Stenographisches Protokoll

164. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 25. März 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier

Stenographisches Protokoll

164. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 25. März 1999

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 25. März 1999: 9.01 – 23.05 Uhr

*****

Tagesordnung

Ergänzung und Neureihung der Tagesordnung 29

1. Punkt: Bericht über den Antrag 1045/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Preisgesetz 1992 geändert wird

2. Punkt: Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Burgenland zur Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See–Seewinkel samt Anlagen

3. Punkt: Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen

4. Punkt: Bericht betreffend Umweltförderungen des Bundes, 1997, sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen

5. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 680/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Reduzierung der CO2-Emission bei gleichzeitiger Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Förderung erneuerbarer Energieträger

6. Punkt: Ozonbericht 1997

7. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 707/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Umweltförderungen für die Altlastensanierung

8. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 566/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Behandlung der Thematik "Sicherung/Sanierung der Fischer-Deponie"

9. Punkt: Bericht über den Antrag 347/A der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die strategische Prüfung der Umweltauswirkungen neuer rechtssetzender Maßnahmen (Umweltwirkungsgesetz – UWG)

10. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 423/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend eine Machbarkeitsstudie über Strategische Umweltprüfungen für Pläne und Programme

11. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 424/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend die Erarbeitung von Leitlinien für die Strategische Umweltprüfung von Politiken, Plänen und Programmen

12. Punkt: Bericht über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G)

13. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 709/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Atomenergie und Osterweiterung

14. Punkt: Kulturbericht 1997

15. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik betreffend die Änderung des Abkommens über die Regelung des Grenzüberganges der Eisenbahnen vom 22. September 1962 in der Fassung des Abkommens vom 3. Jänner 1967 und des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen 12

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen, gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung den Bericht über den Antrag 1045/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Preisgesetz 1992 geändert wird, (1709 d. B.) auf die Tagesordnung zu setzen – Annahme 29, 39

Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen auf Durchführung einer Debatte über den Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung – Annahme 29, 30

Durchführung der Debatte über den Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung 30

Redner:

Mag. Dr. Heide Schmidt 30

Mag. Johann Ewald Stadler 31

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 32

Dr. Andreas Khol 33

Dr. Peter Kostelka 34

Dr. Volker Kier 35

Herbert Scheibner 36

Karl Öllinger 38

Absehen von der 24stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Ausschußberichtes 1709 d. B. gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung 29, 39

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 5332/AB gemäß § 92 Abs.1 der Geschäftsordnung 40

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 142

Redner:

Dr. Volker Kier 142

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 143

Peter Schieder 144

Franz Morak 145

Dr. Michael Krüger 146

Mag. Terezija Stoisits 147

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 40

Wortmeldungen der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt betreffend die Meldung der freiheitlichen Redner als Kontraredner und Ersuchen, die Sitzung zu unterbrechen 46, 46

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser zur Wortmeldung der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt 46

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer betreffend die irrtümliche Meldung der freiheitlichen Redner als Kontraredner zu Tagesordnungspunkt 2 47

Unterbrechung der Sitzung 47

Wortmeldungen des Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller betreffend die Meldung der freiheitlichen Redner als Kontraredner 62, 177

Verlesung der vorgesehenen Fassung des Amtlichen Protokolls zu Tagesordnungspunkt 1 dieser Sitzung durch den Präsidenten Dr. Heinz Fischer 220

Genehmigung des verlesenen Teils des Amtlichen Protokolls 221

Fragestunde (35.)

Wirtschaftliche Angelegenheiten 12

Helmut Haigermoser (249/M); Dkfm. Dr. Günter Puttinger, Mag. Helmut Peter, Rudolf Parnigoni

Dr. Kurt Heindl (245/M); Helmut Haigermoser, Mag. Franz Steindl, Dr. Gabriela Moser, Mag. Helmut Peter

Mag. Helmut Peter (251/M); Helmut Haigermoser, Ingrid Tichy-Schreder

Dkfm. Dr. Günter Puttinger (247/M); Dr. Gabriela Moser, Mag. Helmut Peter, Mag. Herbert Kaufmann, Ing. Wolfgang Nußbaumer

Dr. Gabriela Moser (252/M); Mag. Thomas Barmüller, Josef Edler, Mag. Reinhard Firlinger, Dr. Gertrude Brinek

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (250/M); Mag. Dr. Josef Trinkl, Mag. Helmut Peter, Günter Kiermaier

Ausschüsse

Zuweisung 29

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend: Wo bleibt die Steuerreform? (5995/J) 102

Begründung: Dr. Alexander Van der Bellen 106

Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer 109

Debatte:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 115

Dr. Ewald Nowotny 117

Ing. Leopold Maderthaner 119

Hermann Böhacker 121

Mag. Helmut Peter 124

Karl Öllinger 126

Peter Marizzi 128

Rudolf Schwarzböck 130

Mag. Gilbert Trattner 132

Ing. Monika Langthaler 134

Marianne Hagenhofer 136

Dr. Gottfried Feurstein 137, 141

Helmut Haigermoser 138

Elfriede Madl 140

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 1045/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Preisgesetz 1992 geändert wird (1709 d. B.) 40

Redner:

Helmut Haigermoser 40

Dr. Andreas Khol 44

Mag. Helmut Peter 47

Dr. Peter Kostelka 51, 89

Dr. Alexander Van der Bellen 53

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 55, 60, 69, 88

MMag. Dr. Madeleine Petrovic (tatsächliche Berichtigung) 57

Ingrid Tichy-Schreder 58

Ing. Wolfgang Nußbaumer 61

Georg Oberhaidinger 62

Dr. Volker Kier 64

Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler 70

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 71

Mag. Herbert Kaufmann 73

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 75

Werner Amon 77

Mag. Thomas Barmüller 78

Dr. Kurt Heindl 80

Mag. Reinhard Firlinger 82

Anton Blünegger 84

Heinz Anton Marolt 85

Mag. Karl Schweitzer 86

Dkfm. Holger Bauer 87

Annahme des Gesetzentwurfes in 1709 d. B. 89

Entschließungsantrag der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Sicherstellung eines freien Wettbewerbs im Bereich der Mineralölwirtschaft – Ablehnung 42, 90

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Zerschlagung des Benzinkartells durch ein stärkeres Kartellrecht – Ablehnung 66, 90

Entschließungsantrag der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend überhöhte Treibstoffpreise in Österreich – Ablehnung 77, 90

2. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1389 d. B.): Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Burgenland zur Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See– Seewinkel samt Anlagen (1692 d. B.) 90

Redner:

Mag. Franz Steindl 90

Ing. Erwin Kaipel 91

Mag. Karl Schweitzer 92

Mag. Thomas Barmüller 93

Ing. Monika Langthaler 94

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 96

Otmar Brix (tatsächliche Berichtigung) 97

Matthias Achs 97

Mag. Dr. Udo Grollitsch 98

Mag. Helmut Peter 99

Genehmigung der Vereinbarung in 1692 d. B. 100

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1523 d. B.): Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (1693 d. B.) 100

4. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Bericht (III-142 d. B.) des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Umweltförderungen des Bundes, 1997, sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen (1697 d. B.) 100

5. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 680/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Reduzierung der CO2-Emission bei gleichzeitiger Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Förderung erneuerbarer Energieträger (1699 d. B.) 100

6. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Ozonbericht (III-120 d. B.) 1997 der Bundesregierung (1694 d. B.) 100

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 100, 148

Karlheinz Kopf 149

Mag. Thomas Barmüller 149

Otmar Brix 152

Ing. Monika Langthaler 153

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 155

Matthias Ellmauer 156

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 158

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 159

Dr. Gabriela Moser 161

Josef Schrefel 162

Karl Gerfried Müller 163

Rainer Wimmer 164

Georg Oberhaidinger 165

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 165

Genehmigung des Staatsvertrages in 1693 d. B. 167

Kenntnisnahme der Berichte III-142 und III-120 d. B. 167

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1699 d. B. 167

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1699 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Verbesserung der Förderungen für erneuerbare Energieträger (E 167) 167

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend Verringerung der Emission von Luftverunreinigungen – Ablehnung 150, 167

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 707/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Umweltförderungen für die Altlastensanierung (1698 d. B.) 167

8. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 566/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Behandlung der Thematik "Sicherung/Sanierung der Fischer-Deponie" (1696 d. B.) 167

Redner:

Robert Wenitsch 168

Franz Stampler 170

Mag. Thomas Barmüller 171

Anton Heinzl 172

Mag. Karl Schweitzer 173

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller 174

Franz Kampichler 175

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1698 und 1696 d. B. 176

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1696 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend die umgehende Sanierung der Fischer-Deponie (E 168) 176

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 347/A der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die strategische Prüfung der Umweltauswirkungen neuer rechtssetzender Maßnahmen (Umweltwirkungsgesetz – UWG) (1701 d. B.) 176

10. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 423/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend eine Machbarkeitsstudie über Strategische Umweltprüfungen für Pläne und Programme (1702 d. B.) 176

11. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 424/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend die Erarbeitung von Leitlinien für die Strategische Umweltprüfung von Politiken, Plänen und Programmen (1703 d. B.) 176

12. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Bericht (III-171 d. B. und Zu III-171 d. B.) des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) (1700 d. B.) 176

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 177

Karlheinz Kopf 178

Mag. Thomas Barmüller 179

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 180

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 181

Ing. Monika Langthaler 182

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 185

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1701, 1702 und 1703 d. B. 186

Kenntnisnahme des Berichtes III-171 und Zu III-171 d. B. 186

13. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 709/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Atomenergie und Osterweiterung (1704 d. B.) 186

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 187

Matthias Ellmauer 187

Ing. Monika Langthaler 189

Georg Oberhaidinger 191

Mag. Karl Schweitzer (tatsächliche Berichtigung) 192

Robert Wenitsch 193

Mag. Thomas Barmüller 193

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 195

Dr. Gabriela Moser 197

Harald Fischl 199

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 200

Dr. Gabriela Moser (tatsächliche Berichtigung) 202

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 202

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1704 d. B. 203

Entschließungsantrag der Abgeordneten Matthias Ellmauer, Georg Oberhaidinger, Mag. Thomas Barmüller, Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend die Weiterführung der österreichischen Anti-Atompolitik – Annahme (E 169) 188, 203

14. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Kulturbericht (III-164 d. B.) 1997 der Bundesregierung (1631 d. B.) 203

Redner:

Dr. Michael Krüger 204

Franz Morak 207

Dr. Michael Krüger (tatsächliche Berichtigung) 208

Klara Motter 208

Dr. Josef Cap 210

Dr. Gerhard Kurzmann 211

Dr. Gertrude Brinek 212

Mag. Walter Posch 214

Dr. Günther Leiner 214

Inge Jäger 215

Helmut Dietachmayr 216

Sonja Ablinger 217

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 218

Kenntnisnahme des Berichtes III-164 d. B. 219

15. Punkt: Regierungsvorlage: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik betreffend die Änderung des Abkommens über die Regelung des Grenzüberganges der Eisenbahnen vom 22. September 1962 in der Fassung des Abkommens vom 3. Jänner 1967 und des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994 (1654 d. B.) 220

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

Redner:

Rudolf Parnigoni 220

Genehmigung des Staatsvertrages in 1654 d. B. 220

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Schaffung eines Behindertengleichstellungsgesetzes (1050/A) (E)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Ausbildungs- und Prüfungsfach Geriatrie (1051/A) (E)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Ausbildungs- und Prüfungsfach Geriatrie (1052/A) (E)

Helmut Haigermoser und Genossen betreffend Abschaffung der Kammerumlage 2 für über 50jährige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (1053/A) (E)

Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen betreffend Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips zur Sicherstellung der österreichischen Wasserressourcen (1054/A) (E)

Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend Konkretisierung der Anti-Atompolitik: Schwerpunkt Temelin (1055/A) (E)

Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend Erhaltung von Wettbewerb und Marktwirtschaft durch ein stärkeres Kartellrecht (1056/A) (E)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz zur integrativen Prüfung der Auswirkungen von Vorhaben auf die Umwelt (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, UVP-G) durch das das bisherige Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz – UVP-G), BGBl. 697/1993, geändert BGBl. 773/1996, ersetzt wird (1057/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend: Wo bleibt die Steuerreform? (5995/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Organisationen im Nahbereich von "World Vision Österreich" (5996/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Aarhus-Konvention (5997/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Organisationen im Nahbereich beziehungsweise Umfeld von "World Vision Österreich" (5998/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Raffinerie Schwechat (5999/J)

Karl Öllinger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Organisationen im Umfeld beziehungsweise Nahbereich von "World Vision Österreich" (6000/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Organisationen im Nahbereich von "World Vision Österreich" (6001/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die 4. Internationale Heroinkonferenz der Interpol in Rangoon, Burma (6002/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend den Stand der Ausgliederungen aus dem Bundesbudget (6003/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Bericht des Rechnungshofes über die durchschnittlichen Einkommen 1996/1997 und die daraus resultierenden Kosten (6004/J)

Edith Haller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Bartenstein – Pampers (6005/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überprüfung von Waffenbesitzern (6006/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Grenzgendarmerie (6007/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend 900er Posten (6008/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Abwärmenutzung der Firma Kaindl in Salzburg-Wals (6009/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Abwärmenutzung der Firma Kaindl in Salzburg-Wals (6010/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Grundwassersanierung Oberösterreich (6011/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Trinkwasserqualität in Oberösterreich (6012/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Trinkwasserqualität in Oberösterreich (6013/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die Arbeitsmarktsituation von Frauen (6014/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Förderung und Weiterbildung von Lehrlingen und LehrabsolventInnen (6015/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend nicht erfolgte Sanierung des Unfallhäufigkeitsschwerpunkts "Leinerkreuzung" (6016/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6017/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundeskanzler betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6018/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6019/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6020/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6021/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6022/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6023/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6024/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6025/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6026/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6027/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6028/J)

MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend gesetzliche Verankerung der deutschen Rechtschreibreform (6029/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Chipkarte (6030/J)

Dr. Alois Pumberger und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Krankenanstaltenfinanzierung: Kostenbeitrag der Krankenversicherungsträger (6031/J)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend die Anfragebeantwortung 4827/AB (6032/J)

Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Umsetzung entsprechender EWG- beziehungsweise EU-Richtlinien zur Lockerung des Kormoranschutzes (6033/J)

Elfriede Madl und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend "Kampfplatz Klassenzimmer" (6034/J)

Elfriede Madl und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend "Kampfplatz Klassenzimmer" (6035/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Explosion der Personalkosten im Unterrichtsbereich (6036/J)

Dr. Susanne Preisinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Abnahme der Rechtsanwaltsprüfung durch einzelne bevorzugte Prüfungskommissäre aus dem Kreis der Rechtsanwälte und aus dem der Richter in den Oberlandesgerichtssprengeln Wien und Innsbruck (6037/J)

Karlheinz Kopf und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Berufszugangs-Verordnung Güterkraftverkehr (BZGü-VO BGBl. 221) (6038/J)

Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend strafrechtliche Vorwürfe gegenüber Exekutivbeamten im Drogeneinsatz (6039/J)

Jakob Auer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ausrüstung von Einsatzfahrzeugen (6040/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend die Kosten der österreichischen Milcherfassung (6041/J)

Franz Morak und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Studie zur sozialen Lage der Autorinnen und Autoren in Österreich" (6042/J)

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich begrüßen und eröffne zur anberaumten Zeit die 164. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Kukacka, Dr. Schwimmer, Dr. Mock, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat, Kollege Wurmitzer, Herr Abgeordneter Zweytick und Herr Abgeordneter Dr. Haider.

Fragestunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Fragestunde, und ich beginne jetzt, um 11.01 Uhr, mit dem Aufruf der Anfragen. (Rufe bei der ÖVP: 9.01 Uhr! 9.01 Uhr!) Pardon, ich korrigiere: Ich beginne um 9.01 Uhr mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die erste Frage, Nummer 249/M, formuliert Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Guten Morgen, Herr Präsident! Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

249/M

Wie werden Sie jenem tourismusschädigenden Manko entgegentreten, welches sich daraus ergibt, daß laut Medienberichten in der Österreich Werbung ein katastrophales Betriebsklima herrsche, das dem der SPÖ zuzurechnenden Geschäftsführer Höferer zugeschrieben wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Wir hatten gestern eine Sitzung des Präsidiums der ÖW in Mayrhofen, in der mit allen Eigentümervertretern darüber gesprochen wurde, daß es unbeschadet der außerordentlich erfolgreichen Tätigkeit dieses Unternehmens in den letzten beiden Jahren notwendig sein wird, Maßnahmen zu treffen, um den Zustand, daß ein ständiger personeller Druck, ein schlechtes Betriebsklima herrscht, abzustellen. Das ist ja ein über viele Kanäle aussickerndes Faktum.

Ich möchte, weil es auch in den Medien diskutiert wird, hier im Hause erklären, daß es mir darum geht, daß wir bei der Bestellung des nunmehr offenen zweiten Geschäftsführers eine Personalwahl treffen, die sich in Fragen des Betriebsklimas und der Personalverwaltung vielleicht etwas anders geriert, sodaß durch ein kooperatives Zusammenarbeiten von zwei Geschäftsführern das Betriebsklima dramatisch verbessert wird.

Ich füge noch hinzu, daß ein Teil der Mißstimmung darauf zurückzuführen ist, daß die Vorgaben im Vertrag des derzeitigen Geschäftsführers, nämlich eine drastische Reduktion der Personalausgaben zugunsten der Marketingausgaben vorzunehmen, personelle Veränderungen mit sich gebracht haben, die bis zu einem arbeitsrechtlichen Prozeß führen. Aber es ist auf mittlere Sicht unerträglich, wenn dieser Zustand nicht beseitigt wird. Die gestrige ÖW-Präsidiumssitzung hat eindeutig gezeigt, daß alle Mitbesitzer der ÖW auf derselben Linie sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Eine Zusatzfrage, bitte.

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Genau das ist es: Eingeweihte sprechen anläßlich dieses Ihres Planes, einen zweiten Geschäftsführer bei der Österreich Werbung zu installieren, von einem schwarzen Aufpasser für den roten Höferer. Daher ist die Frage schon berechtigt, Herr Bundesminister, ob die Österreich Werbung wirklich einen zweiten Geschäftsführer braucht, welcher – wie bisher – inklusive Lohnnebenkosten immerhin 12 Millionen Schilling kostet. Diese Frage wird ja nicht nur in den Medien diskutiert, sondern insbesondere, wie gesagt, bei den betroffenen Tourismusbetrieben, und daher wäre es interessant für die Öffentlichkeit, ob dieser Vorwurf stimmt, daß hier nur ein Aufpasser installiert werden soll.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe immer beabsichtigt, eine Nachbestellung für den in Pension gegangenen Kollegen Kübler vorzunehmen, da es sich um ein Unternehmen handelt, das mit einem weltweiten Außenstellennetz und mit einer Fülle von Herausforderungen zu groß ist, um von einem Alleingeschäftsführer geführt zu werden. Wir haben eine Ausschreibung gemacht, die mit relativ generellen Vorgaben versehen und nicht auf eine bestimmte Person – das können Sie aus der Ausschreibung eindeutig ersehen – zugeschnitten ist.

Wir haben ein anderes Institut damit beauftragt, die Vorsiebung der Kandidaten vorzunehmen. Wir haben eine Fülle von Bewerbungen bekommen, ich könnte Ihnen im Augenblick nicht einmal die genaue Zahl sagen, da ich noch keinen Bericht erhalten habe. Aber nach den Interventionen zu schließen, die bei mir laufen, dürften wir ein relativ großes Feld von Bewerbern haben. Bei einigen, von denen ich namentlich weiß, daß sie sich bewerben werden, handelt es sich um hochqualifizierte Personen. Ich kann Ihnen sagen, bis jetzt ist über den parteipolitischen Aspekt kein Wort gefallen, sondern es geht darum, eine adäquate Persönlichkeit zu finden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Puttinger. – Bitte.

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Neben diesem touristischen Manko, das sicherlich durch diesen zweiten Geschäftsführer ausgeglichen wird, weil ich glaube, daß das Vieraugenprinzip bei einer Firma mit derart vielen Außenstellen beziehungsweise mit einem Umsatz von über 500 Millionen Schilling unbedingt notwendig ist, gibt es ein anderes Manko, das mir auffällt, nämlich daß das Budget im heurigen Jahr 1999 nicht erhöht wurde.

Glauben Sie, daß dies Auswirkungen auf die Aktivitäten der Österreich Werbung haben und sich letzten Endes im Tourismus niederschlagen wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hohes Haus! In der gestrigen Präsidiumssitzung wurde beschlossen, daß wir durch Rücklagenauflösungen den Sondererfordernissen, die sich aus dem heurigen Winter in der Werbung ergeben, Rechnung tragen können. Wir können das heurige Budget durchaus halten, obgleich ich hier offen sage, daß wir durch die Bindungen des Bundes, auch meines Ressorts, im Beitrag gegen Jahresende möglicherweise Knappheiten haben werden. Das, was uns eigentlich die größeren Probleme im Augenblick macht, ist die Zukunftsperspektive, da ich und einige andere unter den Eigentümern die Auffassung vertreten, daß die ÖW längerfristig auch über Eigeneinnahmen verfügen muß – sie ist im Werbebusiness tätig, in dem sehr viel Geld unterwegs ist – und wir nicht alles über de facto öffentliche Gelder aufbringen sollten. Das ist ein Teil.

Der zweite Teil: Es wird Vorsorge zu treffen sein, daß im nächsten Jahr im Hinblick auf neue Schwerpunkte über notwendige Budgetaufstockungen verhandelt wird. Von den Ländern ist eine derartige Zusage bereits vorhanden, die Länder haben das schon heuer offeriert. Ich vertrete nach wie vor die Meinung, daß, wenn der Bund aus anderen Gründen Probleme haben sollte, mein Offert gilt. Die Länder könnten mehr beitragen, da sie in einer besseren fiskalischen Position sind, dafür auch einen höheren Anteil an der Österreich Werbung haben. Die Mitbestimmung bleibt ja gleich, weil wir, egal, wie groß die Beteiligung ist, das Einstimmigkeitsprinzip haben. Ich glaube, daß wir von diesen Perspektiven her keine Probleme haben werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Mag. Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die "Österreich Werbung" hat die Aufgaben, die ihr ihre Eigentümer gestellt haben, erfüllt, sie ist gut unterwegs, ist ein schlankes Unternehmen und hat eine vernünftige Werbelinie. Wie stellen Sie sich die Zusammenarbeit der Zweigstellen der Österreich Werbung mit den Zweigstellen der Außenwirtschaftsorganisation der Bundeswirtschaftskammer vor?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Nach sehr langem und zum Teil als sehr lästig empfundenem Insistieren meiner Person haben wir jetzt eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der Experten der Wirtschaftskammer-Organisation, der "Österreich Werbung" und Vertreter meines Hauses die möglichen Synergien bis zum Sommer evaluieren. Ein erster Zwischenbericht liegt im Rohentwurf bereits vor. Dann muß die Entscheidung fallen, wie es künftig aussehen soll.

Ich mache aus meiner Präferenz kein Hehl. Ich glaube, daß wir nach der Strategie vorgehen sollten: Dort, wo die Hauptherkunftsländer der Österreich Werbung sind – das sind drei Länder im europäischen Bereich –, wird es notwendig sein, durch ein spezifisches System auch der Österreich-Werbung-Außenstellen mit voller Kraft zu fahren. In den entfernteren Marktdestinationen macht es wahrscheinlich keinen Sinn. Ich hoffe, daß wir auf Expertenebene zu einem Ergebnis und dann schlußendlich einen politischen Konsens finden werden, damit diese Art von Synergie ab dem Sommer genutzt werden kann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. – Herr Abgeordneter Parnigoni, bitte.

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sie haben selbst bestätigt, daß der Geschäftsführer Dr. Michael Höferer seine Aufgaben voll erfüllt hat, nämlich die Kostenstruktur zu verändern und mehr operative Mittel zur Verfügung zu stellen. Diese Veränderungen hat er eingeleitet und damit auch zu den Erfolgen der Tourismuswirtschaft im heurigen Winter und auch im bevorstehenden Sommer beigetragen.

Herr Bundesminister! Alle Abteilungsleiter der Österreich Werbung haben an Sie einen Brief geschrieben, in dem sie auf die hohe Effizienz der Österreich Werbung und auf die großen Erfolge bei der Marktbearbeitung hingewiesen haben.

Herr Bundesminister! Können Sie bestätigen, daß in diesem Brief alle Abteilungsleiter der Österreich Werbung und dem Management der Österreich Werbung das volle Vertrauen aussprechen und geschlossen hinter ihnen stehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe einen derartigen Brief erhalten, ich finde ihn nicht der Klugheit Überfülle, da er sich mit gezielten Informationen und Artikeln in diversen Presseorganen paart. Ich halte das nicht für eine geglückte Vorgangsweise, wer immer das verursacht hat.

Ich bestätige aber gerne, daß gestern das ÖW-Präsidium über meinen Antrag Herrn Mag. Höferer ausdrücklich das Vertrauen ausgesprochen hat, aber auch festgestellt hat, daß es Sache des Eigentümers ist, einen zweiten Geschäftsführer nachzubesetzen und daß es auch Aufgabe des Eigentümers ist, sich zum Vieraugenprinzip zu bekennen, denn das, was wir jetzt sehen, nämlich daß sich alles in dieser Firma momentan auf eine Person fokussiert, kann nicht optimal sein. Ich kann mir niemanden vorstellen, der als "Wunderwuzzi" eine weltweite Organisation betreut und gleichzeitig Internetanfragen beantwortet und ähnliches mehr.

Nochmals: Wir stehen zu diesem Geschäftsführer, er hat sich in der Firma bewährt, aber das nimmt dem Eigentümer nicht das Recht, wenn er es für notwendig erachtet, auf dem Vieraugenprinzip basierend einen zweiten Geschäftsführer zu bestellen.

Letzter Punkt: Es gibt im Vertrag Höferer, der vor meiner Zeit abgeschlossen wurde, einige Indizien dafür, die ein Vieraugenprinzip formell nach dem Statut derzeit nicht erlauben. Diese Korrektur werden wir vornehmen müssen. Ich nehme an, daß sie der Geschäftsführer auch akzeptiert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Das zweite Thema bringt Herr Abgeordneter Dr. Heindl in die Fragestunde ein. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Bundesminister! Wir haben bei der letzten Gewerbeordnungsnovelle ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, bitte um Verlesung der Frage!

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (fortsetzend): Wann gedenken Sie die Einkaufszentren-Verordnung so zu ändern, um Wettbewerbsverzerrungen, die wir in der letzten Gewerbeordnungsnovelle verbessern wollten, einer Regelung zuzuführen, die diesen Grundgedanken entspricht?

Die Anfrage hat folgenden Wortlaut:

245/M

Wann gedenken Sie die Einkaufszentren-Verordnung so zu ändern, daß es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen mehr kommt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Die Einkaufszentren-Verordnung hat in puncto Wettbewerbsneutralität eigentlich keine große Kritik ausgelöst. Das Problem, das wir in der Praxis haben, ist, daß sie von einigen Gemeinden und einigen Ländern unterschiedlich interpretiert wird, wie etwa in der Frage der Definition von Ortszentren. Wenn eine mir bekannte Gemeinde in Oberösterreich ein Sumpfgebiet als Ortszentrum deklariert, um dort ein Einkaufszentrum zu bauen, so ist das ein eindeutiger Umgehungsversuch. Insofern haben wir ein Wettbewerbsproblem.

Im Augenblick ist eine Novelle zur Einkaufszentren-Verordnung in Begutachtung, in der aufgetauchte Fragen geprüft werden. Ich denke dabei an Fragen, die hinsichtlich der Wettbewerbsneutralität auch eine Rolle spielen, an die Frage der Nachtbesetzung von Teilen von Supermärkten, da sind manche Fachkriterien. In diesem Punkt stellen wir uns jeder Diskussion.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Bundesminister! Was mich im Zusammenhang mit der Novellierung der Einkaufszentren-Verordnung interessieren würde, ist, daß wesentlich unterschieden wird zwischen dem Thema der Nahversorgung und dem der Wettbewerbsverzerrung in anderen Bereichen. Ich bin überzeugt davon, daß Sie wissen, worauf ich hinaus möchte, nämlich daß die jetzige Einkaufszentren-Verordnung zu eng gegriffen ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Lassen Sie mich als Antwort das Ergebnis eines Treffens erzählen, das ich in den USA hatte. Der Generaldirektor von Walmart hat mich angesprochen und gesagt: Herr Minister, hält Ihre Verordnung? Wenn nicht, wir sind bereit, in Österreich über 10 Milliarden Schilling sofort in neue Supermärkte zu investieren. Ich habe gesagt, bei uns ist die Prävalenz der Ortszentrenpflege so groß, daß damit nicht zu rechnen ist. Das steht in Österreich rund um die riesigen neuen Vergnügungsparks zur Diskussion. Ob sie jetzt in Seefeld oder in Niederösterreich-Süd entstehen, für Einkaufszentren ist das eine ideale Idee.

Mein Hauptanliegen im Augenblick ist daher, daß wir durch eine bessere Definition der Ortszentren, durch die Überprüfung der Kennziffern, die Überprüfung dieser Autofahrdistanz die möglichen Diskrepanzen beseitigen. Ich würde das Hohe Haus dringend bitten, zu dieser Maßnahme zu stehen, denn Österreich ist im Augenblick noch immer Zielgebiet von riesigen Investitionen, vor allem des Baustoffgroßhandels. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Haigermoser, bitte.

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Ich bin ja selten genug auf Ihrer Wellenlänge. Was aber die Einkaufszentren-Verordnung anbelangt, sind Sie, glaube ich, auf dem richtigen Weg. Diese Verordnung ist deswegen notwendig, um einen Rest an lebendigen Innenstädten zu erhalten. Das, was bereits passiert ist, kann man sowieso nicht mehr rückgängig machen.

Es ergibt sich aber natürlich eine zusätzliche Frage zum Thema Nahversorgung, die ich an Sie stellen möchte: Welche sonstigen Maßnahmen haben Sie geplant, um eine flächendeckende Nahversorgung – funktionierend auch für den Tourismus, für die älteren Menschen, für die ländlichen Bereiche in Österreich – wiederherzustellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich möchte vorwegschicken, was ich im Wirtschaftsausschuß schon einmal gesagt habe: In dem von mir dem Hohen Haus zugeleiteten Mittelstandsbericht ist das Ergebnis einer jüngsten Umfrage über die Nahversorgungsempfindung der Konsumenten enthalten. Danach fühlen sich 93 Prozent der österreichischen Konsumenten ausgezeichnet versorgt. 6 Prozent üben Kritik, 1 Prozent fühlt sich unterversorgt. Wir haben daher eher ein Nahversorgungsproblem auf der Interpretationsseite der Angebotsstruktur, offenbar nicht auf der Seite der Nachfrage, da dieselbe Studie auch zeigt, daß 85,7 Prozent der Konsumenten per Auto ihre Einkäufe tätigen und sich nicht unterversorgt fühlen. Ich sage das als Vorbemerkung.

Was haben wir im Haus diesbezüglich getan? – Wir haben eine Schwerpunktaktion in der BÜRGES gemacht, haben hier seit dem Vorjahr insgesamt ein Investitionsvolumen von über 300 Millionen Schilling bewegt, mit Zuschüssen in der Größenordnung von 22 Millionen Schilling, wobei deutlich wurde, daß das Hauptschwergewicht im Bereich Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereigewerbe und bei einigen anderen Sondergewerben im Bereich der Fachhändler und auch bei manchen Gastwirtschaften liegt. Ich erinnere auch an die letzte Gewerbeordnungsnovelle, wo wir durch, wie das so schön heißt, Enpowerment, mehr Berechtigungen für Gastwirte und Lebensmitteleinzelhändler strukturelle Effekte zu erzielen versucht haben.

Letzte Bemerkung: Wenn es uns nicht gelingt, die in vielen Gemeinden praktizierte Politik der Vertreibung von Geschäftsleuten aus dem Zentrum zu beenden, werden alle unsere Maßnahmen nicht greifen. Ich nenne ein Beispiel. Jüngst beschwerte sich bei mir erneut ein Unternehmer: Weil er vier Parkplätze nicht bereitstellen kann, zahlt er an eine Gemeinde im Westen Österreichs 2,7 Millionen Schilling Abstandsgebühr. Die gleiche Gemeinde stellt einem neugebauten Supermarkt einen großen Parkplatz vor den Toren der Stadt zur Verfügung. Das führt zur Vernichtung von Geschäften!

Wir stimmen, glaube ich, darin überein, daß wir jetzt feststellen können, daß wir in den neuen Supermärkten – nehmen Sie Multiplex oder andere Einkaufszentren her – genau dieselbe Geschäftsstruktur vorfinden, die wir früher in den Innenstädten gehabt haben. Es gab dort dieselbe Geschäftsstreuung, nur wurden diese Geschäfte aufgrund mangelnder Verkehrsanbindung und so weiter de facto vertrieben.

Ich gehe davon aus, daß, sollte es uns im Zuge des nächsten Finanzausgleiches gelingen, die Zweckwidmung der Wohnbauförderung zu liberalisieren, sodaß wir dann in den Innenstädten mehr etwa in die Parkraumschaffung, Kellerwirtschaft, in Überdachungen von engen Gassen und so weiter investieren können, wir auf diese Weise zu einer größeren Attraktivität der Zentren beitragen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Mag. Steindl. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Minister! Das Thema Nahversorgung ist meiner Meinung nach ein wichtiges Thema, wird immer wieder diskutiert und berührt vor allem den ländlichen Raum. Wenn ich mir zum Beispiel das Südburgenland ansehe, so muß ich sagen, daß dort die Nahversorgung überhaupt nicht mehr gesichert ist.

Meine Frage daher: Welche Maßnahmen zur Sicherung der Nahversorgung wurden neben der Einkaufszentren-Verordnung von Ihnen getroffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich habe bereits die Förderungsmaßnahmen sowie die Änderungen in der Gewerbeordnung durch Erweiterung der Berechtigungsumfänge angeführt. Ich muß aber noch auf folgenden Punkt hinweisen: Wir haben es geschafft, mit verschiedenen lokalen Initiativen und Organisationen etwa Kampagnen wie "Fahr nicht fort, kauf im Ort!" durchzuführen, denn es ist klar, daß keine wie immer geartete Förderung hilft, wenn der Konsument sich nicht dazu entscheidet, lokal einzukaufen. Ein modernisierter Kleinladen, der keine loyalen Konsumenten als Kunden hat, hat keine Chance.

Zwei Dinge müssen wir uns allerdings noch überlegen. Das eine ist die Frage der Einkaufspolitik von diversen Unternehmen, da sie sehr oft über das breite Splitting der Einkaufskonditionen von der Preisgestaltung her nicht in der Lage sind, attraktive Preise zu bieten. Und der zweite Punkt ist, daß noch mehr Gemeinden von der Möglichkeit Gebrauch machen sollten, über eine bessere Öffnungszeitenregelung in den Ortszentren die Geschäfte dann offenzuhalten, wenn etwa Pendler heimkehren oder wenn die Gäste kommen. Es handelt sich hier nicht nur um ein reines Tourismusproblem. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Dr. Moser, bitte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Minister! Wann werden Sie darauf dringen, daß es einen gesamtösterreichischen Nahversorgungsgipfel gibt, bei dem Sie zum Beispiel die Verabschiedung der Regierungsvorlage, die seit dem Jahr 1996 vorliegt, im Hinblick auf das Verbot des Verkaufes unter dem Einstandspreis vorantreiben werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Im derzeitigen Entwurf einer Kartellgesetznovelle ist vorgesehen, daß dieses Hohe Haus beschließen sollte, daß das Verbot des Verkaufes unter dem Einstandspreis ausdrücklich im Kartellgesetz angeführt wird, um den Mißbrauch marktbeherrschender Stellungen zu verhindern. Bei Nahversorgungsgipfeln mit den Landesverantwortlichen etwa für Wirtschaft hat sich immer wieder gezeigt, daß es eigentlich wenig Koordinierungsbedarf auf Bundesebene gibt, da die Entscheidungen in den Kompetenzen vor Ort liegen, das sind die Raumordnungsentscheidungen, das sind die örtlichen Entscheidungen über die Flächenwidmungspolitik. Die Förderungsentscheidungen haben wir gemeinsam getroffen, Geld ist da, Maßnahmen sind gesetzt.

Ich halte nichts von neuen Gipfeln, sondern jetzt ist die Zeit der Reaktion. Ich denke etwa an die unterschiedlichen Haltungen in einigen Bundesländern zur nötigen Flexibilität, etwa was die Nutzung der Möglichkeiten bei der Ladenöffnungszeit betrifft. Es haben nur zwei Bundesländer, nämlich Vorarlberg und Salzburg, wirklich davon Gebrauch gemacht. Andere haben sich dem Problem noch nicht genähert. Ich kann nur appellieren. Von neuen Gipfeln halte ich nichts. Es bleibt dabei, wir müssen an den Rahmenbedingungen weiterfeilen. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die Tankstellenshops klagen über zu geringe zeitliche Möglichkeiten, ihre Produkte zu verkaufen. Sie wissen, hier gibt es eine Beschränkung im Zusammenhang mit dem Lebensmittelhandel. Und man führt darauf die zu hohen Benzinpreise zurück.

Sind Sie bereit, hier eine Liberalisierung im Verkauf vorzunehmen, um mit diesen Deckungsbeiträgen die Benzinpreise zu senken?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hohes Haus! Ich habe beim letzten Gespräch mit den Generaldirektoren und Direktoren der Majors in meinem Haus vor zwei Tagen folgende Position vertreten: Aus der Geschichte Österreichs heraus verstehe ich es, wenn ein kleiner Landgasthof, ein kleiner Landesproduktenhändler, der nebenbei eine Tankstelle hat, ein Tankstellenshopproblem hat. Ich verstehe es hingegen nicht, wenn die großen Organisationen – wie immer sie heißen, ich will jetzt keinen Namen nennen, jedenfalls diejenigen, die in Österreich das Oligopol der Erzeuger stellen – nicht selbst handeln. Sie haben genug Kapital, sie haben genügend befähigte Personen und können um jede Tankstelle, wenn sie es örtlich durchsetzen können, einen normal großen Einzelhandelsbetrieb bauen. Ein Großteil liegt in Tourismusgebieten mit geänderten Öffnungszeiten. Diese Argumentation halte ich als Rechtfertigung für ein hohes Nettopreissystem in Österreich nicht für geeignet.

Ich glaube daher, daß es nicht diese Schiene sein kann. – Sie sollen das tun! In der Frage Öffnungszeiten könnten wir eine größere Flexibilität brauchen, aber eine Umsetzung in die Praxis war bisher nicht möglich. Das Tankstellenproblem jedoch wird durch diese Facette sicher nicht gelöst. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Wir kommen nun zum dritten Thema. Ich bitte Herrn Abgeordneten Mag. Peter die Anfrage Nummer 251/M zu formulieren. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

251/M

Sind Sie nach den zuletzt erhobenen Forderungen Ihres Koalitionspartners SPÖ nach einer weiteren Liberalisierung der Gewerbeordnung, beispielsweise durch Verzicht auf die Meisterprüfung als Zugangsvoraussetzung, bereit, auf Grundlage des Gesetzesantrages des Liberalen Forums noch vor dem Sommer eine echte Liberalisierung der Gewerbeordnung vorzunehmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich möchte zunächst darauf verweisen, daß die Diskussion um die Gewerbeordnung in Österreich im Augenblick in eine Richtung verläuft, die am Problem vorbeigeht. Wir haben nur mehr 22 Gewerbe, in denen die Meisterwürde Voraussetzung für die Gewerbeerteilung ist, und dazu gibt es noch Nachsichtregelungen.

Wir haben in der Zwischenzeit das Problem der Inländerdiskriminierung vor den Verfassungsgerichtshof gebracht, diese Regelung angefochten. Dieses Problem wird in den nächsten Monaten sicherlich einer eindeutigen Entscheidung zugeführt werden. Ich habe höchste Bedenken, daß durch diese Diskussion die Meisterbetriebe, die eines der Rückgrate unserer Berufsausbildung und Qualitätssicherung sind, weiter verunsichert werden. (Beifall bei der ÖVP.) Die Entwicklung geht in jene Richtung, von der wir geredet haben.

Ich möchte nicht im Vorfeld der Umsetzung der Entscheidungen, die wir im Bereich der Inländerdiskriminierung erwarten, ein weiteres Aussteigen aus der Lehrlingsbeschäftigung und ein sinkendes Interesse, die Meisterprüfung zu machen. Ich füge allerdings hinzu, daß in dieser Diskussion ein Punkt von mir klargestellt werden muß: Aufgrund vieler Erfahrungen wissen wir, daß es zweckmäßig sein wird, bei welcher Gelegenheit immer, eine transparente Meisterprüfung einzuführen, eine modernisierte Meisterprüfung etwa mit Einsatz von Computerfragen, damit die persönlichen Effekte, die wir alle aus unseren Erfahrungen kennen, bei diesen Prüfungen vermieden werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Eine Zusatzfrage des Fragestellers.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die derzeit gültige Gewerbeordnung enthält weit über das Meisterprüfungsrecht hinaus eine Summe von Überreglementierungen. Warum sind Sie nicht bereit, an diesen Überreglementierungen zu arbeiten und dafür einzutreten, daß ein vorliegender Antrag im Parlament bearbeitet wird, um so einen neuen Prozeß der Liberalisierung in Gang zu setzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Die Erfahrungen der Bürgerservicestelle meines Hauses und des Gründerservices für Jungunternehmer zeigen, daß Beschwerden betreffend die Gewerbeordnung in der Zwischenzeit sehr selten geworden sind. Der größte Teil der Beschwerden, die mein Haus erhält, richtet sich – ob Sie es glauben oder nicht, das ist nachprüfbar – darauf, daß sich manche Landesregierungen noch zu sehr an Empfehlungen bei der Nachsicht von Befähigungsprüfungen halten. Ich glaube, daß man, wenn es zu weiteren Gesprächen kommt, auch darüber noch reden sollte.

Wir haben seinerzeit die verpflichtenden Begutachtungen beseitigt, jetzt ist die Begutachtung freiwillig, und manche Abteilungen halten sich zu sehr an Empfehlungen derer, die gefragt werden, ob ein Neuer akzeptiert wird. Ich glaube, daß eine derartige Änderung zweckmäßig wäre. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Haigermoser, bitte.

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sind Sie auch der Meinung, daß, wie wir Freiheitliche es vorgeschlagen haben, der Meisterbrief durch die Gleichstellung mit der Matura nach entsprechender Reform aufgewertet werden soll, um das Leistungsprinzip auch in der Gewerbeordnung besser fokussieren zu können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir haben in der Vergangenheit immer wieder dokumentiert, daß die Zulässigkeit zum Aufstieg in Österreichs traditionelle Hierarchien nicht mehr von akademischen Ausbildungen abhängig gemacht werden kann. Wir haben das jüngst bei der Wirtschaftstreuhänderordnung bewiesen. Wir haben das Prinzip "Karriere durch Lehre" auch durchgängig im Bereich der Gewerbeordnung und in anderen Berufen.

Ich persönlich bin für eine Aufwertung des Meisterberufes. Ob man ihn einer Matura gleichstellen soll und er damit an der Hochschule weiterarbeiten sollte, das weiß ich nicht. Dafür bin ich nicht der zuständige Minister. Worum es mir geht, ist, daß sich jemand, der sich dieser Qualifizierung, nämlich schlußendlich der Meisterprüfung, unterwirft, mit der nötigen Flexibilität im Bereich der Selbständigkeit bewegen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Tichy-Schreder, bitte.

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Bundesminister! Die Meisterprüfung ist ein Qualitätssiegel für die Betriebe und auch für den Konsumenten, der ja damit sicher sein kann, daß in diesem Betrieb Qualitätsarbeit erbracht wird.

Herr Mag. Peter! Daß Sie immer wieder die gleiche Gewerbeordnung einbringen und immer wieder neu verhandeln wollen (Abg. Haigermoser: Frage! Frage!) – die Zusatzfrage kommt sofort –, halte ich nicht für gerechtfertigt.

Herr Bundesminister! Ich möchte Sie fragen: Welche Möglichkeiten gibt es, die in der letzten Gewerbeordnungsnovelle eingeräumten Teilgewerbe zu forcieren? Welche Möglichkeiten sehen Sie dafür, daß Teilgewerbe noch stärker zum Zug kommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich habe in meinem Haus den Auftrag gegeben, noch vor dem Sommer eine generell andere Politik für Teilgewerbe in Begutachtung zu bringen. Wir sollten nicht mehr selektiv Teilgewerbe aussuchen, sondern im Prinzip sollte jedes Gewerbe als teilgewerbefähig erklärt werden. Das kann ich im Verordnungswege, so wird es auch in die Begutachtung gehen. Wir stellen uns aber vor, daß bei einigen Gewerben, wo es besonders auf Sicherheit ankommt, wie etwa bei Augenoptikern und ähnlichen Berufen, eine solche Möglichkeit nicht vorgesehen wird. Aber grosso modo soll für die ganze Reihe der Gewerbe mit diesen Ausnahmen die entsprechende Basisausbildung ausreichen, um selbst in das Unternehmen einzusteigen.

Ich glaube, daß das mit den Erleichterungen, die den Neuunternehmen durch die kommende Steuerreform geboten werden, für jene Leute, die die Fachausbildung ohne Meisterprüfung abgeschlossen haben, aber die Qualifikation und auch die einschlägigen Fachschulen besucht haben, eine sehr attraktive Alternative werden könnte.

Wir haben mit den jetzt vorhandenen 21 akzeptierten Teilgewerben rund 300 neue Unternehmen schaffen können.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke schön.

Das vierte Thema hat Herr Abgeordneter Dr. Puttinger vorgeschlagen. Ich bitte ihn, die Frage zu formulieren.

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

247/M

Wie schätzen Sie die wirtschaftliche Entwicklung für das Jahr 1999 auf Basis der gegenwärtigen konjunkturellen Situation ein?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um die Beantwortung.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Es hat sich in der Einschätzung des Konjunkturverlaufes der nächsten zwei Jahre eine deutliche Verschiebung der Schwergewichte ergeben. Alle Analysten bestätigen – auch die jüngste Prognose des Wirtschaftsforschungsinstitutes, die in den nächsten Tagen wieder publiziert werden wird, dürfte auf dieser Linie liegen –, daß der Export als Motor der Konjunktur in Westeuropa wie auch anderswo seine starken Triebkräfte verliert und an seine Stelle in der Bedeutung für die Konjunktur die Binnennachfrage treten wird.

Ich weise darauf hin, daß das mit einer der Gründe dafür war, daß bei der Steuerrechtsreform oft davon die Rede war, durch echte Steuerreduktionen im Einkommensbereich zu einer Stärkung der Binnennachfrage beizutragen.

Insgesamt dürften sich die Wachstumsraten verringern. Ich rechne aber dennoch damit, daß sich Westeuropa auf einem gesicherten Wachstumspfad zwischen 2 und 3 Prozent bewegen wird. Dieser Wachstumspfad ist jedenfalls ausreichend, um die Inflation und das Niveau der Kreditzinsen niedrig zu halten. Es wird allerdings im Bereich der Arbeitskräftepolitik erhöhter Kreativität bedürfen, da es trotz 30 000 neuer Jobs jedes Jahr in Österreich starken Druck auf die österreichische Arbeitslosenrate gibt. Daher bedarf es in diesem Bereich neuer Kreativität.

Wir müssen zwei Dinge unterscheiden: Knapp 40 Prozent aller Arbeitslosen in Österreich kehren innerhalb eines Jahres zum selben Arbeitgeber zurück – das ist ein Sonderproblem. Das zweite Problem ist, daß sehr viele ältere Arbeitslose Einkommensprobleme haben. Es wird vernünftiger sein, in diesem Bereich künftig Arbeitskosten zu fördern und nicht Kreditkosten, wie wir das bisher getan haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sie haben jetzt selbst gesagt und damit das bestätigt, was im Wifo-Bericht aufgezeigt wird, daß die Inlandsnachfrage in ganz Europa zunehmend die Exporte stützt. Meine Frage, Herr Minister, ist daher, ob sich diese Inlandsnachfrage auch im Tourismus beziehungsweise in der zweiten Branche, der Bauwirtschaft, in Zukunft auswirken wird, beziehungsweise welche Maßnahmen Sie ergriffen haben, damit sich die Inlandsnachfrage, die ja tatsächlich stattfindet, auch im Tourismus und im Baugewerbe auswirkt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Abgeordneter! Die Erfahrungen etwa bei der ITP, an der ich persönlich teilgenommen habe, zeigen, daß auch einkommensstützende Maßnahmen, wie sie im Nachbarland Deutschland getroffen wurden, eine unglaublich starke Auswirkung auf die Urlaubsneigung von Bevölkerungsschichten haben, die sich in den letzten Jahren – in Deutschland etwa auf der "Soli-Basis" – entschieden haben, beim Urlaub zuerst zu sparen.

Ich erwarte mir eine ähnliche Tendenz von den Kernreformpunkten der österreichischen Steuerrechtsreform, da ich davon ausgehe, daß die starke Reduktion der Steuerbelastung, bezogen auf das Jahreseinkommen, Beträge ergibt, die einen ordentlichen Urlaub, vor allem in Österreich, erlauben.

Der nächste Punkt ist: Mein subjektiver Eindruck ist, daß Europa insgesamt vom sozialen Klima her wärmer geworden ist. Das dient dem Tourismus.

Was die Bauwirtschaft anlangt, möchte ich darauf hinweisen, daß alle Studien beweisen, daß dort, wo die öffentliche Hand im Hochbau, im Tiefbau tätig ist, im Augenblick eine gute Auslastung gegeben ist. Auch bei der Modernisierung, Stadterneuerung haben wir dank der Mietzinsreservenregelung noch immer einen starken Druck auf Projekte.

Ich muß allerdings fairerweise sagen, daß es im Wohnbau einen deutlichen Einbruch gibt, und wir müssen uns daher rasch überlegen, ob wir nicht eigentlich beim nächsten Finanzausgleich die Zweckwidmung der Wohnbauförderungsmittel aufheben sollten, um sie in anderen Bereichen investiv einsetzen zu können. Da sehe ich wirklich Handlungsbedarf.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser, bitte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Bundesminister! Welchen Beschäftigungseffekt erwarten Sie sich aufgrund der momentanen konjunkturellen Lage?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Abgeordnete! Wenn es uns gelänge – etwa im Bereich der Wiedereinstellungen –, Verlängerungen der Saisonen zu erreichen, wäre das wichtig.

Wir haben bei der Regierungsklausur in Bad Aussee folgendes Projekt diskutiert: Es wird in Aussicht genommen, in Hinkunft – im Hinblick auf allfällige budgetäre Strategien im Zusammenhang mit der internationalen Entwicklung – die Investitionen der öffentlichen Hand von allfälligen Reduktionen oder Bindungen auszunehmen – dies auf vier Jahre und unter drei Bedingungen:

Erstens: Es müßten die Flexibilisierungsmodelle von der Bauindustrie auch auf das Baugewerbe und die Nebengewerbe ausgedehnt werden.

Zweitens: Es müßte sichergestellt werden, daß die bisher üblichen Praktiken von Wettbewerbsabsprachen nachhaltig unterbleiben, um damit sozusagen nicht nur die Preise zu fördern.

Der dritte Punkt wäre, daß wir durch entsprechende Vereinbarungen größere Flexibilität auf diesem Gebiet erreichen können.

Das würde ich mir erwarten für den Bereich, den wir da steuern können.

Sollte es gelingen, daß wir Mittel aus der Wohnbauförderung in anderen Bereichen investieren können, erwarte ich mir eine Beschäftigungsstabilisierung in diesem Bereich.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die Beitrittsverhandlungen mit unseren Nachbarstaaten laufen. Für wann fassen Sie einen Beitritt dieser Nachbarstaaten zur Europäischen Union ins Auge? Und welche wirtschaftlichen Effekte erwarten Sie sich daraus?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister! Ich überlasse es Ihnen, ob Sie die Frage beantworten; ein direkter Zusammenhang ist jedenfalls nicht gegeben. – Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Die Gespräche mit den Ministern der Nachbarländer zeigen eindeutig, daß sie alle sich darüber im klaren sind, daß die Hauptvoraussetzung für ihren Beitritt, nämlich die rechtzeitige, tatsächlich erfolgende Umsetzung des Acquis Communautaire, des Rechtsbestandes der Europäischen Union, in den nächsten paar Jahren nicht zu erwarten ist. Der Druck der Europäischen Union gerade auf dieses Kriterium wird jeden Tag stärker.

Ich kann Ihnen etwa vom jüngsten Besuch in Rumänien berichten oder von Beschwerden aus Tschechien, daß sich zeigt, daß zwischen der Umsetzung des Acquis auf Regierungsebene und der Umsetzung bei Gerichten und Verwaltungsbehörden noch Qualitätslücken klaffen. Ich sehe hier keine Perspektive im Sinne des Fragestellers für die nächsten drei, vier, fünf Jahre.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Dr. Kaufmann, bitte.

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Herr Bundesminister! Ich komme zurück auf die konjunkturelle Lage. Sie wissen, daß es in Österreich einige Regionen gibt, die sich sehr toll entwickeln, aber auch viele Regionen, in denen es hinsichtlich der Wachstumsrate schlecht aussieht. Gibt es in Ihrem Ressort erstens den Willen und zweitens die Möglichkeit, die Politik der Länder zu unterstützen, um auch jene Regionen, die bei der Wachstumsrate sehr unterdurchschnittlich abschneiden, mehr zu forcieren und zu unterstützen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um die Beantwortung.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: In den Gesprächen mit den zuständigen Landesregierungen zeigt sich – das zeigt ja auch unsere Studie zur GSD-Entwicklung –, daß es sehr wichtig ist, die infrastrukturellen Vernetzungen zu verbessern, und daß wir uns gleichzeitig auch bemühen müssen, manche zu enge Regionseinteilung in einem größeren Rahmen zu sehen.

Um zwei Beispiele zu nennen: Wenn die Straßenerschließung des Waldviertels zwischen dem Wachstumsräumen Linz, Wien und dem mährisch-tschechischen-Raum besser wäre, wäre manches leichter. Im Waldviertel ist das wirklich manchmal ein Problem. In jüngsten Investorengesprächen haben uns Investoren gesagt: Wenn ich drei Stunden bis zum nächsten Flughafen brauche, dann bringst’s das nicht!

Daher haben wir zum Beispiel auch zur Sicherung des Standortes Nord-Waldviertel Gespräche mit den tschechischen Kollegen geführt hinsichtlich einer etwaigen Öffnung des Flughafens in Budweis. Dann wäre man in relativ kurzer Zeit bei einem Flughafen. Aber wir reden auch mit privaten Bedarfsflugunternehmen, ob man nicht durch bessere private Hubschrauberservicedienste ein Shuttleservice einrichten könnte, wie es überall auf der Welt vorhanden ist, sodaß man sich darauf verlassen kann, zum Flughafen zu pendeln – Flughäfen sind heute sehr wichtig –, ohne drei Stunden im Stau zu stecken.

Weiters müssen wir auch über die Potentiale an Facharbeitskräften in den Regionen eine bessere Transparenz schaffen. In manchen Regionen ist die Pendelbereitschaft höher als die Bereitschaft, in der Region zu bleiben und in einem Unternehmen vor Ort zu arbeiten. Das zeigen einige Investitionen etwa im Umfeld des Grazer Raumes und das ist dann auch ein Grund dafür, daß sich Investoren für Ballungsgebiete entscheiden. Aber ich bin in diesem Zusammenhang mit jeder Region im Gespräch, welche Basis an Infrastrukturvoraussetzungen wir schaffen können.

Ich füge noch folgendes hinzu: Die enorme Liberalisierung im Telekom-Bereich und die bessere Vernetzung haben in der Zwischenzeit zu einer wesentlichen Aufwertung von Standorten in bisher entlegenen Regionen geführt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer, bitte.

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Minister! Sie haben richtigerweise vom Nachlassen der Exportdynamik gesprochen und gleichzeitig gesagt, daß daher der Binnenmarkt stärker angegangen werden muß. Gerade beim Binnenmarkt gibt es aber ein Wettbewerbsproblem der heimischen Wirtschaft, denn das Außenhandelsdefizit insgesamt betrug im letzten Jahr 73 Milliarden Schilling, aber jenes nur mit den europäischen Staaten 93 Milliarden.

Meine Frage daher: Welche konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft werden Sie neben der Steuerreform und neben der Benzinpreisregelung noch in dieser Legislaturperiode setzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich möchte zunächst auf die Zahlen verweisen. Ich habe in diesem Haus vor etwa zweieinhalb Jahren erklärt, daß mir die Binnenmarktoffensive das wichtigste außenhandelspolitische Anliegen ist. Wir haben im Jahr 1997 unsere Zahlungsbilanzrelation gegenüber der EU um 16 Milliarden Schilling, im letzten Jahr um 8 Milliarden. Ich erwarte auch für heuer einen ähnlichen Trend.

Das hängt im wesentlichen mit zwei Dingen zusammen. Neue Märkte, die wir bisher nicht beachtet haben, tun sich auf, vor allem der französische Markt. Wir erwarten heuer aufgrund eines Sonderprogramms, das läuft – ein Bemühungsprogramm, das überwiegend ein Networking-Programm, ein Beziehungsaufbauprogramm ist –, allein gegenüber Frankreich eine Drehung, eine Verbesserung unserer Salden um etwa 3 Milliarden Schilling. Wir gewinnen in England wieder Marktanteile zurück. Wir werden auf dem italienischen Markt und auf dem spanischen Markt stärker, unsere Hauptfokussierung auf den deutschen Markt beginnt sich zu drehen.

Das ist ein Bemühungsprogramm, dafür brauche ich keine Förderungen, im Binnenmarkt geht es um Engagement. Ich möchte ein Vorarlberger Beispiel nennen: Pfanner hatte in Frankreich keine Chance, seit Pfanner aber eine Dependance im Elsaß gemacht hat und jetzt auf den Produkten "Pfanner – Alsace" steht, ist plötzlich der Zugang zu allen großen Märkten gegeben. Es geht dabei um Maßnahmen, die nicht unbedingt mit Geld zu tun haben, eigentlich überhaupt nicht, da für den Binnenmarkt ja keine Förderprogramme möglich sind.

Ein zweiter Punkt, was den Binnenmarkt anlangt, ist die Perfektionierung des Binnenmarkts. Im Binnenmarkt-Ministerrat ist evident, daß der Umsetzungsgrad des Acquis Communautaires in vielen Ländern, auch in Österreich, noch nicht bei 100 Prozent liegt. Hätten wir 100 Prozent etwa im Bereich der öffentlichen Aufträge, gebe es eine enorme Verbesserung unserer Relationen.

Ich würde aber insgesamt bezüglich unserer Relationen im Außenhandel sagen: Die Zahlungsbilanz gegenüber der Europäischen Union gibt im Hinblick auf den Binnenmarkt alle möglichen Chancen. Im Hinblick auf die internationale Bewertung – Euro – ist heute entscheidend, wie der Beitrag Österreichs zur Außenbilanz der Euro-Zone ausschaut. Wir tragen zum Überschuß der Euro-Zone bei, sind also europaweit gesehen ein Asset, aber das ändert nichts daran, daß wir die Chancen im Binnenmarkt noch besser nützen müssen. Das kann jedoch nicht durch die Anwendung von Gewalt und Förderungsprogrammen erfolgen, sondern nur durch jene Aktivitäten, die ich Ihnen gesagt habe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals.

Wir kommen jetzt zum fünften Thema: Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser formuliert die Frage. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Wollen Sie trotz eines drohenden Verkehrszuwachses an den millionen- und milliardenteuren Großprojekten im Verkehrsbereich, sprich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um die Verlesung der schriftlich eingereichten Anfrage!

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Meine Frage lautet:

252/M

Wollen Sie trotz vorliegender kritischer Studien an den milliardenteuren Projekten einer Nord Autobahn sowie einer Nordost-Umfahrung Wien mit Lobauquerung und 6. Donaubrücke festhalten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ja. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage, bitte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Wie können Sie das damit vereinbaren, daß alle Bedarfsanalysen dagegen sprechen, daß ökologische Probleme auftauchen und daß sich die Pendlerströme nach Wien noch mehr auf den PKW-Bereich verlagern werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir haben ja im Rahmen der Studie, die wir in der Zwischenzeit dem Parlament übermittelt haben, mehrere Faktoren geprüft. Viele der Verkehrsströme, von denen Sie sprechen, Frau Abgeordnete, sind lokal verursacht, und es geht auch um den Komfort derer, die täglich in diesen Verkehrsstaus stecken. Wenn man die ökonomischen Kosten der Staus betrachtet, muß man sagen, es besteht hier Handlungsbedarf.

Die Projekte, um die es hier geht, sind vor allem für den Wirtschaftsraum Wien gedacht. Es ist unmöglich, daß Wien auf Dauer ohne Nordumfahrung auskommt. Wenn wir uns die Entwicklung für die nächsten 20 Jahre etwa im Wirtschaftsbereich anschauen, können wir feststellen, daß wir es mit einer, wie es so schön heißt, "Metropolitan Area" Wien zu tun haben werden, die wahrscheinlich von Hainburg bis Mistelbach, St. Pölten, Wiener Neustadt und Neunkirchen reichen wird. Und wenn wir hier nicht eine bessere Infrastruktur schaffen, werden wir in Staus ersticken – unabhängig von der Auslandsentwicklung.

Die Auslandsentwicklung spielt natürlich eine Rolle, bleiben wir beim jetzigen Faktum: Die osteuropäischen Länder haben bis zum Jahre 1989 rund 80 bis 90 Prozent ihrer Exporte auf der Eisenbahn nach Osteuropa abgewickelt. Jetzt aber wickeln sie 70 Prozent ihrer Exporte meist über LKWs meist über Österreich ab. Auf der West Autobahn gibt es täglich einen Megastau, wie Sie verfolgen können, und diese Zustände werden schön langsam unzulässig, auch vom Sicherheitsrisiko her.

Nächster Punkt: Die Umfragen im Bereich Tourismus zeigen, wo unser größter Hoffnungsmarkt liegt, nämlich eindeutig in den Ländern der früheren Donauraumregion. Aufgrund der heutigen Grenzinfrastrukturen und Straßeninfrastrukturen ist Österreich aber kein sehr einladendes Tourismuszentrum.

Ich habe das gleiche Argument gestern bei einem Interview in Tirol gebracht: Wir brauchen den Tschirganttunnel nicht, um Transit zu erzeugen, sondern um das Außerfern und Reutte besser an Innsbruck anzubinden und eine der gefährlichsten Strecken Österreichs zu beseitigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Mag. Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! In der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses wurde auch über Ihre Vorschläge betreffend den Ausbau im Bereich der Straße gesprochen, und Herr Bundesminister Einem hat gemeint, daß der Unterschied zwischen seinem Masterplan und Ihren Vorstellungen jener wäre, daß sein Masterplan mit Zahlen belegt ist, sowohl hinsichtlich des Verkehrsaufkommens als auch der Finanzierung, und Ihre Vorstellungen bloß Wünsche sind. Stimmt das, und können Sie, wenn es nicht stimmt, dem Parlament beziehungsweise dem Verkehrsausschuß die entsprechenden Unterlagen zukommen lassen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir haben eine Fassung – ich glaube, es war die Kurzfassung – dem Hohen Haus und den Klubs bereits zugeleitet. Ich werde Ihre Frage zum Anlaß nehmen, die Vollstudie zu überweisen. Sie werden sehen, daß hier auf Expertenebene wirklich mit allen möglichen Maßnahmen gearbeitet wurde, auf künftige ökonomische Wachstumsmärkte Bezug genommen wurde. Wir stellen Ihnen das gerne zur Verfügung.

Mir zu unterstellen, daß hier nur Wünsche geäußert wurden, verstehe ich, aber dazu haben sich die Experten nicht hergegeben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Abgeordneter Edler, bitte.

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Bundesminister! Ich setze auf das gemeinsame Vorgehen der Bundesregierung, insbesondere den Bahnausbau zu forcieren, aber auch Umfahrungsstraßen, die notwendig sind, zu bauen.

Meine konkrete Frage: Werden Sie den Bau der Nord Autobahn genehmigen, bevor eine ökologische Wiener Nordostumfahrung gebaut ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir werden im Zuge des einheitlichen Anlagenrechts auch im Bereich der Umweltverträglichkeit bei Straßen eine Neuregelung herbeiführen, die Kapazitäten verstärken. Ich glaube, es macht keinen Sinn, derartige Straßenprojekte, wo immer sie sind, zur Diskussion zu stellen, ohne auch sicherzustellen, daß sie in zumutbarer Zeit – nicht auf Dauer verzögert – geprüft werden.

Es ist mir die Nordostumfahrung Wien einschließlich der Querung der Donau – ob jetzt durch Tunnel oder Brücke bei Schwechat – und B 301, wo wir erwarten, daß das Verfahren mit Trassenverordnung noch heuer hoffentlich positiv abgeschlossen werden kann, wichtig, sodaß wir das rechtzeitig über die Bühne bringen wollen. Es macht keinen Sinn, Stückwerk zu bauen.

Ich wiederhole daher das, was ich zur vorigen Anfrage gesagt habe: Die Regelung des Wiener Umfeldes, vor allem mit den stark verkehrserregenden Bewegungen in beide Richtungen Mitteleuropas, macht ein großes Problem.

Ich möchte dem Hohen Haus nur noch folgendes sagen: Ich bekomme oft Anrufe von Handys von österreichischen Servicetechnikern, die sich nach einer Stunde oder zwei Stunden Wartezeit bei der Einreise in der Slowakei bei uns beschweren und sagen, daß wir Wirtschaftsverkehr verhindern.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Mag. Firlinger, bitte.

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Der Verkehrsausschuß hat seine Beratungen über die vorliegenden Masterpläne – Mehrzahl! – ausgesetzt und einem Unterausschuß zugewiesen. Welche Maßnahmen werden Sie, Herr Bundesminister, konkret setzen, damit es noch in dieser Legislaturperiode zu einem einheitlichen Bundesverkehrswegeplan kommt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich kann nur das sagen, wofür ich mich zuständig fühle: Wir schicken in den nächsten Tagen den Entwurf einer Novelle zum Bundesstraßengesetz zur Begutachtung, wonach in den Anhang des Bundesstraßengesetzes all die von mir genannten Projekte aufgenommen werden sollen, damit wir wissen, was wir im Straßenbau wollen.

Ich glaube, daß es, da es jetzt den Masterplan vor allem für den Bahnbereich gibt und unsere Entwicklungsvisionen für die Straßen, zweckmäßig ist, eine Koordinierung herbeizuführen. Ich nehme an, daß das im Verkehrs- und Bautenausschuß der Fall sein wird. Unsere Einwendungen wurden vom Verkehrsministerium nicht berücksichtigt, das Verkehrsministerium ist gegen den Ausbau der meisten Straßen, der in unserem Bereich stattfindet – ich glaube, daß da der Souverän die Entscheidungen zu treffen haben wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Abgeordnete Dr. Brinek, bitte.

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Bundesminister! Teilen Sie die Auffassung, die ja auch der Innenminister in seiner Funktion als niederösterreichischer SPÖ-Vorsitzender in bezug auf die notwendige Nord Autobahn hat – eine Auffassung, die sich ja daraus begründet, daß der Ausbau der Südstrecke nur dann einen Sinn hat, wenn es nach Norden eine Verlängerung gibt? Sind Sie da auf der Seite Schlögls, beziehungsweise werden Sie versuchen, sich in dieser Richtung noch weitere Kombattanten – andere als den Verkehrsminister – zu suchen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich habe nach vielen Bürgerversammlungen, nach vielen Bürgermeisterversammlungen im Norden Niederösterreichs, auch im Mühlviertel, von der Basis die Zustimmung für derartige Projekte signalisiert erhalten. Ich glaube, daß es diesbezüglich – mit Ausnahme weniger Gemeinden und Gruppen – einen breiten Konsens gibt. – Das ist der eine Punkt. (Abg. Dr. Petrovic: Wieso gibt es keine Bahn?)

Ich bin froh darüber, wenn Kollegen in ihren politischen Funktionen in den Ländern diese Projekte unterstützen. Ich meine, daß allein der Anschluß des Nordteils an die rundherum wachsenden Regionen sowie eine bessere Qualität für Pendler nach Wien per se ein Argument sind, da die Südausbauschiene aufgrund des jetzigen Verkehrs bereits ein Problem darstellt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Wir kommen nun zur 6. Frage, die Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann formuliert. – Bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

250/M

Warum hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten anstelle gesetzlich ausreichender Normen zur Qualitätssicherung diese Aufgabe per Bescheid privaten Vereinen wie der GWT, GRIS oder der ÖVGW übertragen, wodurch Unternehmen zur Wahrung ihrer Chancen auf Erteilung eines öffentlichen Auftrages gezwungen sind, unter erheblichen finanziellen Belastungen und unter Preisgabe von firmeninternen Daten Mitglied des jeweiligen Vereines zu werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um die Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hohes Haus! Aufgrund der geltenden Rechtslage, basierend auf der Gütezeichenverordnung aus dem Jahre 1942, hat das Wirtschaftsministerium Gütegemeinschaften die Führung eines beim Patentamt als Verbandsmarke registrierten Güte- und Beschaffenheitszeichens zu genehmigen, wenn die Gütegemeinschaft für bestimmte Produkte und Leistungen mittels Güterichtlinien eine höhere Produktqualität, als sie zum Beispiel in Normen vorgesehen ist, definiert. Eine Gütegemeinschaft verkörpert das gegenüber dem branchenüblichen Durchschnitt höhere Qualitätsbewußtsein der in ihr zusammengeschlossenen Hersteller, die dieses höhere Qualitätsniveau auch entsprechend kennzeichnen wollen.

Die Mitgliedschaft zu solchen Gütegemeinschaften ist vollkommen freiwillig. Sie stehen auch nicht zwangsläufig in irgendeinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Wirtschaftskammer Österreich.

Keinesfalls kann bei öffentlichen Ausschreibungen der Nachweis bestimmter Produkteigenschaften ausschließlich durch ein Gütezeichen verlangt werden – es sei denn, daß die betreffende Güterichtlinie im Rahmen der EU-Richtlinie 83/189, Notifikationsrichtlinie, bei der EU notifiziert ist. Die Verwendung nicht notifizierter Vorschriften als Voraussetzung für die Erteilung von Zuschlägen ist eindeutig rechtswidrig und würde eine Aufhebung zur Folge haben.

Die Gütegemeinschaft Wassertechnik, GWT, wurde bereits im Jahre 1976 vom damaligen Bundesministerium für Bauten und Technik zugelassen. Die Zulassung wurde mehrmals verlängert und gilt derzeit bis 30. September 2000. Im gesamten Zulassungszeitraum sind dem Ministerium keinerlei Beschwerden über die Arbeit der GWT oder der anderen, in der Anfrage beispielhaft erwähnten Gütegemeinschaften bekanntgeworden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Hofmann, bitte.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Das, was Sie jetzt geäußert haben, nämlich die freiwillige Mitgliedschaft und die Unverbindlichkeit hinsichtlich der Erteilung öffentlicher Aufträge entspricht nicht der Praxis.

Werden Sie daher, insbesondere deshalb, weil auch Beamte Ihres Ministeriums stark in das Geschehen der Gütegemeinschaften eingebunden sind, dafür Sorge tragen, daß diese Insidergeschäfte, die da nachweislich stattfinden, beendet werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Abgeordneter! Ich habe Ihnen im Zuge einer der letzten Interventionen hier im Hohen Hause angeboten, daß Sie mir in einem persönlichen Gespräch Ihre Vorbehalte darlegen und wir versuchen, das direkt über den konkreten Fall zu klären.

Generell kann ich Ihnen meine Bereitschaft nur dahin gehend signalisieren, daß es, falls Dinge, wie Sie sie behaupten, tatsächlich so stattfinden, nicht die geringste Intention unseres Hauses gibt, so etwas zu fördern.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Dr. Trinkl, bitte.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, bei Gütegemeinschaften handelt es sich um eine freiwillige Vereinbarung besonders qualitätsorientierter Betriebe, die mit der Wirtschaftskammer direkt nichts zu tun haben und auch keine Initiative der Wirtschaftskammer sind.

Haben Sie vor, in diese privaten Vereinbarungen einzugreifen, beziehungsweise sehen Sie überhaupt eine Notwendigkeit zur Änderung der bestehenden Rechtslage?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Als Jurist habe ich den Eindruck, daß es nicht klug ist, heute noch mit einer Verordnung aus dem Jahre 1942 zu "fahren", sondern meine, daß es notwendig wäre, eine echte "Austrifizierung" dieser Bestimmung vorzunehmen, und daran werden wir in meinem Haus arbeiten.

Am Prinzip selbst, daß es der privaten Initiative überlassen ist, sich so zu organisieren und dann akkreditiert zu werden, habe ich nichts zu ändern vor. Ich habe sogar vor, manche Funktionen meines Hauses auszugliedern, Privaten zu übertragen, da nicht alles von der öffentlichen Hand gemacht werden muß. In diesem Zusammenhang nenne ich etwa die Qualitätskontrolle im Rahmen von Akkreditierungen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. – Herr Abgeordneter Mag. Peter, bitte.

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Welche wettbewerbsrechtlichen Kontrollmöglichkeiten haben Sie über diese Gütegemeinschaften? – Wenn keine: Ist es nicht auch eine Frage des Kartell- und Wettbewerbsrechtes, diese Gütegemeinschaften zu überwachen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Abgeordneter! Dabei handelt es sich um einen der sensibelsten Bereiche der Wettbewerbspolitik, wo ein Mitbewerber den anderen – sagen wir es so: wie ein Geier den anderen – kontrolliert. (Abg. Mag. Peter: Nicht so wie in der Mineralölwirtschaft?!)

In diesem Zusammenhang wird, weil es sich da eben um andere Wettbewerbsverhältnisse handelt, vor allem zum Instrument des UWG gegriffen. Und wer fälschlicherweise behauptet, bestimmte Qualifikationen zu haben, diese aber nicht hat, kann geklagt werden.

Zum anderen: In meinem Bereich sind alle Vergabestellen damit beauftragt worden, bei der Vergabe selbst eine Verifizierung der jeweils behaupteten Qualität anzustellen.

Ich verweise weiters darauf, daß im Rahmen der Präqualifizierungsverfahren bei öffentlichen Aufträgen sozusagen die Spreu vom Weizen getrennt wird. Daher sehe ich da meinerseits keinen Handlungsbedarf im Sinne legistischer Maßnahmen. Eine Umsetzung muß weiterhin in der soeben aufgezeigten Richtung erfolgen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundesminister. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Kiermaier, bitte.

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Bundesminister! Bekommen diese Gütegemeinschaften Zuschüsse öffentlicher Art oder nicht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Vorweg gesagt, Herr Abgeordneter – nach meinem persönlichen Wissen –: aus meinem Hause nicht. – Sollte es aber anders sein, werden Sie selbstverständlich eine schriftliche Antwort von mir erhalten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke.

Ich erkläre nunmehr die Fragestunde für beendet und bedanke mich beim Herrn Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zuweisung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die eingelangte Regierungsvorlage:

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird, 1708 der Beilagen,

weise ich dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zu.

Antrag gemäß § 49 Abs. 5 GOG und
Absehen von der 24stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Was die Tagesordnung der heutigen Sitzung betrifft, liegt mir der schriftliche Antrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Mag. Stadler vor, die Tagesordnung der heutigen Sitzung um den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 1045/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Preisgesetz 1992 geändert wird, zu ergänzen. Dieser schriftliche Bericht des Wirtschaftsausschusses trägt die Nummer 1709.

Diese Ergänzung kann gemäß § 49 Abs. 5 GOG nur mit Zweidrittelmehrheit durchgeführt werden. Es besteht Übereinstimmung darüber, im Falle einer solchen Ergänzung diesen Punkt als ersten in die heutige Tagesordnung aufzunehmen. Dies setzt auch voraus, daß von der 24stündigen Aufliegefrist des gegenständlichen Ausschußberichtes nach § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung Abstand genommen wird.

In diesem Zusammenhang liegt mir auch ein schriftlicher Antrag der Abgeordneten Dr. Schmidt und Dr. Petrovic vor, wonach über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Mag. Stadler auf Ergänzung der Tagesordnung eine Debatte durchgeführt werden soll.

Für den Fall der Durchführung einer solchen Debatte würde ich die Redezeit auf 5 Minuten beschränken, und es würden im Falle der Durchführung einer solchen Debatte – nach einer Vereinbarung in der Präsidialkonferenz – von keiner Fraktion mehr als zwei Redner gemeldet werden.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem Antrag Schmidt, Petrovic auf Durchführung einer Debatte zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, daß dies einstimmig beschlossen ist.

Frau Abgeordnete Dr. Schmidt ist die erste Rednerin. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

10.01

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht mir bei dieser Debatte vor allem einmal darum, drei Dinge festzuhalten: Es gehört erstens zum Funktionieren einer Demokratie, daß Spielregeln eingehalten werden und daß alle nach gleichen Spielregeln spielen. Zweitens halte ich fest, daß die Politik in diesem Hause auf Zuruf des Boulevards passiert. "Kronen Zeitung" und "täglich Alles" schaffen an, Koalition und FPÖ erfüllen den Auftrag. Drittens stelle ich fest, daß diese Koalition, wenn sie nicht mehr weiterkann, zu planwirtschaftlichen Instrumenten aus den fünfziger Jahren greift, was besonders bemerkenswert ist für eine Partei, die sich gerne Wirtschaftspartei nennen würde.

Zu diesen drei Punkten möchte ich einige Anmerkungen machen. Was die Spielregeln betrifft: Eine Demokratie kann nur funktionieren, wenn man sich auf Spielregeln verlassen kann. Unter Menschen, für die das Wort auch etwas gilt, gehören zu den Spielregeln daher auch die ungeschriebenen. Es ist eine Spielregel, auf die man sich bislang – meistens jedenfalls – verlassen zu können glaubte, daß Tagesordnungen, die einvernehmlich erstellt werden, nur einvernehmlich geändert werden, daß Ausschüsse einvernehmlich festgesetzt oder einvernehmlich abgesetzt werden, daß zusätzliche Sitzungen, die gar nicht vereinbart waren, nur einvernehmlich vereinbart oder gar nicht angesetzt werden. Das waren bisher die Spielregeln.

Jetzt wird mir vielleicht Herr Kollege Khol oder Herr Kollege Kostelka entgegenhalten: Es gibt ja auch noch die Spielregeln der Geschäftsordnung, daß man mit einer Zweidrittelmehrheit alles ändern kann. Das weiß ich. Nur: Zu solchen Mitteln zu greifen, sie für ein Selbstverständnis zu nehmen, würde alles andere, was wir uns sonst als Spielregeln in der Präsidiale genommen haben, völlig erübrigen. Dann hören wir nämlich mit allem auf, dann habt ihr eure Zweidrittelmehrheit und gestaltet nach Belieben, je nachdem, ob wir vor einem Wahltag oder nach einem Wahltag stehen, je nachdem, ob die "Kronen Zeitung" oder "täglich Alles" etwas verlangt, eure Tagesordnung. Wenn das nicht so ist, dann müßte man sich doch darauf verlassen können, daß dieses Instrument der Zweidrittelmehrheit nur dann eingesetzt wird, wenn es wirklich eine Notsituation gibt.

Übrigens: In einer solchen Situation wird man wahrscheinlich alle Fraktionen dazu bringen können, wieder etwas einvernehmlich zu machen. Daher wäre das gar nicht notwendig.

Aber nun komme ich zu der Notsituation, wie die große Koalition sie sieht. Diese Notsituation besteht darin, daß die "Kronen Zeitung", daß "täglich Alles" Herrn Minister Farnleitner beziehungsweise die Koalition angreifen, weil die Benzinpreise gestiegen sind. Ich halte das auch für ein Übel. Ich glaube auch, daß die Bezinpreisgestaltung in Österreich falsch läuft, daß vor allem die Preise zu hoch sind. Wir werden auf all das dann in der Sachdebatte eingehen. Diese Situation aber wird als Alibi dafür herangezogen – weil wir in einem Wahljahr sind –, daß man um Mitternacht eine Sitzung des Wirtschaftsausschusses ansetzt, daß man eine zusätzliche Sitzung ansetzt, daß man unter Verzicht auf alle Auflagefristen eine Tagesordnung ändert, und das alles gegen den Willen von zwei von drei Oppositionsparteien. Das ist der Notstand, den Sie sehen. Ich sage: Das ist wieder Politik auf Zuruf!, und ich meine daher: Dies ist Politikversagen!

Es ist dies ein Politikversagen in mehrerlei Hinsicht. Diese Koalition hat versagt, eine Benzinpreisgestaltung zu ermöglichen, die der Bevölkerung zumutbar ist. Sie hat bisher versagt, und in letzter Sekunde zieht sie die Bremse eines planwirtschaftlichen Instrumentes auf Zuruf von "Kronen Zeitung" und "täglich Alles" und läßt sich dann auch noch berühmen. Das ist Politikversagen, weil Sie handlungsunfähig sind. Das ist Politikversagen, weil Sie sich über alles hinwegsetzen, was Mindeststandard an Fairneß in diesem Parlament ist. Das ist Politikversagen, das hoffentlich am 3. Oktober eine einschlägige Antwort bekommen wird. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

10.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler mit der gleichen Redezeit. – Bitte.

10.06

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Vorgangsweise, mit dem vorliegenden Antrag und mit Verfassungsbestimmungen zu arbeiten, ist an sich unschön, aber es ist eine Nothilfeaktion für den Bürger (Beifall bei den Freiheitlichen), der nämlich seit Jahren zur Kasse gebeten wird mit überhöhten Treibstoffpreisen, wie selbst aus der Begründung des Antrages hervorgeht. Diese muß man sich auf der Zunge zergehen lassen.

Herr Kollege Kostelka! Ich muß Ihnen gratulieren: Wie Sie diese Ohrfeige für den Herrn Wirtschaftsminister so elegant in den Antrag hineinschwindeln konnten, das war ein Meisterstück! Da heißt es wortwörtlich – man muß sich das wirklich auf der Zunge zergehen lassen –: "Die Preise für Benzin und sonstige Mineralölprodukte liegen in Österreich bereits seit langem wesentlich über dem Preisniveau in vergleichbaren Ländern. In Zeiten, in denen in anderen Ländern entsprechend den internationalen Märkten die Preise gesenkt wurden, blieben sie in Österreich hoch beziehungsweise wurden sogar noch weiter erhöht." – Meine Damen und Herren! Das ist eine schallende Ohrfeige für den Wirtschaftsminister, der offensichtlich seit langem nicht realisiert hat, daß die Treibstoffpreise in Österreich zu hoch sind.

Gestern haben Sie – unter welchem Eindruck auch immer – die Notbremse gezogen, und bei dieser Aktion, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, wollen wir Ihnen behilflich sein, und zwar nicht, weil wir Solidarität mit Ihnen üben wollen, sondern weil wir Solidarität mit dem Bürger üben wollen (Beifall bei den Freiheitlichen), der aufgrund Ihrer Politik seit Jahren zu hohe Treibstoffpreise bezahlt.

Aber die Bürger haben längst erkannt, daß die größten Finanzämter dieses Landes mittlerweile die Tankstellen sind. Mehr als 70 Prozent des Literpreises für Mineralölprodukte leistet der Bürger an den Finanzminister, an diese Bundesregierung, die jetzt so tut, als ob die Mineralölwirtschaft der Staatsfeind Nummer eins geworden wäre. Das ist ja nicht der Fall, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Seit Jahren sind Sie in einer Art Komplizenschaft mit der Mineralölwirtschaft, in einer Art Komplizenschaft, um den Bürger, den Autofahrer auszunehmen wie eine Weihnachtsgans, wenn es um den Treibstoffpreis geht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist doch das Faktum. Im Strafrecht würde man diese Komplizenschaft "Bandenbildung" nennen. Ich sage nicht, daß sich die Regierung mit der Mineralölwirtschaft zur Bande verschworen hat, aber seit Jahren üben Sie in einer Freibeutermentalität das Ausnehmen des Autofahrers, des Konsumenten, und das mit Augenzwinkern. Und jetzt kommen Sie darauf, nachdem der Herr Wirtschaftsminister im Februar erkannt hat, daß die Mineralölpreise in Österreich zu hoch sind, daß Sie handeln müssen.

Meine Damen und Herren! Wie ernst die Bundesregierung von der Mineralölwirtschaft genommen wird, kann man etwa an folgendem Faktum erkennen: Im Februar kündigt der Wirtschaftsminister an – im Februar bereits! –, er werde dafür sorgen, daß die ohnehin zu hohen Treibstoffpreise gesenkt werden. Daher droht er der Mineralölwirtschaft mit einer amtlichen Preisregelung. Er würde dieses Verfahren nach dem Preisgesetz in Gang setzen. – Im Februar! Aber statt daß die Preise in der Zwischenzeit gesunken sind, sind sie noch weiter hinaufgegangen. So ernst wird diese Regierung von der Mineralölwirtschaft genommen.

Meine Damen und Herren! Das zeigt doch, wie säumig die Bundesregierung ist und was von den Ankündigungen des Wirtschaftsministers zu halten ist!

Das ist auch kein Wunder. Die Mineralölwirtschaft darf sich darauf verlassen, daß sie in der Regierung nicht nur Komplizen hat beim Abkassieren von Steuern, sondern ehemalige Spitzenbosse der Mineralölwirtschaft sitzen ja in dieser Bundesregierung. Da sitzt ein Bundeskanzler drinnen, der früher bei der OMV Finanzchef war. Da sitzt ein Staatssekretär im Finanzministerium, das am meisten von den hohen Treibstoffpreisen profitiert, wie der Herr Ruttenstorfer drinnen, der früher in der Mineralölwirtschaft bei der OMV Spitzenpositionen bekleidet hat.

Meine Damen und Herren! Daher wußten diese ja, daß es gar nicht ernst zu nehmen ist, was die Bundesregierung im Februar an Drohgebärden in Richtung Mineralölwirtschaft gemacht hat. Das Problem ist, daß der Steuerzahler im Jahre 1998 alleine mit 62 Milliarden Schilling über die Treibstoffpreise zur Sanierung dieser Bundesregierung beigetragen hat. Das ist das eigentliche Problem, und daher ist das Komplizenschaft, was hier stattfindet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen gleich, wo die nächste Säumigkeit vorliegt. Die nächste Säumigkeit mit den gleichen Oligopolen, mit den gleichen Monopolsituationen haben Sie bei Gas durch überhöhte Gaspreise, haben Sie bei Strom durch weit überhöhte Strompreise, was etwa auch bei der Kärntner Landtagswahl eine Rolle gespielt hat, und haben Sie auch bei den Mieten, wo Sie parteinahe Oligopole und Monopole geschaffen haben und wo Sie heute bereits säumig sind. Wir werden Ihnen das vorrechnen.

Sie werden wahrscheinlich ähnliche Nothilfemaßnahmen der freiheitlichen Opposition benötigen, damit Sie vom Bürger nicht am Wahltag, am 3. Oktober, noch eine schärfere Rechnung präsentiert bekommen, als Sie sie in Kärnten, Tirol und Salzburg erhalten haben, meine Damen und Herren. (Abg. Rosemarie Bauer: Was? – Abg. Schwarzenberger: In Salzburg haben wir mehr zugenommen als die Freiheitlichen!) Sie haben heute mit dieser Vorgangsweise gezeigt ... (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Stadler, bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Kollege, Sie haben offensichtlich noch nicht begriffen, daß Sie dort Wahlen verloren haben, aber das macht nichts! Wenn Sie so weitertun, werden Sie im Oktober noch eine weit schärfere Quittung bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

10.12

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Klubobmann Khol, Herr Klubobmann Kostelka, wie fühlt man sich denn so im Bunde mit der FPÖ, im Bunde mit dem Boulevard, im Bunde mit jemandem, der hier Komplizenschaft und alles mögliche andere in den Raum stellt? (Ruf: Schlecht!)

Offenbar fühlen Sie sich gut, Herr Leiner. Ich finde es ja traurig. Komplizenschaft – das Wort fällt mir wirklich nur im Zusammenhang mit etwas anderem ein, nämlich mit Mißbrauch der Verfassung, mit Bruch der Verfassung und mit einem mißbräuchlichen Umgang mit der Demokratie in diesem Lande. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Höchtl: Wissen Sie eigentlich, was Sie sagen? Was ist der "Bruch der Verfassung"?)

Meine Damen und Herren! Zweifellos ist der Benzinpreis in unserem Lande überhöht. Zweifellos hat dieser überhöhte Benzinpreis keine ökologische Lenkungswirkung. In diesem Zusammenhang wäre das für Grüne absolut diskussionswürdig. Nur: Worum geht es hier? (Abg. Mag. Stadler: Sie haben einmal 30 S verlangt!)

Meine Damen und Herren, vor allem von der ÖVP! Wie ist denn die Genese dieses heutigen Antrages, der plötzlich so dringlich ist? Warum, das hat Frau Dr. Schmidt ja, glaube ich, sehr richtig aufgezeigt. Da kommt ein Minister, ein Minister, der in vielen Bereichen, im Bereich des Umweltschutzes, des Bergrechtes, dramatisch versagt hat, und die Partei, die ihn damals sehr heftig kritisiert hat, macht ihm auf einmal die Mauer. Warum, sei auch hintangestellt. Mir fällt dazu das Wort "Komplizenschaft" ein!

Ein Minister kommt von sich aus Ende Februar hier ins Haus und sagt: Ich will eine Erklärung abgeben. Er kämpft noch via seine Klubobleute, die Klubobleute der Regierung, darum, diese als Tagesordnungspunkt 1 anzusetzen. Er will zuerst einen Bericht abgeben. Und dann gibt dieser Minister Farnleitner, der sich jetzt aus dem Saal entfernt hat, einen Bericht ab und sagt: Ich werde dafür sorgen – zufällig ganz knapp vor Landtagswahlen! –, daß der Benzinpreis in diesem Lande sinkt.

Er wollte von sich aus eine Erklärung abgeben. Wir waren heftig dagegen. Wir dachten, daß gerade angesichts der Lawinenkatastrophe von Galtür andere Dinge wichtig sind. Aber er hat sich erklärt dazu. Er wollte den starken Mann spielen hier im Hause. Und dann versagt er kläglich – wie in allen anderen Punkten, wie bei der Luftreinhaltung, wie in Lassing, wie beim Bergrecht. Er versagt kläglich. Und die eigene Bundeswirtschaftskammer sagt ihm: Bitte, lieber Minister, so nicht! (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

Die traditionell der SPÖ verbundene OMV lacht sich ins Fäustchen und sagt: Der Minister kündigt einen niedrigeren Benzinpreis an. Und der Herr Schenz sagt: Wir werden schauen, wer mächtiger ist! Und nicht nur, daß der Benzinpreis nicht sinkt, und nicht nur, daß der Minister kein Preisregelungsverfahren einleitet – was er könnte, das ist geltende Rechtsordnung –, weil ihn seine eigenen Sozialpartner zurückpfeifen, nein, die OMV leistet sich noch den Spaß, daß der Bezinpreis steigt, angehoben wird, um zu sagen: Bitte, schaut euch an, wie hilflos dieser Minister ist!

Und dann kommt noch die eigene Fraktion dieses Ministers, der mittlerweile wirklich schon, wollte man einen Ausdruck aus der Sportsprache übernehmen, in den Seilen hängt, der völlig handlungsunfähig ist, macht ein Verfassungsgesetz und sagt: Aber er muß noch einmal in den Ring steigen! Er muß noch einmal kämpfen!

Und schließlich kommt noch hinzu: Das ist in sich verfassungswidrig, EU-rechtswidrig, es widerspricht dem internationalen Rechtsstandard. (Abg. Dr. Kostelka: Wieso?) Herr Kostelka, es ist verfassungswidrig, denn es ist schon eine Bestimmung gefallen wegen dieser undifferenzierten Bestimmung. Es ist EU-rechtswidrig. (Abg. Dr. Kostelka: Warum?) Es ist schon der § 39a AMFG gefallen – wegen derselben Bestimmung der volkswirtschaftlichen Rechtfertigung. Sagen Sie uns doch bitte, was das ist!

Und vor allem: Welchen Kreis von Produkten haben Sie denn hier? Erdöl und Erdölderivate? – Die Politik trägt dazu bei, daß eine heilige Kuh noch heiliger wird, auf ein noch höheres Podest gestellt wird. Es geht nicht – bitte, dafür hätten wir Verständnis – um lebensrettende Arzneimittel, es geht nicht um Katastrophenbewältigung, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): ... es geht nicht um den Schutz von Menschenleben, sondern es geht um blanken, puren und ungebremsten Populismus. Und da sitzen Sie von den Regierungsparteien wirklich in einem Boot mit der FPÖ. Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier.)

10.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.17

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Frau Schmidt, wenn Sie von den Grundgesetzen der Demokratie sprechen, Frau Petrovic, wenn Sie von Komplizenschaft sprechen, so halte ich Ihnen entgegen, daß meine Fraktion stolz ist, auf der Seite der Bürger zu sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Denn das oberste Grundgesetz der Demokratie ist, daß die Volksvertretung hier "dem Volke", so wie Martin Luther es gesagt hat, "auf das Maul schaut". Gehen Sie hinaus in die Wahlkreise, gehen Sie zu den Bürgern, und Sie werden hören, was die Menschen Ihnen sagen! (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Seit Monaten ist der Bundesminister ... (Weitere Zwischenrufe bei allen Fraktionen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Alle Fraktionen kommen dran, und jetzt ist Herr Abgeordneter Dr. Khol am Wort!

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (fortsetzend): Seit Monaten ist der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten bemüht, bei einer offensichtlichen Marktstörung die überhöhten Treibstoffpreise mit marktkonformen Mitteln und mit einem eingeleiteten Preisregelungsverfahren – Frau Petrovic, das ist Ihnen entgangen, es läuft ein Preisregelungsverfahren! – zu senken. (Abg. Öllinger: Und was hat er erreicht? Er hat nichts erreicht außer Luftblasen!) Er ist weder mit marktkonformen Maßnahmen erfolgreich gewesen, noch greift das Kartellrecht, noch greift die Preisregelung.

Wenn, wie uns der Minister berichtet hat, als wir in der Bundesregierung das Verfahren diskutiert haben, der Marktführer völlig unbeeindruckt ist von allen marktkonformen Anstrengungen, der Marktführer völlig unbeeindruckt ist vom Preisregelungsverfahren und der Marktführer uns sogar dadurch verhöhnt, indem er bei laufendem Preisregelungsverfahren die Preise unter einem Vorwand erhöht, dann ist der Souverän gefordert zu zeigen, wer in diesem Land die Gesetze macht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Schmidt: Da ist die Politik gefordert!)

Das können nicht die oligopolistischen Interessen der Österreichischen Mineralölverwaltung sein, das können nicht die oligopolistischen und auf Marktabsprachen hinweisenden Interessen der Mineralölwirtschaft sein, das muß in einer sozialen Marktwirtschaft das Gemeinwohl sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt.)

In der Bevölkerung herrscht völliges Unverständnis darüber, daß jenseits des Inns, in Deutschland, bei höherer Steuerbelastung ein niedrigerer Dieselpreis, ein niedrigerer Benzinpreis gegeben ist. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist Ihr Politikversagen, daß das so ist!) In der Bevölkerung herrscht völliges Unverständnis darüber, daß in den Ballungszentren der Diesel einen Schilling weniger kostet als 20 Kilometer weiter im ländlichen Raum. Das Kartellrecht greift nicht. Wir sind heute aufgerufen, als letzte Maßnahme dem Bundesminister für Wirtschaft und damit der Regierung ein Instrument zur Verfügung zu stellen, um die Marktstörung zu beseitigen. Und dafür steht die Volkspartei! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Schmidt: Das ist Hilflosigkeit!)

Angesichts der Provokation der letzten Preiserhöhung und angesichts des Umstandes, daß in der Bevölkerung eine große Unruhe entstanden ist, müssen wir als Volksvertreter heute zeigen, daß wir die Souveräne in dieser Republik sind und daß das Recht vom Volk ausgeht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Ein geläuterter Khol ist interessant! Jetzt schaut er dem Volk "aufs Maul"!)

10.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. – Bitte.

10.22

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Opposition hat fürwahr in einer sehr beeindruckenden Geschlossenheit argumentiert. Den Kolleginnen und Kollegen von der grünen Fraktion kann der Benzinpreis nicht zu hoch sein. (Abg. Dr. Khol: Richtig!) Der liberalen Fraktion kann ein Markt, auch wenn er nicht funktioniert, auch wenn er nachweislich nicht funktioniert, nicht liberalisiert genug sein, was ein Paradoxon für sich ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt.) Und in einem einsamen Anfall von Phantasie hat die freiheitliche Fraktion hier die Meinung vertreten, daß die Regierung wieder einmal zu wenig und zu spät gehandelt hat.

Meine Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion! Was von Ihren Aussagen zu halten ist, das wissen wir seit heute morgen. Gestern sind bei einer Landwirtschaftsdebatte zur Agenda 2000 die Kollegin Aumayr und andere hier herausgegangen und haben erklärt, daß die Agenda 2000 ein Bauernsterben nach sich ziehen werde, daß das, was geschehen soll, ein Verbrechen an der Bauernschaft sei und daß eine Entvölkerung des ländlichen Raumes zu erwarten sei. (Abg. Mag. Schweitzer: Was verstehen Sie von Ackerbau und Viehzucht?) Nur: Gestern abend, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei – und deswegen bin ich so froh, daß Sie das jetzt auch bestätigen –, haben Ihre Tiroler Freunde mit dem künftigen Koalitionspartner in Tirol vereinbart (Abg. Jung: Das schmerzt, Herr Kollege!), daß die freiheitliche Fraktion der Agenda 2000 ohne Wenn und Aber im Landtag von Tirol zustimmen wird. Das ist Ihre Form von Glaubwürdigkeit! (Beifall bei der SPÖ.) Sie vergessen die Wahlversprechen in dem Augenblick, in dem Sie auch nur ein Zipfelchen der Macht bekommen!

Meine Damen und Herren! Uns geht es um den Markt, uns geht es darum, daß der Wirtschaftsstandort Österreich gesichert wird. Uns geht es um die Interessen der Wirtschaft und vor allem um jene der Konsumenten. Österreich darf nicht Geisel internationaler Ölkonzerne sein!

Ich sage Ihnen daher mit aller Deutlichkeit, Frau Kollegin Schmidt: Eine Handlung, die als richtig erkannt wird, wird nicht noch richtiger, indem man vier oder sechs Wochen zuwartet. Die Österreicherinnen und Österreicher und die Wirtschaft erwarten jetzt Konsequenzen. Wir haben lange genug gewartet. (Ruf bei den Freiheitlichen: Zu lange! – Abg. Dr. Petrovic: Alle Macht dem ÖAMTC!) Es gibt keine Tugend demokratischer Natur der Bedächtigkeit und der Zurückhaltung dann, wenn Reaktionen gefordert sind. Und es gibt kein Korrelat zwischen Schneckentempo und legistischer Qualität. Der Benzinpreis ist zu hoch. Wir haben dem Wirtschaftsminister lange genug Gelegenheit gegeben zu handeln. Jetzt ist das Maß voll. Wir handeln. Der Benzinpreis ist zu senken! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort.

10.25

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Debatte steht unter einer Formel, und diese Formel heißt: Große Koalition plus FPÖ ist gleich "Krone" plus "täglich Alles". Und das ist bemerkenswert, denn "Krone" und "täglich Alles" sind nicht immer einer Meinung, aber wenn es um den Populismus geht und wenn erkennbar ist – Klubobmann Khol hat das sehr deutlich gesagt –, daß die Bürger das gerne hätten, dann wird es gemacht, koste es, was es wolle, und koste es den Rechtsstaat, Herr Dr. Khol. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Kostelka: Wo ist da der Rechtsstaat gefährdet? – Abg. Dr. Höchtl: Das ist eine Behauptung, die Sie zurücknehmen sollten! – Ruf bei der ÖVP: Blanker Unsinn! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Und koste es den Rechtsstaat! – Ich werde das ausführen. Ich freue mich, daß Sie sehr erregt sind. Ich dürfte einen wunden Punkt getroffen haben. Ich schildere den Ablauf der letzten 24 Stunden: Einbringung eines Initiativantrages, Zuweisung und – erster Schritt – Blitzsitzung des Wirtschaftsausschusses. Nächster Schritt: Abänderung der Tagesordnung mit Zweidrittelmehrheit. Und wir werden es erleben: Absehen von der Aufliegefrist über Antrag des Präsidenten gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung mit Zweidrittelmehrheit.

Was ist der Befund? – Notstand? Ist Notstand ausgebrochen? Haben wir eine Krise? Brennt irgendwo das Gebäude der Republik Österreich? Es handelt sich nämlich dabei um Verfassungsbestimmungen. Es wird in einem Eilzugstempo, das seinesgleichen sucht, die Verfassung der Republik Österreich geändert. Die Verfassung wird geändert! Und ich sage Ihnen: Genauso geht man vor, wenn man eine Verfassung ändern will, ohne daß lang genug darüber nachgedacht werden kann. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Ruf: Blanker Unsinn!)

Man will, daß die Mitglieder der "eigenen" Fraktionen – der Regierungsfraktionen und auch der FPÖ – nicht lange genug darüber nachdenken können, auf welches üble Spiel sie sich hier aus Fraktionsdisziplin einlassen müssen, man will, daß die Medien es nicht ordentlich diskutieren können. Man will an der Öffentlichkeit vorbei Effekthascherei betreiben. Notstand ist es nämlich keiner, was wir beim Benzinpreis vorfinden, sondern ein Skandal. Es ist ein Skandal beim Benzinpreis! Und ich sage ganz deutlich: Die Bundesregierung hat diesbezüglich seit Jahren absolut versagt.

Kollege Khol hat hier ausgeführt, das Kartellrecht sei so schwach. Ich frage: Ja warum haben Sie es dann nicht geändert? (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dr. Khol: Wir ändern es gerade!) Anträge liegen sonder Zahl vor, aber Sie haben das jahrelang verschlafen! Das OMV-Wirkungskartell, Herr Dr. Khol, mit den Adria-Wien-Pipelineverträgen ist jedem Insider bekannt, es besteht nämlich seit 15, 20 Jahren. Und seit Sie regieren, haben Sie das nicht angerührt, denn das war Ihnen zu sensibel. Aber jetzt knurrt die Bevölkerung und wird unruhig. Und sie ist im Recht, wenn sie unruhig ist. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin nicht der Meinung, daß die Leute unrecht haben, daß Mißbrauch von Marktpositionen und Kartell nicht etwas sind, was skandalös ist, Herr Klubobmann Kostelka. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka.) Natürlich ist es ein Skandal, aber das heißt nicht, daß man der rechtsstaatlichen Lösung ausweichen soll. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Warum haben Sie denn das Kartellrecht nicht novelliert, obwohl Anträge sonder Zahl vorhanden waren? Und warum beschließen Sie eine Verfassungsbestimmung? Sie wissen ganz genau, daß die Verfassungsbestimmung deswegen notwendig ist, weil das im Kompetenzkatalog der Verfassung gar nicht vorgesehen ist. Und wo sind die Bundesländer, die föderal wahrscheinlich plötzlich die Hände hochheben, weil es anders nicht populär wäre? All das nur, weil Sie jahrelang versäumt haben, das zu tun, was zu tun ist! Jetzt nehmen Sie die Diretissima und gehen über die Verfassung drüber wie über irgendeinen Gehsteig, den man einfach queren kann.

Und das ist nicht so! Wenn diese Hemmschwellen fallen und man unter Absehung von Aufliegefristen im Eilzugstempo in Blitzausschußsitzungen und unter Änderung von Tagesordnungen mit Zweidrittelmehrheit die Verfassung ändert, dann, muß ich sagen, werde ich nervös, noch dazu, wenn Sie das gemeinsam mit einer Partei machen, die selbst schon mehrfach verkündet hat, daß sie gerne die Verfassung ändern und die dritte Republik einführen möchte. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Passen Sie auf, daß Sie nicht Präjudizien schaffen in der Form des Umgangs mit der Geschäftsordnung und mit der Verfassung, die Ihnen eines Tages unangenehm auf den Kopf fallen. Sie könnten eines Tages aufwachen, und die Verfassung ist auch in anderen Punkten geändert – wenn Sie so blind und so eitel sind, nur um Schlagzeilen zu bekommen: Wir haben jetzt etwas gemacht! (Abg. Mag. Stadler: LIF-Motto: Wie vertreibe ich den letzten Wähler?!) Schade ist nur, daß der Boulevard etwas nicht tut – und das tut mir wirklich leid, obwohl ich sonst nicht Mitleid habe in dieser Richtung –, nämlich daß der Boulevard nicht sagt: Nach zehn Jahren sind sie draufgekommen, daß sie nichts gemacht haben, und jetzt machen sie eine Ho-ruck-Regelung, und das auf dem Rücken des Rechtsstaates! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

10.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

10.30

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Meine Damen und Herren! Es ist heute fast ein historischer Tag hier im Nationalrat: Es gibt heute anscheinend fünf Oppositionsparteien hier, die Forderungen stellen und die Politik der Regierung kritisieren. Herr Kostelka etwa sagt: Wir haben dem Wirtschaftsminister lange genug zugesehen. Klubobmann Khol applaudiert dazu, wenn sein eigener Wirtschaftsminister hier kritisiert wird. Na großartig, meine Damen und Herren von der Regierung, darauf warten wir ja geradezu seit Jahren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Endlich Parlamentarismus, so wie wir uns ihn vorstellen.

Klubobmann Khol erkennt den Wählerwillen, er verwendete sogar ein Luther-Zitat, als er meinte: "Wir müssen dem Bürger aufs Maul schauen!" – Endlich, meine Damen und Herren! 13 Jahre lang gibt es jetzt schon in Österreich diese sozialistisch-konservative Regierung, und nach 13 Jahren kommt man endlich drauf, daß man auch etwas für den Bürger, der einen gewählt hat – immer weniger häufig ist das der Fall, aber immerhin –, tun muß. Na großartig!

Fangen Sie bitte endlich damit an, denn es gibt es eine ganze Reihe von Dingen, auf die die Bürger noch warten. In diesem Zusammenhang möchte ich zum Beispiel nur das Thema Mietensenkung, eine ordentliche Steuerreform, die Strompreise und auch die Telefongebühren erwähnen, meine Damen und Herren.

Das ist ein wunderbarer Tag heute: Rot und Schwarz, Kostelka und Khol erkennen, daß sie hier im Nationalrat dem Wählerwillen zum Durchbruch verhelfen und als Kontrolle für eine Bundesregierung hier auftreten sollten, eine Regierung, mit der sie ja überhaupt nichts zu tun haben. Das ist alles wunderbar! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Schade, wirklich schade, daß Sie bis zu dieser Erkenntnis so lange gebraucht haben! 13 Jahre lang hat man dem Bürger das Geld aus der Tasche gezogen, aber jetzt, "zufällig" in einem Wahljahr kommen Sie zu diesen "neuen Erkenntnissen". Wobei man ja nach den Landtagswahlen gemerkt hat, daß diese Art der Politik nicht mehr funktioniert, bei der Sie im Parlament nur noch Mehrheitsbeschaffer für eine Bundesregierung sind.

Das merkt doch bitte jeder Bürger, wenn man ihm das Geld aus der Tasche zieht, da nützen auch die größten und besten Vernebelungsstrategien nichts! Es gibt eben den Wahltag, der dann als Zahltag genutzt wird, ein Tag, an dem Sie von den Bürgern die Rechnung präsentiert bekommen. Schade, daß es so lange gedauert hat! Viele Milliarden Schilling haben Sie der Bevölkerung aus der Tasche gezogen – aber jetzt kommen Sie drauf, daß es an der Zeit wäre, diese Ihre Politik zu ändern.

Ich sage Ihnen ganz offen: Die Vorgangsweise in dieser Sache gefällt mir auch nicht besonders. In Nacht- und Nebelaktionen, in nächtlichen Ausschußsitzungen werden schnell Anträge eingebracht, Verfassungsbestimmungen beschlossen, um diesem Versäumnis, das man schon vor Jahren hätte beheben können, entgegenzuwirken und eine diesbezügliche Regelung zu machen.

Noch einmal, meine Damen und Herren von den Grünen, Sie als Wählervertreiber par excellence: Wir Freiheitlichen fühlen uns dazu verpflichtet – wenn es schon diese Versäumnisse gibt und man nach Jahren endlich darangeht, eine Lösung zu finden, eine Verbesserung herbeizuführen –, daß das auch hier im Hohen Haus entsprechend umgesetzt wird, denn es ist unsere oberste Verpflichtung als Parlamentarier, daß wir dem Bürger entsprechende Vorteile zukommen lassen – und nicht Ihren Theoretikern. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aber das ist Ihr Problem – und nicht unseres.

Meine Damen und Herren! Es ist schon lustig, wenn man sich den eigentlichen Anlaß für diese Debatte anschaut. Der Grund dafür ist nämlich der, daß seit Jahren Benzinpreissteigerungen sehr rasch an die Bevölkerung, an den Autofahrer weitergegeben werden, Senkungen auf dem internationalen Markt hingegen sehr spät beziehungsweise überhaupt nicht. Da wird dann immer der Rotterdamer Markt ins Treffen geführt, der Rohölpreis, der Dollarkurs et cetera. Um den Benzinpreis zu senken, mußte eine Senkung aller drei Bereiche gleichzeitig vorliegen – um ihn zu erhöhen, hat allerdings die Erhöhung einer dieser drei Bereiche ausgereicht.

Herr Farnleitner ist spät, aber doch draufgekommen, daß man jetzt den Hebel ansetzen muß. Da alle Kontroll- und Beobachtungsmechanismen, wie immer sie geheißen haben, überhaupt nichts genützt haben, hat man die Drohung an die Ölfirmen gerichtet: Wenn ihr den Preis nicht senkt, dann werden wir den Preis regeln. Was haben die Ölfirmen gemacht? – Sie haben den Preis erhöht!

Nur: Wer sind denn diese "bösen" Ölfirmen? – Sind das die "bösen" Multis aus Amerika oder England? – Nein, denn da gibt es ja bei uns ein Monopol, nämlich die sich mehrheitlich in staatlichem Besitz befindliche OMV ist es, die dieses üble Spielchen auf Kosten der Autofahrer treibt. (Abg. Dr. Kostelka: Stimmt aber nicht!)

Meine Damen und Herren! Die Personalvermittler für die Bundesregierung, Klima und Ruttenstorfer, hätten es in der Hand gehabt, das zu verhindern. Sie können doch nicht behaupten, daß Sie mit der OMV nichts zu tun hätten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Jene Herrschaften in der Bundesregierung, die aus der OMV kommen, die Personalvermittler, beklagen, daß sozusagen ihre eigene Firma in dieser Sache ein wirklich übles Spiel mit den Autofahrern treibt.

Ich sage Ihnen folgendes – bei aller Kritik an diesen Ölmultis –: Der größte Raubritter, der dem Autofahrer das Geld aus der Tasche zieht, sitzt hier auf der Regierungsbank! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): 70 Prozent des Benzinpreises entfallen auf Steuerleistungen, wobei man sozusagen noch die Steuer von der Steuer bezahlen muß.

Meine Damen und Herren! Bedenken Sie doch, daß man dem Bürger nicht weiter das Geld aus der Tasche ziehen kann! Bekennen Sie sich in anderen Bereichen, bei Mieten oder Steuern etwa, auch zu diesem Prinzip! Und dann werden Sie auch endlich dem Wählerauftrag hier im Hohen Hause gerecht werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte. (Abg. Mag. Stadler: Früher hätte ein Anruf vom Bundeskanzler genügt! Einem! Ruttenstorfer! ...)

10.36

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissen Sie, was ich an dieser Form der Debatte geradezu unerträglich finde? – Daß das österreichische Parlament parallel dazu, daß in einem unserer Nachbarländer Krieg herrscht, nichts anderes zu tun hat, als für den Benzinpreis ein Eilverfahren abzuwickeln! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich hätte mir von diesem Parlament, wenn es etwas eilig findet, wenn es glaubt, notstandsgemäß handeln zu müssen, was sonst immer nur in Kriegsfällen oder bei Dürrekatastrophen der Fall war, schon gewünscht, daß es auch der Regierung gegenüber Stellung nimmt, auch gegenüber dem, was österreichische Regierungsvertreter zu diesem Krieg gesagt haben, daß es dazu Stellung nimmt und mit ihnen gemeinsam darüber diskutiert. (Abg. Leikam: Was ist für Sie heute dringlich?) Das wäre eine Begründung dafür gewesen, dieses Thema als ersten Punkt auf die Tagesordnung zu setzen – und nicht diese Aktion im Zusammenhang mit der Erhöhung der Benzinpreise. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Die Regierungsparteien erklären – gemeinsam mit der FPÖ – den Ölkonzernen den Krieg: einen Privatkrieg, einen Parallelkrieg. Soll uns auch recht sein. Wir Grünen haben ja Auseinandersetzungen mit Ölkonzernen nie gescheut. Aber wir wissen natürlich, daß das schwierig ist.

Egal, ob es dabei um die Ölkatastrophe im Zusammenhang mit der "Exxon Valdez" vor Alaska oder etwa um die Situation in Nigeria geht: Immer wieder sehen wir, daß die Ölkonzerne keinesfalls diejenigen sind, die für Demokratie und Menschenrechte eintreten. – Aber, meine Damen und Herren, das heißt noch lange nicht, daß sich ein Parlament auch nicht um demokratische Gepflogenheiten in der Antwort auf das Verhalten dieser Ölkonzerne zu scheren braucht.

Und das ist das Problem, das wir mit Ihrer Aktion haben, meine Damen und Herren: Ein undemokratisches Verfahren des österreichischen Parlaments kann nicht die Antwort auf undemokratische Spielregeln von Ölkonzernen sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Meine Damen und Herren! Wir wissen, daß sich Ölkonzerne, auch die OMV, nicht um Arbeitsplätze scheren, nicht um die ökonomischen Interessen derer, die in unserem Land von diesen Benzinpreiserhöhungen betroffen sind, scheren. Da zählen doch nur Dividenden. Aber wir wissen auch, daß die Streichelversuche des Herrn Farnleitner in den letzten Monaten nichts als Berechnung waren – und das hat sich ganz klar gezeigt, als sich Herr Farnleitner vor den Landtagswahlen hier im Hohen Hause in Szene zu setzen versucht hat. Wir wußten das, und wir haben bereits damals deutlich gesagt, daß dieses Verfahren relativ wenig fruchten wird.

Aber, meine Damen und Herren, wenn Herr Khol, Klubobmann der ÖVP, hier herausgeht und sagt: Wir stehen auf der Seite der Bürger!, dann muß ich schon die Frage stellen, Herr Abgeordneter Khol: Wo stehen die Regierungsparteien dort, wo sich das Volk eindeutig erklärt hat, nämlich beim Gentechnik-Volksbegehren, beim Tierschutz-Volksbegehren, beim Frauen-Volksbegehren? Wo stehen bitte da die Regierungsparteien auf der Seite der Bürger?! (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben grob diesen Willen der Bürger mißachtet! Sie haben sich nicht darum geschert! Nehmen Sie doch endlich die Bilanz dessen, was Bürger in einem demokratischen Verfahren erklärt haben, ernst! Nehmen Sie das ernst! – Nichts haben Sie bisher akzeptiert von all den Forderungen, die in einem demokratischen Verfahren, die in Volksbegehren die Bürger von diesem Parlament gefordert haben! (Abg. Rosemarie Bauer: Wir haben das Volk vor euch geschützt!)

Jetzt stellen Sie sich hier heraus und sagen: Die Bürger sind alles! – Sie haben jahrelang – das steht auch ganz klar in der Begründung zu Ihrem Antrag – die hohen Benzinpreise mißachtet. Das war Ihnen egal. Sie, alle drei großen Parteien, haben sich vor den Landtagswahlen, die jetzt stattgefunden haben, für niedrigere Mieten, für um 10 Prozent, 20 Prozent, 30 Prozent niedrigere Mieten, eingesetzt. Das ist eine Frage, die alle Bürger betrifft.

Wo waren und sind Sie in dieser Frage? (Abg. Dr. Kostelka: Gut unterwegs!) – Bei den Mieten wären wir durchaus für Preisregulierungen zu haben. Wir wären durchaus dafür, daß da verfassungsmäßig eingegriffen würde, aber in einem ordentlichen Verfahren und nicht in einem Notstandsverfahren; nicht in einem Verfahren, mit dem Sie die demokratischen Usancen dieses Hauses brechen. Das ist ein Schaden, den Sie nicht wiedergutmachen können. (Beifall bei den Grünen.)

10.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar geht es bei dieser Abstimmung um die Ergänzung der Tagesordnung sowie um die Abstandnahme von der 24stündigen Auflagefrist des Antrages, über den soeben diskutiert wurde.

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die der vorgeschlagenen Ergänzung der Tagesordnung sowie der Abstandnahme von der 24stündigen Auflagefrist ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, dieser Beschluß ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Das bedeutet, daß der Antrag Dr. Kostelka, Dr. Khol als 1. Punkt der heutigen Tagesordnung verhandelt wird und die restlichen Punkte der Tagesordnung entsprechend ergänzt und umgereiht werden.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß die Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Genossen das Verlangen gestellt haben, die vor Eingang in die Tagesordnung der heutigen Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 5995/J der Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend: Wo bleibt die Steuerreform? dringlich zu behandeln. Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die
Anfragebeantwortung 5332/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 5332/AB zur Anfrage 5526/J des Herrn Abgeordneten Dr. Kier betreffend das Regionalradiogesetz durch den Herrn Bundeskanzler abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung soeben die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage in Aussicht genommen wurde, wird die kurze Debatte im Anschluß an die Dringliche Anfrage durchgeführt werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir, was die Tagesordnung der heutigen Sitzung betrifft, der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 3 bis 6, 7 und 8 sowie 9 bis 12 der neugereihten, ergänzten Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Wir gehen jetzt in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt wie folgt – ich muß mich korrigieren, es ist in der Präsidialsitzung kein Konsens erzielt worden.

Es liegt der Vorschlag vor, eine Tagesblockredezeit von 10 "Wiener Stunden" zu beschließen. Aus einer solchen Tagesblockredezeit von 10 "Wiener Stunden" würde sich folgendes ergeben: SPÖ 150 Minuten, ÖVP 140 Minuten, Freiheitliche 130 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 90 Minuten.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden.

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die einer Tagesblockredezeit von 10 "Wiener Stunden" für die heutige Tagesordnung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 1045/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Preisgesetz 1992 geändert wird (1709 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nunmehr gelangen wir zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Daher gehe ich jetzt in die Rednerliste ein.

Erster Kontraredner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

10.46

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! (Zwischenruf bei den Grünen.) Auf den Zwischenruf eingehend: Herr Öllinger hat versucht, die Freiheitlichen zu schelten, aber gerade Sie waren es in der Vergangenheit, Herr Kollege Öllinger, die mit der Geschäftsordnungsreform die Freiheitlichen, die Opposition, mundtot machen wollten. (Abg. Öllinger: Ich? – Abg. Mag. Stadler: Ja genau!) Und jetzt wollen Sie auf einmal den hehren Parlamentarismus entdecken. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Kein Mensch glaubt Ihnen das mehr! Sie können gar nicht soviel Kreide schlucken, damit Sie diesbezüglich glaubwürdig sind, meine Damen und Herren. – Soviel nur dazu.

Unbestritten ist, daß die Koalition mit ihrer ganzen Vorgangsweise in den letzten Tagen, ja Stunden aus parlamentarischer Sicht wirklich ein Trauerspiel geboten hat; ein Trauerspiel, so nach dem Motto: Am Abend wird der Faule fleißig. Man hat es über Jahre hinweg verabsäumt, die Dinge beim Namen zu nennen.

Noch ganz kurz eine Anmerkung zu Frau Petrovic: Wir Freiheitliche sind auf der Seite der Bürger – ich sage es zum wiederholten Male, meine Damen und Herren –, wir sind aber nicht für einen Benzinpreis von 30 S. Da sind wir nicht Ihrer Meinung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind für faire, marktkonforme Benzinpreise – Energiepreise insgesamt –, und diese sind gerade aus gesamtwirtschaftlicher Sicht notwendig. Es geht nicht nur primär um die Autofahrer, wir verlangen aber eine gewisse Fairneß, einen fairen Preis, den Sie bis dato – es wurde schon ausgeführt – mit Gewalt verhindert haben, Herr Bundesminister. Sie haben bisher alles getan, um das Quasimonopol eines Anbieters gegen alle Vernunft aufrechtzuerhalten. Es ist offensichtlich geradezu Ihr Wunsch gewesen, im Energiebereich Monopole aufrechtzuerhalten, um die parteipolitischen Ränkespiele und den Postenschacher quasi unter der Tuchent durchzuführen. (Abg. Mag. Schweitzer: So ist es!)

Das war der Grund dafür, warum Sie es, meine Damen und Herren, durch eine Parteibrille geblendet, verabsäumt haben, ein taugliches Kartellrecht auf die Beine zu bringen. Das ist der eigentliche Grund, denn es hat ein Anruf bei den Multis oder bei den Quasimonopolisten genügt, um Posten besetzen zu können. Da hat es keine Ausschreibung gegeben, höchstens eine Pro-forma-Ausschreibung, und da wurde ein Parteisoldat auf die richtige Stelle gesetzt. Aus diesem Grund haben Sie es verhindert, daß taugliche Marktrechte eingeführt werden und nicht, weil Sie es nicht gewußt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: Das ist immer noch so!)

Meine Damen und Herren! Wir wissen ganz genau – und Sie wissen das auch, Herr Bundesminister –, daß faire Energiepreise dazu beitragen, daß Arbeitsplätze geschaffen werden und eine prosperierende Wirtschaft vorherrscht. Ein Blick über den großen Teich in die USA beweist das. Dort gibt es faire Preise, daher boomt die Wirtschaft, daher gibt es weniger Arbeitsplatzprobleme als hier in Österreich.

Die Steuerpolitik – ich bin jetzt nicht der Schutzheilige der Ölmultis – Ihrerseits, durch die mehr als 70 Prozent auf die Ölpreise, auf die Benzinpreise vom Fiskus "hinaufgedoppelt" wird, ist mit- beziehungsweise hauptverantwortlich für die hohen Preise in Österreich. Das werden wir den Bürgern auch sagen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Frage ist ja berechtigt, warum Sie dieses moderne Kartellrecht – ich habe es schon angeführt – verhindert haben. Das schlägt ja dem Barrel den Boden aus, meine Damen und Herren! Gestern hat Herr Kukacka gesagt: Ein Absprachekartell ist keine Wahl, Kartellaufbrechung und Besserstellung kleinerer Firmen sind das Gebot der Stunde. – Kukacka, der aufrechte Ritter, wider das Kartell! Er ist nicht einmal der Don Quijote auf dieser Ebene, meine Damen und Herren. Er ist ja anfangs nicht geritten, er ist erst dann geritten, als er gemerkt hat, daß bei den Bürgern sozusagen der Deckel hochgeht, weil die Bürger nicht mehr bereit dazu sind, diese Ihre Preistreibereipolitik zu akzeptieren, meine Damen und Herren.

Das ist ja nahezu eine Moritat, die sich da abspielt. Man könnte ja direkt als Bänkelsänger durch die Lande ziehen, meine Damen und Herren, wenn man einen ganz berühmten – oder berüchtigten, wie auch immer – Mann zitiert, nämlich den Wiener ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Gerstl. Er hat gesagt: Hätte Österreich ein vernünftiges Kartellrecht, könnten wir uns heute diese beschämende und peinliche Diskussion über Notverordnungen und amtliche Preisregelungen sparen. (Abg. Mag. Stadler: Wenn die ÖVP in die Regierung kommt!) – Wenn sie endlich in die Regierung kommt, die ÖVP, wenn sie quasi vom Regierungs-Oppositionellen zum Regierenden mutiert ist, könnte sie das endlich durchsetzen, frei nach Nestroy: Wer ist stärker: i oder i?

Herr Bundesminister! Dieser Herr ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Gerstl hat auch noch folgendes gesagt: Die Politik habe sich auf die Gestaltung der bestmöglichen Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Konsumenten zu beschränken. – Zitatende.

Wir haben Sie nicht dabei aufgehalten. Wir haben Sie nicht aufgehalten. Also schieben Sie ja nicht die Schuld auf uns, indem Sie sagen, wir hätten Ihnen da Bremsklötze in den Weg gelegt oder vielleicht auch noch Sand ins Getriebe gebracht. Wir haben Sie nicht aufgehalten, und die Bürger dieses Landes schon gar nicht! Deshalb sind wir auf der Seite der Bürger, Sie offensichtlich nicht, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir geben Ihnen heute Gelegenheit dazu, quasi 5 Minuten nach 12, das noch zu reparieren, indem wir Ihnen heute einen Entschließungsantrag zur Beschlußfassung vorlegen, meine Damen und Herren. Ich hoffe, daß Sie – Kukacka, schau oba!, wo ist er?, nicht da – dann auch den Wahrheitsbeweis antreten werden.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haigermoser, Dipl.-Ing. Hofmann, Ing. Nußbaumer und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Sicherstellung eines freien Wettbewerbs im Bereich der Mineralölwirtschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis längstens 31. Mai 1999 entsprechende Gesetzentwürfe zuzuleiten, die – nicht zuletzt im Sinne gerechter Preise – die kartellrechtlichen sowie auch gewerberechtlichen Voraussetzungen für einen freien Wettbewerb im Bereich der Mineralölwirtschaft schaffen."

*****

Das ist es. Das können Sie heute mit beschließen. Wir sind schon neugierig darauf, wie Sie sich bei der Abstimmung verhalten werden, meine Damen und Herren.

Wir wissen schon, Herr Bundesminister, daß man nicht nur mit dem Kartellrecht gegen überhöhte Preise ankämpfen kann, sondern – wie gesagt – durch eine faire Steuerpolitik. Diesbezüglich haben wir genügend Konzepte auf den Tisch gelegt, die Sie aber bis dato abgelehnt haben, meine Damen und Herren.

Es ist ja schon ausgeführt worden, daß der Finanzminister ebenfalls auf dieser nicht Regierungsbank, sondern, sage ich jetzt einmal, Anklagebank sitzen müßte – Anklagebank aus dem Blickwinkel der Bürger gesehen –, denn Sie wissen genau, welche Art von Nachrichten auf Ihren Telefonanrufbeantwortern Ihre Tätigkeiten betreffend Sie sich in den letzten Tagen anhören mußten. Am 24. Februar 1999 – das ist schon zitiert worden – haben Sie, Herr Bundesminister, hier im Hause großspurig angekündigt – Sie haben die Muskeln gestrafft –, was Sie nun den Österreichern alles bieten könnten. Nämlich folgendes:

Erstens: Im österreichischen Markt für Treibstoffe gibt es ein erhebliches Wettbewerbsdefizit. (Abg. Mag. Stadler: Jö!) – No na, Herr Bundesminister. Das haben wir nicht gewußt. Es war die Jahreswende dazu nötig, um draufzukommen, daß es ein erhebliches Wettbewerbsdefizit gibt. Wann reagieren Sie denn endlich, meine Damen und Herren? – Wir haben Sie nicht aufgehalten, Herr Bundesminister.

Zweitens – das ist auch eine Erkenntnis gewesen, die Ihnen irgendwie eingegeben worden
ist –: Die Nettopreise für Treibstoffe sind überhöht und müssen unter den gegebenen Umständen gesenkt werden! – Donnernder Beifall bei ÖVP und SPÖ. Dann seid ihr wieder heimgegangen, und die Sache war geritzt. Der Bürger war nicht mehr interessant. Offensichtlich ist dann ein Anruf aus den Zentren der Multis gekommen mit dem Inhalt, daß das ein bißchen zu scharf gewesen sei. Da habt ihr euch ein bißchen gefürchtet und die ganze Geschichte wieder einschlafen lassen. (Abg. Mag. Mühlbachler: Lesen Sie weiter vor aus der Rede!)

Meine Damen und Herren! Dem setzen die Koalitionszwillinge auf Gedeih und Verderb – mehr mit Verderb –, Kostelka und Khol, noch eins drauf.

Ich zitiere noch den zweiten Absatz der Begründung dieses Antrages, dem wir in Notgemeinschaft mit den Bürgern zustimmen werden, aber nicht, weil Sie so forsch parlamentarisch unterwegs sind. Darin bekommt der Herr Minister – er tut mir ja fast leid – jetzt noch eine drüber. Für den, der das geschrieben hat, wäre das ein Entlassungsgrund, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Stadler: Die eigenen Leute!)

Es steht zu lesen: Das Verfahren zur Festsetzung von Preisen ist derzeit kompliziert und schwerfällig, insbesondere deswegen, weil es auf die Mitwirkung der betroffenen Unternehmen und deren Interessenvertretung angewiesen ist. – Aha! Werden diese jetzt nicht mehr mitwirken, oder waren sie schuld? (Abg. Mag. Stadler: Die Interessenvertreter!) Das ist ein Pingpongspiel.

Weiter heißt es: Es ist nicht gewährleistet, daß Preisbestimmungen nach objektiven Kriterien vorgenommen werden, wenn dies notwendig ist, um volkswirtschaftlichen Schaden abzuwenden. Gegenwärtig wird daher das Preisgesetz seiner Zielsetzung nicht gerecht. – Zitatende.

Das steht auch noch in dieser Begründung zu lesen. Das ist ja wirklich der stärkste Tobak, den ich jemals hier in diesem Parlament lesen oder hören mußte, meine Damen und Herren!

Das heißt also, Sie geißeln sich selbst. Wie die Büßer ziehen Sie lustwandelnd mit Büßersandalen durch die Lande und sagen, Sie können nichts dafür. Irgendwo wird es schon eine Absolution geben. Martin Luther hatte das zwar nicht im Programm, aber vielleicht andere Glaubensrichtungen, meine Damen und Herren. (Abg. Mag. Stadler: Der hat die Beichte abgeschafft!)

Ich sage Ihnen: Wir sind hier deswegen im Zweifel auf der Seite der Bürger, weil wir es nicht zulassen werden, daß durch Aktionismus der Grünen die Bürger dieses Landes 30 S für einen Liter Benzin zahlen müssen. Dafür sind wir mit Sicherheit nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind auf der Seite der Wirtschaft, auf der Seite der Pendler und der Berufstätigen. Wir wollen eine faire Marktwirtschaft, die ohne Monopole und ohne Oligopole saubere Preise garantiert. Wir wollen ein modernes Kartellrecht, das von uns bereits in der Vergangenheit vorgeschlagen, von Ihnen jedoch mit Bestemm abgelehnt wurde. Wir verlangen: Herunter mit den überhöhten Steuern und Abgaben bei Benzin- und sonstigen Energiepreisen! (Abg. Mag. Peter: Das gilt für alle!)

Da Sie, meine Damen und Herren von Rot und Schwarz, bisher versagt haben und auch nicht zu erwarten ist, daß Sie während der restlichen Legislaturperiode noch entsprechende Gesetze vorlegen werden, sind wir Freiheitliche für die Möglichkeit, in diesem Fall amtliche Höchstpreise festzulegen – ausnahmsweise! Unter diese Höchstpreise muß natürlich gegangen werden können. Angesichts dieser Koalition muß notgedrungen dem Verbraucher der Spatz in der Hand lieber sein als die Taube auf dem Dach.

Zu guter Letzt werden wir auch nicht zulassen, daß so wie bisher Tankstellenpächter mit Knebelungsverträgen drangsaliert werden; Tankstellenpächter, die ihre Arbeit vor Ort zu leisten haben und dann vielleicht noch bei fairen Preisen die Leidtragenden sein werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir fordern daher: Faire Spannen für die Tankstellenpächter, denn der Irrgarten für Tankwarte darf nicht mehr von Ihnen mit der Gießkanne bewässert werden! Wir sind auf der Seite der Bürger und auf der Seite fairer Energie- und Benzinpreise. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Haigermoser, Dipl.-Ing. Hofmann, Ing. Nußbaumer und Kollegen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Sicherstellung eines freien Wettbewerbs im Bereich der Mineralölwirtschaft ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

10.57

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Treibstoffpreis ist ein wichtiger Preis. Er ist volkswirtschaftlich für die gesamte Wirtschaft hinsichtlich der Energiekosten wichtig, er ist betriebswirtschaftlich wichtig – ich denke da an die Bauern –, er ist für das Leben der Menschen wichtig – ich denke da an die Pendler –, weil viele das Auto für ihre berufliche Tätigkeit brauchen.

Seit Monaten stellen wir gewaltige Preisunterschiede von Benzin und Diesel gerade an der Grenze zu Deutschland fest, und wir stellen seit Monaten gewaltige Preisunterschiede beim Treibstoff zwischen ländlichem Raum und der Stadt fest. Der Verdacht der Preisabsprachen liegt nahe, der Verdacht einer subtilen Marktaufteilung liegt nahe. Eine evidente Marktstörung ist objektiv festzustellen.

Die Empörung der Bevölkerung in Tirol, in Oberösterreich, in Niederösterreich, in den Grenzgebieten ist verständlich. Ich habe es bereits in der Einwendungsdebatte gesagt, Diesel ist 15 Kilometer jenseits der österreichischen Grenze um 1 S billiger – und das bei niedrigerer Steuerlast! Gehen Sie nach Rohrbach, gehen Sie nach Braunau, gehen Sie nach Schärding! Dort verstehen das die Menschen nicht mehr.

Der Herr Wirtschaftsminister – das möchte ich anerkennen – ist seit Monaten darum bemüht, das Problem in den Griff zu bekommen, und zwar zuerst marktkonform nach dem Subsidiaritätsprinzip – zuerst mit dem gelindesten Mittel, mit der Marktkonformität –, denn er ist ein überzeugter Marktwirtschafter. Wir haben die Maßnahmen des Kartellrechtes alle geprüft. Das Kartellrecht, und zwar ein neues und verschärftes Kartellrecht – Herr Kollege Kier, ich spreche mit Ihnen –, ist gerade in Begutachtung. (Abg. Mag. Peter: Das nach wie vor zahnlos ist, wie Sie wissen! – Abg. Dr. Kier: Das ist ein Irrtumskartell!)

Es sieht die amtswegige Aufnahme von Kartellverdachtsanzeigen vor. Aber diese Art von vermuteten Preisabsprachen und Marktaufteilungen, wie sie hier nach dem Trichterprinzip in Österreich offenkundig sind, ist auch mit dem schärfsten und besten Kartellrecht nicht aufzuspüren und nicht nachzuweisen, vor allem wenn die Vermutung besteht, daß die Absprachen nicht in Österreich, sondern im Ausland getroffen werden.

Der Herr Minister hat dann versucht, zum nächsten Mittel zu greifen. Ich möchte das insbesondere in Richtung der Liberalen und der Grünen sagen, die offenkundig nicht zur Kenntnis nehmen wollen, daß in dieser Frage zunächst marktkonform vorgegangen wurde, daß erst danach über Antrag der Arbeiterkammer notabene das Preisregelungsverfahren eingeleitet wurde, und daß dieses Preisregelungsverfahren vom Minister mit Hilfe aller Möglichkeiten, die ihm das geltende Gesetz zur Verfügung stellt, vorangetrieben wurde. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Es wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses inzwischen berühmte Puwein-Gutachten wurde im Jänner vorgestellt und hat zur sofortigen Einleitung des Vorverfahrens nach dem Preisregelungsgesetz geführt. Dieses Vorverfahren wurde mit einer Sitzung der Preiskommission abgeschlossen. Wie der Minister in der Regierungssitzung am Dienstag berichtet hat, hat die Preiskommission darin ein Verfahren in Aussicht gestellt, das noch Monate gedauert hätte und dessen Ausgang durchaus ungewiß gewesen wäre.

In dieser Situation haben das zuständige Mitglied der Bundesregierung sowie die Klubobleute der Regierungsparteien darauf hingewiesen, daß das zur Verfügung stehende Instrumentarium nicht ausreicht. Es reicht die marktkonforme Maßnahme nicht aus, es reicht das Kartellrecht nicht aus, es reicht die Preisregelung, wie sie derzeit vorgesehen ist, nicht aus. Die Verschleppung steht auf dem Programm der Betroffenen, und die Marktmaßnahmen haben versagt.

Der Marktführer der Mineralölwirtschaft in Österreich hat sogar in provokanter Weise, noch während das Preisregelungsverfahren lief, den Preis weiter erhöht – ungefähr nach dem Motto: "Was schert mich das alles? Mich interessiert die Bevölkerung nicht, mich interessiert das Puwein-Gutachten nicht, mich interessiert überhaupt nicht, was in Österreichs Öffentlichkeit Tagesgespräch ist! Mich interessiert nur der Shareholder Value, mich interessiert nur der größtmögliche Gewinn – auch unter Ausnützung einer marktwirtschaftswidrigen, monopolähnlichen Oligopolposition!" (Abg. Mag. Peter: Wer läßt die zu?)

Damit haben diese Wirtschaftstreibenden der sozialen Marktwirtschaft einen Bärendienst erwiesen! Sie haben ihr einen Bärendienst erwiesen, denn sie haben damit quasi darum gebettelt, daß jetzt schärfere Maßnahmen im Gesetz verankert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Verfahren der Preisregelung ist zahnlos, aber der Minister wird von allen Seiten bedrängt, endlich den Preis zu regeln. Wenn uns der Minister sagt, daß er dazu ein schärferes Instrument benötigt, weil man von ihm nicht erwarten kann, ein solches Instrument einzusetzen, das er gar nicht hat, dann sind wir als Vertreter des Volkes aufgerufen, dem Minister dieses Instrument zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich haben wir als Partei der ökosozialen Marktwirtschaft uns das sehr genau überlegt, aber ich möchte dem Hohen Haus nicht verschweigen, in welchem Zeitrahmen das Ganze ablief:

Am Dienstag vormittag berichtet der Minister der Bundesregierung, daß sich das Preisregelungsverfahren dahinschleppt. Trotz seiner maximalen Kraftanstrengung, es zu beschleunigen, sei mit einem Ende des Verfahrens vor dem Monat Mai nicht zu rechnen.

Daraufhin fassen wir im ÖVP-Klub folgenden Beschluß: Herr Bundesminister, wenn Sie heute nachmittag mit der Mineralölwirtschaft reden, dann weisen Sie darauf hin, daß wir, sollte es marktkonform keine Treibstoffpreissenkungen geben, das Instrument der Preisregelung verschärfen werden. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer.)

Der Minister geht daraufhin zur Aussprache mit den Vertretern der Mineralölwirtschaft. Aber der Generaldirektor des wichtigsten Mineralölbetriebes hat es nicht einmal der Mühe wert gefunden, seinen Urlaub zu unterbrechen. Der Minister wird dort also, wie man auf wienerisch sagt, "ang’lahnt stehen g’lassen." Er konnte nichts bewirken – und das angesichts des Beschlusses, der über die Austria Presse Agentur jedem im Land bekannt war, nämlich daß wir zur Verschärfung des Gesetzes schreiten würden.

Daß wir als Souverän dieses Landes dieses Instrument nun nachschärfen müssen, daß wir, um den Markt wiederherzustellen, zu dieser letzten Regelung greifen, kann uns niemand vorwerfen. Das müssen wir tun! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es wird ein rechtsstaatliches Verfahren sein. Der Herr Minister wird einen Verordnungsentwurf in Begutachtung zu schicken haben, und es wird Rechtsschutz bei den Bescheiden geben. Das Ganze ist verfassungsrechtlich und europarechtlich abgestimmt, es ist ganz einfach die Inanspruchnahme eines Notrechtes zum Schutz des Gemeinwohles gegen einen brutalen Kapitalismus! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! In der sozialen Marktwirtschaft muß der Markt veranstaltet werden. Ich habe meinen Müller-Armack und meinen Ludwig Erhard gelernt. (Abg. Mag. Peter: Da gibt es aber weiterführende Literatur! Die sind beide schon tot!) Ein Grundgesetz des Marktes ist der Wettbewerb. Wenn aber der Wettbewerb durch marktkonforme Maßnahmen nicht herstellbar ist, wenn der Wettbewerb durch das Kartellrecht nicht herstellbar ist und wenn das Gemeinwohl leidet, dann ist der Gesetzgeber aufgerufen zu handeln. (Beifall bei der ÖVP.)

Angesichts der Provokation und der Verhöhnung durch den Mißbrauch der Marktposition durch die Mineralölwirtschaft in Österreich müssen wir dem Wirtschaftsminister das Notrecht einräumen, die überhöhten Treibstoffpreise zu senken. (Beifall bei der ÖVP.)

11.07

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Schmidt hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.07

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich entnehme der Rednerliste, daß sich die freiheitliche Fraktion mit allen ihren Rednern als Kontraredner zu diesem Tagesordnungspunkt gemeldet hat. Die freiheitliche Fraktion hat jedoch im Ausschuß zugestimmt.

Es wäre nicht das erste Mal, daß sich die freiheitliche Fraktion im Ausschuß anders verhält als im Plenum, daher haben wir abgewartet, wie Herr Haigermoser die Begründung dafür formulieren wird, daß er sich als Kontraredner gemeldet hat. Er hat gemeint, er habe sich deswegen als Kontraredner zu Wort gemeldet, weil er gegen einen Benzinpreis von 30 S ist, wie es die Grünen angeblich fordern. Ich halte das für eine Verhöhnung des Parlaments, denn nicht einmal dem Abgeordneten Haigermoser unterstelle ich, daß er glaubt, daß das Gegenstand der Debatte ist.

Ich halte es daher auch für einen Mißbrauch der Geschäftsordnung, daß man sich unter Vorspiegelung irgendeiner Argumentation als Kontraredner meldet, und befürchte im übrigen, daß sich beim nächsten Tagesordnungspunkt, der Vereinbarung bezüglich des Nationalparks Neusiedler See, ein ähnliches Schauspiel abspielen wird. Es geht dabei um eine Vorlage, die im Ausschuß einstimmig verabschiedet wurde. (Abg. Mag. Trattner: Woher wissen Sie das?)

Das ist für mich ein Mißbrauch der Geschäftsordnung, denn es dient offenbar dem Lächerlichmachen des Parlaments. Ich lasse mich jedoch als Abgeordnete dieses Hauses nicht verhöhnen und ersuche daher um eine Unterbrechung dieser Sitzung, damit in einer Präsidiale die Einhaltung der Geschäftsordnung für die weitere Vorgangsweise sichergestellt wird.

11.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete! Sie sprechen damit ein Problem an, mit dem wir uns schon mehrfach auseinandergesetzt haben, vor allem auch im Zusammenhang mit einer Diskussion in der Präsidiale. Wir haben damals festgehalten, daß wir am Präsidium die Meldungen so entgegennehmen müssen, wie sie von den einzelnen Abgeordneten erfolgen. (Abg. Dr. Schmidt: Ich habe nicht das Präsidium kritisiert!) Wenn sich jemand kontra meldet, dann muß ich zunächst einmal von der Annahme ausgehen, daß er wirklich kontra spricht. Ich kann das im vorhinein nicht kontrollieren.

Ich möchte Ihnen sagen, daß ich von dieser Praxis jetzt nicht abweichen kann, da wir sonst in eine unlösbare Situation kommen würden. Aber wenn das stimmt, was Sie gesagt haben, so widerspricht das sicher dem Geist der Geschäftsordnung, das ist gar keine Frage!

11.10

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Das war auch keine Kritik am Präsidium, denn auch wir haben gewartet, wie die Begründung des Kontra sein wird. Aber die Begründung – und das ist keine Frage der Auslegung der Geschäftsordnung – bezog sich auf etwas, was nicht Vorlage der Debatte ist. Und aus diesem Grunde ist eine solche Kontrameldung aus meiner Sicht geschäftsordnungswidrig.

Um eine geschäftsordnungsgemäße Vorgangsweise für die Zukunft zu gewährleisten, ersuche ich daher, diese Sitzung zu unterbrechen und eine Stehpräsidiale einzuberufen, damit man erfährt, ob die Redner der Freiheitlichen Partei dieser Vorlage nachher wirklich nicht zustimmen werden, damit man nicht darauf warten muß, ob nach einer Begründung wie jener des Herrn Haigermoser, daß es um einen 30-S-Preis gehe, der nächste dann behauptet, es gehe um ich weiß nicht was! Denn das ist, Herr Präsident, eine Verhöhnung des Parlaments, und ich bin nicht bereit, dem zuzuschauen!

Ich ersuche daher, daß über diese Vorgangsweise beraten wird. Es ist üblich, daß ein solches Ersuchen, gestellt von seiten eines Klubs, einer Klubchefin, zumindest ernst genommen wird! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

11.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.11

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist richtig, was Klubobfrau Schmidt bezüglich des zweiten Tagesordnungspunktes angesprochen hat. Hiebei handelt es sich um einen Irrtum!

Wir haben dieser Vorlage im Ausschuß zugestimmt, die Meldung als Kontraredner ist daher nicht korrekt. Dieser Irrtum ist dem Ordner unterlaufen, und ich ersuche Sie höflichst, dies zu entschuldigen und zu korrigieren.

11.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Gut. Wir werden das bei Punkt 2 berücksichtigen, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Kostelka: Wenn, dann sofort, wenn das eine Änderung der Rednerliste ist! Das ist nicht nur bei Punkt 2, sondern auch bei 1!)

Im übrigen bitte ich, folgendes – ich möchte das hier noch einmal wiederholen – ... (Abg. Dr. Kostelka: Entschuldigen Sie, Herr Präsident, aber wenn das eine Korrektur der Rednerliste ist, dann gilt das nicht erst ab Tagesordnungspunkt 2, sondern ab sofort! – Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe mich auf den Tagesordnungspunkt 2 bezogen! – Weitere Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Gut. Meine Damen und Herren, ich bitte jetzt die Klubvorsitzenden ganz kurz zu mir. Ich unterbreche die Sitzung, aber ich werde in Kürze fortsetzen.

(Die Sitzung wird um 11.12 Uhr unterbrochen und um 11.16 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Meine Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf, und wir setzen die Debatte fort.

Ich erteile Herrn Abgeordnetem Mag. Peter das Wort. – Bitte.

11.16

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich stelle also fest, daß im Hohen Haus sich jeder so melden kann, wie er lustig ist, und die Spielregeln, wonach es einen Kontraredner und einen Proredner gibt, damit außer Kraft gesetzt sind. Ich halte nur fest, daß nicht nur ich, sondern meine ganze Fraktion das bedauert und für falsch hält.

Zum Thema Preisgesetz: Preise entstehen auf dem Markt. (Zwischenruf des Abg. Dkfm. Holger Bauer.) Ich glaube, das ist Konsens in einer Marktwirtschaft, und es gibt keine Fraktion in diesem Haus, die sich nicht zur Marktwirtschaft bekennt. Preise entstehen also zwischen Angebot und Nachfrage auf funktionierenden Märkten. – Ich betone das Wort "funktionierende". – Es handelt sich beim Markt offensichtlich um eine Art Entdeckungsverfahren – um ein Entdeckungsverfahren, zu welchem Preis Leistungen und Güter letztlich verkauft werden.

Ich habe aber gesagt, Herr Kostelka: "funktionierende" Märkte. Und dieses Funktionieren von Märkten wird durch zwei Dinge bestimmt: durch die Rahmenbedingungen, die wir diesen Märkten geben, und selbstverständlich auch durch das Wettbewerbsrecht. Wenn das Wettbewerbsrecht nicht funktioniert und wenn die Rahmenbedingungen nicht entsprechend gestaltet sind, dann sprechen wir von nicht funktionierenden Märkten. Wir sprechen nicht von Marktversagen oder von Marktstörung, sondern wir sprechen von Politikversagen. Das ist der Punkt! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Durch Politikversagen entstehen Oligopole und Verhaltenskartelle, über die wir uns heute unterhalten. Die Preise sind hoch, und die Produzenten, die Anbieter, ziehen eine Monopolrente ein. Das Politikversagen trägt dafür die Verantwortung! Wir schlagen den Sack und meinen den Esel!

In Wahrheit machen die Mineralölkonzerne das, was ihr Spiel ist, nämlich alles, um einen möglichst hohen Preis am Markt zu erzielen. Und die Politik in Österreich, die Koalitionsregierung, hat mehr als ein Jahrzehnt lang zugeschaut! (Abg. Dr. Kostelka: Es ist aber nicht ihr Spiel, Herr Kollege Peter, den Wettbewerb auszuschalten! Das ist gesetzwidrig, das ist marktordnungswidrig und im Grunde genommen kriminell!) – Herr Kostelka! Ich stimme Ihnen zu! Ich halte hier nur fest, wer das ermöglicht. Ich halte eine Preisabsprache im geheimen, die gegen ein Kartellgesetz erfolgt, für einen Teil der Wirtschaftskriminalität, gar keine Frage! (Abg. Dr. Kostelka: Und an jedem Betrug ist der Innenminister schuld, wie?) – Nein, nicht der Innenminister, das ist eine Justizfrage.

Wenn Sie aber heute einen Markt definieren – und für eine solche Definition des Marktes ist die Politik verantwortlich –, dessen Rahmenbedingungen sowie dessen Kontrolle über das Wettbewerbsrecht nicht funktionieren, dann trägt die Politik die Verantwortung dafür, weil sie einem Markt, der nicht funktioniert, zehn Jahre lang zugeschaut hat. Die überhöhten Preise am Treibstoffsektor sind ja nicht erst gestern entstanden, die gibt es in Österreich ja schon seit vielen, vielen Jahren! Auch die Diskussion darüber gibt es seit vielen, vielen Jahren.

Daher frage ich Sie von den Koalitionsparteien, warum Sie, obwohl Sie seit dem Jahre 1986 dieses Land mit einer großen Koalition regieren, es nie zustande gebracht haben, in Österreich ein funktionierendes Kartellrecht zu schaffen, um damit die Regelungsfunktion des Marktes sicherzustellen.

Die Politik ist gefordert. Österreich ist ein kleines, schönes, liebenswertes Land im Herzen von Europa. Leider wachsen hier keine Bananen – aber es wachsen viele Zwetschkenbäume. Und das, was sich heute hier abspielt, ist einer "Zwetschkenrepublik" würdig, aber nicht einer entwickelten Demokratie, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie ärgern sich heute über Ihre eigenen Versäumnisse im Wettbewerbsrecht. Sie machen eine Anlaßgesetzgebung, Sie machen eine Einzelfallgesetzgebung, und Sie nehmen aus den vier Wirtschaftslenkungsgesetzen, die wir haben, eine Notstandsregelung heraus, um vor Wahlen, auf Zuruf des Boulevards, etwas zu reparieren, obwohl Sie schon lange wissen, daß das notwendig ist!

Das, was Sie, Herr Dr. Khol, an neuem Kartellrecht vorgelegt haben, ist zahnlos und wird genau diesen Kartellen keinen Widerspruch geben. Sie haben einfach nicht den Mut dazu, eine wirkliche Wettbewerbsbehörde einzusetzen, auch nicht den Mut, einen Kartellanwalt einzusetzen, auch nicht den Mut, einen solchen Anwalt möglicherweise gegen Ihre eigenen Interessen, eben bei parteipolitischen Verflechtungen da und dort in Österreich, einen Riegel vorschieben zu lassen.

Da, was Sie uns am 23. März um 19 Uhr als Antragsentwurf vorgelegt haben, war überhaupt unerhört! Das war wirklich unerhört! Darin war eine Preisregelung für Sachgut oder eine Leistung, ja für alle Güter und Leistungen in dieser Art vorgesehen. Das war ein Rückschritt in die Planwirtschaft! – Sie haben sich dann aber doch dazu verstanden, diesen Antrag abzuändern und diese Preisregelung zumindest nur in dem von Ihnen angestrebten Bereich von Erdöl und seinen Derivaten einzuführen.

Meine Damen und Herren! Es kann doch nicht Ihre Politik der Rahmenbedingungen, der Reglementierung und Kontrolle von Märkten sein, daß Sie einzelne Produkte herausgreifen und in einem parlamentarischen Schnellverfahren Preisregelungen verfügen, weil Sie nicht in der Lage sind, jene Instrumente, die in einem entwickelten Staat, in einer entwickelten Marktwirtschaft nötig und auch möglich sind, wirklich einzusetzen. Das ist der Stil einer "Zwetschkenrepublik" im Wahlkampf – und das ist bedauerlich! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Warum sind die Benzin- und Dieselpreise in Österreich eigentlich so hoch? – Auch das sollten wir einmal untersuchen – und nicht nur immer sozusagen hier zum Fenster hinausreden.

Die Gründe dafür kann man in drei Gruppen gliedern. Wir haben in Österreich eine exorbitant hohe Steuerbelastung. Es gibt eine Mineralsteuer, deren Zweckbindung vor einigen Jahren aufgehoben wurde und die nun zu anderen Zwecken verwendet wird, und zweifellos gibt es bei uns sehr teure Auflagen im Tankstellensektor, im Bereich Umwelt – Gaspendelleitungen kosten Geld – und ebenso auf dem Personalsektor. Es gibt eingeschränkte Nebenrechte für diese Tankstellen; aber der Bundesminister meint, das wären die Hauptrechte. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Ich habe das schon umgedreht!) – Entschuldigung.

Wenn sich diese Tankstellen nämlich den Regeln des "normalen" Lebensmittelhandels unterwerfen würden, dann dürften sie doch nach 19.30 Uhr überhaupt nichts mehr verkaufen. Also in diesem Fall geht es auch um die Öffnungszeiten und darum, daß Tankstellen eine neue Funktion in einem neuen, sich wandelnden Markt bekommen.

In Österreich haben wir ferner unerhört hohe Bürokratiekosten und des weiteren hohe Arbeitskosten. Und in bezug auf Tankstellen gibt es außerdem noch ein Rationalisierungsverbot, das heißt, Tankstellen müssen immer durch Menschen betreut werden, was klarerweise Geld kostet. Und last, but not least: Der Bund als Eigentümer der Autobahnen verpachtet die Tankstellen zu Pachtzinsen, die meiner Ansicht nach in sich zu hoch sind.

Über den mangelnden Wettbewerb und ein zahnloses Kartellrecht als zweiten Punkt habe ich bereits gesprochen.

Es gibt bei uns aber leider auch ein bedauerliches Konsumentenverhalten, meine Damen und Herren. Ich weiß, daß Menschen, die auf dem flachen Land wohnen, auf eine bestimmte Tankstelle angewiesen sind, weil es im Umkreis von 20 oder 30 Kilometern keine andere gibt. Aber wenn man bitte hier in Wien nur ein bißchen die Augen aufmacht, dann sieht man, daß man nicht um 11,03 S auf der Autobahn zu tanken braucht, weil man schon zwei Straßen weiter, zum Beispiel hinter dem Parlament, um 10,06 S tanken kann. – Auch das Konsumentenverhalten ist also bedauerlich.

Herr Wirtschaftsminister! Ich hätte mir von Ihnen gewünscht, daß Sie sich im Zuge dieser ganzen politischen Diskussion mit Ihrem Chauffeur ins Auto gesetzt hätten – meinetwegen mit einem Fernsehteam hintennach – und die wirklich billigsten Tankstellen gesucht hätten. Es gibt natürlich auch einen Wettbewerb auf dem Tankstellensektor, nur wird er von den Konsumenten leider zu wenig angenommen.

Eigentlich müßte sich an einer Tankstelle, bei der ein Liter Benzin nur 10,06 S kostet, eine Schlange bilden, während dort, wo Benzin Schilling 10,90 S kostet, nur leere Tankzapfsäulen zu sehen sein dürften. Das würde die Marktwirtschaft beleben! Auch da ist der Konsument gefordert. (Abg. Dr. Kostelka: Also schuld ist die Politik, schuld ist der Konsument, aber die Wirtschaft nicht!) – Warten Sie, darauf komme ich gleich zu sprechen. Danke, daß Sie mich daran erinnert haben. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist wirklich ein bißchen seltsam!) Herr Kostelka, jetzt bin ich dabei; Sie waren nur ein bißchen schneller als ich.

Nun komme ich zu den Mineralölkonzernen. Was die Mineralölkonzerne in ihrer Preispolitik an Instinktlosigkeit an den Tag gelegt haben, kann bitte nur mehr mit Machtrausch verglichen werden. Eine kundenfernere Politik eines Anbieters auf einem Markt habe ich selten erlebt! Eigentlich gehören sämtliche PR-Manager der österreichischen Mineralölkonzerne fristlos entlassen. Sie sind genauso instinktlos, wie etwa Shell im Falle von "Brent Spar" war und wie Monopolisten eben sind, wenn sie glauben, ihre Macht ausspielen zu können.

Das, was da an Instinktlosigkeit geliefert wurde, ist ein Beispiel dafür, was in einer Marktwirtschaft eigentlich nicht passieren dürfte. Ich hoffe jedenfalls, daß die Konsumenten das diese Mineralölproduzenten auch spüren lassen werden.

Das alles gibt uns aber keine Berechtigung, meine Damen und Herren, jetzt wieder auf Wirtschaftslenkungsgesetze zurückzugehen, die wir in dieser Republik deswegen in unserem Rechtsbestand halten, weil es wirkliche Notsituationen in unserem Land geben kann – Notsituationen, die durch das Versorgungssicherungsgesetz, ein Energielenkungsgesetz, ein Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz und auch das seit dem Jahre 1992 neu gefaßte Preisgesetz abgedeckt sind.

Darauf zurückzugehen, meine Damen und Herren, ist ein ganz wesentlicher Fehler im politischen Gestalten von Rahmenbedingungen und in der Definition von Märkten. Das wird auch das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Österreich schwächen, und es wird ein Vertrauen zum Wirtschaftsstandort Österreich letztlich weitgehend unmöglich machen.

Sie können nicht eine österreichische Mineralölverwaltung privatisieren und internationale Investoren dazu bringen, sich an Aktiengesellschaften zu beteiligen, und dann wie in einer "Zwetschkenrepublik" Anlaßgesetzgebung betreiben, und zwar mit einem Schnellschußverfahren, indem Sie einen Wirtschaftsausschuß einberufen und dort ein Gesetz beschließen, den Ausschußmitgliedern jedoch keinerlei Informationen darüber geben.

Frau Ing. Langthaler hat im Ausschuß die Einsetzung eines diesbezüglichen Unterausschusses beantragt. Das wäre doch bitte der einzig richtige Weg, seriös mit dieser Frage umzugehen! Durch einen Unterausschuß würde dem Parlament die Möglichkeit gegeben, auf denselben Informationsstand wie die Exekutive zu kommen und sich in einem Hearing mit Experten dieser Frage anzunähern und erst dann zu sagen: Wir werden schauen, welche Maßnahmen legislativer Natur wir treffen müssen, um diese offensichtliche Monopol- und Kartellbildung hintanzuhalten. (Abg. Dr. Puttinger: Sie wollte das verhindern, das Heruntergehen!)

Herr Dr. Puttinger, wenn Sie als Präsident der Wirtschaftskammer Salzburg diesem heutigen Gesetzespfusch zustimmen, dann müssen Sie sich von allen Menschen, die wissen, wie Wirtschaft und Marktwirtschaft funktionieren, sagen lassen, daß Sie da einer populistischen Fischblase aufgesessen sind, daß Sie damit ausschließlich Wahlinteressen in den Vordergrund stellen, aber nicht bereit sind, Prinzipien des Wirtschaftens zu verteidigen. (Abg. Dr. Puttinger: Herr Kollege, Sie lassen sich als Parlamentarier alles gefallen!) – Ich lasse mir nicht alles gefallen! Ich fordere von Ihnen, ein wirkliches Kartellrecht in Österreich einzuführen (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen), ein Kartellrecht, das Wirkungs- und Verhaltenskartelle eingeschränkt, ein Kartellrecht, das die Einschränkung der Bereichsausnahmen vorsieht, ein Kartellrecht ... (Abg. Dr. Puttinger: Wir reden nicht über das Kartellrecht! Sie gehen hinaus zu den Wählern und lassen sich im Parlament alles gefallen! Die machen sich ja lustig über Sie, und Sie sagen Dankeschön!)

Herr Puttinger! Ich bin aufgrund dieser Pfusch-Regierung, die Sie seit bald 14 Jahren in Österreich stellen, in dieser furchtbaren Situation. Hätten Sie nämlich gut regiert, dann gäbe es ein Wettbewerbsrecht in Österreich, das die Monopol- und Kartellbildung der Mineralölkonzerne verhindert hätte. Das hatten Sie von ÖVP und SPÖ in Ihrer Hand! Warum haben Sie es nicht getan?! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Puttinger.)

Ich setze jetzt fort und sage Ihnen, was ein neues Kartellrecht – nicht ein zahnloses, wie Sie es vorschlagen – haben muß. Es muß die unverbindlichen Verbandsempfehlungen auf den Prüfstand stellen, und es muß vor allem eine Neudefinition der Marktbeherrschung beinhalten. Und, meine Damen und Herren: Einen funktionierenden Wettbewerb in Österreich wird es nur dann geben, wenn es, wie das in anderen entwickelten Staaten der Fall ist, einen Bundeskartellanwalt gibt, der beim Justizministerium angesiedelt, mit gleichen Rechten wie ein Staatsanwalt ausgestattet ist und der von sich aus und von Amts wegen die Märkte beobachtet und selbstverständlich auch mit Sachverhaltsdarstellungen und Anzeigen im Falle von Verstößen gegen das Kartell- und Wettbewerbsrecht vorgehen kann.

Wir werden auch eine Fair-Play-Commission brauchen, wie es sie zum Beispiel in Großbritannien gibt. Dort ist es gelungen, die Monopolbildung im Lebensmittelsektor durch Entflechtungen aufzulösen und die Betriebe wieder auf eine marktwirtschaftliche Ebene zurückzuführen.

Meine Damen und Herren! Der Markt ist kein Popanz, er ist ein Regelmechanismus. Ich teile die Ansicht vieler Abgeordneter hier, daß die Politik den Markt zu bestimmen hat und daß es ein Primat der Politik über die Wirtschaft gibt. Aber dieses Primat der Politik über die Wirtschaft ist durch das Setzen langfristiger Rahmenbedingungen zu verwirklichen – und nicht durch eine widerwärtige Anlaßgesetzgebung, wie wir sie heute hier erleben. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Ing. Langthaler.)

11.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.29

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Für meine Fraktion ist weder der Benzinpreis ein Fetisch noch die Preisregelung ein Wunschverfahren. Aber, Herr Kollege Peter, um auf das zurückzukommen, was Sie gesagt haben: Der Benzinpreis, die Energiepreise auf Rohölbasis haben schlicht und einfach eine signifikante Position in der Wirtschaft, aber auch im Leben des einzelnen Österreichers. Sie sind für den Wirtschaftsstandort ausschlaggebend. Sie sind ein wichtiger Faktor im Tourismusbereich – vielleicht psychologisch weit über das hinausgehend, was dem Ganzen eigentlich zukommt, aber eben doch ein wesentlicher psychologischer Faktor.

Die Energiepreise sind von eminenter Bedeutung für den Konsumenten, und sie haben auch eine soziale Funktion. (Abg. Marizzi: Richtig!) Denken Sie an die vielen Pendler, die Tag für Tag die Treibstoffpreise einsetzen müssen, um überhaupt ihrem Broterwerb nachgehen zu können. (Abg. Aumayr: Wie Pharisäer! – Zwischenruf des Abg. Blünegger. – Abg. Marizzi: Hört einmal zu!) Faire Treibstoffpreise sind daher ein Indikator für das wirtschaftliche und soziale Klima in einem Land. (Abg. Aumayr: Mir kommen die Tränen!)

Meine Damen und Herren! Österreich hat keine fairen Treibstoffpreise. Der Herr Bundesminister hat uns vor einem Monat in diesem Hause ausdrücklich erklärt: Von 1995 bis 1997 lag der Preis für Eurosuper in der Bundesrepublik Deutschland – obwohl die Steuern dort höher als in Österreich sind – 40 Prozent unter dem österreichischen Preis, und bei Diesel waren es 26 Prozent. (Abg. Aumayr: Seit wann wissen Sie das, Herr Klubobmann? – Abg. Leikam: Das ist viel!)

Meine Damen und Herren! 1997 – das hat der Herr Bundesminister genau vor einem Monat in diesem Hause erklärt (Abg. Aumayr: Solche Pharisäer!) – hat der Preis von Eurosuper im billigsten Land der OECD 50 Prozent weniger – man muß sich das vorstellen: 50 Prozent weniger, genau die Hälfte – als in Österreich betragen. Diesel war sogar um 70 Prozent billiger als in Österreich.

Ich sage Ihnen ganz offen, meine Damen und Herren: Wir haben lange zugesehen, vielleicht – möchte ich hinzufügen – zu lange. Der Markt funktioniert nicht. Daher haben wir zu einem Instrument zu greifen, welches das wiederherstellt, was uns verlorengegangen ist, nämlich schlicht und einfach den Markt. Er ist uns verlorengegangen aufgrund des Handelns von Oligopolisten, von Mineralölkonzernen – darunter auch ein Österreicher –, die ihre Marktposition schamlos ausgenützt haben! Diese Konzerne haben das betrieben, was man im ganz normalen Leben "Nepp" nennt. (Abg. Aumayr: Kanzler der SPÖ! Die OMV hat den Kanzler ...! – Zwischenruf des Abg. Blünegger. – Abg. Koppler: Du hast überhaupt keine Ahnung!)

Wir wollen nicht mehr und nicht weniger, als daß der Treibstoffpreis in Österreich auf europäisches Niveau gesenkt wird. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der Freiheitlichen und Abg. Koppler. – Abg. Blünegger: Wo ist der Herr Staatssekretär heute?) Das Paradoxon in diesem Zusammenhang ist, meine Damen und Herren, daß wir dabei zu einem Instrument zu greifen haben, von dem wir geglaubt haben, daß wir es längst überwunden haben, nämlich zum Instrument der Preisregelung.

Die sozialdemokratische Fraktion und die Interessenvertretung der Arbeitnehmer – die Arbeiterkammer, der Gewerkschaftsbund – drängen seit Jahren darauf. Seit Jahren wird insbesondere von den Interessenvertretungen Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund darauf hingewiesen, daß dieser Markt zum Schaden der österreichischen Wirtschaft, aber auch zum Schaden des Konsumenten mißbraucht wird und nicht funktioniert.

Herr Bundesminister Farnleitner – und das war der entscheidende Punkt, das war der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen gebracht hat – hat in diesem Haus am 24. Februar erklärt, er werde dafür sorgen, daß die Treibstoffpreise sinken. Aber vor wenigen Tagen ist genau das Gegenteil geschehen. (Abg. Blünegger: Die haben reagiert – und der Benzinpreis ist um 30 Groschen in die Höhe gegangen! – Zwischenruf der Abg. Aumayr.) Vor wenigen Tagen sind die Treibstoffpreise gestiegen.

Meine Damen und Herren! Was dabei besonders empörend ist: Die Preise sind mit einer Motivation gestiegen, die schier unglaublich ist. (Abg. Marizzi: Auf Verdacht!) Nicht weil die Rohölpreise in Rotterdam gestiegen sind, sondern weil sie steigen könnten, auf Verdacht, ohne entsprechende Preiskalkulationen, ohne Unterlagen, in einem System der "gläsernen Kassen", hat man die Preise angehoben, und dies in einem Hochpreisland, das ohnedies schon in Souveränität über dem Preisniveau in Europa dahinsegelt.

Das Puwein-Gutachten liegt vor. Alle Handlungsanleitungen stehen zur Verfügung. Es war daher zu handeln. (Abg. Apfelbeck: Es wurde zu spät gehandelt!)

Herr Bundesminister! Bitte verstehen Sie unseren Antrag, den wir im Ministerrat das erste Mal in einer Diskussion mit Ihnen angesprochen haben und den wir am gestrigen Tage eingebracht sowie mit unserem Koalitionspartner zu diskutieren begonnen haben. Dieser Initiativantrag soll nicht die Frage entscheiden, ob man bisher hätte handeln können. Ich möchte diese Frage gar nicht untersuchen. (Abg. Dr. Kier: Das glaube ich gern!) Es geht mir vielmehr darum, daß jetzt gehandelt wird.

Meine Damen und Herren! Wenn ein Argument dafür, daß bisher nicht gehandelt wurde, ein angeblich oder tatsächlich zu kompliziertes Gesetz ist, dann gilt jetzt, Herr Bundesminister, daß Sie ab heute mit Beschluß des Nationalrates und ab morgen mit Beschluß des Bundesrates ein neues Instrument zur Hand haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich anerkenne, daß unser Koalitionspartner in diesem Zusammenhang über den eigenen ideologischen Schatten gesprungen ist. (Abg. Jung: Jetzt ist der Herr Marizzi weggegangen!) Aber, meine Damen und Herren, ideologische Hürden dürfen nicht im Weg stehen, wenn es um vernünftige und faire Energie- und Treibstoffpreise in Österreich geht. Der Durchschnitt der Steuern in Österreich entspricht ungefähr dem Durchschnitt in Europa. Daher ist in diesem Bereich eine entsprechende Handlung vorzunehmen.

Zusammenfassend, Herr Bundesminister: Lassen Sie uns die historischen Untersuchungen beiseite stellen. Jetzt haben Sie eine entsprechende Rechtsgrundlage, um zu handeln. Ich bitte Sie: Verwenden Sie dieses Instrumentarium! Für uns ist ein wesentlicher Punkt in dem Antrag, den wir beschließen werden, ein kleines Wort, nämlich daß der Bundesminister nicht wie bisher handeln kann, sondern im Interesse der österreichischen Wirtschaft zu handeln hat. (Abg. Dr. Petrovic: Wieso bitten Sie dann darum? – Abg. Dr. Khol: Weil er höflich ist!)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sorgen Sie bitte in der nächsten Woche für Treibstoffpreise, die dem europäischen Durchschnitt entsprechen! Ich bitte Sie, davon auszugehen, daß der Preis nicht nur um 20, 30 oder 40 Groschen zu senken ist, sondern das, was wir wollen, ist die Erreichung des europäischen Durchschnitts. Das entspricht, wenn meine Berechnungen stimmen, einer Senkung um 70 Groschen.

Herr Bundesminister, bitte handeln Sie! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.37

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Wenn es einreißt, daß man sich mit einer frei erfundenen Behauptung, gegen die man sich dann ausspricht, als Kontra-Redner melden darf, dann, so kann ich nur sagen, besteht ein starker Anreiz, so etwas zu tun. Herr Abgeordneter Haigermoser geht hier heraus, erfindet irgend etwas, was die Grünen angeblich gefordert hätten – was nicht der Fall ist, aber sei’s drum, es ist ja egal –, und sagt daraufhin: Ich bin dagegen, und deswegen bin ich ein Kontra-Redner! (Abg. Haigermoser: Es ist die Frage, wo!)

Ich meine, da hört sich der Spaß auf! Man sagt zum Beispiel: "Ich bin dagegen, daß es heute regnet." – Es regnet ohnehin nicht, aber das macht nichts. Ich bin einfach kontra eingestellt und habe das Recht, als Kontra-Redner selbst dann berücksichtigt zu werden, wenn ich einer Vorlage zustimme. – Das kann ja wohl nicht der Sinn der Geschäftsordnung sein! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Petrovic: Es ist ein Präjudiz! – Abg. Haigermoser: Sie sollten sich über den 30-S-Preis aufregen!)

Im übrigen verlangt der Abgeordnete Haigermoser Benzinpreise wie in den USA. (Abg. Ing. Langthaler – in Richtung Abg. Haigermoser –: Können Sie mir das irgendwo zeigen, wo das steht?) Treibhauseffekt und Klimaveränderung sind ihm völlig egal.

Die Freiheitlichen wollen auch die Lohn- und Einkommensteuer abschaffen. Die Finanzierung des Sozialstaates ist ihnen ebenfalls egal – macht nichts, da sind wir eben einmal kontra. Sie sind für eine faire Marktwirtschaft, aber absolut gar nichts mehr darf etwas kosten. – Auf diesem Niveau zu diskutieren, lehne ich einfach ab.

Meine Damen und Herren! Daß die Grünen nicht unbedingt Freunde der Mineralölwirtschaft sind, kann ich wohl als bekannt voraussetzen. Monika Langthaler und ich haben schon vor Jahren immer wieder auf die hohen sogenannten Nettopreise in Österreich hingewiesen. Das hat uns zwar den Groll der Mineralölwirtschaft eingetragen, hatte aber damals keine Reaktion von SPÖ oder ÖVP, auch nicht von seiten des Wirtschaftsministers, zur Folge. Selbstverständlich besteht der Verdacht auf ein enges Oligopol, besteht der Verdacht auf Preisabsprachen in der Mineralölwirtschaft, besteht der Verdacht auf Mißbrauch von Marktmacht. Aber wissen wir das erst seit gestern, seit gestern im buchstäblichen Sinne? (Abg. Dr. Kier: Man weiß eh, wie es funktioniert! Seit 15 Jahren!)

Seit 16 Jahren haben wir sogar einen ÖVP-Minister im Wirtschaftsressort. Was hat er unternommen? Was haben Sie und Ihre Vorgänger unternommen, Herr Bundesminister, im Bereich des Kartellrechts, im Bereich der Mißbrauchsaufsicht oder im Bereich der Monopolkontrolle, wie sie in anderen Ländern üblich ist? Herr Bundesminister, wie oft waren Sie in Brüssel und haben mit Kommissar van Miert darüber gesprochen, was in solchen Fällen zu tun wäre?

Sie haben am Anlaßfall Meinl-Übernahme wieder einmal festgestellt, daß die österreichische Mißbrauchsaufsicht und Monopolkontrolle nicht greifen und daß das nur über die EU möglich ist. Haben Sie das getan, oder nicht?

In diesen 16 Jahren, in denen das Wirtschaftsressort in den Händen der ÖVP gewesen ist, hat sich auch im Bereich der Preisaufsicht einiges getan. Herr Minister Farnleitner ist doch der erste, der sich daran erinnern müßte, daß es gute Gründe gegeben hat, aus denen die amtliche Preisregelung in Österreich für die verschiedensten Güter und Dienstleistungen, die sie einmal betroffen hat, schrittweise aufgegeben worden ist.

Herr Minister Farnleitner! Sie kommen doch aus der Wirtschaftskammer. Sie können sich sicherlich daran erinnern, daß vor rund zehn Jahren auch die Bemühungen der Paritätischen Kommission, Einfluß auf die Preise zu nehmen, de facto aufgegeben worden sind. Mit anderen Worten, es hat sich auch in Österreich spät, aber doch die Einsicht durchgesetzt, daß ein funktionierender Wettbewerb die einzige Garantie für – unter Anführungszeichen – "faire" Preise darstellt.

Es bleiben aber Bereiche übrig, in denen dieser Wettbewerb anscheinend nicht funktioniert, wie zum Beispiel die Mineralölwirtschaft. Dafür gibt es die klassischen Instrumente, die in Österreich allerdings nie entwickelt worden sind. Was Sie aber entwickeln, ist ein Nacht-und-Nebel-Angriff mit Hilfe der Verfassung. Das ist unglaublich: ein Nacht-und-Nebel-Angriff auf die Preise! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Noch einmal: Die Grünen stehen nicht in dem Verdacht, sich täglich mit Herrn Generaldirektor Schenz zum Kaffee zu treffen. Wir tun es hin und wieder, das ist nicht zu leugnen. Aber haben Sie sich überlegt, wie es weitergeht? Sie machen jetzt einen Eingriff in die Preise – und dann?

Die OPEC zum Beispiel kann Ihnen ein Lied davon singen, wie es ist, wenn man zuerst in die Mengen eingreift und sich dann die Frage stellt: Was ist mit den Preisen? – Sie können nicht einerseits in die Preise eingreifen und andererseits glauben, daß die Mengen davon völlig unbeeinflußt bleiben. Im Klartext: Was tun Sie, wenn die OMV zum Beispiel eine Tankstelle zusperrt? Machen Sie dann das nächste Verfassungsgesetz?

Die OMV hat sich meiner Erinnerung nach anläßlich der Börseneinführung "Österreicher mit Verantwortung" genannt; dafür sollte das Kürzel "OMV" stehen. Ich darf Sie daran erinnern, daß das ursprünglich "Österreichische Mineralölverwaltung" hieß.

Wenn Sie so weitermachen – ich schaue dabei Sie an, Frau Tichy-Schreder, und frage Sie: Ist das die Politik der früheren Wirtschaftspartei ÖVP? –, dann werden Sie an jeder Tankstelle bald einen Beamten haben, der dort die Gebühr einhebt, die Sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion, wieder mit Zweidrittelmehrheit, zwischen einem soundsovielten März und dem nächsten Tag beschlossen haben. Das ist Ihre Politik, das ist Ihr Konzept? – Das ist unfaßbar! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Was Sie erzielen werden – einer meiner Vorredner hat das dankenswerterweise schon ausgeführt –, das ist Beschäftigungstherapie, das ist Beschäftigungspolitik für Juristen. Das schaue ich mir an! Da werden Kommissionen tagen, da werden Bescheide erlassen werden, da werden die Bescheide bekämpft werden, da wird zum Verwaltungsgerichtshof gegangen werden – die ganze Leiter hinauf und hinunter! Das prophezeie ich Ihnen: ein Riesenverwaltungsapparat für nichts, das wird passieren.

Nur ein kleines Detail am Rande: Die OMV beruft sich derzeit darauf – das teile ich Ihnen ganz leidenschaftslos mit –, daß die Preise für Brent Oil im März um 34 Prozent gestiegen sind. Jetzt werden Sie das Vergnügen haben, nachzuprüfen, ob das stimmt, wie das mit anderen Daten übereinstimmt et cetera.

Die einzige Lösung dieses Konflikts ist die Herstellung von Wettbewerb am Markt. Aber das schaffen Sie anscheinend nicht. Wenn Sie glauben, mit einer Zweidrittelmehrheit und Verfassungsgesetzen – unter Anführungszeichen – "faire" Bedingungen herstellen zu können, dann kann ich nur sagen: Sie werden sich irren!

Vielleicht gibt es in diesem Fall ein Politikversagen, vielleicht gibt es ein Versagen des Wirtschaftsministers. Das kann schon sein. Aber das ist doch, bitte, nicht der Staatsnotstand! Das ist vielleicht ein Rücktrittsgrund, das ist vielleicht ein Anlaß dafür, sich zu überlegen, ob das wirklich die beste Wahl war – das mag sein. Aber das ist kein Grund, den Staatsnotstand auszurufen und um Mitternacht mit Verfassungsgesetzen hineinzufahren! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Das schaffen Sie: aus einem vergleichsweise unwichtigen Anlaß eine Art Notstandsgesetzgebung durchzuführen, die verfassungsrechtlichen Verfahrensprinzipien Hohn spricht!

Noch eines möchte ich dazu sagen. Herr Kollege Khol – er ist jetzt leider nicht da – hat heute sinngemäß gesagt, daß das Gemeinwohl vor Brutal-Kapitalismus geht. – Dazu kann man stehen, wie man will. Ich hätte mir aber gewünscht, daß ähnlich klare Worte gefunden werden, wenn wirklich ein gewisser Bedarf danach besteht. Als zum Beispiel eine Firma wie Waagner-Biró gekauft und ausgeschlachtet wurde und die Arbeitnehmer auf der Straße standen, da habe ich kein Wort über den Brutal-Kapitalismus, der dort herrscht, gehört. Da bestand anscheinend keinerlei Bedarf, mit Verfassungsgesetzen hineinzufahren – aus guten Gründen, das nehme ich schon an. Aber Sie hätten das wenigstens kommentieren können!

Ganz zu schweigen von der alten Frage, wie Frauen die Berufsarbeit mit der Familie vereinbaren können oder was mit den alleinerziehenden Müttern und der Erhöhung des Karenzgeldes ist. Da wird nie von Brutal-Kapitalismus gesprochen! Da höre ich das nie!

Aber im Zusammenhang mit einer Benzinpreiserhöhung von 20 oder 30 Groschen fällt Ihnen plötzlich der Brutal-Kapitalismus ein? In welcher Welt leben Sie denn?! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt hat sich Herr Bundesminister Farnleitner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

11.46

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Benzin- und Treibstoffpreisauseinandersetzung der letzten Jahre war von einem einfachen Ritual geprägt. Es hat irgend jemand angeprangert, daß die Preise zu hoch sind. Dies haben auch Organisationen getan, die vor dem Kartellgericht hätten klagen oder nach dem Preisgesetz hätten Anträge einbringen können. Das ist aber nicht geschehen.

Einen Minister mit keinen Möglichkeiten auszustatten, außer, ihm die Verantwortung zuzuordnen, ist zuwenig. Ich kann nur wiederholt erklären, daß nach § 5 des geltenden Preisgesetzes der Minister keine Möglichkeit zum Einschreiten hat, wenn kein Antrag gestellt wird.

Ein solcher Antrag ist jahrelang nicht gestellt worden. Wann immer ich, seit ich Minister bin, gefragt habe, was gewollt wird, hat es stets geheißen: Transparenzmodelle. Wir haben die vom ARBÖ angegebenen Preise publiziert, wir haben die Preise bei uns publiziert. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist wirklich lächerlich, Herr Bundesminister! Sie haben ... !) – Ich bin gerne bereit, über den Rechtssachverhalt mit der Frau Abgeordneten Petrovic ein Privatseminar abzuhalten, denn im Preisrecht kenne ich mich aus, das können Sie annehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Punkt: Für den Fall, daß es keinen direkten Zugriff gibt, habe ich ohne Antrag veranlaßt, daß im September 1997 die Puwein-Studie in Angriff genommen wurde. Daß sie erst später fertig geworden ist, hängt damit zusammen, daß wir – im Einvernehmen mit allen am Preisverfahren Beteiligten – ein sehr eindeutiges Bedarfsprofil gegeben haben.

Da aber die Angriffe weitergegangen sind, habe ich im letzten Ministerrat erklärt, daß ich es leid bin, ständig für etwas angegriffen zu werden, wofür mir der Gesetzgeber kein adäquates Instrument in die Hand gibt. Ich persönlich bin sehr froh darüber, daß mit diesem Zustand endlich Schluß gemacht worden ist. Denn mir ständig zu unterstellen, ich schütze eine Oligopolsituation oder eine Hochpreissituation, ohne mir eine Möglichkeit zu geben, zu intervenieren – da kann ich von politischer Verantwortung nur träumen! Ich bin daher froh darüber, Ihnen, wenn Sie mir im Hohen Haus eine Möglichkeit geben, beweisen zu können, daß wir sehr wohl wissen, was auf diesem Markt gespielt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

In Österreich wissen alle Instanzen seit Jahren, daß wir in diesem Land, weil es nur eine Raffinerie und einen AWP-Vertrag – worin die meisten Majors quasi als Miteigentümer, Mitnutzer und Mitkunden involviert sind – gibt, eine der kompliziertesten wettbewerbsrechtlichen Konstruktionen haben, die die Literatur kennt, nämlich ein Oligopol mit Preisführerschaft eines Teilnehmers.

In einer solchen Situation – das sagt auch die Chicago-Schule – brauchen die Anbieter gar keine Absprachen, denn wenn einer vorangeht, dann verhalten sich alle anderen im eigenen Interesse konform. Daher hat auch niemand ... (Abg. Mag. Peter: Das ist ein Verhaltenskartell! Das ist im Kartellrecht nicht abgedeckt!)

Herr Abgeordneter Peter! Daher hat auch niemand – selbst wenn Sie das Kartellgesetz ändern – die Möglichkeit, mit einer Strafanzeige oder ähnlichem vorzugehen. Diese Anbieter brauchen gar keine Preisabsprachen! Soweit können Sie mir als Wettbewerbsexpertem die Sachverhaltsschilderung zunächst einmal glauben.

Wir haben daher – auch im Rahmen des letzten Benzinpreisgipfels – folgendes versucht. Wir haben gesagt: Laßt uns, da wir die Nettopreisdifferenzen so deutlich sehen, noch einen Anlauf nehmen und versuchen, zu einer konsensualen Lösung zu kommen, um nicht zum Hammer einer Preisregelung greifen zu müssen.

Darf ich dem Hohen Haus in zwei Minuten die Differenzen erklären? – Man hat in der Puwein-Studie gesagt: Bei allen hohen Nettopreisdifferenzen steht außer Streit, daß Österreich, was die verkehrsmäßige Erreichbarkeit anlangt, von allen EU-Ländern die vielleicht komplizierteste Infrastruktur hat. Wir waren immer bereit, zu sagen: Über eine Nettopreisdifferenz von 20, oder seien es 25 Groschen, wird nicht gestritten.

In bezug auf das, was darüber hinausgeht – eine Nettopreisdifferenz von ungefähr 70 Groschen gegenüber den wichtigsten Ländern, mit denen wir uns in Vergleich setzen –, wurde folgendermaßen argumentiert: 15 Groschen kommen aus einer unterschiedlichen gewerberechtlichen Situation.

Ich sage dazu nochmals: Selbst wenn man akzeptiert, daß mit dem Tabakverkauf, aufgrund längerer Öffnungszeiten oder mit Nebengeschäften mehr verdient werden kann, muß es doch das Ziel einer entsprechenden Strukturpolitik sein, daß jemand, der eine ordentliche Tankstelle betreibt, davon auch leben kann und nicht auf sieben Nebenerwerbe angewiesen ist. Daher ist – auch wenn ich das akzeptiere – immer der Punkt geblieben, daß wir zu viele Tankstellen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen haben.

Dazu ist ein zweiter Punkt gekommen, und damit ist die Sache langsam auch wettbewerbspolitisch problematisch geworden. Es ist damit argumentiert worden, daß die Preishöhe in Österreich zum Teil dadurch bedingt ist, daß wir zu viele kleine Tankstellen mit Substandards haben und zu viele große Tankstellen, die zu teuer sind. Daraufhin ist von uns namentlich verlangt worden, daß die Standards für die kleinen Tankstellen so angehoben werden, daß sie entweder aus dem Markt ausscheiden oder genauso teuer wie die Oligopolisten werden.

Meine Position und die Position meines Hauses ist in dieser Frage eindeutig. Es kann doch kein Argument sein, daß ich für die anderen eine Verteuerung herbeiführen muß. Wenn die Standards Geld kosten, dann soll es so sein. Aber es kann nicht so sein, daß ich die wenigen, die nicht dem Trichtermodell unterliegen, auch noch aus dem Markt werfe.

Drittes Argument: Die Majors haben zu viele Tankstellen. – Für den Fall, daß es so ist und daß über die Akzeptanz Rückendeckung gebraucht wird, habe ich gesagt – der entsprechende Auftrag ist bereits ergangen, und es wird hoffentlich nach der Karwoche weitergehen; die Verordnung wird jetzt ausgearbeitet –, wir gehen mit einer Verordnung über die Zulässigkeit von Automatentankstellen in Österreich zur Sicherung der Versorgung jenseits der Ladenöffnungszeiten in die Begutachtung. Ich bin sicher, daß wir dafür die Zustimmung bekommen. Die anderen zuständigen Ministerien stimmen dem ebenfalls zu.

Für den Fall, daß Sie mir nun mit dieser neuen Maßnahme des Preisrechtes den Auftrag geben, zu handeln, darf ich Ihnen gleich folgendes sagen. Mit den Kriterien, die in dieser Novelle enthalten sind, entbürden Sie mich aller bisherigen großen Hindernisse im Preisrecht, die da lauteten: Es muß jedenfalls eine umfangreiche Kalkulation der Kosten der involvierten Wirtschaftssektoren stattfinden. Die Evaluierung des volkswirtschaftlichen Interesses hat immer davon abhängig gemacht zu werden, ob auch – ich zitiere alte Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes – die Sozialpartner diesem Preis zustimmen.

Statt dessen führen Sie jetzt de facto den internationalen Nettopreis in einem vergleichbaren Länderblock – das kann nur der Binnenmarkt sein – als Kriterium ein. Damit ist eine eindeutige Regelungsvoraussetzung gegeben, die nicht von alten Ordnungskriterien wie "wir haben die höheren Kosten" und "wir haben die besseren Systeme" abhängt.

Ein Wort auch zur Steuer. Hohes Haus! Die Statistiken, die wir vor uns haben, zeigen eindeutig, daß im Vergleich der Steuerbelastungen in der Europäischen Union Österreich in jedem Fall unter den am geringsten mit Steuern belasteten Ländern liegt. Dazu darf ich Ihnen die Zahl bei Eurosuper nennen: da liegen wir an fünfter Stelle. Bei Dieselkraftstoff liegen wir an dritter Stelle, was die geringen Steuern betrifft. – Ich bin gerne bereit, dem Hohen Haus die Detailziffern anschließend zu übermitteln.

Ich betone: Diese Diskussion bezieht sich auf das Nettopreisniveau. Das Nettopreisniveau in Österreich ist unverhältnismäßig hoch. Es ist nicht einzusehen, warum das so ist. Denken Sie an das Beispiel Vorarlberg: Auf der einen Seite des Rheins zahlen wir wesentlich mehr, als auf der anderen Seite zu zahlen ist, obwohl die Entfernung von Rotterdam gleich groß ist. Es ist auch nicht einzusehen, daß es in manchen Trichtern rund um Wien niedrigere Preise als direkt vor der Raffinerie gibt. Das alles sind Dinge, die mit marktwirtschaftlichen Verhältnissen nichts zu tun haben.

Ich darf daher diesem Haus ankündigen: Sollte ich das vorgesehene "empowerment" durch den Gesetzgeber bekommen – wenngleich man in der Theorie sehr viel über die Schönheit eines Anlaßgesetzes reden kann, darin gebe ich Herrn Professor Van der Bellen gerne recht –, dann werden wir die Verfahrensvorschriften einhalten. Auf die Formel zur Preisberechnung haben wir uns im wesentlichen schon gestern im Hause verständigt. Wir werden nächste Woche die Verordnung für zehn Tage zur Begutachtung stellen, wie es das Gesetz vorsieht. Und Sie können damit rechnen, daß anschließend die entsprechenden Maßnahmen von meinem Haus getroffen werden.

Ich denke, daß die Bemühungen zur Schaffung marktkonformerer Strukturen in Österreich weitergehen müssen. In dieser Hinsicht darf ich Sie an die auch Ihnen übermittelten Unterlagen erinnern. Die marktkonformen Maßnahmen, die Wettbewerbsexperten vorschlagen, sind kurzzeitig nicht wirksam, ob das eine eigene Produkt-Pipeline ist, ob das eine Änderung der Träger der Autobahn-Tankstellen ist – dafür müßten Verträge gekündigt werden – oder ob es so ist – dies hat zum Beispiel in Frankreich und England den Wettbewerb belebt –, daß jeder große Supermarkt vor der Stadt seine eigene Tankstelle hat. Das ist nicht über Nacht machbar.

Ich sehe daher als ein sich zur Marktwirtschaft bekennender Wirtschaftsminister in dieser Maßnahme nur einen Überbrückungsschritt, um erstens der Branche einmal zu zeigen, wie ernst es der Souverän meint, und um zweitens hinsichtlich des Wettbewerbsrechts sowie der Rahmenbedingungen einen Druck zu erzeugen, der uns eine solche Maßnahme in den nächsten Jahren nicht als erforderlich erscheinen läßt.

Aber jetzt ist meiner Ansicht nach die Geduld aller Beteiligten – einschließlich derer, die ständig im Verantwortungsfeuer stehen – lange genug strapaziert worden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic, ich erteile Ihnen zu einer tatsächlichen Berichtigung das Wort. Sie kennen die Geschäftsordnung. Bitte beginnen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen.

11.55

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat soeben erklärt, die Vorwürfe der beiden Oppositionsparteien seien unrichtig. Er habe nicht handeln können, weil ihm kein entsprechender Antrag auf amtswegige Preisregelung nach dem Preisgesetz vorgelegen sei. – Diese Bemerkung des Herrn Bundesministers ist unrichtig, tendenziös und falsch.

Ich berichtige: Im § 5 Abs. 2 heißt es, daß jede im § 9 Abs. 2 genannte Person oder Stelle Anträge stellen kann. Die Stellen und Personen, die im § 9 Abs. 2 genannt sind, sind außer dem Vorsitzenden der Kommission diverse Ministerien und die gesamte Sozialpartnerschaft, sofern es irgendeine Ingerenz gibt. Vor allem: Der Vorsitzende dieser Kommission ist nach § 9 Abs. 5 der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Ich ersuche Sie dringend, Herr Bundesminister: Behelligen Sie dieses Haus nicht permanent mit Unwahrheiten! Ich wiederhole es einmal mehr: Die Unfähigkeit eines Ministers ist ein Rücktrittsgrund und kein Staatsversagen! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

11.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.57

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr verehrte Frau Dr. Petrovic, ich bin es gewohnt, von einer Fraktion dieses Hauses mit Halbwahrheiten konfrontiert zu werden. Von Ihnen war ich es bis jetzt nicht gewohnt, aber ich mußte zur Kenntnis nehmen, daß auch Sie diesen Weg einschlagen. Ich bedauere es sehr, daß es gerade eine Frau ist, die diesen Weg einschlägt.

Sie wissen sehr genau, daß der Herr Bundesminister diese Möglichkeit nicht hat, sondern daß verschiedene andere Institutionen, zum Beispiel die Arbeiterkammer, dagegen vorgehen können. (Abg. Dr. Petrovic: Ist der Bundesminister der Vorsitzende der Preiskommission oder nicht?) Der Herr Minister hat es vorhin ganz genau erklärt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bitte Sie, nicht andere der Unwahrheit zu bezichtigen, Frau Abgeordnete! Ich bitte Sie darum. (Abg. Dr. Petrovic: Doch, dessen bezichtige ich ihn!) Nein, Frau Abgeordnete! Sie haben Ihre tatsächliche Berichtigung vorgebracht, aber ich bitte Sie ... (Abg. Dr. Petrovic: Jede Person kann diesen Antrag stellen, auch der Vorsitzende! Das ist er!)

Frau Abgeordnete Dr. Petrovic! Meine Zeit ist kurz bemessen. Ich werde versuchen, Sie nachher zu informieren. Vielleicht können Sie sich daraufhin entschuldigen. (Abg. Haigermoser: Wieso sagen Sie "Halbwahrheiten"?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte als erstes folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen zum Antrag 1045/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen in der Fassung des Ausschußberichtes betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Preisgesetz 1992 geändert wird (1709 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Der bisherige Text des Antrages erhält die Z 1.

2. Folgende Z 2 und 3 werden angefügt:

"2. (Verfassungsbestimmung) Artikel II § 22 Z 5 lautet:

‚5. (Verfassungsbestimmung) hinsichtlich des § 5a der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten,‘

3. die bisherige Z 5 des Artikel II § 22 erhält die Ziffernbezeichnung ‚6‘."

*****

Das ist der Abänderungsantrag, den wir gestern im Ausschuß nicht mehr in dem Ausmaß zuwege gebracht haben und von dem ich angekündigt habe, daß er heute eingebracht wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als überzeugte ökosoziale Marktwirtschaftlerin bedauere ich es wirklich zutiefst, daß wir zu dieser Maßnahme – der Maßnahme des vorliegenden Antrags – greifen mußten. Dafür hatten wir gestern nacht eine Wirtschaftsausschuß-Sitzung, und heute müssen wir es hier im Hohen Haus beschließen.

Gerade wir von der Österreichischen Volkspartei versuchen immer und in allen Bereichen auf freiwillige Vereinbarungen, auf das Gespräch Wert zu legen. Und gerade in diesem Zusammenhang hat sich der Herr Bundesminister über Monate hinweg bemüht, mit der österreichischen Mineralölwirtschaft diesbezüglich zu verhandeln. Er hat auch bewußt eine Studie in Auftrag gegeben, um über eine Handhabe zu verfügen. Aber leider Gottes – das bedauere ich wirklich zutiefst – hat sich da eine Arroganz der Macht eingestellt, die verwunderlich ist.

Ich bin völlig einverstanden mit den Ausführungen des Herrn Mag. Peter. Auch mir gefällt diese Vorgangsweise nicht, und auch Herrn Professor Van der Bellen gefällt sie nicht. Aber wenn sich eine Macht anmaßt, alles – unter Anführungszeichen – "vor sich herzutreiben", so nach dem Motto: "Wer sind denn die? Wir können das allein bestimmen!", dann müssen Rahmenbedingungen und Grenzen gesetzt werden.

Sie selbst, Herr Abgeordneter Peter, haben gesagt, daß der Machtrausch eine gewisse Instinktlosigkeit zeigt. Ich unterstreiche das voll, das ist der Grund. Immer wenn jemand glaubt, er habe alles in der Hand, dann muß man ihm Grenzen aufzeigen – und in diesem Fall muß dies das Hohe Haus tun. Ich sage jetzt ganz bewußt, warum wir das hier machen wollen und hier machen müssen: und zwar damit wir zu einem besseren Markt kommen. Sie haben recht, die Kartellgesetznovelle ist schon seit langem im Gespräch; wir haben vor, ein anderes Kartellgesetz zu schaffen. Auch dieser Entwurf ist derzeit in Begutachtung.

Wenn Sie sagen, er ist zahnlos, dann muß ich antworten: Allen Stellen obliegt es, Stellungnahmen dazu einzubringen, damit die Vorlage überarbeitet wird und dann hier behandelt werden kann.

Es gibt aber auch immer neue Entwicklungen am Markt, und das ist das Problem in diesem Zusammenhang. Mit diesem Marktgeschehen muß man umgehen, man muß es handhaben können. Es hat sich ja gezeigt, daß es nicht nur Österreich allein ist, das gerade beim Kartellrecht, gerade in diesem Bereich der Mineralölwirtschaft eingreifen kann, denn die Preisabsprachen werden nicht unbedingt hier in Österreich getroffen! Die Europäische Union ist weit, die Zentralen der Mineralölkonzerne sind in anderen Ländern, und auch die Marktabsprachen, die Preisabsprachen können woanders getroffen werden. Sie müssen nicht unbedingt hier erfolgen. Aus diesem Grund ist es notwendig, daß wir mit dieser kurzfristigen Maßnahme einmal Taten setzen, damit die Konzerne sehen, daß es uns ernst ist.

Ich bin nicht gegen multinationale Konzerne, denn sie schaffen Arbeitsplätze. Sie haben auch verschiedenes weitergebracht. Aber es geht nicht an, daß Macht überproportional eingesetzt wird, daß man zum Teil unter Druck gesetzt wird und daß – vielleicht ist das zu hart formuliert, aber ich kann es nicht anders sagen – fast erpresserische Methoden Platz greifen. Dem können wir nur von hier, vom Hohen Haus aus Einhalt gebieten. Darum geht es. Ich denke, dieses Zeichen müssen wir setzen!

Meine Damen und Herren! Da Frau Abgeordnete Langthaler im Ausschuß gesagt hat, es sollte ein Unterausschuß eingesetzt werden, sie hatte nicht die Möglichkeit, mit den Experten zu sprechen, und so weiter, möchte ich schon eines feststellen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic.) Herr Klubobmann Dr. Khol hat gesagt, wir haben das Ohr beim Volk, Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Und jeder Abgeordnete dieses Hauses hat die Möglichkeit, mit Tankstellenpächtern, mit Firmen zu sprechen, auch mit den Mineralölkonzernen Kontakt aufzunehmen und sich entsprechende Informationen zu holen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ging bereits so weit, daß die Mineralölkonzerne die Spannen der Tankstellenpächter verkürzt haben. Die Mineralölkonzerne haben Absprachen, wonach jene Spannen, die sie an Firmen weitergeben, die größere Mengen abnehmen, höher sind als die Spannen, die der einzelne Tankstellenpächter hat. All das kann man in Erfahrung bringen, auch daß die Preise sehr unterschiedlich sind. Das geht aber zu Lasten anderer, nämlich zu Lasten der kleineren Betriebe in Österreich, das geht da und dort zu Lasten der Landwirtschaftsbetriebe und auch zu Lasten der Konsumenten. Wir sind für faire Wettbewerbsbedingungen, und diese fairen Wettbewerbsbedingungen wollen wir erreichen.

Vielleicht ist es hier in Österreich anders – diesbezüglich bin ich stolz darauf, daß wir anders sind –, denn in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz sitzen ehemalige Politiker in den Aufsichtsräten von Großfirmen, die ihre Anliegen dann bei den jeweiligen Regierungen durchsetzen müssen. (Abg. Dr. Petrovic: Bei uns sitzen sie überall! Es gibt nur Rot und Schwarz!)

Bei uns, Frau Abgeordnete Petrovic, ist das nicht der Fall, sondern hier entscheidet das Hohe Haus. Herr Bundeskanzler Schröder wird in Deutschland nicht umsonst "der Freund der Bosse" genannt. Wir wollen in Österreich ein breiteres Spektrum haben, nicht nur Lobbyismus (Abg. Dr. Kier: Wirtschaftskammer!), sondern wir wollen gesetzliche Maßnahmen setzen, damit für alle gleiches Recht und gleiche Rahmenbedingungen herrschen. So bedauerlich es ist, daß wir diese Maßnahme setzen müssen, aber wir hoffen, damit wirklich zu einem verbesserten Marktgeschehen in Österreich zu kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Frau Abgeordnete Tichy-Schreder zu Beginn ihrer Ausführungen verlesen hat, ist geschäftsordnungsgemäß überreicht worden, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Ich erteile jetzt nochmals Herrn Bundesminister Dr. Farnleitner das Wort. – Bitte.

12.06

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Als langjähriger Kommentator des Preisrechts lasse ich mir nicht gerne unterstellen, daß ich in einer von mir zum Teil miterarbeiteten Materie das Gesetz fehlinterpretiere oder fehlhandhabe.

Wir haben den § 5 Preisgesetz immer so verstanden – mein Haus ebenfalls –, daß wir sagen: Was hat es denn für einen Sinn, wenn dort im Absatz 1 steht: "über Antrag"? – Und dann interpretieren wir es folgendermaßen: Der Herr Preisminister, der am Schluß verantwortlich ist, stellt einen Antrag an sich selber. Das wäre doch wohl in einer Interpretation vorgebracht worden. (Abg. Dr. Petrovic: Der Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig! Ich war selbst mit dabei in der Preiskommission! Das ist ein Unfug! Sie setzen sich über den Text eines Gesetzes hinweg! Das ist Verfassungsbruch!)

Warum hätten wir denn dann diese Position eingenommen, warum waren wir dieser Rechtsauffassung? – Wir haben immer ein unabhängiges Kartellamt gefordert, weil die Handhabung der Wettbewerbsregeln in diesem Land ja im wesentlichen daran scheitert, daß Behörden, die wie ich zuständig sein sollen, keine Ingerenz und Kontrollbefugnis haben. Anderswo wird abgehört, wird untersucht. Hier soll plötzlich jemand alles wissen, aber man gibt ihm das Instrument dafür nicht in die Hand. (Abg. Dr. Petrovic: Das steht im Gesetz! Antrag gemäß § 5 Absatz 1 ...!)

Es steht im § 5 Absatz 1, daß der Minister nur über Antrag ... (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic.) – Es macht ja keinen Sinn, wenn er einen Antrag an sich selbst stellt. Wenn Sie das Gesetz so lesen, ist es gut. Wir haben es anders gelesen, und dazu stehe ich auch. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Dann können Sie nicht lesen! Dann sind Sie rechtswidrig in der Regierung! Unglaublich! – In Richtung ÖVP: Er kann doch nicht den Wortlaut des Gesetzes brechen, wo sind wir denn?! – Abg. Dr. Puttinger – in Richtung der Abg. Dr. Petrovic –: Keine Ahnung!)

12.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

12.08

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, niemand wird Ihnen zumuten, einen Antrag gegen sich selbst zu stellen. Aber bei allem Verständnis für Ihre Begründungen muß ich feststellen, der Antrag Khol/Kostelka ist ein Rückfall in die Planwirtschaft, ist ein Rückfall in die altsozialistische Mottenkiste.

Der Antrag ist das Einbekenntnis eines unzureichenden, ineffizienten, aber auch bedenklichen Preisgesetzes von 1992. Ich wage zu bezweifeln, ... (Abg. Kopf: Stimmst du nachher zu?) – Du wirst es ja dann sehen und hören. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Der Antrag ist auch ein Einbekenntnis, und durch das Gesetz wird keine Verbesserung erreicht werden.

Der vorliegende Antrag ist eine Anlaßgesetzgebung par excellence. Diese Materie führt auch immer wieder zu Junktimierungen – eine Vorgangsweise, die gerade die ÖVP immer wieder geißelt.

Der Antrag ist für mich aber auch der Beweis dafür, daß die Liberalisierung am österreichischen Markt viel zu spät eingesetzt hat und es in vielen Bereichen bis heute zu keinem echten Wettbewerb gekommen ist. Der Erhalt von Monopolen lag ja auch immer im Interesse der einzementierten rot-schwarzen Koalition. Damit ist das Problem der Preisabsprachen aktuell, damit kommt es immer wieder zu politischem Einfluß – das ist überhaupt gar keine Frage –, und damit kommt es auch zu kuhhandelartigen Postenbesetzungen.

Im Falle der OMV ist es ja ein doppeltes Spiel. Auf der einen Seite ist sie eine Kaderschmiede, auf der anderen Seite gleichzeitig die Entsorgungsstätte der SPÖ. Vor allem aber ist doch die Anlaßgesetzgebung das Druckmittel für die entsprechenden Junktimierungen. Denn wenn in der Begründung die überhöhten Preise auf eine ungerechtfertigte Preispolitik der Mineralölwirtschaft zurückgeführt werden – und ich grenze bewußt auf die OMV ein –, dann liegt dies nicht direkt an der parteipolitisch mißbrauchten OMV, sondern, wie ich meine, an der Koalitionsregierung, die sich diese Mineralölwirtschaft monopolhaft herangezüchtet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei mißratenen Kindern würde man vom Produkt ihrer Eltern sprechen, und die Vorgangsweise in der Mineralölwirtschaft mit ihren sprunghaften Preisfestsetzungen ist eben das Ebenbild dieser koalitionären Regierungsarbeit.

Das Ergebnis dieser Regierungsarbeit ist nicht nur auf den Benzinpreis beschränkt, Herr Bundesminister. Es gibt einen zu hohen Gaspreis, es gibt einen zu hohen Strompreis, es gibt eine zu hohe Abgabenquote, und Sie wissen über die überhöhten Mieten bei den gemeinnützigen Wohnungen Bescheid. Sie wissen um die zu hohen Lohnnebenkosten und um vieles, vieles andere mehr.

All das ist zum Nachteil der Bürger, aber natürlich auch und in erster Linie zum Nachteil der österreichischen Wirtschaft.

Es stellt sich hier schon die Frage, ob die Preiserhöhung durch die OMV eine vorauseilende Aktion war, um bei einer nachfolgenden Preisreduktion von einer höheren Basis ausgehen zu können, oder ob die OMV tatsächlich aus Kostengründen dazu gezwungen war, den Preis zu erhöhen.

Herr Bundesminister! Letzteres wäre für mich aber ein starkes Alarmsignal, weil damit klar wäre, daß die Wettbewerbsfähigkeit der OMV, aus welchen Gründen auch immer, international nicht gegeben wäre. Es wäre dann wirtschaftspolitischer Unsinn, das börsennotierte Unternehmen OMV in die roten Zahlen zu treiben und dann eventuell die Dividendenausfälle mittels Direktzahlungen abzugleichen.

Sie von der Regierung haben aber die Treibstoffpreise auch durch übermäßige Steuern tatsächlich nach oben getrieben, das ist doch keine Frage! Denn wir haben bei Diesel 61,74 Prozent Steuern, bei Super 67,53 Prozent Steuern und bei Normalbenzin 68,37 Prozent Steuern. Mit diesen Steuern, die ja nicht für ökologische Projekte, sondern ausschließlich zum Stopfen der Budgetlöcher verwendet werden, kann die österreichische Wirtschaft natürlich nicht wettbewerbsfähig gemacht werden.

Da liegt meines Erachtens das Kernproblem: im Versagen der Wirtschaftspolitik. Ich habe aber auch den Verdacht, Herr Bundesminister, daß die Begehrlichkeit des Finanzministers so lange unterstützt wurde, bis der Druck groß genug war. Interessant ist nämlich in diesem Zusammenhang, daß heute, noch bevor über diesen Tagesordnungspunkt zu Beginn der Plenarsitzung hier abgestimmt wurde, bereits im Internet zu lesen war, daß dieser Antrag eine Initiative der SPÖ ist. Und in diesem Artikel bekommen Sie Ihr Fett ab, Herr Wirtschaftsminister.

Da heißt es nämlich – ich zitiere –: Aber auch Wirtschaftsminister Farnleitner bekam sein Fett ab, da er sich als Ressortzuständiger lange Zeit ließ, die Kommission einzuberufen. So warf SPÖ-Bundesgeschäftsführer Andreas Rudas dem Minister Untätigkeit vor. Der Salzburger SPÖ-Vorsitzende Gerhard Buchleitner sieht eine Überforderung Farnleitners, und SPÖ-Konsumentensprecherin Anni Huber zweifelt an der Durchschlagskraft der Ressortzuständigen. – Zitatende. Das ist letztendlich das Ergebnis, das in den Medien verbreitet wird.

Herr Bundesminister! Wir stimmen zwar Ihrem Antrag zu, aber weder stimmen wir Ihrer Wirtschaftspolitik, weder Ihrer Anlaßgesetzgebung noch dem Rückfall in mittelalterliche Leibeigenschaft und Zehentabgabe zu! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Zuvor noch Herr Abgeordneter Mag. Barmüller zur Geschäftsordnung. – Bitte.

12.13

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Da in der Präsidiale gesagt wurde, es würde begründet werden, warum die Redner der Freiheitlichen kontra reden, aber jetzt von Herrn Abgeordnetem Nußbaumer klar gesagt worden ist, daß man der Vorlage zustimmen wird, wollte ich nur für das Protokoll auch festgehalten haben, daß hier offenbar unter Mißachtung der Pro- und Kontrameldungen vorgegangen worden ist. – Danke schön. (Abg. Schwarzenberger: Das ist typisch Freiheitliche! Ja, aber doch nein! – Abg. Dr. Petrovic: Ein Mißbrauch zieht den anderen nach sich! Eine Verkettung von Mißbräuchen!)

12.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

12.14

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein Wort zu meinem Vorredner, Kollegen Nußbaumer, der hier behauptet hat, daß bezüglich Preise – egal, ob es jetzt um Strom, um Gas oder um Öl geht – nichts geschieht. Kollege Nußbaumer! Ich kann Ihnen ein Schreiben des Verbandes für Energiekonsumenten zukommen lassen, ein klar deklariertes Dankschreiben. Ich nehme an, daß auch der Herr Bundesminister im Zusammenhang mit dem ElWOG ein ähnliches Schreiben erhalten hat. In diesem Brief bedanken sich die größeren Energieabnehmer dafür, daß die Preissenkungen bereits wirksam werden.

Wenn ich mir die Preisnachlässe anschaue, die bei den EVUs in Österreich in die Hunderte Millionen Schilling gehen – und dies bereits in der ersten Tranche der Liberalisierung –, dann kann ich nur sagen: Sie sagen entweder schlicht und einfach die Unwahrheit, oder Sie sind nicht informiert.

Meine Damen und Herren! Zum vorliegenden Antrag einige Worte. Vor einem Monat diskutierten wir über Wunsch des Bundesministers Farnleitner dieses Thema hier im Hohen Haus, und ich habe damals von einer "unendlichen Geschichte" gesprochen, die wir raschest beenden sollten. Dies vor allen Dingen deswegen, weil diese unendliche Geschichte mit einem Makel behaftet ist: Sie kostet die österreichischen Autofahrer täglich 12 Millionen Schilling zuviel an Treibstoffpreisen, und daher kann man das nicht ewig auf die lange Bank schieben.

Letzte Nacht im Ausschuß hat Kollegin Langthaler von einer undemokratischen Vorgangsweise gesprochen. – Ich muß sagen, das kann ich nicht nachvollziehen, meine Damen und Herren von den Grünen! Wir haben eine Geschäftsordnung, und genau im Sinne dieser Geschäftsordnung wurde gehandelt. Es wurde einmal angesichts der sehr prekären Situation etwas rascher gehandelt als sonst, aber ich glaube nicht – doch darüber werden später wahrscheinlich die Höchstgerichte befinden (Abg. Dr. Petrovic: Ja! Der Finanzminister wird eine Freude haben!) –, daß wir deswegen mit der Verfassung leichtfertig umgegangen sind, Herr Kollege Kier. Eines steht jedenfalls fest, nämlich daß die wirklich nicht mehr auszuhaltende Provokation durch den Marktführer OMV diese Handlungsweise regelrecht herausgefordert hat.

Ich möchte in dem Kreis nur in Erinnerung rufen: Die abstruse ... (Abg. Dr. Petrovic: Wo ist denn Kollege Eder heute?) – Er ist in Berlin, wie Sie wissen. – Zurück zum Thema: Wir haben einen zuständigen Wirtschaftsminister, Frau Kollegin Petrovic. Das müßte sich sogar bis zu Ihnen durchgesprochen haben.

Aber lassen wir uns doch gemeinsam einige der Argumente der OMV oder der Mineralölwirtschaft auf der Zunge zergehen. Es wurde zum Beispiel so argumentiert: Wenn die Rohölpreise sinken, dann verändert sich das Kostenbild so negativ, daß die OMV und die anderen Firmen die Preise nicht senken können. Es wurde auch unser Vergleich mit der Schweiz als nahezu unzulässig tituliert. Man hatte den Eindruck, die Schweiz sei ein flaches Land, vielleicht mit ein paar Hügeln, hat eine Raffinerie direkt an einer nicht vorhandenen Küste und hat daher Vorteile, die wir hier in Österreich aufgrund der topographischen Situation nicht haben.

Ich habe wirklich ärgste Bedenken gehabt, als ich diese Argumentation gelesen und gehört habe. Ich habe wirklich befürchtet, wenn die Rohölpreise weiter sinken, dann können wir uns unter Umständen in Österreich die Treibstoffe nicht mehr leisten, dann werden sie – wenn ich dieser Argumentation folge – zu regelrechten Luxusgütern.

Aber, wie gesagt, die OMV hat ohnehin völlig anders gehandelt. Sie hat allein schon auf den Verdacht hin, daß die Rohölpreise in Rotterdam steigen könnten, über Nacht – und das während eines laufenden Preisverfahrens – den Preis der Treibstoffe erhöht. Das ist, wie ich meine, wirklich eine arge Provokation der verantwortlichen Personen, vor allen Dingen des Bundesministers, aber auch des Hohen Hauses. Die OMV und alle anderen Vertreter der Mineralölwirtschaft haben genau gewußt, was wir hier vor einem Monat diskutiert und über den Wirtschaftsminister auch eingefordert haben.

Meine Damen und Herren! Ich finde, diese eklatante Provokation fordert auch eine etwas ungewöhnliche Handlungsweise, die aber sicher nicht undemokratisch ist.

Man könnte auch einiges zu den handelnden Personen in der OMV sagen. Es ist wirklich ein Gerücht und eine Mär, wenn die OMV immer so dargestellt wird, als wäre sie eine rote Hochburg. Sehen Sie sich bitte die Zusammensetzung des Vorstandes an, schauen Sie sich – das ist ja offenkundig, das ist ja überprüfbar – die parteipolitischen Zugehörigkeiten der handelnden Personen an!

Es mag schon sein, daß bei Betriebsratswahlen die Fraktion der sozialdemokratischen Gewerkschafter innerhalb der Belegschaft Mehrheiten erreicht, aber nicht deswegen, weil sie der Regierung die Mauer macht, sondern weil sie im Sinne der Belegschaft eine gute Betriebsratsarbeit leistet. (Beifall bei der SPÖ.) Man sollte das doch etwas auseinanderhalten.

Meine Damen und Herren! Ich finde, daß die Verantwortlichen in diesem Land wirklich lange genug versucht haben, im Bereich der Treibstoffe einen funktionierenden Markt zustande zu bringen. Das ist leider nicht gelungen, daher müssen wir das ohnehin vorhandene Instrument der amtlichen Preisregelung etwas nachbessern, etwas schärfen, damit es raschest wirksam wird.

Das heißt aber nicht, Herr Bundesminister, daß alle anderen Forderungen, die ich am 24. Februar hier eingebracht habe – und einige dieser Forderungen wurden heute bereits wieder angesprochen; auch nächtens in der Wirtschaftsausschußsitzung –, nicht mehr zählen.

Sie haben schon recht: Diese Maßnahmen wirken nicht über Nacht, aber wir müssen endlich damit beginnen. Es kann nicht angehen, daß man sagt: Nur weil es längere Zeit dauert, bis ich damit einen funktionierenden Markt schaffen kann, lasse ich es lieber gleich und probiere es überhaupt nicht.

Ich darf Sie daher ersuchen, all diese Maßnahmen umzusetzen, und erinnere etwa an die angesprochenen Großmärkte, die Tankstellen betreiben sollten, und die Tankstellenshops, die sowohl von den Öffnungszeiten als auch von den Produkten her, die sie veräußern dürfen, liberalisiert werden sollten.

Herr Bundesminister! Sie haben heute in der Fragestunde neuerlich erklärt, daß Sie dafür kein Verständnis haben und in dieser Richtung auch nichts tun wollen. Ich meine, daß das nicht der richtige Weg ist, und darüber werden wir ernsthaft in der nächsten Zeit reden müssen.

Ich ersuche Sie ferner nochmals, so wie beim letzten Mal, auch die Marktüberwachung in Ihrem Ministerium zu verbessern. Ich weiß schon, daß das Kartellrecht nicht alle Probleme lösen wird, aber ich hoffe doch, daß es einiges dazu beitragen wird, um den Markt entsprechend zu liberalisieren.

Ich frage mich aber auch – einer der Vorredner hat Sie das bereits zu Recht gefragt –: Was sagt Brüssel dazu? Was haben wir in Brüssel versucht? – Es ist fürs erste gelungen, aufgrund der Veranlassung aus Brüssel, aufgrund der Richtlinie, den Strommarkt bis zu einem gewissen Grad zu liberalisieren. Ich kann mir daher einerseits durchaus vorstellen, daß wir auch im Ölbereich, im Treibstoffbereich ähnliche Instrumente ansprechen könnten. Ich kann mir nämlich andererseits nicht vorstellen, daß Brüssel einfach zuschaut, wie bei uns ein Oligopol so handelt, als wäre es ein Monopol.

Herr Bundesminister! Wir beschließen heute eine Regelung, die Sie in die Lage versetzt, wirklich zu handeln und der tatsächlich unendlichen Geschichte endlich ein gutes Ende zu bereiten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

12.23

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! (Der Redner blickt auf zum Teil leere Bankreihen.) Das Interesse hat sich merklich verflacht. In der Früh, zu Beginn der Sitzung, war der allgemeine Eindruck noch so, als herrsche eine dramatische Notstandssituation. Mittlerweile hat sich die Situation bei der Kollegenschaft in diesem Haus offenbar völlig entspannt. (Abg. Mag. Mühlbachler – auf leere Sitze beim Liberalen Forum weisend –: Auch bei Ihnen! Auch beim LIF!) – Ja! Wir sind ja nicht der Meinung, daß die Republik Gefahr läuft zusammenzubrechen. Ihr seid ja der Meinung, die Republik bricht zusammen, wenn wir nicht im Schnellgalopp die Verfassung ändern.

Ich habe nur gesagt, das Interesse ist verflacht. Die Klubobleute haben sich stark zurückgezogen. Allerdings ist Gott sei Dank Herr Kollege Stummvoll da, er ist immerhin ein wichtiger Exponent der Wirtschaftskammer, und es freut mich, daß die Wirtschaftskammer – zumindest in der Person des Kollegen Stummvoll – heute hören wird, was ich zu sagen habe. (Abg. Dr. Stummvoll: Ich bin nur hier, um Ihnen zu lauschen!)

Ich bin nämlich auch Mitglied dieser Wirtschaftskammer und fühle mich in dieser Frage von ihr schon seit Jahr und Tag nicht vertreten. Die Wirtschaftskammer ist nämlich zweifellos nach dem Preisgesetz eine der antragsberechtigten Einrichtungen. Sie hat es aber bisher offenbar nicht für notwendig gehalten – auch die Landwirtschaftskammer im übrigen nicht –, entsprechende Anträge zu stellen, um den Herrn Bundesminister in die Lage zu versetzen, den § 5 des bereits bestehenden Preisgesetzes ordnungsgemäß anzuwenden.

Ich halte nur zu Gnaden, das ist immerhin etwas, was die Wirtschaftskammer hätte machen können. Sie hat es aber nicht gemacht, und zwar schon in den letzten zehn Jahren nicht, Herr Kollege Stummvoll. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Peter, Dr. Petrovic und Dr. Stummvoll.) Oder gibt es einen Antrag der Wirtschaftskammer in dieser Frage? – Mir ist keiner bekannt, es hat auch noch niemand darauf rekurriert, es gibt ihn also nicht.

Es gibt auch keinen Antrag des ohne Zweifel antragsberechtigten Bundesministers für Finanzen – von der anderen Couleur –, und es gibt auch keinen Antrag des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft – Ihre Couleur. Die Arbeiterkammer hat einen Antrag gestellt, das räume ich ein.

Was ist aber der Grund dafür, obwohl ohnedies ein Verfahren läuft, jetzt plötzlich diese Hektik aufkommen zu lassen? – Ich betone: Panik und Hektik! (Abg. Mag. Peter: Ich weiß es! Es gibt Wahlen!)

Es heißt, das Verfahren sei zu langsam. Jetzt sage ich, das Verfahren mag wohl langsam sein, aber – Herr Klubobmann Khol hat das in dankenswerter Weise ausgeführt; ich zitiere aus dem Gedächtnis – "es gibt in diesem Preisregelungsverfahren auch Kräfte, die bremsen".

Da gibt es einmal die Unternehmen, die es nicht gerne hätten, daß man ihre Preise reguliert, und diese werden sicher versuchen zu bremsen. Aber das sind nicht die Kräfte, die bremsen, sondern das sind die Kontrahenten in diesem Verfahren. Die Kräfte, die bremsen, sitzen nämlich in der Preiskommission. Und wer, glauben Sie, sitzt in der Preiskommission? – Die Kammern sitzen in der Preiskommission! Die Sozialpartner sitzen in der Preiskommission!

Die Sozialpartner haben also gebremst, und um die Bremse der Sozialpartnerschaft zu beseitigen, machen Sie einen Ritt quer über den Bodensee, über dünngefrorenes Eis, und ändern die Verfassung. Das ist interessant. Und die Sozialpartner stimmen bei ihrer eigenen Lächerlichmachung mit.

Ich bin der Meinung, das ist das einzig Schöne an der heutigen Debatte. Die Sozialpartner müssen jetzt, sofern sie Mandate haben – es sitzen ja nicht alle sozialpartnerschaftlichen Vertreter auf Mandaten –, schnell die Verfassung ändern, und zwar im Blitztempo! Wir haben das heute in der Morgendebatte schon erörtert. (Abg. Dr. Stummvoll: Jetzt werden die Sozialpartner einmal ausgeschaltet, und jetzt gefällt es Ihnen auch nicht! Ihr müßt euch entscheiden, was ihr wollt! Mit oder ohne Sozialpartner? Mit oder ohne?)

Herr Kollege Stummvoll! Weil die Sozialpartner, was wir seit Jahr und Tag sagen, nicht in der Lage sind, eine ordnungsgemäße Interessenpolitik zu machen, müssen sie sich jetzt erstmals in einem Verfassungsgesetz selber entfunktionalisieren, und das ist das einzig Schöne an diesem Gesetz. Sonst ist es überhaupt nicht schön, sondern es ist reiner ... (Abg. Dr. Stummvoll: Da müßten Sie doch applaudierend zustimmen!)

Schauen Sie, wir sind Kontraredner und bleiben auch dabei, aber ich darf trotzdem eine kleine positive Facette hervorheben. Ich gehe davon aus, daß die Sozialpartner hier wie ein Mann und eine Frau zustimmen werden. Sie werden bei ihrer eigenen Entfunktionalisierung im neuen § 5a zustimmen und haben damit eine kleine Schneise geschlagen – leider an einer sehr untauglichen Stelle, nämlich an einer Stelle, wo gleichzeitig die Marktwirtschaft ad absurdum geführt wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz.)

Herr Kollege Maitz! Das mag Ihnen unangenehm sein, weil Sie auch ein Mitglied dieses merkwürdigen verkammerten Systems sind. Ich bin Zwangsmitglied in dieser Kammer, und ich fühle mich durch die Vertreter der Kammer, die hier Funktionäre sind, nicht vertreten. Ich betone: Ich fühle mich nicht vertreten! (Abg. Dr. Stummvoll: Sie haben auch Pflichten! – Abg. Dr. Maitz: Sie sind auch allein so gescheit, daß Sie alles besser wissen!)

Ich fühle mich nicht vertreten, und ich sage Ihnen noch einmal: Die demokratische Legitimation der Kammerfunktionäre bröckelt von Tag zu Tag mehr ab, und sei sie formal noch so gut abgesichert! Es gibt nämlich auch einen politischen Gehalt, und daher sage ich Ihnen, so ist das und nicht anders.

Das, was Sie hier machen, ist Planwirtschaft pur, weil Sie dabei versagt haben, die Marktwirtschaft in diesem Bereich in den Griff zu bekommen. Und um dem Herrn Bundesminister zu helfen, könnte das Hohe Haus ja einem Entschließungsantrag der liberalen Fraktion zustimmen, denn möglicherweise ist es der Justizminister, der da nichts tut oder falsche Kartellgesetze oder Novellen vorlegt.

Ich höre immer wieder die Worte "hohl" und "zahnlos", Kostelka hat gesagt "zahnlos". Das ist allerdings eine Regierungsvorlage, also eine zahnlose Regierungsvorlage. Damit der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten in die Lage versetzt wird, im Ministerrat, getragen von der großen Mehrheit dieses Hauses, gegen eine Regierungsvorlage zu stimmen, die bestimmte Mindeststandards nicht enthält, hat die liberale Fraktion einen Entschließungsantrag vorbereitet.

Dieser Antrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Helmut Peter, Mag. Thomas Barmüller und weiterer Abgeordneter betreffend Zerschlagung des Benzinkartells durch ein stärkeres Kartellrecht

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird aufgefordert, einer Regierungsvorlage betreffend Änderung des Kartellgesetzes nur dann zuzustimmen, wenn die folgenden Grundsätze darin enthalten sind:

Einrichtung eines Bundeskartellanwalts, der zur Wahrung des Wettbewerbs von Amts wegen verpflichtet ist, mit der Bevollmächtigung, alle zivilrechtlichen Verstöße gegen das Kartellgesetz, soweit sie ihm bekannt werden, aufzugreifen. Ebenso soll er das volle Antragsrecht zur Kontrolle der Zusammenschlüsse haben. Seine Aufgabe ist der Schutz des Rechtsgutes "funktionierender Markt". Der Kartellanwalt hat als unabhängige Behörde mit Personal- und Budgethoheit weisungsfrei gestellt zu werden. Das Aufsichtsrecht liegt beim Bundesminister für Justiz. Der Kartellanwalt hat der Öffentlichkeit jedes Jahr einen Bericht über die Entwicklung des Wettbewerbs der österreichischen Wirtschaft vorzulegen.

Alle kartellrechtlichen Strafsachen sollen beim Landesgericht für Strafsachen Wien konzentriert werden.

Einführung des Verbotsprinzips bei Kartellen, also auch bei sogenannten Wirkungs- und Verhaltenskartellen.

Weitgehende Einschränkung der Bereichsausnahmen, insbesondere bezüglich Banken, Versicherungen und Genossenschaften.

Erweiterung des Begriffs des Bagatellkartells im Hinblick auf eine Verfahrensvereinfachung.

Abschaffung der unverbindlichen Verbandsempfehlungen sowie

Neudefinition der Marktbeherrschung (zum Beispiel durch Einbeziehung der Auslandsumsätze in die Schwellenwerte gemäß § 42 beziehungsweise 42a Kartellgesetz)."

*****

Ich bitte die Kollegenschaft in diesem Hohen Haus, dem Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten in diesem Punkt den Rücken zu stärken und dem Entschließungsantrag der liberalen Fraktion zur Mehrheit zu verhelfen, denn Sie können doch selbst nicht glauben, daß dieser neue § 5a ein Mittel ist, um auf Dauer dieses Problem in den Griff zu bekommen.

Auf sechs Monate wird der Herr Bundesminister jetzt sagen können, Benzin soll – Daumen in den Wind gehalten – 6,50 S kosten oder, ich weiß nicht, 8,30 S. Ich weiß es nicht, aber er wird es schon irgendwie machen, denn ein Verfahren ist dafür nicht vorgesehen. Es ist nur vorgesehen, daß er Untersuchungen anstellt, aber ein ordnungsgemäßes Verfahren ist eigentlich nicht vorgesehen, denn die Preisbehörde ist eliminiert. Er wird schon ein Verfahren machen – es ist ja nicht so, daß ich ihm das nicht zutraue –, es wird schon einen Aktenlauf geben, und es wird da oder dort auch Anhörungen geben.

Das alles wird vielleicht noch ein bißchen brauchen – die "Kronen Zeitung" und "täglich Alles" werden sich noch gedulden müssen –, auch wenn der Bundesrat morgen eine Sondersitzung abhält und das sofort in das Bundesgesetzblatt kommt. Am Montag werden die Preise wahrscheinlich noch nicht so ohne weiteres zu senken sein, außer man verliert endgültig den letzten Rest des Gesichtes. Also es wird noch ein bißchen dauern.

Ich weiß, die Untersuchung liegt ohnehin bereits vor, denn das Wifo hat sie schon durchgeführt, daher geht das diesmal sicherlich sehr schnell, und man kann das den Leuten vielleicht noch als Ostergeschenk präsentieren. Aber auf Dauer wird das Werkzeug nicht funktionieren, denn es ist auf jeweils sechs Monate ausgelegt, und ich kann mir nicht gut vorstellen, daß Herr Bundesminister Farnleitner meint, daß es gut ist, daß man das nach Ablauf dieser sechs Monate dann auf weitere sechs Monate so macht. Also sechs, sechs, sechs Monate, das wird wahrscheinlich nicht im Sinne seines Zugangs zu diesen Dingen sein. Ich hoffe es zumindest, denn er ist kundig in dieser Materie.

Daher werfe ich Ihnen, Herr Bundesminister, schon auch vor, daß Sie bisher nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Da mag der Diskurs, ob Sie höchstpersönlich antragsberechtigt gewesen sind oder nicht, für mich keine Rolle spielen, aber die Ingerenz hätten Sie schon gehabt, wenn Sie es gewollt hätten – auch antragslegitimiert –, denn ich glaube nicht, daß Ihnen Herr Molterer das verweigert hätte, wenn Sie ihn darum ersucht hätten, und auch Herr Edlinger hätte Ihnen das nicht verweigert. Auch die Herren Maderthaner und Schwarzböck hätten es Ihnen nicht verweigert, wenn Sie sie gebeten hätten: Bitte, stellt mir einen Antrag, ich kann sonst kein Verfahren einleiten! – Also das glaube ich nicht.

Im politischen Raum waren Sie jedenfalls dazu in der Lage, außer alle diese Leute haben es Ihnen verweigert. Dann sagen Sie uns das bitte! Sagen Sie uns: Alle meine Kollegen in der Regierung haben mich im Stich gelassen. – Aber das glaube ich nicht. Sie werden sie nicht angesprochen haben. Daher meine ich, ist das in diesem Sinn schon etwas, was im politischen Raum stehenbleibt.

Schaut man sich jetzt diesen neuen § 5a an, dann fällt einem auf, daß hier mit untauglichen Mitteln – sage ich einmal – der Versuch unternommen wurde, dem § 10 des Preisgesetzes auszuweichen. Dort ist nämlich im Abs. 3 vorgesehen, daß zu handeln ist "bei Gefahr im Verzug". Man hätte daher sagen können, wir entwickeln diese Bestimmung des § 10 Abs. 3, Gefahr im Verzug, hinüber auf den § 5 – im alten § 5 ist nämlich der § 10 Abs. 3 ausgenommen –, und dann haben wir eine Möglichkeit, daß bei Gefahr im Verzug das §-5-Verfahren auch ohne Antrag laufen kann.

Das konnten Sie natürlich nicht machen, weil selbst das Problem der evidentermaßen penetrant unverschämten Preisentwicklung bei den Mineralölfirmen – das möchte ich hier einmal ganz klar außer Streit stellen – nicht ein Element von "Gefahr im Verzug" in sich birgt. Man kann zwar sagen, es wird von Tag zu Tag unverschämter, es geht einem von Tag zu Tag mehr auf die Nerven und man verliert dieselben, aber Gefahr im Verzug ist das nicht.

Genauso aber, als ob Gefahr im Verzug wäre, handeln Sie hier. Sich mit diesem Widerspruch auseinanderzusetzen, das wollten Sie vermeiden, daher haben Sie einfach den § 5a neu gemacht und das hier so hatschert – sage ich einmal – und zweifellos verfassungswidrig eingefügt. Zweifellos! Und daß Sie es als Verfassungsbestimmung machen, verursacht doppelten Schmerz.

Allerdings – das ist ja vielleicht ein heller, lichter Augenblick gewesen – im Bericht des Wirtschaftsausschusses führen Sie aus – ich darf Ihnen das vorlesen, weil der Bericht des Wirtschaftsausschusses bekanntlich unter Absehung von jeder Auflagefrist nur kurzfristig zur Verfügung gestellt werden konnte und vielleicht noch gar nicht von allen wirklich rezipiert wurde, die nicht ohnedies im Ausschuß waren –, daß es zweifellos gerechtfertigt ist, so ein Verfahren zu beschleunigen, weil sonst die Sozialpartner mitwirken müßten. Auf Seite 2 des Berichtes des Wirtschaftsausschusses steht das erfreulicherweise ganz explizit. Das ist nicht von mir erfunden. Die Sozialpartner als Bremser sind im Bericht des Wirtschaftsausschusses explizit genannt. – Erstes Memo.

Zweitens beklagen Sie hier, daß es im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ein bißchen ein Problem sei, daß man nur unter Verwendung weitgehend unbestimmter Gesetzesbegriffe arbeiten könne. Nun wissen wir alle, daß Wirtschaftslenkungsgesetze generell unter diesem Problem leiden, wenn man das seriös betrachtet, weil eben die Frage, was zum Beispiel ein volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preis ist oder was ein offensichtlich unplausibel zu hoher Preis ist, kaum beantwortet werden kann, weil das alles völlig undeutliche Rechtsbegriffe sind.

Deswegen hat man in einer sich tendenziell doch eher der Marktwirtschaft verpflichtet fühlenden Sozialpartnerschaft – ein bißchen Marktwirtschaft ist schon recht, so à la Khol – diese Preisbehörde geschaffen. (Abg. Dr. Stummvoll: Nicht nur Marktwirtschaft, sondern soziale Marktwirtschaft!) Dieses schwerfällige Instrument, das wirklich schwerfällig ist, ist ja deswegen vorhanden, weil es eben extrem schwierig auszumitteln ist, was denn nun, wenn man schon eingreift, ein volkswirtschaftlich gerechtfertigter oder ein nicht offensichtlich überhöhter Preis ist. Das kann man nicht nur einer Studie überlassen oder dem Gutdünken eines Ihrer Mitglieder.

Jetzt bin ich nicht der Meinung, daß das Preisgesetz an und für sich ein intelligentes Gesetz ist, aber es ist bei weitem intelligenter gewesen vor dem heutigen Tag, weil es immerhin zugegeben hat, daß sich solche Ausdifferenzierungen von Preisen eben nicht im Pi-mal-Daumen-Sprung anhand einer Studie oder einer Untersuchung, die man sich besorgt, entwickeln lassen, auch nicht von noch so guten Fachleuten, die dann allerdings natürlich eher ihre Sicht der Dinge einbringen.

In diesem Fall ist es eben durchaus so, daß das sehr sensibel ist. Aber Sie schreiben selbst, daß eine Gewähr für die Richtigkeit des Verfahrens gegeben ist, das sei das Problem. – Das steht im Ausschußbericht. Und ich sage Ihnen: Das ist das Problem, denn Planwirtschaft führt nicht zu Preisen, sondern zu Tarifen. Dann sagen Sie einfach, Sie hätten gerne Tarife für die Autofahrer, so wie es Tarife für die Eisenbahnfahrkarten gibt. Dann würde ich sagen: Bitte nützen Sie die Stunde! Heben Sie die Wettbewerbsverzerrungen zwischen Schiene und Straße auf! Tarifieren Sie, wenn Sie schon glauben, Sie müssen Planwirtschaft machen, die Eisenbahn und das Auto so, daß Sie die Verlagerung von der Straße auf die Schiene begünstigen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Machen Sie einen Kombitarif, Herr Bundesminister, wenn Sie schon glauben, daß Planwirtschaft angesagt ist, wenn Sie schon meinen, daß Lenkungsmechanismen nicht das richtige sind, das Kartell ohnehin nichts nützt, weil es bei uns nicht funktioniert, weil bekanntlich immer dieselben Freunde von den Freunden in den Aufsichtsräten, in den Gremien, in den Direktorien – Nationalbank; gestrige erste Lesung –, in den Kartellbehörden und so weiter sitzen und sich wechselseitig versichern, daß die Welt heil ist, weil sie sich einig sind, daß sie es gerne so hätten, wie es ist!

Herr Bundesminister! Wenn Sie schon glauben, daß man Treibstoffe tarifieren soll – denn das ist ja ein Tarifierungsgesetz; was Sie hier machen, ist kein Preisgesetz, das ist ein Tarifierungsgesetz –, dann dehnen Sie doch die Philosophie auf den gesamten Verkehr aus, denn Verkehr ist eine Dienstleistung, die ich in Anspruch nehme, wenn ich von A nach B kommen möchte! Dafür benütze ich das Verkehrsmittel, das mir als das tauglichste erscheint. Das ist einmal das Auto, einmal gehe ich zu Fuß, einmal ist es die Straßenbahn, einmal ist es der Zug, einmal ist es das Flugzeug, und diese Auswahl treffe ich nach rationalen Kriterien.

Wenn Sie jetzt an einer Stelle die Tarifierung einführen, so dehnen Sie doch das Prinzip aus, Herr Bundesminister! Bekennen Sie sich offen zur Planwirtschaft! Das würde uns helfen, klarer zu sehen. Ich kündige Ihnen jetzt schon an: Wir werden Sie in der gesamten Periode bis zum 3. Oktober damit verfolgen – auf Schritt und Tritt! –, daß Sie Planwirtschaft betreiben (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist eine gefährliche Drohung!) und daß sich die Wirtschaftskammer zu Lakaien der Planwirtschaft hat degradieren lassen. Schade! Schade! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Gründen.)

12.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Kier verlesen hat, ist geschäftsordnungsgemäß eingebracht worden und wird in die Verhandlungen mit einbezogen.

Es hat sich jetzt abermals Herr Bundesminister Dr. Farnleitner zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.38

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte doch noch einige Klarstellungen treffen beziehungsweise Antworten auf Fragen geben, die gestellt wurden.

Was die EU anbelangt: Wir alle sind im Prinzip davon ausgegangen, daß mit dem Beitritt zur EU die gesamte Dynamik des Binnenmarktes auch in diesem Sektor zum Ausdruck kommen könnte. Wir haben heute keinerlei Beschränkungen hinsichtlich der sich erweiternden EU in Richtung Ostöffnung, und dennoch ist nichts passiert. Wann immer wir in Brüssel darüber gesprochen haben, wurde gesagt: Für uns ist hauptsächlich interessant: Gibt es durch den österreichischen Zustand Auswirkungen auf den EU-Binnenmarkt? – Antwort: Nein! Zweitens ist interessant: Gibt es Fusionen, die formell zu mehr Marktmacht führen? – Antwort: Nein! Es gibt dieses komplizierte Konstrukt, mit dem Österreich selbst fertigwerden müßte. – Das zur ersten Frage.

Zum zweiten: Ich habe hier gesagt, ich sehe in dem mir nunmehr zu gebenden Instrument – mir von Ihnen vielleicht gegebenen Instrument – ein Instrument, um vorübergehend etwas in Bewegung zu setzen, weil die marktkonformen Maßnahmen, die das Preisgesetz mir bisher unterstellt, Zeit brauchen.

Ich sage nochmals zu dem, was Herr Abgeordneter Kier gefragt hat: Ich verfolge alle Anregungen, die Herr Puwein in seiner Studie in Richtung Marktkonformität gegeben hat. Wir sind in Verhandlungen mit einem ausländischen Investor, der ein neues Auslieferungslager an der Donau errichten möchte. Wir sind in Verhandlungen mit großen Ketten, ob sie nicht Tankstellen an den Verkehr anziehenden Plätzen an den Stadträndern eröffnen wollen. Erste Gespräche haben stattgefunden. Angesichts der Erträge reißt sich niemand darum – das sei nur am Rande gesagt. Wir gehen jedem dieser Dinge nach. Es ist nicht so, daß wir sagen: Wir verlassen uns jetzt auf diese neue Möglichkeit.

Ich bleibe weiters dabei, daß das, was heute hier passiert, ein unglaubliches, unmißverständliches Signal an die Großen dieser Branche ist: Überlegt es euch in den nächsten Stunden! Paßt eure Nettopreise an das EU-Durchschnittsniveau an, und diese Maßnahme durch den Minister ist nicht erforderlich! Wie deutlich kann ich es denn noch sagen? Ich glaube, daß es auch ein Appell nach draußen ist: Wer diese Sprache nicht versteht, geht sehenden Auges in eine solche Regelung hinein. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Was das Kartellgesetz anlangt, betone ich nochmals: Bei dieser Komplikation müßten Sie eine wilde Kartellkonstruktion wählen, in der Sie einen Verbrechensverdacht für Oligopolsituationen schaffen, was in keinem Kartellgesetz der Welt steht, daher müssen Sie vielmehr die Verfolgungsintensität anheben. Das könnte man durch die Amtswegigkeit des Verfahrens, wodurch niemand das Risiko hat, mit Mitgliedern oder Beschäftigern in Konflikt zu kommen, erreichen. Das steht auch zur Begutachtung, das brauchen wir wirklich dringend.

Ich sage nochmals: Bitte, meine Position zu § 5 zu verstehen – da bin ich Herrn Kier für seine Worte dankbar –: Es ist so – auch nach dem Verständnis seit dem Römischen Recht –, daß die Behörde nicht gleichzeitig Ankläger sein kann. Würde das Antragsrecht so verstanden werden, dann würde das Wirtschaftsministerium auch amtswegige Verfahren einleiten, und gerade das ist durch den § 5 ausgeschlossen. – Ich sage das noch einmal und werde Sie damit nie wieder langweilen.

Noch ein letzter Punkt: Es ist keine ausweglose Situation. Je deutlicher das Bekenntnis dazu ausfällt, daß man mit den bestehenden Strukturen bei gleichbleibendem Verhalten nicht leben kann, sondern eine Maßnahme dagegen setzen wird, desto besser ist es. Die Spieler im Markt, ich meine, die "Agentes" im Markt, wie das so schön heißt, wären gut beraten, wenn sie dieses deutliche Signal der Politik verstünden und sich damit das Eingreifen der Politik ersparten. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Abgeordneter Dkfm. Mühlbachler. 6 Minuten Redezeit sind gewünscht. – Bitte.

12.42

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, hätte man der Diskussion am 24. Februar etwas mehr Bedeutung beigemessen, und zwar auch von seiten der Oppositionsparteien, dann würde die heutige Diskussion in eine ganz andere Richtung laufen. Denn die Vorredner, die sich heute hier zu Wort gemeldet und immer wieder Vorwürfe gegen den Bundesminister vorgebracht haben, haben schlicht und ergreifend die Erklärung vom 24. Februar nicht gehört. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister Farnleitner hat am 24. Februar ganz deutlich die einzelnen Schritte, die notwendig sind, um mit den vorhandenen Rechtsmitteln überhaupt zu einer Preiskorrektur zu kommen, aufgezeigt. Er hat auch die zeitliche Dimension aufgezeigt. Jedem, der hier herinnen saß, mußte bewußt sein, daß es ein längerer Prozeß sein wird, um überhaupt eingreifen zu können.

Das, was damals in der Diskussion auch schon zum Ausdruck gekommen ist, war: Wir wollen mit dieser Diskussion der Mineralölwirtschaft ein deutliches Signal geben. (Abg. Blünegger: Das Signal war die Preiserhöhung!) Wir haben damals schon zum Ausdruck gebracht, daß es eigentlich vernünftig wäre, würde sich das Marktverhalten der Mineralölwirtschaft verändern, und wir haben damals auch gesagt, daß eine Notmaßnahme wohl nur dann zu setzen wäre, wenn eine entsprechende Reaktion von der Mineralölwirtschaft nicht kommt.

Es ist nicht nur eine Reaktion im positiven Sinne ausgeblieben, sondern es hat sich postwendend eine negative Reaktion eingestellt. Und das können wir uns doch nicht gefallen lassen, wenn wir als Parlament gegenüber der Öffentlichkeit noch eine Verantwortung tragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Da wird heute ganz scheinheilig von Anlaßgesetzgebung gesprochen, und gerade diejenigen nehmen dieses Wort in den Mund, die sofort für Anlaßgesetzgebung sind und sich auch dafür verwenden, wenn es nur in ihre Ideologie und in ihren Kram hineinpaßt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen folgendes: Auch Dr. Kier handelt so. Er ist nicht mehr da. Er bemängelt es zwar immer, wenn ein Redner nach seiner Rede hinausgeht, findet es selbst aber nicht der Mühe wert, nach seiner Rede, die sehr viele Mängel aufgewiesen hat, herinnen zu bleiben. (Abg. Smolle: Na, na, na, Herr Kollege!) Bitte, lesen Sie sich doch einmal Ihren Entschließungsantrag durch! Das ist geradezu ein Fallbeispiel für Anlaßgesetzgebung. Wenn man den Entschließungsantrag heute annähme, dann wäre das Bundeskartellamt im großen und ganzen eine beschlossene Sache, ohne daß darüber groß und breit diskutiert worden wäre. So etwas darf es doch nicht geben! Sie stellen sich heraus und bemängeln das? – Nein! So bitte nicht! So einfach machen wir es Ihnen nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf einige Dinge hinweisen.

Zum ersten: Ich glaube, daß wir heute der österreichischen Wirtschaft insgesamt und allen Marktkräften zeigen, daß das österreichische Parlament durchaus sofort und rasch handlungsfähig ist, wann immer es Fehlentwicklungen auf dem Markt gibt und diese Fehlentwicklungen, auch wenn sie aufgezeigt werden, nicht korrigiert werden. Und ich finde, das ist gut so! Wir handeln ja deswegen, weil es ganz offensichtlich auf dem Mineralölmarkt eine Fehlentwicklung gibt.

Ein Zweites noch: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir erweisen nicht nur den Konsumenten einen guten Dienst, sondern wir erweisen auch den Tankstellenhaltern und Tankstellenpächtern einen guten Dienst. Aufgrund der hohen Preisdifferenzen gegenüber dem Ausland ist es gerade im grenznahen Bereich so weit, daß die Tankstellenhalter und -pächter zusehen müssen, wie die OMV Woche für Woche Unmengen an Treibstoff ins Ausland transportiert, wo OMV-Tankstellen betrieben werden.

Ich spreche vom Mühlviertel. Wir können feststellen, daß gerade im benachbarten Tschechien eine ganze Reihe von Großtankstellen von OMV, von Shell, von BP und so weiter und so fort eröffnet worden ist. Diese Mineralölfirmen transportieren das Benzin von Österreich nach Tschechien, um es dort billiger verkaufen zu lassen, und entziehen damit unseren Tankstellenpächtern ihre Existenzgrundlage.

Auch das sollte einmal gesagt werden. Die Tankstellenpächter und die Tankstellenbesitzer werden durchaus auf unserer Seite sein, wenn ihnen einmal ein vernünftiger Endverkaufspreis ermöglicht wird. Ich glaube, daß das jetzt der Fall sein wird.

Abgesehen davon, eines noch, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir sollten nicht vergessen, daß fast die Hälfte der sich auf dem Arbeitsmarkt befindlichen Frauen und Männer Pendler sind. 1 466 000 Pendler gibt es in Österreich, und alle sind mehr oder weniger auf Individualverkehrsmittel angewiesen. Auch denen werden wir einen guten Dienst erweisen, wenn wir uns in dieser Art und Weise um eine Treibstoffpreisregelung kümmern.

Ich glaube, es war höchst an der Zeit, ein starkes Signal aus dem Parlament zu setzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.50

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! In aller Klarheit und Kürze: Wenn ein Minister in der Wahrnehmung seiner Agenden versagt, ist das ein Rücktrittsgrund und kein Staatsnotstand. (Abg. Mag. Mühlbachler: Das stimmt ja nicht! – Abg. Schwarzenberger: Dazu fehlen die Voraussetzungen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das, meine Damen und Herren, stimmt leider, und es hat bei diesem Minister Methode, auch wenn Sie noch so viel schreien. Sie wissen es genau. Intern hört man dasselbe von ÖVP-Kollegen, nur sagen sie es eben nicht in Gegenwart dieses Ministers. (Abg. Tichy-Schreder: Wie bitte? Unterstellen Sie uns nichts! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) – Ich unterstelle gar nichts, ich weiß es, Frau Tichy-Schreder (Abg. Tichy-Schreder: Natürlich unterstellen Sie uns das!), weil ich Ohren habe und das nicht mehr zu überhören ist.

Ich finde es ja schon arg, wie eine Fraktion mit jemandem umgeht, der ganz offenbar nicht in der Lage ist, diese Agenden wahrzunehmen. Das, was hier geschieht, ist ein Rechtsbruch, ist ein Bruch internationaler Standards. Und ich frage mich schon, wieso Kollegen der ÖVP, die bei der Präsentation neuer Verfassungsbücher anwesend sind, in denen ein Kern der Verfassung beschworen wird, der sehr wohl über das materielle Verfassungsrecht geht und Bestand haben soll, gerade wenn es um Grundrechte geht, dann nur so aus Jux und Tollerei und ohne Notstand – ohne Notstand! – diese über Nacht irgendwie kippen. (Abg. Schwarzenberger: Sie haben einen Notstand, weil Ihnen die Wähler davonlaufen!)

Und das mit einer Begründung, die meiner Ansicht nach wirklich abenteuerlich ist. Sie sagen in der Begründung – da sind Sie ja noch relativ ehrlich –, es droht sonst großer volkswirtschaftlicher Schaden. (Abg. Mag. Mühlbachler: Natürlich!) Andererseits sagen Sie, seit vielen Jahren ist das so. – War das seit vielen Jahren kein volkswirtschaftlicher Schaden? Wieso ist der volkswirtschaftliche Schaden über Nacht so groß geworden? Komisch, ganz merkwürdig. (Abg. Mag. Mühlbachler: Das habe ich ganz ausführlich dargelegt!)

Es scheint irgend etwas mit dem Wahljahr zu tun zu haben, Herr Kollege Mühlbachler. Anders kann ich mir das nicht mehr erklären. (Abg. Mag. Mühlbachler: Es geht um das Ansehen des Parlaments!) Dieser große volkswirtschaftliche Schaden scheint eine große Angst der ÖVP vor den Wählerinnen und Wählern zu sein. Das ist es doch, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Sie sind so nervös, weil Ihnen die Wähler davonlaufen! In Salzburg sind Sie halbiert worden!) Das schauen wir uns noch an!

Hier in Ihren Erläuterungen sagen Sie selbst, es ist ein gravierender Eingriff in die Erwerbsfreiheit der betroffenen Unternehmer. Ein gravierender Eingriff in die Erwerbsfreiheit! Mit der Stimme der Wirtschaftskämmerer? Das ist doch merkwürdig. So ein Gesetz hätte ich mir in der DDR erwartet, hätte ich mir in Nordkorea erwartet. Aber heute von der ÖVP? Das überrascht mich wirklich. (Abg. Tichy-Schreder: Immer diese Unterstellungen!) Noch dazu, wo Sie selbst sagen, es bedarf eines Verfahrens, sonst ist es verfassungswidrig, menschenrechtswidrig, auch in Straßburg anzufechten.

Was ist denn das für ein Verfahren? – Das kann doch wohl nur ein betriebswirtschaftliches Kalkulationsverfahren sein. Wie wollen Sie denn das machen? (Abg. Mag. Mühlbachler: Wenn die Preise überhöht sind bei der Mineralölwirtschaft!) Mit Verlaub sage ich Ihnen das als ehemaliges Mitglied dieser Paritätischen Kommission, aus der ich aufgrund meines aktenmäßigen Ersuchens ausgeschieden bin, weil ich das so nicht für machbar gehalten habe.

Herr Bundesminister! Jetzt kommen Sie damit nach so vielen Jahren, in denen die ÖVP uns immer sozusagen getrommelt hat von mehr Markt, von Liberalisierung und davon, daß der Markt es bringen wird? – Sie, Herr Bundesminister, haben gerade vorhin gesagt, Sie wollen Signale aussenden, und jetzt senden Sie auf einmal in Vorwahlzeiten so ein Signal aus à la DDR, à la Nordkorea? Jetzt reglementieren wir es, jetzt führen wir Tarife ein, wie Kollege Kier richtig gesagt hat? Auf einmal kommt das daher? (Abg. Tichy-Schreder: Ihre Rede ist "blendend"! – Abg. Schwarzenberger: Ihre Rede werden wir bei allen Wahlveranstaltungen zitieren!) Die ganze Zeit senden Sie ganz andere Signale aus: Die OMV kann machen, was sie will, die Wirtschaft kann machen, was sie will, die Bürgerinnen haben keine Rechte.

Das begründe ich, wie folgt: Herr Bundesminister, diese merkwürdige Auslegung gegen den Buchstaben des Gesetzes ist ja kein Einzelfall. Mit Verlaub und in aller Form: Für Auslegung besteht dann ein Raum, wenn die Worte des Gesetzgebers – der Präsident weiß dies und hört aufmerksam zu – in irgendeiner Form der Präzisierung bedürfen. Der § 5 Abs. 1 und 2 und der § 9 sind sonnenklar. Es gibt keine Auslegung, Herr Bundesminister, gegen den Buchstaben des Gesetzes. Sie können sich in Ihrer Fraktion stark machen, Sie können eine Regierungsvorlage machen, um das Gesetz zu ändern, aber Sie können nicht sagen: Wir haben das immer so irgendwie anders verstanden. (Abg. Dr. Stummvoll: Warum sind Sie so aufgeregt, Frau Kollegin?) – Herr Kollege Stummvoll, die Aufregung wird eher Ihre Betriebe betreffen, denn das ist schon ein einzigartiges Verfahren. (Abg. Schwarzenberger: Weil Ihnen die Wähler davonlaufen!)

Im § 5 Abs. 2 heißt es, jede der im § 9 Abs. 2 genannten Stellen kann diesen Antrag stellen – jede! –, und im § 9 Abs. 2 wird insbesondere der Vorsitzende genannt. Ganz merkwürdig! Eine Auslegung eines Ministers gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes ist gesetzwidrig, ist verfassungswidrig und ist ein Bruch der Rechtsordnung durch den Bundesminister.

Das hat aber Methode. Ich erinnere an das Bergrecht. Im letzten Sommer passierte ein Unglück. Die Kompetenz lag ganz klar bei der Bergbehörde, aber der Minister sagte: Nein, sie lag irgendwie beim Unternehmen. (Abg. Tichy-Schreder: Das ist ja unglaublich!) Dann kommen wir drauf, und dann sagt er selbst: Bitte, meine Beamten haben mich nicht richtig informiert, sie sind zur FPÖ gerannt, sie haben irgend etwas getan, bloß nicht das, was ich wollte. – Beim Bergrecht hat er also versagt.

Zum Luftreinhaltegesetz hätte er uns Ende des Jahres einen Bericht erstatten sollen. Dieser kam dann verspätet, und – siehe da! – das war eine Abschreibübung eines alten, falschen und obsoleten Berichtes des UBA, gekürzt um die wenigen kritischen Bemerkungen. – Das war der nächste Schritt.

Dasselbe gilt für die SO2-Richtlinie; vom Bundesminister nicht umgesetzt. Er schreibt dann an das Präsidium des Nationalrates: Ich habe ein großes neues Betriebsanlagenrecht vor Augen, daher vollziehe ich eben das geltende Recht nicht mehr.

Das ist es! Der Bundesminister hat immer Signale gesetzt: Die Bürgerinnen und Bürger haben keine Rechte, die Umwelt hat schon gar keine Rechte, aber die Wirtschaft kann alles tun, was sie will. Natürlich sind die Wirtschaftsbetriebe überrascht, wenn dieser Bundesminister so ganz knapp vor dem Wahlkampf auf einmal kommt und sagt: Aber jetzt werde ich die Preise reglementieren! – Kein Mensch hat ihm das geglaubt, aber genauso ist es passiert.

Sie haben selbst zugelassen, daß dieser Bundesminister einmal mehr in ein offenes Messer gelaufen ist, und jetzt rufen Sie: Verfassung! Jetzt brauchen wir die Lex DDR, die Lex Nordkorea – mit der Stimme des Herrn Stummvoll erstaunlicherweise! (Abg. Schwarzenberger: Warum? Trauern Sie dem 30-S-Benzinpreis nach?) Daß damit irgendwie alle Verfassungsstandards weggeschmissen werden, schmerzt vielleicht noch ein paar Leute in der ÖVP – ich schaue da so hinter mich –, aber den Rest schmerzt es offenbar nicht mehr. (Abg. Schwarzenberger: Ihr seid ja nur traurig, weil der 30-S-Benzinpreis nicht kommt!)

Mit dieser Norm versuchen Sie offenbar, der FPÖ den Rang in Sachen Populismus abzulaufen (Abg. Schwarzenberger: Beim Populismus sind die Grünen nicht zu überholen!), aber ich sage Ihnen nur eines – ich sage das durchaus mit einem gewissen traurigen Realismus –: Sie werden diesen Populismus nicht überholen können. Sie haben diesen Minister endgültig – jenseits all der vorangegangenen Vorfälle rund um das Bergrecht – in ein so gnadenloses Abseits gebracht, daß ich das wirklich arg finde, und zwar auch menschlich arg. (Abg. Schwarzenberger: Frau Petrovic! Der Wähler hat Sie ins Abseits gesetzt, und deshalb sind Sie so angerührt!) – Das werden wir uns anschauen, Herr Abgeordneter Schwarzenberger.

Sie werden jedenfalls eines nicht erreichen: In dieser Koalition, mit diesem hemmungslosen Populismus werden Sie für dieses Land nichts Vorteilhaftes bewirken. Sie werden mit dieser Vorgangsweise schwere volkswirtschaftliche und vor allem rechtliche Schäden anrichten. Ich finde – ich kann es hier nur in aller Form und für die Protokolle dieses Hauses sagen –, es ist verantwortungslos, was Sie tun. Und einmal mehr: Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schwarzenberger: Haben Sie Aktien von der ÖMV?)

12.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.58

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir haben heute in der Debatte schon x-mal dargestellt, daß wir nun mit diesem Gesetz dem Minister das Instrument in die Hand geben, endlich zu handeln. Daher, Frau Abgeordnete Petrovic, ist es ungerecht, den Minister zu kritisieren. Er konnte bis jetzt nicht handeln, das kann er erst ab diesem Gesetzesbeschluß. Daher weise ich Ihre Kritik wirklich zurück. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zweiter Punkt: Wir halten diese Regelung im Gegensatz zu Ihrer Auffassung für verfassungskonform und auch für EU-konform.

Dritter Punkt: Es geht überhaupt nicht um Populismus, es geht einfach darum, daß Tausende, Zehntausende Österreicherinnen und Österreicher weniger für Benzin und für Diesel bezahlen, und es geht darum, daß es auf diesem Sektor einen fairen Preis gibt, der eben, weil es den Wettbewerb nicht gibt, durch eine Preisregelung eingeführt werden muß.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben am 24. Februar klipp und klar festgestellt, daß uns ein funktionierender Markt lieber ist als jede Preisregelung. Wir haben gleichzeitig aber auch festgestellt, daß es, wenn dieser Markt nicht funktioniert, kein Tabu einer Preisregelung geben darf und wir zu einer solchen Regelung kommen müssen. Wenn wir uns in diesem Hohen Haus ernst nehmen, dann müssen wir diesen am 24. Februar angekündigten Schritt auch tatsächlich setzen.

Was ist nach dieser Debatte am 24. Februar passiert? – Der Minister hat noch einmal versucht, die Vertreter der Ölwirtschaft an einen Tisch zu bringen. Es ist noch einmal versucht worden, ohne Preisregelung auszukommen. Die Reaktion darauf war nicht Preissenkung, kein Eingehen auf das Angebot, sondern die Reaktion war eine Preiserhöhung, die nicht notwendig war. Daher müssen wir nun in diesem Hohen Haus reagieren.

Natürlich stimmt das, was Abgeordneter Peter gesagt hat, nämlich daß eine Firma prinzipiell dazu verhalten ist, aus dem Markt das herauszuholen, was der Markt bietet. Aber dazu muß es auch Gegenspieler geben. Der erste Gegenspieler ist der Kunde, der Konsument. Dieser kann aber nur dann Gegenspieler sein, wenn der Wettbewerb funktioniert, wenn er eine Wahlmöglichkeit hat. Daher ist der zweite Schritt, daß es einen solchen Wettbewerb geben muß. Das ist eine Frage des Kartellgesetzes et cetera, et cetera. Es ist völlig richtig, daß wir diesen Wettbewerb nicht kurzfristig über die Maßnahme eines Kartellgesetzes herstellen werden können, daher muß ein dritter Schritt in diesem Beispiel der unbelehrbaren Ölwirtschaft folgen, und das ist eben diese Preisregelung.

Ich glaube, daß Preispolitik einer Firma mehr ist als einfach Kosten weiterzugeben. Man wird wohl auch die öffentliche Befindlichkeit und die Reaktionsmöglichkeit von Gegenspielern berücksichtigen müssen. Ein Gegenspieler in diesem Bereich ist natürlich auch das Parlament, und gerade diese Reaktionsmöglichkeit hat man nicht mit berücksichtigt. Aber genau diese Reaktion erfolgt jetzt, und das ist für uns eine absolut klare, richtige und konsequente Vorgangsweise.

Es ist schon gesagt worden, daß Österreich vor dieser jüngsten Erhöhung um 70 Groschen pro Liter über dem europäischen Preisniveau gelegen ist. 20, 25 Groschen davon hätte man mit der besonderen Struktur des österreichischen Vertriebssystems et cetera erklären können, aber nicht mehr. Daher war der Preis zum Stand von vor 14 Tagen jedenfalls um 50 Groschen oder mehr überhöht, und jetzt ist er sogar noch höher. Daher ist es notwendig – ich habe es ausgeführt –, daß dieses neue Instrument der Preisregelung, diese neue Form der Preisregelung vom Minister kurzfristig, rasch und konsequent angewandt wird.

Es ist auch wichtig – das ist auch ein Abgehen von den bisherigen Bestimmungen –, daß man sich an den Wettbewerbsmärkten – Sie haben es schon gesagt, Herr Minister –, an den Binnenmärkten orientiert. Es ist nicht so, wie Abgeordneter Kier gemeint hat, daß der Minister jetzt den nassen Finger in die Luft halten und schauen kann, wie sich der Preis entwickelt oder welchen Preis er festsetzen kann. Er hat in diesem neuen Gesetz eine Vorgabe. Das Neue an dieser Vorgabe ist, daß man nicht nur vom volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preis redet, der im Prinzip von der Kostenseite her zu argumentieren ist, sondern daß man die Wettbewerbsmärkte mit berücksichtigt. Ich glaube, daß das eine sehr sinnvolle, eine eigentlich für das alte Instrument Preisgesetz relativ moderne Erneuerung und Innovation ist, die in dieser Debatte bis jetzt überhaupt nicht beachtet wurde. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Herr Minister! Ich glaube, es wird auch notwendig sein, wenn Sie für ein halbes Jahr einen Preis festsetzen, diesen mit gewissen automatischen Schwankungsmechanismen – sofern das geht – auszustatten, denn es ist völlig klar, daß natürlich die Schwankungen des Rohölpreises am Rotterdamer Markt und die Schwankungen des Dollarpreises mitberücksichtigt werden müssen. Das wird mittels einer Verordnung relativ schwierig sein, weil es um Tages- und Wochenbewegungen geht. Daher wird man in der Verordnung einen Mechanismus einbauen müssen, der das irgendwie einkalkuliert. Somit wäre man auf der einen Seite tatsächlich in der Lage, trotz einer einmaligen Preisfestsetzung Preisreduktionen zu erwirken, und auf der anderen Seite kann man im Falle von internationalen Preiserhöhungen – was wir alle nicht wollen – mögliche Versorgungsprobleme vermeiden. Ich glaube, daß das ein ganz elementarer Punkt Ihrer zukünftigen Verordnung sein wird.

Ich habe schon gesagt, daß es uns viel lieber wäre, wenn der Markt funktionierte, wenn wir also kein Preisgesetz in diesem Bereich bräuchten. Aber auch das Kartellgesetz, auch das beabsichtigte neue Kartellgesetz wird kurzfristig nicht in der Lage sein – und kann kurzfristig auch nicht in der Lage sein –, Wettbewerbssituation am Markt zu erreichen. Der Entwurf des Gesetzes liegt schon vor. Ich glaube, daß in diesem Entwurf viele Schritte in die richtige Richtung gesetzt werden, ich fürchte nur, Herr Minister, daß dieser Entwurf angesichts des Beispiels der Ölwirtschaft und angesichts der Diskussion der sechs Großen in der Ölwirtschaft immer noch zu kurz greift.

Das Hauptproblem sehe ich darin, daß zwar das Verhaltenskartell dem Verbotsprinzip unterliegt, es aber immer noch entsetzlich schwierig sein wird, ein Verhaltenskartell nachzuweisen. Wir sollten uns noch einmal den Kopf darüber zerbrechen, ob es Wege, Möglichkeiten, Verfahrungsanleitungen et cetera gibt, um tatsächlich ein Verhaltenskartell leichter und besser nachweisen zu können, als es derzeit der Fall ist.

Ich erwarte mir, daß der Minister aufgrund dieses Gesetzes nun ein Instrument in die Hand bekommt, das er bisher nicht hatte. – Erster Punkt. Zweitens hoffe ich, daß er, wie er schon selbst angekündigt hat, von diesem Instrument rasch Gebrauch macht, sodaß sich tatsächlich die Preise in Österreich auf ein faires, gerechtfertigtes und international vertretbares Preisniveau einpendeln, unter Berücksichtigung der strukturellen Gegebenheiten, die es in Österreich auch gibt.

Zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Kier, der die Sozialpartner immer gern kritisiert, wollte ich noch folgendes sagen: Er persönlich fühlt sich von den Sozialpartnern vielleicht nicht vertreten, ich kann ihm nur sagen, daß sich bei der Mitgliederbefragung, die die Arbeiterkammer durchgeführt hat, 90 Prozent der befragten Personen von dem Sozialpartner Arbeiterkammer sehr gut vertreten fühlten, und ich weiß, daß das bei der Handelskammer nicht sehr viel anders ist.

In diesem Sinne glaube ich, daß wir zwar ein schmerzliches Gesetz beschließen, daß wir ein Gesetz beschließen müssen, zu dem wir letzten Endes auch gezwungen wurden, daß es aber ein erster und sicher nicht endgültiger und lange andauernder Schritt ist, um einen verfahrenen Karren wieder in die richtige Richtung zu bringen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzenberger.)

13.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.08

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Kaufmann! Es geht Ihnen offensichtlich nicht um Populismus, das haben Sie zumindest festgestellt. Es geht Ihnen darum, daß die Bevölkerung in den Genuß niedriger Benzinpreise kommt. Das ist eine Erkenntnis, die die Sozialisten offensichtlich erst seit zwei Tagen haben. (Abg. Mag.  Kaufmann: Seit drei Jahren!) Möglicherweise steht das auch in direktem Zusammenhang mit dem 3. Oktober, dem wahrscheinlichen Wahltermin für die Nationalratswahl.

Herr Bundesminister! Ihr Einfliegen zur gestrigen nächtlichen Sitzung war, wie ich meine, aus Ihrer Sicht, aus Ihrer eigenen Sicht sicherlich entbehrlich. Sie sind auch nicht jener gewesen, der die Initiative ergriffen hat, denn diese wurde bekanntermaßen von den Sozialisten ergriffen, und die ÖVP ist aufgesprungen. Aus unserer Sicht, aus Sicht der freiheitlichen Wirtschaftsausschußmitglieder wäre es tatsächlich entbehrlich gewesen.

Faszinierend ist eine Feststellung auf der Titelseite der Dienstag-Abendausgabe der "Kronen Zeitung". (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson.) – Frau Kollegin, ich verstehe Sie ob Ihrer schrillen Stimme sehr schlecht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: "Gute" männliche Pointe!)

Die "Kronen Zeitung" bringt auf ihrer Titelseite – zugegebenermaßen in der ersten Zeile, aber in relativ kleinen Lettern – eine Meldung zur Steuerreform, zur sogenannten Steuerreform, wie sie seitens der sozialistischen Koalitionsregierung angekündigt wird und offensichtlich jetzt zwischen den beiden Regierungsparteien abgesegnet ist, in Riesenlettern erscheint hingegen: "Wut über hohe Benzinpreise". Man kann daraus die Wertigkeit erkennen, was wesentlich ist. Auf der einen Seite gibt es eine Benzinpreiserhöhung um 30 Groschen, die möglicherweise den einzelnen Bürger 1 000 S im Jahr kostet, und auf der anderen Seite eine Steuerreform, die keine Steuerreform ist, sondern bestenfalls ein Reförmchen, also nur ein Zwischenschritt, bis nach den Nationalratswahlen wieder entsprechende Belastungen auf den Bürger zukommen werden aufgrund von Maßnahmen, die die sozialistische Koalitionsregierung zu setzen beabsichtigt. Diese werden wahrscheinlich nach der Nationalratswahl kundgetan. – Eine Wertigkeit, wie ich meine. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Den Pensionistenbrief wird es vorher möglicherweise auch wieder geben – ich weiß nicht, was ausgeheckt wird –, auf jeden Fall wird die Regierungskoalition aktiv, sie entwickelt eine Scheinaktivität.

Herr Klubobmann Kostelka stellt fest: "Uns reicht es ...!", und Herr Klubobmann Khol von der ÖVP muß natürlich auch auf diesen Antrag drauf und hat kundgetan, man müsse endlich dem Minister ein Instrument in die Hand geben, das greift, mit dem er etwas anfangen kann.

Herr Wirtschaftsminister! Ich habe es Ihnen gestern im Ausschuß gesagt, für uns hat sich der Verlauf folgendermaßen dargestellt: Sie haben im Radio im Originalton bekanntgegeben, daß heute die Vorprüfungskommission zusammentritt, und Sie haben in Aussicht gestellt, nach Ostern eine Lösung dieses anstehenden Problems anbieten zu können. Sie haben mit der amtlichen Preisregelung, wie Sie das schon seit längerem tun, gedroht. Tatsache ist, Herr Wirtschaftsminister, daß Jahre verstrichen sind, daß Sie jahrelang zwar nicht untätig waren, aber diese Tätigkeit nicht sehr effizient war, das heißt, Sie haben nichts rübergebracht, nichts verändert, Sie sind säumig.

Sie haben im Februar in Ihrer Erklärung angekündigt, daß Sie etwas bewegen werden, und haben damit wieder die Rute ins Fenster gestellt. Wir wissen, daß diese überhöhten Benzinpreise keine Preise sind, die wir seit gestern oder vorgestern haben, sondern die wir schon eine ganze Weile haben. Es sind überhöhte Preise im Vergleich mit anderen westeuropäischen Staaten und im Vergleich mit EU-Staaten.

Nun kommt Herr Klubobmann Khol, stellt sich hier heraus und verkauft das als seine Maßnahmen und die Mitunterstützung des sozialistischen Antrages als Maßnahme zum Schutz des Bürgers, als Gebot der Stunde. (Zwischenruf der Abg. Dr. Karlsson.) Khol mit seiner ÖVP schaut den Bürgern – frei nach Martin Luther, wie er gesagt hat – aufs Maul. Das macht er seit vorgestern. Ich sage dazu: Wahl ist am 3. Oktober. (Abg. Dr. Mertel: Er ist katholisch!) – Ja, aber er hat es verwendet, Frau Kollegin Mertel! (Abg. Dr. Mertel: Er ist noch katholisch!)

30 Groschen zusätzlich bereiten offensichtlich derartige Probleme. Ich finde es auch nicht gerechtfertigt, und die Kartellsituation, wie sie sich darstellt, ist unschön. Es müssen Rahmenbedingungen für einen freien Markt geschaffen werden – ein Erfordernis, das seit langem gegeben ist. Nun gibt es die Entrüstung, und bei all dieser Entrüstung wird sehr wohl darauf vergessen, was der Staat vereinnahmt, also jene 70 Prozent, die der Staat kassiert. Das sind mehr als 7 S, die der Staat für sich in Anspruch nimmt, im Vergleich zu den 30 Groschen. Es wäre, wie ich meine, auch Herr Kostelka gut beraten, sich an seinen aus seiner sozialistischen Fraktion kommenden Finanzminister zu wenden, der sehr wohl, auch was die OMV anlangt, die Möglichkeit hat, da entsprechend zu wirken.

Herr Bundesminister! Wir bringen daher einen entsprechenden Entschließungsantrag ein, mit dem die Unverhältnismäßigkeit des staatlichen Zugriffs in steuerlicher Hinsicht, also diese 70 Prozent, eingeschränkt werden soll.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haigermoser, Dipl.-Ing. Hofmann und Kollegen betreffend überhöhte Treibstoffpreise in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine steuerliche Entlastung der Autofahrer durch eine Senkung der Mineralölsteuer auf ein erträgliches Ausmaß vorsieht."

*****

Ich denke, daß das in Ihrer aller Sinne ist, und darf Sie darum ersuchen, diesem Antrag zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Amon. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.15

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die heutige Debatte ist an und für sich ganz interessant, denn die Freiheitlichen sind nicht Fisch und nicht Fleisch. Sie wissen nicht so recht, ob sie jetzt auf der einen Seite besonders kritisch sein sollen, denn auf der anderen Seite sehen sie, daß das eine durchaus wirkungsvolle Maßnahme ist, die wir heute beschließen, und daher hängen sie sich an die Bundesregierung. (Abg. Smolle: Sie wissen noch nicht, was die "Kronen Zeitung" morgen berichtet!) Wenn es etwas zu gewinnen gibt, dann schauen natürlich die Freiheitlichen auch, daß sie irgendwie dabei sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Neu ist allerdings – das ist tatsächlich interessant –, daß sich die Grünen heute hier zum Anwalt der Mineralölindustrie machen. (Abg. Wabl: Aber geh! Hören Sie doch auf!) Das ist wirklich spannend, das ist eine neue Facette. Ich stimme allerdings mit den Kritikern überein, die sagen, eine Anlaßgesetzgebung wäre problematisch. (Abg. Wabl: Die "Kronen Zeitung"!) Ich stimme mit den Kritikern überein, die sagen, eine amtliche Preisregelung wäre problematisch. Aber es gibt Anlässe, die die Politik zum Handeln zwingen, und ein solcher Anlaß liegt vor. (Abg. Öllinger: Oh!)

Herr Kollege Wabl! Es sind gerade die Grünen, die sofort nach Anlaßgesetzgebung schreien, wenn es irgendeinen Fall gibt. Sie sind die ersten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wabl: Wir haben ein Gesetz!) – Ja! Aber man kann nicht, Herr Kollege Wabl, a priori sagen, daß Anlaßgesetzgebung etwas Schlechtes ist, denn es gibt de facto Anlässe, die den Gesetzgeber zwingen, zu handeln. Das ist ein solcher Fall, und wir handeln. (Abg. Wabl: Die ÖVP verhindert, daß es vollzogen wird!)

Denn es stellt sich – das ist heute schon ein paarmal angesprochen worden – doch die Frage, ob die Politik oder die Multis das Primat sein sollen. Ich meine, das Diktat kann doch wohl nicht von den Multis ausgehen. Im konkreten Fall hat die Mineralölindustrie durch die Diskussion über eine Preissenkung der Politik tatsächlich ins Gesicht geschlagen und auf eine mögliche Rohölpreiserhöhung mit einer Benzinpreiserhöhung geantwortet. Das ist psychologisch eine derartige Unsensibilität der Industrie gewesen, daß die Politik meiner Meinung nach und unserer Überzeugung nach gar nicht anders konnte, als diese Maßnahme zu ergreifen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn der berechtigte Verdacht auftaucht – er wurde nahezu von allen Fraktionen angesprochen –, daß es offensichtlich kartellähnliche Verhaltensmuster gibt, daß es entsprechende Preisabsprachen gibt, dann ist auch eine amtliche Preisregelung gerechtfertigt. (Abg. Wabl: Ganz etwas Neues!) Interessant, Herr Kollege Wabl – das finden Sie bestimmt auch interessant –, ist das asynchrone Verhalten, das die Mineralölwirtschaft dabei an den Tag legt. (Abg. Öllinger: Das Verhalten der Koalitionsparteien, das ist asynchron!) Immer dann, wenn die Rohölpreise in die Höhe gehen, wird kaum gezögert, im Gegenteil, es wird wie im konkreten Fall sogar im vorhinein der Benzinpreis erhöht. Aber dann, wenn die Rohölpreise fallen, läßt sich die Industrie natürlich Zeit, diese Preisreduktion auch an den Konsumenten weiterzugeben. (Abg. Öllinger: Seit Jahren gibt es das Kartell!) Das ist höchst problematisch, denn auf diese Art und Weise fährt natürlich dieser Industriezweig gewaltige Gewinne ein. Jetzt sind Gewinne natürlich nicht schlecht, und ein guter Cash-flow ist prinzipiell zu begrüßen. Wenn aber im selben Atemzug die OMV beispielsweise trotz toller Cash-flow-Ergebnisse, trotz beachtlicher Gewinne Arbeitnehmer freisetzt, dann wird die Geschichte problematisch. Und auch hier sollte die Politik handeln. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Oh!)

Jetzt möchte ich auf Klubobmann Kostelka eingehen, der heute hier gegenüber unserem Wirtschaftsminister gemeint hat, die SPÖ habe so lange zugewartet, und unser Herr Bundesminister hätte nicht gehandelt. Jetzt erst erhält er ein Instrument, das ihm die Möglichkeit gibt, auch rasch handeln zu können. Aber auch die sozialdemokratisch dominierte Arbeiterkammer hat nicht gerade zu einer raschen Problemlösung beigetragen.

Wenn man hier schon politische Verantwortung und politisches Gewicht einfordert, dann darf man doch zumindest sagen und anführen, daß es drei sehr prominente Sozialdemokraten gibt, die aus der OMV stammen: der Bundeskanzler, ein Staatssekretär, ein Bundesminister. (Abg. Mag. Steindl: Vier!) Ich halte es schon für scheinheilig, sich hierherzustellen, den Wirtschaftsminister in die Pflicht zu nehmen, selbst aber durchaus die Möglichkeit zu haben, zu handeln. OVM – Österreicher mit Verantwortung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Wirtschafts- und weltfremd!)

13.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Barmüller vor. – Bitte.

13.21

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die heutige Diskussion ist fürwahr sehr interessant. Viele der Argumente, die gerade die Liberalen ins Treffen führen und die da heißen, man trägt auf dem Rücken des Rechtsstaates eine Auseinandersetzung aus, die gerade von seiten der großen Koalition doch längst gelöst werden hätte können, müssen ganz klar apostrophiert werden: Es ist so, daß es von seiten der großen Koalition verabsäumt worden ist, gerade im Zusammenhang mit dem Kartellrecht jene Regelungen zu schaffen, mit denen Wirkungskartellen der Kampf angesagt werden kann.

Es ist von Herrn Abgeordneten Amon zu Recht angesprochen worden, daß der Bundesregierung nicht verborgen bleiben konnte, was dort läuft, weil Herr Bundeskanzler Klima, der aus der OMV kommt, auch schon in anderen Bereichen gewußt hat, wo es langgeht. Er ist ein Macher. Aber in diesem Bereich hat er nichts gemacht, weil es seine Freunde in der OMV offenbar nicht wollten. Einem detto. Ruttenstorfer ist wohl dasselbe vorzuhalten. (Abg. Dr. Mertel: Gibt es einen Dauervertrag, einen Arbeitnehmervertrag?)

Es geht um keinen Dauervertrag, sondern es geht darum, Frau Abgeordnete, ob bekannt war, welche Mechanismen da wirken. Jetzt so zu tun, als wäre man neuerdings ... (Abg. Dr. Mertel: Ist er noch Bediensteter der OMV?) – Schauen Sie, ich will mich in diesem Zusammenhang gar nicht besonders exponieren und aufregen. (Abg. Dr. Mertel: Wozu tun Sie es überhaupt? Wo waren Sie überall beschäftigt?) Frau Abgeordnete! Festzuhalten ist, daß der Staat auch im Bereich der OMV nicht unwesentlich mitverdient. Das werden Sie mir zugestehen. Fest steht, daß Herr Bundeskanzler Klima an maßgeblicher Stelle im Vorstand beteiligt war (Abg. Dr. Mertel: War! Vergangenheit! Seit Jahren!) und deshalb weiß, was seit Jahren in diesem Zusammenhang passiert. Jetzt so zu tun, als sei es überfallsartig ins Bewußtsein gerückt, daß man da etwas machen muß, ist einfach falsch. Es ist ein Nepp der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger! Es ist in Wahrheit eine Panikreaktion vielleicht vergangener Wahlen (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel), daß man glaubt, man muß jetzt mit Wirtschaftslenkung in einen Bereich eingreifen, bei dem man mittels Kartellrecht längst Abhilfe hätte schaffen können. (Beifall des Abg. Smolle.)

Meine Damen und Herren! Wahr ist, daß durch das Kartellrecht, so wie es ausgestaltet ist, das Marktversagen provoziert worden ist. Vielleicht ist es sogar mit dem Hintergedanken passiert, jetzt wieder etwas zurücknehmen und mit staatlicher und politischer Lenkung eingreifen zu können. Das wollen Sie heute hier beschließen, aber sicher nicht mit den Stimmen der Liberalen, sondern gegen die Stimmen der Liberalen.

Meine Damen und Herren! Es wurde gesagt, der Herr Bundesminister hätte keine Gelegenheit gehabt, zu handeln. Was hat er denn nach dem Preisgesetz für Möglichkeiten? – Auf Antrag zu handeln, und zwar sowohl auf Antrag von seiten der Wirtschaftskammer Österreich als auch der Bundesarbeitskammer. Keine der beiden Institutionen, obwohl deren Vertreter auch hier im Hause sitzen, hat es in der Vergangenheit wert gefunden, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Man hat sich zwar immer wieder in der Öffentlichkeit geäußert, aber getan hat man nichts. Jetzt so quasi das ganze Haus in Geiselhaft zu nehmen und zu sagen, jetzt muß etwas geschehen, es muß mittels verfassungsändernder Bestimmungen eingegriffen werden, obwohl die Möglichkeiten, die existieren, nicht wahrgenommen worden sind, ist – mit Verlaub gesagt – der völlig falsche Weg. (Beifall des Abg. Smolle.)

Sie wollen hier auf dem Rücken des Rechtsstaates eine zwar vielleicht in der Öffentlichkeit gut ankommende, aber in Wirklichkeit für den Wirtschaftsstandort Österreich problematische Regelung treffen. Und wir werden nicht aufhören, Ihnen das vorzuhalten, weil die Sozialpartner in diesem Zusammenhang, obwohl sie überall ihre Finger drinhaben, säumig sind.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Die Information, die bis heute nicht nur den Österreicherinnen und Österreichern gegeben wird, heißt ganz anders: In allen Tankstellen liegt eine Broschüre, von der BP gemacht – zumindest steht das vorne drauf –, auf, und hinten kann man lesen: "Noch nie war Treibstoff in Österreich so preiswert und gleichzeitig so hochqualitativ wie heute." Und obwohl das in ganz Österreich aufliegt, kommen Sie von den Koalitionsparteien jetzt daher und sagen: Es ist ein Notstand eingetreten, wir müssen da etwas tun.

Es wird vielleicht Frau Abgeordnete Tichy-Schreder interessieren, daß diese Initiative vom Fachverband der Erdölindustrie stammt. Das kommt also aus Ihrem Hause, Frau Abgeordnete Tichy-Schreder! Herr Abgeordneter Maderthaner ist jetzt nicht anwesend. Die Wirtschaftskammer läßt also mit den Mitteln ihrer Zwangsmitglieder Broschüren drucken, läßt sie in allen Tankstellen in Österreich aufliegen, und mit schönen Diagrammen zeigt man den Österreicherinnen und Österreichern – der gelbe Strich symbolisiert den Preis in Österreich –, daß wir im europäischen Mittelfeld liegen. Wir liegen im europäischen Mittelfeld, Sie aber rufen hier den Notstand aus. Frau Abgeordnete Tichy-Schreder findet es nicht wert – Sie wird heute dieser Maßnahme zustimmen –, daß man dafür Sorge trägt, daß die Bevölkerung und insbesondere auch die anderen Unternehmerinnen und Unternehmer, die auf Treibstoffpreise in Österreich nun einmal angewiesen sind und auf diese rekurrieren müssen, richtig informiert werden. Mit dem Geld der Zwangsmitglieder der Wirtschaftskammer Österreich läßt man solche Broschüren drucken, auf die man hinten schreibt: Noch nie war der Treibstoff so preiswert.

Dann gehen Sie her und machen hier einen solchen Klamauk und behaupten, es sei ein Notstand eingetreten, und der Herr Bundesminister konnte bisher nichts tun, weil gerade Sie, Frau Abgeordnete Tichy-Schreder, die Wirtschaftskammer, die Sie auch hier im Haus vertreten, aber auch die Arbeiterkammer einfach nicht tätig geworden sind. Das ist etwas, was man Ihnen vorhalten muß. Sie waren nicht bereit, in Österreich Liberalisierungen Platz greifen zu lassen, die notwendigen Rahmenbedingungen, die ein starkes Kartellrecht bedeuten, umzusetzen, damit kein Marktversagen eintreten kann.

Ich darf Sie in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, was wir, bevor die Liberalisierung im Telekombereich eingetreten ist, in Österreich immer gehört haben. Es wurde mit dem Geld der Post allen Österreicherinnen und Österreichern auch in diesem Hause folgendes eingeredet: Ihr zahlt überhaupt keine hohen Telefongebühren. Wir sind europaweit im Mittelfeld. Als dann die Liberalisierung eingetreten ist, purzelten die Preise. Auf einmal sieht man, daß all das Geld, das in die Fehlinformation der Bevölkerung gesteckt worden ist, hinausgeworfenes Geld war. Dieses wurde den Leuten mittels Zwangsmitgliedsbeiträgen abgenommen, und man hat sie mit ihrem eigenen Geld, das man ihnen vorher weggenommen hat, dann auch noch falsch informiert. (Beifall des Abg. Smolle.)

Sie machen es in diesem Bereich genauso. Deshalb halte ich noch einmal fest, daß die Senkung der Treibstoff- und Heizölnettopreise durch eine Stärkung des österreichischen Kartellrechts erreicht werden kann. Ebenso kann eine Marktreform nur durch die Zulassung von mehr Wettbewerb erreicht werden, aber insbesondere, meine Damen und Herren, durch die Schaffung eines unabhängigen Kartellanwalts.

Das, was Sie heute hier planen, ist keine Reaktion, Herr Abgeordneter Amon, der Politik auf eine psychologisch unsensible Vorgangsweise, sondern es ist einfach das Eingeständnis, daß man über Jahre hinweg in den eingerichteten Bereichen, in denen man gesessen ist, nichts bewegen wollte, daß man nicht nachgeben wollte und daß man heute vor dem Druck der Öffentlichkeit eine völlig inadäquate Maßnahme mit den Stimmen der Freiheitlichen in diesem Hause ergreifen will.

Deshalb sagen wir Ihnen hier noch einmal: Das ist der falsche Weg! Sie schädigen das Ansehen Österreichs. Sie schädigen das Ansehen des Wirtschaftsstandortes. So werden wir in diesem Lande nicht weiter fuhrwerken können. – Danke schön. (Beifall des Abg. Smolle.)

13.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Heindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.28

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Barmüller, ich bin schon sehr lange in diesem Haus und weiß nicht, wie oft ich schon gehört habe, daß wir den Standort Österreich schädigen, aber wann immer ich Standortstudien lese, sehe ich, daß wir vorne sind. Ich muß sagen, angesichts des großen Schadens, den wir Ihrer Meinung nach schon angerichtet haben, müßten wir schon in die dritte Klasse abgestiegen sein. (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Aber die Realität ist anders – Gott sei Dank –, weil die Politik vernünftig ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wie leichtfertig Sie mit solchen Aussagen umgehen, möchte ich Ihnen auch noch einmal darlegen. Eigentlich war ich bis jetzt immer der Auffassung, Sie informieren sich gut. Sie sagen, die AK hätte nicht reagiert. (Abg. Jung: Maculan ist standortgeschädigt!) Wissen Sie, warum die Puwein-Studie entstanden ist? – Weil die Arbeiterkammer voriges Jahr im April einen Antrag gestellt hat, Preisuntersuchungen zu machen. (Abg. Smolle: Haben Sie ihn eingebracht?) – Ja! Herr Kollege, Sie kennen offenkundig das Gesetz nicht, daher ist es sehr schwer, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Sie kennen es nicht. Sie hat einen Antrag gestellt, bitte sehr. Ich kann das nur wiederholen. Informieren Sie sich! Halten Sie mich nicht auf! Ich kann nicht mit Ihnen über Dinge diskutieren, die Sie ganz offenkundig nicht verstehen; das muß ich dazusagen.

Nun ein paar Sätze zur Diskussion über die Vorgangsweise. Ich hätte mir gerne angesehen, was passiert wäre, wenn man Wochen und Monate nichts getan hätte, nicht reagiert hätte, denn dann hätte es wieder geheißen, die Regierungsparteien schlafen, es geschieht nichts. Macht man etwas, und zwar ohne Regierungsinitiative, also macht das Parlament etwas, wird es aktiv, dann ist es auch schlecht. Dann ist es auf einmal eine Husch-Pfusch-Aktion, dann ist es wiederum zu verurteilen, weil der Weg falsch ist. Es ist egal, wie man es macht. Macht man es rasch, ist es schlecht, macht man es weniger rasch, ist es auch schlecht. Es ist immer das gleiche.

Worum geht es uns wirklich, meine Damen und Herren? Gerade wenn Sie sich die Puwein-Studie, die von der Arbeiterkammer in Auftrag gegeben wurde, genau anschauen, werden Sie sehr rasch draufkommen, worin die Problematik besteht. Darüber ist noch viel zu wenig gesprochen worden. Die Struktursituation der Ölwirtschaft in Österreich, also der Tankstellen, ist ganz einfach noch immer nicht bereinigt. Das ist eine Tatsache. Wenn man bei uns mit einem Jahresliterumsatz von zirka 1,2 bis 1,3 Millionen rechnet, während dieser in der Schweiz und Deutschland 2,4 bis 2,5 Millionen beträgt, dann ist klar, daß es sich um unterschiedliche Situationen handelt. Das ist ähnlich wie bei den Banken.

Es ist ja nicht einzusehen, daß in der Prager Straße auf 600 Metern sieben oder neun Tankstellen sein müssen. – Es handelt sich ganz einfach um eine Prestigefrage. Stimmt das, Herr Bundesminister? – Eben. In Diskussionen über den Ölpreis kommt immer wieder das Argument: Wir haben so hohe Kosten! Wenn ein leitender Funktionär einer Ölgesellschaft – ich will keine Namen nennen, ich will niemanden diskriminieren – sagt, man werde versuchen, mit der Preiskommission zu Rande zu kommen, außerdem könne man sich überlegen – es handelt sich um ein ausländisches Unternehmen –, ob man überhaupt Treibstoff in Österreich verkaufen soll, "man kann uns ja nicht zwingen, daß wir Benzin verkaufen", dann muß man sich das bitte zweimal überlegen!

Ich kann dem Herrn nur sagen – ich nenne bewußt nicht seinen Namen und auch nicht das Unternehmen, weil ich diese Aussage als sehr leichtfertig und frivol erachte –: Ein paar Tankstellen zusperren, denn es gibt ja ohnehin noch um Hunderte zuviel. Das ist nicht die Art und Weise der ernsthaften Auseinandersetzung, wie man sie meines Erachtens mit diesem Wirtschaftszweig führen soll.

Ich bin dafür, daß man ein Signal setzt und sagt: Freunde, ihr seid ein Teil der Wirtschaft, benehmt euch auf diesem Markt – so verstehe ich und so verstehen wir Ihr Signal, Herr Minister –, jetzt ist es genug!

Man hat immer davon gesprochen, daß sie sich rasch anpassen. Was sagt die Puwein-Studie, was hält sie für problematisch? – In Deutschland, Frankreich oder Belgien reagieren die Ölunternehmen sehr rasch. Wenn sich der Rohölpreis in Rotterdam ändert, erfolgt zwei, drei Tage später eine Reaktion – bei uns erst nach Wochen.

Ich habe mir eine Statistik besorgt, aus der die Reaktionen des Marktes auf Röhölpreisschwankungen hervorgehen. (Der Redner verweist auf die Statistik.) Die roten Zahlen stellen den Rohölpreis dar, die vielen Zacken zeigen, wie der Markt in Rotterdam täglich, wöchentlich reagiert und welche Reaktionen beim Preis es in anderen Ländern zwei, drei Tage später gibt.

Bei uns sind die Preise im Juni, Juli wochenlang gleichgeblieben. Das muß man sich vorstellen: Wochenlang! Das war ja auch der Grund dafür, warum wir gesagt haben: Jetzt ist es vorbei!

Bitte – noch einmal –, das muß man sich anschauen: Soweit unten bewegt sich der Rohölpreis in Rotterdam. Und wo verharrt der Preis an Österreichs Tankstellen? – Wochenlang oben. Das ist der Grund, warum wir gesagt haben: Ein Preisverfahren dauert uns zu lange, wir sind froh, Herr Minister, wenn es – ich sage das ganz offen namens meiner Fraktion – zu keinen Höchstpreisfestsetzungen kommt. Es wird dann nicht dazu kommen, davon bin ich überzeugt, wenn es zu einer Preisentwicklung an Österreichs Tankstellen kommt, die für den Bürger, also den Konsumenten und die Wirtschaft akzeptabel ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Andernfalls wird es eine Höchstpreisfestsetzung geben, was ja nicht heißt, daß sich jeder an den Höchstpreis halten muß, sondern in einer Wettbewerbspolitik kann man diesen auch unterschreiten. Niemand ist gezwungen, diesen Höchstpreis quasi als Festpreis, als Fixpreis zu akzeptieren. Auch das muß man aus der Welt schaffen.

Es soll und kann sich nur um ein Signal handeln. Man muß sich das auch überlegen. Wahrscheinlich muß man das sogar sechs Monate lang machen. Vielleicht genügen auch zwei, drei Monate, wenn die Verantwortlichen reagieren.

Mein Freund Kaufmann hat sehr richtig gesagt: Die Befindlichkeit in der Öffentlichkeit, die Reaktion bei den BürgerInnen war in den letzten Wochen und Monaten immer deutlicher so, daß sie sich gefragt haben: Sind wir wirklich nur die Opfer? Wird mit uns nur gespielt? – Die Antwort von seiten der Politik muß sein: Jetzt ist damit Schluß! Jetzt bekommt der zuständige Minister ein geeignetes Instrument in die Hand!

Ich bin auch dafür gewesen, daß man nicht gesagt hat, auch der Landwirtschaftsminister und der Finanzminister müssen noch zustimmen. Es handelt sich um eine Entscheidung des Wirtschaftsministers, und so soll es sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal zur sachlichen Klarstellung: So ärgerlich die ganze Situation auch ist – jeder hat eine eigene Sicht der Dinge, was auch berechtigt ist –, bleiben wir doch bei den Fakten. Es wird auch immer gesagt, wir haben so hohe Steuern. Dies ist keine Frage, aber man muß, wenn man Steuern senkt, auch ein Modell anbieten, das aufzeigt, wie man die Ausgaben decken kann.

Das Problem der Preisabhängigkeit ist schon erwähnt worden. Wenn man sich die Steuerbelastung des österreichischen Ölproduktes im Vergleich ansieht, ob das jetzt Frankreich, Italien, die Niederlande oder Deutschland ist, dann zeigt sich – und das ist ja das Frappierende –, daß, obwohl die Steuerbelastung in diesem Bereich wesentlich geringer ist als in diesen Ländern, die Preissituation an unseren Tankstellen dem nicht entspricht, das heißt, die Preise in den Vergleichsländern sind nicht in entsprechendem Ausmaß höher als bei uns. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.) Man muß sich das nur in Ruhe ansehen, die Statistik liegt da. Ich will mich nicht weiter damit beschäftigen.

Ich befasse mich jetzt nur mit diesem Thema und nicht mit den anderen ebenfalls bereits angesprochenen Themenbereichen, die alle ihre Berechtigung haben mögen. Auch ich bin der Meinung, daß man mit einem Kartellrecht manches bewirken könnte, allerdings nicht kurzfristig. Ich hoffe, daß wir dieses Kartellrecht bald als griffiges Kartellrecht haben werden.

Zusammenfassend, meine Damen und Herren, meine ich für meine Fraktion, ja für alle in diesem Haus – davon bin ich überzeugt – sagen zu können: In einem müssen wir uns einig sein: Es kann nicht die Wirtschaft die Politik vorgeben. Das Parlament, also die gewählten Volksvertreter haben in solchen Situationen zu reagieren, was wir hiemit auch tun. – Das ist das eine.

Und das zweite ist, daß wir uns einig sind, daß das im Interesse unserer Bürger gemacht wird und nicht in erster Linie im Interesse einiger Wirtschaftskapitäne. Das ist unsere Botschaft dazu. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Firlinger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.37

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte unmittelbar an die Ausführungen des Kollegen Heindl anknüpfen, weil ich ihm in einigen seiner Argumente durchaus recht geben möchte.

Meine Damen und Herren! Rohölpreise, Rohölmärkte sind sensible Märkte, da gibt es kräftige Ausschläge nach oben und unten. Vielfach ist auf den Rohölmärkten auch das Phänomen zu bemerken, daß es sich hiebei um sehr starke spekulative Kräfte handelt.

Ich habe auch eine Graphik mit, Herr Kollege Heindl, auf der man die Zahlen sehr gut sieht. (Der Redner weist die Graphik vor.) Im Jänner 1997 – das ist eine Tatsache – betrug der Barrelpreis 25 Dollar, dieser ging bis Ende 1997 – die Zacken zeigen deutlich die Auf- und Abwärtsbewegung – auf 16 Dollar runter. Im Jahre 1998 fand das seine Fortsetzung, und der Preis fiel von 16 auf fast 10 Dollar. In nur wenigen Tagen konnte jetzt ein Anstieg auf dem Spotmarkt in Amsterdam von einem Preis knapp über 10 Dollar auf etwa 13 Dollar verzeichnet werden. Internationale Fachkreise beurteilen das allerdings als spekulative Überziehung. Wahrscheinlich werden die Rohölpreise wieder nach unten gehen.

Meine Damen und Herren! Darüber hinaus muß man sich vor Augen halten, daß Mineralölfirmen, große Mineralölkonzerne, ohne daß ich diesen jetzt das Wort reden möchte, nicht nur am Spotmarkt agieren, sondern es werden Terminkontrakte, teils sehr langfristiger Natur, gehandelt. Daher interessiert, sage ich einmal, einen Teil der Mineralölfirmen der Spotmarkt überhaupt nicht, sondern es wird mit Optionen, mit Futures und all diesen Dingen gehandelt. Damit werden auch diese kurzfristigen Marktschwankungen schon in einem sehr hohen Ausmaß ausgeglichen. Daher ist die Reaktion der Mineralölwirtschaft, sozusagen ohne daß jetzt etwas Großes passiert wäre, massiv diese Preiserhöhung zu fordern, schon überzogen, und sie kommt eindeutig zum falschen Zeitpunkt.

Daher haben wir, meine Damen und Herren, dieser Maßnahme als Notmaßnahme zugestimmt, aber es ist eine Notmaßnahme, und aus diesem Grund ist unser Okay erfolgt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte aber noch etwas dazu sagen. Wir kommen, meine Damen und Herren, um die Steuerdiskussion nicht herum. Es wäre verantwortungslos, zu verweigern, eine Diskussion über die Mineralölsteuer zu führen, Herr Bundesminister. Ich hätte mir eigentlich erwartet, daß man bei dem vielgepriesenen Steuerpaket, das dieser Tage geschnürt wurde, sehr wohl auch die Mineralölsteuer mitnimmt. Denn daß sie zu hoch ist, Herr Bundesminister, ist ein Faktum und wird von internationalen wie nationalen Experten nicht im mindesten bestritten. Und daß sie auch nicht das geeignete Instrument ist, Preisschwankungen auszugleichen, darüber sind sich auch viele einig.

Herr Bundesminister! Sie allerdings sind dreieinhalb Jahre lang im Amt, aber Sie hinken mit Ihren Maßnahmen dem Parlament und vor allem den aktuellen Geschehnissen immer hinterher. Sie sind ein Minister, der dreieinhalb Jahre lang im Amt ist, aber seit dreieinhalb Jahren kommen Sie in vielen wirtschaftspolitischen Belangen (Bundesminister Dr. Farnleitner: Zweieinhalb!) – Entschuldigung, zweieinhalb Jahre – immer wieder zu spät oder meistens zu spät. Daher sitzen Sie so oft sozusagen auf der Anklagebank. Ich kann Ihnen diesen Vorwurf leider Gottes nicht ersparen, es ist so. Es wäre einmal an der Zeit, eine Haltungsänderung herbeizuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Letzter Punkt: In der heutigen Diskussion habe ich oft vernommen: Hauen wir die OMV! Also ich möchte mich nicht zum Anwalt, zum Schutzengel der OMV aufspielen, das hat dieses Unternehmen auch gar nicht notwendig, aber ich bin mir nicht sicher, wenn von Preistreiberei und von Kartellen die Rede ist, ob hier nicht der Falsche gehaut wird.

Meine Damen und Herren! Wissen Sie, wir haben hier in Österreich eine unbefriedigende Wettbewerbssituation. Die OMV hat einen Marktanteil von etwa 26, 27 Prozent, ist also zweifellos der Marktführer. Aber Österreich war auf dem Sektor Treibstoffpreise immer ein Hochpreisland, das muß man sagen. Wenn es diese Hochpreissituation gibt, dann gewöhnt man sich eben sehr rasch daran. Daher haben auch Firmen wie die Exxon und Aral und wie sie auch alle heißen mögen gemeint, es sei ja eigentlich eine sehr kommode, also bequeme Situation. Wir brauchen eigentlich nur zu beobachten, was ein, zwei auf dem Markt machen, dort lehnen wir uns an, und so bestimmen wir die Preise.

Hier muß man einmal gerecht hinterfragen: Was passiert mit den Kostenbildern, mit den Kostenstrukturen? Ich habe so meine Zweifel und frage mich, ob in diesem Fall die Diskussion nicht ein bißchen in die falsche Richtung geht. Ich glaube, daß das Instrument einer Preisregelung ein völlig falsches Signal wäre. Ich hoffe, daß es nicht dazu kommt, Herr Bundesminister. Wenn es dazu kommt, dann wird die FPÖ sicherlich die Notbremse bei solchen Preisregelungen ziehen, die dann mit dem Markt nichts mehr zu tun haben. Denn eines wollen wir natürlich nicht: daß vor den Wahlen das Ganze aus der politischen Diskussion verschwindet und ins stille Kämmerchen hineingeht. Dann werken wieder die Sozialpartner. Aber am 10. oder 11. Oktober, nach den Wahlen, erfolgen massive Preiserhöhungen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das werden wir zu verhindern wissen! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Blünegger. Gleichfalls 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.43

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich glaube, die Einheitspartei hat den Ernst der Lage endlich einmal erkannt. Das zeigt die heutige Änderung des Preisgesetzes. (Abg. Rosemarie Bauer: Das haben Sie schon immer gesagt! – Zwischenruf des Abg. Platter.) Das ist genau richtig. Es ist noch nicht soweit, aber es dauert nicht mehr lange.

Ich habe den Debattenbeiträgen wirklich aufmerksam zugehört und muß sagen, daß ich unter anderem Kollegen Dr. Heindl recht geben und seiner Argumentation hier am Rednerpult folgen kann. Ich kann aber nicht den Klubobmännern recht geben. Ich kann die Klubobmänner wirklich nicht ernst nehmen, sondern man kann eigentlich nur sagen, daß ihre Argumente, die sie heute von diesem Rednerpult aus vorgebracht haben, lächerlich waren und jener Verhaltensweise entsprachen, die sie dem Herrn Minister gegenüber immer angewandt haben: Sie haben den Herrn Minister schön brav im Regen stehen gelassen. So ist die Situation. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen sehen den Ernst der Lage, und diesen wollen wir Ihnen vor Augen führen. Sie haben bis jetzt wirtschaftlich alles versäumt und schön brav weitergeschlafen. Das ist die Situation! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wissen nämlich ganz genau, daß es im Westen Österreichs die höchsten Benzinpreise gibt. Sie wissen auch, daß die Nettopreise im europäischen Spitzenfeld liegen. Aber wir haben bis jetzt vermißt, daß Sie reagieren. Wir Freiheitliche zeigen den Ölmultis, die ja wegen mangelnden Wettbewerbs hier in Österreich Traumgewinne auf dem Rücken der Konsumenten und der Bürger erzielen, daß wir ihnen einen Schranken vorsetzen. Wir haben eine andere Methode, die Ölmultis einzubremsen.

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Änderung des Preisgesetzes ist ein Notstandsgesetz. Die Regierung muß zugeben, daß sie unfähig ist, einen echten Wettbewerb herzustellen. All ihre Versuche sind bis jetzt gescheitert. Der Herr Bundesminister hat vor einigen Wochen hier im Parlament erklärt, daß er gegen die Benzinpreiserhöhung auftreten und die Mineralölwirtschaft einbremsen wird. Nun, was ist passiert? – Die OMV hat ja reagiert. Anstatt den Preis etwas zu verringern, hat sie ihn um 30 Groschen erhöht. Es ist auch sehr interessant, daß sich die OMV, die den Markt in Österreich hauptsächlich kontrolliert, im wesentlichen in Staatsbesitz befindet.

Noch interessanter ist – und das ist unter anderem auch von unserem Klubobmann heute schon gesagt worden –, daß aus dieser Staatsmonopol-OMV bekannte Leute kommen. Von dort kommt unser Bundeskanzler Klima, der als Verkehrsminister angefangen hat, aber genau dort jene Fehler gemacht hat, an deren Folgen die Arbeitnehmer heute noch zu tragen haben. Er hat nämlich die Schienenfahrzeugindustrie in Österreich so gut behandelt, daß es sie heute nicht mehr gibt, Herr Kollege Koppler! Das nur als Beispiel. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Auch Minister Einem und Staatssekretär Ruttenstorfer kommen aus diesem Bereich. Das sind alles Vertreter dieses Konzerns. Daher tut mir der Herr Bundesminister ja direkt leid, daß er sich mit diesen Fragen beschäftigen muß, aber nie etwas gegenüber diesem anderen Partner erreichen konnte. Er befindet sich richtig in der Zwickmühle.

Es ist aber auch kein Wunder, daß sich der Herr Wirtschaftsminister von der ÖVP bis jetzt die Zähne an dem ganzen System ausgebissen hat. Denken Sie nur an den ÖVP-Partner Schüssel, der immer von den gläsernen Taschen gesprochen hat! Herr Bundesminister Farnleitner hat immer davon gesprochen, daß er ein Gentlemen’s Agreement mit der Erdölwirtschaft abschließen werde. Aber es ist ihm eben unter anderem nicht gelungen. (Zwischenruf des Abg. Koppler.)

Wir Freiheitliche sind für die Konsumenten, Kollege Koppler! Wir sind für die Arbeitnehmer, wir sind für die Pendler, und wir wollen nicht, daß diese Menschen unter einem hohen Benzinpreis leiden. Wir bekennen uns zu einem starken Wettbewerb und entsprechenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Wir brauchen endlich ein echtes Kartellrecht mit Biß, aber keine Planwirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marolt. Gleichfalls 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Schwarzenberger: Sind Sie auch dagegen, daß die Freiheitlichen dafür sind?)

13.48

Abgeordneter Heinz Anton Marolt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ausgerechnet zwischen Wahlschlappen, nämlich jenen, die Sie soeben erst in Kärnten, Salzburg und Tirol erlitten haben, aber auch jenen, die Sie im Zuge der EU-Wahlen und der Nationalratswahlen noch erleben werden, kommen Sie darauf, daß Sie jetzt im letzten Moment noch schnell etwas für die Bürger unserer Heimat machen müssen und sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen waren immer schon diejenigen, die vorweg gesagt haben, was gut und nicht gut ist. Wir haben uns immer für adäquate Preise in dieser Republik eingesetzt. Aber es spiegelt auch das Sittenbild der beiden Regierungsparteien wider, wenn man jetzt im letzten Moment noch schnell handeln und agieren möchte. Bei Gefahr in Verzug wegen Unmutes in der Bevölkerung glaubt man, jetzt schnell noch Akzente setzen zu müssen. Aber, meine Damen und Herren, das Volk, die Bürger, haben Sie durchschaut, und wir Freiheitlichen werden dafür Sorge tragen, daß man draußen die Wahrheit berichtet.

Als Tourismussprecher der Freiheitlichen kann ich Ihnen trotz Ihrer verspäteten und halbherzigen Maßnahme, die wir Freiheitlichen heute wohl unterstützen werden, einen Vorwurf nicht ersparen, nämlich jenen, daß Sie das Image unseres Wirtschafts- und Tourismuslandes nicht nur auf dem Gewissen haben, sondern Sie sind auch allein dafür verantwortlich, wenn unser Tourismusland Österreich als Abzockernation Nummer eins im Ausland gehandelt wird. Hören Sie sich bitte die Meinung an den europäischen Tourismusbörsen an und die Meinung der Einkäufer, die Bettenkontingente in unserem Urlaubsland, nicht nur in Kärnten, sondern in ganz Österreich einkaufen sollen! Das Image können Sie nicht mehr aufpolieren, auch nicht mit diesem halbherzigen heutigen Beschluß.

Dieses Image, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, verdienen weder unser Land noch unsere heimische Wirtschaft, die sich ohnedies schwertut, am internationalen Wirtschaftsmarkt, am internationalen Tourismusmarkt zu überleben und zu bestehen.

Ich verweise nur auf die erdrückende Steuerlast, die Doppelbemautung und letztendlich die überhöhten Treibstoffpreise, worunter die Wirtschaft und auch die Bürger zu leiden haben. Es kann ja wirklich nicht so sein, daß wir schon billiger fliegen als mit dem Auto zur Arbeit zu fahren, zu pendeln oder geschweige denn im Inland einen Tourismusmarkt aufzubauen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Edler: Sagen Sie dazu, warum!)

Da hilft Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren und auch sehr geehrter Herr Minister Farnleitner, keine jener Alibihandlungen, wie sie heute gesetzt werden sollen. Ein solches Showtanzen wird das Volk nicht mehr akzeptieren. Die Leute wissen ganz genau, von wem und wie sie abgezockt wurden und auch in der Zukunft noch abgezockt werden sollen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sie haben im Vorfeld versagt, das ist nachvollziehbar, und Sie werden auch bei den nächsten Wahlen die Rechnung von unserer Bevölkerung präsentiert bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Nürnberger: Wer hat dir denn das aufgeschrieben?)

13.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leikam: Schweitzer! Jetzt mußt du das wieder ausbessern! Das war blamabel, was dein Vorredner gesagt hat!)

13.53

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Toni, warum bist du nicht nach Kärnten gegangen? Du wurdest doch dort hoch gehandelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen heute nicht klären, warum Kollege Leikam noch immer da ist und nicht nach Kärnten gegangen ist. Aber, Herr Bundesminister, eine weitere Facette möchte ich doch in diese Diskussion einbringen. Die Verbundgesellschaft ist ja wie die OMV auch unter staatlicher Aufsicht und Kontrolle, so kann man das ja auch weiterhin sagen. Wie die OMV, wie man jetzt sieht, auf dem Treibstoffsektor ist der Verbund auch auf dem Stromsektor der Preistreiber. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Obwohl es, Herr Bundesminister, laut Gesetz seit 19. Februar den freien Strommarkt gibt, hat der Verbund nach wie vor das Großhändlermonopol inne, und die Österreicher zahlen – wie beim Treibstoff auch – mit deutlich überhöhten Preisen die Zeche. Es ist Faktum, Herr Bundesminister, daß auf dem internationalen Strommarkt die Kilowattstunde um 27 Groschen einzukaufen ist. (Abg. Schwarzenberger: Nur Atomstrom!) Um 27 Groschen, meine Damen und Herren, kann man die Kilowattstunde kaufen, und es ist Faktum, daß der Anschlußverpflichtete in Österreich 2,44 S für die Kilowattstunde Strom zu bezahlen hat. Das zahlt der durchschnittliche Haushalt im Burgenland für eine Kilowattstunde: 2,44 S. Beim Einkauf werden 27 Groschen bezahlt, vom Haushalt 2,44 S!

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! In Zeiten eines liberalisierten Strommarktes ist dies einfach nicht zumutbar! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es ist offenkundig, daß Sie, Herr Bundesminister, auch in diesem Fall die Zeichen der Zeit nicht erkannt, nicht rechtzeitig reagiert und die Strommarktliberalisierung somit verschlafen haben. Und die Zeche muß der Österreicher zahlen. Es gibt heute Knebelungsverträge zwischen Bund und Landesgesellschaften, und – lassen Sie mich das so salopp sagen – diese Knebelungsverträge wurden durch das ElWOG noch dazu einbetoniert.

Herr Bundesminister! Ich sage Ihnen heute: Wir Freiheitlichen werden prüfen lassen, ob diese Verträge EU-konform sind. Ich bin überzeugt davon, daß dies nicht der Fall ist. Ich bin überzeugt davon, daß relativ bald der frische Wind des europäischen Wettbewerbes in die warmen Stuben der geschützten Verbundwerkstätten blasen wird. Davon bin ich überzeugt. Dann werden wir endgültig Schluß machen mit den hohen Gehaltsniveaus in diesen geschützten Stuben, mit den Sondervereinbarungen wie besonders günstigen Pensionsregelungen, mit dem Kündigungsschutz, mit den überhöhten Personalständen, bis hin zu den Beteiligungsflops, die sich diese Organisationen mit dem Geld der Österreicher erlaubt haben.

Es ist ja ohne Wettbewerb alles möglich, Herr Bundesminister, sogar, daß bei fehlendem Wettbewerb alle anfallenden Kosten über die Tarife auf die Kunden abgewälzt werden können. Herr Bundesminister! Es ist an der Zeit. Sie sind gefordert, auch damit Schluß zu machen, nicht nur mit den überhöhten Benzinpreisen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dkfm. Bauer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.56

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Bundesminister Farnleitner! Herr Wirtschaftsminister! Nehmen Sie es bitte nicht als persönliche Kränkung, sondern als eine politische Wertung, wenn ich für mich resümierend folgendes feststelle: Herr Bundesminister! Ich halte Ihre politische Performance, wie man heute sagt, nicht erst seit Lassing für bestenfalls bemüht. Eine neuerliche Bestätigung für Ihr fehlendes politisches Management sind diese Ihre Bemühungen zur Senkung der überhöhten Benzinpreise in Österreich.

Herr Bundesminister! Seit Monaten kündigen Sie entsprechende Initiativen an. Geschehen ist nichts! Vor Wochen haben Sie dem Nationalrat einen Bericht über Ihre diesbezüglichen Absichten vorgelegt. Geschehen ist meines Erachtens, meines Wissens nichts. Gehandelt haben Sie nicht, geredet haben Sie. Gehandelt haben aber die Ölmultis, Herr Bundesminister. Die Ölmultis haben gehandelt, nicht Sie, allerdings, wie wir wissen, in die entgegengesetzte Richtung: Statt zur Senkung der Benzinpreise ist es zu einer Erhöhung der Benzinpreise gekommen.

Herr Bundesminister! Seien Sie mir nicht böse, wenn ich sage, man scheint Sie dort nicht wirklich ernst zu nehmen!

Sie haben in diesem Bericht an den Nationalrat dreierlei Dinge gesagt. Sie haben gesagt, erstens werden Sie mit marktwirtschaftlichen, mit marktkonformen Instrumenten vorgehen. Welche haben Sie denn eingesetzt, Herr Bundesminister? – Geschehen ist nichts!

Sie haben zweitens in diesem Bericht die kartellrechtlichen Möglichkeiten angeführt und aufgezählt. Geschehen ist nichts, Herr Bundesminister!

Sie haben drittens in diesem Bericht ausgeführt, daß Sie die amtliche Preisregelung, wie sie heute in Angriff genommen werden soll, als am wenigsten zielführend ansehen. Daß Sie diese eigentlich nicht wollen, haben Sie damals vor wenigen Wochen im Parlament gesagt. Heute, Herr Bundesminister, werden Sie von Ihren eigenen Regierungsfraktionen eben zur Anwendung dieser amtlichen Preisfestsetzung, die Sie nicht wollen und von der Sie laut Ihrem Bericht vor wenigen Wochen nichts halten, gezwungen.

Seien Sie mir nicht böse, Herr Bundesminister, selbst Ihre eigenen Abgeordneten scheinen Sie nicht wirklich ernst zu nehmen, sonst würden sie Sie nicht zu etwas zwingen, was Sie noch vor wenigen Wochen abgelehnt haben. Und Sie stellen sich heute da her und verteidigen diese amtliche Preisfestsetzung, die Sie vor wenigen Wochen abgelehnt haben! Sie scheinen sich selbst nicht ganz ernst zu nehmen, sonst könnten Sie nicht heute etwas verteidigen, begründen und durchführen, was Sie vor wenigen Wochen abgelehnt haben.

Herr Bundesminister, seien Sie mir nicht böse, wenn ich Ihnen sage, daß die freiheitlichen Oppositionsabgeordneten Sie angesichts einer solchen Vorgangsweise schon gar nicht ernst nehmen können.

Hohes Haus! Das Ganze ist ja auch nicht wirklich ernst zu nehmen. Herr Bundesminister und Herr Abgeordneter ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Maitz.) – Sie nicht, Herr Kollege Maitz, das weiß ich ohnehin, aber das Gros der Abgeordneten Ihrer eigenen Regierungsfraktionen wird wahrscheinlich ganz genau wissen – und der Herr Bundesminister wird es auch wissen –, daß er mit der amtlichen Preisregelung nur für sechs Monate die Höchstpreise festsetzen kann. Auf Dauer werden Sie mit der amtlichen Preisfestsetzung die in diesem Land seit Jahren überhöhten Benzinpreise ganz sicher nicht in den Griff bekommen, wie man weiland – und das scheinen Sie sich so vorzustellen – in der Nachkriegszeit mit dem Preisregelungsgesetz den amtlichen Brot- und Schrotpreis über Jahre konstant halten konnte. (Abg. Dr. Petrovic: Lehnen Sie jetzt dieses Gesetz doch ab, Herr Kollege Bauer?) Meine Damen und Herren! Daher ist das nicht ernst zu nehmen.

Und ich sage Ihnen noch eines dazu: Diese sechs Monate sind ja offensichtlich ganz bewußt angepeilt, denn spätestens in sechs Monaten werden die letzten Wahlen dieses Jahres über die Bühne gegangen sein, und bis dahin wollen Sie der Öffentlichkeit vorgaukeln, Sie hätten etwas gegen den überhöhten Benzinpreis in diesem Lande gemacht. Ich unterstelle Ihnen, das ist der einzige Zweck dieses gesamten Unternehmens. Nach den Wahlen wird wieder alles beim alten sein, die österreichischen Autofahrer werden wieder die überhöhten Benzinpreise blechen können. Der einzige Trost dabei ist der: Was hier und heute gemacht wird, ist besser als gar nichts. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.03

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Da Abgeordneter Bauer gesagt hat, ich solle ihm nicht böse sein, soll er mir auch nicht böse sein: Ich habe den Eindruck, er hört mir ohnehin nie zu, denn ich habe hier hinreichend dargetan, daß ich mich in den letzten Wochen in intensivsten Verhandlungen mit jedem Major, mit den Sozialpartnern, mit diversen internationalen Organisationen befunden habe und sich deutlich gezeigt hat, daß die Einsicht des Faktums, daß die Zeit der österreichischen Gemütlichkeit vorbei ist, nicht gegeben ist und sich eine Preisanpassung nach unten nicht durchsetzen läßt, weder im kontraktuellen Wege noch mit traditionellen Mitteln. Und ich habe vor wenigen Minuten hier gesagt, mir wäre es jetzt noch immer lieber, die Branche würde einsehen, daß es angesichts der breiten Entschlossenheit des Hohen Hauses eigentlich klüger wäre, sie würde freiwillig endlich auf ein Nettopreisniveau heruntergehen, das europakonform ist, und sich damit diese Maßnahmen ersparen, denn es ist völlig klar, daß es nicht einfach sein wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es wird angesichts der bei der Wiener Konferenz neugefundenen Homogenität der traditionellen Kartellstaaten des Nahen Ostens nicht einfach sein, wenn diese jetzt wieder regelmäßig Preiserhöhungen probieren oder es wieder spekulative Sprünge gibt, im Zuge einer amtlichen Preisregelung eine Verordnung regelmäßig wieder zu ändern. Nur, ich habe den Herren persönlich in einem Gespräch gesagt: Wer in verantwortlicher Position dieses Risiko eingeht, daß er künftig nicht mehr rasch reagieren kann – rasch reagiert haben sie nicht immer, wenn der Preis hinuntergegangen ist, das ist ja aus den Kurven ersichtlich –, daß diese betriebliche Beweglichkeit verschwindet, dem muß auch bewußt sein, daß das ein Schaden für jedes dieser Unternehmen ist.

Umgekehrt scheint es mir auch notwendig zu sein, zu signalisieren, daß die traditionellen Instrumente, die uns bisher in der Wirtschaftspolitik zur Verfügung gestanden sind, nicht immer greifen.

Eine letzte Bemerkung aus meiner Sicht: Es ist nicht die Zeit dauernd steigender Preise. Wir sehen, daß auf dem Erdölmarkt eine tiefe Verunsicherung besteht, weil – ich nenne zwei Beispiele – im Nahen Osten sehr wohl diskutiert wird, die Preise nochmals sinken zu lassen, um die marginalen Produzenten hinauszudrängen und dann wieder eine Machtposition zu erringen. Ich erinnere an Aquazol in Paris, ein Elfpatent, wobei Diesel 10 Prozent Wasser zugemischt werden. Ich erinnere an das US-Patent A 55, wo Wasser und Naphtha mit Emulsion als Treibstoff eingesetzt werden. Wir gehen nicht in ein neues Erdölzeitalter. Umso vernünftiger wäre es, jetzt nicht einen gesellschaftlichen Krieg zwischen staatstragenden Parteien auf der einen Seite, der Konsumentenschaft und traditionellem Verhalten in einem Energiemarkt auf der anderen Seite zu spielen. In diesem Bereich können Sie mit Engelszungen reden, aber es wird offenbar nur die Sprache der harten Reaktion verstanden.

Ich hoffe, daß ich in den nächsten ein, zwei Tagen nochmals Gespräche führen kann und die Branche die Signale versteht. Wenn das nicht geschieht, werde ich die neuen Instrumente anwenden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Kostelka. – Bitte, Herr Klubobmann.

14.06

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn der heutigen Debatte hat Kollege Stadler erklärt, daß die Freiheitliche Partei auf der Seite der Bürger steht, und damit auch zum Ausdruck gebracht, daß die FPÖ für diese Initiative zur Senkung der Benzinpreise eintritt. Ähnliches haben die Herren Abgeordneten Haigermoser und Nußbaumer erklärt. Und nun finde ich in der APA eine Meldung, derzufolge der freiheitliche Bundesparteiobmann Dr. Jörg Haider "gegen den linken planwirtschaftlichen Eingriff bei der Gestaltung des Benzinpreises" vehementen Einspruch erhebt. (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das ist eine Arabeske jener humorvollen Darstellungen, die Sie nicht zuletzt auch jetzt in Tirol gegeben haben: Agenda 2000 – hier gestern von Ihnen als Verbrechen an den Bauern abgelehnt, in Tirol stimmen Sie dafür, ohne Wenn und Aber.

Das wird ein Anschauungsunterricht in demokratiepolitischem Verhalten sein, wer von Ihnen jetzt aufsteht, wer von Ihnen sitzen bleibt, wer den Ruf aus Kärnten akzeptiert und wer das Gegenteil tut.

Meine Damen und Herren! Es wird eine interessante Entscheidung sein, die Sie treffen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir haben kein Schlußwort des Herrn Berichterstatters und treten in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1709 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der die Einfügung neuer Ziffern 2 und 3 sowie die entsprechende Änderung der Ziffernbezeichnung betrifft.

Da nur dieser eine Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag vorliegt, werde ich über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages abstimmen lassen.

Der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag enthalten je eine Verfassungsbestimmung. Ich stelle daher fest, daß das von der Verfassung vorgesehene Anwesenheitsquorum vorliegt.

Ich lasse somit über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. (Ruf bei der SPÖ – in Reaktion auf das Abstimmungsverhalten der Freiheitlichen –: Da schau her! – Abg. Dr. Kostelka: Einige Getreue gibt es immer noch! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) Ich stelle ausdrücklich fest, daß die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist gleichfalls die Mehrheit. Ausdrücklich stelle ich wiederum fest, daß die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haigermoser und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Sicherstellung eines freien Wettbewerbes im Bereich der Mineralölwirtschaft.

So Sie dem die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter und Genossen betreffend Zerschlagung des Benzinkartells durch ein stärkeres Kartellrecht.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit. Daher abgelehnt.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haigermoser und Genossen betreffend überhöhte Treibstoffpreise in Österreich.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Abgelehnt.

2. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1389 der Beilagen): Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Burgenland zur Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel samt Anlagen (1692 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun den 2. Punkt der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.11

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister! Frage an das Parlament: Wer kennt einen Rotschenkel oder einen Schwarzsturmwürger, eine Schafstelze? – Kollege Schweitzer fragt als Burgenländer: Was ist denn das? – Das sind Vögel. Das ist keine Parteizugehörigkeit, sondern das sind Vögel, die im Nationalpark Neusiedler See angesiedelt sind. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe nicht gefragt, was das ist!) Und es gibt insgesamt über 300 Vogelarten in diesem Gebiet.

Wir haben voriges Jahr im Sommer mit dem ÖVP-Klub einen Ausflug in das Burgenland gemacht und uns den Neusiedler See und den Nationalpark als Tourismus- und Naturschutzattraktion angesehen. Der Nationalpark ist ein gutes Beispiel dafür, wie Natur und Mensch zusammenwirken, harmonisch vereint sein können. Er ist ein gutes Beispiel dafür, wie alle möglichen Faktoren gut zusammenspielen können, von der Jagd, der Fischerei über die Bevölkerung, die Natur bis zur Umwelt. Und er ist ein gutes Beispiel für die Verwirklichung des Prinzips der Nachhaltigkeit.

Dabei war dieser Weg zum Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel kein einfacher, sondern ein sehr schwieriger. Im Jahre 1972 gab es die obskure Idee eines Landeshauptmannes Kery, der eine Brücke über den See bauen wollte. Und es gab die Idee, eine Schnellstraße entlang der B 50 zu bauen. (Abg. Mag. Schweitzer: Die haben Ideen!) Ich kann mich noch gut daran erinnern: 300 000 Unterschriften wurden dagegen gesammelt, und das Projekt wurde Gott sei Dank fallengelassen.

Es gibt Parallelen zur Jetztzeit, denn jetzt gibt es auch in den Medien, in den regionalen Medien die Idee, daß man die Bahn zwischen Neusiedl und Eisenstadt aufläßt und statt dessen eine Schnellstraße baut. Die würde genau durch meine Heimatgemeinde führen, würde Wohngebiet zerstören. (Abg. Mag. Schweitzer: Von wem ist diese Idee?) – Die Idee ist vom Herrn Landeshauptmann Stix. Sie kommt, glaube ich, aus dem Büro des Verkehrsministers Einem, der ja überall plakatiert und propagiert: Schiene statt Verkehrslawine. (Abg. Mag. Schweitzer: Von den Ministern halten wir wenig, von Einem gar nichts!) Aber ich bin mir dessen sicher, daß auch diese Idee fallengelassen wird.

Man kann in der Geschichte der Entstehung dieses Nationalparks noch weiter zurückgehen. Die Geschichte begann in den zwanziger Jahren, als Wiesenflächen unter Naturschutz gestellt wurden, und nach 1945 gab es Vorschläge in Richtung Natur-, Regional- oder Steppenpark. 1962 wurden dann zirka 500 km2 zum Teilnaturschutz- und Landschaftsschutzgebiet erklärt, und 1988 – das war ein entscheidendes Datum – wurde ein Arbeitsausschuß zur Vorbereitung eines gemeinsamen Nationalparks von Österreich und Ungarn eingesetzt. Damals gab es noch den Eisernen Vorhang, und der Nationalpark sollte auch Symbolwirkung haben. Er wurde damals schon als "Friedenspark" tituliert. 1991 wurde ein neues burgenländisches Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz beschlossen, und 1992 kam es dann zum Durchbruch, in diesem Jahr wurde das Nationalparkgesetz beschlossen. Am 24. April 1992 wurde dieser Nationalpark dann eröffnet, damals unter der Umweltministerin Maria Rauch-Kallat.

Es war sehr schwierig, die Verhandlungen mit über 1 500 Grundstücksbesitzern zu führen – ich erinnere mich noch ganz genau –, um Flächen zu sichern. Und vor zirka fünf Jahren wurde dann mit dem Bund ein Artikel-15a-Vertrag geschlossen, worin sich der Bund auch verpflichtete, gewisse Zahlungen zu tätigen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Ich muß mich korrigieren: 50 Prozent der Zahlungen zu übernehmen.

Der Aufbau der Infrastruktur ist zum Großteil abgeschlossen. Es geht jetzt um den Betrieb, um Projekte und darum, ein Gesetz zu beschließen, das die finanzielle Sicherheit auch in Zukunft gewährleisten soll.

Es gibt verschiedene Tätigkeiten, die die Gesellschaft des Nationalparks entfaltet hat, und zwar im Bereich Tourismus, im Bereich Information, im Bereich Naturschutz und Forschung. Seit 1994 gibt es sehr viele Projekte, die bereits abgeschlossen wurden, wie zum Beispiel das Projekt "Die Fischfauna des Neusiedler Sees" oder das Projekt "Die Wildtierbehandlung im Nationalpark" oder das Projekt "Die Schilfsingvögel in der Naturzone", und es gilt eine Reihe von Projekten in die Zukunft gerichtet zu verwirklichen. Daher sind wir Burgenländer sehr dankbar, daß der Bund auch in Zukunft in die finanzielle Verpflichtung einsteigt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht in erster Linie darum, eine dezentrale Gehegezone auszubauen oder die Beweidung fortzusetzen oder die Naturzone – also das bestgeschützte Gebiet – um zirka 1 800 Hektar zu erweitern. Wir sind stolz darauf, daß der Nationalpark Neusiedler See bis 1996 der erste internationale Nationalpark Österreichs war. Wir verspüren die Auswirkungen auf die Natur, auf den Tourismus, auf unsere Wirtschaft, auf die Landwirtschaft. Dieses Projekt ist eine eindeutige Aufwertung der gesamten Nordregion des Burgenlandes und ein Beweis dafür, Herr Minister, daß es gelungen ist, eine Strukturförderung auch hundertprozentig umzusetzen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Schweitzer: Erklär das mit der Brücke oder mit dem Tunnel oder was das war!)

14.18

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Es gibt andere Themen, aber ich glaube, da ist der Wirtschaftsminister involviert, gell?

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Etwas mehr als fünf Jahre liegt es zurück, daß nach jahrzehntelangen Bemühungen das Land Burgenland mit dem Bund eine 15a-Vereinbarung zur Errichtung und Erhaltung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel unterzeichnet hat – zweifellos ein Meilenstein in der Geschichte des Natur- und Umweltschutzes im Burgenland, aber auch in Österreich.

Dieser Nationalpark war bis 1996 der erste und auch einzige Nationalpark Österreichs mit internationaler Anerkennung. Die Schwerpunkte in den ersten Jahren waren vor allem die Errichtung einer geeigneten Infrastruktur, Flächensicherung, Forschung, Aufbau der Nationalpark-Gesellschaft, aber auch das Erreichen möglichst hoher Akzeptanz in der Bevölkerung, und wir wissen heute, daß dies auch erreicht werden konnte. Aus heutiger Sicht waren dies also fünf sehr erfolgreiche Jahre.

Der Erfolg hat sich deshalb eingestellt, weil die Verantwortlichen hervorragende Arbeit geleistet haben, deshalb, weil es sich im gegenständlichen Fall um ein ganz normales Vertragsmodell handelt, das es ermöglicht, daß die Partner einen fairen Umgang miteinander pflegen können, und das zur größten Akzeptanz führt.

Der Erfolg ist auch in der vernünftigen Landespolitik begründet, die keine Animositäten auslebt, sondern die Verantwortlichen unbeeinflußt arbeiten läßt. Daher bin ich sehr froh darüber, daß dieser erfolgreiche Weg heute unbefristet fortgesetzt werden kann, der erfolgreiche Weg, der bisher schon Vorbild für die anderen Bundesländer, aber auch für organisierte Abwehrkräfte war.

Aufbauend auf die bisherigen Leistungen wird ein Schwerpunkt in den nächsten Jahren die weitere Flächensicherung zur Abrundung der Naturzone sein. Die künftig mögliche flexible Kostenaufteilung wird einerseits dieses Ziel unterstützen, jedenfalls aber einen wirtschaftlichen Mitteleinsatz gewährleisten.

Daneben sollte aber unbedingt auch für den Ankauf von Ackerflächen, Weingärten und Bracheflächen eine landwirtschaftliche Finanzierung geprüft und auch genutzt werden. Im Interesse einer rascheren Flächensicherung sollte daher auch der Landwirtschaftsminister mit einbezogen werden.

Was den Bereich der Nationalparke Österreichs ganz allgemein betrifft, wird es darum gehen, eine möglichst einheitliche Entwicklung sicherzustellen. Die vorliegende Vereinbarung kann und wird dafür Vorbild sein. (Beifall bei der SPÖ.)

14.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.22

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Mag. Peter: Karl, bist du dafür oder dagegen?) Meine verehrten Umweltsprecher Kollege Keppelmüller, Kollege Kopf, Kollegin Langthaler, Kollege Barmüller! Es ist erschütternd, wie fluchtartig unsere Kollegen den Plenarsaal verlassen. Wenn ich das prozentmäßig feststellen lasse ... (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Kostelka: Das darf nicht wahr sein! – Abg. Dr. Khol: Vier Freiheitliche sind da!) – Ja, das ist natürlich auch an unsere eigene Fraktion gerichtet, Herr Klubobmann, aber prozentuell sind wir noch besser vertreten als die Sozialdemokraten – und die Grünen sind ja auch nicht wirklich voll vertreten. (Abg. Dr. Kostelka: Wir wissen wenigstens, wie wir stimmen! Wir müssen nicht in Kärnten nachfragen, wie wir zu stimmen haben!)

Kollege Kostelka! Sie haben schon Ihr Stimmrecht in der Form in Anspruch genommen, daß Sie zwei Stimmen abgegeben haben. Sie wissen sicher nicht, wie Sie zu stimmen haben. Das haben Sie schon dokumentiert, Herr Klubobmann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber nun zurück zu dem, was ich sagen will. Ich finde – und die Kritik ist an meine Fraktion gerichtet wie an alle anderen auch –, daß es wirklich nicht erbaulich ist, wenn man feststellen muß, daß zu Beginn der Umweltdebatte ein Großteil der Kollegen fluchtartig den Plenarsaal verläßt, wo es doch darum geht, einmal festzustellen, daß unser Bundesminister Bartenstein in den Bereichen, in denen er alleinverantwortlich ist, durchaus auch Erfolge aufzuweisen hat.

Wir haben heute noch andere Tagesordnungspunkte zu diskutieren, Ozonbericht und dergleichen, Bereiche, in denen er kooperieren muß mit einem Verkehrsminister, kooperieren muß mit einem Wirtschaftsminister, wo es ihm nicht gelingt, annähernd solche Erfolge aufzuweisen. Aber in diesem Fall hat er es tatsächlich geschafft, ein Projekt umzusetzen, das im Planungsstadium wirklich sehr umstritten war. Heute ist der Nationalpark Neusiedler See ein allgemein anerkanntes, ein gelungenes Projekt. Ein hohes Maß an Zufriedenheit ist bei allen Beteiligten festzustellen. Es sind die Interessen des Tourismus, der Forschung, aber auch der Landwirte und Jäger unter einen Hut gebracht worden. Heute gibt es da funktionierende Koexistenzen. Das ist anzuerkennen, und wir alle sind froh darüber.

Die heute zu beschließenden Adaptierungen sind die logische Folge einer gelungenen Aufbauphase, da jetzt andere Anforderungen bestehen. Wir Freiheitliche, Herr Klubobmann Kostelka, werden in unserer Gesamtheit dafür stimmen. (Abg. Dr. Kostelka: Das ist ein Versprechen! Ob es stimmt, das werden wir erst sehen!)

14.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.25

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich teile die Auffassung des Herrn Abgeordneten Schweitzer, daß in zunehmendem Maße Umweltthemen einfach Non-Themen geworden sind, sie allenfalls als Behinderung empfunden werden. Auch eingedenk der ersten Debatte, die wir heute in diesem Hause geführt haben, muß man sagen, es ist schade, daß auch die Ökologisierung des Steuersystems und damit die Möglichkeiten, die es gerade auch im Zusammenhang mit den fossilen Energieträgern und deren Besteuerung in Österreich hätte geben sollen und zu denen sich die Regierung auch verpflichtet hat, den Bach hinuntergegangen sind.

Umso erfreulicher ist es, daß es wenigstens in diesem konkreten Fall, um den es heute geht, gelungen ist, eine gute Lösung zu finden. Ich möchte aber eine einzelne verbesserungswürdige Passage aus der Vorlage herausgreifen, die heute beschlossen werden wird, das ist der Artikel 6 Abs. 8. Ich habe das schon im Ausschuß angeschnitten: Daß man in solche Vereinbarungen hineinschreibt, man werde bemüht sein, sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig vorzugehen, das ist schlicht und einfach zuwenig. Das ist zwar der Ausdruck eines Wunsches, aber wenn es um einen Vertrag geht, in dem Rechte und Pflichten festgeschrieben werden, dann darf nicht drinnen stehen, daß man bemüht ist, wirtschaftlich, sparsam und zweckmäßig vorzugehen, sondern muß drinnen stehen, daß wirtschaftlich, sparsam und zweckmäßig vorzugehen ist. Das ist als eine unabdingbare Forderung zu postulieren, nicht zuletzt deshalb, damit nicht Umweltschutzprojekte durch Mißwirtschaft im Bereich der Verwaltung in Mißkredit geraten.

Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit auch nützen, zwei Vorurteile anzusprechen, die es im Zusammenhang mit Nationalparks gibt. Das erste ist jenes, daß man glaubt, es handle sich um ein völlig abgeschirmtes Gebiet, in dem keine andere Nutzung erlaubt sei. Auch der Nationalpark im Burgenland, der 8 000 Hektar umfaßt, ist zur Hälfte zwar Kernzone – in diesem Bereich ist wirklich jede andere Nutzung nicht zulässig –, aber die zweite Hälfte gliedert sich in Bewahrungszonen. In diesem Gebiet werden, um bestimmte Biotope und Biotoptypen zu erhalten, die sich nicht zuletzt auch durch die Nutzung dieser Gebiete über die Jahre hinweg ergeben haben, sehr gezielt auch Maßnahmen wie etwa die Beweidung gesetzt. – Das ist der eine Punkt.

Es stimmt also nicht, daß es, wenn Nationalparks eingerichtet werden, quasi der Sieg der Öko-Fundis ist, die in Wahrheit dort nichts mehr verändern lassen wollen, sondern es geht um die Erhaltung dieser Biotope, die mitunter auch erst durch die Nutzung durch den Menschen entstanden sind.

Das zweite Vorurteil in diesem Zusammenhang und damit unmittelbar zusammenhängend ist, daß der Tourismus angeblich ausgeschlossen ist, weil der Umweltschutz und der Naturschutz absolut gesetzt werden. Auch das ist nicht der Fall, sondern es gehört zu jedem gut geführten Nationalpark dazu, daß es Besucherleitsysteme gibt, daß, insbesondere was jetzt das burgenländische Beispiel angeht, eine Vernetzung mit unseren Nachbarn stattfindet und die 12 000 Hektar, die dieser Nationalpark auf der ungarischen Seite umfaßt, mit einbezogen werden.

Meine Damen und Herren! Es ist sinnvoll, daß es auch eine Nationalparkkommission gibt, die als Anhörungs- und Diskussionsgremium dient, in dem alle Interessengruppen, alle Bevölkerungsgruppen, jene, die durch den Nationalpark betroffen sind, einbezogen werden und man vorfühlen kann, welche Stimmungen existieren, und dann Lösungen gemeinschaftlich diskutieren kann.

All das ist ein guter Weg, und insofern sind wir froh, daß diese Materie heute hier beschlossen werden kann. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.29

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Umweltpolitik – ich gebe dir völlig recht, Karl Schweitzer – hat es derzeit alles andere als leicht, auch die Umweltpolitiker selbst nicht, was man am Ablauf der heutigen Sitzung schon gemerkt hat. Eigentlich wäre das heute ein fast reiner Umwelttag geworden. Ich habe mich gefreut, daß wir einmal schon um zehn Uhr vormittag über Umweltpolitik hätten diskutieren sollen, aber die Autofahrer haben sich wie in so vielen Bereichen eben durchgesetzt, und deshalb wurde zuerst über die armen Autofahrer und deren Leiden diskutiert, denen sie täglich unterzogen sind, und jetzt ist eben erst der Umweltschutz an der Reihe, im speziellen der Naturschutz.

Ganz kurz: Zum vorliegenden Gesetzentwurf haben meine Vorredner schon viele richtige Dinge gesagt. Auch wir stimmen ihm sehr gerne zu. Es geht vor allem um eine Ausweitung der Kernzone dieses Nationalparks, die gerade nach den internationalen Richtlinien, die Kollege Steindl schon angesprochen hat, immer wieder zu einem bestimmten Prozentsatz gefordert ist. Und dieses Gesetz kommt diesen internationalen Richtlinien sehr entgegen – dem stimmen wir zu.

Nun zu einem anderen Punkt, der unmittelbar mit dem Naturschutz und den Nationalparks sonst in Österreich zu tun hat und der nicht so positiv ist. Wir haben immer wieder kritisiert, daß in Österreich die Naturschutzkompetenz bei den Ländern liegt und der Bund nicht wirklich eine Kompetenz in diesem Bereich hat, vor allem aber die koordinierende Kompetenz in vielen Fällen nicht wahrnimmt.

Wir spüren das jetzt zum Teil schmerzhaft bei der Umsetzung der EU-Richtlinien unter dem Schlagwort "Natura 2000". Dabei geht es um die Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie der EU und auch um die Habitatrichtlinie. Alle Bundesländer müssen entsprechende Flächen melden, und das haben sie in sehr unterschiedlicher Weise getan.

Das Burgenland hat das sehr ordentlich gemacht, auch Niederösterreich hat beispielsweise 33 Prozent seiner Landesfläche gemeldet, Oberösterreich jedoch überraschenderweise nur 6 Prozent. Wie kommt es zu diesen Unterschieden? – Es gibt ja, Herr Bundesminister, soweit ich weiß, von Ihrem Ressort und vom Umweltbundesamt auch eine Studie über die Defizite der Umsetzung von "Natura 2000", in der dieses Problem auch angesprochen wird.

Ich glaube, das zeigt, daß uns dann, wenn es um die Umsetzung von EU-Richtlinien im Bereich Naturschutz geht, auf den Kopf fällt, daß der Bund keine Naturschutzkompetenz hat. Ich möchte daher noch einmal anregen, daß man in der nächsten Legislaturperiode diesen Punkt noch einmal diskutiert und sich überlegt, ob es nicht notwendig ist, gerade aufgrund der Umsetzung von EU-Richtlinien eine Bundeskompetenz für Naturschutz zu schaffen, mit einer weit stärkeren Koordinierungsmöglichkeit, als sie jetzt vorhanden ist.

Es gibt seit den letzten Tagen eine sehr aktuelle Diskussion nicht nur über den Benzinpreis, sondern insgesamt über neue Autobahnprojekte. Viele der von Bundesminister Farnleitner vorgeschlagenen Autobahnprojekte in Österreich würden zum Beispiel diese "Natura-2000-Gebiete", die von den Bundesländern vor kurzem bekanntgegeben wurden, zum Teil massiv beeinträchtigen.

Ein Projekt – dazu habe ich Ihnen eine Tafel mitgenommen (die Rednerin zeigt die Tafel) – ist besonders absurd, es geht dabei um den Nationalpark Donau-Auen. Ich möchte Ihnen nur zeigen, was Wirtschaftsminister Farnleitner da gemeinsam mit den Landeshauptleuten, allen voran auch Bürgermeister Häupl, plant. (Zwischenruf des Abg. Brix.) Dann muß er sich von den Zeitungsmeldungen – ich habe sie mir extra gestern noch einmal durchgeschaut, Kollege Brix – endlich distanzieren.

Hier haben wir den Nationalpark Donau-Auen, die grüne Fläche (die Rednerin zeigt auf die entsprechende Stelle auf der Tafel) – Sie können es sicher wunderbar sehen, auch Sie, Herr Minister –, und das sind die Projekte, die derzeit nach den Vorschlägen des Wirtschaftsministers vorliegen. Wir nennen das ja nur mehr die "Nationalpark-Autobahn" des Bundesministers Farnleitner und einiger Landeshauptleute. (Abg. Edler: Da steht er nicht allein! Das werden wir unterstützen, weil wir es brauchen! – Abg. Brix: Keine Autobahn in der Lobau!) – Das werden Sie unterstützen, umso schlimmer!

Sie müssen sich nur entscheiden: Entweder es bleibt nicht nur bei Sonntagsreden hier im Parlament zu Nationalparks, aber dann ist es auch ein Nationalpark, oder Sie sagen: Autofahren geht voran! Vor allem in einem Wahljahr machen wir alles, was der "Kronen Zeitung" oder "täglich Alles" gefällt und bauen eine Autobahn mitten durch das Nationalparkgebiet!

Das ist absurd, meine Damen und Herren, das paßt nicht zusammen. (Abg. Brix: Das hat der Bürgermeister nie gesagt!) Man muß sich schon entscheiden, man kann nicht beides haben. (Abg. Brix: Keine Autobahn durch die Lobau!) Wenn man sich zu bestehenden Nationalparkgebieten bekennt (Abg. Brix: Jawohl, wir bekennen uns dazu!), sei das im Bereich Neusiedler See, sei das im Bereich Donau-Auen oder anderswo (Abg. Brix: Gerade der Biologe Häupl hat gesagt: Keine Autobahn durch die Lobau!), kann man nicht eine Autobahn mitten durch das Nationalparkgebiet planen. (Beifall der Abgeordneten Dr. Petrovic und Mag. Barmüller.)

Ich freue mich sehr, Herr Abgeordneter Brix, wenn Bürgermeister Häupl die Aussagen, die ich im "Kurier" und in der "Kronen Zeitung" von ihm gefunden habe, zu diesem Projekt nicht gemacht hat. Ich nehme das zur Kenntnis und hoffe, daß das offensichtlich eine Zeitungsente war. (Abg. Brix: Von Untertunnelung ist die Rede!)

Ich möchte an alle Kolleginnen und Kollegen appellieren und sagen, daß es im Bereich Nationalparks und Naturschutz insgesamt in Österreich nicht ausreicht, alle paar Jahre hier Artikel-15a-Verträgen zuzustimmen, sondern daß Naturschutz täglich stattfindet, daß es um Naturschutz geht, wenn wir über die Gewerbeordnung in diesem Land diskutieren, wenn wir in Kürze über die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Änderung des Betriebsanlagenrechts diskutieren, wenn es da um Vereinfachungen gehen soll, die nach den Vorschlägen, die derzeit vorliegen, zu Lasten der Umwelt beschlossen werden sollen.

Es gibt in Österreich eine Ausweitung der "roten Listen". Es geht nicht nur darum, einige Flächen zu schaffen, die wirklich geschützt sind – sosehr ich das begrüße –, sondern es geht generell darum, daß Naturschutz in diesem Land einen höheren Stellenwert bekommt, daß man ihn ernst nimmt, gerade auch auf der Bundesseite.

Ich fordere Sie auf, Herr Bundesminister, Ihre Koordinationsaufgabe gerade bei den noch abzugebenden Flächen für "Natura 2000" wahrzunehmen. Schauen Sie, daß kein großer Lobbysturm von vielen Seiten einsetzt, wodurch versucht wird, auch EU-Richtlinien in Zukunft zu umgehen!

Ich hoffe sehr, daß in der nächsten Legislaturperiode endlich eine Naturschutzkompetenz auf Bundesebene geschaffen werden kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

14.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

14.35

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Frau Abgeordnete Langthaler hat einen großen Teil ihrer Ausführungen dem Thema "Natura 2000" gewidmet. Lassen Sie mich daher festhalten: In diesem Zusammenhang fungiert das Umweltressort gewissermaßen als Briefträger der Länder in Richtung Brüssel.

Es ist richtig, daß die Länder unterschiedlich große Flächenausweisungen vorgenommen haben – dieser Prozeß ist ja noch nicht ganz am Ende. Allerdings kann ich daraus, Frau Abgeordnete Langthaler, kein Argument gegen den Föderalismus ableiten, weil ausgerechnet das besonders zentralistisch geführte und regierte Frankreich bisher überhaupt noch kein "Natura-2000-Gebiet" ausgewiesen hat. (Abg. Ing. Langthaler: Furchtbar!) Also das kann es nicht sein. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Insgesamt meine ich, daß der Naturschutz bei unseren Ländern in guten Händen ist, insbesondere der Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel ist ein gutes Beispiel dafür. Er ist auch ein gutes Beispiel dafür, daß sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig vorgegangen wird, Herr Abgeordneter Barmüller, insbesondere zweckmäßig im Sinne des Naturschutzes.

An diesem Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel ist höchst beachtlich, daß Verträge mit nicht weniger als 1 100 Bauern plus natürlich auch der Familie Esterhazy abgeschlossen werden konnten. Der Konsens ist groß und breit, er hat sich, wie Herr Schweitzer gesagt hat, aus anfänglichen Schwierigkeiten entwickelt.

Es leben dort Natur und Mensch im Einklang, und selbstverständlich ist – außerhalb der Kernzone – nicht nur die Bewirtschaftung durch Bauern weiterhin möglich und sogar erwünscht, sondern auch eine sinnvolle, nachhaltige Tourismusnutzung möglich; und diese findet auch statt.

Es ist gut, daß nach der ersten Phase, in der Forschung und Infrastruktur im Vordergrund standen – das Info-Zentrum in Illmitz wurde ja höchst erfolgreich begonnen; 50 000 Menschen pro Jahr informieren sich dort –, jetzt die Mittel in andere Themen investiert werden können. Und aufgrund der bewährten Aufteilungsbasis, nämlich 50 Prozent Bund und 50 Prozent das Land Burgenland, kann man nun behutsam an eine Erweiterung dieses Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel herangehen.

Es ist mit diesem Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel auch einiges an Herzblut verbunden. In einer Zeit, in der es noch keinesfalls selbstverständlich war, daß man sich grenzüberschreitend die Hand gereicht hat, hat man das bei diesem grenzüberschreitenden Nationalpark mit Ungarn schon gemacht. Und es ist eine willkommene Symbolik, daß aus früheren Wachtürmen der ungarischen Grenzsoldaten Aussichtstürme wurden. Das ist gut so, und so soll es auch bleiben.

Zum Schluß noch eine kurze Bemerkung zur Frage Nationalparks und mögliche Autobahnprojekte, mögliche Projekte für Kanäle, die die Donau mit der Oder und der Elbe verbinden sollen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich als Umweltminister eines ganz klar feststellen: Priorität hat jedenfalls der Naturschutz. Priorität hat dort jedenfalls der Nationalpark. Alles andere, was immer dort geplant ist, hat sich dem unterzuordnen und müßte ohnehin noch einer gewissenhaften Prüfung unterzogen werden. Priorität hat jedenfalls die langfristige, die generationenübergreifende Erhaltung jedes Nationalparkes, insbesondere auch des Nationalparks Donau-Auen. – Herr Präsident, ich danke für die Erteilung des Wortes. (Beifall bei der ÖVP.)

14.39

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Brix gemeldet. Die Geschäftsordungsbestimmungen sind bekannt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.39

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Langthaler hat hier heraußen festgestellt, daß sich Herr Bürgermeister Häupl für eine Autobahn durch die Lobau ausspricht.

Ich stelle richtig: Herr Bürgermeister Häupl spricht sich nicht für eine Autobahn durch die Lobau aus, im Gegenteil (Abg. Böhacker: Für eine Schnellstraße!), er hat gesagt: Die Lobau und der Nationalpark Donau-Auen dürfen nie angetastet werden. Aber er spricht sich für eine ökologische Lösung, für eine Tunnellösung aus. Das heißt, daß keine Straße mehr durch den Nationalpark führen darf. (Beifall bei der SPÖ.)

14.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Achs. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.40

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Daß es heute um die Erhaltung und Weiterentwicklung des Nationalparks Neusiedler See-Seewinkel geht, freut mich als Burgenländer, aber vor allem als gebürtiger Seewinkler besonders. Das zeigt vor allem die unumstrittene Anerkennung des erst seit fünf Jahren bestehenden Nationalparks und auch, daß uns die Gratwanderung zwischen Ökologie und Ökonomie gelungen ist, denn der Nationalpark gilt mittlerweile als ökologisches Vorzeigeprojekt. Die internationale Anerkennung bestätigt uns die Richtigkeit des eingeschlagenen Weges.

Das Projekt Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel umfaßt die Region als Ganzes. Der Vertrag wurde gemeinsam mit dem Nachbarn Ungarn abgeschlossen und konzipiert.

Ich möchte aber nicht leugnen, daß die Errichtung des Nationalparks in der Region lange Zeit umstritten war, und das vor allem deshalb, weil von der rund 8 000 Hektar großen Fläche zirka 1 500 Bauern betroffen waren. Viele Grundeigentümer hatten gegen die neue Form der Nutzung Bedenken. Nachdem unsere politische Überzeugungsarbeit positive Früchte getragen hatte, begannen intensive Verhandlungen zwischen WWF, Grundeigentümern und dem Land Burgenland, um akzeptable Entschädigungszahlungen festzulegen. Durch zähe Verhandlungen konnte eine Lösung gefunden werden, die beide Seiten zufriedenstellt.

Bund und Land haben im ersten Artikel-15a-Vertrag vereinbart, daß sie die Kosten für die Anpachtung der Flächen und anderen Entschädigungszahlungen jeweils zur Hälfte übernehmen. Allein dadurch werden jährlich zirka 30 Millionen Schilling an die Bauern ausgezahlt.

Heute, nach mehr als fünf Jahren, kann eine durchaus positive Bilanz gezogen werden. Es ist uns gelungen, das Gebiet des Neusiedler Sees in seiner ökologischen Einmaligkeit zu erhalten. Mit dem Begriff "Seewinkel" verbindet man mittlerweile nicht nur hervorragende Weine, sondern auch ein einmaliges Natur- und Erholungsgebiet.

Durch die Naturschätze ist der Tourismus im Seewinkel mittlerweile sehr populär geworden. Das Gebiet rund um den größten Steppensee Europas ist Lebensraum für eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt, die teils auf den "roten Listen" der gefährdeten Arten stehen. Viele Impulse in Richtung Umwelt und Naturverträglichkeit haben zur Umorientierung in Richtung eines sanften Tourismus geführt.

Meine Damen und Herren! Mit Stolz können wir sagen, daß der Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel ein geglücktes Beispiel und der Beweis dafür ist, daß Ökologie und Ökonomie nicht im Widerspruch zueinander stehen. Man hat daher ein sehr gutes Gefühl, wenn man behaupten kann, von Beginn an bei diesem erfolgreichen Jahrhundertprojekt dabeigewesen zu sein. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.44

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren – auch Sie auf der zahlreich besetzten Galerie! Ich möchte die Debatte zur Vorlage betreffend den Nationalpark Neusiedler See zum Anlaß nehmen, zu einem neuen Pflänzchen in Österreichs Nationalparklandschaft, nämlich dem Nationalpark Gesäuse in der Obersteiermark, kurz Stellung zu nehmen.

Herr Bundesminister! Wir schauen etwas neidvoll auf den Seewinkel, wo eine gediegene Aufbauarbeit, bei der es auch Anfangsschwierigkeiten gab, zu einer fast lückenlosen Akzeptanz seitens der Bevölkerung geführt hat. Dieser Nationalpark ist unserer Ansicht nach von unten gewachsen, er ist von der Bevölkerung gewollt und von ihr inzwischen vollständig akzeptiert und weitgehend von politischem Hickhack freigeblieben.

Anders ist es in der Steiermark. Dort bringt eine Gemeinde das Thema zu ihrem Landesrat, aber nicht deshalb, weil ein ökologisches Sendungsbewußtsein sie beflügelt, sondern weil sie auf diesem Umweg einen Gipsabbau in ihrem Gemeindegebiet verhindern will. Der Herr Umweltlandesrat lehnt sich unter der Devise: Jedem Bundesland seinen Nationalpark! weit hinaus, erfreulich weit hinaus. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Herr Naturschutzlandesrat Hirschmann, ich korrigiere mich, lehnt sich zu diesem Thema weit hinaus, zu weit für eine gewöhnlich recht koalitionstreue rote Bettnachbarschaft, die ab diesem Zeitpunkt zu diesem Projekt "njet" sagt.

Herr Bundesminister! Es hat sich eine Front gegen diesen Nationalpark gebildet – das ist traurig –, die Gallup mit 91 Prozent angibt.

Bei uns in der Obersteiermark kommt es zu einem Polarisieren – Bauern gegen Frächter, Umweltaktivisten gegen Förster und Jäger, Gastronomen gegen Lawinen- und Wildbachverbau, jeder gegen jeden. Herr Bundesminister! Sie haben sich ja bei einem Besuch im Gesäuse von der Schönheit dieser Berglandschaft, druchkreuzt von der wildromantischen Enns-Schlucht, überzeugt und wohl auch die gärende Aversion etwas gespürt.

Ich empfehle Ihnen, die Politiker insbesondere aus Ihren Reihen diesbezüglich etwas zurückzunehmen und der betroffenen Bevölkerung konkrete Vorhaben mitzuteilen und zur Diskussion zu stellen.

Zur Vorbereitung eines Nationalparks gehören auch Rahmenbedingungen. Es gehören Bedingungen verbessert, die dort im argen liegen. Herr Bundesminister! Mitten im Gesäuse steht am Enns-Fluß ein Kraftwerk, das seit 1954 – das ist unverändert – keine Restwasserdotierung auferlegt bekam. Statt das Wasserrecht diesbezüglich umzusetzen, hat die Landesenergiegesellschaft einen anderen Appetit entwickelt: Sie kauft an der Enns sämtliche Fischereirechte auf, um sich etwa unliebsamer Gegner bei Schwemmaktionen, Baumaßnahmen, Schwelltätigkeiten zu entledigen.

Übrigens: Fischereirechte sind derzeit zu Schleuderpreisen zu bekommen, denn aufgrund Ihrer bedingungslosen EU-Gläubigkeit und Ihres Zögerns sind die Flüsse der Obersteiermark durch eine Kormoran-Invasion nahezu leergefressen und die heimischen Fischarten fast ausgerottet. Daß Sie, Herr Kollege Tychtl, schmunzeln, beweist mir, daß für Sie der Artenschutz an der Wasseroberfläche endet und daß Sie dieses Problem von europäischer Dimension noch nicht begriffen haben. (Abg. Ing. Tychtl: Nein, aber ich habe vor zwei Wochen die gleiche Argumentation im Fernsehen gesehen!)

Längst gehört diese einst aus Asien importierte Spezies des Kormorans aus dem Anhang 1 der Vogelschutzrichtlinie gestrichen! Herr Bundesminister! Derzeit ist eine gute Gelegenheit dafür, denn Kommissarin Bjerregaard ist ja abhanden gekommen, und aus dem EU-Parlament kommen deutliche Signale in Richtung dieser Lösung.

Noch kurz einen Aspekt zur fragwürdigen Umsetzung von wohlgemeinten EU-Naturschutzmaßnahmen, sie wurden bereits angesprochen: "Natura 2000". Für mich ist das ein Musterbeispiel dafür, wie man eine gute Idee durch Koordinations- und Informationsmangel suspekt machen kann.

Vergangene Woche ist jene Frist abgelaufen, innerhalb welcher die ausgewiesenen Gebiete seitens der Länder hätten gemeldet werden müssen. Außer in Niederösterreich und im Burgenland ist man erst im Anfangsstadium der Ausweisung. Die groteske Situation wurde erwähnt: Niederösterreich meldet 31,6 Prozent seiner Fläche für diese Ausweisung, der Nachbar Oberösterreich gerade 3,37 Prozent. Es gibt keine ökologische Begründung für diese Diskrepanz, es ist lediglich ein einziger Grund dafür logisch und nachvollziehbar: Vor allem im Osten Österreichs versuchen die Agrarpolitiker, den Bauern weiszumachen, daß eine Weiterfinanzierung bisheriger Agrarumweltprogramme über die "Natura 2000" erfolgen wird. Ob dem so ist? – Gott geb’s! "Agenda 2000" geb’s! "Natura 2000" geb’s!

Sie haben hier Handlungsbedarf, wenngleich ich Ihre Argumentation bezüglich Föderalismus in dieser Angelegenheit unterstütze. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. Ich glaube, ich brauche nicht darauf hinzuweisen, daß ich Sie in 10 Minuten unterbrechen müßte. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.51

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Als ressortunzuständiger Abgeordneter möchte ich dennoch einige Bemerkungen zu den Nationalparks machen.

Ich halte Nationalparks für eine phantastische Einrichtung und bedauere eigentlich, daß es in Österreich so lange gedauert hat, bis sich der Nationalparkgedanke durchgesetzt hat. Mir ist klar, daß das erste Ziel eines Nationalparks der Schutz der Natur ist, wobei wir in der Naturzone sogar so weit gehen müssen, eine teilweise schon entstandene Kulturlandschaft wieder in Naturlandschaft umzuwandeln, soweit das im Laufe der Zeit möglich ist.

Wir haben rund um diese Naturzone eine Bewahrungszone und rund um die Bewahrungszone eine Randzone. Ich verfolge insbesondere die Entwicklung rund um den Nationalpark Kalkalpen, aber auch um den Nationalpark Hohe Tauern mit großem Interesse und auch mit Bedauern. Mit Interesse deswegen, weil ich die Nationalparkidee für sehr wichtig halte, die Naturerhaltung für nächste Generationen – mit Bedauern deswegen, weil ich sehe, mit welchem Unverstand und teilweise sogar Dilettantismus die Freizeitnutzung in Nationalparks betrieben wird. Ich meine, daß die Person, die für den Nationalpark die Verantwortung trägt, diese Dinge selbstverständlich aus ökologischer Sicht tun muß und daß das das erste Ziel eines Nationalparks ist.

Es gibt aber in der Bewahrungs- und in der Randzone selbstverständlich eine Nutzungsmöglichkeit, die sich den Menschen, die dort leben und eine alternative Nutzung, die sie bisher ausgeübt haben, jetzt nicht mehr ausüben können oder nur mit geringeren Erträgen, bietet. Denken Sie an die gesamte Landwirtschaftsproblematik! Man kann dort einen neuen Lebenserwerb finden.

Wir brauchen nur ins Ausland zu schauen. Ich zitiere nur das Beispiel Amerika – es gibt auch andere –, wo man es verstanden hat, die Nationalparkidee auf zwei Beine zu stellen: Das erste, wichtige, unverzichtbare, konstitutive Bein ist selbstverständlich der Naturschutz, die Kernzone, die Naturzone des Nationalparks, jedoch verbunden mit einer schonenden – darum "Nationalpark" –, aber professionellen Nutzung in den Bewahrungs- und Randzonen.

In diesem Zusammenhang ist der Besucherlenkung meiner Auffassung nach ganz besonderes Augenmerk zuzuwenden, und hier sind wir noch nicht so weit. Hier dilettiert man noch, und ich bedauere das. Ich glaube aber, wir können auf den richtigen Weg kommen, und bitte den Herrn Bundesminister, sich diesbezüglich zu verwenden. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

14.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort des Herrn Berichterstatters, und wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein. Ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Abschluß der gegenständlichen Vereinbarung samt Anlagen in 1389 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie die Genehmigung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist Stimmeneinhelligkeit. Ich stelle fest, die Genehmigung ist erteilt.

3. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (1523 der Beilagen): Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (1693 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Bericht (III-142 der Beilagen) des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Umweltförderungen des Bundes, 1997, sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen (1697 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 680/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Reduzierung der CO2-Emission bei gleichzeitiger Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Förderung erneuerbarer Energieträger (1699 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Ozonbericht (III-120 der Beilagen) 1997 der Bundesregierung (1694 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir treten daher sogleich in die Debatte ein.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Ich weise nur noch darauf hin, daß ich Sie in 5 Minuten unterbrechen müßte.

14.55

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mir unter Umständen erlauben, meinen Redebeitrag in zwei Teile zu teilen, nämlich dann, wenn ich nicht alles vor der Behandlung der Dringlichen Anfrage unterbringe.

Herr Bundesminister! Ich beginne aus diesem Grund mit dem Bericht über die Umweltförderungen und möchte mich dabei in erster Linie auf den Bereich Abwasser- und Wasserversorgungsbauten konzentrieren.

Es ist bemerkenswert, daß mit 6,6 Milliarden Schilling Förderungen insgesamt 19,2 Milliarden an umweltrelevanten Investitionen ausgelöst werden konnten. Die Schwerpunkte sind wirklich bemerkenswert, insbesondere in den Bereichen Abwasserentsorgungsanlagen. 2 736 geförderte Projekte innerhalb des Berichtszeitraumes zeugen von einer wirklich regen Bautätigkeit im Interesse einer entsprechenden Abwasserklärung. Auch wurden immerhin 1 296 Wasserversorgungsanlagen im selben Zeitraum gefördert errichtet.

Es muß aber schon festgestellt werden, daß die Umweltförderung in vielen Fällen auch Wirtschaftsförderung ist. Dagegen ist nichts einzuwenden, nur – und jetzt komme ich zum Punkt, Herr Bundesminister – sollte die Wirtschaftsförderung nicht ausschlaggebend sein für die Auswahl eines bestimmten Projektes beziehungsweise nicht im Vordergrund stehen, wenn es darum geht, einem Projekt den Zuschlag zu erteilen.

Wir haben in der letzten Sitzung des Umweltausschusses Gelegenheit gehabt, ein spezielles Projekt anzusprechen, und das möchte ich hier noch einmal in die Diskussion einbringen.

Herr Bundesminister! Die Tatsache, daß die Entscheidung, ob und welches Projekt gefördert wird, im Normalfall nicht auf Bundesebene fällt, sondern schon im Vorfeld gefallen ist, führt oft dazu, daß Entscheidungen massiv beeinflußt werden. Ich werde das anhand eines Beispiels herausarbeiten.

Die angesprochene Großkläranlage Mittleres Pinkatal–Zickental einerseits und das dezentrale Kläranlagenprojekt Oberschützen stehen da im Zentrum der Betrachtungen. Ich habe Ihnen bereits mitgeteilt, daß der oberste Beamte des Landes, der der Wasserbauabteilung im Burgenland vorsteht, gleichzeitig auch Obmann des Abwasserverbandes ist, der die Großanlage betreibt, in die jetzt von der Großgemeinde Oberschützen entsorgt werden soll. Es ist klar, daß dieser Obmann großes Interesse daran hat, daß diese Gemeinde in dieses Großkläranlagenprojekt entwässert.

Man muß sich vorstellen, daß die dezentrale Anlage hochmodern sein könnte – immerhin hat man dort bereits auf ein Trennsystem gesetzt –, und jetzt sollte alles, was in einem Trennsystem bereits vorbehandelt ist, in eine alte Mischanlage einmünden. Bisher ist es den Befürwortern der Großkläranlage nicht gelungen, die Anschlußbeiträge so zu gestalten, daß sie konkurrenzfähig wären mit den Anschlußbeiträgen, die bei der dezentralen Kläranlage zu zahlen wären.

Gestern hat unter Vorsitz dieses Beamten, der gleichzeitig Obmann ist, eine Sitzung des Verbandes stattgefunden, in der er den Bürgermeistern erklärt hat, daß eine Sanierung der Großkläranlage vorgezogen werden soll. Er versucht damit, Geld der Mitglieder des Verbandes flüssigzumachen, um die Anschlußbeiträge für das Großprojekt senken zu können. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Was ich damit aufzeigen will, ist, daß es dort zu einer massiven Vermengung von Interessen kommt, daß der Obmann des Abwasserverbandes gleichzeitig der oberste Beamte ist, der die Beurteilungsgrundlagen für das Förderungsansuchen, das schlußendlich an die ÖKK geht, erstellt. Das kann so nicht sein, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie höflich, diesem Umstand besondere Beachtung zu schenken. Ich verstehe schon, bei mehr als 2 700 Projekten, die im abgelaufenen Zeitraum über die Bühne gebracht wurden, kann man sich auf Bundesebene, auf ÖKK-Ebene nicht um die Details kümmern. Aber da liegt offensichtlich ein eklatanter Fall von Interessenvermischung vor. Es kann nicht sein, daß diese Unvereinbarkeit dazu führt, daß ein ökologisches Projekt nicht zum Zug kommt und nur die Wirtschaftsförderung zum Tragen kommt. Darauf möchte ich Sie einmal aufmerksam machen.

Zum Ozonbericht dann nach der Dringlichen Anfrage. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hohes Haus! Ich unterbreche jetzt die Verhandlungen über die Punkte 3 bis 6 der heutigen Tagesordnung. Wir werden, so wie das in der Geschäftsordnung vorgeschrieben ist, mit der Beratung der Dringlichen Anfrage beginnen.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend: Wo bleibt die Steuerreform? (5995/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gelange also zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 5995/J des Abgeordneten Van der Bellen. Da diese Dringliche Anfrage inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Finanzminister Edlinger verkündete am 23.3.1999, daß die drei grundsätzlichen Zielsetzungen der Steuerreform – eine spürbare Tarifsenkung, eine großzügige Familienförderung sowie Maßnahmen für Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort – ‚in aller Klarheit erreicht worden seien‘ (OTS0187, 23.3.1999). Offensichtlich will sich keiner der Verhandlungspartner an die seit Jahren angekündigten Zielvorgaben für die große Steuerreform 2000 erinnern. Versprochen wurde tatsächlich eine Strukturreform – wie die nachfolgenden Zitate bestätigen.

Zum Thema Steuerreform meinte der damalige Finanzminister Klima am 15.11.1996: ‚Schwerpunkte liegen bei einer Ökologisierung des Steuersystems und bei einer Verbreiterung der Steuerbasis, etwa durch die Beseitigung von Ausnahmen und Schlupflöchern nach dem Motto `Steuern einheben statt anheben`.‘ (OTS 0072,15.11.1996)

Finanzminister Edlinger wollte bei der für 1999 geplanten Steuerreform Maßnahmen zur Entlastung der Arbeit und dafür zur Belastung von Energie und Wertschöpfung setzen. ‚Der Faktor Arbeit muß steuerlich entlastet werden, aber das Steueraufkommen insgesamt darf nicht kleiner werden, sonst degeneriert der Staat zum Nachtwächterstaat.‘ Die Steuereinnahmen müßten vor allem in die Bereiche Energie, Wertschöpfung und Kapital umgeschichtet werden. Der steuerliche Faktor trifft die Arbeit mehr als das Kapital. ‚Das ist weder dogmatisch noch klassenkämpferisch‘, so Edlinger am 13.2.1997 (APA 0652).

Als Zielsetzung für die Steuerreform nannte Edlinger, den Faktor Arbeit billiger zu machen und den Ausfall durch eine Ökologisierung wettzumachen. Diskutieren müsse man auch über die höhere Besteuerung der arbeitslosen Kapitalgewinne, die nicht investiert werden – so Edlinger in der Pressestunde vom 2. März 1997 (APA0156).

‚Wir müssen den Faktor Arbeit von Steuer, Lohnnebenkosten entlasten, um international konkurrenzfähig zu sein. Auf der anderen Seite gilt es, im Bereich der Ökologisierung des Steuersystems Einnahmen zu erschließen‘, so Edlinger in der ZiB 2 im Juli 1997 (APA 0578, 11.7.1997).

Sein Gewicht als Finanzminister wollte Edlinger jedenfalls auch für die Umwelt einsetzen: Die Steuerreformkommission werde die Ökologisierung des Systems mit beachten. Der Faktor Arbeit sei in den letzten zehn Jahren um zehn Prozentpunkte teurer geworden, während sich die Belastung des Kapitals um sieben Prozentpunkte vermindert habe. Die Steuerreformkommission habe das konkrete Ziel, ein in allen Facetten neues Steuermodell zu entwickeln – so Edlinger bei der Tagung ‚Umweltaktivitäten der Weltbank‘ im Dezember 1997 (APA 0257, 15.12.1997).

Finanzminister Edlinger will die Steuerreform 2000 nicht ausschließlich danach bewertet wissen, in welchem Maß sie Tarifsenkungen bringt, sondern danach, in welchem Maß sie Strukturen vereinfacht, Ungerechtigkeiten beseitigt, den Standort Österreich fördert und zur sozialen Ausgewogenheit beiträgt. (APA 0584, 4.5.1998)

Generell sei es für ihn wichtig klarzustellen, daß der Ertrag aus einem ersten Schritt der Ökologisierung der Steuern dazu verwendet werden müsse, um im Bereich der Lohnnebenkosten Verbilligungen zu machen. – Edlinger in der Pressestunde vom 11.10.1998 (APA 0118).

Finanzminister Edlinger am 15.11.1998 in einer Erklärung gegenüber der APA: ‚Mein Ziel für eine Steuerreform 2000 heißt nicht im besonderen Entlastung. Ich strebe an:

1. eine steuerliche Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen

2. eine Entlastung des Faktors Arbeit und damit die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen

3. die Entlastung der Dienstgeber von Sozialversicherungsbeiträgen bei kleineren und mittleren Einkommen

4. erste Schritte in Richtung Ökologisierung des Steuersystems

5. eine gerechtere Besteuerung von Kapital‘

(APA 0173)

Entsprechend der von Finanzminister Edlinger formulierten Aufträge kommt die Steuerreformkommission in ihrem Bericht zu folgender wesentlicher Schlußfolgerung:

‚Ein Vergleich der Steuerstrukturen der wichtigsten Industriestaaten zeigt, daß Österreich bei den lohnsummenabhängigen Abgaben deutlich an der Spitze liegt. Der Anteil dieser Steuern beträgt gegenwärtig 2,8 % des BIP und ist damit um fast 2,5 Prozentpunkte höher als der Durchschnitt der EU-Länder. Diese Steuern wirken unmittelbar auf die Arbeitskosten und damit auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Es ist eine weit verbreitete Auffassung in Europa, diese Steuern abzubauen und die Arbeitskosten zu entlasten, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die Beschäftigung zu stimulieren. Dies vor dem Hintergrund eines Berichtes des Wirtschafts- und Sozialausschusses des Europäischen Parlaments, wonach zwischen 1980 und 1996 die kalkulatorische steuerliche Belastung des Faktors Arbeit im europäischen Durchschnitt von 34,9% auf 42,6% gestiegen ist, während sie bei den übrigen Produktionsfaktoren (Kapital, selbständige Arbeit, Energie, natürliche Ressourcen) von 42,1% auf 35,6% gesunken ist. Auch für Österreich ist eine Lösung in diesem Bereich aufgrund seiner Steuerstruktur besonders dringend. Daher ist auch die Entlastung der Steuern auf Arbeitskosten und damit der lohnsummenabhängigen Abgaben ein Schwerpunkt der Steuerreform 2000.‘ (Bericht der Steuerreformkommission an den Bundesminister für Finanzen Edlinger, S.10/11, November 1998)

Im ‚Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung‘, der im April letzten Jahres an die EU-Kommission übermittelt wurde, wird unter dem Titel ‚Reduktion der Steuer- und Abgabenbelastung auf den Faktor Arbeit‘ (eine wesentliche Vorgabe von seiten der EU) festgehalten, daß der implizite Steuersatz auf unselbständige Arbeit in Österreich 44,5%, in der EU durchschnittlich 42,1% beträgt. Die Arbeitskosten werden in Österreich zu 24,8% durch die indirekten Kosten bestimmt, in der EU liegt dieser Wert bei 22,9%. Als nationales Ziel wird eine steuerrechtliche und abgabenrechtliche Entlastung des Faktors Arbeit bei Aufrechterhaltung des sozialen Schutzniveaus angestrebt. Für die Steuerreform 2000 wird konkret die steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit sowie Maßnahmen im Bereich der Ressourcen- und Ökosteuern in Aussicht gestellt.

Nun liegt das von der Bundesregierung ausverhandelte Steuerpaket vor, das die Antworten auf die wesentlichen steuerpolitischen Herausforderungen schuldig bleibt, nämlich:

1. Ökologisierung auch im Interesse der uns nachfolgenden Generationen,

2. Verschiebung der Steuerlast von Arbeit zu Energie, Kapital und Vermögen im Sinne einer tatsächlichen Verteilungsgerechtigkeit,

3. internationale Harmonisierung.

Dieses Steuerpaket wird nicht einmal den von der Bundesregierung selbst formulierten Zielsetzungen gerecht und verdient deshalb den Titel Reform nicht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1. Wie beurteilen Sie die nun vereinbarten Steuerkorrekturmaßnahmen gemessen an Ihren eigenen ambitionierten Ankündigungen und Vorgaben?

a) in Hinblick auf die Ökologisierung des Steuersystems?

b) in Hinblick auf die zugesagte steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit?

c) in Hinblick auf eine Verschiebung der Steuerlast von der Arbeit zum Kapital?

d) in Hinblick auf die versprochene Steuervereinfachung?

2. Sind Sie der Ansicht, daß das nun vorgelegte Papier zur ‚Steuerreform‘ den Ergebnissen der jahrelangen Arbeit der Steuerreformkommission entspricht?

3. Der Präsident der Arbeiterkammer Tumpel meinte in einer Aussendung vom 17.3.1999 zu Recht: ‚Wenn sich die Steuerreform wirklich Reform nennen wolle, müsse sie auch strukturelle Änderungen bringen, die beschäftigungswirksam werden. Dringend sei die Entlastung der Arbeit von Abgaben. Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch, alle haben sich dazu bekannt, daher muß das auch Bestandteil der Steuerreform werden.‘ (Pressedienst der AK, PAK 71, 17.3.1999)

Warum haben Sie diese grundsätzlich richtige Forderung von Präsident Tumpel nicht erfüllt?

4. Der Anteil der lohnsummenabhängigen Abgaben beträgt gegenwärtig 2,8% des BIP und ist damit um fast 2,5 Prozentpunkte höher als der Durchschnitt der EU-Länder. Daran werden die vorgeschlagenen Maßnahmen nichts ändern.

Meinen Sie nicht, daß sich Österreich mit dieser steuerlichen Belastung der Arbeitskraft schon längst außerhalb des vielbemühten europäischen Gleichklangs bewegt?

5. Durch welche steuerlichen Maßnahmen werden Sie den Vorgaben der EU nach Reduktion der Steuer- und Abgabenbelastung auf den Faktor Arbeit im Rahmen des Nationalen Beschäftigungsplanes nachkommen?

6. Wie begründen Sie den sozialen Bedarf einer jährlichen Steuerentlastung bei Bruttomonatseinkommen von S 100.000,-- im Ausmaß von S 7000,--, während Monatseinkommen von S 15.000,-- mit nur S 4075,-- entlastet werden und für die längst notwendige Erhöhung des Karenzgeldes offenbar keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen?

7. Wie hoch ist die steuerliche Entlastung bei einem Ministergehalt, verglichen mit der Entlastung bei einem Einkommen von S 20.000,-- monatlich, und wie begründen Sie die Differenz?

8. Seit der Abschaffung der Vermögensteuer im Jahr 1994 ist Österreich bei der Vermögensbesteuerung endgültig Schlußlicht unter den OECD-Staaten geworden. Nach Schätzungen der Arbeiterkammer Wien ist das private Vermögen der Haushalte mit rund 6.000 Milliarden Schilling etwa doppelt so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt.

Halten Sie es für verteilungspolitisch vertretbar, daß Österreich mit dem nun vorgelegten Steuerpaket an der Schlußlichtposition innerhalb der OECD festhält?

9. In Zusammenhang mit der Abschaffung der Vermögensteuer meinte der Vorsitzende des Finanzausschusses Prof. Nowotny am 13.9.1993 in der ‚Presse‘: ‚Es ist für uns völlig klar, daß im Parlament die Steuerreform nicht beschlossen werden kann ohne eine politisch verbindliche Erklärung, was mit der Erbschaftsteuer geschieht.‘

Hat sich die SPÖ von dieser Forderung nun endgültig verabschiedet?

10. Die Ergebnisse der Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung ‚Makroökonomische und sektorale Auswirkungen einer umweltorientierten Energiebesteuerung in Österreich‘ (1995) bestätigen, daß die Einführung einer Energiebesteuerung bei sorgsam ausgestalteten Kompensationsmaßnahmen auch bei einem nationalen Alleingang sinnvoll ist und darüber hinaus 11.000 bis 34.000 neue Arbeitsplätze schaffen kann.

a) Warum wurden die Vorschläge der Steuerreformkommission zum Thema aufkommensneutrale Energiesteuer nicht aufgegriffen und damit die Chance auf eine echte Strukturreform vertan?

b) Wie läßt sich die Verweigerung der Einführung einer aufkommensneutralen Energiesteuer mit dem im Koalitionsübereinkommen zwischen ÖVP und SPÖ festgehaltenen Bekenntnis vereinbaren, daß ‚Umweltpolitik an der Schwelle zum nächsten Jahrtausend im Sinne einer ökologischen Strukturoffensive gestaltet werden muß, wobei auf höchstmögliche beschäftigungspolitische Effekte zu achten ist‘?

11. Die Börsenumsatzsteuer bewirkt eine geringfügige Behinderung kurzfristiger Finanzspekulationen.

Wie begründen Sie die Abschaffung der Börsenumsatzsteuer in Zusammenhang mit den internationalen Bestrebungen einer effizienteren Regulierung der Finanzmärkte?

12. Die Steuerreformkommission hat eine Totalreform des Gebührenrechts vorgeschlagen: ‚Die Kommission räumt dem Ziel der gänzlichen Abschaffung des Gebührengesetzes (...) absoluten Vorrang ein.‘ (Bericht der Steuerreformkommission, S. 83)

Warum finden sich dazu keine Vorschläge in dem vorgelegten Steuerpaket?

13. Das Stabilitätsprogramm der Bundesregierung geht davon aus, daß das Budgetdefizit des Gesamtstaates von 1999 (2%) auf 1,7% im Jahr 2000 sinkt; nicht miteinberechnet sind die nunmehr fixierten 17 Mrd. Schilling Entlastung bei der Lohn- und Einkommensteuer, sowie die von Ihnen zusätzlich genannten 2,5 Mrd. Schilling sonstiger Steuerentlastungen.

Die OECD geht im Economic Outlook vom Dezember 1998 von einem Defizit von 2,1% für das Jahr 2000 aus; die Steuerreform nicht miteinberechnet.

Das WIFO hat in seiner Dezemberprognose das Maastricht-Defizit für 2000 inklusive einer Steuerreform – allerdings nur im Ausmaß von 10 Mrd. Schilling – mit 2,3% festgelegt. Inzwischen scheinen rund 3% durchaus realistisch – d.h., ein Konsolidierungsbedarf von mindestens 40 Mrd. Schilling zeichnet sich ab, wenn die Bundesregierung ihr eigenes Stabilitätsprogramm einhalten will.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach das Steuerpaket tatsächlich auf die Entwicklung des Budgetdefizits des Bundes und des Staates insgesamt auswirken?

14. Welche konkreten Vorschläge zur Gegenfinanzierung des Steueraufkommensentfalls liegen vor?

15. Eine alte politische Regel besagt: ‚Sei großzügig vor den Wahlen und grausam unmittelbar nach den Wahlen!‘ Befolgen Sie diese Regel?

Welche Garantien können Sie abgeben, daß im Jahr 2000 nicht die Grausamkeit III droht und worin begründet sich Ihr Optimismus?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage unter Verweis auf § 93 Abs. 1 GOG verlangt."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als erstem Fragesteller erteile ich Herrn Abgeordneten Professor Dr. Van der Bellen zur Begründung der Dringlichen Anfrage das Wort. Die Begründung darf 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.01

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es fällt uns angesichts der Ereignisse im Kosovo und der Luftangriffe der NATO natürlich schwer, uns jetzt auf eine innenpolitisch wichtige Frage zu konzentrieren, ich möchte Sie aber bitten: Versuchen wir es trotzdem!

Das Thema dieser Dringlichen Anfrage, wie wir sie vorbereitet haben, hieß ursprünglich "Die Steuerreform 2000", doch dann stellten wir fest, daß es gar keine Steuerreform 2000 gibt. Wo ist sie denn? Die geplante Steuerreform hätte nämlich andere Maßnahmen vorgesehen. Sie hätte eine Entlastung der Arbeit zu Lasten des Kapitals vorgesehen. Sie hätte den Einstieg in eine ökosoziale Steuerreform mit gleichzeitiger Entlastung der Wirtschaft von Lohnsummenabgaben und mit Entlastung der Privathaushalte über die Lohn- beziehungsweise Einkommensteuer vorgesehen. Eine Steuerreform 2000 hätte mehr steuerliche Gerechtigkeit vorgesehen. Sie hätte eine Vereinfachung des Steuersystems vorgesehen. Sie hätte schließlich eine Beachtung der Defizitgrenzen, denen wir nun einmal gegenüberstehen, vorgesehen. Es war vorgesehen, daß die Steuerreformkommission nicht einfach für den Papierkorb arbeitet, sondern daß deren Arbeitsergebnisse beachtet werden.

Meine Damen und Herren! Keines der angestrebten Ziele, aber auch nicht eines ist verwirklicht beziehungsweise beachtet worden. Wir haben jetzt ein Papier vor uns, das aus einer Tarifkorrektur im Rahmen der Lohn- und Einkommensteuer und einem Dutzend oder anderthalb Dutzend punktueller Änderungen im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer besteht.

Jetzt können Sie mich natürlich fragen: Ist das nicht unfair, was sind das für Ziele, die für die Steuerreform 2000 vorgegeben wurden, sind das die der Grünen oder die der Liberalen? (Abg. Mag. Peter: Nein!) – Nein; danke, Herr Kollege Peter. Sie finden in unserer schriftlichen Dringlichen Anfrage verschiedene Zitate aus der Vergangenheit, was denn nun die Steuerreform 2000 hätte bringen sollen. Ich führe nur ein oder zwei davon an.

Finanzminister Edlinger will die Steuerreform 2000 nicht ausschließlich danach bewertet wissen, in welchem Maß sie Tarifsenkungen bringt, sondern danach, in welchem Maß sie Strukturen vereinfacht, Ungerechtigkeiten beseitigt, den Standort Österreich fördert und zur sozialen Ausgewogenheit beiträgt. – So hieß es im Mai 1998.

Generell sei es für ihn – nämlich Finanzminister Edlinger – wichtig klarzustellen, daß der Ertrag aus einem ersten Schritt der Ökologisierung der Steuern dazu verwendet werden müsse, um im Bereich der Lohnnebenkosten Verbilligungen zu machen. – So im Oktober 1998.

Auch die Steuerreformkommission hat die Frage der Lohnsummenabgaben zu einem ihrer zentralen Themen gemacht, und das nicht zufällig. Es gibt inzwischen genug Untersuchungen darüber, wie speziell diese Abgaben den Arbeitsmarkt belasten und auf dem Arbeitsmarkt speziell die Situation der Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen. Deswegen sagte die Steuerreformkommission: Auch für Österreich ist eine Lösung in diesem Bereich aufgrund seiner Steuerstruktur besonders dringend. Daher ist auch die Entlastung der Steuern auf Arbeitskosten und damit der lohnsummenabhängigen Abgaben ein Schwerpunkt der Steuerreform 2000. – Das war eine der Aussagen der Steuerreformkommission.

Meine Damen und Herren! Ähnliches findet sich auch im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung, in dem ebenfalls als wichtiges nationales Ziel auf eine Reduktion dieser Abgaben hingewiesen wird.

Das jetzt vorliegende Papier bleibt alle Antworten auf diese zentrale steuerpolitische Herausforderung schuldig! Insbesondere im Bereich der Lohnsummenabgaben ist es enttäuschend, daß die beiden Regierungsparteien sich nicht getraut haben, da irgend etwas weiterzubringen – mit einer winzigen Ausnahme, nämlich der Begünstigung von neu gegründeten Unternehmungen, die befristet von einigen Lohnsummenabgaben ausgenommen werden. (Abg. Böhacker: Das sind aber Peanuts!) Aber das, wie Sie, Herr Böhacker, richtig sagen, sind Peanuts. Das ist nicht die Reform, die wir hier angestrebt haben.

Natürlich muß man sagen: Eine Reform im Bereich der Lohnsummenabgaben – das muß Milliarden bewegen! Da genügt es nicht, von 100 oder 300 Millionen zu reden, denn das bewegt absolut nichts auf dem Arbeitsmarkt. Da müssen wir uns trauen, 20, 30, 80 Milliarden zu bewegen. Das ist in etwa das Ausmaß der Lohnsummenabgaben in Österreich, die nirgends in der EU dieses quantitative Niveau aufweisen.

Wenn man von diesem Bedarf an Umsteuerung spricht, diese Volumina an Steuern bewegen will, dann muß man natürlich an anderer Stelle des Steuersystems einen Ausgleich, eine sogenannte Gegenfinanzierung finden, wenn das Defizit im Budget nicht kurzfristig explodieren soll. Ich sehe angesichts der Steuerstruktur Österreichs nur zwei Möglichkeiten, da in diesem Ausmaß gegenzusteuern, gegenzufinanzieren, und das ist im Bereich der Energie- und Ressourcenabgaben oder im Bereich der Vermögensbesteuerung. In beiden Fällen haben sich die Regierungsparteien nicht getraut, etwas zu tun, obwohl sie in den letzten zwei Jahren – das gilt insbesondere für die SPÖ – unaufhörlich darauf hingewiesen haben, wie notwendig da eine Reform wäre.

Meine Damen und Herren! Daß so eine Reform auch etwas bringen kann, ist ja durch hinreichend viele Gutachten des Wifo, der OECD, der EU und so weiter erwiesen. Unser eigenes Konzept, das Konzept der Grünen zu einer Umsteuerung in diesem Bereich, hat ja gezeigt, daß es durchaus möglich ist, Aspekte der Wirtschaftsförderung mit einer Energiesteuerreform zu vereinen. Wenn ich Sie nur daran erinnern darf, Herr Kollege Koppler, daß sogar die VOEST-Alpine Stahl von unserer Reform profitiert hätte und auch die Papierfabrik Laakirchen, die ebenfalls, wenn ich nicht irre, in Oberösterreich beheimatet ist.

Wenn man das schon nicht will, dann hätte sich natürlich angeboten, etwas im Bereich der Vermögensbesteuerung zu tun. Was den Bereich der Vermögensbesteuerung betrifft, möchte ich Sie einmal mehr daran erinnern, daß sich die Verhältnisse in Österreich von jenen in Ländern, die gerne als erzkapitalistisch beschrieben werden, deutlich unterscheiden. Dieser Hinweis gilt insbesondere für die Kollegen von der SPÖ. In der EU sind die Vermögensteuern im Schnitt dreimal so hoch wie in Österreich, in der Schweiz viermal so hoch, in den USA fünfmal so hoch und in Großbritannien sechsmal so hoch, immer bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt. Man könnte sich schon vorstellen, daß da etwas gemacht wird. Aber Österreich geht in die andere Richtung.

Österreich ist das Schlußlicht bei der Vermögensbesteuerung innerhalb der entwickelten Industriestaaten. Seit 1994, seit Sie die Vermögensteuer abgeschafft haben, ist die Situation schlechter und nicht besser geworden. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie damals behauptet wurde, was die Abschaffung der Vermögensteuer nicht alles für positive Effekte haben werde: von der Belebung der Börse bis zur Stärkung des Eigenkapitals der Unternehmungen und so weiter. Nichts davon ist nachweislich eingetreten, aber schon gar nichts!

Ich möchte aber nicht mißverstanden werden: Die Grünen treten nicht schlechthin für eine Erhöhung der Vermögensbesteuerung ein, sondern es geht ihnen darum, an einer Stelle der Steuerstruktur etwas zu finden, mit dem man die Situation der Bezieher kleiner Einkommen verbessern kann und wie man die Mittel auftreiben kann, um für die Gefährdetsten auf dem Arbeitsmarkt – und das sind nun einmal nicht wir, die wir hier sitzen, sondern die wenig Qualifizierten, die schlecht Ausgebildeten und so weiter, deren Situation auf dem Arbeitsmarkt sich in den nächsten Jahren nicht verbessern wird, die nach wie vor die höchste Wahrscheinlichkeit haben, arbeitslos zu werden – etwas zu tun.

In diesem Zusammenhang hätte ich eine Frage an die SPÖ. Ich kann mich gut daran erinnern, daß anläßlich der Abschaffung der Vermögensbesteuerung Kollege Ewald Nowotny gesagt hat: Wir, die SPÖ, werden natürlich der Abschaffung der Vermögensteuer nur dann zustimmen, wenn gleichzeitig vereinbart wird, im Bereich der Erbschaftsbesteuerung etwas zu machen. Du weißt ebensogut wie ich, daß Kollege Farny von der Arbeiterkammer das Vermögen in Österreich im Bereich der Privathaushalte auf rund 6 000 Milliarden Schilling schätzt. Ein halbes Prozent davon wären 30 Milliarden Schilling. Diese hätte man für wirklich dringende Anliegen verwenden können.

Was passiert im Rahmen des jetzt vorliegenden Papiers? – Die Erbschaftsteuer wird weiter ausgehöhlt. Ich frage mich: Hat die SPÖ damit endgültig die Frage der Erbschaftsbesteuerung in Österreich aufgegeben oder nicht? (Beifall bei den Grünen.)

Nun zur Tarifreform, die heute vorliegt. Ja natürlich sollen die unteren und mittleren Einkommen im Bereich der Lohn- und Einkommensteuer entlastet werden. Dieses Ziel haben auch wir immer verfolgt und als richtig bezeichnet. Es wäre mehr machbar gewesen, wenn Sie sich getraut hätten, entweder im Bereich der Energiebesteuerung oder im Bereich der Vermögensbesteuerung gegenzufinanzieren. Daß das möglich ist, haben auch die Grünen mit ihrem Energiesteuerkonzept gezeigt, nämlich daß es möglich ist, die unteren Einkommen im Rahmen einer solchen Reform deutlich zu bevorzugen.

Vom jetzigen Vorschlag, den Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Mitte der Woche vorgelegt haben, wird behauptet, er sei sozial ausgewogen, er enthalte eine Begünstigung unterer und mittlerer Einkommen. Letzteres ist richtig, aber warum verschweigen Sie dauernd den zweiten Teil der Tarifreform?

Also gut, ein Hilfsgärtner zum Beispiel, der durchaus in Österreich heute immer noch bei 11 000 S brutto im Monat verdienen kann, wird durch diese Steuertarifreform, wie sie jetzt vorgeschlagen wird, mit 1 500 S jährlich entlastet, und eine Hilfsarbeiterin mit 12 000 S brutto im Monat wird mit 2 500 S jährlich entlastet. – So weit, so schlecht in gewisser Hinsicht, denn warum entlasten Sie den Direktor mit 100 000 S brutto im Monat mit 7 000 S jährlich und auch den Generaldirektor, der wohl kaum einen Sozialfall darstellt, mit 300 000 S im Monat ebenfalls mit 7 000 S jährlich? (Abg. Schwarzenberger: Oder Universitätsprofessoren!) Auch, oder Abgeordnete. Mir ist egal, welches Bild Sie nehmen. (Abg. Schwarzenberger: Ihn betrifft es dann doppelt!)

Dankenswerterweise haben Sie in Ihrem Reformprogramm diese Entlastung graphisch deutlich dargestellt: daß nämlich die Entlastung durch die Steuerreform bei den oberen und obersten Einkommen am größten ist. Das nennen Sie "sozial ausgewogen"! 7 000 S Steuerentlastung für die Hilfsarbeiterin und null Schilling Steuerentlastung für den Generaldirektor, das wäre sozial ausgewogen gewesen! (Beifall bei den Grünen.)

Auch den seinerzeitigen Vorschlag von Finanzminister Edlinger mit dem einheitlichen Absetzbetrag von 4 000 S hätte man immer noch als Kompromiß akzeptieren können im Vergleich zu dem, was jetzt vorliegt.

Meine Damen und Herren! Das Finanzministerium hat sich bemüht, Sachverstand zu organisieren, eine Steuerreformkommission einzusetzen, und diese hat fast zwei Jahre gearbeitet und im November ihren Bericht mit fast 100 Seiten vorgelegt. Ihre Mitglieder kamen aus den Universitäten, waren Sektionschefs des Ministeriums, Vertreter der Sozialpartnerschaft, der Kammern, des ÖGB und der Industriellenvereinigung, also im wesentlichen großkoalitionär mit Ergänzung durch die Sozialpartner.

Die Steuerreformkommission sagt am Anfang ihres Berichts: "Der folgende Bericht darf nicht als das Modell einer Steuerreform verstanden werden, sondern als ein Angebot einer Vielzahl von Reformmöglichkeiten. Welche dieser Maßnahmen konkret umgesetzt werden, muß den politischen Entscheidungsträgern vorbehalten werden."

Zu der Aussage "Welche dieser Maßnahmen konkret umgesetzt werden ...": Es wird keine einzige dieser Maßnahmen konkret umgesetzt. Ich kann jedem Spezialisten in Österreich nur empfehlen, sich einer so unbedankten Arbeit in Zukunft nur gegen hohes Gehalt auszusetzen, weil ja diese Arbeit in den Bibliotheken der Universitäten verschwindet. Buchstäblich nichts von dem, was die Steuerreformkommission erarbeitet hat, ist in der Vorlage von dieser Woche enthalten.

Meine Damen und Herren! Ich bin auch Budgetpolitiker, und ich muß sagen, so wie die Zeichen an der Wand stehen, ist die Bundesregierung drauf und dran, die Geschichte von 1995 bis 1997 zu wiederholen.

Auf die Gefahr hin, daß drei, vier Zahlen Sie langweilen: Sie – nicht wir, die Grünen, sondern Sie, die Regierungsparteien! – haben in Ihrem Stabilitätsprogramm, das Sie nach Brüssel geschickt haben, festgelegt, daß das Defizitziel für das Jahr 2000 1,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beträgt. Die Wifo-Prognose vom Dezember lag schon bei 2,3 Prozent, die Wifo-Prognose von morgen wird voraussichtlich bei 2,5 Prozent liegen. Meine persönliche Prognose liegt eher bei 3,0 Prozent. Das heißt mit anderen Worten: Das Konsolidierungserfordernis für das Jahr 2000 beträgt jetzt schon um die 40 Milliarden Schilling, ohne daß wir noch Budgetverhandlungen hätten und ohne daß die Ressorts ihre üblichen Zusatzwünsche für das nächste Budget anmelden.

Das ist die Politik von 1995: Vor den Wahlen großzügig sein, nach den Wahlen grausam sein! Diese Wiederholung steht uns bevor, und abgesehen davon, daß es ein Betrug am Wähler ist, ist es auch nicht gut für den Wirtschaftsstandort Österreich, den Sie in jeder Zeile beschwören. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte nicht abschließen, ohne zu sagen, daß natürlich auch dieses Reförmchen einige positive Aspekte enthält. Selbstverständlich findet man immer etwas, wenn man mit der Lupe danach sucht. Die steuerliche Förderung von Ausbildung und Fortbildung würde ich dazu zählen. Die weitere Einschränkung bei den Verlustbeteiligungen würde ich dazu zählen, wobei mich überrascht, daß es bei den Verlustbeteiligungen immer noch etwas gibt, was man einschränken kann, denn in den letzten fünf Jahren haben wir diese dauernd eingeschränkt. Ich habe mir immer gedacht: Jetzt haben wir das Problem endgültig erledigt. Aber nein!

Die steuerliche Begünstigung im Rahmen von Sozialplänen finde ich in Ordnung und als Kleinigkeit, daß wir in Zukunft die Stempelmarken nicht mehr kaufen müssen, sondern sogar mit einer Visakarte oder einer anderen Kreditkarte bezahlen dürfen. Das ist schon irgendwie dem Jahr 2000 sensationell angemessen. (Abg. Böhacker: Vergessen Sie nicht die jüngste drastische Gebührenerhöhung! Das ist dann egal, ob mit Stempelmarke oder Kreditkarte!) Meine Damen und Herren! Ein guter Punkt! Im Papier der Steuerreformkommission war die Totalreform des Gebührengesetzes ein sehr wichtiger Punkt, dem die Kommission absoluten Vorrang eingeräumt hätte. Davon ist im nun vorliegenden Papier nichts zu finden. Ganz im Gegenteil, wir haben eine neue Gebühr im Bereich der Verträge von Unternehmungen.

Also ungeachtet einiger positiver Aspekte muß ich sagen: Sie können doch nicht wirklich behaupten, daß diese Punkte verdecken, daß es gemessen an Ihren Zielvorstellungen, an Ihren klaren Zielvorgaben an die Kommission und gemessen an den öffentlichen Behauptungen bis zur Jahreswende 1998 diese Steuerreform 2000 nicht gibt.

Ein Versprechen wurde schon eingehalten, ein Versprechen von Finanzminister Edlinger, an das ich mich gut erinnern kann. Finanzminister Edlinger hat in irgendeinem anderen Zusammenhang gesagt: Der nächste Finanzminister muß doch auch noch etwas zu tun haben. Das stimmt! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage gelangt der Herr Staatssekretär in verfassungsgemäßer Vertretung des Herrn Bundesministers Edlinger zu Wort. Die Antwort soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

15.20

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Präsident! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, bevor ich auf Ihre detaillierten Fragen eingehe, zuerst die Absichten der Bundesregierung im Zusammenhang mit dieser Steuerreform 2000, die es selbstverständlich geben wird, darzustellen.

Folgende maßgeblichen Ziele haben uns geleitet: Erstens die Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen – ich werde, weil das in Frage gestellt wurde, vorab dies noch näher ausführen –, zweitens die Verbesserung des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes Österreich, und drittens soll diese Reform so konzipiert sein, daß sie kein Sparpaket erforderlich macht. Das waren die wesentlichen Vorgaben für diese Reform. Und ich meine, daß diese Ziele auch erreicht werden! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Der Großteil der Entlastung kommt den kleinen und mittleren Einkommen und vor allem den Familien zugute. Ich möchte das ausführen: Bereits bei einem monatlichen Bruttobezug von 13 000 S beträgt die jährliche Steuerentlastung 4 000 S bei einer bisherigen Steuerleistung von 5 272 S. Das ist eine Entlastung des Bruttobezuges von 2,6 Prozent. Bei einem Einkommen von 20 000 S beträgt die Entlastung 4 060 S. Das sind 1,7 Prozent des Bruttobezuges. Wir müssen ja auch die prozentuelle Darstellung mit berücksichtigen und nicht nur die absoluten Beträge. Hingegen bleibt ab einem Einkommen von zirka 41 000 S die Entlastung mit etwa 7 000 S konstant. Das heißt, daß bei einem Bruttobezug von 70 000 S nur mehr eine Entlastung von 0,8 Prozent des Bruttobezuges vorliegt. Ich finde, daß dies ein durchaus vertretbarer Kompromiß ist, der im wesentlichen eine Begünstigung der kleinen Einkommen darstellt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Außerdem ist auch noch zu erwähnen, daß durch die Neuregelung der Familienbesteuerung die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag gegenüber 1998 je Kind, wie Sie ja wissen, um 500 S erhöht wurden.

Zur Verbesserung des Wirtschaftsstandortes Österreich ist anzumerken, daß es eines der Hauptziele war, die Neugründung von Unternehmen zu fördern. Die staatlichen Gebühren im Zusammenhang mit der Neugründung, also die Registergebühren sowie die Gesellschaftssteuern, fallen weg. Im Jahr der Betriebseröffnung werden die lohnsummenabhängigen Abgaben um zirka 7 Prozent der Lohnsumme gesenkt. Damit wurden die Weichen auch für künftige weitere Reformen gestellt, weil sich hiermit abzeichnet, wo Ansatzpunkte solcher Entlastungen sein können.

Im übrigen bedeutet diese Entlastung in Summe für die Unternehmensgründer einen Startvorteil von 1 Milliarde Schilling pro Jahr. Ich würde, Herr Abgeordneter Böhacker, dies im Zusammenhang mit Steuergeldern nicht als "Peanuts", wie Sie es sagten, bezeichnen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Böhacker.) Bei einer Lohnsumme von etwa 10 Milliarden Schilling, die bei 20 000 Neugründungen pro Jahr eine durchaus vernünftige Schätzung sind, ergibt sich eben dieser Betrag aus der Absenkung der Lohnsummenabgaben und der anderen Abgaben im Zusammenhang mit den Betriebsgründungen. Ich glaube, daß dies ein durchaus nennenswerter Betrag ist und nicht die Bezeichnung "Peanuts" verdient. Daß Sie, Herr Abgeordneter Böhacker, das als "Peanuts" bei Steuergeldern bezeichnen, bleibt Ihnen überlassen, ich kann mich dieser Ihrer Meinung sicherlich nicht anschließen. (Abg. Haigermoser: Keine Polemik von der Regierungsbank!)

Einschneidende Schritte erfolgen auch im Bereich Forschung und Ausbildung. Der Lehrlingsfreibetrag wird auf 60 000 S erhöht, und dies im Zusammenhang mit der Anknüpfung an den positiven Abschluß der Lehrausbildung. Der Ausbildungsfreibetrag sowie die verbesserte Absetzbarkeit von Aus- und Fortbildungskosten sollen die notwendige Qualifikation der österreichischen Arbeitnehmer fördern, um im internationalen Wettbewerb besser bestehen zu können.

All das sind wesentliche Maßnahmen zur Förderung des Beschäftigungsstandortes Österreich. Außerdem wird es kein neues Sparpaket geben. Ein Gesamtentlastungsvolumen von 30 Milliarden Schilling gewährleistet dies, und das war für uns auch eine ganz wesentliche Voraussetzung. Andererseits beträgt dieses Entlastungsvolumen doch mehr als 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und ist damit schon nennenswert. Dieser Betrag sowie die angeführten strukturellen Weichenstellungen rechtfertigen es, wie ich meine, von einer verantwortungsvollen Reform zu sprechen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Lassen Sie mich nun zur Beantwortung der einzelnen Fragen kommen.

Zur Frage 1:

Diese Steuerreform entlastet in besonderem Maße die kleineren und mittleren Einkommen. Verteilt man die Gesamtentlastung von 17 Milliarden Schilling auf die einzelnen Einkommensgruppen, so zeigt sich, daß die Einkommensbezieher bis 20 000 S über 60 Prozent des Entlastungsvolumens bekommen. Es kommen ihnen also immerhin 11 Milliarden Schilling zu. Etwa 4 Milliarden Schilling erhalten die Bezieher von Einkommen zwischen 20 000 S und 40 000 S, erst die restlichen 2 Milliarden Schilling gehen den Beziehern höherer Einkommen zu.

Auch eine Betrachtung der individuellen Entlastung zeigt – das habe ich bereits dargestellt –, daß die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen im Verhältnis zu ihrem bisherigen Einkommen deutlich mehr entlastet werden als die Bezieher höherer Einkommen. Ich werde das bei der Beantwortung der Fragen 6 und 7 noch einmal näher darstellen.

Bei der Entlastung des Faktors Arbeit ist in dieser Steuerreform immerhin ein erster Schritt vorgesehen, und zwar bei den Neugründungen von Unternehmungen, wie ich bereits ausgeführt habe. Es ist ja eine bekannte Tatsache, daß von der Neugründung von Unternehmen beachtliche Beschäftigungsimpulse ausgehen, nämlich mehr als 1 Prozent der unselbständig Beschäftigten pro Jahr sind die Folge davon.

Die Bundesregierung hat sich daher entschlossen, gerade dort bei der Entlastung des Faktors Arbeit anzusetzen. Diese Steuerreform wird für neugegründete Unternehmen im Gründungsjahr eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten von immerhin 7 Prozentpunkten vorsehen. Es entfallen für diese Unternehmen die Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds, die Arbeitgeberbeiträge zur Wohnbauförderung, die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung und die sogenannte Kammerumlage 2.

Angesichts dieser Maßnahmen kann man also keineswegs behaupten, es sei bei den Lohnnebenkosten nichts geschehen. Sehen Sie diese Maßnahme als einen Schritt in die richtige Richtung und als Ausdruck des festen Willens der Bundesregierung, weitere Entlastungen beim Faktor Arbeit in die Richtung, die damit angezeigt wurde, herbeizuführen.

Auch bei der gerechteren Besteuerung des Kapitals ist ein wichtiger Einstieg gelungen. Sowohl die Ausweitung der Spekulationsfrist bei Wertpapieren auf zwei Jahre als auch vor allem die nunmehr praktisch lückenlos gewährleistete steuerliche Erfassung dieser Gewinne durch ein neues Besteuerungssystem werden die Steuergerechtigkeit in diesem Bereich deutlich verbessern. Mit der Alternative einer Meldung der Gewinne durch die Bank einerseits oder aber eines pauschalierten Steuerabzuges durch die Bank andererseits wird ein Weg eines modernen und wirksamen Besteuerungskonzeptes in diese Richtung beschritten.

Den Vorwurf, daß die Ökologisierung des Steuersystems in dieser Reform nicht fortgesetzt wurde, muß ich hinnehmen. Ich bitte aber zu bedenken, daß dies wohlüberlegt und im besten Interesse geschieht. Wir haben auf diesem Gebiet leider – ich habe das erst unlängst hier ausgeführt – nicht den nötigen Rückenwind durch die Europäische Union erfahren und aus Gründen der Standortsicherung in dieser Reform von weiteren diesbezüglichen Maßnahmen Abstand genommen. Ich gebe aber zu bedenken, daß auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahren schon einiges geschehen ist und daß wir uns auf europäischer Ebene diesem Thema intensiv widmen werden.

Zur Frage 2:

Aufgabe der Steuerreformkommission war es, Modelle und Konzepte für steuerliche Reformmaßnahmen vorzulegen. Herr Professor Van der Bellen, Sie haben das ja zitiert. Die Aufgabenstellung konnte hingegen nicht sein, das Modell einer Steuerreform vorzulegen. Die Steuerreformkommission ist den in dieser Richtung gestellten Aufträgen vollinhaltlich nachgekommen. Nach Abschluß der Berichtsarbeiten konnte es dann erst zu politischen Abwägungen und Entscheidungen kommen, welche Vorschläge letztlich realisiert werden.

Es liegt in der Natur der Sache, daß von den in vielen Bereichen ja in Varianten dargestellten Vorschlägen nicht alle umgesetzt werden können. Es ist in der Tat eine Reihe von Vorschlägen aufgegriffen worden. Ich kann in dieser Beziehung Ihrer Meinung, daß nichts umgesetzt wurde, nicht folgen.

Ich wiederhole, daß die Vorschläge zur Reduzierung der Lohnnebenkosten in jenem Sinne umgesetzt werden, in dem ich sie vorhin als einen Schritt in diese Richtung dargestellt habe. Weiters wird der Vorschlag der Einführung einer Eigenkapitalverzinsung realisiert. Es wurden auch die von der Reformkommission in ihrem Bericht angesprochenen Maßnahmen betreffend Forschungsfreibetrag, Lehrlingsfreibetrag, bessere Förderung des lebensbegleitenden Lernens und Filmförderung durch Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften angenommen. Die Einführung einer geförderten Pensionsvorsorge geht zumindest in den Grundstrukturen auf die Arbeit der Kommission zurück.

Es ist noch eine Reihe von vorgeschlagenen Vereinfachungsmaßnahmen gänzlich oder zumindest teilweise berücksichtigt worden, wie die Einführung von Branchen- und Individualpauschalierungen, die Umsatzsteuerfreistellung für Warenumsätze in Zollagern und die Befreiung von mehr als einem Drittel der Unternehmer von der Umsatzsteuersondervorauszahlung. Schließlich entspringt auch die Erleichterung der Betriebsübergänge durch einen Freibetrag in der Höhe von 5 Millionen Schilling bezüglich der Erbschaft- und Schenkungssteuer einem Kommissionsvorschlag.

Man sollte in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen, daß im Rahmen dieser Steuerreform eine Steuer gänzlich abgeschafft wird, nämlich die Börsenumsatzsteuer. Auch das basiert auf einer Anregung der Steuerreformkommission. In der politischen Entscheidung wurde dabei lediglich die zur Gegenfinanzierung vorgeschlagene stärkere Besteuerung von Aktiengewinnen modifiziert, aber auch ein erster Schritt in diese Richtung wird sehr wohl gemacht werden.

Zur Frage 3:

Ich habe bereits bei Beantwortung der Frage 1 auf den in dieser Steuerreform vereinbarten Einstieg in die Absenkung der Lohnnebenkosten hingewiesen. Ich nehme an, daß Arbeiterkammerpräsident Tumpel diese Maßnahme begrüßt. Ich räume allerdings ein, daß er sich noch weitere Schritte erwartet.

Zur Frage 4:

Sie haben recht, daß wir auf dem Gebiet der lohnsummenabhängigen Abgaben unsere Anstrengungen noch verstärken müssen. Sie wissen allerdings auch, daß für den Wirtschaftsstandort Österreich die lohnsummenabhängigen Abgaben nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Ganz wesentlich sind dafür die gesamten Lohnkosten sowie die Entwicklung der Lohnstückkosten. In beiden Bereichen weist Österreich respektable Positionen auf.

Wenn Sie sich etwa das Beispiel Dänemark ansehen, so erkennen Sie, daß Dänemark zwar Lohnnebenkosten von nur etwa 25 Prozent hat, die gesamten Lohnkosten in Dänemark allerdings höher sind als jene in Österreich.

Zur Frage 5:

Die Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung erfolgt bereits teilweise in dieser Steuerreform. Ich verweise auf die Maßnahmen im Zusammenhang mit dem lebensbegleitenden Lernen sowie die Verdreifachung des Lehrlingsfreibetrages. Schließlich dienen auch die Anhebung und Neugestaltung der Forschungsfreibetragsgrenzen dem Ziel positiver Beschäftigungsimpulse, entfallen doch die begünstigten Forschungsaufwendungen zu einem Großteil auf den Lohnaufwand des Forschungspersonals.

Einen wesentlichen Beitrag sehe ich auch darin, daß eine umfassende Entlastung der Unternehmensgründung von staatlichen Gebühren und Lohnnebenkosten in dieser Reform verankert ist.

Zur Frage 6:

Bekanntlich hat der Finanzminister schon vor längerer Zeit vorgeschlagen, die Steuersenkung im Zusammenhang mit der Steuerreform 2000 in Form einer Erhöhung des allgemeinen Absetzbetrages in der Größenordnung von etwas über 4 000 S durchzuführen, was zu einer gleichmäßigen betraglichen Entlastung aller Steuerpflichtigen um diesen Betrag geführt hätte. Sie haben das in Ihrer Anfrage erwähnt.

Dem stand ein anderer Vorschlag gegenüber, der zu einer Senkung der Einkommensteuer um 13 000 S für Einkommen über 700 000 S geführt hätte. Eine mit dem Einkommen, allerdings nicht in diesem Ausmaß, zunehmende Entlastung ist insofern begründbar, als die kalte Progression betraglich – nicht relativ – bei höheren Einkommen etwas stärker ist. Die nunmehr vereinbarte Tarifreform ist ein Kompromiß zwischen diesen beiden Ansätzen und ist auch, wie ich meine, aus sozialer Sicht noch durchaus vertretbar. Die Entlastung macht für Bruttomonatseinkommen von 100 000 S weniger als 0,6 Prozent, für Verdiener von 15 000 S aber immerhin fast 2,3 Prozent des Bruttobezuges aus.

Zur Frage 7:

Wie hoch ist die steuerliche Entlastung bei einem Ministergehalt? – In diesem Beispiel zeigt sich die soziale Dimension der Tarifsenkung noch deutlicher. Bei einem Ministergehalt beträgt die Entlastung annähernd 0,3 Prozent, bei einem Einkommen von 20 000 S, nach dem Sie gefragt haben, zirka 1,7 Prozent des Bruttobezuges. (Abg. Mag. Peter: Wie liegt der Staatssekretär?) – Da wird es auch ungefähr bei 0,3 Prozent liegen. (Abg. Schwarzenberger: Wie bei Universitätsprofessoren? – Abg. Böhacker – in Richtung des Abg. Mag. Peter –: Wie bei Hoteliers?)

Zu den Fragen 8 und 9:

Wie ich bereits erwähnt habe, ist in dieser Steuerreform ein wichtiger Ansatz zu einer stärkeren Besteuerung des Kapitals durch die Neugestaltung der Aktienbesteuerung gesetzt worden. Überdies darf ich festhalten, daß die Statistiken der OECD über die Kapitalbesteuerung unberücksichtigt lassen, daß Österreich eine international geradezu vorbildliche Besteuerung bei der Kapitalveranlagung in Form der Endbesteuerung hat. Bei einer etwas weniger formalen und mehr ökonomisch ausgerichteten Betrachtung liegt Österreich also besser, als es die Statistik hinsichtlich der Vermögensbesteuerung glauben läßt.

Was die Erbschaft- und Schenkungssteuer anbelangt, so ergibt sich aus dieser Reform jedenfalls, daß sie entgegen vielfach erhobenen Forderungen nicht abgeschafft wird. Damit ist auch die Grundlage für allfällige weitere Reformen auf diesem Gebiet gelegt.

Zur Frage 10:

Zur Energiebesteuerung: Es ist in diesem Zusammenhang richtig und wichtig, festzustellen, daß Österreich seit dem Jahre 1996 eine allgemeine Energiebesteuerung hat, deren Sätze zwar unter jenen der skandinavischen Länder, jedoch im Vergleich zu den meisten anderen Ländern über dem Durchschnitt liegen.

Folgende Überlegungen legen es nahe, bei weiterer Erhöhung der Energiesteuer im internationalen Gleichklang vorzugehen: In der derzeitigen wirtschaftlichen Situation lag es nahe, keine Maßnahmen zu treffen, die die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft beeinträchtigt hätten. Dieses Ziel ist bei einer Energiesteuererhöhung grundsätzlich auf zwei Wegen erreichbar:

Erstens, indem man die Unternehmen weitgehend von der Energiesteuer entlastet, wie dies Dänemark als Modell gewählt hat.

Zweitens, indem man andere Kostensteuern der Unternehmen, etwa die lohnsummenabhängigen Steuern, senkt, wobei sich dies branchenweise natürlich sehr unterschiedlich niederschlägt.

Beide Wege führen zu einer einseitigen Belastung der privaten Haushalte. Dies ist zwar im Durchschnitt durch Einkommensteuersenkung und den sogenannten Transfer, also den Ökobonus, den Sie vorschlagen, ausgleichbar, jedoch bleibt ein inflationärer Impuls. Weiters kommt es im Ausmaß der zusätzlichen Transfers zu einer Erhöhung der staatlichen Ausgaben- und Steuerquote. Diese Quoten werden jedoch vor allem von allen im Parlament vertretenen Parteien als zu hoch angesehen und sehr oft auch kritisiert.

Zu bemerken ist weiters, daß eine aus erhöhten Energiesteuern zu finanzierende Senkung von lohnabhängigen Abgaben die Finanzausgleichspartner nicht unwesentlich betrifft und daher mit den Ländern und Gemeinden im Zusammenhang mit der Neuregelung des Finanzausgleiches im kommenden Jahr zu besprechen sein wird.

Zur Frage 11:

Die Bundesregierung kann die Augen nicht davor verschließen, daß die vielzitierte Flüchtigkeit des Kapitals ein Faktum ist, das nicht wegdiskutiert werden kann. Bei Abwägung aller Vor- und Nachteile, vor allem auch im Hinblick auf das Zurückdrängen derartiger Besteuerungsformen im internationalen Vergleich, halte ich die Abschaffung der Börsenumsatzsteuer für eine Maßnahme, die den Finanzplatz Österreich stärkt und daher gesamtwirtschaftlich sinnvoll ist.

Eine wirklich sinnvolle Besteuerung des Kapitalumsatzes kann in der heutigen Zeit wohl nur im internationalen Gleichklang erfolgen. Österreich wird sich bemühen, dazu auch in der Zukunft wesentliche Beiträge zu leisten. Schließlich muß ich darauf verweisen, daß selbstverständlich auch von der Ausweitung der Spekulationsfrist bei der Aktienveräußerung von ein auf zwei Jahre Effekte zugunsten eines längerfristigen Beibehaltens der Wertpapiere ausgehen.

Zur Frage 12:

Die Vorschläge der Steuerreformkommission betreffend Gebührenrecht sind zum Teil bereits verwirklicht worden. Denken Sie etwa an die Vereinfachung bei der Gebühr für Bestandverträge! Weitere Vereinfachungen befinden sich bereits im Prozeß der Gesetzwerdung, namentlich die schrittweise Abschaffung der Stempelmarken durch Ersetzen zeitgemäßer Zahlungsformen, unter anderem bei der Ausstellung von Reisepässen und Führerscheinen.

Ich bekenne mich dazu, diesen Weg der Reform fortzusetzen. Die Arbeiten zu einer umfassende Gebührenreform sind übrigens bereits im Gange und mit den Finanzausgleichspartnern im nächsten Jahr abzustimmen, da es ja auch entsprechende Landesgebühren und -abgaben gibt.

Zu den Fragen 13 bis 15:

Zur Frage betreffend Stabilitätsprogramm: Die Zielsetzung einer Entlastung für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen hat, neben ihrer sozialen Bedeutung, die natürlich für uns das Entscheidende ist, auch den Effekt, daß die Inlandsnachfrage erhöht wird, was uns übrigens von den Wirtschaftsforschern bestätigt wird und auch im morgigen Konjunkturbericht seinen Niederschlag finden wird. Die Skepsis der Wirtschaftsforscher ist derzeit vor allem von den internationalen Konjunkturentwicklungen geprägt, denen es rechtzeitig gegenzusteuern gilt.

In Anbetracht der internationalen Konjunkturrückgänge wird es schwieriger werden, die Stabilitätsziele punktgenau zu erreichen. Es ist selbstverständlich, daß eine Steuerreform das Erreichen eines Stabilitätszieles naturgemäß erschwert. Es ist daher auch unbestritten, daß der erfolgreiche budgetäre Konsolidierungkurs des Doppelbudgets 1998/99 in Zukunft weiterhin konsequent fortzusetzen ist und zusätzliche Bemühungen erforderlich sein werden.

In allen Bereichen des Staates wird in Zukunft sparsam mit dem Geld der Steuerzahler umzugehen sein. Dies betrifft alle Ausgabenbereiche und alle Körperschaften öffentlichen Rechts. Weitere Belastungen des Budgets durch zusätzliche Leistungen sind ohne Gegenfinanzierung nicht machbar. Die strukturellen Maßnahmen zur Absicherung des Konsolidierungskurses müssen weitergeführt werden. Ebenso hat sich die öffentliche Verwaltung an einer erhöhten Ressourcen- und Leistungsverantwortung zu orientieren. Eine permanente Aufgabenkritik, die Anwendung moderner Budgetinstrumente, wie zum Beispiel Flexibilisierungen sowie Ausgliederungen, werden weiterhin notwendig sein.

Die Politik wird auch in den nächsten Jahren gefordert sein, die Förderungsausgaben auf ihre Effizienz hin zu durchforsten und eine erhöhte Treffsicherheit aller Transferleistungen zu erreichen. Mit einer solchen verantwortungsvollen Politik wird sichergestellt werden, daß die Maastricht-Kriterien ohne ein neuerliches Sparpaket beziehungsweise, um mit den Worten aus Ihrer Anfrage zu sprechen, ohne "Grausamkeit III" erfüllt werden können.

Diese Steuerreform ist eine Steuerreform mit Augenmaß. Es ist selbstverständlich das Recht der Opposition, diese Steuerreform zu kritisieren. Die Kritiker sind sich aber offensichtlich nicht einig darüber, ob diese Steuerreform zu großzügig gestaltet oder zu gering ausgefallen ist.

Ich werte diesen Widerspruch als gutes Zeichen dafür, daß die Bundesregierung mit der Dimension ihrer Steuerreform richtig liegt. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung der gestellten Anfragen.

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Jeder Klub hat eine Redezeit von 25 Minuten. Die einzelnen Redebeiträge dürfen eine Dauer von 10 Minuten nicht überschreiten.

Zu Wort gemeldet ist als erste Rednerin Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

15.45

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zunächst einmal – das ist an einem Tag wie diesem selten – möchte ich ein gewisses Lob aussprechen: Ich finde es sehr positiv, eine solch umfangreiche und auch schriftliche Beantwortung einer Dringlichen Anfrage zu bekommen, denn das erlaubt es auch uns als Opposition, uns damit noch weiter auseinanderzusetzen oder schriftlich darauf zu antworten. Angesichts der am Vormittag geführten, sehr leidvollen Debatte betreffend verfassungsgemäß geregelten Benzinpreis denke ich, daß es jetzt doch wesentlich mehr Daten und Fakten zu einer Sachdiskussion gibt, als das vorher der Fall war. Damit bin ich aber – als Oppositionsabgeordnete naturgemäß – auch schon am Ende mit meinem Lob.

Ich möchte meine Kritik wirklich in einigen Hauptpunkten zusammenfassen. Zum einen haben Sie selbst, Herr Staatssekretär, in Ihrer Beantwortung gesagt, daß Sie den Vorwurf, daß die Ökologisierung des Steuersystems nicht fortgesetzt wurde, hinnehmen müssen. – Jetzt kann man aus Sicht der Grünen hinzufügen: Es ist nicht nur so, daß die Ökologisierung des Steuersystems nicht fortgesetzt wurde, sondern auch so, daß sie nie ernsthaft begonnen wurde, nämlich Ökologisierung gemeint als Lenkungsinstrument. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn man also davon ausgeht, daß ein Steuersystem auch einige positive Ziele ansteuern soll, das heißt, die Weichen in eine bestimmte Richtung stellen soll, dann muß man ganz eindeutig sagen: Mit dieser Reform ist eine große Möglichkeit verschlafen worden, und zwar eine Möglichkeit für die Haushalte! Der Entwurf der Grünen sieht entgegen allen Latrinengerüchten vor allem eine Entlastung vor. Das würde einen Ökobonus für die Haushalte in der Höhe von 10 000 S pro Person bedeuten, und das wäre aufkommensneutral und auch mit einer relativ untätigen EU innerhalb der österreichischen Grenzen möglich gewesen. Ein Betrag von 10 000 S pro Person ermöglicht es etwa einer vierköpfigen Familie durchaus, ein zusätzliches verfügbares Einkommen von 40 000 S zu haben – bei zugegebenermaßen höheren Energiepreisen.

Aber ich glaube, daß dann auch ein großes Moment des Anreizes gegeben wäre, nämlich selbst darüber zu disponieren, wie hoch letztlich unterm Strich die eigene Steuerbelastung ist. Diejenigen, die dazu bereit wären, energiesparende Investitionen durchzuführen, vielleicht auch Haushaltsgeräte zu überprüfen und ähnliches, hätten einen echten Anreiz, das zu tun.

Zum anderen hätte dieses Modell wahrscheinlich auch im Bereich der Wirtschaft mehr bewirkt als die diesbezüglichen kleinen, mit der Lupe zu suchenden positiven Facetten des vorliegenden Entwurfes. Alexander Van der Bellen hat es ja gesagt: Es ist nicht so, daß wir da völlig schwarzweißmalen, daß wir sagen, das sei nur Makulatur und nur schlecht, sondern so, daß wir durchaus die Entlastungen im Lehrlingsbereich, im Forschungsbereich und auch bei der Filmförderung sehen. Aber dennoch denke ich: Diese Maßnahmen in Kombination mit einer wirklich deutlicheren Entlastung der Lohnnebenkosten, mit einer wirklichen Gewichtsverlagerung im Steuersystem, weg von der Belastung der Arbeit hin zur Belastung der Energie – über alles –, sind, wie gesagt und entgegen aller Polemik, aufkommensneutral.

Das hätte in Österreich vor allem die Dienstleistungsbetriebe und jene Betriebe begünstigt, die einen hohen Anteil an Lohn- und Gehaltskosten oder zum Beispiel auch einen hohen Anteil an Forschungskosten haben. Forscherinnen und Forscher sind – Gott sei Dank und zu Recht – gut bezahlte und hochqualifizierte Menschen, und umso stärker hätten diese Betriebe, die in Forschung und Entwicklung investieren, auch Vorteile einer grünen, einer ökologischen Steuerreform gespürt. Wir haben das ... (Abg. Dr. Lukesch: Die Forscher kosten nichts, Frau Kollegin?) – Bitte? (Abg. Dr. Lukesch: Die Labors und die wissenschaftlichen Geräte sind kostenlos zu haben?) – Die sind nicht kostenlos zu haben, Herr Kollege Lukesch. Ich gebe Ihnen gerne unser Steuermodell, aber unter dem Strich würden sie besser aussteigen.

Wir haben das bei über 50 österreichischen Unternehmen durchgeprüft, die so freundlich – sage ich jetzt einmal – waren, anders als die OMV, uns ihre Kalkulationen völlig zugänglich zu machen. Sie haben uns wirklich ihre Buchhaltungen, ihre Kostenrechnungen geöffnet und haben gesagt: Bitte, schaut euch das für unseren Bereich an und rechnet das durch!

Wir haben das bei 51 österreichische Unternehmen gemacht. Ich weiß das konkret vor allem aus den Durchrechnungen bei den niederösterreichischen Betrieben, die ich mir im Detail angeschaut habe. Es hat sich gezeigt, daß diese Unternehmen jedenfalls alle einen Vorteil dadurch gehabt hätten. Ich weiß schon, daß natürlich jene, die mit uns kommunizieren, eher solche sind, die einen Vorteil daraus hätten – ist wohlverstanden –, aber die Palette dieser Unternehmen reichte von einem Landeskrankenhaus über einen Software-Betrieb bis hin zu einem Erzeuger alternativer Energieaggregate und Wärmeerzeugungssysteme. Es war eine erstaunliche, aber jedenfalls eine sehr interessante Unternehmenspalette. Diese Unternehmen hätten unter dem Strich gewaltige Vorteile gehabt.

Es ist ganz klar – und wir Grüne haben nie ein Hehl daraus gemacht –, daß unser Modell auch Nachteile hat beziehungsweise Verlierer kennt. Daß gewisse Teile der Grundstoffindustrie, daß die Schotterbarone keine sehr große Freude mit dem Modell haben, wissen wir. Aber es liegt auch an der Regierung, zu entscheiden, wohin sie unsere Wirtschaft steuern will – im Sinne von einem Steuerrad – und ob sie glaubt, daß die Zukunft der österreichischen Wirtschaft eher im High-Tech-Bereich, eher bei den Energieoptimierern, eher bei den Dienstleistern oder mehr bei den Schotterbaroninnen und -baronen liegt. Da wäre eine Entscheidung zu treffen, und ich denke, diese Entscheidung ist wieder, so nach dem Motto: Na ja, wir wollen es uns mit keiner Seite wirklich verscherzen!, ausgeblieben. Das finde ich als Grüne sehr traurig! (Beifall bei den Grünen.)

Ein zweiter Aspekt – neben dieser fehlenden Ökologisierung – ist meiner Meinung nach der fehlende feministische Akzent. Ich war gestern im Bundeskanzleramt bei einer Debatte über künftige Modelle zur Förderung von Kindern, Familien und Frauen. Es hat sich ganz schnell herausgestellt, daß es zwei große Modelle gibt: ein Modell, das vor allem einen Familienerhalter als Vollerwerbstätigen fördert, also den "big spender", der die Familie erhält, und ein ganz anderes Modell – tendenziell ein skandinavisches Modell –, das vor allem die Individualisierung auf dem Arbeitsmarkt stärkt, das heißt, die Chancen jeder Person auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere die Chancen der Frauen auf dem Arbeitsmarkt, zu stärken sucht.

Wir von den Grünen haben eine klare politische Präferenz für das letztere, nämlich das skandinavische Modell. Aber auch in dieser Frage fehlen mir die Akzente. Wenn man sich vor Augen hält, was bei den letzten Steuerbelastungspaketen vor allem zu Lasten der Frauen gegangen ist, dann muß ich sage: Es wäre doch hoch an der Zeit gewesen, zumindest das wieder wettzumachen. Wo bleibt diese Initiative? – Von einer Reform, die doch tendenziell und von den Summen her den Besserverdienern nützt, Herr Staatssekretär, haben die Frauen nichts. Um Prozente kann man sich nichts kaufen. Letztlich zählt das, was es netto, cash und bar auf die Hand gibt. Da sind einfach 7 000 S mehr als 4 000 S.

Vor allem stelle ich mir schon die Frage: Wer braucht denn die Reform? – Es ist bekannt, daß die Frauen in Österreich zu Unrecht um 30 Prozent weniger verdienen. In diesem Punkt hätte ich mir einen besonderen steuerlichen Akzent erwartet, besonders für Einrichtungen, für Maßnahmen, für Initiativen, die den Frauen in unserem Land zugute kommen. Diese Initiative oder diesen Akzent vermissen wir überhaupt ganz schmerzlich. (Beifall bei den Grünen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Entschuldigen Sie! Die Redezeit ist zu Ende, Frau Doktor.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Okay. – Ich wollte noch in einem allerletzten Satz zusammenfassen, daß ich für die Beantwortung in ihrem Umfang danke, daß ich aber die Akzente, die von den Grünen vorgeschlagen wurden, in Ihrem Konzept leider schmerzlich vermisse. (Beifall bei den Grünen.)

15.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Öllinger wird dann eine halbe Minute kürzer reden. (Abg. Dr. Khol: Das ist ein frommer Wunsch beim Öllinger, Herr Präsident!)

Zu Wort gelangt jetzt Herr Professor Dr. Nowotny. – Bitte.

15.55

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Petrovic hat sehr höflich geendet. Ich darf höflich beginnen. Ich möchte den Grünen für diese Anfrage sehr danken, weil sie uns immerhin die Gelegenheit gibt, die Grundzüge dieser Steuerreform vorzustellen. In diesem Sinne ist es auch eine durchaus nützliche Anfrage.

Es handelt sich um eine Steuerreform, die drei wesentliche Aspekte aufweist. Erster Aspekt: Sie bringt eine erhebliche Entlastung für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Zweiter Aspekt: Diese Steuerreform bringt eine Verbesserung für den Wirtschaftsstandort Österreich. Dritter Aspekt: Es ist eine Steuerreform, die solide finanziert ist, und daher ist es auch eine dauerhafte Steuerreform.

Ich möchte, da es das erste Mal ist, daß wir darüber im Hohen Haus sprechen, nicht anstehen, auch den Verhandlern dieser Steuerreform sehr herzlich für die Mühe und für das gute Ergebnis, das dabei herausgekommen ist, zu danken. Ich möchte insbesondere Herrn Finanzminister Edlinger speziell hervorheben, der für die Österreicherinnen und Österreicher der Garant für eine Steuerreform ist, die sozial gerecht und solide ist. Auf beides kommt es uns an! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Ende der Märchenstunde!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Staatssekretär hat ja hier zu einzelnen Punkten konkrete Beispiele gegeben. Ich möchte jetzt auf einige Punkte – speziell jene der Opposition – eingehen. Der erste Punkt – das betrifft die Diskussion, die sozusagen quer durchgegangen ist – war der ... (Abg. Böhacker: Ich habe doch noch gar nichts gesagt!) – Es ist ja schon eine Fülle von Presseaussendungen von Ihrer Partei gekommen, und ich nehme an, daß Sie sich vielleicht mit Ihrer Partei identifizieren, obwohl ich mir angesichts dessen, was ich heute vormittag gehört habe, nicht mehr so sicher bin, was wirklich die Meinungen der FPÖ sind. Bekanntlich gehen diese ja weit auseinander. (Abg. Böhacker: Das werden wir dann gleich vergleichen, wenn ...!)

Vielleicht stehen wir hier wieder vor Überraschungen, und Sie werden diese Steuerreform erheblich loben. Das würde mich nur freuen. (Abg. Böhacker: Herr Professor, eine Viertelstunde noch!) Aber wenn ich davon ausgehe, was Sie zumindest in Presseaussendungen verlautbart haben, so glaube ich nicht daran. Es war Ihre Kritik dahin gehend, daß diese Steuerreform nicht groß genug sei, daß diese Steuerreform nicht mutig genug sei, und das erinnert mich an den alten Spruch beim Kartenspiel, bei dem es immer heißt (Abg. Dr. Khol: Bei welchem Kartenspiel?) – generell –: Dem Kiebitz ist kein Einsatz hoch genug. (Abg. Dr. Khol: Das stimmt!) – Und so ist es auch in diesem Fall: Für Parteien, die keine Verantwortung zu tragen haben, geht eine Steuerreform natürlich immer zuwenig weit. Da kann man immer mehr verlangen. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Aber für Parteien, die in Regierungsverantwortung stehen, ist es schon sehr wichtig, daß das eine Steuerreform ist, die gesamtwirtschaftlich ins Bild paßt und die auch wirklich solide finanziert ist. (Abg. Böhacker: Ihre Steuerreform ist eine Pokerpartie?) Das ist in diesem Fall geschehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jener Kritikpunkt, der soeben eine große Rolle gespielt hat, war der, daß das keine ökologische Steuerreform sei. Nun muß man natürlich dazusagen, daß man umweltpolitische Maßnahmen ja nicht nur über Steuermaßnahmen setzen kann. Es gibt eine Fülle von entsprechenden Maßnahmen in Österreich, und Österreich ist ja in bezug auf ökologische Erfolge an der Spitze Europas anzusiedeln.

Was aber die Steuerreform selbst betrifft, so darf ich Sie daran erinnern – oder wenn Sie den diesbezüglichen Bericht durchlesen, dann werden Sie es feststellen können –, daß die Steuerreformkommission zwei Modelle studiert hat. Es hat sich auch Herr Kollege Van der Bellen selbst sehr ausführlich und sehr positiv mit der Arbeit der Steuerreformkommission beschäftigt.

Das eine Modell ist jenes, das sie das "große Modell" nennt. Dabei handelt es sich um ein Modell, das nicht unwesentlich auch unter Mitwirkung von Experten aus dem grünen Klub entstanden ist. Das ist ein Modell, das massive Erhöhungen der Energiepreise, aber als Ausgleich Kompensation durch einen Ökobonus vorsieht. Dieses Modell wurde hier auch tatsächlich sehr sorgfältig analysiert.

Ich darf Ihnen jetzt die auf Seite 16 stehende Schlußfolgerung der von Ihnen selbst angeführten Steuerreformkommission vorlesen. Die Schlußfolgerung lautet folgendermaßen:

Die Kommission vertritt letztlich die Auffassung, daß das "große Modell" im vorgeschlagenen Umfang, ohne nähere Kenntnis der allokativen, distributiven und standortwirksamen Effekte, derzeit nicht empfohlen werden kann. – Zitatende.

Sie tun immer so, als ob sich die Steuerreformkommission dafür ausgesprochen hätte. – Eben nicht! Sie hatten die Chance, daß Ihr Modell wirklich fair geprüft worden ist, und das Ergebnis war: Das Modell klingt zwar schön, ist aber nicht realistisch. – Das ist die Antwort der Steuerreformkommission, und ich glaube, dazu sollten Sie sich auch bekennen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es bleibt jetzt ein zweites Modell – das ist das sogenannte kleine Modell –, und das heißt einfach: Erhöhung der Treibstoffkosten, Erhöhung der Heizkosten. Dazu muß ich schon sagen: Da haben wir Sozialdemokraten eine sehr klare Position. Wir sind nicht dafür, daß wir eine Situation haben, in der auf der einen Seite die Arbeitnehmer durch Steuersenkungen entlastet werden und auf der anderen Seite diese Steuersenkung dann wieder durch Erhöhungen bei den Treibstoffpreisen, bei den Wohnungskosten und anderen wieder aufgefressen wird. Das ist etwas, durch das sich die Bevölkerung zu Recht verschaukelt vorkommen würde. Das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen!

Wir haben daher eine Steuerreform gewählt, die meiner Meinung nach einen sehr klaren Schwerpunkt gesetzt hat, nämlich eine echte – und nicht pseudomäßige – Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen. Und dazu stehen wir auch! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nächster Punkt der Kritik: die Frage der Lohnnebenkosten. Auch bei diesem Thema ist es, glaube ich, wichtig, daß man sich nicht in Schlagworten ergeht, sondern das Ganze doch eher nüchtern und seriös ansieht. Zunächst einmal: Es ist richtig, daß wir in Österreich einen hohen Anteil an Lohnnebenkosten haben. Aber die Verknüpfung zur Beschäftigungsentwicklung würde ich nicht so einfach herstellen, denn es sollte sich doch irgendwo schon herumgesprochen haben, daß es Länder gibt, die zwar sehr viel niedrigere Lohnnebenkosten, aber eigenartiger Weise auch eine sehr viel höhere Arbeitslosigkeit haben. Österreich hat – zugegebenermaßen – hohe Lohnnebenkosten, wir haben aber eine für Europa überdurchschnittlich gute Beschäftigungsentwicklung und eine Arbeitslosenrate, die etwa bei der Hälfte des europäischen Durchschnittswertes liegt. (Zwischenruf der Abg. Rieß.) So einfach ist also dieser Zusammenhang, der von Angebotstheoretikern immer wieder so dargestellt wird, sicher nicht! (Abg. Mag. Posch: Es gibt überhaupt keinen Zusammenhang!)

Zur zweiten Aussage, daß die Lohnnebenkosten einen Kosteneffekt bedeuten, ist zu sagen: Das ist zwar richtig, aber sie haben natürlich auch einen Finanzierungseffekt! Was sind denn Lohnnebenkosten? – Das sind zum überwiegenden Teil Sozialbeiträge! Das heißt, daß man, wenn man die Lohnnebenkosten ersatzlos abschafft, die Finanzierung des Sozialsystems gefährdet, was wiederum bedeutet, daß Sie den Weg des Sozialabbaus gehen wollen. – Das ist sicherlich nicht der Weg, den wir gehen wollen!

Wir von der Sozialdemokratischen Partei haben Vorschläge gemacht, wie man eine Umbasierung tatsächlich vornehmen könnte, und zwar in dem Sinn, daß der Faktor Arbeit entlastet und den Faktor Kapital in die Belastung mithineingenommen wird. Das ist das Konzept einer Wertschöpfungsabgabe! Ich halte es für ein interessantes Konzept. Es ist ein Konzept, das auch für Neutralität in der Finanzierung sorgt. Es ist – das ist leider richtig – in dieser Gesetzgebungsperiode noch nicht durchsetzbar gewesen. Wir werden aber an diesem Konzept weiterarbeiten, denn die Diskussion darüber muß meiner Überzeugung nach weitergehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluß kommend: Was in der Diskussion eigenartiger Weise bis jetzt zu einem wesentlichen Teil ausgeklammert wurde, ist die doch erhebliche Anhebung der Familienförderung. Gerade in diesem Bereich haben wir doch massive positive Effekte erreicht! (Abg. Dr. Petrovic: Familienförderung ist nicht Frauenförderung!)

Ich darf hier etwa folgendes Beispiel anführen: eine Familie mit drei Kindern im Alter von drei, sieben und zwölf Jahren, das Bruttoeinkommen der Eltern beträgt 20 000 S beziehungsweise 15 000 S, also sicherlich keine Menschen in hohen Einkommenskategorien. Frau Kollegin Petrovic hat schon gesagt: Was zählt, ist netto und cash. – Bitte, Frau Kollegin: Netto und cash liegt die Entlastung für diese Familie bei 30 935 S pro Jahr, 2 578 S im Monat! Netto! Cash! Das nenne ich eine tatsächliche Entlastung für Menschen, die es brauchen. Und dafür steht diese Steuerreform! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

16.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maderthaner. – Bitte.

16.05

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus Sicht der Wirtschaft kann festgestellt werden, daß durch die vereinbarten Reformpunkte zukunftsorientierte Schritte in die richtige Richtung gesetzt wurden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Halleluja!) Das kann man durchaus sagen. Danke für die Zustimmung! (Abg. Haigermoser: Das hat der Valentin gesagt: Manna mag ich, halleluja!)

Ich möchte feststellen: Es ist nicht unbedingt notwendig, in Jubel auszubrechen, meine Damen und Herren, aber mit dieser Steuerreform werden in vielen Punkten neue Wege gegangen, die vom Wirtschaftsbund und von der ÖVP schon immer gefordert wurden. Ich bin daher sehr zufrieden! (Beifall bei der ÖVP.)

Manche dieser Punkte wurden zwar – wenn ich mich recht erinnere – auch von der Opposition gefordert, aber derzeit will man davon nichts wissen. Das liegt vielleicht am oppositionellen Kurzzeitgedächtnis. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ein Wermutstropfen ist sicherlich dabei – das muß man auch anführen; ich sage das ganz deutlich –, nämlich das Fehlen von Entlastungsschritten im Bereich der Arbeits- und Lohnnebenkosten. Darin bin ich nicht ganz Ihrer Meinung, Herr Professor, denn es gibt auch Entlastungen, die die Sozialleistungen nicht unbedingt und sofort beeinträchtigen. Wir müßten etwa ein bißchen darüber nachdenken, Bürokratie abzubauen und die Lohnnebenkosten dadurch zu entlasten. (Zwischenruf des Abg. Edler.) Darüber sollten wir uns einmal eingehender unterhalten. Ich glaube, daß das gut wäre.

Es wäre jedenfalls äußerst erfreulich, würden wir diesbezüglich auch noch etwas schaffen, dadurch wäre nämlich das Gesamte noch runder und außerdem der Exportoffensive wesentlich gedient, da damit die Konkurrenzfähigkeit der österreichischen Wirtschaft im Ausland gestärkt werden würde. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich jetzt auf einzelne Punkte eingehen. Der Herr Staatssekretär hat uns ja das gesamte Werk mehr oder weniger schon vorgestellt, aber ich möchte einige Punkte besonders beleuchten. (Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Lackner. – Abg. Dr. Khol: Leo, warte ein bißchen, er hört dir nicht zu!) Er wird gestört.

Meine Damen und Herren! Neben der allgemeinen Tarifsenkung und den familienfördernden Maßnahmen sind mehrere andere positive Impulse gesetzt worden, die sicherlich wirtschaftsstärkend sind und die die Inlandsnachfrage, vor allem die jungen Unternehmen und damit auch die Arbeitsplatzbeschaffung fördern. Gerade diese Arbeitsplatzsicherung und Arbeitsplatzbeschaffung ist ja unser Hauptziel, ist, so glaube ich, das Ziel aller, die in diesem Haus vertreten sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine ganz besondere Maßnahme ist – das ist heute schon sehr deutlich angeführt worden –, daß in Zukunft bei Betriebsübergaben Betriebe mit bis zu 5 Millionen Schilling Einheitswert von der Erbschaftsteuer befreit werden. Das ist ganz wesentlich für die Erhaltung der gegenwärtigen Betriebsstruktur. Es genügt nicht einfach, neue Unternehmen zu gründen, sondern es ist auch dringend notwendig, daß jene übergeben werden können, die heute schon gut im Werken sind und Nachfolger suchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die steuerliche Berücksichtigung von Zinsen soll das Eigenkapital mit dem Fremdkapital gleichstellen. Auch das ist meiner Überzeugung nach eine wichtige Maßnahme zur Eigenkapitalstärkung. Daß die 13. Umsatzsteuerzahlung nun für viele Betriebe – für rund 80 bis 90 Prozent nach dem vorgesehenen Maßstab – entfallen soll, ist auf alle Fälle eine wesentliche Forderung, die von Ihnen allen, auch von der Opposition, immer wieder gestellt wurde. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Peter und Mag. Trattner.)

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt, der von Ihnen auch gefordert wurde, den Sie aber offensichtlich vergessen haben, ist eine wesentliche Förderung der Forschung, nämlich die Anhebung des Freibetrages auf 25 Prozent beziehungsweise bei einem Einstieg auf 35 Prozent – eine Maßnahme, die nicht nur dringend notwendig ist, sondern die auch von allen immer wieder gefordert wurde. Ich freue mich, daß das nun umgesetzt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der nächste Punkt, meine Damen und Herren, ist ebenfalls zukunftsorientiert, nämlich die Lehrlingsförderung. Der Freibetrag wurde von 20 000 S auf nunmehr 60 000 S erhöht, und zwar auch für die nächsten beiden Jahre. Ich finde es richtig, daß man gesagt hat, am Ende kann man die 40 000 S sozusagen ansetzen. Auch das ist eine Maßnahme zur weiteren Sicherung der Jugendbeschäftigung. Es ist ja eine bekannte Tatsache, daß wir in Österreich – Gott sei Dank! – die niedrigste Jugendarbeitslosenrate haben. Hiemit treffen wir auch für die Zukunft entsprechende Vorsorge. Auch das ist erfreulich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Einführung der Pauschalierung in verschiedenen Branchen wird helfen, die Bürokratie abzubauen – ebenfalls eine Maßnahme, die wir seit Jahren fordern und die auch von vielen aus der Opposition gefordert wurde. Besonders begrüßenswert sind jene Maßnahmen, die zur Erleichterung der Unternehmensgründung gesetzt werden, nämlich daß die staatlichen Gebühren wegfallen sollen und daß durch verschiedene Maßnahmen – wie hier bereits ausgeführt – für die Erstgründer und für das erste Unternehmensjahr eine Entlastung von etwa 7 Prozent gegeben ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: ... Kammerumlage ...!) Auch das ist für Betriebsgründungen und damit für Arbeitsplatzbeschaffung förderlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist dies, wie ich glaube, eine Reihe von positiven Maßnahmen, an deren Umsetzung wir alle mitwirken sollten, weil sie beispielgebend auch für andere EU-Länder sein können. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

16.11

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Der Erfolg jeder Reform ist daran zu messen, wie die eigenen Vorgaben erfüllt werden beziehungsweise ob die selbstgestellten Ziele erreicht worden sind. In aller Kürze seien ein paar Vorgaben aufgezählt.

Bundesminister Edlinger, und zwar im September 1997: Zum Thema Umwelt muß man im Steuersystem neue Wege gehen; kostenmäßige Entlastung des Faktors Arbeit, Ökologisierung des Systems, Konvergenzkompatibilität.

Ein halbes Jahr später, im März 1998, meinte Bundesminister Edlinger vor diesem Plenum, daß eine Steuerreform danach zu bewerten sei, "in welchem Maß sie Strukturen neu ordnet, vereinfacht, Ungerechtigkeiten beseitigt und zur sozialen Ausgewogenheit beiträgt."

Und die ÖVP hat eine Senkung der Lohnnebenkosten, Investitionsanreize, Tarifsenkung und vieles andere mehr gefordert. – Soweit die Vorgaben.

Im Jänner 1999, im Lichte der bevorstehenden Landtagswahlen, sind dann beide Regierungsparteien etwas mutiger und konkreter geworden. Die ÖVP forderte eine Absenkung der Tarife um 2 Prozentpunkte im mittleren Einkommensbereich. – So weit, so gut.

Die Reaktion seitens der SPÖ folgte prompt: Professor Nowotny, der heute diese Reform als sozial gerecht bezeichnet hat, hat auf diesen ÖVP-Vorschlag noch am 13. Jänner 1999 erklärt, der von der ÖVP präsentierte Vorschlag auf Absenkung der mittleren Tarifsätze sei verteilungspolitisch inakzeptabel, er habe zudem auch gesamtwirtschaftliche negative Auswirkungen. – Einen Tag später nennt Finanzminister Edlinger diesen ÖVP-Vorschlag "sozial ungerecht". – Das ist ja ein "netter" Koalitionspartner.

Aber die SPÖ – auch nicht mundfaul – erklärte einen Tag später, sie fordere eine Erhöhung des allgemeinen Absetzbetrages um 4 000 S. Auch darauf ließ die Reaktion des Koalitionspartners nicht lange auf sich warten. Es war der selbsternannte Steuerexperte der Österreichischen Volkspartei, Vizekanzler Schüssel, der zu dieser Forderung der SPÖ folgendes gesagt hat: Die Erhöhung des allgemeinen Absetzbetrages sei ein Schlag ins Gesicht der Leistungsgesellschaft. (Abg. Haigermoser: Wer hat das gesagt?) Schüssel zum SPÖ-Vorschlag! (Abg. Mag. Peter: Wolfgang Schüssel?) Wolfgang Schüssel, der mit dem Mascherl. Er hat weiters diesen Vorschlag des Finanzministers Edlinger als "großen Humbug" bezeichnet. – Das ist der "klassische" Umgang zwischen Koalitionspartnern im Zusammenhang mit einer Steuerreform. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nun liegt das Papier vor, und zwei wesentliche Säulen in diesem Papier sind einerseits die Tarifsenkung und andererseits die Erhöhung des allgemeinen Absetzbetrages.

Betrachten wir also dieses Reförmchenpapier nicht aus der Sicht der Opposition, sondern aus der Sicht der Regierungsparteien, so ist dieses Reförmchen "sozial ungerecht", "verteilungspolitisch inakzeptabel", hat "gesamtwirtschaftliche negative Auswirkungen", ist – im Zusammenhang gesehen – ein "Schlag ins Gesicht der Leistungsgesellschaft", ein "großer Humbug". (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, sind Sie wirklich noch zu retten? (Zwischenruf des Abg. Edler.) Wie lange wollen Sie denn den Bürger noch hinters Licht führen? Wie lange noch wollen Sie den Bürger in der steuerpolitischen Geiselhaft halten? Wie lange werden Sie noch darüber nachdenken müssen? Wann endlich werden Sie dem österreichischen Steuerbürger ein bißchen, ein kleines Stück Freiheit wieder zurückgeben, ein kleines Stück an Freiheit, über das sauer verdiente Geld selbst entscheiden zu können?! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie nehmen dem Steuerbürger zuerst 50 Prozent weg – und schicken ihn danach als Bittsteller zum Staat, und er muß sagen: Bitte, bitte, bekomme ich einen kleinen Teil davon wieder zurück? Meine Damen und Herren, wann werden Sie endlich eine Politik für und nicht gegen den Bürger machen? – Ich befürchte, Sie werden es nie lernen.

Herr Staatssekretär! Hören Sie bitte endlich einmal auf, zu behaupten, daß dieses Reförmchen ein Entlastungsvolumen von 30 Milliarden Schilling beinhalten würde. Sie wissen ganz genau, daß der familienpolitische Teil von der Regierung bereits im Jahre 1998 beschlossen wurde, aber nicht aus freien Stücken, sondern deshalb, weil diese Bundesregierung vom Verfassungsgerichtshof dazu verurteilt wurde, weil sie gesetz- und verfassungswidrig den Bürgern, den Familien jahrelang Geld weggenommen hat, welches dieser Bundesregierung gar nicht zusteht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist unverschämt – ich sage das mit aller Deutlichkeit –, sich ob dieser Maßnahme betreffend Familiensteuerreform noch den familienpolitischen Heiligenschein aufzusetzen. Herr Staatssekretär! So geht es wirklich nicht! Die restliche 18 Milliarden Schilling, die Sie nun dem Bürger wieder zurückgeben, entsprechen genau jenem Betrag, den Sie in den Jahren 1997 und 1998 dem Bürger zuviel weggenommen haben, nämlich die Steigerung bei den gesamten Ertragsteuern.

Aber nun noch ein paar Anmerkungen dazu, daß nicht nur wir Freiheitlichen diese Steuerreform kritisieren. Es ist bedauerlich, daß Kollege Maderthaner jetzt nicht mehr anwesend ist. Ich zitiere aus einer heutigen Presseaussendung mit dem Titel "Steuerreform: Kritik von Innsbrucks Bürgermeister Van Staa", von der ÖVP (Abg. Haigermoser: Kein Unbekannter!):

"Die Regierung hat uns eine Steuerreform präsentiert. Steuer ja, von einer Reform kann ich allerdings nichts bemerken." "Die Steuerreform hat nichts geändert. Alles ist beim alten geblieben." Und weiters heißt es in der Aussendung – in Richtung Maderthaner, daß auch "Wirtschaftskammerpräsident und Messepräsident Hansjörg Jäger (VP)" meint, "an der gewaltigen Front der Senkung der Lohnnebenkosten habe sich enttäuschenderweise nichts getan." – ÖVP, Ihr Regierungspartner. Hier im Parlament so reden, in Innsbruck anders reden, das ist Ihre "klassische" Regierungspolitik, die wir auf allen Ebenen kennengelernt haben.

Nun zu ein paar Einzelheiten. – Herr Staatssekretär! Bezüglich der Neugründung von Unternehmen wäre es interessant, zu erfahren, wie Sie auf 10 Milliarden Schilling an Lohnsumme kommen. Wir wissen doch ganz genau, daß im Gründungsjahr Unternehmen meist kaum Bedienstete haben. Der Unternehmensgründer fängt einmal an und schaut, wie es läuft! Jene 20 000 Unternehmen, deren Gründung Sie damit forcieren wollen, sind in der Regel die sogenannten neuen Selbständigen, Ein-Mann-Unternehmen oder Unternehmen mit vielleicht einer Halbtagssekretärin oder einer Mitarbeiterin. Sie wissen doch genausogut wie ich, daß bis zu einer monatlichen Lohnsumme von 15 000 S kein Dienstgeberbeitrag zu bezahlen ist. Sie schaffen also eine Befreiung, die es ohnehin schon gibt. Das ist wirklich unerhört! Außerdem sind bei einer Lohnsumme von bis zu 20 000 S 15 000 S frei. Wollen Sie wirklich die Jungunternehmer hinters Licht führen?

Hier von Peanuts zu reden, ist absolut richtig. Sie hätten einen wesentlich besseren Weg gehen können, Herr Staatssekretär, hätten Sie die Mindestkörperschaftsteuer für Jungunternehmer abgeschafft. Denn wenn ein Jungunternehmer, der schon einen Betrieb gegründet hat, etwa eine Lohnsumme von 500 000 S hat, dann erspart er sich jetzt 35 000 S an Lohnnebenkosten, das macht, weil er das von der Steuer absetzen kann, 15 000 S mehr an Einkommensteuer, also verbleibt eine Nettoentlastung von 20 000 S. Von diesen 20 000 S muß er nun aber 15 000 S Mindestkörperschaftsteuer bezahlen. – Im Prinzip ist das also ein Nullsummenspiel. Herr Staatssekretär! So geht es wirklich nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Als positiv ist sicherlich der Freibetrag von 5 Millionen Schilling bei Betriebsübergaben zu bewerten. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille, warten wir die Wahl ab. Nach der Wahl wird die zweite Seite der Medaille erkennbar werden, nämlich die Erhöhung der Einheitswerte. Und dann schaue ich mir an, wie die Erbschafts- und Schenkungssteuer von Hotelbetrieben statt vom Einheitswert vom Verkehrswert berechnet werden. Liegt der Einheitswert hochgerechnet bei 20 Millionen Schilling, dann bleiben immer noch 15 Millionen Schilling übrig, die zu versteuern sind.

Oder: Halbsteuersatz bei Sozialplänen – alles schön und gut! Aber ist diese steuerliche Maßnahme wirklich Ausfluß der Beschäftigungspolitik des Herrn Bundeskanzlers Klima? Rechnet er damit, daß es in Zukunft noch mehr Sozialpläne geben wird? Wann gibt es Sozialpläne? – Wenn Mitarbeiter abgebaut werden! Das ist eine rein defensive Maßnahme und überhaupt nicht zukunftorientiert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In aller Kürze noch zur Eigenkapitalverzinsung: Ein Mitglied der Steuerreformkommission, Karl Bruckner, Wirtschaftsprüfer, hat dieses Vorhaben als "Witz" bezeichnet, und er hat das auch mit einem Beispiel untermauert: Wenn jemand mit 100 000 S Eigenkapitalzuwachs diese Begünstigungen in Anspruch nimmt, ergibt das eine steuerliche Entlastung von 800 S!

Die Aktiengewinnbesteuerung ist der klassenkämpferische Part in dieser Steuerreform, das sozialdemokratische Show-Element und eine Einführung der kompletten Besteuerung von Aktienkursgewinnen durch die Hintertür. Es wird nicht mehr lange dauern, bis man diese Spekulationsfrist von zwei auf fünf, zehn Jahre verlängern wird. Beispiele dafür gibt es etwa bei der Ausweitung der Spekulationsgewinnbesteuerung bei Immobilien.

Pauschalierungen – eine Augenauswischerei! Seit dem Jahre 1993 hat der Finanzminister nach § 17 die Verordnungsermächtigung, diese Pauschalierungsrichtlinien zu erlassen. Seit 1993 bitte! Jetzt haben wir das Jahr 1999 – und nichts ist geschehen! Aber in ein Papierl wird es auf jeden Fall hineingeschrieben, da das halt sehr schön ausschaut und man außerdem der Meinung ist, daß man die Bürger hinters Licht führen kann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Hermann Böhacker (fortsetzend): Die Umsatzsteuervorauszahlung war, wie man eingesehen hat, eine Totgeburt; die Kosten der Einhebung waren höher als der tatsächliche Zinsengewinn. Wenn Bundeskanzler Klima gesagt hat, daß diese Reform eine "Reform zum Anfassen" ist, dann kann ich sagen: ja, aber ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das klingt nicht nach Schlußsatz!

Abgeordneter Hermann Böhacker (fortsetzend): ... mit Pinzette und mit Glacéhandschuhen, denn sonst zerbricht dieses Reförmchen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Helmut Peter. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.22

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Es ist sehr erfrischend, Herrn Böhacker zuzuhören, er kennt sich nämlich im Steuerrecht wirklich aus. Und das war, glaube ich, gescheit! (Abg. Auer: Das ist ein lieber Freund von dir!) Wenn jemand etwas Gescheites sagt, muß man das auch anerkennen. Und er kennt sich im Steuerrecht wirklich aus! Dazu gratuliere ich ihm. (Abg. Rosemarie Bauer: Das hat er vom Rosenstingl auch immer geglaubt!) Diese Bemerkung stimmt weniger! (Heiterkeit.)

Ich habe mir dieses Paket angeschaut, Herr Staatssekretär, und ich muß sagen: Ich finde nichts Negatives drinnen! Sie haben also zumindest – wenn man es jetzt einmal von dieser Warte aus betrachtet – keinen Fehler gemacht. Aber es ist halt so, daß der, der wenig macht, keine Fehler macht! Reform – Herr Professor Nowotny, ich glaube, daß nicht einmal Sie so euphemistisch sprechen, dazu "Reform" zu sagen.

Sie haben ein Paket vorgelegt, in dem die Steuern, die Sie in den letzten zehn Jahren akkumuliert haben, indem Sie die Steuer- und Abgabenquote dramatisch erhöht haben, und zwar um mindestens 4 Prozentpunkte oder 10 Prozent – auch das steht außer Streit –, zu einem Teil wieder gesenkt werden. Spät, aber doch! (Abg. Fink: Das hätte er nicht machen sollen?!)

Also: Sie haben zwar nichts falsch gemacht, aber Reform heißt doch Veränderung, heißt, unser Steuerrecht dem Strukturwandel von Wirtschaft und Gesellschaft anzupassen. Aber nicht einmal der Herr Staatssekretär, der natürlich schon von Amts wegen dieses Paket loben muß, konnte uns in seiner ausführlichen Beantwortung nachweisen, daß es dadurch wirkliche Veränderungen geben wird.

Das Steuerrecht ist nach wie vor teuer, es ist nach wie vor unverständlich, es ist bürokratisch und schwer administrierbar. Ich sehe wirklich keine Ansätze, aufgrund derer ich mehr sagen könnte, als das, daß Sie nichts falsch gemacht haben. Wo sind neue Strukturen, neue Schwerpunktsetzungen im Steuerrecht, die dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel entsprechen? Wo ist die Vereinfachung? Wo ist die leichtere Administrierbarkeit?

Es ist nicht machbar, Herr Staatssekretär, heute in einem Jahr und auf einen Wurf eine Steuerreform zu skizzieren, die auf einen Schlag alle Probleme löst. Das ist nicht zu schaffen! Sie haben eine Steuerreformkommission eingesetzt, die ich in ihrem Ergebnis allein deshalb kritisch beurteile, weil schon ihr Auftrag falsch war. Ihre Vorgabe war eine aufkommensneutrale Steuerreform. Sie können aber gar keine Steuerreform machen, solange Sie dieses Postulat der Aufkommensneutralität hochhalten, weil Sie damit die Frage der Ausgaben, dieses noch viel wichtigeren Teils des staatlichen Budgets, gar nicht beleuchten wollen. Und das war Ihr Auftrag an die Steuerreformkommission.

Wann haben Sie diese Kommission einmal gefragt, was wir an Ausgaben einsparen, wie wir die Steuer- und Abgabenquote, die strukturell in Richtung 44 Prozent geht – jetzt zwar leicht gesenkt, später aber wieder steigen wird, denn die Progression schlägt sofort wieder zu –, verringern können?! Sie haben die Progression durch höhere Absetzbeträge verschärft – Sie wissen natürlich, daß Absetzbeträge progressionsverschärfend wirken. Also: Wann beginnen Sie sich mit den Ausgaben dieses Staates auseinanderzusetzen? Das hätte ich mir von Ihnen erwartet!

Zu den Themen "Treffsicherheit der Transfers", die schon Kanzler Vranitzky von der Regierungsbank aus verkündet hat, und Bürokratiereform, bei der Sie schon den 16. oder 18. Anlauf machen – schon Ihr Vorgänger Neisser hat dasselbe gemacht wie Sie –, ist zu sagen: Riesig weitergekommen sind Sie offensichtlich nicht! Sie waren in einem Unternehmen tätig, ich bin in einem Unternehmen tätig, und wir beide messen doch unsere Mitarbeiter nicht daran, was sie uns erzählen, sondern was sie bewegen. Wenn ich Sie nun daran messe, was Sie mit der Steuerreform und in der Administration bewegt haben, dann schaut das Urteil nicht gut aus! Wirklich nicht!

Es gibt nach wie vor dasselbe Dienstrecht im öffentlichen Dienst, nach wie vor arbeiten Menschen im öffentlichen Dienst, die für die Aufgaben, die sie lösen sollen, vollkommen ungeeignet sind. Es gibt sicherlich hervorragende Menschen im öffentlichen Dienst, tolle BeamtInnen, hervorragende Sektionsleiter, aber ihre Anzahl ist schlicht und ergreifend zu groß. Die Organisation ist überbesetzt, und schon Neisser hat daran gearbeitet, er wußte das. Sie, Herr Staatssekretär Ruttenstorfer, sind ein Mann, der sich damit besonders gut auskennt, Sie wissen es auch. Aber wo sind Ihre Lösungen? Sie sitzen in der Regierung!

Solange Sie also nicht an der Ausgabenseite arbeiten, wird es keine wirkliche Steuerreform geben, weil Sie nicht dazu in der Lage sind, unser Steuer- und Abgabensystem dem Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft anzupassen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Ing. Langthaler.)

Das vorliegende Paket ist ein Verteilungspaket, das wissen Sie, denn Sie haben es vorsätzlich dazu gemacht, indem Sie damit eine Reihe von Wahlgeschenken verteilen, für jeden etwas. Herr Maderthaner kann sich hierher stellen und uns erklären, daß das alles großartig sei. Und immer wenn er Luft holt, klatscht die ÖVP! – Haben Sie das bemerkt? Es gibt da einen guten Abtausch, das ist eine gute Regie von Herrn Klubobmann Khol. – Noch vor 14 Tagen hat Herr Maderthaner gesagt, daß er einer Steuerreform ohne Senkung der Lohnnebenkosten nicht zustimmen werde. Na gut, er hat im Parlament noch nicht zugestimmt, das ist richtig! Die Reform wurde nur von der Regierung vorgestellt. Was das Parlament dazu sagen wird, werden wir ja in den nächsten drei Monaten hören. Ich befürchte nur, daß Maderthaner – wie schon öfters – wieder umfallen und sich bei den Lohnnebenkosten nichts ändern wird.

Es liegt also nun – wie Sie es nennen – eine Reform vor. Ich nenne das ein Paket. Das Motto lautet: 17/12/1, und zwar 17 Milliarden Tarifkorrektur, 12 Milliarden für die Familie – Böhacker hat bereits nachgewiesen, daß das schon eine Geschichte aus dem Jahre 1998 ist – und 1 Milliarde Schilling für die Landwirtschaft. Sie haben uns auch mitgeteilt, daß die Gesamtentlastung bei 30 Milliarden Schilling liegen wird. (Ruf bei der SPÖ: 32!) – 17 und 12 ist 29, und eins ist 30!

Wo ist da die Entlastung des Wirtschaftsstandortes? Die ist nur gegenfinanziert worden. Die Gesamtentlastung beträgt für das Jahr 2000 30 Milliarden Schilling! (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe.) Das ist Ihr Papier! (Der Redner dreht sich, das Schriftstück immer noch hochhaltend, zu dem auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretär Dr. Ruttenstorfer um.) Nein, nicht Ihres, es ist seines!

17 und 12 ist 29 und eins ist 30 – Landwirtschaft, Familie und Tarifkorrektur. Wo ist dabei irgendeine Nettoentlastung für die Wirtschaft, Herr Maderthaner? (Abg. Haigermoser: Nirgends!) Maderthaner ist – Gott sei Dank! – nach seiner Rede gegangen (Abg. Haigermoser: Die hat er ja nicht selber geschrieben!), denn es könnte ihn ja jemand deswegen angreifen und das ist er von der Wirtschaftskammer her nicht gewohnt, dort gibt es Hofberichterstattungen. (Abg. Dr. Khol: Das ist ein absoluter Untergriff, Herr Peter!) Das war ein Übergriff! (Abg. Dr. Khol: Nein, ein untergriffiger Übergriff!) Was ich natürlich positiv vermerken muß – das ist vollkommen klar – ... (Abg. Tichy-Schreder: Bei uns kann jeder sagen, was er will!) Offensichtlich habe ich etwas Richtiges gesagt, denn Sie respondieren!

Die Massenkaufkraft steigt – das stimmt! Das ist klar, weil Sie durch eine Tarifkorrektur einen Teil der kalten Progression, die zwischen den Jahren 1990 und 1999 eine Steigerung des Lohnsteueraufkommens von 105 auf 198 Milliarden Schilling verursachte, wieder zurückgeben. Wenn Sie diese 9,3prozentige Belastung der Massenkaufkraft beibehalten hätten, hätten Sie im Jahre 1999 156 Milliarden Schilling eigentlichen Lohnsteuereingang gehabt, der Rest wäre der Progression zuzurechnen, also hätten Sie 42 Milliarden Schilling weitergeben müssen. Sie geben aber nur 17 Milliarden davon weiter. Trotzdem wird durch diese 17 Milliarden Schilling die Massenkaufkraft gestärkt, das ist keine Frage. Aber die Wirtschaftsstrukturen bleiben de facto gleich. Ich weiß, Sie haben, wie Ihnen Herr Böhacker schon nachgewiesen hat, dort und da, um sich Dankbarkeiten abzuholen, kleine Positionslichter gesetzt. – Ich gebe zu, daß, wenn es ganz finster ist, eine kleine Kerze besser als gar nichts ist.

Die Rationalisierung in den Betrieben aber wird weitergehen. Sie haben den Druck auf die Unternehmungen, wegen der Arbeitskosten nach wie vor beinhart zu rationalisieren, und damit – leider! – auch den Druck auf die Mitarbeiter, die Produktivität zu erhöhen, nicht gemildert. Das hätten Sie aber im Sinne einer Reform in der Hand gehabt. Wir stehen nach wie vor vor der Situation, daß die wichtigste Rahmenbedingung, die die Bundesregierung der Wirtschaft vorgibt, heißt: Beschäftige so wenig Mitarbeiter wie möglich! – Denn das ist der teuerste, durch Steuern und Abgaben noch zusätzlich verteuerte Produktionsfaktor!

Herr Staatssekretär! Sie müssen doch eine Vision von einer Gesellschaft haben, die sich neu formiert, in der die Arbeitnehmer von Steuern und Abgaben entlastet, die Ressourcen und selbstverständlich auch der Produktionsfaktor Kapital nachhaltig belastet werden. Sie heben Ihre Steuern vom falschen Produktionsfaktor ein, nämlich von der Arbeit. Ressourcen und Kapital müssen Sie belasten – aber bitte nicht mit Vorschlägen, die für den Gemeindebau in Ottakring gedacht sind, denn diese bringen überhaupt nichts, sondern verschrecken höchstens Anleger!

Sie wissen, daß vor allem die Besteuerung des Finanzkapitals ein wesentlicher Teil der Ökologisierung des Steuersystems ist. Das ist eine nachhaltige Belastung der Ressourcen. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß die Grünen ein ganz phantastisches Modell vorgelegt haben. Dem stimme ich als Liberaler gerne zu, und ich gratuliere Ihnen dazu, daß Sie in der Lage gewesen sind, ein solch phantastisches Modell zu machen. Greifen Sie es doch auf, es ist ein gutes Modell da!

Wir Liberalen haben Ihnen ein Steuerreformmodell vorgelegt, zu dem wir gesagt haben, daß es uns in fünf Jahren gelingen muß, die Steuer- und Abgabenquote über eine entsprechende ausgabenseitige Reform wieder in Richtung 40 Prozent herunterzubringen. Ich glaube daran, daß das möglich ist. Reden Sie einmal mit Herrn Professor Lehner allein über die Transfers zwischen den Gebietskörperschaften, darüber, was Länder und Gemeinden an den Bund zahlen und wieder zurückbekommen und was dadurch an Verwaltungsverlusten entsteht! Denken Sie an die Wohnbauförderung! Sie ist heute ein Spartopf in den Ländern geworden. In Wien wird Wohnbauförderung für die Reichen betrieben: Bis zu einem Nettoeinkommen in Höhe von 900 000 S bekommen Sie Wohnbauförderung! Und so weiter, und so fort.

Meine Damen und Herren! Es ist Ihnen etwas gelungen, wo Sie nichts falsch gemacht haben. Bei dieser Bundesregierung freut man sich schon darüber, das sagen zu können. Eine Reform haben Sie nicht einmal gewagt, und das ist wirklich – wie Volker Kier sagen würde – schade. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

16.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

16.31

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fange mit Kollegen Nowotny an. Er hat uns hier einen Vortrag gehalten, nur ganz kurz; er hat sich über die Lohnnebenkosten und die Produktionsfaktoren erklärt.

Selbstverständlich sind auch wir der Meinung, Kollege Nowotny, daß die meisten Lohnnebenkostenanteile für die Sicherung des Sozialsystems aufgehen und daß man sich das sehr vorsichtig ansehen muß. Wenn man da Belastungen zurücknimmt, muß man sich auch erklären, woher man das nehmen will. Aber ich denke, wir sind uns darüber einig, daß wir es von Energie und Kapital nehmen wollen.

Da sind Sie sozusagen in Ihrer Logik stehengeblieben. Denn Sie haben diesen Schritt nicht nachvollzogen: weder beim Produktionsfaktor Energie noch beim Produktionsfaktor Kapital. Was bleibt, ist klarerweise die einseitige und deutliche Belastung des Produktionsfaktors Arbeit. Das ist offensichtlich nicht das, was Sie haben wollten – aber Sie präsentieren es uns hier als positives Ergebnis, Herr Kollege Nowotny!

Sie sind der Ökonom, und ich bin der Laie; trotzdem kann ich erkennen, daß das, was Sie als Intention, als gewünschten Steuerungseffekt anführen, mit dieser Steuerreform nicht eintritt. Doch Sie erklären mir dann als Ökonom, daß es trotzdem gut ist? – Da kann etwas nicht stimmen, Herr Kollege Nowotny! – Das ist Punkt eins.

Punkt zwei, Herr Kollege Nowotny: Sie haben zu Recht, wie ich meine, großen Wert darauf gelegt, daß das zählt, was die Leute bar auf die Hand bekommen. Das zählt, aber das fehlt in der Antwort des Finanzministers beziehungsweise des Herrn Staatssekretärs. In Frage 7 möchten wir Auskunft darüber bekommen: Wie hoch ist die steuerliche Entlastung bei einem Ministergehalt, verglichen mit der Entlastung bei einem Einkommen von 20 000 S?

Aber was macht der Herr Staatssekretär? – Ganz verschämt wird da die prozentuelle Entlastung angeführt, ganz verschämt wird die Entlastung im Ausmaß von 0,3 Prozent bei 100 000 S der "gewaltigen" Entlastung um 1,7 Prozent des Bruttobezugs bei 20 000 S gegenübergestellt. Gewaltig! Nur daß das für den einen, denjenigen mit 20 000 S, 4 000 S sind, daß es hingegen für denjenigen mit 100 000 S 7 000 S in bar – also "cash", was für Kollegen Nowotny sehr wichtig ist – und somit fast das Doppelte bedeutet, das wird in der Antwort verschwiegen.

Was ebenso verschwiegen wird, war Teil der Frage 6: Wie begründen Sie den sozialen Bedarf einer jährlichen Steuerentlastung bei Bruttomonatseinkommen von 100 000 S im Ausmaß von 7 000 S – da wird diese Zahl von uns selbst genannt –, während Monatseinkommen von 15 000 S mit nur 4 075 S entlastet werden und – so heißt es weiter – für die längst notwendige Erhöhung des Karenzgeldes offenbar keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung stehen?

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Auf der einen Seite versuchen Sie, uns die Familienreform zum zweitenmal zu verkaufen, im Entlastungsbeispiel des Kollegen Nowotny. Etwas, was wir schon längst beschlossen haben – und zwar nicht freiwillig, sondern weil der Verfassungsgerichtshof ein entsprechendes Urteil gesprochen hat –, rechnen Sie munter ein, um einen einigermaßen akzeptablen Entlastungseffekt für Familien mit 20 000 S plus 15 000 S Einkommen zu konstruieren.

Folgendes aber möchte ich Ihnen zu diesem Beispiel – mit den 20 000 S und den 15 000 S – noch sagen: So schön sieht die Situation für Personen und Familien mit 20 000 S plus 15 000 S und drei Kindern nicht aus! Da können Sie wieder mitrechnen, Herr Kollege Nowotny, welches Einkommen diese Familien mit insgesamt fünf zu versorgenden Personen tatsächlich haben. Bei 20 000 S und 15 000 S ist es schon die Hälfte der österreichischen EinkommensbezieherInnen, denen es nicht besser geht als dieser Familie. Das heißt nämlich nichts anderes, als daß für diese Familie trotz Ihrer "gewaltigen" Steuerreform im Endeffekt pro Person netto, "cash", bar auf die Hand nicht mehr als 6 000 S im Monat übrigbleiben.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Jetzt erklären Sie einmal, daß das ein toller Erfolg Ihrer Regierungspolitik ist, daß wir inzwischen für die Hälfte der Einkommensbezieher in diesem Land – bei einer Familie von fünf Personen – 6 000 S pro Person garantiert haben! Ist das ein toller Erfolg? Einkommen pro Monat? – Beileibe nicht, Herr Staatssekretär! Da fängt die Crux mit den Erklärungen an.

Damit komme ich noch einmal auf das Karenzgeld zurück. Wir hatten gestern eine Debatte über den Sozialbericht, und da ging es nicht nur um das Karenzgeld, sondern auch um Notstandshilfe und ähnliches. Es ging auch um die Tatsache, daß in diesem Land Hunderttausende entweder von einem Karenzgeld in der Höhe von 5 500 S oder von einer Notstandshilfe, die darunter liegt, leben müssen und daß diese Menschen von Ihrer Steuerreform überhaupt nichts haben.

Herr Kollege Posch, du schüttelst den Kopf. Den Sozialbericht hast du dir offensichtlich nicht angesehen. Diese Zahlen stehen drinnen. Es gibt Zehntausende Frauen, die weniger als 5 500 S als Notstandshilfe pro Monat bekommen. Das ist ein Faktum! Sie haben zusätzlich keinen Groschen, weil man neben der Notstandshilfe kein Geld hat; sonst bekommt man sie nämlich nicht. Das ist bitte Realität in unserem Land. (Abg. Dr. Feurstein: Es gibt ein Ehegatteneinkommen!)

Wo, bitte, bleibt die Entlastung für diese Gruppen? Wo ist sie enthalten? – Da werden zwar die schönen Familienbeispiele aufgeführt – auch für sie sieht es nicht so gut aus –, aber die breiten Gruppen von Armutsgefährdeten haben von dieser Reform nichts beziehungsweise am allerwenigsten.

Dazu habe ich noch eine Frage, Herr Staatssekretär, vielleicht können Sie sie mir beantworten. Bei den Steuertarifen wird – auch in den unteren Steuerklassen – der Entlastungseffekt einer Negativsteuer von 1 500 S ausgewiesen. Heißt das, daß diese Negativsteuer in Zukunft automatisch ausbezahlt wird? Oder geschieht das, so wie bisher, nur auf Antrag? – Wenn es nämlich nur auf Antrag dazu kommt, dann können Sie das gleich herausstreichen, weil das die wenigsten beanspruchen können. Es wäre daher eine Notwendigkeit, das als Automatismus einzuführen.

Eine zweite Frage: Wie sieht es mit der Mietzinsbeihilfe aus? Sie wissen – darüber haben wir etliche Anfragen gemacht –, daß die Mietzinsbeihilfe zurückgegangen ist, daß immer weniger imstande sind, die Mietzinsbeihilfe zu beantragen. Dadurch sparen Sie Geld! Jedes Jahr sparen Sie Hunderte Millionen Schilling, weil immer weniger in die Lage versetzt werden, die Mietzinsbeihilfe zu beantragen.

Ein dritter Punkt, ebenfalls verbunden mit einer Frage an Sie, bezieht sich auf die steuerliche Begünstigung der Altersvorsorge: Warum sind darin die Pensionsinvestmentfonds enthalten? – Es gibt Modelle von Pensionskassen, zu denen der Staat relativ klar und gut erklärt hat, was und wo Pensionskassen veranlagen dürfen. Für Pensionsinvestmentfonds gibt es nicht die gleichen Garantien wie für Pensionskassen. Das halte ich für einen falschen Weg: den Einstieg in eine steuerliche Begünstigung für eine private Altersversorgung, die den Einstieg in Spekulation bedeuten kann.

Allerletzter Punkt, Herr Staatssekretär: Ich denke, daß eine Steuerreform tatsächlich noch ausständig ist, eine Steuerreform, die mehr Gerechtigkeit schafft und vor allem die Produktionsfaktoren Kapital und Energie – nicht darauf vergessen, Kollege Posch! – tatsächlich in die Pflicht nimmt. Meiner Ansicht nach brauchen wir eine Steuerreform, die etwas mehr soziale Gerechtigkeit schafft.

Denn wie schon Augustinus sagte: Was anderes sind Staaten, wenn ihnen Gerechtigkeit fehlt, als große Räuberbanden? (Beifall bei den Grünen.)

16.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das waren 9 Minuten.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte.

16.40

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich kann die Opposition kritisieren, selbstverständlich hat sie das Recht, zu kritisieren.

Heute habe ich mir einmal angesehen, was die anderen über uns schreiben. Wenn man in die APA hineinschaut oder sich zum Beispiel eine seriöse Zeitung wie die "Zürcher Zeitung" ansieht: Was schreiben die Schweizer über unsere Steuerreform? – Sie sagen: 30 Milliarden Schilling werden bewegt. Das ist gut für die Wirtschaft, vor allem in die Richtung kleiner und mittlerer Einkommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotz allem, was die Opposition kritisiert, sind wir stolz auf diese Reform! Denn die kleinen Einkommen bis 20 000 S werden um 11 Milliarden Schilling entlastet. Die Einkommen bis 40 000 S werden um 4 Milliarden Schilling entlastet, die größeren Einkommen nur noch um 2 Milliarden Schilling. – Das schreibt die "Zürcher Zeitung". Das Resümee lautet: Diese Steuerreform ist sozial gerecht und stärkt die mittleren und kleinen Einkommen. Das war das erste Ziel der Aufgabenstellung dieser Koalitionsregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir alle wissen – selbst wenn das kritisiert wird –, daß eine Steuerreform in einer Koalition selbstverständlich einen Kompromiß bedeutet. Warum, bitte, soll man das nicht zugeben? – Natürlich versucht jede dieser beiden Parteien, die weltanschaulich unterschiedliche Positionen haben (Zwischenruf des Abg. Dr. Van der Bellen), ihre Standpunkte einzubringen, Herr Kollege Van der Bellen.

Sehen wir uns an, was die österreichischen Zeitungen schreiben. Der "Kurier" vom Mittwoch – Herr Kollege Van der Bellen, Sie kennen sicherlich diesen Artikel –: Diese Steuerreform bringt allen etwas. – Es wird auch genau aufgelistet, um welche Schwerpunkte es da geht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein paar Punkte aus dieser Steuerreform – und wenn Sie einen Blick auf die Tabelle machen, werden Sie das ja erkennen. Herr Kollege Öllinger, Sie haben gesagt, daß das keine so große Entlastung der kleinen Einkommen sei: Die Kleinverdiener sind mit 76 Prozent im Plus, und der Mittelstand zahlt im Monat um 588 S weniger an Lohnsteuer.

Wir sind stolz darauf, daß diese Steuerreform – trotz verschiedener Probleme, die es noch zu lösen gilt –, noch dazu in einem Wahljahr, ordnungsgemäß, teilweise friktionsfrei und trotz vieler Unterschiede in einem gemeinsamen Paket über die Rampe gebracht werden konnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wesentlich ist – das hat vorhin Herr Staatssekretär Ruttenstorfer gesagt –, daß mit dieser Steuerreform die unteren und mittleren Einkommen und damit die Masseneinkommen gestärkt werden, daß sie damit einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaftsbelebung in Österreich leistet und daß die Inlandsnachfrage steigt. Ein Steigen der Inlandsnachfrage ist selbstverständlich wieder etwas Positives für die Arbeitsplätze.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der zweite Punkt besteht darin, daß die Steuerreform im Gesamtpaket auch familienfreundlich ist. Schauen wir uns das einmal an, weil Herr Kollege Öllinger vorhin gemeint hat, daß ein Alleinverdiener mit vier Kindern von der Steuerreform wenig profitieren würde. Ich möchte ihm dazu folgendes sagen: Der Alleinverdiener Martin Fröhlich – er verdient monatlich brutto nicht 20 000 S, sondern 22 000 S und hat vier Kinder – profitiert von der Familienförderung im Ausmaß von 33 600 S und von der Steuerreform im Umfang von 4 052 S.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, auf solche Beträge und auf solche Zielsetzungen können wir letztlich stolz sein. Ich verstehe, daß Ihnen das zuwenig ist, daß Sie meinen, es sollte zu einer zweiten Reform kommen. Aber wenn ich mir diese eine Familie ansehe, Herr Kollege Öllinger, mit 22 000 S brutto und mit vier Kindern, dann sage ich: Wir sind darauf stolz – egal, ob es Ihnen paßt oder nicht! (Abg. Öllinger: Ich verstehe nicht, warum Sie und ich 7 000 S bekommen!)

Dritter Punkt: die Steuerreform. (Abg. Schwarzenberger: Das sind zusätzlich fast zwei Monatsgehälter!) Ich sage: Es ist eine saftige Lohnerhöhung im Bereich von – danke schön, Herr Kollege! – fast zwei Monatsgehältern.

Die Steuerreform wurde von Herrn Kollegen Peter so abgetan: Sie sei nicht wirtschaftsfreundlich. – Sehen wir uns das an.

Die Forschungsförderung wird von 25 auf 35 Prozent erhöht. Der Lehrlingsfreibetrag wird verdreifacht. Für die Weiterbildung wird etwas getan, ebenso für die Unternehmensgründung – das wurde schon ausgeführt, das möchte ich nicht wiederholen –, für die Betriebsübergaben, für die Eigenkapitalverzinsung, und es wird auch etwas für die Bauern getan, und zwar betreffend Biosprit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß schon, in der Koalitionsregierung muß sich einmal die ÖVP und einmal die SPÖ durchsetzen. Wir haben uns beide durchgesetzt! Es ist ein herzeigbares Paket für die Österreicherinnen und Österreicher geschnürt worden. Ich glaube, die Prämissen, die Finanzminister Edlinger vorgegeben hat, sind erfüllt worden: kein Sparpaket mehr, sozial ausgewogen, die Wirtschaft belebend, ein guter Kompromiß.

Ich füge aber hinzu, daß uns noch etwas anderes recht gewesen wäre. Wir werden später über diese Dinge reden. Die Wirtschaft entwickelt sich, und wir entwickeln uns alle, auch politisch. (Abg. Öllinger: Fragt sich, wohin!) Ich glaube auch, daß es in Richtung Wertschöpfungsabgabe gehen muß, damit haben Sie sehr recht. Es geht darum, den Faktor Arbeit zu entlasten.

Daher kann ich abschließend nur sagen: Wir sind stolz darauf, daß die Koalitionsregierung diese Steuerreform im Ausmaß von 30 Milliarden Schilling als Paket zustande gebracht hat. Wir sind stolz darauf, daß das für die österreichischen Steuerzahler beziehungsweise für die österreichischen Bürgerinnen und Bürger gemacht worden ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. – Bitte.

16.47

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der knappen Zeit, die mir jetzt zur Verfügung steht, möchte ich mich mit einigen Äußerungen meiner Vorredner von den Oppositionsparteien beschäftigen.

Man hat ja nicht alle Tage die Gelegenheit, den Kollegen Öllinger zu hören, wie er Augustinus zitiert. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, lautet das Zitat: Was ist ein ungerechter Staat anderes als eine Räuberbande! – Das zeigt meiner Ansicht nach die unterschiedlichen Zugänge zur Bewertung der Steuerreform.

Was Sie hier an ungerechter Steuerpolitik zur Bekämpfung von Armut und zur Erreichung höherer Verteilungsgerechtigkeit mit Augustinus vergleichen, zeigt doch den wesentlichen Unterschied, daß zu Zeiten des Augustinus der Großteil der Bevölkerung, der als arm gewertet wurde (Abg. Öllinger: Aber es ist ein gutes Zitat, stimmt’s?), die Armut nicht an der Teilnahme an Konsummöglichkeiten maß, sondern an der Frage, ob die nächsten Tage überhaupt das Notwendigste zum Überleben bereit hatten, und den Lebenshorizont in Tagen maß.

Insofern glaube ich ... (Abg. Ing. Langthaler: Wissen Sie, daß es noch immer viele Leute auf der Welt gibt, denen es nicht so gut geht?) Aber Gott sei Dank nicht in Österreich in diesem Ausmaß! Darin werden wir wahrscheinlich übereinstimmen, Frau Kollegin Langthaler.

Damit ist, glaube ich, auch klar, daß Kollege Peter recht hatte, als er sagte: Es ist der Regierung etwas gelungen, wo sie nichts falsch gemacht hat. – Meine Damen und Herren! Wenn man aufmerksam zugehört hat, hat sich gezeigt: Es ist Ihr Problem in der Bewertung dieser Reform, daß Sie eigentlich schwer begreiflich machen können, daß Sie mehr fordern. Es wird Ihnen niemand von den Regierungsparteien bestreiten, daß auch mehr hätte möglich sein können. Aber Gott sei Dank ist die Ausgangslage in Österreich so, daß wir zu keinen radikalen Schritten gezwungen sind, von der Bewertung dessen her, wo wir im internationalen Ranking stehen.

Wir werden uns bemühen, das, was jetzt nicht möglich war – aus meiner Sicht durchaus übereinstimmend mit manchen Ihrer Äußerungen in Richtung ökologische Steuerreform, Entlastung von Arbeit, Belastung von Ressourcenverbrauch und ähnliches –, in der nächsten Legislaturperiode konsequent in die Wege zu leiten. Aber Sie müssen schon zugeben: Wir haben dank der Qualität der Regierungsarbeit, des Fleißes unserer Bevölkerung und des jahrzehntelangen sozialen Friedens Gott sei Dank eine Ausgangslage, daß wir zu keinen radikalen Maßnahmen gezwungen sind. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Seidinger.)

Welch fürchterliche Bauchlandungen zu ehrgeizige Pläne und zu radikale Reformvorschläge mit sich bringen können, können Sie von den Grünen bei Ihrer Schwesterpartei in Deutschland – in der neuen Regierungskoalition zwischen Rot und Grün – miterleben. Dort muß in den ersten Monaten im Grunde genommen ums regierungspolitische Überleben gekämpft werden, weil die Bevölkerung für diese Ziele eigentlich wenig übrig hat.

Sehr einfach hat es sich auch Herr Kollege Böhacker gemacht. Ich muß aufgrund meines Lebenswegs, meines Berufes und meines Bildungsweges zugeben, daß ich jetzt nicht in ein fachliches Duell eintreten möchte. Aber gemessen daran, daß Ihnen Kollege Peter zugesteht, daß Sie als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer beruflich etwas von diesem Fach verstehen, haben Sie es sich extrem einfach gemacht!

Ich habe nach dem Bekanntwerden des Ergebnisses im Rundfunk Ihre Stellungnahme als freiheitlicher Wirtschafts- oder Finanzsprecher gehört. Wenn ich es richtig im Kopf habe, haben Sie gesagt: ein Reförmchen, das aber jetzt zwingend die Gefahr erhöht, daß Sparpakete kommen. Wenn man es sich so einfach macht, daß man sagt, es hätte mehr geschehen sollen, aber das, was gemacht wird, zieht Sparpakete als Konsequenz nach sich, dann gibt es nur einen Schluß: Mit jeder Nuance mehr hätte in Ihrer Logik das Sparpaket in der nächsten Legislaturperiode größer werden müssen. So einfach dürfte es sich vor allem ein Mann nicht machen, der auf diesem Gebiete eine berufliche Qualifikation für sich in Anspruch nimmt! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Böhacker: Sie präsentieren jetzt nur die Sonnenseite! Die Schattenseite kommt nach der Wahl!)

Geschätzte Damen und Herren! Ich sage auch Herrn Kollegen Van der Bellen, daß ich mich mit ihm nicht im geringsten fachlich duellieren möchte. Das wäre aus meiner Sicht vermessen. Aber es ist zu einfach, zu sagen: Vermögenswerte von 6 000 Milliarden Schilling in Österreich könnten in einer Vermögensteuer von einem halben Prozent pro Jahr 30 Milliarden Schilling einbringen. Okay! Nur, was macht man dann damit?

Da ist es mir in der Bewertung der Familiensteuereffekte, die in dieser Reform mit inkludiert sind, tausendmal lieber, für Familien mit Eigenheimen, Eigenwohnungen gibt es einen klaren familienpolitischen Schritt, als wir nehmen ihnen 1 000 S für ein Eigenheim oder für eine Eigentumswohnung monatlich in einer höheren Vermögenssteuer weg (Abg. Öllinger: Wann kommen die neuen Wohnungen?), die in diesen 30 Milliarden Schilling auch inkludiert wären, wenn Sie einen Verkehrswert von 3 Millionen Schilling für ein Eigenheim oder für eine Eigentumswohnung einer größeren Familie hernehmen.

Ich bin persönlich sehr froh darüber, daß es gelungen ist, mit der Anhebung des Mehrwertsteuerpauschales für die Landwirtschaft gerade in einer Situation, in der wir sehr unter Druck stehen, Gerechtigkeit herbeizuführen, vor allem mit einem klar steuerrechtlichen Schritt. Denn dort war auch nach der EU-Richtlinie, daß Pauschalsysteme neutral sein müssen, Handlungsbedarf gegeben. Ich wäre überhaupt nicht zufrieden gewesen, wenn da der Weg gegangen worden wäre, den Bauern die Verluste über Budgetbeträge auszugleichen, sodaß uns wieder vorgeworfen worden wäre, wie sehr wir am Tropf von Subventionen oder von öffentlichen Geldmitteln hängen. Meiner Ansicht nach ist da ein steuerlich gerechter, transparenter Weg – wie er selbstverständlich auch in allen anderen Bereichen gegangen wird – richtig.

Ich bin auch davon überzeugt, daß die Kombination daraus, gemäß den Ergebnissen der Bad Ausseer Regierungsklausur dem Dieseltreibstoff 2 Prozent Biodiesel beizumischen und darüber hinaus den Forschungsfreibetrag zu verdoppeln, die Möglichkeit bietet, in diesem Bereich – als Vorleistung für die ökologische Steuerreform und letztlich auch verbunden mit einer Forschungsintensivierung – die pionierhafte Rolle Österreichs fortzusetzen.

Gestatten Sie mir, abschließend zu einer Gesamtbewertung zu kommen. Wenn ich auf der einen Seite Kritik höre – daß im unteren Bereich mehr hätte geschehen müssen und in der Fragestellung an den Herrn Staatssekretär, welchen Bruttoeffekt das für den Herrn Minister oder einen Einkommensbezieher von 200 000 S hat, 7 000 S genannt werden – und auf der anderen Seite des politischen Spektrums das Flat-Tax-Modell steht, dann bin ich sehr froh darüber, daß in diese Steuerreform auch ein klarer Effekt zur Anerkennung von Leistung implementiert worden ist. Dazu steht die ÖVP. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich denke, die Regierung hat bewiesen, daß man unter unterschiedlichen Ausgangslagen miteinander auch einige Monate vor den Wahlen einen beachtlichen Schritt setzen kann, in dem wir uns beide finden können. Das ist meiner Ansicht nach für eine Regierung unverzichtbar und gibt auch Hoffnung für die nächste Legislaturperiode. (Beifall bei der ÖVP.)

16.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Trattner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

16.54

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Schwarzböck! Kollege Böhacker steht mit seiner Anmerkung bezüglich Neuverschuldung nicht allein da. Ich habe hier eine Wifo-Studie ... (Abg. Schwarzböck: Wollten Sie keine Reform? Keine Tarifanpassung?) – Jetzt passen Sie einmal ein bißchen auf!

Ich habe hier eine Wifo-Studie mit der Prognose für 1999 und 2000. In dieser steht dezidiert: Steuerreform hebt 2000 Defizit der öffentlichen Haushalte an. Die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte bewegt sich zwischen 1997 und 1999 nahe der 2-Prozent-Marke. Infolge der Steuerreform 2000 ist jedoch ein Anstieg auf 2,5 Prozent zu befürchten, sofern nicht besondere Disziplin auf der Ausgabenseite dies verhindert. – Zitatende.

Erst in der letzten Sitzung des Budgetausschusses haben wir die Budgetüberschreitungen behandelt. Im Unterrichtsbereich kommt es zu einer Überschreitung von über 2 Milliarden Schilling. Da geht es um Ressorts, die Sie verwalten und in denen Sie falsch prognostiziert haben! Damit werden die Maastricht-Kriterien eines Wachstums beziehungsweise einer Budgetdefizitquote von 1,4 Prozent beziehungsweise einer langfristigen Prognose zu einem ausgeglichenen Haushalt nicht erreicht werden können. Das ist nämlich der Grund. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist keine Reform, die Impulse für das Wirtschaftswachstum und für mehr Arbeitsplätze gibt, sondern das ist wirklich ein Reförmchen. Was sich hier heute bei der amtlichen Benzinpreisregelung abgespielt hat, war ja nur Ausdruck Ihres schlechten Gewissens, das Sie wegen der Steuerreform haben. Sie wollten nämlich am Dienstag hinausgehen und eine Steuerreform in Glanz und Gloria ankündigen: Jetzt ist uns der große Wurf gelungen, 31,5 Milliarden Schilling stellen wir der österreichischen Bevölkerung zur Verfügung!

Dann sind Sie aber draufgekommen, daß sogar die regierungsfreundliche Presse Ihre Steuerreform in der Luft zerrissen hat. Es gibt über diese Steuerreform keine positiven Artikel in den Medien, in der Presse: Das ist nur ein Reförmchen; Tarifanpassung, keine Impulse für den Wirtschaftsstandort Österreich; keine Impulse, wie sie Finanzminister Edlinger angedeutet hat.

Finanzminister Edlinger hat es klipp und klar gesagt: Eine Steuerreform im Wahljahr kommt für ihn nicht in Frage, weil da keine Steuerreform herauskommen kann, sondern bestenfalls eine Tarifanpassung. – In der Anfrage der Grünen ist die Punktation aufgelistet, welche Voraussetzungen aus Sicht des Finanzministers für eine Steuerreform entscheidend sind. Davon ist kein einziger Punkt verwirklicht worden. Kein Punkt ist in dieser Richtung verwirklicht worden!

Sie als ÖVP-Familienpolitiker, die Sie sich hier immer so groß und klar herausstellen: Was haben Sie sich bei dieser Steuerreform gedacht? – Sehen Sie sich doch einmal die Beispiele an!

Ein Alleinverdiener mit 25 000 S hat bisher eine Steuer von 40 500 S gezahlt. Nach dem neuen Steuertarif zahlt er 36 500 S. Da können Sie sagen, daß das eine Steuerersparnis von 4 000 S bedeutet. Ein Alleinverdiener, der eine Familie erhalten muß und ein 11 Jahre altes Kind hat: Ihr Beispiel aus den Steuerreformvorschlägen.

Wenn die beiden Ehepartner dieses Einkommen getrennt verdienen, der eine 15 000 S und der andere 10 000 S, dann beträgt die Lohnsteuer nur noch 6 900 S. Der unterschiedliche Effekt kommt daher, daß der Alleinverdiener eine Entlastung von 9,96 Prozent hat und die zwei Individualverdiener eine Entlastung von 44,77 Prozent haben. Wo bleibt da Ihre familienpolitische Kompetenz? – Die ist doch völlig verlorengegangen. (Abg. Jung: Umgefallen!)

Sie haben dort nichts von Ihren Wünschen umgesetzt. Hier haben Sie immer wieder gesagt, daß Sie für die Familien dasein wollen, haben aber genau das Gegenteil bewirkt: Die Familien mit Alleinverdiener sind um 9 Prozent entlastet worden, die zwei Individualverdiener hingegen um fast 45 Prozent. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der zweite Punkt ist folgender: Wo sind Ihre gesamten Vorstellungen für den Wirtschaftsstandort Österreich geblieben, und zwar gerade im Hinblick auf die Investitionen, gerade im Hinblick auf die Nichtbesteuerung des nichtentnommenen Gewinns? Wozu lassen Sie Gutachten von Professor Schneider erstellen?

Professor Schneider hat in einem Gutachten darauf hingewiesen, welche Impulse allein schon aus der Variante der Nichtbesteuerung des nichtentnommenen Gewinns entstehen. Über die Beschäftigungs- und Investitionsimpulse sagt Professor Schneider, daß dadurch mit einer Zunahme der Investitionen um 25 Prozent in den nächsten vier Jahren zu rechnen wäre. Man weiß, daß die Anlageninvestitionen in Österreich brutto jährlich 648 Milliarden Schilling betragen. Daher geht es da um zusätzliche Investitionen im Ausmaß von 160 Milliarden Schilling während der nächsten vier Jahre. Das bedeutet: 1 000 Insolvenzen weniger! Wo bleiben Sie von der ÖVP da als Wirtschaftspartei? (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Das bedeutet auch: 30 000 Arbeitsplätze mehr. Und das bedeutet, 40 000 Arbeitsplätze, die gefährdet sind, könnten gesichert werden. Das sind Maßnahmen, die man umsetzen muß, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind ja total umgefallen! Was ist denn mit der Aktiensteuer? – Sie haben ja gesagt, diese Aktiensteuer kommt für uns überhaupt nicht in Frage, eine Aktiensteuer mit einer Behaltefrist von zwei Jahren! Wissen Sie überhaupt, welches Wertpapier eine Aktie ist? – Das ist doch kein Wertpapier, das man unter den Kopfpolster legt. Eine Aktie ist eben ein spekulatives Anlagepapier. Eine Aktie ist ein Papier, um einem Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Man muß es diesem Unternehmen aber freistellen, ihm die Möglichkeit geben, Eigenkapital zu bilden, aber auch die Möglichkeit, sein Aktienpaket für den Fall, daß das Unternehmen nicht so gut geht, zu verkaufen, sich irgendwo anders zu beteiligen. Aber welchen Sinn hat es denn, da eine Frist von zwei Jahren einzuführen?

Kollege Böhacker hat es schon gesagt: Sie fangen jetzt mit zwei Jahren an, dann steigern Sie es auf drei, vier oder fünf Jahre, und dann können Sie dieses Aktienpapiergesetz mit der Spekulationsfrist wirklich ad acta legen.

Wo bleiben jetzt Ihre Ansagen in bezug auf die Schaffung von Eigenkapital? Wissen Sie, was bei dem Berechnungsbeispiel herauskommt, wenn man eine Eigenkapitalzufuhr von 100 000 S mit einer fiktiven Verzinsung von 5 Prozent und einer 25prozentigen Zinsertragsteuer annimmt? – Das ist ein Effekt von 800 S!

Genieren Sie sich nicht?! Genieren Sie sich nicht, vor Ihre Unternehmer zu treten, die Sie ja immer wieder zu vertreten vorgeben, und ihnen klarzumachen, daß das Ihr Investitionsanreizpapier ist, daß das das Papier ist, mit dem Sie Investitionen in Österreich in Gang bringen wollen? – Bitte, das ist doch mehr als peinlich!

Herr Finanzminister Edlinger hätte bei seiner ursprünglichen Meinung bleiben sollen: In einem Wahljahr kann keine Steuerreform zustandekommen! – Man hätte zuerst wählen lassen und danach eine ordentliche Steuerreform angehen sollen.

Vor allen Dingen hätte man etwas umsetzen müssen: Man hätte erkennen müssen, daß das Modell eines einfachen Steuersystems, wie es die Freiheitlichen in Form der Flat-tax präsentiert haben, ein richtiger Ansatzpunkt gewesen wäre. Aber Sie sind ja nicht bereit, über irgendeine Reform zu diskutieren, sondern höchstens über kleine Tarifanpassungen und sonstige Kleinigkeiten. Damit werden Sie aber den Wirtschaftsstandort Österreich nicht sichern können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. Frau Abgeordnete, Ihr Klub hat noch eine Redezeit von 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Langthaler – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich werde sie nicht überschreiten!)

17.02

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich weiß schon, daß Sie als Vertreter des Finanzministeriums bei der Steuerreform einen pragmatischen Zugang haben müssen – offensichtlich gerade in einem Wahljahr –, und daß offensichtlich jeder bestrebt ist, seine Klientel, so gut es irgendwie geht, zu bedienen.

Aber ein bißchen erwartet man sich doch von der Politik, daß sie mehr ist als das Bedienen seiner jeweiligen Klientel, und daß man sich doch überlegt: Wohin soll die Politik, die Steuerpolitik in großen Zügen gehen? In welche Richtung soll es gehen?

Diese österreichische Bundesregierung bekennt sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit zum Prinzip einer nachhaltigen Wirtschaft, zum Prinzip, daß in Zukunft Arbeit entlastet und Ressourcen besteuert werden müssen. Dieses Prinzip ist ja nicht vom Himmel gefallen oder ergibt sich ja nicht nur aus den hohen Arbeitskosten, beispielsweise in Österreich, sondern es ergibt sich auch dadurch, daß wir auf einem Planeten leben, der eine gewisse begrenzte Kapazität hat.

Nach wie vor gibt es ein Bevölkerungswachstum, eine Ausbeutung von Ressourcen und eine Umweltzerstörung, die einfach immer spürbarer wird. Es gibt einfach den Treibhauseffekt, und es ist bewiesen, daß er von Menschen verursacht wurde. Und es ist bewiesen, daß wir da einen Politikwechsel brauchen. Das sagt auch jeder Minister, vor allem dann, wenn die Presse dabei ist, bei allen sich bietenden Gelegenheiten.

Angeblich weiß das jeder und jede, aber wenn es dann konkret darum ginge, etwas dafür zu tun, dann verweist man halt leider auf den nicht vorhandenen Spielraum und darauf, daß halt leider national nichts mehr möglich ist und der internationale Gleichklang zu suchen sei.

Herr Staatssekretär! Mit Verlaub: Ich kann das nicht mehr hören! Nach neun Jahren immer das gleiche! Jedes Mal können wir Ihnen Unterlagen und Statistiken zeigen, aus denen Sie ersehen, daß es nirgendwo so unterschiedliche Kosten und auch Steuersätze wie gerade im Energiebereich gibt. Sie werden nie einen internationalen Gleichklang zusammenbringen! Man kann sich natürlich jahrzehntelang dahinter verstecken – wenn man nichts tun will. Aber es gibt Länder, auch in Europa, die schon versuchen, wenigstens ansatzweise in Richtung Ressourcenschonung zu gehen und in Richtung der Einführung, der Einbeziehung ökologischer Kriterien in das Steuersystem.

Herr Abgeordneter Schwarzböck hat gemeint: Schauen Sie doch nach Deutschland, das hat doch überhaupt nicht funktioniert! – Da kann ich nur sagen: Schauen wir doch nach Deutschland, wo gegen enorme Interessen, gegen große wirtschaftliche Kräfte, eine rot-grüne Regierung innerhalb weniger Wochen ein Konzept vorgelegt hat (Abg. Schwarzböck: Und wahrscheinlich daran zerbricht!), das in vielen Punkten hervorragend ist, während diese Bundesregierung in 13 Jahren nichts derartiges über die Bühne gebracht hat.

Das wird am 1. April in Deutschland in Kraft treten. Es ist durch den Bundesrat gegangen. Schauen wir uns doch die Zahlen an! Es werden in diesem Jahr umgerechnet 60 Milliarden Schilling sein, die aufkommensneutral verschoben werden, durch die Arbeitskraft entlastet und Energie belastet wird. (Abg. Schwarzenberger: Um 22 Milliarden mehr Steuern von den Bauern!) Es werden etwa auch 7 Milliarden Schilling – ein Wert, von dem man in Österreich nur träumen kann – in die gezielte Förderung erneuerbarer Energieträger hineingehen.

Es wurde auch konkret berechnet, welche Arbeitsplatzeffekte das hat. Wir alle kennen doch ein Weißbuch der EU-Kommission, in dem gesagt wird, gerade im Bereich erneuerbarer Energieträger können wir, wenn wir investieren, in Europa 500 000 neue Jobs sichern, Jobs, die nicht so konjunkturabhängig sind wie viele andere, neue Jobs, die qualitativ hochwertig sind und die vor allem in dezentralen Regionen, in denen es schwierige Arbeitsplatzsituationen gibt, wirklich greifen könnten.

Und bei uns gibt es eine Regierung, die eine breite Mehrheit nicht nur im Parlament hat, sondern offensichtlich auch in der Gesellschaft nach wie vor über eine hohe Akzeptanz verfügt, aber diese ist nicht in der Lage, Führung zu zeigen, Führungsqualität auch hinsichtlich von Maßnahmen zu beweisen, die vielleicht in vielen Bereichen noch unpopulär sind, aber von denen Sie doch angeblich überzeugt sind, daß sie richtig sind!

Wir hören es heute nicht zum ersten Mal, sondern ich weiß nicht, wie viele Jahre lang schon von der Regierungsbank aus: Im Prinzip sind wir ja einverstanden, natürlich muß es eine Ökologisierung des Steuersystems geben, nur leider nicht heuer. – Und das hören wir jedes Jahres wieder: Nur leider nicht heuer, aber vielleicht im nächsten oder übernächsten Jahr.

Wenn es diese Regierung mit einer Zweidrittelmehrheit und ihrer gesellschaftlichen Akzeptanz nicht schafft, das, was sie ja angeblich für richtig hält, auch gegenüber dem Boulevard oder auch gegenüber der Bevölkerung zu verkaufen, dann frage ich Sie: Welche Regierung soll das dann schaffen? (Beifall bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Schwarzböck! Und dann schimpfen Sie auf diese angeblich so schlimme rot-grüne Regierung in Deutschland. – Diese Regierung hat das gegen die Autokonzerne, gegen die E-Wirtschaft gemacht, mit 60 Milliarden Schilling in diesen neun Monaten im Jahre 1999. Und sie hat auch noch etwas anderes sehr wichtiges gemacht. (Abg. Kopf: Schauen wir uns dann die Auswirkungen an, die sektoralen Verzerrungen! – Abg. Schwarzenberger: Sie werden feststellen, wie stark die Arbeitslosigkeit steigen wird in Deutschland!)

Schauen wir uns die Auswirkungen an! Ich kann mich erinnern, bei Dänemark, mein Gott, was wurde da gejammert von so vielen Negativdenkern bezüglich der Ökosteuerreform. Es stimmt nicht ganz, Herr Staatssekretär Ruttenstorfer, ich habe mir das in Dänemark selbst ein paarmal angeschaut. Die Industrie ist in vielen Bereichen mit Schleifen ausgenommen, aber nicht vollständig. Und die Dänen haben etwas sehr ernstgenommen, nämlich das Ziel, das sie sich auch international gesteckt haben, das sogenannte Toronto-Ziel – minus 20 Prozent bei CO2 bis zum Jahre 2005 – wirklich anzustreben. Aber die österreichische Bundesregierung tendiert dazu, sich zwar formal Ziele zu setzen, oft sogar per Gesetz, aber wenn wir es dann nicht erreichen, dann sagen Sie: Oje, so ein Pech, wir haben’s leider nicht erreicht.

Wir werden das heute auch beim Ozonbericht sehen. Da hat die Bundesregierung gesagt: bis Ende 1996 minus 40 Prozent bei NOX und bei den leicht flüchtigen Kohlenwasserstoffen. – Leider sind es nur minus 20 Prozent geworden, also heißt es: Da kann man nichts machen, Pech gehabt. – Dabei wissen wir, wie es gehen würde.

Auch da wäre ein ganz wichtiges Kriterium, um das zu erreichen, die Ökologisierung des Steuersystems. Sie werden sonst nie zu einem Verursacherprinzip kommen, wie Sie es angeblich immer wollen! Dieses wirklich immer gleichbleibende Argument: Im Prinzip geben wir ja den Grünen recht, das ist schon notwendig, nur heuer ist es halt leider wieder nicht passiert, und wir müssen leider auf den internationalen Gleichklang warten! können wir nicht länger akzeptieren.

Herr Staatssekretär! Dieses Argument ist Ihrer nicht würdig! Das ist Ihrer nicht würdig, denn Sie wissen viel besser, wie die internationale Situation ist. (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen viel besser, was möglich wäre: daß nämlich gerade im Steuerbereich noch ein relativ großer Spielraum besteht für Österreich, für ein kleines Land, und daß es so etwas wie First-Mover-Vorteile gibt, gerade in einem Bereich, in dem man absehen kann, daß sich in den nächsten Jahren etwas tun wird in ganz Europa und möglicherweise auch in anderen Ländern.

Deshalb, Herr Staatssekretär: Ich weiß nicht, ob Sie der nächsten Regierung angehören, aber ich hoffe sehr, daß Sie dann jedenfalls einmal von der Regierungsbank aus verkünden: Dieses Jahr ist es uns gelungen! Es gibt endlich die Ökosteuerreform! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer, die eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung hat. – Bitte.

17.10

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei 12 Milliarden Schilling mehr an Familienunterstützung plus – Herr Kollege Trattner, das muß auch gesagt werden – der kostenlosen Mitversicherung der Familienangehörigen muß man feststellen, da ist Österreich als kleines Land schon Spitzenreiter unter den westlichen Ländern! – Das muß einmal ganz klar gesagt werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Petrovic: Feministisch ...!) – Der Verfassungsgerichtshof hat etwas anderes gesagt. Aber das, was er gesagt hat, das haben wir mit den 12 Milliarden Schilling längst erfüllt! Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen! (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte auch sagen, daß 1 686 S bar auf die Hand bei einem Einkommen einer Familie mit zwei Kindern von 20 000 S und 15 000 S – egal, wer von den beiden Erwachsenen die 20 000, und wer die 15 000 S verdient – spürbar sind, daß diese 1 686 S bar auf die Hand Geld für Menschen ist, die es brauchen! (Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler.) Das ist Geld, Frau Kollegin, für Menschen, die es brauchen, die es in Konsum umsetzen (Abg. Böhacker: Den "Konsum" gibt es nicht mehr! – Abg. Kopf: Was ist denn da passiert?!), die mit diesem Konsum unsere Wirtschaft ankurbeln und die damit auch unsere Arbeitsplätze sichern! Auch das muß gesagt werden! Bitte kritisieren Sie nicht immer nur, sondern diskutieren Sie diese Dinge auch einmal so, wie sie tatsächlich sind!

Noch ein Wort in Richtung FPÖ, weil schon mehrere Aussendungen mit dem Tenor gekommen sind, die Steuerreform brächte keine Arbeitsplatzeffekte. – Dazu möchte ich sagen: Wenn die Steuerreform einen Freibetrag von 5 Millionen Schilling bei Betriebsübergaben bringt, so heißt das, daß bei zirka 90 Prozent der Betriebsübergaben künftig keine Steuern mehr anfallen werden. Dann ist das aber auch eine Sicherung von Arbeitsplätzen, und dann heißt das auch, daß, wenn die Steuer, die sonst bezahlt hätte werden müssen, investiert wird, das auch eine Garantie für zusätzliche Arbeitsplätze ist. (Abg. Kopf: Auswirkung bei den Lohnnebenkosten!) – Das kommt ja noch dazu. Aber die FPÖ will das ja nicht hören. Sie will der Koalition auch nicht zugestehen, daß sie da gute Arbeit geleistet hat.

Die Steuerreform bringt natürlich auch – und das ist ebenfalls sehr wichtig – gegenüber unserem Vertragspartner, der Europäischen Union, einen kalkulierbaren Budgetkurs. Auch das ist wichtig: daß wir zu den Vereinbarungen stehen, die wir schließlich und endlich auch unterschrieben haben. Und vor allem ist die Steuerreform so angelegt, daß sie kein drittes Sparpaket bringen darf – und auch kein drittes Sparpaket bringen wird.

Kollege Maderthaner hat gesagt – auch aus den Reihen der Industriellenvereinigung habe ich das gelesen –, jetzt muß in der Verwaltung die Reorganisation vorangetrieben werden, es muß Bürokratieabbau betrieben werden.

Ich betone, auch ich stehe zur Verwaltungsvereinfachung und stehe sehr wohl auch bis zu einem bestimmten Grad zu einer Reorganisation. Aber, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, diese Verwaltungsvereinfachungen – mit diesem Titel wird das immer wieder bezeichnet – oder Reorganisationen dürfen nicht zu Zentralisationen führen, weil dadurch nämlich die Regionen ausgehungert würden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Den Regionen werden bestqualifizierte Arbeitsplätze entzogen, aber das kann es bitte nicht sein! Der Zentralraum bekommt einen Kollaps, und die Regionen sterben aus. Das darf nicht unser Ziel sein! (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege Maderthaner! Ich sehe auch einen Wermutstropfen in dieser Angelegenheit: Es ist zwar sehr positiv, daß künftig sowohl Weiterbildungsmaßnahmen im Betrieb als auch persönliche Weiterbildungsmaßnahmen weiter begünstigt werden, nur würde ich mir wünschen, und ich möchte darum bitten, daß man – wenn konkretisiert wird, was Weiterbildung bedeutet – diesen Begriff sehr großzügig auslegen kann.

Es stellt sich nämlich die Frage, ob man das nur auf eine Schiene legt und sagt, man darf sich nur in seinem Beruf weiterqualifizieren, oder ob man – wenn es Sinn macht, wenn es der Arbeitsmarkt erfordert – sagt, daß man den Zugang privat so wählen kann, daß man – etwa in Abendschulen – eine völlig andere Qualifikation neben seinem Beruf erwirbt. Darauf möchte ich hinweisen. (Abg. Kopf: Kochkurse und so weiter!)

Ein Letztes möchte ich noch in Richtung FPÖ sagen. Ein Kollege – sein Name fällt mir jetzt nicht ein – hat gefragt: Wann hören Sie auf, die Bürger hinters Licht zu führen? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Nein, nicht Kollege Trattner, Herr Böhacker war es, danke, Frau Kollegin. – Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ich frage Sie: Was ist das? – In Tirol sagen Sie zur Agenda "ja", aber hier im Parlament heißt es immer "nein". Zur Benzinpreisregulierung sagen Sie im Parlament "ja", aber aus Kärnten kommt der Ruf "nein". – Bitte, was ist das? Bedeutet das nicht, die Bürger hinters Licht zu führen? Denken Sie bitte darüber nach! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Haigermoser: Warum sind Sie so aufgeregt, Frau Kollegin? – Abg. Böhacker: Wie heißt sie? Wie heißt die Kollegin? Mir ist der Name entfallen! – Abg. Tichy-Schreder – in Richtung Freiheitliche –: Das ist peinlich!)

17.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Feurstein gelangt nun zu Wort. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

17.16

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war schon interessant, die unterschiedlichen Standpunkte der einzelnen Oppositionsparteien kennenzulernen.

Herr Abgeordneter Peter war so ehrlich, zu sagen, jawohl es ist eine gute Reform, es ist der richtige Weg, aber es ist ihm zu wenig. – Das akzeptiere ich bei einem Oppositionspolitiker, daß es ihm zu wenig ist. Aber mehr als 30 Milliarden Schilling an Steuerersparnis, meine Damen und Herren, wären, wenn wir die Sanierung und Konsolidierung unseres Staatshaushaltes ernst nehmen, nicht möglich! Das würde dann nämlich ein neuerliches Sparpaket verursachen. Darum haben wir uns auf die Vorgabe des Finanzministers eingeschworen, diese 30 Milliarden Schilling können wir den Steuerpflichtigen ab 1. Jänner 2000 zurückgeben. – Das ist ein ganz wichtiger Punkt der Änderung des Steuerrechtes.

Nun kommen die Grünen daher und verkünden wirklich ganz unverschämt: 80 Milliarden Schilling könnten verschoben werden. 30 Milliarden Schilling könnte man auf das Vermögen der Österreicherinnen und Österreicher drauflegen und abschöpfen. Ich betone: 30 Milliarden Schilling! Die Einfamilienhausbesitzer, die Wohnungseigentümer und so weiter "dürften" 30 Milliarden Schilling bezahlen! – Meine Damen und Herren! Dazu sagen wir: Nein, danke, das kommt für uns nicht in Frage. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kopf: Wenn man aber kein Eigentum will?!)

Wir treten für diejenigen ein, die gespart, die Eigentum geschaffen haben, die sich Wohnungseigentum geschaffen haben! Und wir sind stolz darauf – das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit –, daß wir vor wenigen Jahren die Vermögenssteuer in Österreich abgeschafft haben. Darauf sind wir stolz, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Dann kommt jemand daher und fragt: Was ist mit den Lohnnebenkosten? Nicht senken, sondern verschieben! (Ruf bei den Freiheitlichen: Die Kommunalabgabe erhöhen!) Sie verschieben die Lohnnebenkosten einfach zu anderen, indem sie eine Wertschöpfungsabgabe einführen. – Was bedeutet das, meine Damen und Herren? Das bedeutet nichts anderes, als daß andere Wirtschaftszweige die Belastungen bezahlen müßten. Die Belastung bleibt gleich. Das bleibt gleich, meine Damen und Herren. (Abg. Böhacker: Der Koalitionspartner ...!) – Das ist vermutlich auch Ihr Vorschlag. Ich bedauere es, wenn Sie diesen Vorschlag bringen, Herr Böhacker. Aber das machen wir Gott sei Dank nicht. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Böhacker.) – Danke, das nehme ich zur Kenntnis.

Auch da sagen wir zu den Grünen: nein, danke! Es kommt für uns nicht in Frage, eine Wertschöpfungsabgabe einzuführen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wollen echte Steuersenkungen. Wir wollen, daß die Österreicherinnen und Österreicher von dieser Steuersenkung auch etwas haben, meine Damen und Herren. Wir wollen nicht eine Steuersenkung à la FPÖ – diese "berühmte" Flat-tax. Wer würde denn davon profitieren? (Abg. Schwarzenberger: Die "Flader-tax"!) – Nein, "Flader-tax" sage ich nicht. Ich verwende diese Formulierung nicht, ich bleibe beim offiziellen Ausdruck.

Meine Damen und Herren! Wer profitiert von der Flat-tax? – Natürlich die ganz gut Verdienenden, die natürlich bei der FPÖ beheimatet sind. Für Ihre Klientel wollen Sie eine neue Steuer einführen – und nur für Ihre Klientel, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Abg. Scheibner: Ihr einziges Problem ist, daß das nicht die ÖVP erfunden hat!)

Wir treten für die Familie ein. Und wir sind schon stolz darauf, daß es uns gelungen ist, daß wir künftig Familien mit Kindern ganz besonders begünstigen können, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger. – Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! 60 Prozent – ich habe das nachgerechnet, das wird mir niemand widerlegen können –, 60 Prozent der Steuersenkung kommen Personen, Steuerzahlern zugute, meine Damen und Herren, ... (Neuerliche Zwischenrufe und Unruhe im Saal.) – Ich bitte, eure Zwischengespräche einzustellen! Lieber Georg! Bitte stell die Zwischengespräche ein! Ich bin jetzt am Wort, meine Damen und Herren! Ich bin jetzt am Wort, und nicht jemand anderer. – Das möchte ich zum Ausdruck bringen! (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind wirklich stolz darauf, daß die Familien mit Kindern begünstigt werden. Und 60 Prozent von diesen 30 Milliarden Schilling, meine Damen und Herren, bekommen Familienerhalter mit Kindern. 18 Milliarden Schilling von diesen 30 Milliarden Schilling kommen also Familienerhaltern mit Kindern zugute, und das ist ein großer Erfolg! Darauf sind wir stolz!

Ein Beispiel: Eine Familie mit zwei Kindern, 12 und 20 Jahre, zwei Einkommen, der eine Ehepartner verdient 20 000 S, der andere 15 000 S. Die Steuerersparnis für diese Familie gegenüber 1998 wird im Jahre 2000 22 200 S betragen, meine Damen und Herren. Das ist mehr, als die beiden Ehepartner nach Abzug der Steuern netto in einem Monat verdienen. 22 000 S für eine Familie mit zwei Kindern! (Abg. Madl: Zwei Verdiener? Und wie schaut es mit Alleinverdienern aus? – Abg. Kopf: Sie kennt sich schon aus, so ist es nicht!) – Zwei Verdiener, richtig. Jawohl, ich bin sofort bereit, auch ein Beispiel mit einem Verdiener zu bringen.

Auch für diesen Fall habe ich nachgerechnet, und es ergibt beinahe den gleichen Betrag. Es ist um 2000 S weniger. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Madl.) Es ist um genau 2000 S weniger. Sie haben in Ihrer Rechnung nämlich nicht berücksichtigt, daß wir auch den Absetzbetrag des Alleinverdieners erhöhen wollen. Dieser wird am 1. Jänner 2000 erhöht.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Steuersenkung für die Familien, für diejenigen, die Kinder erziehen, die Kinderbetreuung leisten. Es ist eine Steuersenkung – das ist ganz entscheidend – für die niedrigen und mittleren Einkommen. Auf diese Steuerreform sind wir stolz. Und ich sage Ihnen ganz offen: Ich hätte mir eine solche Steuerreform nach den ersten Mitteilungen, die wir von unserem Koalitionspartner gehört haben, nicht erwartet. Gott sei Dank ist unser Koalitionspartner auf unsere Vorschläge in wesentlichen Bereichen eingegangen. Und dafür bin ich dankbar! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Bravo!)

17.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Abgeordneter Haigermoser, der eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 4 Minuten angegeben hat. – Bitte.

17.23

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Feurstein, Sie müssen sich schon Ihre eigenen Versprechungen vorhalten lassen, denn so wird es nicht gehen: Zuerst versprechen Sie das Blaue vom Himmel herunter (Abg. Dr. Höchtl: Das Blaue versprechen wir nie!), und dann sagen Sie: So genau kann man es nicht nehmen; wir haben es nicht so gemeint!

In Richtung des Kollegen Schwarzböck möchte ich sagen: Ich bin so froh, daß Böhacker mein Steuerberater ist und nicht der Herr Schwarzböck, denn er hätte sicherlich die roten Zahlen zu schwarzen gemacht, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Höchtl: Sei froh, daß du nicht den Rosenstingl genommen hast!) So eine Ahnungslosigkeit, wie wir sie hier von ihm erleben mußten, schreit ja zum Himmel, meine Damen und Herren!

Herr Kollege Maderthaner! Gerade Sie, der Sie heute wirklich die Oberjubelmeldung zu dieser "Steuerreform" – unter Gänsefüßchen – abgegeben haben, müßten sich eigentlich noch daran erinnern, welches Ultimatum Sie der Bundesregierung gestellt haben. Sie haben großspurig Ihren Zwangsmitgliedern mitgeteilt, was Sache ist anläßlich dieser Steuerreform. Da haben Sie gesagt, die Wirtschaftskammer setzt der Regierung jetzt Fristen. Da gab es eine Frist bis zum 5. Februar 1999, einen Fristsetzungsantrag. Wenn es bis zu diesem Datum nicht klappt, dann werden wir Tacheles reden, haben Sie sinngemäß gemeint. (Abg. Ing. Maderthaner: Alles kann man nicht auf einmal machen!)

Nun, wie sieht es denn aus mit diesen Ihren Forderungen? (Der Redner hält einen Zeitungsartikel in die Höhe.) – Ich zitiere Sie aus einem Artikel unter Ihrem Photo und dem des Herrn Generalsekretärs Stummvoll. Darin heißt es:

Im letzten Koalitionsabkommen versprochen, aber nicht eingelöst wurden weiters die befristete Anhebung des Investitionsfreibetrages bei Gründung oder Erweiterung von Unternehmen. Alternativ wäre die vorzeitige Abschreibung beziehungsweise und/oder komplementär dazu die Einführung eines Verlustrücktrages für Unternehmensgründer wünschenswert. Um Arbeitnehmern den Sprung in die Selbständigkeit zu erleichtern, sollte die Möglichkeit des Verlustrücktrages geschaffen werden. So könnten Anlaufverluste gegen das frühere Arbeitnehmereinkommen verrechnet werden. Zuständigkeit: Steuerreformteam frißt Steuerreform. – Zitatende. (Abg. Kopf: "Wünschenswert"!)

Was haben Sie davon eingeführt? Was haben Sie halten können? – Jetzt reden Sie sich auf den Koalitionspartner aus! Aber dann hätte ich doch zumindest von Ihnen einen einzigen Satz der Kritik hören müssen! Dann hätten Sie doch sagen können: Gut, wir haben uns da nicht durchgesetzt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kopf: Ist das ein Muskelspiel mit dem Wort "wünschenswert"? Bleiben Sie doch ein bißchen seriöser!)

Es war einiges positiv, das gebe ich Ihnen ja zu, aber wenn Sie einerseits Fristen setzen und die Muskeln spielen lassen, es aber andererseits nicht halten, dann dürfen Sie sich nicht wundern, Herr Präsident Maderthaner, wenn Sie hier bei Ihren Versprechungen genommen werden und wenn die Mitglieder berechtigterweise fragen: Wo ist denn der Herr Maderthaner gewesen mit seiner Durchsetzungskapazität?

Meine Damen und Herren! Sie dürfen sich auch nicht wundern, wenn Herr Steininger in den "Salzburger Nachrichten" Ihnen ausrichten läßt – ich zitiere –:

Das ursprüngliche Ziel des Unternehmens ist mit Abstand nicht erzielt worden. Der Auftrag, den die Regierung sich gesetzt hat, Entlastung des Faktors Arbeit, ist nicht passiert. – Zitatende.

Auch bei den Lohnnebenkosten sind Sie nicht tätig geworden. Sie schicken bunte Bilder durch die Gegend, meine Damen und Herren, mit Zahlen, Fakten und Statistiken. Diese Unterlagen sind ja großartig ausgearbeitet. Ihre Mitarbeiter haben das ja auf den Punkt, auf den Farbpunkt gebracht. Sie fordern entsprechende Maßnahmen, setzen Fristen, sind aber dann auch bei den Lohnnebenkosten nicht tätig geworden.

Sie könnten doch zumindest – und ich wiederhole den Vorschlag so lange, bis es der letzte Unternehmer und der letzte Arbeitslose über 50 Jahre weiß – einen Beitrag leisten, indem Sie die Kammerumlage 2 in diesem Bereich einsparen – meinetwegen befristet, bis sich die Arbeitssituation bei den über 50jährigen Arbeitslosen verbessert hat. Dies wäre zum Nutzen der Arbeitsplätze und der älteren Arbeitnehmer, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gäbe und gibt noch Dinge zuhauf, die Sie versprochen und von denen Sie gesagt haben: Das ist quasi die Deadline, das ist die Latte, über die wir müssen. – Daher ist es mehr als berechtigt, wenn Ihnen heute nahezu alle Fachzeitschriften in Österreich sagen, es war ein Reförmchen, und es gibt da oder dort Peanuts, Herr Staatssekretär.

Es gibt da oder dort Peanuts, die nicht als große Reform bezeichnet werden können. Wenn Sie ehrlich gewesen wären, dann hätten Sie gesagt: Wir haben aus diesen oder jenen Gründen nicht mehr zusammengebracht. Aber diese Geschichte so abzufeiern, wie Sie das getan haben, Herr Präsident Maderthaner, das war peinlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung von Frau Abgeordneter Madl vor. Frau Abgeordnete, Sie haben eine Redezeit von 3 Minuten; das ist der Rest, der für Ihre Fraktion übrigbleibt. – Bitte.

17.27

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich möchte zwei Punkte beleuchten, und zwar im Zusammenhang mit der Rolle der ÖVP in diesem Steuerreformpaket. Aber zuvor möchte ich noch eine Behauptung und Berechnung, die Herr Kollege Feurstein aufgestellt hat, berichtigen.

Herr Kollege Feurstein! Sie haben von einer Familie mit zwei Kindern gesprochen. In dem einen Fall verdienen beide Ehepartner, im anderen Fall gibt es einen Alleinverdiener. Es ist absolut nicht richtig, was Sie gesagt haben, nämlich daß wir vergessen haben, den Alleinverdienerfreibetrag dazuzurechnen. (Abg. Dr. Feurstein: Die Erhöhung!)

Sie meinen den allgemeinen Absetzbetrag, der ja beiden zugutekommt. (Abg. Dr. Feurstein: Nein!) Dieser wird erhöht, aber es steht nirgendwo in diesem Steuerpapier, daß auch der Alleinverdienerfreibetrag so erhöht wird (Abg. Dr. Feurstein: Das ist schon beschlossen!), daß es eine Gleichheit gibt zwischen dem Einkommen eines Alleinverdieners und den Einkommen zweier Verdiener in einer Familie, bei gleichen Bedingungen, bei gleicher Kinderanzahl und in der gleichen Höhe.

Das ist eine Ungleichbehandlung und eine tatsächliche Schlechterstellung des Alleinverdieners, die die Handschrift, die die ÖVP normalerweise hat, vermissen läßt. Darüber eine Jubelmeldung abzugeben und das so hinzustellen, als ob das sozial gerecht wäre, ist ja eine Aussage, die wirklich in die Öffentlichkeit gehört!

Zum zweiten, bei dem mir die Handschrift der ÖVP fehlt. Herr Maderthaner ist heute hier herausgekommen und hat gelobt, was nicht alles für die Wirtschaft in diesem Steuerpaket und in dieser Steuerreform drinnen gewesen ist. – Herr Maderthaner! Sie haben gefragt: Was wollen Sie denn? Es wird eine enorme Entlastung der kleineren Betrieben geben, weil der 13. Umsatzsteuertermin nicht mehr wahrgenommen wird!

Dazu sage ich Ihnen: Massive Beschwerden hat es gegeben, wie überhaupt der 13. Umsatzsteuertermin eingeführt werden konnte! Das war ja überhaupt die ärgste Ungerechtigkeit, bei 12 Monaten einen 13. Termin einzuführen – noch dazu zum Jahresende, wo es für jeden Betrieb eklatant schwer ist, im Dezember noch einmal eine zusätzliche Umsatzsteuervorauszahlung – eine dreizehnte! – zu leisten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dem haben Sie zugestimmt, und das hat Ihnen innerhalb der Wirtschaft sehr, sehr geschadet! Denn gerade die kleinen und mittleren Betriebe haben dabei wirklich sehr draufgezahlt. Und jetzt zu sagen, das sei eine Entlastung, ist unrichtig. Das ist nur eine Revidierung, und auch das nur bis zu 10 000 S! Das ist nur eine Revidierung des Unrechts, das Sie in den letzten drei Jahren den kleinen und mittleren Betrieben zugefügt haben – mit Ihrer Zustimmung, Herr Maderthaner! Ich betone: mit Ihrer Zustimmung! Und jetzt rechnen Sie das in die Steuerreform ein. Das ist eine Frechheit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und was ich dazu noch sagen wollte: Ich vermisse den "Leitl-Plan" in diesem Steuerpaket. Wo ist er denn? – Landesrat Leitl hat sich ja unsere Idee auf seine Fahne geheftet. Vor eineinhalb Jahren ist er damit hausieren gegangen. In allen Medien, im Wahlkampf, überall war vom "Leitl-Plan" die Rede. Wirtschaftslandesrat, ÖVP, Oberösterreich wird gehört in Wien, hat es geheißen. Es war schon einmal in Diskussion, daß er etwas höhere Ehren anstrebt. – Was ist mit diesem "Leitl-Plan"? Wo gibt es jetzt eine Entsteuerung nichtentnommener Gewinne? (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen. – Abg. Schwarzenberger: Sind Sie auch für die Abschaffung des 13. und 14.?) Wo ist sie denn, die Entsteuerung nichtentnommener Gewinne, die so viele Arbeitsplätze geschaffen hätte? – Gar nichts ist!

Es findet sich die Handschrift der ÖVP in diesem Steuerpaket und in dieser Steuerreform, eine Handschrift, die so aussieht, daß überhaupt nichts von ihren Vorhaben drinnen ist. (Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Es ist die Handschrift des Über-den-Tisch-Ziehens, die sich schon jahrelang wie ein roter Faden durch Ihre Fraktion zieht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Feurstein hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie haben noch 4 Minuten Redezeit für diese zweite Wortmeldung zur Verfügung. – Bitte. (Abg. Scheibner: 4 Minuten zuviel!)

17.31

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal klar zum Ausdruck bringen – das ist nämlich bezweifelt und wiederum mit unrichtigen Fakten dargelegt worden (Abg. Böhacker: Wo steht das?) –: Die ganz wesentliche Handschrift dieser Steuersenkung ist, daß wir die Familien, die Familienerhalter entlasten. (Abg. Madl: Das ist ja ein Beitrag! – Abg. Böhacker: Das ist ein Beitrag, keine Berichtigung! – Abg. Dr. Khol: Ja, das ist ein Beitrag!) Es ist ein Redebeitrag.

Wir entlasten sie ganz wesentlich, und Sie haben nicht beachtet oder schon wieder vergessen, Frau Abgeordnete Madl, daß wir bereits eine Erhöhung des Alleinverdienerfreibetrages beschlossen haben. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Madl.) Das wurde bereits beschlossen hier im Hohen Hause. So kurz ist Ihr Gedächtnis, daß Sie sich gar nicht mehr daran erinnern, was wir hier eigentlich schon alles gemacht haben. (Abg. Haigermoser: Vom kurzen Gedächtnis schweigen Sie lieber, sonst zitiere ich Kreisky!) Ich bedauere das und möchte es Ihnen wieder in Erinnerung rufen.

Jetzt bringe ich Ihnen aber ein Beispiel, das wirklich zeigt, wie die Familie entlastet wird. Nehmen wir eine Familie mit zunächst zwei Verdienern, der eine 14 000 S, der andere 13 000 S, zusammen ein Bruttoeinkommen von 27 000 S, und drei Kinder. Die Steuerersparnis einschließlich der Veränderung der Kinderabsetzbeträge (Abg. Madl: 27 000 S und drei Kinder! Das geht aber wirklich nicht! Wo gibt es das in Österreich?) – da ist die Familienbeihilfe nicht dabei, wie Sie wissen; die ganze Familienbeihilfe ist da nicht dabei –, also die Steuerersparnis beträgt in diesem Fall 32 400 S. (Abg. Madl: Wo gibt es das in Österreich? 27 000 S und drei Kinder! Das ist unter der Armutsgrenze! Das ist ja lächerlich!)

Deshalb geben wir einer solchen Familie eine zusätzliche Steuersenkung von 32 400 S im Jahre 2000, meine Damen und Herren. (Abg. Madl: Das ist ja beschämend, daß Sie so ein Beispiel bringen!) Da soll noch jemand sagen, wir nehmen nicht Rücksicht auf jene Gruppen und auf jene Menschen (Abg. Haigermoser: Er glaubt das anscheinend selber, was er da verzapft!), die diese Steuersenkung aus einer finanziellen Notwendigkeit heraus wirklich brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch in einem weiteren Punkt unterscheiden wir uns ganz grundsätzlich. (Abg. Madl: In dem, was für die Familien gut ist!) Jawohl, wir treten für die unteren und kleineren Einkommen ein, und zwar ganz entschieden. Jemand – denn auch davon wurde hier gesprochen –, der 11 000 S brutto verdient – 11 000 S, Herr Van der Bellen –, zahlt heute und in Zukunft keine Steuer – das Beispiel war schlecht gewählt von Ihnen –, aber jemand, der 15 000 S brutto verdient, hat nun einmal eine Steuerersparnis von 35 Prozent, und der wird diese Steuerersparnis von 35 Prozent natürlich auch entsprechend spürbar vermerken können. Jemand allerdings, der mehr verdient, der ein hohes Einkommen hat, hat eine ganz minimale Steuerersparnis. (Abg. Madl: Ja, jemand, der über 50 000 S verdient ...!)

Und zu noch etwas bekennen wir uns, im Unterschied zu Ihnen: Jawohl, wir sind auch für eine Entlastung dort, wo eine Belastung durch die kalte Progression entstanden ist. Dafür sind wir eingetreten, das haben wir erreicht, und ich glaube, es war auch richtig, daß wir dort, wo durch die kalte Progression der letzten Jahre Belastungen entstanden sind, eine gewisse Entlastung durchgesetzt haben durch dieses Steuersenkungspaket, das in den nächsten Monaten vorgelegt und hier im Nationalrat beschlossen werden wird. (Beifall bei der ÖVP.)

17.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 5332/AB

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen weiters zu einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundeskanzlers 5332/AB.

Diese schriftliche Beantwortung ist bereits im Saal verteilt worden; eine Verlesung erübrigt sich daher.

Ich möchte noch kurz die Redezeiten in Erinnerung rufen: Unterzeichner des Verlangens haben als Erstredner 10 Minuten Redezeit, alle anderen Abgeordneten 5 Minuten zur Verfügung. Stellungnahmen der Mitglieder der Bundesregierung und der Staatssekretäre sollen 10 Minuten nicht überschreiten.

Herr Abgeordneter Dr. Kier ist ein Unterzeichner dieses Verlangens und hat als Erstredner das Wort, und zwar mit einer Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

17.36

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Anfrage des Liberalen Forums betraf Teilaspekte des Regionalradiogesetzes, und ich wäre Herrn Klubobmann Khol dankbar, wenn er jetzt den Herrn Staatssekretär nicht mehr ablenkte – er hört das nicht (Abg. Tichy-Schreder: Andreas!) –, weil ich tatsächlich ein paar Fragen in den Raum stellen möchte, und ich möchte vermeiden, daß der Herr Staatssekretär das dann nicht beantworten kann.

Das ist nämlich deswegen notwendig, und die Besprechung der Anfragebeantwortung wurde von der liberalen Fraktion deswegen begehrt, weil die Antwort auf diese unsere Anfrage, 5526/J, extrem spärlich ausgefallen ist, spärlich insofern, als diese Anfrage keineswegs darauf gerichtet war – so wie man das der Antwort entnehmen könnte –, sich in die Zuständigkeiten der hier so schön zitierten Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag einzumengen, sondern es ist darum gegangen, den Wissensstand des Herrn Bundeskanzlers als dem in der Regierung für diesen Bereich verantwortlichen Regierungsmitglied über bestimmte Entwicklungen in den Beteiligungsverhältnissen, insbesondere der Privatradiobetreiber, zu erkunden und eben zu erfragen, weil wir absolut gesichert davon ausgehen, daß auszuschließen ist, daß das Bundeskanzleramt, das auf der Regierungsebene hiefür die Zuständigkeit hat, diese Fakten, die wir abgefragt haben, nicht zur Verfügung haben könnte. Das schließen wir absolut aus.

Es ist mir unvorstellbar, daß die Tatsache, daß für die Handhabung dieser Dinge eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag eingerichtet ist, bedeutet, daß diese Behörde eine "black box" ist und daß man nicht berechtigt ist, auch als Regierungsmitglied nicht berechtigt ist, wenigstens zu wissen, was sich dort tut. Man muß bedenken, daß Beteiligungsverhältnisse an diesen Radiogesellschaften eine im einschlägigen Gesetz verankerte Relevanz haben, weshalb es nicht gleichgültig sein kann, welche Wahrnehmungen man hat und über welchen Wissensstand man verfügt.

Alle Fragen, die wir gestellt haben, waren Fragen nach dem Wer und Ob, etwa ob und in welchem Umfang es Fristversäumnisse gegeben hat. Das alles sind Fragen, die in keiner Weise in die Gestion dieser Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag Einfluß nehmen, sondern das ist einfach etwas, wovon wir erwarten, daß es der Bundeskanzler weiß, ja daß es seine politische Verantwortung ist, das zu wissen, und daß es unser parlamentarisches Recht ist, das auch in Erfahrung bringen zu wollen.

Ich gebe zu, es wäre auch möglich, in den Firmenbüchern eine Recherche anzusetzen und dort durch Einsichtnahme in die Urkundensammlungen und eben in das Firmenbuch auf allen seinen Ebenen nachzuzeichnen, welche Beteiligungsstrukturen sich entwickelt haben, wer dort in den Firmenbüchern aufscheint, wann die Eintragungen erfolgt sind, mit welchen Verträgen das gemacht wurde und so weiter.

Aber es kann doch nicht Sinn der Sache sein, Meldepflichten – durchaus von mir eingeräumt – gegenüber einer bestimmten Behörde einzuführen, wenn dann der Bundeskanzler möglicherweise seine Beamten, bevor er so etwas beantworten könnte, erst zur Einsichtnahme in die Firmenbücher schicken müßte. Es gibt keinerlei Geheimhaltungsanspruch für diese Daten. Es ist, da im Gesetz vorgesehen ist, daß bestimmte Beteiligungsverhältnisse vorherrschen sollen, ja geradezu eine Notwendigkeit, daß diese Beteiligungsverhältnisse auch im öffentlichen Raum offenliegen.

Den Printmedien trauen wir ohne weiteres zu, daß sie einmal im Jahr veröffentlichen, wer, was, wie, wo, im Detail. Das ist eine vernünftige Sache. Im Privatradiogesetz ist so eine Veröffentlichungspflicht nicht vorgesehen, aber umso mehr, würde ich sagen, wäre es doch wohl selbstverständlich, daß der in der Bundesregierung politisch Verantwortliche – in diesem Fall der Herr Bundeskanzler – eben in der Lage ist, diese Auskünfte, wenn man sie begehrt, zu geben.

In diesem Sinne, muß ich sagen, war die Beantwortung durch den Herrn Bundeskanzler eben eine Nichtantwort, eine Verweigerung der Antwort; möglicherweise aufgrund der mißverständlichen Annahme – ich baue jetzt eine kleine Brücke –, daß er das nicht machen darf wegen der Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag. Aber ich sage Ihnen, er darf natürlich, ja, ich würde sagen, er muß sogar im politischen Verständnis.

Das Interpellationsrecht ist daraufhin orientiert, Kontrollmöglichkeiten des Nationalrates wahrnehmen zu können, und zu den Kontrollmöglichkeiten gehören Kenntnisse von Sachverhalten. Wenn sich aber die Antwort darauf beschränkt, daß 36 Schriftsätze eingebracht wurden und so weiter – ich brauche das hier nicht zur Verlesung zu bringen –, dann ist das einfach dünn, dann kann man daraus zwar die Frequenz von Meldungen erkennen, aber der Informationsgehalt ist marginal.

Daher bitte ich den Herrn Staatssekretär, der heute hier anwesend ist, daß er entweder von der Regierungsbank aus diese offengebliebenen Fragen nach dem Ob und Wer und danach, wieviel übertragen wurde, beantwortet. Sollte das nicht möglich sein, lade ich ihn herzlich ein, von dieser Regierungsbank aus eine schriftliche Nachlieferung zuzusagen. Wir möchten das einfach gerne wissen, und Sie werden uns doch hoffentlich nicht ins Firmenbuch schicken wollen, sage ich am Schluß noch einmal. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Staatssekretär Dr. Wittmann. – Herr Staatssekretär, wenn Sie bitte in etwa auch 10 Minuten als Redezeit beachten.

17.42

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Privatrundfunkbehörde wird im Zusammenhang mit der Beantwortung dieser Frage hinsichtlich der Änderung der Beteiligungsverhältnisse herangezogen, weil diese Änderungen dort bekanntgegeben werden müssen, und diese hat grundsätzlich zu prüfen, ob die diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften von den Radiobetreibern eingehalten werden.

Dadurch erhält diese Behörde selbstverständlich Kenntnis von diesen Beteiligungsveränderungen. Wir gehen jedoch davon aus, daß diese Kenntnisnahme im Rahmen der Prüfungstätigkeit dieser Behörde stattfindet und es sich somit um einen Akt der Vollziehung gemäß Artikel 133 Z 4 B-VG handelt. Das heißt, die Mitglieder dieser Behörde sind in Ausübung ihres Amtes weder an Weisungen gebunden noch Kontrollen im Sinne der Aufsicht über Organe nach Artikel 19 B-VG unterlegen.

Die Prüfung dieser angegebenen Änderungen der Beteiligungsverhältnisse erfolgt somit im Rahmen der der Privatrundfunkbehörde und eben nicht im Rahmen der dem Bundeskanzler gesetzlich übertragenen Vollzugsaufgaben. In diese Vollzugsvorgänge ist der Bundeskanzler in keiner Weise, etwa auch nicht durch ein Aufsichtsrecht, eingebunden.

Wenn nun das Regionalradiogesetz die Vollziehung dieses Gesetzes dem Bundeskanzler überträgt, so bedeutet dies im gegebenen Zusammenhang lediglich, daß dem Bundeskanzler die Verpflichtung zukommt, für die Einrichtung und Funktionsfähigkeit der Behörde zu sorgen. Die Einflußnahme auf die inhaltliche Tätigkeit der Behörde ist dem Bundeskanzler jedoch kraft der genannten Verfassungsbestimmung verwehrt, weshalb insoweit auch keine Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers gegenüber dem Nationalrat gegeben sein kann.

Die Richtigkeit dieser Auffassung wird im übrigen durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Feber 1999 belegt, in dem der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich feststellt, daß die Einrichtung von Behörden gemäß Artikel 133 Z 4 die Besorgung wesentlicher Staatsaufgaben in größerem Umfang aus der insbesondere parlamentarischen Verantwortlichkeit der zur Leitung der Verwaltung berufenen Organe entläßt.

Herr Abgeordneter Kier! Ich darf hier aber grundsätzlich festhalten, daß wir aufgrund der im Artikel 20 Abs. 4 B-VG festgelegten Auskunftspflicht diese heutige Anfrage zum Anlaß genommen haben, das an die Behörde weiterzuleiten, wie es jedermann zusteht, dort Auskunft zu erhalten. Wir gehen davon aus, daß keine datenschutzrechtlichen Bedenken bestehen, da ja das angeführte Firmenbuch darüber Auskunft geben würde, sodaß diese Auskünfte auch durch die Kommission gegeben werden können.

Wir werden, wenn dies nicht direkt an das Parlament erfolgt, diese Auskünfte der Behörde selbstverständlich zur Verfügung stellen. Aber ich sage es nochmals: Wir stellen das als Serviceleistung und nicht aus rechtlicher Relevanz zur Verfügung. Ich gehe davon aus, daß die Fragen 3 bis 5 in diesem Abschnitt ebenfalls in dieser Form behandelt werden können, wobei insbesondere 4 und 5 schon dadurch beantwortet sind, daß mit einem Nein zu antworten ist und das Ja nicht zu erklären ist.

Ich glaube, in diesem Sinne können wir eine weitere Auskunft schriftlich zusagen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Staatssekretär.

Wir setzen jetzt mit der Debatte fort. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schieder, der eine Redezeit von 5 Minuten hat. – Bitte.

17.45

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Kollege Kier, ich glaube, dem Herrn Staatssekretär ist für diese Serviceleistung zu danken. (Abg. Dr. Kier schickt sich an, den Sitzungssaal zu verlassen.) Ich spreche zu Ihnen, aber Sie müssen nicht dableiben als Abgeordneter, Sie dürfen auch hinausgehen. (Heiterkeit. – Abg. Dr. Kier bleibt im Mittelgang stehen und hält zum Zeichen des Zuhörens die Hände an die Ohren.) Ich glaube, diese Serviceleistung ist gutgemeint. Sie ist sicherlich nicht so zu verstehen, daß man sagen kann, als Bürger erhält man die Auskunft, nur als Abgeordneter kann man sie nicht bekommen.

Klar ist, daß die Sache an sich widersprüchlich ist. Ich würde in einem Punkt eher dem Herrn Staatssekretär, in den anderen Punkten eher Ihnen beipflichten. Ich glaube, allgemein sagen, daß hier keine Auskunftspflicht besteht, kann man nicht, denn zurückgehend auf Kelsen – und das wissen wir alle – liegt dem Bundes-Verfassungsgesetz eine Zweiteilung zugrunde: Der Gesetzgebung wird die gesamte Vollziehung gegenübergestellt, die sich wiederum in Verwaltung und Gerichtsbarkeit unterteilt. Die Behörden nach Artikel 133 Z 4 – und ich stimme mit dem Herrn Staatssekretär überein, daß es sich bei der Regionalradiobehörde um eine solche handelt – sind nun nach Artikel 20 Abs. 2 B-VG zweifelsfrei Verwaltungsbehörden. Ihre Tätigkeit ist Verwaltung und diese wiederum Vollziehung, die dem Kontrollrecht des Nationalrates gemäß Artikel 52 Bundes-Verfassungsgesetz unterliegt.

Freilich – und das wissen wir auch – kann sich aus anderen Vorschriften der Bundesverfassung ergeben, daß das Interpellationsrecht des Nationalrates eingeschränkt ist. Dies gilt etwa, wie wir wissen, für den Bereich der Justiz, für die sich aus Artikel 87 Abs. 2 B-VG ergibt, daß zwar die Justizverwaltung, nicht aber die Gerichtsbarkeit im engeren Sinne der Kontrolle unterliegt. Für weisungsfreie Verwaltungsbehörden wie die Behörden nach Artikel 133 Z 4 bedürfte es daher sicherlich einmal einer näheren Untersuchung darüber, wie weit das Kontrollrecht reicht. Ich glaube, es reicht zumindest so weit wie im Bereich der Gerichtsbarkeit.

Daher wären meiner Auffassung nach die Fragen zu beantworten gewesen, die sich darauf richten, ob bestimmte Verfahren von der Regionalradiobehörde bereits durchgeführt wurden, also Teile der Fragen 3 bis 5.

Ich glaube, politisch wäre anzumerken: Wünschenswert wäre es, daß wir bei Rundfunkveranstaltern wissen, wie ihre Beteiligungsverhältnisse sind, und daß diese Beteiligungsverhältnisse daher offengelegt werden müssen.

Eine Lösung, Herr Staatssekretär, Herr Abgeordneter Kier, könnte sein, daß im Zusammenhang mit der Beratung über das Regionalradiogesetz im Unterausschuß, in dem eine Vorlage liegt, auch diese Fragen debattiert werden. Dann könnten wir sehr rasch zu einer entsprechenden Auskunft kommen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Morak. 5 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.49

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Abgeordneter Schieder, ich bin sehr dankbar für die Worte, die Sie hier soeben gesagt haben. Ich kann das zwar juristisch nicht würdigen, aber ich meine, wir bewegen uns auf derselben Ebene, und ich finde, daß das, was hier in einer durchaus korrekten Anfrage formuliert wurde, ziemlich kaltschnäuzig mit "schmeck’s!" beantwortet wurde. Und ich glaube, das sollte man nicht so hinnehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist ja unter anderem auch nicht gefragt worden, ob der Bundeskanzler eingreifen soll – um Gottes Willen, das wollen wir sicher nicht! –, sondern welche Änderungen der Beteiligungsverhältnisse gegeben sind. Und darauf keine Antwort zu geben, das verstehe ich nicht; auch nach dem, was ich hier von Abgeordnetem Schieder gehört habe, verstehe ich es noch immer nicht.

Ich meine, als "geborener Österreicher" wittert man natürlich überall Verschwörung, aber was zeigt uns Abgeordneten denn diese Antwort, wenn wir sie so kriegen, wie wir sie kriegen? – Daß Sie entweder keine Dokumentation darüber haben oder daß sich der Bundeskanzler mit der Entwicklung der Privatradios nicht beschäftigen oder daß er die politische Verantwortung nicht wahrnehmen will – oder was immer. Ich weiß keinen Grund, warum das nicht beantwortet werden soll.

Die eingerichtete Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag pflanzt Sie, Herr Staatssekretär, und pflanzt uns – anders kann ich mir das nicht erklären –, und das beschädigt in irgendeiner Form das Selbstverständnis eines Parlamentariers. Das ist auch klar. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes über die Telekombehörde, aus dem hervorgeht, daß es keine Kontrolle außer durch den Verfassungsgerichtshof gibt. Der Verfassungsgerichtshof moniert da eine rechtsstaatliche Verdünnung, also eine Behörde, die etwas bewilligt und gleichzeitig kontrolliert. – Ich kann Ihnen nur sagen: So haben wir uns den One-Stop-Shop nicht vorgestellt! (Abg. Dr. Khol: Sehr gut!)

Ich glaube, daß die Anfrage des Volker Kier eine korrekte Antwort verlangt. Sie liegt eigentlich auch auf der Hand; das ist in allen Firmenbüchern einsehbar. Die gesamte ÖVP und ich sehen nicht ein – aber, wie ich merke, auch Abgeordneter Schieder nicht –, wieso wir die Antwort nicht bekommen können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Krüger. 5 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

17.52

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich bin in dieser Frage am ehesten der Meinung des Kollegen Schieder. Nach der Rechtsprechung ist eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag ein Tribunal im Sinne der Menschenrechtskonvention, also eine Behörde, die auch über Rechte abzusprechen hat.

Ich bevorzuge den klassischen dreiteiligen Verfassungsbegriff, nämlich eine eigenständige Gerichtsbarkeit – neben der Vollziehung und der Gesetzgebung. Worüber die Kommission hier abzusprechen hat, ist letztlich ein Akt der Rechtsprechung, sodaß ich durchaus Ihrer Meinung beipflichten kann: All das, was unter die Justizverwaltung – jetzt analog gesehen – fällt, ist antwortpflichtig, aber all das, was bereits in den inneren Bereich der Tätigkeit dieser Behörde fällt, etwa, wie sie konkret vorgeht, gegen welche Hörfunkveranstalter sie wie vorgeht, das ist ein Fall, der meines Erachtens der Interpellation entzogen ist.

Die Frage 3 zum Beispiel: Wenn ja, um welche Lizenzinhaber handelt es sich dabei? Wenn nein, warum nicht?, das sind schon Fälle, die in die Rechtsprechung hineinreichen, und die sind meines Erachtens nicht antwortpflichtig.

Etwas anderes darf ich bei dieser Gelegenheit sagen: Die Kommission zur Wahrung des Regionalradiogesetzes beziehungsweise jetzt des Privatrundfunkgesetzes arbeitet meines Erachtens nicht im Sinne der gesetzgeberischen Absicht. Ich bin selbst dort als Parteienvertreter aufgetreten, und das, was diese Behörde, also die Kommission zur Wahrung des Regionalradiogesetzes macht, ist eher eine sehr restriktive Handhabung, wenn man das milde ausdrückt. Man könnte auch sagen, es ist eine Rechtsverweigerung.

Die Kommission sagt nämlich, sie orientiere sich analog der Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes, sei also nur dazu da, Dinge zu überprüfen, die mit den Programminhalten der Rundfunkveranstalter zu tun haben, aber zu sonst nichts. Tatsächlich steht aber im Regionalradiogesetz beziehungsweise im Privatrundfunkgesetz, daß über Verletzungen von Bestimmungen des Gesetzes die Kommission entscheidet.

Ich muß ehrlich sagen, als Jurist und als Anwalt war ich doch baß erstaunt, daß die Kommission zur Wahrung des Regionalradiogesetzes eine unangemessene Bescheidenheit zeigt und sagt: Wir berichtigen hier den Willen des Gesetzgebers beziehungsweise wir reduzieren den Inhalt unserer Kontrolle darauf, nur das, was mit Programmen zu tun hat – von mir aus Überschreitung der Werbezeitbeschränkung und dergleichen –, zu ahnden. Nur dafür sind wir zuständig, aber nicht etwa für Verletzungen von Auskunftspflichten oder Notifikationspflichten. Dafür sind wir nicht zuständig. – Ich habe diesbezüglich allerdings eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde eingebracht, und es ist, glaube ich, in Kürze mit einer Beantwortung zu rechnen.

Folgendes darf ich zur Anfrage des Liberalen Forums noch sagen: Ganz blicke ich nicht durch, was da überhaupt dahintersteckt. Ich selbst bin ein Feind dieser Beteiligungsbegrenzungen, so wie sie im Gesetz verankert sind. Ich bin schon für eine Art kartellrechtliche Kontrolle, aber die Beschränkungen scheinen mir doch sehr willkürlich zu sein. Es ist ja in der Tat nicht einzusehen, daß sich in Vorarlberg ein Medienhaus, das 95 Prozent der Printmedien in Vorarlberg beherrscht, mit 26 Prozent an der einzigen Regionalradiogesellschaft beteiligen kann und in Tirol mit 10 Prozent – eine derart hohe Konzentration gibt es ja nirgends, auf der ganzen Welt nicht –, während etwa ein schwedischer Konzern, der in Schweden eine Zeitung betreibt, davon ausgeschlossen ist, in Österreich als Rundfunkveranstalter aufzutreten. Bitte, wo bleibt denn da die Verhältnismäßigkeit? – Ich habe bereits im Ausschuß und im Hearing gesagt, daß man beim Privat-TV-Gesetz diesen Fehler nicht wiederholen sollte.

Aber ich verstehe die Intention nicht ganz, denn es hat meines Erachtens nichts mit liberalem Gedankengut zu tun, wenn man die strikte Einhaltung von Bestimmungen oder die Kontrolle von Bestimmungen verlangt, die sicher nicht von einem liberalen Gedankengut getragen sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Abgeordneter Mag. Barmüller. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Barmüller: Ich habe mich streichen lassen!) Aber ich habe Sie auf der Rednerliste. (Abg. Mag. Barmüller: Nein, das hätte gestrichen werden sollen!) Gut, dann dürfen wir Sie aus der Rednerliste streichen.

Es ist noch eine Rednerin zu Wort gemeldet, nämlich Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

17.57

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bin dem Liberalen Forum sehr dankbar dafür, daß Herr Kollege Schieder die Gelegenheit bekommen hat, hier eine verfassungs- und verwaltungsrechtliche Kleinstvorlesung zu halten, die hochinteressant war. Danke! Allerdings hätte man das irgendwie in einem Privatissimum auch abhandeln können. Ich bin geneigt, mich bei dieser Art und Weise der Anfragebeantwortung eher auf die Seite des Herrn Staatssekretärs Wittmann zu stellen, mir ist es aber ein Anliegen, folgende Bemerkung zu machen:

Natürlich gibt es auf dem Gebiet dessen, was die – wie heißt sie nur?, ich muß mich auch erst daran gewöhnen – Privatrundfunkbehörde darf und was andere wissen dürfen, eine Diskussion. Die Diskussion, ob man als Abgeordneter nur ein Bürger ist und die Rechte hat oder nicht, ist ja interessant, meiner Ansicht nach ist es aber viel interessanter, was bezüglich der Möglichkeiten der Privatrundfunkbehörde und ihres Einschreitens zu ändern wünschenswert wäre.

Da meine ich, daß wir aufgrund der Erfahrung, die ja jetzt schon einige Zeit alt ist, schon eine ganz wesentliche Erkenntnis gewonnen haben, nämlich jene, die dankenswerterweise auch beim Hearing vorige Woche hier im Parlament angesprochen wurde. Faktum ist nämlich, daß jetzt eine Behörde zwar Lizenzen vergibt oder vergeben hat – jetzt wird schon fest ausgestrahlt; die Frage, wie viele Leute das hören, ist eine andere, aber es wird ausgestrahlt –, und dann werden munter Anteilsrechte verkauft, und diese Privatrundfunkbehörde hat nicht einmal die Möglichkeit, diese Änderung der Beteiligungsverhältnisse zu erfahren oder dagegen einzuschreiten. Es wird quasi die Geschäftsgrundlage für die Erteilung einer Lizenz entscheidend verändert, aber es gibt keine Möglichkeiten, einzuschreiten.

Das ist ein Punkt, der mir sehr wesentlich erscheint und bezüglich dessen der Herr Staatssekretär und auch Peter Schieder als Medienspezialist aufgefordert sind, sich etwas zu überlegen. Der Unterausschuß ist auch dazu da, hier Änderungen herbeizuführen.

Aber auch die Kontrollrechte der Rundfunkbehörde sind nicht besonders ausgebaut. Daß die Rundfunkbehörde auch bei schweren Rechtsverletzungen nicht einmal die Möglichkeit hat, selbst einen Antrag auf Widerruf zu stellen, das scheint mir im Sinne einer unabhängigen Behörde nicht gerade sinnvoll zu sein. (Abg. Dr. Krüger: Das kann sie aber schon!) – Nein, das kann sie nicht. (Abg. Dr. Krüger: Das steht im Gesetz!) – Ja, aber nur bei ganz schweren Rechtsverletzungen. Das scheint mir insgesamt nicht sehr sinnvoll zu sein. Ich meine, daß auch eine unabhängige Behörde das generelle Antragsrecht auf Verhängung von Verwaltungsstrafen bei Rechtsverletzungen, so wie es das Gesetz vorsieht, bekommen sollte.

Ich meine, daß der Gesetzgeber aufgefordert ist, selbst dafür Sorge zu tragen, daß die Unabhängigkeit der Behörde, und zwar in dem Sinn, daß die Möglichkeiten ausgebaut werden, zu gewährleisten ist. Denn nur so – jetzt korrigiere ich mich ein bißchen, aber nicht ganz – hat diese Diskussion, die das Liberale Forum jetzt initiiert hat, Sinn: Es soll damit öffentlich gemacht werden, in welchem Ausmaß die Möglichkeiten dieser Behörde beschränkt sind. Es besteht nicht einmal die Möglichkeit, einzuschreiten, wenn beispielsweise Verletzungen der Anzeigepflicht vorliegen. Dafür wird ja selbst Abgeordneter Krüger, der sonst eine sehr außergewöhnliche Meinung in diesen Fragen hat, zumindest in seiner Eigenschaft als Parteienvertreter Verständnis haben.

Wenn diese Diskussion dem Umstand dient, daß der Herr Staatssekretär nun die Wünsche der Abgeordneten zur Kenntnis genommen hat, dann hat sie jedenfalls Sinn gemacht. (Beifall bei den Grünen.)

18.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme jetzt die Verhandlungen über die Punkte 3 bis 6 der Tagesordnung wieder auf.

Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer war schon zu Wort gemeldet. Wollen Sie Ihren Debattenbeitrag fortsetzen? – Bitte, Herr Abgeordneter. Der zweite Teil Ihrer Ausführungen beginnt. (Abg. Mag. Mühlbachler: Das glaube ich nicht! Jetzt sagt er dasselbe noch einmal! – Abg. Dr. Krüger: Sie können nicht genug kriegen von dir!)

18.03

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es darum geht, den Umweltminister beziehungsweise die Ergebnisse, die der Ozonbericht zutage fördert, kritisch zu betrachten, dann muß man sagen ... (Bundesminister Dr. Bartenstein betritt den Sitzungssaal.) – Jetzt kommt er erst. Beim Lob war er gleich da. (Abg. Kopf: Billiger geht es nicht!) Aber der Ozonbericht, das muß man dem Umweltministerium lassen, Herr Kollege Kopf, ist bemerkenswert offen und zeigt, daß vieles von dem, was man sich sogar per Gesetz vorgenommen hat – Kollegin Langthaler hat das angesichts der Steuerreformdebatte bereits angezogen –, nicht im geringsten erreicht werden konnte. Von den festgelegten Zielen, die mit 40 Prozent Reduktion sehr hochgesteckt waren, ist man sehr weit entfernt. Die Konzentration des bodennahen Ozons hat sogar deutlich zugenommen.

Jetzt frage ich mich: Was soll dieses Gesetz, das für 2001 eine Reduktion von 60 Prozent und für 2006 eine Reduktion von 70 Prozent vorsieht, wenn der Trend in die andere Richtung geht? Es ist relativ einfach, etwas in das Gesetz hineinzuschreiben und dann nichts von dem, was an Mechanismen vorhanden wäre, tatsächlich zu benutzen, um diese Ziele auch zu erreichen.

Offenkundig ist, daß das bis jetzt eingesetzte Instrumentarium nicht ausgereicht hat. Die isolierten Bemühungen Bartensteins haben nicht zum Ziel geführt. Es wären Kooperationen mit dem Verkehrsminister, mit dem Wirtschaftsminister und – wie das bereits angeklungen ist – auch mit dem Finanzminister vonnöten, um tatsächlich ein Instrumentarium zu schaffen, damit diese hochgesteckten Ziele erreicht werden.

Besonders besorgniserregend, meine Damen und Herren, ist, daß der Schwellenwert zum Schutz der Vegetation im Sommer beinahe permanent überschritten wird, daß die sogenannten Critical levels in den offenen Kulturen fünf- bis sechsfach und auch in den Wäldern um das Zwei- bis Dreifache überschritten werden.

Angesichts der Überschreitungen der Schadensgrenzen, der Unterschreitung der Reduktionsziele und der Tatsache, daß die Instrumente nicht wirken, muß man sagen, daß die Ozonpolitik des Bundesministers, weil er die Kooperationsbereitschaft bei seinen Ministerkollegen nicht findet, bis heute nicht zielführend gewesen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Herr Abgeordneter! Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 6 Minuten. – Bitte.

18.06

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Die zusammengefaßten Punkte machen es nicht möglich, zu allen Punkten in derselben Wortmeldung zu reden. Ich nehme mir daher auch den Ozonbericht heraus, so wie Herr Kollege Schweitzer, und überlasse meinen Kollegen Ellmauer und Schrefel die anderen Punkte.

Zur Reduktion der Ozonvorläufersubstanzen: Es ist der österreichischen Industrie in den letzten Jahren immerhin gelungen, bei Stickoxiden die Emissionen um 50 Prozent zu senken. Es ist der österreichischen E-Wirtschaft gelungen, dieselben Emissionen, also NOX, um 66 Prozent zu senken. Allerdings führen diese Reduktionen in Teilbereichen nur zu einer Gesamtreduktion der Emissionen bei Stickoxiden von 23 Prozent im Zeitraum 1985 bis 1996 oder bei den Kohlenwasserstoffen zu einer Reduktion von 26 Prozent bis 1995. Allerdings, Kollege Schweitzer, zeigt eine Vorausberechnung verschiedener Institutionen, daß wir mit den Maßnahmen, die von Umweltminister Bartenstein eingeleitet worden sind beziehungsweise schon angewendet werden, bis zum Jahre 2006 zwar nicht die 70 Prozent, aber bei NOX immerhin 40 Prozent und bei den VOC 50 Prozent erreichen können. Wenn die übrigen Maßnahmen, die in den diversen Entschließungsanträgen beantragt sind, noch umgesetzt werden, dann wird die Reduktion jeweils noch um 5 Prozent höher sein können.

Damit, daß das Ozongesetz andere, höhere Ziele vorgibt, hast du völlig recht, aber wir haben immerhin Reduktionen erreicht, die zu einer Situation geführt haben, daß wir heute keinerlei ernsthafte Gesundheitsgefährdung aus diesem Titel in Österreich zu gewärtigen haben.

Es bleibt ein Problembereich, der Hauptverursacher oder Hauptverantwortlicher dafür ist, daß wir unser Ziel nicht zur Gänze erreichen konnten, und das ist schlicht und einfach der Straßenverkehr.

Das Umweltressort hat auch international seine Hausaufgaben durchaus gemacht. Es sind gerade in jüngster Zeit auf EU-Ebene neue strengere Emissionsgrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge, aber auch für Pkw und für leichte Nutzfahrzeuge beschlossen worden, nicht zuletzt auf Betreiben unseres Umweltministers. Ähnliches gilt für den Bereich der Kohlenwasserstoffe.

Das heißt also, alles in allem gesehen macht unser Umweltminister seine Hausaufgaben und kommt mit diesen Maßnahmen durchaus in die Nähe der Ziele des Ozongesetzes 1992, aber was leider fehlt – damit bin ich auch schon am Ende meiner Ausführungen –, ist die Erfüllung der Hausaufgaben seitens des Verkehrsministers. Wenn diese Maßnahmen noch dazu kämen, dann wären die Ziele des Ozongesetzes 1992 absolut erreichbar. Ich muß an dieser Stelle dringend an den Herrn Verkehrsminister appellieren, die ihm möglichen Maßnahmen im Bereich des Straßenverkehrs so schnell wie möglich zu ergreifen, damit wir die Ziele des Ozongesetzes erreichen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

18.10

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich auch, da meine Vorredner bereits den Ozonbericht angesprochen haben, primär auf diesen konzentrieren. Wir werden diesen nicht zur Kenntnis nehmen, Herr Abgeordneter Kopf, und ich glaube auch, daß Ihr Appell an den Verkehrsminister ein wenig fehlgeleitet ist. (Abg. Kopf: Er muß die Alternativen schaffen für den Straßenverkehr!) – In bezug auf den Schienenbereich stimmt es, zum anderen wissen Sie aber, daß wir es ohne ökologische Steuerreform nicht schaffen werden, die Zuwächse im Straßenverkehr zu minimieren. Das geht nicht anders. Das wird nicht Aufgabe eines einzelnen Ministers sein, sondern das ist Aufgabe nicht nur der gesamten Regierung, sondern auch dieses Hauses.

Insofern merke ich auch in diesem Zusammenhang an, daß es einfach nicht der richtige Weg ist, seitens der Koalitionsparteien alles, was bisher von den Liberalen angeregt wurde, etwa die Einsetzung einer Enquete-Kommission, abzulehnen. Es ist unverständlich, daß wir uns nicht wenigstens über jene Maßnahmen, über die wir angeblich alle einer Meinung sind, verständigen und diese hier im Hause umsetzen können. Es ist unverständlich, daß wir das bisher im Hause nicht etablieren konnten. Es ist falsch, daß die ökologische Steuerreform – auch bei dem, was jetzt vorgestellt worden ist – nicht einmal jene Schritte umfaßt, die von der Steuerreformkommission selbst vorgeschlagen worden sind. Sie haben zu Recht angemerkt, daß der eigentlich entscheidende Punkt dieses Ozonberichts der ist, daß klar festgehalten wird – insofern ist diese Offenheit auch begrüßenswert –, daß bis zum Jahre 2006 die angestrebten Ziele nicht erreicht werden können. Damit ist aber das, was wir uns im Rahmen des Ozongesetzes 1992 als Ziel gesetzt haben, verfehlt worden. (Abg. Kopf: Aber 50 Prozent von 70!)

Daher muß man sagen, es reicht nicht, daß wir das Ziel teilweise erreicht haben, sondern es geht darum, nachzudenken, welche Maßnahmen noch zu ergreifen sind, um das Ziel tatsächlich zu erreichen.

Eine kleine Maßnahme gibt es diesbezüglich, über die wir auch schon im Ausschuß diskutiert haben. Es gab bereits zu anderen Zeiten einen Entschließungsantrag, der darauf abgezielt hat, daß die Emissionsgrenzwerte nach dem Stand der Technik begrenzt und festgelegt werden, insbesondere auch für die Herstellung von Spanplatten. Da hat man sich, da es in Österreich in Wirklichkeit nur noch zwei Produktionsstandorte dafür gibt, darauf verständigt, daß man eine solche Reduzierung und eine solche verordnungsmäßige Begrenzung nicht machen will. Ungeachtet dessen haben Sie recht, Herr Abgeordneter Kopf, wenn Sie sagen, wir müssen diese Maßnahmen, die bereits beschlossen und in Aussicht genommen worden sind, auch tatsächlich umsetzen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Barmüller und weiterer Abgeordneter betreffend Verringerung der Emission von Luftverunreinigungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Arbeit und Soziales und dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie bis spätestens Ende Juni 1999 mit Verordnung nach § 82 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 dem Stand der Technik entsprechende Grenzwerte für die Emission von Luftverunreinigungen aus Anlagen zur Herstellung von Holzspanplatten festzusetzen."

*****

Es geht dabei nur um die Bekräftigung einer Maßnahme, die wir bereits vor geraumer Zeit beschlossen haben, aber bezüglich derer man sich von seiten des Wirtschaftsministeriums – ich sage bewußt, von seiten des Wirtschaftsministeriums – verständigt hat, sie nicht umzusetzen. Herr Bundesminister Bartenstein hat im Ausschuß festgehalten, daß es mit ihm darüber kein Einvernehmen gegeben habe, sondern daß er zur Kenntnis nehmen mußte, daß, da der Herr Wirtschaftsminister hier treibende Kraft ist, dieser der Meinung ist, daß eine solche Verordnung nicht notwendig ist und daher auch nicht gemacht werden muß, womit das Einvernehmen des Herrn Umweltministers ohnehin nicht mehr notwendig ist.

Der Entschließungsantrag, der soeben von mir einbracht wurde, will, daß wir diese bereits beschlossene Maßnahme noch einmal bekräftigen, und wir wollen damit zeigen, daß es uns im Bereich der Reduktion der Vorläufersubstanzen ernst ist.

Ich möchte als zweiten Punkt aus diesem Viererbündel, das wir diskutieren, den Antrag des Abgeordneten Schweitzer betreffend die Förderung erneuerbarer Energieträger herausgreifen, weil auch da einiges zu machen wäre. Die Reduktionspotentiale, die Sie, Herr Abgeordneter Kopf, angesprochen haben, beziehen sich etwa im Bereich der Elektrizitätswirtschaft auf den Zeitraum 1985 bis 1995. Das heißt, innerhalb von zehn Jahren diese Reduktionspotentiale erreicht zu haben, ist zwar eine gewisse Leistung, aber auf zehn Jahre umgerechnet auch wieder nicht so viel. Daher glaube ich, daß es notwendig ist, gerade auch im Bereich der Energieaufbringung die erneuerbaren Energieträger, die im Nationalen Umweltplan angesprochen sind und die auch offiziell zur Leitlinie der Politik der Bundesregierung erklärt worden sind, stärker zu fördern.

Daß es jetzt im Ausschuß einen gesamtändernden Entschließungsantrag, eingebracht von den Regierungsfraktionen, zu dem Antrag, den Abgeordneter Schweitzer eingebracht hat, gegeben hat, ist etwas ... (Abg. Kopf: Wir haben ihn begleitend dazu eingebracht!) – Okay, dann brauche ich das nicht weiter auszuführen. Die politischen Auswirkungen eines solchen Antrages wurden im Ausschuß ausreichend diskutiert. Aber ich meine, daß der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, der sich darauf bezieht, daß die bisherigen Aktivitäten zur Förderung erneuerbarer Energieträger durch Verbesserung der Rahmenbedingungen, die dazu dienen, weitere Impulse zur Steigerung der Beschäftigung und der Wertschöpfung zu setzen, vorangetrieben werden sollen, inhaltlich in Wahrheit ein Nullantrag ist.

Unser Problem gerade im Zusammenhang nach Beschlußfassung des ElWOG ist, daß nach wie vor die Fördersituation den Ländern überlassen ist, daß es völlig zersplittert ist und daß wir in Österreich keine Impulse haben, die eine Markteinsetzung der erneuerbaren Energieträger mit sich bringen. Das ist ein Bereich, der unter Druck gehalten wird. Eine tatsächliche Entwicklung findet nicht statt, auch nicht angesichts der 2prozentigen Beimischung von Biotreibstoff, Rapsmethylester zum Diesel. (Abg. Kopf: 3 Prozent – ElWOG! Einspeiseregelung!) – Ja, bis 2005! Wir wissen allerdings, daß, wenn wir die Laugenverbrennung und dergleichen mit dazunehmen, große Potentiale bereits abgeschöpft sind. Es muß klargelegt werden, daß das dem tatsächlichen Potential, das in Österreich besteht, nicht entsprechend ist.

Die 2 Prozent Beimischung von Rapsmethylester zum Diesel sind ein Zeichen in die richtige Richtung. Aber selbst wenn man die Flächen, die mittlerweile in Österreich zur Verfügung stehen, oder auch die eingemotteten Kapazitäten – denn nicht alle Kapazitäten, die es gibt, werden benutzt – ausmotten und unmittelbar in Umsetzung bringen würde, würde das nicht reichen, um diesen 2prozentigen Ansatz zu erfüllen. Das heißt, es muß auch im Bereich der Anbauflächen etwas getan werden. Daher ist all das, was an bisherigen Aktivitäten angesprochen worden ist, zwar gut, und wir werden es auch unterstützen, weil wir erneuerbare Energieträger unterstützen wollen, aber es ist bei weitem zuwenig, Herr Abgeordneter Kopf.

Dieses Haus wird sich auch nicht länger dem, was im Nationalen Umweltplan richtigerweise festgehalten ist, nämlich insbesondere die Kostenwahrheit auch im Bereich der Energieträger einzuführen, entziehen können. Ich bin sicher, daß die liberale Fraktion – vom Abgeordneten Kier angefangen, der im Energiebereich ebenfalls immer wieder viel macht – dem zustimmen wird, daß sie die Regierung darin unterstützen wird, endlich mehr in diesem Zusammenhang zu machen. Ich kann es nicht anders formulieren, weil bisher nur gebremst worden ist. Vielleicht bringen wir gemeinsam auf einer versöhnlichen Ebene mehr weiter. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Mag. Barmüller verlesen hat, ist dem Präsidium überreicht worden. Er ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordnetem Brix das Wort mit einer gewünschten Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

18.18

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte aus dem Paket, das in diesen Tagesordnungspunkten verpackt ist, die Umweltförderung herausnehmen.

Da ich weiß – das möchte ich vorweg sagen –, daß Kollege Kopf ein exzellenter Kenner der Umweltmaterie ist, bin ich der Auffassung, daß er sich in seinen Ausführungen nur versprochen hat. Selbstverständlich ist es, um weiterhin Schadstoffe zu reduzieren, sehr wichtig, auch bei den Verkehrsmaßnahmen Neuerungen zu schaffen. Diesbezüglich könnte man sehr viel umsetzen, aber er hat – er hat sich da versprochen; ich weiß, daß er es weiß, darum hat er sich auch nur versprochen – den Verkehrsminister angesprochen, meinte aber den Wirtschaftsminister, meine Damen und Herren! (Abg. Kopf: Nein, nein, nein!) Denn nur wenn es uns gelingt, weniger Verkehr auf die Straße und mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen (Abg. Kopf: Nein, nein, nein!), wird es uns auch gelingen (Abg. Kopf: Da müssen wir zuerst die Kapazitäten haben!), die Ozonbelastungen zu reduzieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher, lieber Kollege Kopf, finde ich in dir einen Verbündeten. Du trittst auch sicherlich dafür ein, daß so schnell wie möglich ... (Abg. Tichy-Schreder: Sprechen Sie einmal mit den Gewerkschaften!) – Er tritt sicherlich dafür ein, Frau Kollegin Tichy-Schreder, daß so schnell wie möglich die Vignette auch für die LKW kommt. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn wir schon das Road-pricing nicht zusammenbringen, wenn wir darauf schon so lange warten, dann bekommen wir wahrscheinlich das Pickerl, damit dann weniger LKW auf der Straße fahren (Abg. Kopf: Wohin sollen die LKW ausweichen?), und dann werden wir auch, wie Kollege Kopf gesagt hat, zu einer geringeren Ozonbelastung kommen. (Abg. Kopf: Wo sollen die LKW ausweichen? – Auf die Schiene? – Abg. Tichy-Schreder: Warum kauft die ÖBB selbst LKW?) – LKW dann, wenn sie umweltfreundlich sind und wenn sie als Verursacher auch den gerechten Anteil auf der Straße bezahlen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich aber, wie ich gesagt habe, mit der Umweltförderung befassen. Diese Umweltförderung dient nicht nur dazu, Sünden, die an der Umwelt begangen wurden, wiedergutzumachen, sondern sie dient auch dazu – das finde ich wirklich sehr positiv; ich habe das auch schon im Ausschuß gesagt –, ein hohes Maß an Arbeitsplätzen in diesem Land zu schaffen. Das heißt, man trifft zwei Fliegen auf einen Schlag. Auf der einen Seite erreicht man eine Verbesserung der Umweltsituation, auf der zweiten Seite wird die Situation auf dem Arbeitsmarkt verbessert.

Lassen Sie mich einen Vergleich anstellen. Wenn wir eine Investition in Höhe von 1 Milliarde Schilling tätigen, so haben wir bei 1 Milliarde Schilling in der Konsumwirtschaft rund 700 Arbeitsplätze geschaffen. Wenn wir diese 1 Milliarde Schilling aber als Investition in die Wasserwirtschaft einsetzen, so haben wir dort rund 1 400 bis 1 500 Arbeitsplätze geschaffen, und das ist unwahrscheinlich positiv.

Meine Damen und Herren! Man muß auch erwähnen – was es wiegt, das hat es –, daß es dem Umweltminister mit seinem gesamten Förderungsprogramm ebenfalls gelungen ist, Arbeitsplätze zu schaffen, und zwar gar nicht so wenige. Ich denke nur an die Sondertranchen, die ausgegeben worden sind. Durch dieses Investitionsvolumen, das mit einem Förderbauwert in der Höhe von 6,6 Milliarden Schilling 19,3 Milliarden Schilling ausgelöst hat, sind rund 22 000 Arbeitsplätze geschaffen worden. Das ist unwahrscheinlich viel, und das ist positiv anzumerken in diesem Land.

Es ist weiters positiv anzumerken, daß es uns allen in letzter Zeit nicht nur gelungen ist, bei den Oberflächengewässern die Seenreinhaltung herbeizuführen, sondern daß es uns auch gelungen ist, die Flüsse wieder sauber zu machen. Wir haben – Österreich kann darauf stolz sein, und wir können das auch gegenüber dem Ausland gut verkaufen und vertreten – nicht nur reine Seen, sondern auch reine Flüsse in unserem Land. Ich glaube, das ist etwas Bedeutendes.

Das heißt, wir haben bereits etwas geschaffen, auf das wir stolz sein können. Daher müssen wir in Zukunft die neuen Schwerpunkte auf die Trinkwasserversorgung, auf die Altlastensanierung und die Umweltförderungen im Ausland legen, wobei wir natürlich schon darauf achten müssen, was wir dabei fördern.

Eines möchte ich noch schnell anmerken: In der nächsten Zeit wird es sehr wichtig sein – die Fischer- und die Berger-Deponie zeigen uns das –, wie wir mit den Altlasten umgehen. Zurzeit gehen die Bundesländer Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg, Tirol und Wien mit unwahrscheinlich gutem Beispiel voran. Diese Bundesländer haben nämlich bereits einen Verdachtsmomentekataster und machen eine wirklich fortschrittliche Umweltpolitik.

Herr Bundesminister! Wir brauchen das. Da müssen Sie ein bißchen Druck machen, damit auch die anderen Bundesländer diese Kataster erstellen. Dieser Verdachtsmomentekataster sollte für alle Bundesländer Geltung haben, nicht nur bei den bereits erwähnten. Ich bin als Wiener stolz darauf, daß wir das erste Bundesland waren, das einen Altlastenkataster gehabt hat. (Abg. Koppler: Bravo!) In der Zwischenzeit – das sagte ich schon – haben ihn auch Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und Tirol.

Lassen Sie mich zum Abschluß noch folgendes sagen: Wir haben gerade im Altlastensektor einen großen Sanierungsaufwand, daher werden wir uns überlegen müssen, wie wir in Zukunft zu mehr Geld kommen können. Wenn ab 2004 ein Deponierungsverbot besteht, bedeutet das, daß ab 2000 die Einnahmen dafür sinken werden. Wir werden aber ausreichend Geld brauchen, um die restlichen Altlasten zu sanieren. Das ist eine Aufgabe für die Zukunft. – Rückblickend aber kann dieser Umweltförderungsbericht als ein sehr positiver Bericht betrachtet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.24

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wir haben unter diesem Block verschiedene Themen zu diskutieren.

Beim ersten Punkt, der Änderungsvorlage zum Montrealer Protokoll, kann ich es sehr schnell machen, da wir dieser gerne zustimmen werden. Das ist, wie Sie wissen, eine internationale Vereinbarung, die dazu dient, daß wir das stratosphärische Ozon, das Ozonloch, in den Griff bekommen. Diesbezüglich ist einiges passiert. Ich denke, daß diese internationale Vereinbarung gezeigt hat, daß es, wenn die Mechanismen der Kontrolle funktionieren, tatsächlich möglich ist, auch auf dem Chemiesektor, einem sehr sensiblen Bereich, etwas zu ändern.

Das war schon das einzig Positive, das ich jetzt in der Debatte sagen kann, und auch der einzige Punkt, dem wir gerne zustimmen, denn beim nächsten Bericht geht es um eine weit sensiblere Materie, nämlich um den Ozonbericht der Bundesregierung. Ich möchte Ihnen dazu eine Passage aus einer relativ aktuellen Broschüre des Umweltbundesamtes vorlesen, das gemeinsam mit der Europäischen Umweltagentur einen Bericht über die Luftverschmutzung in Europa und Österreich gemacht hat. Ich habe die Kurzfassung hier, es gibt das Ganze auch in Langfassung. Darin kann man über Österreich folgendes lesen:

In Österreich treten Überschreitungen des EU-Schwellenwertes zum Schutz der menschlichen Gesundheit öfter auf als im EU-Durchschnitt. An allen österreichischen Ozonmeßstellen kam es 1995 und 1996 zu Überschreitungen dieses Schwellenwertes, zum Beispiel für 1995 an 48 Tagen. An exponierten Standorten, wie etwa dem Hermannskogel, wurde dieser Wert an 82 Tagen überschritten. Folglich ist in Österreich die gesamte Bevölkerung an etlichen Tagen im Jahr Ozonbelastungen ausgesetzt, die über dem Schwellenwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit liegen. – Das ist ein Zitat aus einem Bericht, der Ende 1998 publiziert wurde.

Es gibt kaum einen besseren Beleg als diesen Bericht und auch den heute zu diskutierenden Ozonbericht dafür, daß die Bundesregierung in ihrem Ziel, die Vorläufersubstanzen, die für das bodennahe Ozon verantwortlich sind, zu reduzieren, einfach gescheitert ist.

Wir haben uns jedoch nicht aus Jux und Tollerei ein ganz bestimmtes Ziel im Ozongesetz gesetzt. Im § 11 Abs. 1 des Ozongesetzes stehen die Reduktionsziele genau formuliert. Bis zum Ende 1996 hätten die Vorläufersubstanzen NOX, also Stickoxide, und die flüchtigen Kohlenwasserstoffe um 40 Prozent reduziert werden sollen. Bis zum Jahr 2001 sollen es 60 Prozent sein, bis zum Jahr 2006 sollen es 70 Prozent sein. Der Umweltminister hat zu Recht im Ausschuß gesagt, daß diese Ziele auf einer wissenschaftlichen Grundlage beruhen, nämlich darauf, daß man versucht, zu einer Ozonkonzentration in Österreich zu kommen, die keine gesundheitliche Belastung darstellt, insbesondere keine Belastung für die sensiblen Bevölkerungsschichten, also für Kinder, ältere und kranke Personen. Gerade deshalb sind also diese Ziele zu erreichen. Er hat im Ausschuß auch zugegeben, daß mit der jetzigen Gesetzeslage diese Ziele nicht zu erreichen sind. Es sind auch nicht 40 Prozent reduziert worden, sondern nur rund 22 Prozent. Dazu kann man sagen, das sei besser als nichts, das stimmt schon, aber klar ist, daß man das angestrebte Ziel der Bundesregierung glatt versäumt hat. Und das ist nicht zufällig.

Herr Bundesminister! Wir hatten heute morgen eine zum Teil sehr emotionale und für meine Begriffe völlig irrationale Benzinpreisdebatte. Das ist so etwas wie die absolut heilige Kuh in diesem Land. Es darf niemand irgend etwas über den Benzinpreis sagen, außer daß er billiger werden soll. Aber daß man über die Kostenwahrheit reden sollte oder darüber, daß man, wenn man zum Beispiel die entsprechenden Zielsetzungen im Ozongesetz erreichen will, schlichtweg eine Änderung des Verkehrsverhaltens erreichen muß, das ist in der Debatte von heute vormittag völlig ignoriert worden.

Ich verstehe zum Beispiel die SPÖ überhaupt nicht, wenn sie ihren eigenen Verkehrsminister, der einen Masterplan vorgelegt hat, aus dem eindeutig hervorgeht, daß bei Infrastrukturprojekten vorrangig in den öffentlichen Verkehr und nicht in Autobahnen investiert werden muß, eigentlich im Regen stehen läßt. (Beifall bei den Grünen.) Denn bei der großen Gegenoffensive, die daraufhin gekommen ist – angeführt von Wirtschaftsminister Farnleitner gemeinsam mit den Landeshauptleuten Stix, Häupl und Pröll –, war von großer Unterstützung für Bundesminister Einem nichts zu merken. Sie haben sich zu viert hingesetzt und gesagt: Alles Blödsinn, der Masterplan interessiert uns nicht! Wir brauchen Infrastruktur vor allem im Bereich Autobahnen. Wir brauchen Autobahnen!

Aber dazu müssen Sie sagen, was das heißt. Das heißt nicht nur, daß Sie Milliarden investieren und noch mehr Verkehr damit produzieren, sondern das heißt unter anderem selbstverständlich auch, daß Sie CO2 nicht reduzieren, sondern erhöhen werden, das heißt unter anderem, daß Sie Stickoxide nicht reduzieren, sondern diese erhöhen werden, und das heißt, daß Sie flüchtige Kohlenwasserstoffe und damit natürlich bodennahes Ozon nicht reduzieren, sondern erhöhen werden. Mit all den entsprechenden Nebenwirkungen, die wir alle kennen. Da rede ich noch gar nicht von Naturschutz, Anrainerrechten et cetera.

Wenn Sie sich aber zu den Zielen bekennen, die nach wie vor im Ozongesetz stehen und angeblich noch immer von der Bundesregierung und vom Umweltminister unterstützt werden, dann müssen Sie die Verkehrspolitik in diesem Land ändern.

Herr Bundesminister! Ich habe es im Ausschuß immer wieder gesagt: Sie werden als Umweltminister scheitern, wenn Sie nicht in irgendeiner Form auf die Verkehrspolitik in diesem Land Einfluß nehmen, wenn Sie Ihr Amt als Umweltminister nicht offensiv nutzen, um dafür zu kämpfen, Mehrheiten in diesem Land dafür zu gewinnen, die Bevölkerung auf Ihre Seite zu bekommen und davon zu überzeugen, daß es notwendig ist, in den öffentlichen Verkehr zu investieren, daß es für Sie als Umweltminister notwendig ist, daß eine Ökosteuer kommt. Und wenn wir über den Benzinpreis diskutieren, so wie heute vormittag, dann vermisse ich Ihre Stimme in diesem Zusammenhang. Aber das ist gerade in Vorwahlzeiten nicht populär.

Herr Minister! Ich hätte gerne gehört, daß man ruhig sagen kann, daß die Nettopreise der OMV absurd sind und daß das nicht richtig ist. Die Bruttopreise sind aber aus meiner Sicht nicht überhöht, sondern man kann diese Differenz ruhig mit einer ökologischen Steuerreform sozusagen abfedern – von mir aus auch mit dieser "Keule", die da heute beschlossen wird. Was die ökologische Steuerreform betrifft, so habe ich ja bereits bei der vorhergehenden Debatte das Beispiel Deutschland erwähnt, wo durch eine ökologische Steuerreform allein im Jahre 1999 7 Milliarden Schilling ausschließlich für den Bereich erneuerbarer Energieträger eingesetzt werden konnten.

So etwas hätte ich mir auch von Ihnen erwartet, Herr Umweltminister, und ich hätte mir weiters erwartet, daß Sie sich bei Verkehrsdebatten, die seit Monaten und gerade in den letzten Wochen ganz intensiv in unserem Lande stattfinden, zu Wort melden und fragen, warum Sie als Umweltminister ein solches Gesetz vollziehen sollen. Im Ausschuß haben Sie ja gesagt: Ich muß das nur vollziehen, kann aber nichts ändern, denn mit den Instrumentarien, die ich habe, kann ich das, was im Gesetz steht, einfach nicht erfüllen. – Sie werden daran auch im Jahre 2001 scheitern, genauso wie Sie im Jahre 1996 gescheitert sind beziehungsweise 1999 scheitern.

Wir brauchen eine andere Verkehrspolitik! Das kann aber nur dann gehen, wenn sich endlich das durchsetzt, was beispielsweise im Ozongesetz steht, und wenn es endlich zu einer Kompetenzverschiebung innerhalb der Bundesregierung kommt. Und weiters wird das nur dann gehen, wenn man endlich damit aufhört, daß sich die einzelnen Minister gegenseitig den Ball zuspielen. Der Umweltminister sagt: Ich kann da nichts machen, denn ich habe die dafür erforderlichen Instrumentarien nicht. Minister Einem wiederum sagt: Ich würde ja gerne in den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel investieren, bekomme dafür aber keine Mehrheit. Und der Wirtschaftsminister wiederum tut sich da mit den Landeshauptleuten zusammen; und offensichtlich ist er der einzige, der sich in diesem geradezu absurden Spiel durchsetzt.

Herr Umweltminister! Vor allem Ihre Stimme wäre da gefragt. Ich weiß schon, daß Sie wenig Kompetenzen im Verkehrsbereich haben, aber was ich von Ihnen erwarte, ist, daß Sie sich zumindest öffentlich dafür einsetzen. Sie scheuen ja auch sonst nicht den Gang zur "Kronen Zeitung", wenn es zum Beispiel darum geht, Wassergläser herzuzeigen. Warum also können Sie sich nicht auch für eine andere Sache engagieren, für eine Sache, die sensibler ist und wo vielleicht die "Kronen Zeitung" nicht so ganz auf Ihrer Linie wäre? Aber Sie können sich ja auch einmal im Zug fotografieren lassen, Herr Minister, und sagen, daß öffentlicher Verkehr wichtig ist; in den Zug könnten Sie ja auch ein Wasserglas mitnehmen und dieses herzeigen.

Herr Minister! Ich meine, es ist wichtig, daß Sie sich, wenn Sie schon wenig Kompetenzen haben – und das ist bei Ihnen in bezug auf den Verkehrsbereich der Fall –, jedenfalls um öffentliche Unterstützung bemühen, nein, nicht nur bemühen, sondern darum kämpfen. Ich jedenfalls erwarte von einem Politiker, daß er sich für Ideen einsetzt, daß er dafür auch kämpft – denn ansonsten brauchen wir keinen Umweltminister. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

18.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

18.33

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Verbindlichen Dank, Frau Abgeordnete Langthaler, für diese profunde Medienberatung. Aber abgesehen davon: Ich habe bereits in einer Ausschußsitzung zum Ozonbericht beziehungsweise zu den vorliegenden Zahlen klar gesagt, daß es da Defizite gibt. Es steht zweifelsohne fest, daß durch diesen Ozonbericht belegt wird, daß die Reduktionsziele in bezug auf Ozon, und zwar mit einem angestrebten Minus von 40 Prozent per 31. Dezember 1996, wie eben im Gesetz festgelegt, nicht erreicht werden konnten. Allerdings haben wir dieses Ziel zumindest teilweise erreicht: ein Minus von 20 Prozent bei den Stickoxiden und ein Minus von 26 Prozent bei flüchtigen Kohlenwasserstoffen, und das ist doch schon etwas.

Wenn man sich jene Regionen in Österreich, die sozusagen besonders ozonempfindlich sind, genau anschaut, nämlich Wien, Niederösterreich und Teile des Burgenlandes, kann man feststellen, daß es dort ein Minus von 32 beziehungsweise eines von 37 Prozent gab. Also dort, wo der Handlungsbedarf relativ am größten war, ist uns am meisten gelungen.

Außer Frage steht jedoch: Das angestrebte Minus von 40 Prozent konnte nicht erreicht werden. Aber auch mit den heute mir zur Verfügung gestellten Maßnahmen – auch mit den mir vom Parlament, Frau Abgeordnete Langthaler, zur Verfügung gestellten Maßnahmen – wird ein Minus von 70 Prozent per 2006 nicht erreichbar sein. Aufrechterhalten sollten wir dieses Ziel aber sehr wohl, weil dieses Minus von 70 Prozent nicht etwa aus Jux und Tollerei vom Hohen Hause hier so festgelegt wurde, sondern weil uns Wissenschafter sagen, daß dieses Minus von 70 Prozent erforderlich ist, um langfristig keine Ozonvorwarnstufen mehr im Sommer zu benötigen. 1998 hatten wir vier solcher Tage, 1997 – allerdings bei entsprechender Wetterlage – gar keinen.

Wir sollten das auch deshalb aufrechterhalten, um langfristige Vorsorgeziele der Weltgesundheitsorganisation für die Menschen – 0,11 Milligramm pro Kubikmeter – und vielleicht auch jene in bezug auf die Vegetation zu unterschreiten, die noch deutlich darunter liegen, nämlich 0,065 Milligramm pro Kubikmeter betragen.

Das ist also die Faktensituation, eine Situation, an der ich nichts beschönigen möchte. Lassen Sie mich aber hinzufügen, daß wir gerade auf europäischer Ebene etwa in bezug auf die Reduktion von Stickoxiden einen entscheidenden Durchbruch erzielen konnten. Bei der EU-Ratssitzung im vergangenen Dezember ist es – für alle überraschend – gelungen, über das von der Kommission gesteckte Ziel hinsichtlich LKW und schwerer Nutzfahrzeuge hinaus eine Reduktion festzuschreiben, sodaß es bis zum Jahre 2005 eine Emissionsreduktion um 70 bis 80 Prozent im Vergleich zum heutigen Standard geben wird. Und das ist sehr, sehr viel. – Das ist also ein wichtiger Erfolg im Zusammenhang mit der Reduktion von Stickoxiden.

Was flüchtige Kohlenwasserstoffe anlangt, ist es ja so, daß die Lackieranlagen- und die Lösemittelverordnung erst jetzt tatsächlich in Kraft treten und zu wirken beginnen, sodaß es auch da zu Verbesserungen kommen wird.

Es muß aber auch zu europaweit koordinierten Maßnahmen kommen. Österreich ist ja vor allem deswegen ein davon überdurchschnittlich betroffenes Land – Sie haben das völlig richtig angesprochen, Frau Abgeordnete –, weil diesbezüglich von unseren Alpen sozusagen manches aufgefangen wird und weil auf der anderen Seite, sehr geehrte Frau Abgeordnete, eben auch einiges aus dem Ausland "importiert" wird. – Soviel also zum Ozonbericht.

Jetzt lediglich ganz kurz zum Umweltförderungsbericht des Bundes. Besten Dank für die positive Stellungnahme hiezu. Herr Abgeordneter Brix, lassen Sie mich bitte ergänzen, daß gerade heute eine Kommissionssitzung der Siedlungswasserwirtschaft stattgefunden hat, in der 1,8 Milliarden Schilling an Fördermitteln vergeben werden konnten, 1,8 Milliarden Schilling, mit denen 510 unterschiedliche Vorhaben unterstützt werden können, Vorhaben, die – abgesehen von anderen wichtigen ökologischen Auswirkungen – für bessere Abwasserqualität sorgen und in Österreich auch wichtige beschäftigungspolitische Auswirkungen haben werden. – Herr Präsident, ich bedanke mich für die Erteilung des Wortes. (Beifall bei der ÖVP.)

18.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Danke, Herr Bundesminister. – Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Ellmauer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.37

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Umweltförderungsbericht 1997 belegt einmal mehr: Das Umweltförderungsgesetz ist ein großer Erfolg für die österreichische Umweltpolitik und hat in Österreich deutliche Verbesserungen im Umweltbereich gebracht. Die Umweltförderungen haben sich auch als Erfolg für die Gemeinden, für die Wirtschaft, vor allem aber auch für die Erhaltung und Sicherung heimischer Arbeitsplätze erwiesen.

Im Jahre 1997 hat der Umweltminister für 1 479 Umweltprojekte Förderungsmittel in Höhe von 6,6 Milliarden Schilling zur Verfügung gestellt. Insgesamt konnten damit Umweltschutzinvestitionen von mehr als 20 Milliarden Schilling ermöglicht werden, was wiederum einen Beschäftigungseffekt für 20 000 Arbeitsplätze hatte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Entwicklung stellt einen überwältigenden Erfolg dar und zeigt die große Bedeutung der Umweltförderung auf. Gerade für Gemeinden haben sich diese Förderungen als Motor für Investitionen in die Infrastruktur und als Motor für die heimische Wirtschaft erwiesen.

Nun kurz einige Worte zur Siedlungswasserwirtschaft. In der Wasserwirtschaft konnten mit zusätzlichen Mitteln, mit einer Sondertranche von 1 Milliarde Schilling beziehungsweise mit dem Vorgriff auf 1998 von 970 Millionen Schilling Förderungen in Höhe von insgesamt 5,94 Milliarden Schilling vergeben werden. Damit konnten für den Gewässerschutz 1997 Maßnahmen mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von fast 17 Milliarden Schilling realisiert werden.

Im Bereich der betrieblichen Abwasservorsorge konnten 20 Projekte mit einem Aufwand von etwa 422 Millionen Schilling gefördert werden.

Zu den Umweltförderungen im Inland: Das Jahr 1997 war mit 924 Ansuchen das bislang stärkste Umweltförderungsjahr. Insgesamt gab es für 492 Projekte mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von etwa 2 Milliarden Schilling eine positive Förderungsgenehmigung. Mit 285 Projekten und einem Investitionsvolumen von nahezu 1 Milliarde Schilling schlug sich die bereits 1996 schwerpunktmäßig eingeleitete energiebezogene Maßnahme deutlich nieder. Der größte Anteil der eingesetzten Fördermittel entfiel dabei auf Biomasseprojekte, auf Wärmepumpen und Rückgewinnungsanlagen.

Eine weitere wichtige Maßnahme war die Installierung des Ökoenergiefonds mit der Schwerpunktsetzung Biomasse. Durch die Vernetzung der landwirtschaftlichen Förderungen mit der Umweltförderung standen allein für den Biomassebereich 1998 150 Millionen Schilling zur Verfügung.

Herr Bundesminister! Ich bin sehr froh über diese Entwicklung und erwarte, daß der Ausbau erneuerbarer Energieträger weiter gefördert wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade für die heimische Landwirtschaft sehe ich in der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energieträger eine große Chance, zum Beispiel bei Biodiesel. Österreich verfügt über genügend Anbauflächen für Raps und auch über die entsprechende Technologie. Nützen wir unsere Ressourcen!

Kurz ein paar Worte noch zur Umweltförderung im Ausland. Was die Umweltförderung im Ausland betrifft, wurde mit den Richtlinien 1997 die Förderung von anlagebezogenen Investitionen ermöglicht. Durch Vernetzung mit anderen Finanzierungsinstitutionen, wie der Weltbank, der EBRD oder auch mit dem PHARE-Programm, wird dabei die Effizienzsteigerung des Mitteleinsatzes in diesem Förderbereich erhöht. Trotzdem sollte man im Hinblick auf die Atomkraftwerke Temelin, Bohunice oder auch Mochovce überlegen, ob Umweltförderungen an das Ausland in Zukunft von der Bereitschaft dieser Länder zu umweltfreundlicher Politik abhängig gemacht werden sollten.

In diesem Sinne bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Umweltminister, für den vorliegenden Bericht und vor allem bei Ihren Beamten für die hervorragende Leistung im Umweltressort. (Beifall bei der ÖVP.)

18.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

18.42

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich spreche zum Antrag der Freiheitlichen betreffend Reduzierung der CO2-Emission bei gleichzeitiger Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Förderung erneuerbarer Energieträger, einem Antrag, der bereits im Jahre 1997 eingebracht wurde, jetzt eine Behandlung im Ausschuß erfahren hat, aber dessen Aktualität sicherlich nach wie vor gegeben ist.

Ausgangsbasis für diesen damals eingebrachten Antrag war eine Studie, ebenfalls aus dem Jahre 1997, mit dem Titel "Arbeitslosigkeit und Umweltproblem: Gibt es eine gemeinsame Lösung?" Und diese gemeinsame Lösung – das ist eine Erkenntnis daraus – ist die erneuerbare Energie.

Professor Schneider von der Johannes Kepler Universität Linz hat in seiner Studie dargelegt, daß bei Einsatz entsprechender Maßnahmen, tatsächlich realisierbarer Maßnahmen kurzfristig 42 000 Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Er spricht auch davon, daß in einem Zeitraum von etwa sieben Jahren 51 000 Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. – Das ist sicherlich auch ein Thema der Stunde. Das war es bereits vor zwei Jahren. Wie sich die Arbeitslosenzahlen entwickelt haben, wissen wir. Daher ist dies, wie ich meine, nach wie vor höchst aktuell.

Es würde sicherlich zu Einsparungen im Bereich der Arbeitslosenverwaltung kommen. Es ist zweifelsohne ein Startimpuls, der durch die Regierung, durch die Verantwortlichen in der Regierung gegeben werden müßte, erforderlich. Es würde unter Einbeziehung natürlich auch der gleichsam versteckten Arbeitslosen – Sie wissen, daß es in Österreich eine große Zahl davon gibt, nämlich versteckt in staatlichen Programmen, die zwar die Statistik schönen, aber zweifelsohne Geld, Steuergeld kosten – zu Einsparungen kommen. Diese Studie wurde vom Landwirtschaftsministerium gemeinsam mit dem AMS in Auftrag gegeben.

Auf eine Frage in der Diskussion im Rahmen des Symposiums an Frau Bundesministerin Hostasch, wie sie denn diese Erkenntnisse, die sie bei diesem Symposium gewonnen habe, umsetzen werde, denn alle haben davon gesprochen, wie positiv doch gleichsam diese Symbiose, das heißt Reduktion der Arbeitslosen bei gleichzeitigem Forcieren der erneuerbaren Energie, wäre, hat Frau Ministerin Hostasch damals gesagt, sie werde diese ihre Erkenntnisse an die Verhandler über die Steuerreform weitergeben. – Passiert ist es leider Gottes nicht. Ich habe – dieses Steuerreförmchen wurde ja heute auch andiskutiert – nichts davon vernommen.

Herr Bundesminister Bartenstein! Wir wissen, daß wir in Österreich eine mehr oder weniger gleichbleibende CO2-Emission von rund 60 Millionen Tonnen pro Jahr haben, ziemlich konstant. Ich spreche hier das gleichsam "böse" CO2 an. Dieses Programm würde im Falle der Umsetzung eine entsprechende CO2-Reduktion mit sich bringen – ich verweise in diesem Zusammenhang auf das Kyoto-Ziel –, das heißt, also durchaus positive Umweltauswirkungen haben. Selbstverständlich kann man die Emission von CO2 auch pekuniär bewerten. Das heißt, es gibt auch Einsparungen in diesem Bereich. Es gibt weiters Deviseneinsparungen durch die Reduktion der Importe von fossilen Brennstoffen und – das ist wesentlich – eine Schaffung von Arbeitsplätzen. Es würde sich also, wie ich meine, eine Chance für den Arbeitsmarkt, eine Chance für die Umwelt und eine Chance für die Wirtschaft bieten.

Daß Sie, Herr Bundesminister, grundsätzlich positiv dazu eingestellt sind, kann ich insbesondere einer Anfragebeantwortung vom 16. April 1998 entnehmen. Da sind Ihre Antworten hinsichtlich der Effekte auf dem Arbeitsmarkt – in diesem Fall im Zusammenhang mit Biomasse, also auch mit erneuerbarer Energie – durchaus positiv. Sie gehen auch davon aus, daß es Exportchancen gibt, ein ausreichend großer Heimmarkt gegeben ist und die erneuerbare Energie in weiterer Folge ohne unterstützende Eingriffe in die Lage versetzt werden kann, im Wettbewerb mit fossilen Energieträgern erfolgreich zu bestehen. Also rundum etwas Positives!

Ich darf Sie ersuchen, den Antrag der Abgeordneten Schweitzer und Hofmann, den wir bereits eingebracht haben, falls er beschlossen wird – wovon ich natürlich ausgehe –, tatsächlich umzusetzen.

"Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Dipl.-Ing. Hofmann und Kollegen betreffend Reduzierung der CO2-Emission bei gleichzeitiger Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Förderung erneuerbarer Energieträger

Der Nationalrat wolle beschließen:

,Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, sich mit der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ins Einvernehmen zu setzen, um Rahmenbedingungen für die Umsetzung eines Projektes ,erneuerbare Energie‘, durch das bei gleichzeitiger Minderung des CO2-Problems die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen bewirkt wird, herzustellen und den hierfür erforderlichen Impuls zu setzen.‘"

Ich bedanke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit und bin sehr optimistisch. Ich denke, daß es möglich sein wird, diesen Antrag zu beschließen, um so für den Herrn Bundesminister die Voraussetzungen dafür zu schaffen, diesen auch entsprechend umsetzen zu können. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann! Bitte, nur zur Klarstellung: Das, was Sie jetzt verlesen haben, ist ein Selbständiger Antrag, den Sie einbringen, nicht? Dieser ist nicht in dieser Debatte als unselbständiger Antrag zu erledigen. Es ist nämlich nichts überreicht worden am Präsidium. (Rufe: Er weiß nicht, was das ist! Er kennt sich nicht aus!) Verzeihen Sie, ich bin nicht verantwortlich, wenn er darauf vergißt. Überreichen Sie das als unselbständigen Entschließungsantrag? – Also gut. Er wird jetzt überreicht, verlesen wurde er. Ich muß feststellen, ob er genügend unterstützt ist. Das werde ich nachher feststellen.

Wir setzen jetzt in der Debatte fort.

Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte an die Ausführungen des Kollegen Ellmauer anschließen, der auf die Umweltförderungen hingewiesen hat. Die Zahlen wurden erwähnt, ich brauche sie nicht zu wiederholen. Ich möchte mich daher darauf beschränken, einige Schwerpunkte dieser Umweltfördermaßnahmen im Inland herauszugreifen, die im Jahre 1997 erstmals stattgefunden haben oder fortgeführt wurden und sehr erfolgreich waren.

Ich erinnere an die thermische Gebäudesanierung, die 1997 begonnen wurde, beschränkt auf Beherbergungsbetriebe und Heime, eine Außendämmung durchaus im Sinne moderner Ökologie. Ich erinnere an die Öko-Audit-Aktion. Dabei ist es gelungen, Klein- und Mittelbetrieben das EMAS-System und Umwelterklärungen näherzubringen und auch einen Weg einzuleiten, der nicht nur einen ökologischen, sondern auch einen ökonomischen Erfolg mit sich bringt.

Schließlich und endlich erinnere ich an die Lackieranlagenaktion, auf die schon hingewiesen wurde, wo es gelungen ist, den gewaltigen Ausstoß von Lösungsmitteln zu reduzieren, fortgesetzt bei den Kfz-Betrieben.

Ähnlich wurde durch Kollegen Ellmauer auf die Maßnahmen im Ausland hingewiesen. In diesem Fall glaube ich doch, daß es mit dem Umstieg von der immateriellen zur materiellen Förderung tatsächlich gelungen ist, Auswirkungen auch auf Österreich zu erzielen und Importe von Schadstoffen zurückzuschrauben.

Ich möchte mich auch, wie schon einige meiner Vorredner, mit dem Thema Ozon beschäftigen. Während allerdings meine Vorredner einen zu hohen Ozonanteil beklagt haben und ihnen der Rückgang des Ozonanteils zu gering war, beklage ich einen zu niedrigen Ozongehalt und wünsche mir einen Anstieg um etwa 7 Prozent. Meine Vorredner haben vom Ozonbericht gesprochen. Ich spreche vom Montreal-Protokoll, vom stratosphärischen Ozon, vom Ozonloch. Wir sehen hier schon die Problematik in einem Punkt, den wir gemeinsam diskutieren. Der eine redet über zu viel, der andere redet über zu wenig, der dritte redet über Treibhauseffekte; ein babylonisches Sprachengewirr.

Wir haben erst vor kurzer Zeit den Umweltkontrollbericht des Umweltbundesamtes bekommen, der ein hervorragendes Instrument ist, um dieses Sprachengewirr hintanzuhalten und zu entflechten.

Herr Bundesminister! Dieser Bericht ist wirklich gut. Dieser Bericht ist hervorragend. Ich hoffe, Sie sehen das auch, und ich hoffe, Sie sehen es heute als richtig an, nicht auf ein Instrument wie das Umweltbundesamt zu verzichten, wie Sie es manchmal im Sinn hatten. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das stimmt überhaupt nicht!) Stimmt nicht? Da bin ich beruhigt, wenn es nicht stimmt. Aber wir sind uns einig, welche Qualität dieses Umweltbundesamt hat. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Absolut!) Dann sind wir auf einer Linie.

Meine Damen und Herren! Noch einmal zurück zum Montreal-Protokoll. Es ist notwendig, auf die veränderte Technologie einzugehen. Es ist notwendig, zu erkennen, daß wir zwar eine Reduktion des Abbaupotentials von 97 Prozent erreichen konnten, ein hervorragender Wert, aber es ist gleichfalls notwendig, darauf hinzuweisen, daß andere Substanzen verwendet werden, die Probleme beim Treibhauseffekt bringen, weil sie einen 300- bis 4 000mal höheren Faktor als Kohlendioxid zur Erderwärmung haben. Es muß uns auch bewußt sein, daß wir diese Fluorchlorkohlenwasserstoffe, über die ich spreche, auf Deponien auslagern werden, wenn wir nicht gegensteuern. Und wir werden Jahre, wenn nicht Jahrzehnte lang Ausgasungen aus den Baurestmassen, aus den Dämmstoffen haben, die die Umwelt belasten.

So unbeliebt das bei manchen ist, Frau Kollegin Langthaler, wird sich wahrscheinlich, um nicht ein Langzeitproblem mit der Ausgasung zu bekommen, zumindest nach meinem heutigen technischen Wissen, nur eine Verbrennung dieser Dämmstoffe anbieten, um die Fluorchlorkohlenwasserstoffe in eine unschädliche Form zu bringen.

Zum Abschluß vielleicht auch noch im Zusammenhang mit den Maßnahmen im Ausland: Wir müssen uns dessen schon bewußt sein – auch Kollege Schweitzer hat dies angesprochen –, daß der Ozongrenzwert für den Schutz der Vegetation oftmals überschritten wird. Wir haben einen hohen Groundlevel, nämlich von 40 bis 60 Mikrogramm das ganze Jahr. Der Grenzwert beträgt 65 Mikrogramm. Das heißt also, wir setzen da nicht sehr viel auf.

Zweitens warne ich auch davor, Äpfel mit Birnen zu verwechseln. Beim Schutz der Vegetation handelt es sich um einen 24-Stunden-Mittelwert, bei anderen Werten handelt es sich um 3-Stunden- oder 8-Stunden-Mittelwerte, die sich nicht direkt vergleichen lassen. Trotzdem ist es keine Frage: Maßnahmen zur Senkung des bodennahen Ozons sind notwendig.

Meine Damen und Herren! Zum Abschluß noch zu der Bemerkung von Frau Kollegin Langthaler, daß wir die Bahn vergessen haben. Hier möchte ich daran erinnern, daß es uns sehr wohl ein Anliegen ist, den Ausbau der Schiene voranzutreiben. Hier möchte ich daran erinnern, daß 13,4 Milliarden dafür vorgesehen sind. Ich kann mir vorstellen, welchen Wirbel es hier im Hohen Haus geben würde, wären 13,4 Milliarden für den Straßenausbau vorgesehen. Gott sei Dank sind sie es nicht. Tatsache ist aber, daß im Vorjahr von diesen 13,4 Milliarden pro Jahr nicht alles verbraucht werden konnte, weil nämlich hervorragende Bahnprojekte – ich erinnere an den Semmering-Basistunnel, ich erinnere an den Lainzer Tunnel – aufgrund des Widerstands verschiedener Gruppen nicht realisiert werden konnten. Sie können ihren Beitrag zur Verminderung des Ozons leisten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich habe in der Zwischenzeit mit dem Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs klargestellt, daß der vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann verlesene Antragstext kein unselbständiger Entschließungsantrag ist, der hier abgestimmt werden soll. Das möchte ich nur noch einmal zur Klarstellung festhalten.

Ich erteile jetzt der Frau Abgeordneten Dr. Gabriela Moser das Wort. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.56

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Familienminister! Aufgrund des vorliegenden Ozonberichts sehe ich mich eigentlich nicht mehr in der Lage, Sie hier als Umweltminister zu titulieren. Darüber hinaus muß man sich schon stärken (die Rednerin trinkt aus dem beim Rednerpult stehenden Wasserglas), bevor man zu diesem Ozonbericht Genaueres und Kritisches festhält.

Herr Umweltminister! Sie sind der Verwalter des Familienlastenausgleichsfonds, und gerade aus diesem Fonds haben Sie vor zwei Jahren über 2 Milliarden an Schülerfreifahrtsbeihilfen dem öffentlichen Verkehr entzogen. Herr Minister! Auf der einen Seite sollten Sie für die Verbesserung der Umweltsituation eintreten, sollten Sie darauf dringen, daß sich die Verkehrssituation ändert, sollten Sie mit durchsetzen, daß eine Verlagerung auf den öffentlichen Verkehr stattfindet. Was machen Sie, Herr Minister, aber auf der anderen Seite? – Sie streichen die Zuwendung, die Förderungsmilliarden für die öffentlichen Verkehrsmittel! Sie sparen beim öffentlichen Verkehr ein, indem Sie Schülerbeihilfen streichen. Reden Sie mit den Trägern der öffentlichen Verkehrsmittel! Gehen Sie nach Salzburg, gehen Sie nach Tirol, schauen Sie nach Oberösterreich, überall wird über diesen Aderlaß beim öffentlichen Verkehr geklagt. (Abg. Tichy-Schreder: Wo leben Sie?)

Das ist für mich schon die Nagelprobe im Hause Bartenstein, das sich immer mehr in Richtung Familienpolitik oder Pseudofamilienpolitik hin entwickelt, das sehr viele Kinderzimmer einrichtet, das aber gleichzeitig massiv den Garagenbau vorantreibt, indem es nämlich eine Verkehrspolitik mit verantwortet, die in die andere Richtung, die in die ozonfeindliche Richtung geht. Das ist das Problem. Das ist wirklich das Problem, und das sage ich heute absichtlich. Das sage ich Ihnen absichtlich so polemisch, denn sonst passen Sie gar nicht auf, sonst bekommen Sie gar nicht mit, in welch falsche Richtung das führt.

Das Problem ist hier wirklich jetzt und heute, daß Sie immer wieder verantworten, daß die Verkehrspolitik in die falsche Richtung geht und der Herr Umweltminister in keiner Weise dazu beiträgt, daß endlich Umweltpolitik auch dort gemacht wird, wo sie zentral gemacht werden soll, nämlich im Verkehrsbereich.

Lesen Sie die jüngsten Publikationen! Die jüngsten Publikationen auch von relativ umweltkritischen Menschen in dem Sinne, daß sie vor der eigenen Haustür kehren, die Herausgeber auch der Zeitschrift "Natur", sagen, das Umweltproblem Nummer eins ist neben der Landwirtschaft der Verkehr, und der Verkehr beschert uns die Ozonproblematik. Da hilft kein Dazwischenreden, und da hilft kein Dazwischenrufen. Da heißt es, wirklich Hand anzulegen. Da heißt es konkret, nicht die Benzinpreise zu senken, sondern da heißt es, eine ökologische Steuerreform durchzusetzen und im Zuge dieser ökologischen Steuerreform endlich die Kostenwahrheit im Verkehr durchzusetzen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Herr Minister! Sie könnten zusätzliche Mittel gerade für den Umweltbereich beschaffen, indem Sie im Verkehr die Kostenwahrheit einführen, indem der Kilometer endlich das kostet, was er wirklich kostet an Umweltressourcen, an Umweltverbrauch, an Unfallschäden et cetera. Sie hätten Milliarden für den Umweltbereich, konkret auch zur Förderung der Umstellung auf den öffentlichen Verkehr. Aber das machen Sie nicht! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Frau Kollegin! Wo habe ich die Milliarden?)

Sie könnten durch eine leistungsabhängige Kilometerabgabe durchaus Milliarden für den Umweltbereich lukrieren. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Entschuldigen Sie, aber Sie überschätzen mich!) Selbstverständlich müßten Sie sich mit dem Finanzminister zusammensetzen, auch mit dem Wirtschaftsminister, wobei ich sagen muß, daß ich wiederholt den Eindruck bekommen habe, daß gerade diese beiden Minister die eigentlichen Anti-Umweltminister sind. Sie, Herr Umweltminister – jetzt sage ich es doch noch, charmanterweise nenne ich Sie Herr Umweltminister –, werden sich in Zukunft ohne Kompetenzen, ohne Möglichkeiten im Umweltbereich mit einem bescheidenen Familienministerium begnügen müssen.

Herr Minister! Ich möchte Sie jetzt noch einmal persönlich motivieren. Ozonbelastung führt zu Atemwegsproblemen. Sie müssen es doch schon am eigenen Leib erfahren haben – Sie sind ja bekannt für Ihre Marathonleistungen. Bitte, legen Sie endlich auch einen Marathonlauf in der Umweltpolitik hin! Sie müssen doch merken, daß es bei der steigenden Ozonbelastung schwieriger ist, diesem Sport nachzugehen. Daher müßte hier doch ein persönlicher Motivationsschub drinnen sein.

Abschließend möchte ich Ihnen, weil Sie von der ÖVP durchaus auch im Lager der katholischen Sozialpolitik verankert sind und weil Sie von der SPÖ sich immer wieder die Sozialpolitik auf Ihre Fahnen heften, noch ein Zitat präsentieren, das genauso für die Steuerreform und die Umweltpolitik herangezogen werden kann.

In der jüngsten Publikation der Katholischen Sozialakademie steht nämlich – passen Sie gut auf! –:

Der Staat muß sich der Verantwortung seiner regulativen Aufgaben stellen. Ein Zurückziehen auf neoliberale Standpunkte oder das Betreiben von Budgetkosmetik ändert nichts daran. Dabei werden auch Werturteile getroffen – wenn nicht explizit, doch implizit. Die politischen Prioritäten gehören wieder zugunsten der Menschlichkeit verändert. – Zitatende. Das schreibt also die Katholische Sozialakademie!

Das, was Sie heute und auch sonst hier immer wieder präsentieren, ist der Ausdruck einer Werthaltung, die oft zutiefst gegen die Menschen ist und die vor allem auch oft gegen die Umwelt ist! (Beifall bei den Grünen.)

19.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schrefel. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.03

Abgeordneter Josef Schrefel (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Eines der Hauptziele der österreichischen Umweltpolitik ist, die Treibhausgase-Emissionen zu reduzieren. Demgemäß haben wir uns nicht nur für eine internationale Reduktion aller Treibhausgase eingesetzt, sondern in den letzten Jahren bereits wesentliche Erfolge bei der Reduktion von einigen Luftschadstoffen erzielen können.

Was den Entschließungsantrag der Freiheitlichen Partei betreffend Reduzierung der CO2-Emissionen anlangt, muß gesagt werden, daß die Freiheitliche Partei damit auf einen fahrenden Zug aufspringt, da es ein erklärtes Ziel des Umweltministeriums immer war und auch noch ist, durch Förderung erneuerbarer Energieträger einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Erreichung des Kyoto-Zieles zu leisten, was in den entsprechenden Schritten umgesetzt wird.

Im Jahre 1998 zum Beispiel förderte das Umweltministerium den Bereich der erneuerbaren Energieträger sowie Maßnahmen zur Einsparung von Energie mit zirka 220 Millionen Schilling. Durch die Verwendung von Biomasse, durch Kleinanlagen, Kleinwasserkraftwerke, Solaranlagen und Windkraftanlagen wurden in dieser ökologischen Wachstumsbranche neben den Umwelteffekten auch direkte Arbeitsmarkteffekte erzielt. Diese Arbeitsmarkteffekte sind durch zahlreiche Studien belegt und bilanzierten beispielsweise bereits im Jahre 1997 mit rund 22 000 Arbeitsplätzen im Biomassebereich.

Besonders erwähnenswert ist die Pionierarbeit des Österreichischen Biomasseverbandes, der in diesem Bereich wesentliche Vorarbeit geleistet hat.

Sehr positiv ist zu vermerken, daß das Umweltministerium im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium, dem Wirtschaftsministerium sowie dem Ministerium für Wissenschaft und Verkehr ein sogenanntes Energiecluster, einen Energiefonds eingerichtet hat, der mit rund 300 Millionen Schilling dotiert ist. Auch diesbezüglich springt die Freiheitliche Partei mit ihrem Entschließungsantrag, die Ministerien mögen sich zusammenschließen, auf einen bereits fahrenden Zug auf, was aber an und für sich positiv ist.

Damit ist auch weiterhin gewährleistet (Abg. Mag. Schweitzer: Du mußt schon schauen, von wann dieser Antrag ist!) – lieber Freund Schweitzer, aber ihr hättet ihn heute nicht mehr einbringen müssen (Abg. Mag. Schweitzer: Haben wir ja nicht!) –, daß der erfolgreiche Weg, nämlich die weitere Substituierung fossiler Energie und die Förderung von Alternativenergien, fortgesetzt wird und das Potential im Bereich Biomassenutzung voll ausgenützt werden kann, was für unser Land rund 50 000 Arbeitsplätze bedeuten würde. (Abg. Mag. Schweitzer: Der Antrag ist aus 1997!)

Weiters setzt die Bundesregierung mit der soeben beschlossenen Steuerreform 2000 und der Schaffung eines neuen Betriebsanlagenrechts konsequent ihren Weg fort, günstige Rahmenbedingungen für eine positive Entwicklung unseres Landes auch im Umweltbereich zu setzen. Die in dieser Woche positiv abgeschlossene Steuerreform bringt uns gerade in den Bereichen Forschung, Neugründung innovativer Unternehmen und mit der Beimischung von 2 Prozent Rapsmethylester beachtliche Beschäftigungsimpulse.

Allein der Kohlendioxidausstoß im Dieselbereich würde in Österreich bei einem Dieselverbrauch von zirka 3 Millionen Tonnen eine Einsparung von zirka 170 000 Tonnen CO2 oder 1,8 Prozent des gesamten Ausstoßes erfahren.

Ein weiterer großer Wurf ist das geplante Umweltgesetz für Betriebsanlagen. Künftig wird es für die Genehmigung von Betriebsanlagen nur noch eine zuständige Behörde, ein Verfahren und einen Bescheid geben, dessen Vollzug bei den Ländern beziehungsweise den Bezirkshauptmannschaften angesiedelt ist.

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir ersuchen daher in unserer Entschließung, dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Kopf, Keppelmüller und Genossen: Die betroffenen Bundesministerien mögen aufbauend auf die bisherigen Aktivitäten weitere Impulse zur Steigerung von Beschäftigung und Wertschöpfung setzen, um damit den österreichischen umwelt- und klimapolitischen Zielsetzungen Rechnung zu tragen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Müller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.07

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Umweltminister! Meine Damen und Herren! Ich beziehe mich auf den Bericht zu den Umweltförderungen des Bundes 1997, der auch den Bereich der Wasserwirtschaft beinhaltet, und nütze die Gelegenheit, hier einige Anmerkungen zur Abwassersituation in Kärnten zu machen. (Abg. Mag. Schweitzer: Da haben wir einen eigenen Antrag gehabt!) – Richtig. (Abg. Mag. Schweitzer: Der wurde vertagt!)

Laut Aussage des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans des Landes Kärnten wird bis Ende 2005 in den Gemeinden mit über 2 000 Einwohnern eine richtlinienkonforme Entsorgung möglich sein. Der große Problembereich in Kärnten liegt jedoch bei den Gemeinden mit weniger als 2 000 Einwohnern. Von den insgesamt 132 Gemeinden verfügen derzeit 60 Gemeinden, alles eher kleinere Gemeinden, über kein öffentliches Kanalnetz. Es ist daher meiner Meinung nach sowohl organisatorisch als auch finanziell nicht möglich, das öffentliche Kanalnetz in Kärnten bis zur derzeit geltenden gesetzlichen Frist im Jahre 2005 fertigzustellen.

Das jährliche Bauvolumen in der Abwasserwirtschaft Kärntens beträgt etwas über 1 Milliarde Schilling. Die Realisierung aller ausstehenden Projekte wird aber mindestens 15 Milliarden Schilling erfordern. Wenn keine höheren Förderungen als in den beiden vergangenen Jahren möglich sind, wird die Fertigstellung einer Bauzeit bis zum Jahr 2015 bedürfen. Der gesetzliche Termin würde demnach um in etwa zehn Jahre überschritten werden.

Zusammengefaßt: Als Lösungsmöglichkeiten zur Verbesserung der prekären Kärntner Abwassersituation sehe ich nur entweder eine Änderung des Wasserrechtsgesetzes dahin gehend, daß der Landeshauptmann ermächtigt wird, durch Verordnung die Bewilligungsdauer in Verbindung mit dem vorliegenden Prioritätenkatalog des Landes über das Jahr 2005 hinaus zu verlängern, oder die Gewährung von Sondertranchen für die Abwasserwirtschaft der hinsichtlich des Kanalisierungsgrads nachhinkenden Bundesländer – das ist ja nicht Kärnten allein –, um ein höheres Niveau zu erreichen.

Kärnten hat daher in den letzten Jahren aus gutem Grund höhere Tranchen im Bereich der Wasserwirtschaft erhalten, und diese ökologische Priorität muß beibehalten werden, bis Kärnten den Gleichstand mit den anderen Bundesländern erreicht hat. Hier sehe ich dem von Umweltminister Bartenstein angekündigten Bericht von der Österreichischen Kommunalkredit zur angesprochenen Kärntner Abwasserproblematik mit Spannung entgegen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. Gleichfalls 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.11

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte mich ebenfalls auf den Umweltförderungsbericht beziehen. Die beschäftigungspolitischen Auswirkungen dieses Umweltförderungsberichtes sind ja bereits angesprochen worden. 12,3 Milliarden Schilling wurden in den Jahren 1997 und 1998 zum Einsatz gebracht. Das bedeutet rund 20 000 Arbeitsplätze, die pro Jahr in diesem Bereich neu geschaffen wurden. Und ganz wichtig ist, daß diese Umweltförderungen auch Wirkungen zeigen. Am Beispiel der österreichischen Flüsse ist das nachzuvollziehen: Zwei Drittel aller Fließgewässerstrecken entsprechen der Güteklasse I bis II und weisen damit beste Qualität auf.

Ebenfalls aus diesem Bericht geht aber hervor, daß in Zukunft bei den Umweltförderungen auch andere Schwerpunkte gesetzt werden. Es geht mehr in Richtung Trinkwasserversorgung und Altlastensanierung.

Einen Satz zum Trinkwasserschutz. Es gibt ja eine Studie des Gesundheitsministeriums und des Landwirtschaftsministeriums, die belegt, daß mehr als die Hälfte der österreichischen Grundwassergebiete in Wirklichkeit als Sanierungsgebiete ausgewiesen werden müßten. Es ist Faktum, daß in großen Teilen unseres Landes Grundwasser unbehandelt nicht mehr konsumiert werden kann. Das ist eine prekäre Situation, die, glaube ich, gezielte Maßnahmen erfordert.

Das Wasserrechtsgesetz sieht zwar vor, daß Schutz- und Schongebiete festzulegen sind, aber offensichtlich funktioniert das nicht richtig. Es hilft uns das beste Wasserrechtsgesetz nichts, wenn immer wieder erhebliche Mängel bei der Umsetzung dieser Schutzmaßnahmen zu beobachten sind.

Was sind nun die drei wichtigsten Maßnahmen, um unserem Grundwasser wirklich eine echte Chance zu geben? – Erstens einmal ist die Stickstoffüberdüngung umgehend einzudämmen, zweitens muß die Entwicklung der Bodenschutzgebiete der Länder mit aller Kraft vorangetrieben werden. Vor allem aber müssen für jene Gebiete, in denen es wirklich intensive Landwirtschaft gibt, die längst fälligen Sanierungsverordnungen erlassen werden. Das heißt, es bedarf einer besseren Koordination zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium, einer besseren Kooperation zwischen Bund und den Ländern. Nur so wird es möglich sein, unser Trinkwasser langfristig wirklich abzusichern.

Den Bericht nehmen wir natürlich zustimmend zur Kenntnis. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Oberhaidinger vor. Ebenfalls 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.14

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Da der Entschließungsantrag der Freiheitlichen zum Thema erneuerbarer Energien eigentlich bei der Stunde Null beginnt und alles so darstellt, als wäre diesbezüglich noch nichts passiert, können wir ihm leider nicht beitreten. Wir haben uns daher auf einen eigenen Antrag geeinigt.

Man kann es in diesem Hohen Haus nicht oft genug sagen: Im EU-Weißbuch werden 12 Prozent Anteil an erneuerbaren Energien gefordert. Wir in Österreich haben zurzeit einen Anteil von 26 Prozent am Gesamtenergieaufwand. In der Stromerzeugung liegt dieser Anteil bei 79 Prozent. Das heißt, wir haben eine sehr gute Ausgangssituation.

Im ElWOG – Frau Kollegin Langthaler hat das zwar kritisiert; ich stehe dazu, und ich glaube, es war richtig – haben wir die Förderung von erneuerbaren Energieträgern verländert. Das heißt, die Länder sind gefordert, bis zum Jahr 2005 einen Anteil von 3 Prozent an erneuerbaren Energieträgern umzusetzen, ohne Berücksichtigung und ohne Einbeziehung der Wasserkraft. Die Landeshauptleute haben die Einspeisetarife festzusetzen. Sie sind überwiegend die Eigentümer der jeweiligen EVUs, und sie können am besten beurteilen, was sie ihren EVUs zumuten können. Wir haben auch die Möglichkeit dafür geschaffen, daß Betreiber von erneuerbarer Technologie eigene Märkte bilden können.

Auf Bundesebene verblieben ist die Investitionsförderung, die wir über die Kommunalkredit abwickeln. Ich darf daran erinnern – die Zahlen liegen unserem Entschließungsantrag bei –, daß im Jahre 1998 200 Millionen Schilling investiert wurden, 1999 sollen es an die 400 Millionen Schilling sein, und im Jahr 2000 rechnet man mit etwa 600 Millionen Schilling, die für die Förderung erneuerbarer Energieprojekte ausgegeben werden sollten. Das Ausschreibungsverfahren – und das sollte hier auch einmal gesagt werden – ist EU-weit auf Interesse gestoßen. Es ist ein hervorragendes Ausschreibungsverfahren, das garantiert, daß wirklich nur die effizientesten Projekte gefördert werden, das heißt gute Standorte, hervorragende Technologie. Es muß einfach gesichert sein, daß mit geringstmöglichem Einsatz von Steuermitteln die bestmögliche Erzeugung gewährleistet ist.

Dies alles findet sich in unserem gemeinsamen Antrag, und er wird daher logischerweise von meiner Fraktion unterstützt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.16

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Nachdem Sie von Kollegin Moser schon so fundierte Schelte eingesteckt haben, lobe ich Sie zwar nicht gerade, aber ich möchte doch sachlich anmerken, daß der Ozonbericht eine sehr gute Unterlage ist, daß er uns im wesentlichen zeigt, daß die Lage zurzeit halbwegs stabil ist, daß aber durchaus auch Grund zur Sorge besteht. Und Sie haben das ja auch nicht beschönigt. Ich glaube ebenfalls, daß wir die gesteckten Ziele derzeit eher nicht erreichen können.

Was mich weiters beunruhigt, Herr Bundesminister – ich habe im Ausschuß schon darüber gesprochen –, ist, daß ich einem UBA-Bericht vom Februar 1999 mit der Nummer B 146 entnommen habe, daß wir auch bei einigen Luftschadstoffen, zum Beispiel bei SO2, bei NOx, aber auch beim CO2 und vor allem auch beim Lachgas, bei N2O, wieder Trends nach oben haben. Wir werden da sehr aufpassen und das untersuchen müssen. Es ist sicherlich zu einfach, Patentrezepte wie etwa die Förderung des Nahverkehrs zu verkaufen, obwohl das natürlich dazugehört.

Am 3. August 1998 war in einem "profil"-Artikel zu lesen: Heiße Luft – Sommerozon. Eine neue Studie nähre die Hoffnung, Ozon sei weniger gesundheitsschädlich, als bislang befürchtet wurde.

Über solche Untersuchungsergebnisse, die von Wissenschaftern stammen, muß man ernstlich nachdenken. Wir liegen im internationalen Vergleich, auch unter den EU-Staaten, eigentlich gut, nur Finnland hat niedrigere Ozonwerte, und wenn ich mir vorstelle, daß die Österreicher mit Begeisterung in den Süden auf Urlaub fahren und zum Teil gar nicht wissen, welche Ozonwerte es dort gibt – wir wissen es inzwischen –, dann, meine ich, sollten wir die Kirche schon im Dorf lassen.

Der Bericht beschönigt nichts, er ist wieder sehr instruktiv und dafür herzlichen Dank.

Herr Bundesminister! Ich habe nicht sehr viel Zeit, möchte aber trotzdem noch einen Punkt zumindest anschneiden. Es wird zwar meinem Freund Schwarzenberger nicht sehr gefallen, ich möchte aber darauf eingehen, weil es heute ein paarmal bedingungslos gefordert wurde: Fördern wir die Biomasse, die erneuerbaren Energien! Minister Molterer hat ja freudig verkündet, daß man es in dieser Steuerreform untergebracht habe, daß dieser Biodiesel nicht besteuert werde. Ich kenne eine Studie der Arbeiterkammer, die sich mit dieser Frage beschäftigt. Ich will diese jetzt nicht in den Vordergrund spielen, möchte aber Sie, Herr Minister, darum bitten, daß, bevor wir zum Beispiel den Biodiesel tatsächlich zumischen, also unsere Rapsanbauflächen vergrößern, Sie als Umweltminister veranlassen, daß eine genaue ökonomische und ökologische Kosten-Nutzen-Untersuchung darüber gemacht wird, damit wir nicht wieder einen Irrweg beschreiten.

Wie gesagt, ich anerkenne die Arbeiterkammerstudie nicht als der Weisheit letzter Schluß, aber man wird darüber diskutieren müssen, inwieweit wir uns nicht ökologischen Zores durch vergrößerte Rapsanbaugebiete einhandeln. Wir wissen genau, daß in diesen Gebieten wesentlich mehr Dünger, Stickstoffdünger verbraucht wird. Wir treiben damit unter Umständen das Lachgasniveau in die Höhe, und das ist kontraproduktiv. Ich bin für eine außerordentlich faire Diskussion darüber, aber gegen eine Hurra-Politik nach dem Motto: Jetzt haben wir wieder etwas gefunden und mischen das sofort wieder bei. Denn es verursacht immerhin einen Steuerausfall von überschlägig 300 Millionen Schilling und würde nach der Studie der Kammer den Dieselpreis um 5,5 Groschen in die Höhe treiben. Außerdem sind, wie gesagt, ökologische Probleme im Zusammenhang mit dem erhöhten Düngebedarf zu erwarten.

Wir sollten also nicht in Panik verfallen, aber auch nicht so schwarzmalen, wie es Kollegin Moser – eigentlich ohne besondere Fakten zu nennen – getan hat. Eher sollten wir uns das Problem einer leicht zunehmenden Verschmutzung unserer österreichischen Luft, die teilweise auch wieder hausgemacht ist, in nächster Zukunft genau anschauen und von geeigneten Einrichtungen wie dem Umweltbundesamt untersuchen lassen. Wir sollten diese Zeichen ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir haben kein Schlußwort des Berichterstatters und kommen damit zum Abstimmungsverfahren. – Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, und zwar wird über jeden Ausschußantrag getrennt abgestimmt.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 1523 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht einhellig. Ich stelle fest: Die Genehmigung ist erteilt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, den vorliegenden Bericht III-142 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1699 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ich stelle auch hier fest: Der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1699 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Dieser Antrag ist damit angenommen. (E 167.)

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, den vorliegenden Bericht III-120 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Barmüller und Genossen betreffend Verringerung der Emission von Luftverunreinigungen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

7. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 707/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Umweltförderungen für die Altlastensanierung (1698 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 566/A (E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Behandlung der Thematik "Sicherung/Sanierung der Fischer-Deponie" (1696 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 7 und 8 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Als Erstredner ist Herr Abgeordneter Wenitsch gemeldet. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.24

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mich als Niederösterreicher auf die Fischer-Deponie konzentrieren. Eine kleine Chronik: Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre wurden für die Schottergrube mit der heutigen Bezeichnung "Fischer-Deponie" seitens des Landes Niederösterreich mehrere Deponiegenehmigungen erteilt. In der Folge wurden mindestens 6 000 bis 7 000 Fässer mit giftigem Inhalt – CKW, chlorierten Kohlenwasserstoffen – in der Grube deponiert.

Mitte der siebziger Jahre kaufte Dkfm. Fischer die Deponie. Kurz darauf wurden seitens des Landes Niederösterreich alle Genehmigungen für die Deponie zurückgezogen.

Im Jahre 1981 wurde die Öffentlichkeit erstmals via TV-Sendung "Argumente" mit Walter Schiejok und dem jetzigen Landesrat Hans Jörg Schimanek, die dafür auch den Konrad-Lorenz-Preis erhielten, darüber informiert, daß in dieser Fischer-Deponie grundwassergefährdende Stoffe abgelagert sind und dadurch der größte bekannte unterirdische Grundwassersee Europas, die Mitterndorfer Senke, in Gefahr sei.

Trotz zahlreicher Politikerversprechen – die damalige Umweltministerin, Frau Flemming von der ÖVP, der Umweltlandesrat und derzeitige Landeshauptmann von der ÖVP, Herr Erwin Pröll, haben live im TV diese Versprechen abgegeben – dauerte es trotzdem bis 1989, also acht Jahre, bis das Umweltministerium die Errichtung einer ersten Sicherung in Form von Sperrbrunnen in Auftrag gab.

Die Errichter dieser Sperrbrunnen stellten schon damals dazu fest, daß diese Brunnen nur ein erster Schritt in Richtung Einhaltung der Sicherheitsvorschriften sein könnten. Zugleich wurde gegen Dkfm. Fischer in Sachen Fischer-Deponie Anklage erhoben. In diesem Prozeß bestätigten mehrere Zeugen, daß die Deponiegenehmigungen des Landes Niederösterreich in ungewöhnlicher Schnelle und durch politische Weisung erfolgt waren.

Im Jahre 1992 wurde Fischer rechtskräftig von diesem Vorwurf freigesprochen. Nunmehr klagte Fischer Bund und Land Niederösterreich, weil er die Deponie mit aufrechten Genehmigungen gekauft hatte. Fischers Behauptung: Das Land Niederösterreich habe den vormaligen Betreibern, der Firma Waxina, grob fahrlässig Deponiegenehmigungen erteilt, obwohl aufgrund der geologischen Beschaffenheit und der nahen Mitterndorfer Senke keine Genehmigung für eine Deponie an diesem Standort hätte erteilt werden dürfen.

In diesem Prozeß, den Fischer im Jahre 1998 in erster Instanz vorerst gewonnen hat, bestätigte der Gerichtsgutachter Dr. Lueger die Behauptungen Fischers. Zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung hätten die Sachverständigen des Landes Niederösterreich längst wissen müssen, daß dieser Standort für eine Deponie völlig ungeeignet ist.

Nach dem Freispruch für Fischer im Strafverfahren klagte im Jahre 1993 die Finanzprokuratur der Republik einige zum Zeitpunkt der Erteilung der Deponiegenehmigungen federführend tätig gewesene Landespolitiker – deren Namen hören sich ja recht gut an: Pröll, Blochberger, Ludwig, Maurer (Abg. Smolle: Rosenstingl!); lauter ehemalige ÖVP-Politiker, manche sind ja noch im Amt – sowie die damals verantwortlichen Spitzenbeamten auf Zahlung von vorerst je 15 Millionen Schilling Schadenersatz. Soviel hatte die bisherige Räumung, ein Streifen in der Länge von zirka 14 Metern, die Republik gekostet. Fischer selbst konnte man wegen Mittellosigkeit nicht zur Räumung heranziehen.

Im Jahre 1994 griff der für Wasserrechtsfragen in Niederösterreich zuständige Landesrat Hans Jörg Schimanek die Causa Fischer-Deponie auf. In zwei Wasserrechtsverhandlungen stellten Sondersachverständige – Universitätsprofessor Hölzl von der Technischen Universität Karlsruhe, Universitätsprofessor Kiesel aus Wien und Universitätsprofessor DDr. Haider – eindeutig fest, daß bei der Fischer-Deponie Gefahr in Verzug sei und die dort vergrabenen Giftfässer zwecks Vermeidung einer nicht wiedergutzumachenden Verseuchung der Mitterndorfer Senke umgehend geborgen werden müßten.

Landesrat Schimanek entschied aufgrund der Sachverständigengutachten per Weisung auf "Gefahr im Verzug", sodaß nach der Gesetzeslage eine Bergung der Giftstoffe und eine Sicherung des gesamten übrigen Inhaltes möglich gewesen wären. Es folgte eine Ausschreibung der Arbeiten, an der sich 16 nationale und internationale Unternehmen beteiligten. Doch ehe der Auftrag an den Bestbieter vergeben werden konnte, widerrief der damalige ÖVP-Landwirtschaftsminister Fischler als Oberste Wasserrechtsbehörde die Entscheidung des in dieser Sache ihm weisungsgebundenen Landesrates Schimanek und entschied: Bei der Fischer-Deponie ist keine Gefahr in Verzug. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Sie glauben, das ist richtig, Herr Kollege von der ÖVP, na sehr gut!

Unterstützt wurde Fischler damals von der Umweltministerin und nunmehrigen Generalsekretärin der ÖVP Maria Rauch-Kallat. Damit war die Bergung der in der Fischer-Deponie vergrabenen Giftfässer per Ministerweisung verhindert. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ungeheuerlich!)

Auch ein weiterer Anlauf Schimaneks bei den Nachfolgern in den Ministerämtern, Bartenstein und Molterer, verlief erfolglos. Die Oberste Wasserrechtsbehörde, in Gestalt von Landwirtschaftsminister Molterer, blieb bei ihrer Entscheidung: keine Gefahr in Verzug bei der Fischer-Deponie.

Grund für die negativen Entscheidungen der ÖVP-Minister war ganz offensichtlich der laufende Schadenersatzprozeß der Finanzprokuratur gegen die Parteifreunde aus Niederösterreich.

An diesem Punkt erhebt sich für mich die Frage, weshalb erstens einmal die Finanzprokuratur zu spät geklagt hat und warum zweitens die zuständigen Ministerien beziehungsweise das Land Niederösterreich der Finanzprokuratur die notwendigen Unterlagen zur Führung eines Prozesses so spät übermittelt haben. Nicht nur die Fischer-Deponie gehört unverzüglich geräumt, meine Damen und Herren, sondern auch der Sumpf rund um die verantwortlichen ÖVP-Politiker, eine Reihe, die von Pröll bis zu Rauch-Kallat reicht. Auch diese gehören gemeinsam mit der Fischer-Deponie endlich entsorgt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Kopf.)

Meine Damen und Herren, von euch ist noch kein vernünftiger Vorschlag gekommen, durch den dem Bürger Geld erspart werden könnte. Darum hat Landesrat Schimanek diesen Vorschlag auf den Tisch gelegt.

Wie hätte man eine weitaus frühere und damals sicher kostengünstigere Bergung der Giftfässer ermöglichen können? – Erstens durch fehlerlose und gesetzeskonforme Bescheide der niederösterreichischen Bergbehörden, zweitens durch Bestätigung der Weisung von Landesrat Schimanek auf Gefahr im Verzug, die bereits im Jahre 1994 erging, drittens durch die Annahme des Vorschlages von Landesrat Schimanek, die Republik möge Dkfm. Fischer die Deponie abkaufen, um damit sofortigen Zugriff auf den Deponiekörper zu erhalten und mit der Entfernung der Giftstoffe sofort beginnen zu können. In diesem Falle hätte Fischer seinen mittlerweile in erster Instanz gewonnenen Prozeß um 16 Millionen Schilling Schadenersatz gegen den Bund beziehungsweise gegen das Land Niederösterreich abgebrochen. Der Vorteil der damals vorgesehenen Sicherung gegenüber einer Räumung wäre gewesen, daß man die Giftfässer und das kontaminierte Erdreich entfernen und den restlichen Müll fraktionieren und in der zu sichernden Fischer-Deponie als Zwischenlager für einen späteren Abtransport lagern hätte können.

Nunmehr wird außer den Giftfässern und dem kontaminierten Erdreich der gesamte Deponiegehalt in andere Deponien in Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark verbracht und dort gelagert. Das bedeutet mit einem Wort eine unsinnige Geldvernichtung, einen umweltschädigenden Mülltourismus und nebenbei noch einen Schaden für die Republik von 1 bis 2 Milliarden Schilling. Die derzeit durchgeführte Erkundung der Fischer-Deponie kostet bereits 20 Millionen Schilling! Aufgrund der bisherigen Räumungsergebnisse dieses einen Streifens und der diversen Zeugenaussagen hätte man sich diese Kosten leicht ersparen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Fakten, die ja mittlerweile Gott sei Dank bekannt sind, muß der eigentliche Kriminalfall Fischer-Deponie unverzüglich abgeschlossen werden. Die verantwortlichen und damals zuständigen Politiker und auch die hochrangigen Hofräte, die das mitzuverantworten haben, haben sich ihrer Verantwortung zu stellen, auch wenn ihre Taten durch offensichtliche Manipulation verjährt sind. Ich sage das hier noch einmal: Durch offensichtliche Manipulation sind ihre Straftaten verjährt! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist das Problem, das wir dabei haben. Im Dunstkreis einer schwarzen ÖVP-Riege wurde das Ganze so weit getrieben und so lange hinausgezögert, bis die Straftaten der eigentlich Verantwortlichen verjährt waren. (Zwischenrufe der Abgeordneten Stampler und Mag. Schweitzer.)

Meine Damen und Herren! Es geht mir aber nicht nur um die strafrechtliche Verantwortung, denn wir haben auch eine moralische Verantwortung. Diese moralische Verantwortung kann nur darin bestehen, dafür zu sorgen, daß diese Politiker, die damals bei der Fischer-Deponie in diesem Dunstkreis diesen Schaden mitzuverantworten hatten, von uns, vom Parlament endgültig verabschiedet werden. Diese moralische Verpflichtung haben wir. Strafrechtlich, wie gesagt, sind ihre Taten leider Gottes durch die Hilfe einiger ÖVP-Mitglieder in der Zwischenzeit verjährt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stampler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.34

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zunächst auf die Rede meines Vorredners (Abg. Mag. Mühlbachler: Das war keine Rede!) eingehen und zur Fischer-Deponie kurz Stellung nehmen. Ja, wir tragen Verantwortung, und der Fall wird abgeschlossen werden. (Abg. Dr. Salzl: Ein Zementsackl ist schwerer als eure Verantwortung!) Wie man den Medien entnehmen kann, soll dieses leidige Thema ja in die letzte Runde gehen. Nach den nun durchgeführten Untersuchungen sollen die Sanierungsmaßnahmen im Juli 1999 begonnen werden und in etwa drei Jahren, bis Ende 2003, abgeschlossen sein.

Es gilt an dieser Stelle festzuhalten, daß die Sicherung mit Sperrbrunnen niemals als Ersatz für eine nachhaltige Sanierung gedacht war, daß aber diese Maßnahme voll gegriffen hat. Die von Herrn Landesrat Schimanek behauptete Gefahr im Verzug wurde sogar von seinen eigenen Experten bestritten. Vielleicht hat er diesbezüglich die falschen Berater gehabt.

Der Entschließungsantrag der Regierungsparteien, der hier mit eingebracht und demgemäß die Bundesregierung ersucht wird, auch weiterhin die bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Sanierung und Räumung der Fischer-Deponie zügig fortzusetzen und zum Abschluß zu bringen, ist, glaube ich, ganz wichtig und zeigt auch, daß man bestrebt ist, dem ein Ende zu setzen.

Wie sieht der aktuelle Stand aus? – Vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft als Oberster Wasserrechtsbehörde wurde der Bescheid, der Räumungsauftrag erteilt. Nach eingebrachter Berufung und Abweisung hat der Verwaltungsgerichtshof im Herbst 1998 diesen Bescheid bestätigt. Die Räumung soll in Teilschritten erfolgen, und bei den Sanierungsarbeiten ist auf die bescheidmäßig vorgegebenen Abfallmengen, die halbjährlich mit 120 000 Tonnen festgelegt wurden, zu achten. Im Umfeld werden derzeit im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie ergänzende Untersuchungen durchgeführt. Für die Räumung wurde bereits eine enge Zusammenarbeit zwischen Bundesministerium für Umwelt, Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt und Bundesministerium für Inneres vereinbart.

Zur erwähnten Weisung von Bundesminister Fischler muß man ganz klar sagen, daß sie damals erteilt werden mußte, um Landesrat Schimanek von einem rechtswidrigen Vorgehen abzuhalten. – Soweit kurz der Stand zur Fischer-Deponie.

Ich möchte auch noch auf das Thema Altlastensanierung eingehen. – Meine Damen und Herren, Altlastensanierung ist ein Erbe, das aus einer Zeit stammt, in der man mit Müll aufgrund des Standes der Technik noch anders umgegangen ist. Das Altlastensanierungsgesetz aus dem Jahr 1989 sollte die Grundlage für die Sicherung und Sanierung solcher Altlasten bringen, nämlich durch das Einheben der sogenannten Altlastensanierungsbeiträge. Im Jahre1996 wurde das Gesetz schließlich novelliert, um das Verursacherprinzip stärker zu berücksichtigen.

Meine Damen und Herren! Entgegen den Bedenken meines Kollegen Schweitzer möchte ich sagen, daß sich dieses Gesetz bewährt hat und die Altlastensanierung in diesem Land vorbildlich funktioniert! (Beifall bei der ÖVP.)

Laut Altlastenatlas, in dem 145 Bereiche ausgewiesen sind, befinden sich derzeit 42 in Sanierung, weitere 12 ehemalige Altlasten wurden bereits saniert beziehungsweise als gesichert ausgewiesen. Das bisherige Aufkommen an Altlastensanierungsbeiträgen von 1990 bis 1998 beläuft sich auf rund 2 530 Millionen Schilling, wobei bisher rund 313 Millionen Schilling zur Durchführung ergänzender Untersuchungen an Verdachtsflächen und Altlasten verwendet wurden und rund 2 217 Millionen Schilling für die Förderung von Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden konnten.

An Einkommen beliefen sich diese Beiträge im Jahre 1998 auf rund 598 Millionen Schilling, was gegenüber dem Jahr 1997 eine Steigerung um rund 150 Millionen Schilling bedeutet.

Es mag schon sein, daß man bekrittelt, daß 144 registrierte Flächen 80 000 Verdachtsflächen gegenüberstehen. Man muß aber, glaube ich, sagen, daß es wichtig ist, daß man alle Verdachtsflächen aufnimmt und sie kontrolliert. Das entspricht dem Vorsichtsprinzip, denn Verdacht heißt noch lange nicht Gefahr.

Zur Senkung der Fördersätze habe ich bereits gesagt, daß man dabei an das Verursacherprinzip gedacht hat. Nur nicht im Wettbewerb stehende Unternehmen wie Gemeinden erhalten nach wie vor höhere Fördersätze, und Kriegslasten werden überhaupt weiterhin mit 95 Prozent gefördert.

Die Förderung erfolgt nach einem regelmäßig aktualisierten Förderprogramm, welches sich nach Prioritätenklassifizierung richtet, und nicht zufällig.

Zum Abschluß möchte ich nur sagen: Meine Damen und Herren, die Altlastensanierung in Österreich greift. Wir sind dabei, alles zu tun, um künftigen Generationen die Sicherheit zu geben, daß nichts passieren kann. Hier ist nicht Polemik angebracht, sondern Kooperation. Zaubern kann niemand. (Beifall bei der ÖVP.)

19.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.40

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der erste Entschließungsantrag beziehungsweise der erste Bericht über einen Entschließungsantrag, den es zu behandeln gilt, betrifft die Umweltförderungen für die Altlastensanierung. Dieser Antrag ist dergestalt, daß man sagen muß: "No na net" wird man für Verfahrensvereinfachung und Beschleunigung eintreten, soll man dem Verursacherprinzip gerecht werden und die Bundesförderungen und die Altlastenbeiträge konsumentenfreundlicher gestalten.

Aber gerade deshalb muß man bei einem solchen Entschließungsantrag auch Kollegen Schweitzer sagen: Egal, was man da macht, es ist in Wirklichkeit ein Freibrief für Kritik im nachhinein, weil nichts konkretisiert ist. Ich glaube, die entscheidende Frage bei diesem Entschließungsantrag, der im Ausschuß abgelehnt worden ist, auch von den Liberalen, sollte eigentlich für uns sein: Wollen wir uns überhaupt von Anträgen, die inhaltlich nicht konkretisiert sind, sodaß sie weder instrumentalisiert werden können, noch einen klaren Auftrag an die Vollziehung bedeuten, Zeit stehlen lassen? Daher werden wir auch dem ablehnenden Bericht in diesem Zusammenhang zustimmen und ihn zur Kenntnis nehmen.

Der zweite Bereich betrifft die Sanierung der Fischer-Deponie, und hier ist, glaube ich, insbesondere herauszustreichen, daß der Weg, der ursprünglich von den Regierungsfraktionen gewählt werden sollte, nämlich einen gesamtändernden Abänderungsantrag einzubringen und damit in Wirklichkeit den Entschließungsantrag völlig zu verändern, auch in Zukunft nicht beschritten werden sollte.

Wir werden aber hier den Bericht nicht zur Kenntnis nehmen, denn wir würden es für sinnvoll halten, daß von der Bundesregierung ein Bericht über die Maßnahmen bezüglich der Fischer-Deponie vorgelegt wird.

Darüber hinaus werden wir dem Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen, der ebenfalls zur Abstimmung kommt, zustimmen, denn man kann nur dafür sein, daß die Maßnahmen zur Sanierung und Räumung der Fischer-Deponie zügig fortzusetzen und zum Abschluß zu bringen sind.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, werden wir auch abstimmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

19.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.42

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Da die Vollstreckungsbescheide jetzt vorliegen, kann mit der Sanierung der Fischer-Deponie endlich begonnen werden. Damit wird eine der gefährlichsten Altlasten Österreichs, die das Trinkwasser von Hunderttausenden Menschen direkt bedroht, endgültig saniert.

Gleichzeitig ist aber festzustellen, daß die mit einem jährlichen Aufwand von zuletzt 11 Millionen Schilling betriebenen Sperrbrunnen bestens funktionieren, sodaß die Qualität der Trinkwasserversorgung für die Menschen im Wiener Becken und in der Mitterndorfer Senke niemals wirklich gefährdet war.

Angesichts der heute auf 1,5 bis 2 Milliarden Schilling geschätzten Sanierungskosten sei aber von dieser Stelle aus noch einmal ausdrücklich betont: Die politische Verantwortung für dieses Megadesaster trägt unter anderem der damalige Umweltlandesrat und heutige Landeshauptmann von Niederösterreich, Dr. Erwin Pröll. Er hat rund um die Genehmigungsverfahren bei dieser Umweltbombe der Mitterndorfer Senke in einer Weise fehlerhaft gehandelt, die völlig unverständlich ist und die jegliche Sachkompetenz und Entscheidungsfreude vermissen läßt.

Sich darauf auszureden, meine Damen und Herren, nicht ausreichend informiert gewesen zu sein, und zu versuchen, die Schuld anderen zuzuweisen, ist angesichts der damaligen Zeitungsmeldungen unverständlich, peinlich und beschämend. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dieses Verhalten ist eines Landeshauptmannes unwürdig! Damit konnte er sich zwar, wie wir wissen, aus der straf- und zivilrechtlichen Verantwortung stehlen, die politische Verantwortung aber bleibt selbstverständlich weiterhin voll aufrecht. Diese wurde aber bedauerlicherweise niemals eingelöst und läßt die Frage der Führungsqualität und der Ehrlichkeit dieses Landeshauptmannes offen. Sachkompetenz statt permanenter Selbstdarstellung wäre bei Herrn Dr. Pröll sicherlich gefragt.

Hohes Haus! Aus heutiger Sicht muß sogar festgestellt werden, daß die Maßnahmen zur Sanierung der Fischer-Deponie durch das Verhalten von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll verschleppt wurden. (Abg. Mag. Schweitzer: Ja!) Dies hat dazu geführt, daß wir uns heute, mehr als zehn Jahre nach dem Bekanntwerden der Gefährlichkeit der Altlasten, noch immer mit dem Problem der Sanierung der Fischer-Deponie befassen müssen, während Herr Landeshauptmann Pröll so tut, als ginge ihn das alles selbst nichts an.

Sehr verehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die Sanierung wird jetzt in Angriff genommen werden (Bundesminister Dr. Bartenstein: Herr Kollege, die Landtagswahlen in Niederösterreich waren schon!), Herr Minister, und die Ausschreibung wird in den nächsten Monaten, der Räumungsbeginn Anfang 2000 und der voraussichtliche Abschluß der Sanierung im Jahre 2004 erfolgen.

Auf eine Problematik möchte ich aber im besonderen aufmerksam machen. Nach der erfolgten Sanierung der Berger-Deponie ist sicherlich auch der Verdacht gegeben, daß dabei unverschämte Geschäftemacher am Werk waren. Wie sonst ist es zu erklären, daß bei dieser Altlast mit einem Volumen von 800 000 Tonnen nur 400 Tonnen gefährliche Stoffe übriggeblieben sind? Der Rest von 799 600 Tonnen, sehr verehrte Damen und Herren, wurde anscheinend auf einmal nicht mehr als gefährlich eingestuft und in verschiedene andere Deponien eingelagert beziehungsweise vererdet.

Von seiten Ihres Ministeriums, Herr Minister, wird bei der Sanierung der Fischer-Deponie sicherlich darauf zu achten sein, daß die tatsächlich gefährlichen Abfälle ordnungsgemäß entsorgt werden und nur ungefährliche Stoffe umgelagert werden.

Sehr verehrte Damen und Herren! Der Vorschlag des niederösterreichischen FP-Landesrates Schimanek, mit einer endgültigen Sanierung zu warten, bis eine niederösterreichische Abfallverbrennungsanlage steht, halte ich angesichts der Gefahr der weiteren Durchrostung von Fässern und damit der Gefährdung des Grundwassers (Abg. Mag. Schweitzer: Das hat er nie gesagt! – Abg. Aumayr: Das hat er nie gesagt!) eigentlich für unverantwortlich.

Eine Sanierung in zwei Etappen, wie er es vorschlägt (Abg. Aumayr: Die sofortige Räumung wollte Herr Schimanek!), würde die ohnehin teure Sanierung überdies weiter verteuern. All jene Damen und Herren, die sagen, er habe das selbst nicht gesagt, mögen dann seine eigene Presseaussendung nachlesen.

Werte Damen und Herren! Uns Sozialdemokraten geht es letztendlich um eine endgültige und saubere Sanierung im Interesse der Menschen, die Trinkwasser beziehen, denn wir wissen, Trinkwasser wird in Österreich fast ausschließlich aus Grundwasser gewonnen, regional insbesondere in den Intensivlandwirtschaftsgebieten, wo Österreich aber zu hohe Nitrat- und Pestizidgrundwerte zu verzeichnen hat. Lokal ist eben auch der Einfluß von Deponien und Industrien schuld.

Unser Ziel, werte Damen und Herren, Hohes Haus, muß es sein, allen Staatsbürgern gutes Trinkwasser anzubieten. Dafür werden wir mit ganzer Kraft eintreten. Deshalb ein Ja zu einer umfassenden und endgültigen Sanierung der Fischer-Deponie. (Beifall bei der SPÖ.)

19.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.48

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Heinzl, ich darf Sie kurz berichtigen. Unser Landesrat Schimanek hat in seiner Presseaussendung – Sie werden den Text vor sich liegen haben – folgendes gesagt: Er will eine (Abg. Dr. Keppelmüller: Vorlesen! Wortgetreu!) sofortige Ortung der gefährlichen Giftmüllfässer und eine entsprechende Entsorgung. Genauso hat er sich in bezug auf die kontaminierte Erde geäußert, die sofort entsorgt werden muß. Er hat nur gemeint, der Restmüll, der anfällt, sollte fraktioniert und dann gesichert gelagert werden, bis es eine thermische Verwertung vor Ort gibt. Das war die klare Aussage von Landesrat Schimanek (Abg. Dr. Keppelmüller: Klar war das nicht!), und diese unterscheidet sich schon deutlich von dem, was Sie hier gesagt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Daß ich mich in dieser Frage zu Wort gemeldet habe, hängt einerseits mit dem Antrag zusammen, den wir zum Thema Altlastensanierung gestellt haben und in dem wir meinen, daß es bis zur Auffindung von Altlasten und zum Beginn einer Sanierung im Normalfall allzu lange dauert, daß es aber einen Sonderfall gibt, nämlich jener der Deponie Frohnleiten, der Ihnen sicherlich bekannt ist. Diesbezüglich wurde am 24. Juni 1998 in einer Sitzung der Altlastensanierungskommission ein hochinteressanter Vorgang beobachtet. Er war deshalb ungewöhnlich, weil in einer Sitzung eine Altlast aufgrund der Gefährdungsabschätzung sofort einer Prioritätenklasse zugeordnet wurde und bereits auf derselben Sitzung über die Förderung der Altlastensanierung abgestimmt hätte werden sollen, obwohl es zum Zeitpunkt dieser Sitzung für die betreffende Deponie keine wirklich aussagekräftigen Erkundungs- und Beurteilungsunterlagen gegeben hat.

Jetzt frage ich mich: Warum kommt es in diesem konkreten Fall zu einer Vorgangsweise, die mit der üblichen Vorgangsweise absolut nicht in Einklang zu bringen ist, noch dazu, da es sich im Fall der Deponie Frohnleiten um ein Vorhaben handelt, bei dem im Zuge dieser Altlastensanierung eine Altablagerung nur auf der bestehenden Deponie umgelagert werden soll? Hier arbeitet der Mechanismus relativ rasch, obwohl die Gefahr dabei bei weitem nicht in demselben Ausmaß vorhanden ist wie bei vielen anderen der insgesamt mehr als 20 000 in Österreich bekannten Verdachtsflächen. Wenn Sie mir darauf eine Antwort geben würden, wäre ich Ihnen sehr dankbar. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. – Abg. Kopf: Das hat der Minister aber im Ausschuß schon erklärt!)

19.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Keppelmüller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe ursprünglich geglaubt, daß wir heute den Abfallbericht diskutieren. Dieser ist aus irgendwelchen Gründen nicht auf der Tagesordnung. (Abg. Kopf: Die Herrschaften wollten nicht!) Ich freue mich, Herr Minister, daß wir also noch bei anderer Gelegenheit die Diskussion zur Abfallproblematik weiterführen können.

Ich möchte die Gelegenheit nützen, ebenfalls zur Altlastenproblematik etwas zu sagen, weil ich in dieser Frage ein grundsätzliches Unbehagen habe.

Zunächst einmal möchte ich feststellen, daß das ALSAG sicherlich ein Beispiel – und solche haben wir viele – gelungener Umweltpolitik ist. Das Gesetz wurde im Jahre 1989 beschlossen, 1996 novelliert und ist zweifellos eine wertvolle Hilfe bei der Bewältigung von Sünden der Vergangenheit. Das ist keine Frage! Nur werden wir, so glaube ich – das haben wir auch schon diskutiert, und darin sind wir uns einig –, irgendwann in der nächsten Zeit eine neue größere Novelle machen müssen, denn wir müssen dafür sorgen, daß die Finanzierung künftiger Altlastenentsorgung gesichert ist. Wir wissen, daß es etwa noch bis zum Jahr 2000 einen Anstieg der Altlastensanierungsbeiträge geben wird, dann wird das wieder sinken. Aber wir haben viel zu viele Altlasten. Wir müssen uns hier etwas einfallen lassen, und wir müssen, glaube ich, auch bei der Prioritätenreihung verschiedenes tun.

Ich möchte auf eines aufmerksam machen, Herr Minister, und das hängt auch ein bißchen mit der Wortmeldung von Kollegen Schweitzer zusammen: Es ist ja so, daß es, weniger bei diesem Beispiel, aber im Bereich der Sanierung um enorme Gelder geht. (Abg. Mag. Schweitzer: Ja!) Das muß man sich einmal ansehen! Kollege Stampler, der gemeint hat, wir tragen Verantwortung und der Fall soll jetzt abgeschlossen werden, hat schon recht. Was mich aber stört – und ich möchte jetzt gar nicht polemisch irgend etwas aufrühren, auch wenn es an sich nicht Schnee von gestern ist, aber wir sollen nun wirklich etwas tun –, ist, daß das Innenministerium plötzlich jene Stelle ist, die zahlen muß, weil es sich um eine Art Ersatzvornahme handelt. Da ist etwas völlig schiefgelaufen.

Ich möchte nicht noch weiter auf die Fischer-Deponie eingehen – die ist ja heute schon beleuchtet worden –, sondern ich möchte Ihnen nur an einem Beispiel mein Unbehagen schildern, das vielleicht zu Unrecht besteht. Ich habe eine parlamentarische Anfrage an den Innenminister – weil dieser auch in diesem Fall zuständig ist, da es um eine Ersatzvornahme geht – bezüglich der Berger-Deponie gerichtet. Diese ist inzwischen bereits saniert. Kollege Heinzl hat dieses Thema auch schon angesprochen. Ich habe darin etliches hinterfragt, und unter anderem ist mir aufgefallen, daß es bei einer Altlast von rund 900 000 Tonnen und dieser Dringlichkeit plötzlich nur 440 Tonnen gefährliche Altlasten in Form von Fässern gegeben hat. Die Beantwortung durch den Innenminister ist wirklich sehenswert, sie ist sehr genau, es wird genau aufgeschlüsselt – und da wundere ich mich schon: Es sind also fast 600 000 Tonnen vererdet worden, und fast alles war harmlos, wurde auf andere Deponien umgelagert! Alles war mit einem Bombengeschäft verbunden, und, wie gesagt, von der Summe von fast 900 000 Tonnen sind lediglich 441 000 Tonnen in der EBS entsorgt worden.

Das kann, Herr Minister, alles völlig (Bundesminister Dr. Bartenstein: 441 Tonnen!) – ja, 441 Tonnen – zu Recht geschehen sein. Ich möchte mit diesem Beispiel – sehen Sie sich doch an, wo das alles hingegangen ist und wieder liegt und daß da auch Aluminiumkrätze und alles mögliche plötzlich nicht mehr gefährlich war – nur zum Ausdruck bringen, daß ich in dieser Frage ein Unbehagen habe. Ich würde wirklich darum ersuchen – ich weiß schon, die Kommunalkredit prüft sehr genau –, daß man sich trotzdem vor allem diese großen Projekte sorgfältiger anschaut, weil – ich sage es noch einmal – damit ein solch enormes Geschäft verbunden ist. Wenn ich mir ansehe, welche Honorare da an Zivilingenieure in der Beratung, in der Planung, in der Baubegleitung gezahlt wurden – das geht aus der Anfrage deutlich hervor –, dann bin ich mißtrauisch.

Herr Minister, auch wenn ich daran denke, daß bei der Fischer-Deponie – ich nehme das Wort doch noch einmal in den Mund – eine Bezirkshauptmannschaft praktisch federführend und verantwortlich ist, würde ich Sie bitten – ich glaube, Sie tun das ja auch –, dafür zu sorgen, daß man hier noch begleitend Umweltbundesamt, ÖKK et cetera einschaltet, damit dort wirklich so saniert wird, daß wir in Zukunft nicht wieder Probleme bekommen.

Ich glaube also, das Altlastensanierungsgesetz ist für uns derzeit eine gute und brauchbare Waffe, und sie greift. Wir werden uns aber noch einiges einfallen lassen müssen, vor allem hinsichtlich der künftigen Finanzierung nach dem Jahr 2000, wir werden uns zusammensetzen müssen im Hinblick auf eine neue Novelle und neue Überlegungen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kampichler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.56

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da mein Landeshauptmann hier vom Rednerpult aus einige Male erwähnt wurde, möchte ich doch einige Dinge klarstellen. Es stimmt, daß uns die Fischer-Deponie im Süden Niederösterreichs große Sorge bereitet, weil sie ein Trinkwasserreservoir gefährdet, durch das dort sehr viele Menschen versorgt werden. Tatsache ist aber, daß das Verfahren deshalb verzögert wurde, weil der Verantwortliche alle Rechtsmittel ausgeschöpft hat und es erst eines Verfassungsgerichtshofsurteils bedurfte, damit die Räumung weiter vorangetrieben werden konnte.

Tatsache, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist auch, daß Landeshauptmann Pröll seinerzeit als Landesrat die richtigen Maßnahmen gesetzt hat. Er hat gemeinsam mit dem Umweltministerium und mit dem Landwirtschaftsministerium die Sperrbrunnen errichten lassen, und das war zu diesem Zeitpunkt die einzig richtige Maßnahme, weil dadurch größerer Schaden verhindert wurde.

Drittens möchte ich feststellen, daß Herr Landesrat Schimanek seinerzeit eine Wasserrechtsverhandlung angeregt hat, in der er die Wirksamkeit dieser Sperrbrunnen ad absurdum führen wollte. Er hat dort eine fürchterliche Niederlage erlitten, weil alle Experten bestätigt haben, daß das der richtige Weg war.

Ich bedanke mich bei Ihnen dafür, daß ich das noch feststellen durfte. (Beifall bei der ÖVP.)

19.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort der Berichterstatter.

Wir beginnen daher mit der Abstimmung, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, und zwar wird diese über jeden Ausschußbericht getrennt durchgeführt.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht in 1698 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ich stelle fest, der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht in 1696 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie auch diesen Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist gleichfalls die Mehrheit. Ich stelle fest, dieser Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht in 1696 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

So Sie diesen Antrag annehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist mehrheitlich der Fall. Der Antrag ist damit angenommen. (E 168.)

9. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 347/A der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die strategische Prüfung der Umweltauswirkungen neuer rechtssetzender Maßnahmen (Umweltwirkungsgesetz – UWG) (1701 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 423/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend eine Machbarkeitsstudie über Strategische Umweltprüfungen für Pläne und Programme (1702 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 424/A (E) der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend die Erarbeitung von Leitlinien für die Strategische Umweltprüfung von Politiken, Plänen und Programmen (1703 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Bericht (III-171 der Beilagen und Zu III-171 der Beilagen) des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Vollziehung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) (1700 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 9 bis 12 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird. (Abg. Mag. Barmüller: Zur Geschäftsordnung!)

Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Mag. Barmüller zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.00

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Da wir heute bereits beim ersten Tagesordnungspunkt das Problem hatten, daß die Redner der Freiheitlichen zwar kontra gemeldet waren, aber nicht kontra gesprochen und auch nicht so abgestimmt haben, würde ich zu diesen Tagesordnungspunkten, da ich genau weiß, daß die Freiheitlichen alle Berichte zur Kenntnis nehmen werden, gerne wissen, warum der Erstredner wieder ein Freiheitlicher ist, obwohl er eigentlich pro reden müßte. (Abg. Mag. Stadler: Weil das so richtig ist!)

20.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich verweise auf die Ausführungen des Herrn Präsidenten Neisser von heute vormittag zu diesem Punkt.

Als erster Debattenredner gelangt nun, da auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet wurde, Herr Mag. Schweitzer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

20.01

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Es steht uns zu, als erste zu reden, weil wir den Bericht des Umweltministers über den Vollzug der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht zur Kenntnis genommen haben. (Abg. Kopf: Wirst du das in 3 Minuten schaffen?) – Ich werde mich sehr kurz fassen.

Herr Bundesminister! Ich beziehe mich nur auf den Bereich Umweltverträglichkeitsprüfung. Ich weiß, daß es nicht Ihr Verschulden ist, daß das derzeit in Österreich geltende Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz nicht mehr EU-konform ist, aber die österreichische Bundesregierung – die Betonung liegt auf "Bundesregierung" – hat es verabsäumt hat, fristgerecht – Stichtag war der 14. März, wie wir alle wissen – die vor zwei Jahren verabschiedete EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

Herr Bundesminister! Ich entnehme der heutigen Ausgabe der Tageszeitung "Kurier", daß Sie mit der Wirtschaftskammer Österreich Probleme haben, weil diese das Umweltpaket, das diesen Gegenstand zum Inhalt haben soll, wieder aufschnüren will, weil Ihr Parteifreund, der Wiener Kammerchef Walter Nettig, nicht damit einverstanden ist, was in diesem Paket enthalten ist. – Deshalb teile ich Ihnen mit, daß wir heute im Rahmen dieser Debatte einen eigenen von den Freiheitlichen ausgearbeiteten Gesetzesantrag zu dieser Materie eingebracht haben, dessen wesentlichen Inhalt ich Ihnen zur Kenntnis bringen möchte. Falls Sie mit Nettig Schwierigkeiten haben, Ihre Vorschläge umzusetzen, gestatten wir Ihnen selbstverständlich, auf unseren Gesetzesantrag zurückzugreifen. (Abg. Kopf: Sehr großzügig!)

Dieser Gesetzesantrag wurde mit, wie ich meine, hervorragenden Experten ausgearbeitet. Er beinhaltet eine Verwaltungsvereinfachung, die sehr wesentlich ist und von der Wirtschaft gewünscht wird. (Zwischenruf des Abg. Kopf.) Karlheinz Kopf! Du kannst dann dazu Stellung nehmen! Die Gewerbebehörde ist gleichzeitig die UVP-Behörde. Das heißt, daß diese Behörde die Einreichbehörde für alle anlagenbezogenen Verfahren ist. Genau das wünscht ihr euch! Nicht darüber lächeln! Das ist ein Antrag, der Hand und Fuß hat und von den Freiheitlichen kommt.

Die festgesetzten Fristenläufe werden generell verkürzt, wenn unser Antrag beschlossen wird. Es gibt klar umrissene Listen für UVP-pflichtige Verfahren. Die Zuständigkeit liegt beziehungsweise läge ausschließlich beim Umweltminister und der Vollzug bei den Landeshauptleuten. Die Bürgerbeteiligung hätten wir gerne so geregelt, daß jedermann Einsichtsrecht und Stellungnahmerecht hat und daß Bürgerinitiativen, die von einem bestimmten Prozentsatz einer Gemeinde, eines Bundeslandes oder des Staates unterstützt werden, ein erweitertes Anhörungsrecht haben. Bürgerinitiativen sollten nach unserem Vorschlag gegenüber den Behörden durch ihre vereinsrechtlich legitimierten Vertreter repräsentiert werden.

Das ist ein Gesetzesvorschlag, der durchaus Sinn macht. Ich glaube, daß Sie mit Ihrem Kammerchef Nettig aus Wien wenig Schwierigkeiten hätten, wenn Sie sich dieser freiheitlichen Inhalte bedienten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kopf: Das glaube ich nicht!)

20.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.05

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! (Abg. Mag. Stadler: Stell das Pult höher!) Paßt es jetzt? (Abg. Mag. Stadler: Jetzt hast du die Krawatte eingeklemmt!) So? – Die Freiheitlichen sind zufrieden. Ich bin immer bemüht, wenn ich euch nicht inhaltlich zufriedenstellen kann, es zumindest sonst zu tun.

Geschätzte Damen und Herren! Die ursprünglichen Intentionen des UVP-Gesetzes, Konzentration der Verfahren, Erreichung einer ökologischen Gesamtschau über ein Projekt, verbesserte Projektplanung, sind aufrecht. Das war eine sehr wichtige Zielsetzung. Es hat sich aber bei der Umsetzung des bisherigen UVP-Gesetzes eine gewisse Scheu der Wirtschaft vor diesem Instrument gezeigt. Es war weitgehend neu und unbekannt, und das Verfahren galt zumindest als aufwendig. Aufgrund der UVP-Änderungsrichtlinie der EU besteht jetzt ohnedies die Notwendigkeit, eine Novellierung vorzunehmen. Das bietet uns auch die Chance, einige Dinge zu verbessern, etwa die Verfahrensabläufe zu straffen, den Informationsfluß zu intensivieren und einige Bestimmungen in diesem Gesetz zu adaptieren beziehungsweise zu beseitigen, die bisher – wir wissen es ja nicht genau aufgrund der wenigen Verfahren, die bisher nach diesem Gesetz durchgeführt wurden – zumindest vermeintliche Probleme darstellten.

Im Zusammenhang mit der Umsetzung dieser Richtlinie, aber auch der IPPC-Richtlinie soll jetzt ein Anlauf unternommen werden. Die drei dafür zuständigen Minister Bartenstein, Molterer und Farnleitner haben dazu einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der genau das Prinzip beinhaltet, das Herr Kollege Schweitzer angesprochen hat, nämlich eine Behörde dafür zuständig zu machen mit dem Ziel, daß es dann zu einem Bescheid kommt. Ein solches Gesetz soll in Bälde dem Hohen Haus vorgelegt werden. Ich glaube kaum, Herr Kollege Schweitzer – so sehr sich das vielleicht die Umweltbewegten und wahrscheinlich auch der Herr Minister wünschen würden –, daß du beim Präsidenten Nettig offene Türen einrennen würdest mit einer alleinigen Kompetenz beim Umweltminister. Die Hoffnung, daß du dort große Freude auslösen würdest, kann ich dir gleich nehmen! (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) – Ich traue es ihm auch zu! Aber daß du dabei offene Türen vorfinden würdest, das glaube ich weniger!

Ich habe aber auch in dieser Frage großes Zutrauen zu unserer Lösungskompetenz. Ich bin überzeugt davon, daß diesem Hohen Haus im Zuge der Umsetzung der einschlägigen EU-Richtlinien von seiten der Minister ein modernes Betriebsanlagenrecht vorgelegt werden wird, welches nach intensiven Beratungen möglichst noch vor der Sommerpause einer Beschlußfassung zugeführt werden kann, ein Betriebsanlagenrecht, das genau diese Ziele verwirklicht. Eine Behörde erläßt in einem zügigen Verfahren einen Bescheid, der die diversen Genehmigungsverpflichtungen mitbeinhaltet. Ich bin überzeugt, daß wir das in Bälde realisieren können.

Noch ganz kurz zu den Oppositionsanträgen, die auch Gegenstand der Verhandlungen sind. Zu den Anträgen des Kollegen Barmüller betreffend Strategische Umweltprüfung habe ich schon im Ausschuß ausgeführt, daß derzeit eine entsprechende EU-Richtlinie in Ausarbeitung ist, sodaß eine Annahme dieser Anträge zum jetzigen Zeitpunkt aus unserer Sicht wirklich nicht viel Sinn machen würde. Es macht jedoch Sinn, daß der Herr Bundesminister auf EU-Ebene dafür sorgt – und er ist gerade dabei, das zu tun –, daß diese Richtlinie jetzt rasch kommt, nach unseren Vorstellungen gestaltet ist und wir diese Richtlinie so rasch wie möglich in Österreich umsetzen.

Zweiter Punkt: Umweltwirkungsgesetz. Ich möchte jetzt nicht unbedingt einen Vergleich mit dieser etwas skurrilen Idee des Herrn Bundeskanzlers betreffend Beschäftigungsverträglichkeitsprüfungsgesetz anstellen, die kürzlich durch die Medien gegeistert ist. Denn mehr als ein Strukturkonservierungsvorschlag kann das wohl nicht sein! Ich möchte diesen Vergleich jetzt nicht ziehen und dir darauf nur die Antwort geben, Kollege Schweitzer, daß das Umweltwirkungsgesetz, das du dir wünschst, meines Erachtens eigentlich schon im Nationalen Umweltplan enthalten ist, den wir in diesem Haus bereits beschlossen haben und der für die Politik künftig Handlungsanleitung für alle rechtssetzende Maßnahmen sein soll und auch sein wird. Diesen haben wir schon beschlossen, und ich glaube, eine zusätzliche gesetzliche Maßnahme brauchen wir auf diesem Gebiet nicht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

20.11

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abgeordneter Kopf! Ich möchte gleich mit dem Umweltwirkungsgesetz beginnen, und zwar deshalb, weil es sich hiebei auch um den ältesten Antrag handelt. Er wurde bereits vor mehr als einem Jahr eingebracht, und interessanterweise, Herr Abgeordneter Kopf, war das in der Steiermark nicht ganz so schwierig, denn dort ist die Initiative der Liberalen aufgegriffen worden, nachzulesen im Landesgesetzblatt Nummer 56/1998, und dort werden vom Umweltanwalt gesetzliche Maßnahmen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Umwelt überprüft.

Der Hinweis auf den Nationalen Umweltplan ist zwar richtig. Das Problem beim Nationalen Umweltplan, diesem 1,3 Kilo schweren Papier, das angeblich bei den Gesetzentwürfen zu beachten ist, ist natürlich, daß die ökologischen Leitlinien des Nationalen Umweltplans, die in der Regierungserklärung angesprochen sind, einfach nirgendwo formuliert wurden. Und genau dieser Umsetzungsschritt soll mit dem Umweltwirkungsgesetz getan werden.

Ich betone noch einmal: Interessanterweise sind die Konservativen auf Bundesebene, während die steirischen Konservativen durchaus bereit waren, das mit aufzunehmen, offenbar noch nicht so weit. Denn die Argumentation, man könne das jetzt nicht machen und das sei mit einer Beschäftigungswirkung zu vergleichen, stimmt natürlich nicht! (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nenn uns Christdemokraten! Aber was ist hier konservativ?) – Da die Christdemokraten, die aus der Sicht der Liberalen eine konservative Position in diesen Fragen einnehmen, in diesem Zusammenhang in der Steiermark offenbar flexibler sind als auf Bundesebene, sage ich, daß gerade aus einer christlich-sozialen Sichtweise natürlich auch die Auswirkungen auf die Umwelt, weil diese auch Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen haben, beachtet werden müßten. Daß man das in einem vereinfachten Verfahren nicht schon in den Gesetzwerdungsprozeß einfließen lassen will, halte ich für verfehlt. Denn die Auswirkungen etwa auf das Budget werden auch abgeschätzt, und gerade das Umweltministerium legt sehr umfangreiche Kostenschätzungen in Regierungsvorlagen vor. Das ist bei den Ausschußverhandlungen auch schon angemerkt worden.

Wenn man sich daher im Umweltbereich Gedanken darüber macht, welche Auswirkungen sich auf den Energiebereich oder auf das Verkehrsaufkommen und ähnliches ergeben, wie es in dem Antrag angesprochen ist, und das in schematisierter Form darstellt, wie es etwa in den Niederlanden, in Großbritannien und in Kalifornien bereits erfolgt, dann kann das keine so schlechte Idee sein!

Darüber hinaus bin ich überzeugt davon, daß das kommen wird. Da man das konkrete Gesetz auf Bundesebene aber nicht umsetzen wollte, habe ich mir in der Folge gedacht, daß man unter Umständen eine Machbarkeitsstudie über Strategische Umweltprüfungen für Pläne und Programme installieren könnte. Denn wie richtig gesagt wurde, gibt es seit dem Jahre 1996 einen Richtlinienentwurf der EU, der während der österreichischen Präsidentschaft aber interessanterweise nicht aufgegriffen wurde, obwohl es auch im Nationalen Umweltplan Anregungen in diese Richtung gibt. Daher hat auch dieser Antrag im Ausschuß keine Mehrheit gefunden. Im Hinblick auf den Hinweis, daß gerade die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Österreich oder etwa auch die Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher in Wien, angesprochen auf den Nationalen Umweltplan, selber sagen, daß sie diesen, geschweige denn die Leitlinien des Nationalen Umweltplanes, nicht kennen, haben wir uns gedacht, daß es auch eine Möglichkeit wäre, Leitlinien für eine Strategische Umweltprüfung zu erarbeiten.

Aber auch das, Herr Abgeordneter Kopf, war Ihnen schon zu weitgehend! Sie berufen sich zwar auf die Leitlinien des Nationalen Umweltplans, die keiner kennt und die nirgends formuliert sind, wollen sie aber weder ausarbeiten noch im Rahmen einer Machbarkeitsstudie ausarbeiten lassen, und Sie wollen sie selbstverständlich auch nicht bereits bei der Gesetzwerdung einfließen lassen.

Herr Abgeordneter Kopf! Sie können feststellen, daß dieser Widerspruch auffällt, wenn Sie sich den Bericht des Herrn Umweltministers betreffend die UVP ansehen. In diesem Bericht steht auf Seite 12:

"Seitens der Bundesstraßenbehörde im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde mehrfach das Fehlen einer UVP für Pläne und Programme bedauert, da dies zur Diskussion von Problemen führt, die bei der Verordnung einer konkreten Trasse bereits entschieden sind."

Interessanterweise steht auch in der Anlage zu diesem Bericht, in der es um die Empfehlungen des Umweltrates zu Massenverfahren geht, auf Seite 2 hinsichtlich der Aufarbeitung der Probleme im Genehmigungsverfahren, weil im Vorfeld keine oder keine ausgewogenen Planungs- und Programmentscheidungen getroffen wurden, folgendes:

"Insbesondere wäre dafür erforderlich: Prüfung der Umweltauswirkungen auf der Ebene von Plänen und Programmen (Konzept-UVP) mit Öffentlichkeitsbeteiligung."

Herr Abgeordneter Kopf! Während Sie die liberalen Anträge, die genau das wollen, heute samt und sonders ablehnen, werden Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen. Das heißt: Im Bericht des Herrn Bundesministers steht also, daß eine Konzept-UVP gut ist. In den liberalen Anträgen steht das seit über einem Jahr auch schon, Herr Abgeordneter Kopf. Dazu sagen Sie aber wiederum, daß das nicht gut ist!

Die steirischen Christlich-Sozialen – Herr Bundesminister, war das richtig? (Bundesminister Dr. Bartenstein: Christdemokraten!) – beziehungsweise die Christdemokraten in der Steiermark haben in Verantwortung für die nachfolgenden Generationen gesagt, daß das übernommen wird, und haben es auch schon umgesetzt. Ich verweise noch einmal auf das Landesgesetzblatt Nummer 56/1998. Wir sind stolz darauf, in der Steiermark erfolgreich gewesen zu sein. Und ich versichere Ihnen: Auf Bundesebene werden wir es in dieser Frage auch noch sein! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.16

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Da ich meinen letzten Redebeitrag um drei Minuten überzogen habe, werde ich diesen kürzen, und ich glaube, es wird mir keiner deswegen böse sein. (Abg. Ing. Langthaler: Doch!)

Lieber Karlheinz! Unsere Ansichten über Skurrilität gehen auseinander! Ich halte es nicht für skurril, wenn sich ein Bundeskanzler und eine ganze Partei bemühen, alles zu tun, um Arbeit zu schaffen und Arbeit zu erhalten. (Abg. Kopf: So vernichten Sie sie!) Ich weiß aber natürlich, daß es Gruppierungen gibt, die einen gewissen Pott an Arbeitslosen als durchaus nützlich erachten! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) – Sie gehören mit zu den Eigentümervertretern, Herr Minister.

Aber zurück zur UVP. Ich halte das Ziel der UVP für gut und für nach wie vor aktuell. Das Ziel der UVP war es, für Projekte eine integrative Betrachtungsweise heranzuziehen und einen möglichst optimalen Umweltschutz herauszuholen; das heißt – wie ich schon im Ausschuß gesagt habe –, das Projekt zu unterstützen. Wenn ich mir die Handhabung in den letzten Jahre ansehe – auch diesbezüglich wiederhole ich, was ich schon im Ausschuß gesagt habe –, dann habe ich allerdings den Eindruck, daß die UVP oft dazu gebraucht beziehungsweise mißbraucht wurde, um Projekte zu verhindern. Wir haben bei einer Diskussion anläßlich des Betriebsanlagenrechtes darüber gesprochen, daß es auch Gruppierungen gibt – wobei ich jetzt wirklich nicht auf die Grünen losgehe –, die meinen: Je mehr Verfahren es gibt, umso größer ist die Chance, Einspruch einzulegen und ein Verfahren zu verhindern. – Das ist jedoch nicht der Sinn der UVP und soll er auch nicht werden!

Tatsache ist, daß nur fünf Projekte zum Abschluß zu bringen waren. Es stellte sich in der Vergangenheit heraus, daß die Qualität der UVP an den Laufmetern von Sachverständigengutachten gemessen wurde: je größer die Kiste mit Sachverständigengutachten, umso besser; das ist aber dann natürlich auch umso teurer. Das ist nicht der Sinn der Sache und soll es auch in Zukunft nicht sein.

In Deutschland verhielt es sich ähnlich. Auch dort wurde die UVP-Richtlinie der Europäischen Union nicht umgesetzt. Heute wendet Deutschland sie eins zu eins an und lebt auch damit.

In der zukünftigen Entwicklung wird ein Umweltbetriebsanlagenrecht oder ein sonstiges Betriebsanlagenrecht, zu dem ich mich bekenne, notwendig sein und auch kommen. Ich erwarte mir davon, daß man wieder zu seriösen Prüfungen zurückkehrt. Das Konstruieren und Auf-den-Tisch-Legen von Projekten muß erlaubt sein und muß – wie auch der Herr Bundesminister heute erwähnt hat – eine Chance auf eine seriöse Prüfung haben, auch wenn es ein Projekt betreffend eine sechste Donaubrücke oder betreffend Donau- oder Elbekanal ist.

Meine Damen – Herren sind keine anwesend – von den Grünen! Ich glaube, es ist der falsche Weg, wenn man glaubt, solche Projekte, die man prüfen will, als Kriegserklärung an die Grünbewegung deklarieren zu müssen, wie es Frau Glawischnig und Frau Lichtenberger gemacht haben. Das ist nicht der Sinn der UVP! (Beifall bei der SPÖ.)

20.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Minister! Hohes Haus! Der Bericht zum UVP-Gesetz liegt vor. Es wurde bereits angesprochen, daß fünf Verfahren in vier Jahren – mit Stichtag im November – abgewickelt wurden. Ein Grund dafür ist, wie Kollege Kopf gesagt hat, die möglicherweise große Scheu der Unternehmen – das ist nichts Böses, du schaust so kritisch! – und der Wirtschaft vor dieser Umweltverträglichkeitsprüfung. Das mag ein Grund sein.

Der andere Grund ist sicherlich darin zu finden, daß es eine Übergangsfrist von immerhin einem halben Jahr gegeben hat und in dieser Zeit sehr viele Projekte eingereicht wurden, damit sie nicht nach dem UVP-Gesetz abgehandelt werden müssen, und zwar möglicherweise auch aus dieser Unsicherheit heraus. Und es ist festzustellen, daß jene Projekte, die in dieser Übergangsfrist eingereicht wurden, mit sehr viel Nachsicht behandelt wurden.

Es wurde auch – auch das ist festzuhalten – eine Zerstückelung von größeren, gleichsam UVP-pflichtigen Projekten vorgenommen. Das heißt: Straßenbauprojekte und – wie ich hörte – auch die Bahn waren davon betroffen. Nun gibt es aufgrund der Umsetzung praktische Erfahrungswerte, die dazu geführt haben, daß es eine neue EU-Richtlinie gibt und wir aufgefordert sind, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Stichtag dafür war der 14. März 1999; dieser ist bereits verstrichen. Dieser Stichtag ist in Ihrem Bericht angeführt, Herr Bundesminister.

Es gibt kein nationales Gesetz in diesem Zusammenhang, das dieser EU-Richtlinie widerspricht, und daraus sehe ich ein Problem erwachsen. Es werden jetzt nämlich Antragsteller zwangsläufig unsicher sein, und zwar deswegen, weil die geänderten Schwellenwerte, die es im neuen UVP-Gesetz dann geben wird, auch sie möglicherweise nachträglich betreffen werden. Das heißt: Die Bundesregierung hat dafür gesorgt, daß diese Unsicherheit aufgetreten ist. Das Nichtzustandekommen des "UVP-Gesetzes neu" wird immer wieder damit begründet, daß eine Verfahrenskonzentration und ein einheitliches Anlagenrecht erwünscht sind. – One-Stop-Shop. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser.)

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie etwas fragen, Herr Bundesminister: Hat Herr Präsident Leo Maderthaner auch Ihnen schon etwas ausrichten lassen und Ihnen Fristen gesetzt? Denn das macht er, wie ich heute mitbekommen habe, in letzter Zeit sehr häufig. Er hat dies im Zusammenhang mit der Steuerreform gemacht, und ich entnehme einer Aussendung, daß das neue Anlagenrecht bis März stehen muß. Die Wirtschaftskammer setzt der Regierung also Fristen! Herr Minister! Da Sie der Regierung angehören, darf ich Sie fragen, ob dem tatsächlich so ist.

Präsident Maderthaner spricht von One-Stop-Shops und von spürbaren Erleichterungen für Unternehmen, die diese bringen sollen. Maderthaner im Originalton:

"Deshalb werden wir Tempo machen und alle Regierungsmitglieder ungeachtet ihrer Couleur öffentlich ermahnen, wenn sie säumig werden sollten."

Für das geplante Anlagenrecht wird zum Beispiel eine Frist bis März gesetzt. – So Wirtschaftskammerpräsident Leo Maderthaner, der sich wieder vor die Unternehmer stellt und Initiative zeigt. (Abg. Haigermoser: Wieder einmal!)

Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister: Ist das auch angekommen? Wir wissen, daß die Bundesregierung säumig ist, daß es das "UVP-Gesetz neu", das es geben müßte, noch nicht gibt und daß speziell für kleine und mittlere Unternehmen auch aufgrund geänderter Schwellenwerte ein großes Maß an Unsicherheit besteht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte.

20.25

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich hätte mir bei den UVP-Verhandlungen vor einigen Jahren, die Klubobmann Khol unter anderem geführt hat, nicht gedacht, daß ich einmal in die Situation kommen werde, hier im Parlament das UVP-Gesetz zu verteidigen.

Aber nachdem ich mir den Debattenbeitrag des Abgeordneten Kummerer angehört und noch einmal durch den Kopf gehen lassen habe, muß ich feststellen: Ich kann Ihren Schlußfolgerungen in keiner Weise folgen! Ich sehe überhaupt nicht ein, warum die UVP dafür verantwortlich zu machen sein soll, daß angeblich nur fünf Projekte abgeschlossen wurden und daß es sich hiebei – das ist ja der Schluß, der daraus gezogen wird – mehr oder weniger um ein Investitionsverhinderungsinstrument handle, weshalb es der Wirtschaft so wahnsinnig schwer gefallen wäre, um neue Projekte anzusuchen.

Ich interpretiere die abgeschlossenen fünf Verfahren ganz anders als Sie. Ich halte den Bericht für sehr aufschlußreich und gut und gebe ihm auch deshalb meine Zustimmung, weil ich ihn sehr aufmerksam gelesen habe. Denn aus dem Bericht geht vor allem auch hervor, daß zwar erst fünf Projekte fertig sind, daß es aber rund 60 Feststellungsverfahren gegeben hat. Ich schließe daraus, daß die Schwellenwerte in der UVP eben so hoch sind, daß sehr viele Projekte schlichtweg nicht UVP-pflichtig waren. Daß der Schwellenwert sehr hoch ist und es nur eine Umweltverträglichkeitsprüfung für wirkliche Großprojekte gibt, aber nicht für Projekte, die auch noch sehr groß sind und deshalb eine entsprechende ökologische Relevanz aufweisen, war ja bei Beschlußfassung der UVP einer unserer Hauptkritikpunkte und ein Grund, warum ich damals dagegen gestimmt habe.

Der zweite Grund, weshalb ich damals dagegen gestimmt habe, war die aus meiner Sicht zu geringe Bürgerbeteiligung. Und jetzt kommt plötzlich überraschenderweise auch von Ihrer Seite beziehungsweise von seiten einiger SPÖ-Mandatare immer wieder das Argument, daß die Bürgerbeteiligung in diesem Fall ein Hindernis für eine schnelle Abwicklung von Projekten sei. Schlimmerweise kommt dieses Argument vor allem auch von ÖVP-Seite. Heute vormittag bei der Verteidigung des Benzinpreises waren Sie noch groß die Bürgerpartei, weil Sie ja "das Ohr am Bürger haben". Aber wenn es um Nachbarrechte, Anhörungsrechte und Mitbestimmungsrechte bei Anlagen geht, dann höre ich nicht, daß die ÖVP eine Bürgerpartei ist! Dann höre ich nicht, daß Ihnen die Anliegen der Bürger wichtig sind und daß Ihnen wichtig ist, daß sie rechtzeitig in das Verfahren einbezogen werden. (Beifall bei den Grünen.)

Es sagen nicht nur die Grünen, daß die Bürgerbeteiligung bei Verfahren nicht nur zu einer konsensualen Beschlußfassung führen kann, sondern sogar zu einer Beschleunigung von Verfahren, wenn rechtzeitig besorgte Anrainer einbezogen werden. Vielmehr findet sich auch in einer Studie, die erst diese Woche erschienen ist, die von der Arbeiterkammer und der Industriellenvereinigung in Auftrag gegeben worden war, der Kernsatz – ich zitiere wörtlich –: "Die Nachbarn und andere Parteien verzögern die Verfahren nicht nennenswert." – An der Erstellung dieser Studie war die Industriellenvereinigung beteiligt, und es zeigt sich einmal mehr, wieviel an irrationalen und auch unrichtigen Behauptungen, wenn es um die UVP geht, immer wieder aufgestellt werden.

Besonders ärgerlich ist diese Diskussion, die seit Monaten rund um die UVP stattfindet, vor allem deshalb, weil wir die UVP novellieren müssen beziehungsweise schon längst hätten novellieren müssen. Denn wir sind bei der Umsetzung der EU-Änderungsrichtlinie säumig. Am 14. März ist die Frist für die Umsetzung der EU-Änderungsrichtlinie zur UVP abgelaufen, und das angebliche Umweltmusterland Österreich hat es nicht geschafft, diese rechtzeitig umzusetzen! Und zwar haben wir es deshalb nicht geschafft, weil die Wirtschaft – die Bundeswirtschaftskammer, Herr Stummvoll oder wer immer – mit einer besonders irrationalen und meiner Meinung nach auch die Wirtschaft schädigenden Vorgangsweise der Verabschiedung der Novellierung der UVP immer wieder im Wege steht.

Dann wird eine Studie in Auftrag gegeben, die ich mir nicht einmal als Seminararbeit abzugeben trauen würde. "Schröck-Studie" wird sie jetzt in der Kurzfassung genannt, es handelt sich hiebei um die Studie von Thomas Schröck, "Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich und Europa". (Bundesminister Dr. Bartenstein: Da "schröckt" man sich!) – Ja, da "schröckt" man sich, das finde ich auch, Herr Bundesminister! Mit dieser Studie wird jetzt offensichtlich von Wirtschaftsseite immer wieder argumentiert, wie lange die Verfahren im europäischen Durchschnitt dauern würden. Im Vergleich zu anderen EU-Ländern würde bei uns ein Verfahren angeblich zu lange dauern.

Lesen Sie sich das durch, Herr Abgeordneter Kummerer, und dann werden Sie sehen, daß auch das ein Popanz ist! Herr Schröck hat nämlich nur eines getan: Er hat bei den österreichischen Handelsdelegierten der EU-Länder angefragt. Nur in Deutschland hat er zum Teil auch vollziehende Beamte gefragt, aber dort hat er nicht so viele Informationen bekommen. Deshalb hat er es dann einfach hochgerechnet. Aufgrund dieser Anfragen bei Handelsdelegierten, welche die Bestimmungen in den einzelnen EU-Ländern nicht rasend gut kennen, und aufgrund irgendwelcher Hochrechnungen ist er zu dem Schluß gekommen, daß das alles in Österreich furchtbar lange dauert. Meiner Ansicht nach ist das einfach ein Witz.

Aber mit so etwas kommt dann die Wirtschaft daher und fordert, das UVP-Gesetz und das Verfahren in Österreich müßten vereinfacht werden. Das ist unseriös, das ist absurd. Ich denke, damit hat sich die Wirtschaft, wie ich jetzt verallgemeinernd sagen möchte, selbst ins Knie geschossen. Das sollte sich Dozent Schwarz einmal überlegen. Denn jetzt besteht eine erhebliche Rechtsunsicherheit.

Mit 14. März, ich sage es noch einmal, hätten wir die Änderungsrichtlinie umsetzen müssen. Es wird möglicherweise Betriebe geben, die jetzt schon in den UVP-Bereich fallen würden und eigentlich entsprechend der EU-Richtlinie geprüft werden müßten, ohne daß es dazu kommt, weil diese Regelung noch nicht im österreichischen Gesetz verankert ist. Ich möchte Sie bitten, Herr Bundesminister, zu sagen, wie Sie selbst oder Ihr Ressort mit dieser Situation umgehen.

Ein weiterer Punkt: Es wird nicht nur eine Novelle der UVP aufgrund der EU-Änderungsrichtlinie diskutiert, sondern es wird unter dem Titel "Verfahrensvereinfachung" von Wirtschaftsminister Farnleitner vehement ein Betriebsanlagengesetz gefordert, ein Umweltgesetz für Betriebsanlagen. Der Entwurf ist seit gestern an einige Stellen ergangen.

Wir haben uns das in aller Eile kurz durchgesehen. Ich bin nicht begeistert von dem, was da ausgeschickt wurde, Herr Bundesminister. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Na geh!) Von Ihnen als Umweltminister würde ich mir vehementen Widerstand gegen dieses Vorhaben erwarten. (Abg. Mag. Posch: Wird das jetzt ein Privatissimum?) Der Wirtschaftsminister hat sich in den meisten Bereichen durchgesetzt. Ich verstehe nach wie vor nicht, warum da der Umweltminister bereit ist ... (Abg. Kopf: Wer hat sich durchgesetzt? Der Wirtschaftsminister?) – Der Wirtschaftsminister, ja!

Ich verstehe überhaupt nicht, warum der Umweltminister in dieser Hinsicht bereit ist, so viele Kompetenzen an das Wirtschaftsressort abzugeben. Ich kann das nur so verstehen, daß das, was immer wieder in den Zeitungen steht, stimmt, nämlich daß Sie gerne Wirtschaftsminister werden möchten und daß Sie somit in der nächsten Legislaturperiode für den Vollzug dieses Gesetzes zuständig wären. Aber unsere ursprüngliche Kritik ist, daß damit der Vollzug ausschließlich an die Länder ginge, und zwar mit allen Nachteilen. Es gäbe dann nämlich keine übergeordnete Bundesinstanz mehr und damit eine Verkürzung des Rechtsschutzes, es gäbe keine parlamentarische Kontrolle, ein Großteil der jetzigen UVP-Anlagen fiele dann in die Ägide des Wirtschaftsministeriums, und es käme dazu, daß der Umweltstandard sinkt.

Was Abgeordneter Kopf immer wieder gemeint hat – daß das im Fall einer Gesetzesänderung sicherlich nicht passieren wird –, all das würde selbstverständlich mit dem geschehen, was derzeit vorliegt. Deshalb werden wir vehementen Widerstand dagegen anmelden. Wir hoffen aber vor allem auch, daß sich Klubobmann Khol dafür einsetzen wird, daß wir – wie damals beim UVP-Gesetz – einen eigenen Unterausschuß gründen und die Änderungsrichtlinie zur UVP sowie das Betriebsanlagengesetz ausführlich behandeln.

Nun zu einem weiteren Punkt – ich nehme mir dafür ein bißchen Zeit, weil ich denke, daß das eine wirklich wichtige Materie ist –, der unmittelbar dazu paßt, ist folgender. Herr Bundesminister, was die Bürgerbeteiligung betrifft, gibt es jetzt eine interessante internationale Konvention, die Sie persönlich für Österreich letztes Jahr im Juni unterzeichnet haben, nämlich die Aarhus-Konvention. Ich möchte Sie fragen, wie der Stand der Ratifizierung ist und wann Sie sich in der Lage sehen werden, dem Hohen Haus einen entsprechenden Ratifizierungsentwurf zuzuleiten. Das ist für diese Debatte deswegen relevant, weil sich aus der Aarhus-Konvention und aus der entsprechend notwendigen innerstaatlichen Umsetzung herauslesen läßt, daß in Österreich damit die Verbandsklage auch in bezug auf die UVP entsprechend zuzulassen wäre.

Ich denke, daß uns die Aarhus-Konvention – sie ist immerhin von 37 europäischen Ministern unterzeichnet worden – in der Bürgerbeteiligung und in der rechtzeitigen Einbindung von Umweltorganisationen ein großes Stück weiterbrächte. Ich hoffe, daß sie möglichst schnell in innerstaatliches Recht umgesetzt wird.

Ein letzter Punkt sind die Entschließungsanträge der Liberalen. Wir haben diesen Anträgen bereits im Ausschuß zugestimmt. Ich halte es für unabdingbar, daß endlich auch strategische Umweltverträglichkeitsprüfungen eingeführt werden. Im Bericht selbst wird das – interessanterweise vom Wirtschaftsministerium – ebenfalls gefordert. Dort wird auf Seite 12 ausgeführt, daß seitens der Bundesstraßenbehörde im Wirtschaftsministerium mehrfach das Fehlen einer UVP für Pläne und Programme bedauert wurde. Man kann das aus diesem Bericht herauslesen.

Wenn man das evaluieren und umsetzen möchte, bedeutet das nichts anderes, als daß man bei einer entsprechenden Änderung des UVP-Gesetzes selbstverständlich auch endlich eine UVP für Programme und Pläne miteinbezieht. Ich erwarte mir, daß in einer Änderungsnovelle von seiten der Regierungsparteien so etwas enthalten ist. (Zwischenruf des Abg. Kopf.) Das war einer der Gründe dafür, daß wir damals der UVP nicht zustimmen konnten. Denn der Grundgedanke der UVP, nämlich die Prävention und das interdisziplinäre Zusammenführen verschiedener Materien, ist nur dann möglich, wenn schon im Vorfeld – noch bevor das konkrete Projekt geprüft wird – die Pläne, die Programme einer UVP unterzogen werden. In Holland gibt es eine solche Regelung schon seit einigen Jahren, und dort hat sie sich meiner Ansicht nach bewährt.

Wir hätten bei vielen konkreten Anlagen nicht die heutigen Probleme, seien es Müllverbrennungsanlagen oder große Energieanlagen, wenn schon vorher ein entsprechendes Programm ausgearbeitet worden und einer UVP unterzogen worden wäre. Erst wenn man weiß, wo man in einem Bundesland oder in Österreich insgesamt wie viele Abfallanlagen braucht, geht man in die Projektphase. Ich denke, das ist dem Umweltminister bekannt, und ich hoffe, daß er es in die Regierungsvorlage zur neuen UVP einarbeiten wird. Dann können wir – vielleicht nicht zu so später Stunde – in diesem Haus eine spannende Debatte über die UVP führen.

Noch einmal möchte ich festhalten, daß ich die UVP für eines der wichtigsten und zentralsten Umweltgesetze halte, die wir haben. Wir müssen sie meiner Ansicht nach verteidigen und dürfen sie nicht – wie es manche Abgeordnete in dieser Debatte getan haben – heruntermachen, als wäre sie ein Instrument, das sich nicht bisher schon bewährt hätte. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.37

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der vorliegende Bericht zur Vollziehung des UVP-Gesetzes weist für ein Projekt eines 200-Megawatt-Heizkraftwerkes in Salzburg eine Verfahrensdauer von 20 Monaten aus. Das mag manchen lange erscheinen. Allerdings sage ich Ihnen, daß ich viele Infrastrukturvorhaben kenne, die nach Wasserrecht und nach anderen Materiengesetzen zu vollziehen sind und deren Verfahrensdauern deutlich länger waren. Bei manchen kann man statt eines Monats auch ein Jahr ansetzen.

Ein weiteres Projekt, das in dieser Hinsicht untersucht wurde, ist ein Schigebiet, nämlich die Verbindung der Schigebiete am Hauser Kaibling, Planai, Hochwurzen bis hin zur Reiteralm. Es ist ein sehr großes Schigebiet – manche hier werden es kennen – , dort betrug die Verfahrensdauer nur noch 13 Monate.

Die Verfahrensdauer bei Anlagengenehmigungen hat sich zwar aus gutem Grund, aber doch zu einer Art Fetisch entwickelt. Lassen wir daher Zahlen sprechen. Die von Frau Kollegin Langthaler zitierte Studie von Professor Grün, eine sehr seriöse, von der Industriellenvereinigung und anderen in Auftrag gegebene Studie, zeigt, daß bei etwa 500 untersuchten Anlagen die durchschnittliche Genehmigungsdauer nur noch 157 Tage, also gerade 5 Monate, betragen hat und daß die Verfahrensdauer in den letzten Jahren insgesamt deutlich rückläufig war.

Selbstverständlich sollten wir noch besser werden, und Verfahren sollten schlanker, günstiger und unbürokratischer werden, aber so schlecht ist diesbezüglich der Stand in Österreich nicht.

Auf der anderen Seite ist anzumerken, daß wir im Zuge der Umsetzung des EU-Rechtes zur UVP-Novelle selbst säumig geworden sind. Am 14. März war der Stichtag, und die jetzige Situation ist in der Tat nicht unproblematisch. Denn die Direktanwendung der europäischen UVP-Richtlinie macht aus meiner Sicht für Hunderte – durchaus auch mittlere und kleinere – Industrieanlagen eine Einzelfallprüfung erforderlich, meine Damen und Herren, weil keine nationalen Schwellenwerte gegeben sind, sodaß erst mittels Einzelfallprüfungen festgestellt werden muß, ob zum Beispiel diese Brauerei oder jene Molkerei UVP-pflichtig ist oder nicht.

Es besteht also ein Zustand der Rechtsunsicherheit, den wir so rasch wie möglich beenden sollten. Daher haben die Minister Molterer, Farnleitner und ich einen Arbeitsentwurf für ein modernes Umweltanlagenrecht ausgearbeitet. In der letzten Ministerratssitzung wurde vom Kanzler klargestellt, daß dieses Gesetz im April oder spätestens Anfang Mai der Regierung zugeleitet werden und dann selbstverständlich ins Parlament kommen sollte.

Wir verwirklichen darin das Prinzip "Ein Verfahren, eine Behörde, ein Bescheid", auf englisch: One-Stop-Shop. Die Verfahrensdauer für die verschiedensten Verfahren, von den ganz kleinen bis zu den ganz großen Anlagen, ist mit Werten von null bis sechs Monaten normiert. Die Bezirkshauptmannschaft soll erster Ansprechpartner sein, im Instanzenzug sollen dies die Landesregierungen sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht darum, daß dieses Gesetz einer ausgewogenen Darstellung des Interesses der Standortsicherung sowie der schnellen und unbürokratischen Anlagengenehmigung auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber selbstverständlich auch der gerechten Berücksichtigung des Umweltschutzes dienen und dies widerspiegeln soll. Es geht darum, daß in Österreich gegebene Standards nicht abgeschwächt werden sollen, daß aber auf der anderen Seite über dieses neue Umweltanlagenrecht auch keine Standardverschärfung eintreten soll.

Das ist ein ehrgeiziges, aber gleichzeitig wichtiges Ziel, das in einem die Umsetzung der UVP-Richtlinie, der IPPC-Richtlinie für mittelgroße Industrieanlagen und letztlich auch der großen EU-Störfallrichtlinie, der Seveso-Richtlinie, mit sich bringen soll. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Achs.)

20.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort des Berichterstatters.

Damit treten wir in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen. Die Abstimmung wird über jeden Ausschußantrag getrennt vorgenommen.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1701 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer diesen Bericht zur Kenntnis nehmen möchte, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Ich stelle fest, der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1702 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie auch diesen Bericht zur Kenntnis nehmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Auch dieser Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, seinen Bericht 1703 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, den vorliegenden Bericht III-171 der Beilagen und Zu III-171 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie auch diesen Bericht zur Kenntnis nehmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Auch dieser Bericht ist zur Kenntnis genommen.

13. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Entschließungsantrag 709/A(E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Atomenergie und Osterweiterung (1704 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Zu Wort hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer gemeldet. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.43

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser von uns am 13. März 1998 eingebrachte Antrag hat im wesentlichen zum Inhalt, daß EU-beitrittswillige europäische Länder zu Beginn konkreter Aufnahmegespräche verbindliche Atomausstiegskonzepte vorlegen sollen und daß diese Staaten spätestens zum Beitrittszeitpunkt nachzuweisen haben, daß der Atomausstieg vollzogen ist.

Wir kennen die Debatte über die Schrottreaktoren entlang unserer Grenze seit mehreren Jahren. Frau Bundesminister, ich war einigermaßen darüber erstaunt, daß Sie uns vergangenen Sonntag, am 21. März 1999, vollinhaltlich beigepflichtet haben. Ihre klare Botschaft – kein EU-Beitritt mit Schrottreaktoren! (Abg. Oberhaidinger: Jawohl!) – deckt sich eindeutig mit diesem Antrag.

Umso erstaunter, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, war ich allerdings über Ihr Verhalten im Ausschuß. Denn in diesem Antrag ist genau das enthalten, was die Frau Bundesministerin am 21. März 1999 sehr medienwirksam gefordert hat. Es erstaunt mich, daß Sie genau diese Forderungen abgelehnt haben, und es interessiert mich sehr, wie Sie dieses Abstimmungsverhalten erklären. Wenn der Antrag den Intentionen eurer Ministerin entspricht, Georg Oberhaidinger, dann wäre es wohl nur sinnvoll, dem auch zuzustimmen!

Der Antrag, der heute eingebracht und von vier Parteien beschlossen werden soll, enthält hingegen nichts von dem, was die Frau Bundesminister in ihrem Artikel erst am vergangenen Sonntag gefordert hat. Vielmehr deckt sich ihre Forderung mit unserem Antrag. Somit ist dieses Verhalten unverständlich.

Ich denke, wir sind es der österreichischen Bevölkerung schuldig, alle Möglichkeiten auszunutzen, um diese Schrottreaktoren endlich stillzulegen beziehungsweise nicht in Betrieb gehen zu lassen, wie es bei Temelin der Fall ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die einzige Möglichkeit, die es gibt, um dieses Verhalten zu erreichen gibt, ist eine Junktimierung von Beitritt und Atomausstiegskonzept.

Meine Damen und Herren! Deshalb wäre es meiner Ansicht nach sehr sinnvoll, diesem freiheitlichen Antrag zuzustimmen, da noch dazu die zuständige Ministerin genau die gleiche Ansicht vertritt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Dr. Khol: Nein! Schon lange weniger!) 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.46

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In wenigen Wochen wird das Jahr 13 nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vollendet. Spätestens seit diesem Tag im April des Jahres 1986 müssen wir uns der Gefährlichkeit und Bedrohung bewußt sein, die von Atomkraftwerken ausgeht, welche noch dazu nicht im geringsten den Erfordernissen der Zeit entsprechen.

Ich brauche in diesem Zusammenhang wohl nur einen Namen zu nennen – er ist heute schon gefallen –, nämlich Temelin. Aber es genügt keinesfalls, daß wir in Österreich über die drohende Gefahr von Atomkraftwerken Bescheid wissen. Viel wichtiger ist es, daß auch unsere Nachbarn über die Bedrohung durch derartige Kraftwerke aufgeklärt werden. Es ist nötig, sie über die Bedrohung zu informieren und ihnen zu sagen, was diese AKW für uns bedeuten. Denn eines ist sicher – das haben wir aus Tschernobyl gelernt –: Radioaktive Strahlen machen vor keiner Grenze halt.

Ein wesentliches Anliegen muß es für uns daher sein, nicht eine Politik der Junktime zu praktizieren, Herr Kollege, sondern eine Politik der Überzeugung vor Ort. Einer der Orte, an denen die Überzeugungspolitik vor Ort derzeit von größter Wichtigkeit ist, ist das tschechische Temelin, wenige Kilometer von der oberösterreichischen Grenze entfernt.

Fernab aller Diskussionen rund um die technische Auf- und Umrüstung und fernab aller anderen Spekulationen rund um dieses Kraftwerk möchte ich hier vorweg folgendes sagen: Temelin ist eine Zumutung für die gesamte Bevölkerung Europas! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Temelin ist eine Zumutung, wenn wir an die nachfolgenden Generationen und deren Sicherheit denken! Temelin ist eine Zumutung, wenn wir an die Umwelt und deren Schutz denken! Temelin ist eine Zumutung, wenn wir Umweltpolitik ernst nehmen!

Oberösterreich hat als einziges Bundesland einen eigenen Beauftragten für grenznahe Atomkraftwerke. Unsere Initiative, Aufklärungsarbeit auf allen Ebenen zu leisten und die Unterstützung der Non-Governmental Organisations haben sicherlich dazu beigetragen, daß die tschechische Regierung die Entscheidung über das Atomkraftwerk Temelin bis Ende April dieses Jahres verschoben hat.

Ein Grund dafür ist sicherlich auch eine vom oberösterreichischen Temelin-Beauftragten vorgelegte Least-Cost-Studie über einen ökonomischen Vergleich der Fertigstellung des AKW Temelin mit Alternativen. In dieser Studie wird auf Basis einer Verbraucheranalyse eindeutig aufgezeigt, daß der in Tschechien zwischen 1993 und 1996 stark gestiegene Verbrauch von elektrischer Energie durch ungerechtfertigte Förderungen von Elektroheizungen künstlich entstanden ist.

Das Land Oberösterreich führt derzeit in Kooperation mit den Umweltministerien in Wien und in Prag ein Pilotprojekt durch. Damit sollen die Möglichkeiten eines Elektrodirektheizungs-Ersatzprogramms untersucht werden. In der Tschechischen Republik stößt diese Alternative auf hohe Akzeptanz. Die Realisierung dieses Programms könnte zumindest bis zum Jahre 2015 eine ausgeglichene Produktions- und Leistungsbilanz in Tschechien ohne jeden weiteren Kraftwerksbau sichern.

Summa summarum bringen diese Maßnahmen, bringt diese von Oberösterreich erfolgreich praktizierte Überzeugungspolitik vor Ort Erfolge. Um diese Erfolge zu verstärken und die Zeit zu nützen, bringe ich folgenden Entschließungsantrag von vier Parteien ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ellmauer, Oberhaidinger, Mag. Barmüller, Ing. Langthaler, Kopf, Dr. Keppelmüller, Dr. Kier, Dr. Moser und Kollegen betreffend die Weiterführung der österreichischen Anti-Atompolitik

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, auf internationaler sowie auf nationaler Ebene auch weiterhin alle Möglichkeiten zur Umsetzung von Maßnahmen im Sinne der gemeinsamen ablehnenden Haltung gegenüber der Atomenergie zu nutzen und insbesondere im Rahmen des Erweiterungsprozesses der Europäischen Union die österreichische Position zu vertreten und dabei verbindlich für die Erstellung von Atomausstiegskonzepten und die Nutzung von bestehenden EU-Kreditinstrumenten einzutreten beziehungsweise entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten durch die EU einzufordern.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, hinsichtlich des Kraftwerks Temelin nochmals auf höchster Ebene mit der tschechischen Regierung Kontakt aufzunehmen, um alle für eine Entscheidung der tschechischen Regierung nötigen Hilfeleistungen bis 30. April 1999 zur Verfügung zu stellen. Dabei sollen insbesondere beschäftigungspolitische Vorteile von Alternativen zu Temelin dargestellt und Unterstützung für die Nachnutzungsstudie für das Bauareal Temelin angeboten werden.

3. Die Bundesregierung wird ersucht, auf europäischer Ebene für Atomhaftungsregelungen auf Basis der Grundzüge des österreichischen Atomhaftungsrechts einzutreten.

4. Die Bundesregierung wird ersucht, sich dafür einzusetzen, die Zielsetzung von EURATOM dahin gehend zu ändern, daß die Förderung der Kernenergie unterbleibt und die Rechte des Europäischen Parlaments gestärkt werden.

5. Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, weiterhin die grundsätzlichen Bedenken Österreichs gegen einen Kredit zur Fertigstellung der ukrainischen Reaktoren K2/R4 mit Nachdruck zu vertreten.

6. Die Bundesregierung wird ersucht, mit der deutschen EU-Präsidentschaft bezüglich der ablehnenden Position Österreichs zur Finanzierung von K2/R4 in Verbindung zu treten.

7. Die Bundesregierung wird ersucht, der tschechischen Regierung Unterstützung zur Inanspruchnahme von EU-Mitteln auch noch vor einem etwaigen Beitritt zur Verbesserung der Energieeffizienz und zur Stärkung erneuerbarer Energieträger anzubieten.

*****

(Beifall bei der ÖVP.)

20.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. (Abg. Ing. Langthaler: Wieviel Zeit noch insgesamt?) Gesamtredezeit Ihres Klubs: 39 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Khol: Ja schon wieder die Langthaler? Wie oft denn noch? – Aber jetzt hat sie das Top gewechselt!)

20.53

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Bundesminister! Ich kann vom Reden nicht genug bekommen, Herr Klubobmann Khol! Da ich nicht mehr oft dazu Gelegenheit haben werde, muß ich mich jetzt noch ein bißchen hierher bemühen, vor allem wenn es um ein so wichtiges Thema geht, das mir seit vielen Jahren besonders am Herzen liegt: die Nichtinbetriebnahme oder die Nichtfertigstellung eines Ostreaktors!

Ich möchte mich zuerst kurz mit dem Antrag der Freiheitlichen und mit ihrer Argumentationslinie beschäftigen – leider ist Herr Abgeordneter Schweitzer jetzt nicht mehr hier. Denn er hat vorhin nur den ersten Satz des Antrages vorgelesen und den eigentlich problematischen verschwiegen. Das ist aber der Satz, der es sowohl uns als auch, wie ich glaube, den Liberalen völlig unmöglich macht, diesem Antrag zuzustimmen. Darin steht nämlich: Spätestens zum Beitrittszeitpunkt haben diese Staaten nachzuweisen, daß der Atomausstieg vollzogen ist. (Abg. Kopf: Illusionen sind schön!)

Daß der Atomausstieg vollzogen ist! Ich meine, da sollte man, wenn man ehrlich ist, in einen solchen Antrag gleich hineinschreiben: Wir wollen nicht, daß die EU um osteuropäische Länder erweitert wird. – Das wäre ehrlicher!

Darum ging es letztlich auch im Ausschuß. Denn wenn es Ihnen wirklich um die Abschaltung von Ostreaktoren – beispielsweise von Bohunice oder Mochovce – beziehungsweise um die Nichtinbetriebnahme geht, dann müssen Sie wissen, daß man nicht mit Erpressung operieren kann – egal, ob gegenüber der slowakischen oder der tschechischen Regierung –, sondern daß man versuchen muß, diesen Ländern etwas anzubieten und mit ihren Regierungen einen Dialog zu führen.

Kollegen von den Freiheitlichen, ich muß euch dazu folgendes sagen: Wenn es euch nicht gelingt und wenn es dem von euch gestellten Ausschußobmann über ein Jahr lang nicht gelingt, für den Umweltausschuß einen Termin bei den wichtigen Ministern zu bekommen, dann wundert es mich überhaupt nicht mehr, daß ein solcher Antrag zustande kommt. Denn das zeigt nur, daß es überhaupt keine außenpolitische Kompetenz auf seiten der Freiheitlichen gibt.

Der grünen Fraktion ist es jedoch gelungen, innerhalb sehr kurzer Zeit einen Termin beim Außenminister und beim Umweltminister der Tschechischen Republik zu bekommen. Dieser Termin war letzten Freitag. Abgeordnete Gabriela Moser war dabei und wird später sicherlich noch genauer darüber berichten. Einer kleinen Fraktion ist also gelungen, was dem Ausschußobmann Karl Schweitzer über ein Jahr lang nicht gelungen ist.

Genauso sieht leider auch dieser Antrag aus. Es ist ein Antrag, der sich im Grunde gegen die Osterweiterung der EU ausspricht. Allein deshalb haben wir versucht, mit den Regierungsparteien über einen Antrag zu verhandeln, der sowohl ein klares Signal an die Bundesregierung als auch – vor allem – ein klares Signal und ein Angebot in Richtung Tschechische Republik sendet. Denn eines ist klar: In den entscheidenden Wochen bis Ende April, bis zu einer sehr wahrscheinlichen Entscheidung darüber, wie es mit Temelin weitergeht, wird von der tschechischen Regierung und von den dortigen Journalisten sehr genau beobachtet werden, wie die Nachbarländer agieren.

Uns war es besonders wichtig – deshalb wollten wir hier auch einen Mehrparteienantrag zustande bringen –, daß von diesem Parlament ein klares Signal ausgeht an jene Mitglieder der tschechischen Regierung, die klare Gegner des Projekts Temelin sind, sodaß man diese Kräfte unterstützt und von österreichischer Seite sagt: Wir sind nicht nur gegen das Projekt Temelin, sondern wir bieten auch ganz konkrete Hilfestellung an. Wir bieten nicht nur Know-how, sondern auch finanzielle Hilfestellung an. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Frau Ministerin Prammer und Herr Minister Bartenstein! Es wird nicht reichen, dorthin zu fahren und sozusagen ein bißchen anzubieten, Studien zu machen. Herr Minister Bartenstein, ich weiß nicht, ob Sie wissen, daß Ihr Angebot – ich glaube, es ging um 15 Millionen Schilling, die Sie angeboten haben – in der Tschechischen Republik als Hohn empfunden wurde. Es hat Zeitungsartikel gegeben, in denen geschrieben wurde: Die sind lustig, die Österreicher! – Herr Abgeordneter Ellmauer spricht hier von einer – wie hat er es genannt? – "Zumutung". Dort empfinden sie es dann zu Recht als Zumutung, wenn von österreichischer Seite ein Angebot über 15 Millionen Schilling für – ich weiß nicht recht – ein paar Studien oder dergleichen kommt. Das wird zuwenig sein!

Wir wollen Sie mit diesem Entschließungsantrag in die Pflicht nehmen. Ich sage ganz offen, daß wir uns nicht in allen Punkten durchgesetzt haben. Wir hätten den Antrag gerne noch schärfer formuliert gehabt. Vor allem ist es uns wichtig – wir werden in den nächsten Wochen immer wieder versuchen, das umzusetzen und durchzusetzen –, daß auf höchster Ebene gehandelt wird. Das bedeutet, daß sich Bundeskanzler Klima wirklich mit dem tschechischen Premierminister trifft, ganz konkret verhandelt und von österreichischer Seite Hilfestellung im Hinblick darauf anbietet, wie es mit einem Alternativszenario ausschauen kann. (Abg. Fischl: Wieviel soll das sein? – Abg. Kopf: Steht ja drinnen!) Die Tschechische Republik braucht den Strom an sich nicht, aber die tschechische Regierung hat ... (Abg. Fischl: Wie hoch soll das sein? Wieviel Prozent?)

Wieviel Prozent? – Sehen Sie, Sie sind von seiten der Freiheitlichen Partei so unfair, das ist unfaßbar! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ihr wollt in eurem Antrag, daß sie dieses Atomkraftwerk sofort abdrehen und sofort alles stehenlassen. Ist ja vollkommen Wurscht, wie die das finanziell machen sollen! Wenn euch das ein Anliegen ist und wenn ihr wollt, daß dieses Werk nie in Betrieb geht, dann muß man ihnen selbstverständlich auch finanziell unter die Arme greifen. – Das ist lächerlich, das ist wirklich eine Propaganda von freiheitlicher Seite, die sich nur gegen Osteuropa generell richtet, aber mit Atomkraft überhaupt nichts zu tun hat! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum sowie des Abg. Kopf.)

Das ist so unseriös, daß ich mich damit überhaupt nicht beschäftigen möchte, weil es mit einer seriösen Debatte nichts zu tun hat. In Wirklichkeit müssen wir hier versuchen, einen möglichst breiten Konsens zu finden, um bis Ende April zu dem Ziel zu kommen, daß Temelin nie in Betrieb geht. Meine Kollegin Moser wird das noch im Detail ausführen.

Frau Ministerin! Ich möchte mich nur noch auf einen Punkt konzentrieren, der in dem Antrag ebenfalls enthalten ist und der uns wichtig ist. Es geht um den ukrainischen Reaktor K2/R4. Der Vertreter innerhalb der EBRD wird damit noch einmal aufgefordert, sich ganz klar gegen den Kredit von seiten der EBRD auszusprechen.

Frau Ministerin! Ich möchte Sie aber auch auffordern, daß Sie versuchen, insbesondere für Tschechien, für Temelin Kredite der EBRD zu lukrieren, und daß Sie versuchen, Projekte in die Wege zu leiten. Es kann jeder Mann, jede Frau, jede Republik oder jede Firma Kreditansuchen an die EBRD richten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Fischl und Dipl.-Ing. Schöggl. – Abg. Dr. Cap: Bitte! Da kann man doch in Ruhe zuhören!) In Kürze, nämlich im April, wird dort die Jahrestagung abgehalten werden. Das ist eine sehr günstige Gelegenheit, dort von österreichischer Seite möglicherweise mit der tschechischen Regierung gemeinsam bei der EBRD vorzusprechen. Dafür gibt es konkrete Ansatzpunkte. Es gäbe auch konkrete Budgets. Ich möchte Ihnen daher raten und Sie bitten, diese potentielle Finanzierungs- und Kredithilfe entsprechend in Angriff zu nehmen.

Im übrigen ist dieser Entschließungsantrag hier von vier Parteien verhandelt worden. Er ist deshalb meiner Ansicht nach ein umso stärkeres Signal an die zuständigen Minister und an den Bundeskanzler, so schnell wie möglich zu handeln. Denn es ist wirklich Feuer am Dach. Wir haben ein paar Wochen, und diese Zeit müssen wir nutzen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

21.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

21.01

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es war für die Freiheitliche Partei bereits im Oktober 1998 nicht möglich, unserem Vierparteienantrag beizutreten. Leider haben Sie von den Freiheitlichen den gemeinsamen Weg verlassen. Sie haben sich ab diesem Zeitpunkt völlig Ihrer Wahlkampflinie verschrieben. Sie haben gesagt, es kann nur mehr junktimiert werden, sozusagen nach dem Motto: Entweder EU-Beitritt und Ausstieg oder aber kein Beitritt, und ihr könnt von uns aus euer Atomkraftwerk anfahren.

Was das bringen sollte, wurde auch im Umweltausschuß andiskutiert. Wenn Tschechien der EU nicht beitreten sollte und Temelin trotzdem in Betrieb geht, dann frage ich mich: Was ist mit dem Sicherheitsrisiko? Wird es deswegen geringer? – Garantiert nicht! Daher – und das wurde ja von meiner Vorrednerin und von meinem Vorredner wirklich sehr gut ausgeführt – ist es ungeheuer wichtig, mit unseren Nachbarn optimale Gespräche zu führen.

Ein weiterer Aspekt, unter dem euer Antrag, lieber Karl Schweitzer, wenig Sinn macht, ergibt sich aus dem Umstand – und ihr wollt das nicht zur Kenntnis nehmen –, daß die Frage des Energieeinsatzes den Mitgliedstaaten jeweils selbst überlassen ist. Dafür gibt es in der EU keine Regelung. Sie schreibt den Energieeinsatz nicht vor, und sie wird das auch bei Beitrittsverhandlungen garantiert nicht machen. Daher halte ich den Weg, den Frau Bundesministerin Prammer gerade beschritten hat, nämlich aus dem EURATOM-Vertrag einen Sicherheitsvertrag zu machen, für völlig richtig und zielführend. Wie gesagt – und sogar das wurde von euch mißverstanden –, werden die Sicherheitsstandards im Zusammenhang mit den Beitrittsverhandlungen natürlich so hoch angesetzt werden, daß es den Tschechen, wenn sie diese Standards wirklich erfüllen wollen, nicht leicht fallen wird, tatsächlich zeitgerecht, so wie sie sich das vorstellen, beizutreten.

Ich möchte überhaupt erwähnen – und das konnte man im letzten halben oder dreiviertel Jahr beobachten –, daß die Bundesregierung derzeit intensiv dabei ist, unsere Entschließungsanträge umzusetzen. Da ich die Liste der vielen Erledigungen von Frau Ministerin Prammer kenne, muß ich sagen, sie ist da wirklich ganz vorne dabei. Ich brauche in diesem Kreise nur etwa an das Hearing im vergangenen Jahr zu erinnern, aber sie wird, wie gesagt, ebenso wie Bundesminister Bartenstein heute selbst hier Gelegenheit haben, auf ihre Leistungen in dieser Frage zu verweisen.

Einer der Höhepunkte in diesem Zusammenhang war für mich die Energiepartnerschaftsveranstaltung. Wir alle wissen, daß die Energieverwertungsagentur und andere Einrichtungen, zum Teil auch unsere EVUs, ja schon längere Zeit an vielen Alternativen für den Umstieg aus der Kernenergie in andere Energieeinsätze arbeiten. Aber diese Entwicklung hat halt sozusagen nur so vor sich hingefristet. Sie hat eigentlich nicht so sehr das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Vor allen Dingen wurde sie auch in Verhandlungen auf Regierungsebene bis dato eher nicht erwähnt. Gerade dieses Herausheben auf Regierungsebene hat sicher bewirkt, daß mit den Tschechen in diesen Bereichen anders als bisher zu reden sein wird.

Besonders erfreulich war auch, daß es gelungen ist, zwei wirklich namhafte österreichische Experten in die Kommission zu entsenden. Das Ergebnis des Kommissionsberichtes, meine Damen und Herren, hat immerhin dazu geführt, daß die Entscheidung Tschechiens, ob Temelin weitergebaut wird oder nicht, um einen Monat hinausgeschoben wurde. Jeder Tag, den wir in dem Zusammenhang gewinnen können, ist wirklich ein gewonnener Tag für den zu erwartenden Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie und gegen die Fertigstellung Temelins! Das heißt, die ökonomischen Argumente, die in diesem Bericht vorgebracht wurden, haben auf alle Fälle die Sinnhaftigkeit der Fertigstellung entsprechend erschüttert.

Herr Kollege Karl Schweitzer! Wir sollten diesen einen Monat wirklich nützen. Du hast ja wirklich alles veranlaßt, was dazu führt, die Gespräche, zu denen wir eingeladen wurden ... (Abg. Mag. Schweitzer: ... was die Kollegin Langthaler gesagt hat?) – Ich habe das Präsidialprotokoll gelesen. (Abg. Ing. Langthaler: Du hast gar nicht zugehört, was ich gesagt habe, Karl! – Abg. Mag. Schweitzer: Ich habe sehr gut zugehört!) Das ist darin ein bißchen unverbindlich festgehalten. Ich hoffe, daß das noch konkreter wird. Präsident Fischer hat uns seine Unterstützung zugesagt. Ich hoffe sehr, daß wir noch in diesem Monat mit unseren tschechischen Kolleginnen und Kollegen in Gespräche zu diesem Thema eintreten können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schweitzer gemeldet. Ich mache auf die ohnehin bekannten GO-Bestimmungen aufmerksam. – Bitte.

21.07

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollegin Langthaler hat in ihrer Rede behauptet, daß ich es als Vorsitzender des Umweltausschusses verabsäumt beziehungsweise nicht zustande gebracht habe, einen Termin in Tschechien zu vereinbaren.

Kollegin Langthaler! Ich berichtige tatsächlich, daß ich bereits im Juni des Vorjahres alle für den Ausschußobmann möglichen Schritte unternommen habe, um diesen Termin zustande zu bringen.

Schlußendlich ist das bis heute daran gescheitert, daß das Bundeskanzleramt und das Außenministerium (Abg. Smolle: Du hast es nicht zustande gebracht!), die es sich beide vorbehalten haben, diese sehr heikle Sache selbst vorzubereiten, es nicht geschafft haben, diesen Termin für den Umweltausschuß tatsächlich auszumachen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wenitsch. – Bitte. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Langthaler und Smolle. – Abg. Mag. Schweitzer: Dann lesen Sie es im Präsidialprotokoll nach!)

21.08

Abgeordneter Robert Wenitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Kollege Oberhaidinger, von dieser guten Gesprächsbasis, die es mit den Tschechen laut Ihrer Darstellung angeblich im Zusammenhang mit einem Ausstieg aus der Atomkraft gibt, habe ich vorige Woche nichts bemerkt. Es war vorige Woche eine Delegation aus Tschechien hier. (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler) – Sie waren nicht dabei, Frau Kollegin Langthaler, aber Kollege Höchtl und Kollegin Rauch-Kallat waren dabei. – Und ich muß Ihnen sagen: Die Tschechen denken überhaupt nicht daran, aus der Atomkraft auszusteigen! Sie haben nur von den Hunderten Milliarden Kronen gesprochen, die sie in den letzten Jahren in die Atomkraft investiert haben, und sie denken überhaupt nicht daran, aus der Atomkraft auszusteigen.

Frau Minister! Ein geregelter Ausstieg Tschechiens aus der Atomkraft muß ein Junktim bei den Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union sein. (Abg. Smolle: Völliger Unsinn! – Abg. Dr. Krüger: Vorsichtig sein!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stelle hier fest: Hier muß die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung Vorrang haben! (Abg. Ing. Langthaler: Soll jetzt Deutschland aus der EU heraus, oder wie?)

Wenn Sie, Frau Minister, mit eher schwammigen Erklärungen in der "Kronen-Zeitung" oder wo immer betonen "Kein EU-Beitritt mit Schrottreaktoren!", dann kann ich nur sagen, das ist ja wohl selbstverständlich! Das heißt aber auf der anderen Seite, Sie lassen sich ein Hintertürl offen, nämlich jenes Hintertürl, daß man Milliardenbeträge an die westeuropäische Atomlobby – jene Atomfirmen, die diese Atomkraftwerke sanieren sollen – zahlt, um diese veralteten Werke an den europäischen Standard heranzuführen. Das ist für mich zuwenig! (Abg. Ing. Langthaler: Aber was nützt es, wenn sie nicht beitreten, und dann läuft das AKW trotzdem?) – Kollegin Langthaler, Sie sind in den nächsten Jahren in England, ich bleibe hier in Österreich. Ich bin an der Grenze und bin unter Umständen betroffen. Sie vielleicht nicht mehr, Sie flüchten schon!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Ing. Langthaler: Erklären Sie mir, was Temelin nicht gefährlich macht, wenn Tschechien nicht bei der EU ist! – Zwischenruf des Abg. Dr. Graf.) Ein unbedingter Ausstieg aus der Atomkraft, ein geregelter Ausstieg mit Verträgen – ich bin kein Träumer und weiß daher, daß das nicht nächstes Jahr sein kann (Abg. Ing. Langthaler: Ist deswegen Temelin nicht gefährlich, wenn Tschechien nicht bei der EU ist?) – muß bei den Beitrittsverhandlungen eine gewichtige Rolle spielen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

21.10

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Ich bedanke mich erstens einmal bei Herrn Abgeordnetem Wenitsch für die Klarstellung und die Bestätigung, daß der Antrag der Freiheitlichen, der heute dieser Debatte zugrunde liegt, ein "EU-Erweiterungsverhinderungsantrag" ist. Das ist ganz klar. (Abg. Wenitsch: Das ist keine Verhinderung, Herr Kollege, das ist eine Schutzmaßnahme!)

Herr Abgeordneter Wenitsch, der Grund dafür (Abg. Smolle: Hört Temelin auf, gefährlich zu sein, wenn Tschechien nicht beitritt?), daß Sie sich nach den Zwischenrufen von Kollegin Langthaler so schnell aus der Affäre gezogen haben, liegt darin, daß Ihnen einfach der Argumen-tationsstoff ausgegangen ist. (Abg. Smolle: Hört Temelin auf, gefährlich zu sein, wenn Tschechien nicht betritt?) Bevor Sie sich in einen noch größeren Wirbel hineinreden, was Sie ja in dieser Frage oft kennzeichnet, haben Sie sich gedacht: Okay, beenden wir es lieber. – Das ist auch gut gewesen.

Es wäre aber angemessen, Herr Abgeordneter Wenitsch, wenn Sie die Gesprächsangebote, die es für alle Fraktionen im Hause in der Frage des Informationsflusses gegeben hat, wenigstens wahrnehmen würden, denn dann wäre es vielleicht nicht dazu gekommen, daß die Freiheitlichen sich schon vor längerem von der gemeinsamen Linie des Hauses verabschiedet haben. (Abg. Fischl: Dazu werden wir ja gewählt! – Abg. Wenitsch: Im Gegensatz zu Ihnen! Sie jammern dann im nachhinein!)

Es ist unbestritten, daß ein EU-Beitritt auf die osteuropäischen Staaten, Kollege Fischl, durch die Verpflichtung zur Übernahme des EU-Rechtsstandards natürlich einen erhöhten Druck ausübt, in ihrem nationalen Bereich eine Anhebung der Standards vorzunehmen. (Abg. Wenitsch: Schönwetterreden!) Das heißt, der EU-Beitritt ist gerade gegenüber den mittel- und osteuropäischen Staaten ein Mittel, um dort zum Beispiel jene Kohlekraftwerke, die in großem und massivem Einsatz stehen, auf den neuesten Stand zu bringen. (Abg. Wenitsch: Schönwetterreden! Sie denken nicht an die österreichische Bevölkerung!) Die Teilnahme an den EU-Programmen wird ermöglichen, daß die Umweltstandards dort steigen.

Das als Chance zu verkennen und deshalb ein Junktim zu machen und zu sagen, wenn diese Länder nicht sofort am Beitrittstag aussteigen, dann werden wir sie nicht aufnehmen, ... (Abg. Wenitsch: Ich habe gesagt, ein geregelter Ausstieg, Herr Kollege! Ich korrigiere Sie!) Das wird nichts helfen. (Abg. Ing. Langthaler – in Richtung des Abg. Wenitsch –: Lesen Sie Ihren eigenen Antrag!) Herr Abgeordneter Wenitsch, folgendes geht nicht: Sie können nicht innerhalb von drei Minuten jeweils etwas anderes sagen! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Wenitsch! Mit Ihnen ist es immer dasselbe Problem. Wenn Sie sich nicht einmal mehr an das erinnern, was Sie hier heraußen vor drei Minuten gesagt haben, dann sind Sie ein sehr schwieriger Gesprächspartner in dieser Sache. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Wenitsch! Sie sind auch nicht hilfreich, und zwar deshalb nicht, weil Sie nicht einsehen, daß man gerade der Atomkraftnutzung (Zwischenruf des Abg. Dr. Graf) – und das weiß Herr Abgeordneter Graf noch viel besser – nur mit marktwirtschaftlichen Mitteln beikommen kann: zum Beispiel mit einer EU-weiten Atomhaftungsrichtlinie, der Übernahme der tatsächlichen Versicherungssummen (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Räuber!), mit Haftungen für den Fall eines Unfalles (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: ... sind gefährlich!) und jedenfalls mit Vorsorge, auch finanzieller Vorsorge, für die Endlagerung. Ich sage Ihnen, wenn es all das gäbe, dann würden wir nicht mehr über die Nutzung der Atomkraft reden müssen (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), sondern dann wäre der Ausstieg vorprogrammiert, insbesondere in einem liberalisierten Energiemarkt. (Abg. Mag. Schweitzer: Eure Anti-Atompolitik!)

Daher muß der Weg der sein, daß wir nicht nur, so wie es in diesem Entschließungsantrag, der ein Vierparteienantrag ist und ohne die Stimmen der Freiheitlichen heute beschlossen werden wird, eine Änderung des EURATOM-Vertrages verlangen. Herr Abgeordneter Wenitsch! Bei diesem EURATOM-Vertrag, einem der Gründungsverträge der EU – das ist nachzulesen, und das werden Sie selbst wissen –, liegt einer der richtigen Ansatzpunkte. Lesen Sie doch einmal nach und schauen Sie sich das an!

Eine EU-weite Atomhaftungsrichtlinie (Abg. Mag. Schweitzer: Das steht auch in unserem Antrag drinnen!), orientiert an jenen Grundsätzen, die wir hier in diesem Hause schon beschlossen haben (Abg. Mag. Schweitzer: Das steht auch in unserem Antrag drinnen! – Abg. Ing. Langthaler: Deswegen ist ja nicht alles falsch ...!), in bezug auf das Atomhaftungsgesetz ist etwas, was verwirklicht werden muß. Kollege Schweitzer! Wenn das ohnehin alles drinnen steht, dann hätten wir heute einen Fünfparteienantrag. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Abgeordneter Wenitsch hat aber gesagt: Junktim. Ein Junktim des sofortigen Ausstiegs. – Das waren seine Worte, sie sind nachzulesen im Protokoll. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen sowie Zwischenruf des Abg. Smolle.)

Wenn das nicht so gemeint war, dann bestünde vielleicht jetzt noch eine Chance, auch auf diesen Antrag einzugehen, und dann hätten wir einen Fünfparteienantrag und würden endlich zurückfinden auf jene Basis (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Du kannst vielleicht versuchen, die Leute niederzureden, irgendwann mußt du es aber doch ...!), die bisher in diesem Hause gehandhabt worden ist und die darin bestand, zu sagen: Es muß ein nationales Anliegen sein, daß wir in Fragen des Ausstiegs der ost- und mitteleuropäischen Staaten einen gemeinsamen Weg gehen. Das wird in manchen Bereichen ein Kompromiß sein müssen, aber es muß ein möglicher sein.

Sicher ist: Wenn die Tschechen Temelin nicht verwirklichen, dann wissen sie, daß die Firma, die das betreibt, in Konkurs geht, und dann sind für sie natürlich die dort eingesetzten Mittel ein Problem. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Es gehen Tausende Firmen in Konkurs!) Denn es gibt auch in Tschechien solche Politiker, Herr Abgeordneter Wenitsch, wie Sie einer in Österreich sind, die in Wahrheit nichts Besseres zu tun wissen, als so quasi die einen gegen die anderen aufzuhetzen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Das bringt aber nichts in diesen Fragen, denn wenn etwas passiert, dann werden wir alle Schaden erleiden. Daher muß ein anderer, ein konstruktiver, ein verbindlicher Weg, der einen gemeinsamen Ausweg aus diesem Problem sucht, im Vordergrund stehen. (Abg. Dr. Graf: Das ist die passende Antwort!)

Sie haben heute noch die Chance, sich in diesem Zusammenhang einzubringen. Wir von seiten des Liberalen Forums halten jedenfalls die gemeinsame Vorgangsweise, die wir auch mit diesem Entschließungsantrag heute noch einmal bekräftigen, für sinnvoll und werden dem daher auch weiterhin zustimmen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

21.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt nun die Frau Bundesministerin. – Bitte.

21.15

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident! Kollege Bartenstein! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte zunächst einmal etwas in Erinnerung rufen, was offensichtlich ein Teil der Mitglieder des Nationalrates nicht in vollem Umfang wahrgenommen hat.

Österreich hat es während seiner Ratspräsidentschaft zustande gebracht, daß es Schlußfolgerungen des Rates gibt, die einen ganz enormen Schritt vorwärts bedeuten. Es ist nämlich seit diesem Zeitpunkt, seit dem Wiener Gipfel klargestellt, daß im Erweiterungsprozeß jeder einzelne Beitrittskandidat auch und ganz besonders im Hinblick auf die nukleare Situation verifiziert, geprüft und auf sie abgestimmt werden muß. Das ist eine neue Qualität, denn bis zu diesem Zeitpunkt, bis zu diesem Beschluß, bis zu diesen Schlußfolgerungen war es sehr unterschiedlich, wie mit den einzelnen Beitrittskandidaten umgegangen wurde, was die Kernkraftwerke in ihrem Land betrifft.

Jetzt haben wir ein einheitliches Niveau eingezogen. Jetzt wissen wir, daß dieser Stand der Technik für alle gilt. Ich kann Ihnen wirklich sagen, es war wahrlich nicht leicht, dieses halbe Jahr so intensiv zu nützen, daß es tatsächlich zu diesem einstimmigen Beschluß gekommen ist. Während große Staaten wie zum Beispiel Frankreich sogar schnell auf unserer Seite waren – no na, möchte man sagen –, waren zum Beispiel auch die skandinavischen Staaten lange Zeit nicht dafür, weil diese Länder großes Interesse daran haben, die baltischen Staaten sehr schnell zur Europäischen Union zu bringen, und die Probleme, die es dort gibt, kennen wir.

Das heißt, es war wirklich ein Tauziehen, und dieses Tauziehen haben wir gewonnen. Wir haben mit diesen Schlußfolgerungen jetzt ein Instrument bekommen, das für die Zukunft noch sehr notwendig und wichtig sein wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite für mich sehr wichtige Punkt ist, daß wir nicht nur auf die beitrittswilligen Staaten schauen dürfen, sondern daß wir natürlich auch innerhalb Europas die Augen aufmachen müssen. Aus diesem Grund bin ich sehr froh darüber, daß wir in diesem Haus gemeinsam mit der Bundesregierung weitgehend eine Sprache sprechen, nämlich gerade auch was den EURATOM-Vertrag betrifft.

Ich glaube, daß es derzeit tatsächlich eine historische Chance gibt, so viele Bündnispartner wie noch nie zu gewinnen. Vielleicht ist diese historische Chance auch dazu geeignet, tatsächlich Bewegung in den EURATOM-Vertrag zu bringen, ihn tatsächlich zunächst einmal zu einem Sicherheitsvertrag hin zu entwickeln und auch seine Zielrichtungen neu zu orientieren. Diese Chance sollten wir auf alle Fälle sehr stark nützen.

Ich werde am Montag ein weiteres Mal in Bonn sein und werde mit dem deutschen Umweltminister Trittin ein weiteres Gespräch führen. Ich werde ihn in erster Linie natürlich auch wegen Temelin kontaktieren, aber nicht nur, sondern ich möchte auch dort bereits die ersten Gespräche darüber beginnen, was dieses EURATOM-Konzept betrifft.

Eigentlich sage ich hier etwas, was der Großteil der Abgeordneten wahrscheinlich schon weiß, weil ich doch regelmäßig zu informellen Gesprächen einlade, da ich möchte, daß Sie so viel Information wie möglich haben über das, was die Bundesregierung tut, und auch ganz konkret über das, was ich tue, weil natürlich nicht alles über die Medien kommunizierbar ist. Beim letzten Gespräch hat eine Partei gefehlt. Es waren die Freiheitlichen, die nicht vertreten waren. Vielleicht auch deswegen ... (Abg. Mag. Schweitzer: Wer hat denn abgesagt, ganz kurzfristig vorher?) Nein, das stimmt nicht. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.) – Nun ja, es war sehr eigenartig: Alle anderen waren da, nur Sie nicht. Aber es hat trotzdem geklappt. (Abg. Böhacker: Haben Sie abgesagt oder nicht? – Abg. Mag. Schweitzer: Haben Sie abgesagt oder nicht?)

Es ist einmal verschoben worden, und wissen Sie, warum? – Weil ich genau zu diesem Zeitpunkt hier auf der Regierungsbank stehen oder sitzen habe müssen (Abg. Mag. Schweitzer: Sie glauben, wir haben immer Zeit, wann Sie Zeit haben!), weil es gerade um einen Tagesordnungspunkt ging, der mich betroffen hat. (Abg. Böhacker: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen!) – Ich denke, Sie hätten es mir wahrscheinlich nicht verziehen, wenn ich einen "Jour fixe" veranstaltet hätte, obwohl ich hier auf der Regierungsbank hätte sitzen müssen. – Das war der Grund und kein anderer. (Beifall bei der SPÖ.)

Für mich ist es wichtig, den nächsten Monat sehr intensiv zu nützen, so wie Sie es auch im Entschließungsantrag formuliert haben und so wie wir es gemeinsam auch gewohnt sind, um in eine atomkraftfreie Zukunft in Europa zu gehen, das heißt jeder und jede auf seinem/ihrem Platz, bestmöglich. (Abg. Mag. Haupt: Wir sind weiter entfernt davon als jemals zuvor! Temelin werden sie bauen!)

Meine Aufgabe ist es, immer wieder die Koordinierung innerhalb der Bundesregierung vorzunehmen. Aus diesem Grund ist es mir natürlich auch besonders wichtig, mit den Gesprächen immer wieder zu versuchen, den Tschechen zu signalisieren: "Liebe Freunde! Wir haben eine gute Nachbarschaft. Es hat sich auf europäischer Ebene etwas geändert, nämlich insofern, als es jetzt genau diese Schlußfolgerungen des Rates gibt. Bedenkt das auch in euren Entscheidungen! Ihr werdet unter Umständen mit diesem Fertigbau von Temelin tatsächlich Probleme bekommen, nämlich insofern, als es jetzt nicht nur den Stand der Technik zu erreichen gilt, sondern es müßten dort wahrscheinlich dann viele Milliarden Schilling mehr hineingesteckt werden, um diesem Stand der Technik Genüge zu tun. Daher muß man sich noch einmal die Frage stellen: Wie sieht es dann mit der Rentabilität dieses Kraftwerkes aus?"

Das alles wissen natürlich die Politikerinnen und Politiker in Tschechien ganz genau, und sie machen es sich ja auch nicht leicht. Wir sollen auch anerkennen, daß Tschechien sehr sorgfältig an das Thema herangeht und wirklich alles unternimmt und bestmöglich prüft. Ich bin derzeit schon zuversichtlich, daß wir zu einer Lösung kommen können, mit der gerade auch Österreich äußerst zufrieden sein kann. (Abg. Dr. Graf: Wie sieht diese aus?)

Was mir auch besonders wesentlich erscheint, ist natürlich die Bereitschaft, unserem Nachbarn in dieser Situation zur Seite zu stehen. Ich habe etwa, als es um die Frage ging, ob für die Entwicklung des Szenarios ohne Temelin die österreichischen Experten wieder zur Verfügung stehen können, dem tschechischen Umweltminister Kuzvart diese Hilfe angeboten. Die österreichischen Experten stehen bereits wieder zur Verfügung. Sie sind heute wieder in Prag gewesen, um gemeinsam mit den tschechischen Experten dieses Szenario zu entwickeln.

Das werden wir auch weiter fortsetzen. Kollege Bartenstein und ich werden nächste Woche die Gelegenheit haben, Minister Kuzvart in Österreich zu begrüßen. Er kommt eigens zu uns. Wir wollen uns hier – sozusagen auf exterritorialem Boden; ich glaube, das ist auch gut für die tschechische Situation – gemeinsam überlegen, welche Strategien Österreich noch anwenden kann, um Tschechien in diesem Zusammenhang unter die Arme zu greifen, vor allen Dingen auch seiner Initiative.

Machen wir uns nichts vor: Natürlich gibt es in Tschechien unterschiedliche Interessen, so wie es auch in Österreich bis heute unterschiedliche Interessen gibt, auch was die Atomkraft betrifft. Das sollten wir uns doch auch immer wieder vor Augen halten. Auch wenn mit einzelnen gesprochen wurde, heißt das doch nicht, mit dem gesamten Staat gesprochen zu haben.

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen versichern, daß es eigentlich gar keine andere Vorgangsweise gibt und daß ich eigentlich sehr zuversichtlich bin, daß wir mit dieser österreichischen Position auch innerhalb Europas einen guten Start vorgeben, da zunehmend mehr Staaten gerade die österreichische Vorgangsweise als sehr seriös einschätzen und uns auch beistehen und zur Seite stehen. Es werden immer mehr. Ich bin durchaus zuversichtlich, daß wir zu einer mittelfristigen Lösung kommen können (Abg. Dr. Graf: Wie soll die aussehen?), die unserer Position entspricht und in Ordnung ist.

Ich glaube, das Wesentliche wird sein, daß wir auch Europa in Angriff nehmen, daß es auch innerhalb Europas gelingt, eine kernkraftfreie Zukunft zu haben. (Abg. Dr. Graf: Wie soll die mittelfristige Lösung aussehen?) Das sollte nicht aus den Augen verloren werden! Denn auch wenn Atomkraftwerke in Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien sozusagen vor unserer Haustür liegen, so liegen doch auch andere ebenfalls vor unserer Haustür. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

21.24

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Umweltminister! Einer meiner Vorredner (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein) – ja, jetzt reden wir über Atomkraftwerke –, nämlich Kollege Ellmauer, hat festgestellt, Temelin sei eine Zumutung. Es gibt jetzt einen Expertenbericht, und dieser stellt eindeutig fest: Temelin ist ein wirtschaftliches Desaster, ein ökologisches Fiasko, und Temelin rechnet sich in keiner Weise!

Das hat bereits Früchte getragen. Dieses Ergebnis ist sicherlich auch ein Resultat der Bemühungen Österreichs – etwa der Beistellung von Experten – und von Deutschland, das einen wieteren Experten beigestellt hat. Dieser Bericht ist jetzt die Ausgangsbasis, das Sprungbrett für die Endoffensive. Jetzt – hier und heute – und in den nächsten vier Wochen geht es wirklich um eine konzertierte Aktion in Richtung Endoffensive, damit endgültig der Baustopp verhängt wird. Noch nie waren die Karten so günstig, aber noch nie war auch so stark wie jetzt Feuer am Dach!

Daher ist es gerade heute so notwendig, daß wir gemeinsam einen Antrag beschließen – einen Antrag, der ursprünglich nur aus siebeneinhalb Zeilen bestand und sich auf sehr allgemeine Formulierungen beschränkte, der aber in erster Linie dank unserer Erfahrungen und dank unseres Einsatzes jetzt immerhin sieben Punkte und mindestens 21 Zeilen umfaßt. Vor allem sind dies sehr konkrete Punkte, die vorgeben, wo in den nächsten vier Wochen eingehakt werden soll und muß, damit diese Endoffensive erfolgreich wird.

Diesbezüglich haben wir heute vor allem auch einen wesentlichen Beschluß voranzutreiben, nämlich den, daß auf höchster Ebene verhandelt wird.

Wir wollten durch die Formulierung "Chefsache" Herrn Bundeskanzler Klima direkt beauftragen, sich mit seinem Kollegen, Herrn Premierminister Zeman, zusammenzusetzen, noch einmal die Expertengutachten durchzugehen, noch einmal ein Angebot zu machen und noch einmal deutlich zu machen, daß es auch EU-Finanzierungsinstrumentarien gibt, um Temelin endgültig zu stoppen. (Abg. Kopf: Wenn man über Verhandlungsdetails so plaudert, Frau Kollegin, das ist nicht ...!)

Wir haben diese wesentliche Perspektive eines gemeinsamen Gespräches vor allem letzten Freitag, morgen vor einer Woche, also vor sieben Tagen, in Prag direkt vor Ort erfahren können. Es ist uns möglich gewesen, durch Direktgespräche mit dem Herrn Umweltminister und durch Direktgespräche vor allem mit dem Herrn Außenminister zu erkunden, wie wesentlich diese Gespräche auf Chefebene sind.

An dieser Stelle möchte ich vor allem auch an Sie, Herr Präsident Fischer, appellieren, als Mitträger des sozialdemokratischen Parteivorstandes noch einmal – da ja auch in der Tschechei Sozialdemokraten an der Regierung sind (Abg. Brix: "Tschechien" heißt das!) – auch Ihre persönlichen Beziehungen ins Spiel zu bringen, damit jetzt wirklich alle Karten durchgespielt und noch alle Register gezogen werden, damit wir endgültig zu jenem Ergebnis kommen, das eine Pilotprojektfunktion für die osteuropäischen Staaten hat, die der EU beitreten wollen.

Temelin ist der Knackpunkt für die Atomreaktortechnologie im Osten – und hoffentlich dann später auch im Westen. Noch nie war die Situation so günstig!

Konkret – und daher erfolgte auch unsere Erweiterung des Antrags von siebeneinhalb Zeilen auf sieben Punkte – geht es jetzt um Hilfe, was die beschäftigungspolitische Situation im Bereich der Atomenergie anbelangt. Temelin bringt 2 000 Arbeitsplätze, alternative Energieformen bringen eventuell mehr Arbeitsplätze. Das gilt es zu dokumentieren. Das hat auch schon die bereits vorliegende Studie und das hat auch der Expertenbericht anklingen lassen. In diesem Punkt muß aber noch weitergearbeitet werden, es muß noch konkreter argumentiert werden. Daher bildet dieser Punkt auch einen wesentlichen Aspekt unseres Antrags, denn das ist ein schlagkräftiges Argument in unserem Nachbarland, angesichts einer wirtschaftlichen Situation, in der gerade sehr viel Wert auf Arbeitsplätze gelegt wird.

Weiters gilt es noch, einen zweiten ganz konkreten Schritt zu unternehmen, der uns ebenfalls am vergangenen Freitag nahegelegt worden ist, nämlich die Studie über die Nachnutzung des Geländes.

90 Milliarden Kronen wurden bis jetzt investiert. 90 Milliarden Kronen sind für einen vergleichsweise armen Nachbarstaat sicherlich eine Menge Geld, und diese 90 Milliarden will Tschechien nicht in den Rauchfang schreiben. In dieser Situation gilt es, ein ganz konkretes Nutzungskonzept mitzuerarbeiten beziehungsweise Experten bereitzustellen und Studien darüber zur Verfügung zu stellen, wie dieses Nutzungskonzept auf die Beine gestellt werden kann, damit endgültig abgeschaltet wird.

Das waren zwei ganz konkrete Bitten vom vergangenen Freitag. Es gilt nun, in den nächsten zwei, drei, vier Wochen in dieser Richtung weiterzuarbeiten.

Daher betone ich noch einmal: In erster Linie ist es jetzt die Aufgabe von Herrn Bundeskanzler Klima, nach Prag zu fahren und mit seinem Kollegen Zeman noch einmal die heiklen Punkte durchzugehen, noch einmal Hilfe anzubieten und noch einmal vielleicht sogar in expertenmäßiger oder finanzieller Hinsicht ein Schäufelchen nachzulegen. Das wäre jetzt dringend notwendig!

Nun noch zwei, drei Bemerkungen zu dem Antrag, den die freiheitliche Fraktion vorgelegt hat.

Ich war gemeinsam mit einer breit gefächerten Parlamentarierdelegation vor einem Jahr in Prag, und es war den Freiheitlichen beziehungsweise deren Vertreter, Herrn Dr. Graf, keine Silbe wert, irgendwann auch nur irgendwie das Gespräch auf Temelin zu bringen. (Abg. Dr. Graf: Sie haben keine einzige Wortmeldung gehabt!) Es war den Freiheitlichen keinerlei Anliegen, dieses wesentliche Problem auf der bilateralen Beziehungsebene zwischen Österreich und Tschechien zu thematisieren. Das war für sie kein Problem.

Was thematisierte Herr Dr. Graf? – Ständig ging es um die Frage der Sudetendeutschen. Herr Kollege Graf! Sie und Ihre Partei sind rückwärts gewandt. Wir schauen darauf, daß wir in Zukunft zu einer Energietechnologie kommen, die wirklich umweltverträglich und sozial verträglich ist, mit welcher Arbeitsplätze in diesem Nachbarland geschaffen werden und mit der vor allem dafür gesorgt wird, daß sich auch ökonomisch eine bessere Perspektive öffnet als jene mit AKW-Strom – nicht zuletzt auch in Anbetracht dessen, daß wir in Westeuropa und auch in Mitteleuropa ohnehin ein Überangebot an Strom haben und Temelin höchstens zu Dumpingpreisen auf AKW-Basis Strom verkaufen könnte.

Zum Schluß noch ein wesentlicher Aspekt: Die Atomproblematik hat sich aufgrund des Reaktorunfalls in Tschernobyl zugespitzt. Dieser heutige Antrag hat auch eine Dimension, die in Richtung Tschernobyl weist. "K2", "R4" sind die Schlüsselworte, und es ist jetzt wieder an der Zeit, daß in Europa die Finanzmittel anders verteilt werden. Jetzt werden auch in London bei der EBRD die Weichen gestellt, ob Ersatzprojekte – wie "K2", "R4" – fertiggestellt werden und ans Netz gehen sollen oder nicht. Daher ist es jetzt auch notwendig, die Haltung der Bundesregierung noch einmal zu betonen und ihren Vertretern in London noch einmal klar zu sagen, wie die Abstimmungen laufen sollen.

Wir haben uns in dieser Richtung auch sehr massiv eingesetzt. Ich war Anfang September in der Ukraine und konnte dort auf höchster Ebene direkt mit dem Umweltminister sprechen, und dieser hat mir versichert, daß die Ukraine in keiner Weise nur auf Atomstrom schlechthin setzt, sondern daß sehr wohl auch andere Szenarien möglich wären.

Sie müssen sich wirklich vor Ort bewegen, dann erfahren Sie, was die einzelnen Staaten, die jetzt an der atompolitischen Kippe stehen, an Projekten vorantreiben können und wollen, wenn Finanzquellen und entsprechende Hilfen gewährleistet sind. Darin sehe ich eine hoffnungsvolle Rolle Österreichs, wenn Bundeskanzler Klima diese übernehmen will und wenn er wirklich innerhalb der nächsten zwei, drei Wochen ein Ticket nach Prag löst und dort – noch einmal – die Sache endgültig zur Chefsache macht. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Sinne möchte ich mich auch bei Ihnen, Frau Ministerin Prammer, dafür bedanken, daß Sie sich heute trotz der schwierigen Situation die Zeit genommen haben, um hierher zu kommen. Ich hoffe, daß Sie in den nächsten Tagen mit Herrn Umweltminister Kuzvart noch einmal die konkreten Probleme durchgehen und vielleicht sogar auch leichte finanzielle Hilfen bereitstellen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fischl. Die Redezeit ist freiwillig auf 5 Minuten beschränkt. – Bitte.

21.32

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich muß sagen: Für mich, der ich nicht unbedingt Atomexperte, aber immerhin Abgeordneter in dieser Republik bin, ist diese Diskussion, die sich hier abspielt, schon sehr eigenartig. Ich sehe interessante Parallelen zur gesamten Bauerndiskussion, bei der man gesagt hat: Mit der EU wird alles wunderbar und bestens sein! Wir werden den Bauern helfen, und sie werden keine Schäden haben. – Dann kam plötzlich die Agenda-Diskussion. Und dann wurde das im Sinne des Herrn Ellmauer insofern verwirklicht, als man gesagt hat, daß man vor Ort unterstützen soll. Man fährt also nach Brüssel hinaus, macht sich dort stark und wichtig und sagt: Wir Bauern halten alle zusammen! – Aber im Endeffekt geschieht nichts, und es kommt überhaupt nichts heraus! (Abg. Ing. Langthaler: Beantworten Sie mir bitte die Frage: Warum ist Temelin nicht gefährlich?)

Nicht nur Temelin, Frau Kollegin Langbauer (Rufe: Langthaler! – weitere Zwischenrufe – Unruhe im Saal), ist gefährlich, sondern auch die 14 Kernkraftwerke in 200 Kilometer Entfernung und die 28 Reaktoren rund um Österreich sind gefährlich, nicht Temelin allein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nicht Temelin allein ist eine Zumutung, sondern der Atomstrom überhaupt ist eine Zumutung für die Bevölkerung, ebenso wie die Agenda-Diskussion für die Bauern eine Zumutung ist! Der EU-Beitritt hat bis jetzt, zumindest für die Bauern erkennbar, einen Riesenschaden mit sich gebracht. Warum war das so? – Man muß einmal hinterfragen, was man damit bezwecken wollte.

Wenn ich mir Ihren heutigen Entschließungsantrag anschaue, dann muß ich sagen: Das ist nichts anderes als ein Appell. Man übersieht ganz bewußt und ganz massiv, daß wir eigentlich eine historische Chance nicht nutzen wollen. Österreich hat im Rahmen der EU gewisse Rechte, Vetorechte und Dirimierungsrechte. Österreich kann wirklich Bedingungen stellen, beispielsweise wenn sich ein beitrittswilliges Land der Staatengemeinschaft anschließen möchte. Doch was machen wir? – Wir stellen einen Entschließungsantrag an die Bundesregierung und glauben, sozusagen mit Hilfe eines naiven Appells der Atomlobby entgegentreten zu können. Das ist doch überhaupt nicht der Fall!

Interessanterweise kommt dann Frau Bundesministerin Prammer und sagt, daß es ihr dank ihres Verhandlungsgeschickes gelungen sei, die Franzosen auf ihre Seite zu bekommen. – Erinnern Sie sich: Jospin hat noch vor einem Jahr zwei Kernkraftwerke, die defekt waren, auf dem Verordnungsweg in Kraft gesetzt, weil er Angst hatte, daß man sonst im Winter der Versorgung nicht nachkommen kann. Und wer spricht heute von Tricastin? – Vor einigen Tagen gab es einen Reaktorunfall in Tricastin! Ein Mensch ist völlig verstrahlt, und dieser Unfall und auch die Gefährdung dieses Menschen wurden sozusagen nur in Stufe II eingereiht.

Ich finde, die ganze Diskussion, die wir hier führen, und die Forderungen, die wir stellen, sind nur hypothetisch und naiv – so wie wir ähnliche Forderungen in der Bauerndiskussion erhoben haben –, aber in Wahrheit handeln wir, ohne der Realität ins Auge zu blicken. Ich denke, wir müssen vehement, mit jeder Akribie, die uns zur Verfügung steht, versuchen, neue Wege aufzuzeigen.

Österreich als Land mit einer bemerkenswerten Vergangenheit im Zusammenhang mit der Kernenergie – ich denke nur an Zwentendorf – hätte die historische Chance, im Rahmen der Staatengemeinschaft eine Vorbildstellung einzunehmen, auch wenn es darum geht, ganz klare Forderungen nicht nur zu formulieren, sondern deren Einhaltung zu erwarten und zwingend vorzuschreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir dürfen nicht einfach nur herumpalavern und sagen, wir sind die Besten, wir fahren nach Temelin, wir fahren dorthin, wir fahren dahin, aber letztendlich nur mit reinen Lippenbekenntnissen zurückkommen. Es ist meines Erachtens in dieser elementaren, wichtigen, vitalen Frage für die europäische Gesellschaft beziehungsweise für die ganze Welt notwendig, daß man ganz klare und deutliche Forderungen formuliert und deren Einhaltung einfordert und nicht einfach bloße Lippenbekenntnisse abgibt.

Hohes Haus! Ich komme nochmals auf die historische Chance zurück. Kollege Schweitzer hat mit seinem Entschließungsantrag und dem Junktim, das er dabei verwirklichen wollte, die Sache genau auf den Punkt gebracht. Mit schönen Worten, Frau Kollegin Petrovic, und mit naiven Ansagen und Besuchen in Tschechien, wo man hinfährt und glaubt, als kleine Oppositionspartei in diesem Staat vielleicht mit Versprechungen von Geschenken einen Termin zu bekommen, ist niemandem geholfen! Ich erwarte mir von unseren Ministern und von unseren Vertretern in Brüssel, die die Entscheidung treffen dürfen, ein ganz klares Nein zu dieser Atomenergie und ganz klare Forderungen, wie die Konzepte auszusehen haben, wenn die neuen beitrittswilligen Staaten beitreten möchten. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

21.37

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf zuerst dir, Kollege Oberhaidinger – du bist Gott sei Dank anwesend –, sagen, daß es erstaunlich ist, daß du dich immer wieder auf jene Regelung zurückziehst, wonach die Energiewirtschaft nationalstaatlich zu regeln ist. Wir sprechen hier nämlich über Tschechien, und das, was du meinst, betrifft zwar die EU, aber sicherlich nicht die Beitrittskandidaten!

Im übrigen steht es im Widerspruch zu dem, was deine Ministerin Prammer gesagt hat, daß nämlich beim Wiener Gipfel des EU-Rates – und das hat sie als tollen Erfolg dargestellt – die Atomenergie im Zusammenhang mit den Beitrittskandidaten zum Thema gemacht wurde. Und jetzt sollen diese beitrittswilligen Länder, diese Beitrittskandidaten, hinsichtlich ihrer Energiepolitik geprüft werden, wie Frau Ministerin Prammer gesagt hat.

Ich würde diesbezüglich die Linie etwas ändern. Du weißt ganz genau, Kollege Oberhaidinger, daß die Einhaltung des höchsten Maßes an Sicherheit, das von dir immer wieder eingefordert wird, nämlich das der westlichen Sicherheitsstandards, nicht möglich ist. Diese Standards sind nicht zu definieren und sind konstruktiv nicht möglich. Das wurde in diesem Hause bereits mehrmals besprochen, und auch alle Experten sagen, daß diese Paarung von Ostreaktoren mit westlichen Sicherheitssystemen keine vernünftigen westlichen Sicherheitsstandards ergibt.

Frau Bundesministerin! Ich darf Sie ersuchen, wenn Sie den Freiheitlichen den Vorwurf machen, daß sie bei Ihren Informationsgesprächen, zu denen Sie eingeladen haben, nicht anwesend waren, das auch vollständig darzustellen. Ich glaube, man kann es nicht akzeptieren, wenn Ihr Termin, den Sie für 25. Feber anberaumt hatten, am 25. Feber abgesagt wird. Das war sicherlich kein böser Wille, aber es besteht unsererseits auch bestimmt kein Desinteresse. Selbstverständlich hätte Kollege Schweitzer daran teilgenommen, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte! Sie haben das aber ein bißchen eingefärbt dargestellt, als hätten wir kein Interesse, von Ihnen diese wichtigen Informationen zu erhalten.

Ich darf Frau Kollegin Moser im übrigen sagen, daß sie einem Entschließungsantrag, der inhaltlich dem ähnelt, der heute hier eingebracht wurde beziehungsweise zur Debatte steht, bereits einmal zugestimmt hat. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Im Ausschuß!) Was sagen Sie dazu, Frau Kollegin Moser? – Sie haben einem Entschließungsantrag zugestimmt, der im Zuge einer Debatte hier in diesem Hause eingebracht wurde, ebenso wie Frau Kollegin Petrovic – ausgerechnet Frau Kollegin Petrovic! – am 6. März 1998 eine Junktimierung gefordert hat. Das ist nachzulesen: Sie selbst haben einen Pressedienst abgesetzt, und dem ist das zu entnehmen. Es gibt also offenbar einen Gesinnungswandel. (Abg. Mag. Schweitzer: Alzheimer!)

Ich darf Sie auch daran erinnern, daß der oberösterreichische Landtag diesen Antrag der Freiheitlichen im Landtag zur Abstimmung gebracht hat, und zwar mit diesem Inhalt, mit dieser Junktimierung. Wie haben da die Grünen abgestimmt? – Gleichermaßen wie die ÖVP, gleichermaßen wie die SPÖ, gleichermaßen wie die Freiheitlichen.

Sie von den Grünen haben diese Junktimierung gefordert, aber jetzt wollen Sie damit nichts zu tun haben und tun so, als wären wir die Bösen und unbedingt gegen Beitrittsverhandlungen beziehungsweise gegen einen Beitritt. Sie mißbrauchen diesen unseren Antrag im Zusammenhang mit der Junktimierung hiefür.

Frau Bundesministerin Prammer! Ich stelle allerdings fest, daß bei Ihnen ein Gesinnungswandel stattgefunden hat. Ich habe Sie einmal in Linz bei einem Ihrer Infogespräche, zu denen Sie eingeladen haben, erlebt. Damals waren Sie auf jeden Fall gegen eine Junktimierung, anders als der oberösterreichische Landtag, der das einstimmig gefordert hat. Und Sie haben auch noch am 10. März davon gesprochen, daß man nicht mit erhobenem Zeigefinger im Zusammenhang mit der Temelinfrage auftauchen dürfe. Das wiederholte sich mehrmals.

Dann mußte ich allerdings lesen – und das ist der Grund, warum ich meine, daß es zu einer Wende und zu einem Gesinnungswandel gekommen ist; ich zitiere –:

Ministerin Barbara Prammer fordert nun von den Tschechen, auch die Alternative zum AKW Temelin durch eine internationale Expertenkommission prüfen zu lassen. Tschechien werde sonst auch Probleme mit einem EU-Beitritt bekommen. – Zitatende.

Frau Bundesministerin! Wenn Sie das ernsthaft in Ihre Überlegungen mit einbeziehen, dann wäre es fair, nicht erst beim definitiven EU-Beitritt, sondern bereits heute darüber zu sprechen, wie die Tschechen für den Fall, daß sie nicht von ihrem Fertigbau und der Inbetriebnahme Temelins abweichen, zu Beitrittsverhandlungen kommen können.

Dieser Vierparteienantrag wird nur deswegen von den Freiheitlichen nicht mitgetragen – und wir haben das im Ausschuß bereits kundgetan –, weil wir wollen, daß tatsächlich – wie es in diesem Antrag steht – alle Möglichkeiten genutzt werden. Wir haben nämlich zwar nicht mit Tschechien, aber mit der Slowakei und den dortigen Gesprächen auf höchster Ebene – Bundeskanzler Klima hat auch die Inbetriebnahme von Mochovce zur Chefsache erklärt – schlechte Erfahrungen gemacht, und wir gehen davon aus, daß ein gewisses Mindestmaß an Lernfähigkeit gegeben sein sollte.

Frau Bundesministerin! Die Erfahrungen, die Sie dort gewonnen haben, sollten Sie heute dazu bewegen, unseren Antrag als das zu sehen, was er ist, nämlich die effektive und richtige Maßnahme, um die Gefahr, die vom Fertigbau und der Inbetriebnahme Temelins ausgeht, zu stoppen. Dazu können Sie beitragen, wenn Sie dem freiheitlichen Antrag Ihre Zustimmung geben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser gemeldet. – Bitte.

21.45

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Mein Vorredner hat behauptet, daß ich hier in diesem Hause für den Antrag der Freiheitlichen gestimmt hätte. – Das ist falsch.

Ich habe im Umweltausschuß meine Bereitschaft, einen gemeinsamen Antrag zu stellen, der in diese Richtung geht, signalisiert, aber nicht in diesem Haus. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Was war das jetzt?)

21.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun der Herr Bundesminister. – Bitte.

21.46

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Kollegin Prammer! Hohes Haus! Die Europapolitik der Freiheitlichen ist gekennzeichnet durch eine scheinbar einfache dreiteilige Formel: Erstens: nein zu Europa, zweitens: nein zum Euro, drittens: Veto, ganz egal, ob es sich um EU-interne-Vorgänge handelt, wie zum Beispiel die Agenda 2000, oder ob es um den tschechischen EU-Beitritt geht. – Aber das ist nur scheinbar einfach, meine sehr geehrten Damen und Herren. In Wahrheit ist das naiv! (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Freiheitlichen! Ich sage Ihnen, was Ihre Haltung zu Temelin und bezüglich des Junktims, entweder Vollausstieg oder kein Beitritt, bewirkt. Das nützt nicht nur den österreichischen Interessen nicht, sondern es stößt unseren Nachbarn Tschechien vor den Kopf und schwächt Österreichs Position. Daher ist das, was Sie tun, nicht im Interesse Österreichs!

Es ist schade, daß Sie den Weg der Gemeinsamkeit schon vor Monaten aus kurzsichtigen politischen Motiven verlassen haben. Es ist schade, daß Sie den Weg der Gemeinsamkeit verlassen haben, der bis vor einem halben Jahr ein Fünfparteienvorgehen ermöglicht hat. Heute ist das nur mehr ein Vierparteienvorgehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In der Tat fällt es auf, daß vor allem die Fraktion der Grünen in den letzten Monaten in Sachen Atomausstieg Kreide geschluckt haben dürfte. Vielleicht hängt das ein wenig damit zusammen, daß grüne Minister in Frankreich noch nicht einmal ansatzweise von einem Ausstieg reden. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, daß die Regierung in Deutschland, an der die Grünen beteiligt sind, in Sachen Atomausstieg einen Kurs fährt, der bestenfalls als Slalomkurs zu bezeichnen ist, der sogar Thomas Stangassinger schwindlig machen würde. (Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic.)

Aber sei’s d’rum! Wir begrüßen es ja, meine Damen und Herren von den Grünen, daß Sie in diesem Zusammenhang auf den Boden der Vernunft gekommen sind und sehen, wie schwierig es ist, auszusteigen, und daß Sie daher mit uns in einer Linie mitgehen.

Am Montag dieser Woche ist in Tschechien, in der Regierung, etwas sehr Bemerkenswertes passiert. Nach langer Diskussion rund um den Expertenbericht hat sich die tschechische Regierung auf den 30. April vertagt. Das ist ein gutes Zeichen! Es gilt nun, abzuwarten und letztlich, wenn möglich, diesen Prozeß konstruktiv zu begleiten, der dahin führt, daß Umweltminister Kuzvart und Industrieminister Gregor bis zum 30. April einen Bericht erstellen sollen, der letztlich davon auszugehen hat, daß die Expertenkommission Temelin wirtschaftlich in Frage gestellt hat.

Wirtschaftlich ist Temelin also in Frage gestellt worden. Jetzt gilt es, verschiedenste Maßnahmen zu setzen und auch Beratung und Hilfe anzubieten. Der Besuch des tschechischen Kollegen Kuzvart am nächsten Dienstag in Wien bei Frau Kollegin Prammer – auf ihre Einladung hin – und mir wird Gelegenheit dazu bieten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Sache ist damit keinesfalls gegessen. Wir sind noch weit davon entfernt, daß Tschechien auf dem Wege des Ausstiegs ist, aber die Chancen sind sicherlich ungleich besser, als sie es je zuvor waren. Sie sind auch deutlich besser, als sie es bei Mochovce waren. Wir haben ein partnerschaftliches, amikales Verhältnis zur tschechischen Regierung – davon ist auszugehen. Das ist ganz anders, als es im Verhδltnis zu Herrn Mečiar und seinen Leuten der Fall war. Die beiden Regierungen sind ja auch keinesfalls zu vergleichen.

Jetzt gilt es, in den nächsten vier, fünf Wochen diese Chance zu nützen. Die Bundesregierung spricht in dieser Frage mit einer Zunge. Frau Kollegin Prammer und ich werden das Menschenmögliche in dieser Sache im Sinne Österreichs unternehmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Daher ist die Debatte geschlossen.

Der Wunsch auf Schlußwort eines Berichterstatters liegt mir nicht vor.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht in 1704 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich darf bitten, daß jene Damen und Herren, die diesem Ausschußantrag ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen kundtun. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ellmauer, Oberhaidinger, Mag. Barmüller, Ing. Langthaler und Genossen betreffend die Weiterführung der österreichischen Anti-Atompolitik.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen. (E 169.)

Damit haben wir diesen Tagesordnungspunkt erledigt.

14. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Kulturbericht (III-164 der Beilagen) 1997 der Bundesregierung (1631 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung liegt nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

21.51

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kulturbericht 1997 ist optisch durchaus einwandfrei aufbereitet. (Abg. Dr. Khol: Gefällig! Aber?) Man hat allerdings sehr lange dazu gebraucht. Herr Kollege Khol! Bei dieser Gelegenheit möchte ich es nicht verabsäumen, wenn Sie mich schon direkt ansprechen, mich einmal namens meiner Fraktion herzlich für Ihre Wahlkampfunterstützung in Kärnten zu bedanken! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, als höflicher Mensch bin ich es Ihnen schuldig, zu erwähnen, daß Sie noch kurz vor den Kärntner Wahlen in einem entsprechend harten Eingreifen in Richtung Kärnten gesagt haben: Wien gibt den Ton an! – Herzlichen Dank noch einmal, Herr Kollege Khol! Diese Worte seien mir hier gestattet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Geschenkt!)

Frau Bundesministerin! Ich möchte mich nun Ihnen in aller Höflichkeit zuwenden. Die erste Kritik, die ich anzubringen habe, betrifft die Tatsache, daß der Kulturbericht erst am 16. Dezember 1998 im Nationalrat eingebracht wurde. Ich verstehe das wirklich nicht. Jedem Staatsbürger mutet man beispielsweise zu, daß er bis 31. März oder 30. April eine Steuererklärung für das vergangene Jahr abgibt. Jedem Unternehmen mutet man zu, daß es den Jahresabschluß über das alte Jahr in den ersten fünf Monaten des neuen Jahres aufstellt. Ihr Ministerium bringt es jedoch nicht zustande, den Kulturbericht innerhalb einer annehmbaren Frist dem Nationalrat zuzuleiten.

Es ist ja nahezu sinnlos, daß wir heute über das Jahr 1997 diskutieren sollen. Ich habe allerdings schon den Eindruck, daß da auch Methode dahintersteckt, daß man sich nämlich ganz einfach deshalb Zeit läßt, um die Aktualität auszublenden und eine Diskussion möglichst abzuschneiden. Aber so einfach wollen wir es Ihnen nicht machen!

Frau Bundesministerin! Zunächst einmal ist sehr augenfällig, daß im Jahre 1997 die Einnahmen und Besucherzahlen in den österreichischen Bundesmuseen dramatisch zurückgegangen sind, und zwar von 210 Millionen auf 175 Millionen Besucher. Ich nehme an, daß Sie die Antwort darauf gewissermaßen schon auf den Lippen haben, indem Sie sagen: Im Jahre 1996 war die Monet-Ausstellung, das kann man nicht vergleichen!

Da frage ich Sie aber: Was hindert Ihre Herren Direktoren daran, jedes Jahr erfolgreiche Ausstellungen zu machen? – Herr Monet ist doch nicht der einzige Impressionist des 19. Jahrhunderts, der für volle Häuser sorgt! Herr Schröder, auf den ich im Zusammenhang mit der Stiftung Leopold noch zu sprechen kommen werde, schafft es immer wieder, das Haus mit entsprechenden Ausstellungen und mit einer ordentlichen Darbietung zu füllen. Das ist überhaupt keine Frage!

Sie können jetzt nicht sagen, daß wir, weil es 1996 die Monet-Ausstellung gegeben hat, im Jahr 1997 um 30, 40 Millionen Schilling weniger an Einnahmen zu verzeichnen hatten. So leicht können Sie es sich nicht machen!

Bei dieser Gelegenheit schwingt mir im Ohr, daß Sie Herrn Noever vom Museum für Angewandte Kunst zitiert haben, der gesagt hat:

"Es ist überhaupt nicht ausschlaggebend, wie viele Leute ein Museum besuchen. Das ist überhaupt kein Gütesiegel – im Gegenteil: Je weniger Leute das Museum besuchen, desto interessanter, desto zeitgeistiger, desto moderner ist es."

Das ist eine Verweigerung der Verantwortung, Frau Bundesminister! Denn wenn der Herr Direktor das Museum einigermaßen gut auslastet, dann heißt es: Er ist erfolgreich. Wenn er es aber schlecht auslastet, dann heißt es auch: Er ist erfolgreich, denn die schlechte Auslastung ist der Beweis dafür, daß er sperrige Kunst bringt. – Das ist eine Verweigerung jeglicher Verantwortung. So einfach kann man es sich nicht machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wissen, das Museum für Angewandte Kunst ist eines unserer "Lieblingsmuseen" – wenn ich das unter Anführungszeichen sagen darf –, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil Ihr Museum für Angewandte Kunst dem Kinderschänder Otto Mühl ein triumphales Comeback unmittelbar nach seiner Haftentlassung geboten hat. Das muß man auch immer wieder sagen, Frau Bundesministerin, denn es geht nicht, daß Sie einerseits sagen, daß Sie nach wie vor für alle neun Museumsdirektoren direkt zuständig sind, daß Sie sagen: "Selbstverständlich nehme ich die Ministerverantwortung wahr!", aber andererseits, wenn ein Kinderschänder nach siebenjähriger Haft entlassen wird, diesem sofort das staatliche Museum zur Verfügung stellen. So geht es nicht!

Frau Bundesministerin! Interessant war bei dieser Gelegenheit auch noch Ihre Anfragebeantwortung auf die Frage, ob es denn stimmt – das kann man ja nicht glauben! –, daß Herr Otto Mühl als seine Entlassungsadresse das Museum für Angewandte Kunst angibt. – Das muß man sich vorstellen: Er wird nach sieben Jahren enthaftet und gibt das Museum als seine Entlassungsadresse an! Da hat man ihn einquartiert! Das muß man sich einmal vorstellen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In der Anfragebeantwortung sagte mir die Frau Bundesministerin: Es ist ganz normal, daß man renommierten Künstlern auch Künstlerappartements zur Verfügung stellt. – Frau Bundesministerin! Da verstehe ich Sie wirklich nicht! Da sollten Sie wirklich einmal Flagge zeigen und Ihre Meinung kundtun! Denn auf der anderen Seite sagen Sie: Ich nehme die Ministerverantwortung wahr, das lasse ich mir nicht nehmen, ich bestimme über jeden einzelnen Direktor. – Aber wenn es dann darum geht, Flagge zu zeigen, sagen Sie: Ich würde mich niemals einmischen! – Ich meine: Sie müssen sich schon für eine Argumentationslinie entscheiden, die durchgängig ist.

Ich darf jetzt ein paar Museen – weil mir das ein Anliegen ist – miteinander vergleichen, und zwar das Museum für Angewandte Kunst – es wurde bereits "lobend" erwähnt –, das Museum Moderner Kunst und die Österreichische Galerie im Belvedere.

Im Museum für Angewandte Kunst beträgt die Eigendeckung lediglich 10 Prozent. Das ist eine lächerliche Quote! Ich habe mir gerade das Rijks-Museum in Amsterdam angeschaut, und glauben Sie mir: Ich komme sehr viel in Museen, und zwar wirklich aus einer persönlichen Leidenschaft heraus, aus einer Freude an der bildenden Kunst. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Kollege Niederwieser! Reden Sie nicht mit der Ministerin! Das ist unhöflich!) – So kann man sich natürlich auch verbergen, indem man eine Scheindiskussion mit einem Tiroler Abgeordneten führt.

Im Museum Moderner Kunst ist es leider nicht viel besser gewesen, obwohl mein persönlicher Eindruck von diesem Museum viel besser ist und ich von dem dort amtierenden Direktor wesentlich mehr halte.

Ein paar Zahlen von der Österreichischen Galerie im Belvedere: 60 Millionen Schilling Ausgaben, 36 Millionen Schilling Einnahmen. Das ist eine Zahl, die sich sehen lassen kann, überhaupt keine Frage! Das ist eine Eigendeckung von mehr als 50 Prozent, während die im MAK bei 10 Prozent liegt. Das ist auch sehr aussagekräftig.

Zu den Besucherzahlen: Im MAK gab es 117 000 Besucher, das ist eine Einbuße von 20 000, im Museum Moderner Kunst 100 000 und in der Österreichischen Galerie im Belvedere 460 000. Jetzt kann man sagen: Man muß die Besucherzahl in Relation zur Ausstellungsfläche bringen. – Gut, auch das mache ich gerne. Da haben wir im Mak 117 000 Besucher bei einer Ausstellungsfläche von 10 000 Quadratmetern, im Museum Moderner Kunst ebenfalls 100 000 Besucher, also etwa gleich viele wie im Mak, aber bei der halben Ausstellungsfläche. Da kann doch irgend etwas nicht stimmen!

Ich finde, es ist eine grenzenlose Überheblichkeit, wenn man sagt: Die Besucheranzahl ist nicht ausschlaggebend. – Wofür macht man denn die Museen? Wofür öffnet man denn die Museen? – Doch dafür, daß sie besucht werden!

Wenn man sich verweigert und die Museen jeglicher Kontrolle entzieht, indem man sagt, daß es geradezu ein Beweis für die Güte des Museums ist, je weniger Besucher hinkommen, dann können wir es ja gleich zusperren! Ist das dann der endgültige Gütebeweis, wenn man die letzten Besucher vertrieben hat?!

Lassen Sie mich kurz noch einige Gedanken vorbringen. Unzumutbar ist, daß die erforderlichen Mittel für die Albertina nach wie vor nicht bereitgestellt werden. Ich verkenne nicht, daß nicht Sie allein dafür verantwortlich sind, aber ich möchte Ihnen offen sagen, daß das eine nationale Schande für den Kulturstandort Österreich ist. Die bedeutendste graphische Sammlung der Welt wird im Jahr nur lächerlichen 12 000 Besuchern zugänglich gemacht (Beifall bei den Freiheitlichen), weil man es nicht anders will, da sich die graphische Kunst fast ausschließlich mit gegenständlicher bildender Kunst beschäftigt. Dafür hat man kein Geld. Statt dessen schwelgt man in neuen Museumsprojekten. Das ist eine Gewichtung, die mir verzerrt erscheint.

Über das Leopold-Museum beziehungsweise die Stiftung Leopold möchte ich folgendes sagen: Ich schätze Herrn Schröder als sehr tüchtigen Ausstellungsmacher im Kunstforum der Bank Austria, das ist überhaupt keine Frage und das sei ausdrücklich erwähnt. Aber vom unternehmerischen Standpunkt aus halte ich es nicht für richtig – und Sie sind ja als Vertreterin der Republik sozusagen die Unternehmervertreterin, wenn ich diesen Vergleich ziehe –, dem verdienstvollen Sammler Leopold, der sein ganzes Leben der Leidenschaft des Sammelns gewidmet hat, dem es weniger um Profit- und Wertsteigerung gegangen ist als darum, seiner Leidenschaft nachzukommen, und der im Wege einer gemischten Schenkung der Republik Österreich einen Milliardenbesitz zugewandt hat, einfach zu sagen, daß uns, wenn er sich mit Herrn Schröder nicht versteht, das nicht interessiere, daß Herr Schröder zu bleiben habe.

Das ist, bitte, eine Vorgangsweise, die es in keinem Unternehmen gäbe. Einem Geschäftsführer, der nicht abberufbar ist – wie es Professor Leopold mit Recht ist, weil ihm wirklich sehr viel zu verdanken ist –, dann einen Direktor "aufs Auge zu drücken", mit dem er sich nicht versteht, und diesen neuerlich bestellen zu wollen, das ist doch keine Unternehmenskultur! Es ist nicht nur das moralische Recht eines Stifters, das moralische Recht desjenigen, der diese großartige Sammlung aufgebaut hat, von der man noch in 500, in 1000 Jahren sprechen wird, daß man dort einen zusätzlichen Direktor bestellt, mit dem einigermaßen das Auskommen zu finden ist, sondern das ist auch unternehmenspolitisch ratsam, Frau Bundesminister. Es geht in keinem Unternehmen gut – das sage ich Ihnen –, wenn zwei Geschäftsführer gegeneinander arbeiten. Das ist überhaupt keine Frage.

Das hat nichts mit Qualitäten oder Nichtqualitäten zu tun. Deshalb möchte ich noch einmal sagen, daß Herr Schröder meiner Ansicht nach ein sehr erfolgreicher Ausstellungsmacher ist. Aber das ändert nichts an der Analyse, daß man in diesem Fall eine andere Lösung wird finden müssen, eine Lösung, mit der auch der Stifter Leopold zufrieden ist. Dafür gibt es bereits andere Vorschläge.

Ein paar Bemerkungen noch zur Vollrechtsfähigkeit. Diese ist sicherlich zu begrüßen. Aber eines ist unverständlich, Frau Bundesministerin, und da habe ich noch Ihre Worte im Ohr, mit herbem Charme – wenn ich das so sagen darf – vorgebrachten Aussagen zur Frage der Vollrechtsfähigkeit und Ministerverantwortung, nämlich daß Sie Ihre Ministerverantwortung wahrnehmen. Aber wo, bitte, gibt es das sonst noch, in welcher anderen westlichen Demokratie ist der Minister dafür zuständig, wer zum Direktor bestellt wird?

Das ist doch Unfug! Lassen Sie die Leine los, durchschneiden Sie die Leine! Das gehört wirklich ausgegliedert. Es ist sonst nirgends so. Selbst die Experten, die Sie in den Ausschuß geladen hatten – etwa der Direktor des Van Gogh-Museums –, haben gesagt, daß das undenkbar ist. (Abg. Dr. Brinek: Aber es gibt dort ein anderes Stiftungsrecht! Das sagen wir Ihnen schon zum x-ten Mal!) Es wäre in Holland undenkbar, daß ein Minister darüber entscheidet, wer in diesem Museum Direktor wird und wer nicht. Sie sollten sich von diesem Obrigkeits- und Allmachtsdenken endlich verabschieden!

Aber es geht Ihnen in Wirklichkeit nicht so sehr um Kultur, sondern es geht Ihnen vielmehr darum, Einflußsphären zu erhalten – und um sonst gar nichts! Und das ist wirklich sehr bedauerlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Morak. Er hat das Wort. (Abg. Dr. Khol: Du mußt das jetzt wiedergutmachen! – Abg. Morak – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich mache es jetzt wieder gut!)

22.05

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren – die wenigen, die noch übriggeblieben sind! Krüger ist geflohen, oder was ist los? (Ruf bei den Freiheitlichen: Da ist er!) – Ich habe ihm draußen schon gesagt: Lieber Michael, wenn du wieder mit dem lieben Mühl anfängst (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist aber schon arg, Herr Kollege! – Abg. Dr. Krüger: Meine Rede halte ich selber! – weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), dann werde ich dir – genauso wie du – sagen, daß selbstverständlich auch euer Sichrovsky ihm die Mauer gemacht hat. Das ist immerhin euer EU-Abgeordneter. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Smolle.) Es ist dieser Mühl, dem euer Sichrovsky die Mauer gemacht hat! Leider hatte er ja schon einen Job bei der EU – zu dem er selten hingeht –, sonst hätte er ihm möglicherweise auch noch die Wohnung vermietet. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei den Freiheitlichen: Antisemitisch! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Was ist daran antisemitisch? – Wie das im Ausschuß schon öfters festgehalten wurde ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Entschuldige, Antisemitismus braucht diese Partei mir nicht vorzuwerfen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ihr nicht, wirklich nicht! (Rufe und Gegenrufe zwischen den Freiheitlichen und der ÖVP.) Also gut, es gibt im Augenblick einen schönen Wirbel. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ihr verteidigt den Peymann! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Machen wir weiter! – Ich möchte hier ein paar positive Anregungen zum Kulturbericht geben. Die erste Anregung: Es wäre schön, wenn sich die Beamten, die einen sehr guten Kulturbericht zustande gebracht haben, einmal mit der Systematik befassen würden. Ich spiele damit auf das vom IKM ausgearbeitete System LIKUS an, an dem sich die Länder und auch der Bundes-Kunstbericht orientieren. Eigentlich geht es darum, eine Vergleichbarkeit der Kulturanstrengungen in dieser Republik – also der Zahlen österreichweit – herzustellen, aber auch eine Vergleichbarkeit mit den Fakten und Zahlen aus anderen europäischen Ländern. Ich möchte anregen, daß man einmal darüber nachdenkt.

Wichtig vor allem für die Auswertung und für die Interpretation dieser Zahlen wäre eine einheitliche Darstellung unserer kulturellen Bemühungen, die sich wirklich nicht zu verstecken brauchen. Die Daten sollten meiner Ansicht nach in einem Kulturwirtschaftsbericht zusammengefaßt werden, wie er auch von immer größeren Teilen der Kulturschaffenden gefordert wird, weil die Kultur selbstverständlich auch wirtschaftliche Auswirkungen – ich erinnere nur an die Studie von Professor Scheuch über die Wertschöpfung der "Copyright industries", der "Content industries" – auf unsere Gesellschaft hat. Es geht um Wertschöpfung und Arbeitsplätze. Dieser Wirtschafts-Kulturbericht ist auch ein Wunsch an den Wirtschaftsminister, aber es wäre schön, wenn wir im Kulturbericht eine Faktenlage und eine Datenbasis herstellen könnten, sodaß man diese Daten auch dort verwenden könnte.

In diesem Zusammenhang möchte ich an zwei Konferenzen erinnern, die dieses Thema sehr authentisch und gut abgedeckt haben. Die eine fand in Linz statt und hieß "Kultur als Kompetenz", die zweite im Siemens-Forum unter dem Titel "Die organisierte Kreativität". Dort wurden Kultur und Kulturindustrie als Arbeitsmarktfaktor und Wirtschaftsfaktor ersten Ranges identifiziert.

Ich habe unlängst den Kulturbericht von Großbritannien in der Hand gehabt. Darin werden Zahlen genannt, denen zufolge sich die Wertschöpfung der Kulturindustrie auf 25 Milliarden Pfund beläuft. Sie weist ein Wachstum auf, das zweimal so hoch ist wie das allgemeine Wirtschaftswachstum, und einen Beschäftigungsgrad von 5 Prozent des Arbeitsmarktes beziehungsweise 1,4 Millionen Arbeitnehmern. Es wäre interessant, vergleichbare Zahlen in Österreich zur Verfügung zu haben, damit eine Gegenrechnung aufgestellt werden könnte.

Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch die Entschlossenheit der Frau Bundesminister im Zusammenhang mit der Information der Öffentlichkeit bei der Rückgabe der unrechtmäßig in den Besitz der Republik gelangten Kunstgüter. Das ist – in aller Bescheidenheit – ein historisches Verdienst von ihr.

Abschließend möchte ich eine Anregung des Generaldirektors der Nationalbibliothek zum Ausdruck bringen, einen meiner Ansicht nach wohlbegründeten Wunsch nach einer Novellierung des Mediengesetzes von 1981. Geregelt ist darin die Abgabepflicht von Druckwerken, und es geht ausschließlich um Druckwerke und Standbilder. Ich denke, daß das heute nicht mehr dem Stand der Zeit entspricht, sondern daß man auch die Offline-, die Online- und die audiovisuellen Medien einbeziehen müßte. In diesem Sinne sollten wir weiterarbeiten, denn es gibt mit Österreich vergleichbare Staaten – Holland, Norwegen, aber auch die USA und Frankreich –, die diesen Schritt längst vollzogen haben. Ich denke, daß wir da nicht zurückstehen sollten. – Ich danke ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Krüger gemeldet. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Ist alles nicht wahr!)

22.10

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Morak hat behauptet, der Abgeordnete zum Europäischen Parlament Peter Sichrovsky hätte dem Verurteilten Mühl die Mauer gemacht.

Ich berichtige tatsächlich. (Abg. Dr. Cap: Ist nicht wahr! – Weitere Zwischenrufe.) Herr Sichrovsky schrieb vor zehn Jahren, als auf Herrn Mühl noch nicht einmal der Hauch eines Verdachtes wegen Kinderschändung gefallen war, einmal einen Bericht in irgendeiner Zeitung.

Aber es war Ihrer Frau Bundesministerin vorbehalten, dem verurteilten Mühl ein Podium zu einer Entschuldigung ...

22.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Auseinandersetzung mit der Frau Minister hat nichts mehr mit der tatsächlichen Berichtigung zu tun!

(Beifall bei den Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Krüger.)

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte.

22.11

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Zu meinen Vorrednern nur ganz kurz: Ich glaube, daß sich unsere Bundesmuseen die Debatte über Mühl und Sichrovsky nicht verdient haben. (Beifall beim Liberalen Forum.) Sie sind Einrichtungen, auf die wir meiner Ansicht nach weitgehendst stolz sein können.

Meine Damen und Herren! Der Anlaß für die heutige Debatte rund um die Bundesmuseen ist der Kulturbericht, der im Februar im Kulturausschuß behandelt wurde. Zum Kulturbericht 1997 ist zu sagen, daß er zwar durchaus professionell gemacht wurde – dafür danke ich auch –, allerdings möchte ich – nicht zum erstenmal, Frau Bundesministerin – dazu folgendes anmerken: Es fehlt nach wie vor ein museumspolitischer Zielvorgabenkatalog, obwohl ein ausdrücklicher Wunsch des Parlaments danach besteht, der auch durch eine diesbezügliche Entschließung untermauert wurde.

Die Antwort auf die zentrale Frage, was ein Museum der Zukunft eigentlich darstellen soll, also die Antwort auf die Frage nach der zukünftigen Identität der einzelnen Museen, bleiben Sie, Frau Ministerin, leider auch heute wieder schuldig. Sie erwähnen nur, daß Sie für den nächsten Kulturbericht einen solchen Zielvorgabenkatalog mit dem Arbeitstitel "Museumskonzeption 2010" planen. Dazu meine Frage: Warum haben Sie dies nicht schon beim jetzigen, vorliegenden Kunstbericht gemacht? – Ich möchte nicht annehmen, daß es in Ihrem Ministerium keine diesbezügliche kulturpolitische Vorstellung gibt.

Positiv hervorheben möchte ich an dieser Stelle, daß ich Ihre rasche und entschlossene Vorgangsweise bezüglich der Kunstrestitution sehr schätze. Sehr geehrte Frau Ministerin! Sie haben dadurch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, das große Unrecht, das so vielen Vertriebenen angetan wurde, ein wenig zu lindern. Ich bedanke mich dafür wirklich aufrichtig bei Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Frau Ministerin! Gestatten Sie mir, kurz auf einzelne Museen einzugehen. Es stellt ein großes Versäumnis dar, daß das Technische Museum sieben Jahre lang geschlossen gewesen ist und erst im Mai wiedereröffnet wird. Ich erinnere Sie daran, daß Sie letztes Jahr den April genannt haben, aber dazu ist es leider nicht gekommen. Die lange Dauer der Schließung ist an dieser Stelle schon oft kritisiert worden, und ich glaube, daß es daher keiner weiteren Ausführungen bedarf.

Ich bedauere es, daß immer noch nicht genügend Budgetmittel zur Verfügung stehen, damit nicht nur der Tageslichtspeicher der Albertina endlich gebaut, sondern auch das Palais renoviert werden kann. Ich halte dies für ein großes Versäumnis. Deshalb möchte ich heute gerne von Ihnen wissen, wann endlich genügend finanzielle Mittel vorhanden sein werden, das Palais der Albertina zu renovieren.

Die Existenz eines weiteren Museums – eines kleinen, aber meiner Ansicht nach umso wichtigeren, nämlich des Anatomisch-Pathologischen Museums – steht weiterhin auf dem Spiel. Der Zustand dieses Museums ist erbärmlich. Es stellt sich die Frage, warum ein weltweit einzigartiges Museum, das zirka 50 000 Makropräparate beherbergt, so dahinsterben muß. Auch der Personalstand dieses Hauses liegt am äußersten Limit. Fünf Angestellte teilen sich vier Dienstposten. Die seit 1993 tätige provisorische Leiterin hat nur einen halben A-Posten und muß daneben eine Arztpraxis führen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Zur Leiterin ist sie bis heute nicht ernannt worden, da kein Leiterposten im Stellenplan vorgesehen ist – und das für ein eigenständiges Bundesmuseum!

Führungen in diesem Haus wären ohne die unterstützende Wirkung des Vereins der Freunde des Anatomisch-Pathologischen Museums überhaupt nicht möglich, meine Damen und Herren. Die Öffnungszeiten mußten auf zwei Tage in der Woche reduziert werden, weil zuwenig Personal vorhanden ist. Veranstaltungen an Wochenenden können nicht abgehalten werden, weil keine Zufahrtsmöglichkeit besteht.

Zum Gebäude sei folgendes vermerkt. Der Narrenturm des alten AKH wurde in die Denkmalstufe 8 eingereiht und ist daher höchst erhaltungswürdig. Aber anstatt zu renovieren, läßt man ihn verfallen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen.) Fenster werden eher zugenagelt als erneuert, und so weiter. Ich könnte noch viele Beispiele dazu vorbringen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Die Frau Minister wird sicher antworten!) Diese Schilderung ließe sich beliebig weiterführen, Frau Ministerin. Ich glaube aber, daß das Gesagte bereits ausreicht, um zu veranschaulichen, in welchem Zustand – sowohl personell als auch gebäudetechnisch – sich dieses Museum befindet. Ich kann Ihnen, Frau Ministerin, nur raten, sich einmal dieses Museum anzusehen und sich selbst davon zu überzeugen.

Ich möchte dem gleich eine weitere Frage anschließen: Stimmt es, daß es Gespräche zwischen Ihrem Ressort und dem Wissenschaftsministerium gibt, in denen es darum geht, das Anatomisch-Pathologische Museum als Sammlung der Universität in die Universität Wien einzugliedern? Wenn ja, was ist der Stand dieser Überlegungen? – Das würde mich sehr interessieren.

Meine Damen und Herren! Frau Ministerin! Ein weiteres Sorgenkind ist die sogenannte Klimt-Villa in Wien-Hietzing. Wir alle schätzen Klimt. Klimt ist in aller Munde, Klimt wird auf Tassen, Tellern, überall propagiert. Das Grundstück aber sowie das Gebäude befinden sich in Bundesbesitz. Wirtschaftsminister Farnleitner bekräftigt in einer Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage des Liberalen Forums seine Absicht, das Grundstück zu veräußern. Für mich stellt sich dazu die Frage: Ist ihm das Geld, das er vielleicht dafür bekommt, so wichtig, daß er ein Gebäude, das für unsere Zeit wirklich sehr wichtig ist, veräußern will?

Frau Ministerin! Mir ist bekannt, das Sie öffentlich versprochen haben, sowohl das Bundesdenkmalamt als auch die Historikerkommission nochmals mit der Klimt-Villa zu befassen. Was ist in dieser Hinsicht der Stand der Dinge?

Zum Schluß eine Bemerkung zum Museumsquartier. Frau Ministerin, was ist Ihre Meinung zum Vorschlag von Architekten Laurids Ortner, eine Art Glaskubus am Ende der Mariahilfer Straße sowie eine Lichtsäule im Innenhof des Museumsquartiers als weithin sichtbare architektonische Signale zu errichten? Stehen Sie dieser Meinung des Architekten positiv gegenüber? Wenn ja, könnten Sie sich vorstellen, daß ein Wettbewerb ausgeschrieben werden muß, oder könnten diese Projekte als Teil des Gesamtprojektes Museumsquartier gesehen werden?

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich meiner Hoffnung Ausdruck geben, daß ich mit meinen Ausführungen einiges zur Diskussion und Klärung einiger wichtiger museumspolitischer Fragen habe beitragen können. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Antwort, Frau Ministerin.

Für den von Ihrem Ressort erstellten Kulturbericht 1997 möchte ich mich nochmals bedanken. Er wird von uns allerdings abgelehnt werden, da er, wie bereits eingangs erwähnt, nach wie vor keine museumspolitische Zielvorgabe enthält. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Er hat das Wort.

22.19

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Man muß sich letztlich in die Möglichkeiten einer Ministerin in diesem Fachbereich hineindenken. Wenn ich den Fragenkatalog meiner Vorrednerin noch einmal Revue passieren lasse, haben förmlich nur noch die jenseitigen Fragen gefehlt, damit alles abgedeckt gewesen wäre, was man aus diesem Ressort eventuell noch beantworten könnte.

Es stört mich ein bißchen, daß wir uns immer wieder stark in Details verlaufen. Da gibt es irgendwo ein lokales Museum, in dem irgendwelche Bretter statt Fenster vorhanden sind, und schon ertönt der Ruf, daß man dort etwas tun soll. Das ist im Prinzip berechtigt. Trotzdem möchte ich dem entgegenhalten, daß wir einmal in etwas größeren Zusammenhängen debattieren sollten.

Das bedeutet nicht, daß wir Paris, Madrid oder vielleicht Amsterdam überholen können, aber meiner Ansicht nach sollten wir versuchen, darüber nachzudenken, wie wir hier mit unserem kulturellen Anspruch bestehen können. (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Damit möchte ich sagen, daß wir einmal über das Selbstverständnis einzelner Museen diskutieren sollten – die Museumsordnungen versuchen ohnehin, das langsam anzusprechen – und daß wir uns Schwerpunktsetzungen überlegen sollten. Wir sollten uns vielleicht neue Finanzierungsmöglichkeiten überlegen, und wir sollten vielleicht auch einmal eine Debatte über Verteilungen im gesamten Kunst- und Kulturbereich führen, darüber, was uns die Museen wert sind und was sie uns nicht wert sind.

Herr Abgeordneter Smolle! Statt daß Sie hier herumwacheln wie eine Windmühle, sollten Sie folgender Empfehlung nachkommen – ich habe das auch im Ausschuß schon angesprochen –: Fahren Sie einmal nach Paris und sehen Sie sich dort an, wie die einzelnen Museen renoviert wurden, aber auch, was sie zu vermitteln versuchen und wie hervorragend sie modernisiert wurden, beispielsweise der Louvre! (Abg. Smolle: So kaputt kann ich kein Museum sehen!) Wir hingegen diskutieren, ob wir den Leseturm überhaupt bauen, wenn ja, wie hoch wir ihn bauen, und am Ende der Diskussion bauen wir ihn gar nicht. Das ist unsere Diskussionskultur, die wir beispielsweise diesbezüglich haben.

Demgegenüber würde mich etwas anderes interessieren. Wir haben im Ausschuß vereinbart, daß wir uns einzelne Museen ansehen, daß wir sie besuchen und uns dort mit den Verantwortlichen einmal gründlich auseinandersetzen. Da wird man sich einmal das Technische Museum ansehen. Ich glaube, daß das auch deswegen eine sehr interessante Sache ist, weil wir ja nicht nur ... (Abg. Dr. Khol: Cap, du bist fad!) Noch ein Wort, und Sie kommen selbst ins Museum, das sage ich Ihnen, Herr Abgeordneter Klubobmann Khol! Wir müssen die Museen auch von dieser Seite her behandeln. (Abg. Dr. Khol: Du bist fad! Du bist Motter zwei! Krüger war lustiger als du!) Es geht hier nicht um Kabarett, es geht um Museen, Herr Klubobmann Khol, und die sollte man einmal gründlich aufarbeiten.

Daher meine ich, daß man diese Vergleiche anstellen sollte. (Abg. Dr. Khol: You have to live up to your standard!) Ich denke an das Palais de la Découverte in Paris; dort kann man wirklich vermitteln, daß Kinder mit Technik konfrontiert werden. Im Parc de La Villette haben sie die Möglichkeit, mit moderner Technik konfrontiert zu werden. Da werden die Etrich-Taube oder das LD-Stahlverfahren allein nicht ausreichen.

Man sollte meiner Ansicht nach sehr weit über den Tellerrand hinaus überlegen und konzipieren, und das berührt das Selbstverständnis. Es geht nicht nur darum, daß wir schöne und vermittelbare Museen haben, sondern es geht auch darum, was diese Museen vermitteln sollen, was darin geschehen soll und in welcher Aufteilung sie sich mit den anderen Museen abstimmen. Das halte ich für die in Wirklichkeit wichtigere Fragestellung. Ich halte das für wichtiger, als jetzt auf irgendwelchen Tabellen anzuführen, wo es im Endeffekt vielleicht den einen oder anderen Mangel gibt.

An der Diskussion hat mich gestört, daß gesagt worden ist, daß nur diejenigen Museen gute Museen sind, in welche die Museumsbesucher massenweise hineinlaufen. Das allein ist kein Kriterium! Es ist zwar ein wichtiges Kriterium, denn das Museum muß, wenn es jetzt noch selbständiger wird, auf dem Markt bestehen, aber man kann das nicht zu einer solchen Vorgabe machen, daß es schlecht wäre, wenn es Museen gibt, die auch für bestimmte qualitative Minderheiten Ausstellungen organisieren. Das muß deswegen keine minderwertige Ausstellung sein. Es steckt eine gewisse ideologische Überlegung dahinter, Herr Abgeordneter Krüger, daß Sie das hier in dieser Form eingebracht haben. Ich möchte an Sie appellieren, daß Sie hier nicht versuchen, auf diese Art Ihre politischen Vorstellungen in die Museumskonzeptionen oder in das, was die einzelnen Museumsdirektoren und -direktorinnen umsetzen wollen, einzubringen.

Summa summarum ist es ein interessanter, gut gemachter Kulturbericht, der wirklich übersichtlich darstellt, was im Kulturbereich getan wird, wonach darin geforscht wird, welche Initiativen es da gegeben hat, wie die Entwicklung im baulichen, im rechtlichen, im finanziellen Bereich sowie im Besuchsbereich zu bewerten ist. Ich kann nur sagen, daß das ein wirklich gut gemachter Bericht ist, auf dessen Grundlage man eine gute Debatte führen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

22.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

22.25

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute – vor fast leerem Haus – den sogenannten Kulturbericht 1997. "Sogenannt" deshalb, weil der Titel richtigerweise "Bundesmuseenbericht" oder "Denkmalschutzbericht" lauten müßte.

An dieser Stelle setzt die Hauptkritik von uns Freiheitlichen ein: In dieser Bundesregierung sind sogar Kunst und Kultur proporzmäßig aufgeteilt. Ein Teil der kulturellen Institutionen, wie Museen, Nationalbibliothek, Bundesdenkmalamt, ist bei Frau Bundesminister Gehrer angesiedelt, ein anderer Teil beim Bundeskanzler. Sie alle kennen das Schlagwort: Kunst und Kultur sind Chefsache! – Das ist ein hoher Anspruch. Wir wissen aber, daß diesem Anspruch keine Taten gefolgt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Tatsache ist, daß die österreichische Kulturpolitik in einer finanziellen, inhaltlichen und organisatorischen Krise steckt. Für eine Kulturpolitik der direkten Finanzierung durch den Staat ist nicht mehr genug Geld vorhanden. Zukunftsorientierte oder zukunftsweisende Strategien fehlen weitgehend. Dabei müßten zur Belebung des kulturellen Lebens in Österreich, wie etwa das Beispiel Holland zeigt, nur bestimmte Voraussetzungen geändert werden. Es müßten neue Organisationsstrukturen auch für den Bereich der Museen geschaffen werden, und zwar mit dem Ziel der finanziellen Unabhängigkeit dieser Institutionen.

Der Rückzug des Staates aus dem finanziellen Eingriff in den kreativen Prozeß des Kulturschaffens müßte endlich ernst genommen und nicht nur in Sonntagsreden verkündet werden. Wir brauchen nicht die Gängelung von Staatskünstlern und von Kulturschaffenden durch Funktionäre politischer Parteien.

Schließlich müßte die private Kultur- und Kunstförderung durch steuerliche Maßnahmen und Anreize verstärkt werden. Auch das ist ein Versprechen, das die Bundesregierung immer wieder gibt, aber bisher ist noch nichts davon umgesetzt worden.

Daß Kunst und Kultur auch etwas mit der Akzeptanz durch die Bevölkerung zu tun haben, ist meine feste Überzeugung. Diese Akzeptanz ist allerdings für die Bereiche, die dieser Bericht umfaßt, durchaus und in sehr hohem Maße gegeben. Im Gegensatz zu manchen progressiven kulturellen Äußerungen verhätschelter Staatskünstler steht die Bedeutung der Sammlung in den österreichischen Museen weitgehend außer Streit.

Was die Tendenz zur Beschönigung in diesem Bericht betrifft, die sich nicht wie ein roter, sondern, möchte ich sagen, wie ein schwarzer Faden durch diesen Bericht zieht, möchte ich nur ein Beispiel herausgreifen, nämlich das Museumsquartier. Mit keinem Wort wird erwähnt, daß bei der Neugestaltung denkmalgeschützte Bausubstanz einfach abgerissen worden ist. Ich nenne hier als Beispiel den deutschen und den englischen Reitstall. Dabei wurden sowohl das Denkmalschutzgesetz als auch die Wiener Bauordnung erfolgreich unterlaufen. – Das sagt jedenfalls ein Rechtsgutachten von Professor Raschauer.

Präsident Seiler hat überhaupt Bedenken geäußert, daß ein Kompetenzkonflikt vorliegt, weil sowohl die Kompetenz zur Errichtung des Museumsquartiers als auch die Agenden des Denkmalschutzes in einer Hand, nämlich in der Hand der Frau Bundesminister, vereint waren. Professor Wehdorn hatte anfangs festgestellt, daß die alte, historische Bausubstanz in der Gesamtheit für das Museum durchaus ausreichend gewesen wäre.

Frau Bundesministerin! Daß Sie eine Resolution von 130 angesehenen Kunsthistorikern und Architekten einfach vom Tisch gewischt haben, ist kein Ruhmesblatt Ihrer politischen Tätigkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren! Diese Fachleute wollten mit ihrem Appell ein Weltkulturerbe erhalten, und das waren keine konservativen Bewahrer. Darunter war sogar der Architekt der Pyramide des Louvre.

Ich erspare es mir aus Zeitgründen, auf die im Rechnungshof penibel aufgelisteten Mißstände einzugehen. Statt dessen möchte noch etwas zu Herrn Abgeordneten Morak sagen, dem wackeren Mühl-Verteidiger und falschen Sichrovsky-Zitierer.

Herr Abgeordneter! Sie und Ihresgleichen sind für den Abstieg Ihrer Partei von einer ehemaligen Großpartei durchaus mitverantwortlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Mehrheit der Bevölkerung teilt nämlich Ihre Einschätzung nicht. Linke Kulturpolitik sollten Sie wirklich der politischen Linken überlassen. Dafür wählt die ÖVP kein Mensch.

Ich bin Ihnen aber dankbar dafür, daß Sie sich so deutlich deklariert haben und mir und meiner Gesinnungsgemeinschaft immer neue Wählerschichten erschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Danke, Herr Morak! Ich darf mich auch bedanken!)

22.31

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich darf mich angesichts der schon gelieferten ausführlichen Debattenbeiträge auf ein Segment konzentrieren, einleitend aber schon mit Verwunderung feststellen, daß sich die Grünen offenbar aus der Kulturdebatte heraushalten – nein: Frau Kollegin Petrovic, haben Sie auf Ihren Debattenbeitrag verzichtet? – Nein, Sie haben sich nur nachgereiht. Gut. Sie nehmen also doch an der Kulturdebatte teil.

Zu meinem Vorredner nur ein kurzes Aperçu. Das Museumsquartier ist offenbar für ihn ein Problem, weil er sozusagen bei der politischen Genese nicht schnell genug mitgesprochen hat. Ich kann mich an diese im Wiener Gemeinderat noch erinnern. Daß man, nur weil man bei einem Projekt nicht dabei war, jetzt ein Haar in der Suppe sucht, das finde ich ein bißchen billig. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Museumsquartier wird eine Erfolgsgeschichte, es ist auf dem bestem Weg dazu, und das Segment, mit dem ich mich beschäftige, ist im wesentlichen auch dort angesiedelt. Erstens: Wir sind im Fahrplan. Zweitens: Das Projekt wird beziehungsweise wurde mit dem Segen des Denkmalschutzes umgesetzt. Das soll man, bitte, nicht mit irgendwelchen Unterstellungen unterlaufen wollen.

Aber was meine ich? – Hier entstehen neue Projekte, neue Museen, neue Quartier-Bauteile vor ihrer Umsetzung, und sie alle haben sich besonders um Besucher zu kümmern, vor allem um neue Besucherschichten.

Das dort jetzt schon probeweise in einem alten Trakt angesiedelte Kindermuseum übernimmt und leitet diese Aufgaben auf eine sehr professionelle, auf eine sehr neue familien- und lernfreundliche Art und Weise. Ich weiß schon, daß es immer noch Beamte gibt – nicht die hier anwesenden –, die ihre Fortbildungspflicht nicht voll wahrnehmen und manchmal fragen: Was? Children’s Museum? Habt ihr einen Raffael? – Wenn nicht, dann seid ihr kein Museum, und dann habt ihr bei uns nichts verloren.

Diesen Nachschulungsbedarf gibt es schon noch bei einigen. Wir sind aber unverdrossen und arbeiten weiter. Das Kindermuseum, das sich um diese jungen Besucher, im besonderen um jene zwischen sechs und zwölf Jahren, annimmt, konnte in dieser kurzen Zeit, in der es besteht, 175 000 Besucher begrüßen und betreuen und – mit Hilfe von Sponsoren – auf eine 32prozentige Selbstdeckungsquote verweisen.

Ich bin der Frau Ministerin und dem Ressort sehr dankbar dafür, daß sie dieser neuen Idee sehr viel Aufmerksamkeit und Wohlwollen schenken.

Ich bin sehr froh darüber, daß wir bei dieser Gelegenheit auf eine neue Ausstellung hinweisen können: "ZOOM Bauplatz". Damit sollen die Kinder der heutigen Zeit eingeladen werden, die Komplexität des Ablaufes einer Baustelle und die dort zum Einsatz kommenden handwerklichen Tätigkeiten kennenzulernen, und zwar nicht in einer abstrakten Welt und auf eine Weise, in der sie diese Erfahrungen bisher etwa in der Schule machen konnten, sondern im Kontext einer wirklichen Baustelle.

Im Herbst gibt es dann eine Ausstellung über Kommunikation, über verbale und nonverbale, verschriftlichte und nichtverschriftlichte. Das ist in unserer hektischen und medial gesplitteten Zeit, glaube ich, wieder eine gute Lernchance.

Ich denke, daß dieser Teil des Quartiers, das Kindermuseum, auch die Qualität der Besucherbetreuung in den neuen Häusern, in der Sammlung Leopold und im neuen Museum moderner Kunst, anbieten können wird. Wir sind auf gutem Wege, diesbezüglich Gespräche zu führen. Ich hoffe somit, daß im nächsten oder übernächsten Kulturbericht dann die Aktivitäten des Kindermuseums mit dem Schwerpunkt "Besucherbetreuung von früh bis spät, klein bis groß" vertreten sein werden. Ich freue mich schon darauf. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

22.34

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich werde mich in der gebotenen Kürze mit ein paar Details des Kulturberichtes beschäftigen.

Zum einen teile ich die Auffassung, daß es ein guter Bericht, ein auch optisch gut gestalteter Bericht geworden ist, der viele interessante Details birgt. Erfreulich ist insgesamt das Steigen der Besucherzahlen, nicht zuletzt durch das Einführen von diversen Ausstellungen, wie der Monet-Ausstellung, aber auch von vielen Sonderausstellungen, die es gegeben hat. Ein Beispiel war etwa die Breughel-Ausstellung im Kunsthistorischen Museum mit fast 368 000 Besuchern. Aber es gab auch viele andere Ausstellungen im Jahr 1997, die über 100 000 Besucher gezählt haben. Offensichtlich lassen sich diese Sonderausstellungen nicht nur gut bewerben, sondern locken auch ein breitgefächertes Publikum an, erwecken offensichtlich über das übliche Museumspublikum hinaus Interesse und bringen Leute ins Museum, die sonst vielleicht nicht hingehen würden.

Besonders neugierig bin ich auch darauf, wie sich die Vollrechtsfähigkeit entwickeln wird, weil ich denke, daß sie eine Chance zur besseren Vermarktung und zur Erschließung neuer Einnahmen bietet.

Was die Sanierungen anbelangt, freue ich mich, daß es nunmehr im Technischen Museum endlich zur Eröffnung kommt, daß im Juni die Generalsanierung abgeschlossen sein wird und das Museum eröffnet wird und daß es auch gelungen ist, mit der Lokomotivenausstellung eine Lösung zu finden, wonach die wertvollen Stücke im Museum verbleiben und die übrigen zahlreichen Lokomotiven den Eisenbahnfreunden in Straßhof, bei denen sie ganz sicher gut aufgehoben sind und mit Enthusiasmus gepflegt werden, in Form eines Dauerleihvertrages zur Verfügung gestellt werden können.

Bedauerlich ist, wie bereits gesagt wurde, die Geschichte um die Albertina, eine lange Geschichte, die aber teilweise im Mangel an Geld begründet ist. Es ist für die Restaurierung, die insgesamt fast 1 Milliarde Schilling kosten wird, das Geld nicht vorhanden. Außerdem fehlen auch die entsprechenden Fachhandwerker.

Abschließend lassen Sie mich noch sagen, daß mir Ihre Rolle bei der Rückgabe der in der NS-Zeit geraubten Bilder sehr gut gefallen hat, daß Sie da gut agiert haben und daß die Geschichte für Österreich erfreulich zum Abschluß gebracht wurde.

Ein Wort, Herr Kurzmann, auch zu Ihnen: Sie reden immer wieder von "verhätschelten Staatskünstlern". – Man sollte einmal genauer definieren, was "Staatskünstler" sind, wer auf solche Art und Weise diffamiert wird, und daß wir über die ... (Abg. Dr. Kurzmann: Sie müßten selbst aber am besten wissen, wer die Staatskünstler sind!) Ich weiß nicht, wer das ist. Sie sollten einmal Namen nennen (Abg. Dr. Kurzmann: Das sind unter anderem die Leute, die ... gefördert werden!), damit man eine Debatte darüber führen kann, wer ein "verhätschelter Staatskünstler" ist, wodurch sich dieser auszeichnet, wer die solcherart diffamierten Leute sind und was die Kriterien dafür sind, daß man hier herausgehen und Künstler auf diese Art und Weise diffamieren kann. Ich weiß, daß das in Ihrer Partei nichts Ungewöhnliches ist. Auf jeden Fall wollte ich darauf noch hinweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte.

22.38

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte heute auf ein Kapitel des Kunstberichtes hinweisen, das manchmal belächelnd abgetan wird, das meiner Meinung nach aber doch einen sehr hohen gesellschaftspolitischen Stellenwert hat, und das ist die Volkskultur und das österreichische Volksliedwerk, dessen Tätigkeit, die unter der Leitung von Frau Mag. Walcher steht, ich sehr schätze. Da wird mit sehr viel Idealismus, Sachkenntnis und akribischer Wissenschaftlichkeit der Stellenwert der Volksmusik bei der Jugend, aber auch bei den Erwachsenen gefördert und gegen eine Vermoikisierung gearbeitet. Ich glaube, daß das sehr wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

"Mit allen Sinnen" heißt eine Aktion von Frau Mag. Walcher, die 232 Schulen und über 11 000 Schülerinnen und Schüler erfaßt hat und dabei in einem schöpferischen Prozeß Lied, Musik und Tanz unmittelbar und sinnhaft mitgegeben hat.

Warum ist das von so hoher gesellschaftspolitischer Bedeutung? – Die Einbindung der Bevölkerung und der Kinder und Jugendlichen in die Volkskulturarbeit ist deshalb so wichtig, weil erstens die ästhetische Bildung im wahrsten Sinne des Wortes mit allen Sinnen gefördert und erfaßt wird und weil zweitens Begabungen in einem sehr frühen Stadium erkannt und auch weiterentwickelt werden. Ich denke da beispielsweise an unsere Bläser bei den Philharmonikern, die übrigens fast alle aus Blasmusikkapellen aus Oberösterreich kommen. Ich denke da auch an einen Freund, einen Bekannten namens Pichler, der das Alban-Berg-Quartett gegründet hat, das das beste Quartett der Welt genannt wird, und der in einer kleinen Musikschule in Kufstein zu fiedeln angefangen hat.

Die Möglichkeit der Identitätsfindung, welche bei jungen Menschen besonders wichtig ist, und der sinnvolle Freizeitgehalt, der den Jugendlichen von der Droge abhält, sind in diesen Volksmusikwerken enthalten.

Ich danke hier ganz besonders Ihnen, Frau Ministerin, daß Sie dieses Volksliedwerk so unterstützen, und möchte die Länder dazu auffordern, es weiter noch mehr zu unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

22.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Inge Jäger. – Bitte.

22.41

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Kulturbericht 1997, der sehr umfassend und detailliert die Arbeit unserer Kulturinstitutionen, der Bundesmuseen und des Denkmalschutzes darstellt, zeigt, daß gerade im Jahre 1997 sehr entscheidende Initiativen gesetzt wurden. Das war zunächst einmal die Erarbeitung der Teilrechtsfähigkeit, wobei ich hoffe, daß auch die Vollrechtsfähigkeit für die Bundesmuseen weitere Vorteile bringen wird; das war weiters die Entscheidung für das Museumsquartier, eines der wichtigsten Kulturprojekte, die 1997 gestartet wurden; und das war vor allem auch der Umstand – und ich möchte mich auch dafür noch einmal bei Ihnen bedanken, Frau Ministerin –, daß es mit der sogenannten Mauerbach-Versteigerung tatsächlich und endlich zu einer Aufarbeitung des Kapitels der während des Nationalsozialismus geraubten Kunst- und Kulturgüter und zu einer Rückgabe dieser Werke gekommen ist. Damit ist endlich Unrecht wiedergutgemacht worden.

Ich möchte noch einen Bereich ansprechen, der in diesem Bericht auch sehr umfangreich dargestellt worden ist, und das ist der Bereich des Denkmalschutzes. Ich denke, daß jeder von uns, der mit offenen Augen durch unsere Städte und Dörfer geht, sehen wird, daß da in den letzten Jahren wirklich wertvolle Arbeit geleistet worden ist. Man braucht nur an Oberösterreich zu denken, wo jede Bezirksstadt einen Hauptplatz hat, der sich sehen lassen kann, und wo wirklich sehr viel geleistet worden ist.

Ich möchte in diesem Zusammenhang einen Problempunkt herausgreifen, und zwar in bezug auf den Denkmalschutz. Ich möchte etwa auf die Altstadt von Salzburg verweisen – diese ist ja UNESCO-Welterbe geworden, und ich finde, daß das sehr großartig ist –: Da wurden vor allem die barocken Gebäude saniert und geschützt. Was nicht erfolgt ist – und das wäre notwendig –, ist die Ausweitung des Denkmalschutzes auf die gründerzeitliche Bausubstanz. Ich würde mir wünschen, daß das Gesetz dahin gehend erweitert wird, daß zusätzlich auch die Industriegebäude gerade aus der Zeit der Jahrhundertwende in den Denkmalschutz einbezogen werden.

Das ist deswegen notwendig, weil vor allem auch in Wien heute noch viel handwerklich wertvolle Bausubstanz zerstört wird. So sieht man, daß in den gründerzeitlichen Häusern Parkettböden herausgerissen und Stukkaturen abgeschlagen werden. Das ist durchaus bedauerlich. Es erfolgt großteils auch im Hinblick auf Bauplatzgewinnung, damit man in teuren Innenstadtgebieten mehr Bauplatz bekommt. Wenn man sich ein gründerzeitliches Haus ansieht, so sieht man, daß es Mauern und Stiegenhäuser hat, die 45 bis 50 Prozent der Bausubstanz einnehmen, während dies bei modernen Bauten viel weniger, nur etwa 25 Prozent – bei Glaswänden sind es noch weniger – ausmacht. Das heißt, da geht es auch um Spekulation oder um Bodengewinnung, und zwar gerade in der Innenstadt. Ich möchte hier keine Wertung vornehmen, aber das Hollein-Haus gegenüber dem Stephansdom ist ja auch aus diesem Grund mit einem Rundbau ausgestattet worden, weil eben dort am teuersten Platz damit auch Platz für Geschäfte geschaffen worden ist.

Ich denke, daß uns die Gebäude aus der Zeit der Jahrhundertwende, auch die Jugendstilhäuser, so viel wert sein sollten, daß wir sie vermehrt in den Denkmalschutz miteinbeziehen, daß man das, was erhaltenswert ist, erhält und daneben – Kollege Cap hat das schon angesprochen – aber sehr moderne und auch sehr mutige Baukonstruktionen zuläßt, wie es zum Teil in Paris wirklich geschieht. Ich denke, daß wir da manchmal zuwenig mutig sind. Was erhaltenswert ist, das sollten wir aber erhalten.

Noch ein letzter Satz: Frau Ministerin, Sie haben das letzte Mal auch gesagt, es dauere bei uns mit den Renovierungen oft deshalb so lange, weil es auch zu wenig traditionelle Handwerker gibt. Ich denke, daß es gerade in Zeiten von Arbeitsplatznot oder zuwenig Arbeitsplätzen wirklich notwendig wäre, auch in der Ausbildung der jungen Menschen wieder auf handwerkliche Traditionen und auf Qualität zurückzugehen und die jungen Menschen dabei zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dietachmayr. – Bitte.

22.46

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ein wesentlicher Beitrag dieses Kulturberichtes beschäftigt sich mit dem Denkmalschutz. Meine Vorrednerin hat schon einiges dazu gesagt. Auch ich möchte mich im wesentlichen auf diesen Berichtsteil konzentrieren.

Der Bericht über die Denkmalpflege gibt einen genauen Überblick über die wichtigsten Aktivitäten des Bundesdenkmalamtes zur Erforschung und Erhaltung des künstlerischen, historischen und kulturellen Erbes Österreichs. Die Verantwortung für den Schutz von Denkmalbestand hat sich in Österreich schon sehr früh durchgesetzt. Bereits 1850 wurde die k. u. k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmäler geschaffen. Ein entsprechendes Gesetz, das im wesentlichen auch heute noch Gültigkeit hat, das Denkmalschutzgesetz, wurde 1923 geschaffen.

Denkmalpflege ist mehr denn je als selbstverständliche Verpflichtung unseres Kulturstaates anerkannt. Heute gibt es kaum jemanden, der die Wichtigkeit der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes leugnen wollte. Die Schwierigkeiten liegen jedoch im Detail, vor allem in der Notwendigkeit von täglichen Entscheidungen. Es zeigt sich immer wieder, daß die Erhaltung eines Kulturdenkmales sehr wesentlich davon abhängt, inwieweit es gelingt, den Denkmalwert vor Ort auch entsprechend bewußtzumachen.

Dabei geht es um eine verstärkte Ausrichtung denkmalpflegerischer Maßnahmen auf rechtzeitige Vorsorge und vor allem auf eine kontinuierliche Pflege anstelle von aufwendigen Eingriffen.

Eine Generalreparatur ist meist auch der teuerste Weg zur Erhaltung historischer Bau- und Kunstdenkmäler. Es ist daher wichtig, eintretende Schäden rechtzeitig zu erkennen und auch rechtzeitig beheben zu lassen. Dabei muß davon ausgegangen werden, daß heute insbesondere durch die aktuelle Umweltverschmutzung verschärfte Alterungs- und Verfallsprozesse zu verzeichnen sind.

Denkmalpflege erfordert bekanntermaßen auch entsprechende finanzielle Mittel, wobei bekannt ist, daß den Hauptanteil davon die Denkmaleigentümer leisten. Auch die öffentliche Hand trägt Kosten zur Konservierung und Restaurierung. Zusätzlich ist es aber auch notwendig, Spon-soren zu finden: Vereine oder Stiftungen oder auch Einzelpersonen.

Es ist allerdings zu bedenken, daß das Denkmalschutzgesetz mit einer kleinen Ausnahme keine Erhaltungsverpflichtung des Eigentümers kennt, allerdings auch keinen Rechtsanspruch auf Subventionierung ermöglicht.

Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang einen Ausflug zum Förderungswesen generell: Unser Förderungswesen ist fast ausschließlich auf die Erneuerung ausgelegt. Wohnbauförderung, Energiesparprogramme, Fensterauswechslung, Förderung von Dachraumnutzung: All das wird großzügig gefördert. Dagegen existiert außer den bescheidenen Denkmalpflegemitteln keine Förderungsmöglichkeit für Reparaturen.

Aufwendungen für Denkmalpflege sind im Vergleich zu jenen für Theater, Museen, Musikpflege, Volkskultur, Musikschulwesen äußerst bescheiden. Diese Positionierung entspricht aber in keiner Weise dem tatsächlichen gesellschaftlichen Stellenwert des Denkmalschutzes. Das hat eine Studie ergeben, die vor kurzem in Oberösterreich durchgeführt wurde. Über 90 Prozent der Bevölkerung halten Denkmalschutz und Denkmalpflege für eine gute bis sehr gute Sache.

Vergessen wird dabei allzu leichtfertig der Aspekt des öffentlichen Interesses, obwohl die Kosten eigentlich immer nur Einzelpersonen treffen, eben die Erhalter des jeweiligen Denkmals.

Weiters möchte ich dazu anmerken, daß Restaurierungsmaßnahmen auch wichtige, neue Erkenntnisse zu dem Bereich der Architektur, aber auch zu den Bereichen Kunst- und Kulturgeschichte erbringen. Vor allem bleiben dadurch die traditionellen Handwerksberufe und Handwerkstechniken erhalten und werden somit auch entsprechend gefördert.

Wie schwierig die Tätigkeit der Landeskonservatoren ist, zeichnet sich an einigen Beispielen ab. Ich kann aufgrund der Kürze der Zeit natürlich nicht alle anführen, aber zwei Beispiele aus Oberösterreich möchte ich bringen. In Hallstatt beispielsweise hat man ursprünglich ganz massiv dem Straßenbau den Vorrang gegeben. Letztendlich hat man sich dann für eine Tunnelumfahrung entschieden, und bekanntlich wurde im Jahr 1998 das Ensemble von Hallstatt von der UNESCO zum "Weltkulturerbe" ernannt, auf das wir heute sehr stolz sind.

Das zweite Beispiel ist ein "unbequemes" Denkmal, nämlich der Steyrer Wehrgraben, ein mittelalterlicher Triebwasserkanal für die ehemalige eisenverarbeitende Industrie. Er sollte nach dem Erlöschen des Wasserrechtes im Jahre 1965 zugeschüttet werden. Es hat dagegen Widerstand gegeben, und berechtigterweise wurde dieser Wehrgraben erhalten. Heute ist die Altstadt von Steyr damit als Kandidat für das "Weltkulturerbe" nominiert.

Meine Damen und Herren! Es gäbe noch viele solcher Beispiele zu nennen, ich kann jedoch nicht alle hier anführen. Eines aber soll zum Abschluß gesagt werden: Verhindern wir gemeinsam, daß täglich Tonnen gebauter Geschichte, Teile des kulturellen Profils unseres Landes einfach entsorgt werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte. (Zwischenrufe. – Abg. Ablinger – auf dem Weg zum Rednerpult –: Allein schon aus Quotengründen müßten jetzt die Frauen wahrscheinlich eine Stunde hier reden! Aber ich habe nicht vor, hier eine Stunde zu reden!)

22.53

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin! Es geht mir um einen speziellen Punkt – und dieser ist ja schon einige Male hier erwähnt worden, nicht nur in der Debatte über den Kulturbericht, sondern auch in jener über den Kunstbericht –, nämlich um die Tatsache, daß wir in Kulturfragen immer über das reden, was war, obwohl es doch viel spannender wäre, gerade in Kulturfragen darüber nachzudenken, darüber zu streiten und darüber einen Diskurs zu führen, was sein soll.

Es ist die "Museumskonzeption 2010" bereits angeschnitten worden. Daß man sich darüber, nämlich über die Zukunft unterhält, wünsche ich mir in diesen Kulturbereichen vermehrt. Die Frage ist zu klären: Was sind zukünftige Schwerpunkte, bildungspolitische, wissenschaftliche, kulturpolitische Schwerpunkte? Das wäre hier eine spannende Diskussion. Dann sollte über Schwerpunkte der Vermittlung, der Öffnung oder der Zielgruppen, die wir erreichen wollen, gesprochen werden. Auch das wäre wahrscheinlich eine spannende Diskussion.

Das nur als ein Gedanke, was Museen insgesamt auch sein könnten. Museen sind jetzt in irgendeiner Form Häuser der Ordnung, sie ordnen die Dinge für die Bewahrung – die Dinge der Technik, die Dinge der Natur, die Dinge der Vergangenheit, die Dinge der Gegenwart, die Dinge der Künste –, und sie retten sie vor dem Verfall, damit in dieser Welt auch wirklich nichts verlorengeht.

Bei einer Diskussion um eine Museumskonzeption wäre es doch spannend, neben der Diskussion über genau diese Funktionen, nämlich über die Funktionen des Bewahrens, der Ordnung und des Bewertens, auch eine Diskussion über Kommunikation, über Kompetenz, über Kunstkompetenz zu führen. Das hielte ich für eine sehr spannende Diskussion. Doch wir hier müssen uns überlegen, welche Rahmenbedingungen die Politik setzen müßte, damit diese Diskussion stattfinden kann.

Eine Kulturdiskussion der Zukunft wäre also eine aufregende Sache.

Ganz zum Schluß noch eine Anmerkung: Ich habe eine Zeitlang – und ich glaube, nicht nur ich, sondern auch Kollege Josef Cap – meine Rede zum Kunstbericht beendet mit dem Satz: "Im übrigen sind wir der Meinung, daß die Wiener Philharmoniker auch Frauen aufnehmen sollten." Das hat sich jetzt ein bißchen erübrigt, denn das ist sozusagen in kleinen Bereichen erfolgreich gewesen. Vielleicht sollten wir unsere Rede zum Kulturbericht jetzt mit dem Satz beenden: "Im übrigen bin ich der Meinung, daß die Albertina der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte." – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun die Frau Bundesminister. – Bitte.

22.55

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bedanke mich herzlich für die positiven Rückmeldungen zum Kulturbericht. Ich bedanke mich auch für die interessanten Anregungen, die gemacht worden sind, wie zum Beispiel jene von Herrn Abgeordnetem Morak, daß es das neue Datenerfassungssystem LIKUS gibt. Wir werden uns das sehr genau ansehen, wir werden alle diese Anregungen sehr genau prüfen.

Ich möchte einige Dinge klarstellen. Wir können die Museen in Österreich nicht mit den Museen in Holland vergleichen. Wir können das Stiftungsrecht in Österreich nicht mit dem Stiftungsrecht in Holland vergleichen. Ich meine, daß unsere Museen sich bedanken würden, wenn Sie einen 40prozentigen Deckungsgrad durch das staatliche Budget hätten, so wie das in Holland der Fall ist. Ich habe mir das sehr genau angesehen: Die Direktoren haben sehr gejammert, weil sie, wie sie uns gesagt haben, die restlichen finanziellen Mittel kaum aufbringen. – Wir nehmen unsere Verantwortung wahr. In unserem Budget sind immerhin noch fast 80 Prozent der Mittel für die Museen vorgesehen, und das ist gut so. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich bedanke mich auch sehr herzlich bei Ihnen, meine Damen und Herren, denn Sie haben mit dem Gesetz für wissenschaftliche Anstalten die Basis dafür gelegt, daß wir die Museen in die Vollrechtsfähigkeit entlassen können. Man kann auch ein Museum, das den Auftrag hat, wissenschaftlich zu arbeiten, zu sammeln, zu bewahren, zu restaurieren, nicht einfach mit einem "Kunstforum" vergleichen, das hie und da sehr große attraktive Ausstellungen macht, das aber all die anderen Aufgaben nicht hat.

Ein Wort auch zur Leopold-Stiftung: Da ist die Sache an und für sich sehr einfach. Der Vertrag mit dem derzeitigen Geschäftsführer läuft Ende Juni aus. Wir haben den Auftrag, auszuschreiben, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Wir werden sehen, wer sich bewirbt. Der Vorstand wird Vorschläge machen, und je nachdem wird dann der Geschäftsführer bestellt. Meine Aussage hat sich nur darauf bezogen, daß Herr Dr. Schröder bisher sehr gut gearbeitet hat. Es ist seine Sache, sich wieder zu bewerben.

Zum Pathologisch-anatomischen Museum ist zu sagen, daß gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium eine Arbeitsgruppe gebildet wurde, daß eine museale Konzeption und eine bauliche Konzeption erarbeitet werden und daß überlegt wird, dieses Museum mit der zahnärztlichen Sammlung des Instituts für Geschichte der Medizin zusammenzuführen, weil es dann einfach größer und überlebensfähiger ist.

Zur Frage des Museumsquartiers: Die Bauarbeiten gehen zügig voran, und bevor wir wieder neue Ideen haben, bevor wir wieder neue Glaskuben und Lichter und sonstige Sachen in die Welt setzen, machen wir es jetzt einmal fertig, eröffnen es, und dann schauen wir, wie sich die Sache weiterentwickelt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß dieser Kulturbericht gezeigt hat, wie umfangreich die Arbeit im kulturellen Bereich ist. Ich meine auch, daß dieser Kulturbericht eine gute Basis für den nächsten Bericht, der dann die "Museumskonzeption 2010" enthalten wird, darstellt.

Ich möchte mich herzlich bedanken bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die diese exzellente Arbeit geleistet haben, aber auch beim zuständigen Sektionschef Dr. Wran. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich meine, daß wir auf unsere Museen stolz sein dürfen, aber es gibt noch viel zu tun. Ich ersuche Sie daher auch bei allen weiteren Arbeiten um Ihre Unterstützung. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Es wird kein Schlußwort seitens des Berichterstatters gewünscht.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den vorliegenden Bericht in III-164 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme des Kulturberichtes eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, die Kenntnisnahme ist mit Mehrheit beschlossen worden.

15. Punkt

Regierungsvorlage: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik betreffend die Änderung des Abkommens über die Regelung des Grenzüberganges der Eisenbahnen vom 22. September 1962 in der Fassung des Abkommens vom 3. Jänner 1967 und des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und vom 14. Jänner 1994 (1654 der Beilagen)

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Von der Vorberatung dieser Vorlage in einem Ausschuß wurde Abstand genommen.

Was Wortmeldungen betrifft, so liegt mir eine solche des Herrn Abgeordneten Parnigoni vor. – Bitte.

23.00

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben diesen Tag mit einem Thema, das die Verkehrsteilnehmer betrifft, begonnen. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Wir schließen diese Tagesordnung ebenfalls mit einem solchen Thema. Es betrifft ein Abkommen mit der Slowakischen Republik, in dem es um eine neue Bahnlinie geht.

Am Vormittag haben wir dafür gesorgt, daß der Individualverkehr zu günstigeren Bedingungen erfolgt. Jetzt geht es darum, auch dem öffentlichen Verkehr eine neue Chance zu geben. Es geht um eine Bahnlinie, die zum TEN gehört. (Abg. Mag. Trattner: Das ist eine "epochale" Rede!)

Ich hoffe, daß wir alle diesem Abkommen zustimmen werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Trattner: Nach einer solchen Rede nicht mehr!)

23.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, und zwar ist Gegenstand dieser Abstimmung die Genehmigung des Abschlusses des Staatsvertrages in 1654 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Abschluß dieses Staatsvertrages ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig beschlossen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Verlesung eines Teils des Amtlichen Protokolls

Präsident Dr. Heinz Fischer: Aufgrund eines Verlangens von 20 Abgeordneten verlese ich das Amtliche Protokoll hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 1, damit dieser Teil des Protokolls mit Schluß der Sitzung als genehmigt gelten kann. Dadurch werden die umgehende Ausfertigung dieses vom Nationalrat gefaßten Beschlusses und seine Weiterleitung an den Bundesrat möglich.

Ich verlese nun diesen Teil des Protokolls wie folgt:

Die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol, Mag. Stadler und Genossen stellen den Antrag, die Tagesordnung um den Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 1045/A der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend das Preisgesetz 1992 zu ergänzen und diesen als ersten Punkt der Tagesordnung in Verhandlung zu nehmen (Beilage C).

Die Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen beantragen, über den Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung eine Debatte durchzuführen (Beilage E). Dieser Antrag wird angenommen.

Durchführung der Debatte über den Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung.

Mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit wird sodann der Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung angenommen sowie dem Absehen von der 24stündigen Aufliegefrist des Berichtes 1709 der Beilagen zugestimmt.

Es liegt das von 20 Abgeordneten unterzeichnete Verlangen vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich des ergänzten Tagesordnungspunktes 1 zu verlesen (Beilage D).

Verhandlung des Tagesordnungspunktes 1:

Die Abgeordneten Haigermoser und Genossen bringen den Entschließungsantrag Beilage 1/1 EA ein.

Die Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen bringen den Abänderungsantrag Beilage 1/2 ein.

Die Abgeordneten Mag. Peter und Genossen bringen den Entschließungsantrag Beilage 1/3 EA ein.

Die Abgeordneten Haigermoser und Genossen bringen den Entschließungsantrag Beilage 1/4 EA ein.

Abstimmung:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschußantrag in 1709 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 1/2 bei Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten in zweiter und dritter Lesung mit Stimmenmehrheit und daher mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Der Entschließungsantrag Beilage 1/1 EA wird abgelehnt. Ebenso werden der Entschließungsantrag Beilage1/3 EA und der Entschließungsantrag Beilage 1/4 EA abgelehnt.

*****

Soweit der Wortlaut dieses Teils des Amtlichen Protokolls.

Erheben sich Einwendungen gegen diesen Wortlaut? (Abg. Dr. Kostelka: Nein!) – Dies ist nicht der Fall.

Dann gilt nach § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluß dieser Sitzung als genehmigt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1050/A (E) bis 1057/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 5995/J bis 6042/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates ist für Mittwoch, den 21. April 1998, 10 Uhr, in Aussicht genommen; sie wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 23.05 Uhr