministerratsbeschlusses eine Machbarkeitsstudie für ein "Haus der Toleranz" geben. Ich halte das für einen sehr wichtigen Punkt, weil es ja doch die Hoffnung gibt, daß wir mit solch einem "Haus der Toleranz" und einem geeigneten Standort dafür einen klareren Umgang mit den dunklen Seiten der Geschichte erreichen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

16.27

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst zum Palais Epstein: Es ist sicherlich zu begrüßen, wenn die Arbeitsbedingungen für das österreichische Parlament endlich verbessert werden. Gleichzeitig appelliere ich aber an die Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien und an die Mitglieder der Bundesregierung, den Entschließungsantrag, den wir seitens der Grünen durchaus nicht leicht mitgetragen haben, nämlich was den überlangen Termin betrifft, ernst zu nehmen.

Wir wissen, daß voraussichtlich im Herbst die Nationalratswahl stattfinden wird; das Schicksal dieser Entschließung ist dann ungewiß. Wir möchten nicht, daß die beiden wichtigen Projekte, nämlich Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten für das Parlament und Aufarbeitung der österreichischen Geschichte der Kriegs- und Nachkriegszeit, gegeneinander ausgespielt werden. Beide Projekte sind wichtig, beide müssen realisiert werden. Die Bundesregierung muß glaubhaft machen, daß sie die Umsetzung eines "Hauses der Toleranz", eines "Hauses der Geschichte" wirklich ernst nimmt. Ich gehe auch davon aus, daß gerade dieses Thema absolut nicht dafür taugt, verschiedene Konzepte, die es möglicherweise in den Regierungsparteien gibt, gegeneinander auszuspielen.

Zur Bundesimmobiliengesellschaft und zum BIG-Gesetz selbst: Wir diskutieren jetzt die 5. BIG-Gesetz-Novelle. Das ist eine erstaunlich hohe Zahl an Novellen für ein Gesetz, das eine Einrichtung betrifft, die es noch nicht lange gibt. Ich denke, das sollte doch hinsichtlich der Qualität der Legistik ein wenig nachdenklich stimmen. Wir seitens der Grünen sehen uns so lange außerstande, produktiv an dieser Novelle und an weiteren Novellen zu diesem Gesetz mitzuarbeiten, solange uns die Bundesregierung und der Wirtschaftsminister die Entscheidungsgrundlagen, die ich seriöserweise dafür einfordere, vorenthalten.

Mein Kollege Van der Bellen hat vor geraumer Zeit einen Entschließungsantrag eingebracht, wonach doch endlich die Bundesregierung in einer umfassenden Art und Weise über Erfolg oder Mißerfolg der durchgeführten Ausgliederungen berichten möge. Das platte Schlagwort vom schlanken Staat ist in meinen Ohren schon reichlich unerträglich geworden, solange es nicht einen einzigen Nachweis dafür gibt, daß sich die Ausgliederungen vom Arbeitsmarktservice über die Wasserstraßeneinrichtungen bis hin zur Bundesimmobiliengesellschaft wirklich bewährt haben.

Der Bundesminister beteuert jetzt zwar in Beantwortungen parlamentarischer Anfragen, daß die vom Gesetzgeber vorgegebenen Ziele und Erwartungen voll erfüllt worden sind, aber – mit Verlaub – ich hielte es für rechtsstaatlich unerläßlich, dies schwarz auf weiß zu dokumentieren.

Ich bin gerne dazu bereit, den Worten eines Regierungsmitglieds Glauben zu schenken; es wäre mir jedoch sehr recht, dies endlich auch auf Basis von seriösen Daten bestätigt zu bekommen. Ich habe meine Zweifel, Herr Bundesminister, ob das so ist. Ich frage Sie hier in aller Form: Können wir den vollständigen Text der in dieser Angelegenheit an das Ressort ergangenen Rechnungshofberichte haben? Sind Sie bereit, diesem Haus und allen Fraktionen den vollständigen Text der Berichte des Rechnungshofes zur Verfügung zu stellen? Ja oder nein?

Herr Bundesminister! Ich kann nicht verstehen, daß Sie nicht zumindest in einem Punkt die Kritik, die ich seit geraumer Zeit vorgebracht habe, nämlich daß der Bund aus einer Tasche zuviel herausnimmt, um es in eine andere Tasche zu stecken, annehmen. Diese Kritik bestätigen Sie eigentlich, wenn Sie zugeben, daß bei der Mietenkalkulation durchschnittlich mit 7 Prozent Verzinsung per annum von seiten der BIG vorgegangen wird. Ich muß sagen, daß ist schon – im Vergleich zu den derzeitigen Marktzinsen – ein sehr satter Spielraum, den sich da eine bundeseigene Gesellschaft einräumt. Das führt doch zu satten Profiten bei dieser Gesellschaft, die wiederum in den Kassen der Mieter – und das sind auch vornehmlich öffentliche Einrichtungen – fehlen.

Ich sehe keine sinnvolle Politik von seiten der Republik Österreich darin, irgendeinem Ressort mehr Geld als notwendig wegzunehmen, um es der BIG zu geben. Ich halte dieses Zinsniveau für kraß überhöht. Ich halte das für Wucher und Preistreiberei. Ich fordere in aller Form: Bitte, geben Sie uns die diesbezüglichen Rechnungshofberichte! (Beifall bei den Grünen.)

Zum Entschließungsantrag der Freiheitlichen betreffend Baukartelle: Auch da hätte ich mir insgesamt mehr Initiativen von den Mitgliedern der Bundesregierung, insbesondere vom Wirtschaftsminister, erwartet, nämlich eine klare Prioritätenreihung. Mit solch einem Fünfpunkteprogramm, wie es etwa die Grünen vorgestellt haben, mit dem Vorrang für öffentliche Ausschreibungen, mit der Offenlegung aller wichtigen Angebotsbestandteile – zum Beispiel auch was Subunternehmer betrifft –, mit der Erstellung eines österreichischen Preiskatasters, mit Strafbestimmungen für illegale Preisabsprachen und mit der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen in jenen Bundesländern, in denen das Bestehen illegaler Kartelle bereits erwiesen ist, hätte die Bundesregierung sehr viel an Glaubwürdigkeit gewinnen können. Es scheint so, daß allerorts und zwischen den – "Regierungspartnern" will ich gar nicht sagen – "Regierungsgegnern" offenbar im Moment Wahlkampfrhetorik angesagt ist und daß solche sachpolitischen Verbesserungen irgendwie unter die Räder gekommen sind.

Herr Bundesminister! Ein allerletzter Punkt, der mir persönlich sehr am Herzen liegt – Sie wissen es –, zum Thema Bundesimmobiliengesellschaft. Die Bundesimmobiliengesellschaft und damit die Republik Österreich hat noch eine Liegenschaft in Wien 13, Ecke Auhofstraße/Feldmühlgasse, im Eigentum. Dort befindet sich eindeutig – das ist mit schlagkräftigem Material beweisbar – das einzige noch verbliebene Atelier von Gustav Klimt in Wien. Zusätzlich hat dieses Areal eine denkbar berührende, ja erschütternde Geschichte. Es ist ein Beispiel einer bodenlosen Form von Arisierung, die eigentlich erst so richtig im Jahre 1945 begonnen hat. Damals hat zwar die rechtmäßige Eigentümerin ihr Grundstück formal zurückbekommen, die Gebietskörperschaften haben aber dafür Sorge getragen, daß diese beraubte, bestohlene Frau keine Freude an ihrem Eigentum hatte.

Man hat ihr quasi als Bosheit öffentliche Nutzungen, Straßennutzungen, quer über dieses vormals arisierte Grundstück trassiert und es für den privaten Gebrauch oder eine private Verwertung unbrauchbar gemacht. Dieser Frau blieb nichts anderes übrig, als das Grundstück in Wien Unter St. Veit, in schönster Wohngegend, um 50 S pro Quadratmeter an die Republik Österreich zu verkaufen.

Nun lese ich in Aussendungen des Wirtschaftsministers, man möchte die öffentlichen Nutzungen aufheben. – Dann ist das Grundstück natürlich mehr wert. Die Republik Österreich will sich das vergönnen, was man der beraubten Eigentümerin verwehrt hat, nämlich ein Grundstück bestmöglich zu Höchstpreisen zu verwerten.

Herr Bundesminister! In aller Form fordere ich Sie auf: Setzen Sie diesen Schritt nicht! Er wäre angesichts der Debatte, die wir derzeit über Arisierungen und über Zwangsarbeit haben – die in diesem Lande auch dringend notwendig ist –, zum Schaden Österreichs. Diesen Schritt zu setzen hieße, das Unrecht der Arisierungen bis in die Gegenwart fortzusetzen und Profit aus einer Liegenschaft zu ziehen, an die die Republik Österreich unter dubiosen Umständen gekommen ist.

Ich fordere Sie auf, hier die öffentliche Verantwortung für die öffentliche Widmung wahrzunehmen und dafür Sorge zu tragen, daß auf dieser Liegenschaft eine Gedenkstätte für Gustav Klimt und seinen Kreis sowie eine Gedenkstätte betreffend Arisierungen in der Bundeshauptstadt und in Österreich eingerichtet werden. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

16.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

16.37

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Bundesminister! Bei diesen beiden Tagesordnungspunkten, die wir unter einem diskutieren, geht es um zwei Themen. Das eine ist die Novelle des Bundesimmobiliengesetzes, und das zweite ist ein Antrag betreffend Verdacht von Preisabsprachen im Hoch- und Straßenbau. Ich denke, daß beide Punkte eines gemeinsam haben. Es geht in beiden mehr oder minder auch darum, ob und wie öffentliche Auftragsvergaben abgewickelt werden. Wir wissen, daß öffentliche Auftragsvergaben eine große gesamtwirtschaftliche Bedeutung haben und daß sie nebenbei natürlich auch Beschäftigung und Arbeitsplätze sichern.

Wir erleben aber immer wieder, daß es trotz gesetzlicher Grundlagen wie einem Bundesvergabegesetz, Vergabeordnungen oder Vergabenormen immer wieder vorkommt, daß bei Vergaben kriminelle Machenschaften und Preisabsprachen vorkommen, daß illegale Beschäftigung mit im Spiel ist und daß einzelne manche Branchen der Wirtschaft in Schwierigkeiten bringen. Meist leiden daher Betriebe, die sich an die Gesetze halten, unter diesen Situationen. Meist, meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, ist bei den anderen Betrieben leider Profitgier das einzige Motiv.

Ich denke daher, daß wir ständig überprüfen müssen, ob die vorhandenen Gesetze ausreichen, wobei klar ist, daß wir Gesetzesbruch in der Wirtschaft wahrscheinlich nie gänzlich ausschließen können. Daher müssen wir wohl die Strafmöglichkeiten so gestalten, daß sie den wirtschaftlichen Vorteil abschöpfen. In wenigen Wochen werden wir hier auch ein Schwarzarbeit-Bekämpfungsgesetz diskutieren. Dann wird es notwendig sein, auch da jene Bestimmungen mit zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der Änderung des Bundesvergabegesetzes in der Regierungsvorlage enthalten sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß es wichtig und notwendig ist, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge immer auch die Auswirkungen auf die Beschäftigung, insbesondere in Österreich, mit zu beachten. Ich denke, für uns Sozialdemokraten ist es jedenfalls weiterhin oberstes Ziel, Beschäftigung zu fördern und Arbeitslosigkeit zu vermeiden. (Beifall bei der SPÖ.)

16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen. Die Abstimmungen werden über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen.

Zuerst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1640 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in 1640 der Beilagen zustimmen, um ein Zeichen. – Dies ist mit Einstimmigkeit beschlossen.

Damit ist die zweite Lesung beendet. Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Die Vorlage ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl und Fraktion betreffend Übertragung von 1 200 Bundeswohnungen an die BIG-LV.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen stimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol, Mag. Stadler, Dr. Heide Schmidt, Dr. Madeleine Petrovic betreffend Ideenwettbewerb für ein "Haus der Geschichte" beziehungsweise ein "Haus der Toleranz".

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag ist einstimmig angenommen. (E 156.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Bautenausschusses, seinen Bericht 1641 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme dieses Berichtes stimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, die Kenntnisnahme erfolgt durch Mehrheitsbeschluß des Nationalrates.

Damit haben wir diesen Teil der Tagesordnung erledigt.

7. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1431 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Konsulargebührengesetz 1992 geändert wird (1605 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1482 der Beilagen): Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft, politische Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Mexikanischen Staaten andererseits samt Anhang und Schlußakte (1606 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 905/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend EU-Beitragssenkungen (1610 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 561/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Ausbau der finanziellen Mittel für das Internationale Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien (1607 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 bis 10 der Tagesordnung. Über diese Vorlagen wird die Debatte unter einem durchgeführt.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt nicht vor.

Daher können wir sogleich in die Debatte eingehen.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stadler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.44

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Ich darf zunächst namens meiner Fraktion folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stadler und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die dem Ausschußbericht 1610 der Beilagen beigedruckte Entschließung wird zur Gänze durch folgenden Text ersetzt:

Entschließung

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die österreichischen Zahlungen an die Europäische Union solange auszusetzen, bis die betrügerischen und korrupten Machenschaften, die ineffiziente und mißbräuchliche Verwendung von Geldern rückhaltslos aufgeklärt und eine effiziente Korruptionsbekämpfung sowie eine geordnete Mittelgebarung in der Europäischen Union sichergestellt sind.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, in den Verhandlungen über die künftigen Eigenmittel der Europäischen Union und die Beiträge zum EU-Haushalt zu erwirken, daß die hohen österreichischen Beitragszahlungen an die Europäische Union maßgeblich und dauerhaft verringert werden."

*****

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Hintergrund dieses Antrages ist unter anderem jener Bericht, den die Kommission selber unter dem Titel "Betrugsbekämpfungsbericht" vorlegt, und es ist dies der letzte Bericht aus dem Jahre 1997. Er liest sich wie ein Kriminalroman, aber mit happigen Stücken! Herr Bundesminister, ich nehme an, Sie kennen diesen Bericht. Sie müssen ihn kennen, denn sonst wären Sie, was die Beurteilung der Gestion der Europäischen Union anlangt, kaum zu den gleichen Ergebnissen gekommen wie wir Freiheitliche.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Herr Vizekanzler hat selbst gesagt, daß es eine rückhaltlose Aufklärung der Fälle geben müsse und daß es Betrug und Mißwirtschaft in der Europäischen Kommission gebe. Der größte Sektor, Herr Vizekanzler, ist der Ihres Parteifreundes, des erfolglosen Kommissärs Fischler aus Tirol! Das alles sind tatsächliche Vorgänge in der Europäischen Union, die allerdings den Herrn Ratspräsidenten Wolfgang Schüssel nicht dazu veranlaßt haben, während des EU-Ratsvorsitzes Österreichs tätig zu werden.

Herr Außenminister, nehmen Sie es mir nicht übel, aber man bekommt ein wenig den Eindruck, daß Sie mit Ihren Ankündigungen vorgehen wie der berühmte Faule, der am Abend fleißig wird. Im Jänner kommen Sie drauf, daß man diesbezüglich etwas tun müßte. Die ganze zweite Hälfte des Jahres 1998 haben Sie nicht gemerkt, daß es dort – wie Sie selbst sagen – Korruption und Mißwirtschaft gibt. Auch der Bundeskanzler, Ihr Kollege von der "Einheitspartei", der eigentliche Vorsitzende der "Einheitspartei", ist nicht viel besser als Sie, denn auch Bundeskanzler Klima ist erst im Jänner darauf gekommen, daß es eine riesige Korruption in der Europäischen Union gibt, daß es dort einen Sumpf gibt und Milliardenbeträge verschleudert werden. Aber er verlangt nicht wie der Herr Vizekanzler, daß man diese Mißstände endlich beseitigt – so etwas macht sich immer gut in einem österreichischen Pressedienst –, sondern er setzt eine Arbeitsgruppe im Namen der sozialdemokratischen Parteien Europas ein.

Meine Damen und Herren! Was soll das bewirken? – Ihre Frau Stenzel nominiert jemanden für einen Weisenrat, dessen wichtigstes Anliegen zunächst einmal war, wie hoch die Gagen für die Mitglieder dieses Weisenrates sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

All dies ist bezeichnend für die Politik, die in der Europäischen Union gemacht wird: Ankündigungen, Weisenrat, wirkungslose Instrumentarien! Es geschieht jedoch nichts, außer daß die mafiosen Zustände nicht wirklich beseitigt werden. (Abg. Ellmauer: Verwechseln Sie das nicht mit dem Ehrenrat der FPÖ?) – Bitte? (Abg. Ellmauer: Verwechseln Sie das nicht mit dem Ehrenrat der FPÖ?) Sie wollten einen intelligenten Zwischenruf machen. (Abg. Murauer: Der ist gelungen!) Ihre Gelegenheit ist verwirkt – er war nicht intelligent! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Vizekanzler! Sie und der Bundeskanzler wissen seit Jahren, daß es Mißwirtschaft in der EU gibt. Der scheidende Rechnungshofpräsident Bernhard Friedmann hat bereits im Jahre 1998, also während unseres Ratsvorsitzes, gesagt, daß 56 Milliarden verwirtschaftet werden. Es geschieht jedoch nichts. Die Dunkelziffer liegt bei weit über 100 Milliarden, so viel soll durch Subventionsbetrug im Bereich der Landwirtschaft verwirtschaftet worden sein! Zu große Flächen und zu große Viehstückzahlen wurden angegeben, Agrarsubventionen werden erschwindelt, Fördergelder versickern und so weiter. Aber unternommen wird dagegen gar nichts.

Und daher sagen wir: Wir wollen ein Beitragsmoratorium! Sie haben zwar alle gehöhnt, bis hin zur sogenannten liberalen Fraktion. Leider ist der gescheite Herr Smolle im Moment nicht da, sonst hätte ich ihm etwas gesagt. Sie haben jetzt tatsächlich einen gescheiteren Abgeordneten gefunden – auch ein blindes Huhn wird hin und wieder fündig –, und Herr Kollege Strohmayer, der nun statt Frischenschlager, der, weil dieser jetzt seine Pensionsberechtigung erwirkt hat, aus dem Europäischen Parlament ausscheidet ... (Abg. Müller: Der Stadler wird sie auch erwirken! – Zwischenrufe der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Schwarzenberger.) – Wissen Sie, Herr Frühpensionist Moser: Wir schaffen die Politikerpensionen ab, während du natürlich nur im Haus sitzt, damit du deine Politikerpension bekommst. Das ist der Unterschied! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Strohmayer ist auf die Idee gekommen, die österreichischen Beitragszahlungen um 15 Prozent abzusenken. – Meine Damen und Herren! Erklären Sie mir, Frau Gredler, wieso es gerade 15 Prozent sind! Wieso sind Sie nicht dafür, die Beitragszahlungen um 50 Prozent abzusenken? Denn angesichts der Milliardenbeträge, die dort verschwinden, sind sogar 50 Prozent – wir sagen einmal, 100 Prozent – angebracht, und zwar so lange, bis wirklich etwas geschieht. Wir sind mit Bernhard Friedmann einer Meinung: Die einzige Sprache, die man in der Europäischen Union versteht, ist jene, den Geldhahn zuzudrehen. Wenn nichts mehr zum Verteilen da ist, kann auch keine Korruption damit betrieben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher, Herr Vizekanzler, sind wir – und nicht nur wir, sondern natürlich auch viele Österreicher mit uns; das dient uns allerdings in der Wahlbewegung, das will ich gleich dazusagen, da sind Sie ein guter Wahlhelfer für uns – enttäuscht darüber, daß Sie nicht bereit sind, auch nur darüber nachzudenken, wie man die österreichischen Beiträge absenkt und die Korruption dort bekämpft. (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson.) Ich lese, daß Sie in Brüssel erklären, Ihnen ginge diese ganze Beitragssenkungsdebatte schon auf die Nerven, das, was man in die Europäische Union einzahlt, seien die bestinvestierten Gelder! – Das ist Hohn für die Steuerzahler in Österreich, meine Damen und Herren, Herr Vizekanzler, das ist Hohn! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser Hohn ist zwar teuer, aber er dient der FPÖ! (Abg. Mag. Firlinger: Es ist ja nicht sein Geld!) Dieser Hohn ist jedoch für den Bürger mittlerweile zu teuer, und daher ersuche ich das Hohe Haus, endlich einmal darüber nachzudenken, wie wir die Politik der Europäischen Union durch ein Njet der Österreicher wirksam korrigieren können, durch ein Njet zur weiteren Verschwendung von Beiträgen eines Nettozahlerlandes. (Abg. Dr. Gredler: Russisch ist aber keine EU-Sprache!) Ich ersuche Sie daher heute, diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte.

16.51

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Vizekanzler! Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Das, was wir soeben erlebt haben, war wieder einmal die Vorstellung, wie Ewald Stadler als freiheitlicher Holzhammer in der Außenpolitik werkt.

Meine Damen und Herren! Die Ansicht, daß mit dem Holzhammer keine Außenpolitik zu machen ist, teilen, so glaube ich, alle hier in diesem Hause, ausgenommen vielleicht die äußerst rechte Seite. (Abg. Mag. Stadler: Dieser Holzhammer baut sein Haus aber selber, während du in einer Sozialwohnung sitzt mit 100 000 S Gage!) Man sollte aber darüber hinaus durchaus darüber nachdenken, wo überhaupt ein Einsatzgebiet für Herrn Stadler zu finden wäre. Ich habe darüber nachgedacht, aber ich muß Ihnen sagen, es fällt mir beim besten Willen nichts dazu ein. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Stadler wird davon nicht beeindruckt sein (Abg. Mag. Stadler: 60 Leute warten bereits auf deine Sozialwohnung!), denn er kann mit einem ganz sicher rechnen, nämlich nach Hause zu gehen nach dem Motto "Mama, die Pension hamma!" Das, glaube ich, ist Ihr Stil, der sich irgendwann einmal ganz klar selbst richten wird. (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Lassen Sie mich zum eigentlichen Thema kommen. (Abg. Mag. Stadler: Du wirst noch Gelegenheit haben, über die Pensionen zu reden!) Es stehen heute eine Reihe von Oppositionsanträgen und zwei Regierungsvorlagen auf der Tagesordnung. Die beiden Regierungsvorlagen werden von meiner Fraktion begrüßt, und ich darf, da es einen Oppositionsantrag zum Thema Kriegsverbrechertribunal gibt, auf die aktuelle Situation im Kosovo und auf die Verhandlungen, die derzeit in Frankreich geführt werden, zu sprechen kommen. (Abg. Mag. Stadler: In der Sozialwohnung sitzen und die große Quake führen!)

Es wurde heute in der Öffentlichkeit bekannt, daß sich diese Verhandlungen offensichtlich einem positiven Ende zuneigen. (Abg. Mag. Stadler: Die Pensionen beseitigen wir schon, du brauchst dir keine Sorgen zu machen!) Wir haben gesehen, daß auch unser Botschafter Petritsch, der als EU-Sonderbotschafter in diese Verhandlungen ganz wesentlich eingebunden war – auch das übrigens ein ganz konkreter Erfolg der österreichischen Präsidentschaft –, dazu beigetragen hat, daß in Zukunft offensichtlich eine Autonomie für den Kosovo erreicht werden kann. (Abg. Mag. Stadler: 60 Leute warten auf Ihre Sozialwohnung, die Ihnen Ihr Papa zugeschanzt hat! Papa, die Wohnung hamma!) Ich begrüße das namens meiner Fraktion, weil ich glaube, daß das der einzige Weg ist, der am Balkan zu Stabilität und einem dauerhaften Frieden führen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte den Herrn Vizekanzler aber auch ersuchen, im Rahmen dieser Debatte vielleicht die aktuellen Probleme in dieser Hinsicht zu nennen und uns mitzuteilen, ob das, was sich abzeichnet, tatsächlich eine Lösung ist, denn diese Verhandlungen wurden seitens der Kosovo-Albaner um zumindest zwei Wochen aufgeschoben, da man sich Zeit lassen will, um mit der Basis zu einer gemeinsamen Bestimmung in diese Richtung zu kommen und eine Abstimmung durchzuführen. Es würde mich interessieren, wie es aus außenpolitischer Sicht dort aktuell aussieht.

Lassen Sie mich noch eine zweite Frage anschneiden. Da heute auch ein Antrag betreffend die Frage der Finanzierung der Zukunft der EU gestellt wurde, möchte ich diese Gelegenheit nützen, um im Hohen Haus noch einmal über die Präsidentschaft zu reden, denn wir gehen sehr schnell zur Tagesordnung über. (Rufe bei den Freiheitlichen: Besser nicht! – Viel Erfolg!) Wir haben sechs Monate lang die Präsidentschaft der Europäischen Union innegehabt, und ich möchte durchaus einmal festhalten, daß diese sechs Monate für viele im Diplomatischen Dienst und natürlich auch in allen anderen Ministerien, die damit befaßt waren, eine außerordentliche Herausforderung waren. (Abg. Meisinger: Eine Überforderung!)

Meine Damen und Herren! Ich denke etwa an den unglaublichen Informationsaufwand, der dabei entstanden ist, ich denke an den Termindruck für die Diplomaten, aber auch für alle anderen Mitarbeiter: Es konnte nicht einfach der Bleistift weggelegt werden (Abg. Dr. Gredler: Sonst schon?), sondern es mußte innerhalb kurzer Zeit sehr wertvolle Arbeit geleistet werden! Zum dritten möchte ich betonen, daß die logistische Herausforderung außergewöhnlich war und ausgezeichnet bewältigt wurde, und zumindest namens der ÖVP allen Mitarbeitern des Diplomatischen Dienstes und allen Mitarbeitern des Außenamtes, die darin involviert waren, ein ganz aufrichtiges Dankeschön dafür sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bei dieser Gelegenheit möchte ich natürlich auch erwähnen, daß es sich jetzt, nach der Endabrechnung, zeigt, daß die österreichische Präsidentschaft sparsam war, daß die Ansätze unterschritten wurden, und dazu kann auch dem Minister gratuliert werden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.) Besonders hervorzuheben ist, daß die Frau Staatssekretärin durch ihr privates Sponsoring über 30 Millionen Schilling außerordentlich aufgetrieben hat. (Abg. Dr. Gredler: "Privates Sponsoring"?) – Privates Sponsoring, nicht ihr privates Geld, Frau Kollegin Gredler, Sie müssen mir schon genau zuhören! (Abg. Dr. Gredler: Aha! Entschuldigung! – Abg. Dr. Ofner: Aber schmunzeln wird man dürfen, Herr Kollege Spindelegger!) Ich möchte das unterstreichen, denn wenn wir immer von Sparsamkeit reden, dann soll das auch ganz konkrete Früchte tragen, und in diesem Fall hat es ganz konkrete Früchte getragen! Dafür möchte ich beiden Regierungsmitgliedern unseren Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich zum Abschluß noch auf ein Thema eingehen, das mir für die außenpolitische Zukunft Österreichs wichtig erscheint, es betrifft die Beitrittswerber, unsere Nachbarländer. Ich halte es für außerordentlich wichtig, daß sich die Österreicher insgesamt bemühen, die Slowakei nach dem Demokratisierungsschub, der dort stattgefunden hat, in die erste Runde der Beitrittswerber "upzugraden", wie das unser Außenminister nennt. Wir wollen keine "Zahnlücke" in der Reihe unserer Nachbarn haben und auf zwei verschiedenen Ebenen verhandeln. Außerdem sollte, glaube ich, die Europäische Union ein Zeichen für dieses Land Slowakei setzen und damit einen Anreiz geben, damit dieser Demokratisierungsprozeß weiterhin so positiv verläuft. – In diesem Sinn bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder.)

16.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Stichwort "Zahnlücke": Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

16.57

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich kann Sie beruhigen, Herr Präsident, ich bin voll bezahnt, ich habe sogar meine Weisheitszähne.

Zu den "Zahnlücken" des Herrn Kollegen Spindelegger: Erstens erscheint mir der Ausdruck "privates Sponsoring" doch ein klein wenig verwirrend, oder sind Betriebe, die im öffentlichen Dienst stehen, als Privatfirmen der Bundesregierung anzusehen? (Abg. Mag. Schweitzer: Aber das tut sie doch!) Das würde aber einen kleinen Schwenk in der Beurteilung dieser Betriebe bedeuten, und dann müßte ich wirklich sagen, daß ich im Unrecht bin. Sollten diese Firmen aber nicht im Besitz der Bundesregierung sein, dann müßten Sie sich, glaube ich, schon korrigieren! Aber es gibt noch einiges mehr, Herr Kollege Stadler – und ich bin froh, daß Sie mir so aufmerksam lauschen –, das ich korrigieren muß.

Ich möchte damit anfangen, Ex-Jugoslawien zu ventilieren, da die aktuellen Entwicklungen beunruhigend sind, und zwar deshalb, weil trotz der nunmehrigen Atempause von 15 Tagen eine Lösung nicht sehr nahe ist. Eigentlich weiß man nicht, wie es weitergeht (Abg. Mag. Stadler: Rambouillet ist gescheitert!), eigentlich sind die Diskussionen sehr verhärtet geführt worden, und eigentlich, glaube ich, müssen wir sehr vorsichtig damit sein, große Erfolge dort zu sehen, obgleich ich Kollegen Spindelegger in einem recht gebe, nämlich darin, daß sich der Sonderbotschafter der EU, Herr Dr. Petritsch, in diesen Verhandlungen ausgezeichnet bewegt hat. Das wurde mir von einigen der internationalen Beobachter bestätigt, und ich bin froh darüber, daß es so hochprofessionelle Mitarbeiter im Außenamt gibt. (Beifall beim Liberalen Forum, bei der SPÖ, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben auch allen Grund dazu, daß wir jetzt die Mittel für das Internationale Kriegsverbrechertribunal aufstocken. Warum sollen wir sie aufstocken? – Im Jahre 1997 wurde durchgerechnet, daß mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nur drei Anklagen bis zum Ende durchprozessiert werden können. Es gibt zuwenig Geld für Übersetzungen und für das Personal, zuwenig Geld, um die Täter an Ort und Stelle zu verfolgen und wirklich dingfest zu machen. Daher ist es dringend notwendig, international auf eine Aufstockung dieser Mittel zu drängen. Das ist auch Sinn und Zweck unseres Antrages. Und ich gebe mich nicht damit zufrieden, zu sagen, es ist hie und da ein bißchen aufgestockt worden, sondern dieses Tribunal braucht Mittel, um die Verbrecher von Račak, die 35 Tote auf dem Gewissen haben, dingfest zu machen! Dafür fehlt es an Instrumentarium und Mitteln. Wir sind solidarisch dazu aufgerufen, Verbrecher, die nebenan wohnen, auch wirklich einer Anklage zuzuführen. Deshalb würde ich bitten, daß es sich die Regierungsparteien noch einmal überlegen, ob sie meinem entsprechenden Antrag nicht doch nachkommen können.

In bezug auf die Behauptungen, die es wegen der EU-Beiträge gegeben hat: Erstens, Herr Kollege Stadler, kann ich Sie ganz beruhigen. Dr. Frischenschlager ist in der EU nicht pensionsberechtigt. Er wird es auch nicht am 13. Juni sein. Die Pensionsregelung der EU sieht folgendermaßen aus – damit es auch alle hören –: Man ist erst nach fünf Jahren überhaupt pensionsberechtigt, wenn man bis dahin einen entsprechenden Beitrag geleistet hat (Abg. Jung: Und wenn man Mandatar ist!), und man ist unter Umständen pensionsberechtigt, wenn man zumindest drei Jahre als Abgeordneter anwesend war. (Abg. Mag. Stadler: Frau Kollegin Gredler, Sie haben mich mißverstanden!) Sonst gibt es keine Möglichkeiten, außer man wird in der Zeit der Tätigkeit invalide. (Abg. Mag. Stadler: Sie haben mich mißverstanden!)

Die Ministerpension, Herr Kollege Stadler, hätte ihm vor der EU auch zugestanden. (Abg. Mag. Stadler: Eben!) Das hat damit überhaupt nichts zu tun. (Abg. Mag. Stadler: Da haben Sie recht!) Die hätte er sofort vor zwei Jahren bekommen, und insofern hat der Zeitpunkt damit nichts zu tun, sondern im Gegenteil. Das ist ja sogar in Ihrem Sinn, daß er damals eben nicht in Pension gegangen ist, sondern weiter im aktiven politischen Leben geblieben ist (Abg. Mag. Stadler: Da haben Sie recht!), wodurch er für Österreich sehr viel Gutes machen konnte.

Aber jetzt komme ich zu Ihrem Antrag, denn Ihr Antrag – ich habe es Ihnen schon damals im Ausschuß gesagt – ist ein klein wenig verwirrend, und jetzt merke ich, daß ein Abänderungsantrag von Ihrer Seite kommt, der mich noch mehr verwirrt, und dazu muß ich sagen: Es ist bedauerlich, daß wir uns in dieser Beziehung überhaupt nicht treffen können. Sie empfehlen nun, die Bundesregierung soll die Zahlungen aussetzen, solange man die Korruption dort nicht in den Griff bekommt und solange keine effiziente Korruptionsbekämpfung gemacht wird.

Wen würde es treffen? – Die von der Frau Kollegin Aumayr vertretenen Bauern würde es treffen, denn für die würde man kein Geld mehr haben. Wenn es leere Kassen gibt in der EU, gibt es auch keine Möglichkeiten mehr, die Bäuerinnen und Bauern zu unterstützen. Da möchte ich Ihre Kollegin Aumayr gerne hören, wenn sie dann hier im Hohen Haus spricht und sagt: Gratuliere! Das haben wir gut gemacht! Die EU hat nun keine Mittel mehr, um sämtliche Forschungsprojekte zu ermöglichen, um sämtliche Bildungsmaßnahmen zu ermöglichen und um sämtliche Förderungen für die Bäuerinnen und Bauern auszuzahlen! (Abg. Mag. Stadler: Das ist ein schwaches Argument!)

Ob das der Weg ist, den Sie gehen wollen, bleibt Ihnen überlassen. Wir sind der Meinung, daß es der falsche Weg ist, obgleich wir uns treffen, was die Korruptionsbekämpfung betrifft. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Was sagt der Strohmayer? – Abg. Mag. Stadler: Strohmayer sagt genau das gleiche!)

Jetzt komme ich zum dem Punkt, den wir sozusagen als finanzielles Fortkommen sehen. Kollege Strohmayer meint, wir sollten die Mittel umstrukturieren. Was er damit meint, ist, daß es in mancherlei Hinsicht – und das ist beim Strukturfonds nachvollziehbar – administrative Umwege gibt, die nicht notwendig sind, die die Effizienz nicht verbessern, sondern verschlechtern. Was Herr Kollege Strohmayer meint und was ich auch meine und meine Fraktion meint, ist, daß wir diese Umwege beleuchten und sie wieder auf die subsidiäre Ebene, das heißt auf die nationale Ebene, zurückweisen sollten, und zwar dort, wo es möglich ist, und dort, wo es offensichtlich nicht wirklich fruchtbar ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Frau Kollegin Gredler, der Herbert wird Ihnen dann vorlesen, was der Strohmayer gesagt hat!)

Die Bundesregierung ist für die Schaffung von Arbeitsplätzen in erster Linie zuständig und nicht die EU. Die Bundesregierung hat die Verantwortung, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. (Abg. Dr. Khol: Die Wirtschaft, Frau Kollegin Gredler! Die Wirtschaft!) Ja, aber dann lassen Sie die Wirtschaft leben, Herr Kollege Khol! (Abg. Dr. Khol: Die Bundesregierung kann nur Arbeit für öffentlich Bedienstete schaffen, sonst nichts!) Dann geben Sie der Wirtschaft Luft, regeln Sie nicht alles, legen Sie ihr nicht dauernd Fesseln an, wo es nicht notwendig ist! Das wäre eine gute Politik, Herr Kollege Khol! Aber Sie lassen sich ja ununterbrochen Fesseln für die Wirtschaft einfallen, anstatt ihr die Möglichkeit zu geben, Arbeitsplätze zu schaffen. Da würde ich ansetzen an Ihrer Stelle.

Was Herr Kollege Strohmayer durch sein Engagement will, ist, dazu beizutragen – was er durch seine Fachkenntnis sicherlich kann –, daß die Kontrolle in der EU effizienter gestaltet werden kann. Ein Steuerberater hat natürlich die Möglichkeiten, durch sein Wissen in dieser Kontrollfunktion tätig zu werden und genau dort aktiv zu werden, wo es bisher das größte Manko gegeben hat.

Herr Bundesminister! Ich nehme Sie nicht aus der Pflicht. Sie haben im Ausschuß gesagt, daß von den 960 Verfahren, die in der UCLAV, also in dieser Betrugsbekämpfungseinheit, zurzeit offen sind, ungefähr 90 Prozent national anzuklagen seien. Jetzt frage ich Sie, Herr Bundesminister: Warum haben Sie eigentlich Ihre Kollegen im Rat nicht gezwungen, diese Anklagen in ihren eigenen Ländern durchzuführen? Warum hat es da überhaupt keine Tätigkeit gegeben? Warum braucht man das Europäische Parlament, um die Kämpfe durchzuführen, die Korruption und die Mißwirtschaft in der Kommission in den Griff zu bekommen? Das Europäische Parlament hätte sich gewünscht, einen Verbündeten Schüssel in dieser Angelegenheit zu haben, und war sehr traurig, nichts davon gesehen zu haben. Da hätten wir wirklich sehr viele Dinge verbessern können.

Ein paar Worte noch zur Osterweiterung, weil das ohnehin das Lieblingsthema der Freiheitlichen Partei ist. Ich habe vor kurzem in einer Wirtschaftszeitung gelesen, die Kosten der Osterweiterung würden sich ohnehin selbst tragen; aber darüber könnten wir zu einem anderen Zeitpunkt debattieren. Ich glaube, wenn wir effizienter wirtschaften, wenn wir die Korruption in der EU in den Griff bekommen, gibt es genug Geld, damit wir die Osterweiterung problemlos finanzieren können.

Wer gegen die Osterweiterung ist, ist eigentlich gegen eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation Österreichs und gegen die Schaffung von Arbeitsplätzen. Daß das der richtige Weg ist, kann ich mir nicht vorstellen! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Ofner: Dann haben wir die ungarischen Zahnärzte in Österreich und nicht in Ödenburg!)

17.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Schieder. – Bitte.

17.07

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In seiner Schilderung der Mißstände im Bereich der EU hat Abgeordneter Stadler leider durchaus recht. Das muß man sagen, und das sind Dinge, die nicht in Ordnung sind, das sind Dinge, die abgestellt gehören. (Abg. Mag. Stadler: Das geschieht aber nicht!) Ich komme gleich dazu, Kollege Stadler.

Sosehr Sie recht haben im Aufzeigen, haben Sie nicht recht damit, alles in einen Topf zu werfen. Es sind das nämlich unterschiedliche Dinge. Da werden zum Beispiel falsche Angaben gemacht, um mehr Förderungsmittel zu bekommen. Nicht in Ordnung! Da passieren gewisse Dinge am Weg des Geldes. Nicht in Ordnung! Und da ist das Problem der letzten Zeit: Vetternwirtschaft und anderes unter den Mitgliedern der Kommission. All diese Dinge gehören bekämpft, aber wahrscheinlich wird es unterschiedlicher Maßnahmen und auch unterschiedlicher Gesetze bedürfen. (Abg. Mag. Stadler: Auch bei uns!) Auch bei uns, das gebe ich durchaus zu. Aber aus diesem Grund sind ja gerade zur Rechtslage Vorschläge gemacht worden. Der Rat hat Vorschläge gemacht, es hat Vorschläge der Kommission gegeben, sogar Vorschläge zur Änderung der nationalen Gesetze, zum Beispiel auf dem Sektor Förderungsmittel. Hier sind konkrete Dinge geschehen.

Was die Vetternwirtschaft betrifft, hat es Initiativen gegeben. So war zum Beispiel unser Europa-Abgeordneter Bösch einer der Kämpfer für Veränderungen und gegen diese Vetternwirtschaft. Und das, was nun an Vorschlägen erarbeitet wird, das, was Klima, Heinz Fischer und andere im Rahmen der SPE machen – machen Sie das nicht herunter! Es wird ein wesentlicher Beitrag sein, auch innerhalb der sozialdemokratischen Familie Kommissaren, die aus Parteien kommen, die unsere Schwesterparteien sind, deutlich zu sagen: Wir wollen nicht, daß so etwas passiert, und wir tolerieren so etwas nicht! – Das ist eine Haltung, die wir national haben, aber auch international und auf europäischer Ebene. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Das unterscheidet Sie wohltuend von gewissen Abgeordneten!)

Bei Ihren Antworten, Kollege Stadler, stelle ich mir manchmal die Frage: Bringen Sie Ihre Kritik, die Sie hier vortragen, eigentlich deswegen vor, weil Sie die Mißstände abschaffen wollen oder weil Sie die EU abschaffen wollen? (Abg. Mag. Stadler: Nein!) Denn manchmal klingt bei Ihren Wortmeldungen – wie heute auch – ein Mißtrauen durch, ein Nichtwollen der europäischen Zusammenarbeit insgesamt. Deshalb sind Sie in diesem Bereich nicht derjenige, dessen Kritik man wirklich ernst nimmt, weil man sich fragt: Welche Motive stecken in Wirklichkeit dahinter?

Und Ihre Antwort: Zahlen wir einfach nichts!, ist ja auch keine, die wirklich zu einer Lösung führen und die Mißstände beseitigen würde. Ja, sie würde die Mißstände schon beseitigen, weil die EU aufgelöst werden müßte, wenn Ihr Weg beschritten wird. Aber das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen. (Abg. Mag. Stadler: Besser keine EU als eine korrupte EU!)

Das war auch bei Ihrem Antrag betreffend die Finanzen so. Deshalb haben wir eine Abänderung im Ausschuß beschlossen. (Abg. Mag. Stadler: Besser keine EU als eine korrupte!) Natürlich wird eingespart werden müssen, aber nicht, indem man sagt, Österreich sollte einfach um einen bestimmten Betrag weniger zahlen, sondern durch Stabilisierung der Ausgaben innerhalb der EU, durch Sparsamkeit, zum Beispiel auf dem Agrarsektor, wobei ich dem Abgeordneten Schwarzböck recht gebe, der heute hier dazu gesprochen und gemeint hat, daß gewisse Grundsätze einzuhalten seien, auch für die Landwirtschaft, daß wir uns überlegen müssen, was wir wollen.

Uns geht es zum Beispiel darum, daß die mengenmäßige Staffelung abgeschafft wird, daß die Kleineren und Mittleren weiterhin unterstützt werden. Uns geht es um die Unterstützung bei Umweltanliegen, um Sozialstaffelung, um Förderung im Grenzbereich, aber es soll nicht so sein, daß der am meisten von einer Förderung profitiert, der am größten ist, also daß zum Beispiel das englische Königshaus der beste Nutznießer der Agrarsubventionen ist. Das ist unsere Politik: eine vernünftige Stabilisierung, um die EU vernünftig weiter zu gestalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb begrüßen wir auch Maßnahmen, wie sie unter einem anderen Tagesordnungspunkt heute behandelt werden, nämlich das Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft zwischen der EU und deren Mitgliedstaaten und Mexiko. Das dient auch diesem Zweck.

Es ist wichtig, daß hier nicht mit Emotionen, nicht bloß mit Anwürfen, sondern mit einer klaren Politik etwas erreicht wird. So wie in der Kosovo-Frage – ich bin froh, daß der Herr Minister etwas dazu sagen wird –, in der ich auch hoffe, daß es zu einer europäischen Politik kommt, damit nicht der selbsternannte Weltpolizist Amerika allein bestimmt, was hier zu geschehen hat.

Ich hoffe, daß es auch zu einer Ausgewogenheit kommt: Serbien muß kritisiert werden, aber auch die UČK. (Abg. Mag. Stadler: Genau!) Und ich hoffe auch, daß wir nicht einseitig agieren: in der Frage Balkan und Serbien und Kosovo so und in der Frage Türkei und Kurden genau anders, weil es der Weltpolizist aus Eigeninteresse anders haben will.

Hier muß es zu Grundsätzen kommen, zu einer Linie, zu einer klaren europäischen Politik! Das hilft der EU und ihren Mitgliedsländern am besten. (Beifall bei der SPÖ.)

17.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt der Herr Vizekanzler. – Bitte.

17.13

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Zunächst zum Thema Präsidentschaft. Ich glaube auch, daß der Dank an das Staatssekretariat, an die Mitarbeiter und an Botschafter Lennkh berechtigt ist. Die Kosten sind deutlich unterschritten worden, und das ist durch eine sehr professionelle Führung des Präsidentschaftssekretariats der Fall gewesen. Wir haben über 100 Millionen Schilling gegenüber dem Voranschlag eingespart. Man soll nicht darüber schmunzeln, sondern ich finde es sehr gut, daß die Staatssekretärin Firmen aufgetrieben hat, die Kosten übernommen haben und uns damit eigentlich einen wesentlichen Betrag Geldes erspart haben. Keine andere Präsidentschaft hat – meines Wissens jedenfalls – ein derartiges Unterschreiten der Kosten zustande gebracht. Ich danke den Verantwortlichen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zweitens verstehe ich nicht ganz, warum man jetzt noch über die österreichische Präsidentschaft streiten muß. Ich finde, wir haben das, was wir konnten, gemacht, und das war nicht wenig. Letztlich bewerten alle anderen die Qualität der österreichischen Präsidentschaft. Wenn Sie heute etwa "El Pais" und dessen Bewertung lesen – heute nachzulesen und zitiert in den "Salzburger Nachrichten"; ich zitiere das ausdrücklich nicht, denn das könnte als Eigenlob interpretiert werden –, dann sieht man, daß mancherorts und international die Bewertung offener und wesentlich fairer stattfindet als von manchen Teilen der Opposition. Aber damit haben wir ja zu leben gelernt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zur Europäischen Union – ich sage es auch sehr ungern zum wiederholten Male, aber es wird durch die Behauptungen der Freiheitlichen nicht wahrer –: Wenn immer wieder gesagt wird, während der österreichischen Präsidentschaft hätten wir nichts gemacht, so ist das einfach unwahr. Ich habe es schon im Ausschuß klargestellt, ich habe es im Integrationsrat klargestellt, ich habe es im Außenpolitischen Rat klargestellt. (Abg. Jung: Aber nichts erreicht!) Wir haben dreimal auf Ratsebene, Herr Abgeordneter, die Kommission mit genau diesen Vorwürfen konfrontiert.

Ich möchte daher Peter Schieder, dem Vorsitzenden des Außenpolitischen Ausschusses, in dieser Angelegenheit voll zustimmen. Ich sehe auch gar nicht ein, warum die österreichischen Parteien sich in dieser Frage zerstreiten sollen. Kein Österreicher ist involviert. Wir Österreicher haben uns auf allen Ebenen – ob Kommission, ob Europaparlament, ob Rat, wo immer – für eine rückhaltlose, offene Aufklärung, für eine transparente, saubere Europäische Union eingesetzt. Und es wird durch Ihre wiederholten Behauptungen nicht wahrer, daß die Österreicher während der Präsidentschaft geschlafen hätten.

Daß wir heute so weit sind, daß die Kommission eine unabhängige Prüfinstanz akzeptiert, daß es heute eine Untersuchung von Parlament und Kommission gibt – und ich hoffe, daß sie bald, Mitte März ist ja das Falldatum, die Ergebnisse liefert, und zwar auch die individuellen Verfehlungen von einzelnen Kommissaren betreffend –, daß es einen Weisenrat gibt, der längerfristig die Konsequenzen ziehen soll, ist mit auf diese ehrliche Diskussion zurückzuführen.

Wer die Union liebt, der kritisiert sie und der wird dann auch etwas zum Besseren verändern, wer die Union abschaffen und letztlich die Zahlungen an die Bürger durch einen Steuerstreik oder durch einen Beitragszahlungsstreik einstellen will, der liebt die Union und die Idee Europa, die dahintersteht, nicht, sondern der will ihr schaden. Und das lehnen wir wirklich von Herzen ab! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es haben einige Abgeordnete in der Diskussion – und wie ich weiß, natürlich auch schon vorher, gestern schon – den Wunsch geäußert, daß ich eine Wortmeldung im Rahmen dieser Diskussion zu den Ergebnissen der Friedenskonferenz in Rambouillet bei Paris abgebe. Ich war gestern zurückhaltend, weil zu dem Zeitpunkt, als manche dies öffentlich verlangt haben, das Ergebnis noch nicht vorgelegen ist. Es ist zu diesem Zeitpunkt sogar das echte Scheitern dieser Konferenz möglich, ja sogar – ich sage das ganz offen – wahrscheinlich gewesen; auch noch am heutigen Tag.

Wenn wir heute – und ich sage das ganz ohne Scheu und ohne Zurückhaltung – zum ersten Mal 80 Seiten Text vorliegen haben, unterschrieben von den drei Chefverhandlern Wolfgang Petritsch, Boris Majorski und Christopher Hill, so ist das ein Dokument, dessen Weg beim informellen Außenministerrat in Salzburg seinen Ausgang genommen hat, wo wir mühsam begonnen haben, eine europäische Strategie zu diskutieren. Das war damals eine ziemlich schwierige Sache, weil die Meinungen innerhalb der Union und auch jene der Amerikaner und Russen diametral auseinandergegangen sind.

Wir haben dann zum ersten Mal einen EU-Beauftragten, den Österreicher Wolfgang Petritsch, ernannt. Das war unsere Idee, das habe ich auch mit den anderen 14 Mitgliedsländern durchsetzen können. Unsere Erwartungen hat er nicht nur erfüllt, er hat sie übererfüllt, und ich danke allen, die ihm für seine Qualitätsarbeit gedankt haben. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Das war eine Sache, die tatsächlich auf des Messers Schneide gestanden ist, denn man darf nicht quasi hier im sicheren österreichischen Hort sitzen, man muß sich ein bißchen die Verhandlungssituation vergegenwärtigen. Wir hatten zum ersten Mal eine Verhandlungsdelegation der Albaner – aller Gruppen! –, die sich zum Teil nach Jahren zum ersten Mal wieder gesehen haben. Da waren Exilalbaner dabei, da war die UČK durch renommierte Vertreter repräsentiert, es war Rugova, der Präsident der Kosovo-Albaner, vertreten, und es war in den ersten Tagen ungeheuer schwierig, daß sich all diese Leute überhaupt zusammengefunden haben. Auf der anderen Seite stand eine sehr homogene serbisch-jugoslawische Delegation, die aber de facto ferngesteuert war und kein eigenes Pouvoir gehabt hat. Und dann gab es natürlich auch die Spannungen bei den Mitgliedern der Kontaktgruppe, die sehr verschieden gewesen sind.

Daß wir heute so weit sind, wie wir sind, hängt damit zusammen, daß die Europäer und die Amerikaner hier wirklich Schulter an Schulter gearbeitet haben. Das hängt vor allem mit Wolfgang Petritsch und Chris Hill zusammen, die unermüdlich Tag und Nacht, in den letzten Tagen bis fünf Uhr früh, die Verhandlungen geführt haben.

Für mich – ich sage das jetzt, ohne es zu rosig darstellen zu wollen – ist dieses Dokument die Basis für eine politische Lösung. Und es gibt keine Alternative dazu! Es wird niemand ein besseres politisches Dokument zustande bringen als diese drei Verhandler, die dieses Dokument eigentlich in 14 Tagen fertiggestellt haben. Das ist eine große Leistung, denn das Ergebnis ist sowohl für die Albaner wie für die Jugoslawen und Serben zumutbar. Die Albaner gewinnen etwas, wovon sie seit Jahren, eigentlich seit Jahrzehnten, geträumt haben. Sie gewinnen eine Autonomie, die in der Substanz praktisch gleich viel wert ist wie ein eigener Staat, aber es ist unterhalb der Ebene und des Namens eines Staates: Sie haben einen gewählten Präsidenten, sie haben ein gewähltes Parlament, sie kriegen eigene Sicherheitsorgane, sie bekommen ein eigenes Bildungs- und Gesundheitssystem, sie bekommen die volle Autonomie über alle Politikbereiche.

Sie bekommen sogar eine gewisse Art von Außenpolitik zugestanden, sie haben de facto nur mehr eine formale Verbindung mit Serbien. (Abg. Jung: Sie glauben wirklich, daß das alles kommen wird?) Nein, ich spreche jetzt vom Inhalt, Herr Abgeordneter, denn die Frage hat gelautet: Was ist das Ergebnis? (Abg. Jung: Das ist abgehoben von der Realität!) Erlauben Sie, daß ich zumindest darstellen kann, was in diesem Dokument steht. – Zugleich gewinnen sie, verankert im Militär- und Sicherheitsannex, den Rückzug der Spezialpolizei und der Armee plus einer internationalen militärischen Präsenz. Das ist ja ein untrennbares Ganzes.

Die Serben und Jugoslawen auf der anderen Seite gewinnen, daß die Separation, die Unabhängigkeit nicht erwünscht ist, daß sie auch im Dokument nicht drinnen steht, sie gewinnen die Auflösung und Entwaffnung der UČK, der bewaffneten Guerillaarmee der Kosovo-Albaner, und sie gewinnen von der Internationalen Staatengemeinschaft die Perspektive, mit der Unterzeichnung des Vertrages und abhängig von der Implementierung in die Staatengemeinschaft zurückzukehren, daß die Sanktionen nach einem ganz genauen Plan, einer Art D-Day, gelockert werden. Das ist für beide Seiten absolut interessant.

Die Krise am Samstag ist entstanden, weil die Albaner, vor allem die UČK, begriffen haben, daß die Entwaffnung und die Auflösung der UČK im Dokument drinnen steht, und offensichtlich die lokalen Häuptlinge wach geworden sind und ihre Delegation massiv unter Druck gesetzt haben. Daher haben die Albaner den politischen Teil abgelehnt und den militärischen akzeptiert. Die Serben und Jugoslawen haben die Gunst der Stunde erkannt, den politischen Teil akzeptiert und natürlich den militärischen, den Implementierungsteil, abgelehnt. Es bedurfte dann massiver Anstrengungen drei Tage hindurch, daß es jetzt zwei Briefe von beiden Delegationen gibt, wo zum erstenmal folgendes festgehalten wird: The Delegation of Kosova with consensus understands that it can sign the Agreement in two weeks after consultations with the people of Kosova, political und military institutions.

Das heißt, daß die Kosovo-Albaner damit zum erstenmal die politische Verantwortung übernommen haben, nach entsprechenden Konsultationen dieses Abkommen zu unterzeichnen – abhängig von einer NATO-Präsenz.

Dann gab es drei Briefe: Der erste Brief von den Serben war eine Katastrophe. Dann gab es einen zweiten, und der dritte Brief war, glaube ich, eine vernünftige Erklärung, wo es zum erstenmal heißt, daß die Delegation von Jugoslawien bereit ist, über scope und character einer international presence, also der NATO, zu verhandeln. Zum erstenmal! Und die Russen, die unterschrieben haben – allerdings mit Ausnahme der Kapitel 2 und 7 –, haben öffentlich angekündigt, daß sie sich an einer militärischen Präsenz beteiligen würden, wenn Belgrad und der Sicherheitsrat dieses Kapitel mit endorsieren.

Jetzt kommt der Kernpunkt: Wir haben, glaube ich, ein vernünftiges politisches Abkommen, ein Paket auf dem Tisch. Ich sage auch ganz offen: Ich halte das für ganz wichtig. Zum erstenmal seit Jahren gibt es da inhaltlich ein Paket, das in der Substanz von beiden Delegationen akzeptiert wurde. Und jetzt geht es darum, daß man den Kosovo-Albanern hilft, bei ihrer Bevölkerung das durchzubringen. Dafür wird man auch werben müssen, man wird auf breiter Basis informieren müssen. Man muß gleichzeitig aber auch den Druck auf Milošević erhöhen, daß die militärische Präsenz, die sich ja nicht gegen die Serben richtet, die ja auch hilft, daß die Serben im Kosovo Rechte haben, daß sie praktisch das Recht haben, sich immer an serbische Institutionen zu wenden – es ist eine Art Parallelstruktur vorgesehen, die sehr kompliziert ist, die aber von beiden Seiten akzeptiert wird –, da sein wird, daß man daran arbeitet.

Ich glaube, daß die Hoffnung lebt. Ich verkenne aber auch nicht – und ich will das Hohe Haus auch ehrlich darüber informieren –, daß es natürlich auch beunruhigende Informationen gibt. Milutinović, der Präsident Serbiens, hat in Rambouillet relativ positiv geredet, hat den Verhandlern für ihr Engagement überschwenglich gedankt, hat aber, zu Hause angekommen, ganz genau das Gegenteil gesagt, nämlich: Das ist völlig unannehmbar! Nie werden wir eine Stationierung akzeptieren!

Jetzt ist die Frage: Ist das nach innen anders geredet als nach außen, und zählt letztlich die Unterschrift am 15. März, oder ist es wieder ein Spiel?

Ich glaube, daß wir unsere Lektion gelernt haben und daher größte Wachsamkeit angebracht ist, zumal wir auch Informationen haben, daß es nach wie vor gewisse Truppenkonzentrationen entlang einer gewissen Linie gibt, die ja schon seit längerer Zeit im Gespräch ist, und zwar zwischen Nord-Kosovo und Süd-Kosovo, sodaß allenfalls eine Art Teilung überlegt werden könnte, die natürlich dieses gesamte Paket zum Scheitern bringen würde.

Daher meine ich, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt folgendes Faktum wichtig ist: Die Kontaktgruppe und die Internationale Staatengemeinschaft haben sich da auf ein politisches Lösungsmodell geeinigt, beide Delegationen haben dies als eine wertvolle Diskussionsplattform anerkannt. Und jetzt muß man alles unternehmen, um die nächsten drei Wochen in der Weise zu nützen, daß der Druck so erhöht wird, daß dieses Abkommen unterzeichnet wird und daß eine große – 28 000 Mann umfassende – internationale militärische Präsenz, an der sich die NATO, die Russen, aber auch Nicht-NATO-Mitglieder – Schweden, Finnen, aber auch wir – beteiligen können und beteiligen werden, diesen Frieden absichert.

Ich halte das für die einzige Möglichkeit, um ein Blutbad und um einen Militärschlag ... (Abg. Mag. Stadler: Ist das akkordiert?) Ja, das ist in der Bundesregierung akkordiert. In diesem Sinn haben wir ja auch unser Interesse bereits angemeldet. (Abg. Mag. Stadler: Ah da schau her! Überfliegen lassen wir nicht!)

Aber noch einmal, damit ich da nicht mißverstanden werde: Der Kern ist vorheriges politisches Agreement zwischen beiden Parteien, das alle Elemente – den politischen und den Sicherheitsteil – mit einschließt. Daher: Die Hoffnung lebt, aber es ist, glaube ich, dorthin noch ein weiter und steiniger Weg in den nächsten drei Wochen. Ich hoffe, daß das Hohe Haus diesen Zwischenbericht begrüßt. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Vizekanzler.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

17.27

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ganz kurz ein paar Bemerkungen zu Ihren Ausführungen, Herr Außenminister: Ihre Hoffnungen und guten Erwartungen in Ehren, die Ergebnisse der Verhandlungen für den Kosovo, die jetzt vorliegen, sind allerdings nicht ganz neu, sondern liegen in Wahrheit seit Monaten vor. Wir waren ja auch Beobachter bei der NATO-Parlamentarierkonferenz, und da sind uns diese Ergebnisse in den Grundzügen als Strukturen des Vertrages und der Lösung bereits präsentiert worden. (Vizekanzler Dr. Schüssel schüttelt verneinend den Kopf.) Außerdem haben wir ja gesehen, was das alles wert gewesen ist. Ich hoffe, daß Ihr Optimismus berechtigt ist. Die Erfahrungen in der Vergangenheit deuten aber eher auf das Gegenteil.

Meine Damen und Herren! Auch folgendes war interessant: daß Sie hier eigentlich schon ankündigen, daß sich Österreich auch an einer möglichen NATO-Truppe im Kosovo beteiligen wird. Ich habe gelesen, daß der Verteidigungsminister dafür schon Vorbereitungen trifft und wir dort unten mit Radpanzern auftreten werden – interessanterweise mit Radpanzern, die der Verteidigungsminister für den Betrieb im Inland als nicht tauglich erachtet, aber in den Kosovo werden sie hinuntergeschickt.

Ein weiterer interessanter Aspekt ist es, daß österreichische Soldaten in diese Krisenregion geschickt werden sollen – anscheinend stellt das kein Problem in der Bundesregierung dar –, während es dann, wenn EU-Partner – und das ist, Herr Kollege Schieder, was die Solidarität und die Idee des gemeinsamen Europa aus politischer und sicherheitspolitischer Sicht anlangt, bedenklich – zum Zwecke einer Evakuierungsübung über österreichisches Gebiet fliegen oder Waffen transportieren wollen, plötzlich keine Solidarität mehr gibt und wir separat sein wollen und sagen, daß wir damit nichts zu tun haben.

Also wenn man der EU schon gute Tips geben will und sagt: Immer muß Amerika Weltpolizist sein, dagegen sollten wir doch endlich etwas tun!, dann fangen wir doch bei uns selber an, und denken wir doch endlich einmal nach, warum denn die USA immer wieder als Weltpolizist auftreten, warum die Außenministerin der USA nach Europa kommen muß, um in Sachen Kosovo die Verhandlungen zu leiten, warum es denn in Wahrheit nicht einmal einen politischen Konsens innerhalb der Europäischen Union darüber gibt, wie mit solchen Konflikten umgegangen werden soll.

Da braucht man nicht die USA zu schelten, sondern da soll man Europa und die Europäische Union schelten und beklagen, daß es da keinen Konsens und keine Bereitschaft gibt – und da soll sich auch Österreich einmal an der Nase nehmen –, wirkliche Solidarität im politischen und vor allem im sicherheitspolitischen Bereich zu üben. Auf sonstige Widersprüchlichkeiten will ich gar nicht mehr hinweisen.

Ich möchte nun kurz auf das eingehen, was Kollege Spindelegger hier heute wieder geboten hat. Er hat gemeint, daß wir Freiheitlichen Außenpolitik mit dem "Holzhammer" machen. Wir Freiheitliche machen Außenpolitik auch und vor allem für die Österreicher, meine Damen und Herren von der Volkspartei! (Abg. Mag. Mühlbachler: Ihr macht überhaupt keine Außenpolitik!) Eine Außenpolitik und eine Europapolitik, so wie Sie sie machen, daß Sie nämlich gegen sich selbst demonstrieren, meine Damen und Herren von der Volkspartei, ist uns wirklich fremd, und darauf sind wir stolz. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir handeln nicht so wie Ihre Bauernvertreter, die überall dort, wo es um die Europäische Union geht, zustimmen und beispielsweise bei der "Agenda 2000" auch noch Empfehlungen abgeben, daß man da zustimmen soll, die aber nachher nach Brüssel gehen, so wie Herr Schwarzenberger und Herr Schwarzböck, und gegen den ÖVPler Fischler, gegen den ÖVPler Molterer und letztlich gegen sich selbst, die sie hier die diesbezüglichen Beschlüsse gefaßt haben, demonstrieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist Ihre Außenpolitik, die Politik mit dem "Holzhammer"! Diese bleibt bei Ihnen angesiedelt.

Kollege Schieder! Sie haben sich sehr wohltuend von solch einer Politik und von solchen Wortmeldungen abgehoben. Wenn Sie allerdings fragen, warum die FPÖ so gegen die EU ist, und sagen, daß wir sie zerstören wollen, so muß ich Ihnen erwidern: Keineswegs wollen wir die EU zerstören, sondern im Gegenteil: Wir sagen – und es gibt ja auch andere Stimmen, die uns darin bestätigen –, daß dann, wenn dieses Projekt der Europäischen Union so weitergeführt wird wie bisher, daß man nämlich nicht gemeinsam mit dem Bürger für den Bürger arbeitet, sondern abgehoben vom Bürger in irgendwelchen Bürokratien Europapolitik macht, dieses Projekt Europa zum Scheitern verurteilt ist. Das sagt zum Beispiel Friedmann (Abg. Schieder: Das sagen viele Leute!), und das ist die Linie der FPÖ. Das ist doch keine Holzhammerpolitik, sondern das ist Politik für Europa! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wollen dieses gemeinsame Europa, aber gemeinsam mit dem Bürger zum Vorteil der Bürger, und nicht in der Weise, daß man dauernd und seit Jahren den Bürgern sagt, daß sie sparen müssen, daß sie verzichten müssen, daß sie Sparpakete hinzunehmen haben, daß man die Beitragszahlungen nicht senken kann, weil es irgendwelche nebulosen Projekte gibt.

Es ist unsere Forderung – auch an die österreichische Außenpolitik –, daß man den Österreichern, aber auch den Europäern zeigt, daß es wichtig ist, an einem gemeinsamen friedlichen Europa zu bauen, und zwar in allen Bereichen, und daß es wichtig ist, Solidarität zu üben und keine Nischen zu suchen. Aber all das muß gemeinsam mit dem Bürger geschehen und darf nicht über die Köpfe der Bürger hinweg beschlossen werden. Das ist freiheitliche Europapolitik, und ich hoffe, daß das irgendwann einmal auch österreichische Europapolitik wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Kammerlander. – Bitte.

17.32

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Natürlich bietet diese heutige Debatte die Gelegenheit dazu, auf die aktuelle Situation einzugehen, so wie das ja auch manche meiner Vorredner getan haben, und ich möchte auch gleich damit beginnen und ansetzen bei der aktuellen Situation betreffend den Kosovo beziehungsweise bei den nun mittlerweile erzielten – man kann nicht sagen, Ergebnissen – Zwischenergebnissen der Verhandlungen betreffend den Kosovo.

Ich begrüße es, daß diese Verhandlungen stattgefunden haben und daß sie zu irgendeiner Form von Ergebnis geführt haben. Na selbstverständlich! Selbstverständlich ist auch zu unterstreichen, wie das auch viele andere Redner vor mir getan haben – und da ist der Dank denjenigen gegenüber auszusprechen, die da verhandelt haben –, daß das eine Knochenarbeit ist. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Aber dennoch muß gesagt werden – und da möchte ich schon in einigen Worten auch auf die Art und Weise eingehen, in der Sie, Herr Außenminister, das dargestellt haben –, daß für übergroße Euphorie kein Platz ist. Wenn man die Einschätzungen der Experten zum Beispiel gestern in den Nachrichten gehört hat, so können wir diese ihre Meinung zu einem gut Teil teilen.

Wir sind der Auffassung, daß in einem verzweifelten Akt und in einer von vornherein sehr kurz anbemessenen Zeit versucht wurde, zu einem Ergebnis zu kommen. Das war schon von vornherein eine schwere Belastung für die Gespräche. Ich bin der Meinung, daß, würde man Friedensgespräche und einen Dialog wirklich ernst nehmen, die Verhandlungen zu einem ganz anderen Zeitpunkt einsetzen beziehungsweise beginnen müßten. Sie müßten erstens mit einem weitaus größeren Zeithorizont ausgestattet sein und dürften zweitens, was sehr irritierend und für den Verlauf der Verhandlungen auch nicht unbedingt positiv war, nicht von medialen Äußerungen der einzelnen Vertreter und Vertreterinnen begleitet sein. (Abg. Mag. Stadler: Drohungen!) Ich komme auf die Drohungen noch zu sprechen. – Die einzelnen Äußerungen, Mitteilungen und Kommentare waren für den Erfolg der Verhandlungen sicher nicht förderlich.

Nun komme ich zu dem Punkt, wo ich der Auffassung bin, daß Friedensgespräche und Dialoge dieser Art, sollten sie zu einem Erfolg führen, nicht von vornherein von massiven Militärdrohungen begleitet sein dürfen, und zwar mit massiven Militärdrohungen, die, wie man bei genauem Hinsehen feststellen kann, kaum durchführbar sind. Das wissen beide Seiten: die serbische Seite und die UČK. Aber das wissen auch die Europäer und allen voran auch die Amerikaner. Müßten diese Drohungen, die ausgesprochen worden sind, durchgeführt werden, wäre dies kaum möglich (Abg. Mag. Stadler: So ist es!), und zwar aus verschiedensten Gründen und Überlegungen – sei es allein aus dem Grund, daß natürlich in erster Linie die Zivilbevölkerung davon betroffen wäre und darunter zu leiden und die Last zu tragen hätte, und sei es nur deshalb, weil vor allem auch allfällige und darauf folgende Reaktionen vor allem von der serbischen Seite jede Grundlage für weitere Friedensgespräche zunichte machen würden.

Man wird sehen, zu welcher Situation dieses Ergebnis führen wird. Ich teile Ihre Euphorie und die Einschätzung, die Sie, Herr Bundesminister, haben, nicht, obwohl man – ich darf es betonen – natürlich sagen muß: Was soll man in solch einer Situation denn sonst tun als verhandeln? (Vizekanzler Dr. Schüssel: Frau Abgeordnete! Welche Euphorie?) Euphorie beziehungsweise eine sehr positive Haltung klingt nicht nur in Ihren Worten durch, sondern auch in verschiedensten Medienberichten, die ja, wie ich sagen möchte, nicht von irgendwoher kommen.

Aber noch etwas möchte ich erwähnen – etwas, was in den Ereignissen der vorigen Woche betreffend Türkei und Kurdistan untergegangen ist –, nämlich Ihre Ankündigung in einem "Zeit im Bild"-Interview, die da lautet, daß sich Österreich selbstverständlich an Interventionen welcher Art auch immer beteiligen wird. Ihre Aussage "an Interventionen welcher Art auch immer" in diesem Ihrem Interview ist mir nicht ganz klar gewesen. In der Folge bot sich mir aber keine Gelegenheit, dem nachzugehen und in Erfahrung zu bringen, wie Sie denn das gemeint haben könnten oder wie ich das verstehen kann.

Damit kann doch wohl nicht gemeint sein, daß wir, wenn man auf der einen Seite Friedensgespräche führt, einen Dialog beginnt und auf der anderen mit massiven militärischen Drohungen operiert wird, gleich sagen, und das noch dazu als neutrales Land: Da machen wir natürlich mit! Das ist ja unsere vornehme Pflicht!

Eines ist auffallend: In diesem Konflikt – und damit komme ich zum nächsten aktuellen Ereignis, zum Ereignis betreffend Türkei und Kurdistan; das trifft auf beide Fälle zu – fehlt die europäische Außenpolitik. Es fehlt jegliche Grundlage europäischer Außenpolitik, die präventiv auf diplomatischer Ebene Schritte setzt, bevor es noch zu in einem sehr engen Zeitkorsett anberaumten Gesprächen oder zu militärischen Drohungen kommt.

Die Situation im Kosovo und die Ereignisse betreffend die Türkei und Kurdistan, betreffend das Kurdenproblem sind politisch, moralisch und faktisch miteinander vergleichbar, und ich frage mich, was den Unterschied macht zwischen diesen beiden Ländern hinsichtlich des Umstands, daß wir uns sehr spät, mit zehn, fünfzehn Jahren Verspätung, nun dem Problem Kosovo zuwenden und daß wir uns bis heute noch nicht mit dem Problem, das sich im Bereich des ehemaligen Kurdistan, muß man fast sagen, des kurdisch bevölkerten Gebietes der Türkei jetzt schon abzeichnet und das auf uns zukommen wird, befaßt haben.

Was macht da den Unterschied aus, daß jetzt nicht höchste Alarmstufe angesagt ist und darangegangen wird, gerade im Bereich der europäischen Außenpolitik zu sagen: Was ist da jetzt zu machen? Ist da eine Kontaktgruppe einzusetzen, die eine internationale Friedenskonferenz vorbereitet und in die Wege leitet? Es ist klar, daß das nicht von heute auf morgen gehen wird. Es ist völlig klar – analog zu Serbien –, daß die Türkei sagen wird: Was schert uns das? Das ist unser Staatsgebiet? Was wollt ihr hier überhaupt?

Wir haben ja all diese Antworten auch in dem anderen Fall gehört, aber gerade der Fall Kosovo zeigt uns, wie dringend notwendig es ist, auf der Ebene der Außenpolitik zu agieren und zu reagieren und nicht auf der Ebene der Sicherheitspolitik, vor allem nicht mit militärischen Drohungen.

Nun komme ich zu den aktuellen Gesetzesvorlagen, die heute hier zur Behandlung stehen. Die europäische Außenpolitik ist gefordert, und diese ist zu stärken und zu stützen. Ich komme da nur mit einem Satz auf den Antrag der FPÖ zu sprechen: Es kann doch überhaupt nicht dienlich sein, hier jetzt eine Beitragsdebatte zu eröffnen. Wir müßten viel eher eine Debatte eröffnen über die Frage: Worin kann denn, wenn es überhaupt einen Sinn macht, zu einer integrativen Außenpolitik zu kommen, diese bestehen, und was kann sie auszeichnen?

Aber es ist vor allem auch die europäische Menschenrechtspolitik gefordert, und zwar nicht nur in der Frage der Erhöhung der finanziellen Mittel für das Internationale Kriegsverbrechertribunal, sondern auch in der Frage, ob wir sie ernst nehmen, wenn es konkret wird, ob wir sie im Fall Kurdistan und Türkei ernst nehmen. Was werden wir denn unternehmen? Was werden Sie, Herr Außenminister, unternehmen? Was haben Sie unternommen in der Zeit, als Abdullah Öcalan in Italien saß und versucht hat, politisches Asyl zu erhalten? Was haben Sie unternommen? Hat es seitens der Europäischen Union irgendeinen Versuch gegeben, zu einer einheitlichen Linie zu kommen, zu einem Entschluß zu kommen, indem man sagt: Wir können ein internationales Problem nur gemeinsam lösen, wir können es nur lösen, indem wir die Wege zu einem Dialog und zu einem Friedensgespräch ebnen, aber nicht, indem wir versuchen, das Problem überhaupt nicht wahrzunehmen, den Kopf in den Sand zu stecken!?

Der Zynismus ist dann perfekt, wenn man an ein Land appelliert, das weit entfernt ist von jeglichen demokratischen Strukturen, das eine Militärgerichtsbarkeit hat, das mit seinem Militärsystem einen Staat im Staat hat, wenn man also an ein solches Land appelliert, einen fairen Prozeß zu führen. Darin können sich die außenpolitischen Aktivitäten nicht erschöpfen, Herr Außenminister! Da gehört weitaus mehr dazu. Es gehören mindestens solche intensive Anstrengungen dazu – wenn nicht mehr – wie jene, die jetzt – wie gesagt, sehr spät! – im Falle des Kosovo und Serbiens unternommen worden sind.

Die Menschenrechtspolitik ist in diesem Fall gefordert. Wenn ich mir aber ansehe, wie der Antrag abgestimmt worden ist, bei dem es nur um die Erhöhung der Beiträge für das Internationale Kriegsverbrechertribunal gegangen ist, dann bin ich sehr pessimistisch, wenn ich versuche, mir vorzustellen, wie die Reaktion oder die Antwort dieser europäischen Menschenrechtspolitik sein könnte, wenn es um die konkreten Probleme geht.

Noch ein Wort zur EU-Ratspräsidentschaft: Sie haben die Menschenrechtspolitik zu Ihrem Schwerpunkt der EU-Ratspräsidentschaft gemacht. Dann agieren Sie bitte jetzt, solange Sie noch in der Troika sind, auch mit entsprechendem Nachdruck, wenn es um die Türkei geht, wenn es um eine Lösung des Problems der Kurden geht! Reagieren Sie jetzt, wenn es darum geht, zu politischen Lösungen zu kommen, bevor Europa mit einem Ausmaß und Auswirkungen eines Konfliktes konfrontiert ist, die unvergleichlich größer sein werden als die des Kosovo! (Beifall bei den Grünen.)

17.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.42

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich wollte eigentlich nicht über die Situation der Kurden sprechen. Frau Abgeordnete Kammerlander, ich möchte aber doch insofern auf Ihren Beitrag eingehen, als ich die große Sorge habe – und zwar aus langjähriger Beschäftigung mit diesem Problem –, daß wir jetzt etwas tun, was in einem anderen Zusammenhang zum Beispiel auch mit dem palästinensischen Volk geschehen ist, daß wir nämlich immer wieder von "den Kurden" sprechen und so tun, als sei Öcalan gleichzusetzen mit "den Kurden". Er ist es nicht! (Abg. Jung: Ihr SPÖ-Parteiobmann ist Öcalan!)

Innerhalb der kurdischen Bevölkerung gibt es bei aller politischen Unterdrückung politische Unterschiede. Es gibt verschiedene Gruppierungen und es gibt Bewegungen, die sich radikalisiert haben. (Abg. Mag. Kammerlander: Na und?) Ich glaube, daß es wichtig ist, daß wir auf die Menschenrechtsverletzungen gegen das Volk der Kurden hinweisen und daß wir diesbezüglich den Druck verstärken. Daß unsere Partei immer dazu aufgerufen hat, können Sie nicht leugnen.

Wir sagen aber sehr wohl, daß in der Angelegenheit Öcalan die Frage des fairen Prozesses – und da geht es nicht um Appelle oder etwas in der Art – eine wichtige ist, denn jeder Mensch, was immer er getan hat, hat das Recht auf einen freien und fairen Prozeß, wie das in der Europäischen Menschenrechtskonvention, die die Türkei ja auch unterschrieben hat, festgelegt ist. Das ist der entscheidende Punkt.

Wenn wir also jetzt die Frage zuspitzen und sagen, das sind alles "die Kurden", dann erweisen wir, wie ich meine, weder der Lösung des Problems noch der kurdischen Bevölkerung einen guten Dienst.

Ich möchte aber noch eine Bemerkung zum "Stadler-Prinzip" machen, was die Europäische Union betrifft. Er meinte, daß wir nichts zahlen sollten. Es gebe gewisse Mißstände, und deshalb sollten wir nichts zahlen. – Dazu muß ich sagen: Mir ist jetzt endlich klar geworden, warum sich Herr Meischberger unschuldig fühlt. Er ist mit der Politik der Regierung nicht einverstanden, also hat er das Geld in den Tresor gelegt und keine Steuern gezahlt. Deshalb fühlt er sich unschuldig! Er hat eigentlich nur konsequent das "Stadler-Prinzip" angewendet, ganz nach dem Motto: Wir sind unzufrieden, und daher zahlen wir nichts! (Abg. Scheibner: Der Witz des Tages!) – Das ist mir jetzt klar geworden. Aber das ist natürlich nicht die Lösung. Meischberger ist sehr wohl ein verurteilter Steuerhinterzieher und bleibt es! (Beifall bei der SPÖ.)

Zuletzt möchte ich nur kurz auf die Anträge, die hier vorliegen, eingehen. – Herr Außenminister! Ich danke Ihnen für die Beantwortung meiner Fragen aus dem Ausschuß. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, daß ich die dritte Frage nicht gestellt habe; aber gut, Sie haben sie auch beantwortet. (Abg. Scheibner: Schlecht koordiniert vor der Sitzung!)

Die erste Frage muß insoferne ein Mißverständnis sein, als es mir bei dieser ganzen Frage der Visaerteilung und Konsulargebühren – es ist erfreulich, daß nun gewisse Dinge geregelt wurden – um einen anderen Aspekt geht – Sie haben das ja bei der zweiten Frage auch beantwortet –, nämlich darum, daß wir nicht die gemeinsame Politik in Schengen dazu benützen können zu sagen oder daß wir uns nicht ausklinken und sagen können: Okay, und damit verabschieden wir uns von den bilateralen außenpolitischen Beziehungen. – Das ist es, worum es mir geht. Deshalb wurde Südafrika angeführt, und Sie haben auch die baltischen Staaten genannt. Ich hoffe, daß bei der Besprechung morgen und übermorgen im Schengen-Prozeß etwas Vernünftiges herauskommt.

Zuletzt möchte ich nur noch sagen, daß es für Österreich gut wäre, wenn wir die Interessen des Tourismus mit einbrächten. Wir selbst haben, solange wir gegenüber unseren Nachbarländern noch die Visumpflicht hatten, immer bedauert, daß wir keinen Besuch, keinen Tourismus und so weiter haben können. Ich glaube, daß es für die österreichische Tourismuswirtschaft wichtig ist, daß Menschen auch von außerhalb der EU zu uns kommen können, aus Ländern, zu denen wir traditionell gute Beziehungen haben – ohne Visumpflicht und ohne Gebühren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Konrad. – Bitte.

17.47

Abgeordnete Dr. Helga Konrad (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute die Änderung des Konsulargebührengesetzes beschließen, dann tragen wir damit den neuen Kompetenzen der Vertretungsbehörde und dem Fremdengesetz Rechnung. Mit diesem Gesetz werden, wie schon erwähnt, Forscherinnen und Forscher, Vortragende und Lehrende von Konsulargebühren befreit. Das ist erfreulich. Aber ganz besonders freut es mich, daß auch Studierende künftig von der Gebührenbefreiung profitieren werden, wenn sie die notwendigen Voraussetzungen erfüllen.

Meine Vorrednerin hat es schon angeschnitten, und ich möchte es noch einmal unterstreichen: Wenn wir nicht nur den Aufenthalt von Studierenden aus EU-Ländern in Österreich fördern wollen, sondern darüber hinaus auch den Aufenthalt anderer Menschen – Menschen, die etwa aus den Ländern des ehemaligen Ostblocks oder aus Entwicklungsländern kommen –, wenn wir das entsprechend unterstützen wollen und als wertvoll ansehen, dann ist es nur recht und billig, ihre Einreise zumindest um die Gebühren zu erleichtern.

Für viele Menschen sind diese Gebühren nämlich gar nicht so unerheblich. 600 S mögen für viele von uns nicht viel sein – 600 S kostet ein Sichtvermerk –, aber für viele Menschen, vor allem auch für junge Menschen, ist das doch viel Geld. In vielen Ländern entspricht ein Betrag von 600 S den Lebenshaltungskosten für einen ganzen Monat. Diese Gebühr könnte daher einen Studienaufenthalt in Österreich von Anfang an unerschwinglich machen.

Es freut mich, daß diese Gebühr nun entfällt. Es gibt aber auch einen kleinen Wermutstropfen bei diesem Gesetz. Mir hätte es zum Beispiel gefallen, wenn auch für Künstlerinnen und Künstler eine ebenso weitreichende Regelung gefunden worden wäre, denn auch davon profitieren wir in Österreich. Künstlerinnen und Künstler müssen, wenn sie etwa bei uns ausstellen, mehrmals ein- und ausreisen. Im Hinblick darauf wäre eine großzügigere Regelung aus meiner Sicht wünschenswert gewesen.

Über den formalen Details wie den Kosten und Kompetenzen dürfen wir aber, so meine ich, die politische Dimension nicht übersehen. Was wir dringend ausführlicher diskutieren sollten, ist etwa die Frage: Wer bestimmt beispielsweise Ausnahmen von der Sichtvermerksregelung, die sich durch das Schengen-Abkommen ergibt? Unter welchen Gesichtspunkten sollen Ausnahmegenehmigungen erteilt werden? – Südafrika ist schon erwähnt worden, und wir haben diese Frage auch im Ausschuß ausführlich diskutiert.

Auch ich möchte Ihnen, Herr Außenminister, dafür danken, daß auf Ihre Initiative hin morgen und übermorgen in der Schengener Arbeitsgruppe, die sich mit Personenverkehr und Visa beschäftigt, über dieses Thema gesprochen wird. Für uns gilt jedenfalls: Die Frage der gemeinsamen Sichtvermerkspolitik muß auch inhaltlich diskutiert werden.

Ein Beispiel für das, was ich meine: Frankreich hat etwa Ausnahmen für seine ehemaligen Kolonien durchgesetzt – das ist gut so –, aber auch wir als kleines Land, das keine Kolonien gehabt hat, wollen den Kontakt zu jenen Ländern, mit denen wir schon jahrzehntelange freundschaftliche Beziehungen pflegen, durch das Schengener Abkommen und seine Folgen nicht verschlechtern, sondern weiterhin erleichtern.

Sicherheit ist bestimmt nicht das einzige und schon gar nicht das ausschließliche Kriterium unserer Beziehungen zu den Menschen in anderen Ländern. Es gehört zur Kompetenz unserer Außenpolitik und nicht zum Aufgabenbereich der Polizei und Einreisebehörde, die Beziehungen zu anderen Staaten zu bestimmen. Das soll und wird auch so bleiben! (Beifall bei der SPÖ.)

17.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1431 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

Damit können wir sogleich die dritte Lesung vornehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, dies ebenfalls durch ein Zeichen zu bekunden. – Die Vorlage wurde auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Anhang und Schlußakte in 1482 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diese Genehmigung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Nationalrat hat die Genehmigung einstimmig erteilt.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG, daß die Kundmachung des Abkommens in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen hat, zu beschließen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch dieser Beschluß ist einstimmig gefaßt worden.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1610 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Dazu haben die Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, und ich werde über diesen Abänderungsantrag als erstes abstimmen lassen.

Ich bitte also jene Damen und Herren, die dem gesamtändernden Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stadler und Genossen zustimmen wollen, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist daher abgelehnt.

Ich lasse sogleich über den Entschließungsantrag in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem Entschließungsantrag, so wie er dem Ausschußbericht beigedruckt ist, zustimmen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß dieser mit Mehrheit angenommen wurde. (E 157.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 1607 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Dieser Beschluß erfolgt mit Mehrheit.

Damit haben wir diesen Teil der Tagesordnung abgeschlossen.

11. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 931/A (E) der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Werner Amon und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der genitalen Verstümmelung von Frauen (1609 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 788/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Maßnahmen zugunsten von Mädchen und Frauen, die von menschenrechtsverletzenden Praktiken der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane betroffen sind (1608 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 432/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Verlängerung der Österreichischen Nationalinitiative Wald – Dritte Welt (1611 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 538/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Militär- und Rüstungsausgaben in den Entwicklungsländern als Kriterium der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (1612 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 11 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt mir nicht vor. Somit gehen wir sogleich in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Dr. Povysil vor. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.55

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! "In der Früh wurde ich geholt, damit niemand meine Schreie hört." – So beginnt Waris Dirie, Sonderbotschafterin der UNICEF, in ihrem Roman "Wüstenblume" die Beschreibung des grausamen Rituals der Genitalverstümmelung, dem sie sich mit fünf Jahren unterzog.

Sie müssen sich vorstellen, was diese Frau mitgemacht hat! Ohne auch nur eine Ahnung davon zu haben, was wirklich auf sie zukommt, wurde sie in Somalia zu einem Felsen geführt, und es wurden ihr dort mit einer abgebrochenen Rasierklinge zuerst die Klitoris und dann die Schamlippen entfernt, und schließlich wurde die verbliebene Resthaut mit Dornen durchstochen und zugenäht. Danach blieb sie, mit Fetzen verbunden, wie sie selbst sagt, wie ein geschlachtetes Tier in der Sonne liegen. Dazu kommt: Sie wollte das zu diesem Zeitpunkt selbst, und es war ihre Mutter, die für sie diese Frau aufgetrieben hat und die sie während dieser Prozedur auch gehalten hat.

Warum wollte sie das? – Männer ihres Stammes hatten sie als unreines, als schmutziges, als nicht beschnittenes, unbeschnittenes Mädchen beschimpft. Und die Frauen ihres Stammes hatten sie beschworen, "rein" zu werden, damit sie einen Ehemann bekäme.

Meine Damen und Herren! Zirka 2 Millionen Frauen werden nach Schätzung der UNICEF jährlich beschnitten – also rund 6 000 pro Tag. Dabei stirbt in etwa jedes vierte Mädchen entweder durch Verbluten oder durch eine aufsteigende Infektion. Die meisten Frauen werden unfruchtbar, sie haben massivste Probleme während ihres ganzen Lebens: bei der Menstruation, beim Geschlechtsverkehr, bei Geburten, beim Kinderkriegen. Der Großteil der Betroffenen lebt in Afrika, aber auch in Teilen Asiens und auch in manchen Gebieten der Türkei.

Angeblich liegen die Wurzeln dieser brutalen Verstümmelung in alten afrikanischen Riten und in Bräuchen aus pharaonischer Zeit. Sie sind in keiner Weltreligion verankert, sie werden im Koran nicht erwähnt, aber trotzdem stärkt gerade die Fatwa in Ägypten viele in dem Glauben, die Tahara – so heißt diese Beschneidung – sei eine islamische Tradition, und gerade in Ägypten darf die Tahara sogar in staatlichen Spitälern von Ärzten durchgeführt werden.

Warum? – Die Begründung dafür muß man sich wirklich einmal anhören! Die Argumentation der Traditionalisten in Ägypten lautet: "um den sexuellen Appetit unserer Töchter zu zügeln". Nur wenn eine Tochter durch genitale Verstümmelung ihre Libido verliert, dann bleibt sie – nach dem Glauben dieser Männer – treu, und, so heißt es weiter, das sexuelle Begehren der Frau würde damit auf das wünschenswerte Maß reduziert.

Die Mythen um das Ritual variieren, aber im Grunde geht es nur um eines: um die "Tugendhaftigkeit" und um die Unterdrückung der Frau und um die wirklich ungeheuerliche Anmaßung der Männer, zu bestimmen, wie die Frauen sein sollen und zu sein haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Solange allerdings der Status und auch die Ehechancen der Frauen davon abhängig sind, werden natürlich auch die Mütter der Töchter dieses Ritual weiter unterstützen.

Nun ist aber das Problem nicht nur auf Afrika, Asien oder Teile der Türkei beschränkt. Es gibt in Frankreich derzeit bereits zirka 40 000 verstümmelte Mädchen, und es gibt in Deutschland derzeit zirka 20 000 verstümmelte Mädchen. Es gibt auch in Österreich bereits diesbezügliche Schätzungen. Für Österreich kann man es nicht sicher sagen, vielleicht sind es 1 000, vielleicht 2 000 Mädchen; man kann es nur nach ungefähren Schätzungen berechnen.

Afrikanische Emigranten führen Beschneidungen in Europa durch. Afrikanische Familien fliegen teilweise ihre Mädchen aus, um sie in afrikanischen Staaten, in ihren Heimatländern, beschneiden zu lassen. In Frankreich wurde erst heuer im Februar eine 53jährige Afrikanerin wegen Beschneidung von 48 Mädchen zu acht Jahren Haft verurteilt.

Meine Damen und Herren! Das Näherrücken der Welten, das Aufeinanderprallen von Kulturen und nicht zuletzt auch das Umfeld einer allgemeinen konservativen Strömung und einer fundamentalistischen Militanz konfrontieren uns zunehmend mit Menschenrechtsverletzungen genau vor unserer Haustür. Und es muß uns eines ganz klar sein: daß viele ausländische Menschen die Integration in unseren Staat und unsere Gesellschaft weder nachvollziehen können noch dürfen, weil kulturelle Prägung, religiöse Glaubensvorstellungen und auch politischer Fanatismus sie zu keiner freien und keiner eigenen Entscheidung finden lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist unsere Aufgabe, die Betroffenen aufzuklären. Es ist auch unsere Aufgabe, klare politische Vorgaben zu leisten, damit nur jenen Ländern finanzielle Hilfe zukommen kann, die diese Menschenrechtsverletzungen auch wirklich verbieten. Und es ist unsere Aufgabe, in unserem Land sicherzustellen, daß uns bekannt gewordene Straftaten angezeigt und auch Strafverfahren gegen diese brutalsten Verstümmelungen eingeleitet werden.

Falsch verstandener kultureller Liberalismus würde hier nur zu einer Verlängerung unmäßigen Leidens führen. Denken Sie an die Worte und an den Satz von Waris Dirie: "Keine Worte können meinen Schmerz beschreiben!" (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.02

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler und Außenminister! Meine Damen und Herren! Eigentlich kann man bei dieser Debatte um diesen Entschließungsantrag, die eine sehr ernste Debatte ist, nur die Dramatik darlegen, die sich für jene Frauen – Kinder sind das ja noch zumeist – ergibt, die eine solche Beschneidung, eine derartige Nötigung über sich ergehen lassen müssen. Eigentlich kann es ja nur so sein, daß alle Parteien in diesem Haus ganz selbstverständlich diesem Entschließungsantrag zustimmen, der eine ganz wichtige Signalwirkung hat.

Wenn man – Frau Dr. Povysil hat es ja angesprochen – sich vorstellt, daß alljährlich zwei Millionen Frauen und insgesamt zwischen 135 und 137 Millionen Frauen auf der ganzen Welt davon betroffen sind – insbesondere in afrikanischen Staaten, aber nicht nur dort –, dann wird einem das Ausmaß dieser Verletzung von Rechten von Menschen erst so richtig deutlich.

Wenn man gegen diese Beschneidung mit den schweren Infektionen, die aufgrund mangelnder Hygiene entstehen, mit den tödlichen Komplikationen, die es dann bei der Geburt eines Kindes geben kann, argumentiert, dann mögen das schon auch wichtige Argumente sein, aber all das reduziert sich letztlich auf eines: daß es sich dabei um eine ganz, ganz schwere Menschenrechtsverletzung handelt, daß es sich dabei um eine ganz, ganz schwere Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts handelt.

Daher ist dieser Entschließungsantrag ganz besonders wichtig. Er ist wichtig, weil er dazu auffordert, daß wir uns verstärkt in internationalen Gremien dafür einsetzen, gegen diese Maßnahmen vorzugehen. Er ist wichtig, weil er darauf verweist, daß wir es in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit verstärkt zu einer Bedingung machen müssen, daß Entwicklungshilfe an Maßnahmen gekoppelt wird, die verhindern, daß es zu derartigen Beschneidungen kommt. Und er ist deshalb wichtig, weil er auch ausdrücklich darauf verweist, daß wir uns verstärkt innerhalb der Europäischen Union dafür einsetzen, daß es ähnliche Koppelungen geben möge.

Letzte Woche gab es einen Artikel im "Economist", in dem die Frage gestellt wird: Is it crime or culture? Ist es ein Verbrechen oder eine Kultur? – In sehr vielen afrikanischen Staaten ist es ja bereits ein Rechtsbestandteil, daß es zu keiner derartigen Beschneidung kommen darf, und trotzdem passiert es.

In diesem Artikel ist auch ein Politikwissenschafter namens Gerry Mackie von der University of Oxford zitiert, der sagt, daß das Strafrecht nur dann Hilfe bietet, wenn sich nicht die Mehrheit der Bevölkerung an den Verbrechen beteiligt. In diesen Ländern ist es aber zum Teil der Fall, daß eine Mehrheit der Bevölkerung sich in Wahrheit an diesen Verbrechen beteiligt, daher ist das Strafrecht allein eine wahrscheinlich nicht ausreichende Maßnahme.

Daher ist mir der Punkt 3 in der Entschließung ganz besonders wichtig. Dieser verweist nämlich darauf, daß wir verstärkt Programme entwickeln müssen, die eine aufklärende Wirkung haben, die der Bevölkerung in den Entwicklungsländern deutlich machen, daß man sich gegen derartige Beschneidungen sehr massiv wehren muß.

Weiters verweist der Entschließungsantrag darauf, daß man – weil es sich um ein ganz massives Menschenrechtsvergehen handelt; wir werden einen diesbezüglichen Antrag heute noch einbringen – Richtlinien erarbeiten sollte, die sich auch auf das Asylrecht auswirken. Denn wenn wir uns einig darüber sind, daß es sich dabei um eine schwere Menschenrechtsverletzung handelt, dann muß das letztlich auch eine Auswirkung auf jene Menschen haben, die vor einer solchen Menschenrechtsverletzung fliehen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Gredler gelangt nun zu Wort. – Bitte.

18.07

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Amon, wenn Sie gesagt hätten, das hätte auch Konsequenzen in Österreich, und zwar sofort, dann hätte ich Ihnen applaudieren können. So kann ich das leider nicht. Ich werde auch erklären, warum nicht.

"Si-kata" ist das Swahili-Wort für "Bitte, schneidet nicht!". So heißt eine Organisation, die weltweit aktiv ist und es sich zur Aufgabe gemacht hat, gegen die weibliche Genitalbeschneidung aufzutreten und diesbezüglich aktiv zu werden. Sie definiert die weibliche Genitalbeschneidung, indem sie sagt, sie sei vergleichbar mit der Kastration. – Ich zitiere das, damit man sich ein bißchen vorstellen kann, welche Bedeutung das für eine Frau hat.

Die Wurzeln dieses Brauches sind sehr tief im religiösen beziehungsweise traditionellen Bereich zu suchen. Das typische Alter, in dem die Beschneidung vorgenommen wird, ist zwischen vier und zwölf Jahren. Es gibt Gegenden in der Welt, in denen bis zu 100 Prozent der Frauen beschnitten werden. In Gambia zum Beispiel sind 100 Prozent der Fula- und Sarahuli-Frauen beschnitten. Das war für mich Anlaß genug, um dieses Thema endlich einmal ins österreichische Parlament zu bringen.

Seit 1951 gibt es eine UN-Konvention, die definiert, daß weibliche Genitalbeschneidung eine gravierende Menschenrechtsverletzung ist. In England gibt es seit 1985 einen Akt, der sich "Prohibition of Female Circumcision Act 1985" nennt. Kanada hat 1993 einer somalischen Frau unter diesem Aspekt Asyl gewährt. 1996 hat eine Frau aus Togo in den USA Asyl bekommen, nachdem sie, ich glaube, 18 Monate lang darum gekämpft hat. Im Jahre 1997 haben zwei Familien unter diesem Aspekt in Schweden Asyl bekommen. Die australische Regierung hat Richtlinien erarbeitet, um in solchen Fällen Asyl zu gewähren; diese gibt es seit 1996. Und sogar Frankreich mit seiner derzeit sehr restriktiven Politik hat seit 1996 eine entsprechende Passage im Flüchtlingsstatut verankert, wonach die weibliche Genitalbeschneidung ein Asylgrund ist.

Ich bedauere es zutiefst, daß es im österreichischen Parlament nicht möglich ist, zu einer gemeinsamen Resolution zu kommen, in der wir einen Asylgrund für Österreich definieren, wenn wir über weibliche Genitalbeschneidung sprechen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Deshalb erlaube ich mir, einen Antrag einzubringen, der nicht von mir, sondern von einer Kollegin der sozialdemokratischen Fraktion formuliert worden ist, die sich offensichtlich beim Regierungspartner nicht durchsetzen konnte. Dieser Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gredler, Kolleginnen und Kollegen

Der Entschließungsantrag 931/A (E) der Abgeordneten Mag. Posch und Amon betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der genitalen Verstümmelung von Frauen möge um folgenden Punkt 5 ergänzt werden:

5. "Im Rahmen der gemeinsamen Einwanderungs- und Asylpolitik der EU, und auch in Österreich, Richtlinien auszuarbeiten, die sich mit der spezifischen Situation von weiblichen Flüchtlingen beschäftigen und in diesem Zusammenhang auch das Problem der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane aufzunehmen."

*****

Ich glaube, daß die Kollegin, die dies geschrieben hat und sich unter Umständen auch heute noch zu Wort melden wird, völlig recht hat: Wir brauchen innerstaatlich eine Möglichkeit, bevor wir auf die EU-Ebene gehen, und nicht umgekehrt. Es haben uns genügend EU-Länder ein diesbezügliches Vorbild gegeben. Daher ist es, wie ich finde, wirklich hoch an der Zeit, nicht wieder das auf die EU abzuschieben, was uns unangenehm ist.

Dasselbe könnte ich auch über den gemeinsamen Antrag über Rüstungsausgaben und Entwicklungspolitik sagen, den Herr Kollege Moser noch kommentieren wird. Ich halte es für sehr schade, daß wir auch da die Verantwortung auf die nächste internationale Ebene abschieben, sehe aber ein, daß wir mehr Verhandlungen in Österreich brauchen, und daher bin ich einverstanden, daß wir das bei diesem Antrag so machen.

Aber was die Verstümmelung von Frauen betrifft – ein Problem, das seit 1951 aufgezeigt wird –, ist es wirklich hoch an der Zeit, in Österreich aktiv zu werden. Ich würde mir wirklich wünschen, daß Sie, Herr Bundesminister, Ihre Partei dazu bringen könnten, diesem gemeinsamen Abänderungsantrag, den ich eingebracht habe, auch zuzustimmen. Dann hätte ich überhaupt kein Problem, Herr Kollege Posch und Herr Kollege Amon, mit Ihrem Antrag, den Sie nach meinem Antrag eingebracht haben, mitzugehen und meinen zurückzuziehen. Aber unter den Voraussetzungen, wie ich sie jetzt beurteilen kann, ist mir das leider nicht möglich.

Ein paar Worte noch zum Abänderungsantrag der Freiheitlichen Partei. Er ist im großen und ganzen sehr begrüßenswert. Man kann aber eines nicht machen: Man kann nicht die Vergabe der EU-Mittel für die finanzielle Hilfe in den Entwicklungsländern mit der Einhaltung des Verbotes von Genitalverstümmelung junktimieren, und zwar aus dem Grund nicht, weil ein Teil dieser Gelder ja gerade für die Verhinderung von Genitalverstümmelung aufgewendet wird. Wenn man diesen Hahn zudreht, dann haben die Frauen dort überhaupt keine Chance mehr.

Ich meine, wir sollten diesen Punkt vielleicht überdenken. So, wie der Antrag verfaßt ist, kann ich ihm nicht zustimmen, obwohl ich genau dieselbe Beurteilung habe: Es handelt sich um eine schwere Menschenrechtsverletzung, und es handelt sich um eine schwere Körperverletzung. Daher sollten wir uns, wie ich meine, diesbezüglich wirklich auf ein- und derselben Schiene bewegen, und zwar das gesamte Parlament.

Ich hoffe, daß ich noch im Laufe dieser Debatte eine positive Antwort von den Regierungsparteien erhalte, damit ich sagen kann, endlich einmal haben wir eine gemeinsame Materie in diesem Haus durchgebracht, sodaß wir uns alle miteinander darüber freuen können, daß es in Zukunft vielleicht einigen weiteren Mädchen gelingen kann, zu überleben, denn es stirbt ja ungefähr jede vierte Frau, die sich einer solchen Prozedur unterziehen muß. Alle fünf Minuten wird auf dieser Welt ein Mädchen beschnitten! Wenn wir dazu unseren Beitrag leisten könnten, daß das endlich abgeschafft würde, dann wäre das sehr lobenswert! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Dr. Gredler hat einen Abänderungsantrag vorgetragen, der ausreichend unterstützt ist und in die Verhandlung miteinbezogen wird.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer mit einer gewünschten Redezeit von 2 Minuten. – Was erstaunt Sie, Herr Abgeordneter, der Aufruf oder die Redezeit? (Abg. Dr. Gusenbauer: Die Redezeit! 4 Minuten, bitte!) 4 Minuten wollen Sie? – Bitte.

18.15

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unter diesem Tagesordnungspunkt ist eine Reihe von höchst unterschiedlichen Materien zusammengefaßt. Unter anderem behandeln wir einen Antrag, der sich mit dem Zusammenhang zwischen Entwicklungspolitik und Militärausgaben beschäftigt. Ich erachte diesen Antrag insofern als wichtig, als es meiner Auffassung nach in der internationalen Debatte zur Entwicklungszusammenarbeit einen doch immer stärker merkbaren Konsens darüber gibt, welche Prioritäten Entwicklungszusammenarbeit einschließen sollte und was die größten Hindernisse auf dem Weg eines Landes hin zu einer besseren Entwicklung sind.

Wenn man die Texte der Weltbank, ihres neuen strategischen Konzeptes mit den Schlußfolgerungen des Berichtes über die menschliche Entwicklung der Vereinten Nationen und mit den Strategievorschlägen für das 21. Jahrhundert der OECD vergleicht, dann merkt man, daß sich nach vielen Irrwegen der Debatte in den letzten Jahren nun doch ein Konsens abzeichnet. Dieser Konsens geht meiner Auffassung nach in Richtung einer Entwicklung, wo im Vordergrund "good governance" steht, das heißt gute Regierungstätigkeit, wo im Vordergrund die Auseinandersetzung mit der Korruption steht und wo im Vordergrund die Zielsetzung steht, möglichst viele Menschen aus der Armutsfalle herauszuholen, möglichst viele Menschen am wirtschaftlichen Leben zu beteiligen, und zwar durch ganz gezielte soziale und Gesundheitsmaßnahmen. Dabei steht auch die Frage der Demokratieentwicklung als entscheidende Voraussetzung für die Nachhaltigkeit der Entwicklung im Vordergrund.

Es besteht auch ein Konsens darüber, was ein wesentliches Entwicklungshemmnis neben anderen ist, nämlich der Umstand, daß ein Land in einen Krieg oder in einen Bürgerkrieg involviert ist oder daß die Ausgaben eines nationalen Budgets für Rüstung und Verteidigung überproportional hoch sind.

Wenn wir nun eine Reihe von Staaten betrachten, mit denen auch Österreich Entwicklungszusammenarbeit betreibt, wie zum Beispiel Uganda oder Äthiopien, um nur zwei zu nennen, dann sehen wir, dies sind zwei Länder, die im Kontext dieses Antrages sehr interessant sind. Uganda ist etwa ein Land, das über Jahre hinweg seine Rüstungsausgaben reduziert hat, aber in den letzten Jahren wieder erhöht hat. Es stellt sich die Frage: Geschieht diese Ausweitung des Verteidigungshaushaltes aus legitimen Selbstverteidigungsinteressen, oder sind damit nicht auch strategische, machtpolitische Interessen in der Region kombiniert?

Oder zum zweiten Land, Äthiopien, das sich gerade in einer bewaffneten Auseinandersetzung mit Eritrea befindet. Auch dort stellen sich die Fragen: Wie ist die Schuldverteilung? Wo liegt die Aggression? Wo liegt die Möglichkeit für eine politische Lösung? Und ist es sinnvoll, in einem Land Entwicklungshilfe oder Entwicklungszusammenarbeit zu betreiben in der Art, wie wir es machen, wenn in Zukunft wieder ein größerer Teil des Bruttonationalprodukts und des Budgets in Verteidigungs- oder Militärausgaben fließt?

Ich glaube, daß das eine hochsensible Angelegenheit ist, die natürlich Teil des politischen Dialoges mit den betroffenen Partnerregierungen und Partnergesellschaften sein muß. Es ist meiner Auffassung nach auch völlig klar, daß Österreich alleine in diesem Zusammenhang aufgrund des geringen Ausmaßes unserer bilateralen Entwicklungszusammenarbeit wenig bewegen könnte. Wenn sich aber die OECD – und in der OECD sind immerhin die wichtigsten und größten Geberländer der Welt zusammengeschlossen – auf eine Grundlinie einigen könnte, auf ein gemeinsames politisches Verständnis, unter welchen Bedingungen es im Zusammenhang mit Militärausgaben zu politischen Maßnahmen oder zu einer Einschränkung von Entwicklungszusammenarbeit kommt, dann wäre das, wie ich meine, ein sehr deutlicher Fortschritt in die richtige Richtung. Daher sind der Bericht und der Vorschlag zu dem Antrag so, wie sie Ihnen vorliegen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Mag. Kammerlander.)

Ein zweites Element, das ich allerdings nicht mehr im Detail ausführen kann, besteht darin, daß wir die Entwicklungszusammenarbeit natürlich stärker auf die Länder mit geringeren Einkommen zu orientieren haben, weil gerade die Ärmsten der Armen aus der Armutsfalle herausgeholt werden müssen. Dies klingt zwar selbstverständlich, steht aber im Widerspruch zur bisherigen Ausgabenpraxis der Europäischen Union in der Entwicklungszusammenarbeit, nach der ein Großteil der Gelder an Länder mit einer mittleren Einkommensituation vergeben wird. Diese Mittel werden natürlich in erster Linie aufgrund von geostrategischen Überlegungen vergeben und nicht aufgrund von entwicklungspolitischen Ansätzen.

Eines dieser Länder ist zum Beispiel Marokko. In diesem Zusammenhang kann man die heutige Sitzung natürlich nicht vorbeigehen lassen, ohne sich mit der Frage der Situation in der Westsahara auseinanderzusetzen, wo wir lange Zeit sehr hoffnungsvoll waren, daß mit einem Referendum letztendlich eine der letzten offenen Fragen des Kolonialismus geklärt werden kann, wo aber dieser Prozeß ins Stocken geraten ist und der Weltsicherheitsrat nun offensichtlich ein letztes Mal versucht, mit einer Fristerstreckung Dynamik in die Situation zu bringen.

Österreich hat an diesem Konfliktfall besonderes Interesse, nicht zuletzt deswegen, weil Österreich den Kommandanten der dort stationierten Truppen stellt und wir ja auch dazu bereit sind, eine etwaige Durchführung des Referendums mit in etwa 200 Mann bei der Organisation zu unterstützen.

Aus diesem Grund bringe ich auch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Höchtl, Dr. Gredler und Mag. Kammerlander betreffend den Friedensprozeß in der Westsahara

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht,

1) gemeinsam mit ihren Partnern in der Europäischen Union den Generalsekretär der VN und seine Vermittlungsbemühungen mit Nachdruck zu unterstützen, um die Abhaltung eines Referendums entsprechend dem Plan der Vereinten Nationen zu ermöglichen;

2) an beide Konfliktparteien zu appellieren, ihrerseits aktiv zu einem Erfolg der Vermittlungsbemühungen durch die VN bis Mitte März beizutragen."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Prozeß braucht internationale Unterstützung, wenn wir nicht wollen, daß dieser Friedensprozeß in der Westsahara erneut in einem Aufflackern des Krieges endet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer hat einen ausreichend unterstützten Entschließungsantrag eingebracht, der in die Verhandlungen miteinbezogen wird.

Jetzt kommt Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander mit einer gewünschten Redezeitbeschränkung von 10 Minuten zu Wort. – Bitte.

18.23

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Wie schon mein Vorredner gesagt hat, liegen eine Reihe von Anträgen vor, die eigentlich in den Rahmen einer entwicklungspolitischen Debatte passen und dort auch meiner Meinung nach hingehören, einer entwicklungspolitischen Debatte, die über das hinausgeht, was wir üblicherweise in diesem Haus diskutieren. Hier diskutieren wir, wenn es um Entwicklungspolitik geht – etwa auch im Unterausschuß oder neulich am Studientag –, im engeren Sinne nur die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit.

Da das natürlich nur ein sehr enges Feld ist, werden von den verschiedenen Kollegen und Kolleginnen immer wieder Entschließungsanträge eingebracht, um das Feld, das die Entwicklungspolitik und die Richtlinien der Entwicklungspolitik eigentlich ausmachen, sozusagen besser und umfassender abdecken zu können.

Ich würde es begrüßen, wenn wir einmal eine Debatte führen könnten, die sehr umfassend ist, und zwar in dem Sinn, daß sie nämlich berücksichtigt, welche Fragen in die Entwicklungspolitik hineinspielen, und wir uns daher nicht mit einer Art von Hilfskrücken befassen müßten, wie es auch bei der Debatte um die österreichische Nationalinitiative Wald – Dritte Welt oder bei der Debatte über die Militärausgaben gekoppelt mit der Frage der Entwicklungspolitik der Fall war. Warum? – Weil das immer nur ein enges Spektrum beleuchten kann und beleuchtet, aber keine Kohärenz zwischen den verschiedenen Politikbereichen herstellt, die aber notwendig wäre, um wirklich umfassend entwicklungspolitisch diskutieren und dann auch entsprechende Entschließungen verabschieden oder Beschlüsse fassen zu können.

Ein paar Worte zum Antrag betreffend Militärausgaben. Es ist jetzt zu einem Kompromiß gekommen, zu einer gemeinsamen Entschließung ganz nach dem Motto: besser als nichts. Aber wir sind uns, so meine ich, schon dessen bewußt, daß das nur ein erster Schritt in diese Richtung sein kann und daß selbstverständlich in einer Debatte über Militärausgaben, über Rüstung, Dritte Welt und Entwicklungspolitik auch über den Verkauf und Handel mit small arms, also kleinen, leichten Waffen, diskutiert werden muß und natürlich auch über die Frage, wie sich Österreich in solch einem Falle verhält.

Ich darf nur darauf verweisen, daß wir hier vor einigen Monaten eine Debatte darüber hatten, als es darum gegangen ist, was mit den vom österreichischen Bundesheer ausgemusterten leichten und kleinen Waffen passiert. Warum werden diese Waffen von uns nicht zerstört? Warum kommen diese auf den internationalen Waffenmarkt und damit nicht nur möglicherweise, sondern auch nachgewiesenerweise genau in jene Länder, die entwicklungspolitische Gelder empfangen und wo Entwicklungshilfeprojekte stattfinden? Und wir fassen hier eine wunderbare Entschließung, daß man dies in Zukunft genauer überprüfen soll.

Das kann nie zusammengehen, das kann nie die gewünschte Kohärenz erzeugen, wenn wir nicht gewillt sind, eine solche Debatte eben auch umfassend zu führen. Wenn in diesem Haus über die Verwendung der österreichischen gebrauchten und ausgemusterten leichten Waffen diskutiert wird, dann dürfte dies nicht zu einem allgemeinen Entsetzen vor allem in den koalitionären Reihen hier führen, sondern es müßte selbstverständlich sein, daß diese im Sinne der Entschließung zu zerstören und nicht auf den Waffenmarkt zu bringen sind. (Beifall bei den Grünen.) Sie dürften nicht genau in jenen Bereichen eingesetzt werden, wo wir dies unserer Entschließung zufolge gar nicht wollen und in Zukunft auch viel kritischer betrachten werden.

Es sind ja erste erfolgreiche Schritte auch in diese Richtung – wenn auch auf einem anderen Gebiet, ich möchte es aber erwähnen – gesetzt worden, nämlich in der Frage der Antipersonenminen. Da hat Österreich Vorbildcharakter bewiesen. Also bitte tun wir das auch, wenn es um den Handel mit gebrauchten leichten Waffen geht! Setzen wir auch diesbezüglich Initiativen, und zeigen wir auch in dieser Frage Vorbildcharakter! Erst dann werden wir dieser Entschließung wirklich gerecht werden und ihr entsprechen.

Ich komme damit zum nächsten Thema, zum Thema Wald – Dritte Welt. Das war eine erfolgreiche Initiative der österreichischen Bundesregierung, die entsprechend evaluiert nun ausgelaufen ist. Unser Bestreben war es, in bestimmten Bereichen – da bietet sich der Bereich Umwelt und Entwicklung an, ein Bereich, der ohnedies einen engen Zusammenhang hat und in dem bestimmte Politikbereiche, bestimmte Entschließungen viel enger miteinander vernetzt gehörten – diese erfolgreiche Initiative fortzusetzen. Auch in diesem Fall gibt es einen Kompromiß nach dem Motto: Besser das als nichts. Es ist aber eigentlich nicht das, was wir wollten. Im Rahmen der bestehenden Budgetmittel sollen nun schwerpunktmäßig weiter entsprechend dieser damaligen Idee, dieser Nationalinitiative, Projekte gefördert werden.

Noch ein Satz dazu. Wir lügen uns natürlich irgendwie in die eigene Tasche, wenn wir zwar einerseits Entschließungen fassen, die wunderbar in ihrem allgemeinen, also generellen Inhalt sind, die appellativen Charakter haben – es sind Appelle an uns selbst, an die Bundesregierung oder an wen auch immer –, aber dann, wenn es konkret wird, nicht die entsprechenden Maßnahmen setzen.

In diesem Fall ein Wort zu den Budgetzahlen in der Entwicklungspolitik und vor allem in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit. Es ist natürlich Kosmetik, wenn wir uns damit begnügen, daß die Mittel nicht gekürzt werden, weil wir wissen, daß sie de facto Jahr für Jahr geringer werden. Wenn es nur mehr knapp eine Milliarde ist, so ist dies – die Entwertung mit eingerechnet – tatsächlich weniger.

Wir können natürlich solche Entschließungen wie heute fassen, aber wir müssen schon sehr klar sehen, daß die Mittel nicht angehoben worden sind, sondern einhergehend mit den allgemeinen Budgetbeschlüssen eher immer geringer werden. Irgendwann werden wir uns auch fragen müssen, wozu wir eigentlich Entschließungen fassen, wenn wir nicht gewillt sind, konkrete politische Schritte darauf folgen zu lassen. In dem einen Fall handelt es sich, wie gesagt, um gebrauchte leichte Waffen, in dem anderen Fall um konkrete Initiativen, die Österreich setzen will. Es soll damit der Zusammenhang aufgezeigt werden.

Ich will ja nicht zu dieser Uhrzeit lange diskutieren oder das ausführen, aber ich denke, hier ist ja wohl jedem im Raum der Zusammenhang zwischen Umwelt und Entwicklung vor allem im internationalen Bereich nicht nur klar, bekannt, sondern auch wirklich bewußt. Solche Entschließungen werden nur dann glaubhaft sein, wenn darauf auch die entsprechenden Schritte folgen.

Damit zum dritten Thema und einer ähnlichen Analogie wie bei den beiden anderen. Es geht um die Verstümmelung von Frauen mittels sogenannter Beschneidungen in Dritte-Welt-Ländern. Es gibt meiner Meinung nach nur eine Möglichkeit, dem glaubhaft auch politische Schritte entgegenzusetzen oder nicht nur entgegenzusetzen, sondern damit auch etwas auszudrücken.

Es ist in dieser Frage Gott sei Dank schon zu einem weitaus größeren internationalen kritischen Bewußtsein als früher und zu einer größeren Aufmerksamkeit durch unzählige NGOs, durch Arbeiten vieler NGOs in vielen Bereichen, durch Arbeiten, Publikationen und Informationen von Menschenrechtsorganisationen gekommen. Es ist heute, so kann ich sagen, zumindest in entwicklungspolitischen, in politischen Kreisen, in Kreisen, die sich mit Menschenrechtsfragen befassen, ein klares Bewußtsein in dieser Frage da, darüber, daß es ein Unrecht, daß es eine Menschenrechtsverletzung ist. Und das führt natürlich dazu, daß die Frauen in den betroffenen Ländern beginnen, sich dagegen zur Wehr zu setzen, und zwar auf verschiedene Art und Weise.

Der Prozeß in Frankreich war ein Anfang, ein guter Anfang, ein tauglicher Anfang. Es hat ein Mädchen den Mut bewiesen, gegen die eigenen Eltern aufzutreten, auszusagen und dadurch einen Prozeß auszulösen, der dann zu dem Ergebnis geführt hat, daß jene Frau, die diese Verstümmelungen durchgeführt hat, zu einer doch hohen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.

Aber es gibt auch noch andere Reaktionen von betroffenen Frauen: Sie fliehen, sie flüchten und versuchen, in europäischen Ländern, von denen sie wissen, daß dort ein aufgeklärtes Bewußtsein zu Hause ist, daß dort die Initiative dagegen fast ihren Ausgang genommen hat, Asyl zu bekommen.

Es ist schon gesagt worden: Es gibt Länder, die dem Rechnung getragen haben. Kanada war eines der ersten Länder, die dem Rechnung getragen haben. Es gibt inzwischen mit Schweden und Frankreich auch zwei europäische Länder, die das tun. Und ich meine, es ist höchst an der Zeit, daß auch Österreich eine Initiative in diese Richtung setzt. Wenn wir all dem, was gesagt worden ist, was richtig ist, dem nichts mehr hinzuzufügen ist, was schrecklich genug ist, eine tatsächliche politische Tat folgen lassen wollen, dann müssen wir heute beschließen, alles in die Wege zu leiten, damit Österreich Verstümmelungen, drohende Verstümmelungen an Frauen, als Asylgrund anerkennt und diese Initiative in die EU trägt und in die EU hineinbringt.

Nur dann, wenn Sie einer solchen Entschließung auch jetzt Ihre Stimme geben, können Sie glaubhaft machen, daß Sie diesem schrecklichen Vergehen an den Menschenrechten, daß Sie diesem Unrecht auch wirklich Rechnung tragen. Denn es hilft nichts, wenn man in Europa aufklärt, Entsetzen kundtut und dagegen eintritt. Es hilft auch nichts – das ist schon gesagt worden –, das an die Mittel der Entwicklungspolitik zu binden, weil genau das kontraproduktiv ist. Man muß auch zeigen, daß es glaubhaft ist, indem man sagt: Wir können das als Asylgrund anerkennen.

Es wird trotzdem schwierig genug sein. Denn es gibt nicht viele Frauen in den Ländern der Dritten Welt, die es nach all diesen Aufklärungen wagen, dagegen aufzubegehren. Wenn Sie das Problem ernst nehmen, dann müßten Sie einer solchen Entschließung und einer solchen Abänderung, wie sie Frau Kollegin Gredler eingebracht hat, Ihre Stimme geben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Posch mit einer gewünschten Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

18.34

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Der vorliegende Entschließungsantrag geißelt eine besonders grausame und erniedrigende Behandlung, eine besonders schwere Menschenrechtsverletzung, von der insgesamt über 130 Millionen Frauen betroffen sind. Jährlich fallen dem 2 Millionen Frauen zum Opfer, und das Problem ist längst kein afrikanisches Problem allein. Es sind allein in Frankreich etwa 30 000 Frauen jährlich davon betroffen. Auch in Deutschland sind insgesamt 20 000 Frauen betroffen, und in Österreich wird die Zahl auf etwa 1 500 Frauen geschätzt.

Diesem Bewußtsein trägt erstmals auch eine Deklaration der OAU, nämlich die Addis-Abeba-Declaration von 1997 Rechnung, die auch fordert, die Beschneidung unter Strafe zu stellen. In manchen Ländern sind bis zu 90 Prozent der Frauen davon betroffen, wobei diese Beschneidung zumeist im Kindesalter durchgeführt wird, mit allen möglichen Komplikationen und Folgen für die Gesundheit, so wie das meine Vorrednerinnen schon ausgeführt haben.

Zur Frage, warum das durchgeführt wird – Kollege Amon hat es angesprochen –, ob es ein Verbrechen oder ob es Kultur ist: Ich finde, was immer es auch ist – ob es ein Initiationsritus ist, ob es der Irrglaube ist, daß damit mehr Körperhygiene verbunden ist, oder ob es um die Eindämmung des Sexualtriebs geht oder um die soziale Kontrolle der Männer über die Frauen oder um Fragen der Moral –, es handelt sich dabei um eine besonders verabscheuungswürdige kulturelle Perversion. Ich meine das jetzt nicht herablassend aus der Sicht eines Europäers, sondern ich glaube, daß alles getan werden muß, um aufklärend dagegen tätig zu sein, weil es sich hierbei um eine besonders schwere Körperverletzung handelt, die alle Tatbestände für eine strafrechtliche Verfolgung erfüllt.

Der jüngste Fall in Frankreich ist ermutigend. Dort wurde eine Frau, die insgesamt 48 Beschneidungen durchgeführt hat, inzwischen zu acht Jahren Haft verurteilt, und es wurden auch die Eltern der beschnittenen Mädchen wegen Beihilfe verurteilt.

Ich glaube, daß diesbezüglich noch sehr, sehr viel getan werden muß. Einzelne Länder sind schon vorausgegangen, etwa die USA, wo es ein Gesetz gibt, daß Länder, die Beschneidungen durchführen, schwieriger Geld von der Weltbank oder vom IMF erhalten. In einigen Ländern wie Kanada, den USA und Schweden wurde unter diesem Aspekt bereits vereinzelt Asyl gewährt, und auch in der EU gibt es den positiv abgestimmten Lindeperg-Bericht vom Februar, in dem anerkannt wird, daß jede Person, insbesondere jede Frau, die im Umfeld von Kriegen oder anderen schwerwiegenden sozialen Unruhen Opfer von systematischer geschlechtsspezifischer Verfolgung wurde oder begründete Furcht vor einer solchen Verfolgung hat, als Angehörige einer sozialen Gruppe als Flüchtling im Sinne des Genfer Abkommens anerkannt werden muß. Das heißt, es wurden geschlechtsspezifische Verfolgungsgründe als solche prinzipiell einmal anerkannt.

Daher, so meine ich, ist unser vorliegender Entschließungsantrag ein positives Signal im Hinblick darauf, daß in den internationalen Gremien dahin gehend zu wirken ist, daß ein gesetzliches Verbot gegen die genitale Verstümmelung von Frauen erlassen wird, daß auch die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit der Bereitschaft der Empfängerstaaten zu verbinden ist, dieses Ritual wirksam zu bekämpfen, daß auch Maßnahmen und Programme durchzuführen sind, die aufklärend und informativ in der Bevölkerung wirken sollen, und daß auch die finanzielle Hilfe der EU für Entwicklungsländer mit dem gesetzlichen Verbot der genitalen Verstümmelung in Zusammenhang gebracht wird.

Wir stehen auch dazu – meine Kollegin Jäger wird auch noch einen diesbezüglichen Abänderungsantrag einbringen –, daß es Richtlinien geben soll, die sich mit der spezifischen Situation von Frauen beschäftigen, weil die Frauen einer spezifischen Verfolgung unterliegen und weil es eine spezifisch weibliche Flüchtlingssituation gibt, und daß im Zusammenhang mit diesen Richtlinien auch das Problem der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane aufzunehmen ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. )

18.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer mit einer gewünschten (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Gewünscht nicht, aber verordnet!), freiwillig verordneten Redezeit von 3 Minuten.

18.39

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte dieses ruhige Konsensklima, das sich in der grundsätzlichen Ablehnung der Praktiken der Verstümmelung weiblicher Geschlechtsorgane, wie sie in gewissen Kulturkreisen üblich sind, ausdrückt, nicht über Gebühr stören.

Ich halte es persönlich für ein sehr schwierig zu lösendes, heikles, aber ein sehr ernsthaftes und wichtiges Anliegen. Es bedarf einer gewissen Sensibilität, hier richtig vorzugehen.

Ich sage Ihnen aber eine andere, grundsätzliche Überlegung dazu, die Ihnen vielleicht nicht so oder die nicht allen so gefällt. Wir werden das Problem – und wenn ich sage "wir", dann meine ich uns Österreicher und Europäer – nur mit – nein, "Härte" ist nicht der richtige Ausdruck – Konsequenz lösen können, wenn wir es wirklich lösen wollen. Man kann natürlich, wie sich das jetzt in Abänderungsanträgen der Koalition zeigt – etwa vom Kollegen Posch hier vorgetragen –, neue Gesetze machen – gut, dagegen ist nichts einzuwenden –, spezifisch darauf abzielende Gesetze.

Man kann aber, wenn man konsequent sein will, auch schlicht und einfach bestehende Gesetze – ich rede jetzt von Österreich – einmal anwenden und sagen: Es handelt sich hier um eine schwere Körperverletzung. Eine schwere Körperverletzung, wenn sie bekannt wird, endet bei uns in Österreich mit einer strafrechtlichen Verurteilung. Eine strafrechtliche Verurteilung – und jetzt kommt es, wenn man wieder konsequent sein will! – könnte bei uns mit der Ausweisung enden, falls es sich um nicht-österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger handelt, die diese Tat zu verantworten haben.

Zweite Konsequenz: Man dürfte Einwanderern, Flüchtlingen und Asylanten nicht diese linke Fiktion, diese linke Utopie vorgaukeln, sie kämen hier in eine multikulturelle Gesellschaft oder wir wollten diese multikulturelle Gesellschaft, die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher, der Europäer und Europäerinnen wollte diese multikulturelle Gesellschaft. Wenn man das tut und gleichzeitig kulturelle Eigenarten verbieten will, dann ist man im übrigen inkonsequent, denn multikulturelle Gesellschaft bedeutet doch, die Kultur des anderen zu respektieren – nicht in seinem Heimatland, dort tun wir es sowieso, das ist gar keine Frage –, multikulturelle Gesellschaft bedeutet doch ex definitione, daß die Einwanderer, Flüchtlinge und Asylanten ihre kulturellen Eigenarten hier praktizieren können! (Abg. Dr. Gusenbauer: Grenzenlos?)

Warum wollen Sie es denn dann verbieten, Herr Kollege Gusenbauer? Warum wollen Sie denn dagegen vorgehen? – Das ist ja gerade die Konsequenz der multikulturellen Gesellschaft! Darüber müssen Sie einmal nachdenken. Sie sind ein intelligenter Mensch, wie ich weiß, und Sie können das und sehen das natürlich auch. (Abg. Dr. Gusenbauer: Gibt es Grenzen der Menschenrechte?) Sie rühren sich auch sofort, weil Sie sehen, daß Sie da zwei Dinge nicht ganz "füreinand’ bringen", wie man so schön im Dialekt sagt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Menschenrechte!) Nein, Sie bringen das nicht "füreinand’"!

Einerseits wollen Sie diese multikulturelle Gesellschaft, andererseits wollen Sie aber entsprechende Sitten dann wieder nicht praktiziert wissen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Gibt es die Grenze der Menschenrechte? – Zwischenrufe der Abg. Fuchs.) Ich sage es Ihnen nur. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Natürlich ist es so! Jetzt melden sich ohnehin schon alle, die diesen Widerspruch vorleben. Jawohl, danke für das Outing! (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Das ist ein interessantes Spannungsfeld, das weiß ich schon. Denken Sie aber doch wenigstens darüber nach, ob das eine mit dem anderen zusammenpaßt, Frau Kollegin Fuchs. (Abg. Fuchs: Menschenrechte passen nicht zur multikulturellen Gesellschaft?) Multikulturelle Gesellschaft bedeutet, daß ein fremder Kulturkreis importiert wird und hier praktiziert werden kann. Natürlich! Ich danke, daß sich die Betroffenen zu Wort melden.

Das heißt – dritte Konsequenz –: Man müßte den Einwanderern, den Asylanten und Flüchtlingen von vornherein sagen und nahebringen: Wer bei uns leben will, der hat sich zu integrieren. Er hat sich unseren Wertvorstellungen anzupassen, sich unseren kulturellen Normen anzupassen, und nicht umgekehrt. Und auf diese Konsequenz bin ich bei gewissen Damen und Herren, die sich heute zu Recht – zu Recht; damit wir einander nicht mißverstehen – hier ganz besonders engagieren, neugierig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Inge Jäger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.43

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich darüber, daß dieser Antrag zustande gekommen ist. Das Thema der genitalen Verstümmelung von Frauen ist ja vor allem seit den siebziger Jahren von der Internationalen Frauenbewegung aufgegriffen worden. Ich möchte Herrn Bauer auch entgegnen, daß es in den betreffenden Ländern selbst eine ganze Reihe von Menschenrechtsorganisationen gibt, von Frauen, die sich genau gegen diese traditionellen Praktiken wenden. (Abg. Dr. Graf: Das ist ein strafrechtliches Delikt, und das können wir bei uns verfolgen!) Und gerade mit diesem Antrag unterstützen wir in den Ländern Afrikas und Arabiens jene Menschenrechtsorganisationen, jene Frauen, die gegen diese grausamen, archaischen Praktiken und für einen gesellschaftlichen Prozeß eintreten, der diesbezüglich zu einer Veränderung führt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte dazu folgenden Abänderungsantrag einbringen, der ein Kompromiß ist; wir hätten auch gerne einen weitergehenden Antrag unterstützt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Posch und Amon zum Entschließungsantrag 931/A (E) der Abgeordneten Mag. Posch und Amon betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der genitalen Verstümmelung von Frauen

Der Entschließungsantrag 931/A (E) der Abgeordneten Mag. Posch und Amon betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der genitalen Verstümmelung von Frauen möge um folgenden Punkt 5 ergänzt werden:

Entschließungsantrag:

5. "Im Rahmen der gemeinsamen Einwanderungs- und Asylpolitik der EU für die Ausarbeitung von Richtlinien einzutreten, die sich mit der spezifischen Situation von weiblichen Flüchtlingen beschäftigen und in diesem Zusammenhang auch das Problem der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane umfassen."

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Frau Abgeordnete Jäger verlesen hat, ist überreicht worden und ausreichend unterstützt. Er steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hans Helmut Moser. Gewünschte Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.45

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur einen ganz kurzen Satz zu den Ausführungen des Kollegen Bauer sagen. Herr Kollege Bauer! Lieber Holger! Das müßte dir schon auch klar sein: Menschenrechte sind universelle Rechte und sind von allen Kulturen zu respektieren. Die Verstümmelung von Frauen im Genitalbereich ist eine schwere Menschenrechtsverletzung, und es kann daher keine Begründung oder keine Akzeptanz dieser Menschenrechtsverletzungen geben. Wir haben alles daranzusetzen, daß diese Kulturen sich weiterentwickeln und daß sie akzeptieren, daß diese alten Traditionen endlich der Vergangenheit angehören! (Beifall beim Liberalen Forum, bei Abgeordneten der SPÖ und bei den Grünen.)

Ich möchte aber zurückkommen auf den Antrag, den wir Liberalen im Zuge der Debatte über die österreichische Entwicklungszusammenarbeit eingebracht haben, nämlich betreffend Militär- und Rüstungsausgaben in den Entwicklungsländern als Kriterien für die Entwicklungszusammenarbeit. Ich meine, daß es richtig war, daß wir diesen Antrag eingebracht haben, weil wir dadurch eine Diskussion begonnen haben, in welcher Art und Weise die bestehenden Grundprinzipien der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit ergänzt und erweitert werden sollen.

Die bisherigen Grundprinzipien – und Herr Kollege Gusenbauer hat ja die Thematik schon entsprechend erläutert – sind nun einmal, daß wir von den Ländern der Dritten Welt, die wir ja unterstützen und denen wir helfen wollen in einer nachhaltigen Entwicklung und in der Bekämpfung der Armut, verlangen, daß es dort good governance gibt, daß dort die Demokratie entwickelt, die Demokratie gefördert wird, daß dort die Marktwirtschaft entwickelt wird und die Menschenrechte anerkannt und akzeptiert werden – Herr Kollege Bauer, da sind wir wieder bei diesem Thema –, und daß man gerade durch Förderung und Akzeptanz des Umweltschutzes zu einer nachhaltigen Entwicklung kommt.

Da es eine Tatsache ist, daß die Rüstungsausgaben in den Ländern der Dritten Welt den Großteil ihres erwirtschafteten Bruttonationalproduktes ausmachen und so Mittel für die nachhaltige Entwicklung im sozialen Bereich verlorengehen, meine ich, daß diese Ausgaben bei der Überlegung, inwieweit Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit freigemacht werden, mitberücksichtigt werden sollen.

Mir ist klar, daß sich da ein Spannungsfeld auftut: Auf der einen Seite investieren die Industriestaaten viel Geld in die Entwicklungszusammenarbeit, und auf der anderen Seite geben die Länder in der Dritten Welt einen Großteil ihrer Mittel dafür aus, um auch Machtpolitik zu betreiben. Es tut sich aber auch ein Spannungsfeld in der Weise auf, daß viele Industrienationen gerade die Ausrüstung der Länder der Dritten Welt mit Waffen entsprechend unterstützen. Es würde doch mehr Sinn machen, Investitionen in die Entwicklungszusammenarbeit zu tätigen, als Investitionen in die Aufrüstung der Länder der Dritten Welt.

Ein anderes Spannungsfeld ist – Kollege Gusenbauer hat es mit den Beispielen Uganda oder Ruanda ja bereits angesprochen –, daß es auch nationale Sicherheitsinteressen in den Ländern der Dritten Welt gibt. Es wird daher notwendig sein, einen günstigen Mittelweg zu finden: auf der einen Seite die nationalen sicherheitspolitischen Interessen zu akzeptieren und auf der anderen Seite zu verhindern, daß es zu einem Überborden der Ausgaben für den Rüstungsbereich kommt, damit tatsächlich Mittel für den Bereich der Bildung, für den Bereich der Erziehung freiwerden.

Es macht daher schon auch Sinn, daß diese Frage international diskutiert wird, daß wir auch in einem internationalen Kontext zu einer Lösung, zu einer gemeinsamen Vorgangsweise kommen, und daher waren wir auch damit einverstanden, unseren Entschließungsantrag dahin gehend abzuändern, daß wir im Rahmen der OECD aktiv tätig werden. Ich hätte es lieber gesehen, wenn wir in Österreich als Vorbild vorangegangen wären, aber das können wir ja noch tun. Ich hoffe, daß wir die Diskussion im Rahmen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit in dieser Richtung weiterführen werden. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.50

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Gredler hat darauf hingewiesen, wie wichtig es wäre, wenn das Parlament einen gemeinsamen Antrag stellen oder eine gemeinsame Initiative hinsichtlich der Abschaffung der Beschneidung von Frauen setzen würde.

Ich bin auch der Meinung, daß das ungeheuer wichtig ist, aber Ihr Antrag ist mir ganz einfach zu zögerlich, zu ineffizient, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Beschneidung von Frauen beruht auf Tradition. Das ist eine wahrscheinlich jahrhundertelange Überlieferung und wird großteils mit Einwilligung der Eltern von Frauen ausgeführt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Hören Sie doch einmal zu, was ich Ihnen sage, bitte! Versuchen Sie doch einmal, auch meinen Gedankengang nachzuvollziehen!

Jede Bewußtseinsänderung dauert doch Jahrzehnte, und wir wissen ja, wie lange es sogar in unserer sogenannten aufgeklärten Gesellschaft braucht, um Frauenrechte besser durchzusetzen. Wollen Sie wirklich ein halbes Jahrhundert lang warten und zuschauen, wie in gewissen Ländern und Stämmen die Frauen nach wie vor beschnitten werden? – Also, ich möchte das wirklich nicht, und ich meine, daß es angesichts der Grausamkeit, der Erniedrigung, die den Frauen dort widerfährt, wirklich notwendig ist, einen gewissen Druck auf diese Länder, aber auch auf die Bevölkerung direkt auszuüben, um die Beschneidung zu verhindern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich bin davon überzeugt, daß es Sanktionen geben muß, die auch tatsächlich weh tun. Das Abschneiden von finanziellen Zuwendungen tut eben weh, und dadurch wird in diesen Ländern auch eine Diskussion entfacht. Durch Ihre wirklich halbherzigen Entschließungen wird überhaupt nichts passieren, fürchte ich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die NGOs in jenen Ländern, in denen beschnitten wird, werden wahrscheinlich anders diskutieren, wenn die Mittel für die Entwicklungshilfe abgedreht werden. Mein Kollege Scheibner wird einen Entschließungsantrag einbringen, in dem wir fordern, daß die Entwicklungshilfe davon abhängig gemacht wird, daß in den jeweiligen Ländern die Beschneidung der Frauen verboten wird. Erst dann wird dort etwas passieren, denn der Druck wird dazu führen, daß eine entsprechende Diskussion entsteht, aber nicht Ihr halbherziges Vorgehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte aber auch noch zu Ihrem Antrag Stellung nehmen, der einen Asylgrund für jene Frauen statuieren soll, die Gefahr laufen, beschnitten zu werden. Sie widersprechen sich meiner Meinung nach selbst. Einerseits sagen Sie, in manchen Gebieten sind 100 Prozent der Frauen beschnitten, was heißt, daß die Eltern damit einverstanden sind, daß die Frauen beschnitten werden. Andererseits sagen Sie, Vier- bis Zwölfjährige werden beschnitten, und Sie sagen auch, man soll eben den Fluchtgrund statuieren, damit diejenigen, die nicht einverstanden sind, sich dem entziehen und auswandern können.

Ich meine, gerade diejenigen, die mit der Beschneidung nicht einverstanden sind, könnten zuerst einmal durch ein Beispiel darauf hinwirken, daß nicht beschnitten wird, und zweitens in der Gesellschaft selber aufklären, wie unnotwendig, wie überholt und so weiter die Beschneidung ist. Ich glaube, das würde zur Bewußtseinsbildung beitragen, aber nicht der Umstand, daß man einen Asylgrund statuiert. Da sieht man wieder Ihre vordergründige und oberflächliche Tendenz, die Genfer Konvention zu erweitern. Das trägt überhaupt nicht zur Problemlösung bei, und deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.

Es ist höchste Zeit, Initiativen zu setzen, aber nicht in dem Sinne, wie Sie sie uns heute präsentieren, sondern so, wie wir es in unserem Antrag festgehalten haben, und ich würde Sie bitten, daß Sie unserem Antrag zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.54

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist selbstverständlich, daß wir dieser Initiative grundsätzlich unsere Zustimmung geben, und es ist gut und wichtig, daß auch von Europa und selbstverständlich auch von Österreich aus eine Initiative zur Eindämmung dieses schrecklichen Brauches ausgeht. Es ist aber die Frage: Schöpft man dann gleich alle Mittel aus, die man hat, um diese Dinge einzudämmen?

Selbst im Antrag von Mag. Posch heißt es in der Begründung, daß diese Probleme durch die Immigration in immer stärkerem Ausmaß auch nach Europa getragen werden. Daher stellt sich schon die Frage, warum man sich, wenn man das zur Kenntnis nimmt – bedauerlicherweise zur Kenntnis nehmen muß –, dann damit begnügt, bei Initiativen ganz allgemein an die EU zu appellieren, irgendwelche Dinge zu tun, auf die betreffenden Länder einwirken zu wollen, damit dort etwas gegen diese Bräuche getan wird.

Warum beginnt man nicht, neben diesen wichtigen Initiativen, im eigenen Land und schafft auch hier das Bewußtsein, daß solche Verbrechen eben Verbrechen sind, und zwar schwere Verbrechen?! Im Strafgesetzbuch ist nachzulesen: Eine absichtliche schwere Körperverletzung wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet. Und das ist eine absichtliche schwere Körperverletzung mit Dauerfolgen.

Warum also nicht ein klarer Fingerzeig auch an alle österreichischen Institutionen, daß überall dort, wo in Österreich ein derartiger Fall eintritt, wo er bekannt wird, wo er vor allem der Behörde bekannt wird, mit der ganzen Kraft und allen Möglichkeiten des Gesetzes gegen diese Taten vorgegangen wird? Wir haben bis jetzt von keinem Fall gehört, bei dem derartige Vorfälle zur Anzeige gebracht worden sind, obwohl doch, wie ich meine, bei Untersuchungen durch Ärzte, vor allem durch Schulärzte, oder auch durch Berichte, durch Erzählungen solche Dinge bekannt werden müßten.

Wir bringen daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Dr. Partik-Pablé, Dr. Povysil und Kollegen zum Bericht des Außenpolitischen Ausschusses (1609 der Beilagen) über den Antrag 931/A (E) der Abgeordneten Mag. Posch, Amon und Genossen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der genitalen Verstümmelung von Frauen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die dem Ausschußbericht 1609 der Beilagen beigedruckte Entschließung wird zur Gänze durch folgenden Text ersetzt:

Entschließung

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

in internationalen Gremien mit Nachdruck einzufordern, daß in Ländern, in denen genitale Verstümmelung von Mädchen und Frauen erfolgt, ein diesbezügliches gesetzliches Verbot erlassen und in die Praxis umgesetzt wird;

österreichische Entwicklungshilfeleistungen von der Bereitschaft der Empfängerländer, die Beschneidung und genitale Verstümmelung von Frauen und Mädchen wirkungsvoll zu bekämpfen, abhängig zu machen;

auf Ebene der EU konsequent zu verlangen, daß die finanzielle Hilfe der Union für Entwicklungsländer mit dem gesetzlichen Verbot von genitalen Verstümmelungen von Frauen und Mädchen und dessen Einhaltung in diesen Ländern junktimiert wird;

in Österreich sicherzustellen, daß, wenn derartige Straftaten bekannt und festgestellt werden, sie angezeigt und auch entsprechende Strafverfahren eingeleitet werden."

*****

Ich glaube, das könnte ein umfassendes, eindeutiges Zeichen des Parlaments sein, daß wir derartige Dinge nicht als Kulturbrauch tolerieren, sondern als schweres Verbrechen ahnden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag des Abgeordneten Scheibner, der gerade verlesen wurde, ist geschäftsordnungsmäßig überreicht worden, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Es liegt mir keine Wortmeldung mehr vor. Ich schließe die Debatte.

Ein Schlußwort der Berichterstattung ist nicht gewünscht.

Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt erfolgt.

Zunächst stimmen wir ab über die dem Ausschußbericht 1609 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben dazu einen Zusatzantrag eingebracht.

Die Abgeordneten Mag. Posch, Amon und Genossen haben gleichfalls einen Zusatzantrag eingebracht.

Die Abgeordneten Scheibner und Genossen haben einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den Abänderungsantrag, dann über die Zusatzanträge und schließlich über die dem Ausschußbericht 1609 der Beilagen beigedruckte Entschließung abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Scheibner und Genossen haben einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Gredler und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Anfügung einer neuen Ziffer 5 bezieht.

Wer für diesen Zusatzantrag ist, der möge ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Der Zusatzantrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Posch, Amon und Genossen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich gleichfalls auf die Anfügung einer neuen Ziffer 5 bezieht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Zusatzantrag ist mehrheitlich angenommen worden.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1609 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Text sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Text ist mehrheitlich angenommen worden. (E 158.)

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 1608 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Kenntnisnahme ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit, mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt über die dem Ausschußbericht 1611 der Beilagen beigedruckte Entschließung ab.

Wer dafür ist, der möge ein Zeichen geben. – Diese Entschließung ist einstimmig angenommen worden. (E 159.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1612 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Diese Entschließung ist mehrheitlich angenommen worden. (E 160.)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Höchtl, Dr. Gredler, Mag. Kammerlander und Genossen betreffend den Friedensprozeß in der Westsahara.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entschließungsantrag ist mehrheitlich angenommen. (E 161.)

15. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1568 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird (1585 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erster Rednerin Frau Abgeordneter Schaffenrath das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.02

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich ist die Novelle zum Schüler- und Schülerinnenbeihilfengesetz zu begrüßen. Wir erachten sie auch durchaus als geeignet, nicht nur den Bezieher- und Bezieherinnenkreis auszuweiten, sondern auch die Höhe neu anzupassen. Das war selbstverständlich aus liberaler Sicht dringend notwendig – die letzte Anpassung war 1994 –, weil durch die Geldwertentwicklung die Anzahl der Bezieher und Bezieherinnen deutlich zurückgegangen ist und sich darüber hinaus auch die durchschnittliche Höhe der Beihilfe laufend reduziert hat.

Wir halten auch die neue Systematik der Berechnung für durchaus positiv. Sie ist sozial treffsicher, weil die Höhe der Beihilfe von den möglichen Unterhaltsbeiträgen der Eltern abhängig ist, weil also die Höhe der Beihilfe davon abhängig ist, welches Einkommen dieser Familie zur Verfügung steht. Uns gefällt dieser Gedanke grundsätzlich sehr gut. Ich erkenne darin unser Familientransfermodell wieder. Ich finde es sehr positiv, daß Sie jetzt auch diesen gedanklichen Zugang haben, daß es sozial nicht fair ist, wenn jedem das gleiche gegeben wird, egal, ob er es braucht oder nicht, und daß es auch sozial nicht fair ist, nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip vorzugehen, wie das leider immer noch bei vielen Sozialleistungen im Lande und auch auf Bundesebene geschieht.

Sie werden sich vielleicht wundern, warum ich, wenn ich das Ganze so positiv finde, diesem Antrag trotzdem nicht zustimmen kann. Ich kann deshalb nicht zustimmen, weil die Beibehaltung eines guten Schulerfolges, das Erreichen eines bestimmten Notendurchschnittes aus unserer Sicht jedenfalls inakzeptabel ist. Sie haben zwar diesen Notendurchschnitt von 2,8 auf 2,9 angehoben, aber das ist wieder ein klassischer Rückfall in die Mentalität "alles oder nichts". Bringt der Schüler oder die Schülerin eine bestimmte Leistung, dann bekommt er oder sie auch eine soziale Unterstützung. Wird diese Leistung nicht erbracht, dann gibt es auch keine Unterstützung – völlig unabhängig davon, ob diese Familie in einer finanziell schwierigen Situation ist oder nicht.

Diese, wie ich glaube, untragbare Koppelung von sozialer Hilfe und einer – ich möchte es fast so sagen – verqueren Leistungsideologie, weil an einen Notendurchschnitt angeknüpft wird, noch dazu nach einem System der Ziffernnote, die nachweislich am ungeeignetsten ist, Leistungen objektiv nachzubilden, ist aus unserer Sicht jedenfalls kontraproduktiv. Ich sage auch, warum.

Selbstverständlich sind in unserem Schulsystem Leistungen auch von den sozialen – damit meine ich auch die finanziellen – Verhältnissen in den Familien abhängig. Schauen Sie sich nur die explodierenden Nachhilfekosten an. 1,8 Milliarden Schilling geben wir dafür bereits aus. Daher ist es aus unserer Sicht möglich, daß ein Kind aus einer sozial schwierigen Situation durchaus auch aus finanziellen Gründen diesen Notendurchschnitt nicht erreichen kann, eben weil zum Beispiel die Nachhilfe teuer ist.

Überlegen Sie bitte auch folgendes: Gekoppelt an das Ziffernnotensystem, das nachweislich am ungeeignetsten ist, können Noten in Unterrichtsgegenständen wie zum Beispiel Leibesübungen, Religion, Zeichnen oder ähnlichem ausschlaggebend sein, bei denen durchaus besondere Begabungen erforderlich sein können.

Erreicht das Kind diesen Notendurchschnitt nicht, dann geht die gesamte Beihilfe verloren. Das heißt, sozial Bedürftige fallen durch den Rost, für sie wird die Situation noch schwieriger, und ich betrachte es tatsächlich, wenn es um soziale Beihilfen geht, als menschenverachtend und eigentlich auch als absolut sinnlos, wenn wir durch Schülerbeihilfen den Zugang zu den Schulen unterstützen wollen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir bringen daher folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Maria Schaffenrath, Partnerinnen und Partner zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schülerbeihilfengesetz 1983 geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes des Unterrichtsausschusses (1568 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Ziffer 2 wird ersetzt:

§ 2 Abs. 1 lautet:

"(1) Voraussetzung für die Gewährung von Schulbeihilfen und Heimbeihilfen (einschließlich Fahrtkostenbeihilfen) ist außer den in § 1a, sowie den §§ 9, 11 und 11a genannten Bedingungen, daß die Schülerin bzw. der Schüler

1. bedürftig ist,

2. die gleiche Schulstufe noch nicht besucht hat und

3. den Schulbesuch, für den Schülerbeihilfe beantragt wird, vor Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen hat; diese Altersgrenze erhöht sich für Selbsterhalter im Sinne des § 12 Abs. 2 Z 2 und 3

a) um ein weiteres Jahr für jedes volle Jahr, in dem sie sich länger als vier Jahre zur Gänze selbst erhalten haben, sowie

b) um die Hälfte der Zeit, die sie Kinder auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr gepflegt und erzogen haben,

höchstens jedoch um insgesamt fünf Jahre."

2. Die Ziffer 8 lautet:

Der § 8 entfällt, die Numerierung der folgenden §§en wird angepaßt.

*****

Frau Ministerin! Ich bedauere es sehr, daß die vorliegende Novelle mit so vielen positiven Aspekten – ich habe es Ihnen ausdrücklich zugestanden – aus unserer Sicht jedenfalls daran scheitert, das heißt, unsere Zustimmung nicht bekommen kann, weil Sie einfach über diesen ideologischen Schatten einer Leistungsbeurteilung mit Hilfe von Ziffern nicht springen können und weil die durchschnittlich erbrachte ziffernmäßige Leistung, dieser Notendurchschnitt dafür ausschlaggebend ist, ob sozial Bedürftige diese finanzielle Unterstützung von uns bekommen oder nicht. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Frau Abgeordnete Schaffenrath verlesen hat, ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß überreicht worden und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

19.10

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin zwar überrascht, daß ich aus dem Munde der Liberalen höre, daß sie auf Leistung keinen Wert mehr legen (Abg. Schaffenrath: Auf Ziffern keinen Wert!), diese Haltung ist aber durchaus möglich, ich akzeptiere das und werde in Hinkunft ganz einfach die Liberalen als leistungsfeindlich darstellen. Sie haben das hier entsprechend dokumentiert. (Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Wir sind jedenfalls weiterhin der Auffassung, daß jemand, der eine derartige Unterstützung haben möchte, auch eine entsprechende Leistung erbringen muß. (Beifall bei der ÖVP.) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aber eine Klarstellung ist immer gut, weil sich Profile dadurch ergeben, daß unterschiedliche Auffassungen dokumentiert werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was die Inhalte dieser Novelle anlangt, so möchte ich nur einige Punkte erwähnen, etwa auch das Ausmaß der Novelle, das nicht gerade als klein zu bezeichnen ist.

Mit dieser Novelle erfolgt eine Erhöhung des Gesamtausmaßes der Schüler- und Heimbeihilfen um 25 Prozent. 25 Prozent sind meiner Meinung nach gewaltig. (Abg. Schaffenrath: Das Geld haben wir schon im Budget! Das haben Sie sich vorher angespart!) – Entschuldigung! Sie können natürlich immer herausmeckern, das stört nicht, aber Sie sollten anerkennen, daß 25 Prozent eine gewaltige Steigerung bedeuten. Das stellt immerhin mehr dar als der seit der letzten Erhöhung erfolgte Inflationslevel.

Wir wollen damit erreichen, daß auch mehr Schüler in den Genuß dieser Schul- und Heimbeihilfe kommen. Es wird dies wahrscheinlich eine Größenordnung von rund 4 000 Schülern sein, die diese Beihilfe künftig zusätzlich erhalten können. Insgesamt wird dann im Schuljahr 1999/2000 ein Gesamtbetrag in der Höhe von 559 Millionen Schilling zur Verfügung stehen.

Ich möchte anhand eines Beispieles erläutern, wie sich das tatsächlich auswirken wird: Nehmen wir einen Vater mit einem Bruttogehalt von 20 000 S an, der Alleinverdiener, Angestellter und verheiratet ist und zwei Kinder hat. Ein Kind besucht die Hauptschule, das andere die berufsbildende Schule. Bisher hat er aufgrund dieser Kategorien 5 000 S erhalten, ab September dieses Jahres, also ab September 1999, wird er 9 000 S erhalten. Das ist eine wirklich beachtliche Steigerung! Wir sind stolz darauf, daß wir das gemeinsam mit der großen Mehrheit im Unterrichtsausschuß diskutieren und beschließen konnten.

Ich meine, wenn wir in Hinkunft rund 34 000 Schülern diese Schülerbeihilfe beziehungsweise Heimbeihilfe tatsächlich geben können, dann ist die entsprechende Begründung, warum wir diese Novelle diskutiert haben und heute beschließen werden, die, daß dies tatsächlich eine Erweiterung, eine Verbesserung darstellt, zu der wir sehr gerne ja sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Antoni. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

19.13

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die positive Weiterentwicklung dieses Schülerbeihilfengesetzes wurde bereits von meinen beiden Vorrednern angesprochen. In der Tat kommt es zu einer Erhöhung der Schülerbeihilfen, der Heimbeihilfen, der Fahrtkostenbeihilfen sowie der außerordentlichen Unterstützungen – und dies jeweils für Oberstufenschüler.

Die Erhöhungen hat Kollege Höchtl ebenfalls bereits angesprochen. Rund 115 Millionen Schilling mehr stehen für Schülerinnen und Schüler nun zur Verfügung. Auch die Ausweitung des Bezieherkreises von derzeit etwa 30 000 auf zirka 34 000 ist allemal zu begrüßen.

Erwähnen möchte ich auch noch den Abänderungsantrag, Kollege Höchtl, den wir beide im Rahmen der Unterrichtsausschußsitzung eingebracht haben und der sicherstellt, daß in Hinkunft alle errechneten Beihilfenbeträge ausgezahlt werden, auch jene, die unter 1 000 S liegen, damit das Geld, das vorhanden ist, tatsächlich in die Hände jener kommt, die es brauchen.

Hohes Haus! Trotz der angesprochenen Verbesserungen gibt es aus sozialdemokratischer Sicht doch noch einige Druckpunkte, die ich hier in aller Kürze ansprechen möchte.

Meine Damen und Herren! Auch wir sind zum Beispiel der Auffassung, daß der gute Schulerfolg ein gewisses Problem bei der Erlangung der Beihilfen darstellt. Es kommt sehr oft vor, daß in sozial benachteiligten Familien bei Kindern Lernschwierigkeiten auftreten, weil vielleicht zu wenig Spielmaterial da war, zu wenig Literatur da war, es eventuell auch zu wenig Zuwendung gab und mit Sicherheit kein PC in der Familie war. Das heißt, das Kind kommt aus diesem Grund unter Umständen weniger gut vorbereitet in die Schule.

Nun bringen diese Kinder sehr oft positive Leistungen, bewältigen die Schulstufe, steigen auch in die nächste Schulstufe auf, erreichen aber nicht den erforderlichen Notendurchschnitt von 2,8 Prozent und verlieren damit – das ist das Problem, das ich dabei habe – den Anspruch auf Beihilfe. Allein im vergangenen Schuljahr gab es mehr als 2 000 Abweisungen, die aufgrund dieser Situation zustande gekommen sind. Daher brauchen wir eine größere soziale Treffsicherheit.

Auch die Nichtstaffelung der Heimfahrtsbeihilfe ist für uns ein Problem. Sie wurde von 1 000 S auf 1 200 S erhöht. Es wird dabei aber kein Unterschied gemacht, ob der Schüler 50, 200 oder gar 300 Kilometer weit fahren muß.

Wir vertreten darüber hinaus die Auffassung, daß die Schülerbeihilfen bereits ab der neunten Schulstufe gewährt werden sollten, weil damit auch gleichzeitig das Nachholen eines positiven Hauptschulabschlusses oder eine Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung erfolgen könnte und andere Dinge mitgelöst werden könnten.

Daher haben wir eine Ausschußfeststellung angeregt, die im Unterrichtsausschuß die Zustimmung fand. Wir ersuchen die Frau Bundesministerin, eine Studie über die soziale Lage der Schüler und Schülerinnen erstellen zu lassen. Auf Basis der Ergebnisse werden wir in der Folge Gesichtspunkte einer höheren sozialen Treffsicherheit und Zielgenauigkeit diskutieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Madl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

19.16

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Antoni! Nach Ihren Ausführungen kann ich nur sagen, das waren genau jene Kritikpunkte, die wir Freiheitlichen damals im Unterrichtsausschuß vorgebracht haben. Sie hätten sich mit uns zusammensetzen und direkt einen Antrag stellen können. Das war genau das, was wir gesagt haben!

Wir konnten damals im Unterrichtsausschuß diesem Antrag nicht zustimmen, weil er eben diese gravierenden Kritikpunkte hatte. Ich habe damals auch den Unterschied zwischen neuntem und zehntem Schuljahr kritisiert, wenn Sie sich daran erinnern können, denn beim neunten Schuljahr werden eigentlich die meisten Ausgaben für die Eltern schlagend, und mit dem neunten Schuljahr beginnt eigentlich die Berufsausbildung oder die Richtung der Berufsausbildung.

Einer unserer Kritikpunkte war auch der Notendurchschnitt von 2,9, denn die Frau Bundesministerin sagt immer wieder – ich habe ihr Zitat hier –: "Die Ausweitung der Schule erhöht die soziale Gerechtigkeit und verbessert den Zugang zum Bildungssystem für alle." – Ich betone: für alle! – "Eine gute Grundausbildung darf in Österreich keine Frage des Einkommens sein!" – Zitatende.

Frau Bundesministerin! Nun müssen Sie sich entscheiden. Eine gute Grundausbildung darf keine Frage des Einkommens sein. Sie machen sie aber dazu! Daß die Grundausbildung keine Frage des Einkommens sein darf, ist ja in Ordnung, aber Sie binden die Beihilfe an einen Notendurchschnitt von vorher 2,8 und jetzt 2,9. Daher stellt sich für mich die Frage: entweder soziale Komponente oder Leistungskomponente. Aber wenn Sie sagen, das Bildungssystem soll für alle zugänglich sein, dann sollten Sie diese Schülerbeihilfe lediglich an einen positiven Schulabschluß binden. Das sollte genügen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Antoni! Wir waren uns damals im Ausschuß einig. Warum haben wir nicht einen gemeinsamen Antrag formuliert, der jetzt schlagend würde, anstatt wieder Studien, die erst in eineinhalb Jahren fertig sein und einen Haufen Geld kosten werden, zu verlangen? Warum eigentlich nicht? – Das möchte ich wirklich gerne wissen. (Abg. Dr. Antoni: Ihr Antrag sah aber ganz anders aus!) – Nein, das stimmt nicht. (Abg. Dr. Antoni: Sie haben eine Leistungsstaffel drinnen!) – Das habe ich gesagt.

Wenn man eine Leistungskomponente beibehält, dann möchte ich aber auch, daß nicht nur besonders gute Leistungen, nicht nur hervorragende Leistungen, so wie es jetzt der Fall ist, noch mehr belohnt werden, sondern es sollen auch jene belohnt werden, die den normalen Schnitt unterschreiten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das war meine Intention.

Mittlerweile habe ich mir das ausgerechnet und bin zu der Einsicht gekommen, daß das einen enormen Verwaltungsaufwand nach sich gezogen hätte. Daher habe ich die Idee eines Zusatzantrages oder eines Abänderungsantrages fallengelassen. Schauen Sie, auch wir werden klüger, aber wir geben es wenigstens zu!

Das nächste, was wir an diesem Antrag bekrittelt haben – genauso wie der Kollege von der sozialdemokratischen Fraktion –, war die Staffelung der Fahrtkostenbeihilfe. Das war genau derselbe Kritikpunkt. Dabei habe ich gesagt, jener, der so und so viele Kilometer weit zu fahren hat, bekommt das gleiche wie jener, der nicht so weit zu fahren hat.

Übrigens sind wir ohnehin der Meinung – Sie wissen ganz genau, daß wir das im Familienausschuß schon einige Male eingebracht haben –, daß die Heimfahrtbeihilfe wieder generell für alle und nicht nur für sozial Bedürftige eingeführt werden soll, weil wir für die Gleichstellung aller Schüler sein wollen, und zwar für die Gleichstellung der Schüler, die in der Stadt wohnen und eine Möglichkeit haben, Schulen zu besuchen, die in der Nähe sind, mit jenen im ländlichen Bereich, die Schulen nicht in ihrer unmittelbaren Umgebung vorfinden, in Heimen untergebracht sind und pro Jahr 1 200 S bekommen, wobei die Fahrtkosten wesentlich mehr ausmachen.

Frau Kollegin Schaffenrath von den Liberalen! Wir werden aber diesem Gesetz trotzdem zustimmen, weil es erstens einmal eine Indexerhöhung mit sich bringt, zweitens einen Zugang für einen breiteren Kreis von Schülern zu dieser Schülerbeihilfe schafft und weil es drittens eine Erhöhung des Zusatzbetrages für ausgezeichneten Schulerfolg gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.21

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir werden dem Antrag auf Novellierung zustimmen – aber nicht deshalb, weil wir davon überzeugt sind, daß damit ein großer Wurf gelungen ist; im Gegenteil. Wenn man sich die Erläuterungen, die Beilagen ansieht, dann wird einem klar, warum es überhaupt zu dieser Erhöhung und dieser Verbesserung kommt: weil in den letzten Jahren die Zahl der Schülerbeihilfen rückläufig war, ebenso wie die Zahl der Heimbeihilfen und der kombinierten Beihilfen, weil die Zahl der Beihilfenwerber rückläufig war, weil die Beihilfenhöhe rückläufig war und weil das Volumen der Beihilfen insgesamt in der Schlußfolgerung natürlich ebenfalls rückläufig war. Das ist der Grund!

Es ist in den letzten Jahren immer weniger ausbezahlt worden. Das ist ein Weg, den wir auch von anderen Beihilfenarten kennen, daß, wenn nämlich keine entsprechende Indexierung vorhanden ist, das Volumen einfach rückläufig ist. Jetzt kann man natürlich hergehen und die Anpassung als einen großen Erfolg oder als einen Schritt vorwärts verkaufen. Das ist es mit Sicherheit nicht! Es ist ein Schritt, der schon längst vollzogen hätte werden müssen.

Das, was mich an dieser Vorlage etwas irritiert, ist zwar auch eine Verbesserung, aber es bleibt trotzdem irritierend, nämlich die Erhöhung des Notendurchschnitts von 2,8 auf 2,9. (Abg. Dr. Antoni: Umgekehrt!) – Umgekehrt? Nein, es stimmt schon: von 2,8 auf 2,9. Irritierend daran ist: Warum sind es 2,9? Warum nicht 3,0, 3,1 oder 3,2? Warum überhaupt der Notendurchschnitt? – Dieser Notendurchschnitt von 2,9 wird im Entwurf begründet, und diese Begründung ist eigentlich nicht nur stark irritierend, sondern sie ist ein echtes Problem.

Der Durchschnitt von 2,9 wird nämlich deshalb gewählt – in der Argumentation wird das auch ausgeführt –, damit es nicht 3 sind, denn bei 3 ballen sich die möglichen Beihilfenwerber, und bei 3,1 wären es noch mehr. Also nimmt man 2,9, was aber überhaupt nichts mit einer rational begründeten Leistungskomponente zu tun hat, sondern man nimmt diese 2,9 deshalb, weil es möglichst wenige betreffen soll, aber trotzdem eine Verbesserung ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Frau Kollegin Brinek! Können Sie mir erklären, warum es zwar in der Unterstufe eine Regelung für das Aufsteigen und in der Oberstufe eine Regelung für das Aufsteigen gibt, bezüglich der von Ihrer Seite – nicht von unserer, das ist nicht unser Konzept – auch begründet wird, warum das sinnvoll ist, warum sich das aber in einer entsprechenden Beihilfenregelung nicht wiederfindet?

Das wäre eine ehrliche und saubere Form, das zu lösen: nämlich zuzugeben, daß das Schülerversagen in einem Jahr nicht Maßgabe und Kriterium für den Zugang zu einer Beihilfe sein kann. Das kann es nämlich tatsächlich nicht sein, vor allem dann nicht, wenn es mit sozialen Zugangskriterien kombiniert wird. Denn man weiß andererseits, daß natürlich gerade bei lernschwachen Schülern ein eher überproportionaler Anteil nicht zu den sozial Begüterten gehört. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Wenn man sieht, wie man zu diesem Notendurchschnitt von 2,9 kommt, und diese Argumentation hört, dann wird diese Regelung plötzlich sehr durchsichtig. Das ist eigentlich der einzige und der massivste Grund, warum man gegen diese Regelung sein müßte. Wir sind trotzdem nicht gegen diese Regelung, weil wir natürlich diese geringfügige Verbesserung sehen. Wir sind aber sehr wohl für den Abänderungsantrag der Liberalen.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, beim nächsten Mal zu bedenken ... (Abg. Dr. Höchtl: Herr Kollege Öllinger! 25 Prozent ist nicht geringfügig!) – Das ist keine Verbesserung um 25 Prozent. (Abg. Dr. Höchtl: Aber eine Verbesserung auch gegenüber der Inflationsrate! Die 25 Prozent sind mehr als die Inflationsrate!)

Es ist etwas besser, aber es ist noch immer nicht gut genug, wenn man es mit sozialen Kriterien und auch mit dem begründet, was für Schüler maßgeblich zu sein hat, nämlich einer überschaubaren Einheit. Das kann nicht das Jahr sein; das kann nur der Lernerfolg insgesamt oder die Bereitschaft und die Willigkeit der Schüler sein, ihren Teil zu einem positiven Schulerfolg beizutragen.

Ich denke, wenn Sie mit Ihrer Nichtgenügend-Regelung in der Unterstufe und in der Oberstufe Ihren sehr bescheidenen Beitrag dazu leisten, daß Sie das auch irgendwie anerkennen, dann sollte sich das auch in einer entsprechenden Beihilfenregelung wiederfinden. Das tut es aber nicht, und das ist bedauerlich. Vielleicht sind Sie in diesem Punkt beim nächsten Mal etwas lernfähiger, sodaß wir an das "Aufsteigen in die nächsthöhere Klasse" auch bei der ÖVP denken können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.26

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.– Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

19.26

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Zum Thema ist schon sehr viel gesagt worden, und im Grunde ist dieses Gesetz an sich sehr zu begrüßen.

Zum Kollegen Öllinger möchte ich folgendes sagen: Wenn Sie die Behauptung aufstellen, daß sozial Schwache auch automatisch geistig schwach sein müssen, dann würde ich Sie ersuchen, daß Sie uns mitteilen, womit Sie das begründen. Es gibt keine aktuelle Untersuchung, keine aktuelle Studie, die auch nur den Hauch eines Ansatzes davon zeigt, daß Schülerinnen und Schüler, die aus sozial schwachen Verhältnissen kommen, in der Schule automatisch schwache Leistungen erbringen. Das gibt es nicht, und das ist auch unrichtig! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie fragen, warum es ausgerechnet der Notenschnitt von 2,9 sein muß, um diese Beihilfe zu erhalten, dann kann man sagen, dies ist ganz einfach der Versuch, die vorhandenen Mittel gerecht und mit einer gewissen Leistungskomponente kombiniert zu verteilen. Daß Sie ein gewisses Problem beim Thema Leistung in der Bildungspolitik haben, ist uns schon klar. Auch Frau Abgeordnete Schaffenrath, die nicht mehr im Saal ist, hat in ihrem Redebeitrag gesagt, daß sie es für ein großes Problem hält, daß es eine Komponente der Leistungsbeurteilung und – oh Graus! – eine Beurteilung nach Noten gibt. Ich frage Sie, wie Sie das sonst machen würden, wenn Sie ein Bekenntnis zu einer Leistungsbeurteilung ablegen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Sie können natürlich Ihre alte Forderung nach einer verbalen Beurteilung wieder ins Treffen führen. Aber wenn Sie sagen, Sie wollen eine gewisse Leistungskoppelung haben, dann werden Sie die Leistung immer irgendwie beurteilen müssen. Ob Sie das jetzt durch eine Zahlendefinition oder durch eine Wortdefinition tun – es wird letztlich doch bei einer Beurteilung der Leistung bleiben.

Zur Frau Abgeordneten Madl möchte ich noch etwas sagen, weil sie gemeint hat, daß eine gute Grundausbildung nicht einkommensabhängig sein darf. Dem stimme ich zu, wir sind selbstverständlich auch dieser Meinung, aber sie hat dabei verkannt, daß wir heute keine Diskussion etwa über die Einführung von Schulgeldern führen, die es in Österreich nicht gibt, oder von Studiengebühren, die es Gott sei Dank auch nicht gibt, sondern daß es darum geht, zusätzliche Beihilfen auszubezahlen. Also sie hat wohl den falschen Zugang gewählt. Es ist in Österreich Gott sei Dank nicht vom Einkommen etwa der Eltern abhängig, ob jemand eine Schule oder eine Universität besuchen kann.

Erfreulich ist, daß es zu einer Ausweitung des Bezieherkreises kommt. Mein Kollege Höchtl hat angesprochen, daß es nunmehr um 114,5 Millionen Schilling mehr gibt, die zur Ausschüttung kommen. Das ist zweifelsohne eine positive Maßnahme. Daß zumindest vier Fraktionen in diesem Haus heute dieser Vorlage zustimmen werden, beweist das wohl am deutlichsten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dunst mit einer gewünschten Redezeit von 2 Minuten. – Bitte.

19.30

Abgeordnete Verena Dunst (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Trotz aller Kritikpunkte möchte ich ganz klar noch einmal festhalten: Dieses neue Schülerbeihilfengesetz ist eine begrüßenswerte Weiterentwicklung. Die Ziele – nämlich die Erhöhung der Schul- und Heimbeihilfe, die Neuregelung der Unterhaltsleistung und die Anhebung des Notendurchschnittes – sind ein Erfolg und garantieren vor allem, daß mehr Schüler und Schülerinnen von der Schülerbeihilfe profitieren können, und das ist wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz wichtig ist mir persönlich dabei auch, daß ein noch so kleiner Betrag, wie klein er auch sein mag, jedenfalls an die Eltern ausbezahlt wird, denn es ist nicht einzusehen, warum sie dieses Geld nicht bekommen sollten.

Ich kann mich im übrigen nur dem anschließen, was ich von den Vorrednern schon gehört habe: Es fehlt die soziale Komponente, denn auch ich orte in manchen Punkten mangelnde Gerechtigkeit, aber ich bin davon überzeugt, auch das wird sich ändern. Ich bin wie alle anderen Vorredner auch froh, daß es diese Ausschußfeststellung gegeben hat, und möchte zusammenfassend nur noch einmal festhalten: Wir Sozialdemokraten waren und sind nach wie vor dafür, daß die Möglichkeit des Bildungszuganges für alle gewährleistet ist, und das wird jetzt zumindest noch ausgeweitet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Stippel, gleichfalls mit einer Redezeit von 2 Minuten. – Bitte.

19.32

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Es ist bereits fast alles gesagt worden.

Es gibt eine positive Einstellung meiner Fraktion zu der vorliegenden Novellierung des Schüler- und Heimbeihilfengesetzes, allerdings, was den Notendurchschnitt anlangt, auch mit einer kritischen Anmerkung von mir, weil die Regelung mit dem Notendurchschnitt in der Tat problematisch ist. Wenn wir besondere Leistungen honorieren wollen, dann sollten wir auch besondere Leistungsstipendien ausschütten. Für die allgemeinen Schülerbeihilfen wäre es zweckmäßig, die sozialen Komponenten stärker als bisher zu betonen und auch zur Geltung kommen zu lassen.

Aber ein Punkt ist noch nicht angeschnitten worden, den ich bei jeder Debatte über Schülerbeihilfengesetze vorbringe, nämlich die verschiedenartige steuerliche Behandlung und damit die Errechnung der Grundlagen für die Gewährung einer Schülerbeihilfe, was Selbständige und Unselbständige anlangt.

Ich selbst habe folgenden Fall auch hier schon einmal vorgebracht: Ich hatte im Laufe meiner Praxis als Lehrer den Fall, daß der Sohn eines Zollwachebeamten, der ein Vorzugsschüler war, nicht in den Genuß des Stipendiums gekommen ist, aber der Sohn eines nicht unbemittelten Landwirtes – es sei ihm vergönnt, aber es muß gesagt werden – hat sehr wohl die Höchstbeihilfe bekommen, sich ein altes, ausrangiertes Auto gekauft und mit diesem Auto – diese Tragik steht noch am Schluß – zwei Wochen später eine Frau zu Tode gefahren.

Darum begrüße ich auch die Ausschußfeststellung, Frau Bundesministerin, daß Sie eine Studie vorlegen und wir dann die Möglichkeit haben werden, aufgrund dieser Studie das gesamte System der Schülerbeihilfen grundlegend durchzudiskutieren. Hoffentlich können wir dann jene Schwachpunkte ausräumen, die ich soeben angesprochen habe. (Beifall bei der SPÖ.)

19.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Fuchs. Gleichfalls 2 Minuten. – Bitte.

19.34

Abgeordnete Brunhilde Fuchs (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte auch ganz kurz jene Kriterien zusammenfassen, die mir bei der Neuregelung der Schülerbeihilfe besonders wichtig zu sein scheinen.

Als sehr positiv sehe ich die Erhöhung der Beihilfe und die Ausweitung des Bezieherkreises, weil ich der Meinung bin, daß dadurch die Möglichkeit der Chancengleichheit für alle wesentlich verbessert wird – das ist unbestritten ein Ziel, das wir alle anstreben.

Als negativ empfinde ich jedoch, daß der Bezug dieser Beihilfe nach wie vor an einen Notendurchschnitt gebunden sein soll. Dieser wurde zwar um ein Zehntel erhöht und ist dadurch von einigen leichter zu erreichen, er scheint mir aber dennoch problematisch zu sein, weil auch ich glaube, daß eine Sozialleistung – als solche sehe ich die Schülerbeihilfe – nicht an Leistungskriterien gebunden sein sollte. Eine gänzliche Abschaffung dieser Leistungskriterien wäre für uns Sozialdemokraten wünschenswert und eine logische Konsequenz.

Meine Damen und Herren! Ich denke positiv, daher habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, daß diese Kompromißlösungen bald verbessert werden können. Im Unterrichtsausschuß wurde nämlich eine Ausschußfeststellung einstimmig angenommen, die heute auch schon zitiert wurde, wonach Frau Unterrichtsministerin Gehrer eine Studie über die soziale Lage der Schüler und Schülerinnen in Auftrag geben wird. Daraus werden dann Vorschläge zur Verbesserung des Schülerbeihilfensystems unter jenen Gesichtspunkten – so hoffe ich –, die wir heute schon vielfach genannt haben, entwickelt werden können. Das, so denke ich, sollte unser aller Ziel sein. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Riepl. Gleichfalls 2 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.36

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Ich möchte mich ebenfalls ganz kurz mit dem Thema, das auf der Tagesordnung steht, beschäftigen.

Ich denke, das Schülerbeihilfengesetz hat den Zweck – so steht es jedenfalls in den Erläuternden Bemerkungen –, soziale und regionale Bildungsschranken abzubauen. Herr Abgeordneter Höchtl hat in seinem Diskussionsbeitrag gemeint, er stimme diesem Gesetz sehr gerne zu. Ich kann jetzt keine Neuigkeit mehr verkünden, wenn ich sage, unsere Fraktion stimmt auch zu, aber das "sehr gerne" haben wir ein bißchen eingeschränkt, weil wir uns in einigen Punkten gegenüber unserem Koalitionspartner – ich sage das ganz ehrlich – nicht durchsetzen konnten. Herr Abgeordneter Antoni hat diese Punkte bereits angesprochen.

Er hat unter anderem darauf hingewiesen, warum wir diesen Notendurchschnitt von 2,9 als nicht korrekt und nicht in Ordnung empfinden, und er hat auch Begründungen dafür genannt. Ich möchte nur noch eine Bemerkung dazu machen.

Ich habe in meiner Tätigkeit als Elternvertreter in einer Schule oft erlebt, daß die Lehrer gesagt haben, man müsse auch berücksichtigen, welche Möglichkeit zu lernen die Kinder zu Hause haben. Es sei eben ein Unterschied, ob sie die Aufgabe auf dem Küchentisch oder in einem eigenen Raum machen. Es sei ein Unterschied, ob die Eltern berufstätig sind oder nicht und daher nicht oder eben schon die Möglichkeit hätten, bei der Aufgabe zu helfen.

Einmal hat sogar ein Professor in einer Mittelschule bei einem Klassen-Elternabend gesagt: Meldet euer Kind ja nicht vom Religionsunterricht ab! Diesen Einser braucht ihr vielleicht noch einmal, um einen besseren Notendurchschnitt erzielen zu können! – Wenn das die einzigen Argumente sind, dann sollten wir, glaube ich, bei der nächsten Novelle gemeinsam darüber nachdenken, ob man diesen Durchschnittswert, der jetzt mit 2,9 fixiert ist, nicht einfach ersatzlos streichen sollte. – Ich bitte die ÖVP-Fraktion, gemeinsam mit uns auch darüber nachzudenken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Schwemlein. Gleichfalls 2 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.40

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Als Letzter der Runde möchte ich auf einen wesentlichen Bereich dieser Gesetzesnovellierung hinweisen, und zwar auf die besondere Schulbeihilfe. Ich glaube, daß die besondere Schulbeihilfe eine sehr wichtige Einrichtung ist, betrifft sie doch gerade jene Menschen, die im zweiten Bildungsweg zu einer Matura gelangen wollen. Ich sage das aus einer persönlichen Betroffenheit heraus, da ich vor vielen Jahren selbst im zweiten Bildungsweg die Reifeprüfung gemacht habe.

Ich denke, daß es heute mehr als sinnvoll und zweckmäßig ist, gerade jenen Menschen, die in benachteiligten Regionen wohnen, in denen das Angebot nicht so groß ist, die Möglichkeit einzuräumen, zu einer Reifeprüfung zu gelangen, und diese Menschen dabei auch finanziell zu unterstützen, und zwar dann, wenn sie sich ein halbes Jahr vor der Prüfung karenzieren lassen. Mit dieser besonderen Schulbeihilfe ist die Lebensfähigkeit dieser Menschen garantiert. Daher werden wir auch dieser Novellierung zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Gehrer zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

19.41

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dieser Novelle zum Schülerbeihilfengesetz werden einige sehr wichtige Schwerpunkte gesetzt:

Die Beihilfenbeträge werden um 8 bis 10 Prozent erhöht.

Die Einkommensgrenze wird um 10 Prozent angehoben. Dadurch gibt es einen bedeutend größeren Kreis von Personen, die die Beihilfe bekommen.

Was noch nicht erwähnt wurde: Wir haben eine neue, flacher ansteigende Staffelung bei der Einkommensgrenze gemacht – statt vier gibt es nun fünf Stufen. Dadurch ist ebenfalls ein zusätzliches Ansteigen der Beihilfen gerade im Einkommensbereich zwischen 10 000 und 25 000 S brutto zu vermerken.

Die Veränderung im Notendurchschnitt von 2,8 auf 2,9 hat ja bereits zu Diskussionen geführt.

Wir haben aber auch für die Leistungsanerkennung eine überdurchschnittliche Steigerung des Zusatzbetrags für einen ausgezeichneten Schulerfolg vorgenommen. Dieser Betrag wurde von 3 800 auf 4 800 S angehoben.

Es freut mich, daß im Budget 1999 insgesamt 560 Millionen Schilling für diese Schülerbeihilfen vorgesehen sind. Das bedeutet: Wir geben über eine halbe Milliarde Schilling aus, um die Schüler und Schülerinnen in den weiterführenden Schulen zu unterstützen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Die Studie, von der aus dem Ausschuß berichtet wurde, halte ich für eine wichtige Studie, um einen Hinweis darauf zu erhalten, ob wir unser Ziel, möglichst breite Unterstützung zu geben, erreichen. Ich möchte zur Leistungsdiskussion aber noch zwei Anmerkungen machen.

Erstens: Zahlreiche Studien belegen, daß gerade jene Schüler und Schülerinnen, die nicht auf Rosen gebettet sind, ganz besondere Leistungen erbringen.

Zweitens: Ich weiß, daß auch bei allen anderen Stipendien in Österreich eine gewisse Leistungsanforderung vorgesehen ist – sei es bei den Stipendien für die Universitätsstudenten, wo eine bestimmte zeitliche Grenze gesetzt wird, wo Prüfungen verlangt werden, sei es bei den Stipendien für die Fachhochschulstudenten, wo sogar ein bestimmter Notendurchschnitt als Voraussetzung eingeführt wurde.

Ich meine, daß wir mit dieser Erhöhung um 25 Prozent einen richtigen Schritt setzen, und danke für all die Unterstützung, die im Ausschuß bekundet wurde. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

19.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1568 der Beilagen unter Berücksichtigung der dem Ausschußbericht 1585 der Beilagen beigedruckten Abänderungen.

Die Abgeordneten Schaffenrath und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher so vorgehen, daß ich zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lasse.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Schaffenrath und Genossen betrifft die Ziffern 2 und 8.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse jetzt sogleich über die Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil der Regierungsvorlage ist mehrheitlich angenommen.

Ich komme jetzt zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage unter Berücksichtigung der dem Ausschußbericht 1585 der Beilagen beigedruckten Abänderungen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Teil ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen sogleich in dritter Lesung ab.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, soll ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist – Herr Abgeordneter Smolle läßt sich nicht überreden! (Zwischenrufe) – in dritter Lesung mehrheitlich angenommen worden.

16. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 923/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Reform des Dienst- und Besoldungsrechts für Lehrer (1586 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Da auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet wurde, können wir sogleich mit der Debatte beginnen.

Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer liefert den ersten Debattenbeitrag mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 4 Minuten. – Bitte.

19.46

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, eines ist unbestritten, nämlich die Feststellung, daß das Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrer reparaturbedürftig ist. Es hätte nicht der aktionistischen Maßnahmen der Lehrergewerkschaft bedurft, um noch einmal darauf hinzuweisen. Frau Bundesministerin! Hier herrscht, so würde ein ehemaliger Kanzler dieser Republik sagen, akuter Handlungsbedarf!

Wir von der Opposition, wir Freiheitlichen, haben uns einen entsprechenden Vorschlag überlegt und eingebracht. Er wurde auch ausreichend diskutiert. Mir ist nur nicht klar geworden, Frau Bundesministerin, warum es seitens der Regierungsparteien überhaupt keine Bereitschaft gegeben hat, diesen Vorschlägen näherzutreten. (Abg. Dr. Höchtl: Das haben wir dir sehr gut erklärt! Du mußt zuhören!) – Herr Kollege Höchtl! Du kannst herauskommen und erklären, warum ihr diesen Vorschlägen nicht nähertretet, ob ihr bessere habt, und wenn ja, wie diese ausschauen.

Unsere Vorschläge sind doch gut, meine ich. Wir sagen: Das Gehalt, das bisher einem Lehrer bezahlt wird, hat mit Leistung überhaupt nichts zu tun. Es enthält eine altersbedingte Steigerung und sonst gar nichts. Das kann es in Zeiten wie diesen ja nicht sein!

Deshalb der freiheitliche Vorschlag: Die Besoldung soll sich aus insgesamt drei Komponenten zusammensetzen. Es gibt ein Grundgehalt, und es soll schon auch noch Biennalsprünge geben, aber diese muß man sich verdienen. Es gibt nur dann einen Biennalsprung, wenn man eine verpflichtende Fortbildung außerhalb der Unterrichtszeit besucht und diese auch positiv absolviert. Das soll die Voraussetzung für eine Vorrückung sein.

Zweitens sollen Funktionen bezahlt werden. Wenn man ein Ordinariat, ein Kustodiat führt oder wenn man administrative Hilfsarbeiten leistet, dann soll es eine zusätzliche Funktionskomponente geben.

Schließlich soll es noch eine Leistungskomponente geben, mit der ebenfalls unter Abkehr vom Dienstaltersprinzip die individuelle Leistung abgegolten wird. Darunter verstehen wir die Abgeltung von Planung, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Projekten und Schulveranstaltungen aller Art wie auch den laufenden Informationsaustausch zwischen Lehrern und Eltern beziehungsweise Schülern, die Betreuung von Neigungsgruppen et cetera. Damit würden wir das in jüngster Vergangenheit so heftig diskutierte, leidige Problem aus der Welt schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wir sind der Meinung, daß unser Vorschlag gut ist – das wurde auch in den Ausschußberatungen von den Regierungsparteien so gesehen –, und verstehen daher nicht, warum man mit uns nicht ausführlich darüber debattiert hat (Abg. Dr. Höchtl: Das ist dir auch gesagt worden!) und nicht gemeinsam mit uns einen entsprechenden Vorschlag erarbeitet, der dann hier zum Beschluß erhoben werden kann.

Sie haben heute noch die Chance, diesem Antrag zuzustimmen. Er ist nicht schlechter geworden. (Abg. Dr. Höchtl: Du hast die Chance, zuzuhören!) – Danke für die Aufmerksamkeit, Herr Kollege. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Stampler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

19.50

...Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! In der heutigen Zeit stehen die Lehrerinnen und Lehrer in einem sehr starken Spannungsfeld. Oft werden sie kritisiert, aber die Anforderungen an den Berufsstand der Lehrer werden täglich größer. Das liegt an vielen Problemen. Es gibt unzählige Weisheiten darüber, was ein Lehrer zu tun hat. Das Spannungsfeld reicht vom Lehrstoff, der im Lehrplan vorgegeben wird, bis zum Elternersatz, den manche Lehrer wahrnehmen müssen.

Der Lehrer hat Wissen zu vermitteln, er soll ein guter Pädagoge sein, er soll die Aufgaben eines Psychologen erfüllen, er soll Arzt spielen und, wie bereits gesagt, manchmal auch Tröster in letzter Not sein. Es ist ein ständiges Geben – und dafür wird diese Berufsgruppe in der Öffentlichkeit leider oft in ein schlechtes Licht gestellt.

Ich behaupte aber, daß ein Großteil der Lehrer idealistisch eingestellt ist. Diese wollen mehr für die Schüler tun, als auf dem Papier steht. Viele Lehrer tätigen sogar Privatausgaben für Lernhilfen und Geräte. Daher muß ich es zurückweisen, wenn dieser Berufsstand oft auf irgendeine Weise verunglimpft wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Was sagst du zum Antrag?)

Ein Großteil der Eltern ist mit der Arbeit der Lehrer auch zufrieden. Ich möchte eine Umfrage aus der Ausgabe des "Standard" vom 2. Dezember 1998 zitieren. Darin steht, daß in Österreich alles in allem ein gutes Schulsystem vorherrscht. 27 Prozent der Eltern haben (Abg. Mag. Schweitzer: Was sagst du zum Antrag, Kollege Stampler?) – dazu komme ich noch – unser Schulsystem mit "ausgezeichnet" beurteilt, 7 Prozent behaupten, daß das Schulsystem "sehr gut" ist, 49 Prozent beurteilen es mit "gut" und nur 12 Prozent mit "weniger gut".

Es ist erfreulich, lieber Kollege Schweitzer, daß du dir in deinem Antrag Gedanken über die Entlohnung der Lehrer gemacht hast. Es ist aber nicht in Ordnung, daß man auf dem Rücken der Lehrer parteipolitisches Kleingeld wechseln will. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Wie meinst du das?)

Es gibt sicherlich gewisse Unterschiede bei gleichem Lehrstoff. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie meinst du das? – Abg. Dr. Höchtl – in Richtung des Abg. Mag. Schweitzer –: So wie er es gesagt hat!) Es gibt zum Beispiel einen Unterschied zwischen beamteten Lehrern und Vertragsbediensteten. Ich weise es aber zurück, wenn du behauptest, daß das derzeitige Dienst- und Besoldungsrecht leistungsfeindlich und mobilitätshemmend sei. Gerade heutzutage ist die Schule immer mehr in Bewegung. Es wird von den Lehrern immer mehr verlangt, was auch ein Umdenken und eine Umstellung erfordert.

Es gibt derzeit im Ministerium eine Arbeitsgruppe, die Vorschläge erarbeitet. Man sieht also, lieber Kollege Schweitzer, daß bereits Arbeiten getätigt werden. Ich glaube, man sollte in Ruhe warten, bis diese Arbeitsgruppe ein entsprechendes Ergebnis präsentiert.

In deinem Antrag steht, die Neufassung des § 61 sei unglücklich und gescheitert. – Das möchte ich ebenfalls zurückweisen. Nunmehr ist es so, daß bereits die erste Stunde auch als Mehrdienstleistungsstunde abgegolten wird. Die Schule lebt von guten und engagierten Lehrern. Diese haben auch ein Recht auf eine faire und gerechte Entlohnung!

Das derzeitige Gehaltssystem ist meiner Ansicht nach differenziert. Es enthält bereits Qualitätskriterien, Funktionszulagen und Korrektureinrichtungen in Form von Abschlägen. Die neue Form der Abrechnung führt dazu, daß es sicherlich weniger Ausfälle an Stunden geben wird. Die Regierung hat auch bewiesen, daß das Bildungsbudget in den letzten Jahren ständig erhöht wurde, weil man der Jugend mehr Chancen geben möchte. Man investiert damit in die Zukunft!

Die Umsetzung der Forderung nach einer Abkehr vom Prinzip des Dienstalters hin zu einer funktions- und leistungsorientierten Besoldung (Abg. Dr. Grollitsch: Das ist eine gute Idee!) läßt sich deutlich anhand der Altersstruktur der Lehrer in der Steiermark belegen. Von 1998 bis 2000 müssen fünf Lehrer in Pension gehen, von 2000 bis 2006 243, von 2006 bis 2010 824, von 2011 bis 2015 1 748 und von 2015 bis 2020 2 894 Lehrer. Man sieht also: Dieses System wird sich von selbst weiterentwickeln.

Kollege Schweitzer! Ich möchte noch kurz zu dem Drei-Säulen-Modell, das du angesprochen hast, Stellung nehmen, zum Grundgehalt, zur Funktionskomponente und zur Leistungskomponente. Ich muß schon sagen, daß es mich wundert, daß da die Forderung aufgestellt wurde, der Schulgemeinschaftsausschuß möge die Leistungskomponente feststellen. Man begibt sich doch damit in eine Art Abhängigkeit, man ist dann eben davon abhängig, in welchem Maße die Eltern der Schule gegenüber Sympathie zeigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Abschluß möchte ich noch kurz aus der Zeitschrift "Bildung ist Zukunft" zitieren, in der das Idealbild des Lehrers für die Jahrtausendwende beschrieben wird. Der ideale Lehrer wird mit einem Automodell der A-Klasse mit folgender Ausstattung verglichen:

1. strahlend, frisch, vital – vergleichbar mit der Metallic-Lackierung,

2. hochgradig motiviert – von 100 PS aufwärts,

3. bevorzugt neue Lehr- und Lernmethoden – das könnte man mit ABS oder Seitenaufprallschutz vergleichen,

4. offen lernend – im Stationenbetrieb unterwegs,

5. aktuell informiert – neuen Trends folgend,

6. präsentiert sich im seriösen Outfit,

7. verbringt an Wochenenden und Nachmittagen Stunden in der Schule, ohne mit der Gewerkschaft zu drohen,

8. versucht, auf mindestens 45 Wochenstunden zu kommen.

So gesehen müßte man die Besoldung der Lehrer wirklich überdenken. Ich setze aber Vertrauen in die Arbeitsgemeinschaft und in unsere Ministerin, und ich bin gespannt, welche Vorschläge uns die Arbeitsgemeinschaft unterbreiten wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Gut gemacht! Der Khol ist zufrieden! – Beifall des Abg. Dr. Maitz.)

19.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete. Die Redezeit, die für Sie und für Ihren Klub noch zur Verfügung steht, beträgt insgesamt 15 Minuten.

19.56

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Diese werde ich nicht in Anspruch nehmen. Dreieinhalb Minuten reichen. Ich hätte nur drei Minuten gebraucht, wenn – Entschuldigung! Grüß Gott, Frau Ministerin! – Herr Kollege Stampler nicht so viel Euphorisches über das Schulsystem kundgetan hätte, was ganz einfach nicht der Realität entspricht. (Abg. Großruck: So schlecht ist es wirklich nicht!)

Alleine die Behauptung, daß man zusätzliche Budgetmittel in das Bildungssystem investiert, um die Qualität zu verbessern, stimmt schon nicht! Man investiert nur in unser Bildungssystem, um auf die ansteigenden Kosten aufgrund des bestehenden Besoldungsschemas reagieren zu können, aber nicht in zusätzliche Lehrer, nicht in kleinere Klassen und nicht in eine Verbesserung der pädagogischen Bedingungen!

Natürlich wird sich das Problem in zehn oder 15 Jahren von alleine regeln. Wie lange wir aber diese im Moment jährlich anstehenden Steigerungen finanzieren können, wieviel Sinnvolleres wir mit diesem Geld machen könnten, das haben Sie hier vergessen, zu erwähnen. Es liegt ja derzeit bereits eine jüngere Studie vor, die ganz deutlich zeigt, daß in unserem Bildungsbudget einige Milliarden Schilling fehlen, insbesondere wenn man dem lebensbegleitenden Lernen einen höheren Stellenwert geben will.

Herr Kollege Stampler! Sie sprachen von der Abhängigkeit vom Schulgemeinschaftsausschuß. – Diesbezüglich teile ich Ihre Meinung. Aber es ist auch die Frage zu stellen, wie abhängig die Lehrer und Lehrerinnen heute aufgrund des von Ihnen genannten Belohnungssystems an den Schulen sind. Wer bekommt denn die Belohnung? – Derjenige, der oder diejenige, die dem Direktor, der Direktorin angenehm ist! (Abg. Ellmauer: Na, na!)

Ich freue mich auch darüber, daß es jetzt eine Arbeitsgruppe gibt, die an einer Arbeitsplatzbeschreibung, an einer "Job description" für Lehrer arbeitet. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es ist ja nicht nur der Frau Ministerin anzulasten, daß wir das, was in jedem wirtschaftlich geführten Unternehmen selbstverständlich ist, bisher nicht hatten. Das haben leider auch ihre Vorgänger versäumt. Das fällt uns heute auf den Kopf. Das ist ebenfalls eine Tatsache, die man diskutieren sollte. (Abg. Mag. Schweitzer: Jawohl!)

Herr Kollege Schweitzer! Ich habe das eigentlich schon in der Ausschußsitzung ausgeführt. Ich finde Ihren Antrag sowohl im Analyseteil als auch bei den ganz konkret geforderten Maßnahmen grundsätzlich gut. Ein Punkt ist mir wichtig: Wenn wir von mehr Gerechtigkeit, von mehr Fairneß, von mehr Motivation und von der Abgeltung von besonderen Leistungen sprechen, dann sollten wir aber nicht darauf vergessen – das sprechen Sie in Ihrem Antrag nicht an –, daß Hauptschullehrer und -lehrerinnen und AHS-Lehrer und -lehrerinnen gleiche Leistungen erbringen, einen wortidentischen Lehrplan haben, gleich alte Schülerinnen und Schüler unterrichten, aber unterschiedlich bezahlt werden und noch dazu unterschiedliche Lehrverpflichtungen haben.

Herr Kollege Schweitzer! Noch ein weiterer Punkt ist mir ein Anliegen: Man vergißt auch immer wieder die Berufsschullehrer und -lehrerinnen, die auch eine sehr verantwortungsvolle und sehr wichtige Aufgabe haben! (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Mir gefällt der Passus, der Schulgemeinschaftsausschuß möge über die Leistungskomponente entscheiden, auch nicht. Da aber ein Entschließungsantrag grundsätzlich eine Diskussionsgrundlage, auch eine Arbeitsvorlage sein kann, stimmen wir diesem Antrag trotzdem zu. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.00

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! In der Sitzung des Unterrichtsausschusses haben wir signalisiert, daß es unsererseits keinerlei Zustimmung zum Antrag des Abgeordneten Mag. Schweitzer geben kann, obgleich wir das Anliegen Lehrerdienstrecht, Lehrerbesoldungsrecht und Arbeitsplatzbeschreibung für Lehrer sehr wohl als aktuell und wichtig ansehen.

Ich möchte auch klipp und klar sagen, warum wir die Auffassung vertreten, daß das zum gegenwärtigen Zeitpunkt kontraproduktiv wäre. Es findet doch zurzeit eine intensive Diskussion über die Neugestaltung der Lehrerausbildung auf verschiedenen politischen Ebenen statt. Auch über die Ausbildungspläne betreffend andere pädagogische Berufe wird diskutiert. Herr Kollege Stampler hat gesagt, daß gerade zu dieser Thematik, nämlich Lehrerdienstrecht, Lehrerbesoldung und Arbeitsplatzbeschreibung, im Unterrichtsressort eine Arbeitsgruppe tätig ist.

Weiters möchte ich darauf hinweisen – auch das ist im Ausschuß besprochen worden –, daß man derzeit an einer Harmonisierung der Bezüge von Schulaufsichtsbeamten, Direktoren und Lehrern arbeitet, damit da eine einheitliche Schiene sichtbar wird.

In Summe glaube ich, daß das Verlangen, das du, Kollege Schweitzer, in diesem Antrag stellst – die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat innerhalb von drei Monaten ein eigenständiges Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrer vorzulegen –, so unerfüllbar ist, daß eine Zustimmung unsererseits als fahrlässig zu bezeichnen wäre. Daher kann ich für meine Fraktion sagen, daß wir dem sicher keine Zustimmung erteilen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.02

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesminister, Sie haben mich unlängst in einer Fernsehsendung von Ihren beachtlichen Rechtschreibkenntnissen überzeugt. Frau Bundesminister, Respekt, Respekt! Ich wäre in manche Falle getappt, auch ohne Testung der überflüssigen, unglückseligen Rechtschreibreform. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ihren beachtlichen Rechtschreibkenntnissen, sehr geehrte Frau Bundesminister, stehen jedoch unübersehbare Mängel im Rechnen gegenüber – wage ich als gelernter Mathematiker festzustellen.

Die Personalkosten bei den Lehrern bringen das Budget aus dem Lot, Ausgaben für Gehälter des Lehrpersonals liegen um 2 Milliarden Schilling über dem Voranschlag. Das sind Rechenfehler von mehr als 3 Prozent, verehrte Frau Bundesminister. Sie haben angekündigt, durch mehrere Maßnahmen diese Ausgaben in den Griff bekommen zu wollen, zum Beispiel durch Maßnahmen wie Pragmatisierungsstopp, restriktiver Stellenplan, Frühpensionierungsaktion, Reform der Mehrdienstleistungsvergütungen und anderes mehr.

Wie ist das ausgegangen? – Der restriktive Stellenplan hat dazu geführt, daß die Zahl der Junglehrer nicht geringer wurde, sondern weiter gestiegen ist. Die Frühpensionierungsaktion war gelinde gesagt ein Flop, denn der Altersdurchschnitt unserer Lehrer steigt weiter. Sie müssen folgendes bedenken: Vor zehn Jahren war die Hälfte, 56 Prozent, der Lehrer unter 35 Jahre alt, heute liegt die Zahl der über 40jährigen Lehrer jenseits der 50 Prozent.

Ich weiß schon, daß Bildung Geld kostet, und ich habe es nicht darauf abgesehen, hier die Höhe des Bildungsbudgets zu attackieren, aber die Verteilung stimmt nicht. Seien Sie, Frau Minister – auch Sie, die Vorredner, sollten es sein –, doch Herrn Kollegen Schweitzer dankbar! Er war der Ideenlieferant, im Ausschuß kam von keiner Seite substantielle Kritik an seinen Vorschlägen. Ganz im Gegenteil! Der Vorschlag "Schule in Bewegung" geht in diese Richtung, das ist ein ganz konstruktiver Vorschlag.

Ich gebe zu, daß die Drei-Monate-Frist schwer einzuhalten ist, aber ich sehe nicht ein, daß die Diskussion dieser Problematik erst heute und jetzt beginnt. Herr Antoni, das ist ein Thema, das uns doch schon seit Jahrzehnten begleitet. Das System war bereits vor 20 Jahren ungerecht. Seit 15 Jahren spricht man davon, daß die Biennalsprünge haltlos sind und daß man das Gehalt der Junglehrer anheben muß. – Das ist marginal passiert, das weiß ich auch, aber der Vorschlag des Kollegen Schweitzer wäre eine Lösung hin zu einer Leistungskomponente.

Ich habe keine Angst vor den Beiräten in den Schulen. Ich habe eher Angst vor einem politisch motivierten und wegen seiner politischen Einstellung berufenen Direktor und seiner Art der Beurteilung. Darüber mache ich mir mehr Sorgen! Sie anscheinend weniger, Frau Bundesminister (Beifall bei den Freiheitlichen), denn Sie haben uns ja anläßlich des Skandals in der Steiermark wieder über die Medien wissen lassen, daß der Proporz in der Schule durchaus angebracht ist. So ähnlich haben Sie sich ausgedrückt. Diesbezüglich sind wir aber diametral dagegen.

Ich bitte Sie, die Vorschläge, die Kollege Schweitzer gemacht hat, mit Ihrem heutigen Nein nicht gänzlich ad acta zu legen. Lassen Sie wenigstens den üblichen Weg freiheitlicher Anträge zum Tragen kommen, damit mit einer gewissen Zeitfrist unsere Ideen aufgenommen und von Ihnen, Herrschaften aus den Regierungsparteien, umgesetzt werden! Wir stehen gerne zur Verfügung. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon mehrmals betont worden, daß das Anliegen, das Kollege Schweitzer mit seinem Antrag hat, natürlich ehrenhaft ist. Wir Grüne haben auch versucht, ein derart ehrenhaftes Anliegen mit unserem Dringlichen Antrag, der vor wenigen Monaten verhandelt wurde, zu formulieren. Das Problem, das wir beide haben, eint uns noch, Kollege Schweitzer. Das Problem ist, Frau Bundesministerin, daß Sie, was bestimmte Regelungen der letzten Monate betrifft, die auch zu der Lage, die Kollege Stampler beschrieben hat, geführt haben, dazu beigetragen haben, daß diese Regelungen eigentlich eine Ursache des Problems sind.

Sie haben im Ausschuß gesagt, Frau Bundesministerin, der § 61 des Gehaltsgesetzes sei weder unglücklich noch gescheitert. Das deutet auf das Problem hin, denn er ist in dieser Form unglücklich und gescheitert, und zwar unabhängig davon, ob man zu dem Ergebnis kommt – was Sie uns vorzurechnen versucht haben, was aber wiederum basierend auf andere Quellen bestritten wird –, daß bei den Mehrdienstleistungen beträchtlich eingespart werden konnte. § 61 ist deswegen gescheitert, weil er zu einem absoluten Stimmungstief an den Schulen unter den Lehrern und Lehrerinnen beigetragen hat, die sich – da bin ich der Meinung des Kollegen Stampler – natürlich die Frage stellen: Warum werden wir in der Öffentlichkeit für unsere nicht allzu einfache Arbeit geprügelt?

Das ist eine Debatte, Herr Kollege Stampler, die genau durch jene Maßnahmen, die auf politischer Ebene von den Regierungsparteien gesetzt wurden, herbeigeführt wurde; eine öffentliche Debatte, die sich in dieser Form weder die Lehrer noch die Schüler noch die Frau Bundesministerin, würde ich sogar sagen, verdient haben, denn letztgenannte gehört sicher nicht zu jenen, die die Lehrer für ihre Leistungen in den Schulen frontal attackiert. Das ist schon richtig, das konzediere ich auch, aber mit den Maßnahmen, die gesetzt wurden, hat man genau jenes Bild erzeugt, das unsinnigerweise und völlig kontraproduktiv dazu beigetragen hat, daß die Lehrer als Verursacher des Übels dargestellt wurden. Da müssen schon Sie von den Regierungsparteien sich die Frage stellen, was Ihr Anteil daran war. Nicht nur die Medien haben sich diese Frage zu stellen.

Damit bin ich beim Problem des Antrages. Es sind richtige Sachen enthalten, es sind aber auch falsche Sachen enthalten. Kollege Schweitzer, wir haben im Ausschuß schon darüber diskutiert. Richtig ist zum Beispiel die Feststellung, die am Ende des Antrages angeführt ist, nämlich daß die Grundlage für die Entlohnung nicht mehr – das ist zwar ein bißchen nebulos formuliert – in erster Linie nur der Unterricht in der Klasse sein darf.

Der Unterricht allein ist es auch nicht mehr, denn Lehrertätigkeit macht bereits jetzt sehr viel mehr aus. Wenn aber gleichzeitig angeführt wird, woraus die Besoldung bestehen soll, nämlich aus einem Grundgehalt, das im wesentlichen wiederum nur auf den Unterricht zurückgreift, auf die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, dann muß ich sagen: Da ist ein Denkfehler im Antrag enthalten, denn das, was darüber hinausgehend Lehrertätigkeit ausmacht und was unter dem Titel "Leistungskomponente" im Antrag der Freiheitlichen beschrieben wird, sollte eigentlich integraler Bestandteil nicht nur des Grundgehaltes, sondern auch des Grundverständnisses von Lehrersein sein. (Abg. Mag. Schweitzer: Ist es auch!) – Das ist es auch! Daher ist da ein Denkfehler enthalten.

Der zweite Punkt – und damit bin ich wieder bei der Kritik der Regierungsparteien – ist natürlich die Drei-Monate-Vorgabe. – Frau Bundesministerin, wir würden uns wünschen, daß das, was jetzt offensichtlich in irgendwelchen Arbeitsgruppen irgendwie diskutiert wird und nach irgendwelchen Grundsätzen verhandelt wird, zumindest in den Grundsätzen öffentlich gemacht wird. Nur so kommen wir aus dem Dilemma heraus, das die Regierungsparteien den Lehrern und der Debatte über Bildung in diesem Land eingebrockt haben, nämlich, daß niemand mehr erkennen kann, wo die Ursache und das Übel und die Konsequenzen, die daraus gezogen werden, sind.

Wir sind daher nicht nur mit dem Antrag der Freiheitlichen nicht einverstanden, weil wir einige seiner Punkte als problematisch ansehen, sondern auch sehr unglücklich darüber, daß eine Regelung weiterbesteht, die in der gegenwärtigen Form viel dazu beigetragen hat, daß sich das Klima an den Schulen verschlechtert hat und derzeit nicht erkennbar ist, in welche Richtung und durch welche Maßnahmen sich dieses Klima an den Schulen wieder bessern soll. (Beifall bei den Grünen.)

20.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.11

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich kann dem vorgelegten Antrag, den wir gerade diskutieren, durchaus viele positive Ansätze abgewinnen, gebe aber gleichzeitig zu bedenken, daß eine Reformierung des Dienst- und Besoldungsrechtes für eine so große Berufsgruppe wie die der Lehrer eine sehr sensible Sache ist und daher nicht innerhalb kürzester Zeit in einer Form vollendet werden kann, daß sie den neuen Forderungen und auch den vorgeschlagenen Intentionen von Flexibilität und Mobilität entspricht.

Ich bin durchaus der Meinung – und ich hoffe, daß das auch alle Vorredner so verstanden haben –, daß das zu diskutierende neue Besoldungsrecht eine Verbesserung des Lehrerstandes und der Entlohnung der arbeitenden beziehungsweise unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer bringen soll. Es wurde heute schon aufgelistet, was dieser Berufsgruppe von der Gesellschaft immer öfter zusätzlich aufgebürdet wird. Ich habe aber trotzdem noch zwei Punkte vorzubringen, die mir aus meiner Sicht in der Diskussion zuwenig berücksichtigt erscheinen.

Wir haben in vielen Bereichen einen Zulagendschungel aufgebaut, der zwar das Gehalt einigermaßen verbessert, letztendlich aber unter dem Strich im Alter wenig bringt, weil er nicht pensionstauglich ist. Es wurden leistungsorientierte Vorgaben gefordert. Da gebe ich zu bedenken, daß die meisten unserer Lehrer bereits höchst qualifiziert sind, denn ungefähr drei Viertel unserer Lehrerinnen und Lehrer haben die Höchst-Beurteilung. Sie sind also schon höchst qualifiziert, und es wird sehr schwierig werden, Ihnen dann ein entsprechendes leistungsorientiertes Gehalt zuzuordnen.

Zuletzt möchte ich noch verstärkt darauf hinweisen, daß klargestellt werden muß, daß Lehrer, die nach dem gleichen Lehrplan unterrichten, nicht unterschiedlich entlohnt werden. Ich denke dabei vor allem an die Lehrer in der AHS-Unterstufe und an jene in der Hauptschule. (Beifall bei der SPÖ.)

20.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte, Frau Bundesministerin.

20.14

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, daß es doch notwendig ist, einige Richtigstellungen vorzunehmen.

Es stimmt nicht, daß es keine Verbesserungen im Bildungsbereich gegeben hat. – Neben den zahlreichen Fortschritten, die im pädagogischen Bereich und in der Autonomie erzielt wurden, sind in Österreich alle Bundesschulen an das Internet angeschlossen. Vor kurzem hat der deutsche Bundeskanzler Schröder gesagt, daß es sein großes Ziel sei, alle Schulen in Deutschland an das Internet anzuschließen. Wir haben das in Österreich bereits erreicht. Es sind alle Bundesschulen mit großem Aufwand an das Internet angeschlossen worden. (Beifall bei der ÖVP.)

Es stimmt nicht, daß es bei den Dienstposten keine Verbesserungen gegeben hat. Wir haben innerhalb von zwei Jahren die Dienstposten um 500 erhöht, um mehr Jugendlichen die Möglichkeit einer weiterführenden Ausbildung zu geben.

Es stimmt auch nicht, daß die Überschreitungen des Budgets in jenem Ausmaß gegeben sind, wie in manchen Zeitungen geschrieben wird. Es gibt zwar Überschreitungen, sie entstehen aber dadurch, daß wir mehr Bildungsangebote machen und mehr Dienstposten haben, wozu sich die Regierung, die Koalition bekennt, denn Bildung ist uns etwas wert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es stimmt weiters nicht, daß die neuesten Änderungen des § 61 gescheitert sind. Wir haben eine neue leistungsorientierte Komponente eingeführt, und jede Überstunde, die gehalten wird, wird auch bezahlt. Wir haben dazu die gesamte Abrechnung über das Internet automatisiert. Es haben alle Lehrer und Lehrerinnen das Geld für die geleisteten Überstunden bereits ausbezahlt bekommen, und zwei Drittel der Schulen haben sogar schon die im Jänner dieses Jahres geleisteten Überstunden abgerechnet. Das hat es überhaupt noch nie gegeben, nämlich, daß einzelne Mehrdienstleistungen so schnell abgerechnet wurden. (Beifall bei der ÖVP.)

Es stimmt außerdem nicht, daß ich gesagt habe, daß ich den Proporz in den Schulen für angebracht halte. Ich halte den Proporz in den Schulen für falsch. Das, was ich klar und deutlich gesagt habe, ist, daß ich es für richtig halte, daß Landesschulräte und Kollegien der Landesschulräte aufgrund der Ergebnisse der Landtagswahlen zusammengesetzt werden und daß die Schule von den im Landtag vertretenen Parteien unterstützt und getragen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Es stimmt aber, daß es Arbeitsgruppen gibt, die zielorientiert an einer Neugestaltung des Dienst- und Besoldungsrechtes arbeiten. Zuständig für eine Neugestaltung des Dienst- und Besoldungsrechtes ist das Beamtenstaatssekretariat. Wir haben daher eine gemischte Projektgruppe. In einer ersten Phase wird erarbeitet, welche Leistungen von Lehrern erbracht werden. Ich glaube, daß wir uns zunächst darauf einigen müssen, was zur normalen Arbeitszeit, was zu jenen 1 793 Stunden, die ein Lehrer jedes Jahr arbeitet, gehört. In einem zweiten Schritt werden internationale Vergleiche gezogen, und in einem dritten Schritt werden dann Vorschläge erarbeitet, wie wir zu einer leichteren Handhabung des Systems, bei welcher aber trotzdem die Leistungsorientierung beibehalten wird, kommen können.

Diese Arbeit für 120 000 Kollegen und Kolleginnen ist sehr umfassend, und ich glaube, daß es gerade unsere Lehrer und Lehrerinnen aufgrund ihrer Leistung, die sie tagtäglich in der Schule erbringen, verdienen, daß wir sehr sorgfältig ans Werk gehen, daß wir sehr genau prüfen und daß wir dann gemeinsam ein gutes neues Dienst- und Besoldungsrecht beschließen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort des Berichterstatters.

Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren ein. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1586 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit angenommen.

17. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1556 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 – JWG geändert wird (Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 1998) (1619 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 382/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Einrichtung einer zentralen Notrufstelle zur Prävention gegen Kindesmißhandlung (1620 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 870/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Einführung des Kinderbetreuungsschecks (1621 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 871/A (E) der Abgeordneten Edith Haller und Genossen betreffend Erhöhung des Mutter-Kind-Paß-Bonus (1622 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 926/A (E) der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Lehrlinge (1623 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 17 bis 21 der Tagesordnung auf. Die Debatte darüber wird unter einem durchgeführt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als erste Rednerin Frau Abgeordnete Haller. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.20

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Am Ende der Tagesordnung unter Ausschluß der Öffentlichkeit und der Medien werden nun Tagesordnungspunkte zur Verhandlung gestellt, die die Familien betreffen. Das entspricht gar nicht jener Wertigkeit, die beide Regierungsparteien dem Bereich Familienpolitik in letzter Zeit vor allem über die Medien gegeben haben. Das heißt für mich: Wasser predigen und Wein trinken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser Vorwurf bezieht sich nicht nur auf die Abfassung der Tagesordnung, sondern auch auf die geplante Änderung des Jugendwohlfahrtsgesetzes, Herr Bundesminister, das nach unserer Auffassung das Papier nicht wert ist, auf dem es geschrieben steht, und das in keiner Weise den Intentionen des gemeinsamen Entschließungsantrages sämtlicher Parlamentsparteien vom 19. September 1996 entspricht, der sogar in der Präambel zu diesem Jugendwohlfahrtsgesetz angeführt wird. Er entspricht natürlich auch nicht den Intentionen des Freiheitlichen Antrages 382/A (E), in dem eine zentrale Meldestelle beim Jugendwohlfahrtsträger, vor allem in Richtung Prävention von Kindesmißhandlung, vorgesehen ist.

Damit wurde eine Chance vertan! Aus einer Meldestelle ist eine Verheimlichungsstelle geworden, in der der Täter irgendwo in der Versenkung verschwindet und eigentlich nur opferbezogene Daten gespeichert werden. Es wird sogar verhindert, daß derartige Daten für eine mögliche Prävention länger gespeichert werden. Es wird verhindert, daß die Täterschaft bei mehreren Opfern verknüpft wird. Es wird auch verhindert, daß eine Meldung an die Strafgerichte erstattet wird. Es kann nur bei Pflegschaftsgerichten Meldung erstattet werden, und das auch nur bei Wiederholungsgefahr.

Frau Kollegin Mertel hat das in einer furchtbar zynischen Art und Weise im Ausschuß so beschrieben: Der erste Biß bleibt frei! Also nur bei Wiederholungsgefahr darf ... (Abg. Dr. Mertel: Das hat der Herr Dolinschek gesagt!) Nein, das haben Sie gesagt, Frau Kollegin Mertel (Abg. Dr. Mertel: Immer ich!), und ich habe noch geglaubt, daß das nicht gewollt ist. Es ist aber sehr wohl gewollt. Es ist auch gewollt, daß man die Verantwortung für eine Meldung nicht mehr beim Jugendwohlfahrtsträger selber beläßt, sondern auf die Sozialarbeiter abschiebt. Also auch das noch! Es ist in dieser Änderung völlig gewollt, daß der Opferschutz nicht verbessert wird – im Gegensatz zu den medialen Ankündigungen gerade von Ihnen, Herr Bundesminister – und daß sogar Strafrechtspflege verhindert wird.

Das alles erinnert mich ganz fatal an das, was morgen hier beschlossen werden soll, nämlich an die enorme und fast ungeheuerliche Ausweitung des außergerichtlichen Tatausgleichs. Ich muß schon sagen, Herr Bundesminister: Ich wundere mich immer wieder darüber, daß Sie und Ihre ÖVP sich der linken Ideologie in allen Bereichen unterordnen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden dem Abänderungsantrag der Liberalen zustimmen, weil er zumindest in einigen wenigen Bereichen Konkretisierungen bringen würde. Die restlichen Punkte, die im Familienausschuß noch zu verhandeln waren, die sämtliche Anträge der Freiheitlichen betreffen, zum Beispiel die Einführung des Kinderbetreuungsschecks, die Erhöhung des Mutter-Kind-Paß-Bonus – nicht zum ersten Mal, sondern zum wiederholten Mal eingebracht – und die Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe, die auch von Ihnen, Herr Bundesminister, schon medial angekündigt wurde, wurden natürlich, wie immer, abgelehnt und sollen nun bewußt und gewollt unter Ausschluß der Öffentlichkeit und der Medien abgehandelt werden. Sie werden jedoch von meinen Kollegen noch näher erläutert werden, damit sie zumindest im Protokoll stehen.

Wir werden Sie, Herr Bundesminister, immer wieder auf diese Doppelzüngigkeit, die Sie im Familienbereich erkennen lassen, hinweisen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser-Starrach. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.26

Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Österreichs Jugendwohlfahrtsgesetz ist europaweit vorzeigbar. Wir sind stolz auf dieses Gesetz und vor allem auf die damit verbundenen Einrichtungen. Die vorliegende Novelle kam zwei Aufträgen des Jahres 1996 nach, nämlich erstens, Ergebnisse zu evaluieren und die gesellschaftlichen Verhältnisse zu durchleuchten, und zweitens, eine zentrale Meldestelle für Verletzungen von Minderjährigen und die entsprechenden datenschutzrechtlichen Absicherungen solcher Meldungen zu schaffen.

Diese Novelle liegt nun vor und hat drei wesentliche Schwerpunkte: die Professionalisierung der in der Jugendwohlfahrt Tätigen, die Ausweitung des Angebots der sozialen Dienste und die Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht für den Fall, daß das Kindeswohl gefährdet ist.

Drei Paragraphe möchte ich ganz besonders hervorheben. Nach § 2 ist die erste Meldung und zentrale Meldestelle beim Wohnsitzjugendamt. Es ist dies eine entscheidende Verbesserung und hemmt "Doctor-shopping" und "Hospital-hopping". Die Daten sind personenbezogen zu erfassen und zu überprüfen und die Länder vernetzen sie. Unrichtige Daten sind von Amts wegen unverzüglich zu löschen. Es geht auch um Vertrauensverhältnisse und nicht um eine Verheimlichungsstelle, wie wir es gerade in der vorangehenden Rede gehört haben. (Abg. Haller: Ganz etwas anderes war gewollt!)

Zu § 12 ist zu sagen: 1,5 Prozent der Kinder – das sind immerhin über 26 000 Kinder – sind in ihren Familien zu kurz gekommen und benachteiligt worden. Sie dürfen nicht noch einmal im Regen stehengelassen werden. Die öffentliche Jugendwohlfahrt ist daher von geschulten Kräften durchzuführen, und diese sind wiederum durch Weiterbildung und Supervision zu unterstützen. Selbstverständlich sollen auch noch weitere Kräfte herangezogen werden können, wenn es notwendig ist und der Umfang der Tätigkeiten ausgeweitet werden muß.

Des weiteren sollen alle Angebote, durch die Kinder gefördert werden können und die so dem Wohl der Kinder dienen, so niederschwellig angeboten werden, daß die Gewährung von Erziehungshilfen wirklich gesichert ist. Soziale Dienste wie Elternschulung, Erziehungsberatungen, Präventionsmaßnahmen gegen jegliche Gewalt – physische, psychische und sexuelle – werden besonders angeboten.

Ich danke allen, die sich um gute Strukturen und Angebote bemühen, vor allen anderen dem Familienministerium, das nach guter, schneller Prüfung finanzielle Unterstützung gewährt. Ein Dank auch den Ländern und den Wirtschaftsinstitutionen, die helfend zur Seite stehen, wenn es um das Wohl unserer Kinder geht! (Beifall bei der ÖVP.)

Angebote für Therapie und Prävention besonders für Jugendliche und deren Familien möchte ich noch erwähnen, aber auch niederschwellige Dienste, wie Streetworkers und betreute Notschlafstellen ansprechen. Besonders hervorzuheben ist auch die Arbeit von Pflegefamilien, von sozial-pädagogischen Wohngemeinschaften und Kinderdörfern, die unseren Kindern Zuflucht, Liebe und Geborgenheit bieten.

Schaffen wir für diese Pflegeeltern aber auch wenigstens optionale Pensionsvorsorge. Die Ländergesetzgebungen haben bereits dahin gehend vorgesorgt, daß betreuende Personen, die bis zum dritten Grad verwandt sind, beziehungsweise Vormünder eine Entschädigung bis zur Höhe des Pflegegeldes bekommen können.

Einige Bemerkungen noch zu § 21, zur Tagesbetreuung: Damit, daß das Kleinkind bei ausgebildeten Tagesmüttern beziehungsweise -vätern beziehungsweise später im Kindergarten untergebracht ist, ist das Thema Tagesbetreuung noch lange nicht erschöpft. Kinder brauchen auch in der Schulzeit nach dem Unterricht die begleitenden und schützenden Hände. Wir haben im Jugendwohlfahrtsgesetz alle Weichen dahin gehend gestellt, daß institutionalisierte und individuelle Betreuung bei geeigneten Personen in geeigneten Räumlichkeiten erfolgen können. Dem Jugendwohlfahrtsträger obliegt auch die Aufsicht über die Tagesbetreuung und Pflege und Erziehung der Minderjährigen in Pflegefamilien bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, wenn dies zur Sicherung des Erfolges bisheriger Erziehungshilfen notwendig ist.

Ich danke nochmals allen, die dazu beigetragen haben, daß diese Novelle, die am 1. Juli 1999 in Kraft treten soll, zustande gekommen ist. Wir, die ÖVP, werden dieser Novelle gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Dr. Kier. Restredezeit Ihres Klubs: 11 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.32

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Zeit eilt, aber die Jugendwohlfahrt macht nur geringe Fortschritte – aber immerhin geringe.

Was ich an dieser Gesetzesvorlage zu kritisieren habe, sind ein paar aus meiner Sicht wesentliche Aspekte: In der Regierungsvorlage steht – und das gibt Anlaß zur Sorge –, daß dadurch dem Bund und den Ländern keine unmittelbaren Kosten erwachsen werden. Das bereitet deswegen Sorge – normalerweise würde ich ja sagen, ich freue mich, wenn keine Kosten entstehen –, weil gleichzeitig vorne im Materiengesetz selbst Ankündigungen enthalten sind, die nur dann erfüllt werden können, wenn man Kosten in Kauf nimmt, insbesondere was die höhere Professionalisierung und so weiter anbelangt.

In eine Regierungsvorlage hineinzuschreiben, man erwarte keine Kosten, ist daher meiner Meinung nach ein falscher Kotau vor den Ländern, denn die Kosten würden dann bei den Ländern anfallen. Was die verschwommene Definition der Qualifikationsmerkmale betrifft, so halte ich das von mir unmittelbar zuvor Kritisierte noch für wesentlich stringenter und logischer, denn dadurch zeigt sich eben, daß man gar nicht wirklich besser qualifizieren will, und wenn man das gar nicht will, dann kann man auch sagen, das werde nichts kosten.

Das ist also sehr entlarvend. Was diese Passagen betrifft, so handelt es sich dabei daher leider eher um ein Gesetz, das der Selbstberühmung, aber nicht der Verbesserung der Situation dient. Das aber ist schade, denn Jugendwohlfahrt ist wirklich sehr wichtig.

Besonders deutlich wird das auch im Feld der Tageseltern. Hiezu gibt es ja den Bericht an den Nationalrat über die Entwicklung eines bundeseinheitlichen Berufsbildes über Tageseltern, der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgelegt wurde – ein ausgezeichnetes Papier, in dem auf das Cinderella-Programm eingegangen wird. Ich will das jetzt nicht näher ausführen, denn jeder, der sich damit beschäftigt, kennt all das. Was aber stellt sich heraus? – Das Gesetz nimmt auf diese Aspekte nur ganz unzulänglich Rücksicht, und das ist ausgesprochen schade, denn es wäre bei gutem Willen möglich gewesen. Daß außerdem – ich weiß nicht, was die Tonanlage hat – noch verschwommene Formulierungen hinsichtlich der kurativen und anderer Behandlungen darin enthalten sind, ist ein weiterer Schönheitsfehler.

Insgesamt aber sind wir froh, daß es kleine Fortschritte gibt. Kollegin Stoisits wird einen Abänderungsantrag, der gemeinsam mit meiner Fraktion entwickelt wurde, vortragen. Ich hoffe, daß er eine breite, fraktionsübergreifende Zustimmung finden wird, und ich möchte mich bei Kollegin Haller schon jetzt dafür bedanken, daß sie die Zustimmung der Freiheitlichen signalisiert hat. Vielleicht reißt dies ein paar Kolleginnen und Kollegen mit gutem Gewissen aus den Regierungsfraktionen mit. Vielleicht! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

20.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Abgeordnete Dr. Mertel. – Bitte. – Frau Abgeordnete, Sie können jetzt beweisen, wie es mit der Lautsprecheranlage wirklich bestellt ist.

20.35

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Recht herzlichen Dank dafür, daß Sie jetzt umgestellt haben. Dafür hallt es jetzt aber für den Sprechenden, sodaß dieser sich ein zweites Mal sprechen hört. Der Ton "hängt nach".

Herrn Kollegen Kier haben wir nur zum Teil folgen können, weil wir ihn nicht verstanden, nicht gehört, akustisch nicht wahrgenommen haben. (Abg. Dr. Kier: Das liegt an der Tonanlage!) Ja, das ist eine Tatsache. Auch der Herr Minister hat ihn, glaube ich, schwer verstanden.

Zwei Initiativen gingen diesem Jugendwohlfahrtsgesetz voraus – das wurde schon gesagt –, und zwar eine Entschließung vom 19. September 1996, aber auch eine Entschließung aus dem Jahr 1994. Dies zeigt, daß das Jugendwohlfahrtsgesetz auch heute noch tauglich ist, Herausforderungen zu bewältigen. Es wurden aber auch damals Änderungsvorschläge gemacht. In der Entschließung aus dem Jahr 1996 wurde der Familienminister aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, bei der es um eine zentrale Stelle für die Meldungen von Verletzungen beim Jugendwohlfahrtsträger und um eine datenschutzrechtliche Absicherung solcher Meldungen ging. Beiden Entschließungen wurde nunmehr Rechnung getragen.

Ziel der Änderung des Jugendwohlfahrtsgesetzes ist es, mutmaßliche Fälle von Kindesmißhandlung und sexuellem Mißbrauch systematischer zu erfassen und auch effizienter zu bekämpfen.

Frau Haller, wenn Sie sagen, daß in einer unglaublich zynischen Art und Weise (Abg. Haller: Die Wiederholungsgefahr ...!) etwas festgestellt habe, dann möchte ich in Erinnerung rufen ... (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte, Frau Abgeordnete, machen Sie von Ihrem Rederecht kräftig Gebrauch!

Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (fortsetzend): Abgeordneter Dolinschek hat immer wieder nachgefragt, und mit Recht nachgefragt: Bedeutet das, daß das im ersten Fall straffrei bleibt? Da die Frage wiederholt gestellt wurde, habe ich dann gesagt: Wie es in der Rechtspraxis üblich ist. Meinen Sie ... (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Es ist unglaublich, wie Sie sich da oben aufführen. Es ist direkt belustigend. (Zwischenrufe der Abgeordneten Haller und Meisinger.)

Es wird also ein wesentlicher Beitrag dazu geleistet, diesem tragischen und traurigen Phänomen des Mißbrauches von Kindern wirksam begegnen zu können. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Haller.) Ich glaube, ich habe wirklich ein Echo: Sobald ich spreche, schreit die Frau Haller oben mit! Das ist wirklich ein Phänomen! (Abg. Dr. Povysil: Ein Echo wäre ja nicht gleich laut!) Man müßte das einmal näher untersuchen.

So sind nun also bei Verdacht der Mißhandlung und bei sexuellem Mißbrauch nicht nur Ärzte zur Meldung an den jeweils zuständigen Jugendwohlfahrtsträger verpflichtet, wie es in einer Novelle zum Ärztegesetz bereits beschlossen worden ist (anhaltende Zwischenrufe der Abg. Haller sowie weiterer Abgeordneter der Freiheitlichen. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen), sondern auch andere medizinische und nichtmedizinische Berufe. (Abg. Dr. Krüger: Sie sehen, daß Ihre Rede große Aufmerksamkeit hat!) Jetzt schaltet sich sogar der Rechtsanwalt ein! Jetzt wird es spannend! (Abg. Dr. Graf: Das Echo muß ja von den Freiheitlichen kommen! Es sind ja keine Sozialisten mehr da!)

Die Gesetzesnovelle sieht auch eine Professionalisierung der tätigen Personen sowie eine Ausweitung des Angebots an sozialen Diensten vor. Es wird auch empfohlen, den Jugendwohlfahrtsträgern niederschwellige Dienste anzubieten, wie Streetwork oder betreute Notschlafstellen. Die Länder werden überdies ermächtigt, jenen Personen, die bis zum dritten Grad mit dem betreuten Kind verwandt sind, Entschädigungen bis zur Höhe des Pflegegeldes zu bezahlen. Ferner wird erstmals die regelmäßige und gewerbsmäßige Tagesbetreuung, die Betreuung bei Tagesmüttern gesetzlich geregelt. Die Betreuung in Gruppen in geeigneten Räumen wird für zulässig erklärt; Voraussetzungen sind eine Bewilligung und die Aufsicht des Jugendwohlfahrtsträgers.

Für uns Sozialdemokraten und -innen ist die fachliche Qualifikation, aber auch das Vorliegen von persönlicher und fachlicher Eignung bei Betreuungspersonen von großer Bedeutung. Das wurde im Entschließungsantrag zusammengefaßt, in dem die Frauenministerin und der Familienminister beauftragt werden, mit den Bundesländern Verhandlungen dahin gehend aufzunehmen, daß die Bewilligungserteilung für Tageseltern an das Vorliegen entsprechender Grundqualifikationen geknüpft ist. Wir haben auch in einem Abänderungsantrag den datenschutzrechtlichen Bedenken Rechnung getragen. Die Verdachtsfälle sind, wie gesagt, personenbezogen zu erfassen und unverzüglich zu überprüfen, aber unrichtige Daten sind zu löschen. Auch die entsprechenden Verwaltungsstrafen wurden geregelt.

Zu den Anträgen der Freiheitlichen betreffend Heimfahrtbeihilfe und Erhöhung des Mutter-Kind-Paß-Bonus möchte ich anmerken, daß wir Sozialdemokraten uns diesem Anliegen selbstverständlich nicht gänzlich und grundsätzlich verschließen. Was die zentrale Notrufstelle betrifft, ist das Anliegen mit der vorliegenden Novelle zum Jugendwohlfahrtsgesetz erfüllt. (Beifall bei der SPÖ.)

20.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. (Abg. Dr. Graf: Ihr Wort in Gottes Ohr, Herr Präsident!) – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.40

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar večer, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ohne wiederholen zu wollen, was bisher gesagt wurde: Es ist nicht die Novelle zum Jugendwohlfahrtsgesetz als solche, die die Kritik der Liberalen und der Grünen erregt, sondern es ist in erster Linie die vertane Chance, die hier nicht ergriffen wurde, die wir kritisieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wesentliche ist – und es ist mir wichtig, dies auch hier festzustellen –, daß der seinerzeitigen Initiative des Parlaments, bei der es ja zu einer einstimmigen Annahme eines Entschließungsantrages kam, jetzt in einigen Punkten auch klar Rechnung getragen wurde – Stichwort Meldestelle –, wenngleich nicht ganz so, wie der Herr Bundesminister sich das vorgestellt hat – erlauben Sie mir, das noch kritisch anzumerken –, denn der Herr Bundesminister hat einen Vorschlag eingebracht, der großen Widerstand beispielsweise beim Datenschutzrat ausgelöst hat, und dieser Vorschlag ist dann ja auch im Ausschuß noch korrigiert worden. Genau das verstehe ich aber unter parlamentarischer Arbeit, daß der Ausschuß eben sagt: Herr Minister, so geht es nicht! Wir sind der Gesetzgeber, wir wollen das anders! – Das ist auch geschehen.

Jenen, die sich dafür eingesetzt haben, vor allem den Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen, aber auch den Datenschützern, möchte ich dafür meinen herzlichen Dank aussprechen.

Nun aber, meine Damen und Herren, komme ich zu jenen Punkten, die nicht unsere Zustimmung finden, und ich möchte sie jetzt auch im Rahmen des Abänderungsantrages der Abgeordneten Motter und Stoisits verlesen. Dabei werden wir eben jene Argumente, die schon vom Kollegen Kier und zum Teil auch von Frau Kollegin Haller – aber wirklich nur sehr am Rande – angeschnitten wurden, ins Zentrum der Ausführungen stellen. (Abg. Großruck: Stellen Sie die Ausführungen ins Zentrum des Themas!)

Herr Präsident! Ich verlese jetzt den Abänderungsantrag – er ist ziemlich lang – und möchte ihn dann erörtern.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Klara Motter, Terezija Stoisits, Volker Kier, Partnerinnen und Partner zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 – JWG geändert wird (Jugendwohlfahrtsgesetz-Novelle 1998) (1556 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichts (1619 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. Die Ziffer 2 wird ersetzt:

Der § 6 Abs. lautet:

"§ 6. (1) Die öffentliche Jugendwohlfahrt ist von Fachkräften durchzuführen, die für den jeweiligen Tätigkeitsbereich ausgebildet und geeignet sind. Für die erforderliche Fortbildung und Supervision ist vorzusorgen.

(2) Insbesondere müssen mit Aufgaben der

a) ambulanten Sozialarbeit betraute Fachkräfte über ein Diplom einer Akademie für Sozialarbeit (beziehungsweise eine ihrer Vorläufer) oder einer vergleichbaren Ausbildung gemäß Richtlinie 89/48/EWG beziehungsweise einer anderen vergleichbaren nostrifizierten Ausbildung verfügen.

b) Heimerziehung betraute Fachkräfte über einen Abschluß einer Bildungsanstalt für Sozialpädagogik (Heimerziehung oder einer ihrer Vorläufer) oder einer vergleichbaren Ausbildung gemäß Richtlinie 92/51/EWG beziehungsweise einer anderen vergleichbaren nostrifizierten Ausbildung verfügen.

(3) Die Heranziehung sonstiger geeigneter Kräfte ist zulässig, sofern Art und Umfang der Tätigkeit keine Fachausbildung erfordern.

(4) Öffentliche Jugendwohlfahrt ist unter Beachtung allgemein anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse und Berücksichtigung der maßgeblichen Fachbereiche zu gewähren."

2. In Ziffer 4 lautet der § 12 Abs. 1 Ziffer 3:

"3. Präventive und kurative Hilfen für Minderjährige und deren Familien,"

3. In Ziffer 7 lautet der § 21a Abs. 2:

"Tagesmütter, -väter und selbstverwalteten Kindergruppen bedürfen einer Bewilligung. Die Bewilligung ist an das Vorliegen der persönlichen und fachlichen Eignung der Pflegepersonen gebunden. Die fachliche Eignung ist durch eine entsprechende Grundqualifikation nachzuweisen, die eine geeignete Wissensvermittlung, Praxis/Hospitation und reflektorische Begleitung zu umfassen hat. Die näheren Voraussetzungen für Bewilligung und Widerruf sind durch die Landesgesetzgebung festzulegen."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Letztes Stichwort: Landesgesetzgebung. Ich möchte Ihnen jetzt den Abänderungsantrag so erörtern, daß Sie verstehen, worum es uns geht. Es geht uns nicht darum, zu sagen, daß das, was der Gesetzgeber jetzt in der Jugendwohlfahrt vorhat, schlecht ist. Nein, überhaupt nicht! Die Vorlage enthält maßgebliche Fortschritte! Frau Kollegin Dr. Moser hat schon gesagt, Streetworking oder Notschlafstellen für Kinder im Gesetz zu verankern – in einem Rahmengesetz, wohlgemerkt! –, ist etwas durchaus Positives und wird vor allem von jenen, die in diesem Metier beruflich tätig sind, sehr befürwortet. Aber das Ganze ist doch, meine Damen und Herren, nichts anderes als ein Placebo, wenn es gleichzeitig heißt, daß damit keine Kosten verbunden sein dürfen! Das Gesetz ist kostenneutral: Niemandem erwachsen daraus Kosten!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So wird es wohl nicht den Intentionen entsprechen, die der Nationalrat hier schon im Jahre 1996 positiv ausgeführt hat, nämlich, daß wir uns des Themenbereichs Jugendwohlfahrt im Sinne von Hilfe für jene, die Opfer von Mißhandlung oder von Mißbrauch – also hilfsbedürftig – sind, mehr annehmen. Das ist auch ein Thema, das jetzt im beginnenden Wahljahr von allen im Munde geführt wird: Allen geht es um die Familie und um die Kinder, und alle wollen helfen, und überall wird Geld hingegeben. Dort aber, wo der Gesetzgeber jetzt tatsächlich die Chance hätte, einzugreifen, und dort, wo es darum geht, im Versorgungssystem Mittel für jene Familien aufzuwenden, die tatsächlich in Not sind – und das sind jene, die den Jugendwohlfahrtsträger brauchen –, weigern Sie sich, etwas zu tun!

Es ist einfach, "Karenzgeld für alle" anzukündigen und sozusagen das Geld mit der Gießkanne über ganz Österreich zu verteilen, jene aber, die es wirklich brauchen, werden geflissentlich vergessen, auch wenn jetzt gerade ein Gesetz in Behandlung steht. – Das ist es, was uns am meisten stört – nicht so sehr uns als Abgeordnete, sondern jene, die in diesen Bereichen tätig sind, und das sind in erster Linie SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt aber noch einen zweiten Punkt in diesem Zusammenhang zu kritisieren, und bei diesem geht es um die Tagesväter und -mütter und um die Tagesbetreuung. Was dieses Gesetz jetzt zuläßt, das ist die Grundtendenz der sogenannten "Laisierung", wie es die Sozialarbeiter nennen. Es geht uns darum, darauf aufmerksam zu machen, daß wir die Chance verpassen, bundeseinheitliche Regelungen für die Ausbildung zu schaffen. Es gibt Bundesländer in Österreich, die da vorbildlich agieren, meine Damen und Herren, aber es gibt auch solche, die Dumping betreiben: Dumping bei der Ausbildung, bei den ausbildungsbezogenen Voraussetzungen für die Zulassung zum Beruf. Der Grund dafür liegt ganz einfach darin, daß die Leute dann weniger kosten! Das ist ja klar!

Das geht so weit, daß man in Vorarlberg Agenden der Jugendwohlfahrt an den Ortsbauern vergibt! Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn öffentliche Jugendwohlfahrt jetzt so verstanden wird, daß jemand, der eben schon mehrere Kinder gehabt hat und als kinderliebend bekannt ist, ohne irgendwelche sonstigen Voraussetzungen zu erfüllen, die Qualifikation hat, die Aufgaben des öffentlichen Jugendwohlfahrtsträgers zu übernehmen, dann, bitte schön, hört sich ja jede Möglichkeit, Qualifikation einzufordern, wirklich auf! Das aber ist Realität und bereits passiert! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen haben auch genau errechnet, was jene Maßnahmen, die der positiven Intention des Gesetzes entsprechen würden, kosten würden, und sie haben 50 Millionen Schilling als Untergrenze und einen Betrag von 200 Millionen Schilling für die Verwirklichung des "Vollausbaues", wie er möglich wäre, genannt. – Das sind die Summen, um die es geht und die verweigert werden!

Deshalb haben wir unseren Abänderungsantrag eingebracht, und deshalb ergeht in diese Richtung auch unsere Bitte. Einige Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates haben sich auch bereits dieser Bitte jener, die sich Sorgen um die Klienten, aber gleichzeitig auch Sorgen um die Kollegenschaft – Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen – machen, angeschlossen – Kollegin Tegischer wird das ja auch noch ausführen –, aber das ist noch nicht die Mehrheit, und es ist nur mehr wenig Zeit, sich das zu überlegen. Diese vertane Chance nimmt sich aus wie ein Hohn angesichts all der Worte, die in den letzten Wochen und Monaten bezüglich Familie, Kinder, Sorge um Kinder, Mißhandlung und all dem, was da alles wirklich existiert, gesprochen worden sind. Ich zweifle nicht daran, daß sich der Herr Bundesminister auch heute in großer Sorge um die Familien hier zu diesen bekennen wird – zu Recht! Sein Handeln in bezug auf dieses Gesetz aber widerspricht dem eklatant! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier.)

20.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Antrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.49

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohes Hauses! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Stoisits! Gestatten Sie, daß ich mich gleich zu Beginn meiner Rede mit Ihren Ausführungen auseinandersetze. Ich halte wenig davon, Themen wie "Karenzgeld für alle" – eine familienpolitische Maßnahme! – dem Thema "Verbesserungen in der Jugendwohlfahrt" gegenüberzustellen beziehungsweise diese Themen gegeneinander auszuspielen. Es ist beim "Karenzgeld für alle" keinesfalls die Rede von einer Gießkanne, die über ganz Österreich ausgegossen wird, wo auch diejenigen Karenzgeld bekommen, die es nicht brauchen, sondern es ist die Rede von Karenzgeld für diejenigen, die es tatsächlich brauchen. Oder meinen Sie, Frau Stoisits, daß Studierende, Schülerinnen, Bezieherinnen von geringfügigen Einkommen, also von maximal 3 899 S, nicht pro Woche, sondern pro Monat – 130 000 Frauen befinden sich laut Statistik in solchen Beschäftigungsverhältnissen –, es nicht brauchen? Sie brauchen es! Deswegen ist es jedenfalls mein persönlicher Wunsch wie auch der Wunsch meiner Fraktion – auch wenn wir, wie Sie und auch wir wissen, derzeit noch nicht soweit sind –, das als familienpolitische Maßnahme zu bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber damit zur JWG-Novelle: Es ist ein geübtes Spiel, daß diejenigen Fraktionen, die in den Ländern wenig oder keine Verantwortung tragen, sich leichttun mit der Forderung nach bundeseinheitlichen Regelungen, nach einer Gesetzgebung, die hier in Wien geschieht, auch dann, wenn verfassungsrechtlich die Kompetenzen ganz eindeutig bei den Ländern liegen. (Abg. Dr. Kier: Das stimmt nicht! Das ist falsch!)

Da halten wir Regierungsfraktionen es anders: Wir haben die Verantwortung hier wahrzunehmen, und wir haben zur Kenntnis zu nehmen – ob uns das jetzt im Einzelfall paßt oder nicht –, daß es sich beim Jugendwohlfahrtsgesetz um ein Grundsatzgesetz handelt, das dann den Ländern zur Ausführung überlassen wird.

Frau Abgeordnete Stoisits und meine Damen und Herren von den Liberalen und von den Grünen! Genau diese Linie zieht sich ja durch Ihren Abänderungsantrag – es ist ja kein Entschließungsantrag, als den Sie ihn vorhin bezeichnet haben, sondern ein Abänderungsantrag –: Sie mißtrauen den Ländern. (Abg. Mag. Stoisits: Mit Recht! Mit Recht mißtraue ich ihnen! – Abg. Dr. Kier: Mit Recht!) Sie wollen mit Ihrem Abänderungsantrag den Ländern massiv vorgeben, was zu tun ist und was zu geschehen hat. – Das geht nicht! Das wollen wir nicht! Diesbezüglich hat zum Beispiel der Verfassungsdienst in seiner Begutachtungsstellungnahme zum ersten Ministerialentwurf klare Grenzen gezogen, auf die wir dann auch reagiert haben. Wir haben nicht nur datenschutzrechtlich auf Einwendungen reagiert – und das ist gut so –, wir haben auch auf Einwendungen des Verfassungsdienstes reagiert. (Abg. Großruck: Die haben ja keine Ahnung!) Es ist einfach nicht statthaft, daß wir hier genau vorgeben, welche Bediensteten die Qualifikation eines diplomierten Sozialarbeiters zu erbringen haben und welche nicht. (Abg. Dr. Kier: Der braucht überhaupt keine Qualifikation ...!) Das sollen und werden die Länder tun.

Darüber hinaus wissen Sie, Frau Abgeordnete Stoisits – weil Sie sich ja, wenn sie mit dem Obmann Ihrer Partei sprechen, gleichzeitig auch mit einem Universitätsgelehrten unterhalten –, doch sicherlich, daß man, wenn man in einem Grundsatzgesetz so klar ausführt, daß dem Ausführungsgesetzgeber kein Spielraum mehr bleibt, selbst gesetzgeberisch tätig zu werden, per definitionem verfassungswidrig agiert. Das können Sie von den Regierungsfraktionen nicht erwarten! (Abg. Dr. Kier: Aber das Niveau kann festgelegt werden! Das Niveau!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt ist aber dieses Jugendwohlfahrtsgesetz indirekt auch eine Bestätigung für die gute Entwicklung, die die Jugendwohlfahrt in unserem Lande nimmt und die auch durch den Jugendwohlfahrtsbericht, den das Hohe Haus vor nicht allzu langer Zeit diskutiert hat, bestätigt wird. Die Jugendwohlfahrt, die sich um zirka 1,5 Prozent der Jugendlichen, der Kinder in diesem Land kümmern muß, tut das in immer höherem Maße innerhalb der Familien, im Konsens mit den betroffenen Familien und versucht, so weit wie möglich auch familienähnliche Einrichtungen zur Jugendwohlfahrt herbeizuführen.

Ich lasse mir in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit, Pflegeeltern einzusetzen, nicht kaputtreden. Wenn Sie, Frau Abgeordnete Stoisits, von Pflegeeltern Qualifikationen – Lehrgänge und ähnliches – verlangen, dann werden Sie damit eines erreichen: daß sich keine Pflegeeltern mehr finden werden! Dann gibt es als Möglichkeit wirklich nur mehr das Heim. Da bleiben wir doch besser auf dem Boden! Ich glaube sehr wohl, daß bäuerliche Familien, die einige Kinder großgezogen haben, so vertrauenswürdig sind, daß sie auch Pfleglinge aufnehmen können. Das ist allemal familiennäher und kindgerechter als so manche Heimerziehung – ganz abgesehen davon, daß die Kosten dort das Vier-, Fünf- und Sechsfache betragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Haller! Auch an Sie möchte ich mich wenden, wenn Sie das zu dieser späten Stunde noch gestatten. Sie haben gemeint, das Gesetz sei das Papier nicht wert, auf dem es steht. Dazu darf ich Ihnen sagen: Das geht doch ein bißchen zu weit, auch wenn es eine spätabendliche Oppositionseinwendung zu einem Gesetz ist. (Abg. Haller: Nein!)

Auch Ihr Einwand, daß da keine zentrale Meldestelle vorgesehen sei, trifft nicht zu. Sie ist ein ganz zentrales Anliegen dieser JWG-Novelle! Genau das haben wir erzielt und erreicht! Frau Abgeordnete Mertel hat das ja bereits ausgeführt: Die entsprechenden Berufsgruppen – medizinische und ähnliche Berufsgruppen, die eben mit Jugendlichen zu tun haben (Abg. Haller: Wenn diese nicht einmal genau definiert sind!) – wissen jetzt, was zu tun ist, wissen, in welchen Fällen sie Meldung zu erstatten haben – in besonders schwerwiegenden Fällen haben sie Meldung zu erstatten – und wann sie berechtigt sind, Meldung an den Jugendwohlfahrtsträger zu erstatten, weil eben eine drohende oder eine bereits eingetretene Gefährdung des Kindeswohles vorliegt.

Das ist deutlich mehr Klarheit, als wir jetzt haben. (Abg. Haller: Das ist trotzdem eine vertane Chance, Herr Minister!) Es erfolgt auch die entsprechende Abstimmung mit der Novelle des Ärztegesetzes, und damit wird das, was Frau Abgeordnete Moser angeprangert hat, in Zukunft nicht mehr oder nur mehr seltener möglich sein, nämlich daß Prügeleltern ihre Kinder von Arzt zu Arzt oder von Krankenhaus zu Krankenhaus "schleppen", um die zugefügten Verletzungen zu vertuschen.

Wir hoffen, daß wir dann in möglichst vielen Fällen feststellen, daß die Jugendwohlfahrtsträger als Wohnsitzjugendämter die notwendigen Daten haben und daraus ersehen können: Halt, das Kind ist in diesem Monat bereits zum zweiten Mal vom Rad gefallen und hat sich eine verdächtige Verletzung eingehandelt! Dann kann und muß gehandelt werden, dem muß man dann nachgehen!

Daß die Länder jetzt ihrerseits aufgerufen und eingeladen sind, diese Daten auch untereinander zu vernetzen, ist selbstverständlich. Aber auch da gilt wiederum, daß der Bundesgesetzgeber den Ländern das nicht vorgeben kann. Wir sehen jetzt einmal vor, daß das im Land durch das jeweilige Wohnsitzjugendamt erfolgt. Alles Weitere soll und wird bei den Ländern liegen.

Zu den übrigen Anträgen hat Frau Abgeordnete Mertel schon Stellung genommen.

Ich bedanke mich dafür, daß Sie weiterhin Maßnahmen im Bereich der Heimfahrtbeihilfe positiv gegenüberstehen. (Abg. Haller: Das ist halt ein bißchen wenig! Ein bißchen wenig ist das!) Ich glaube, daß es tatsächlich notwendig ist, daß wir für die Schülerfreifahrt für Internatsschüler – denken Sie beispielsweise an die hinter Ihnen sitzende Osttiroler Abgeordnete Tegischer –, für Lehrlinge, die weit in die Berufsschulen fahren müssen, etwas tun. Wir sind fast schon so weit, und bis zum 1.1.2000 sollten wir in diesem Bereich etwas Sinnvolles verwirklichen, denn gerade hier geht es in der Regel um Jugendliche, Lehrlinge und Schüler aus Familien, die es finanziell nicht besonders "dick" haben und die diese Hilfe brauchen. (Abg. Haller: Dann machen Sie es!)

In diesem Sinne, Herr Präsident, bedanke ich mich für die Erteilung des Wortes. (Beifall bei der ÖVP.)

20.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu  Wort  gemeldet  ist  Herr  Abgeordneter  Ellmauer.  5 Minuten  freiwillige  Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.57

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fast täglich hören oder lesen wir in den Medien Berichte über Mißhandlungen von Kindern. Meist sind die Angehörigen oder Nachbarn, die Gewalt an Kindern beobachten, überfordert und schauen daher oftmals weg.

"Kinder haben ein Recht auf Kindheit, auf Zeit und Wort", so der bekannte Kinder- und Jugendpsychiater Professor Max Friedrich. – Primäre Aufgabe der öffentlichen Jugendwohlfahrt ist die Stärkung der Erziehungskraft der Familien. Wenn die Erziehungsberechtigten das Wohl ihrer Kinder nicht gewährleisten können oder wollen, besonders aber bei erzieherischer Gewalt an Kindern ist die öffentliche Jugendwohlfahrt zum Eingreifen verpflichtet.

Zum Schutz unserer Kinder und in ihrem Interesse ist es erfreulich, daß nun eine Novelle zum Jugendwohlfahrtsgesetz vorliegt, die den heutigen Bedürfnissen gerecht wird. Die Novelle bringt folgende Änderungen: Professionalisierung der in der Jugendwohlfahrt Tätigen – Frau Kollegin Stoisits! –, Ausweitung des Angebots an sozialen Diensten, zum Beispiel Elternweiterbildung, Erweiterung des Pflegegeldanspruches auf verwandte Personen, Regelung der Tagesbetreuung von Kindern, Erlebnispädagogik als methodischen Ansatz, Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht von Angehörigen des Gesundheitsdienstes im Falle der Gefährdung des Kindeswohls und Einführung eines Kostenersatzes der Eltern bei Unterstützung der Erziehung.

Überdies wurden in der Novelle eine zentrale Stelle für die Meldung von Verletzungen beim Jugendwohlfahrtsträger und die entsprechende datenschutzrechtliche Absicherung solcher Meldungen vorgesehen.

Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt heute für viele Eltern eine große Herausforderung dar. Aber auch immer mehr Unternehmungen sind familienfreundliche Lösungen auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein Anliegen geworden. Familienfreundlichkeit im Betrieb rechnet sich. Auch die gegenständliche Novelle unterstützt diese Anliegen. Viele Eltern nehmen gerne die Dienste von Tagesmüttern oder -vätern in Anspruch, um wenigstens wieder halbtags einem Beruf nachgehen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Tageseltern leisten großartige Arbeit und bieten die Möglichkeit, daß das Kleinkind tagsüber in eine Familie integriert ist und gleichzeitig mit anderen Kindern zusammensein und spielen kann. Eltern, die ihr Kind einer Tagesmutter überlassen, können natürlich beruhigter sein, wenn die Tagesmutter eine entsprechende Qualifikation vorweisen kann. Durch das Jugendwohlfahrtsgesetz soll ein Rahmen für die Tätigkeit der Tageseltern festgelegt werden. Dabei sind die fachliche Qualifikation sowie das Vorliegen der persönlichen Eignung der Tageseltern von großer Bedeutung. Ein entsprechender Entschließungsantrag, der im Familienausschuß beschlossen wurde, zielt genau in diese Richtung.

Nun auch ein paar Worte zum Mutter-Kind-Paß: Der große Rückgang an ärztlichen Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Mutter-Kind-Paß – wie von der Opposition, vor allem von der "F", vorhergesagt – ist nicht eingetreten. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schauen Sie sich die Statistik an! Sie haben wieder einmal die Reife und das Verantwortungsbewußtsein der österreichischen Eltern unterschätzt!

Die Maßnahmen, die von Bundesminister Bartenstein gesetzt wurden – insbesondere das sogenannte Recall-System, bei dem Mütter vor jeder Untersuchung des Kindes angeschrieben werden und entsprechendes Informationsmaterial bekommen –, sind ein voller Erfolg. Pro Jahr werden zirka 400 000 Schreiben verschickt. Kosten entstehen für den Staat keine, das Geld wird durch Sponsoring hereingebracht. Die kostenlosen ärztlichen Untersuchungen und ebenso der Bonus von 2 000 S werden von zirka 94 Prozent der Eltern in Anspruch genommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion stimmt dieser Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes, in der so viele Neuerungen enthalten sind, die unserer Zeit gerecht werden, gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)

21.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Dolinschek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. Die Gesamtredezeit des freiheitlichen Klubs beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.02

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Seit Jahren benachteiligt die österreichische Bundesregierung die österreichischen Familien, sei es durch Verkürzung der Karenzzeit oder durch die verordneten Sparpakete, welche die Familien 20 Milliarden Schilling gekostet haben.

Die Sparpakete der Jahre 1995 und 1996 haben die soziale Treffsicherheit weiterhin verschlechtert. Gut ein Drittel der Familienförderung fließt in das obere Einkommensdrittel. Die Kürzung der Familienbeihilfe, die Streichung der Geburtenbeihilfe, die Streichung der Heimfahrtbeihilfe und die Senkung des erhöhten Karenzgeldes haben die Bezieher niedriger Einkommen besonders getroffen. Das Problem der Kinderbetreuung für Eltern ab dem Zeitpunkt, zu dem beide Elternteile nach der Kinderpause an den Arbeitsplatz zurückkehren wollen, hat nichts an Aktualität verloren, sondern hat sich zunehmend verstärkt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei Kinderbetreuungsmöglichkeiten bestehen große Lücken zwischen Angebot und Nachfrage hinsichtlich flexibler Betreuungszeiten, die den beruflichen und den zeitlichen Anforderungen der Eltern entsprechen. Diese Probleme, aber auch die Angst vor finanzieller Not durch eine Berufspause oder mehrere Kinder bewirken einen deutlich spürbaren Geburtenrückgang. Jede dritte Österreicherin zwischen dem 20. und dem 39. Lebensjahr ist heute kinderlos, obwohl nur jede 20. Frau in Österreich keine Kinder haben will. Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Zahlen belegen eindeutig, daß der Wunsch nach Kindern in Österreich vorhanden ist, jedoch die Hindernisse bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch immer nicht beseitigt sind!

Das freiheitliche Modell des Kinderbetreuungsschecks vermag Wahlfreiheit und Chancengleichheit für Eltern und Kinder gleichermaßen herzustellen und dem Problem einer fehlenden optimalen und kindgerechten Betreuung Abhilfe zu schaffen, und es ist vor allem sofort einsetzbar. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Alle anderen Ideen, wie sie von der SPÖ kolportiert werden – flexible Kindergartenzeiten in öffentlichen Kindergärten einzuführen oder Betriebskindergärten –, sind wesentlich teurer und nicht sofort umsetzbar.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Lehrlinge noch folgendes: Mit dem Strukturanpassungsgesetz im Jahr 1995 wurde die Auszahlung der Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Lehrlinge, die außerhalb des Hauptwohnsitzes am Schulort wohnen müssen, ein Internat besuchen oder in privaten Haushalten untergebracht sind und am Wochenende nach Hause fahren, gestrichen. Dies benachteiligt besonders Familien in ländlichen und verkehrstechnisch schlecht erschlossenen Regionen gegenüber jenen in städtischen Bereichen, wenn Kinder eine Schule besuchen oder eine Lehrausbildung machen, die in vergleichbarer Form im Familienwohnort nicht möglich ist. Diese erhöhte finanzielle Belastung durch die wöchentlichen Heimfahrten, die diese Familien aufgrund regionaler Gegebenheiten für die Ausbildung ihrer Kinder tragen, wird im Familienlastenausgleichsgesetz nach wie vor nicht berücksichtigt und muß aus Eigenmitteln bestritten werden. Diese Vorgangsweise widerspricht der ursprünglichen Intention zur Errichtung des Familienlastenausgleichsfonds, der Sach- und Geldleistungen für alle Eltern beziehungsweise deren berechtigte Kinder sicherzustellen hat. Um Abhilfe zu schaffen, bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dolinschek, Haller, Dr. Graf, Koller, Madl und Kollegen betreffend Aufwertung und Stärkung der Familien durch eine Ausdehnung des Karenzgeldanspruchs auf alle Eltern als Vorstufe zur Einführung des Kinderbetreuungsschecks zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, nachstehende Maßnahmen zur Aufwertung, Stärkung und zum Schutz der österreichischen Familien vorzunehmen:

– sofortige Ausdehnung des Karenzgeldanspruchs auf alle Eltern als Vorstufe zur Einführung des Kinderbetreuungsschecks zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf

– Einführung der Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Lehrlinge

– Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Gewalt in den Medien

– Schutz der Kinder und Jugendlichen vor dem Einfluß von Sekten und destruktiven Kulten

– voller Kostenersatz für Zahnspangen und Kinderwunschbehandlungen."

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie als Volksvertreter etwas für die österreichischen Familien übrig haben, dann geben Sie diesem Entschließungsantrag Ihre Zustimmung und unterstützen Sie das Familienvolksbegehren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tegischer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.06

Abgeordnete Brigitte Tegischer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Kollegen und Kolleginnen! Ich möchte mich auf ganz wenige Punkte beim Jugendwohlfahrtsgesetz beschränken.

Lassen Sie mich das Rad der Zeit 21 Jahre zurückdrehen: Ich habe mein Praktikum in meiner Heimatstadt Lienz am Jugendamt gemacht und habe noch das Schreckgespenst der Fürsorgerin erlebt, die jedem Klischee entsprach, die mich etwa bei den Hausbesuchen mit "Das ist mein Lehrling!" vorgestellt und ihr Hauptaugenmerk auf hygienische Komponenten gelegt hat; damals wurden Kinder auch noch mit Hilfe der Exekutive in Heime verfrachtet. Gott sei Dank sind diese Zeiten vorbei!

Es gab auch damals schon Bemühungen, ausgebildete Diplomsozialarbeiterinnen anzustellen. Es konnte allerdings vorkommen, daß eine gekündigt wurde, weil sie Jeans getragen hat. Gott sei Dank ist diese Zeit vorbei! Es war ein weiter Weg von der Fürsorgepolizei zur Jugendwohlfahrt, und ich bin absolut der Meinung, daß dieses Jugendwohlfahrtsgesetz in die richtige Richtung geht, daß es sinnvolle Rahmenbedingungen enthält und daß es einen wichtigen Schritt weg von Fürsorgeerziehung und behördlicher Kontrolle hin zu freiwilligen Hilfsangeboten und auch ungewöhnlichen sozialtherapeutischen Maßnahmen bedeutet.

Lassen Sie mich zwei Bereiche herausgreifen, die besonders mich als Sozialarbeiterin betreffen beziehungsweise die ich sehr gut finde:

Zum einen niederschwellige Angebote wie das "Streetworking": Durch "Streetworking" wird praktisch ein Verbindungsmittel zwischen dem Jugendlichen und den Behörden geschaffen. Den Jugendlichen dort abzuholen, wo er ist, sind Ziel und Maßnahme. Der andere Bereich ist die sogenannte Erlebnispädagogik, die immer wieder Skepsis bei der Bevölkerung hervorruft, teilweise aus Unkenntnis, teilweise, weil tatsächlich mit sehr ungewöhnlichen Maßnahmen gearbeitet wird, die vor allem das Ziel haben, Jugendlichen in tiefen Lebenskrisen verschiedene Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. – Ich möchte jetzt nicht näher auf die Erlebnispädagogik eingehen, stehe Ihnen für Auskünfte allerdings sehr gerne zur Verfügung. Wenn jemand Unterlagen haben will, gebe ich sie ihm gerne. Jetzt reicht meine Redezeit dazu aber leider nicht.

Sowohl in diesen ambulanten Arbeitsfeldern als auch in den Jugendämtern, aber auch in den Heimen ist mir eine Professionalisierung besonders wichtig. Ich schließe mich meinen Kolleginnen und Kollegen vom Berufsverband des ÖBDS in dem Punkt an, daß bei der Jugendwohlfahrt Diplomsozialarbeiter – oder eben Angehörige von Berufsgruppen, die der EU-Richtlinie entsprechen – und zur Heimerziehung Diplomsozialpädagogen angestellt werden.

Ich möchte Sie nicht korrigieren, aber ich glaube, es ist nicht richtig, daß es verfassungsrechtlich nicht möglich ist, eine Berufsgruppe anzugeben. Es ist nur verfassungsrechtlich nicht möglich, eine Anzahl von Personen anzugeben. Ich und auch andere KollegInnen meiner Fraktion stimmen daher dem Abänderungsantrag der Liberalen und der Grünen zu. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Aber auch für den Bereich der Tagesbetreuung muß ich Bedenken anmelden: Die Frauenministerin und auch der Herr Minister haben große Bemühungen unternommen, die Mindeststandards zu realisieren. Das weiß ich. Aber die Länder haben sich quergestellt, und ich weiß auch, warum. Die Realisierung der Mindeststandards wäre allerdings eine Voraussetzung gewesen, um qualifizierte Kinderbetreuung zu ermöglichen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Stichwort FLAF möchte ich noch einmal wiederholen: Unsere Fraktion möchte gerne eine Betreuung und Karenzgeld für diejenigen, die es brauchen, und vielleicht könnte man aus den FLAF-Überschüssen die Ausbildung und Qualifizierung unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.10

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mit keiner Silbe zum Jugendwohlfahrtsgesetz Stellung nehmen, weil meine Kollegin Stoisits unsere Auffassung sehr gut und ausreichend begründet hat. Aber eine Bemerkung, Herr Bundesminister, animierte mich dazu. Ich muß noch einmal etwas sagen. (Abg. Ellmauer: Er muß "noch einmal"!)

Wenn Sie nämlich sagen: Es ist ein leichtes Spiel! Jene Fraktionen, die in den Ländern keine oder wenig Verantwortung tragen, tun sich leicht! Die können Forderungen stellen!, dann muß ich Ihnen erwidern: Herr Bundesminister! Sie haben an jemanden gedacht, und ich denke auch an jemanden. Ich denke zum Beispiel an die ÖVP, und zwar nicht deswegen, weil sie in den Ländern nicht in der Verantwortung ist, sondern deshalb, weil sie gerade dort in der Verantwortung ist und sie nicht wahrnimmt! (Abg. Ellmauer: Sie haben keine Ahnung von der Praxis!)

Herr Bundesminister! Sie haben es selbst wieder gemacht: Sie bringen uns die Debatte über das Karenzgeld für alle, und das ist an sich wunderbar. Aber in den Bundesländern, wo die ÖVP bereits jahrzehntelang in der Verantwortung ist und wo es ihr kraft Verfassung möglich wäre, ihre Verantwortung in bezug auf Kinderbetreuung und Familienpolitik wahrzunehmen, gelten noch immer Sozialhilfegesetze, die es gerade jungen, alleinerziehenden – aber nicht nur alleinerziehenden – Frauen und Müttern, aber auch Familien, sehr schwer machen, sich von dieser Last der Sozialhilfe inklusive Regreßverpflichtung, die die ÖVP in diesen Bundesländern zu verantworten hat, zu befreien und aus dieser Armutsfalle herauszukommen. Niemand hätte die ÖVP daran gehindert, in jenen Bundesländern für jene Frauen, die das bisherige Karenzgeld nicht erhalten haben, eine adäquate entsprechende Leistung zu schaffen! Niemand hindert die ÖVP, in jenen Bundesländern, in denen sie Verantwortung trägt, den Regreß für diese Frauen und für diese Familien zu streichen! (Zwischenruf der Abg. Dr. Sonja Moser-Starrach.)

Herr Bundesminister! Denn die Brutalität liegt darin, daß genau in den ÖVP-regierten Bundesländern die betroffenen Frauen und Familien, die nichts haben und auf Sozialhilfe angewiesen sind, gerade von den ÖVP-Regierungen zum Regreß herangezogen werden und ihnen gesagt wird: Ihr müßt zurückzahlen! Und wenn ihr nicht könnt, dann müssen eure Verwandten zurückzahlen! – Das ist Heuchelei, Herr Bundesminister! Das ist Heuchelei! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Das ist Heuchelei! Denn es ist Aufgabe der Bundesländer, ihre Verantwortung kraft Verfassung in diesem Bereich in bezug auf Kinderbetreuung wahrzunehmen. Das ist eine Aufgabe, die laut Bundesverfassung auch den Bundesländern überantwortet ist. Aber es sind genau die ÖVP-regierten Länder, die sich abputzen und sagen: Die sollen ruhig zahlen! Wenn sie wieder einen Groschen mehr haben oder etwas verdienen, dann müssen sie zurückzahlen, dann müssen sie "brennen". – Das ist Armutspolitik beziehungsweise eine Politik der Perpetuierung von Armut. (Zwischenruf der Abg. Dr. Sonja Moser-Starrach.) Und da können Sie dann noch so leicht und elegant sagen, Herr Bundesminister: Wir haben Mitleid mit den geringfügig Beschäftigten! – Aber es sind doch Ihre Bundesländer, Herr Bundesminister, die kein Mitleid mit jenen haben, die es wirklich am notwendigsten hätten! – Das ist alles, was man dazu sagen kann.

Herr Bundesminister! Eine Anmerkung noch betreffend Qualitätsstandards: Wenn Sie sagen, das ist nicht Ihre Aufgabe, denn der Bund würde viel zu stark regulieren, wenn er in dieser Frage der Qualitätsstandards etwas vorgäbe, dann muß ich sagen: Herr Bundesminister! Mit dieser Argumentation und mit einer ähnlichen Konstruktion müßten die Bundesländer im Bereich der Lehrerausbildung ihre eigenen Qualitätsstandards festlegen können! (Zwischenruf des Abg. Ellmauer.) Gott sei Dank ist das nicht möglich! Gott sei Dank haben wir sowohl für die Landeslehrer als auch für die Bundeslehrer und auch für die Landes- und Bundeslehrer eine einheitliche Qualitätsregelung! Denn es wäre wirklich das allerletzte, wenn wir einen steirischen Landeslehrer mit steirischen Standards und einen Tiroler Landeslehrer mit Tiroler Standards in bezug auf die Qualität und die Kriterien für deren Ausbildung hätten! Das wäre wirklich das allerletzte!

Aber was ist daran nicht vergleichbar mit den Qualitätsstandards in diesem Bereich, Herr Bundesminister? Auch in diesem Bereich geht es um Erziehung und Ausbildung, und dieser Bereich ist nicht weniger wichtig als der Bereich der Schule. Was ist der Unterschied? – Ich sage: Der Gesetzgeber macht diesen Unterschied nicht möglich. Sie sehen es anders. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Der Verfassungsdienst sieht es auch anders!) Vom Verfassungsdienst sind sicherlich verschiedene Stellungnahmen möglich, wenn man nur die richtige Frage stellt, würde ich einmal behaupten, Herr Bundesminister. Ich glaube aber nicht, daß der Verfassungsdienst das kann, wenn der Gesetzgeber tatsächlich will, daß einheitliche Qualitätsstandards geregelt und definiert werden. Das heißt nicht, daß den Ländern in allen Punkten etwas vorzuschreiben ist. Bestimmte Qualitätsstandards sollten aber definiert werden, nicht nur bei den Sozialarbeitern in der Jugendwohlfahrt, sondern selbstverständlich – wie bisher schon auch bei Lehrern – bei allen, die mit Ausbildungsfragen zu tun haben. Bei den Lehrern hat sich auch niemand aufgeregt. Und ich glaube, es wäre nur billig, so auch in bezug auf Jugendwohlfahrt vorzugehen.

Ich möchte noch eine Anmerkung zum freiheitlichen Antrag betreffend Kinderbetreuungsscheck machen. Herr Bundesminister! Das betrifft auch wieder Sie und natürlich auch die Argumentation der Freiheitlichen! Wir können natürlich sagen: Im FLAF ist viel Geld, und darum möchten wir das Geld neu verteilen. – Ich weiß jetzt nicht, ob das in der Debatte nicht schon gesagt wurde; ich glaube mich erinnern zu können, daß irgend jemand gerade von den Freiheitlichen darauf hingewiesen hat: Es waren gerade die Sparpakete eins und zwei, die im Bereich Familienlastenausgleichsfonds dazu geführt haben, daß Milliarden auf Kosten jener, die ein Recht auf Karenzgeld und auf familienpolitische Leistungen hatten, eingespart wurden. Und der Vorwurf, den ich den Sozialdemokraten und natürlich auch der ÖVP nicht ersparen kann, ist, daß sie an der Demontage beispielsweise des Karenzgeldes mitgewirkt haben!

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Öllinger! Den Schlußsatz bitte! Die gesamte Redezeit Ihres Klubs ist aufgebraucht! (Abg. Dr. Khol: Das ist eine gute Nachricht!)

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Dieser Vorwurf ist Ihnen nicht zu ersparen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, und es wäre wirklich nur allzu billig, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, dieses Geld so zu verwenden, daß man es nicht jenen gibt ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte den Schlußsatz zu beenden!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ..., denen man es weggenommen hat, sondern neuen Gruppen. Das ist einer der Einwände gegen diesen Kinderbetreuungsscheck. (Beifall bei den Grünen.)

21.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Horngacher. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.19

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der dramatisch ansteigende Geburtenrückgang gefährdet bereits jetzt den Generationenvertrag. Von 1993 bis 1998 hat sich die Zahl der Geburten um über 12 000, also um 14 Prozent, reduziert. Anders ausgedrückt: Eine Generation wird nur zu zwei Dritteln durch die folgende ersetzt. Das muß uns doch wirklich zu denken geben!

Warum ist das so? Welche Maßnahmen können wir setzen? (Abg. Dr. Mertel: Das können Sie im Familienbericht 1989 nachlesen!) Als erstes würde ich sagen: Ein erster Schritt ist Karenzgeld für alle, und zwar wirklich für alle! Eine Zwei-Klassen-Frauengesellschaft brauchen wir nicht! Diese lehnen wir strikt ab! (Beifall bei der ÖVP.) Uns ist jedes Kind und uns ist jede Frau gleich viel wert.

Der zweite Schritt wird auch der Kinderbetreuungsscheck sein müssen. Er soll bis zum sechsten Lebensjahr gelten und kostet ungefähr 30 Milliarden Schilling. Daher ist er heute nicht zu verwirklichen, denn das Geld ist nicht vorhanden. Wir werden leider auch dieses Mal dagegen stimmen müssen. Ich hoffe aber, daß wir auch dies in absehbarer Zeit werden verwirklichen können! (Zwischenruf der Abg. Huber.)

Allerdings möchte ich an die Adresse der Freiheitlichen sagen: Wenn Haider in Kärnten im Wahlkampf den Kinderbetreuungsscheck jetzt verspricht, dann weiß ich nicht: Ist dieser Scheck gedeckt oder ungedeckt? Der Verschuldungsgrad Kärntens ist einer der ärgsten aller Bundesländer. Daher ist es für mich nicht vorstellbar, daß das verwirklichbar ist! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Das ist so, seit Zernatto Landeshauptmann ist!)

Man sollte auch im Wahlkampf nicht auf Kosten der Familien Versprechungen abgeben, die man nicht halten kann! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Verschuldungslandeshauptmann Zernatto!)

Ich bin aber absolut dafür, daß der Betreuungsscheck einzuführen ist, wenn er finanziell machbar ist. Es ist erfreulich, daß Bundesminister Bartenstein das Budget für Elternausbildung um 3 Millionen Schilling auf 30 Millionen Schilling erhöhen konnte, jenes des Familienhärtefonds auf 30 Millionen Schilling verdoppelt und jenes der Familienberatung auf 150 Millionen Schilling erhöht werden konnte. Das sind gewaltige Leistungen!

Familienpolitik bedeutet aus Sicht der ÖVP aber nicht nur finanzielle Absicherung, sondern auch Schaffung von Ausbildungsplätzen für Kinder und Jugendliche und eine kinderfreundliche Gestaltung des Lebensraums von Kindern. Denn ich muß sagen: Natürlich ist ein Bauernhof ein idealer Platz, um Kinder aufzuziehen, und es ist sicherlich in einem Hochhaus in einer Großstadt sehr schwierig, mehrere Kinder zu haben. Da gibt es gewaltige Schwierigkeiten, unter anderem auch das Wohnungsproblem. Aber auch der Schutz der Kinder vor Drogen und Kriminalität ist eine sehr wichtige Sache. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl.)

Wir brauchen stabile Familien, denn stabile Familien bieten die beste Voraussetzung für die gute Entwicklung der Kinder. Sie haben es im Leben etwas leichter. Und dafür müssen wir heute alles tun, denn heute ist die Familie wirklich gefährdet. Wir brauchen uns nur die Scheidungszahlen anzusehen. Wir werden uns eben auch Gedanken machen müssen, warum das so ist.

Ich war fünf Jahre Familienhelferin und bin in ungefähr 14tägigen Intervallen von einer Familie zur anderen gezogen. Daher habe ich diesbezüglich eine gewisse Erfahrung, und ich glaube, daß einer der Gründe für die jetzige Situation vielleicht auch der Umstand ist, daß man zu viele Aufgaben aus den Familien herausgenommen hat: Wenn alte Menschen in der Familie nicht mehr gepflegt werden können und wenn die Kinder bereits von klein auf weg müssen, dann hält die Familie nicht mehr so zusammen, wie es nötig wäre, damit es dort Zusammenhalt gibt. – Das müssen wir uns eben überlegen.

Wir müssen uns auch folgendes überlegen: Was ist ein Kind? Wenn wir uns eine Blume, eine Landschaft oder die Natur überhaupt anschauen, dann sehen wir, daß das wunderbar ist. Ein Kind ist aber viel wunderbarer, es ist ein Wunder. Vielleicht merkt man das aber erst mit zunehmendem Alter. Ich werde nun bald zum dritten Mal Großmutter. Vielleicht ist es mir daher ein besonderes Anliegen, darauf hinzuweisen, daß ein Kind schutzbedürftig ist. Es gibt Tiere, die zur Welt kommen und sich selbst helfen können. Ein Kind ist hingegen absolut abhängig. Es ist abhängig vom Schutz der Mutter. (Abg. Mag. Stadler: Sie haben recht! Warum beschließt die ÖVP dann aber morgen die praktische Straffreistellung der Kinderpornographie?) Das beschließen wir nicht! Das beschließen wir bestimmt nicht! (Abg. Mag. Stadler: Morgen beschließen Sie es!)

Ich glaube, daß es von der Natur richtig eingerichtet ist, daß die Mutter die ersten paar Jahre beim Kind bleibt. Und sie soll es bleiben können, wenn sie es will. Das müssen wir den Kindern ermöglichen. Das muß in einer Zeit möglich sein, in der wir allgemeinen Wohlstand haben! Dann haben wir für die Kinder schon vieles getan! (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Jugendwohlfahrtsgesetz möchte ich nur sagen: Ich habe Vertrauen zu den Bundesländern. Ich habe die Diskussionen im Tiroler Landtag um das Jugendwohlfahrtsgesetz mitgemacht, und ich weiß, daß man auch dort sehr darum bemüht ist, für die Kinder alles zu tun. In Tirol sind mehr Kinder in Pflegefamilien als in öffentlichen Heimen und Anstalten, und das ist gut so. Mit der Erfüllung der ersten Forderung, daß Pflegefamilien unbedingt eine Ausbildung haben müssen, hätten wir dort vieles ruiniert. Das in diese Richtung: Jugendwohlfahrt untersteht in Tirol der Abteilung des sozialdemokratischen Landeshauptmannstellvertreters Prock, und er hat sich vehement dagegen ausgesprochen, die Pflegefamilien auf diesem Wege zu gefährden. Und ich glaube, Kinder sind in Pflegefamilien gut aufgehoben! (Beifall bei der ÖVP.)

21.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Madl. Restredezeit Ihres Klubs: 1 Minute. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.26

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Öllinger! Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen: Dort, wo die ÖVP die Verantwortung in den Ländern hat, wird für die Familien und Frauen nie etwas geschehen. Und darum werden wir am Beispiel Kärntens mit einem Landeshauptmann Dr. Jörg Haider beweisen (ironische Heiterkeit bei der SPÖ), daß der Kinderbetreuungsscheck finanzierbar und machbar ist. (Abg. Dr. Mertel: Wir werden Sie beim Wort nehmen!)

Frau Kollegin Horngacher! Ich verstehe nicht, daß gerade Sie, wo doch in Tirol Ihr Landeshauptmann Weingartner mit dem Kinderbetreuungsscheck hausieren geht, hier stehen und sagen, daß dieser nicht finanzierbar ist und Sie sich nicht vorstellen können, daß ein Bundesland diesen finanzieren kann. Sie sagen: Der Kinderbetreuungsscheck ist jetzt noch nicht finanzierbar. Ihr Landeshauptmann zieht jedoch durch die Lande und verspricht den Wählern den Kinderbetreuungsscheck. – Das ist Betrug am Wähler, Frau Kollegin Horngacher! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin! Der Kinderbetreuungsscheck wird in Kärnten unter einem Landeshauptmann Dr. Jörg Haider gedeckt sein! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Und woher nehmen Sie das Geld?)

21.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riepl. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.27

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die vorliegende Novelle des Jugendwohlfahrtsgesetzes trägt einem dringenden Reformbedürfnis Rechnung.

Meine Kolleginnen Mertel und Tegischer haben in ihren Ausführungen bereits ausführlich auf die Inhalte und Notwendigkeiten hingewiesen. Ich meine, das Ziel der öffentlichen Jugendwohlfahrt ist unter anderem auch die Förderung der Erziehungsarbeit der Familien, und wir wissen alle, daß die überwiegende Mehrheit der Eltern eigentlich keine besondere Unterstützung durch den Staat und durch die Gesellschaft braucht.

Herr Bundesminister! Ich glaube, ich habe Sie richtig verstanden: Nur 1,5 Prozent der entsprechenden Jugendlichen sind sozusagen auch in der Obhut der Jugendwohlfahrt. Ich meine allerdings, daß dann, wenn Gewalt an Kindern oder an Jugendlichen – und zwar Gewalt jeder Art – im Spiel ist, öffentliches Eingreifen notwendig, ja sogar Pflicht ist.

Ich möchte ausdrücklich nur einen Punkt im neuen Gesetz erwähnen, der mir wichtig zu sein scheint, nämlich die Bestimmung, daß, wenn der Jugendliche es will, er auch über das Jugendlichenalter hinaus weiter betreut werden kann, nämlich bis zum 21. Lebensjahr. Das ist eine wichtige Neuerung, gerade für den Fall, daß die Berufsausbildung noch nicht abgeschlossen ist. Das ist, wie ich meine, besonders erwähnenswert.

Ich möchte aber zu den Ausführungen von Frau Kollegin Horngacher noch eine Bemerkung machen. Sie haben, glaube ich, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gesagt, daß der Kinderbetreuungscheck à la Freiheitliche 30 Milliarden Schilling kostet. – Ich muß Ihnen jetzt ein bißchen widersprechen: So viel kann er nicht kosten! Sie haben sich sicherlich ein bißchen verrechnet! Denn wenn man sich den Antrag der Frau Kollegin Haller genau anschaut, dann merkt man, daß sie sich zwar sehr um die Familien sorgt, in Wirklichkeit aber nicht allen Familien diesen Scheck – unabhängig davon, ob er gedeckt ist oder nicht – geben möchte. Sie möchte diesen Scheck gemäß diesem Antrag, den wir ablehnen werden, nämlich ausdrücklich nur für österreichische Familien ausstellen. Und das ist es, glaube ich, wert, auch hier erwähnt zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

21.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Koller. Dem freiheitlichen Klub steht allerdings keine Redezeit mehr zur Verfügung.

Daher rufe ich die nächste Wortmeldung auf. Es ist dies Herr Abgeordneter Schuster. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.30

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich gestehe grundsätzlich allen politischen Parteien hier im Hohen Hause zu, daß sie nach ihrer Vorstellung bemüht sind, den Familien zu helfen. Das möchte ich einleitend festhalten.

Doch gibt es unterschiedliche Inhalte und auch unterschiedliche Wege, um zu diesem Ziel zu kommen. Wir brauchen viele Gesetze und Regelungen, meine Damen und Herren, um Familie gelingen zu lassen. Aber eines ist unverrückbar klar: Das Leitbild ist und bleibt eine Familie mit zwei Elternteilen und Kindern, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.) Denn diese Form von Familie hat sich in der Geschichte bewährt und die Hauptverantwortung für das Aufwachsen der Kinder getragen.

Wenn wir heute über die Regierungsvorlage beraten und darüber diskutieren, wie sich das Jugendwohlfahrtsgesetz in den kommenden Jahren bewähren soll, dann scheint mir ein Satz darin sehr bedeutend zu sein. Ich zitiere ihn: Primäraufgabe der öffentlichen Jugendwohlfahrt ist die Stärkung der Erziehungskraft der Familie.

Hohes Haus! Wer kennt sie nicht, die Pressemitteilungen, die alle erschüttern, wenn es heißt: Sexuelle Gewalt an Kindern. Hinschauen, zuhören, handeln. Jedes vierte Mädchen wird Opfer sexueller Gewalt. – Hohes Haus! Wenn die Medien uns diesbezügliche Berichte liefern, so ist es meiner Ansicht nach unbedingt zwingend notwendig, das nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern sich dagegen aufzulehnen, indem wir sehen, hören und bemüht sind, diese Situation zu ändern. Ich meine, daß das Jugendwohlfahrtsgesetz beziehungsweise die Novelle dazu, die wir heute diskutieren, ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist.

Hohes Haus! Wir wissen aber auch, daß das Jugendwohlfahrtsgesetz speziell dort Änderungen bringt, wo es darum geht, daß verschiedene Personen eine besondere Ausbildung erhalten, daß es Pflegeeltern gibt. In einem Abänderungsantrag von Dr. Moser-Starrach und Dr. Mertel wird insbesondere die Grundqualifikation für Tageseltern angesprochen. Es sei mir gestattet, darauf hinzuweisen, daß meiner Ansicht nach all diese Einrichtungen im Vergleich mit einer funktionstüchtigen und funktionsfähigen Familie grundsätzlich nur Ersatzeinrichtungen sein können.

Aber wenn es in den Bundesländern bereits Einrichtungen gibt, von denen wir gefährdete Jugendliche abholen lassen, sie betreuen und dort erziehen, und wenn dafür im Monat Geld in einer Größenordnung von über 50 000 S bezahlt werden muß, dann muß uns das zu denken geben, Hohes Haus! Denn diese Gelder kommen von den Steuerzahlern und werden über die Sozialhilfeverbände an die entsprechenden Organisationen weitergeleitet. Ich meine, daß Tageseltern – Tagesmütter, Tagesväter – in unmittelbarer Nähe zu den betroffenen Kindern bestimmt bessere und billigere Arbeit leisten könnten. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Ein paar Bemerkungen zum Antrag der Freiheitlichen Partei auf Heimfahrtbeihilfe für Schüler und Lehrlinge: Ich bekenne mich dazu. Für manchen Inhalt ist dieser Antrag berechtigt gestellt. Doch sei mir gestattet, Hohes Haus, daß ich darauf hinweise, daß bei der Regierungsklausur in Bad Aussee vom 21. und 22. Jänner dieses Jahres unter anderem auch diese Thematik ganz deutlich angesprochen wurde. Vom Familienminister und vom Bundesminister für Finanzen werden gemeinsam im Jahre 2000 die Weichen gestellt, daß auch diese Ungerechtigkeit, wie ich sie nenne, auf jeden Fall behoben wird. Dafür, Herr Bundesminister, möchte ich jetzt schon im Sinne der Betroffenen aufrichtig danke schön sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Die Fraktion der Freiheitlichen hat einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem die Unterstützungserklärung für ein Familien-Volksbegehren abgedruckt ist. Diese Unterstützungserklärung wurde wortidentisch gemäß einem Formular des Familienbundes abgedruckt. Ein jeder und eine jede weiß: Wenn man in der Pflichtschule von einem Mitschüler abschrieb und dabei erwischt wurde (Abg. Schwarzenberger: Dann gibt es ein Nichtgenügend!), dann gab es ein "Nicht genügend, setzen"!

Liebe Kollegen von den Freiheitlichen! Wenn man es sich so einfach macht (Abg. Schwarzenberger: Sie haben ja keine Lehrer!), eine Unterstützungserklärung – ob sie nun gut oder weniger gut ist – vollinhaltlich abzudrucken, einfach einzubringen und selbst keinen Geist einfließen zu lassen, dann muß ich sagen: So einfach ist Parlamentarismus wirklich nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ob Sie zustimmen, das ist die Frage!)

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich eines feststellen, das mir persönlich am Herzen liegt. (Abg. Dr. Graf: Sind die Forderungen schlecht? – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ich weiß nicht, ob Sie Ihren eigenen Forderungen zustimmen!) In der Diskussion um Familienförderungen, in der Diskussion um Steuererleichterungen, in der Diskussion um Freifahrten und in ähnlichen Diskussionen dürfen wir eines nicht vergessen: Kinder sind kein reiner Kostenfaktor, und sie sind auch keine Belastung für die Allgemeinheit. (Abg. Mag. Stadler: Stimmen Sie morgen gegen den außergerichtlichen Tatausgleich für Kinderschänder?) Kinder sind in erster Linie eine Bereicherung für das persönliche und gesellschaftliche Leben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Stimmen Sie morgen gegen den außergerichtlichen Tatausgleich für Kinderschänder? – Abg. Dr. Fekter: Nein! Stimmt er nicht!)

Meine Damen und Herren! Ich meine, Familien bedeuten Lebensqualität, denn sie bringen Leben in unsere Gemeinden und in unsere Städte. (Abg. Dr. Khol – in Richtung des Abg. Mag. Stadler –: Er ist ein Winkeladvokat! Ein Rabulist! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.) Die Fraktion der Volkspartei wird die Regierungsvorlage zur Jugendwohlfahrt unterstützen und ihr zustimmen. (Abg. Mag. Stadler: Stimmen Sie morgen dagegen! – Abg. Dr. Khol – in Richtung des Abg. Mag. Stadler –: Ein Pensionserschleicher!) Die Anträge der Freiheitlichen Partei werden von uns nicht gutgeheißen und nicht mitgetragen. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Haller gemeldet. Ich bitte, den zu berichtigenden Sachverhalt wiederzugeben und dann die Richtigstellung vorzunehmen. (Abg. Dr. Fekter: Anstatt der Redezeit ist das? – Aha, anstatt der Redezeit!)

21.36

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mein Vorredner, Herr Kollege Schuster, hat behauptet, wir Freiheitliche hätten bei unserem heutigen Entschließungsantrag keine eigenen Ideen entwickelt (Abg. Dr. Fekter: Haben Sie auch nicht! – weitere Zwischenrufe) und hätten nur das Familien-Volksbegehren eingebracht. Ich korrigiere ihn: Das ist unrichtig! (Abg. Mag. Posch: Ist das eine tatsächliche Berichtigung?)

Herr Kollege Schuster! Sie haben entweder unseren Antrag nicht genau gelesen, oder ... (Abg. Dr. Khol: Was ist unrichtig? – Weitere Rufe bei der ÖVP: Was ist unrichtig? – Abg. Dr. Khol: Wo ist die tatsächliche Berichtigung, Herr Präsident?)

Richtig ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Hohes Haus! Es ist für mich akustisch nicht wahrnehmbar, was Frau Abgeordnete Haller sagt, wenn Sie alle hier heraufrufen. (Abg. Dr. Khol: Was ist die tatsächliche Berichtigung? – Abg. Schuster: Was ist unrichtig? – Weitere Zwischenrufe.)

Abgeordnete Edith Haller (fortsetzend): Lassen Sie mich ausreden! – Richtig ist, daß der Text unseres Entschließungsantrages wohl von dem Text des Familien-Volksbegehrens, der aufliegt, abweicht, aber inhaltlich gleich ist. Wenn Sie den Text vergleichen, Herr Kollege Schuster, werden Sie draufkommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Weil’s so ähnlich ist!)

21.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Graf.

Ich kann Sie nicht aufrufen, die Redezeit Ihres Klubs ist völlig erschöpft. (Abg. Dr. Graf: Zur Geschäftsordnung!)

Zur Geschäftsordnung? – Bitte. (Abg. Dr. Fekter: Auch keine Redezeit mehr! – Abg. Schwarzenberger: Auch keine Redezeit mehr!)

21.37

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte ausschließlich zur Geschäftsordnung!

Abgeordneter Dr. Martin Graf (fortsetzend): Herr Präsident! Ich möchte gegen die geschäftsordnungsgemäß beschlossene Redezeitregelung formal Protest einlegen. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.)

Ich bin der festen Überzeugung und stelle fest, daß durch die von den Regierungsparteien in diesem Hohen Haus permanent geübte Praxis, daß dem freien Abgeordneten das freie Rederecht nicht mehr zur Verfügung steht (Abg. Dr. Nowotny: Dann haltet nicht so lange Reden!), weil Redezeitbeschränkungen vorgenommen werden, das freie Mandat in diesem Haus nicht mehr ausübbar ist. (Abg. Schwarzenberger: Man muß haushalten können!)

Ich stelle auch fest, daß mir als Abgeordnetem Martin Graf zu wichtigen Materien, zu denen ich mich an sich zu Wort melden könnte und sollte, keine Redezeit mehr zur Verfügung steht und daß ich daher mein Rederecht nicht mehr wahrnehmen kann.

Ich werde, aus diesem Anlaßfall begründet, in den nächsten Tagen eine Verfassungsgerichtshofsbeschwerde einbringen (Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP), um ganz einfach einmal aufzuzeigen, daß die Redezeitpraxis in diesem Hohen Haus gegen jedes freie Mandat und gegen das freie Rederecht jedes Abgeordneten verstößt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Kollege Graf! Das Präsidium hat die Geschäftsordnung wahrzunehmen. Die Bestimmungen sind völlig klar. Daher ist so zu entscheiden, wie es geschehen ist.

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Klubobmann Kostelka. – Bitte.

21.40

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß das freie Mandat in diesem Haus ungefährdet ist und von Herrn Abgeordnetem Graf und all seinen Kollegen heute am Morgen dazu genützt wurde, der Redezeitbeschränkung zuzustimmen.

Der Beschluß auf Redezeitbeschränkung – die "Wiener Stunden", die wir vereinbart haben – war einstimmig. Daher ist jetzt eine Klage nicht nur unrichtig, sondern sogar lächerlich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen der SPÖ beziehungsweise zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: In der Sache zu Wort gemeldet ist jetzt Frau Abgeordnete Parfuss. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.41

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Dr. Graf, es ist ganz einfach: Ihre Kollegen haben zu lange geredet, das ist es! (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.) Es ist ganz simpel, aber Sie haben sicher Wichtiges zu sagen gehabt. (Abg. Dr. Fekter: "Schuß ins Knie" nennt man das! – Abg. Dr. Khol: Alles Winkeladvokaten! – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. – Abg. Schieder: Keine Zwischenrufe, wenn es keine Redezeit mehr gibt!)

Ich möchte solidarisch mit meinen Kollegen sein, Herr Dr. Graf, ich habe auch ganz wenig Redezeit. Die Redner meiner Fraktion haben zum Thema ausführlich Stellung bezogen. Ich möchte daher nur einige wenige Bemerkungen dazu machen.

Die Umsetzung der Novelle zum Jugendwohlfahrtsgesetz – man kann es behaupten – sichert in Zukunft eine moderne und problembezogene Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Die regelmäßige und gewerbsmäßige Tagesbetreuung von Minderjährigen außerhalb von Schule, Kindergarten und Hort wird erstmals – erstmals, meine Damen und Herren! – gesetzlich geregelt. Eine weitergehende Professionalisierung ist unumstritten und bereits in vollem Gange.

Es wurde von den Vorrednern das Thema Tageseltern angesprochen. Ich möchte darauf verweisen, daß das Projekt "Cinderella" im Auftrag des Sozialministeriums vorliegt. (Abg. Steibl: Das ist aber auch eine Augenauswischerei!) Es wird als Bericht vorliegen und im Nationalrat wahrscheinlich ordentlich besprochen und diskutiert werden, und es wird den Ländern hoffentlich als Vorlage dienen.

Ich kann als Steirerin – Frau Abgeordnete Steibl, Sie werden das bestätigen – aus der Steiermark berichten, daß das AMS eine große Zahl von Tagesmüttern mit hohen Qualifikationsstandards ausgebildet hat. Ich kann das behaupten, weil ich selbst Sozial- und Berufspädagogin bin und auch als Trainerin in vielen Kursen tätig war. Es gibt in der Steiermark meiner Ansicht nach ein großes Potential an qualifizierten Personen. (Abg. Steibl: Die hat sie schon!) Ich hoffe, das wird dann auch in den anderen Bundesländern umgesetzt werden.

Herr Bundesminister! Da es nicht angesprochen worden ist, möchte ich noch betonen, daß ich sehr froh darüber bin, daß die Einhebung von Entgelt für Unterstützung bei Erziehung weggefallen ist: § 33 und ein Teil von § 39. Den Eltern fällt es ohnehin schwer genug, Hilfe in Form von Unterstützung zur Erziehung anzunehmen. Ich meine, wenn dafür außerdem bezahlt werden muß, ist die diesbezügliche Hemmschwelle noch größer.

Leider konnte ich im Ausschuß nicht anwesend sein, weil ich einen Unfall hatte, sonst hätte ich auch das Thema Freifahrt für Internatsschüler angesprochen. Ich freue mich darüber, daß die Diskussion über die Ausweitung der Schülerfreifahrt auf Internatsschüler und Lehrlinge wieder in Gang kommt. Es geht meiner Ansicht nach um die Gleichheit vor dem Gesetz. Es ist nicht gerecht, daß SchülerInnen der AHS und ähnlicher Schulen täglich die Freifahrt in Anspruch nehmen können, während man Internatsschülern nicht einmal die Hin- und Rückfahrt finanziert.

Herr Bundesminister! Sie wissen, es gibt in der Steiermark einen einstimmigen Antrag des Landtages und auch Aktivitäten von Eltern und Abgeordneten in unserem Bezirk. Ich freue mich, daß Sie sich früher positiv zu diesem Thema geäußert haben. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ich tue das schon lange! Wir brauchen nur noch Finanzminister Edlinger!) Na gut. Aber wenn immer wieder betont wird, Herr Bundesminister, daß im FLAF so hoher Überschuß produziert und das Geld sozusagen den Leuten zur Verfügung gestellt wird (Abg. Steibl: Es wird aber auch sinnvoll zur Verfügung gestellt, liebe Frau Kollegin!), dann ist es für die betroffenen Eltern nicht einsichtig, warum ihnen die Freifahrt vorenthalten wird. Ich meine, da muß man darauf schauen, daß die Finanzierung auch über den FLAF möglich ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Müller. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.46

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Herr Präsident! Herr Familienminister! Meine Damen und Herren! Der freiheitliche Antrag betreffend einen Kinderbetreuungsscheck würde eine massive Schlechterstellung für die Familien bedeuten. Neben Karenzgeld, Teilzeitbeihilfe, Wiedereinstiegshilfe oder Sondernotstandshilfe würde natürlich auch noch eine Reihe von weiteren Leistungen für die Eltern wegfallen.

Eine der Folgen wäre eine katastrophale Verteuerung der Kinderbetreuungseinrichtungen. Allein in meiner Gemeinde würde der Wegfall der Personalförderung des Landes, welcher derzeit für zwei Halbtagsgruppen 610 000 S beträgt, die Elternbeiträge für einen Halbtagskindergarten – wohlgemerkt: pro Kind und Monat! – von derzeit 900 S auf über 3 000 S hinaufschnellen lassen. Dr. Haider verspricht auch da neben dem Einsatz ihm nicht zur Verfügung stehender Bundesmittel außerdem Gemeindemittel in Milliardenhöhe. Daher darf und wird es in Kärnten auch keinen Landeshauptmann Haider geben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Das werden nicht Sie bestimmen, sondern der Wähler! – Abg. Dr. Graf: Das ist ein sinnloser Kampf um das neue Mandat!)

Hohes Haus! In der letzten Nationalratssitzung, die von den Freiheitlichen verlangt wurde und letztendlich auch zur Abberufung des rechtskräftig verurteilten Abgeordneten Walter Meischberger geführt hat, hat der freiheitliche Abgeordnete Haider wie üblich Bürgern, die nicht dem freiheitlichen Gedankengut zugetan sind, wieder einmal zu Unrecht strafbare Handlungen vorgeworfen. Haider hat – selbstverständlich im Schutze der Immunität – dem sozialdemokratischen Villacher Landtagsabgeordneten Dietmar Koncilia vorgeworfen, daß er vorbestraft sei. (Abg. Gaugg: Ist er ja auch! Hat er den Schiedsrichter attackiert oder nicht?)

Ich stelle richtig, daß betreffend Dietmar Koncilia im Strafregister mit gestrigem Datum keinerlei Verurteilungen aufscheinen. Eine Kopie dieses Auszugs werde ich Ihrem Klub anschließend zur Verfügung stellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Soviel zum Thema Wahrheit. Diese skandalöse Beschuldigung der Freiheitlichen war also kein Einzelfall, sondern hat System. Anscheinend sind dem Freiheitlichen Haider alle Mittel recht, um politisch Andersdenkende mundtot zu machen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer, Gaugg und Scheibner. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Ich fürchte mich. Ich fürchte mich in Anbetracht der bevorstehenden Wahlen, wenn freiheitliche Funktionäre zu solchen Praktiken greifen, um in politische Funktionen gewählt zu werden. (Zwischenruf des Abg. Gaugg.) Ich hoffe, daß die Wählerinnen und Wähler diese Methoden bei den kommenden Wahlen nicht goutieren werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Wir haben 50 Jahre von den Sozialisten in Kärnten ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

21.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir haben keine Schlußworte der Berichterstatter und treten daher sogleich in das Abstimmungsverfahren ein. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1619 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Motter, Mag. Stoisits und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen. (Unruhe im Saal.) – Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit!

Die Abgeordneten Motter, Mag. Stoisits und Genossen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffern 2, 4 und 7 eingebracht.

Jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes abstimmen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1619 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Für den Fall, daß Sie dieser Entschließung beitreten, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen. (E 162.)

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 1620 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Sofern Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 1621 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Sofern Sie dem die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dolinschek und Genossen betreffend Einführung des Kinderbetreuungsschecks.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Dieses Verlangen ist von 20 Abgeordneten gestellt, daher ist die namentliche Abstimmung durchzuführen.

Die namentliche Abstimmung wird in der Weise durchzuführen sein, daß die Abgeordneten in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen werden und die Stimmabgabe vom Abgeordnetenplatz aus mündlich erfolgt.

Zum Zwecke der Stimmabgabe bitte ich, daß sich die Abstimmenden beim Namensaufruf vom Platz erheben und laut und deutlich antworten.

Jene Abgeordneten, die für den gegenständlichen Entschließungsantrag stimmen, ersuche ich, ausschließlich mit Ja, und jene, die dagegen stimmen, ausschließlich mit Nein zu antworten.

Durch Wiederholung des Namens des aufgerufenen Abgeordneten und Wiedergabe seines Stimmverhaltens werde ich zusätzlich Klarheit über das Abstimmungsverhalten schaffen. Ist ein Abgeordneter nicht anwesend, werde ich diesen Umstand ausdrücklich feststellen. (Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung!)

Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

21.51

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Könnten Sie noch einmal genau sagen, welcher Antrag abgestimmt wird?

21.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Abstimmung gelangt der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dolinschek und Genossen betreffend Einführung des Kinderbetreuungsschecks. (Abg. Smolle: Weil Wahlkampf ist! – Weitere Zwischenrufe.)

Herr Klubobmann Khol, genügt diese Information? (Abg. Dr. Khol: Ja!) – Gut. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen.)

Ich beginne nun mit dem Namensaufruf.

(Über Namensaufruf durch Präsidenten Dr. Brauneder geben die Abgeordneten mündlich ihr Stimmverhalten bekannt.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die Stimmabgabe ist beendet.

Zur Feststellung des Abstimmungsergebnisses durch die Schriftführer und die hiezu beauftragten Bediensteten unterbreche ich nun die Sitzung für einige Minuten.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 22.04 Uhr unterbrochen und um 22.14 Uhr wiederaufgenommen. – Unmittelbar nachdem Präsident Dr. Brauneder die Sitzung für unterbrochen erklärt, gibt Abg. Mag. Stadler bekannt, daß er sich noch zur Geschäftsbehandlung zu Wort melden möchte. – Präsident Dr. Brauneder wiederholt: Die Sitzung ist unterbrochen!  – Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor.) 

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. (Abg. Mag. Stadler: Zur Geschäftsbehandlung!) – Bitte, Herr Abgeordneter Stadler.

22.15

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Während der Abstimmung ist deutlich vernehmbar aus dem sozialdemokratischen Sektor beim Aufruf des Namens "Seidinger" ein "Nein" erfolgt. Alle drei Protokolle hier, die beim Mitschreiben hier am Präsidium angelegt wurden, weisen ein "Nein" neben dem Namen "Seidinger" aus. Kollege Seidinger ist aber weder während der Abstimmung hier gewesen, noch ist er jetzt hier.

Ich ersuche um Klärung dieses Sachverhaltes, und ich ersuche ferner um Überprüfung, ob etwa weitere Abgeordnete dem Protokoll nach hier im Zusammenhang mit der Abstimmung ihre Stimme abgegeben haben, aber nicht anwesend waren. (Ruf bei der SPÖ: Der Haider! Der Haider hat auch "nein" gesagt!) In diesem Fall würde ich dann verlangen, daß diese Wahl wiederholt wird. (Lebhafte Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

22.16

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters hat sich Herr Klubobmann Kostelka zur Geschäftsbehandlung gemeldet. – Bitte, Herr Klubobmann.

22.16

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist keine Frage, daß Herr Abgeordneter Seidinger ... (Unruhe im Saal.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte um Ruhe! Es ist für mich sonst nicht verständlich, was hier gewollt wird! Ich möchte wirklich um ein bißchen mehr Disziplin bitten! Es ist außerdem – ich will jetzt das Wort "kindisch" nicht gebrauchen! – nicht angebracht, sich bei einer Abstimmung so zu verhalten, wie das manche Abgeordnete hier gemacht haben beziehungsweise noch machen.

Bitte, Herr Klubobmann Kostelka. (Abg. Mag. Stadler: Da sieht man ja, was herauskommt! Da sieht man ja, was herauskommt! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Gegenrufe bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich meine genau dieses Verhalten, das hier jetzt fortgesetzt wird. (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja unerhört, was da gespielt wird! Wahlbetrug! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe von Abgeordneten anderer Fraktionen.)

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (fortsetzend): Herr Präsident! Es ist keine Frage, daß Herr Abgeordneter Seidinger bei dieser Abstimmung nicht anwesend war. Für mich ist daher auch nicht erklärbar, wie es zu einer solchen Protokollierung hier beim Präsidium kommen konnte. Es ist für mich aber auch nicht erklärlich, daß Abgeordnete, die mitgestimmt haben, in diesem Protokoll hier als solche aufgeschrieben wurden, daß sie ihre Stimme nicht abgegeben hätten. Frau Abgeordnete Schaffenrath, die anwesend ist, hat mitgestimmt, und meinen Informationen zufolge wurde sie als nicht mitstimmend vom Präsidium protokolliert.

Ich bitte Sie daher, Herr Präsident, auch diesen Sachverhalt zu klären. Mir scheint bei diesem Abstimmungsverfahren einiges fehlgelaufen zu sein, insbesondere bei der Protokollierung am Präsidium.

22.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Kollege Kostelka! Es kann hier nur das festgehalten werden, was vernehmbar ist. In vielen Fällen erfolgte das "Nein" beziehungsweise "Ja" sehr leise, und ich habe das immer wiederholt. Im Falle der Abgeordneten Schaffenrath war für mich das "Nein", glaube ich, oder das "Ja" ... (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Sie hat es ja nicht gesagt! – Abg. Dr. Kostelka: Sie war da!) Es geht darum, ob ich das vernommen und durch meine Wiederholung enunziert habe. Es ist so, daß ich enunziert habe, Abgeordnete Schaffenrath sei nicht anwesend und habe ihre Stimme nicht abgegeben.

Was hingegen Abgeordneten Seidinger betrifft, so ist es für mich so, daß ich ein "Nein" vernommen habe, aber das mag auf einem Irrtum beruhen. (Rufe: Nein!) Das mag auf einem Irrtum beruhen! Ich habe dies enunziert, und ich bin nun dabei, das gesamte Abstimmungsergebnis zu enunzieren. (Die Abgeordneten Dr. Petrovic und Mag. Stadler: Zur Geschäftsbehandlung!)

Zudem will ich vorweg festhalten: Es würde ein solcher Irrtum keinen Unterschied im Ergebnis machen. (Abg. Scheibner: Aber daß jemand falsch abstimmt! Das gibt es doch gar nicht, wenn jemand gar nicht da ist!)

Zur Geschäftsbehandlung gemeldet haben sich Frau Kollegin Petrovic, dann Herr Abgeordneter Stadler.

Bitte, Frau Abgeordnete Petrovic.

22.18

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Geschäftsbehandlung – obwohl es sehr mühsam und eigentlich müßig ist –: Frau Schaffenrath war bei der Abstimmung hier (Abg. Dr. Graf: Es geht um Seidinger!), ich habe sie selbst gesehen. Sie hat auch "nein" gesagt, und sie hat auch zu protestieren versucht, nur hat sie nicht diese kindische Art des Verhaltens, bei einer Abstimmung, deren Ausgang eindeutig ist, jetzt auch noch in dieser Art und Weise gegen die Vorsitzführung hier zu remonstrieren. (Abg. Dr. Khol: Sehr gut! – Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Stadler.

22.18

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ein demokratischer Vertretungskörper äußert sich durch Abstimmungen. Die Abstimmung ist etwas vom Wesentlichsten an einem demokratischen Vorgang. Wenn aber dermaßen manipuliert wird, wie das jetzt im Zusammenhang mit dem Kollegen Seidinger der Fall war – und da brauche ich den Fall Schaffenrath noch gar nicht zu untersuchen –, liegt der begründete Verdacht nahe, daß das nicht der einzige Fall sein dürfte.

Ich ersuche daher noch einmal, Herr Präsident, die Abstimmung zu wiederholen und diese mit Stimmkarte durchzuführen, um jeden Zweifel zu beseitigen. Falls Sie diesem Wunsch meiner Fraktion nicht nahetreten wollen, Herr Präsident, ersuche ich um eine kurze Präsidiale jetzt im Stehen.

22.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Es findet hier jetzt gleich eine kurze Präsidiale statt.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 22.19 Uhr unterbrochen und um 22.22 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder (das Glockenzeichen gebend): Ich nehme die zuvor unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, daß ich jetzt als vorsitzführender Präsident sozusagen der Blitzableiter für alle Beschwerden und Wünsche bin.

Ergebnis dieser kurzen Präsidiale hier ist: Wir haben über die beiden Probleme, die Sie ja alle gehört haben, gesprochen. Ich wiederhole meine Meinung noch einmal – und wenn ich das richtig gesehen habe, wurde mir mehrheitlich beigepflichtet –: Ich habe Ergebnisse enunziert. Ich habe enunziert, daß Herr Abgeordneter Seidinger mit einem "Nein" gestimmt hat. – Ich räume ein, daß das auf einem Irrtum beruhen kann. Es wurde das enunziert, und es ist gegen diese Enunziation auch kein Widerspruch erhoben worden. (Abg. Mag. Stadler: Selbstverständlich! Ich erhebe Widerspruch!) Im unmittelbaren Anschluß an die Enunzierung dieser "Nein"-Stimme gab es keinen Widerspruch. (Abg. Mag. Stadler: Ich habe sofort Widerspruch erhoben, Herr Präsident!) Es tut mir leid, aber das war für mich nicht erkennbar. (Abg. Mag. Stadler: Ich habe das sofort gemacht!) Und im Falle der Frau Kollegin Schaffenrath ist es auch so.

Ich möchte weiters ausführen, daß dieser Entscheidung entgegenkommt, daß das am Gesamtabstimmungsergebnis nichts ändert. (Abg. Mag. Stadler: Selbstverständlich, wir haben sofort Widerspruch erhoben, und der Widerspruch bleibt aufrecht!) Bitte, für mich war dieser Widerspruch nicht deutlich erkennbar. (Abg. Dr. Ofner: Ist wenigstens festgehalten worden, daß Seidinger nicht da war?) Es wird natürlich alles, was hier im Plenum gesprochen wird, im Stenographischen Protokoll festgehalten. (Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich enunziere daher jetzt das Ergebnis: abgegebene Stimmen 143, davon "Ja"-Stimmen 34, "Nein"-Stimmen 109. (Abg. Mag. Stadler: Wahlschwindel ist das! Übelster Wahlschwindel!)

Ich verwahre mich bitte gegen den Ausdruck "Wahlschwindel" ganz entschieden (Abg. Scheibner: Was? Wenn jemand abstimmt, der nicht da ist! – Abg. Mag. Stadler: Mieser sozialistischer Wahlschwindel!) und möchte hinzufügen, daß der Lärmpegel bei der einen oder anderen Fraktion die Bekanntgabe des Stimmverhaltens beziehungsweise die Auszählung nicht gerade erleichtert! (Beifall und Bravo!-Rufe bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich wiederhole: Abgegebene Stimmen 143, davon "Ja"-Stimmen 34, "Nein"-Stimmen 109. (Abg. Großruck: Die ziehen gegen ihren eigenen Präsidenten her ...! Das muß man einmal erleben!)

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Stimmverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), und ich füge hinzu, daß in das Stenographische Protokoll natürlich auch jene Bemerkungen aufgenommen werden, die lauteten, daß Herr Abgeordneter Seidinger bei der Abstimmung nicht im Saale war. Aufgenommen wird darin weiters, daß ich einräume, daß es da möglicherweise einen Irrtum von mir gab, einen Hörfehler. (** S. auch S. 198)

Mit "Ja" stimmten die Abgeordneten:

Apfelbeck;

Bauer Holger, Blünegger;

Dolinschek;

Firlinger;

Gaugg, Graf, Grollitsch;

Haller, Haupt, Hofmann;

Jung;

Klein, Koller, Kurzmann;

Lafer;

Madl, Marolt, Meisinger, Mentil;

Nußbaumer;

Ofner;

Partik-Pablé, Povysil, Preisinger, Pumberger;

Salzl, Scheibner, Schöggl, Schweitzer, Stadler;

Tilg, Trattner;

Wenitsch.

Mit "Nein" stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Achs, Amon, Auer;

Bauer Rosemarie, Bauer Sophie, Binder, Brinek, Buder, Bures;

Cap;

Dietachmayr, Donabauer, Dunst;

Eder Kurt, Edler Josef, Ellmauer;

Fekter, Feurstein, Fink, Fischer, Freund, Fuchs;

Gaál, Gartlehner, Gaßner, Großruck, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heindl Kurt, Hlavac, Höchtl, Huber, Hums;

Jäger, Jarolim;

Kaipel, Kammerlander, Karlsson, Kaufmann, Khol, Kier, Kiermaier, Kiss, König, Konrad, Kopf, Koppler, Kostelka, Kukacka, Kummerer, Kurzbauer;

Langthaler, Leiner, Löschnak, Lukesch;

Maier Johann, Marizzi, Mertel, Mock, Morak, Moser Hans Helmut, Moser-Starrach Sonja, Mühlbachler, Müller, Murauer;

Niederwieser, Nowotny, Nürnberger;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parfuß, Pendl, Peter, Petrovic, Pittermann, Posch, Puttinger;

Rada, Rasinger, Rauch-Kallat, Reitsamer, Riepl;

Schieder, Schmidt, Schrefel, Schuster, Schwarzböck, Schwarzenberger, Schwimmer, Seidinger (**), Sigl, Silhavy, Smolle, Stampler, Steibl, Steindl, Stoisits;

Tegischer, Tichy-Schreder, Trinkl, Tychtl;

Van der Bellen;

Wallner, Wimmer, Wurm, Wurmitzer;

Zweytick.

*****

(** Beim Namensaufruf des Abg. Seidinger ist ein deutliches "Nein" zu hören, das auch von Präsidenten Dr. Brauneder wiederholt wird. Dieses dürfte jedoch nicht von Abg. Seidinger, sondern von einem anderen Abgeordneten gerufen worden sein. – S. auch S. 196!)

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir setzen in der Abstimmung fort und gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 1622 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer den Bericht zur Kenntnis nehmen will, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 1623 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Angenommen.

22. Punkt

Erste Lesung des Antrages 971/A der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und die Nationalrats-Wahlordnung 1992 (Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO) geändert werden

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen jetzt zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Murauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

22.26

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag 971/A wurde seitens der ÖVP nun das Thema Einführung der Briefwahl, eine Weiterentwicklung des Wahlrechtes, hier ins Parlament gebracht. Es ist das ein Antrag in Richtung mehr Bürgernähe. Sagen möchte ich dazu auch gleich noch, daß die Briefwahl international bereits längst vollzogen ist.

Dieser Antrag stützt sich auch auf die Forderung nach Einführung der Briefwahl, auf die Beschlüsse der Landtagspräsidentenkonferenz vom 2. April und 15. Oktober vergangenen Jahres, ebenso auf einen einstimmigen Landtagsbeschluß in Oberösterreich beziehungsweise auf den der ÖVP-Landtags-Klubobmänner, ebenso auf den Entschließungsantrag der Bundesräte Weiss, Bieringer und Huemer, der die Länderautonomie bei der Gestaltung des Wahlrechts zum Ziel hat.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch, meine Damen und Herren, daß besonderes Interesse am Briefwahlrecht die Behindertenorganisationen und Seniorenverbände haben. Weiters möchte ich daran erinnern, daß 340 000 Österreicher über 80 Jahre alt sind. Dieser Antrag von uns, von der ÖVP, hat zum Ziel, dem Recht auf Mobilität aller Bürger gerecht zu werden und die Demokratie weiterzuentwickeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Situation in Österreich in diesem Zusammenhang: Im Gegensatz zu vergleichbaren hochentwickelten Demokratien in Europa verfügt Österreich über eine relativ umständliche und bürokratisch aufwendige Regelung für Bürger, die sich am Wahltag nicht an jenem Ort aufhalten, an dem sie wahlberechtigt sind, oder aus anderen Gründen daran gehindert sind, eine Wahlzelle aufzusuchen, sodaß diese Bürger somit von der Wahl ausgeschlossen sind.

Meine Damen und Herren! Das geht soweit, daß der Wähler bei einer Gemeinderatswahl, wenn er sich gerade nicht in seiner eigenen Gemeinde aufhält, nicht an der Gemeinderatswahl teilnehmen kann. Das geht dann so weiter bei der Landtagswahl, daß nämlich der Wähler nicht in einem anderen Bundesland wählen kann und man ihn so von einer Landtagswahl ausschließt. Selbst wenn jetzt, wie das am 7. März der Fall sein wird, in mehreren österreichischen Bundesländern Wahlen stattfinden werden, kann der Bürger nur in seinem eigenen Bundesland dem Wahlrecht nachkommen. Und es ist auch so, daß das österreichische Wahlkartensystem bei Bundeswahlen eine Unterschrift im Ausland unbedingt erforderlich macht. Das heißt, die Wahlkarte muß im Ausland aufgegeben werden. Sollte sich dieser Bürger aber gerade im Inland aufhalten, dann müßte er wieder ins Ausland fahren, um seinem Wahlrecht nachkommen zu können.

Herr Bundeskanzler! Daß Sie dieses Wahlkartensystem noch immer für ausreichend halten, wie Sie mir in einer Anfragebeantwortung mitgeteilt haben, versteht in Österreich sicherlich niemand mehr! Es kann sich dabei doch nur mehr um einen Justamentstandpunkt von Ihnen handeln.

Wer also infolge von Krankheit, Gebrechlichkeit, Studienaufenthalt, beruflichen oder sonst wichtigen Gründen das Wahlrecht nicht ausüben kann, sollte Anspruch auf eine Briefwahlmöglichkeit haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Wichtig in diesem Zusammenhang: Es muß gesichert sein, daß Briefwahlunterlagen fernmündlich oder schriftlich beantragt werden können, um nicht erst wieder persönlich erscheinen zu müssen.

Meine Damen und Herren! Ein kurzer internationaler Vergleich, ein Blick über die Grenze: In der Schweiz etwa gibt es die Möglichkeit des Dauergesuches für eine Briefwahl, wenn man ein entsprechendes Alter hat oder bettlägerig ist.

In Deutschland fordert jeder Bürger ohne Angabe von Gründen Briefwahlunterlagen an, und seit 1957 ist in Deutschland die Briefwahl möglich. Die Universität Osnabrück untersucht derzeit Wahlmöglichkeiten per Internet. – So sieht es international aus.

Meine Damen und Herren! Die Kernfrage ist: Trauen wir den Österreichern weniger Demokratiereife und Eigenverantwortung zu als etwa die Schweiz, Deutschland oder England ihren Bürgern? – Wir von der Österreichischen Volkspartei sind für mehr Eigenverantwortung und gegen Zwänge beziehungsweise Gängeleien! (Beifall bei der ÖVP.)

Zu den Argumenten der Sozialdemokraten, die immer wieder dahin gehend gebracht werden, daß es eventuell zu Mißbräuchen kommen könnte, möchte ich feststellen, daß es interessant ist, daß man sehr wohl einverstanden ist, daß es bei der Arbeiterkammerwahl, bei der Betriebsratswahl oder bei der Personalvertretungswahl eine Briefwahlmöglichkeit gibt. – Da zeigt sich eine weitere Ungereimtheit im österreichischen Wahlrecht.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag beinhaltet eine saubere und vernünftige Lösung, die verfassungskonform ist und den neuen Anforderungen wie Mobilität der Bevölkerung, der immer größer werdenden Zahl älterer Menschen, den Anliegen der Behindertenorganisationen sowie einer sparsamen öffentlichen Verwaltung entspricht. Den Wahlrechtsgrundsätzen unserer Verfassung, das Wahlrecht geheim und persönlich ausüben zu können, wird Rechnung getragen. Es ist höchste Zeit, daß unser Wahlrecht den Bedürfnissen unserer Bürger angepaßt wird! (Beifall bei der ÖVP.)

22.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. 1 Minute freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.32

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Murauer hat diesen Antrag umfassend begründet.

Ich möchte sagen, daß dieser Antrag auch deswegen mit dieser Begründung richtig gelegen ist, weil er von der überwiegenden Mehrheit der österreichischen Bevölkerung als richtig empfunden wird.

Sofern wir den sozialwissenschaftlichen Untersuchungen vertrauen dürfen, sind bei uns rund 70 Prozent der Gesamtbevölkerung für die Einführung des Briefwahlrechts. Weil Kollege Heindl natürlich gerne wissen möchte, wie stark eigentlich die Befürwortung des Briefwahlrechts unter der SPÖ-Wählerschaft ist, sage ich es ihm: 69 Prozent der SPÖ-Wähler sprechen sich für die Einführung des Briefwahlrechts in Österreich aus! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie den Wünschen Ihrer eigenen Wählerinnen und Wähler entsprechen wollen, dann müssen Sie sich den Anträgen der Österreichischen Volkspartei nur anschließen! Ich würde sagen: Die Briefwahl ist das moderne Wahlrecht für die moderne Zeit. Führen wir sie deshalb gemeinsam auf Bundesebene, Landesebene und Gemeindeebene ein! (Beifall bei der ÖVP.)

22.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Es liegt noch eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Wabl vor. Allerdings hat sein Klub keine Redezeit mehr.

Damit ist niemand mehr zu Wort gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 971/A dem Verfassungsausschuß zu.

23. Punkt

Erste Lesung des Antrages 974/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgeetz, mit dem das Geschäftsordnungsgesetz 1975 geändert wird

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort hat zunächst der Antragsteller. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Kier, Sie haben das Wort. Gesamtredezeit Ihres Klubs: 8 Minuten. (Abg. Dr. Khol: Ausführlich!)

22.34

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich kann Klubobmann Khol beruhigen: Ich werde nicht ausführlich sprechen, sondern kurz.

Es handelt sich um eine erste Lesung in Geschäftsordnungsdingen, die zwingend vorgesehen ist. Ich hätte diese erste Lesung nicht gebraucht, weil die Materie an sich bereits abgehandelt ist. Sie verdanken diese heutige erste Lesung nur dem Umstand, daß im Budgetausschuß die Bereitschaft nicht vorhanden war, diese Materie gleich mitzubehandeln, obwohl der damalige Antrag der liberalen Fraktion nur zwei Artikel hatte: Artikel 1 betraf das Budgetgesetz, Artikel 2 Geschäftsordnungssachen. Es wurde im Budgetausschuß lange verhandelt und dann erklärt, daß man das nicht beschließen könne. Daher haben wir Artikel 2 zurückgezogen und neu eingebracht. Und ich nehme an, daß er, wenn die Materie im Ausschuß zur Behandlung stehen wird, ohnedies mehr oder weniger einstimmig angenommen werden wird. Daher bedanke ich mich im voraus. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

22.35

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Wir haben im Ausschuß Einvernehmen über diesen Antrag des Liberalen Forums erzielt, und wir werden bei der nächsten Möglichkeit im Rahmen der Geschäftsordnungsreform diesen Antrag auch in die Realität umsetzen. – Soweit unsere Stellungnahme in der heutigen ersten Lesung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Ich weise den Antrag 974/A dem Geschäftsordnungsausschuß zu.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

Einlauf

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1016/A bis 1022/A eingebracht worden sind.

Ferner sind die Anfragen 5778/J bis 5822/J eingelangt.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, 25. Februar 1999, 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Diese Sitzung dient der Abhaltung einer Fragestunde gemäß § 94 Abs. 5 der Geschäftsordnung.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 22.36 Uhr