Stenographisches Protokoll

169. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 19., und Donnerstag, 20. Mai 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

169. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 19., und Donnerstag, 20. Mai 1999

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 19. Mai 1999: 9.01 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 20. Mai 1999: 0.00 – 1.28 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Außenpolitischer Bericht 1998

2. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über den Eisenbahndurchgangsverkehr des österreichisch-ungarischen Industrieparks in der Umgebung der Stadt Szentgotthárd samt Beilage

3. Punkt: Protokoll zum Abkommen über die Zusammenarbeit und eine Zollunion zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik San Marino infolge des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union samt Schlußakte und Gemeinsamer Erklärung und Anlage

4. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande betreffend die Durchführung des Artikels 41 Absatz 2 des Übereinkommens auf Grund von Art. K.3 des Vertrages über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes (EUROPOL-Übereinkommen) samt Verbalnote

5. Punkt: Bericht betreffend Südtirol

6. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1017/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Maßnahmen zum Schutz der Wale

7. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 902/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Kindern in Kriegen und bewaffneten Konflikten

8. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 987/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Ratifizierung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes

9. Punkt: Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend die Prüfung "Förderungen der Organisation ,World Vision‘ durch den Bund; insbesondere Klärung der Frage, wie es zu diesen Förderungen gekommen ist (Interventionen, personelle Verflechtungen, Parteien- bzw. Wahlkampffinanzierung), wie die Förderungen abgewickelt, evaluiert und abgerechnet wurden"

10. Punkt: Akademien-Studiengesetz 1999 – AStG

11. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1058/A der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl, Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige geändert wird

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird

17. Punkt: Bericht über die Petition (PET-41) betreffend "Zukunft der Waldorfschulen in Österreich", überreicht vom Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl

18. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 689/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend die Integration von Schulversuchen in das Regelschulwesen

19. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 438/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend die Einführung eines Ethikunterrichts als Wahlpflichtfach

20. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 600/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend den sukzessiven Ersatz des Ziffernnotensystems durch pädagogisch sinnvolle Systeme der Leistungsrückmeldung

21. Punkt: Bericht über den Antrag 620/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz (BGBl. Nr. 472/1986) in der geltenden Fassung geändert wird

22. Punkt: Bericht über den Antrag 621/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 (BGBl. Nr. 76/1985) in der geltenden Fassung geändert wird

23. Punkt: Bericht über den Antrag 622/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz (BGBl. Nr. 242/1962) in der geltenden Fassung geändert wird

24. Punkt: Bericht über den Antrag 712/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985 geändert wird

25. Punkt: Bericht über den Antrag 732/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 (BGBl. Nr. 76/1985) in der geltenden Fassung geändert wird

26. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 794/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend die Abschaffung der Schulsprengel für öffentliche Pflichtschulen

27. Punkt: Forschungsbericht 1997

28. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 441/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Maßnahmen zu einer Reform der Forschungsförderung in Österreich

29. Punkt: Forschungsbericht 1998

30. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 708/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Erstellung eines Frauenförderungsplanes im Forschungsbereich

31. Punkt: Bericht des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1997

32. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 675/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Errichtung von Fachhochschul-Studiengängen für Bildungsberufe, Sozialberufe und medizinische Berufe

33. Punkt: Bericht über das Stenographische Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema "Qualitätssicherung für Lehre und Forschung an den heimischen Universitäten"

34. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 785/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend Effizienzsteigerung der Donau-Universität Krems

35. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 786/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Neuregelung der Zulassungsbestimmungen zum Studium von Auslandsösterreichern an österreichischen Universitäten

36. Punkt: Übereinkommen zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Republik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, der Republik Rumänien, der Slowakischen Republik und der Republik Slowenien vom 7. Februar 1998 zur Verlängerung des CEEPUS-Programms

37. Punkt: Notenwechsel zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel samt Anlage

38. Punkt: Bericht über den Zivildienst und die mit ihm zusammenhängende finanzielle Gebarung für die Jahre 1997 und 1998

39. Punkt: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen

40. Punkt: Bericht über den Antrag 1014/A der Abgeordneten Anton Leikam, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenstandsgesetz (PStG) geändert wird,

über den Antrag 861/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend eine Novellierung des Personenstandsgesetzes und

über die Petition (PET-54) betreffend "Das Recht von totgeborenen Kindern auf einen eigenen Namen", überreicht von den Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Mag. Dr. Heide Schmidt

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 24

Geschäftsbehandlung

Verlangen des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen auf Erteilung eines Ordnungsrufes an die Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé 24

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer zum Verlangen des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen 24

Erklärungen der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer und des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein zum Thema Kernkraftwerk Temelin im Sinne des § 19 Abs. 2 der Geschäftsordnung 88

Bekanntgabe 44

Bundesministerin Mag. Barbara Prammer 88

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein 90

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung 44

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 92

Georg Oberhaidinger 94

Mag. Thomas Barmüller 96

Maria Rauch-Kallat 99

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 101

Otmar Brix 102

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann 104

Willi Sauer 105

Anna Elisabeth Aumayr 106

Dr. Gabriela Moser 106

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Atomkraftwerke und EU-Osterweiterung – Ablehnung 94, 108

Entschließungsantrag der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Matthias Ellmauer und Genossen betreffend Fortsetzung der österreichischen Anti-Atom-Politik zur Erzielung eines Baustopps des KKW Temelin – Annahme (E 178) 103, 108

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Baustopp AKW Temelin – Ablehnung 108, 109

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 5609/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 45

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 110

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 110

Georg Oberhaidinger 112

Dr. Gottfried Feurstein 113

Ing. Wolfgang Nußbaumer 114

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 116

Dr. Volker Kier 118

Ing. Monika Langthaler 120

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 5586/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 45

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 121

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 122

Anton Leikam 124

Günther Platter 125

Herbert Scheibner 126

Dr. Volker Kier 127

Mag. Doris Kammerlander 129

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 130

Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 1027/A (E) betreffend Bericht des Bundeskanzlers an den Nationalrat über die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich (Menschenrechtsbericht) gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 16. Juni 1999 zu setzen 45

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 45

Redner:

Dr. Volker Kier 133

Mag. Walter Posch 135

Dr. Harald Ofner 136

Dr. Martina Gredler 138

Mag. Terezija Stoisits 139

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 140

Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen, dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 1047/A (E) betreffend empirische Studie über die soziale Lage und die Arbeitsbedingungen innerhalb der österreichischen Exekutive gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 16. Juni 1999 zu setzen 45

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 257

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung 46

Ersuchen des Abgeordneten Herbert Scheibner, bis zum Eintreffen des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten Dr. Wolfgang Schüssel die Sitzung zu unterbrechen 46

Unterbrechungen der Sitzung 46, 110

Antrag des Abgeordneten Dr. Volker Kier betreffend Verlangen im Sinne des § 18 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Anwesenheit des Bundesministers für Inneres Mag. Karl Schlögl in der Debatte über die Anfragebeantwortung 5586/AB 72, 73

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser zum Antrag des Abgeordneten Dr. Volker Kier 72, 73

Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung folgender Gegenstände:

a) die politische Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die Vorfälle, die im Zuge einer versuchten Abschiebung zum Tod des Nigerianers Marcus Omofuma geführt haben

b) die politische Verantwortung des Bundesministers für Inneres für die von den Behörden ausgeübte Praxis bei Verhängung und Durchführung von Schubhaft

c) die Überprüfung der von den Behörden im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vorgesehenen Kriterien bei Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen durch den Bundesminister für Inneres

d) die politische Verantwortung des Bundesministers für Inneres für die von den Behörden ausgeübte Praxis bei der Durchführung von Abschiebungen, insbesondere die rechtswidrige Anwendung von Zwangsmaßnahmen wie Knebelung, Verwenden von Klebebändern und gewaltsame Verabreichung von Beruhigungsmitteln oder anderen schweren Psychopharmaka gegenüber Abzuschiebenden

e) die politische Verantwortung der betroffenen Bundesminister für Inneres für die seit der Veröffentlichung des Österreich betreffenden Berichtes des "Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung" (CPT) 1995 unterlassenen Maßnahmen zur Behebung der darin aufgezeigten Mißstände

f) die politische Verantwortung des Bundesministers für Inneres für die widerrechtliche Anwendung des Disziplinarrechts für Bundesbedienstete im Bereich der Exekutive, wenn Dienstpflichtverletzungen vorliegen

g) die Vereinbarkeit der Vollziehung der einschlägigen Bundesgesetze mit europäischen und internationalen Menschenrechtsstandards

gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 258

Bekanntgabe 133

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 133

Redner:

Dr. Volker Kier 259

Ludmilla Parfuss 259

Dr. Michael Krüger 260

Mag. Terezija Stoisits 260

Ablehnung des Antrages 261

Antrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen, den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes 1795 d. B., gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Unterrichtsausschuß rückzuverweisen – Ablehnung 192, 195

Aktuelle Stunde (39.)

Thema: "Agenda 2000 – Impulse für Landwirtschaft und Wirtschaft im ländlichen Raum"

Redner:

Georg Schwarzenberger 25

Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer 27

Ing. Leopold Maderthaner 29

Heinz Gradwohl 30

Anna Elisabeth Aumayr 32

Karl Smolle 33

Andreas Wabl 34

Rudolf Schwarzböck 35

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 36

Emmerich Schwemlein 37

Mag. Gilbert Trattner 38

Dr. Martina Gredler 40

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 41

Rechnungshof

Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 der Geschäftsordnung betreffend Überprüfung arbeitsmarktrelevanter Angelegenheiten im Rahmen der Bundesgebarung, zum Beispiel Gebarung des AMS, Abwicklung der Lehrlingsoffensive, Verwaltung arbeitsmarktrelevanter EU-Förderungen, durch den Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses 261

Ausschüsse

Zuweisungen 43

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses betreffend den Außenpolitischen Bericht (III-192 d. B.) 1998 der Bundesregierung (1816 d. B.) 46

Redner:

Herbert Scheibner 47

Dr. Michael Spindelegger 49

Dr. Martina Gredler 51

Peter Schieder 55

Mag. Doris Kammerlander 57

Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel 61, 83

Dr. Martin Graf (tatsächliche Berichtigung) 67

Mag. Dr. Josef Höchtl 68

Wolfgang Jung 69

Dr. Josef Cap 73

Karl Smolle 74

Dr. Andreas Khol 78

Mag. Doris Kammerlander (tatsächliche Berichtigung) 80

Dr. Martin Graf 80

Dr. Peter Kostelka 82

Dr. Harald Ofner 83

Dr. Alfred Gusenbauer 85

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 86

Dr. Helga Konrad 86

Andreas Wabl 87

Kenntnisnahme des Berichtes III-192 d. B. 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen betreffend Beneš-Dekrete und AVNOJ-Bestimmungen – Ablehnung 49, 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend österreichische Bemühungen um einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen – Ablehnung 58, 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Weiterentwicklung der GASP – Ablehnung 60, 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend Aufhebung der Beneš-Dekrete und der AVNOJ-Bestimmungen – Annahme (E 179) 69, 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martina Gredler, Inge Jäger, Werner Amon, Mag. Doris Kammerlander, Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Aufnahme des Themas "Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane" in den Außenpolitischen Bericht – Annahme (E 180) 76, 109

Gemeinsame Beratung über

2. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1572 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über den Eisenbahndurchgangsverkehr des österreichisch-ungarischen Industrieparks in der Umgebung der Stadt Szentgotthárd samt Beilage (1817 d. B.) 140

3. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1634 d. B.): Protokoll zum Abkommen über die Zusammenarbeit und eine Zollunion zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik San Marino infolge des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union samt Schlußakte und Gemeinsamer Erklärung und Anlage (1818 d. B.) 140

4. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1691 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande betreffend die Durchführung des Artikels 41 Absatz 2 des Übereinkommens auf Grund von Art. K.3 des Vertrages über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes (EUROPOL-Übereinkommen) samt Verbalnote (1819 d. B.) 140

5. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Bericht (III-35 d. B.) des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Südtirol (1820 d. B.) 141

Redner:

Dkfm. Holger Bauer 141

Paul Kiss 142

Karl Smolle 143

DDr. Erwin Niederwieser 144

Helmut Haigermoser 145

Genehmigung der Staatsverträge in 1817, 1818 und 1819 d. B. 146

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 146

Kenntnisnahme des Berichtes III-35 d. B. 147

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Entschließungsantrag 1017/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Maßnahmen zum Schutz der Wale (1821 d. B.) 147

7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Entschließungsantrag 902/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Kindern in Kriegen und bewaffneten Konflikten (1822 d. B.) 147

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Entschließungsantrag 987/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Ratifizierung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes (1825 d. B.) 147

Redner:

Ingrid Tichy-Schreder 147

Inge Jäger 148

Wolfgang Jung 150

Dr. Martina Gredler 150

Mag. Doris Kammerlander 151

Werner Amon 152

Mag. Walter Posch 153

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1821 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Maßnahmen zum Schutz der Wale (E 181) 154

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1822 und 1825 d. B. 154

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1822 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Maßnahmen zum Schutz von Kindern in Kriegen und bewaffneten Konflikten (E 182) 154

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1825 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Ratifizierung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes (E 183) 154

9. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend die Prüfung "Förderungen der Organisation ,World Vision‘ durch den Bund; insbesondere Klärung der Frage, wie es zu diesen Förderungen gekommen ist (Interventionen, personelle Verflechtungen, Parteien- bzw. Wahlkampffinanzierung), wie die Förderungen abgewickelt, evaluiert und abgerechnet wurden" (1823 d. B.) 155

Berichterstatter Franz Stampler (Schlußwort) 176

Redner:

Ute Apfelbeck 155

Mag. Franz Steindl 157

Karl Smolle 158

Otmar Brix 160

Karl Öllinger 161, 175

Franz Stampler 166

Mag. Karl Schweitzer 167

Dr. Alfred Gusenbauer 168

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 169

Inge Jäger 171

Brigitte Tegischer 172

Josef Edler 173

Staatssekretärin Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner 173

Kenntnisnahme des Berichts des Ständigen Unterausschusses in 1823 d. B. 176

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1823 d. B. 177

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen betreffend Kontrolle von Spendenorganisationen – Ablehnung 157, 177

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1755 d. B.): Bundesgesetz über die Studien an Akademien und über die Schaffung von Hochschulen für pädagogische Berufe (Akademien-Studiengesetz 1999 – AStG) (1794 d. B.) 177

11. Punkt: Bericht und Antrag des Unterrichtsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (1795 d. B.) 177

12. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1756 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (1796 d. B.) 177

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 177

Dr. Gertrude Brinek 179

Maria Schaffenrath 181

Dr. Dieter Antoni 183

Karl Öllinger 185

Katharina Horngacher 186

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 188

Brunhilde Fuchs 189

Mag. Dr. Udo Grollitsch 190

Dr. Johann Stippel 191

Dr. Martin Graf 192

DDr. Erwin Niederwieser 193

Bundesministerin Elisabeth Gehrer 194

Annahme der Gesetzentwürfe in 1794, 1795 und 1796 d. B. 194

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Auflösung der Pädagogischen Institute – Ablehnung 190, 195

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1058/A der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl, Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (1797 d. B.) 195

14. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1752 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (1798 d. B.) 195

15. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1753 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige geändert wird (1799 d. B.) 196

16. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1754 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird (1800 d. B.) 196

17. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Petition (PET-41) betreffend "Zukunft der Waldorfschulen in Österreich", überreicht vom Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl (1801 d. B.) 196

18. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 689/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend die Integration von Schulversuchen in das Regelschulwesen (1802 d. B.) 196

19. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 438/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend die Einführung eines Ethikunterrichts als Wahlpflichtfach (1803 d. B.) 196

20. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 600/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend den sukzessiven Ersatz des Ziffernnotensystems durch pädagogisch sinnvolle Systeme der Leistungsrückmeldung (1804 d. B.) 196

21. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 620/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz (BGBl. Nr. 472/1986) in der geltenden Fassung geändert wird (1805 d. B.) 196

22. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 621/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 (BGBl. Nr. 76/1985) in der geltenden Fassung geändert wird (1806 d. B.) 196

23. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 622/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz (BGBl. Nr. 242/1962) in der geltenden Fassung geändert wird (1807 d. B.) 197

24. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 712/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985 geändert wird (1808 d. B.) 197

25. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 732/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 (BGBl. Nr. 76/1985) in der geltenden Fassung geändert wird (1809 d. B.) 197

26. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 794/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend die Abschaffung der Schulsprengel für öffentliche Pflichtschulen (1810 d. B.) 197

Redner:

Mag. Dr. Udo Grollitsch 197

Mag. Dr. Josef Höchtl 198

Maria Schaffenrath 199

Dr. Andreas Khol (tatsächliche Berichtigung) 203

Dr. Robert Rada 203

Karl Öllinger 204

Katharina Horngacher 206

Verena Dunst 207

Johann Schuster 207

Mag. Kurt Gaßner 208

Mag. Karl Schweitzer 209

Annahme der Gesetzentwürfe in 1797, 1798, 1799 und 1800 d. B. 210

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1801, 1802, 1803, 1804, 1805, 1806, 1807, 1808, 1809 und 1810 d. B. 211

Gemeinsame Beratung über

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Forschungsbericht (III-87 d. B.) 1997 der Bundesregierung (1779 d. B.) 212

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 441/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Maßnahmen zu einer Reform der Forschungsförderung in Österreich (1780 d. B.) 212

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Forschungsbericht (III-132 d. B.) 1998 des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (1781 d. B.) 212

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 708/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Erstellung eines Frauenförderungsplanes im Forschungsbereich (1782 d. B.) 212

Redner:

Dr. Martin Graf 213

Dr. Johann Stippel 214

Dr. Martina Gredler 215

Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch 216

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 218

Bundesministerin Eleonora Hostasch 219

Mag. Gisela Wurm 220

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 221

Dr. Michael Spindelegger 222

Ing. Wolfgang Nußbaumer 224

Dr. Elisabeth Pittermann 225

Hermann Mentil 226

Ing. Kurt Gartlehner 227

Kenntnisnahme der Berichte III-87 und III-132 d. B. 228

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1780 und 1782 d. B. 228

Annahme der dem schriftlichen Ausschußbericht 1781 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Maßnahmen zur verstärkten und strategischen Förderung der Forschung in Österreich (E 184) 228

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Graf und Genossen betreffend Maßnahmen zur Erhöhung der F&E-Quote – Ablehnung 213, 228

Gemeinsame Beratung über

31. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht (III-191 d. B.) des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1997, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (1783 d. B.) 228

32. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 675/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Errichtung von Fachhochschul-Studiengängen für Bildungsberufe, Sozialberufe und medizinische Berufe (1787 d. B.) 228

Redner:

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 229

Mag. Walter Posch 229

Dr. Martina Gredler 230

Werner Amon 231

Mag. Dr. Udo Grollitsch 232

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) 233

Bundesministerin Eleonora Hostasch 233

Kenntnisnahme des Berichtes III-191 d. B. 233

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1787 d. B. 233

Gemeinsame Beratung über

33. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über das Stenographische Protokoll (III-181 d. B.) der Parlamentarischen Enquete zum Thema "Qualitätssicherung für Lehre und Forschung an den heimischen Universitäten" (1784 d. B.) 234

34. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 785/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend Effizienzsteigerung der Donau-Universität Krems (1788 d. B.) 234

35. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 786/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Neuregelung der Zulassungsbestimmungen zum Studium von Auslandsösterreichern an österreichischen Universitäten (1789 d. B.) 234

36. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1624 d. B.): Übereinkommen zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Republik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, der Republik Rumänien, der Slowakischen Republik und der Republik Slowenien vom 7. Februar 1998 zur Verlängerung des CEEPUS-Programms (1785 d. B.) 234

37. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1642 d. B.): Notenwechsel zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel samt Anlage (1786 d. B.) 234

Redner:

MMag. Dr. Willi Brauneder 234

Dr. Robert Rada 236

Dr. Martina Gredler 236

Dr. Gertrude Brinek 237

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl 238

Dr. Günther Leiner 239

Kenntnisnahme des Stenographischen Protokolls III-181 d. B. 240

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1788 und 1789 d. B. 240

Genehmigung der Staatsverträge in 1785 und 1786 d. B. 240

38. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht (III-190 d. B.) des Bundesministers für Inneres über den Zivildienst und die mit ihm zusammenhängende finanzielle Gebarung für die Jahre 1997 und 1998 (1829 d. B.) 240

Redner:

Herbert Scheibner 240

Emmerich Schwemlein 241

Dr. Volker Kier 242

Karl Freund 242

Franz Lafer 243

Theresia Haidlmayr 244

Anton Gaál 246

Wolfgang Großruck 247

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 248

Kenntnisnahme des Berichtes III-190 d. B. 249

39. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1573 d. B.): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (1827 d. B.) 250

Redner:

Günter Kiermaier 250

Jakob Auer 250

Dr. Liane Höbinger-Lehrer 251

Matthias Achs 252

Dkfm. Dr. Günter Puttinger 252

Genehmigung des Staatsvertrages in 1827 d. B. 253

40. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1014/A der Abgeordneten Anton Leikam, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenstandsgesetz (PStG) geändert wird,

über den Antrag 861/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend eine Novellierung des Personenstandsgesetzes und

über die Petition (PET-54) betreffend "Das Recht von totgeborenen Kindern auf einen eigenen Namen", überreicht von den Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Mag. Dr. Heide Schmidt (1828 d. B.) 253

Redner:

Anton Leikam 254

Günther Platter 254

Dr. Helene Partik-Pablé 254

Mag. Terezija Stoisits 255

Ludmilla Parfuss 255

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 256

Walter Murauer 256

Dr. Volker Kier 257

Annahme des Gesetzentwurfes in 1828 d. B. 257

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 42

1758: EWR-Psychologengesetz

1759: EWR-Psychotherapiegesetz

1760: Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände samt Anlagen

1761: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VIII)

1762: Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 12)

1764: Dienstrechts-Novelle 1999

1765: Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Bundesfinanzgesetz 1999 (8. BFG-Novelle 1999) geändert werden

1766: Steuerreformgesetz 2000

1769: Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer und kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert wird

1770: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

1774: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz geändert wird

1775: Kartellgesetznovelle 1999 – KartGNov. 1999

1776: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG)

1777: Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden

1778: Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das AIDS-Gesetz 1993 geändert werden

1793: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungsgesetz) und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden

1824: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

1830: Bundesstatistikgesetz 2000

1831: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten (UOG 1993), das Universitäts-Organisationsgesetz. das Kunsthochschul-Organisationsgesetz, das Akademie-Organisationsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden

1833: Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998 geändert wird (GGBG-Novelle 1999)

1834: Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird

Anträge der Abgeordneten

Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Förderung fairer Handelsbeziehungen mit dem Süden (1083/A) (E)

Dr. Elisabeth Pittermann, Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekerkammergesetz geändert wird (1084/A)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Baustopp AKW Temelin (1085/A) (E)

Matthias Ellmauer, Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltkontrollgesetz, BGBl. I Nr. 152/1998, geändert wird (1086/A)

Dr. Peter Kostelka, Karl Donabauer und Genossen betreffend Verbesserungen für Mitglieder von Wahlbehörden und Vertrauenspersonen bei bundesweiten Wahlen (1087/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Wohnkostenbeihilfe für Zivildiener (1088/A) (E)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Angleichung der Pauschalvergütung für Zivildiener an die der Präsenzdiener (1089/A) (E)

Hans Helmut Moser und Genossen betreffend unklare gesetzliche Regelungen betreffend Dienstfreistellung und Arbeitskräfteüberlassung von Bediensteten im Bundesdienst (1090/A) (E)

Hans Helmut Moser und Genossen betreffend Disziplinarrecht für Bundesbedienstete (1091/A) (E)

Rudolf Parnigoni, Georg Schwarzenberger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße – TGSt), das Führerscheingesetz und die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert werden (1092/A)

Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Presseförderungsgesetz 1985 geändert wird (1093/A)

Rudolf Schwarzböck, Heinz Gradwohl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1985 und das AMA-Gesetz 1992 geändert werden (1094/A)

Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rundfunkverordnung geändert wird (1095/A)

Ingrid Tichy-Schreder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz geändert wird (1096/A)

Dr. Elisabeth Pittermann, Dr. Günther Leiner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird (1097/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Vergabe von Werkstipendien (6241/J)

Elfriede Madl und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Neuerrichtung und Verlegung von Tabaktrafiken (6242/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Kostenüberschreitung bei Rüstungsvorhaben des BMLV (6243/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6244/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6245/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6246/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6247/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6248/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6249/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6250/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6251/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6252/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6253/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6254/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6255/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Maßnahmen und Vorbereitungen zum Jahr-2000-Problem (6256/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend besondere Überwachung von Veranstaltungen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (6257/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend unterschiedliche "Belohnungen" im Rahmen der Bundesverwaltung (6258/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Verbesserung der Patientenrechte in Österreich (6259/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Anfrageserien der FPÖ betreffend das Verbot des Vereines "Dichterstein Offenhausen" (6260/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anfrageserien der FPÖ betreffend das Verbot des Vereines "Dichterstein Offenhausen" (6261/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend: Das Jahr-2000-Problem soll durch eine erst jetzt publizierte Broschüre, welche nur in Buchform erhältlich ist, in den Griff bekommen werden (6262/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Psychotherapie auf Krankenschein (6263/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Daten und Fakten zu Schubhaft und Abschiebungen (6264/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Dienstvorschriften und Praxis bei Schubhaft und Abschiebungen (6265/J)

Dr. Volker Kier, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Sozialversicherung für Prostituierte (6266/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerpflicht für Prostituierte (6267/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend "Etikettierung von Humanarzneitmitteln" (6268/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Bericht des Heeres-Nachrichtenamtes an die Mitglieder der Bundesregierung zum sogenannten "Hufeisenplan" (6269/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Gasleitung Bad Leonfelden (6270/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend bayrisches Autobahnprojekt und B 125 (6271/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffen bayrisches Autobahnprojekt und B 125 (6272/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend frauenspezifische Verkehrsdaten (6273/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Fest der Adressenlosen des Teams für Wien (6274/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend rassistische Äußerungen der Abgeordneten zum Nationalrat und Richterin Frau Dr. Helene Partik-Pablé (6275/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Spendenaffäre "World Vision" (6276/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anfragebeantwortung durch unbekannte Beamte (6277/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gutachten über Asylpraxis und Auswirkungen der Fremdengesetze (6278/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Anwendungen der Vorruhestandsregelung in Österreich (6279/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folter durch Leukoplast oder Klebeband (6280/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend TEN – Transeuropäische Netze (6281/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend TEN – Transeuropäische Netze (6282/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend geschlechterspezifische Auswirkungen von Leistungen der Krankenkassen (6283/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Ungleichbehandlung im Bereich der Rehabilitation (6284/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Abfalltransporte durch Österreich (6285/J)

Gerhard Reheis und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Planung von Hochleistungsstrecken im Bereich Fernpaß-Reschenpaß (6286/J)

Ing. Monika Langthaler und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Schulwettbewerb Biotechnologie und Gentechnik (6287/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Transitverkehr OÖ (6288/J)

Gerhard Reheis und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend gesetzliche Regelung hinsichtlich der Errichtung von Sendestationen für Mobiltelefone (6289/J)

Gerhard Reheis und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend gesetzliche Regelung hinsichtlich der Errichtung von Sendestationen für Mobiltelefone (6290/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend selektive Wachstumssimulation von Siccovet – Produktkomponenten auf Nocardia asteroides (6291/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend den Entführungsfall des Sohnes Felix durch seinen Vater Mag. Günther Bauer, anhängig beim Landesgericht Salzburg seit 1997 (6292/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend gesundheitsschädigende Waren im Verkehr (6293/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Hepatitis C (HCV) – Broschüre des Gesundheitsministeriums (6294/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend selektive Wachstumssimulation von Siccovet – Produktkomponenten auf Nocardia asteroides (6295/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend den Entführungsfall des Sohnes Felix durch seinen Vater Mag. Günther Bauer, anhängig beim Landesgericht Salzburg seit 1997 (6296/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Wartezeiten zur Durchführung der Magnetresonanztomographie (6297/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Filmförderung (6298/J)

Reinhart Gaugg und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Verletzung eines Grundwehrdieners in der Klagenfurter Laudonkaserne (6299/J)

Dr. Johannes Jarolim und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Einsatz von modernen Medien für amtliche Veröffentlichung (6300/J)

Karl Smolle und Genossen an den Bundeskanzler betreffend zweisprachige topographische Aufschriften auf Wegweisern in Kärnten (6301/J)

Johann Schuster und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Nahversorgung in Österreich (6302/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Bezirksgericht Linz-Land (6303/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (5604/AB zu 5898/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (5605/AB zu 5908/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5606/AB zu 5982/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen (5607/AB zu 5902/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (5608/AB zu 5903/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (5609/AB zu 5912/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (5610/AB zu 6046/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5611/AB zu 5913/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5612/AB zu 5966/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5613/AB zu 5972/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (5614/AB zu 5904/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5615/AB zu 5914/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5616/AB zu 5919/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek und Genossen (5617/AB zu 5905/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (5618/AB zu 6044/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (5619/AB zu 6017/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5620/AB zu 5998/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (5621/AB zu 6032/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (5622/AB zu 5909/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (5623/AB zu 5911/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5624/AB zu 5916/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5625/AB zu 5918/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5626/AB zu 5923/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (5627/AB zu 6030/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5628/AB zu 5922/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Herbert Scheibner und Genossen (5629/AB zu 5910/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5630/AB zu 5964/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5631/AB zu 5992/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen (5632/AB zu 6031/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5633/AB zu 5933/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (5634/AB zu 5936/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder und Genossen (5635/AB zu 5948/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5636/AB zu 5957/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5637/AB zu 5958/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5638/AB zu 5970/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5639/AB zu 5978/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen (5640/AB zu 5990/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5641/AB zu 5993/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (5642/AB zu 6025/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger und Genossen (5643/AB zu 6037/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen (5644/AB zu 5930/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5645/AB zu 5920/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Ridi Steibl und Genossen (5646/AB zu 5926/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5647/AB zu 5991/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5648/AB zu 5921/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5649/AB zu 5917/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (5650/AB zu 6054/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen (5651/AB zu 5983/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5652/AB zu 5952/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5653/AB zu 6014/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (5654/AB zu 6055/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (Zu 5517/AB zu 5860/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (47/ABPR zu 48/JPR)

Beginn der Sitzung: 9.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich zur 169. Sitzung des Nationalrates begrüßen, die ich für eröffnet erkläre, und ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Das Amtliche Protokoll der 168. Sitzung vom 10. Mai 1999 ist in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Haupt, Haller und Dr. Schmidt.

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Van der Bellen zu Wort gemeldet. – Bitte.

9.02

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich melde mich nach § 103 der Geschäftsordnung zu Wort und fordere von Ihnen, Frau Abgeordneter Partik-Pablé einen Ordnungsruf zu erteilen.

Die freiheitliche Abgeordnete Partik-Pablé hat gegen Ende der letzten Sitzung dieses Hauses gesagt – ich zitiere –:

Schwarzafrikaner "schauen nicht nur anders aus ...", "sondern sie sind auch anders, und zwar sind sie ganz besonders aggressiv. Das liegt offensichtlich in der Natur dieser Menschen."

Das sind unserer Meinung nach, meiner Meinung nach eindeutig rassistische Bemerkungen, und ich darf das Hohe Haus daran erinnern, daß in Österreich jede Form rassischer Diskriminierung verfassungsrechtlich verboten ist – abgesehen von der Frage des guten Geschmacks.

Ich kann mich nur wundern, daß sich eine Abgeordnete, die im Zivilberuf Richterin ist, zu derartigen Äußerungen hinreißen läßt. (Abg. Scheibner: Zur Geschäftsordnung! – Abg. Böhacker: Das ist ein Redebeitrag!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Professor, bitte!

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (fortsetzend): Mir ist auch bekannt, daß in der Präsidiale dieser Vorfall behandelt wurde. Ich kann mich aber nicht damit abfinden, daß Kollege Scheibner sagt, das sei mißverständlich aufgefaßt worden. Ich verlange von Ihnen einen Ordnungsruf, wobei mir wohl bewußt ist, daß angesichts solcher Äußerungen ein Ordnungsruf eine triviale Sanktionsmöglichkeit ist. (Abg. Aumayr: Das ist ein Debattenbeitrag!)

9.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hohes Haus! Nach § 103 Abs. 1 der Geschäftsordnung ist über ein solches Verlangen ohne Befassung des Nationalrates zu entscheiden. Sie wissen, daß diese Äußerung, die jetzt erwähnt wurde, in der letzten Sitzung, etwa um 20 Uhr, gefallen ist. Frau Abgeordnete Petrovic hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet und keinen Ordnungsruf verlangt; sie hat allerdings eine Befassung in der Präsidialkonferenz verlangt. Die Präsidialkonferenz hat sich mit dieser Materie befaßt, und auch in der Präsidialkonferenz ist kein Verlangen auf Erteilung eines Ordnungsrufes seitens der Grünen oder einer anderen Fraktion gestellt worden, weil man sich offenbar dessen bewußt ist, daß man sich mit einer solchen Äußerung – so, wie mit jeder anderen Äußerung, die in diesem Hohen Haus fällt – politisch auseinanderzusetzen hat. Ich erteile daher keinen Ordnungsruf.

Wir setzen daher in der Erledigung der Materie fort.

Aktuelle Stunde

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema

"Agenda 2000 – Impulse für Landwirtschaft und Wirtschaft im ländlichen Raum"

Als erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Schwarzenberger zur Begründung dieser Aktuellen Stunde. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

9.05

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Der Beitrag der Land- und Forstwirtschaft zum Volkseinkommen und zum Bruttoinlandsprodukt und auch die Zahl der in der Land- und Forstwirtschaft Beschäftigten sind in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten so wie in allen hochentwickelten Volkswirtschaften kontinuierlich gesunken. Eine wirtschaftlich lebensfähige Land- und Forstwirtschaft ist aber wichtig, da sie das Fundament einer insgesamt positiven wirtschaftlichen Entwicklung in den ländlichen Regionen ist.

In der Land- und Forstwirtschaft sowie in den vor- und nachgelagerten Bereichen finden laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes derzeit nach wie vor 660 000 Österreicherinnen und Österreicher oder rund 20 Prozent aller Beschäftigten einen Arbeitsplatz. Ein bäuerlicher Arbeitsplatz sichert damit drei nichtlandwirtschaftliche Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Investitionen der Landwirtschaft zeigen in den letzten zehn Jahren eine an und für sich sehr interessante Entwicklung und beweisen, daß die Bauern die an sie gestellten Herausforderungen annehmen.

Die baulichen Investitionen vor etwa elf Jahren, also im Jahre 1988, hatten ein Finanzvolumen in Höhe von 7,8 Milliarden Schilling. Die baulichen Investitionen 1994, also im Jahr vor dem EU-Beitritt, betrugen 11,9 Milliarden Schilling, und die baulichen Investitionen machten im Jahre 1997 bereits 18,5 Milliarden Schilling – ohne Anteil der Mehrwertsteuer – aus. Das heißt, seit dem EU-Beitritt sind die Investitionen in die Landwirtschaft um 50 Prozent gestiegen. Das heißt aber auch, daß jeder Schilling, der in die Landwirtschaft geht – sei es als Ausgleichszulage, als Umweltförderung, als Investitionsförderung –, mit 50prozentiger Aufstockung durch die Bauern sofort wieder investiert wird, und damit werden sehr viele Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen gesichert. (Beifall bei der ÖVP.)

Das heißt, die Bauern sind bereit, diese Herausforderungen anzunehmen; sie brauchen aber klare und gesicherte Rahmenbedingungen. Wie sollen sie sonst über die Zukunft ihrer Betriebe und über notwendige Investitionen entscheiden? – Das Ergebnis der Verhandlungen über die Agenda 2000 stellt eine große wirtschaftliche Herausforderung für die bäuerlichen Familienbetriebe in Österreich dar. Gleichzeitig wird aber auch Klarheit über die Marktordnungen und über die finanziellen Rahmenbedingungen der Agrarpolitik für die nächsten sieben Jahre geschaffen. Landwirtschaftsminister Molterer und Vizekanzler Schüssel ist es gelungen, wichtige österreichische Anliegen durchzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur die Degression der Ausgleichszahlungen, die von anderen Ländern vorgegeben war und der Österreich eine Größendegression entgegensetzte, was bedeutet, daß die Degression bei den kleinen Betrieben verhindert werden konnte. Für die Kalbinnenproduktion konnte gerade in den westlichen Bundesländern, die über große Almflächen verfügen – das ist ein wichtiger Produktionsbereich –, eine Lösung gefunden werden. Die Milchquote wird bis zum Jahr 2008, also nicht nur bis 2006, erhalten bleiben. Die Preissenkungen sind geringer ausgefallen, als ursprünglich von der Kommission vorgeschlagen. – Das sind wichtige Eckpunkte für die Bauern.

Das neue flächendeckende Programm für die integrierte ländliche Entwicklung wird von einer Begleitmaßnahme der Agrarpolitik zum zweiten Standbein der EU-Agrarpolitik. Österreich hat sich an diesen Maßnahmen schon bisher führend beteiligt. Wir liegen mit unserem Umweltprogramm an der Spitze Europas, und Österreich ist das einzige Land der 15 EU-Länder, in dem das Umweltprogramm flächendeckend angeboten wird; in allen anderen Ländern wird es nur in einzelnen Regionen angeboten. Österreich hat sich an diesen Maßnahmen, wie schon erwähnt, schon bisher führend beteiligt. Wir liegen mit unserem Umweltprogramm an der Spitze. Aber auch mit dem neuen, bereits in Brüssel verhandelten ÖPUL 2000 soll diese Tendenz und Entwicklung fortgesetzt werden.

Mit der integrierten ländlichen Entwicklung wird auch die Möglichkeit der Einführung eines Sockelbetrages der Ausgleichszulage für Bergbauern und Bauern in benachteiligten Regionen geschaffen. Der Nationalrat hat bereits mit einem Entschließungsantrag für diesen Sockelbetrag plädiert, und jetzt geht es darum, in Österreich für die Umsetzung des Sockelbetrages im Bundeshaushalt für das Jahr 2000 zu sorgen. Das Programm bietet auch in Zukunft die Möglichkeit, die verarbeitende Wirtschaft zu fördern. Eine auf dem europäischen Markt und auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähige Verarbeitungswirtschaft stellt die zentrale Voraussetzung dafür dar, daß die Bauern einen angemessenen Ertrag aus der landwirtschaftlichen Produktion erwirtschaften können. Wir erwarten auch, daß über das Programm der integrierten ländlichen Entwicklung hinaus die ländlichen Regionen aufgrund der Neuregelung der Ziel-2-Maßnahmen in der Regional- und Strukturpolitik einen angemessenen Anteil erhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es gab in der vergangenen Woche den Beschluß des Europäischen Rates, eine Rahmenrichtlinie für erneuerbare Energieträger von der Kommission raschest ausarbeiten zu lassen. Mit der vom Rat geforderten Rahmenrichtlinie sollen erneuerbare Energieträger wettbewerbsfähiger gemacht werden. Ein wichtiges Signal dazu ist auch die Ankündigung von Finnland, während seiner Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 1999 das Thema erneuerbare Energieträger zu einem Schwerpunkt zu machen. Finnland ist gemeinsam mit Schweden und Österreich Vorreiter in der Nutzung erneuerbarer Energieträger.

Auch in Österreich hat sich die Bundesregierung vorgenommen, die Rahmenbedingungen für nachwachsende Rohstoffe zu verbessern. Dazu müssen etwa holzdiskriminierende Bestimmungen in Bauordnungen und Förderbestimmungen beseitigt werden. Die Verpflichtung, 2 Prozent Biodiesel dem Dieseltreibstoff beizumischen, ist ebenso ein Signal Österreichs an die gesamte EU.

Eine Studie des Sozialministeriums bescheinigt auch in diesem Zusammenhang große Beschäftigungsmöglichkeiten und Beschäftigungseffekte. Wenn wir nachwachsende Rohstoffe in Österreich entsprechend nutzen würden, wären bis zu 50 000 zusätzliche Arbeitsplätze möglich. Es gibt in unserer Forstwirtschaft einen Zuwachs in Höhe von etwa 30 Millionen Festmeter pro Jahr; davon nutzen wir derzeit 18 bis 19 Millionen Festmeter. Da wäre also noch entsprechendes Potential enthalten.

Die Agenda 2000 bringt gewaltige wirtschaftliche Herausforderungen für die Bauern und den ländlichen Raum. Sie bringt aber auch Chancen, die es wahrzunehmen gilt. Deshalb haben auch Bauernbund und Wirtschaftsbund ein gemeinsames Aktionsprogramm für den ländlichen Raum entwickelt, und zwar mit dem Ziel, die wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung des ländlichen Raumes in den Mittelpunkt einer gemeinsamen politischen Aktion zu stellen und Entwicklungsprogramme für die Zukunft des ländlichen Raumes zu erarbeiten.

"Das Land muß leben!" enthält insgesamt fünf Punkte, und zwar: neue Arbeitsplätze am Land schaffen, gleiche Chancen in der Lebensqualität garantieren, ländliche Betriebe entlasten, Dörfer erneuern und die Zukunft sichern. Dazu gehört auch ein gerechterer Finanzausgleich für die kleinen ländlichen Gemeinden, daß Projekte entwickelt und Ideen aus den Regionen genutzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine damit Ideen, die wir gemeinsam als Landwirtschaft und Wirtschaft auch zur Nahversorgung erbringen können, wie etwa nationale und regionale "Schmankerl" in unseren Tourismusbetrieben. Es geht um eine Entwicklung, mit der auch andere Sektoren integriert werden sollen. Eine positive Entwicklung der Landwirtschaft ist nämlich langfristig nur dann möglich, wenn auch der Tourismus, die Gastronomie, das Gewerbe oder etwa die Nahversorgung positive Entwicklungsmöglichkeiten vorfinden. Das Land wird leben, wenn wir der Bevölkerung verbesserte Rahmenbedingungen vorgeben und damit den Bewohnern des ländlichen Raumes Hoffnung und Zuversicht ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

9.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Thema dieser Aktuellen Stunde hat sich Herr Bundesminister Mag. Molterer gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

9.15

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Eine aktive und wirtschaftlich erfolgreiche Landwirtschaft ist für die Zukunft vitaler ländlicher Räume von unverzichtbarer Bedeutung. Gleichzeitig ist aber klar, daß eine positive Entwicklung für die Landwirtschaft nur dann möglich ist, wenn wir alles dafür tun, daß der ländliche Raum insgesamt mit allen seinen Teilen, mit allen seinen Bevölkerungsgruppen diese positive Entwicklungsmöglichkeit erhält. Es ist daher von zentraler Bedeutung, daß die Agenda 2000 als zweites Standbein, als zweite politische Säule diese integrierte ländliche Entwicklung zum Ziel hat.

Ich kann berichten, meine Damen und Herren, daß diese Woche, und zwar am Montag, die formelle Beschlußfassung über die Agenda 2000 im Rat der Landwirtschaftsminister erfolgt ist, sodaß die Verwirklichung dieser zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik nun fix ist und einer Realisierung nichts mehr im Wege steht.

Kernpunkt der österreichischen Agrarstrategie ist weiterhin, den bäuerlichen Familienbetrieb, das bäuerliche Familienunternehmen zu erhalten. Grundlage dafür ist das europäische Modell der Landwirtschaft, in dem es heißt, daß wir eine nachhaltige Landbewirtschaftung wollen, eine flächendeckende Bewirtschaftung des Landes, eine Landwirtschaft, die in der Lage ist, alle Funktionen zu erfüllen, die man von ihr erwartet, und eine Landwirtschaft, die langfristig auch wettbewerbsfähig ist.

Während der österreichischen Präsidentschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir diese zweite Säule der Landentwicklung des integrierten ländlichen Raumes in der europäischen Agrarpolitik fixiert. Jetzt geht es darum, mittels innerösterreichischer Umsetzung auf regionaler Ebene, auf Ebene der Entwicklungsperspektiven der Regionen daraus neue Chancen für Einkommen und Arbeitsplätze zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist klar, daß dabei die Landwirtschaft, wie ich schon eingangs erwähnt habe, eine Schlüsselrolle spielt, eine Schlüsselrolle nicht nur für die Erhaltung der Umweltleistungen, eine Schlüsselrolle nicht nur für Sicherung der langfristigen Qualität unserer Nahrungsmittelversorgung, nicht nur für die Erhaltung attraktiver Lebens- und Erholungsräume, sondern darüber hinaus auch eine Schlüsselrolle bei der Sicherung von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft selbst und in den vor- und nachgelagerten Bereichen im gesamten Sektor der Land- und Forstwirtschaft. Dabei spielt selbstverständlich auch die Unterstützung der ländlichen Regionen und der Landwirtschaft im Zusammenhang mit der Schaffung von Arbeitsplätzen eine wichtige Rolle.

Ich möchte nur als Beispiel dazu erwähnen, daß etwa die Verkehrserschließung der ländlichen Regionen eine Schlüsselfunktion in der Infrastruktur für die Bauern und für alle Betroffenen im ländlichen Raum mit etwa 300 Millionen Schilling an Förderungsvolumen der öffentlichen Hand ist und etwa 3 000 Arbeitsplätze und damit Beschäftigung für etwa 3 000 Menschen sichert. (Abg. Wabl: Meinen Sie die Autobahn im Ennstal, Herr Minister?)

Meine Damen und Herren! Wir müssen uns in der Entwicklung dieses Programmes "ländlicher Raum" auf Basis der Agenda 2000 folgende Eckpunkte vornehmen, und diese werden wir auch umsetzen. Erstens: Die ländliche Entwicklung sichert uns die Möglichkeit, auch in Zukunft Umweltprogramme flächendeckend für die Bauern und für die Landwirtschaft anzubieten. ÖPUL 2000 wird auch in Zukunft von der Europäischen Union mit 50 Prozent kofinanziert und stellt ein Schlüsselelement einer ökologischen Strategie der gesamten Landbewirtschaftung in Österreich dar. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens ist klar, daß die Berücksichtigung und die Abgeltung der natürlichen Benachteiligung ein Kernelement dieser Strategie der ländlichen Entwicklung ist. Es wird daher ab kommendem Jahr möglich sein, in der Bergbauernförderung auf die betriebsindividuelle Erschwernis umzustellen, und es wird möglich sein, den Sockelbetrag für die Bergbauernbetriebe einzuführen, damit auch die Bewirtschaftungsleistung im Berggebiet entsprechend honoriert wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist auch klar, daß die Investitionsförderung für bäuerliche Betriebe auf Basis dieses neuen Programmes der ländlichen Entwicklung in Zukunft ausgebaut wird. Ich denke da etwa an die Frage der "Jung-Übernehmer", die als positives Signal, als Förderungsanreiz eine wichtige Rolle spielt.

Es wird in der ländlichen Entwicklung, in diesem Programm, auch in Zukunft selbstverständlich die Sektorplanförderung geben – ein wichtiges Instrument, um die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Verarbeitungsbetriebe unter anderem auf dem Fleischsektor, dem Milchsektor oder dem Obst- und Gemüsesektor zu stärken. Wir brauchen diese wettbewerbsfähigen Betriebe, weil wir letztendlich nur dann die Chancen des Binnenmarktes optimal nutzen können.

Meine Damen und Herren! In der ländlichen Entwicklungspolitik wird es auch neue Perspektiven geben; ich denke da etwa an die neuen Möglichkeiten der Forstwirtschaft. Wir müssen in der Forstwirtschaft noch mehr als bisher danach trachten, daß wir den Wald in seinen vielfältigen Funktionen vor allem als Stabilisierungselement, aber auch als Einkommensfaktor für die Bauern erkennen. Dazu brauchen wir verstärkte Möglichkeiten der Nutzung von Holz. Das reicht vom Einsatz als Bioenergieträger bis hin zu Holz als Baustoff; aber in weiten Bereichen müssen wir auch im Forschungsbereich in völlig neue Anwendungsbereiche gehen.

Diese Holzcluster, die sich dabei entwickeln, sind aus meiner Sicht eine ganz zentrale und wichtige strategische Orientierung, auch die Forstwirtschaft in diesem Zusammenhang als neues Element zu definieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das Konzept der ländlichen Entwicklungspolitik reicht aber weiter: Es geht nicht nur um die Landwirtschaft, sondern es geht auch darum, daß die Landwirtschaft Partner braucht. Ich strebe daher eine optimale Partnerschaft und Kooperation mit dem Gewerbe im ländlichen Raum an.

Wir brauchen die Partnerschaft zwischen der Landwirtschaft und etwa den Bäckern, den Fleischern. Wir brauchen die Partnerschaft zwischen Landwirtschaft und Gastronomie. Wir brauchen die Partnerschaft zwischen Landwirtschaft und Tourismus. Diese Kooperationsbereitschaft und Partnerschaft sind Grundlage für eine positive Entwicklung in der Landwirtschaft in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die ländlichen Räume brauchen aber für ihre Entwicklung auch die notwendige Infrastruktur, die notwendigen Einrichtungen der Nahversorgung, die notwendige Versorgung mit lebenswichtigen Elementen für die Menschen im ländlichen Raum.

Meine Damen und Herren! In dieser "Landentwicklung", diesem neuen Konzept der integrierten ländlichen Entwicklung, haben wir jene Erfahrungen umzusetzen, die wir bereits jetzt mit den 5b-Projekten in Österreich gemacht haben. Diese 5b-Projekte können nun im gesamten ländlichen Raum angewendet werden. Der Wegfall dieser horizontalen Grenze und die Anwendung der integrierten Entwicklung im gesamten ländlichen Raum müssen wir als Chance erkennen, diese positive Erfahrung der Projektentwicklung aus den ländlichen Regionen im gesamten ländlichen Raum zur Anwendung zu bringen.

Diese Projektentwicklung, meine Damen und Herren, basiert auf den Kooperationsmodellen, von denen ich bereits gesprochen habe, bietet Chancen für die Landwirtschaft, bietet Einkommenschancen für die Bauern, bietet aber vor allem auch die Möglichkeit, zusätzliche Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen zu sichern.

Meine Damen und Herren! Dabei müssen wir auch neue Fragestellungen in diese ländliche Entwicklungspolitik integrieren. Ich denke etwa, daß die Anwendung der neuen Kommunikationstechnologien, die Anwendung des Internets für die Vermarktung bäuerlicher Produkte, für die Vermarktung von Angeboten aus dem ländlichen Raum, wie etwa Urlaub auf dem Bauernhof, bis hin zur Einsatzmöglichkeit auf dem bäuerlichen Betrieb von diesen selbst in optimaler Weise eingesetzt werden sollen, weil es darum geht, bisherige Benachteiligungen des ländlichen Raumes in Vorteile umzuwandeln, die letztendlich dazu führen, daß wir auch für die Menschen im ländlichen Raum – egal, ob Bauern, Gewerbetreibende oder Arbeitnehmer – vergleichbare Lebensbedingungen schaffen.

Meine Damen und Herren! Dieser ländliche Raum ist für die Zukunft Österreichs von eminenter Bedeutung. (Beifall bei der ÖVP.) In diesem ländlichen Raum liegt viel kreatives Potential, in diesem ländlichen Raum schlummern Möglichkeiten zur Beschäftigung. In diesem ländlichen Raum sind die Kernelemente der nachhaltigen Entwicklung gezeichnet.

Ich bin daher davon überzeugt, daß wir bei optimaler Anwendung der Agenda 2000 und ihrer zweiten Säule, der Landentwicklung, alles dazu tun können, damit das Land Zukunft hat. Dafür arbeiten wir, und ich bitte Sie: Unterstützen Sie diese neue Perspektive der ländlichen Entwicklung im Rahmen der Agenda 2000! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

9.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeiten betragen einheitlich für alle sich an der Debatte Beteiligenden 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Maderthaner. – Bitte.

9.27

Abgeordneter Ing. Leopold Maderthaner (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch aus Sicht der Wirtschaft bin ich sehr froh darüber, daß das Thema Agenda 2000 hier in der Aktuellen Stunde behandelt wird, denn vielfach wurde die Agenda 2000 ja so dargestellt, als wäre das ein Thema, das ausschließlich die Landwirtschaft betrifft. Daher melde auch ich mich heute zu diesem Thema zu Wort, denn das Ergebnis der Agenda 2000 ist für die gesamte österreichische Volkswirtschaft, aber insbesondere für die Wirtschaft im ländlichen Raum von zukunftsweisender Bedeutung. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt gerade in den ländlichen Regionen viele Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Landwirtschaft. So ist die Landwirtschaft einer der wichtigsten Auftraggeber für viele Produkte aus der Wirtschaft, so zum Beispiel für den Bereich der landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte, die in der Landwirtschaft gebraucht werden. Aber auch in anderen Bereichen gibt es eine gute und notwendige Zusammenarbeit, die wir viel mehr herausstreichen sollten, als das bisher der Fall war. Von der Auslastung der betroffenen Industrie- und Gewerbebetriebe hängen jedenfalls auch Tausende Arbeitsplätze ab. (Beifall bei der ÖVP.)

Darüber hinaus ist von der Einkommenssituation der Landwirtschaft auch die Kaufkraft für die Wirtschaftsbetriebe in der Region, im Ort abhängig. Gerade bezüglich Kaufkraft gab es in den letzten Jahren für die ländlichen Regionen in gewissem Sinne eine besorgniserregende Entwicklung.

Laut einer jüngst veröffentlichten Studie der Firma RegioPlan Consulting verfügen derzeit bereits 300 Gemeinden über keinen Nahversorger. Es müssen also etwa 264 000 Menschen ohne Nahversorger auskommen. Daher ist die neue Linie der Kooperation von großer Bedeutung. (Abg. Wabl: Wer ist politisch dafür verantwortlich?)

Darüber kann man reden, es gibt Entwicklungen hinsichtlich der Handelsketten, die diesbezüglich großen Einfluß genommen haben. Gerade deswegen ist es notwendig, daß wir mehr als bisher versuchen, in der Region die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Landwirtschaft zu stärken. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch ein weiteres Thema ist gerade in den ländlichen Regionen beziehungsweise in den Grenzregionen von besonderer Bedeutung: Immer mehr Klein- und Mittelbetriebe im Bereich des Gewerbes und Handwerks haben Schwierigkeiten, Betriebsnachfolger zu finden. Daher ist es wichtig, in bezug auf die Strukturen draußen auf dem Lande etwas zu tun.

Meine Damen und Herren! Die ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagenen Preiskürzungen in vielen Bereichen der Landwirtschaft hätten massive Einkommensverluste für die Landwirtschaft zur Folge gehabt. Damit wäre aber auch die negative Spirale in Gang gesetzt worden: weniger Einkommen, weniger Konsum, weniger Investitionen, dadurch weniger Arbeitsplätze in der Region und insgesamt in der gesamten Volkswirtschaft. Dem wollen wir gegensteuern.

Den österreichischen Verhandlern ist dafür zu danken, daß sie durchgesetzt haben, daß die vorgeschlagenen Preiskürzungen nicht in vollem Umfang zum Tragen kommen und darüber hinaus mit neuen Programmen und Einschleifregelungen entsprechende Ausgleichs- und Anpassungsmaßnahmen möglich sind.

Meine Damen und Herren! Gerade das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Landwirtschaft im ländlichen Bereich war – das müssen wir auch klar sagen – nicht immer friktionsfrei, und es wird auch in Zukunft manche Probleme geben. Aber wir sollten das Gemeinsame suchen und könnten dadurch vielleicht die Probleme auch leichter lösen, die es eben naturgemäß gibt.

Viele Probleme konnten wir gerade in letzter Zeit ausräumen. Es gelten in der Gewerbeordnung im wesentlichen gleiche Spielregeln für gleiche Tätigkeiten. Besonders vorteilhaft in diesem Zusammenhang ist, daß die Agenda 2000 ganz gezielt Impulse für die ländliche Entwicklung, für die Entwicklung des ländlichen Raumes und damit auch für die Wirtschaft, für die klein- und mittelständische Wirtschaft in diesen Bereichen geben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Kooperationsprojekte zwischen Landwirtschaft und anderen Wirtschaftssektoren werden besonders forciert und unterstützt. Das ist eine neue Chance. Die Zukunft des Standortes Österreich liegt im Miteinander – und nicht im Gegeneinander, meine Damen und Herren! Das ist das Wesentliche! Dafür treten wir ein. (Beifall bei der ÖVP.)

Seitens der Wirtschaft verstehen wir uns als Impulsgeber. Der ländliche Raum muß leben. Die Agenda 2000 macht das möglich. Wir von der Wirtschaft werden diesen Weg durch gezielte Zusammenarbeit in den Bezirken, in den Regionen fördern und durch die Region auch konkrete Chancen aufgreifen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

9.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinz Gradwohl. – Bitte.

9.33

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Wieder einmal ist die Agenda 2000 Gegenstand unserer Verhandlungen hier im Nationalrat. Und ich meine, das ist gut so. Denn dabei wird klarer, je öfter wir darüber sprechen, welche Möglichkeiten und welche Schwerpunkte der Umsetzung im Rahmen der Agenda 2000 die einzelnen Parteien für Österreich und für die österreichische Landwirtschaft und Wirtschaft tätigen, Herr Kollege Wabl! (Abg. Wabl: Jetzt könnten wir einmal über Ihre Versäumnisse reden!)

Ich hatte schon in der letzten Debatte über die Agenda 2000 die Gelegenheit, meiner Freude darüber Ausdruck zu verleihen, daß in der horizontalen Verordnung zur Agenda 2000 die Degression nach der Größe, Frau Kollegin Petrovic, vorgesehen ist (Abg. Dr. Petrovic: Was ist mit der sozialen Staffelung?) und damit eine langjährige Forderung der Sozialdemokratie, nämlich nach gerechterer Verteilung der Agrarförderungsmittel, erfüllt wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Da es, meine sehr geehrten Damen und Herren, in einigen Bereichen der Agrarförderung bereits möglich war, mit unserem Koalitionspartner gemeinsam diese Degression, diese soziale gerechte Verteilung einzuführen, gehe ich davon aus, daß aufgrund der Agenda-Beschlüsse dieser Weg fortgesetzt wird. Heute beschäftigen wir uns vorwiegend mit dem Teil der Agenda 2000, der von Impulsen – ich bin für diesen Titel der heutigen Aktuellen Stunde sehr dankbar – für die Landwirtschaft und die Wirtschaft in den ländlichen Regionen ausgeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit ist auch bewiesen, daß diese Mittel nicht nur für die Landwirtschaft alleine, sondern tatsächlich für die ländlichen Gebiete in der Gesamtheit zur Verfügung stehen sollen. Im Rahmen dieser Förderentwicklung darf man nicht nur den Bauernhof und die dazugehörigen Felder, Wälder und Wiesen sehen, sondern den gesamten ländlichen Raum, das Netzwerk der allgemeinen Wirtschafts-, Lebens-, Kultur- und Umwelträume. Die Agenda 2000 bietet die Möglichkeit, dies zu unterstützen. (Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Dazu gehören aber auch die Infrastrukturen der ländlichen Regionen wie beispielsweise der Verkehr und, Herr Bundesminister Farnleitner, der weitere Ausbau der S 36 in der Obersteiermark, aber auch Telekommunikationsmöglichkeiten bis hin zum Internet.

Ich bin auch einer Meinung mit Agrarkommissar Franz Fischler, der anläßlich der Versammlung des Niederösterreichischen Schafzuchtverbandes einige Punkte der Agenda 2000 besonders hervorgehoben, besonders herausgearbeitet hat. Ich möchte nun einige dieser seiner Ausführungen zitieren. Franz Fischler sagte unter anderem – ich zitiere –:

Wir haben in dieser reformierten Agrarpolitik für sämtliche benachteiligte Gebiete die Möglichkeit geschaffen, daß die Förderung, die Direktzahlungen in den benachteiligten Gebieten wesentlich weiter ausgebaut werden. Es werden von uns aus vermehrt alle Initiativen, die in Richtung Direktvermarktung gehen, die Initiativen, die Investitionen im Bereich der Vermarktung und Verarbeitung notwendig machen, und alle Initiativen, die neuen Marketingideen zum Leben verhelfen sollen, gefördert. – Ende des Zitates.

Auch da finden sich jahrelange Forderungen der Sozialdemokratie umgesetzt, und das freut mich. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade dieser letzte Punkt, den ich angesprochen habe, betreffend Vermarktung neuer Marketingideen spielt sich vor einem in Österreich sehr aktuellen Hintergrund ab. So entnehme ich einer APA-Meldung vom 10. Mai 1999: Biobauern klagen zum Schutz der Konsumenten die AMA. – Darin wird die derzeit laufende Werbung der AMA-Marketing kritisiert, die in ihrer Gestaltung dazu angetan ist, die Konsumentinnen und Konsumenten zu täuschen. Bei dieser Fernsehwerbung wird nämlich – ich gehe davon aus, daß es sich dabei um einen AMA-Gütesiegel-Bauer handelt – all das angeführt, was es auf seinem Hof nicht gibt. Ich zitiere aus dieser APA-Meldung: "Antibiotika und Chemie gibt es bei mir nicht." – Ende des Zitates. Die rechtliche Verpflichtung, aber auch die Kontrolle dieser Chemiefreiheit und anderer Maßnahmen werden aber nur den Biobauern auferlegt, und zwar nach einer EU-Verordnung und nach dem österreichischen Lebensmittelkodex, Herr Präsident Schwarzböck! (Abg. Schwarzenberger: Auch ÖPUL wird von der AMA kontrolliert!)

Diese Werbung, Herr Kollege Schwarzenberger, suggeriert den Konsumenten, daß all das, was mit einem AMA-Gütesiegel ausgestattet ist, biologisch produziert wurde. Das ist aber nicht richtig, sondern das ist eine Täuschung des Konsumenten. Ich bin daher der Meinung, daß diese Chance für unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft, für die biologische Landwirtschaft genutzt werden muß. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Daher, geschätzter Herr Bundesminister – ich bin schon beim Schlußsatz, Herr Präsident –, meine ich, wir müssen die Vermarktungsbeiträge, die eingehoben werden, den Bioverbänden zur Verfügung stellen, die damit ihre neuen Marketing- und Werbestrategien umsetzen können und damit auch den ländlichen Regionen dienen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol.)

9.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Aumayr. – Bitte.

9.38

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Herren Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist unbeschreiblich, wie Sie von höchster Ministerebene Preiskürzungen für die Bauern in der Höhe von 20, 30 Prozent als Erfolg zu verkaufen suchen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es ist unbeschreiblich, für wie dumm Sie die Bauern halten, denn diese haben das Spiel schon längst durchschaut!

Herr Minister! Jetzt ist die Agenda 2000, der Finanzplan der EU bis zum Jahre 2006 unter Dach und Fach. Diese von Ihnen beschlossene Agenda – das wissen Sie, Herr Minister – wird Hunderttausenden Bauern in der Europäische Union ihren Hof kosten. Bauernhöfe und Familien, die seit Jahrhunderten Bestand hatten, Bauernhöfe, die seit Jahrhunderten den Bauernfamilien Arbeit, Einkommen und Heimat gegeben haben, haben Sie mit Ihrem Beschluß zur Agenda 2000 für immer ruiniert, und zwar für immer! (Beifall bei den Freiheitlichen) – und dies einzig und allein deshalb, um Ihr politisches Ziel zu erreichen, nämlich die Osterweiterung. Nur deswegen werden den Bauern diese Einkommensverluste verpaßt! Und das wissen auch Sie, Herr Kollege Schwarzenberger!

Es sind seit dem EU-Beitritt, seit 1995, die Getreidepreise, Herr Kollege Maderthaner – und ich möchte wissen, ob Sie sich das in Ihrem Bereich gefallen lassen würden –, die Verkaufspreise für die Bauern auf die Hälfte gesunken. Der Schweine- und Milchpreis ist halbiert worden; die Rinderpreise wurden um 30 Prozent gesenkt.

Und jetzt beschließen Sie mit dieser Agenda 2000 weitere Preissenkungen um bis zu 20 Prozent! Mit den Ausgleichszahlungen werden diese Einkommensverluste bei weitem nicht ausgeglichen werden können! Und auch das wissen Sie, Herr Minister!

1998 haben die Bauern Einkommen in Milliardenhöhe verloren, und nunmehr werden sie auch der Osterweiterung geradezu geopfert. Die Agenda 2000 wird nicht nur in Österreich Arbeitsplätze kosten, sondern auch bäuerliche Arbeitsplätze in den Beitrittsländern. Aber die Wahrheit kommt ja in Österreich nicht auf den Tisch. In Brüssel hingegen spricht man eine ganz deutliche Sprache, Herr Bundesminister, so zum Beispiel auch im Ausschuß für Regionalpolitik. Dieser beschloß mit großer Mehrheit einen Abänderungsantrag in bezug auf die EU-Osterweiterung, der lautete: Angesichts der zu erwartenden Freisetzungen von Arbeitskräften in der Landwirtschaft müßten die Bewerberländer – das heißt: die Beitrittsländer – ihre besondere Aufmerksamkeit einem speziellen Entwicklungsplan zur Schaffung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten im ländlichen Raum widmen. – Zitatende.

Schon aus diesen Formulierungen im Antrag wird ganz klar, wohin die Reise geht. EU-Abgeordneter Mulder sagte im Landwirtschaftsausschuß – ich zitiere –:

Weiters muß berücksichtigt werden, daß die Erwerbstätigkeit in der europäischen Landwirtschaft weiter abnehmen wird und 2005 nur mehr 2 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig sein werden. – Zitatende. (Abg. Madl: Wahnsinn!)

Einzig und allein dem politischen Ziel der Osterweiterung werden die Bauern in Europa geopfert! Es wird dies auch Millionen an Arbeitsplätzen in diesen osteuropäischen Ländern kosten. Und wer sind die Gewinner – das wissen Sie auch, Herr Minister! – derart niedriger Produzentenpreise in der Landwirtschaft? – Einzig und allein international tätige Konzerne! Diese fahren Gewinne in Milliardenhöhe ein, geben aber Preissenkungen in der Landwirtschaft niemals an die Konsumenten weiter. Sonst könnte es ja nicht sein, Herr Minister, daß heute eine Wurstsemmel mehr kostet, als ein Bauer für die Produktion von einem Kilo Schweinefleisch erhält! Sonst gäbe es eine solche Diskrepanz doch nicht!

Und genau einen solchen Entwicklungsweg beschreiten Sie jetzt mit großer Vehemenz! Ich kann Ihnen aber sagen, daß die Preissenkungen für die Bauern nicht ausreichen werden, um die Osterweiterung zu finanzieren. Und aus diesem Grund planen Sie eine Europasteuer. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das heißt, die Bauern werden ruiniert – und die Steuerzahler werden zur Kasse gebeten! Dabei werden wir Freiheitlichen aber sicherlich nicht mitspielen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Das ist es: Europasteuer! Jetzt ist die schwarze Katze aus dem Sack, die schwarz-rote Katze! – Abg. Schwarzenberger: Und was wird der Haider machen?)

9.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.

9.44

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Ich habe jetzt ein kleines Problem, Herr Präsident und meine Herren Minister: Vorredner haben wirklich ausgezeichnete Wahlreden gehalten, nur, meine Damen und Herren: Wir sind hier nicht auf einer Wählerveranstaltung der Freiheitlichen! (Abg. Haigermoser: In welcher Partei sind Sie zurzeit gerade, Herr Smolle?) Kollege Haigermoser und Herr Minister, auch Ihnen ist das zu sagen, ebenso Herrn Maderthaner: Das ist jetzt bitte keine ÖVP-Veranstaltung, sondern das ist das österreichische Parlament. Also würde ich bitten, so freundlich zu sein, zur Sache zu sprechen, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.)

Gospod predsednik! Gospod minister! Visoki Dom! Hohes Haus! Herr Minister! Herr Präsident! (Abg. Haigermoser: Im Sommer ist Transferzeit, und Habsburg braucht noch Leute! Da kannst du wieder einmal die Partei wechseln, Smolle! Smolle und Habsburg, das wäre Brutalität! – Heiterkeit. – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Der Berliner Agrarminister-Gipfel kennt nur Sieger. Es ist eine verdächtige Angelegenheit, meine Damen und Herren, wenn Leute zusammenkommen, etwas ver- und aushandeln und danach alle als "Sieger" nach Hause gehen. Was heißt das konkret? – Das heißt konkret, daß nichts herausgekommen ist. Die Reform der Agrarpolitik hat nicht stattgefunden – nicht in Berlin, auch nicht in diesem Hause, auch nicht im Hause Österreich!

Es ging bloß ums Weiterschreiben alter Zahlen, alter Positionen. Ich möchte hiezu eine Ihnen nicht ganz fernstehende Zeitung zitieren, nämlich die "Frankfurter Allgemeine", in der in einem Artikel ganz klar festgehalten wurde, daß sich die "Reformvereinbarungen" – unter Anführungszeichen – des Berliner EU-Gipfels als widersprüchlich entpuppt haben, unklar formuliert waren. Es wäre notwendig und möglich gewesen, daß die Landwirtschaftsminister nachgebessert hätten.

Die Quotenregelungen sind bis nach dem Jahr 2008 verschoben. Meine Damen und Herren, es ist alles beim alten geblieben! Die Frage ist nur, wie lange sich das die europäischen Steuerzahler noch gefallen lassen werden, meine Damen und Herren.

Wir stehen positiv zur Entwicklung des ländlichen Raumes und dessen Förderung; es fehlen jedoch die integrierten Ansätze. Sinnvoll wäre es, die Raumordnungskompetenz in Österreich beim Bund anzusiedeln, aber darüber haben wir ja im Ausschuß bereits gesprochen.

Minister Molterer hat jedenfalls in den Verhandlungen zur Agenda 2000 im Kreis der europäischen Wirtschaftsminister notwendige und weitreichende Reformen verhindert – das ist die zentrale Aussage –, zumindest aber auf Jahre verschoben, und zwar verschoben auf die Zeit nach dem Jahre 2006, wie es heißt, oder dann 2008.

Die konservativen Politikbesitzstände sind weiterhin gesichert, die Strukturen sind so erhalten geblieben, wie sie eben sind. Daher also die Fragen: Wie lange ist der europäische und österreichische Steuerzahler noch bereit, diese überhöhten Kosten der Landwirtschaft zu tragen? Wie lange ist der europäische Konsument noch bereit, diese Kosten zu tragen? Die Landwirtschaft wird dem Europäer und damit auch dem Österreicher weiterhin teuer bleiben – und das im doppelten Sinn des Wortes.

Die Preise für landwirtschaftliche Produkte werden künstlich hochgehalten, die Kosten für Produktionsmittel sind nach wie vor hoch. Die europäische Landwirtschaft wird durch die Politik dieser Landwirtschaftsminister eben nicht zu Reformen angeregt, sondern zum Weiterschreiben bestehender Politikpositionen.

Meine Damen und Herren! Nur wirklich wirtschaftliche Arbeitsplätze, wirtschaftlich abgesicherte, nachhaltig abgesicherte Arbeitsplätze sind auch in der Landwirtschaft die Zukunft. Es müssen betreibbare, wirtschaftlich starke landwirtschaftliche Betriebe geschaffen werden. Das sollte das Ziel sowohl der europäischen als auch der österreichischen Landwirtschaftspolitik sein! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir brauchen größere Betriebseinheiten, und wir brauchen überwiegend Voll-Landwirte, meine Damen und Herren! Nur Voll-Landwirte können letztlich Arbeitsplätze garantieren. Ein bloßes Weiterschreiben der bisherigen Nicht-Reformen ist kein Ziel, vor allem kein Ziel liberaler Politik. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

9.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte.

9.48

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wenn Herr Landwirtschaftsminister Molterer von der Regierungsbank aus sagt, die österreichische Politik sei nach wie vor eine Politik flächendeckender Landwirtschaft, eine Politik nachhaltiger Landwirtschaft, eine Politik funktionaler Landwirtschaft und eine Politik wettbewerbsfähiger Landwirtschaft (Abg. Freund: Damit hat der Landwirtschaftsminister vollkommen recht!), so hat er uneingeschränkt die Unterstützung der Grünen.

Aber wenn Herr Landwirtschaftsminister Molterer in Brüssel in bezug auf Wettbewerbsfähigkeit nachgibt, obwohl es da keine Wettbewerbsfähigkeit geben kann, meine Damen und Herren, dann können wir ihn bei einer solchen Politik nicht unterstützen! Die österreichische Landwirtschaft hält nämlich ökologische und soziale Standards, die in vielen Bereichen Europas nicht erreicht werden – und schon gar nicht auf dem Weltmarkt! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Der Landwirtschaftsminister sagt, es sei notwendig, eine Verkehrserschließung der ländlichen Regionen zu betreiben. – Seit 1945 bitte läuft dieses Programm! Meint der Landwirtschaftsminister vielleicht die Autobahnbau-Vorhaben des Herrn Ministers Farnleitner, der neben ihm hier heute zur Verstärkung sitzt, im Ennstal?! Eine neue Autobahn durch ökologisch bewirtschaftetes Gebiet?! Wenn der Landwrtschaftsminister das neue Autobahnkonzept des Herrn Farnleitner meint, so kann das selbstverständlich keine Unterstützung von uns Grünen finden! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Petrovic: Das dient doch nur dem Baukartell!)

Meine Damen und Herren! Wenn der Herr Landwirtschaftsminister meint, daß ÖPUL ein wichtiges Standbein der österreichischen Landwirtschaft ist, so hat er recht damit, und wir haben ihn auch in solchen Bemühungen immer unterstützt – sogar gegen die Sozialdemokraten. Wenn aber eine Evaluierung, wenn eine Nachprüfung, ob tatsächliche ökologische Elemente auch exakt ausgeführt beziehungsweise weiterentwickelt werden, nicht beziehungsweise nicht in ausreichendem Maße erfolgt, und wenn in bezug auf soziale Verträglichkeit und soziale Staffelung eine solche Überprüfung nicht erfolgt – etwas, wofür die Sozialdemokratie einen Koalitionsbruch begangen hat –, dann können wir den Landwirtschaftsminister nicht unterstützen, denn hiermit verrät er die wichtigen Anliegen der Bauern und Bäuerinnen, insbesondere der kleinen und mittelständischen Betriebe, die, wie Sie, Herr Schwarzenberger, richtigerweise gesagt haben, 600 000 Arbeitsplätze garantieren. Und man könnte in vielen anderen Bereichen noch mehr Arbeitsplätze schaffen.

Meine Damen und Herren! Da wir heute über Investitionen im ländlichen Raum diskutieren, sollten wir uns auch ganz konkret vor Augen führen, was im ländlichen Raum, und zwar in ganz bestimmten Bereichen, passiert. Es gibt jetzt ein ambitioniertes Programm im Zusammenhang mit der Kanalisierung in dünnbesiedelten Gebieten. Die Österreichische Kommunalkredit hat die Prognose erstellt, daß ungefähr 186 Milliarden Schilling in diesen Bereich investiert werden. In diesem Gebiet wohnt zirka 1 Million Menschen, und es gibt dort vorwiegend bäuerliche Betriebe. Und da erfolgt der Mitteleinsatz, werden die Förderungen, die Steuergelder so verwendet, daß im wesentlichen die bäuerliche Bevölkerung davon nicht profitiert, nicht das, was im Wasserrechtsgesetz intendiert ist, nämlich der Schutz der Gewässer im Vordergrund steht, sondern das vorwiegend zur Finanzierung der Baukartelle, vorwiegend zur Finanzierung der Banken und vorwiegend zum Erhalt der Technobürokratie verwendet wird, die die bäuerliche Bevölkerung in die Unmündigkeit zu treiben versucht und so die Selbsthilfe behindert und die Bildung von Genossenschaften zum Teil verunmöglicht. (Beifall bei den Grünen.)

Hohes Haus! Der Herr Landwirtschaftsminister hat bis zum heutigen Tage seine Verordnungskompetenz in wesentlichen Fragen dieses Bereichs nicht ausgefüllt. Neun Jahre sind in der Zwischenzeit vergangen, meine Damen und Herren, und der Herr Minister hat noch immer nicht seine Verordnungsermächtigung ausgeschöpft, um genau jene Tendenzen, die im ländlichen Raum so wichtig wären, nämlich die Selbsthilfe, die Selbstreinigungskraft des Bodens zu fördern – und nicht irgendwelche Bergbauern mit großen Betonkanalrohren ans Netz anzuschließen, was Beträge in Millionenhöhe kostet, um sie dann aber verarmen zu lassen. Das ist nämlich das, wovon Sie hier immer reden, nämlich von der Regionalentwicklung. Aber es passiert genau das Gegenteil!

Meine Damen und Herren! Gerade im Zusammenhang mit den Bergbauern sind enorme existenzgefährdende Phänomene sowie eine Verarmung durch jene Maßnahmen festzustellen, die der Umweltminister unter dem Titel "Umweltpolitik" fördert. Der Wirtschaftsminister wird sich aber natürlich freuen, und deshalb hat ja heute auch Herr Maderthaner hier dazu gesprochen.

Nochmals: Im Grunde genommen wird das, was ursprünglich intendiert war, nämlich den Bauern, der ländlichen Bevölkerung zu helfen, genau ins Gegenteil verkehrt, und es findet nach wie vor eine "Umverteilung" von unten nach oben statt. Und dem können wir Grünen nicht zustimmen! (Beifall bei den Grünen.)

9.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. – Bitte.

9.54

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Verehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Impulse für den ländlichen Raum, Impulse für Beschäftigung im ländlichen Raum haben seit der Einigung auf dem Berliner Gipfel und den Beschlüssen des Agrarministerrates über Detailausführungen der Agenda 2000 von vergangenem Montag ein festes Fundament, und es liegt jetzt an uns, diese berechenbare Grundlage für die nächsten sieben Jahre, bis zum Ende des Jahres 2006 also, zu nutzen. Wenn das geschieht, so stellt das wahrlich geradezu eine Fülle von Impulsen für den ländlichen Raum und für die Beschäftigung im ländlichen Raum dar.

Die Agenda 2000 bietet dazu ja eine Reihe von Instrumenten. Im Bereich der Marktordnungspolitik wird es natürlich sehr stark davon abhängen, wie uns das Setzen weiterer Impulse im Zusammenhang mit den beginnenden WTO-Verhandlungen gelingt, Verhandlungen, die Ende dieses Jahres mit der nächsten Runde beginnen werden.

Wir gehen jedenfalls davon aus, daß das Ergebnis der Agenda 2000 eine Vorwegnahme im agrarpolitischen Bereich dieser nächsten WTO-Runde sein wird. Insofern stellt auch der nun zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika ausgetragene Hormonstreit ebenfalls eine wesentliche Entwicklung in Richtung selbstbewußte europäische Politik dar, einer Politik, bei der es darum geht, unsere Position entsprechend zu vertreten. Würden wir diesen Streit verlieren, dann hätten wir allein im wichtigen Produktionsbereich Rinderwirtschaft – neben dem Bemühen, neue Impulse zu setzen – eine beachtliche Verteidigungsschlacht zu schlagen, um das bisher Erreichte halten zu können.

Daher, Kollege Gradwohl, verstehe ich Ihre Behauptung, daß die AMA-Rindfleisch-Werbung für österreichisches Rindfleisch mit dem AMA-Gütesiegel gegen die Interessen der Biobauern wäre, überhaupt nicht. Antibiotika-Freiheit und Wachstumsförderungshormon-Freiheit stellt ja nur eine der Auflagen im Bio-Kodex dar. Jeder, der sich für Biolandbau ausspricht, müßte eigentlich daran interessiert sein, daß neben jenen Bauern, die sich nicht dazu in der Lage sehen, nach dem Bio-Kodex zu wirtschaften – für Rindfleisch gibt es zum Beispiel nicht im vollen Produktionsvolumen des Biolandbaues die entsprechenden Preiszuschläge –, zumindest Teile des Bio-Kodex auch von jenen erfüllt werden, die sich diesen hohen Auflagen aufgrund der Marktentwicklung nicht beziehungsweise noch nicht verschreiben können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich meine, daß vor allem im Bereich ländlicher Entwicklung die unbedingt notwendige Weiterentwicklung der intensiven Partnerschaft zwischen Landwirtschaft, Gewerbe, Handel und Industrie wesentlich bessere Voraussetzungen hat, als das in der Vergangenheit der Fall war.

Gerade in den dezentralen Räumen leiden wir enorm unter den Konzentrationstendenzen vor allem im Bereich Handel. Da sind die kleinstrukturierten Bereiche der Lebensmittelwirtschaft, vor allem im Gewerbebereich – Fleischer, Bäcker, um nur einige zu nennen – die kongenialen Partner für kleinstrukturierte bäuerliche Betriebe, weil sich, was die Arbeitsteilung anlangt, der Kleinbetrieb jeweils auf das ausrichten kann, was er am besten kann, wozu er die besten Voraussetzungen hat. Und von einer solchen Arbeitsteilung können beide profitieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Die intensive Diskussion im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Verhandlungsführung rund um die Agenda 2000 zu weiteren Umweltauflagen ist in Österreich sozusagen bereits vorweggenommen, und zwar durch die mustergültige Entwicklung des ÖPUL-Programms, des österreichischen Programms für umweltorientierte Landwirtschaft. Gemeinsam müssen wir alles unternehmen, damit das, was Minister Molterer nun unter dem Titel "ÖPUL 2000" in Brüssel eingereicht hat, möglichst rasch umgesetzt wird, damit auch jene Bauern, die bereits im fünften Jahr dieses Programms arbeiten, auf berechenbare Zukunftserwartungen blicken können.

Nächster Punkt, hinsichtlich dessen diese Impulse im ländlichen Raum in partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Landwirtschaft besonders günstige Entwicklungsmöglichkeiten für Österreich und für die österreichische Volkswirtschaft erwarten lassen, ist die Nutzung der Biomasse, und da vor allem die Nutzung der großen Durchforstungsreserven für die Primärenergienutzung im Zusammenhang mit Wärmegewinnung und einer technischen Weiterentwicklung von Holzhackschnitzeln bis hin zu Pellets zu ermöglichen, sodaß auch in Einfamilienhaushalten, die keine Infrastruktur dazu haben – Logistik, Maschinen, Transportgeräte –, Holz zu hacken und zu verarbeiten, mit dem gleichen Komfort wie bei fossiler Energienutzung – Öl oder Gas – mit Holz-Pellets geheizt werden kann. Das sollte unter vergleichbaren Kosten möglich sein, womit eine enorme zusätzliche Absatzchance für Durchforstungsholz oder Holznebenprodukte gegeben wäre. (Abg. Wabl: Und wieso gab es dafür kein Geld im Zuge der Steuerreform? Warum ist eine ökologische Steuerreform ausgeblieben?)

Vor allem im Zusammenhnag mit dem direkten wirtschaftlichen Interesse ist die enorme Chance im österreichischen Anlagenbau hervorzuheben. Österreich zählt ja neben den skandinavischen Ländern zu jenen Ländern, die in besonderer Weise gerade bei dieser technologischen Entwicklung sehr weit sind.

Ich freue mich auch, daß vor allem im Zusammenhang mit dem ElWOG nun Forschungsgelder investiert werden, um die Biomasse-Verstromung entsprechend den bereits vorhandenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen technisch weiterzuentwickeln, um auch da Pionierleistungen für die europäische Entwicklung erbringen zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

10.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Minister.

10.00

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Einige Bemerkungen zum vorliegenden Programm aus der Sicht des Wirtschaftsministeriums, zunächst aus EU-politischer Sicht. Letzten Montag gab es eine informelle Tagung der Handelsminister der Europäischen Union in Vorbereitung der nächsten WTO-Runde. Wir haben bei diesen Fragen deutlich gemacht, daß die Agenda 2000 ein Vertrag der Europäischen Union mit ihren Bauern ist und daß sie daher die Basis für die nächste WTO-Runde darstellen wird und es nicht um ein Wegverhandeln gehen kann. (Abg. Aumayr: Die Vernichtung der europäischen Bauern ist sie, Herr Minister! Die Vernichtung, nicht ein Vertrag!) Insofern sind wir über diese Festlegung sehr froh, weil nach wie vor die Forderung der CAIRNS-Gruppe, gerade der liberalen Länder darin besteht, die Agrarpreise in einem Ausmaß zu senken, das ein Schreckensszenario, von dem wir hier nicht einmal träumen würden, vorzeichnen würde. Als erster Punkt ist daher festzustellen, daß die Agenda 2000 eine positive Linie, eine europäische Linie für die nächste WTO-Runde vorgegeben hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: 20 Prozent sind Ihnen nicht genug, Herr Minister? Minus 20 Prozent sind Ihnen nicht genug?)

Zweiter Punkt: Es besteht im europäischen Binnenmarkt in verschiedenen Räten Handlungsbedarf. Wir sehen, daß Österreichs Landwirtschaft noch dadurch benachteiligt wird, daß wir bei Betriebsmitteln noch kein Binnenmarktprinzip der gegenseitigen Anerkennung haben und dadurch von vielen günstigeren Mitteln abgesetzt werden. Das ist in der nächsten Zeit zu ändern. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Hinblick auf die Landwirtschaft stimme ich völlig meinem Kollegen Molterer zu, der die großen Potentiale der Forstwirtschaft hervorgehoben hat. (Abg. Wabl: Das ist die ökologische Steuerreform!) Ich kann aus meinem Ministerium berichten, daß wir erstens im Rahmen mehrerer Veranstaltungen die Basis für einen Holzcluster, der sich etwa um die Steiermark entwickelt hat, gelegt haben.

Zweitens haben wir die Errichtung von zwei Industriekompetenzzentren für Biomassenutzung – eine Biomassenutzung in Form von Gas passiert in Güssing, eine Verwertung von Biomasse zur Elektrizitätserzeugung erfolgt in Wiener Neustadt – eingeleitet, und diese Initiativen werden zügig fortgesetzt. Weiters arbeiten wir in meinem Ressort im Hinblick auf die Nutzung des Holzes im Bereich der Bauordnung eine Musterbauordnung aus, durch die die Holzfeindlichkeit österreichischer Bauordnungen einmal beseitigt werden soll. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben bereits eine Änderung der bis jetzt das Holz sozusagen behindernden Ö-Norm 38002 umgesetzt, sodaß Holz in Österreich voll im Bau eingesetzt werden kann. Es gibt sogar Bemühungen, Holz länderübergreifend als Baumaterial für mehrgeschossige – bis zu dreigeschossige – Gebäude zuzulassen. Ein Modell ist in der Steiermark bereits in Umsetzung.

Ein weiterer Punkt: Wir haben in zwei Arbeitsgruppen die Umsetzung der Beschlüsse der Bundesregierung betreffend Biodieselbeschlüsse in Angriff genommen. Es wird notwendigerweiser auch einiger Anpassungen im EU-Bereich bedürfen, um das umsetzen zu können. (Abg. Aumayr: Das dient nur den Interessen der Gas-Lobby in Oberösterreich!)

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zur Funktion der Landwirtschaft, vor allem in einem Jahr, in dem wir außerordentlich günstige Tourismusperspektiven haben, anbringen. Der Tourismus ist sehr froh darüber, daß zwei Dinge in der Landwirtschaft funktionieren: Die Landwirtschaft in Österreich stellt sozusagen eine Kulturlandschaft, wie sie kaum ein anderes Land der Welt hat, zur Verfügung. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Mit der zunehmenden Produkt- und Qualitätsorientierung der Landwirtschaft – ich denke dabei etwa an die Vertriebsschienen Wirt und Landwirt (Zwischenruf der Abg. Aumayr) – schaffen wir neue Marktchancen, die der Landwirtschaft ein Überleben unter den neuen Bedingungen ermöglichen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Ein sehr guter Minister!)

10.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwemlein. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.04

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Grundsätzlich ist es als positiv zu erachten, daß die Agenda 2000 unter dem Gesichtspunkt diskutiert wird, daß Impulse für Landwirtschaft und Wirtschaft im ländlichen Raum gesetzt werden. (Abg. Meisinger: Die Gas-Lobby ...!) Positiv ist, daß man erkennt, daß die Wirtschaftssektoren nicht voneinander getrennt betrachtet werden dürfen. (Abg. Aumayr: In Oberösterreich setzen Sie sich für die Gasleitungen ein!) Ein wesentlicher und positiver Ansatz ist dieses Zugeständnis, das man erkennen kann, daß der ländliche Raum niemals "global player" im Bereich der Nahrungsmittelerzeugung sein kann. Die Zukunft der Landwirtschaft ist – gerade in Österreich – sicherlich nicht über Mengenproduktion gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Positiv ist, daß innerhalb der Agenda 2000 festgestellt wird, daß die Bergbauernförderung flexibler gestaltet werden kann. Daher unterstreiche ich an dieser Stelle klarerweise die Forderung nach Einführung von Sockelbeträgen. Positiv ist, daß die Diskriminierung von Nebenerwerbslandwirten bei den Investitionsbeihilfen gefallen ist. Wir dürfen ja nicht vergessen, daß zwei Drittel der österreichischen Landwirte im Nebenerwerb tätig sind.

Da wir nun bei dieser Debatte über die Entwicklungschancen des ländlichen Raumes reden, so muß das für uns alle heißen, daß Agrarmarktpolitik und Strukturpolitik in eine integrierte Regionalpolitik eingebettet werden müssen. Wenn wir über Entwicklungschancen reden, dann müssen wir uns auch klar positionieren, was die Sicherung der Einkommen der Landwirte betrifft: Es bedarf, was Förderungen anlangt, einer höheren Zielgenauigkeit, das heißt: soziale Gerechtigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, muß es, wie auch bei vergangenen Debatten wiederholt festgestellt und sowohl von den Kolleginnen und Kollegen unter den Abgeordneten als auch vom Minister immer wieder hervorgehoben wurde, bei den Landwirten zu vielfältigen Erwerbskombinationen kommen. Es darf in Zukunft nicht mehr so sein, daß man sein Einkommen alleine auf ein Produkt hin orientiert sieht. Die Chancen in der Landwirtschaft über die Agenda 2000 wahrzunehmen, heißt aber auch – und ich glaube, daß wir in diesem Punkt alle gefordert sind –, den Dialog zu verbessern: den Dialog zwischen den Landwirten, den Konsumenten und den Verwaltungsbehörden. Nur ein funktionierender Dialog erzeugt Verständnis und führt zusammen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir müssen mehr Mut zu neuartigen Lösungsansätzen erkennen lassen, und wir sollten gleichzeitig weniger an überholten und teilweise falschen Fördermodellen festhalten. Denn folgendes muß für uns alle gelten, meine Damen und Herren: Die Zukunft kann nicht mit Denk-Schemata der Vergangenheit gestaltet werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Jawohl!)

10.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Trattner. – Bitte.

10.07

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Hohes Haus! Herr Minister Molterer, Ihre Erklärung hier im Hohen Hause hat so geklungen, als wären Sie auf der Oppositionsbank und würden uns jetzt präsentieren, was Sie machen würden, wenn Sie in die Regierung kämen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Krüger: Er ist ein Visionär! – Heiterkeit des Abg. Meisinger.)

Herr Minister Molterer! Sie haben nur angekündigt, was alles im ländlichen Bereich passieren soll (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Molterer), wie der Dialog zwischen den Gewerbetreibenden und den Bauern funktionieren soll. (Bundesminister Mag. Molterer: Er funktioniert!) Das sagen Sie uns hier schon seit zehn Jahren! Sie sind nicht auf der Oppositionsbank, Herr Bundesminister, sondern Sie sind seit 13 Jahren für die Mißstände in bezug auf die Landwirtschaft verantwortlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Wirtschaftsminister! Von Ihnen hätte ich eigentlich eine andere Erklärung erwartet, nämlich eine Erklärung, die Auskunft darüber gibt, was Sie gegen das Sterben der klein- und mittelständischen Struktur in der Wirtschaft machen wollen, was mit der Steuerreform beabsichtigt ist und ob Sie jetzt endlich einmal zur Sache kommen wollen, was die Eigenkapitalförderung der Unternehmen betrifft. In diesem Punkt hätten Sie sich eigentlich in der Steuerreformdebatte vehement wehren müssen.

Bei der Steuerreform ist herausgekommen, daß den Unternehmern insgesamt 1,5 Milliarden Schilling zugute kommen. Diese Eigenkapitalbegünstigung aber ist eine Peinlichkeit sondergleichen, was etwa an folgendem Beispiel ersichtlich ist: Bei einer Zuführung eines Gewinns von 500 000 S zum Eigenkapital gibt es eine steuerliche Begünstigung von 2 500 S. – Das wollen Sie tatsächlich als "Begünstigung" für das Eigenkapital bewerten? Sehen Sie sich dazu einmal an, was Herr Landesrat Leitl in Oberösterreich verlangt hat: Er hat die Nichtbesteuerung des nichtentnommenen Gewinns verlangt, damit dadurch ein Investitionsschub zum Tragen kommt. Das wäre das gleiche Modell gewesen wie das Flat-tax-Modell der Freiheitlichen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es wären dadurch Investitionen durch eine Abschreibungsmöglichkeit von 100 Prozent im Jahr der Anschaffung begünstigt worden. Das wäre ein Ansatz gewesen. Was Sie aber in der Steuerreformdebatte als Begünstigung des Eigenkapitals formuliert haben, ist mehr als peinlich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Von diesen 30 Milliarden Schilling sozusagen Spielkapital für die Steuerreform – das wissen Sie selbst ganz genau – waren 12 Milliarden Schilling durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vergeben, und 17 Milliarden Schilling sind in eine Tarifanpassung geflossen. Da haben Sie lediglich die kalte Progression zurückgegeben – und nicht mehr. Das gehört den Bürgern ja schon viel länger! Allein im letzten Jahr, von 1997 auf 1998, ist das Steueraufkommen um 30 Milliarden Schilling gestiegen.

Sie geben lediglich die Erhöhung für ein Steuerjahr zurück, haben aber die Bevölkerung um 150 Milliarden Schilling geschröpft! In den letzten zweieinhalb Jahren haben die Österreicherinnen und Österreicher um 150 Milliarden Schilling mehr an Steuern bezahlt, damit Österreich die Konvergenzkriterien erreicht. Dann hat es geheißen, die Konvergenzkriterien sind erreicht, alle Länder haben jetzt ein Defizit von unter 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, die Staatsverschuldung geht überall herunter. Dann aber tritt jenes Phänomen ein, daß Sie bei der Agenda 2000 sagen, es gibt noch Länder, die zwar bereits unter den Euroländern sind, die aber nach wie vor Kohäsionsländer sind. Das seien zum Beispiel Spanien, Portugal und Irland. – Österreich bemüht sich, die Konvergenzkriterien zu erreichen, indem es eine Belastung des österreichischen Volkes in der Höhe von 150 Milliarden Schilling gibt – dann aber stimmen Sie von der Bundesregierung zu, daß diese Kohäsionsländer, die bereits in der gemeinsamen Währungsunion sind, noch einmal 246 Milliarden Schilling bekommen!

In Österreich stehen für die Steuerreform lächerliche 30 Milliarden Schilling zur Verfügung, und da stimmen Sie wieder zu, daß die Kohäsionsländer, die ohnedies bereits unter den Ländern, die zur Euro-Währung übergehen, sind, noch einmal 246 Milliarden Schilling bekommen! – Das müssen Sie den Österreicherinnen und Österreichern einmal erklären! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Wirtschaftsminister! Das ist noch nicht das Ende. Es gibt ja jetzt eine eigenartige Diskussion um die "Europasteuer". Da kommt Herr Bösch von den Sozialdemokraten und sagt, die "Europasteuer" ist eine gute Idee. Herr Bundeskanzler Klima sagt, die Europasteuer ist eine gute Idee. Herr Martin sagt, die Europasteuer brauchen wir nicht, aber ich will mit der SPÖ ja ohnedies nichts zu tun haben! – Das kommt mir genauso vor, wie wenn Frau Stenzel immer dann, wenn es in einer Debatte kritisch wird, sagt: Ich bin ja nicht bei der ÖVP, ich bin ja nur Spitzenkandidatin. (Heiterkeit des Abg. Meisinger.) In dieser heiklen Frage müssen Sie vielleicht den Herrn Parteiobmann fragen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Spiele gehen bei der Bevölkerung nicht mehr hinein. Man hat Sie schon längst ertappt! Sie können doch nicht zwei Spitzenkandidaten präsentieren, die mit der Partei nichts zu tun haben wollen. (Abg. Böhacker: Was mich ja nicht wundert!) Präsentieren können Sie sie schon, doch das schaue ich mir an, wie das in der politischen Auseinandersetzung beziehungsweise beim Wähler ankommt. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

In dieser Diskussion um die "Europasteuer", um diese neue, zusätzliche Eigenmittelfinanzierung für die Agenda 2000 werden Sie mit uns noch eine sehr harte Auseinandersetzung auszutragen haben. Wir werden zuerst darauf achten, daß die Österreicher eine gerechte Steuerreform bekommen – und erst dann wird auf die anderen geschaut. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

10.14

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Agenda 2000 ist wirklich ein spannendes Kapitel europäischer Politik gewesen. Die Verhandlungen wurden deshalb ausgelöst, weil es notwendig war, einen Finanzrahmen für die Jahre 2000 bis 2006 zu finden, und zwar einen solchen, der auf der einen Seite sehr wohl den Bedürfnissen der Betroffenen, also nicht nur der Landwirte, entspricht, auf der anderen Seite aber auch den Bedürfnissen der Europäische Union in puncto Erweiterung der Europäischen Union gerecht wird.

Dabei ist man zu einem Ergebnis gekommen, das man kritisch beleuchten muß. Einerseits ist es sehr wichtig gewesen, Mittel zu finden, um die Erweiterung der Europäischen Union überhaupt zu ermöglichen. Diese Mittel für die Erweiterung machen ungefähr 6 Prozent des Budgets der Jahre bis zum Jahr 2006 – das sind 640 Milliarden Euro – aus, also 45 Milliarden Euro. Wenn man sich daran orientiert, so kann man sagen, daß die Erweiterung eigentlich ein Schritt in Richtung Friedenspolitik, in Richtung Verbesserung der Lebensgemeinschaft innerhalb der europäischen Staaten ist, der sehr wenig kostet.

Auf der anderen Seite war man aber nicht sehr ambitioniert. Wenn man bedenkt, daß auf dem Agrarsektor die Problematik rund um die Reformen der Milchproduktion auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wurden, dann kann man, glaube ich, feststellen, daß man sehr unambitioniert an dieses Projekt herangegangen ist. Im Jahre 2007 wird es noch problematischer sein, diesen Bereich zu lösen, als das jetzt schon der Fall ist, ohne die Erweiterungsschritte, die hoffentlich in den nächsten paar Jahren kommen werden und nicht auch – so wie einige Parteien in diesem Hause dies verlangen möchten – auf die Jahre nach 2007 und noch später verschoben werden.

Ich meine, daß wir einen guten Schritt gemacht haben, der es uns ermöglicht, das sicherzustellen, was wir brauchen. Wir dürfen nicht vergessen, daß wir durch die Öffnung der osteuropäischen Länder einen Zuwachs an unseren Exporten verzeichnen konnten, der beträchtlich ist. Mittlerweile haben wir eine Position in Europa, die bemerkenswert ist: Österreich hat 2 Prozent der Bevölkerung Europas und tätigt 8 Prozent der Exporte in osteuropäische Staaten. Das heißt, daß wir profitieren. 60 000 Arbeitsplätze werden zurzeit durch den intensiven Handel, den wir mit den osteuropäischen Staaten treiben, gesichert. Deswegen wird es, glaube ich, auch so sein, daß uns die EU-Osterweiterung zusätzliche Arbeitsplätze bringen wird. Laut Wifo sind die zusätzlichen Arbeitsplätze, die Österreich dadurch erlangen wird, mit mindestens 27 500 zu beziffern.

Das Preisniveau würde in einer erweiterten Europäischen Union bei uns um 1 Prozent sinken; die Neuverschuldung des Staates würde um 0,4 Prozent des BIP geringer ausfallen. Diese Werte wurden in einer Simulationsrechnung vom Wirtschaftsforschungsinstitut ermittelt – und nicht vom Liberalen Forum, wie Sie vielleicht fälschlicherweise vermuten könnten. Das heißt, daß wir Österreicher die absoluten Sieger einer osteuropäischen Erweiterung, wenn wir sie ambitioniert betreiben, sein könnten. Ich meine, daß in Anbetracht dessen die Bundesregierung aufgefordert ist, entsprechende Maßnahmen zu setzen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube, daß tote Grenzen den Klein- und Mittelbetrieben nicht nützen, sondern nur offene Grenzen. Ich glaube, daß wir, um die sozialen Standards in den EU-Ländern zu sichern, eine Zuwanderung ohnehin brauchen werden. Ich glaube, daß es den osteuropäischen Staaten sehr gut täte, wenn sie gezwungen wären, unsere sozialen Standards und unsere Umweltstandards zu übernehmen. Erst dann könnten wir sagen, daß wir wirklich viel erreicht haben, und es verschafft uns jetzt eine viel bessere Verhandlungsposition, als einfach zu sagen, daß eine Osterweiterung für uns momentan überhaupt nicht in Frage kommt. Wir müßten sie forcieren. Österreich würde am meisten davon profitieren.

Die Agenda 2000 ist in einem kleinen Bereich erfolgreich gewesen, in großen Bereichen nicht: In puncto transnationale Netze ist zuwenig Geld übrig (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – ich komme schon zum Schluß, Herr Präsident –, in puncto Forschungspolitik ist zuwenig Geld übrig, und die sozialen Maßnahmen, die von der Europäischen Union eigentlich gesetzt werden sollten, tröpfeln nur, anstatt zu fließen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Gleiche Redezeit. – Bitte.

10.19

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Landwirtschaftsminister! Herr Wirtschaftsminister! Hohes Haus! Wir reden jetzt zum wiederholten Mal über die Agenda 2000, ohne daß aber Ihrerseits die drohenden Nachteile für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern einmal schonungslos und offen dargestellt würden. Sie ziehen sich darauf zurück, die Chancen, die möglichen Chancen darzustellen. Sie sprechen von der zweiten Säule, von der Entwicklung des ländlichen Raumes.

Ich muß sagen, das ist bis zu einem gewissen Grad ein "No-na!"-Statement, denn selbstverständlich stehen Bäuerinnen und Bauern alle Möglichkeiten offen, sich sonstige Einnahmsquellen zu erschließen. Wie realistisch das aber angesichts der Belastungen, die eine Landwirtschaft ohnehin mit sich bringt, ist, überlasse ich Ihrer Beurteilung. Ich glaube nicht, daß man den Bauern immer nur sagen kann: Bitte schaut halt, daß ihr irgendwo noch Zimmer vermietet! – oder dieses und jenes. – An den Straßen liegt es sicher nicht, wenn es vielen österreichischen Landwirtschaftsbetrieben nicht gut geht. Das eigentliche Ziel, nämlich daß Landwirtinnen und Landwirte von der Landwirtschaft leben können, verschwindet immer mehr, und das geben Sie damit indirekt zu. Das ist aber die Dramatik!

Meine Damen und Herren! Aber auch von den Rahmenbedingungen her tun Sie vieles, was den österreichischen Landwirtschaftsbetrieben mit Sicherheit schaden wird, insbesondere den kleinen und mittleren Betrieben. Wenn jetzt das österreichische Tiertransport-Gesetz de facto fällt oder gefährdet ist ... (Abg. Dr. Lukesch: Wir haben Sie gewarnt!) – Sie haben es ja auch von Anfang an immer bekämpft und hintertrieben! (Abg. Tichy-Schreder: Was soll diese Unterstellung?!) Es ist ja kein Wunder: Wenn die eigenen Minister in Brüssel nicht dafür streiten, wer soll denn dann dafür streiten?! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Tichy-Schreder: Das ist eine Unterstellung! – Abg. Schwarzenberger: Wir haben gekämpft!)

Das ist keine Unterstellung! Das konnten Sie schon damals in den Landwirtschaftszeitungen nachlesen! Wer davon profitiert, ist ganz klar: die norddeutschen und die holländischen Agrarfabriken. In der österreichischen Landwirtschaft wird das Arbeitsplätze kosten, und daran hat die österreichische Bundesregierung leider einen großen Mitanteil! (Beifall bei den Grünen.)

Oder: Ich denke, wir haben doch lange Zeit einen österreichischen Agrarkommissar gehabt. Es gab Frühvermarktungsprämien, Frühverarbeitungsprämien, Lebendtierexportprämien. – Ich habe nie gehört, daß die ÖVP all das vehement bekämpft hätte. Sie haben eben gesagt: Wir müssen das haben, denn wenn wir nicht exportieren, dann exportiert ein anderer. Daß dieses System aber nur die Großen unterstützt, wissen Sie genausogut wie ich. Auch damit haben Sie die kleinbäuerlichen Betriebe preisgegeben.

Weitere Rahmenbedingung: der gesamte Kanalwahnsinn; mein Kollege Andreas Wabl ist darauf schon näher eingegangen. In diesem Bereich geht es um knapp 200 Milliarden Schilling, die buchstäblich "vergraben" werden, die den Bauern nicht zugute kommen, im Gegenteil: Sie werden mit gewaltigen Anschlußgebühren belastet, obwohl wir wissen, daß die technischen Lösungen für biologische, für dezentrale Kläranlagen absolut ausgereift sind. Warum machen Sie das nicht? Warum schöpfen Sie Ihre diesbezüglichen Möglichkeiten nicht aus? Das geht zu Lasten der österreichischen Bauern! (Beifall bei den Grünen.)

Dritter Bereich, in dem Sie die Rahmenbedingungen für die österreichischen Agrarbetriebe nicht verbessern: die Energieproduktion. Sie wissen genausogut wie ich, daß wir ein gewaltiges Defizit haben, was die Einspeisetarife, was die Chancengleichheit in der Zulieferung von Energie durch Landwirtschaftsbetriebe betrifft. Da gäbe es große Chancen für die Biomasse, für die Hackschnitzel; all das ist schon angesprochen worden. Warum bekommen die Bauern keinen fairen Preis dafür, wenn sie das zuliefern? Liegt das nicht auch an Ihnen, Herr Wirtschaftsminister? Wieso haben Sie da nicht agiert, wenn Sie doch auf der anderen Seite so gerne Straßen bauen?

An die Adresse der sozialdemokratischen Fraktion: Herr Abgeordneter Gradwohl hat einfach weitergeredet, als wir ihn in Zwischenrufen auf die soziale Staffelung angesprochen haben. Wo ist sie denn, die soziale Staffelung? – Sie ist völlig fallen gelassen worden! Die Großen bekommen den Löwenanteil an der Förderung, und die Kleinen bekommen einen Bettel! Ich nenne das ungerecht, und ich kann nicht verstehen, daß die österreichische Sozialdemokratie die kleinbäuerlichen Betriebe einfach preisgegeben hat. Von den fehlenden Öko- und Sozialstandarts innerhalb Europas rede ich erst gar nicht! Ich meine, diese AMA-Klage ist ja nur die Spitze des Eisberges. Dabei gebe ich zu, daß es in Österreich noch relativ gut ausschaut. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Ich halte fest – und komme zu meinem Schlußsatz –: Sie haben 1994 den Bauern das Blaue vom Himmel herunterversprochen, und danach gab es für die Bauern ein böses Erwachen. Jetzt verheißen Sie ihnen die Weltmarktorientierung – und das Erwachen wird wahrscheinlich noch böser werden! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Tichy-Schreder: Frau Dr. Petrovic! Erschreckend!)

10.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Damit beende ich die Aktuelle Stunde und danke den beiden Bundesministern.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich nach § 23 Abs. 4 GOG auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 6241/J bis 6267/J.

2. Anfragebeantwortungen: 5604/AB bis 5654/AB.

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 5517/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 47/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

EWR-Psychologengesetz (1758 der Beilagen),

EWR-Psychotherapiegesetz (1759 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 8. allgemeinen Wiederauffüllung der Mittel des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF VIII) (1761 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Leistung eines österreichischen Beitrages zur 12. Wiederauffüllung der Mittel der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA 12) (1762 der Beilagen),

Dienstrechts-Novelle 1999 (1764 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Poststrukturgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das Bundesfinanzgesetz 1999 (8. BFG-Novelle 1999) geändert werden (1765 der Beilagen),

Steuerreformgesetz 2000 (1766 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit welchem das Bundesgesetz betreffend Beschränkungen in der Verfügung über Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmalschutzgesetz – DMSG) geändert wird (1769 der Beilagen),

Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (1770 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Verkehr mit Speisesalz geändert wird (1774 der Beilagen),

Kartellgesetznovelle 1999 – KartGNov. 1999 (1775 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (56. Novelle zum ASVG) (1776 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Hebammengesetz und das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz geändert werden (1777 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz und das AIDS-Gesetz 1993 geändert werden (1778 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungsgesetz) und ein Bundesgesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) erlassen und mit dem die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das Börsegesetz 1989, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (1793 der Beilagen),

Bundesstatistikgesetz 2000 (1830 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten (UOG 1993), das Universitäts-Organisationsgesetz, das Kunsthochschul-Organisationsgesetz, das Akademie-Organisationsgesetz 1988, das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 und das Vertragsbedienstetengesetz 1948 geändert werden (1831 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 145/1998 geändert wird (GGBG-Novelle 1999) (1833 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird (1834 der Beilagen).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuß:

Übereinkommen zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände samt Anlagen (1760 der Beilagen);

Budgetausschuß:

Budgetüberschreitungsgesetz 1999 – BÜG 1999 (1722 der Beilagen);

Familienausschuß:

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1767 der Beilagen);

Finanzausschuß:

Antrag 1082/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen betreffend Neugestaltung der Bankenaufsicht in Österreich;

Gesundheitsausschuß:

Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1824 der Beilagen);

Ausschuß für innere Angelegenheiten:

Antrag 1079/A der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz (BGBl. I 1997/75) geändert wird,

Antrag 1081/A (E) der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Trendwende im Vollzug des Fremden- und Asylgesetze;

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft:

Pflanzenschutzgrundsatzgesetz (1750 der Beilagen);

Verfassungsausschuß:

Antrag 1080/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG.

*****

Ankündigung von Erklärungen der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz sowie des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie
zum Thema Kernkraftwerk Temelin

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Prammer sowie Herr Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Bartenstein haben mir ihren Wunsch mitgeteilt, zum Thema Kernkraftwerk Temelin jeweils eine Erklärung abzugeben.

Nach § 19 Abs. 2 der Geschäftsordnung beabsichtige ich, diese Erklärungen nach Ende der Debatte über den Außenpolitischen Bericht, spätestens aber um 13.30 Uhr zum Aufruf zu bringen.

Gibt es gegen diese Vorgangsweise, die mit den Fraktionen abgesprochen ist, einen Einwand? – Dies ist nicht der Fall. Dann werde ich so vorgehen.

Es ist mir auch das Verlangen zugekommen, über diese beiden Erklärungen eine Debatte durchzuführen. Diese Debatte wird im unmittelbaren Anschluß an die beiden Erklärungen stattfinden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortungen 5609/A und 5586/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich noch mit, daß das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 5609/AB zur Anfrage 5912/J der Abgeordneten Ing. Nußbaumer und Genossen betreffend Verträge zwischen der Verbundgesellschaft und den Illwerken durch den Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten abzuhalten.

Diese Kurzdebatte findet nach § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledigung der Tagesordnung, aber nicht später als um 15 Uhr statt.

*****

Überdies teile ich mit, daß ein weiteres gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestelltes Verlangen vorliegt, nämlich eine weitere kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 5586/AB zur Anfrage 5940/J der Frau Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen betreffend Selbstmorde, Selbstmordversuche und Selbstbeschädigungen in Schubhaft durch den Herrn Bundesminister für Inneres abzuhalten.

Diese kurze Debatte wird im Anschluß an die soeben bekanntgegebene, ab 15 Uhr stattfindende Kurzdebatte zu einer Anfragebeantwortung des Wirtschaftsministers stattfinden.

Fristsetzungsanträge

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich mit, daß Herr Abgeordneter Dr. Kier beantragt hat, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 1027/A (E) der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend Bericht des Bundeskanzlers an den Nationalrat über die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich eine Frist bis zum 16. Juni 1999 zu setzen.

In diesem Zusammenhang liegt das von fünf Abgeordneten unterfertigte Verlangen vor, auch über diesen Fristsetzungsantrag eine Kurzdebatte durchzuführen. Diese Kurzdebatte wird im Anschluß an die Debatten im Zusammenhang mit den beiden Anfragebeantwortungen stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag folgt unmittelbar nach Schluß der Debatte über den Fristsetzungsantrag.

*****

Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, daß Herr Abgeordneter Dr. Kier beantragt hat, dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 1047/A (E) der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen betreffend Empirische Studie über die soziale Lage und die Arbeitsbedingungen innerhalb der österreichischen Exekutive ebenfalls eine Frist bis zum 16. Juni 1999 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung ohne Debatte nach Beendigung der Verhandlungen der heutigen Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 2 bis 5, 6 bis 8, 10 bis 12, 13 bis 26, 27 bis 30, 31 und 32 sowie 33 bis 37 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialsitzung wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten wie folgt erzielt: Für die Debatte über die beiden Erklärungen der Frau Bundesministerin für Frauenangelegenheiten sowie des Herrn Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie ist eine Redezeit von 1 "Wiener Stunde" in Aussicht genommen. Dies ergibt folgende Redezeiten: 15 Minuten für die SPÖ, 14 Minuten für die ÖVP, 13 Minuten für die Freiheitlichen, sowie je 9 Minuten für das Liberale Forum und die Grünen.

Die Erklärungen der beiden Bundesminister selbst sollen eine Dauer von 10 Minuten nicht überschreiten. Würde diese Redezeit von 10 Minuten überschritten, dann wird die über 10 Minuten hinausreichende Redezeit jeweils den betroffenen Fraktionen angerechnet, das heißt konkret: abgezogen.

Für die auf der Tagesordnung stehenden Verhandlungsgegenstände wurde eine Tagesblockredezeit von 9 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten für die Tagesordnung ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126 Minuten, Freiheitliche 117 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten.

Über diesen Vorschlag hat das Hohe Haus zu befinden. Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das einstimmig so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses betreffend den Außenpolitischen Bericht (III-192 der Beilagen) 1998 der Bundesregierung (1816 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor. Damit wurde auf die Berichterstattung verzichtet.

Wir gehen nunmehr in die Beratungen ein.

Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

10.31

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es ist derzeit kein Regierungsvertreter auf der Regierungsbank anwesend, auch der Außenminister nicht. Ich ersuche Sie daher, Herr Präsident, die Sitzung kurz zu unterbrechen, bis der Herr Minister auf der Regierungsbank Platz genommen hat. (Abg. Dr. Khol: Der Minister ist unterwegs, er muß jede Sekunde kommen!)

10.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Gut, dann wird das kein Streitfall sein. Wir warten wenige Sekunden und werden dann in die außenpolitische Debatte eingehen.

Ich unterbreche die Sitzung für kurze Zeit.

(Die Sitzung wird um 10.32 Uhr unterbrochen und um 10.33 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und begrüße den Herrn Bundesminister. (Vizekanzler Dr. Schüssel nimmt auf der Regierungsbank Platz.)

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

10.33

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute einen Außenpolitischen Bericht, der sehr umfangreich, durchaus auch informativ und nett zu lesen ist. Es gibt ja alleine hinten im Anhang mehr als 100 Seiten, in denen wie in einem Lexikon ein Bericht über die verschiedensten Staaten der Welt angeführt ist. Alles wunderbar, nur, Herr Außenminister: Dieser Außenpolitische Bericht gibt keine realistische Wiedergabe der Außenpolitik der Bundesregierung.

Es ist ja auch tatsächlich sehr schwer, festzuhalten, wie denn diese Außenpolitik der Bundesregierung aussieht oder von wem diese Außenpolitik getragen wird. Denn da gibt es einmal die Außenpolitik des Herrn Außenministers – Ihre, Herr Minister Schüssel –, dann gibt es die Außenpolitik des Herrn Bundeskanzlers – oder zumindest jenes Bundeskanzlers Klima, der im Ausland auftritt –, und dann gibt es noch eine dritte Außenpolitik, nämlich jene von Bundeskanzler Klima, die er im Inland vertritt. Und diese drei Außenpolitiken passen überhaupt nicht zusammen, Herr Außenminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vielleicht können Sie uns in Ihren Ausführungen einmal erklären: Was ist denn jetzt die Außenpolitik der österreichischen Bundesregierung?

Ist es nicht vielmehr so, daß Sie in Wirklichkeit den nationalen Konsens in der Außenpolitik aufgegeben haben, der dieses Land über Jahrzehnte geprägt hat, mit dem man versucht hat, nicht nur innerhalb der Bundesregierung eine einheitliche Linie in der Außenpolitik dieses Landes zu fahren, sondern auch, diesen Konsens möglichst auf die wichtigsten Gruppierungen, auch auf die Opposition dieses Landes auszudehnen? – Aber Sie schaffen diesen Konsens nicht mehr. Sie schaffen ja nicht einmal die Übereinstimmung innerhalb der Bundesregierung.

Wir haben es leider damit zu tun, daß in einer so wichtigen Zeit die Außenpolitik Österreichs zum Spielball im Machtkampf der Regierungsparteien degradiert wird. Es wird darüber gestritten, wer denn nach den nächsten Wahlen das Außenministerium besetzen wird. Das heißt, noch bevor der Wähler entschieden hat, wie sich das Kräfteverhältnis hier in diesem Hause, in diesem Lande abzeichnen wird, diskutieren Sie schon darüber, ob die SPÖ oder die ÖVP das Außenressort übernehmen wird.

Sie können sich auch über Botschafterbestellungen nicht einigen, und zwar deshalb nicht, weil die Frage offen ist, ob Herr Kommissar Fischler – der ja für seine Tätigkeit im Rahmen der Europäischen Union auch scharf kritisiert wurde – wieder sein Amt annehmen darf und ob auf der anderen Seite der SPÖ dafür andere wichtige Positionen in Brüssel gegeben werden müssen. Wir müssen daher zur Kenntnis nehmen, daß mehr als 20 Botschafterposten in ganz Europa nicht nachbesetzt werden können.

Herr Außenminister! Das ist nicht die aktive Außenpolitik, von der Sie immer reden und die wir von Ihnen als Außenminister dieser Republik auch verlangen würden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir verlangen von Ihnen auch, daß Sie einen Grundsatz befolgen: daß der Sinn und das Ziel einer aktiven Außenpolitik auch und in erster Linie die Vertretung österreichischer Interessen im Ausland sein sollte. Auch das vernachlässigen Sie in gröblichster Art und Weise. Das geht ja sogar aus diesem Bericht hervor, schon aus dem Vorwort.

Wenn Sie in diesem Bericht etwa loben – bei der Frage unserer Stellung in der Europäischen Union –, daß es ein wichtiges Ziel des österreichischen EU-Ratsvorsitzes gewesen ist, die EU-Osterweiterung voranzutreiben, und daß Sie dabei offenbar starken Widerstand bei anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union überwunden haben, dann muß ich sagen: Dieser "Erfolg", den Sie hier feiern, war für Österreich und für die österreichische Bevölkerung ein absoluter Pyrrhussieg! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Österreicher, die österreichischen Steuerzahler, werden in Zukunft die Zeche für diesen angeblichen Erfolg, den Sie hier feiern, zu zahlen haben! Sie wissen doch ganz genau – auch das beweist die Doppelbödigkeit –: Im Ausland und in diesem Bericht feiern Sie die Fortschritte bei der EU-Osterweiterung, die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen, aber im Inland steigen Sie scheinbar – aber wirklich nur scheinbar – auf die Bremse.

Denn wenn etwa Herr Gewerkschaftspräsident Verzetnitsch – ich sage wirklich: zu Recht! – hier eine Studie des ÖGB präsentiert, in der man den Zeitablauf der Beitritte untersucht hat, dann kommt man darauf, daß Slowenien frühestens im Jahre 2017 die notwendigen Kriterien für eine Aufnahme in die Europäische Union erreichen wird (Zwischenruf des Abg. Smolle), und Polen, Kollege Smolle, erst im Jahre 2045! – Das sind doch die Fakten, die wir hier diskutieren sollten – und nicht, daß Sie einer Utopie der Brüsseler Zentralisten nachfolgen und die EU-Osterweiterung so schnell wie möglich umsetzen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber es wäre auch interessant, andere Perspektiven in die Europapolitik mit einzubringen. Wie sieht es denn etwa mit mehr Föderalismus im Rahmen der Europäischen Union aus? Wie sieht es denn aus bei der Betrugsbekämpfung und dem österreichischen Beitrag der Regierung in diesem Fall? Wie sieht es denn mit der Forderung aus, wegzukommen von diesem Europa der Zentralisten, das überhaupt nicht auf einem Fundament eines gemeinsamen Bewußtseins der Österreicher und auch der anderen Staatsbürger der EU-Mitgliedsländer aufgebaut ist?

Das wären doch interessante Projekte! Man sollte sich weg von diesem europäischen Einheitsstaat und hin zu einem Europa der Vaterländer bewegen, in dem die Nationalstaaten selbst definieren, was gemeinsam organisiert werden soll und was alles nach dem Subsidiaritätsprinzip in der Kompetenz der Nationalstaaten bleiben sollte. Daß man dadurch auch ein Europabewußtsein schafft, das wäre doch die beste Voraussetzung für ein gemeinsames, für ein friedliches und einiges Europa der Zukunft! Das wäre besser, als nur alles nachzuvollziehen, was von der Brüsseler Bürokratie vorgegeben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben ja in zwei wichtigen Bereichen – über einen werden wir heute noch diskutieren – gesehen, wie wenig Bereitschaft seitens der österreichischen Bundesregierung besteht, österreichische Interessen zu vertreten. Da ist zum einen das Beispiel des Atomkraftwerkes Temelin. Jetzt, nach diesem Beschluß der tschechischen Regierung, dieses Kraftwerk zu bauen, gibt es plötzlich wieder markige Sprüche. Was hat man denn in den vergangenen Jahren gemacht, Herr Außenminister? – Es waren Ihre ÖVP-Abgeordneten im Europaparlament, die eine klare Entschließung des Europaparlaments gegen die Atomkraft in den osteuropäischen Ländern verhindert haben. Es war eine ganz knappe Abstimmung. Hätten Ihre Europaabgeordneten für diese Resolution gestimmt, wäre sie beschlossen worden, und es wäre das ein klares Signal gegen jene Staaten gewesen, die nicht bereit sind, aus dieser unsicheren Atomenergie auszusteigen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder, Herr Außenminister, ein zweiter Punkt, die Frage der Vertriebenen, die Frage, wie sehr Österreich bereit ist, eine Generation von Menschen, die vor 50 Jahren aus ihrer Heimat vertrieben wurde – bei dieser Vertreibung wurde gefoltert und gemordet; es gab 3 Millionen Vertriebene und 250 000 Tote –, wenigstens die letzten Überlebenden dieser Generation, zu vertreten. Sie wissen, wir haben Sie immer wieder aufgefordert – in Entschließungen, in Resolutionen –, auf die tschechische Regierung und auch auf die slowenische Regierung Druck auszuüben, die Beneš-Dekrete und die AVNOJ-Bestimmungen, die die Rechtsgrundlage für diesen Mord, für diese Vertreibung an unseren Landsleuten gewesen sind, aufzuheben. – Sie waren aber nicht bereit, diesen Entschließungen zuzustimmen, Herr Außenminister. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt hat Sie das Europäische Parlament beschämt, indem es eine derartige Entschließung verabschiedet hat. Ich glaube, es läge sehr wohl in der Verantwortung dieses österreichischen Nationalrates, endlich hier auch mit einer Stimme zu sprechen und ganz klar zum Ausdruck zu bringen: Ein Land, das nach wie vor nicht bereit ist, derart menschenverachtende Bestimmungen aus seiner Rechtsordnung zu entfernen, hat auch nicht das Recht, in die demokratische Staatengemeinschaft der Europäischen Union aufgenommen zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und Österreich hat die Möglichkeit, mit seinem Veto Druck auszuüben. Deshalb bringe ich auch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Scheibner, Jung, Dr. Graf und Kollegen betreffend Beneš-Dekrete und AVNOJ-Bestimmungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, im Sinne der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. April 1999, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln auf die Regierungen der Tschechischen Republik und Sloweniens einzuwirken, daß die in diesen Staaten bestehenden menschen- und völkerrechtswidrigen Beneš-Dekrete beziehungsweise AVNOJ-Bestimmungen aufgehoben werden und die Altösterreicher deutscher Muttersprache als Volksgruppen anerkannt und ihnen als solche entsprechende Rechte gewährt werden. Andernfalls hat die Bundesregierung ihre Zustimmung zum Abschluß der EU-Beitrittsverhandlungen mit diesen Staaten zu verwehren."

*****

Herr Außenminister und auch meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Ich würde mir wirklich wünschen, daß Sie die Interessen Österreichs bei internationalen sicherheitspolitischen und außenpolitischen Diskussionen im Vordergrund sehen. Ich halte nichts davon – und gerade eine Fraktion, die den Kampf für die Menschenrechte auf ihre Fahnen geschrieben hat, praktiziert das –, daß man jetzt in einem EU-Wahlkampf die Sicherheit Österreichs auf eine Art und Weise zu einem Wahlkampfthema macht, die dieses Landes unwürdig ist.

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie versuchen bewußt, die Angst der Österreicher vor Krieg, vor Vertreibung und vor Unsicherheit für diesen Wahlkampf zu instrumentalisieren.

Herr Bundeskanzler Klima vertritt im Ausland Maßnahmen, die er im Inland selbst bekämpft. Er vertritt hier in Österreich eine Neutralität, die er selbst als Bundeskanzler mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union aufgegeben hat. Er vertritt im Ausland Maßnahmen, die er in Österreich bei Ihren Parteiveranstaltungen bekämpft – angeblich –, nur deshalb, weil es eben in das Wahlkampfkonzept der Sozialdemokratie paßt.

Meine Damen und Herren! Auch da sollten wir ein eindeutiges Wort finden: Es muß objektive Information geben, eine klare Position in der Außenpolitik – aber nicht einen Mißbrauch dieser so wichtigen Fragen für wahltaktische Manöver. (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Scheibner verlesen hat, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.45

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren! Wir diskutieren heute über einen Außenpolitischen Bericht, der sich in einem neuen Kleid, mit einem sehr ansprechenden Cover präsentiert, mit einem sehr informativen Inhalt und auch einer sehr brauchbaren Darstellung einer Länderinformation, die für jeden Außenpolitiker sehr nützlich ist. (Abg. Mag. Peter: Jubel!) Dieser Außenpolitische Bericht ist daher aus meiner Sicht ein sehr gutes Ergebnis einer Darstellung des Jahres 1998, das für Österreich ein außergewöhnliches Jahr der Außenpolitik gewesen ist. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder.)

Ich möchte mich, meine Damen und Herren, dafür beim Ressortchef, aber natürlich vor allem bei seinen Mitarbeitern, die diesen Bericht erstellt haben, bei Frau Dr. Kehrer und den beiden Herren, die daran mitgearbeitet haben, ganz herzlich bedanken und ihnen auch gratulieren zu dieser Art des Berichts und namens meiner Fraktion auch die Anerkennung für diese Arbeit aussprechen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Jahr 1998 mit der Präsidentschaft Österreichs war ein Jahr der Profilierung in der Europäischen Union und auch ein Jahr der Erfolge für Österreichs Außenpolitik. Ich denke etwa nur an die Endbeschlüsse zum Euro, an die Vorbereitung der Agenda 2000. Ich rufe auch den politischen Durchbruch beim Vertrag zwischen der Europäischen Union und der Schweiz in Erinnerung, die Initiativen zum Schutz der Kinder und die Einsetzung eines EU-Sonderbeauftragten, eines Österreichers, für den Kosovo nach dem Erkennen dieses Konfliktes.

Das ist auch ein Resultat – meine Damen und Herren, das möchte ich hier anerkennend für alle Regierungsmitglieder sagen – einer geschlossenen österreichischen Bundesregierung, in der jeder Mitspieler seinen Part ausgezeichnet gespielt und damit zu diesem Ansehen Österreichs in der Europäischen Union und weltweit beigetragen hat. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Umso unverständlicher ist es mir daher, wenn nur vier Monate später, nach dem Finden einer gemeinsamen Linie Österreichs im Rahmen der Europäischen Union, jetzt eine völlig neue Situation zu entstehen scheint. Ich lese heute wieder die Kritik des Herrn Swoboda, der in der Richtung, wir bräuchten eigentlich ... (Rufe bei der ÖVP: Wer ist der Herr Swoboda? Wer ist der Herr Swoboda?) – Ich weiß, daß er weithin unbekannt ist, meine Damen und Herren, aber er ist ein SPÖ-Kandidat für die Europawahl, und er kritisiert Österreich in der Richtung, daß wir im Kosovo-Konflikt die Neutralität ins Zentrum stellen müßten.

Meine Damen und Herren! Ich darf ihm mit den Worten von Bundeskanzler Viktor Klima antworten. Am 25. April 1999 sagte Klima beim NATO-Gipfel in Washington:

Ich glaube, daί es wichtig ist, daί Milošević nicht damit rechnen kann, die Staatengemeinschaft zu spalten und damit sein Werk der Greueltaten fortzufόhren. – Zitatende. Die richtige Antwort auf diese Kritik von Swoboda.

Aber, meine Damen und Herren, das ist nur die eine Seite des Viktor Klima, jene Seite, die im Ausland spricht. Ich möchte, ja muß darauf eingehen, daß sich die burgenländische Kandidatin für das Europäische Parlament, die auf Platz zwei der SPÖ-Liste steht, eine Dame namens Prets, in der Öffentlichkeit mit dem Wunsch präsentiert, daß die Neutralen in Europa eine Allianz finden sollen.

Meine Damen und Herren! Allein der Gedanke, daß Neutrale eine "Allianz" finden sollen, spricht für sich, und das Verständnis einer neuen Kandidatin muß man vielleicht noch entschuldigen, weil sie von Neutralität keine Ahnung hat. (Abg. Dr. Khol: Eine unbedarfte Dame! Ein unbedarfter Geist!) Aber ich darf ihr mit einem aktuellen Zitat aus der heutigen "Presse" antworten, damit sie weiß, was andere neutrale Länder dazu sagen. Finnlands Regierungschef Lipponnen, ein Sozialdemokrat, sagt: Wir sind nicht mehr neutral, Helsinki will eine europäische Sicherheitspolitik. (Hört!-Hört!-Rufe bei der ÖVP.) – Ein Faktum, mit dem wir uns auch im Burgenland, der Heimat von Frau Prets, auseinanderzusetzen haben.

Aber, meine Damen und Herren, all das könnte man noch mit dem Wahlkampfgetöse vor dem 13. Juni entschuldigen. Eines kann man aber nicht entschuldigen, und das ist, wenn der Bundeskanzler selbst eine Außenpolitik vorgibt, die auf Doppelbödigkeit beruht. (Demonstrativer Beifall des Abg. Meisinger.) Am 14. April in Brüssel mit den Staats- und Regierungschefs zu beschließen: "Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union sind der Auffassung, daß der Einsatz schärfster Maßnahmen, einschließlich militärischer Aktionen, notwendig und gerechtfertigt war" – am nächsten Tag aber in Österreich zu sagen, "Österreich als neutraler Staat sieht seine Aufgabe im Bereich der humanitären Hilfe und in der Suche und Unterstützung einer politischen Lösung", das ist doppelbödig – und zu verurteilen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Meisinger.)

Am 24./25. März beim Europäischen Rat in Berlin mitzubeschlieίen: ”Wir, die Lδnder der Europδischen Union, sind moralisch verpflichtet, sicherzustellen, daί Willkόr und Gewalt, greifbar geworden durch das Massaker in Račak im Januar 1999, sich nicht wiederholen dόrfen. Aggression darf sich nicht lohnen, ein Aggressor muß wissen, daß er einen hohen Preis bezahlen muß, das ist die Lehre des 20. Jahrhunderts!" – am 13. April 1999 hingegen in der "ZiB 2" zu sagen, man müsse für die Neutralität sein, um die vollen Chancen zu nützen, die ein neutraler Staat auf internationaler Ebene hat, das, meine Damen und Herren, ist mehr als doppelbödig, das ist gefährlich für die Glaubwürdigkeit Österreichs! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen aber leider – wir brauchen nur in die Umgebung des Parlaments zu schauen –, sehen, wie sich das in der konkreten Praxis für die Europawahl abspielt. Wir sehen Plakate, auf denen Viktor Klima gemeinsam mit Schröder und Blair für die Europawahl wirbt. (Abg. Scheibner: Das ist ohnehin nur eine Photomontage!) Blair ist einer derjenigen, die diesen NATO-Schlag im Kosovo nicht nur befürwortet, sondern betrieben haben, und Schröder hat als Vorsitzender des Europäischen Rates dafür die volle Verantwortung zu tragen. Sich mit beiden abbilden zu lassen und "Gemeinsam für ein neues Europa" darunter zu schreiben und auf der Rückseite zu plakatieren, daß wir die Neutralität bewahren sollen, das, meine Damen und Herren, ist eine Vorgangsweise, die man, glaube ich, nicht akzeptieren kann. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kiss: Echte Janusköpfe: vorne so und hinten so!)

Wir können in Österreich nicht zur Kenntnis nehmen, daß ein neues Kapitel in der Außenpolitik nach dem Motto "An jedem Ort das gewünschte Wort" geschrieben wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Klima verschweigt die Wahrheit!) Meine Damen und Herren! Das ist kein Grundsatz der Außenpolitik, und dagegen verwahren wir uns auch!

Die Richtung, die sich zeigt, ist eine klare: Es geht in Richtung eines europäischen Sicherheitsverbundes. Wenn wir nur das hernehmen, was wir zur Vorbereitung des nächsten Europäischen Rates in Köln in Händen haben, wo die deutsche Präsidentschaft ihre Vorstellungen, wie sie gerne eine gemeinsame europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik in den nächsten Schritten planen will, präsentieren wird, so spricht das eine ganz klare Sprache: Bestehende Einrichtungen der Westeuropäischen Union sollen nach diesem Plan in den institutionellen Rahmen der EU übergeführt werden. Auf EU-geführte Operationen unter Inanspruchnahme von Mitteln und Fähigkeiten der NATO wird zurückgegriffen. Und die förmlichen Beschlüsse dazu sollen bereits Ende 2000 herbeigeführt werden, also in eineinhalb Jahren. – Wir dürfen auf den Trapezakt des Herrn Bundeskanzlers bereits gespannt sein, wie er sich nämlich in Köln dazu verhalten wird.

Meine Damen und Herren! Das, worum es uns geht, ist, eine Glaubwürdigkeit Österreichs in der Außen- und Sicherheitspolitik herzustellen und daß nicht auf das zurückgegriffen wird, was es schon einmal in Österreich gegeben hat. Wir haben alle miterleben müssen, als Bundeskanzler Vranitzky am 7. Dezember 1995 den Pensionisten einen Brief geschrieben hat, der unter dem Titel "Pensionslüge" in die Geschichte eingegangen ist. – Wir wollen keine derartige Wiederholung unter einem neuen Bundeskanzler Klima, was die Sicherheit anlangt. Das können wir uns ersparen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte daher die Gelegenheit dieser außenpolitischen Debatte dazu nützen, die Sozialdemokraten aufzufordern, zu ihrer staatstragenden Rolle in der Außenpolitik zurückzufinden. Und ich möchte vor allem auch den Herrn Bundeskanzler auffordern, daß er die Außenpolitik, die er zu führen hat, zukünftig nach dem Motto "Ein Mann, ein Wort!" führt. Österreich würde es ihm sehr danken. – Danke sehr. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP.)

10.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

10.55

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Eine bemerkenswerte Rede war das eigentlich, ich möchte nur einiges richtigstellen, was von meinem Vorredner, so glaube ich, eher verwirrend dargestellt wurde.

Das erste: Selbstverständlich ist der Bericht sehr gut und sehr verständlich gemacht. Er hat nur viele Lücken. Das einzige, was ich über die österreichische Außenpolitik sagen kann, ist, daß es die Farbe dieser Außenpolitik eigentlich nur mehr auf dem Cover dieses Berichtes gibt. – Die Farbe dieser Außenpolitik ist nämlich eigentlich überhaupt nicht mehr vorhanden. Wir hatten einmal eine schillernde Außenpolitik. Österreich hatte einmal eine schillernde Rolle innerhalb Europas zu spielen, und wir hatten einmal einen Konsens in außenpolitischen Fragen in diesem Hause. – Jetzt hingegen gibt es bei den meisten Materien, die eigentlich sehr wichtig sind, keinen Konsens mehr in diesem Hause, und das halte ich für sehr schade. Die Außenpolitik dient als Streitmaterie nicht nur zwischen den Regierungsparteien, sondern überhaupt zwischen allen Parteien dieses Hauses. Ich darf dazu Herrn Rohan aus der heutigen Ausgabe der "Presse" zitieren:

"Wir würden uns wünschen, daß die Außenpolitik überparteilich ist und nicht Gegenstand von Kontroversen zwischen den Parteien."

Wir haben nicht den Anfang gesetzt! Den Anfang, den haben andere gesetzt. Warum ist es möglich, daß man in den Ministerrat mit einer Liste von Botschaftern kommt, ohne daß die Botschafterposten überhaupt ausgeschrieben worden sind? – Ein bemerkenswerter Vorgang. Also offensichtlich ist Parteipolitik in der Bundesregierung auf der Ebene der Botschafter wichtiger, als einmal festzustellen, wer sich überhaupt für welchen Posten bewirbt.

Bemerkenswerte Aktivitäten sind auch: Wie tausche ich einen schwarzen Kommissar gegen einen roten Kurator aus – oder umgekehrt? Wie balanciere ich das ganze Spiel, das wir jetzt in Österreich beobachten können? Es kommt nur mehr zu einer Lähmung dessen, was notwendig wäre, nämlich eine dynamische, kreative Mannschaft in der Außenpolitik zu haben, die froh ist, abseits von jedem parteipolitischen Hickhack eingesetzt zu werden? Sie schaden dem diplomatischen Dienst mit dem, was Sie tun, und Sie schaden der österreichischen Außenpolitik mit dem, was Sie tun. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist bemerkenswert, daß der österreichische Botschafter in Madrid, der eigentlich seit weit über einem halben Jahr in Pension gehen sollte, unter den fadenscheinigsten Argumenten nicht in Pension gehen darf. Man hat gesagt – Herr Bundesminister, Sie haben mir das gesagt –, man brauche ihn zu Verhandlungen der Agenda 2000, weil er so einen guten Draht zum spanischen Königshaus hat. – Ich muß Ihnen sagen, der spanische König hat in der Diskussion der Agenda 2000 überhaupt keine Rolle gespielt. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Das habe ich auch nicht gesagt! – Abg. Tichy-Schreder: Frau Dr. Gredler! Sie haben keine Ahnung!) Das haben Sie gesagt, das habe ich mitgeschrieben, das kann ich Ihnen zeigen. (Abg. Schwarzenberger: Das war sicher ein Traum von Ihnen!) Ich habe ein gutes Gedächtnis, und daher weiß ich, wovon ich rede.

Erklären Sie mir, warum dieser Mann seit über einem halben Jahr nicht in Pension gehen darf! Ist es nicht so, daß Ihre Staatssekretärin Ferrero-Waldner gerne diesen Posten hätte, da sie unter Umständen aus dieser Bundesregierung ausscheiden muß? (Vizekanzler Dr. Schüssel: Nein! – Abg. Kiss: So etwas Hanebüchenes!) Wenn das so ist, dann sagen Sie es! Natürlich ist eine Staatssekretärin eine Person, die auf Botschafterebene sehr gut verwendbar ist, das will ich überhaupt nicht anzweifeln. Aber tun Sie doch nicht so, als wären junge Kollegen nicht fähig, diesen Posten in Madrid zu bekleiden! Sie haben genügend Leute in Ihrem Hause, die die entsprechenden Fähigkeiten hätten. Stellen Sie doch diese Parteipolitik auf der Botschafterebene ab! Es schadet allen, und es nützt uns überhaupt nicht. (Abg. Tichy-Schreder: Ihre Gedankenwelt ist erschreckend!)

Sie von der ÖVP sind ja nicht die einzigen, die SPÖ macht ja bei diesem Spielchen mit. Ich will da der SPÖ gar keinen Heiligenschein umhängen. Es gehören in einer solchen Angelegenheit immer zwei zum Spielen dazu. Ich halte das für das eigentliche Versagen der Bundesregierung. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Abgesehen von dieser Packelei, die es auf der Ebene der Botschafterposten gibt, gibt es auch interessante Entwicklungen: Wir sind in der Europäischen Union jetzt in einer Phase, in welcher es sehr wichtig ist, Position bezüglich der künftigen Verteidigungsstruktur zu beziehen. Die Frage ist: Was wollen wir eigentlich wirklich erreichen?

Aber Bundeskanzler Klima ließ uns am 18. April ausrichten, daß wir über das Thema Neutralität nicht diskutieren dürfen. – Jetzt frage ich Sie: Welches Demokratieverständnis ist das bitte, das der Herr Bundeskanzler in dieser Frage hat, wenn er meint, daß wir über das Thema Neutralität nicht diskutieren dürfen? – Das ist der erste Punkt.

Zweiter Punkt: Welche Neutralität meinte er eigentlich, als er den Einsatz der NATO-Truppen im Kosovo insofern mitgetragen hat, als er den Ratsbeschluß, der den Einsatz schärfster Maßnahmen, einschließlich Militäraktionen, für notwendig und gerechtfertigt hält, mit unterschrieben hat? Ich frage Sie: Ist das der Boden der Neutralität?

Oder: Welche Neutralität meinte er, als er mit unterschrieb, daß es gegen Serbien zu einem Handelsembargo kommt? Wieder meine Frage an Sie: Ist das der Boden der Neutralität?

Ich kann sehr wohl nachvollziehen, wenn man der Auffassung ist, daί man den Herrn Milošević unter gar keinen Umstδnden an der Macht halten sollte, aber dann soll man nicht so tun, als wäre die Neutralität Österreichs jene Neutralität, die im Jahre 1955 beschlossen worden ist. Wir sind schon weit weg davon!

Herr Schieder, weil Sie mich so nachdenklich anschauen! (Abg. Schieder: Das stimmt nicht!) In einem Artikel in der Zeitung "Die Presse" von heute werden Sie mit folgenden Worten zitiert – vielleicht werden Sie dieses Zitat korrigieren –:

"Gleichzeitig gestand Schieder aber zu, daß einer Neutralitätspolitik Grenzen gesetzt sind: erstens durch die Kleinheit des Landes und zweitens durch die Mitgliedschaft in der EU."

Wohl wahr, Herr Schieder! Das heißt, daß wir die Neutralitätspolitik sehr wohl besprechen müssen – wenn auch mit Verzögerung, weil wir seit 1995 schon in der EU sind und meiner Meinung nach das gleichzeitig hätte diskutiert werden müssen.

Herr Schieder! Würden Sie mir die Freude machen und mit dem Herrn Klima darüber reden, daß wir doch über die Neutralität diskutieren müssen, und zwar wegen der Kleinheit dieses Landes und wegen der Mitgliedschaft in der EU? Vielleicht setzen Sie sich durch, wenn sich schon die Oppositionsparteien nicht durchsetzen können.

Was wir in Europa brauchen, ist eine Verteidigungsstruktur, die es uns ermöglicht, eigenständig zu handeln. Was wir brauchen, ist eine Europa-Armee bei gleichzeitigem Aussetzen der allgemeinen Wehrpflicht. Was wir brauchen, ist die Auflösung der nationalen Armeen. Es sind Schlüssel dazu schon vorhanden, denn die belgische, die holländische und Teile der spanischen Armee haben sich bereits verschmolzen.

Man braucht dort nur weiterzutun. Man braucht nicht so zu tun, als würde es da überhaupt nichts geben und als würden da die Liberalen irgend etwas Neues erfinden. Wir wollen mit Nachdruck einer Verteidigungsstruktur in Europa zum Durchbruch verhelfen. Und diesbezüglich würden wir uns Allianzen wünschen und nicht die Weigerung des Herrn Bundeskanzlers Klima, über diese Dinge zu diskutieren.

Das schadet dem Ansehen Österreichs, und das schadet der österreichischen Bevölkerung, weil sie sich in solch einer Diskussion verunsichert fühlt, denn die Österreicherinnen und Österreicher fühlen, daß da etwas im Gange ist und daß wir da irgend etwas versäumen, aber auf der anderen Seite spiegelt man ihnen vor, daß uns die Neutralität sehr wohl den Schutz bieten könnte, den sie uns anno dazumal geboten hat. Ich halte das für eine Verweigerung der Realität, und ich glaube, daß Sie sich in dieser Beziehung bei Ihrer eigenen Partei durchsetzen sollten.

Daß Österreich während seiner EU-Ratspräsidentschaft Erfolge errungen hat, möchte ich anzweifeln, und zwar schlichtweg deswegen, weil es eine Routinepräsidentschaft war. Schon vor dem ersten Präsidentschaftstag hat Herr Vizekanzler Schüssel folgendes gesagt: Wir werden hauptsächlich die Funktion haben, die Dossiers von der EU-Präsidentschaft eines großen Landes in die nächste Präsidentschaft, und zwar in die deutsche EU-Präsidentschaft, hinüberzutragen. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Wann habe ich denn das wörtlich gesagt?) Das haben Sie im Außenpolitischen Ausschuß im Juni letzten Jahres gesagt (Vizekanzler Dr. Schüssel: Nein! Ganz sicher nicht!), als wir über die Präsidentschaft diskutiert haben. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Ganz sicher nicht!)

Herr Vizekanzler! Ich habe in meinen Unterlagen einen Artikel, in welchem diese Worte von Ihnen als Zitat stehen. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Bitte! – Abg. Schwarzenberger: Das steht im Protokoll nicht drinnen!) Ich würde Ihnen das Zitat gerne zeigen, müßte aber zu diesem Zweck ins Archiv gehen. Ich möchte jetzt aber Ihren Worten lauschen, werde aber das Zitat selbstverständlich nachbringen.

Ich glaube, daß wir während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft sehr viele Möglichkeiten gehabt hätten, aber nicht wahrgenommen haben.

Zum Beispiel: das Problem "Hormonfleisch". Ich frage Sie: Warum hat Österreich während seiner EU-Ratspräsidentschaft vor der EU-Kommission nicht darauf gedrungen, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien im Dezember vorzulegen, sodaß ein akkordiertes Vorgehen schon im Jänner möglich gewesen wäre? Warum hat es nicht andere Verhandlungen in puncto Aufstockung von sämtlichen Programmen, die uns lebensnotwendig erscheinen, gegeben? (Abg. Schwarzenberger: Wissenschafter lassen sich eben manchmal nicht diktieren!)

Sie reden über das Fünfte Rahmenprogramm. Ich sage Ihnen: Das Fünfte Rahmenprogramm hätte eine wesentlich höhere Dotierung erlangt, hätte Österreich wesentlich härter verhandelt. Wir mußten uns in der Mitte treffen – das Europäische Parlament hat mehr verlangt –, um Forschungen in jenen Bereichen, in welchen wir sie wollen, nämlich im Bereich alternativer Energien, zu ermöglichen.

Herr Kollege! Sie haben vorhin davon gesprochen. Ein großer Teil wäre über eine Erweiterung des Budgets auf 14,5 Milliarden Schilling finanzierbar gewesen, wie es das Europäische Parlament verlangt hat. Da gibt es unsererseits Versäumnisse!

Es gibt auch Versäumnisse von österreichischer Seite her in puncto Atompolitik. Natürlich ist es notwendig, daß wir jene Sicherheitsstandards, die in der Europäischen Union Geltung haben, auch in Osteuropa verlangen, aber wir können eines nicht verlangen: daß Frankreich weiter an seiner Atompolitik festhält, während auf der anderen Seite Länder wie Tschechien nicht Mitglied der EU werden können. Entweder man verlangt, daß alle Länder aus der friedlichen Nutzung der Atomenergie aussteigen – dann müssen aber auch Deutschland und Frankreich mittun –, oder man sagt, daß die osteuropäischen Staaten alle möglichen Mittel zur Verfügung gestellt bekommen sollen, um überhaupt keine Atomenergie zu benötigen, und daß man ihnen dann, wenn sie noch immer nicht ausreichend Energie auftreiben können, zumindest bei den Sicherheitsstandards hilft.

Ich bin sehr unglücklich über die Diskussion, die in diesem Zusammenhang geführt wurde, nämlich daß die EU-Osterweiterung nur dann möglich ist, wenn der Atomausstieg per se von diesen Ländern definiert worden ist. Wir sollten sie viel eher an Bord nehmen und ihnen alle Umweltstandards aufs Auge drücken. Das ist, glaube ich, ein größerer Erfolg, als sie außerhalb der Europäischen Union zu lassen und mit dem Finger auf sie zu zeigen, nur weil sie zwei Atomkraftwerke haben. Ich glaube, daß die Diskussion in dieser Beziehung nicht in die richtige Richtung verläuft.

Meine Damen und Herren! Wir in Österreich haben uns von einer aktiven Europapolitik und auch von einer weltweiten Politik verabschiedet, wo Österreichs Ansehen und Aktivitäten einmal sehr wichtig waren. Wir haben nicht erreicht, daß wir als Vermittler im Kosovo-Konflikt auftreten können. Das müssen jetzt andere Personen machen. Es gibt Initiativen des Premiers Italiens Massimo D’Alema und des finnischen Präsidenten, wir aber haben uns von dieser Diskussion völlig verabschiedet. Das einzige, was wir zur Verfügung stellen, ist die Hofburg, um dortselbst einen Kongreß abzuhalten.

Das ist viel zu wenig! Da braucht es viel mehr Schweiß von Ihrer Seite, Herr Außenminister, um diese Position wieder zurückzuerobern. Ich würde mir wünschen, daß der Konsens bezüglich dieser Materie, der einmal im Hohen Haus bestanden hat, wiederhergestellt wird.

Ich glaube, daß wir das erreichen könnten. Es hat mir der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses einige Geschäftsordnungstricks gezeigt, indem ich sie erleiden mußte, aber jetzt kenne ich mich aus. Ich glaube, daß wir in der nächsten Gesetzgebungsperiode sehr wohl zu dieser Gemeinsamkeit zurückfinden könnten. In vielen Diskussionen haben wir es versäumt. Schaffen wir diesen Konsens doch dort, wo wir einen Bedarf sehen! Initiativen im Rahmen der Flüchtlingspolitik wären eine Möglichkeit, und ein Antrag betreffend Beschneidung, der schon eingebracht ist, bietet eine zweite Möglichkeit. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.09

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schieder. Herr Abgeordneter! Ich stelle wunschgemäß die Uhr auf 10 Minuten ein. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Das wird jetzt ein Slalom! – Abg. Aumayr – in Richtung ÖVP –: Es hat die ÖVP auch einen ...!)

11.09

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der eigentliche Anlaß unserer Debatte, der Außenpolitische Bericht, ist auch meiner Auffassung nach sehr gut gelungen. Die Abspeckung hat ihm durchaus gut getan, und auch ich möchte allen, die daran gearbeitet haben, den herzlichsten Dank aussprechen. Dieser Bericht ist ein wichtiges Dokument über die österreichische Außenpolitik im vergangenen Jahr. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie bei der ÖVP.)

Ich möchte unterstreichen, daß es – darauf wird im Bericht auch hingewiesen – organisatorische und informationspolitische Neuerungen gegeben hat, wie zum Beispiel die sehr erfolgreiche Koordinierung des Außenamtes für die Durchführung der Home Page über die österreichische EU-Ratspräsidentschaft. Sie hatte viele Zugriffe zu verzeichnen. Das ist etwas sehr Positives. Ich sehe es als wichtig an, das auch auf die Zeit danach auszudehnen, und zwar auch beim Informationssystem im Außenamt Möglichkeiten zu schaffen – ich habe das schon einmal angesprochen –, damit Abgeordnete und die Öffentlichkeit einen Zugriff darauf haben.

Die eigentliche Debatte, meine Damen und Herren, wird heute aber nicht über das schriftliche Werk, nämlich den Außenpolitischen Bericht, sondern über die Inhalte der Außenpolitik geführt. Es geht um die Außenpolitik, um das Außenamt und um inhaltliche Fragen im Zusammenhang mit Neutralität und NATO.

Ein Schwerpunkt in der bisherigen Debatte war die Kritik des Kollegen Spindelegger, der meinte, die Art und Weise, wie unser Kandidat Swoboda zur Außenpolitik und zum Außenamt Stellung bezogen hat, sei nicht in Ordnung. (Abg. Mag. Kukacka: Sehr richtig!) Ja! Nach dieser Kritik, in der er meinte, es gehöre sich nicht, daß der Vertreter der einen Regierungspartei den Vizekanzler und Außenminister der anderen Regierungspartei so angeht, in einer späteren Passage seiner Rede, hat Herr Spindelegger Formulierungen gefunden wie beispielsweise jene, daß die Außenpolitik des Bundeskanzlers auf Doppelbödigkeit beruhe und daß sie gefährlich für die Glaubwürdigkeit Österreichs sei. (Abg. Dr. Fekter: Ja, das ist richtig!)

Ich möchte erstens die Wortwahl des Kollegen Spindelegger (Rufe bei der ÖVP: Das war richtig!) auf das schärfste verurteilen. So spricht man nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde zweitens inhaltlich noch auf seine Vorwürfe eingehen.

Ich möchte drittens dem Kollegen Spindelegger nichts Philosophisches, sondern eher eine Volksweisheit – angesichts seiner ersten Äußerung und auch seiner zweiten – zum Nachdenken geben, nämlich die Volksweisheit, die man den Kindern sagt – zu Recht!; auch mir hat man das gesagt – und die man sich auch merkt, nämlich: Was du nicht willst, daß man dir tut, das füg’ auch keinem anderen zu! – Herr Kollege Spindelegger, das zum Nachdenken in bezug auf Ihre Kritik am Kollegen Swoboda. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer sowie weitere Abgeordnete der ÖVP: Swoboda! Swoboda!)

Meine Damen und Herren! Die Äußerungen Swobodas, die Sie hier andauernd anführen, waren nicht nur Gegenstand der Kritik des Kollegen Spindelegger, sondern auch der Reaktion des Herrn Außenministers, und diese war, muß ich sagen, auch nicht von "schlechten" Eltern, wenn er darauf Bezug nehmend meinte: Ich habe nicht vor, das Außenministerium freiwillig zu räumen. Das ist die Machtgier der SPÖ. – Wörtlich so im "Standard" vom 13. Mai 1999. – Die feine Klinge, Herr Außenminister, ist das auch nicht gerade. (Abg. Mag. Kukacka: Aber die Wahrheit!)

Ich glaube, meine Damen und Herren, daß es legitim ist, darüber nachzudenken (Abg. Kiss: Was soll er denn sonst sagen? – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), zu welcher Partei ein Ressort gehören soll. Es ist legitim, darüber nachzudenken, wie eine Ressortverteilung stattfinden soll. Man tut sich immer leichter, ein Ressort zu verlangen, ohne gleichzeitig sagen zu müssen, welches man dafür abzugeben bereit ist, denn sonst hat man mehr Kritiker. (Abg. Kiss: So ist es! – Abg. Schwarzenberger: Man könnte mit dem Bundeskanzleramt tauschen!) Das wissen wir alle. Aber das wird nach der nächsten Wahl zu entscheiden sein. Es kann aber nicht so sein, daß der eine sagt: Das muß so sein!, und der andere sagt: Das darf nie so sein! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Na ja, meine Damen und Herren, man kann es aber auch nicht so spielen, daß man das das eine Mal als eine politische Frage sieht und das andere Mal nicht.

Es hat Kollege Molterer am 14. Mai 1999 den "Salzburger Nachrichten" gegenüber gesagt (Abg. Schwarzenberger: Ein guter Mann!) – ja, das ist er! –, daß er davor warne, das Außenamt zu verpolitisieren, denn es sei der Wunsch der SPÖ, es zu besetzen. – Das heißt: Wenn es die SPÖ besetzt, dann ist es eine Verpolitisierung.

Im selben Interview sagte er: Wer die ÖVP als Regierungspartner will, der muß zur Kenntnis nehmen, daß es politische Schlüsselressorts gibt, auf deren Führung wir bestehen werden. (Abg. Scheibner: Sie verteilen Schlüsselposten schon vor den nächsten Wahlen?!)

Es kann nicht so sein, daß es bei der einen Partei politischer Wille nicht sein darf, daß es aber dann, wenn man selbst betroffen ist, durchaus politischer Wille sein kann. Das ist zweierlei Maß, das darf nicht angewendet werden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: Diese "Logik" kann man nicht nachvollziehen, Herr Schieder! – Abg. Mag. Kukacka: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich, Herr Kollege!)

Kollege Kukacka! Ich möchte mich jetzt mit Ihnen weder über "hinken" noch über Sprichwörter unterhalten, weil ich meine Redezeit dafür nicht aufbrauchen will, aber ich werde Ihnen gerne nachher ein wenig Nachhilfe zu Zwischenrufen geben, denn ich weiß einiges, was Sie besser machen könnten.

Zurückkommend zur Frage der Außenpolitik, meine Damen und Herren: Die Frage ist folgende: Ist diese Debatte über das Außenamt nur eine, die aus wahltaktischen Gründen geführt wird, oder stehen dahinter auch konkrete Unterschiede in der Außenpolitik? Über diese Frage muß man sich unterhalten. Natürlich gibt es in der Außenpolitik erfreulicherweise sehr viel Gemeinsamkeit und gute Arbeit. Es gab auch gute Arbeit während des EU-Vorsitzes Österreichs. Es gibt einen weitgehenden Konsens mit sich mehrenden Dissonanzen in manchen Fällen, und es ist es wert, Herr Außenminister, sich auch über diese Dinge zu unterhalten.

Es ist erstens die Frage: Wie versteht sich das Außenamt? Macht es selbständig Außenpolitik? – Natürlich, daß ist die Zuständigkeit des Außenressorts! – Hat es nicht gleichzeitig angesichts der Mitgliedschaft in der EU auch eine Servicerolle für die anderen Ressorts in der EU übernommen? Ist es nicht gleichzeitig etwas, was man in modernen Firmen das Proficenter nennt, also eine Abteilung, die für die anderen tätig ist, deren Wünsche bestmöglich weiterleitet oder vollführt, ohne sie bei dieser Weiterleitung selbst zu verändern.

Und da stellt sich die Frage, ob sich nicht das Außenamt im Aufnehmen dieser vielen Dinge, im Schlucken dieser vielen Dinge ein bißchen überfrißt und im Weiterleiten dieser Dinge nicht das Gefühl gibt, daß es sie zu sehr beeinflußt.

Bei den Botschafterbesetzungen ist es nicht so sehr um die Besetzungen gegangen, sondern um die Vorentscheidung, die Sie dadurch getroffen haben, daß sie nicht alle ausgeschrieben haben, nicht alle gleichzeitig der Regierung vorgelegt haben, sondern nur manche ausgeschrieben haben und da etwas nachzuholen war, was besser früher geschehen wäre. (Abg. Kiss: Schreiben wir gleich prophylaktisch alle Posten für fünf Jahre aus!) Die Vorgangsweise war der Grund für die Kritik. Diese Vorgangsweise gibt es auch in der Frage der Neutralität und bei den Äußerungen zur NATO und in manchen anderen kleinen Dingen.

Da stellt sich für viele von uns die Frage: Wie leitet dieses Außenamt und der Außenminister die gemeinsame Linie Österreichs in den Institutionen weiter, wenn er selbst in vielen Fällen eine von dieser Linie abweichende Meinung hat? (Abg. Mag. Kukacka: Welche Linie: die Linie Berlin oder die Linie Wien?) Wird er das wirklich bestmöglich vermitteln, wenn er selbst eigentlich etwas anderes haben will?

Oder: Der Verteidigungsminister Fasslabend sagt: Ich glaube, daß die Vorgangsweise, daß man die Überflüge nicht gestattet, einfach nicht im Einklang mit den Gesetzen ist. – Er sagt das, obwohl es klar ist, daß die Gesetze etwas anderes sagen!

Da stellt sich natürlich für einen Partner die Frage: Vertritt, vermittelt das Außenamt das alles noch bestmöglich, wenn es eine Mentalreservation zu manchen Dingen gibt, die man zu vertreten und zu übermitteln hat? (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Mentalreservation hat sich in letzter Zeit gesteigert, und zwar zu Aussagen und auch zu einigen Fällen, und darüber, glaube ich, muß man sprechen dürfen. Das sind Fragen der Neutralität, das sind Fragen der EU-Politik, und das ist eine Summe von kleinen Dingen. Darüber muß gesprochen werden, weil es nicht gut ist, wenn aus der Summe dieser Vorfälle plötzlich eine Situation entsteht, die dazu führt, daß kein Konsens mehr in der Außenpolitik da ist. (Abg. Jung: Plötzlich?! Es gab nie einen Konsens!)

Und das, Herr Außenminister, nämlich zu verhindern, daß diese Entwicklung so weitergeht, ist eigentlich Ihre erste Aufgabe. Da müssen Sie sich engagieren. Das erwarten wir von Ihnen, das erwarten wir von Ihnen zu Recht – auch in einer Zeit des Wahlkampfes. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: Sehr philosophisch!)

11.20

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander zu Wort. Auch bei Ihnen, Frau Abgeordnete, stelle ich 10 Minuten ein. – Bitte.

11.20

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Eine außenpolitische Debatte, im Mai 1999 geführt, muß meines Erachtens zweifellos den Krieg im Kosovo in den Mittelpunkt stellen, denn das, was seit sieben Wochen in unserem südlichen Nachbarland passiert, beschäftigt nicht nur uns alle, sondern wirft natürlich auch eine Reihe von sicherheitspolitischen, aber vor allem auch außenpolitischen Fragen auf.

Jedenfalls zeigen diese sieben Wochen, daß inzwischen mindestens eine Million Menschen zu Flüchtlingen geworden ist. Diese sieben Wochen zeigen aber auch, daί keines der Kriegsziele, die bisher vorgegeben und begrόndet wurden, erreicht wurde. Weder gelang ein Stopp der Vertreibung der Kosovo-Albaner noch die Rόckkehr zum Verhandlungstisch noch konnten Milošević oder die nationalistischen Kräfte in Jugoslawien geschwächt werden. Gleichzeitig – das erleben wir immer wieder – werden die Vereinten Nationen ständig in den Hintergrund gedrängt bis desavouiert.

So stellt sich natürlich die Frage: Was ist das Ziel dieser fortgesetzten Angriffe? Nicht zu Unrecht mehren sich die Stimmen der Kritiker – beginnend bei Mary Robinson bis hin zu Dienstbier –, die in Sondermissionen unterwegs sind und die berechtigte Zweifel an den Zielen dieser Kriegsaktionen anmelden.

Ich möchte hier nicht noch einmal alles aufzählen, denn wir haben es in den letzten Wochen wiederholt diskutiert, aber es drängt sich natürlich die Frage auf: Was kann Österreich tun? Was können wir tun? Was wäre jetzt zu tun angesagt?

Ich möchte daher gleich einen Antrag einbringen, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander, Freundinnen und Freunde betreffend österreichische Bemühungen um einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre gesamte Kraft für jede mögliche außenpolitische Initiative einzusetzen, um einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen zwischen der Bundesrepublik Jugoslawien, den Vertretern der UÇK und den Repräsentanten der NATO herbeizuführen.

*****

(Abg. Tichy-Schreder: Ohne Vorbedingungen?! Ohne jede Vorbedingung?)

Dieser Krieg in Kosovo ist vor allem mit der Frage zu verbinden: Was kann die Rolle der österreichischen Außenpolitik sein, und was war die Rolle der österreichischen Außenpolitik in diesen sieben Wochen beziehungsweise in den Wochen davor?

Da kann ich durchaus in die eine oder andere Kritik, die von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern gekommen ist, einstimmen, indem auch ich feststelle, daß die Stellungnahmen der Mitglieder der österreichischen Bundesregierung sehr, sehr unterschiedlich sind. Grundsätzlich wurden diese NATO-Angriffe befürwortet, befürwortet auf den verschiedenen Gipfeln, zuletzt erst wieder beim Treffen der WEU-Ministerräte. Man zeigt Verständnis dafür, man sagt, es bleibt nichts anderes übrig. Man befürwortet also diese NATO-Angriffe.

Auch der Bundeskanzler hat dies wiederholt getan, was ihn jedoch nicht daran hindert, bei Parteiveranstaltungen, wie zuletzt in Graz, dann für ein Ende der Bombardements einzutreten. Es verhindert offensichtlich weiters nicht, daß über die Rolle der Neutralität diskutiert wird, aber auch das in sehr unterschiedlicher Betonung und mit sehr unterschiedlicher persönlicher Ausgestaltung.

Einmal ist es Verteidigungsminister Fasslabend in bekannter Rolle, der immer darauf drängt, daß wir ohne NATO und WEU nicht vorwärtskommen können in unserer Außenpolitik, der gleichzeitig aber betont, daß er im Zuge des Wahlkampfes gar nichts mehr sagen will, außer daß wir ein politisches Nullum sind – um das noch einmal zu zitieren –, oder es sind Aussagen anderer Politiker. Da kann ich durchaus auch eine Antwort in die ÖVP-Reihen geben, denn wenn Sie Swoboda sagen, füge ich Stenzel hinzu. Wie halten Sie es denn damit, daß Ihre Partei ganz offensichtlich die Neutralität aufgeben will, je schneller, desto lieber, Sie aber gleichzeitig eine Spitzenkandidatin zu den Wahlen ins Europaparlament haben, die so tut, als hätte sie mit dem Ganzen gar nichts zu tun, die die Neutralität überhaupt nicht in Frage stellen will, die den NATO-Beitritt gar nicht diskutieren will, davon gar nichts wissen will?

Jetzt können Sie natürlich sagen, sie sei parteiunabhängig. Ja, aber sie ist Ihre Spitzenkandidatin, erwidere ich Ihnen darauf. Sie repräsentiert Ihre Politik, und Sie wollen damit ja wieder zur stimmenstärksten Partei aufrücken wie damals bei den letzten Wahlen zum Europaparlament. (Abg. Kiss: Ist das schlecht? Ist das nicht normal, das vor Wahlen zu wollen?)

Das alles zeigt aber eines auf, und zwar ein sehr uneinheitliches Bild auf. Und das betrachte ich als das eigentlich Schlimme und Verwerfliche an der österreichischen Außenpolitik: daß Sie es drehen und wenden, wie es Ihnen paßt, daß Sie sich einmal auf die Neutralität zurückziehen und sagen, wir sind neutral, da kann man nichts machen, und das nächste Mal dann wieder davon reden, daß wir in die NATO müssen, daß wir die Bombardements unterstützen, daß wir diese oder jene Beschlüsse mittragen. Dieser Zickzackkurs der österreichischen Außenpolitik in den letzten vier Jahren ist das eigentlich Bedenkliche an dieser Politik! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Spindelegger – der jetzt nicht im Saale ist – hat gesagt, die Glaubwürdigkeit der österreichischen Außenpolitik leide darunter, daß wir nicht offen und ehrlich über die Aufgabe der Neutralität und auch über das, was jetzt in Köln ansteht, diskutieren könnten. Ich sage Ihnen, die Glaubwürdigkeit der österreichischen Außenpolitik leidet vor allem unter dem Kurs, den Sie in diesen vier Jahren gefahren haben, unter dem uneinheitlichen und widersprüchlichen Kurs, welchen Sie gefahren haben.

Aber sie leidet auch unter einem, Herr Minister (Abg. Kiss: Unter Einem? Wir leiden alle unter Einem!): Sie haben in den letzten Wochen mehrere Initiativen im Zusammenhang mit diesem Krieg in Kosovo ergriffen. Sie haben uns erzδhlt, es werde nun die Opposition in allen Bereichen, in allen Regionen in Exjugoslawien unterstόtzt. Sie haben Djukanović nach Wien eingeladen, Sie haben Gesprδche mit ihm gefόhrt, Pressekonferenzen abgehalten, es werden die freien und unabhängigen Medien unterstützt. Das alles sind begrüßenswerte Initiativen, obwohl man in dem einen oder anderen Fall zumindest in differenzierter und kritischer Weise schon eine Frage stellen muß, nämlich die, ob Sie überlegen und bedenken, daß Sie mit solchen Initiativen möglicherweise entweder das Gegenteil auslösen oder eine Dynamik in Gang setzen, die eine Entwicklung beschleunigt, die vielleicht so oder so gegeben wäre.

Nehmen wir Djukanović. Er ist jemand, der sich von dem Regime Milošević losgesagt hat, er ist jemand, der in Opposition zu dem Regime Milošević steht, er ist jemand, der stark unter Druck geraten ist. Es ist mφglicherweise eine richtige Geste, ihn einzuladen und mit ihm eine Pressekonferenz zu machen, aber es stimmt mich bedenklich, wenn ich dann lese, daß er jetzt wegen Hochverrates angeklagt werden soll.

Was ich damit meine und ausdrücken will, ist (Zwischenruf des Abg. Kiss) – lassen Sie mich in Ruhe ausreden –, daß Sie es vier Jahre lang verabsäumt haben, solche Schritte zu setzen (Abg. Tichy-Schreder: Das ist ja nicht wahr, Frau Kammerlander!), daß Sie das vor vier Jahren hätten tun sollen. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Aber ich bitte Sie! – Abg. Tichy-Schreder: Das stimmt doch nicht! Das ist nicht richtig! Sie sind nicht auf dem laufenden! Sie könnten das besser wissen!) Vor vier Jahren hätten Sie die Opposition in Exjugoslawien unterstützen sollen. (Beifall bei den Grünen.) Vor vier Jahren hätten Sie die freien Medien unterstützen sollen. Vor vier Jahren hätten Sie dafür sorgen sollen, daß Rugova jene Plattform bekommt, die notwendig gewesen wäre, um eine tatsächliche Friedenspolitik in Exjugoslawien durchzuführen. Jetzt ist es möglicherweise zu spät. Jetzt ist möglicherweise eine Dynamik in Gang gesetzt worden, die das kaum mehr möglich und kaum mehr durchführbar macht.

Sie schreiben in Ihrem Außenpolitischen Bericht, daß es ein österreichisches Bestreben ist, die Rolle Europas bei der Bewältigung dieses Konfliktes zu stärken, aber ich denke mir, es geht nicht nur darum, sie zu stärken, sondern darum, wirklich eine eigene Rolle herauszubilden.

Da frage ich mich aber dann – und diese Frage ist auch von meinen Vorrednern aufgeworfen worden –: Wie stehen Sie zu den Vorbereitungen der deutschen Ratspräsidentschaft für den Gipfel in Köln? Da ist keine Rede mehr davon, daß eine europäische Außenpolitik herausgebildet und gestärkt werden soll, sondern es ist ganz klar die Rede davon, daß die europäische Außenpolitik einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik untergeordnet werden soll und daß sie eher früher als später der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der NATO untergeordnet werden soll. Es kann also keine Rede sein von einer eigenständigen Außen- und Sicherheitspolitik Europas!

Wie stehen Sie dazu, Sie, als Außenminister (Vizekanzler Dr. Schüssel: Positiv!), oder der heute nicht anwesende Bundeskanzler? (Vizekanzler Dr. Schüssel: Positiv!) Das würde uns interessieren. Und wenn Sie sagen, Sie stehen positiv dazu, dann kann ich Ihnen nur sagen, daß das in krassem Widerspruch zu dem steht, was Sie wollen: eine eigenständige europäische Außenpolitik herausbilden.

Die Papiere sprechen eine klare Sprache. Sie stehen in einem kontinuierlichen Zusammenhang mit der Fortentwicklung. Das war zuletzt auch beim Gipfel in Washington zu beobachten und reicht bis hin zur Vorbereitung der deutschen Ratspräsidentschaft, bei der es nur um eines geht: eine Militarisierung der Außenpolitik, weg von jeglichen zivilen Mitteln, die in der Außenpolitik möglich und gegeben sind, hin zu einer ganz klaren Ausrichtung auf eine gemeinsame Verteidigungspolitik mit den entsprechenden militärischen Mitteln, mit den entsprechenden militärischen Aufrüstungen, mit der entsprechenden militärischen Ausstattung. – Und das ist eine Außenpolitik, die wir keinesfalls mittragen und mittragen können.

Ein Wort noch zu den Ausführungen des Kollegen Spindelegger. Er hat gesagt, es sei gefährlich für die Sicherheit Österreichs, sich auf die Neutralität zu beziehen, und er hat gemeint, daß es ein Unsinn sei, von einer "Allianz" der Neutralen zu reden, also das Wort "Allianz" zu verwenden. Und ich sage Ihnen, das Wort "Allianz" ist es nicht. Das, was verräterisch ist, ist, daß bei Ihnen das Wort "Allianz" offensichtlich nur mehr in Verbindung mit Militärallianz vorkommt und in Verwendung kommt und kein anderes Verständnis mehr da ist.

Aber gerade die Friedensbemühungen und -vermittlungen der letzten Zeit haben gezeigt, wie notwendig neutrale Länder sind. Oder wie anders beurteilen Sie es, wenn die Schweiz, wenn Finnland, wenn Österreich in Friedensverhandlungen auf dem Balkan und in Exjugoslawien einbezogen werden? Das genau zeigt die Dringlichkeit des Vorhandenseins neutraler Länder, das genau zeigt, welche Rolle die Neutralität in Europa noch hat, vor allem dann, wenn es mehrere Länder betrifft und diese Länder gemeinsam Initiativen setzen und durchführen könnten, wenn diese Länder sich gemeinsam – ob Sie das jetzt Allianz nennen wollen oder wie immer – eine Strategie überlegen könnten, abseits von militärischen Mitteln! Das fände ich angebracht, und das jedenfalls gewährleistet die österreichische Sicherheit. (Beifall bei den Grünen.)

Ich bringe daher nachfolgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander, Freundinnen und Freunde betreffend Weiterentwicklung der GASP

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, das geltende Bundesverfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität zu beachten und zu vollziehen. Der österreichische Vertreter bei der Regierungskonferenz über die Änderung der Unionsverträge möge keine Positionen einnehmen, die mit der österreichischen Neutralität unvereinbar sind. Bei neutralitätsrelevanten Entscheidungen im Rahmen der "Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik" ist einer Änderung des Einstimmigkeitsprinzipes die Zustimmung zu verweigern. Ein österreichischer WEU- oder NATO-Beitritt ist (noch vor der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen) einer Volksabstimmung zu unterziehen, ebenso wie jede Revision des Maastrichter EU-Vertrages, die zu einer weiteren Einbindung der WEU in die Sicherheitspolitik der EU führt.

*****

Zuletzt lassen Sie mich noch ein Wort in Richtung SPÖ sagen: Es ist legitim, nach 13 Jahren draufzukommen, daß das Außenamt eine sehr wichtige Funktion innehat, nicht nur in Österreich, sondern natürlich auch international und vor allem auch im Bereich der Europäischen Union. Das ist legitim, aber eines sage ich Ihnen schon: Was Sie heute sagen, was Swoboda sagt, was manche andere heute in diesem Zusammenhang sagen, das klingt für mich, als hätte der Wolf Kreide gegessen und nicht anders. Denn Ihre Positionen in den vergangenen Jahren, egal, ob es um die NATO ging, ob es um die WEU ging, ob es um den Maastricht-Vertrag oder um den Vertrag von Amsterdam ging, waren um keinen Deut anders als die Positionen der ÖVP. Um keinen Deut, um keinen Millimeter, um keinen Absatz, um keinen Punkt anders!

Das alles sind aber die Vorbereitungen, die ganz klaren Weichenstellungen in Richtung des NATO-Beitrittes. Sie müssen uns erst klarmachen, was Sie anders machen würden, da Sie doch all dem in den vergangenen 13 Jahren beziehungsweise in den vergangenen vier Jahren Ihre Zustimmung gegeben haben. (Beifall bei den Grünen.)

11.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die beiden Entschließungsanträge, die Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander vorgetragen hat, sind ausreichend unterstützt und werden in die Verhandlung miteinbezogen.

Es hat sich jetzt Herr Bundesminister Dr. Schüssel zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Vizekanzler.

11.35

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Zur Diskussion steht der Außenpolitische Bericht über das Jahr 1998 und damit sicherlich ein Bericht über eine der spannendsten Perioden der österreichischen Außenpolitik nach dem Krieg.

Von einigen Rednern – ich habe die Diskussionsbeiträge sehr interessant gefunden, weil sie offen gewesen sind und weil durchaus auch manche Ecken und Kanten spürbar geworden sind, die man ausdiskutieren soll – wurde eine aktive Außenpolitik verlangt. Dann glaube ich aber schon, daß man sich zumindest die Mühe machen soll, die Fakten im Außenpolitischen Bericht nachzulesen. Das Jahr 1998 war das aktivste Jahr der österreichischen Außenpolitik seit 1945. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Darf ich nur ausführen, weil es interessant ist: 133 Besuche oder Empfänge mit Staatspräsidenten respektive Premierministern habe ich selbst gemacht, bei denen auch 75 Außenminister dabei waren. Ich selbst habe insgesamt 57 Auslandsbesuche absolviert, und Österreich hat 50 internationale Konferenzen veranstaltet. Also aktive Außenpolitik, so wie sie eigentlich alle Redner dieses Hauses verlangt haben. Ich danke daher für diese Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Zweites: Frau Abgeordneter Gredler möchte ich schon auch sehr offen sagen: "Schillernde" Außenpolitik ist meine Sache nicht. Mir ist lieber eine klare, berechenbare, vertretbare Außenpolitik (Abg. Dr. Gredler: Das steht nicht im Gegensatz!), bei der man überall das gleiche sagt: im Ausland wie im Inland, gegenüber dem Koalitionspartner, gegenüber der Opposition. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist auch die einzige Chance, denn Wahrheit und ein gewisses Engagement sind für ein kleines Land absolut wichtig. (Abg. Dr. Gredler: Auch in der Außenpolitik!) Wir dürfen uns nicht größer machen, als wir sind. Wir sind ein 8-Millionen-Volk, wir sind in die Europäische Union mit ungefähr 370 Millionen Menschen integriert, wir sind auf der Welt ein Zwerg. Aber ich glaube, in diesem Jahr 1998 haben wir vor allem auch dank der österreichischen Präsidentschaft eine weit über unsere Größe hinausgehende Beachtung gefunden. Ich persönlich glaube, wir haben es gut gemacht, zumindest haben sich alle, die daran mitgewirkt haben – die Beamten genauso wie die vielen Politiker, die mitgearbeitet haben, aber auch die Ländervertreter –, ordentlich angestrengt. Und warum soll man das nicht bei einer solchen Diskussion außer Streit stellen und allen danken, daß sie daran mitgewirkt haben? (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich habe es sehr interessant gefunden, daß Peter Schieder versucht hat, die Rolle des Außenministeriums zu reflektieren, und ich kann dem, was die Analyse betrifft, eigentlich in jedem einzelnen Punkt zustimmen. Ich glaube auch, daß, so wie das Bundesministeriengesetz es vorsieht, die Außenpolitik im Ministerium von den Profis konzipiert wird. Gleichzeitig haben wir eine dienende Funktion, eine Servicefunktion für alle anderen; übrigens auch für das Parlament, weil ja über das Außenamt viele Informationen mit Erläuterungen an die Parlamentarier kommen, und ich glaube nicht, daß irgend jemand Grund hat, sich darüber zu beschweren, daß der Informationsfluß nicht funktioniert. Wenn irgendwo eine Panne vorkommt, dann ist das sicher nicht beabsichtigt, denn volle Transparenz und absolute Ehrlichkeit der Information gehören jedenfalls zu den Grundprinzipien meines Verständnisses von einer gemeinsamen Außenpolitik, und ich glaube, das klappt auch einigermaßen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

In diesem Sinne danke ich auch den Beamten sehr herzlich – sie sitzen ja hier –, die diesen Bericht nach bestem Wissen und Gewissen erstellt haben.

Ich möchte aber auch der abwesenden Staatssekretärin danken, die jetzt in meiner Vertretung agiert. Ich habe die bulgarische Außenministerin Nadeschda Michailowa zu Gast, und ich bin deswegen auch 3 Minuten zu spät gekommen, weil ich nicht unhöflich sein und zu früh von der Pressekonferenz weglaufen wollte, während sie geredet hat. Ich bitte dafür um Vergebung. Die Frau Staatssekretärin vertritt mich also, und ich möchte ihr, die ja eigentlich unpassenderweise – wenn ich das einmal sagen darf, Frau Dr. Gredler – hier in die Diskussion und in die Kritik hereingezogen wird, einmal herzlich danken. Sie hat nämlich die Hauptlast der Organisation der Präsidentschaft getragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ihr – gemeinsam mit Botschafter Lennkh, der das organisiert hat – ist zu verdanken, daß die budgetierten 350 Millionen Schilling nicht ausgeschöpft worden sind, sondern wir mit nur 200 Millionen Schilling ausgekommen sind. Das ist ein beachtlicher Erfolg, und das Verdienst gebührt allein der Frau Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner. Ich bin hier wirklich nur derjenige, der sehr zufrieden zugeschaut hat. Sie hat das hervorragend gemacht!

Frau Abgeordnete Gredler! Jetzt möchte ich Ihnen noch etwas sagen, weil Sie ununterbrochen auf dem Minithema der Botschaft in Madrid herumreiten und daran Kritik üben. Die Frau Staatssekretärin hat sich nicht beworben – und wird sich nicht bewerben. Vielleicht können Sie mit dieser Legende endlich einmal aufhören! Denn es ist unfair, jemanden hier ständig in Diskussion zu bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler.)

Vielleicht darf ich Ihnen nachhelfen. Sie sollten als Parlamentarierin wissen, daß die Nationalratswahl am 3. Oktober stattfinden wird und daß die Besetzung der Botschaft in Madrid nach einer Ausschreibung von mir noch vor dem Sommer dem Ministerrat vorgelegt werden wird. Hören Sie damit auf, eine qualifizierte Frau, die für jeden Botschafterposten qualifiziert wäre, in den Verdacht zu bringen, daß sie sich einen Posten "richtet". Das hat sie nicht verdient, und das werde ich auch nicht zulassen, Frau Doktor! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage Ihnen dazu etwas Drittes. Ich gebe sie gar nicht her, weil sie eine höchst erfolgreiche Staatssekretärin im Außenministerium ist – damit das klargestellt ist! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der vierte Punkt ist folgender. Sie zitieren immer in einer ganz eigenartigen Unschärfe, sodaß man sich fragt, ob es einen anderen gibt, der unter dem Pseudonym "Wolfgang Schüssel" auftritt und irgendwelche Wortmeldungen von sich gibt. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich soll gesagt haben, daß Botschafter Wotava in Madrid bleiben muß, damit er mit dem König Kontakte hat? – Also bitte, glauben Sie mir, ich weiß ... (Abg. Dr. Gredler: Nein! Einen guten Draht zum Königshaus!) Oder dem Königshaus – glauben Sie mir, ich weiß, daß die Agenda 2000 vom Regierungschef und seinen Vertretern gemacht wird. Ich bedarf hier keiner Nachhilfe. (Abg. Dr. Gredler: Es gibt 40 Zeugen!) Ich habe sicher auch im Ausschuß hier nichts anderes gesagt.

Jeder Botschaftervorschlag, der von mir dem Ministerrat vorgelegt wurde, war ausgeschrieben und begutachtet sowie mit dem Bundespräsidenten vorher abgestimmt worden, weil die Botschafter auch seine Botschafter sind. Ich hoffe sehr, daß irgendwann die Vernunft siegen wird und daß wir eine objektive Botschafterliste gemeinsam durch den Ministerrat bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein sehr herzliches Dankeschön allen Parlamentariern, die mich und auch schon Alois Mock in seinem Kampf um ein Statut für den auswärtigen Dienst sehr lange unterstützt haben! Wir haben 15 oder 20 Jahre lang darauf gewartet, und gestern haben wir es – das ist eine große Freude für mich – durch den Ministerrat gebracht. Ich darf herzlich darum bitten, daß möglichst alle Fraktionen diesem modernen Gesetz die Zustimmung geben. Fast alle EU-Länder sowie auch die Schweiz und andere Staaten haben ein solches Statut. Das wäre ein großer Schritt vorwärts zu dieser Servicefunktion, die Peter Schieder eingemahnt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun einige Worte zum wohl drängendsten Thema dieser Tage, zum Kosovo-Konflikt. Ich habe hier mit großem Interesse den Redebeiträgen zugehört, vor allem auch jenem von Frau Mag. Kammerlander, die einige sehr kritische Anmerkungen in meine Richtung gemacht hat, aber die Wirklichkeit, Frau Abgeordnete, sieht eben anders aus. Sie haben mir jetzt zum Beispiel indirekt vorgeworfen, daί mit meinen Aktivitδten, Menschen wie Djukanović, Djindjić oder andere zu ermutigen (Abg. Mag. Kammerlander: Das habe ich nicht vorgeworfen!), möglicherweise etwas Gegenteiliges ausgelöst wird, und Sie haben gefragt, warum ich das nicht früher gemacht hätte.

Frau Doktor, Sie sind ein Profi, Sie sind im Außenpolitischen Ausschuß ständig dabei! Ich informiere doch alle. Präsident Djukanović ist im Oktober 1997 und nicht vor vier Jahren gewδhlt worden. Im Jδnner hat er sein Amt als Prδsident angetreten. Sie mόssen doch wissen, daί ich ihn allein in Wien dreimal empfangen habe. Sie kφnnen hier doch nicht ernstlich behaupten, ich hδtte jetzt plötzlich, weil es Mode ist, weil es ein Thema ist und weil ich damit in die Medien kommen will, Prδsident Djukanović nach Wien geholt.

Ich war der erste, der ihn respektiert hat und der ihm bewußt auch die Auftrittsmöglichkeiten auf der internationalen Bühne gegeben hat. Mittlerweile machen das alle – die Deutschen, die Engländer, die Franzosen –, weil das selbstverständlich wichtig ist. Aber er hat nie vergessen, daß ihn sein erster Besuch nach Wien führte. Wir haben ihm intern in vielem geholfen, und er ist heute ein sicherer Hafen für serbische Intellektuelle oder für Journalisten, denen ein Berufsverbot in Belgrad erteilt worden ist.

Ich flehe Sie an: Ziehen Sie diesen Antrag zurück! Ein Waffenstillstand ohne jede Bedingung? – Freunde, wir alle wollen den Frieden, aber wir wollen doch nicht den Frieden, den Milošević diktiert! Wir wollen einen Frieden, der den Opfern hilft, liebe Freunde! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Daher ein dreifaches, ein fünffaches Ja zur Konfliktverhütung! Für mich – ich bekenne das als Christdemokrat, und ich bin mir sicher, daß alle Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen oder Freiheitlichen genauso fühlen – kann Krieg nicht das erste Mittel zur Konfliktlösung sein, sondern das allerallerallerletzte!

Jetzt kann man fragen: Haben wir genug getan zur Konfliktverhütung? – Da glaube ich, wirklich nach ehrlichem Wissen, so wie auch der derzeitige Ratspräsident Joschka Fischer, ein Grüner, oder der derzeitige Regierungschef und Vorsitzende im Europäischen Rat Gerhard Schröder, ein Sozialdemokrat – sie sehen das genauso wie auch die Liberalen oder wir Christdemokraten –: Wir glauben, nach menschlichem Ermessen alles getan zu haben, um dem Frieden eine Chance zu geben. Wir haben monatelang verhandelt, um zu einer politischen Lösung zu kommen.

Aber irgendwann einmal muß man es zur Kenntnis nehmen: Die Vertreibungen haben nicht begonnen, nachdem die Bombardements stattgefunden haben, sondern die Vertreibung von 500 000 Menschen hat im vergangenen Jahr, 1998, begonnen. Die Operation "Hufeisen" wurde geplant und logistisch exakt durchgeführt, so lange, bis in Rambouillet absehbar war, daß es nicht mehr weitergeht. Dann begann es blitzartig. Im Jänner hat die ganze Geschichte begonnen. Unsere eigene Intelligence, aber auch viele andere haben rechtzeitig davor gewarnt!

Ich bitte euch: Befreien wir uns von dieser Legende, weil das wirklich die Legende eines Mannes ist, nämlich jene von Slobodan Milošević, der jetzt den vierten Balkankrieg fόhrt! 6 Millionen Vertriebene und 300 000 Tote klagen an! Er schreibt gerade ein weiteres Kapitel in diesem bedauerlichen Bestseller, "Das Schwarzbuch des Kommunismus": Vertreibungen, Ermordungen von Unbequemen, Vertreibung einer Minderheit. Das darf am Ende des 20. Jahrhunderts einfach nicht toleriert werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

So gesehen, ist die Außenpolitik tatsächlich ein Schlüsselressort. Das ist eine der spannendsten Tätigkeiten überhaupt, weil sie eine Breite hat, die mit den Urängsten, Urwünschen und Hoffnungen der Menschen zu tun hat: mit Krieg und mit Frieden. Europa ist heute eine Frage von Krieg und Frieden. Deswegen ist die Außenpolitik auch so interessant, weil sie uns in Wien – da sind wir eben im Zentrum der Geographie der Region – eine Chance gibt, wie sie wenige andere Länder haben. Es ist ja nicht wahr, daß wir nicht ununterbrochen – auch jetzt schon – für die Zeit danach planen!

Am Sonntag war Carl Bildt in Wien. Ich habe mit ihm allein ohne Presse und ohne Öffentlichkeit den ganzen Abend gemeinsam zugebracht, nur in der Planung dessen, was man tun kann und wie die Dinge laufen können. Wir haben den gemäßigten Präsidenten der Albaner, Rugova, den "Gandhi des Balkans", beim Mittagessen bewußt zum informellen, vertraulichen Gespräch mit den EU-Außenministern zusammengebracht.

Es war ein gespenstisches Gesprδch mit einem Mann, der wochenlang der Gefangene und die Geisel von Milošević gewesen war. In Priština haben sie in der Früh die ganze Familie, elf Leute an der Zahl, in einen Raum hineingepfercht und draußen 50 Bewaffnete postiert, die ununterbrochen, in unrhythmischen Abständen, Schüsse abgegeben haben. Immer wieder haben sie angeklopft, auch in der Nacht, und gesagt: Wir haben Sie gerade vor einem Terrorüberfall der UÇK gerettet. – Er redet öffentlich nicht gern über diese Fragen. Er sagt uns heute, daß Priština eine Geisterstadt ist. Dort gibt es fast keine Albaner mehr. Sie haben ihn genauso wie alle anderen vertrieben. Stadtviertel für Stadtviertel wurde in Priština gesäubert. 15 000 lebten in seinem Stadtviertel. Um 4 Uhr früh haben sie ihn aufgeweckt, alle anderen vertrieben und ihn unter Hausarrest gestellt. Das ist die Wirklichkeit!

Wenn heute Djukanović als Hochverrδter dargestellt wird, wenn Djindjić, der Oppositionelle, nach Podgorica, nach Montenegro fliehen muίte und gestern auf sein Parteihauptquartier ein Bombenanschlag verόbt wurde, dann sind das Realitδten. Da hilft, bitte, kein Waffenstillstand ohne jede Bedingung! Der hilft einem einzigen: Slobodan Milošević. Und das kann nicht unser Interesse sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir hatten vorgestern abend ein langes Gespräch mit Igor Iwanow im Kreis der 15 Außenminister der Union. Ich hatte nachher die große Freude und die Chance, daß ich mit ihm ganz allein eineinhalb Stunden reden konnte. Mein Eindruck ist: Die Russen wollen eine friedliche Lösung, sie wollen eine politische Lösung. Sie tun sich ungeheuer schwer im eigenen Kreis – Duma und Stimmung in der Öffentlichkeit –, und sie tun sich extrem schwer mit Belgrad, weil genau jene Punkte und auch die Prinzipien, auf die sich Rußland jetzt mit den Europäern und mit den Amerikanern geeinigt hat, von Belgrad derzeit nicht akzeptiert werden.

Was mir Hoffnung gibt, ist, daß sie miteinander reden. Was mir Hoffnung gibt, ist, daß – wenig bekannt und jenseits der Öffentlichkeit – die Amerikaner und die Russen Gott sei Dank schon jetzt intensivst miteinander darüber reden, wie nachher eine militärische Präsenz – mit welcher Zusammensetzung, mit welcher Flächenkomposition – aussehen könnte. Das gibt Hoffnung, und ich finde das auch absolut in Ordnung. Wir sollten daher alles tun, um die Russen an Bord zu halten und ihnen die Chance zu geben, ihre Rolle entsprechend darzustellen. Ich sage auch ganz offen: Wir sollten rechtzeitig daran denken, Signale auszusenden, daί nicht nach einem solchen Frieden Milošević mφglicherweise wieder Zeit gewinnt, um irgendwo die nδchste Lunte anzuzόnden.

Warum nicht beispielsweise – so wie in Dayton, wo der serbische Prδsident, das war damals Milošević, verhandelt und unterschrieben hat – bewuίt auch diesmal nur mit dem serbischen Prδsidenten – das ist diesmal Milutinovi栖 und mit dem anderen Republiksprδsidenten, Djukanović, eine solche Lφsung verhandeln und bewuίt Milošević zeigen, daί die Staatengemeinschaft nicht daran interessiert ist, die Dinge ausschließlich mit ihm zu machen?

Das sind Fragen, die man ehrlich überlegen muß. Sollte man in ein solches Friedenspaket nicht gleich auch Bedingungen für eine Demokratisierung Serbiens und Jugoslawiens hineinnehmen? – Freie Medien, Meinungsfreiheit, ordentliche Behandlung der Minderheiten auch in der Vojvodina, im Sandschak, in Montenegro oder sonstwo! Ganz bewußt jede nur mögliche Lunte jetzt austreten, die noch auf dem Balkan glimmt! Das scheint mir wichtig zu sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Gradwohl und Marizzi. – Abg. Wabl: Was ist die Lunte?)

Der dritte Punkt: Ich habe die Diskussion um die Sicherheitspolitik in den letzten Tagen und Wochen selbstverständlich mit großem Interesse gesehen, gehört, gelesen. Das ist auch irgendwo ... (Abg. Wabl: Was ist die Lunte?) Entschuldigung, ich möchte jetzt nicht auf Zwischenrufe eingehen. Ich habe, glaube ich, ohnehin schon zu lange gesprochen, möchte in dieser Sache aber trotzdem zu Ende argumentieren, weil es an diesem Tag dazugehört.

Wir haben, glaube ich, in der Sicherheitspolitik einen Dissens. Dieser Dissens begann beim Optionenbericht. Der Optionenbericht – es ist vielleicht wichtig, daß man sich das in Erinnerung ruft – ist gescheitert, und zwar de facto an einem Satz: Die Bundesregierung will in Zukunft alle Optionen einer europäischen Sicherheitsordnung einschließlich der Mitgliedschaft zur NATO überlegen, positiv prüfen und dazu dem Außenminister quasi einen Sondierungsauftrag geben. – Keine Entscheidung, sondern ein Sondierungsauftrag, und die Offenheit für alle Optionen, einschließlich der NATO-Mitgliedschaft!

Aus dieser Krise, aus diesem Scheitern – das war der Knackpunkt in den Verhandlungen – hat sich jetzt fortwährend tatsächlich eine Auseinanderentwicklung ergeben, die eigentlich nicht notwendig wäre. Denn in Wirklichkeit haben wir gemeinsam einen Weg gewählt, übrigens vom Parlament ratifiziert, der uns schon beträchtlich und konstruktiv weitergeführt hat. Es wurde jetzt etwa folgendes Dokument vorgelegt – ich habe es übrigens mit, sodaß derjenige, der das möchte, es sich gerne ansehen kann –, das Dokument eines Berichtes des Vorsitzes über die Stärkung einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. (Vizekanzler Dr. Schüssel hält ein Schriftstück in die Höhe.) Das ist der Text.

Dieser Text erfüllt den Vertrag von Amsterdam, der am 1. Mai in Kraft getreten ist, nachdem er vom  österreichischen  Parlament  mit  weitaus  mehr  als  Zweidrittelmehrheit ratifiziert wurde, mit Leben. Denn in diesem Amsterdamer Vertrag steht drinnen: Wir wollen die gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, aber das muß jetzt konkretisiert werden. Das ist dazu der konkrete "Blueprint", die "Road map", in welche Richtung wir wollen.

Wir haben ja – und das muß man auch der Frau Abgeordneten Kammerlander sagen, auch wenn sie im Moment nicht da ist; Entschuldigung, Sie sind da; ich habe Sie dort oben gesucht – im Zuge der Ratifizierung des Vertrages von Amsterdam unser Neutralitäts- und Verfassungsrecht längst angepaßt. Das ist auch der Hintergrund dafür, daß ich – übrigens genauso wie der finnische Sozialdemokrat und Ministerpräsident Lipponen – heute sage: Wir sind nicht mehr neutral wie während der Zeit des Kalten Krieges, als wir zwischen Ost und West standen, sondern heute nehmen wir an der Unions-Solidarität teil. Europa muß eine gemeinsame Kapazität in Fragen der Sicherheitspolitik entwickeln. Dabei geht es nicht um den Aufbau einer eigenen europäischen Armee.

Der Kern dessen, was in diesem Dokument steht, ist nichts anderes, als daß wir innerhalb der nächsten eineinhalb Jahre die Frage der Organisationsform festlegen, wie diese europäische Sicherheitsarchitektur und dieser europäische Sicherheitsverbund wirklich aussehen soll. Es wird Sitzungen der Außenminister unter möglicher Beiziehung der Verteidigungsminister geben. Es wird den Aufbau eines eigenen Militärstabs geben. Es wird den Aufbau eines eigenen Gremiums, in dem der politische und der Sicherheitsausschuß zusammenarbeiten, geben. Es soll Planungskapazitäten geben. Und alles, was im Vertrag von Amsterdam enthalten ist – Friedensschaffung, Friedensdurchsetzung, humanitäre Hilfe, Krisenmanagement –, soll durch diese Instrumente gesichert sein.

Am Ende – Datum: Ende 2000 – werden die notwendigen Beschlüsse zu fassen sein, die wahrscheinlich heißen werden, daß die WEU in ihren Hauptfunktionen in die Europäische Union übernommen wird. Es gibt bereits eine gemeinsame Meinung der Regierungsparteien, daß wir an einer solchen Verschmelzung solidarisch mitwirken werden. (Abg. Scheibner: Die Meinung wäre interessant!) Der Zeitpunkt ist noch offen, aber die Aussage ist gemeinsam abgestimmt, daß wir dann daran militärisch teilnehmen werden. Die Frage Artikel 5 ... (Abg. Scheibner: Das ist ein Militärpakt, die WEU! Wie geht das?) Nein, Kollege Scheibner, das ist nicht korrekt. (Abg. Schieder: Er hat "EU" gesagt! – Abg. Scheibner: Nein, WEU!) Die Frage Artikel 5 ist bisher nicht automatisch angesprochen. Das wird aber ein Thema sein.

Deswegen plädiere ich dafür, weil man eine ehrliche Diskussion führen muß. Wir können diese Diskussion jetzt nicht fünf Jahre lang ausblenden, das geht nicht. Wir sind mitten drin, wir haben sie sogar gestartet. Unter österreichischem Vorsitz haben zum ersten Mal die Regierungschefs – 11 davon Sozialdemokraten –, die Außenminister – darunter gibt es zwei Christdemokraten, Abdel Matutes und mich, also sind wir dort nicht in der überwältigenden Mehrheit – und zum ersten Mal die Verteidigungsminister darüber diskutiert. Wir sind weiter, als wir glauben. Wir haben in Österreich die Verfassungsmöglichkeit, wir haben das Neutralitätsgesetz dadurch adaptiert. Wir können solidarisch sein, und wir sollten uns viel unbefangener in diese Diskussion hineinbewegen.

Daher folgender Vorschlag, denn irgendwie möchte ich aus dieser Pattstellung herauskommen: Warum machen wir nicht einen neuen Anlauf zum Optionenbericht? – Wenn er an der Frage gescheitert ist, ob wir für alle Optionen einschließlich NATO-Mitgliedschaft offen sind, machen wir doch folgendes: Drehen wir die Sache um, sagen wir, daß wir für alle Optionen offen sind, wobei keine Möglichkeit ausgeschlossen werden soll, und nehmen wir uns vor, daß wir nach den Wahlen, in ruhiger Zeit, die Bedingungen für diese Option festlegen, die dann, so wie Finnland, jedes Land für sich selbst entscheiden wird. Finnischer Premierminister: Auch Finnland hat die Option, an der Allianz teilzunehmen, aber das wird unsere eigene Entscheidung sein.

Ich biete daher an, daß wir den Optionenbericht noch einmal aufgreifen (Abg. Scheibner: Es wäre höchste Zeit, Herr Außenminister!), vielleicht mit dieser einen Änderung: Keine Option ausschließen, weil das unehrlich wäre, aber auch jetzt keine Option fixieren, weil das nicht notwendig ist. (Abg. Scheibner: Wir reden darüber im Ausschuß! Wir brauchen es nur zu beschließen!) Zuerst geht es über den europäischen Sicherheitsverbund, und dann kann und soll Österreich eine eigenständige Entscheidung treffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe mir das lange überlegt, weil ich – ich sage das ganz offen – an einer gemeinsamen Außen- und Europapolitik allerallergrößtes Interesse habe. Wir sind ein kleines Land, und wir sind verloren, wenn wir nicht nach innen und nach außen mit einer Stimme reden. Außerdem sage ich ganz offen: Die Österreicher erwarten das, und zwar zu Recht, von uns. Da muß jeder seine Eitelkeiten zurückstellen, da muß es einen Weg und eine Brücke geben, die uns guttut.

Einen letzten Punkt muß ich zur Sprache bringen, weil Herr Abgeordneter Scheibner gesagt hat, daß wir keine österreichischen Interessen in Europa vertreten können. (Abg. Scheibner: Können schon! Sie tun es aber nicht!) Bitte, das ist ja nicht wahr! Sie haben doch gut begonnen, bleiben Sie jetzt auch bei dieser gemeinsamen Linie! Wir haben in Europa doch viel mehr erreicht, als ihr je geglaubt habt! (Beifall bei der ÖVP.)

Dann sage ich es eben ein wenig scherzhaft mit einem wörtlichen Zitat. Glauben Sie wirklich, daß jemand österreichische Interessen in Europa besser vertritt, der so wie Jörg Haider im Mai 1999 noch immer die Schildläuse im Joghurt sucht und jetzt gesagt hat: Man findet sie nicht, weil es auf den spanischen Joghurtbechern in Spanisch draufsteht, und das kann man nicht übersetzen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Was sagen Sie zu Ihrer Linie in der Osterweiterung? Was ist mit 2045, wie es der Gewerkschaftsbund sagt? In dem Zeitraum?)

Gut, Osterweiterung! Na bitte, Herr Abgeordneter Scheibner, wenn das kein österreichisches Interesse ist, das in dem Zeitplan, der vor uns liegt – ein mittelfristiger Zeitraum – umzusetzen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Ich erinnere Sie daran, was Haider gesagt hat. Er hat vor der Ostöffnung genauso gewarnt wie jetzt vor der Osterweiterung. Es gibt jedoch wissenschaftliche Studien, die eindeutig belegen: Die Ostöffnung hat uns eine Verbesserung der österreichischen Handelsbilanz in der Höhe von 31 Milliarden Schilling gebracht. (Abg. Scheibner: Welche Ostöffnung?) Hören Sie zu! Kritisieren Sie es nachher, hören Sie wenigstens einmal zu!

Österreichische Unternehmen haben derzeit 15 000 Joint-ventures in Mittel- und Osteuropa und beschäftigen dort 85 000 Leute. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Moment! Und jetzt kommt ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Ja, in Ordnung, das ist ja auch nicht der Streitpunkt. Jetzt kommt aber der Punkt. (Abg. Scheibner: Das ist eine falsche Tatsache!) Die österreichischen Unternehmen, die im Ausland Mitarbeiter beschäftigen, haben in dem Zeitraum seit der Ostöffnung in Österreich die Zahl ihrer Beschäftigten von 70 000 auf 190 000 aufgestockt. Wir haben also dank der Ostöffnung in Österreich mehr als 50 000 Arbeitsplätze netto geschaffen. (Abg. Scheibner: Das hat nichts mit der EU-Osterweiterung zu tun!)

Bei der Erweiterung wird der Effekt nicht ganz so stark sein, das sagen alle Wissenschafter auch ganz objektiv. (Abg. Aumayr: Jetzt versprechen Sie schon wieder zusätzliche Arbeitsplätze, wie vor dem EU-Beitritt! – Widerspruch bei der ÖVP.) Die Wirklichkeit wird ja nicht dadurch verändert, daß Sie sie nicht zur Kenntnis nehmen. Wir wollen österreichische Interessen in Europa sichtbar machen, das heißt, die Erweiterung richtig machen. Atomsicherheit war zum Beispiel ein absolutes Prioritätsthema der österreichischen Präsidentschaft und wurde in den Beitrittskriterienkatalog aufgenommen. Und wir werden darauf achten, daß diese Kriterien nicht verwässert werden, liebe Freunde! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Österreichische Interessen in der Europäischen Union. – Wenn das kein Erfolg ist, daß heute 90 Prozent der Fläche Österreichs in die europäischen Umweltprogramme integriert sind und daß die österreichischen Biobauern ein Viertel der gesamten EU-Förderung inhalieren ... (Abg. Scheibner: Großartig, wenn 12 000 Bauern ihre Höfe verlassen!) Also, wenn das kein Erfolg ist, Herr Scheibner, dann weiß ich nicht, was überhaupt ein Erfolg ist! Es gibt ja nicht nur einen Stein der Weisen, sondern viele Steinchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: 12 000 Bauern geben ihre Bauernhöfe auf!) Aber wir müssen uns bücken, um sie aufzuheben. Wenn man immer wegschaut, dann wird man auch die Goldnuggets, die mitten auf der Straße blinken, nicht finden. (Abg. Scheibner: Wir sind ja nicht in Alaska!)

In diesem Sinne, glaube ich, ist eine richtige Vertretung der österreichischen Interessen in der Europäischen Union absolut wichtig. Aber das kann man nur machen, wenn man mit Feuer, Leidenschaft und Kompetenz daran arbeitet. Und ich glaube, das können wir! (Lebhafter Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei der SPÖ. – Die Abgeordneten der ÖVP erheben sich von ihren Plätzen und spenden Vizekanzler Dr. Schüssel lang anhaltenden Beifall.)

12.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Graf zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

12.03

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Der Herr Minister hat hier vom Rednerpult, nachdem er über 40 Minuten gesprochen hat (anhaltende Unruhe – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen) und weiß, daß die Opposition nur wenig Redezeit hat, behauptet, daß der Parteiobmann der Freiheitlichen Partei vor der Ostöffnung gewarnt hätte. – Das ist unrichtig!

Ich berichtige tatsächlich: Wir waren immer und stets für die Ostöffnung (Oh!-Rufe bei der ÖVP), für den Niedergang der ostkommunistischen Diktaturen in Europa, jedoch nicht für einen EU-Erweiterungsprozeß oder für eine EU-Erweiterung, wie sie derzeit stattfindet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Das ist ja die Ostöffnung!)

12.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Höchtl. Gewünschte Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

12.04

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Bericht, die Diskussion und die jetzige Stellungnahme des Außenministers haben wieder eines gezeigt: Österreich betreibt eine sehr konsequente, mit Leidenschaft, mit Verve, mit Überlegung und mit langfristiger Strategie verbundene Außenpolitik. Das ist das, was ein Staat wie Österreich braucht. Dafür stehen wir, und dazu sagen wir auch jeweils ein eindeutiges Ja! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die führenden Persönlichkeiten dieser Zweiten Republik haben auch immer ein eindeutiges Ja zum Recht und gegen Unrecht, wo immer Unrecht vorgefallen ist, gesagt. Sie haben immer ein Ja gesagt zu den Bedingungen, in denen die Menschen in Freiheit leben können, und haben sich immer gegen alle Formen der Diktaturen gewehrt. Wir sind immer gegen diejenigen aufgetreten, die vertreiben, und haben uns immer auf die Seite der Vertriebenen gestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir waren immer auf der Seite der Opfer und haben jene bekämpft, die die Verbrecher waren (Abg. Scheibner: Aber warum haben Sie immer dagegen gestimmt?) – sei es jetzt im Kosovo, seien es in der Tschechoslowakei oder in Jugoslawien die furchtbaren Bedingungen der Beneš-Dekrete oder der AVNOJ-Bestimmungen. In diesem Kampf gegen die Beneš-Dekrete und gegen die AVNOJ-Bestimmungen hat uns niemand übertroffen. Wir sind mit voller Überzeugung für die Aufhebung dieser Bestimmungen! (Beifall bei der ÖVP. – Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin ein Sohn von Eltern, die im Jahre 1945 gewaltsam aus Südmähren vertrieben worden sind. Mir können Sie abnehmen, daß das Schicksal meiner Eltern genauso furchtbar war wie das Schicksal der anderen 3,2 Millionen vertriebenen Menschen, die gewaltsam, die brutal, von heute auf morgen, aus ihrem angestammten Heimatland hinausgetrieben worden sind. Dabei sind 240 000 dieser Menschen brutal umgebracht worden. Für uns war jeweils eine Überzeugung gegeben: Unrecht bleibt Unrecht, auch wenn es bereits 54 Jahre her ist. Dazu stehen wir! Das ist unsere Überzeugung! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Kapitel der Vertreibung, der Tötung, der Enteignung von 3,2, ja insgesamt 3,5 Millionen Sudetendeutschen ist eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Europas. Diese Enteignung, diese Ermordung, diese Vertreibung von Kindern, von Frauen, von Männern aus ihrer Heimat bleibt eine offene Wunde und fordert uns alle heraus, alles zu tun, um gegen die Legitimierung dieser Aktion, die den Beneš-Dekreten zugrunde liegt, zu kämpfen. Das ist unser Auftrag als Demokraten, als Personen, die für Freiheit eintreten, die für Menschenrechte eintreten und die für das Völkerrecht eintreten! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Professor Ermacora, der lange Zeit hier im Haus Großes geleistet hat, hat vor wenigen Jahren in einem Gutachten festgestellt, diese damaligen Beneš-Dekrete waren schon zum Zeitpunkt der Erlassung völkerrechtswidrig und menschenrechtswidrig. Sie sind mit einem europäischen Rechtsstandard nicht vereinbar. – Eine Haltung, die von uns klar zum Ausdruck gebracht wird. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Aber – und ich sage das auch deutlich – weder in Österreich noch in den Nachbarländern sollen diese historischen Probleme den Extremisten, den Nationalisten oder Altkommunisten als Vorwand für feindliche Stimmung dienen. Deswegen freut es mich ganz besonders, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß die beiden Regierungsparteien gemeinsam einen Antrag erarbeitet haben, und ich möchte diesen Entschließungsantrag heute hier einbringen, der da lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol, Dkfm. Mühlbachler, Dietachmayr, Dr. Höchtl und Kollegen betreffend Aufhebung der Beneš-Dekrete und der AVNOJ-Bestimmungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, ihre Bemühungen fortzusetzen, mit dem Erweiterungsprozeß der Europäischen Union den europäischen Rechtsraum zur Sicherung von Frieden, von Stabilität, von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schrittweise auszudehnen.

Die Bundesregierung wird ersucht, den Ausbau der Rechtsgrundlagen und die aktive Implementierung des Minderheitenschutzes in allen europäischen Staaten zu fördern.

Die Bundesregierung wird ersucht, weiterhin im Verbund mit den anderen Mitgliedstaaten und den Institutionen der Europäischen Union auf die Aufhebung von fortbestehenden Gesetzen und Dekreten aus den Jahren 1945 und 1946, die sich auf die Vertreibung von einzelnen Volksgruppen in der ehemaligen Tschechoslowakei und im ehemaligen Jugoslawien beziehen, hinzuwirken."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist eine klare Haltung, die von seiten beider Regierungsparteien zum Ausdruck gebracht wird. Ich glaube, die Vertriebenen von damals haben genauso das Recht, daß wir für ihr Recht eintreten, wie diejenigen, die jetzt im Kosovo vertrieben werden. (Abg. Haigermoser: Warum hältst du am Mittwoch eine Sonntagsrede?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich lade alle Damen und Herren aller Fraktionen dazu ein, diesem Entschließungsantrag ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, der soeben verlesen wurde, ist ausreichend unterstützt und steht mit zur Verhandlung.

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordneten Jung das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.10

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn man da den Ausführungen der Redner der Koalitionsparteien zuhört, kann man nur sagen: Szenen einer Ehe. Sie werden bald einen Mediator brauchen, um den Rest der Legislaturperiode noch über die Runden zu bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) – Da empfiehlt sich bereits ein Fachmann.

Aber es ist ja nicht nur der leidige Streit innerhalb der Koalitionsparteien, der die österreichische Außenpolitik beeinträchtigt, es ist ja auch der Streit innerhalb der SPÖ, der immer deutlicher zum Tragen kommt. So läßt etwa heute EU-Abgeordneter Swoboda dem Bundeskanzler ziemlich deutlich und unverblümt in der Presse ausrichten, daß er sich nicht den Mund verbieten läßt.

Es wäre ja ganz interessant, diesem Streit der Wiener SPÖ gegen den Bund zuzuschauen, wäre es nicht schlecht für das Ansehen Österreichs im Ausland, und das ist eben das Problem dabei. Ich verstehe schon, daß Kollege Schieder, der mittlerweile das Weite gesucht hat, keine Freude über die Diskussion der österreichischen Außenpolitik hat, hat er doch schon im Jahre 1996 gesagt: Ich bin dagegen, daß über unsere außenpolitischen Konzepte zu laut in der Öffentlichkeit nachgedacht wird. – Er sagte das offenbar in weiser Voraussicht. Das ist aber eine Außenpolitik des aufgeklärten Absolutismus: Alles für das Volk und nichts mit dem Volk. – Eine ziemlich eigenartige Vorgangsweise, Herr Kollege Schieder.

Aber auch dem Kollegen Spindelegger, der da vorhin so euphorisch den Außenminister gelobt und den Bundeskanzler angegriffen hat, sei ins Stammbuch geschrieben: Die Verantwortlichkeit, die Letztverantwortlichkeit für die Außenpolitik liegt beim Außenminister, und von diesem hat man in letzter Zeit über diese Punkte nicht sehr viel gehört; er läßt den Bundeskanzler ja seine Außenpolitik führen und vertreten. Der Außenminister, meine Damen und Herren von der ÖVP, wird von Ihnen gestellt und hat zumindest eine Mitverantwortung für das, was in seinem Ressort schiefgeht.

Unsere heutige außenpolitische Debatte hat sich eigentlich im wesentlichen mit der Innenpolitik befaßt, und das ist klarerweise eine Folge des Zustandes der Koalition. Aber es gibt doch einige Punkte auch im außenpolitischen Bereich, über die gesprochen werden müßte.

Sie haben vorhin die Osterweiterung angesprochen, Herr Minister, zu der Sie sich bei jedem Anlaß bekennen und damit in den Bewerberstaaten leider falsche Hoffnungen geweckt haben. Die Politik, in den Gastländern etwas zu versprechen, was unhaltbar ist, hat dort zu nachhaltigen Verstimmungen geführt, und wir Abgeordnete merken das immer wieder in Gesprächen mit Abgeordneten aus diesen Staaten.

Sie preisen die Aufnahme der Verhandlungen als großen österreichischen Erfolg an, aber quasi hinter vorgehaltener Hand sagen Sie uns dann selbst – und ich zitiere wörtlich –, daß die heiklen Fragen wohlweislich noch nicht einmal andiskutiert wurden. – Und da ist wirklich sehr, sehr vieles heikel in dieser Sache. Ich denke nur an die Arbeitsmigranten, die auf uns zukommen werden, wenn man wirklich in der Weise weiter fortfahren würde, wie Sie es in diesen Ländern versprechen.

Diese Politik der Erweiterung um jeden Preis – um einen Preis, den vor allem wir Österreicher, die österreichischen Bürger, für die EU zahlen würden, denn wir sind ja die Nettozahler, und kaum ein Pole oder Tscheche wird in Spanien oder Portugal nach einem Arbeitsplatz suchen – sind wir nicht bereit mitzumachen, und wir sehen uns darin einig mit den österreichischen Wählern und Bürgern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und was passiert dann? – Die auf die Warteliste gesetzten Nachbarn müssen natürlich entschädigt werden, am besten finanziell. Sie erklärten neulich im Brustton der Überzeugung und voll Stolz: Verdienst der österreichischen Präsidentschaft ist es, daß die EU dafür 80 Milliarden Euro, also mehr als 1 100 Milliarden Schilling "Schmerzensgeld" lockermachen wird. – Wir werden das zahlen, Herr Minister, und ich weiß nicht, ob das wirklich im Sinne der österreichischen Politik ist, die Sie doch vorgeben zu vertreten, daß wir da unsere künftigen Konkurrenten, unsere künftige Konkurrenz finanzieren. Das ist nicht unsere Politik, Herr Minister!

Und nun zum Hauptpunkt der heutigen Debatte, zur Balkan- und Sicherheitspolitik. In Ihrem Koalitionspakt hat es einen Optionenbericht gegeben – Sie haben ihn heute bereits angesprochen –, und zwar als eine Notwendigkeit, um die österreichische Sicherheitspolitik in eine richtige Form zu bringen. Wir alle wissen, es war eine Pleite! Dazu haben Sie damals gesagt: Das Ergebnis muß eine klare Empfehlung für einen möglichst raschen Beitritt zur NATO sein. Jede andere Option oder eine Verschiebung der Entscheidung auf die nächste Legislaturperiode wäre eine Gefahr für die Sicherheitslage des Landes. – Eine Gefahr für die Sicherheitslage des Landes, Herr Minister!

Wir haben jetzt die Pleite, und wo sind Ihre Konsequenzen? Wo haben Sie diese Gefahr von Österreich abgewendet, wie es Ihre Aufgabe gewesen wäre? Oder war das nur dahingeplaudert, Herr Minister? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mittlerweile erfolgt ja die NATO-Erweiterung, und seit der Washingtoner Konferenz wissen wir alle, daß die Türen zur NATO auf längere Zeit zugeschlagen sind. Unter den möglichen Kandidaten werden wir nicht einmal mehr genannt. Aber statt diese erzwungene Pause zum Nachdenken und zur Diskussion mit dem Bürger zu nützen, hätte der Kanzler am liebsten gleich ein mehrjähriges Denkverbot verordnet – ganz im Stil des vorhin von Kollegen Schieder Angesprochenen –, weil die SPÖ eben intern einfach zu zerstritten ist und sich nicht entschließen kann. Und darunter soll Österreich leiden, meine Damen und Herren? – Das darf doch nicht der Fall sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die NATO hat unter dem Druck der USA in der Kosovo-Frage unbestreitbar viele und schwere Fehler gemacht. Schuld daran trägt vor allem eine Frau, die an der Spitze des US-Außenministeriums steht, die alle Warnungen der Fachleute, vor allem der Militärs, in den Wind geschlagen hat. Aber die SPÖ sieht darin weniger die europäische Tragödie der Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten als eine Chance, aus Anti-US-Stimmung politisches Kleingeld zu wechseln. Das ist nicht der richtige Weg, meine Damen und Herren!

All das geschieht ohne Rόcksicht darauf, daί damit ein Diktator wie Milošević gestδrkt wird und daί man Φsterreichs Zuverlδssigkeit in der westlichen Wertegemeinschaft untergrδbt. Und in dieser Politik, in dieser Auίenpolitik, geben nicht Sie, sondern der Kanzler – und zwar höchst doppelzüngig – die Linie vor.

Der Kanzler unterstützt die EU, von der alle – auch militärische – Maßnahmen der NATO gemeinsam gebilligt wurden. Ich lese vor: Die Staats- und Regierungschefs – meine Damen und Herren von der SPÖ, das hat der Kanzler unterschrieben! – sind der Auffassung, daß der Einsatz schärfster Maßnahmen, einschließlich militärischer Aktionen, notwendig und gerechtfertigt war. – Richtig!

Beim Parteitag der SPÖ sagt er: Schluß mit den Bombardements und Frieden für ganz Europa, und zwar ohne Vorbedingungen! – Ja, meine Damen und Herren, ist das Konsequenz? Nennen Sie das Konsequenz, oder hat er auf dem Flug von Berlin hierher vergessen, was er dort unterschrieben hat? – Nein, das kann ich mir nicht vorstellen, also ist es Doppelzüngigkeit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Kanzler genehmigt den Einsatz österreichischer Hubschrauber in Albanien, die dort Verbindungsflüge für ein NATO-Kommando fliegen, dem die österreichischen Soldaten unterstellt sind, und daheim predigt er die Neutralität. Was ist das anderes als Doppelzüngigkeit, meine Damen und Herren von der SPÖ? (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Kanzler ruft anläßlich der Katastrophe in Galtür die NATO-Hubschrauber zu Hilfe, verbietet aber gleichzeitig NATO-Kräften, die zu einer Evakuierungs- und Rettungsübung fahren wollen, das Durchfahren durch Österreich. – Das ist Doppelzüngigkeit, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Und letztlich fordert der Kanzler eine aktive Neutralitätspolitik – was immer das auch sei. Gleichzeitig wird aber – und daran tragen Sie mit Schuld, Herr Außenminister – die österreichische Botschaft in Belgrad geschlossen und der österreichische Botschafter vorher schon als EU-Vertreter, als österreichischer Botschafter massiv mißbraucht. Denn es verträgt sich nicht, Botschafter eines neutralen Landes zu sein und gleichzeitig für die EU Druck auf das Gastland auszuüben.

Die Antwort darauf haben wir schon bekommen. Daß Vranitzky als Vermittler abgelehnt wurde, ist nicht zuletzt deshalb geschehen, weil wir dort nicht mehr als neutral gelten. Da können Sie sagen, was Sie wollen.

Ich zitiere Ihnen den finnischen Regierungschef. Lipponen definiert den Status Finnlands als nicht mehr neutral, denn "wir nehmen an der EU-Solidarität teil". – Herr Minister! Das ist anständige Außenpolitik, aber nicht das, was wir in diesem Zusammenhang machen: Neutralität predigen und in Wirklichkeit nicht mehr neutral sein! Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es stellt sich dann nur die Frage: Wer macht eigentlich die österreichische Außenpolitik, Herr Außenminister? Wir räumen unsere Botschaft in Belgrad, unter anderem deshalb, weil es, wie wir heute gehört haben, dort zu gefährlich geworden ist, weil Drohungen gegen den Botschafter und einzelne andere Personen ausgestoßen wurden. Wenn das der Maßstab für das Räumen einer Botschaft wäre, dann dürften die USA die Hälfte ihrer Botschaften auf der ganzen Welt nicht mehr besetzen. Ich will das nicht unterbewerten. Man kann Familienangehörige evakuieren, man kann Botschaftspersonal evakuieren! Aber wenn man die Neutralität ernst nehmen, wenn man als Vermittler auftreten will, dann muß man vor Ort präsent bleiben, und das sind wir heute nicht mehr. Aber wir sind in dieser Auseinandersetzung auch nicht mehr neutral! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wer macht die Außenpolitik, Herr Vizekanzler? – Der Außenminister? Wann haben Sie den Kanzler in die Schranken gewiesen? Oder hat er Ihnen gegenüber Richtlinienkompetenz? (Ruf bei der ÖVP: Nein!) Herr Außenminister, mit dieser falschen und schädlichen Zurückhaltung in der Außenpolitik verdienen Sie höchstens einen Oscar für die beste politische Nebenrolle, mehr nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bürgermeister Häupl hat mit seiner Äußerung, die Beteiligung an der GASP wäre das Ende der österreichischen Neutralität, schon recht gehabt! Darüber, hat er gesagt, müsse man sich im klaren sein. Nun nehmen wir an dieser gemeinsamen Außenpolitik teil. Sind Sie sich darüber im klaren, Herr Außenminister? Ist sich der Bundeskanzler, ist sich Ihr Regierungspartner klar darüber? Wenn ja, warum lassen Sie es zu, Herr Außenminister, daß die österreichische Bevölkerung in der Öffentlichkeit derart in die Irre geführt wird?

Herr Bundesminister! Können Sie mir sagen, wie ein österreichischer Botschafter im Ausland diesen Schlingerkurs dieser sogenannten österreichischen Außenpolitik zum Beispiel in Brüssel oder gegenüber der NATO vertreten soll, ohne dauernd schamrot zu werden? In dieser Außenpolitik, für die Sie, Herr Bundesminister, die Verantwortung tragen, hat längst das Chamäleon den Bundesadler als Wappentier ersetzt.

Unsere Zustimmung zu dieser internationalen Demontage Österreichs werden Sie nicht bekommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Kier hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

12.22

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Soeben wurde über die APA bekannt, daß ein Gesprächsprotokoll existiert, aus dem hervorgeht, daß Herr Bundesminister Schlögl bereits im Jahre 1997 über menschenrechtswidrige Praktiken, insbesondere über das Verkleben des Mundes von Abzuschiebenden, persönlich informiert wurde.

Bundesminister Schlögl hat bis zuletzt ausdrücklich versichert, über derartige Praktiken erstmals durch den Tod von Marcus Omofuma Kenntnis erlangt zu haben. Ich beantrage daher gemäß § 18 Abs. 3 Geschäftsordnungsgesetz, der Nationalrat möge die Anwesenheit des Herrn Bundesministers für Inneres verlangen, damit dessen Anwesenheit bei der Anfragebesprechung, die heute nach 15 Uhr vorgesehen ist, gesichert ist, auf daß er die Möglichkeit habe, zu diesen unglaublichen Vorwürfen persönlich in diesem Hause Stellung zu nehmen.

Ich beantrage weiters eine Debatte darüber.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Sie wollen jetzt die Anwesenheit des Ministers beschließen für eine Debatte, die nach 15 Uhr stattfindet?

Abgeordneter Dr. Volker Kier (fortsetzend): Ich möchte, daß der Nationalrat beschlußmäßig verlangt, daß der Herr Bundesminister bei der Debatte über die Anfragebeantwortung gesichert anwesend ist! (Abg. Scheibner: Das kann er nur für diese Debatte verlangen!) Denn er muß zu einer solchen Debatte nicht erscheinen. Es ist zwar üblich, daß er erscheint, aber ich möchte, daß das gesichert ist, weil ich davon ausgehe, daß es ein Anliegen dieses Hauses sein muß, daß sich der Herr Bundesminister unmittelbar und sofort zu diesen gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußern kann.

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Sie haben bereits selbst § 18 der Geschäftsordnung zitiert. Aus diesem geht ganz klar hervor, daß Sie immer das Recht haben, bei dem entsprechenden Tagesordnungspunkt die Anwesenheit des Ministers und auch einen Beschluß darüber zu verlangen.

Sie verlangen aber die Anwesenheit des Ministers nicht für den Tagesordnungspunkt, den wir gerade eben behandeln. Wir können nicht jetzt einen Beschluß fassen oder eine Debatte über die Anwesenheit eines Regierungsmitgliedes zu einem Punkt führen, der erst später aufgerufen wird.

Aber ich sage Ihnen folgendes: Ich nehme Ihre Mitteilung zur Kenntnis und werde mich bemühen, zu veranlassen, daß der Innenminister während der Debatte über den von Ihnen genannten Tagesordnungspunkt, das ist offensichtlich eine Besprechung einer Anfrage, hier persönlich anwesend ist. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Volker Kier (fortsetzend): Sollte er nicht anwesend sein, werde ich den Antrag dann unter diesem Tagesordnungspunkt selbstverständlich noch einmal stellen. 

12.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter! Verzeihen Sie, wenn ich das so formlos sage: Dort gehört der Antrag auch hin!

Wir setzen jetzt in der Debatte fort. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Wabl: Jetzt kommt wieder eine Selbstentleibung!)

12.25

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, daß es nicht erst jetzt, sondern schon seit längerem an der Zeit ist, einen grundsätzlichen Diskurs über unsere Außenpolitik zu führen. Durch unsere Mitgliedschaft in der Europäischen Union und durch das Vorhaben, dieser Union neue Strukturen zu geben und eventuell eine Erweiterung vorzunehmen, ist solch eine Diskussion notwendiger denn je.

Ich habe die heutige Stellungnahme des Herrn Außenministers – und auch seine gestrige in der Fernsehsendung "ZiB 2" – mit Interesse verfolgt und muß sagen: Es stimmt, daß man nicht nur deshalb, weil wir im vorigen Jahr die EU-Präsidentschaft innehatten, davon reden kann, daß wir eine aktive Außenpolitik betreiben, sondern es ist wirklich eine aktive Außenpolitik, aber es muß unbenommen sein, daß es über diese Außenpolitik in Österreich auch eine kontroversielle Diskussion geben kann und geben soll.

Ich schätze es an dem Herrn Außenminister, daß er sich solch kontroversiellen Debatten auch stellt und daß er durchaus – über den Tag hinausreichend – die eine oder andere Vorstellung oder Idee präsentiert, bezüglich derer man natürlich unterschiedlicher Meinung sein kann. Das ist keine Aussage über seine Qualifikation als Außenminister, sondern es ist ein meiner Ansicht nach positives Element, wenn man Außenpolitik demokratisiert, indem man sie auch zur Diskussion stellt.

Trotzdem möchte ich eine kleine kritische Anmerkung machen. Ich habe Ihre Äußerungen in der gestrigen "ZIB 2" sehr genau mitverfolgt. Als Sie gegen Ende auf die Kritik von Hannes Swoboda angesprochen wurden, haben Sie gesagt, dieser sei ein abgesetzter Spitzenkandidat, der quasi nicht satisfaktionsfähig sei. Ich finde, das war nicht die wirkliche ... (Zwischenruf des Abg. Kiss.) Oder kein Gegner für Sie. – Diese Äußerung war meiner Meinung nach Ihrer nicht würdig. Stellen Sie sich einfach der Auseinandersetzung! Führen Sie diese Kontroverse, so wie Sie sie bis jetzt auch immer geführt haben, denn es ist meiner Überzeugung nach positiv, daß Sie das bislang getan haben.

Daher meine ich, daß Ihr heutiger Vorschlag, über einen neuen Anlauf zum Optionenbericht nachzudenken, nämlich einen, der für alle Optionen offen ist, grundsätzlich interessant und positiv ist. Warum soll man nicht darüber diskutieren? (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.) Ich finde, das ist etwas, das uns auf dem weiteren Weg bei der Suche nach einem nationalen Konsens in der Sicherheitspolitik im Prinzip durchaus behilflich sein kann. (Abg. Kiss: Kein einziger Roter klatscht! Der Schieder klatscht nicht!)

Ich weiß schon, daß Außenpolitik leider oft auch Gegenstand der Innenpolitik ist. (Abg. Dr. Fekter: Gott sei Dank!) Welches Land hat nicht das Problem, daß man nicht über lupenreine außenpolitische Konzeptionen nachdenken kann, weil man natürlich darauf Rücksicht nehmen muß, ob es innenpolitisch mehrheitsfähig ist? Wir wissen das! Die Frage ist nur immer, ob diese Wanderung auf dem schmalen Grat auch gelingt, ob das nicht manchmal ein wenig zu sehr in die Innenpolitik hineinreicht oder manchmal vielleicht auch über die Köpfe und über die Psychologie der Menschen hinausgeht.

Kollege Scheibner hat vorhin diese berühmte Frage nach einer Kriegsteilnahme und die Haltung der Österreicher dazu erwähnt. Diesbezüglich haben wir natürlich einen Informationsauftrag, und darüber müssen wir natürlich einen Diskurs führen. Man muß das jedoch verstehen, denn wenn man Österreichs Geschichte der letzten Jahrhunderte studiert – wir alle haben das im Geschichtsunterricht gehört –, erkennt man, daß wir fast keinen Krieg ausgelassen und in fast allen Kriegen eine – um das jetzt einmal salopp zu formulieren – über die Birne bekommen haben. (Abg. Wabl: Und deshalb leidet ja der Schüssel so, weil wir nicht dabei sind!) Daß es daher nicht gerade eine große Bereitschaft dafür gibt, sich – undifferenziert gesagt – an jedem weiteren Krieg zu beteiligen, muß man von dieser psychischen Voraussetzung her wohl verstehen. Und daher ist es, denke ich, wirklich notwendig, darauf Rücksicht zu nehmen.

Ich füge hinzu, daß es für uns daher in Zukunft wichtig sein wird, über die Reform der UNO nachzudenken. Wir sind ja diesbezüglich aktiv, wir nehmen auch an diesem Reformarbeitskreis führend teil. Die UNO scheint eine Schaltstelle zu sein, sie wird aber nur dann eine Zukunft haben, wenn sie auch reformfähig ist, vor allem im Sicherheitsrat, und da vor allem, was das Vetorecht betrifft, denn wir sehen in diesem Außenpolitischen Bericht am Beispiel der Kosovo-Frage, wie schwierig es war, einen echten Konsens zu erreichen.

Und Österreich wird – das lese ich ebenfalls aus diesem Bericht heraus – gefordert sein, und zwar in der Frage der Erweiterung – trotz unserer Randlage –, in der Frage der Institutionenreform, weil wir als kleines Land bei einer x-beliebigen Institutionenreform unter die Räder kommen könnten, und natürlich in der Sicherheitspolitik. Daher ist es wichtig, daß wir diesbezüglich auch wirklich einen nationalen Grundkonsens suchen! (Abg. Jung: Und wie ist das mit der fünfjährigen Nachdenkpause?)

Was ich über den Bereich der Auslandskulturpolitik in diesem Bericht gelesen habe, hat mich sehr beeindruckt. Das ist ein umfangreicher, ein interessanter Bericht. Es würde sich lohnen, noch ausführlicher – vielleicht in einer eigenen Broschüre oder in einer parlamentarischen Enquete – darauf einzugehen. Es ist dies ein Leistungskatalog, der wirklich beeindruckend ist, und dazu kann ich mich wirklich nur lobend und positiv äußern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Der Cap ist unserer Meinung!)

12.31

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte. (Abg. Haigermoser: Transferzeit! Juli und August ist Transferzeit in eine jeweilige andere Partei! Wo bist du zurzeit, Smolle?)

12.31

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod minister! Gospod predsednik! Visoki Dom! Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Minister! Schon in der bisherigen Diskussion hat sich klar gezeigt, daß eine gemeinsame Außenpolitik dieser Bundesregierung nur ein Wunschgedanke des Außenministers ist. Er wünscht sich das, er möchte das so haben, aber in Wirklichkeit haben wir es mit einer in sich tief zerstrittenen Bundesregierung zu tun. Wie in anderen Bereichen ist es auch in dieser Frage nicht klar, ob die jeweiligen Minister und der Bundeskanzler derselben Regierung angehören.

Meine Damen und Herren! Wir haben gerade ein unerquickliches Geplänkel im Zusammenhang mit dem Europaabgeordneten Swoboda erlebt. Er möchte Außenminister werden – das ist sein gutes Recht, das kann er sich wünschen –, aber wenn er derart massiv in einen großen Streit zwischen Klima und Schüssel, zwischen Bundeskanzler und Außenminister, eingreift, muß er natürlich damit rechnen, daß er, bildlich gesprochen, Ohrfeigen abbekommt.

Aber es ist doch verwunderlich, daß Klima und Schüssel gleichzeitig Figl entdecken, aber jeder diesen sehr berühmten Außenminister für sich und für seine Argumentation anführt, warum wir einerseits sehr wohl neutral sind und sein wollen beziehungsweise andererseits schon längst nicht mehr neutral sein müssen und die Neutralität nicht mehr brauchen.

Meine Damen und Herren! Die Neutralitätspolitik ist heute eine Politik nach dem Motto "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!", denn in Wirklichkeit haben wir uns von der Neutralität schon verabschiedet. Nur die Bundesregierung tut, weil sie in dieser Frage populistisch vorgehen muß, noch so, als seien wir neutral. Sie hört sich um im Volk, und weil es möglicherweise noch eine Mehrheit von "Neutralistischen" im Volk gibt, glaubt sie, verbal noch die Neutralität predigen zu müssen. In Wirklichkeit aber wird in dieser Angelegenheit bereits ganz anders gedacht und gehandelt.

Die ÖVP sagt, die Aufgabe der Neutralität und der NATO-Beitritt seien die Zukunft. Klima gibt seine Unterstützung für das Bombardement in Serbien und im Kosovo. Gleichzeitig wird die Botschaft geschlossen, gleichzeitig gibt es ein Diskussionsverbot über die Neutralität, gleichzeitig gibt es ein Handelsembargo für Serbien! – Meine Damen und Herren! Das ist ein Kauderwelsch in der österreichischen Außenpolitik, das wir so nicht hinnehmen können! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Minister! Sie sind zuständig dafür. Sprechen Sie ein klares Wort oder treten Sie ab und sagen Sie, das machen ohnehin Klima und Swoboda für mich! – Das ist ein Vulgärpopulismus, ein Neutralismus, dem einfach der Hintergrund fehlt.

Übrigens haben es ÖVP und auch SPÖ zu verantworten, daß wir keine leistungsfähige Landesverteidigung haben. Sie haben sie demontiert, und zwar nicht nur budgetär, sondern sie haben sie auch inhaltsleer gemacht, da man nun nicht mehr weiß, wozu man dieses Heer noch verwenden soll, wenn man die Neutralität aufgibt und den gemeinsamen großen europäischen Sicherheitsweg beschreitet.

Nun ein paar Gedanken zur Sicherheitspolitik. Wir Liberale bekennen uns klar zu einem europäischen Sicherheitssystem. Wir bekennen uns zu einem europäischen Heer mit Qualität. Wir bekennen uns also auch zur Bereitschaft, die nationalen Heere aufzulösen, sobald wir ein gemeinsames Sicherheitskonzept haben.

Es geht darum, ein gemeinsames europäisches Sicherheitskonzept, eine gemeinsame europäische Verteidigung zu schaffen und natürlich auch eine Verschmelzung von WEU und Europäischer Union zu erreichen. Dazu ist jedoch ein klarer Beschluß der Bundesregierung notwendig, es gehört eine klare Vorlage ins Parlament, damit wir darüber befinden können, aber nicht ein Herumschwindeln im nebulosen Raum.

Gemeinsame Sicherheitspolitik bedeutet eben auch eine gemeinsame Verteidigungspolitik, bedeutet ein gemeinsames Heer. Ich erinnere an die Aussage von Prodi, die er vor einigen Tagen, nämlich am 10. Mai, gemacht hat.

Meine Damen und Herren! Die Flüchtlingspolitik, die in unserem Lande durch die Ereignisse der letzten Wochen leider Gottes wieder aktuell geworden ist, ist ebenfalls im Amsterdamer Vertrag als gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik festgeschrieben. – Herr Minister! Ich hätte Sie gerne gefragt, welche Initiativen Sie in diesem Zusammenhang für eine gemeinsame Flüchtlingspolitik gesetzt haben? Wissen Sie, wie gering die Aufnahmequoten für Flüchtlinge aus dem Kosovo sind? Sie wissen genauso gut wie wir, daί die Hauptlast dieses Flόchtlingsstromes bei den δrmsten Lδndern Europas liegt, nδmlich bei Mazedonien, bei Albanien und auch beim Montenegriner, Herrn Djukanović, den Sie gerade zu Gast hatten.

Es ist unerhört, daß das reiche Europa die ärmsten Länder zur Lösung eines so unheimlich großen Problems heranzieht, das zu bewältigen diese Länder weder finanziell noch von den Ressourcen her in der Lage sind. Wir lassen sie allein mit diesem Problem und reden von einer angeblich gemeinsamen europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik! Es gibt keine aktive österreichische Flüchtlingspolitik, weder in Österreich selbst noch innerhalb der EU. Es gibt im Gegenteil eine sehr sonderbare Einigkeit zwischen Schlögl und Schüssel, aber darüber werden wir heute im Laufe des Tages anläßlich der Anfragebeantwortung noch sprechen.

Meine Damen und Herren! Es hat keine Vorsorge gegeben! Wir haben gewußt, daß es nach dem Bombardement eine Flüchtlingswelle ungeahnten Ausmaßes geben wird. Ich hätte gerne von einer Initiative Österreichs, des österreichischen Außenministers gehört, was er im Falle dieser großen Flüchtlingswelle tun wird, die wir in jenem Augenblick erwarten mußten, als die ersten Bomben auf Beograd und die anderen Regionen gefallen sind. Aber wir tun so, als ob das etwas völlig Neues wäre, als ob es so etwas noch nie gegeben hätte, und überlassen die Flüchtlinge den armen Ländern.

Es gibt im Lande selbst eine sehr zögerliche Asylpolitik. Genau diese restriktive Flüchtlingspolitik haben wir auch zur Zeit der österreichischen EU-Präsidentschaft fortgesetzt. Ich erinnere an jenes berüchtigte Papier des Innenministeriums, ein überaus restriktives Papier, mit dem wir mitten in das Flüchtlingselend hineingefahren sind. Das war sozusagen der österreichische Beitrag zur Lösung der Flüchtlingsfrage!

Meine Damen und Herren! Gerade im Zusammenhang mit dem aktuellen Konflikt im Kosovo wäre es wichtig, daß sexuelle Mißhandlung ein eindeutiger Asylgrund wird. Ich erlaube mir, hierzu einen Fünfparteienantrag – das freut mich ganz besonders – einzubringen, der lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gredler, Jäger, Amon, Mag. Kammerlander, Smolle, Dr. Povysil, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme des Themas "Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane" in den Außenpolitischen Bericht

"Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten wird aufgefordert, ab dem Jahre 1999 in dem jährlich herauszugebenden ,Außenpolitischen Bericht‘ über die menschenrechtsverletzende Praktik der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane zu berichten. Dabei sollte die rechtliche und tatsächliche Entwicklung dieser Form der Menschenrechtsverletzung weltweit, besonders jedoch auch in europäischen Ländern, vergleichend dargestellt werden. Weiters ist zu erläutern, welche Initiativen Österreich, die Europäische Union und Nichtregierungsorganisationen ergreifen beziehungsweise ergriffen haben, um die Praktik der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane zu bekämpfen."

*****

Dieser Antrag steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der vorliegenden Materie.

Herr Minister! Meine Damen und Herren! Nun noch ein paar Gedanken zur EU-Reform. Ich hätte gerne gewußt, welche Maßnahmen, welche Initiativen Sie im Zusammenhang mit der Reform der Institutionen gesetzt haben? Diesbezüglich ist nämlich nach wie vor nichts geschehen! Sie haben uns nun von einem Hoffnungspapier erzählt, das angeblich Teile des Amsterdamer Vertrages erfüllt. Ich kenne dieses Papier nicht, aber Papiere gibt es sehr viele, die eigentliche Frage lautet: Welche konkreten Maßnahmen, welche Beschlüsse haben Sie vor und wie werden Sie diese durchsetzen? Welche Vorhaben haben Sie im Zusammenhang mit der EU-Verfassung? Wird es zu einer solchen kommen? Werden Menschenrechtsfragen, Volksgruppenfragen darin aufgenommen werden? Wird es einen Präventionsmechanismus geben? Wie schaut dieser aus?

Ich predige all diese Fragen schon seit Monaten von diesem Pult aus, bekomme aber von Ihnen keine Antwort darauf, sondern immer nur Hinweise auf angebliche Papiere, in denen all das steht.

Wie wollen Sie die Kontrollfunktion des Europäischen Parlaments stärken, vor allem angesichts der mißbräuchlichen Verwendung von EU-Geld? – Das sind die Fragen, auf die wir heute gerne eine Antwort bekommen hätten, statt dessen bekommen wir diesen schön gedruckten Außenpolitischen Bericht. Wie wollen Sie die Verantwortlichkeit der einzelnen Kommissare, der Gesamtkommission stärken? Wie wollen Sie sie sozusagen an die Kandare des Parlaments nehmen, dem sie doch verantwortlich sein müssen? Wie wollen Sie erreichen, daß wir Kommissionsmitglieder wählen und nicht sozusagen in schlampiger Weise entsenden?

Meine Damen und Herren! Die Beschäftigungsinitiative, die von der Europäischen Union und auch von der österreichischen Regierung groß angekündigt wurde, sehe ich derzeit nur in dem, was Kollegin Gredler bereits vorgebracht hat: Im wesentlichen besteht die Beschäftigungspolitik darin, ob wir einen schwarzen oder einen roten Botschafter nach Brüssel schicken, oder dann, wenn ein Schwarzer dort sitzt, einen roten Kommissar hinschicken müssen. Es handelt sich letztlich um Beschäftigungspolitik für die eigenen Leute, die man unterbringen möchte – mehr sehe ich nicht!

Aber etwas sehe ich, meine Damen und Herren, vor allem meine Damen und Herren vom ÖGB, und das möchte ich in diesem Zusammenhang klar sagen: eine schreckliche, koinzidente Sprache, eine zusammenstimmende Sprache, durch die Sie in ein ähnliches Fahrwasser wie die FPÖ kommen, und das gerade auch im Zusammenhang mit der Osterweiterung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Dazu kann ich Ihnen auch etwas ins Stammbuch schreiben: Sie werden Haider nicht rechts überholen können, denn er hat noch immer rechts ein bißchen Platz, auf den er ausweichen kann. Es wundert mich daher, daß Sie stumm hier sitzen und solche ÖGB-Papiere gutheißen, die teilweise vor Unsinn strotzen, die nur dazu da sind, die ÖGB-Mitglieder sozusagen bei der Stange zu halten, damit Ihnen nicht alle davonlaufen, meine Damen und Herren!

Es ist Populismus eingerissen, auch bei der SPÖ, gerade auch in dem Bereich, von dem ich das nicht erwartet hatte, von dem ich eine fortschrittliche, positive Politik erwartet hatte. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Osterweiterung ist eine einmalige Chance in der Geschichte – das sage ich in Richtung Freiheitlicher Partei –, ohne Heer, ohne Imperialismus Europa unter einem gemeinsamen Wertesystem zu einigen, durch den freiwilligen Beitritt dieser Länder. (Abg. Jung: Geordnet! Nicht in Chaos!) Und diese Chance soll nicht verhunzt werden durch Ihre schlampigen Anträge und Gedanken.

Die Kopenhagener Erklärung aus dem Jahr 1993 ist eine ganz klare Botschaft und Ansage auch an diese Länder: Sie müssen Reformen durchführen! Und die Reformen werden dort umso schneller umgesetzt werden, je klarer und eher wir sagen: Ihr werdet aufgenommen! Wir dürfen ihnen nicht jede Woche eine andere Jahreszahl als Beitrittsdatum liefern, denn damit leisten wir den Nichtreformern dort Vorschub und glauben andererseits, unsere Hände in Unschuld waschen zu können.

Wir wissen, politische Szenarien können sich ändern, und müssen das "lichte Intervall", das wir jetzt haben, auch in Sachen Osterweiterung voll und rasch nützen – einerseits für Reformen in diesen Ländern, andererseits aber auch, um das große sicherheitspolitische Konzept in Europa zu verwirklichen.

Herr Bundesminister! Abschließend – meine Mitstreiter zeigen mir schon, daß die Zeit läuft, daß ich meine Redezeit zu diesem Thema schon verbraucht habe (Abg. Haigermoser: Das war genug! Mehr ist nicht auszuhalten!); die Opposition hat wie immer zu wenig Redezeit zur Verfügung – erlaube ich mir noch einen klaren Satz in Ihre Richtung und bringe hier wieder ein spezielles Anliegen in Sachen Volksgruppen vor: Legen Sie bitte endlich ein europareifes Papier darüber vor, wie wir in Zukunft mit Volksgruppenkonflikten umgehen wollen! Das ist eine ganz zentrale Angelegenheit. Überall, wo es in Europa derzeit Konflikte gibt, geht es auch um Volksgruppenfragen. Ich verstehe nicht, warum Sie nicht in der Lage sind, dem Parlament ein klares Papier zur Beschlußfassung vorzulegen. Das wäre eine gute Initiative auch in Richtung Europa, und wir kämen weg von dem immer wiederkehrenden großkoalitionären Streit, den sich weder Österreich noch Europa verdient haben. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Smolle vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Khol. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

12.44

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Vizekanzler! Ein Gespenst geht um in Österreich, ich möchte es die "Sicherheitslüge" nennen. (Abg. Wabl: Ja, das kann man so nennen!) Was ist die "Sicherheitslüge"? (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist so etwas wie der "Verfassungsbogen"!) – Das ist die Behauptung, daß Österreichs Sicherheit durch eine Neutralitätspolitik aus der Zeit des kalten Krieges besser gewährleistet wäre als durch eine Solidaritätspolitik in der Europäischen Union.

In diesem Zusammenhang fordert der abgesetzte Delegationsleiter der Sozialisten im Europäischen Parlament, Hannes Swoboda, das Außenministerium für die SPÖ. Und der SPÖ-Parteivorsitzende möchte eine bessere Außenpolitik. Beiden Politikern kann ich folgenden Vorwurf nicht ersparen: Während Menschen im Krieg sterben, während Bomben fallen, während sich die gesamte Bundesregierung, vor allem unser Außenminister, um Frieden im Kosovo bemüht, während Tausende von Österreichern an Ort und Stelle und auch in Österreich Hilfe leisten, geht es diesen beiden Politikern nur um sich selbst, nur um die Macht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schieder: Unerhört! – Abg. Dr. Kostelka: Das ist wirklich unerhört! Das ist billige Propaganda auf Wahlkampfebene! – Zwischenruf der Abg. Mag. Kammerlander.)

Der Vorsitzende der SPÖ spricht auch da an verschiedenen Orten unterschiedlich, wie der Erstredner der Volkspartei Michael Spindelegger gesagt hat: Im internen Gespräch, im Ministerrat gibt es abgestimmte Positionen, auch zum Amsterdamer Vertrag, auch zur Verschmelzung von Europäischer Union und Westeuropäischer Union, gibt es eine gemeinsame Außenpolitik, andererseits aber behauptet man nach außen, man brauche eine bessere Außenpolitik, man brauche einen anderen Außenminister und wolle das selbst machen – und dies – meine Damen und Herren, Sie haben das heute gehört, Sie haben den Vizekanzler gehört, Sie haben den Außenpolitischen Bericht gelesen – angesichts einer überaus erfolgreichen EU-Präsidentschaft! Es ist wirklich Austromasochismus, daß wir uns die großen Erfolge, die Früchte harter Arbeit der gesamten Regierung selbst kaputt- und miesmachen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das angesichts einer unermüdlichen Friedenspolitik um den Balkan. (Abg. Wabl: Das ist Wahlkampf!) Wir haben heute gehφrt von Djukanović, Rugova, Iwanow, von den 133 Reisen in diesem halben Jahr et cetera, um den Frieden wiederherzustellen. Hier aber werden von unserem Regierungspartner Machtspiele betrieben, die wir ablehnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was meine ich weiters, meine Damen und Herren? (Abg. Dr. Kostelka: Khol, der Durchdreher!) – Wer vorgaukelt, es gäbe eine gemeinsame aktive Neutralitätspolitik von vier EU-Staaten, quasi parallel zur Europäischen Union und zur NATO, spricht in Unkenntnis der Realität.

Der finnische Ministerpräsident Lipponen hat es gestern klar gesagt: Finnland ist nicht mehr neutral, denn die Finnen nehmen an der EU-Solidarität teil. Finnland sucht eine europäische Sicherheitsidentität innerhalb der NATO.

Schweden spricht schon lange nicht mehr von Neutralität. (Abg. Mag. Kammerlander: Ist ja nicht wahr!) Schweden sagt schon lange, daß es bündnisfrei ist.

Wer daher von einer aktiven Neutralitätspolitik das Heil erwartet, begeht zwei Fehler: Er isoliert Österreich innerhalb der Europäischen Union, und er isoliert Österreich innerhalb jener Staaten in der EU, die nicht der NATO angehören. (Beifall bei der ÖVP.)

Was meine ich weiters? (Zwischenruf des Abg. Jung.) – Wer behauptet, es werde eine europäische Friedensordnung parallel zur Westeuropäischen Union und zur NATO geben, Herr Kollege Kostelka, wer eine solche These verficht, kennt entweder die Dokumente nicht, die gemeinsamen Dokumente der Regierung, oder weiß genau, daß das eine Illusion ist. (Abg. Dr. Kostelka – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Nachlesen! Österreichische Position! Finnland und Schweden! Wider besseres Wissen werden Dinge behauptet!)

Wir haben den Amsterdamer Vertrag unterschrieben und ratifiziert, er steht im Verfassungsrang, und die Urkunde ist geändert, Artikel 23f. Wir werden in Zukunft an Petersberger Missionen teilnehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben das Papier in der Hand, das gemeinsame, von der Regierung erarbeitete Papier (Abg. Schieder: Das sagt etwas anderes! – Abg. Dr. Kostelka: Das sagt etwas anderes! Das ist ja das Problem, ihr wollt in der NATO sein, ohne es beschlossen zu haben! Das wird so nicht funktionieren! Mit uns nicht!), das die Verschmelzung von Westeuropäischer Union und Europäischer Union und somit eine gemeinsame Sicherheit zum Gegenstand hat. Darin findet sich die Formulierung: "Gemeinsame Sicherheit ohne parallele Strukturen". – Wer also vorgaukelt, es würde für den einen oder anderen einen Sonderzug daneben geben, ist eben ein Gaukler. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wie anders soll ich es denn beurteilen, wenn jemand vorschlägt, die Neutralität fünf Jahre außer Streit zu stellen und aus dem Wahlkampf zu nehmen, gleichzeitig aber der Amsterdamer Vertrag in Kraft tritt, gleichzeitig die Zeitungen aber Aufkleber enthalten, mit denen genau das Gegenteil gemacht wird, nämlich die Neutralität zum Wahlkampfthema gemacht wird? Gleichzeitig wird innerhalb der Regierung über die Verschmelzung von Europäischer Union und Westeuropäischer Union verhandelt. Es wird über den europäischen Pfeiler in der NATO verhandelt – aber man soll nicht über die Neutralität diskutieren? Gleichzeitig macht man sie jedoch seit 8. April dieses Jahres ganz bewußt zum Hauptwahlkampfthema – und das werfe ich den Sozialisten vor. (Beifall bei der ÖVP.)

Was ist sonst noch die Sicherheitslüge, meine Damen und Herren? – Wenn so getan wird, als werde in der Wahl zum Europäischen Parlament über NATO und Neutralität entschieden. Da bin ich mit Ursula Stenzel: Es wird über Fragen von Arbeitsplätzen in Österreich entschieden, es wird über Fragen der Weiterbildung unserer Jugend entschieden, es wird über Fragen der europäischen Verfassung entschieden, aber über unsere Politik, über allfällige Dinge im Zusammenhang mit Neutralität und NATO entscheiden wir selbst. In dieser Wahl geht es nicht darum! (Weiterer Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wie fühlt sich ein Regierungschef, der von einer angesehenen Zeitung als das "doppelte Viktorchen" bezeichnet wird? – Eine respektlose Bezeichnung. Aber: auf der einen Seite eine Denkpause betreffend die Neutralität – der eine –, auf der anderen Seite gleichzeitig Wahlkampfthema. Auf der einen Seite in Brüssel und Berlin: Die Kosovo-Aktionen der NATO sind gerechtfertigt und notwendig!, in Wien aber ist man wieder neutral. Mit wem ist der eine Viktor auf den Plakaten zur Wahl zum Europäischen Parlament zu sehen? – Mit Blair und Schröder, die beide Hauptproponenten der NATO-Aktion im Kosovo sind. Und: "Gemeinsam gestalten wir die Zukunft!" – Welche Zukunft, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP.)

Und was ist davon zu halten, wenn der eine von einer "aktiven Neutralitätspolitik" spricht und der andere dem Bundesheer seit Jahr und Tag die notwendige Unterstützung in jeder Hinsicht – in moralischer, finanzieller und materieller! – verweigert? (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nehmen Sie zur Kenntnis: Niemand will Österreich gegen den Willen unseres Volkes in ein Militärbündnis führen. (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Niemand will unsere Präsenzdiener ins Ausland in den Kampf schicken. Und niemand will gegen die Verfassung verstoßen. (Abg. Wabl: Niemand! Aber Sie tun es von der ÖVP!)

Heute möchte ich Sie hier von diesem Pult aus warnen (Ruf: Wen?) – die Herren Politiker in doppelter Ausführung und die Spin-Doktoren, wenn Sie es genau wissen wollen –: Kehren Sie zurück zur Realität, kehren Sie zurück zur Normalität, aus dem Wahlkampf heraus, kehren Sie zurück zur Wahrhaftigkeit! Es hat sich die Waldheim-Lüge nicht gelohnt – Fred Sinowatz mußte gehen. Es hat sich die Pensionslüge nicht gelohnt – Vranitzky mußte gehen. Und wenn Sie nicht zu dem zurückkehren, was ich gesagt habe, zu den gemeinsamen Formulierungen, zu dem, was in der Regierung gemeinsam beschlossen wird, dann verspreche ich Ihnen: Es wird sich die Sicherheitslüge auch nicht lohnen. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

12.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander möchte eine tatsächliche Berichtigung vorbringen.

Frau Abgeordnete, Sie kennen die Geschäftsordnung. Fangen Sie mit dem Sachverhalt, den Sie berichtigen wollen, an. – Bitte.

12.55

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Khol hat behauptet, daß selbst Schweden nicht mehr davon spricht, daß es neutral ist. Ich zitiere aus der Regierungserklärung anläßlich der außenpolitischen Debatte vom Februar 1999:

Schwedens militärische Bündnisfreiheit mit dem Ziel, daß unser Land im Falle eines Krieges in unserem Nahbereich neutral sein kann, bleibt bestehen und dient dem Abbau von Spannungen und der Stärkung der Sicherheit in unserem Teil Europas. Wir haben unsere Politik selbst gewählt und definieren ihren genauen Inhalt. – Auszug aus dieser Rede. (Beifall bei den Grünen.)

12.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.56

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich bin schon etwas beeindruckt von dieser fundierten Analyse. Sie deckt sich ja im wesentlichen mit der schon jahrelang von der Freiheitlichen Partei geübten Kritik. Aber, Herr Klubobmann Khol, in diesem Zusammenhang muß ich Ihnen schon etwas sagen: Wenn Sie hier unverhohlen Rücktrittsaufforderungen in Richtung des Kanzlers schleudern (ironische Heiterkeit bei der ÖVP) – und das war eine Rücktrittsaufforderung –, wenn Sie sagen: "Pensionslüge – Vranitzky mußte gehen", "Waldheim-Lüge – Sinowatz mußte gehen", und dann auch noch sagen "Sicherheitslüge", ja dann sagen Sie auch, wer jetzt gehen muß. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Kiss: Das waren Feststellungen!)

Nennen Sie Roß und Reiter beim Namen, wenn Sie hier mit Kraftworten wie "Sicherheitslüge", "Pensionslüge", "Waldheim-Lüge" operieren. Wenn Sie darüber hinaus Ihren Koalitionspartner auch noch "Gaukler" nennen – wen genau auch immer – und sich dann hinter den Worten "niemand will irgend etwas" verstecken, muß ich sagen: Das hatten wir schon in der Antike. Der Niemand hatte einen Namen, es war Odysseus – Sie werden sich erinnern. Und auch hier hat dieser Niemand einen Namen. Nennen Sie den Namen, nennen Sie Roß und Reiter! In diesem Zusammenhang sind Sie es auch der österreichischen Bevölkerung schuldig. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir von den Freiheitlichen nennen immer den Namen, und daher haben wir auch Erfolg bei den Wählern, da der Wähler genau weiß, was die Freiheitlichen wollen.

Sie werden jetzt aktiv, aber am Ende wachen Sie wieder im gleichen Koalitionsbett auf wie heute. Und das ist für mich die Lüge, die von der ÖVP begangen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Minister! Kommen wir zum Außenpolitischen Bericht zurück, und zwar auf den Redebeitrag meines geschätzten Kollegen Höchtl, der über die Vertreibung gesprochen hat und wieder einmal – wie schon des öfteren – ein Bekenntnis abgegeben (Abg. Dr. Höchtl: Entschließungsantrag!) und einen Entschließungsantrag eingebracht hat. Dazu möchte ich zwei Anmerkungen machen.

Herr Kollege Höchtl! Sie haben gesagt – und das ist folgerichtig –, es ist Auftrag für alle Demokraten, alles zu tun, um die Beneš-Dekrete zu beseitigen. – Das ist unterschrieben. Sie wissen aber ganz genau, daß das, was Sie heute als Entschließungsantrag einbringen, tatsächlich nicht alles ist, was wir zu tun imstande sind. Das müssen Sie schon auch dazusagen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Höchtl: Sie haben das nicht gelesen!) Das ist nicht alles, was wir zu tun imstande wären. Das ist vielleicht alles, was Sie im Moment tun dürfen – was Ihnen vielleicht leid tut –, aber dann sagen Sie nicht, daß es Auftrag der Demokraten ist, alles zu tun, um diese Unrechtsgesetze zu beseitigen.

Ihr Bekenntnis ist völlig richtig, und wir teilen es auch; in vielen Debatten haben wir es schon geteilt.

Eines ist für mich jedoch immer wieder symptomatisch: die Kritik, Herr Außenminister, die ich jedes Jahr, seit Sie im Amt sind, hier vom Rednerpult aus zu Ihrem Außenpolitischen Bericht vorbringe. Es findet sich nämlich im Außenpolitischen Bericht kein Satz über die angeblich stattfindenden Bemühungen im Hinblick auf Tschechien. (Zwischenruf des Abg. Dr. Höchtl.) Es findet sich darin kein einziger Satz, keine Bemühung in bezug auf die Beneš-Dekrete. Das einzige, was neben vielen anderen, relativ belanglosen Angelegenheiten festgeschrieben ist, ist, daß wir Veranstaltungen in Tschechien abhalten, wie zum Beispiel mit großem Erfolg eine Modeschau am zentralen Altstädter Ring in Prag unter dem Titel: Tage der Wiener Kultur.

Dazu sage ich: Für die Mode alles, für die Menschenrechte nichts, keine Zeile! Das ist etwas, was nicht richtig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich hatte mir eigentlich schon erwartet, daß das in Ihren Berichten – steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein – irgendwann einmal vorkommt.

Aber ich nehme Sie beim Wort: Sie haben immer gesagt, die Frage der Beneš-Dekrete, aber auch der AVNOJ-Bestimmungen ist Angelegenheit bilateraler Verhandlungen.

Ich schlage das Kapitel "Besondere bilaterale Ergebnisse und Ereignisse" auf und kann wiederum keinen einzigen Satz über Ihre Bemühungen, über Ihre Ergebnisse in diesem Zusammenhang finden.

Ich glaube, das ist auch wichtig anzumerken. Obwohl dieser Antrag, den Sie hier einbringen, ein erster Schritt ist, ist er noch nicht der letzte; es wird sich noch zeigen, daß er nicht der letzte sein kann. Auch in der Frage der Atomkraftwerke hat der Standpunkt der Freiheitlichen mit der Junktimierung letztendlich einen Erfolg gezeitigt, und er wird noch weiteren Erfolg haben. Das werden Sie auch in dieser Frage sehen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Wer Unrechtsgesetze beseitigen will, muß sie bekämpfen – immer und überall, in jeder Lage, und zwar mit allen zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daher ist unser Entschließungsantrag der einzige, der tatsächlich früher oder später zum Erfolg führen wird, weil Ihr Entschließungsantrag keine Konsequenzen daran knüpft, wenn Tschechien Ihrer Aufforderung nicht folgt. (Abg. Dr. Höchtl: ... Das ist der wesentliche Unterschied!) Es muß aber ein Verhandlungspartner die Konsequenzen kennen. Und wenn er sie kennt, dann wird er sich danach richten. Auch das werden Sie noch lernen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.01

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Klubobmann Dr. Kostelka. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.01

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Herr Vizekanzler! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Offensichtlich hat Klubobmann Khol dieses Podium mit einem Wahlkampfpodium verwechselt. Herr Kollege Khol, auch im Wahlkampf, in dem Sie sich offensichtlich schon befinden, sollte man sich nicht dazu hinreißen lassen, den Begriff "Sicherheitslüge" zu verwenden – noch dazu unverhohlen dem Koalitionspartner anheimgestellt! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Khol! Wenn Sie schon zu solchen Begriffen Zuflucht suchen, dann lassen Sie mich von meiner Seite aus mit aller Deutlichkeit folgendes sagen: Ehrlichkeit, gerade in der Sicherheitsfrage, und zwar in der politischen Sicherheitsfrage, ist das, was die Österreicherinnen und Österreicher vor und nach dem 3. Oktober mit Recht einfordern.

Eine Partei, die in den letzten Jahren (Zwischenruf des Abg. Scheibner) immer wieder gesagt hat, ja, wir wollen in die NATO – Herr Bundesminister und Vizekanzler Schüssel hat vor wenigen Monaten, Anfang Februar, gesagt: Unsere Zukunft ist die NATO –, aber dann nein sagt, wir wollen nicht in die NATO, ist eines mit Sicherheit nicht: Ehrlich! (Beifall bei der SPÖ.) Und ich sage Ihnen mit aller Deutlichkeit, meine Damen und Herren: Diesen Zickzackkurs werden wir als sozialdemokratische Fraktion mit Sicherheit nicht mittragen! (Beifall bei der SPÖ.)

Unser Angebot war es, die Neutralität für fünf Jahre außer Streit zu stellen. (Unruhe in den Reihen der ÖVP.) Sie wollen vor dem 3. Oktober nicht über einen NATO-Beitritt reden, ihn aber nach dem 3. Oktober ausverhandeln – sei es direkt oder im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union. Das wird jedoch nicht stattfinden! (Beifall bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich noch zu den Fakten sprechen. Wenn Sie Artikel 17 des Vertrages von Amsterdam diskutieren, dann lassen Sie sich in diesem Zusammenhang auch sagen, daß dieser Vertrag von Amsterdam einen entsprechenden Beschluß der Europäischen Union und die Zustimmung jedes einzelnen Mitgliedstaates der Europäischen Union – auch dieses Hauses! – voraussetzt. (Abg. Dr. Maitz: Aber nur bei Militär...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Das stimmt so! (Abg. Scheibner: Das ist falsch!) Daher ist mit Ihnen mit Sicherheit eines auszumachen, nämlich daß wir der NATO nicht beitreten werden, ohne daß es vorher eine entsprechende Entscheidung dieses Hauses und auch der österreichischen Bevölkerung gegeben hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie werden dieses Land nicht an einer demokratischen Entscheidung vorbeischwindeln – auch wenn Sie es noch so sehr versuchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu dem, was Sie, Herr Kollege Khol, in diesem Zusammenhang über das Positionspapier der deutschen EU-Präsidentschaft gesagt haben (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Brauneder gibt das Glockenzeichen), darf ich Ihnen die österreichische Position, abgestimmt mit Schweden und Finnland, darlegen: Wir haben deutlich gesagt, daß die Entscheidungen diesbezüglich noch nicht gefällt sind und ohne unsere Neutralität auch nicht gefällt werden können. Wir lassen uns auf diese wirklich doppelbödige Art und Weise nicht in eine die Neutralität verletzende NATO-Position hineinziehen, was Sie jedoch offensichtlich versuchen. Ehrlichkeit ist angesagt! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

Und wenn wir schon von Ehrlichkeit reden, Herr Kollege Khol (Zwischenruf des Abg. Dr. Schwimmer), dann darf ich auch die Frage stellen, was denn die Aufforderung zu einem neuen Optionenbericht soll. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Brauneder gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Wissen Sie, Herr Vizekanzler, Ihr Anbot, das Sie gemacht haben, erinnert mich ein bißchen an den Grundsatz: Alles ist möglich, nichts ist fix! (Abg. Dr. Khol: Der Cap hat schon zugestimmt! – Abg. Kiss: Cap hat es gutgeheißen!) Was ist denn das für eine Außenpolitik, die sich in dieser wichtigen Frage nicht positioniert? (Zwischenruf des Abg. Haigermoser.)

Ich fordere von Ihnen ein, hier in diesem Hause, aber auch auf europäischer Ebene das zu sagen, was Sie wirklich wollen, nämlich eine NATO-Mitgliedschaft. Und diese Position werden wir mit Sicherheit nicht mittragen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich bin zutiefst betrübt über die Form dieser Diskussion. Da wurde von "Gaukelei" und "Lüge" gesprochen. – Ich ermahne Sie dahin gehend: Wenn Sie schon nicht ehrlich zu Ihrem Koalitionspartner sein können (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), dann seien Sie es wenigstens zur österreichischen Bevölkerung! (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

13.07

Präsident MMag Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun der Herr Vizekanzler. – Bitte.

13.07

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Ich habe sehr genau zugehört, und ich möchte spontan auf die Ausführungen des Herrn Klubobmannes Kostelka eingehen, weil er einen Punkt erwähnt hat, der, so glaube ich, gleich ausgeräumt werden kann.

Damit ein für allemal klar ist: Theoretisch könnte aufgrund des Artikels 17 des Vertrages von Amsterdam der Europäische Rat natürlich einen Verschmelzungsbeschluß fällen. Es besteht auch an sich bereits eine abgestimmte Position dahin gehend, daß Österreich einen solchen Beschluß, falls er fällt, solidarisch mittragen wird.

Ich kündige hiemit an – das steht auch außer Streit –, daß wir selbstverständlich im Rahmen unserer verfassungsmäßigen Strukturen einen solchen Beschluß jederzeit dem Parlament vorlegen (Abg. Dr. Kostelka: Es bedarf eines Parlamentsbeschlusses und einer Volksabstimmung!) und, wenn Sie es wollen, darüber auch das Volk befragen werden. Das ist überhaupt kein Problem!

Nur damit das klargestellt ist: Sie haben gerade mit einem irrsinnigen Kraftaufwand eine weit offene Tür eingetreten! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich will das vor dem Hohen Hause deutlich aussprechen: Auch ich bin für Ihren Vorschlag, daß das Parlament damit befaßt werden soll. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP.)

13.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Ofner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.09

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Wenn jemand bis jetzt nicht gewußt haben sollte, daß Wahlen vor der Tür stehen, dann hat ihn diese Spiegelfechterei auf den richtigen Weg geführt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In drei Wochen gehen wir zu den Urnen. Da wird jetzt ein Scheingefecht zwischen den beiden Geschwistern geführt (Zwischenruf der Abg. Motter) – Klara Motter pflichtet mir auch bei, wie ich sehe (Heiterkeit bei den Freiheitlichen) –, über das man nur schmunzeln kann. Aber man hofft eben, daß es durch die Medien "rüberkommt" und daß man den Anschein erweckt, daß jeweils der eine für das, was der andere tut, nicht verantwortlich sei.

Aber glauben Sie mir, meine Damen und Herren, das kommt zu spät! Sie können die Bevölkerung nicht mehr an der Nase herumführen. Die Bürger wissen, daß Sie für all das, was sich in den vergangenen Monaten und Jahren an Ungünstigem ereignet hat, gemeinsam verantwortlich sind. Wenn Sie jetzt hier herauskommen und mit düsterer Miene aufeinander einzuschlagen vorgeben, dann nimmt Ihnen das niemand mehr ab. Glauben Sie mir das bitte! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber zurück zum eigentlichen Thema, nämlich zur Außenpolitik. Man kann diesen dicken Bericht von vorne nach hinten und von hinten nach vorne durchblättern, wesentliche Themen, wie etwa die Problematik der Volksgruppen, der Altösterreicher deutscher Zunge jenseits der Grenzen, werden mit keinem Wort erwähnt. Wer setzt sich wirklich mit dem Schicksal der – je nach Lesart – noch immer 60 000 bis 200 000 Altösterreicher deutscher Muttersprache in der Tschechischen Republik auseinander? Wer mit dem der Altösterreicher deutscher Muttersprache in der Slowakei? Wer setzt sich mit der Situation der Minderheit der Altösterreicher deutscher Zunge in Ungarn und Rumänien auseinander? Wer mit Slowenien und mit ... (Abg. Smolle: Am letzten Samstag hast du gefehlt! Ich war bei eurer Veranstaltung!) – Bei unserer Veranstaltung bist du gewesen, hier aber hättest du reden können! Du bist ja nicht Außenminister, Karl, und du wirst es auch nicht so bald werden. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Der Außenminister hat das zu verantworten, was heute hier diskutiert wird. Ich bemängle, daß es rund um Österreich, nämlich in Slowenien – das wird dich vielleicht besonders berühren –, in Kroatien, in Ungarn, in Rumänien, in der Slowakei und in der Tschechischen Republik Zehntausende, Hunderttausende Altösterreicher deutscher Muttersprache gibt, die in manchen dieser Staaten null Rechte haben. Null Rechte! Dazu möchte ich einmal von dir etwas hören!

Wenn es darum geht, etwa in der Tschechischen Republik (Abg. Smolle: Du warst nicht bei der FPÖ-Veranstaltung!), etwa in Slowenien etwas zu tun, dann möchte ich gerne einmal von dir, Karl, hören, daß du von diesem Rednerpult aus sagst, du wünscht dir, daß die dir so nahestehende slowenische Regierung in Laibach endlich einmal auch nur ein Minimum an Rechten für die dort lebenden Österreicher einführt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nichts ist damit! Du bist für alle anderen da, du bist für alles andere zuständig. Schüssel erklärt sich für alles zuständig, die außenpolitischen Sprecher der Regierungsparteien sind für alles zuständig, aber für die Rechte der Altösterreicher deutscher Zunge jenseits der Grenzen ist niemand zuständig! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Smolle: ... Das ist der Unterschied!)

Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß sich die ÖVP und die SPÖ sehr spät einen Antrag betreffend die Beneš-Dekrete aus dem Steiß gezogen haben, den wir jetzt auf dem Tisch liegen haben. (Abg. Schieder: Na bitte!) Jetzt gibt es diesen Antrag. – Das war jetzt ein hartes Wort. Ich bitte um Nachsicht, es ist in der Hitze des Gefechtes gesagt worden. Peter Schieder, ein weiser Mann in außenpolitischen Angelegenheiten, hebt den Finger. Er hat recht! Ich bitte um Nachsicht, es war nicht böse gemeint. (Abg. Smolle: Ordnungsruf!)

Es liegt jedoch ein Antrag auf dem Tisch, der nach dem Motto formuliert ist: Wasch mir den Hals und mach mich nicht naß! Es ist ein forscher Antrag; nur, wenn man nachliest, was verlangt wird, dann bemerkt man, daß nichts darin enthalten ist. Man kommt mit schönen, freundlichen Worten gegenüber jenen Staaten jenseits der Grenze, die den Österreichern deutscher Zunge ihre Rechte verweigern, hat aber den Schlüssel zur Lösung des Problems selbst in der Hand. Man bittet höflich, die Türen aufzumachen, die Türen zu Mindestrechten, die Türen auch, die da heißen: Abschaffung der menschenrechtswidrigen Beneš-Dekrete, Abschaffung der menschenrechtswidrigen AVNOJ-Bestimmungen. Man bittet, man möge doch etwas tun. Aber man hat doch den Schlüssel selbst in der Hand, den Schlüssel, auf den uns das Europäische Parlament hingewiesen hat. Es ist eine Schande, daß uns das Europäische Parlament darauf hinweisen muß und daß es nicht umgekehrt geschehen ist!

Der Schlüssel lautet: Noch immer gibt es den Grundsatz der Einstimmigkeit in der Europäischen Union, wenn auch, wie man hört, gerade die Österreicher nicht abgeneigt sein sollen – ausgerechnet wir, das kleine Österreich! –, vom Einstimmigkeitsprinzip abzugehen. – Noch gibt es dieses Einstimmigkeitsprinzip! Wir haben es daher in der Hand, den Schlüssel zu nehmen und die Tür in Richtung Abschaffung dieser menschenrechtswidrigen Bestimmungen, die noch immer dem Rechtsgut der Tschechischen Republik und der Slowenischen Republik angehören, aufzusperren und darauf zu bestehen, daß den Altösterreichern deutscher Zunge in all diesen Staaten Mindestrechte eingeräumt werden, so wie es die Ungarn gegenüber der Slowakei durchgesetzt haben. Die Ungarn haben es geschafft, daß die Slowakei in den zweiten oder dritten Rang unter den beitrittswilligen Ländern zurücktreten mußte, eben weil sich die Slowaken nicht darauf verstanden haben, den Ungarn entsprechende Minderheitenrechte einzuräumen. (Abg. Dr. Nowotny: Das sind schon Unterschiede! Absurd! Das kann man doch nicht vergleichen!) Das hat Budapest erklärt und ist damit erfolgreich gewesen.

Aber Österreich kann und kann sich nicht dazu bereit finden, Ähnliches auch nur anzudeuten. Das Europäische Parlament muß uns darauf hinweisen! Wir hinken hintennach und sind nicht konsequent. Das ist wirklich nicht der Weg, den Altösterreichern in jenen Ländern zu ihren Rechten zu verhelfen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich stelle sicherheitshalber fest, daß das Wort "Steiß" mit dem Ausdruck des Bedauerns zurückgezogen wurde. (Abg. Dr. Ofner: Habe ich getan! Peter Schieder hat mich sogar wieder auf den richtigen Weg zurückgebracht! – Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.15

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen, daß sich der Herr Vizekanzler in seinen heutigen Äußerungen hinsichtlich der Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik nicht auf die Frage eines NATO-Beitritts fixiert hat, sondern einen relativ breiten Raum für Diskussionen gelassen hat. (Abg. Dr. Maitz: Im Gegensatz zu Klima!) Ich füge hinzu, daß es sinnvoll ist, wenn man dabei die verfassungsrechtliche Grundlage, die nach wie vor gültig ist, nämlich das Neutralitätsgesetz, nicht aus den Augen verliert, und ich füge des weiteren hinzu, daß das, was Herr Abgeordneter Khol vorhin gesagt hat, eigentlich im Widerspruch zu diesen Äußerungen des Herrn Vizekanzlers steht. Er hat nämlich – egal über welchen Weg – nur ein Ziel gesehen, nämlich den Beitritt zur NATO. Es stellt sich nun die Frage: Hat der Herr Vizekanzler in der ÖVP das Sagen oder Herr Klubobmann Khol? Entscheiden Sie sich, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Außerdem ist noch hinzuzufügen: Der Herr Vizekanzler hat zu Recht gesagt, daß es gerade für ein kleines Land nur dann möglich ist, seine Interessen im internationalen und im europäischen Maßstab erfolgreich zu vertreten und zu verteidigen, wenn es zumindest in der Regierung einen einheitlichen Standpunkt in der Außen- und Sicherheitspolitik gibt. Wenn man diese Grundlage akzeptiert, dann, muß ich sagen, war die Wortmeldung des Herrn Klubobmannes Khol kein Beitrag zu dieser Einigung! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade in einer Situation wie der heutigen, in der es leider sehr negative Entwicklungen in der Europäischen Union Österreich betreffend gibt, sollten wir nicht so tun, als ob der Integrationsprozeß so flüssig und widerspruchsfrei über die Bühne gehen würde. Wir diskutieren nicht vor dem Hintergrund, daß sich die allgemein erklärte Bereitschaft zu größerer Zusammenarbeit auch gleich in Entschlüssen widerspiegeln würde. Die Situation, vor der wir heute stehen, ist eine gänzlich andere: Nach dem letzten großen Integrationsschritt, nämlich der Wirtschafts- und Währungsunion, sind in den vergangenen Monaten die einzelstaatlichen Interessen, vor allem jene der großen Mitgliedstaaten der Europäischen Union immer stärker in den Vordergrund getreten. Es wird nicht zu Unrecht in vielen Staaten Europas darüber diskutiert, daß die Gefahr eines Direktoriums in der Europäischen Union besteht, in dem sich auf Kosten der kleineren Mitgliedstaaten einige größere Mitgliedstaaten den Kuchen aufteilen wollen. (Abg. Haigermoser: Das ist etwas ganz "Neues"!) – Passen Sie einmal auf!

Vor dem Hintergrund dieser Situation muß es doch legitim sein, wenn in einem kleinen Mitgliedsland wie Österreich darüber diskutiert wird, wie wir unsere Interessen, die nicht jene der großen Mitgliedstaaten sind, besser einbringen und verteidigen können. Wenn Sie dieses Problem nicht sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann handeln Sie nicht im Interesse der österreichischen Bevölkerung. Das tut mir leid! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Warum läßt sich dann Klima mit den Repräsentanten der großen Länder photographieren?)

Noch ein Punkt ist dazu zu sagen. Herr Abgeordneter Khol hat heute weidlich über die Anwendung der Kategorie der Lüge in der Politik gesprochen. Er hat das in einer Art und Weise gemacht, die man eigentlich als rhetorischen "doppelten Rittberger" bezeichnen kann. Er hat die anderen der Lüge geziehen (Abg. Dr. Maitz: ... Das ist das Problem!) und gleichzeitig wissentlich völlig falsch hier im Hohen Haus zitiert.

Bei vielen Besuchen in Finnland und Schweden habe ich festgestellt, daß die dortigen Kollegen in der Regierung und in den Parlamenten immer vollkommen erschüttert darüber sind, wie ihre sicherheitspolitische Position bei uns dargestellt wird. (Abg. Jung: Haben Sie das Interview gelesen?) Es ist völlig klar, daß sowohl Finnland als auch Schweden auf Basis der Allianzfreiheit keine andere Haltung im europäischen Integrationsprozeß einnehmen als wir. Auch Sie kennen die entsprechenden Papiere dieser Staaten.

So zu tun, wie das Herr Abgeordneter Khol gemacht hat, nämlich als ob Finnland und Schweden ihre Perspektiven nur noch in der NATO sähen, ist daher eine bewußte Irreführung dieses Hauses und der österreichischen Bevölkerung! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es besonders amüsant, wenn der so entlarvte Meister der gezinkten Karten, nämlich Herr Klubobmann Khol, dann die Regierungspartner als Gaukler bezeichnet. (Abg. Mag. Kukacka: Klima!) Ich würde sagen, Herr Abgeordneter Khol: Sparen Sie sich Ihre Kraftausdrücke und wischen Sie sich den politischen Schaum wieder vom Mund, denn auch in einer Koalitionsregierung ist gute Kinderstube gefragt! (Beifall bei der SPÖ.)

13.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Klubobmann Dr. Khol gemeldet. – Bitte, Herr Klubobmann.

13.21

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Mein Vorredner hat mir unterstellt, ich hätte die finnischen Absichten falsch interpretiert. – Ich zitiere wörtlich aus der heutigen Ausgabe der Zeitung "Die Presse":

"Helsinki. ,Neutral?‘, zeigt sich der finnische Ministerpräsident Paavo Lipponen in einem Gespräch mit deutschen und österreichischen Journalisten erstaunt. ,Wir sind nicht mehr neutral. Wir waren während des Kalten Kriegs neutral, als wir zwischen Ost und West standen. Aber es gibt keinen Osten und Westen mehr. Heute nehmen wir an der Unions-Solidarität teil.‘" – Das ist ein Zitat. (Beifall bei der ÖVP.)

13.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Konrad. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.22

Abgeordnete Dr. Helga Konrad (SPÖ): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Es wäre verlockend, die Debatte auf dieser Ebene noch weiter fortzusetzen. (Abg. Dr. Khol: Bitte! Das ist ein öffentliches Haus!) Ich möchte aber die Debatte über eine europäische Sicherheitsarchitektur erweitern und schon zu Fragen der Sicherheit sprechen, und zwar zu Fragen der sozialen Sicherheit, die mindestens ebenso wichtig sind wie das, worüber jetzt ziemlich heftig und aufgeregt diskutiert wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Auf welcher Seite stehen Sie? Auf der von Cap?)

Ich möchte in Anbetracht der Kürze der Redezeit, die mir zur Verfügung steht, etwas ansprechen, was heute noch zu kurz gekommen ist, mir aber mindestens genauso wichtig zu sein scheint, nämlich die Frage der Menschenrechte. Ich möchte auf das Kapitel "Menschenrechte" eingehen. Nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Krieg am Balkan will ich vor allem Menschenrechtsverletzungen und deren besondere oder, sollte ich sagen, besonders verabscheuungswürdige Ausformung gegen Frauen ansprechen.

Österreich hat in der Frage der Anerkennung der Vergewaltigung als Kriegsverbrechen eine internationale Vorreiterrolle eingenommen, weil wir seit einigen Jahren Vergewaltigung als Asylgrund anerkennen. Diese Anerkennung ist wichtig, aber sie ist nicht genug. Das internationale Augenmerk muß wieder und wieder darauf gelenkt werden, daß die spezifische Situation und die daraus resultierenden besonderen Bedürfnisse von Frauen bei der Entwicklung der Menschenrechte noch immer weltweit als nachrangig betrachtet oder sogar übersehen werden. Wie uns die derzeit aktuelle innenpolitische Diskussion über Menschenrechte zeigt, ist es immer wieder dringend notwendig, genauestens hinzuschauen, ob und inwieweit die Menschenrechte für alle Menschen gelten und zur Anwendung kommen, oder ob und warum sie für einzelne Menschen oder für Menschengruppen nicht oder nicht immer zur Anwendung kommen.

Noch immer wird angenommen, daß Frauen von den Instrumenten der Menschenrechte genauso gut oder – sollte ich eher sagen – genauso schlecht geschützt werden wie Männer. Aber das stimmt nicht! Nicht zuletzt hat die Weltfrauenkonferenz, die sich genau diesem Thema gewidmet und damit auseinandergesetzt hat, aufgezeigt, wieviel an Bewußtseinsarbeit diesbezüglich noch weltweit zu leisten ist.

Noch immer wird angenommen, daß die Verletzung von Frauenrechten weniger gravierend sei als die Verletzung sogenannter geschlechtsneutraler Rechte. Auch der gegenwärtige Krieg in Jugoslawien macht wieder einmal deutlich, daß Vergewaltigung als spezielle Folter gegen Frauen gezielt eingesetzt wird. Auch wenn in diesem gegenwärtigen Krieg Vergewaltigungen vielleicht – wir wissen es gar nicht genau – nicht massenhaft angewendet werden, so werden Vergewaltigungen doch immer wieder als Mittel der ethnischen Säuberung angesehen, gehören zur Methode und werden immer öfter als Teil einer zynischen Kriegsstrategie angewendet.

Meine Damen und Herren! Ich begrüße die Aktion "Frauen gegen den Krieg", mit der die Ministerinnen Prammer und Gehrer die Aktion "Kriegsopfer vergewaltigte Frauen", die Ihnen sicher noch in Erinnerung ist, wieder aufgreifen, fortsetzen und Hilfe vor Ort leisten. (Beifall bei der SPÖ und der Abg. Steibl.)

Dabei wird es wichtig sein, neben der vordringlichen unmittelbaren Hilfe und Unterstützung die notwendigen politischen Konsequenzen voranzutreiben. Österreich muß und sollte sich international und vielleicht als ersten Schritt einmal vorrangig in der EU dafür einsetzen, daß Vergewaltigung generell als Kriegsverbrechen anerkannt, geahndet und bestraft wird. Diese Initiative könnte tatsächlich von Österreich ausgehen, da könnten wir unser Gewicht einbringen.

Österreich genießt internationales Ansehen. Österreichische Politikerinnen und Politiker, auch unsere Diplomatinnen und Diplomaten sind vielfach geschätzte Verhandlungspartner und -partnerinnen. Das soll und muß weiterhin und vermehrt auch dafür genützt werden, daß die Menschenrechte erweitert und gestärkt werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Wabl. Herr Abgeordneter Wabl! Ich weise Sie darauf hin, daß ich Sie in knapp 3 Minuten unterbrechen muß, um sodann die Erklärungen zweier Regierungsmitglieder entgegenzunehmen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.27

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Diese Auseinandersetzung beinhaltet einige Aspekte, die einen Parlamentarier nicht ruhig auf seinem Sitz sitzen lassen können, die einfach herausfordern, Herr Professor Lukesch! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) Es ist unerträglich, wenn die Sprache letztendlich nur mehr dazu verwendet wird, um zu verschleiern und um das mit Nebel zu umgeben, von dem wir meinen, daß es die Wirklichkeit ist.

Herr Minister! Wenn Sie als Außenminister davon reden, daß wir alles tun müssen, um die Lunte im Kosovo (Vizekanzler Dr. Schüssel: Am Balkan!), am Balkan auszutreten, dann frage ich mich, wieso kann ein Außenminister, der das Bombardement der NATO – aus welchen moralischen Gründen auch immer – verständnisvoll angesehen hat, davon reden, daß es sich dabei um eine Lunte handelt. Ich habe immer gedacht, es gibt eine Bombe, es gibt ein Pulverfaß, und daran hängt eine Lunte, die man austreten kann, damit nichts explodiert.

Herr Außenminister! Es gibt – so habe ich es in den letzten zwei Monaten wahrgenommen – Krieg in Jugoslawien. Es gibt keine Lunte mehr, die auszutreten ist. Die Lunte, die aufgrund der Vertreibungen und der Verbrechen von der serbischen Armee gebrannt hat, wurde mit Bomben durch die NATO ausgetreten. Das ist die Realität! Ob aus guten oder schlechten Gründen – das will ich jetzt nicht diskutieren.

Meine Damen und Herren! Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen, wir als Land mit 8 Millionen Menschen sollten versuchen, unsere Rolle, die wir wahrnehmen können, wahrzunehmen. Aber ich kann – es soll mir bitte jemand dabei helfen – nicht nachvollziehen, was ein Land mit 8 Millionen Menschen, mit einem Bundesheer, das aus guten Gründen schlechtest bewaffnet ist, mehr zum Frieden in Europa oder auf der Welt beitragen sollte außer durch jene Einsatztruppen, die wir im Zusammenhang mit den UNO-Mandaten auf der ganzen Welt erfolgreich zur Verfügung stellen. (Beifall bei den Grünen.)

13.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Wabl! Ich bitte um Entschuldigung: Ich muß Sie jetzt unterbrechen. Es bleiben Ihnen 17 Minuten und 13 Sekunden Redezeit noch erhalten.

Ich unterbreche nunmehr die Debatte über den Außenpolitischen Bericht der Bundesregierung für das Jahr 1998.

Erklärungen der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz sowie des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie zum Thema Kernkraftwerk Temelin

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Erklärungen der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Prammer sowie des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Bartenstein zum Thema Temelin.

Im Anschluß an die Erklärungen wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entsprechend dem Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte für die Dauer von einer "Wiener Stunde" stattfinden. Die Erklärungen der beiden Bundesminister sollen, wie bereits bei Eingang in die Tagesordnung ausgeführt, die Dauer von 10 Minuten nicht überschreiten.

Ich erteile nunmehr Frau Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Prammer das Wort. – Bitte, Frau Bundesministerin.

13.31

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bedanke mich für die Möglichkeit, hier und heute eine Erklärung zum Kraftwerk Temelin in der Tschechischen Republik abgeben zu können.

Der Beschluß der Regierung der Tschechischen Republik vom 12. Mai 1999, den Bau des Kernkraftwerks Temelin fortzusetzen, hat mich, wie viele andere, ich möchte sagen wie alle, sehr enttäuscht. Ich halte diesen Beschluß für eine klare Fehlentscheidung, da die Argumente, die für einen sofortigen Baustopp sprechen, jene für eine Fertigstellung bei weitem überwiegen. Die Tatsache, daß diese Entscheidung nur mit knapper Mehrheit getroffen wurde – Sie alle wissen es, elf Minister stimmten für den Weiterbau und bereits acht Minister dagegen –, sowie die Auflage zur strikten Einhaltung des gegenwärtigen Terminplans und eines Kostenrahmens von knapp unter 100 Milliarden Tschechischen Kronen gibt allerdings Anlaß zur Hoffnung und sind daher für mich und, wie ich glaube, für die gesamte Bundesregierung ein Ansporn, unsere Aktivitäten mit großer Entschlossenheit fortzusetzen.

Wer hätte noch vor einem Jahr auf die heutige Situation auch nur zu hoffen gewagt? – Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Regierung der Tschechischen Republik alle Warnungen und alle Bedenken in den Wind geschlagen. Heute sind bereits zahlreiche Regierungsmitglieder sowie weite Kreise der Bevölkerung der Tschechischen Republik von der Sinnlosigkeit und der Absurdität dieses Kernkraftwerks überzeugt.

Ich will an dieser Stelle meine Anerkennung für jene zum Ausdruck bringen, die den Mut und die Weitsicht besaßen, für eine unabhängige Evaluierung einzutreten und eine transparente öffentliche Debatte zuzulassen. Ich meine, daß diese Entwicklung nicht zuletzt ein Verdienst der konsequenten und unermüdlichen Arbeit zahlreicher Mitglieder der österreichischen Bundesregierung ist. Es ist auch ein Verdienst anderer Gebietskörperschaften, vor allem aber all jener engagierten Bürgerinnen und Bürger sowohl in der Tschechischen Republik als auch in Österreich, die, wie ich, in all den Jahren die Hoffnung nicht aufgegeben haben, doch noch einen Meinungsumschwung herbeizuführen.

Die Argumente, die heute gegen die Fertigstellung des Kernkraftwerks Temelin und für zukunftsweisende andere Optionen auf dem Tisch liegen, sind nicht zuletzt das Verdienst österreichischer Aktivitäten. Ich erinnere daran, daß bereits in den Jahren 1993 und 1994 schwere Bedenken gegen die Fertigstellung des Kernkraftwerks Temelin vorgebracht wurden und daß wir in allen Punkten recht behielten.

Ich erinnere daran, daß vor allem österreichische Experten jene Argumente und Beiträge lieferten, die so überzeugend waren, daß viele ihre Meinung in den letzten Wochen änderten. Ich erinnere weiters daran, daß wir nie – hier spreche ich für alle involvierten Mitglieder der österreichischen Bundesregierung – einen Zweifel daran gelassen haben, daß Österreich bereit ist, eine zukunftsweisende Energiestrategie mit der Tschechischen Republik auszuarbeiten, sie mit allen Kräften und auch mit finanziellen Mitteln, wo dies erforderlich sein sollte, zu unterstützen.

Wir haben diese Bereitschaft nicht zuletzt durch die oben angeführten Aktivitäten eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Wenn nun die tschechische Regierung doch noch von einer Fertigstellung des Kernkraftwerks Temelin abrückt, was wir alle hoffen und wofür wir weiterarbeiten werden, und in diesem Zusammenhang einen konkreten Wunsch an Österreich richtet, werden wir uns diesem Wunsch sicherlich nicht verschließen.

Um diesen endgültigen Umschwung zu erreichen, erarbeiten wir gegenwärtig einen detaillierten Aktionsplan. Auch wenn zur Stunde noch nicht alle Details dieses Aktionsplans feststehen, so will ich Ihnen doch die Grundzüge davon bereits hier und heute präsentieren. Dieser Aktionsplan betrifft sowohl die europäische als auch die bilaterale Ebene und umfaßt insgesamt fünf Punkte.

Zum ersten Punkt, zur nuklearen Sicherheit: Unter der österreichischen Präsidentschaft hat der Rat die beitrittswilligen Staaten aufgefordert, die nukleare Sicherheit zu verbessern, sodaß ein Niveau erreicht wird, das dem Stand in der Union hinsichtlich der Technologie und der Vorschriften sowie in operativer Hinsicht entspricht. Das ist wörtlich in diesem Beschluß so enthalten.

Da Deutschland über eines der modernsten Atomgesetze verfügt, werde ich Deutschland dazu einladen, gemeinsam mit uns ein fiktives Genehmigungsverfahren für Temelin durchzuführen, und so alle noch bestehenden Defizite klar und eindeutig auflisten. Ich erinnere daran, daß Deutschland nach der Wiedervereinigung den Bau von Kernkraftwerken gleichen Typs in Stendal umgehend eingestellt hat, weil die Nachrüstung auf westliches, auf westdeutsches Niveau bis zu 2,2 Milliarden D-Mark verschlungen hätte.

Natürlich werden wir auch die Europäische Kommission mit dieser Angelegenheit befassen. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren, daß sich jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union für die Kernenergie entscheiden kann. Ein Beitritt zur Europäischen Union setzt aber die Einhaltung der neuen Spielregeln voraus. Und dabei haben wir sehr wohl etwas mitzureden, meine Damen und Herren – nicht nur in Temelin, nicht nur in Tschechien, auch in allen anderen beitrittswilligen Staaten. Daher noch einmal klar formuliert: Ein EU-Beitritt Tschechiens, in dem ein Kernkraftwerk Temelin mit einem Sicherheitsrisiko, das nicht vertretbar ist, betrieben wird, ist für Österreich und auch für mich nicht vorstellbar. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum zweiten Punkt: die EURATOM-Initiative. Auch wenn manche vielleicht noch etwas zögern, werde ich die von mir gestartete Initiative zur Änderung des EURATOM-Vertrages mit den Schwerpunkten EURATOM-Vertrag als Sicherheitsvertrag, Beseitigung des Demokratiedefizits, Beseitigung der rechtlichen und faktischen Sonderrolle des Nuklearsektors und den Einstieg in den Ausstieg mit Nachdruck weiterverfolgen. Die gegenwärtige politische Konstellation in Europa dürfen wir nicht ungenützt verstreichen lassen. Ich bin auch überzeugt davon, daß es wesentlich und wichtig ist, in Richtung der Beitrittswerber klarzulegen, daß auch innerhalb Europas, innerhalb der Europäischen Union die nukleare Sicherheit von großer Bedeutung ist und daß wir nicht nur vor den anderen Türen kehren, sondern auch vor den eigenen Türen. Ich glaube, auch das ist allen gegenüber fair.

Zum dritten: Wettbewerbs- und Beihilfenrecht. Da die Tschechische Republik durch das Europa-abkommen mit der Europäischen Union bereits heute an die Gemeinschaftsgesetzgebung in Hinblick auf Staatssubventionen gebunden ist, werden wir vor allem die Europäische Kommission, aber auch andere Mitgliedstaaten ersuchen, dieser Frage besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Nötigenfalls werden wir alle im Rahmen des Vorbeitrittsprozesses verfügbaren Instrumente im vollen Umfang ausnützen.

Der vierte Punkt betrifft den Elektrizitätsbinnenmarkt. Angesichts der offenkundigen Absicht, Strom aus Temelin in die Europäische Union zu exportieren, gehe ich davon aus, daß der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten an der Spitze und mit ihm die gesamte Bundesregierung in Analogie zu unserem ElWOG für strenge gesamteuropäische Antidumpingregelungen sowie deren kompromißlosen Vollzug eintreten werden.

Zum fünften Punkt, zur Umweltverträglichkeit. Zunächst werden wir die Tschechische Republik an ihre Zusage erinnern, die Espoo-Konvention über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen im ersten Halbjahr 1999, also in den nächsten Wochen, zu ratifizieren. Unabhängig davon werden wir in Analogie zum UVP-Verfahren für die geplanten Anlagen zur Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente unsere Beteiligung an dem zu erwartenden UVP-Verfahren für Temelin einfordern.

Meine Damen und Herren! Die Tschechische Republik zu einem endgültigen Verzicht auf das Kernkraftwerk Temelin zu bewegen, wird, auch wenn die Fakten klar und überzeugend sind, der gemeinsamen Anstrengung aller – ich betone: aller! – bedürfen. In diesem Zusammenhang begrüße ich es sehr, daß eine Delegation des Nationalrats in Kürze die Tschechische Republik besuchen wird. Als wir in den frühen neunziger Jahren die Schaffung eines kernenergiefreien Mitteleuropas zur Regierungspolitik erklärten und unseren Widerstand gegen Kernkraftwerke wie Temelin systematisch und konsequent formulierten, wurden wir noch von vielen belächelt.

Heute – lassen Sie mich das wenige Wochen vor den Wahlen zum Europäischen Parlament betonen – kann Österreich in weiten Bereichen auf die Unterstützung zahlreicher Mitgliedsstaaten der Union und der Europäischen Kommission bauen. Heute gibt es klare Bedingungen für die Beitrittswerber. Gemeinsam haben wir bereits viel erreicht, gemeinsam können wir auch den endgültigen Umschwung im Falle Temelin bewirken, meine Damen und Herren!

Ich gehe davon aus, daß wir uns in absehbarer Zeit und in einem Rahmen wie dem heutigen neuerlich über dieses Kraftwerk unterhalten werden – mit anderen Konsequenzen und mit anderen Vorzeichen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin, für Ihre Ausführungen.

Nun bitte ich Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, um Ihre Ausführungen. – Bitte.

13.42

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kollegin Prammer! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! In Ergänzung zu dem, was Frau Kollegin Prammer gesagt hat, darf ich eingangs feststellen, daß ich die Entscheidung der Prager und damit der Tschechischen Regierung vom 12. Mai dieses Jahres für eine gleich zweifache Fehlentscheidung halte, nämlich eine Fehlentscheidung aus ökologischer und eine Fehlentscheidung aus ökonomischer Sicht.

Aus ökologischer Sicht und im Sinne der nuklearen Sicherheit halte ich es deswegen für eine Fehlentscheidung, weil zum Beispiel der Bericht der Westeuropäischen Atomsicherheits-Aufsichtsbehörden WENRA darauf Bezug nimmt, daß die zwei in Temelin nunmehr zur Fertigstellung anstehenden Reaktoren vom Typ VVER-1000 – Baubeginn war 1987 – vor ernsthaften Schwierigkeiten in bezug auf die Sicherheitsmaßnahmen stehen und daß es gerade in letzter Zeit erhebliche technische Probleme und Verzögerungen gegeben habe, weil die Integration von Technologien unterschiedlicher Herkunft sehr schwierig sei. Der WENRA-Bericht spricht ausdrücklich davon, daß sich die Probleme in den vergangenen Jahren tendenziell verschärft hätten.

Ich weise weiters darauf hin, daß eine Entschließung des Europäischen Parlaments vom 6. Mai 1999 der Tschechischen Republik empfiehlt, wegen finanzieller und technischer Probleme zur Einhaltung höchstmöglicher Sicherheitsstandards nichtnukleare Lösungen anzustreben, also mit anderen Worten: Temelin zu stoppen. Ich verweise außerdem darauf – Frau Kollegin Prammer hat das bereits ausgeführt –, daß die Kommission in ihrer Beitrittsstrategie im Umweltbereich vom Mai 1998 klar formuliert hat, daß Kernkraftwerke in Ländern von Beitrittskandidaten Sicherheitsstandards auf mit jenem innerhalb der Europäischen Union vergleichbarem Niveau zu entsprechen hätten.

Ich verweise zuletzt darauf, daß der Europäische Rat, also das höchste Gremium der Europäischen Union, in seinen Schlußfolgerungen, in seiner Entscheidung vom Dezember 1998 zum Thema "Nukleare Sicherheit" klar ausspricht, daß die Sicherheit von Kernkraftwerken in Ländern von Beitrittskandidaten der Praxis der Union zu entsprechen habe und daß dann, wenn internationale Standards nicht mit vertretbaren Kosten erreichbar wären, die Stillegung erforderlich wäre. Der Europäische Rat formuliert gleichzeitig, daß die Union während des Beitrittsprozesses genau verfolgen würde, ob solche internationalen Standards erreicht würden respektive welche Kernkraftwerke stillzulegen wären.

Hohes Haus! In diesem Zusammenhang bin ich überrascht und wundere mich, daß der Beitrittskandidat Tschechische Republik die eindeutigen Warnungen und Hinweise der Europäischen Union, und zwar verschiedenster Institutionen und Gremien, in einem derartigen Ausmaß in den Wind schlägt, nämlich mit einer knappen, aber doch Mehrheit von 11 zu 8 Stimmen, mit der bei diesem Regierungsentschluß für den Weiterbau von Temelin votiert wurde.

Ich halte aber den Beschluß der Tschechischen Regierung auch aus ökonomischer Sicht für höchst zweifelhaft und für eine Fehlentscheidung. Die Zuarbeit Österreichs in den letzten Wochen war insbesondere auf konkrete Anforderung der tschechischen Seite und des Umweltministers Kuzvart darauf ausgelegt, die Frage zu klären, ob denn Temelin als Stranded Investment im Sinne der Regeln der Europäischen Union anerkannt werden könnte, also als verlorene Investition. Das scheint nach unserer Auffassung nur dann möglich zu sein, wenn der Bau unverzüglich gestoppt wird. Ein Weiterbau von Temelin würde eine Anerkennung als Stranded Investment aus unserer Sicht vermutlich verunmöglichen.

Gleichzeitig haben die von österreichischen Experten ausgearbeiteten Unterlagen klar ergeben, daß jener Strom, der in Temelin in Zukunft allenfalls und hoffentlich doch nicht erzeugt werden wird, in einem liberalisierten europäischen Strommarkt nicht wettbewerbsfähig ist. Wir haben auch zur Frage der Nachnutzung des Geländes von Temelin Stellung nehmen können und Arbeitsplatzsorgen der tschechischen Regierung insofern zerstreuen können, als wir, im übrigen ähnlich wie der Tschechische Gewerkschaftsbund, der Auffassung sind, daß durch den Fertigbau von Temelin anderswo mehr Arbeitsplätze verlorengehen, und zwar deutlich mehr Arbeitsplätze, als in Temelin geschaffen werden würden.

Bei aller Kritik an dieser Entscheidung der Prager Regierung bleibt unser Angebot – das hat Frau Ministerin Prammer bereits gesagt – zur Zusammenarbeit in Fragen der Energiepartnerschaft aufrecht. Wir wollen Tschechien dabei helfen, stärker als bisher erneuerbare Energieträger zu entwickeln und einzusetzen. Wir wollen Tschechien dabei unterstützen, die Energieeffizienz deutlich zu steigern und schon allein aus diesem Grunde auf nukleare Installationen zu verzichten.

Aber trotzdem bleibt für uns klar, daß sich Tschechien nach dieser Entscheidung der Prager Regierung den Beitritt in die Europäische Union – ich möchte es so sagen – fast bewußt erschwert hat. Ich meine, daß es auch zu einer fairen Nachbarschaft gehört, daß wir hier und heute ein klares Signal in diese Richtung aussenden, denn jetzt ist es noch nicht zu spät, jetzt kann man noch reagieren und handeln.

Wir meinen, daß Temelin ein ernsthaftes Beitrittshindernis für Tschechien sein könnte, und wir sagen auch deutlich, daß es sich um ein sehr ernstes Anliegen für uns – ich meine damit alle Bürger Österreichs – handelt. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.)

Es bleibt ein Rest von Hoffnung, wenn ich daran denke, daß die Entscheidung mit 11 zu 8 Stimmen denkbar knapp ausgefallen ist – ich habe das schon erwähnt –, wenn ich daran denke, daß der tschechische Präsident Havel klar formuliert hat, daß er ein Gegner dieses Projektes ist, wenn man bedenkt, daß der Tschechische Gewerkschaftsbund ein Kritiker dieser Entscheidung ist. Ich hoffe daher, daß das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Wir sind jedenfalls davon überzeugt, daß Temelin weder sicherheitstechnisch EU-fähig ist noch ökonomisch in der Europäischen Union wettbewerbsfähig sein würde. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister, für Ihre Ausführungen.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als erster Redner Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.48

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die beiden Berichte haben gezeigt, daß seitens der österreichischen Minister tatsächlich viel getan wurde. Nur unter dem Strich wurde bis heute nichts erreicht – trotz zahlreicher Erklärungen, vor allem Regierungserklärungen des seinerzeitigen Kanzlers Vranitzky, der in den Jahren 1990, 1994 und 1996 das Ziel, Mitteleuropa AKW-frei zu machen, in das Zentrum seiner Regierungserklärung gestellt hat.

Deshalb ist heute auch eine gute Gelegenheit dazu, Bilanz zu ziehen, wie weit diese Regierung mit ihren Bemühungen für ein AKW-freies Mitteleuropa tatsächlich gekommen ist. Diese Bilanz fällt nicht gut aus, Frau Ministerin! Mochovce ist trotz all Ihrer Bemühungen in Betrieb gegangen. Man hat uns oder Ihnen damals zumindest versprochen, daß man Bohunice vom Netz nimmt, wenn Mochovce in Betrieb geht. Meines Wissens ist Bohunice heute nach wie vor in Betrieb, und Temelin steht, wie Sie bedauernd festgestellt haben, kurz vor der Inbetriebnahme.

Meine sehr verehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Im günstigsten Fall können Sie auf die acht Gegenstimmen verweisen. Diese acht Gegenstimmen sind vielleicht Erfolg Ihrer Bemühungen, nur waren es zu wenige. Elf Minister haben dafür gestimmt – diese waren von den Bemühungen der österreichischen Bundesregierung, endlich an die Schaffung des AKW-freien Mitteleuropas heranzugehen, offensichtlich nicht beeindruckt.

Zuletzt wurde das auch von Ihrem Ministerkollegen zum Ausdruck gebracht. Herr Kuzvart hat in der Zeitung "Die Presse" gesagt: Bezüglich Temelin wurde von österreichischer Seite niemals Druck gemacht. Wir haben eigentlich nicht den Eindruck gehabt, daß es Österreich mit seinen Bemühungen tatsächlich sehr ernst meint. – Zitatende.

Es braucht uns auch nicht zu wundern, wenn die Tschechen die österreichischen Vertreter nicht ernst nehmen. Kein Regierungsmitglied, keine Regierungspartei und auch nicht die Grünen und Liberalen haben eine klare Linie in Sachen Temelin verfolgt, und ich werde das auch noch nachweisen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In bester Erinnerung – ich will nicht im Detail darauf eingehen – sind die Eiertänze der VP-Fraktion im EP-Parlament. Kollegin Rauch-Kallat kann sich sicher noch gut daran erinnern, wie das Abstimmungsergebnis seinerzeit, am 13. November 1996, gelautet hat, als die EU-Parlamentarier Flemming, Rack, Rübig, Stenzel, Habsburg und Pirker die große historische Chance nicht genutzt haben, einiges in Sachen atomfreies Europa zu unternehmen.

Von diesen Abgeordneten wurde eindeutig für die Nutzung der Kernenergie gestimmt. An die Flemming-Rede vom 15. Mai wird sich Frau Rauch-Kallat auch noch erinnern können. Damals hat Frau Flemming gesagt: Die Atomenergie ist vielleicht eine ganz große Chance für die Menschheit, aber wir werden noch sehr viel Geld und auch Zeit in die Forschung investieren müssen. Es wäre unverantwortlich, sagte Kollegin Flemming, diese junge Technologie nicht weiterentwickeln zu wollen. – Natürlich! Wer soll solche österreichischen Politiker im Ausland ernst nehmen, wenn sie dann auf einmal für die Abschaltung eines AKW beziehungsweise für die Nichtinbetriebnahme eines AKW eintreten? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sogar die Grünen fahren hier im Haus einen eher lockeren Kurs in Sachen Anti-AKW-Politik. Wir haben Ihnen doch – Sie werden sich gut erinnern, Frau Kollegin Moser, Frau Kollegin Langthaler – mehrfach die Gelegenheit gegeben, einem Antrag der Freiheitlichen zuzustimmen, den wir wortwörtlich aus dem Oberösterreichischen Landtag übernommen haben und in dem eine klare Position bezogen wird: Hier ist das Ausstiegskonzept, und dort ist das Okay Österreichs zum Beitritt Tschechiens. – Sie wollten diesen Antrag nicht mittragen. Das Ergebnis ist, daß auch Sie in dieser Frage nicht ernstgenommen werden.

Mittlerweile sind bereits vier Anträge der Freiheitlichen von den Sozialdemokraten, von der Volkspartei, von den Liberalen und den Grünen abgelehnt worden. Vier Anträge der Freiheitlichen hatten den Inhalt: Baustopp Temelin, Sicherstellung des Ausstiegskonzeptes und dann erst Aufnahme der Verhandlungen! – Inzwischen hat man die Verhandlungen aufgenommen. Aber zumindest ein Veto beim Abschluß der Verhandlungen betreffend Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union wäre notwendig.

Wir sind mit dieser Forderung, meine sehr geehrten Damen und Herren, offensichtlich nicht mehr allein. Vor einem Publikum hat auch Herr Bundesminister Bartenstein am 14. Mai 1999 gesagt: Die auch von internationalen Experten angezweifelten Sicherheitsstandards des in Bau befindlichen Kernkraftwerkes Temelin könnten ein Beitrittshindernis für Tschechien zur EU sein. – So Bartenstein. Konsumentenschutzministerin Prammer: Klare Botschaft: Kein EU-Beitritt mit Schrottreaktoren! – Hannes Swoboda: Die Tschechen haben sich von einem Beitritt zur Europäischen Union entfernt.

Wenn Ihnen all das tatsächlich ein Anliegen ist, was Sie der Öffentlichkeit immer dann, wenn es um keine Abstimmung geht, mitteilen, meine sehr geehrten Damen und Herren von allen anderen vier Parteien, dann frage ich Sie: Was hindert Sie daran, einer Resolution, die jetzt verfaßt und beschlossen wurde – einstimmig beschlossen wurde! –, und zwar von den Vertretern der Landtage von Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und Wien, hier und heute zuzustimmen? – In dieser Resolution von diesen vier Landtagen, die einstimmig beschlossen wurde, steht das, was die Tschechen verstehen werden: Entweder geht Temelin nicht in Betrieb oder kein Betritt zur Europäischen Union! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das haben die vier Landtage beschlossen, und ich bin neugierig, ob Sie der Aufforderung, die von diesen vier Landtagen an die österreichische Bundesregierung geht, auch tatsächlich nachkommen werden. Wir werden Ihnen die Gelegenheit geben, dieser Aufforderung hier und heute nachkommen zu können.

Ich möchte nur noch anfügen: Die Niederösterreichische Landesregierung hat sich auch vorgestern bemüht, folgenden Text zu beschließen: Die Niederösterreichische Landesregierung erachtet daher die Schließung beziehungsweise den Baustopp für grenznahe, mit Sicherheitsmängeln behaftete Atomkraftwerke als unabdingbare Voraussetzung für einen EU-Beitritt der Tschechischen Republik. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen sind offensichtlich mit unseren Anträgen nicht allein: In den Landesregierungen, in den Landtagen aller betroffenen Bundesländer ist man der gleichen Ansicht, wie wir Freiheitlichen es hier sind, und das schon seit Jahren. Die vier Anträge, die ich schon erwähnt habe, weisen das nach.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, bieten wir Ihnen heute einmal mehr die Gelegenheit, das einzig wirksame Mittel zu ergreifen, das heißt, folgendem Entschließungsantrag, den ich hiemit einbringe, zuzustimmen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Dipl.-Ing. Hofmann und Kollegen betreffend Atomkraftwerke und EU-Osterweiterung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Rahmen der EU-Beitrittsverhandlungen mit den Kandidatenländern sicherzustellen, daß

1. diese umgehend verbindliche Atomausstiegskonzepte vorlegen und insbesondere die besonders gefährlichen Reaktoren sowjetischer Bauart unverzüglich stillgelegt werden;

2. spätestens zum Beitrittszeitpunkt nachweisen, daß der Atomausstieg vollzogen ist;

und widrigenfalls das Vetorecht gegen den Beitritt jener Staaten, die nicht rechtzeitig von der Atomenergie Abstand nehmen, auszuüben."

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesen Standpunkt werde ich als Vertreter des freiheitlichen Klubs auch bei unserem Besuch am 23. Juni in Prag vertreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.56

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Oberhaidinger. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.56

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Ausführungen meines Vorredners, des Kollegen Karl Schweitzer, kann ich sagen – in Abwandlung eines Sprichwortes –: Bei Schweitzer nichts Neues! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Seit du dich zu diesem Thema zu Wort meldest – genauso wie dein Kollege Hofmann –, hast du immer nur gesagt, es würde viel getan, aber es wurde nichts erreicht. – Das stimmt nicht! Du hast die Slowakei und Mochovce zitiert, und du weiίt ebenso wie ich – jeder hier im Saal weiί das –, daί sich Mečiar durch kein wie immer geartetes Veto und Junktim von der Inbetriebnahme hδtte abhalten lassen. Das wissen wir alle – und mόssen es auch zugeben, wenn wir uns nichts vormachen wollen. (Abg. Mag. Schweitzer: Den gibt es nicht mehr!)

Meine Damen und Herren! Angesichts der Veränderungen in Tschechien zu dieser Frage glaube ich nicht (Abg. Mag. Schweitzer: Was sagst du zu den Landtagsbeschlüssen?), daß nichts erreicht wurde und daß wir nicht ernstgenommen werden, ganz im Gegenteil – von der Regierungsbank wurde es bereits zweimal erwähnt (Abg. Aumayr: Zickzack! Zickzack!) –: Mit einer ganz knappen Mehrheit, meine Damen und Herren, hat sich der tschechische Ministerrat für den Weiterbau entschieden, und ich bin überzeugt davon, daß in dieser Frage noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.

Liebe Anneliese! Du kannst dich jederzeit zu Wort melden. Ich habe keine kurze, aber immerhin doch zeitlich beschränkte Redezeit, und ich möchte davon Gebrauch machen. Entschuldige daher, daß ich mich in dieser Frage nicht auf einen Disput mit dir einlasse.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben über Temelin, Mochovce und die östlichen AKWs in diesem Saal bereits so oft diskutiert, daß es müßig ist, all das, was an Fakten eingebracht wurde, auch heute wiederzukäuen. Es geht vielmehr darum, nach diesem tatsächlich knappen Abstimmungsergebnis in Tschechien darüber nachzudenken, wie wir weiter vorgehen sollen, wo wir den politischen Hebel in Tschechien, auf europäischer Ebene ansetzen können.

Ich möchte daher den Inhalt meiner letzten Presseaussendung zu diesem Thema auch in dieser Debatte nochmals unterstreichen: Wir von der SPÖ sind auf alle Fälle gewillt – Regierung und auch Parlament –, alles und gerade jetzt erst recht zu unternehmen, um den Weiterbau von Temelin zu verhindern. Dazu ist es in erster Linie erforderlich, den internationalen Druck, sprich: den Druck der Europäischen Union auf Tschechien zu erhöhen. (Abg. Aumayr: Österreich!) – Höre bitte zu, du wirst alles erfahren, was ich dazu zu sagen habe.

Auf europäischer Ebene sollte so rasch wie möglich ein Ministerrat anberaumt werden, auf dessen Tagesordnung auch das Thema Temelin steht, und zwar mit dem Schwerpunkt Strahlensicherheit, meine Damen und Herren! Es ist das natürlich ein bißchen komplizierter, als sich hinzustellen und einfach nein zu sagen oder etwas zu junktimieren. Wir stellen ganz konkrete Forderungen: Wir sagen nicht nein (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), sondern Tschechien wird erst dann beitreten können, wenn die westlichen Sicherheitsstandards bei Temelin erfüllt werden. Das kostet entweder viel Geld, oder Temelin wird nicht in Betrieb gehen, oder Tschechien geht nicht in die Europäische Union! Das sollte einmal in dieser Form ausgesprochen werden.

Bei dem Gespräch, das wir, lieber Kollege Karl Schweitzer, Ende Juni, glaube ich, jetzt endlich in Tschechien führen werden, werde ich genau diese Haltung und Auffassung vertreten, sehr unmißverständlich, aber eben auch mit dem notwendigen diplomatischen Gespür, das man unseren Nachbarn einfach entgegenbringen muß.

Der Ministerrat müßte, wie gesagt, einen Beschluß über die mangelnde Sicherheit von Temelin zustande bringen. Es liegen ja ausreichend viele Gutachten dafür vor, und das noch dazu vor dem Hintergrund – ich darf daran erinnern –, daß der EU-Rat im Dezember eine Schlußfolgerung verabschiedet hat, in der festgehalten wird, daß den Beitrittswerbern westeuropäische Standards für ihre AKW vorgeschrieben werden. Das ist ja nicht einfach irgend etwas!

Zum zweiten scheint es mir wichtig zu sein, daß in ebendiesem Ministerrat ein weiteres Ergebnis erreicht wird, nämlich die Anerkennung von Temelin als Stranded Investment – es geht bei diesem Kraftwerksbau ja auch um sehr viel Geld –, und zwar in der Form, daß die Ausgleichszahlungen bereits dann, wenn der Baustopp verfügt wird, sofort zu fließen beginnen. Das wäre ebenfalls ein Denkanstoß in diese Richtung.

Drittens, meine Damen und Herren, sollten und dürfen wir die Gespräche auf bilateraler Ebene nicht abreißen lassen. Ich weiß aus vielen Pressemeldungen, aber auch aufgrund direkter Information aus den Ministerien, daß gerade auf Regierungsebene in den letzten Wochen und Monaten sehr gute, sehr intensive Gespräche geführt wurden, und das hat sicher auch zum Umdenken in der tschechischen Regierungsriege beigetragen.

Auf parlamentarischer Ebene werden wir, so hoffe ich, im Juni ein Gespräch zustande bringen, in dem wir den tschechischen Kolleginnen und Kollegen vom Umweltausschuß, so nehme ich an, unsere Anliegen und Bedenken näherbringen können. Die so oft schon zitierte Expertise bestätigt ja unsere Bedenken in puncto Sicherheit ebenso wie in puncto Wirtschaftlichkeit mehr als eindrucksvoll.

Meine Damen und Herren! Ich bin überzeugt davon, daß es uns durch unser gemeinsames Bemühen gelingen wird, unsere tschechischen Nachbarn von der Richtigkeit unserer Überlegungen und Bedenken zu überzeugen. Wir werden ihnen aber auch unmißverständlich klarmachen müssen, daß sich, wenn Temelin weitergebaut wird, große Schwierigkeiten für Tschechiens EU-Beitritt auftun werden. Darüber müssen sich unsere Gesprächspartner in Tschechien in der nächsten Zeit mehr als klar werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Meisinger: Deshalb brauchen wir eine Junktimierung!)

14.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. (Abg. Mag. Schweitzer: Kein Satz zum Antrag, Herr Kollege!) Gesamtredezeit des Klubs: 9 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.04

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst einmal rein abstrakt und ein wenig theoretisch auf das Argument des EU-Beitritts beziehungsweise des Vetos gegen einen EU-Beitritt Tschechiens eingehen. Das ist ein zwar sehr gängiges Argument, aber es ist völlig kontraproduktiv für das, was wir erreichen wollen. Warum? – Es ist unbestritten, daß Temelin sich schon in der jetzigen Situation nicht rechnet und sich auch für Tschechien nicht rechnen kann. Es produziert nur Strom im Grundlastbereich, und solcher ist günstig auch innerhalb der Europäischen Union zu haben. In diesem Bereich wird Tschechien nur Überkapazitäten produzieren.

Derzeit ist Tschechien jedoch völlig frei von Binnenmarktregelungen. Es ist im Strombereich nicht wirklich dem Wettbewerb ausgesetzt. Es gibt keine Strommarktliberalisierung in diesem Bereich. Auch hier sind die Tschechen völlig frei, sie können ihre eigene Subventionierung betreiben. Sie sind auch nicht den Beihilferegelungen unterworfen, die innerhalb der Europäischen Union existieren.

Wenn Tschechien nicht der Europäischen Union beitritt, dann bedeutet das, daß man dort aus dem Budget Geld zuschießen kann, soviel man will. Tritt Tschechien allerdings der Europäischen Union bei, dann kann das Werk Temelin nicht ans Netz gehen, denn es wird nicht subventioniert werden können, und es wird den Strom nirgends absetzen können. Das heißt, wenn Tschechien in die Europäische Union hineingebracht und damit den Binnenmarktrichtlinien, der Stromliberalisierung und den strikten Beihilferegelungen unterworfen wird, dann bedeutet das, daß Temelin nachweislich unfinanzierbar und ökonomischer Unsinn ist. Daher sind wir auch aus diesem Argument heraus für einen Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union, weil wir die Erweiterung (Abg. Mag. Schweitzer: Die beschließen dann auch ein ElWOG!), Herr Abgeordneter Schweitzer, nicht nur als ein großes politisches Projekt sehen. (Abg. Mag. Schweitzer: Die beschließen dann auch so ein ElWOG wie wir, wonach der Strom dann verkauft werden kann!) Das ist ein zweiter Punkt. Zunächst geht es aber darum, daß Tschechien, wenn es der Europäischen Union beitritt, diesen Regeln unterworfen wird und Temelin sich damit schlicht und einfach nicht rechnet. Hält man das Land außerhalb der EU, dann bedeutet das, daß es aus dem Budget finanzieren und zuschießen kann, soviel es will. Das ist daher der Grund, warum wir glauben, daß es über das eigentliche politische Projekt der Erweiterung hinaus sinnvoll ist, Tschechien in die Europäische Union zu bringen. – Erster Punkt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Es gibt auch einen sehr feinen Unterschied zwischen der Argumentation des Herrn Abgeordneten Schweitzer und unserer Argumentation. Der Unterschied liegt darin, daß Abgeordneter Schweitzer sagt: Erst dann, wenn die Tschechen nachweislich ausgestiegen sind und das zum Beitrittszeitpunkt nachweisen, sollen sie beitreten können. In Wirklichkeit sagt er damit, sie sollen nicht beitreten, denn es ist vollkommen klar, daß Tschechien in dieser Situation, wenn es etwa Kapazitäten ersetzen will – und in diesem Zusammenhang geht es ja um mehrere AKW, hier geht es ja darum, daß noch andere Änderungen gemacht werden –, für diese Umstellung die Unterstützung der Europäischen Union braucht. Eine solche Unterstützung wird Tschechien aber nur erhalten, wenn es Mitglied der Europäischen Union ist. (Abg. Mag. Schweitzer: Es gibt ja auch genug Vorbeitrittsprogramme!) Solange es nicht wirklich dabei ist, wird sich das so für Tschechien nicht rechnen. (Abg. Mag. Schweitzer: Es gibt ja auch Vorbeitrittsprogramme!)

Wenn wir daher, so wie du, Karl, das vertrittst, den Tschechen sagen, sie müssen zuerst einmal ihren Ausstieg nachweisen, und erst danach werden wir mit ihnen darüber reden, ob sie überhaupt beitreten können und die entsprechenden Förderungen bekommen, dann werden sie es sich nicht leisten können. Wenn sie es sich aber nicht leisten können, dann werden sie immer draußen bleiben. Damit erreichst du das, was die FPÖ überhaupt erreichen will, nämlich keine Erweiterung der Europäischen Union, weil sie die Osterweiterung generell ablehnt.

Wir sagen: Temelin entspricht nicht den westlichen Sicherheitsstandards! Das ist unbestritten. Neben dem ökonomischen Unsinn, den es darstellt, entspricht es nicht den Sicherheitsstandards. Als BRD und DDR sich vereinigt haben – damals ist ja in Wahrheit, so könnte man sagen, die DDR der EU beigetreten –, hat man die deutschen Sicherheitsregelungen auch auf die Ost-AKW angewandt. Das waren ja damals genauso Ost-AKWs. Und siehe da: Kein einziges von ihnen ist ans Netz gegangen! Der Reaktor Stendal, der mit Temelin vergleichbar ist, ist überhaupt völlig stillgelegt worden.

Wenn das nun also der Fall ist, dann wäre es doch sinnvoll, zu sagen: Erstens, wir wollen zwar Tschechien dabei haben, aber seine AKW müssen den westlichen Sicherheitsstandards entsprechen. Das ist auch schon klar formuliert worden, und es schafft eine völlig andere Atmosphäre, wenn wir sagen, wir wollen Tschechien in der Europäischen Union, aber es muß einfach die Gefährdungen, die vom AKW Temelin ausgehen, abstellen.

Nun können die Tschechen natürlich Unsummen an Geld investieren, um westliche Sicherheitsstandards zu erreichen. Tun sie das, dann wird das jetzt schon ökonomisch unsinnige Projekt ökonomisch noch unsinniger. Daher ist doch vollkommen klar, daß das nicht geschehen wird. Wenn das aber nicht geschieht, dann ist auch klar, daß das AKW Temelin nicht nur nicht fertiggebaut werden kann, sondern jedenfalls nicht ans Netz gehen kann. Damit haben wir das, was wir wollten, erreicht, ohne gegenüber einem souveränen Staat in einer Diktion aufzutreten, als würden wir sagen: Ätschi-bätschi, da werdet ihr jetzt überhaupt nichts selber bestimmen, denn wir Österreicher wissen viel besser, was da los ist, und wenn ihr uns nicht folgt, dann werden wir das Veto einlegen – obwohl es in der Europäischen Union nicht einmal eine Mehrheit von Staaten gibt, die für einen generellen Ausstieg aus der Atomkraftnutzung ist. – Das muß doch in Tschechien völlig falsch verstanden werden!

Daher gibt es in Wirklichkeit keinen Unterschied im Ziel, aber in der Diktion, in der Art und Weise des Vorgehens haben wir sehr wohl einen Unterschied. Man sollte es sich in dieser Frage nicht so leicht machen, wie du, Karl, es dir jetzt gemacht hast, daß man so quasi allen unterstellt, sie wollen dieses Sicherheitsrisiko, das das AKW Temelin unbestritten für Österreich darstellt, nicht aus der Welt geschafft haben. Das ist eine unfaire Argumentation. Sie mag in diesem Hause üblich geworden sein – ich sage deshalb "üblich geworden sein", weil sich die Regierungsfraktionen dem mittlerweile anschließen –, aber ich halte sie nicht für sinnvoll.

Damit komme ich zum nächsten Punkt, der mir ein Anliegen ist, und hier wende ich mich an Frau Bundesminister Prammer und an Herrn Bundesminister Bartenstein. Ich habe es sehr begrüßt, und die Liberalen haben es gerne angenommen, daß es Gespräche gegeben hat, in denen Frau Bundesminister Prammer darüber informiert hat, was in den Verhandlungen mit Tschechien Sache ist. Wir hätten uns gefreut, auch von Herrn Bundesminister Bartenstein zu solchen Gesprächen eingeladen zu werden, weil es einfach interessant ist, die unterschiedlichen Standpunkte in dieser Frage zu hören, sofern sie unterschiedlich sind. Daß Nuancen da sein müssen, ist ja unbestritten, denn richtigerweise ist von Abgeordnetem Schweitzer darauf hingewiesen worden, daß es die ÖVP-Abgeordneten im Europaparlament waren, die eine Änderung des EURATOM-Vertrages geschmissen haben. Es hing an diesen sieben Stimmen, ansonsten wäre der EURATOM-Vertrag heute schon geändert. Das ist nicht gemacht worden. Daher wäre es auch wichtig gewesen, von seiten des Herrn Umweltministers eine solche Einladung zu bekommen. Das ist nicht geschehen, das sei dahingestellt.

Jetzt aber muß ich zur Kenntnis nehmen, daß auch in den letzten Gesprächen in Wirklichkeit nicht mehr viel Neues, was nicht ohnehin schon in den Medien stand, gesagt worden ist, und dann wird uns vor Beginn der Sitzung auch noch ein Antrag der Regierungsparteien in der Frage des Baustopps betreffend Kernkraftwerk Temelin vorgelegt, obwohl wir in dieser Frage immer auf Fünfparteienregelungen Wert gelegt und deshalb oft mit den Freiheitlichen darum gestritten haben – im positiven Sinn des Wortes –, daß sie sich in diese Anträge mit aufnehmen lassen, weil wir eine gemeinsame Position des Hauses haben wollten! Jetzt, wo der Wahlkampf angefangen hat, sinken nicht nur die Klubobleute auf das Bassena-Niveau ab, sondern da geht es auch schon damit los, daß man nicht einmal mehr mit der Opposition redet und in Wirklichkeit den vielbeschworenen und oft gelebten Fünfparteienkonsens in dieser Frage hier im Hause einfach wegwirft, ohne auch nur einmal darüber zu reden. (Abg. Scheibner: Wo ist der Antrag, Herr Kollege? Wo ist der Antrag?)

Ich sage Ihnen, das ist genau der Weg, mit dem wir uns mit unseren Ideen gegenüber Tschechien nicht durchsetzen werden. Denn Sie haben das bis jetzt nicht durchgebracht, Frau Bundesminister, Herr Bundesminister, und Sie werden das auch in Zukunft nicht durchbringen. Wenn es nicht gelingt, von österreichischer Seite – und zwar von seiten des ganzen Hauses – offensiver aufzutreten, dann wird das nicht erfolgreich sein. Das, was Sie an Forderungen in diesem Zweiparteienantrag SPÖ und ÖVP formuliert haben, ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben ist.

Sie wollen eine unabhängige Sicherheitsbewertung. Nun, das wollen wir doch alle! Aber nach welchem Maßstab diese erfolgen soll, steht nicht drinnen. Sie sagen, daß nur der Beitrittsprozeß nachhaltig beeinträchtigt wird. Sie müssen auch klar aussprechen, daß eine Nichterfüllung der westlichen Sicherheitsstandards, wie auch im Rat beschlossen wurde, ein echtes Hindernis darstellt. Das muß klar kommuniziert werden. Sie reden darin von der Kostenwahrheit, als ob das nicht ohnehin schon der Fall wäre, wenn es um die Verzerrung des Marktes geht. Alles andere ist Informationstätigkeit. – Nun ja, das hätte man bisher auch machen können!

In Wirklichkeit ist der Antrag, den Sie hier formuliert haben, daher etwas, was Sie vielleicht für den Wahlkampf brauchen können, aber in der Sache nützlich ist er nicht. Daß Sie aber den Fünfparteienkonsens, den wir in diesem Hause in diesen Fragen bisher hatten und um den wir gerungen haben, heute, weil Sie lustig und launig sind, einfach wegschmeißen und nicht einmal mehr fragen, ob es eine gemeinsame Position dazu gibt, das, sage ich Ihnen, schlägt dem Faß den Boden aus! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Denn daß Sie heute schon über Ihre Klubobleute begonnen haben, einen nationalen Wahlkampf auszutragen – und das, ich sage es noch einmal, auf einem Niveau, das man nur als Bassena-Niveau bezeichnen kann –, und jetzt nicht die Gelegenheit wahrnehmen, in dieser Frage wieder auf eine gemeinsame Position zurückzufinden, ist schlicht und einfach der falsche Weg!

Von seiten der Liberalen müssen Sie aber auch weiterhin damit rechnen, Herr Abgeordneter, daß wir eine Änderung des EURATOM-Vertrages haben wollen. Wir wollen das auch auf europäischer Ebene betrieben wissen. Wir wollen, daß die Versicherungskosten für Atomunfälle in den Preis des Atomstroms miteingerechnet werden, und, meine Damen und Herren, wir wollen auch, daß die Endlagerung in diesem Zusammenhang mit eine Rolle spielt. Wenn wir endlich Wettbewerbsbedingungen in diesem Bereich haben, dann ist die Frage der erneuerbaren Energieträger in Konkurrenz zum Atomstrom ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte, den Schlußsatz zu Ende zu bringen!

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (fortsetzend): In diesem Sinne, meine Damen und Herren, werden wir diesen Erklärungen der Frau Bundesministerin und des Herrn Bundesministers nicht zustimmen und auch den Entschließungsantrag nicht zur Kenntnis nehmen. Sie vergeben mit Ihrem Vorgehen heute eine Chance. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

14.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 9 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.14

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Hohes Haus! Die Entscheidung, die am 12. Mai 1999 in Prag gefallen ist, das Kernkraftwerk Temelin fertigzubauen, ist zutiefst bedauerlich. Gerade jetzt zu diesem Zeitpunkt wäre es möglich gewesen, in dieser Frage eine neue Richtung einzuschlagen. Die Voraussetzungen dafür waren nie so gut wie jetzt. Es hat auch umfassende Vorbereitungen für diesen 12. Mai gegeben. Wir wußten das seit einigen Wochen. Die österreichische Bundesregierung hat einen Expertenbericht zur Verfügung gestellt, hat eine Expertengruppe eingesetzt, die auch die entsprechenden Bewertungen dieses Kernkraftwerkes eingebracht hat, inklusive eines Berichtes eines österreichischen Juristen über die Möglichkeiten, die bisher getätigten Investitionskosten als Stranded Investments bei einem allfälligen EU-Beitritt anzuführen.

Gleichzeitig wurde in diesem Expertenbericht nicht nur auf die Problematik in der Sicherheitsfrage hingewiesen, sondern vor allem auch auf die Problematik des europäischen Stromüberschusses, da dieses Überangebot ja gleichzeitig auch Auswirkungen auf die Strompreise und auf den Strombedarf in der Tschechischen Republik hat.

Wissend, daß das eine innere Angelegenheit der Tschechischen Republik ist (Abg. Aumayr: Lambach ...! – Ruf bei den Freiheitlichen: ... weil Lambach auch wichtig ist! – Abg. Murauer: Sogar die Freiheitlichen sind schon dafür! Das spricht sich herum!) – auch das war eine innere Angelegenheit der Republik Österreich, und Sie sehen, das wurde sehr gut gelöst (Beifall bei der ÖVP) –, aber auch wissend, daß ein entsprechender Unfall in Temelin keine innere Angelegenheit der Tschechischen Republik ist, sondern zutiefst eine Angelegenheit von ganz Europa, vor allem aber der betroffenen Gebiete in Oberösterreich, Niederösterreich und Wien darstellt, wie wir das bei der Katastrophe in Tschernobyl gesehen haben, können wir dieser Entscheidung nicht gleichgültig gegenüberstehen.

Es war daher auch sehr sinnvoll, daß es zum Beispiel durch einen Bericht des oberösterreichischen Anti-Atombeauftragten, Radko Pavlovec, der die Situation ja sehr gut kennt und die Sprache beherrscht, erstmals gelungen ist, auch in der Tschechischen Republik selbst ein Umdenken bei politischen Meinungsbildnern und bei politischen Entscheidungsträgern zu schaffen. Aufgrund dieses Berichtes hat sich vor einigen Monaten, etwa um Weihnachten, erstmals ein Christdemokrat in der Tschechischen Republik öffentlich gegen dieses Kernkraftwerk ausgesprochen, und es ist auch in der Tschechischen Republik ein Diskussionsprozeß entstanden, der immerhin dazu geführt hat, daß vor wenigen Wochen fünf bis sechs Minister der neunzehnköpfigen Ministerriege in der Tschechischen Republik gegen den Bau des Kernkraftwerkes gestimmt haben. (Abg. Dr. Krüger: Das Ergebnis kennen wir leider! – Abg. Ing. Langthaler: Acht Minister!)

Es ist darüber hinaus auch noch gelungen, den Präsidenten der Republik entsprechend umzustimmen. Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern: Als Präsident Havel auf offiziellen Besuch in Österreich war – das war zu jener Zeit, als ich selbst noch Umweltministerin war –, hatte ich zwei Tage davor in einer Pressestunde, befragt zum Kernkraftwerk Temelin, gesagt, daß wir alles dafür tun werden, daß dieses Kernkraftwerk nicht gebaut wird. Ich wurde daraufhin, nachdem ich etwa nachbarschaftliche Gespräche als einen zu beschreitenden Weg genannt hatte, vom Journalisten gezwungen, zu sagen, was ich tun würde, wenn man nicht auf uns hört, und da habe ich gesagt, man könnte auch einmal die Zähne zeigen. Das hat mir dann zwei Tage später von seiten des Präsidenten Havel und seines Botschafters den Spitznamen "Miss Sharpteeth" eingetragen.

Ich habe ihn in einem ausführlichen Brief vor dieser Entscheidung am 12. Mai an diese unsere Begegnung erinnert, bei der er noch sehr stark für Temelin war, und ihn eindringlich ersucht, er möge in seiner Regierung darauf hinwirken, daß man der Tatsache, daß dieses Kernkraftwerk Temelin ein ganz schwieriger Faktor nicht nur für die Beitrittsverhandlungen, sondern auch für die nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und Tschechien ist, Beachtung schenken möge. Ich habe ihn auch darauf aufmerksam gemacht, daß es Österreich war, das ein Kernkraftwerk fertiggebaut und dann doch nicht in Betrieb genommen hat, daß es also absolut keine Schande ist, klüger zu werden. (Abg. Dr. Krüger: Das gilt auch für die ÖVP! – Abg. Dr. Khol: Das gilt für alle von uns! – Abg. Dr. Krüger: Insbesondere für die ÖVP! – Abg. Dr. Khol – den Zeigefinger auf die Bankreihen der Freiheitlichen richtend –: Wenn man so zeigt, dann zeigen auch immer drei Finger auf einen selbst!)

Ich habe mich sehr darüber gefreut, daß Präsident Havel wenige Stunden vor der Entscheidung der tschechischen Regierung eine öffentliche Erklärung abgegeben hat – meine Damen und Herren, das wäre vor Monaten noch nicht möglich gewesen! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Und Klima und Klestil?) –, in der er sich klar gegen das Kernkraftwerk Temelin ausgesprochen hat.

Leider hat es nicht für eine Mehrheit gereicht. Es ist aber immerhin gelungen, acht Minister davon zu überzeugen. (Abg. Mag. Schweitzer: Um zwei zuwenig!) Das ist richtig, um zwei zuwenig. Hätten nur zwei anders gestimmt, wäre die Entscheidung in unserem Sinne ausgefallen.

Ich bin daher sehr traurig darüber (Zwischenruf der Abg. Aumayr), daß es dem Herrn Bundeskanzler nicht gelungen ist, seinen Fraktionskollegen Milos Zeman davon zu überzeugen – er hat ja mit ihm noch am Abend der Sitzung telefoniert (Abg. Mag. Schweitzer: Das hilft ja nichts!) –, und daß ich den Zeitungen entnehmen muß, daß Milos Zeman (Abg. Mag. Schweitzer: ... tun das, was sie alle ankündigen in ihren Sonntagsreden!) seine Fraktion und seine Minister angeblich unter Druck gesetzt hat, entweder für Temelin zu stimmen oder zu gehen. (Abg. Dr. Krüger: Es gibt einen Regierungsbeschluß für den Bau, Frau Kollegin!) Ich glaube daher, daß noch ein entsprechendes Lobbying in der Fraktion der Sozialistischen Internationale stattfinden sollte, um darauf einzuwirken, daß es diesbezüglich zu einem Umdenken kommt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sollten also die Flinte nicht ins Korn werfen! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Noch ist das Match nicht verloren, verehrter Herr Kollege Schweitzer! Noch ist das Match nicht verloren! Temelin ist noch nicht fertig, es würde noch enorme Kosten verursachen, es fertigzustellen. Ich bin sehr dafür, in Temelin die höchsten Sicherheitsstandards zu verlangen und nicht die Mindeststandards. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich würde Ihnen glauben, wären da nicht Mochovce und Bohunice!)

Die ÖVP-Abgeordneten im Europäischen Parlament haben auch einen entsprechenden Antrag eingebracht, um dies bei den Beitrittsverhandlungen zum konsequenten Verhandlungsgegenstand zu machen. Selbstverständlich müssen wir auch das Lobbying fortführen (Abg. Dr. Krüger: Das ist die Vorbedingung!) und in der Tschechischen Republik die Bewußtseinsbildung vorantreiben, denn nur mit diesem Lobbying wird unser Vorhaben auch gelingen.

Ich bedauere sehr, daß der vorliegende Antrag offensichtlich nicht wie alle anderen Anträge mit den Fraktionen der Oppositionsparteien abgestimmt wurde. Allerdings steht es Ihnen selbstverständlich frei, ihm zuzustimmen. (Abg. Ing. Langthaler: Nett, danke! – Abg. Mag. Schweitzer: Großzügig!) Ich hoffe, daß das in Hinkunft sehr wohl getan wird.

Meine Damen und Herren! In jedem Fall bin ich sehr dafür, daß die Bundesregierung die Anträge, die Landtagsbeschlüsse aus Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und Wien übernimmt und in dieser Frage eine ganz klare Linie auch gegen die Tschechische Republik – im nachbarschaftlichen Sinne, im freundschaftlichen Sinne – vertritt. (Beifall bei der ÖVP.)

14.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.22

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist jetzt müßig, darüber zu philosophieren, was gewesen wäre, wenn die Regierungsparteien und die Minister der Regierungsparteien vor dem 12. Mai so entschlossene Worte gefunden und Taten gesetzt hätten, wie das heute der Fall ist. Ich denke, wir könnten uns in diesem Fall angesichts des doch relativ knappen Entscheidungsergebnisses in Tschechien heute wahrscheinlich über einen Erfolg der österreichischen Antiatompolitik freuen. Aber wie gesagt, es ist müßig, darüber zu philosophieren.

Es hat eine Unterbrechung dieser Politik gegeben. Und wenn Sie jetzt von einer Fortsetzung der österreichischen Anti-Atompolitik schreiben, dann muß ich sagen, das ist lediglich eine – wenn man es so nennen will – Wiederbelebung, die ganz offensichtlich und offenkundig mit dem 13. Juni und dem 3. Oktober zu tun hat. Und das ist eigentlich bedauerlich, denn inzwischen sind sehr viele Gelegenheiten verpaßt und verpatzt worden.

Frau Bundesministerin! Konkret ist in der Ratspräsidentschaft leider wenig bis gar nichts passiert, um die EU-Mitgliedsländer in Richtung eines gemeinsamen Ausstiegskonzeptes mit Hilfestellungen zu motivieren und konkrete Angebote an Tschechien und an die anderen Beitrittswerberstaaten zu machen.

Wenn heute gesagt wird, Klima habe mit Zeman telefoniert, dann denke ich: Wenn es wirklich um eine österreichische Lebens- und Überlebensfrage geht – und als solche werden das wohl sehr viele Menschen sehen; wir von den Grünen sehen es so –, dann wäre es wohl der Mühe wert gewesen, Zeman persönlich aufzusuchen und mit ihm dieses Thema zu verhandeln, aber nicht mit erhobenem Zeigefinger und auch nicht mit einer "Wenn, dann"-Erpresserstrategie, sondern mit einer ausgestreckten Hand und wohl auch mit einem ganz konkreten Angebot einer Ausstiegshilfe ausgestattet. Das wäre adäquat gewesen! (Beifall bei den Grünen.)

Drittens: Frau Bundesministerin, Sie wissen genau, der tschechische Außenminister hatte einen Regierungsbeschluß zu vollziehen, und er hatte die Haltung der Nachbarstaaten in einem Bericht zusammenzufassen. Aber was diesbezüglich von österreichischer Seite geliefert worden ist, finde ich eigentlich wirklich blamabel: ein diplomatisch verschnörkseltes Papier, in dem nicht die klare Forderung nach einem Baustopp enthalten ist. Das hat wahrscheinlich unsere Chancen, in diesem Punkt erfolgreich zu sein, ganz entscheidend geschwächt!

Ich komme auch noch zu den beiden Punkten, von denen ich glaube, daß sie der Kern des Problems sind, daß dort der wirkliche Fehler liegt, wodurch diese Unterbrechung der österreichischen Antiatomlinie passiert ist. Das war zum einen Ihr dauerndes Vermischen von Ausstiegs- und Sicherheitsphilosophie. In Wirklichkeit ist die Sicherheitsphilosophie das Gegenteil der Ausstiegsphilosophie, nicht eine Ergänzung. Und weil Sie sich auch gerade während der Ratspräsidentschaft nicht mit der deutschen und französischen AKW-Industrie anlegen wollten, ist man von einem sehr entschlossenen und von allen Parteien getragenen Ausstiegskurs zu einem Sicherheitsstandardkurs geschwenkt, mit all den Unschärfen, die dieser Kurs mit sich gebracht hat. – Das war der eine Kardinalfehler!

Daß Sie sich jetzt wieder – spät, aber doch – auf das Ausstiegskonzept besinnen, das kommt nach dem 12. Mai reichlich spät! Ich fordere Sie daher auf: Kehren Sie zu einem Ausstiegskonzept mit Hilfestellungen, mit der ausgestreckten Hand zurück und verlassen Sie diesen nebulosen Kurs der Sicherheitsstandards, von dem letztlich nur die deutsche und französische AKW-Industrie profitieren werden! (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Da gibt es aber noch den Umweltminister, nicht?)

Das mag schon sein. Aber in einem Land, in dem es dank der Weisheit der Bevölkerung kein AKW gibt, kann man auch einmal eine europäische Vorreiterrolle übernehmen. Und ich würde mir für Österreich wünschen, daß die Bundesregierung diese Vorreiterrolle übernimmt und sich nicht an jenen Staaten orientiert, die leider AKWs haben und mit den gesamten Schwierigkeiten einer Neuorientierung des Kurses konfrontiert sind.

Der zweite Kardinalfehler, den ich gerade Ihnen, Frau Bundesministerin, wirklich persönlich vorwerfe, ist – und es ist schon erwähnt worden –, daß Sie sich nicht einmal mehr bemühen, einen Fünfparteienkonsens herzustellen, und zwar jenseits aller Fehler und Versäumnisse, die passiert sind. Es gab gestern ein Gespräch mit den Abgeordneten dieses Hauses, und ich frage Sie: Warum haben Sie es gestern nicht der Mühe wert gefunden, zu sagen, daß von Abgeordneten der Regierungsparteien heute hier ein Antrag kommt? Ich nehme wohl an, daß wenigstens Sie eingebunden waren!

Wenn schon von einem kleinen Land eine Vorreiterrolle übernommen werden soll, dann wäre es doch unabdingbar, daß man alle Parteien einbezieht, vor allem jene, die immer einen deutlichen Anti-AKW-Kurs verfolgt haben. Diesen Kurs haben Sie verlassen, und ich glaube, daß Sie damit leider die österreichische Position insgesamt schwächen. Ich finde das sehr schade, und es hat ganz offenbar nur mit Ihrer Profilierung im Wahlkampf zu tun. Dafür ist das Atomthema aber zu schade! (Beifall bei den Grünen.)

14.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brix. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.27

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! "Gefährlich und ökonomisch unrentabel", diese Beurteilung kennzeichnet das Projekt des Atomkraftwerkes Temelin. Aber glauben Sie mir: Wir – und ich hoffe, alle – sind bei diesem Thema zutiefst bestürzt!

Was ich nicht möchte – und dagegen verwahre ich mich –, ist, daß dieses für uns alle sehr ernste Thema zu einer polemischen Frage hochstilisiert wird und daß manche Gruppen jetzt versuchen, sich mit so einem wichtigen, für uns alle entscheidenden Thema zu profilieren. Ich glaube, das ist nicht notwendig!

Wir sollten ehrlich mit diesem Thema umgehen, nicht so wie die von mir sehr geschätzte Maria Rauch-Kallat, die den Bundeskanzler beschuldigt, er hätte zu wenig getan. Ich könnte jetzt antworten, daß er es war, liebe Maria Rauch-Kallat, der mit dem jetzigen Ministerpräsidenten Zeman viele Male telefoniert hat und der bewirkt hat, daß zumindest einige Damen und Herren der Regierung in Tschechien gegen die Fertigstellung gestimmt haben, sodaß es keinen einstimmigen Beschluß gab. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Entschuldigung: Aber Zeman war dafür!) – Zeman war dafür. Aber Bundeskanzler Klima hat bewirkt, daß einige dagegen gestimmt haben. Das Abstimmungsverhältnis war nicht einstimmig! (Abg. Mag. Schweitzer: Er war dafür, und die anderen haben gegen ihn gestimmt? Na das ist eine Logik!)

Meine liebe Frau Kollegin! Liebe Maria! Denk einmal nach! Denk einmal an jene ÖVP-Abgeordneten – trotz des von dir neu definierten Wortes "christlich-sozial" bleibe ich beim Ausdruck "Volkspartei" –, die in Brüssel sitzen und unter der Führung von Frau Stenzel nicht immer die klare Antiatomlinie Österreichs mitgetragen haben! Sie sind da nicht einfach mitgegangen. Dort hätten sie sich profilieren müssen, dort hätten sie dafür eintreten und diese Linie vertreten können! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Da hat er recht! – Abg. Oberhaidinger: EURATOM! Sündenfall EURATOM!)

Ich finde, es ist schade, daß wir dieses Thema – ganz Österreich schaut uns dabei zu, wie wir uns hier benehmen – in einem polemischen Streit austragen, anstatt einen gemeinsamen nationalen Konsens zu finden und zu sagen: Wir sind gegen dieses Kraftwerk, das unseren Lebensraum bedroht!

In dieser Frage muß es einen nationalen Konsens geben, und die österreichische Bundesregierung muß dabei insgesamt unterstützt werden! (Beifall bei der SPÖ.) Ich finde, das ist eine unbedingte Notwendigkeit. (Abg. Mag. Barmüller: Wir hätten einen gemeinsamen Entschließungsantrag formulieren können, der hätte besser ausgeschaut!)

Kollege Barmüller! Jetzt ist einmal ein Spiel verlorengegangen. Aber eine Meisterschaft erstreckt sich über mehrere Spiele und geht über mehrere Runden. Noch ist die Meisterschaft nicht verloren, sondern es ist nur ein Spiel verloren gegangen. Das heißt noch lange nicht, daß wir es nicht doch noch erreichen können, daß wir diese Meisterschaft gewinnen! (Abg. Mag. Schweitzer: Ihr verliert schon die zweite Meisterschaft!)

Daher meine ich – und da gebe ich dir schon recht, Kollege Schweitzer –, es wird unbedingt notwendig sein, daß wir das Kernkraftwerk Temelin bei den Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union thematisieren. Wir brauchen bei den Beitrittsverhandlungen das Thema Temelin ganz oben auf der Tagesordnung! Wir werden es nicht junktimieren können, das wurde heute schon gesagt. Denn auch wenn wir sagen, ihr braucht nicht beizutreten, wenn ihr Temelin baut, werden die Tschechen es trotzdem bauen, egal, ob wir das wollen oder nicht. (Abg. Mag. Schweitzer: Was hat Häupl beschlossen, dein Chef, der Herr Bürgermeister Häupl?!) – Ja, ja, ich stehe schon zu ihm, keine Frage!

Daher werden wir Temelin thematisieren müssen. Es muß eine unabdingbare Forderung von uns sein, die bei den Verhandlungen Tschechiens über einen Beitritt zur Europäischen Union ganz oben auf der Tagesordnung steht, daß darüber gesprochen werden muß, daß das Kapitel Temelin thematisiert wird. Das muß unbedingt von uns gefordert werden! (Beifall bei der SPÖ.) Ich glaube, daß das mithelfen könnte, die Meisterschaft zu gewinnen und dieses Match, das wir jetzt verloren haben, wieder wettzumachen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das war aber ein entscheidendes Match!)

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich folgenden Antrag einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Oberhaidinger, Ellmauer, Brix, Maria Rauch-Kallat, Dr. Keppelmüller, Dkfm. Mag. Mühlbachler und Genossen betreffend Fortsetzung der österreichischen Anti-Atom-Politik zur Erzielung eines Baustopps des KKW Temelin

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird ersucht, auf Basis der "Schlußfolgerungen des Rates zu den Beitrittsstrategien für die Umwelt" und den "Schlußfolgerungen des Rates zur Nuklearen Sicherheit im Zusammenhang mit der Erweiterung der Europäischen Union" für eine unabhängige Sicherheitsbewertung des KKW Temelin einzutreten und nötigenfalls klarzustellen, daß eine Nichteinhaltung der genannten Schlußfolgerungen den Beitrittsprozeß nachhaltig beeinträchtigen kann.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, in Hinblick auf den gesamteuropäischen Elektrizitätsmarkt alle erforderlichen Maßnahmen zu setzen, damit eine Verzerrung des Marktes im Sinn der Kostenwahrheit durch "Dumping-Importe" aus Drittstaaten unterbleibt. Insbesondere wird der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ersucht, für gesamteuropäische Zutrittsbeschränkungen in Analogie zu § 13 ElWOG einzutreten.

3. Die Bundesregierung wird ersucht, erneut an die Nachbarländer Österreichs heranzutreten, damit diese die Espoo-Konvention über die Umweltsverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen ehestmöglich ratifizieren. Die Bundesregierung wird insbesondere ersucht, sich an dem zu erwartenden UVP-Verfahren für das KKW Temelin zu beteiligen und darüber hinaus österreichischen Bürgerinnen und Bürgern eine Beteiligung zu ermöglichen.

4. Die Bundesregierung wird ersucht, ihre Informationstätigkeit zum Thema Temelin auf EU-Ebene und in bilateralen Kontakten mit Vertretern der Tschechischen Republik weiterhin fortzusetzen, um die Bewußtseinsbildung zu den problematischen ökologischen und ökonomischen Aspekten des Projektes Temelin auf internationaler Ebene und in der Tschechischen Republik weiter voranzutreiben und weiter dafür einzutreten, daß aus EU-Finanzierungsinstrumenten der Tschechischen Republik Mittel für nichtnukleare Energieformen zur Verfügung gestellt werden.

*****

(Abg. Dr. Pumberger: Noch weicher geht es nicht mehr!)

Das ist unser Antrag, und ich ersuche Sie, daß wir diesen nationalen Konsens, ein gemeinsames Vorgehen gegen das Kraftwerk Temelin hier vorantreiben. Ich wünsche mir, daß keiner hier ausschert, sondern daß alle dabei mittun, sodaß dieses Kernkraftwerk nicht errichtet werden kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Sie wollten doch keinen gemeinsamen Antrag! – Abg. Dr. Pumberger: So ein windelweicher Antrag!)

14.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Antrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zum Wort gemeldet ist nun Herr Dipl.-Ing. Hofmann. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. Die Gesamtredezeit des Klubs beträgt 6 Minuten. – Bitte.

14.35

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sie haben soeben den Antrag vernommen, der von der rot-schwarzen Regierungskoalition eingebracht wurde – ein Antrag mehr, der die Haltung der Regierung widerspiegelt.

Dieser Antrag ist weich, und es stellen sich die Fragen: Wie wollen Sie Punkt 1 durchsetzen? Wodurch verleihen Sie der Sicherheitsbewertung, die Sie wollen, Nachdruck? Erfolgt die Sicherheitsbewertung des Kernkraftwerkes nach – wie Sie gesagt haben, Frau Bundesminister – westdeutschen Standards?

Wie steht es um die Wirtschaftlichkeit? Glauben Sie, daß das Kraftwerk, das heute schon nachweislich – und das wissen die Tschechen – nicht wirtschaftlich ist, dann, wenn Sie eine noch höhere Unwirtschaftlichkeit nachweisen, nicht in Betrieb gehen wird und daß sich alles zum Besseren wenden wird? Oder vertrauen Sie etwa darauf, daß die Tschechen bereit sind, das UVP-Verfahren gleichsam zuzulassen, um damit zu einer Nichtinbetriebnahme von Temelin zu kommen?

Kollege Oberhaidinger hat gesagt, bei Mečiar hδtte nichts genόtzt, Mečiar hδtte Mochovce ohnehin in Betrieb genommen. Das ist eine Aussage so nach dem Motto: "Wer weiß, was wann gewesen wäre, wenn ...!" Mit Bestimmtheit ist das jedoch nicht zu sagen. Tatsache ist, daß eine Junktimierung mit dem Beitritt Tschechiens zur Europäische Union, wie wir Freiheitliche es gefordert haben – wir haben auch einen entsprechenden Antrag eingebracht –, in diesem Hause von Rot, von Schwarz, von Grün und von den Liberalen abgelehnt wurde.

Ich bin aber schon froh darüber, daß Kollege Oberhaidinger uns heute nicht wieder mit der Energiewirtschaft und der Energiepolitik als nationaler Angelegenheit gekommen ist. Gott sei Dank hast du uns das erspart! (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger.) Sehr geehrte Damen und Herren! Die Sicherheit unseres Landes ist keine Frage der Nationalstaatlichkeit der Energieversorgung Tschechiens, und es fragt uns im Falle eines Unfalles auch niemand, ob das vielleicht in den nationalstaatlichen Bereich Tschechiens fällt. Also ich stelle fest, Kollege Oberhaidinger, du bist ein richtiger "Hardliner" – ein "Hardliner" beim Beibehalten der weichen Linie der Sozialisten mit Unterstützung ihres Regierungspartners, der ÖVP. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesminister, ich gebe Ihnen recht: Sie haben in Ihren Ausführungen festgestellt, daß diese Entscheidung der tschechischen Regierung mit elf zu acht Stimmen eine Fehlentscheidung war. Sie, Frau Bundesminister, haben die Entschlossenheit der Bundesregierung gefordert. Genau das ist es, was auch wir fordern!

Sie haben auch die gutnachbarlichen Beziehungen ins Spiel gebracht. Auch wir sind der Meinung, daß gutnachbarliche Beziehungen zu den Tschechen wünschenswert sind! Daher darf man auch die Tschechen nicht erst dann, wenn es zu spät ist, darauf hinweisen, daß sie einem Irrtum unterlegen sind, indem sie dieses Kraftwerk in Betrieb genommen haben, sondern eine klare Linie ist jetzt erforderlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auch die NGOs – Global 2000, Greenpeace – sind mittlerweile für eine Junktimierung. Niederösterreich, Oberösterreich, die Landtage von Salzburg und Wien, sie alle sind für eine Junktimierung. Eine Protestnote Niederösterreichs gibt es und, meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt eine einstimmig verabschiedete Resolution des oberösterreichischen Landtages – man höre und staune! – aus dem Jahre 1997.

Als wir Freiheitlichen diesen Antrag, diese Resolution hier in diesem Hause eingebracht und zur Beschlußfassung vorgelegt haben, waren Sie alle dagegen und haben einen entsprechenden Beschluß verhindert. Auch der Oberösterreicher und Energiesprecher der Sozialisten, mein Freund Georg Oberhaidinger, war dagegen (Abg. Dr. Krüger: Auch Oberhaidinger? Das gibt es ja nicht!), Sie alle waren dagegen. Und ich kann mich noch sehr gut an die harten Worte erinnern, die Sie damals uns gegenüber geäußert haben!

Mittlerweile gibt es einen Sinneswandel, und zwar auch bei Ihnen, Frau Bundesminister Prammer, denn man hat vor nicht allzu langer Zeit noch von Ihnen gehört – so nachzulesen in den "Oberösterreichischen Nachrichten"; ich zitiere –: "Von einem Veto gegen einen EU-Beitritt Tschechiens hält Prammer nichts."

Ich bin aufgrund Ihrer Position, die Sie im gestrigen Gespräch eingenommen haben, etwas beruhigter, denn Sie haben darin ganz klar zum Ausdruck gebracht: Man muß es den Tschechen rechtzeitig sagen!

Das ist der Grund, warum wir diesen Antrag eingebracht haben. Wir dürfen Sie ersuchen, diesen Antrag zu unterstützen und nicht wieder in die Fehler von früher zu verfallen. Mochovce und die Inbetriebnahme dieses Kraftwerkes sollten einmalig bleiben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sauer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.41

Abgeordneter Willi Sauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Für einen, der unmittelbar an der tschechischen Grenze lebt, ist natürlich die Sorge der Bevölkerung in dieser Region umso stärker spürbar, wenn dieses Kraftwerk erstens weitergebaut und zweitens in Betrieb genommen wird. Ich bin selten derselben Meinung wie Frau Kollegin Petrovic, aber gerade in diesem sensiblen Bereich möchte ich nicht auf europäische Standards verweisen, die dieses Kraftwerk aufweisen soll. Man muß der tschechischen Regierung vielmehr die Möglichkeit geben, aus dieser Atompolitik, aus der Atomenergie auszusteigen.

Gerade das Land Niederösterreich hat in dieser Sache einen sehr wesentlichen Beitrag dazu leisten wollen: Man hat in vielen Bereichen der Technologie Hilfe angeboten und wollte so den Umstieg von diesem Atomkraftwerk auf ein Kraftwerk, das nachwachsende Rohstoffe verheizen kann, ermöglichen. Es wurde ein Ausstiegskonzept erarbeitet. Landesrat Blochberger hat erst gestern der tschechischen Regierung angeboten, Hilfestellung zu leisten, damit in diesem Kraftwerk aus Holz und verschiedenen anderen nachwachsenden Rohstoffen Strom erzeugt werden kann. Aber helfen kann man nur dann, wenn der andere die Hilfe auch annimmt. Und wir hoffen alle, daß der andere, der Nachbar, unsere Hilfe annimmt.

Wenn heute der Herr Außenminister in seiner Stellungnahme klar gesagt hat, daß das Thema Atomkraftwerke bei den Verhandlungen über einen Beitritt unserer nördlichen Nachbarn in die Europäische Union ein Bestandteil sein wird, dann ist das sicherlich ein vorgezeichneter Weg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von einem Nachbarn erwarte ich mir, daß er die Grundrechte des Nachbarn achtet, daß er aber auch dessen Sorgen ernst nimmt. Und wir haben Sorgen! Wenn wir an Tschernobyl denken, dann sind diese Sorgen sehr groß, und ob man dann 40, 100 oder vielleicht einige 100 Kilometer entfernt von einem Atomkraftwerk wohnt, macht keinen großen Unterschied, denn bei einem Unfall erstreckt sich die Umweltkatastrophe auf den gesamten Bereich.

Tun wir alles, damit Umweltkatastrophen im atomaren Bereich verhindert werden können, und helfen wir unseren nördlichen Nachbarn, aus der Atompolitik auszusteigen! (Beifall bei der ÖVP.)

14.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Aumayr. 1 Minute Restredezeit für Ihren Klub wird bei mir angezeigt! Das kommt also auf die Länge des Schlußsatzes an. (Heiterkeit.) – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.44

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Das Abstimmungsverhalten Tschechiens ist zwar wichtig und interessant, aber viel interessanter und wichtiger ist, wie jetzt die österreichische Bundesregierung auf dieses Abstimmungsergebnis in Tschechien reagiert. Sie von der Bundesregierung, ÖVP und SPÖ, haben die Pflicht, eine Politik zu machen, die die Sicherheit und die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung gewährleistet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die grenznahen AKW gefährden die Gesundheit und die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung. Eine Bundesregierung, die nicht in der Lage oder nicht willens ist, eine Gefährdung zu verhindern, handelt grob fahrlässig! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Das ist die österreichische Bundesregierung, nicht die tschechische!)

Frau Ministerin! Eine fiktive Prüfung von Temelin nach deutschen Sicherheitskriterien ist einfach kein Ersatz für eine Junktimierung mit dem Beitritt Tschechiens zur EU. Ihre Meinung, Frau Ministerin, daß alle Mitgliedstaaten der EU eine Zustimmung zum EU-Beitritt Tschechiens verweigern müßten, ist ein Herausstehlen aus der politischen Verantwortung. Das fällt unter ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (fortsetzend): ... die Kategorie "politische Feigheit", Frau Ministerin. (Abg. Schwemlein: Die Redezeit ist aus! Es ist höchste Zeit, daß Sie aufhören! Und tschüs!)

Den Österreichern wurde vor dem EU-Beitritt erklärt, selbst ein kleines Land kann ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte den Schlußsatz zu Ende bringen!

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (fortsetzend): Ich bin beim Schlußsatz, Herr Präsident! – Den Österreichern wurde vor dem EU-Beitritt erklärt, selbst ein kleines Land könne in der Europäischen Union mitbestimmen, denn es herrsche ja das Einstimmigkeitsprinzip. Und Sie, Frau Bundesministerin, werden dieses Einstimmigkeitsprinzip nützen müssen, wenn Sie die Gesundheit und die Sicherheit unserer kommenden Generationen nicht gefährden wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.46

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Restredezeit Ihres Klubs: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.47

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! (Die Rednerin hält ein T-Shirt mit der Aufschrift "Atomkraft? Nein danke!" in die Höhe. – Abg. Haigermoser: Hoffentlich ist das nicht in Kinderarbeit hergestellt worden!) Unter diesem Zeichen, unter diesem Entschluß der österreichischen Bevölkerung ist diese Bundesregierung angetreten, Anti-AKW-Politik zu machen: Atomkraft? Nein danke! (Die Rednerin legt das T-Shirt vor sich auf das Rednerpult, wobei sie das rote Blinklicht abdeckt. – Abg. Haigermoser: Hoffentlich sind die Farben umweltfreundlich!)

Was Sie in der Angelegenheit Temelin an Anti-AKW-Politik zusammengebracht beziehungsweise betrieben haben, entspricht leider nicht dieser Einstellung der Bevölkerung, ja widerspricht ihr sogar. Die Bilanz wurde bereits gezogen. Es gab in diesem Hause immer wieder Beschlüsse, gemeinsam gegen Temelin vorzugehen. Sie, Frau Ministerin und Herr Minister, haben sich – das gebe ich zu – in der zweiten Reihe redlich bemüht, aber das Versagen ist auf oberster Ebene, in der Chefetage zu orten. Das Versagen der österreichischen Anti-AKW-Politik heißt Klima und Schüssel! (Beifall bei den Grünen.)

Auf diese mangelhafte Initiative, auf dieses mangelhafte Engagement in der Anti-Atompolitik ist auch die jetzige Situation zurückzuführen. Was machen Sie heute, Frau Ministerin? – Sie kündigen an, daß es jetzt ein detailliertes Aktionsprogramm geben wird. Es ist zwar noch nicht fix, aber es wird vielleicht ein österreichisches Aktionsprogramm geben – jetzt, zu einem Zeitpunkt, zu dem die tschechische Regierung bereits entschieden hat!

Herr Minister Bartenstein! Sie haben heute die Situation in der tschechischen Regierung beurteilt, Sie haben auch gesagt, daß deutliche Signale gesetzt werden müssen. Ich frage nur: Welche Signale setzen Sie denn? Sie stellen jetzt – nach der Entscheidung der tschechischen Regierung! – das erste Mal deutlich die Rute ins Fenster und sagen, es werde dadurch Schwierigkeiten beim EU-Beitritt geben. Warum haben Sie das nicht schon vorher in aller Deutlichkeit gesagt?

Vorher sprach Außenminister Schüssel davon, daß man Zweifel an den Sicherheitsstandards habe und daß das Kraftwerk im Prinzip grundsätzlich zu überdenken sei. Jetzt, nachdem die tschechische Regierung entschieden hat, ist der "Kronen Zeitung" zu entnehmen, daß Außenminister Schüssel meint – ich zitiere wörtlich –: Jetzt sei es notwendig, eindeutige Signale zu setzen. Tschechien verbaue sich mit dieser Entscheidung den Weg in die EU. – Zitatende. Jetzt, nach dieser Entscheidung, heißt es von seiten Schüssels, Tschechien verbaue sich den Weg in die EU. (Abg. Dr. Krüger: Das rote Licht blinkt!)

Warum haben Sie das nicht vorher gesagt? Warum haben Sie nicht schon vorher die Konsequenzen, die klaren Worte ausgesprochen? Warum haben Sie nicht vorher schon alternative Perspektiven aufgezeigt? Die einzig positive alternative Perspektive war der Aktionsplan für die Zusammenarbeit der österreichischen und tschechischen Alternativenergieexperten. Das war die einzig positive Angelegenheit! Sie haben aber bei den anderen, bei den Baustopp-Aktionen leider schmählich versagt.

Wenn Frau Kollegin Rauch-Kallat sagt: Uns ist der Beschluß, ist diese Entscheidung nicht egal!, und wenn der Kollege von der SPÖ von einem verlorenen Match spricht, dann wird das, was jetzt in Tschechien passiert ist, abgewertet, dann wird das immer noch nicht in genügendem Ausmaß ernst genommen, und dann verlassen Sie sich im Endeffekt auf eine EU, die keine allgemeingültigen Sicherheitsstandards erlassen konnte. Und Sie verlassen sich auf eine EU, die immerhin dem Staat Litauen vorgeschrieben hat, ein Kraftwerk abzudrehen, nämlich das Kraftwerk Ignalina, sonst sei ein Beitritt ausgeschlossen. Warum ist nicht genau dieselbe klare und deutliche Sprache gegenüber Tschechien verwendet worden? Warum führen Sie als Minister ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Kollegin! Das rote Lämpchen blinkt!

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): ... jetzt nicht auch diese Argumentation ins Treffen?

Ich möchte folgendes hier noch einmal deutlich herausstreichen: Sie setzen in diesem Bereich größtenteils nur halbe Schritte, treffen mangelhafte Vorbereitungen und sind oft nur mit halbem Herzen bei der Sache. Vor allem machen Sie ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Abgeordnete! Da das rote Lämpchen, das Sie nicht sehen können, aufleuchtet, möchte ich Sie um den Schlußsatz bitten. Sie wollten ja auch noch einen Entschließungsantrag einbringen.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Deshalb müssen wir hier den folgenden Antrag einbringen, der etwas kräftiger nachhakt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend Baustopp AKW-Temelin

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, aus diesem Grund als Konsequenz aus einem fehlenden Erfüllen deutscher Sicherheitsnormen und dem geltenden Stand der Technik einen Baustopp in Temelin und ein Konzept für den Ausstieg aus der Atomenergie als zentrale Voraussetzung für einen EU-Beitritt Tschechiens zu erklären.

Die Bundesregierung wird ersucht, diese Position bereits am Kölner Gipfel zu vertreten und das Thema Energiepolitik und nukleare Sicherheit dort als Verhandlungsgegenstand einzubringen.

Die Bundesregierung wird ersucht, dies gegenüber der Republik Tschechien und der EU-Kommission hinsichtlich des bevorstehenden Aquis-Screening-Prozesses im Zuge der Erweiterungsverhandlungen klarzulegen und die Bereitstellung entsprechender EU-Finanzmittel als Unterstützung für alternative Energieszenarien zu initiieren sowie bilateral Unterstützung für derartige Ausstiegskonzepte anzubieten.

Die Bundesregierung wird ersucht, alle Rechtsmittel gegen eine Inbetriebnahme Temelins auszuschöpfen und insbesondere gegenüber Tschechien auf die Durchführung einer UVP unter Beteiligung der österreichischen Öffentlichkeit und Gebietskörperschaften zu drängen.

*****

Wieder wird es die österreichische Bevölkerung sein, werden es die einzelnen Bürgerinnen und Bürger sein, die bei der UVP ihre Bedenken vorbringen werden. Wieder werden Sie als Regierung Ihre Bedenken vorbringen ...

14.53

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Abgeordnete, die Redezeit ist um! (Beifall bei den Grünen für die das Rednerpult verlassende Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen nun zu einigen Abstimmungen, und ich bitte Sie deshalb, Ihre Plätze einzunehmen.

Zuerst lasse ich abstimmen über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Atomkraftwerke und EU-Osterweiterung.

Wenn Sie diesem Antrag zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Weiters stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Oberhaidinger, Ellmauer und Genossen betreffend Fortsetzung der österreichischen Anti-Atom-Politik zur Erzielung eines Baustopps des Kernkraftwerkes Temelin.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen. (E 178.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Baustopp AKW Temelin.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme nun die Verhandlungen über den Tagesordnungspunkt 1 betreffend den Außenpolitischen Bericht 1998 der Bundesregierung wieder auf.

Herr Abgeordneter Wabl hat auf die Fortsetzung seiner Ausführungen verzichtet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung, den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, den vorliegenden Bericht III-192 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Scheibner und Genossen betreffend Beneš-Dekrete und AVNOJ-Bestimmungen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen betreffend österreichische Bemühungen um einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Kammerlander und Genossen betreffend Weiterentwicklung der GASP.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend Aufhebung der Beneš-Dekrete und der AVNOJ-Bestimmungen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist damit angenommen. (E 179.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gredler, Jäger, Amon, Mag. Kammerlander, Smolle, Dr. Povysil und Genossen betreffend Aufnahme des Themas "Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane" in den Außenpolitischen Bericht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, daß dieser Antrag einhellig angenommen worden ist. (E 180.)

Damit ist der Tagesordnungspunkt 1 abgehakt.

Ich unterbreche nun die Verhandlungen und werde sie um 15 Uhr wiederaufnehmen. Die Verhandlungen sind unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.57 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme nun die unterbrochene Verhandlung wieder auf.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 5609/AB

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zur Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten mit der Ordnungszahl 5609/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt. Eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt sich daher.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache auf die in der Geschäftsordnung vorgesehenen Redezeitbestimmungen aufmerksam: 10 Minuten für den Erstredner, für alle weiteren Redner 5 Minuten. Erklärungen aus dem Kreise der Bundesregierung sollen 10 Minuten nicht übersteigen.

Als Erstredner gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.00

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht leicht, in Zeiten der Strommarktliberalisierung in Europa Wirtschaftsminister in Österreich zu sein und für all die Anpassungen oder nicht erfolgten Anpassungen die politische Verantwortung zu tragen. Herr Minister, das verstehe ich schon! Aber Ihre Anfragebeantwortung betreffend die Verträge zwischen der Verbundgesellschaft und den Illwerken hat noch weitere Fragen aufgeworfen, die ich gerne hier und heute mit Ihnen diskutieren möchte. Ich hoffe, daß Sie in der Lage sind, einigermaßen umfassend zu antworten.

Es ist doch bemerkenswert, wenn Sie in Ihrer Antwort zu Punkt 8 der Anfrage feststellen, daß mit Eintritt der Liberalisierung des europäischen Strommarktes ein erheblicher Preisverfall bei elektrischer Energie eingetreten ist und daß sich damit kein im europäischen Wettbewerb stehender Großerzeuger, der nunmehr allen Marktbedingungen unterworfen ist, auf geschützte Preise berufen kann. Deshalb wenden Sie in diesem Zusammenhang bei den Verträgen mit den Illwerken die Härteklausel an.

Sie sagen: Es ist heute ein Strompreis von maximal einem Drittel jenes Preises zu erzielen, den der Verbund den Illwerken zu bezahlen hat. Umgerechnet bedeutet das, daß auf dem internationalen Strommarkt in etwa ein Preis von 30 Groschen pro Kilowattstunde zu erzielen ist. So weit, so gut.

Herr Bundesminister! Nun stellen Sie aber fest, daß Strom europaweit äußerst billig zu bekommen ist, und gleichzeitig stehen wir vor der Situation, daß durch das ElWOG, das ja in Ihrem Ministerium das Licht der Welt erblickt hat, alle österreichischen Tarifnehmer von dieser Strommarktliberalisierung beziehungsweise von der Möglichkeit, durch diese Strommarktliberalisierung auch tatsächlich zu profitieren, sprich in Zukunft eine niedrige Stromrechnung zu bezahlen, ausgeschlossen werden. Ihr Gesetz schließt die österreichischen Bürger expressis verbis von der Teilnahme am liberalisierten Strommarkt aus und verpflichtet durch den § 69 die Landesversorger, den extrem teuren Strom beim Verbund einzukaufen. Dieser § 69 ist unter Umständen sogar EU-widrig.

Herr Minister! Nun komme ich zu meiner ersten Frage. Sie kennen ja genauso wie ich das berühmte Urteil aus Deutschland, in welchem das Mannheimer Landesgericht die bestehenden Bezugsverträge zwischen dem Landesenergieversorger Baden-Württemberg und dem schwäbischen Stadtwerk Waldshut-Tiengen für ungültig erklärt hat. Das hat zur Folge, daß diese Stadt nun wesentlich billigeren Strom aus der benachbarten Schweiz beziehen kann, denn die Verträge, die absichern sollten, daß diese Stadt bei der Landesgesellschaft über einen längeren Zeitraum einkaufen muß, sind obsolet.

Ich glaube, daß dieses deutsche Beispiel durchaus auch auf Österreich anwendbar ist. Auch in unserem Fall geht es um Verträge zwischen den Landesgesellschaften und der Verbundgesellschaft, die meines Erachtens viel zu hohe Preise vertraglich absichern. Ich meine, daß genauso wie in Deutschland diese Verträge rechtswidrig und somit obsolet sind und dadurch für die Tarifabnehmer die Möglichkeit entsteht, endlich in den Genuß der Strommarktliberalisierung zu kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn es darum geht, den Verbund abzusichern, dann sagen Sie: Die Strommarktliberalisierung läßt die hohen Preise, die im Vertrag zwischen den Illwerken und dem Verbund festgelegt sind, nicht mehr zu. Da berufen Sie sich auf die Strommarktliberalisierung, auf geltendes EU-Recht. Wenn es aber darum geht, die gleichen Chancen den Tarifabnehmern einzuräumen, dann ziehen Sie einen eigenen Paragraphen in das ElWOG ein, um genau dieses zu verhindern. Nun frage ich Sie: Wie sehen Sie diesen § 69 im Lichte des Urteils des Mannheimer Landesgerichtes?

Es ist schon bemerkenswert, Herr Bundesminister, wenn Sie dann mit einer Idee an die Öffentlichkeit treten – dazu hätte ich auch ganz gerne Ihre Meinung gehört –, derzufolge Sie äußern, daß Sie die 2 500 im Eigentum des Bundes stehenden Gebäude zu einem Großabnehmer bündeln und damit schon vor der von Ihnen im ElWOG festgelegten Frist in den Genuß der niedrigeren Preise der Strommarktliberalisierung kommen wollen. Herr Bundesminister! Damit durchlöchern Sie ja Ihr eigenes Gesetz und bekunden, daß Sie selbst nicht daran glauben, daß das ein gutes Gesetz ist. Wie sonst kann man denn auf die Idee kommen, das, was man den Tarifabnehmern vorenthält, zu umgehen, indem man alle 2 500 Bundesgebäude zu einem Großabnehmer bündelt?

Herr Bundesminister! Was halten Sie unter diesem Gesichtspunkt von der Überlegung, zu sagen: Jetzt gründen so viele Haushalte wie notwendig eine Interessengemeinschaft, titulieren sich auch als Großabnehmer und versuchen ebenfalls, die im ElWOG festgelegte Barriere zu überspringen, um damit in den Genuß der Strommarktliberalisierung zu kommen!?

Herr Bundesminister! Ihre Überlegung muß natürlich auch auf Haushalte anwendbar sein. Denn: Worin besteht der Unterschied zwischen einem Haushalt und einem Bundesgebäude? Wo liegt der Unterschied zwischen der Bündelung von 2 500 Bundesgebäuden zu einem Großabnehmer und der Gründung einer Interessengemeinschaft als "Energieverbraucher", die dann ebenfalls mehr als 40 Gigawattstunden in Summe pro Jahr brauchen?

Ich glaube, daß da kein Unterschied besteht. Aber Ihre Vorgangsweise, die Sie in diesen Fragen an den Tag legen, zeigt, daß Sie das Gesetz einmal so und einmal so auslegen – immer nach dem Gesichtspunkt: Wo hilft es mir beziehungsweise wo hilft es dem Verbund, wo hilft es dem Bund am besten?

Herr Bundesminister! Ihre Vorgangsweise in Sachen Strommarktliberalisierung ist die, daß Sie dann, wenn endlich einmal auch für den Bürger die Möglichkeit bestünde, vom EU-Beitritt Österreichs zu profitieren, in Österreich ein Gesetz machen, um genau das zu verhindern. Die österreichischen Bürger dürfen zwar Länge mal Breite für all das zahlen, was Österreich Richtung Brüssel abliefern muß – wir haben inzwischen eine Reihe von Sparpaketen hinnehmen müssen –, aber wenn es darum geht, daß endlich einmal, und zwar zum erstenmal, auch der einzelne Staatsbürger vom EU-Beitritt profitieren könnte, dann wird in Österreich, wird in Ihrem Ministerium ein Gesetz ausbaldowert und dann hier von der Mehrheit beschlossen, um genau das zu verhindern. Herr Bundesminister, daß Sie sich damit natürlich für die kommende Wahl bei den meisten Leuten keine großen Freunde gemacht haben, dürfte Ihnen klar sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Meine Fragen lauten: Wie wirkt sich Ihrer Meinung nach dieses Urteil von Mannheim auf die österreichische Situation aus, insbesondere auf den § 69 im ElWOG? Wie verstehen Sie Ihren Vorschlag – das würde ich gerne von Ihnen erläutert bekommen –, die 2 500 Bundesgebäude zu einem Großabnehmer zu bündeln? Sollte es tatsächlich möglich sein – auch aufgrund des bestehenden ElWOG –, daß der Bund auf dem internationalen Strommarkt billiger einkaufen wird, wie ist Ihrer Meinung nach dann die Vorgangsweise zu beurteilen, daß man hergeht und sagt: Gründen wir eine Interessengemeinschaft der Stromabnehmer, schauen wir, daß wir über die erforderliche Gigawattstundenanzahl kommen, und kaufen wir ebenfalls auf dem freien Strommarkt ein!? – Ich sage: Was dem einen erlaubt sein wird, müßte auch dem anderen erlaubt werden. Dazu hätte ich gerne Ihre Position gewußt.

Herr Bundesminister! Daß der Strom auf dem internationalen Markt billiger wird, haben Sie gewußt, bevor Sie die Illwerke-Verträge abgeschlossen haben. Jetzt hier die Härte ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das haben Sie vor allem dann, als sie in das ElWOG aufgenommen wurden, gewußt. Deshalb glaube ich, daß es nicht angehen kann, daß Sie auf der einen Seite die Härteklausel anwenden, um sich aus einer vertraglichen Verpflichtung herauszustehlen, auf der anderen Seite aber den Österreichern weiter die hohen Strompreise zumuten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Ab jetzt beträgt die maximale Redezeit 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.10

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wo, meine Damen und Herren, sind die Zeiten, als die Freiheitlichen noch einen Energiesprecher namens Prinzhorn hatten, einen Experten, der sich wirklich auskannte? Jetzt muß ich an die Adresse der Freiheitlichen sagen: Ich weiß wirklich nicht mehr, wer sich bei euch in Energiefragen noch auskennt. (Abg. Dr. Krüger: Kennst du dich aus?) – Ich versuche es zumindest. Ich rede seit zwei Jahren dazu, und zwar mit einer Zunge. Bei euch reden mindestens drei dazu, und jeder spricht von etwas anderem. (Abg. Scheibner: Von euch versteht keiner etwas davon!) Je länger Sie reden, umso mehr tragen Sie zur Verwirrung in der ohnehin etwas komplexen Materie bei. (Abg. Mag. Schweitzer: ... nicht im Griff!) Es wäre also wirklich gut, lieber Kollege Schweitzer, wenn du dir das ElWOG einmal durchlesen würdest – es wird dir nicht schaden, es ist eine recht interessante Lektüre –, dann wüßten wir nämlich beide, worüber beziehungsweise wovon wir reden. So ist das leider nicht der Fall. Du hast es bis heute nicht gelesen. (Abg. Dr. Krüger: Durchlesen genügt nicht! Das müssen Sie auch verstehen, was da drinsteht!)

Ihr habt es bis heute nicht gelesen, denn sonst würdet ihr wissen, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen, daß wir den Illwerke-Vertrag im § 70 ElWOG in den Verfassungsrang erhoben haben, damit dieser Vertrag auf alle Fälle vom ElWOG unberührt bleibt. (Abg. Scheibner: Mißbrauch der Verfassung!) Und das, was zwischen den beiden Vertragsparteien vereinbart wurde – Illwerke auf der einen Seite, Verbund auf der anderen Seite –, ist ein Vertrag wie jeder andere auch. Da gibt es unterschiedliche Auffassungen: Der eine Vertragspartner sagt: Wir ... (Abg. Mag. Schweitzer: Also doch!)

Natürlich gibt es unterschiedliche Auffassungen. Es wäre ja das erste Mal, daß bei einem Vertrag die beiden Vertragspartner über Jahre hinweg immer dieselbe Auffassung vertreten würden. – Der Verbund sagt: Die Rahmenbedingungen wurden geändert! – Das ist ein Faktum: Sie wurden geändert. Die Preise, die der Verbund jetzt erzielt, sind zum Teil nicht mehr dieselben, wie sie vor Inkrafttreten des ElWOG im Februar bestanden. (Abg. Mag. Schweitzer: Die Haushalte wissen das!) – Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.)

Das Problem bei dir ist – das stellt man fest, wenn man dir zuhört –, daß du laufend Zwetschken mit Birnen vergleichst, und das ist bitte unzulässig. (Abg. Mag. Schweitzer: Ach Gott!) Aber du hast eine Reihe von zusätzlichen Fragen an den Minister gerichtet. Ich bin überzeugt davon, daß er sie beantworten kann. Ich sage dir: Dein Redebeitrag hatte auf jeden Fall mit der gegenständlichen Anfragebeantwortung überhaupt nichts zu tun. Hier geht es um den Illwerke-Vertrag und um nichts anderes. (Beifall bei der SPÖ.) Aber du hast das ganze ElWOG hinterfragt. (Abg. Mag. Schweitzer: Da ist nichts zu hinterfragen!) Dazu hat es in diesem Haus bereits mehrmals Gelegenheit gegeben, und das können wir immer noch machen. Ich diskutiere gerne mit dir, aber ich würde dich bitten, dich vorher ins ElWOG einzulesen, damit wir wissen, worüber wir reden – nicht du über Zwetschken und ich über Birnen. (Abg. Mag. Schweitzer: Rede du auch über Zwetschken!) Reden wir über das ElWOG!

Über die Art und Weise, wie der Verbund vorgegangen ist, kann man reden, aber Tatsache ist, daß es im Verbund nach dem Aktienrecht einen Vorstand gibt, der Verantwortung zu tragen hat und dann, wenn er sieht, daß er die Preise nicht mehr erlösen kann und dennoch entsprechend höhere Preise aufgrund eines Vertrages bezahlen muß, handeln muß. Ob er so handeln mußte, wie er gehandelt hat, nämlich, daß er einfach Zahlungen eingestellt hat, ist eine andere Frage. Aber das sollen sich die beiden Vertragspartner untereinander ausmachen, das ist nicht unsere Sache, und zwar weder Sache des Gesetzgebers noch, wie ich glaube, Sache des Eigentümervertreters. (Bundesminister Dr. Farnleitner schüttelt verneinend den Kopf.)

Man könnte vielleicht im Aufsichtsrat ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.) – Herr Kollege Ofner, Sie sind Jurist, Sie wissen ganz genau, wie das Aktienrecht ausschaut. Bewegen wir uns doch dort ... (Abg. Dr. Ofner: Ich bin gelernter Starkstrommonteur mit zehn Jahren Praxis!) – Ja, okay. Das nützt Ihnen in diesem Fall sicherlich, aber Sie werden trotzdem das Gesetz lesen müssen. (Abg. Dr. Ofner: Du reagierst von hinten!) Ich nehme aber an, daß Sie es gelesen haben. Ich kann mich nicht daran erinnern, daß wir beide irgendwann einmal per du geworden wären. (Abg. Dr. Ofner: Oh mei!) Aber okay. Ich kann mich nicht erinnern, daher bleiben wir bitte beim Sie. (Abg. Dr. Ofner: Der Fehler wird mir nie wieder passieren, daß ich mit dir per du bin! – Abg. Dr. Krüger: Herr "Baron" Oberhaidinger!)

Wie gesagt, Sie werden nicht umhinkönnen, das ElWOG zu lesen. Aber ich nehme an, daß Sie es ohnehin gelesen haben. Ich wäre an einem Beitrag von Ihnen sehr interessiert.

Meine Damen und Herren! Tatsache ist, daß beide Vertragspartner – sowohl Verbund als auch Illwerke – gesprächsbereit sind. Es besteht Gesprächsbereitschaft von beiden Seiten, und es wurde mir gesagt, daß sie zurzeit keinen Richter brauchen werden. Mit dem ElWOG aber hat das wirklich sehr wenig zu tun. (Abg. Dr. Krüger: Das, was Sie sagen!) – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte.

15.14

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich kann nur betonen: Abgeordneter Schweitzer hat das Thema total verfehlt. Meine Damen und Herren! Kein Mensch behauptet, daß der Vertrag zwischen dem Verbund und den Illwerken obsolet geworden ist, weder ein Minister noch das Land Vorarlberg noch die Illwerke noch der Verbundkonzern, niemand behauptet das. (Abg. Dr. Kier: Nur der Landeshauptmann!)

Herr Abgeordneter Kier ist den Vorarlberger Illwerken auch nicht sehr gut gesinnt. (Abg. Dr. Kier: Oh!) Ich könnte Ihnen erzählen, welche Schwierigkeiten Sie damals als Vertreter des Ministeriums bei den Verhandlungen gemacht haben. Sie waren dabei, im Jahre 1983, als Sie mit Herrn Dr. Steger zusammengearbeitet haben. Aber darauf möchte ich nicht zu sprechen kommen, meine Damen und Herren, nämlich auf die Haltung von Dr. Kier in Sachen E-Wirtschaft. Das, was Sie damals diesbezüglich unternommen haben, war nicht sehr vorbildlich, Herr Dr. Kier. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es geht nur darum, daß der Verbundkonzern behauptet, er zahle zuviel für den Strom, den er bezieht, und um sonst gar nichts anderes. Da gibt es einen eindeutigen Vertrag. Der Verbundkonzern ist freiwillig, meine Damen und Herren, in diese Abnahmerechte eingetreten. Die Abnahmerechte gehörten nämlich der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke AG. Der Verbundkonzern ist, wie gesagt, im Jahre 1988 in diese Abnahmerechte freiwillig eingetreten, hat sich damals einen sehr günstigen Vertrag ausgehandelt – wohlgemerkt: einen sehr günstigen Vertrag –, denn der Verbund erhielt auch Leitungsrechte von Bürs an die Schweizer Grenze, um auch mit den Schweizern Handel treiben zu können. Der Vertrag war, wie gesagt, günstig. Und nun wird plötzlich vom Verbundkonzern behauptet, die Bestimmungen über die Preisberechnung – um gar nichts anderes geht es – seien nicht mehr adäquat, und der Verbundkonzern verlangt die Anwendung der Härteklausel.

Wir sagen dazu folgendes, meine Damen und Herren: Es gibt Phasen, in welchen ein Vertrag für die Partner günstiger ist, und es gibt wiederum Phasen, in welchen ein Vertrag für die Partner ungünstiger ist. Das ist das Wesen eines jeden Vertrages, und die Verbundgesellschaft, der Verbundkonzern hat sich an den Vertrag zu halten.

Meine Damen und Herren! Wir sind auf bestem Wege, daß sich der Verbundkonzern an den Vertrag hält. Es ist nämlich bereits klargestellt worden, daß die einbehaltenen Zahlungen seit Februar 1999, daß dieser Betrag von 10 Millionen Schilling bereits zurückbezahlt beziehungsweise nachbezahlt worden ist. (Abg. Dr. Kier: Der Landeshauptmann hat es bewilligt!) Der Verbundkonzern hat sich auch bereit erklärt, weiterhin zu bezahlen.

Ich sage auch folgendes ganz klar: Wenn der Verbundkonzern einen neuen Vertrag will, aus dem Vertrag ausscheiden will, so sind wir, so ist das Land Vorarlberg bereit, als Eigentümer der Vorarlberger Illwerke über das Ausscheiden des Verbundkonzerns aus dem Vertrag zu verhandeln. Die anderen Vertragspartner der Illwerke wollen es nicht.

Ich erinnere an die Elektrizitätswerke Baden-Württemberg, die sehr wohl – vielleicht nicht gerne – den Preis, der verhandelt worden ist, der im Vertrag festgelegt worden ist, bezahlen. Immerhin gehen nach Baden-Württemberg mehr als 50 Prozent des Stroms der Illwerke. Da gibt es keine Probleme. (Abg. Dr. Kier: Zahlen aber denselben Preis!)

Ich empfehle Ihnen, Herr Dr. Kier, und allen, die sich mit den Illwerken anlegen wollen, mehr Sachlichkeit, mehr Korrektheit und weniger Feindseligkeit gegenüber dem Land Vorarlberg! (Abg. Ing. Langthaler: Weniger Vorarlberg-Chauvinismus!)

Ich weiß, Frau Langthaler, daß Sie auch eine derjenigen sind, die immer wieder neidisch nach dem Westen blicken. Diesen Neid muß ich Ihnen lassen. Diesen Neid lasse ich Ihnen sehr gerne. Für uns gilt aber: Gegenüber Vorarlberg muß man sachlich argumentieren, korrekt, ehrlich, und dann sind wir auch korrekte Vertragspartner. Wir werden den Vertrag ganz bestimmt in jeder Weise korrekt einhalten, lehnen es aber ab, daß der Verbundkonzern uns gegenüber seine Feindseligkeit fortsetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

15.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. – Bitte.

15.19

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Die beiden letzten Debattenbeiträge veranlassen mich dazu, doch einige Klarstellungen vorzunehmen.

Herr Abgeordneter Oberhaidinger! Sie haben eine Antwort gegeben, die nicht im Einklang mit der Antwort des Bundesministers in seiner Anfragebeantwortung steht. Ich werde bei der Begründung noch darauf zu sprechen kommen. Aber vor allem wollten Sie diese Anfragebeantwortung nicht mit der Liberalisierung des Strompreises verknüpfen. Das ist aber zu verknüpfen, und ich komme darauf auch noch zu sprechen.

Herr Abgeordneter Feurstein – ich gestehe ihm das zu; ich bin hier im selben Boot, wir verteidigen hier auch die Interessen der Vorarlberger Illwerke – spricht davon, daß niemand den Vertrag zwischen Verbund und Illwerken in Frage stelle. (Abg. Dr. Feurstein: Er ist obsolet!) – Ja, obsolet. Ich frage nur, warum der Verbund zunächst einmal die besagten 70 Prozent der Rechnung nicht bezahlt hat. Jetzt hat er zwar bezahlt, aber möglicherweise erst, nachdem wir diese Anfrage eingebracht haben. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Also bitte! – Abg. Dr. Feurstein: Na bitte! – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Das ist durchaus möglich. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwarzenberger: Das ist eine starke Selbstüberschätzung!)

Herr Bundesminister! Die Antwort, die Sie auf meine Anfrage gegeben haben, ist so widersprüchlich wie die gesamte Energiepolitik, die die Bundesregierung betreibt, und ist so widersprüchlich wie das ElWOG-Gesetz an sich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitliche haben den ElWOG-Vertrag in vielen Bereichen als nicht brauchbar angesehen: Wir haben vor der EU-Rechtswidrigkeit gewarnt, wir haben gewarnt – das ist ja über den Verbund offensichtlich Ihr Ziel – vor der Aushebelung dieses in den Verfassungsrang gehobenen Liefervertrages (Zwischenruf des Abg. Oberhaidinger), zum Schaden des einen oder des anderen Vertragspartners, wir haben auch davor gewarnt, Herr Oberhaidinger, daß es ohne gemeinsame Netzgesellschaft und stärkste Wettbewerbsschritte keinen Nutzen, weder für die Stromerzeuger noch für die Stromabnehmer, geben wird.

Wir haben vor allem die ÖVP darauf aufmerksam gemacht, daß sie mit dem bestehenden ElWOG die Wettbewerbsfähigkeit der Erzeuger genauso untergräbt, wie sie verhindert, daß Strombezieher in den Genuß der europäischen Energieliberalisierung kommen. Von der SPÖ bin ich es inzwischen gewohnt, daß sie Österreichs Wirtschaft auf dem Thron der europäischen Sozialdemokratie opfert. Jetzt zeigt allerdings auch die ÖVP diese Haltung. Ihr Gewissen, Herr Bundesminister, hat in dieser Anfragebeantwortung daher sehr geflattert.

Ich habe zunächst auf die Gefahr einer Aushebelung des Illwerke-Verbund-Liefervertrages hingewiesen, und zwar vor und während der ElWOG-Verhandlungen. Sie haben dies zurückgewiesen. Experten haben auf die fehlende EU-Konformität hingewiesen. Sie haben das ebenfalls zurückgewiesen. Jetzt hat der Verbund unter Bezugnahme auf die Härteklausel begonnen, Rechnungen der Illwerke nicht zur Gänze zu bezahlen, und ich habe daher in meiner Anfrage von der Aushebelung des Vertrages gesprochen. Dreimal haben Sie in Ihrer Beantwortung jedoch diesen Tatbestand – Sie haben damit selbst Ihr Gewissen beruhigt – in Frage gestellt, aber trotzdem im selben Atemzug meine These bestätigt, indem Sie sagen:

"Kein im europäischen Wettbewerb stehender Großerzeuger, der nunmehr allen Marktbedingungen unterworfen ist, kann sich mehr auf ‚geschützte‘ Preise berufen; die Gewährung staatlicher Preisbeihilfen ist, soweit nicht in Artikel 24 Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie vorgesehen, gemeinschaftswidrig. Von diesen Marktverhältnissen, die für alle" (Abg. Dr. Feurstein: Das sind keine geschützten Preise, das sind vertraglich vereinbarte Preise!) – ich komme gleich dazu –"europäischen Erzeuger gelten, können auch die Illwerke nicht ausgenommen bleiben und werden diese daher auch ihrerseits nach konkurrenzfähigen Erzeugerpreisen trachten müssen." – Das ist Ihre Antwort.

Dazu muß man den Vertrag kennen. Der Vertrag sieht vor, daß der Verbund 24 Prozent des Illwerke-Stroms abnimmt und sich der Preis dabei nach den Kosten der Illwerke plus Gewinnspanne für den Illwerke-Eigentümer, das Land Vorarlberg, richtet. (Abg. Dr. Feurstein: Ja, genau!)

Herr Bundesminister! Bitte, was ist es dann anderes als eine Aushebelung, wenn ein Preisvertrag im Preisbereich geändert wird? Herr Minister! Sie können viele Menschen für naiv halten, aber die Vorarlberger Bevölkerung wird nicht so naiv sein, sondern sie wird begreifen, daß die Vorarlberger Illwerke unter kräftiger Mithilfe der ÖVP – das muß ich hier schon sagen – hinters Licht geführt worden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Schaden liegt beim Land Vorarlberg und seinen Bürgern, weil es den Preis für den Rückkauf ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (fortsetzend): ... auf Basis des preislich festgelegten Liefervertrages fixiert hat und die zu erwartende Dividende die Grundlage für die Kauffinanzierung dargestellt hat.

Und genau das ist das Problem, Herr Bundesminister!

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte, den Schlußsatz zu Ende zu bringen!

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (fortsetzend): Genauso sind die Ergebnisse der österreichischen Wirtschaftspolitik, aber auch die Ergebnisse des österreichischen Proporzsystems, mit dem Sie in Wirklichkeit nicht die Anliegen der österreichischen Bevölkerung vertreten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte.

15.25

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn ich nach den von mir gelernten logischen Denkfolgen summieren dürfte, dann hat Herr Abgeordneter Nußbaumer in seinem ersten Satz gesagt: Das Land Vorarlberg muß weiter das Recht haben, Strom um 1,10 S zu produzieren, und der Verbund muß ihn kaufen und den Konsumenten zu einem vernünftigen Preis liefern, damit auch Herr Abgeordneter Schweitzer recht hat.

Das ist eine Formel, die ich so nicht sehen kann, daher seien zwei, drei Dinge zu Beginn festgestellt.

Zum ersten: Die Illwerke haben einen Vertrag mit der Verbundgesellschaft. Die Verbundgesellschaft ist eine Aktiengesellschaft, in der nicht der 51-Prozent-Eigentümer das Unternehmen führt, sondern ein Vorstand, der dem Aufsichtsrat direkt verantwortlich ist. Es ist völlig klar, daß es in einem Szenario der europäischen Preislandschaft, in dem im Jahre 1988, als die Verträge geschlossen wurden, die Wirtschaftsforscher auch Österreichs Energieknappheit und stark steigende Preise vorausgesagt haben, unter dem Titel "Versorgungssicherheit" viele Dinge gab – von den Erdgasverträgen angefangen bis hin zum Illwerke-Vertrag.

Jetzt gibt es, auch ohne den vorhersehbaren Druck, in all diesen Verträgen bis Nagymaros notwendigerweise Klauseln, Härteklauseln genannt, daß bei wesentlicher Änderung der Marktverhältnisse über Dinge geredet werden kann. Sonst hätte man keine Schiedsklausel vorgesehen. Worüber hätte man sonst reden sollen? Daß sie den Strom liefern, den sie zugesagt haben, davon gehe ich aus. – Das ist die erste Feststellung.

Zweite Feststellung: Es hat im Vorstand der Verbundgesellschaft von Beginn an Diskussionen gegeben, daß sich diese Gesellschaft, die als einzige österreichische Stromgesellschaft zu 80 bis 90 Prozent von der Liberalisierung betroffen wird, im Sourcing ihrer Zulieferung um Preise kümmern muß, die derart sind, damit sie nicht in Verlustsituationen kommt. Deshalb haben wir im Gesetz festgelegt: Der Vertrag gilt weiter, die Härteklausel ist normales Recht.

Der Vorstand hat versucht, in Gespräche zu kommen, und es ist weder von mir noch von irgendeinem anderen hier zu verantworten, daß der Vorstand zu der Auffassung gekommen ist – in Österreich wenden Firmen untereinander eine Menge von Facetten bei Zahlungsusancen an; es würde mich wundern, wenn das Ihre frühere Firma nicht gemacht hätte –, über Zahlungsdruck zu versuchen, Gespräche herbeizuführen.

Nun ist dieser Druck von der Verbundgesellschaft ausgeübt worden. Ich wurde vom Land alarmiert und habe – das hat mit Ihrer Anfrage wirklich nichts zu tun – dem Verbundvorstand gesagt, das Klügste wäre, ihr würdet euch zusammensetzen und über die auch vom Land Vorarlberg eingebrachte Idee eines finanziell abgegoltenen Aussteigens aus dem Vertrag reden.

In dem Augenblick, in dem diese Bereitschaft erklärt wurde, wurden auch wieder die Restzahlungen von der Verbundgesellschaft geleistet. Daher reden wir im Augenblick von einem vertragskonformen Verhalten beider Partner, wobei es jetzt Gespräche darüber geben wird, ob sich die Verbund aus diesen Leistungen freikauft, weil es keine Aussicht gibt, jemals wieder ein Preisszenario zu erzielen – clausula rebus sic stantibus natürlich –, wie es diesem Vertrag seinerzeit zugrunde gelegt worden ist. – Soviel dazu.

Ich darf auch auf die anderen Fragen eingehen. Zunächst: Wir haben das ElWOG hier in einer Weise beschlossen, die etwas über den EU-Liberalisierungsschnitt hinausgeht, weil es darum ging, daß in Österreich gerade die Industriepreise im oberen Drittel der europäischen Preisskala gelegen sind, während die Konsumentenpreise im unteren Drittel der europäischen Preisvergleichsskala angesiedelt sind. Über die österreichische Preisregelung wurden die verarbeitende Industrie und zum Teil das Gewerbe über Jahrzehnte hinweg zugunsten der Konsumenten belastet. Daher war der größte wirtschaftliche Handlungsbedarf zugunsten der Wettbewerbsfähigkeit bei den Industriepreisen gegeben.

Ich darf daran erinnern, daß ich hier von diesem Platz aus gesagt habe: Ich glaube nicht, daß der vorgesehene lange Liberalisierungszeitraum halten kann, weil zu viel in der E-Wirtschaft wegzubrechen beginnt. Ich habe auch gesagt, daß ich glaube, daß schon in der nächsten Periode das Wahlrecht des Konsumenten möglich sein muß.

Dazu zwei Informationen an das Hohe Haus: Bei der letzten Sitzung der Energieminister wurde ein Zwischenbericht (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist keine Antwort auf unsere Fragen!) – ich bin dabei, es zu beantworten – über die Liberalisierungsumsetzung gegeben, wonach 60 Prozent der europäischen Konsumenten bereits voll liberalisiert worden sind. 60 Prozent im Bereich der Europäischen Union!

Ich glaube, daß das sehr vernünftig wäre – um einen Fall zu nennen, der zeigt, daß es manchmal vielleicht etwas schwierig ist, nämlich dann, wenn ein Bundesland, eine regionale Stromgesellschaft heftig gegen Temelin mobilisiert, gleichzeitig aber bayrischen Atomstrom in großen Mengen kauft (Abg. Parnigoni: Weil es beteiligt ist!); das sind lustige Dinge, die wir in der Zwischenzeit erlebt haben und aus denen viele lernen können –, und ich bleibe dabei: Wenn dieser Befund der Europäischen Union stimmt – ich sage nochmals, es spricht vieles dafür –, so meine ich, daß das klug wäre, und zwar gerade in Zeiten, in denen wir Energieressourcen einspeisen, die nicht immer zum Marktpreis zu erhalten sind, für die aber der Konsument, weil er erneuerbare Energie haben will, bereit ist, einen allenfalls höheren Preis zu bezahlen, weil er Wasserenergie und nicht Energie A, B oder C haben möchte. Das kann eine sehr vernünftige Antwort auf die vernünftige Überlebensstrategie der Wasserkraft in Österreich sein.

Nächste Frage: Inwieweit tangiert § 69 das deutsche Urteil? – Ich muß dazu ganz kurz sagen: Gesehen aus der österreichischen geschichtlichen Gleichung war die Verbundgesellschaft die österreichische Lösung einer zentralen Energieerzeugung schlechthin, wobei die Länder ihr gesamtes Risiko auf den Bund "outgesourct" haben. Es war ja so, daß über diverse Anleihen, über die Verschuldungsstrategien des Verbundes – quasi auf die Bundesebene – jene Strommengen produziert wurden, die von den Baukosten irgendwie vorfinanziert werden mußten. Zur Finanzierung dieser Langzeitbaukosten gab es auch die Koordinations- und Lieferverträge.

Das ist an sich ein ganz vernünftiges System, und es wird dort genau dasselbe gelten, was jetzt beim Illwerke-Vertrag gilt: Wer Langzeitverträge, die Vorfinanzierungsfunktion haben, nicht einhält, muß sich dann in Alternativlösungen der Vor- respektive Ausstiegsfinanzierung hineindenken.

Und der zweite Punkt: Gehen wir nicht davon aus, daß alle Mengen an Strom, die heute zu Spottpreisen in Europa gehandelt werden, zu einer ausreichenden österreichischen Basisversorgung einsetzbar sind. Aber ich bleibe – nochmals! – dabei: Die Verbundgesellschaft war die zentrale österreichische Stromaufbringungslösung. Die Länder haben auch ausgebaut, aber das Wesentliche ist über den Verbund gegangen.

Längerfristig gesehen ist die Wasserkraft der Energieträger der Zukunft in Europa bei allen neuen Kostenschätzungen, die vor allem auch in Richtung Atomenergie gehen. Daher besteht kein Anlaß, aus dieser Turbulenz des Überganges von einem System zu einem anderen das Kind mit dem Bade auszugießen. Ein österreichischer Richter könnte also nicht so urteilen wie ein deutsche Richter, wenn Sie mir das zu sagen gestatten.

Im letzten Gespräch mit meiner neuen schwedischen Amtskollegin für Energiepolitik habe ich erfahren, daß in Schweden in der Zwischenzeit Fachgewerkschaften Strombezugsverträge für ihre Mitglieder abschließen. Das heißt, das Szenario ist in so raschem Fluß, daß ich nach wie vor davon ausgehe, daß die österreichische Energielandschaft bereits in der nächste Legislaturperiode vor einem völlig anderen Szenario stehen wird und damit wahrscheinlich auch das ElWOG geändert werden muß.

Jetzt komme ich zur letzten Frage: der Bund als Nachfrager. Wir haben im Einsparungskomitee, das wir im Zuge der Steuerreform im Namen der Regierung etabliert haben, gesagt, der Bund als Großkunde sollte sich auf dem Markt bei Telefon ebenso wie bei Strom jene Preise holen, die ein vergleichbarer Großkunde bekommt. Ich bin Jurist genug, um zu wissen, daß das, wenn freiwillig nichts geht, ohne rechtliche Regelung nicht möglich ist. Und ich käme nicht aus der Wirtschaft, würde ich nicht wissen, daß diese Forderung gleichzeitig bedeutet, daß jede kooperative Nachfrage anderer gleichbehandelt werden müßte, weil wir sonst eindeutig mit einer ... (Abg. Mag. Schweitzer: Für jeden Haushalt!) – Da brauche ich keine Anregungen, das wissen wir in der Zwischenzeit. Das ist ja mit einer der Gedanken, der besagt: Wenn der Bund das bekommt, können Firmen das genauso bekommen, müssen das Konsumenten letztendlich genauso bekommen können.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! In Beantwortung der nicht mit dieser Frage zusammenhängenden Fragen werden wir uns daher öfter als Sie glauben über nächste Schritte der Reform und Umsetzung auseinandersetzen müssen. Der erste Schritt war allerdings der schwierigste! Ein seit 150 Jahren bestehendes Regulierungssystem mit strong vested interests – wie wir auch aus der Anfrage ersehen können – kann nicht mit einem Schlag zerschlagen werden, wenn man nicht gleichzeitig großen Ärger haben will. Aber daß sich hier die Zeithorizonte der Reform verkürzt haben, hat sich gezeigt. – Ich bedanke mich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Dr. Khol: Jetzt kommt der große Ex-Verbund-Spezialist! Sind Sie noch immer der Verbund-Spezialist? – Abg. Dr. Kier – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ja, ich halte eine Vorlesung darüber, wenn es Sie beruhigt! – Abg. Dr. Khol: Aber Sie stehen nicht mehr auf den Pay-Listen! – Abg. Dr. Kier: Nein, das nicht!)

15.35

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wenn das, was Sie gesagt haben, Herr Bundesminister, alles so umsetzbar wäre vor dem Hintergrund der politischen Landschaft, dann wäre es ja schön. – Sie wissen, was ich meine.

Eingangs meines Debattenbeitrages möchte ich mich auf Kollegen Feurstein, aber auch auf Kollegen Nußbaumer beziehen. Sie, Kollege Feurstein, haben hier einen wirtschaftspolitischen Offenbarungseid abgelegt. Sie haben geschildert, wie Sie sich Planwirtschaft in Zeiten der Europäischen Union und der Marktliberalisierung vorstellen. Das finde ich interessant. Leider hat auch Kollege Nußbaumer hier ein bißchen einen Slalom fahren müssen; einen Slalom zwischen dem Bedürfnis, das Land Vorarlberg und dessen Landeshauptmann, Herrn Sausgruber, der ja offenbar die Geschäfte der Illwerke und der VKW führt – sonst würde er ja nicht agieren –, gleich dazu heiligzusprechen. (Abg. Dr. Feurstein: Er ist der Eigentümer!) – Ja, er ist der Eigentümervertreter, ich weiß das schon, aber auch die Illwerke sind eine Aktiengesellschaft, und üblicherweise gehen nicht die Aktionäre zum Verhandeln an die Front, sondern die Vorstände. Aber möglicherweise hat er kein Zutrauen zu seinen Vorständen, oder er hat sonst nichts zu tun und macht das ganz gerne. Ich weiß es nicht; es ist jedenfalls eigenartig.

In den alten Staatshandelsländern des Ostens war das auch so: Da hat man mit den Außenhandelsministern verhandelt, und die Unternehmen haben dann vollzogen. – In Vorarlberg ist das immer noch so. (Abg. Ing. Langthaler: Da muß dann ein Vertrag herhalten!) Das ist immerhin ganz interessant, und es hat, würde ich sagen, einen gewissen Heiterkeitswert.

Weil Sie das Jahr 1983 angesprochen haben: Ich kann mich nicht so genau erinnern, ich weiß nur, ich habe damals Generaldirektor Reich kennengelernt – der Name wird Ihnen etwas sagen; ich habe heute noch ein herzliches Verhältnis zu ihm –, und er hat mir sehr viel über die Illwerke erzählt; auch über ihre Vergangenheit, auch über die Zwangsarbeiterproblematik, die in den Illwerken steckt, auch über die nachhaltige Beteiligung der Fin-Elektra, die schon in den dreißiger Jahren finanziert hat – Sie wissen, was ich meine –, und die dann zuletzt ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Feurstein) – eine Schweizer Gesellschaft, natürlich, aber bitte auch die herrschenden Kreise im Dritten Reich haben gewußt, daß die Schweiz ein "tax haven" ist, wo man Geld parken kann; es ist ja nicht so, daß denen das unbekannt war –, und die hat hier mitfinanziert. (Abg. Dr. Feurstein: Aber Ihr Verhalten im Jahre 1982 war nicht danach, wenn ich mich recht erinnere! Das kann man überall nachlesen!)

Sie wissen das alles, und Sie können daraus ersehen, daß ich offenbar ein ganz herzliches Verhältnis zu den Illwerken gehabt habe, sonst wüßte ich all das nicht, denn einem Feind erzählt man das nicht so freimütig, lieber Herr Feurstein. Daher: Betreiben Sie nicht energiewirtschaftliche Zeitgeschichte! Wir haben damals ganz andere Sorgen mit den Illwerken gehabt, als wir sie heute haben.

Heute erleben wir nämlich folgendes Szenario: Zuerst hat sich das Land Vorarlberg, das sich ja schon im Jahre 1987, als die erste Halbprivatisierung oder 49-Prozent-Privatisierung der Verbundgesellschaft durchgeführt wurde, ausbedungen hatte, daß es die Illwerke bekommen soll – das war damals schon paktiert, Sie wissen das –, die Illwerke tatsächlich recht günstig geben lassen, nämlich um einen Kaufpreis, der niedriger war als die bei den Illwerken vorhandenen freien, versteuerten Rücklagen. (Abg. Dr. Feurstein: Das war ein guter Abschluß!) Damit haben sich die Illwerke sozusagen selbst gekauft. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise hat sich das Land Vorarlberg de facto – Heimfallrecht hin oder her, Herr Kollege Feurstein – die Illwerke schenken lassen. Gleichzeitig wurden die Illwerke-Verträge abgeschlossen.

All das geschah zu einem Zeitpunkt, als man von den Marktliberalisierungen schon gewußt hat. Unter Fachleuten hat man seit 1989, 1990, 1991 gewußt, daß die Marktliberalisierung kommen werde. Die Richtlinie war noch nicht ausverhandelt, aber was es sein wird, hat man schon gewußt. Daher hat man sich gedacht: Machen wir jetzt schnell einen Vertrag, einen Vertrag mit einer Klausel: Take or pay! Wir produzieren zu beliebigen Kosten, schlagen einen Gewinn darauf, und das müßt ihr zahlen. (Abg. Dr. Feurstein: Freiwillig! Das ist freiwillig gemacht worden! Freiwillig! Kein Zwang!)

Das hat sich die Verbundgesellschaft interessanterweise alles gefallen lassen. Möglicherweise war das ein Fehler. Aber lassen wir das einmal im Raum stehen. Dieser Vertrag wurde so abgeschlossen. Sie wissen das. Der Vertrag war damals schon an der Grenze, aber er war noch – Bundesminister Farnleitner hat das gesagt – systemgebunden aus der 150jährigen planwirtschaftlichen Philosophie in der Energiewirtschaft. Gut. Das ist ein schwieriger Umstellungsprozeß, das verstehe ich.

Als nächster Schritt wurde dann das ElWOG gemacht, und beim ElWOG ist man draufgekommen, daß dieser Illwerke-Vertrag nicht markttauglich ist. Daher hat man sich entschlossen, ihn in den Verfassungsrang zu heben. Das macht ihn zwar als Vertrag für sich genommen schwer abänderbar, aber die Härteklausel ist auch im Verfassungsrang. (Abg. Dr. Feurstein: Das gilt! Niemand bestreitet das!)

Wer daher auf die Härteklausel rekurriert, hat recht, denn es ist sittenwidrig, einen dreimal höheren Preis zu verlangen, als jenen, der marktüblich ist. Und wenn das Herr Landeshauptmann Sausgruber nicht versteht, dann ist eben das Land Vorarlberg wirtschaftspolitisch in schlechten Händen. (Abg. Dr. Feurstein: Er versteht das sehr wohl!) Denn wenn ein Landeshauptmann nicht versteht, daß es sittenwidrig ist, den dreifachen Preis für ein Unternehmen zu verlangen, das man vorher geschenkt bekommen hat (Abg. Dr. Feurstein: Darüber reden wir noch! Dreifacher Preis! Das weise ich zurück!), und wenn dieser Landeshauptmann dann womöglich noch Wirtschaftspolitik in diesem Land macht, dann kann ich nur sagen: Vorarlberg, gute Nacht!

Das ist tragisch, denn offenbar ist er das so gewöhnt. (Abg. Dr. Feurstein: Das mit dem dreifachen Preis weise ich zurück!) Herr Kollege Feurstein! Seien Sie nicht so undiszipliniert und reden Sie nicht dauernd dazwischen! Das macht mich zwar nicht nervös, aber es ist einfach unangenehm. (Abg. Dr. Feurstein: Sie machen falsche Aussagen!)

Daher sage ich Ihnen noch einmal: In solch einem Bundesland muß man ja nur hoffen, daß Sausgruber demnächst einmal eine auf den Deckel bekommt. Es sei denn, die Vorarlberger wollen das. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Bundesland, in dem so viele tüchtige Menschen leben, die so erfolgreich Wirtschaft betreiben, auf Dauer mit einem Landeshauptmann leben kann, der wirtschaftspolitisch eine Steinzeitfigur ist. (Abg. Dr. Feurstein: Na bitte! Das weise ich zurück!)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Bitte den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Dr. Volker Kier (fortsetzend): Nicht einmal mehr in Albanien haben wir so etwas: eine wirtschaftliche Steinzeitfigur, einen Fred Feuerstein als Landeshauptmann in Vorarlberg. (Heiterkeit der Abg. Ing. Langthaler.) – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Feurstein: Das ist ungeheuerlich! Das weise ich zurück! – Abg. Großruck: Das ist ungeheuerlich!)

15.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

15.40

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Diese Debatte erinnert uns daran, daß heuer nicht nur EU-Wahlen und Nationalratswahlen, sondern auch Vorarlberger Landtagswahlen stattfinden. Unter keinem anderen Gesichtspunkt kann ich diese Debatte verstehen, da sie dermaßen irrational geführt wird. Auch sind die Argumente der Anfragesteller zum Teil so hanebüchen, daß ich es nur unter dem ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) – Ich weiß, Frau Partik-Pablé, Sie kennen sich mit Rassentheorien besser als mit E-Wirtschaft aus! Ich werde mich hier trotzdem mit der E-Wirtschaft und mit sachlichen Argumenten auseinandersetzen, nicht aber mit Ihrer billigen, abstoßenden Polemik.

Wir gehen noch einmal auf den ursprünglichen Punkt zurück. Ich zitiere Ihnen einen Brief aus dem Vorstand des Verbunds, Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Darin heißt es:

"Tatsache ist freilich, daß der ins Jahr 1926 zurückreichende und bis weit über die Jahrtausendwende unkündbar geschlossene Illwerke-Vertrag im krassen Widerspruch zu einem liberalisierten Strommarkt steht und als europäisches Unikat dem Erzeuger – den Vorarlberger Illwerken – nicht nur auf Jahrzehnte hinaus die hundertprozentige Abnahme seines Erzeugnisses, sondern diese auch noch zu einem Preis garantiert, der nicht im geringsten von Marktverhältnissen beeinflußt wird."

Vielleicht können Sie sich noch daran erinnern, Herr Abgeordneter Oberhaidinger, daß ich damals zum ElWOG eine abweichende Stellungnahme abgegeben habe, in der vor allem herausgestrichen wurde, daß das Heben dieses Vertrags, der schon zum damaligen Zeitpunkt aus meiner Sicht ein Anachronismus war, in den Verfassungsrang überhaupt nichts mehr mit Marktwirtschaft zu tun hat, sondern nur noch mit politischem Kalkül. Die ÖVP bekam den Illwerke-Vertrag im Verfassungsrang, die SPÖ die Kohle sozusagen abgegolten. Aber das hat nichts mit Marktwirtschaft und schon überhaupt nichts mit einer seriösen Vorgangsweise zu tun.

Der Verbund – auch dessen Vorstand – hat aus meiner Sicht vollkommen richtig gehandelt, diesen Vertrag anzufechten. (Abg. Dr. Feurstein: Der Vertrag aus dem Jahre 1926 ist nicht angefochten worden! Sie kennen sich überhaupt nicht aus!) Täte er das nicht, dann würde der Verbund gegen die Interessen seiner Aktionäre handeln. (Abg. Dr. Feurstein: Nicht den Vertrag von 1926!) Dem Verbund erwächst aus diesem Vertrag ein jährlicher Verlust von 300 Millionen Schilling. Ganz Österreich bezahlt sozusagen dafür mit, daß sich die Illwerke und Vorarlberg auf diese Weise ordentlich "ein Geld einnähen", was vollkommen unbegründet ist. (Abg. Dr. Feurstein: Im Jahr 1926 gab es keinen Verbund! Sie stehen so daneben!)

1,10 S für die Kilowattstunde fixiert über die Jahrtausendwende zu bezahlen, obwohl heute der Marktpreis im internationalen oder europäischen Bereich 30 bis 40 Groschen pro Kilowattstunde beträgt, hat überhaupt nichts mit Markt zu tun. (Abg. Dr. Feurstein: Nicht einmal den Vertrag haben Sie gelesen!) Ich bin davon überrascht, daß jemand wie Sie, Herr Abgeordneter Feurstein, der aus der ÖVP kommt und, wie ich annehme, sich doch in irgendeiner Form der Marktwirtschaft verpflichtet fühlt, ein solches System vertritt. Das ist Westsowjet, kann ich nur sagen, Herr Genosse Feurstein, aber das hat nichts mit einem marktwirtschaftlichen System zu tun! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Wir haben nun einmal liberalisierte Bedingungen, unter denen sich auch in Österreich ein Unternehmen wie beispielsweise der Verbund behaupten muß. Selbstverständlich muß auch dieser Vertrag der Realität angepaßt werden. Es kann doch nicht wirklich so sein, daß es vertraglich und in der Verfassung festgeschrieben solche Unterschiede wie jene zwischen dem Marktpreis auf europäischem Niveau und den 1,10 S gibt!

Herr Minister! In Ihrer Anfragebeantwortung merkt man schon, daß Sie sich dabei nicht ganz wohl fühlen. Denn Sie schreiben in der Antwort zu den Fragen 1 bis 4: "... könnte der marktunrealistisch hohe Preis für Illwerke-Energie in Verbindung mit der Abnahmegarantie und der Langfristigkeit des Vertrages für den stromabnehmenden Vertragspartner Verbundgesellschaft eine im Sinne des Vertrages nicht mehr zumutbare Härte darstellen."

Ja, selbstverständlich ist das eine nicht zumutbare Härte! Es ist vor allem nicht zumutbar, daß acht von neun Bundesländern, vor allem aber die Stromkonsumentinnen und -konsumenten der anderen Bundesländer, dieses Körberlgeld für die Vorarlberger Illwerke mitfinanzieren! (Abg. Dr. Feurstein: Sind Sie neidisch?) Das mag nicht so populistisch sein wie Ihre Argumentation, und das mag wahrscheinlich in Vorarlberg in einem Wahljahr nicht wahnsinnig viele Stimmen bringen (Abg. Dr. Feurstein: Sie sind neidisch!), aber seien Sie mir nicht böse, Herr Abgeordneter Feurstein (Abg. Dr. Feurstein: Das ist schade! Man sollte nicht neidisch sein!): Hier her-auszukommen und einen Vertrag zu verteidigen, der wirklich nur noch in alte kommunistische Systeme passen würde, aber nicht mehr in eine Marktwirtschaft des Jahres 1999 in Österreich, ist schlichtweg absurd! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Feurstein: Da sollte man mit offenem Blick in die Zukunft sehen!)

15.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die von der Geschäftsordnung vorgesehenen Wortmeldungen sind damit erschöpft. Die Debatte ist geschlossen.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 5586/AB

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir treten nun in eine zweite Kurzdebatte ein, und zwar über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Inneres mit der Ordnungszahl 5586/AB.

Auch diese Anfragebeantwortung ist verteilt worden. Es erübrigt sich damit die Verlesung durch den Schriftführer.

Wir gehen in die Debatte ein. Ich verweise auf die Redezeitbeschränkungen wie zuvor, insbesondere darauf, daß der Herr Bundesminister eine Redezeit von 10 Minuten nicht überschreiten soll, aber kann.

Zuerst gemeldet ist zur Begründung der Anfrage Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Ihre maximale Redezeit beträgt 10 Minuten.

15.46

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zehn Tagen hatten wir hier den Gepflogenheiten einer Dringlichen Anfrage entsprechend Zeit, uns mit dem Thema Schubhaft, mit dem Thema Abschiebungspraxis, mit dem Thema rassistische Vorkommnisse bei der Polizei und mit dem Thema Überforderung von MitarbeiterInnen bei den Sicherheitsbehörden zu beschäftigen.

Die Grünen haben hier vor zehn Tagen zahlreiche Fragen zu diesem Themenkomplex an den Herrn Bundesminister gestellt. Er hat einige trotz aller Kürze relativ präzis und inhaltsreich beantwortet. Er hat damals jedoch andere Fragen nicht beantwortet und uns schriftliche Anfragebeantwortungen versprochen. Bisher haben wir sie nicht bekommen, aber ich bin nach wie vor guter Hoffnung. (Abg. Dr. Fekter: Gratulation!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unabhängig davon ist inzwischen aber die Beantwortung einer Anfrage eingelangt, die unabhängig vom Tod Marcus Omofumas von uns gestellt wurde und die in gewisser Hinsicht dokumentiert, daß die Problematik rund um Schubhaft in Österreich – Schubhaftpraxis, Umgang mit Asylwerbern, die in Schubhaft sind – nicht anlaßfallbezogen und auf einen Einzelfall abgestellt, sondern von allgemeinem, seit vielen Jahren bestehenden Interesse ist, sowohl seitens der Opposition im Nationalrat als auch von seiten der Menschenrechtsorganisationen, jener Institutionen, die sich beruflich, vor allem aber auch ehrenamtlich damit beschäftigen.

Herr Bundesminister! Unsere Anfrage hatte eigentlich fast statistischen Charakter. Ich wollte von Ihnen wissen, wie viele Fälle von Selbstmord, Selbstmordversuchen und Selbstbeschädigungen es in der Schubhaft gegeben hat. Das ist eine sehr ernst zu nehmende, weil alle Beteiligten vor sehr große – auch psychische – Probleme stellende Angelegenheit. Denn es ist für niemanden, der mit Schubhaft zu tun hat – nicht für die Betreuer von Schubhäftlingen und auch sicher nicht für diejenigen, die in der Schubhaft arbeiten; und derer kenne ich genug –, angenehm, von diesen Ausnahmesituationen, wie ich sie nennen möchte, betroffen zu sein. Das ist es ganz sicher nicht!

Darum hat sich auch eine Einrichtung, die es noch nicht lange gibt – aber lange genug, um eine positive Bilanz zu ziehen –, sehr bewährt, nämlich die Betreuung von Schubhäftlingen durch geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von NGOs, die mit Verträgen an das Innenministerium gebunden sind. Solche Schubhaftbetreuung macht die Caritas, macht "SOS-Mitmensch" in Oberösterreich, oder die Volkshilfe, und das ist etwas – darauf hat der Herr Bundesminister bereits letzte Woche hingewiesen –, was der Deeskalation und dem Aggressionsabbau auf beiden Seiten hilft. Ich habe noch von keinem Bediensteten in einem Polizeigefangenenhaus – weder persönlich noch aus zweiter Hand – gehört, der dieser Einrichtung nicht hohe Wertschätzung entgegengebracht hätte. Denn das, was die Leute dort leisten, ist für beide Seiten hilfreich, weil dadurch für beide Seiten eine gewisse Möglichkeit des Druckabbaus besteht.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Jetzt gibt es den berechtigten Wunsch – damit komme ich auf die Statistik aus dieser Anfrage zurück –, diese Bestrebungen zu intensivieren und auszubauen, nicht zuletzt aufgrund der Ereignisse rund um den Tod von Marcus Omofuma, aber nicht nur aufgrund seines Todes, sondern vor allem auch aufgrund dessen, was in der Öffentlichkeit bekannt wurde und was zum Teil auch mir jetzt an Informationen bekannt wurde, die ich vorher nicht kannte.

Meine Damen und Herren! Der Herr Minister kennt ja seine Anfragebeantwortung, aber Sie im Detail vielleicht nicht. Deshalb möchte ich darauf hinweisen, daß an dieser Anfragebeantwortung ein Umstand in dieser Hinsicht besonders relevant ist. Wir haben nach den Jahren 1996, 1997 und 1998 gefragt, und wir haben erfahren, daß es in diesen Jahren 102, 109 und – im Jahre 1998 – 94 Selbstbeschädigungen in österreichischen Schubhaftgefängnissen gegeben hat. Das ist, absolut genommen, eine Zahl, die hoch ist, weil hinter jeder Selbstbeschädigung eine menschliche Tragik steckt. Das sind Leute – das muß man sich einmal vorstellen –, die in ihrer Situation, da sie ihnen ausweglos erscheint, als letzte Waffe, um etwas zu erreichen – ob Sie das für legitim oder nicht legitim halten, sei jetzt dahingestellt –, ihren Körper einsetzen. Ich frage mich: Wie weit muß ein Menschen sozusagen psychisch unter Druck sein, daß er das tut? – Denn für mich ist das sehr schwer nachvollziehbar.

Aber die absolute Zahl von – jetzt beziehe ich mich auf das Jahr 1998 – 94 Selbstbeschädigungen bekommt eine besondere Dramatik, wenn darauf hingewiesen wird, daß von diesen in der Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers genannten 94 oder rund 100 Fällen – er hat das nicht detailliert aufgeschlüsselt; das ist nicht sein Fehler, weil die Fragestellung nicht danach lautete – 33 auf Personen entfallen, die – was immer die Selbstbeschädigung oder der Selbstmordversuch dargestellt hat – innerhalb eines laufenden Asylverfahrens standen. Und 58 dieser Personen hatten ein abgeschlossenes Asylverfahren hinter sich. Das heißt – wenn ich das nicht nur interpretiere, sondern die nackten Fakten heranziehe –, daß fast ausschließlich Asylwerber, also fast ausschließlich Menschen, die in einem Asylverfahren stehen oder standen – für Sie macht das ja keinen Unterschied, weil sie nach Ihrem Selbstverständnis Flüchtlinge sind –, diese Selbstmordversuche und Selbstbeschädigungen vornehmen.

Herr Bundesminister! Das ist ein Alarmzeichen. Das ist deshalb ein Alarmzeichen, weil – nicht von Ihnen, sondern vor allem durch die veröffentlichte Meinung – uns jetzt auch in der Öffentlichkeit immer wieder weisgemacht wird: Die Schubhäftlinge sind alle Kriminelle, Drogendealer und Menschen, die sich, ohne dazu auch nur die geringste Legitimation zu haben, in Österreich aufhalten und deshalb zu Recht in Schubhaft sitzen!

Diese Ihre Zahlen beweisen, daß – wenn ich jetzt nur diese kleine Problemgruppe herausnehme, und es sind ja Tausende in Österreich in Schubhaft – vor allem diejenigen, die in Österreich Schutz vor Verfolgung suchen und daraufhin in Österreich in diese neuen Extremsituationen kommen. Das ist es, Herr Minister, was im Zentrum der Diskussion steht, und hierfür ist Marcus Omofuma ein Synonym geworden.

Das, Herr Minister, ist neben der allgemeinen Forderung nach einem Schubhaftvollzugsgesetz und nach allgemeinen Regelungen – Forderungen, die meiner Ansicht nach logisch sind – ein ganz wesentlicher Punkt: nämlich das zu intensivieren, was begonnen worden ist. Das ist etwas, was ich aus Ihrem Selbstverständnis heraus ebenfalls für logisch hielte. Denn die Initiativen für die Schubhaftbetreuung und die Zusammenarbeit werden ja vom Innenministerium gefördert.

Es ist dabei allerdings auch so, Herr Bundesminister, daß man dort mit dem Zuckerbrot-und-Peitsche-System vorgeht. Denn jener Institution in Graz, die Herrn Sektionschef Matzka nicht ganz so genehm war, weil sie nach seinen Vorstellungen zu rechtsstaatlich-freundlich vorgegangen ist, wird der Geldhahn zugedreht, und deren Tätigkeit wird eingeschränkt. "ZEBRA" bekommt dem Vernehmen nach – Sie wissen darüber sicherlich besser Bescheid – keinen Vertrag mehr oder weniger Geld, um diese Arbeit zu leisten.

Herr Bundesminister! Wenn es – das möchte ich hier nur stichwortartig aufzählen – im Management des Umgangs mit der Extremsituation des Todes eines Menschen in Polizeigewahrsam – was in Österreich gottlob ein Ausnahmefall ist – von Ihrer Seite nicht die Reaktion gibt, daß alles, was in Richtung psychologische, sozialarbeiterische, therapeutische Betreuung geht, um, wie zu Beginn gesagt, deeskalierend und aggressionsabbauend zu wirken – und das findet großen Respekt in den Reihen Ihrer Beamten und unserer Beamten, denn sie sind ja nicht nur Ihre persönlichen Beamten, sondern Bedienstete der Republik – mehr Gewicht bekommt, wenn das nicht der Punkt der Tätigkeit wird – neben allem, was sonst ausständig ist; ich erwähne nur das Chaos in der Vorgangsweise um Suspendierungen –, wenn das nicht ins Zentrum des Bewußtseins gerückt wird, Herr Bundesminister (Abg. Leikam: Redezeit!), dann ist wirklich Hopfen und Malz verloren, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir möchten – damit komme ich zum Schluß – Ihnen hier, abgesehen von den nackten Fakten, die Gelegenheit geben, Ihre Vorschläge tatsächlich auf den Tisch zu legen. Das ist der Sinn und Zweck, und das ist eine Chance für Sie. Ich bitte Sie, sie zu nutzen. (Beifall bei den Grünen.)

15.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Leikam. Ab jetzt gilt eine Redezeitbeschränkung von 5 Minuten. – Bitte.

15.57

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 23. März haben die Grünen beziehungsweise hat Frau Kollegin Stoisits eine Anfrage an den Herrn Bundesminister eingebracht. Die Anfrage wurde fristgerecht und, wie wir jetzt gehört haben, sehr umfangreich beantwortet sowie genügend mit statistischen Unterlagen und entsprechendem Material belegt. Das war jetzt letztlich auch Gegenstand des Redebeitrags von Frau Kollegin Stoisits.

Aber wenn ich lese, wie diese Anfrage formuliert ist, dann muß ich einmal mehr die Feststellung treffen, daß auch in dieser Anfrage wieder mit einer Reihe von Unwahrheiten schon in der Begründung versucht wird, eine Situation darzustellen, wie es sie in dieser Form in Österreich nicht gibt. Wenn Sie nämlich schreiben, daß es als Folge der menschenunwürdigen Zustände in den österreichischen Schubhaftanstalten zu diesen Aggressionen oder Selbstbeschädigungen der Schubhäftlinge kommt, dann entspricht das ganz einfach nicht den Tatsachen.

Sie selbst haben eine Einrichtung sehr gelobt, auf die ich ebenfalls noch zu sprechen kommen möchte: daß nunmehr bereits im zweiten Jahr des Bestehens private, nichtstaatliche Organisationen die Betreuung der Schubhäftlinge übernehmen, und zwar mit sehr großer finanzieller und organisatorischer Unterstützung auch durch das Innenministerium. Ich glaube, es waren im vergangenen, ersten Jahr rund 5 Millionen Schilling, die an diese nichtstaatlichen Organisationen geflossen sind, damit die Betreuung der Schubhäftlinge durch solche Organisationen erfolgen kann. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Sie selbst haben das in Ihrem jetzigen Redebeitrag sehr lobend dargestellt, sagen aber im gleichen Atemzug, daß es menschenunwürdige Zustände in den österreichischen Schubhaftanstalten gibt. Das ist nicht wahr, das entspricht nicht den Tatsachen! (Zwischenruf der Abg. Mag. Kammerlander.) Das ist eine Behauptung wider besseres Wissen, Frau Kollegin Kammerlander, die Sie hier immer wieder in den Raum stellen und in die Öffentlichkeit bringen.

Was Sie hier behaupten, entspricht nicht den österreichischen Verhältnissen und nicht den Tatsachen; hingegen ist es eine Tatsache – das ist auch von Frau Kollegin Stoisits aufgrund der Anfragebeantwortung bestätigt worden –, daß das Konflikt- und Aggressionspotential in den österreichischen Schubhaftanstalten rückläufig ist.

Wenn man von Selbstbeschädigungen spricht, dann sollte man dazusagen, was man darunter versteht. Das ist ein Sammelbegriff, mit dem der Bürger im Grunde nichts anzufangen weiß.

Darunter fallen zum Beispiel all jene, die in einen Hungerstreik treten. Auch das wird als Selbstbeschädigung in Schubhaftanstalten bezeichnet. (Abg. Mag. Kammerlander: Und die machen das nur, weil es so "lustig" ist? Oder was?) – Gut, das ist nicht lustig! Das ist nicht lustig. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Stoisits und Ing. Langthaler.) Aber seien Sie mir bitte nicht böse, wenn ich sage: Während es in "normalen" Haftanstalten durchaus möglich ist, an Hungerstreikenden eine Zwangsernährung durchzuführen, ist das bei den Schubhäftlingen nicht möglich. (Abg. Mag. Stoisits: Das wäre ja noch schöner!) Das wäre noch schöner!

Ich möchte Ihnen keinen Vorwurf machen, aber Sie haben selbst hier gesagt, daß Sie sehr oft Gelegenheit haben, mit diesen Leuten zu reden und sie zum Teil auch zu beraten, und ich kann mir durchaus vorstellen, daß in dieser Beratung manchmal auch die Empfehlung enthalten ist, daß sie, wenn sie in den Hungerstreik treten, unter Umständen früher oder vorzeitig aus der Schubhaft entlassen werden können. (Abg. Mag. Kammerlander: Na weil es so lustig ist, in den Hungerstreik zu treten, oder wie? – Zwischenruf der Abg. Schaffenrath.) Diese Empfehlungen kennen wir, die gibt es, sie sind ein Faktum, eine Tatsache! Aber dann gleichzeitig zu beklagen, daß es so viele Hungerstreikende gibt, halte ich für unseriös und für nicht fair! (Abg. Mag. Kammerlander: Das machen die, weil es so "lustig" ist und ihnen so langweilig ist!)

Ich glaube, daß wir gerade mit der Möglichkeit der Betreuung durch nichtstaatliche Organisationen, die es nun schon das zweite Jahr in Österreich gibt – und das flächendeckend in ganz Österreich – und die von insgesamt elf Organisationen wahrgenommen wird, im Vergleich zu anderen Ländern eine vorbildliche, eine beispielgebende Vorgangsweise bei der Betreuung der Schubhäftlinge gewählt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen! Noch ein zweiter Punkt. Ausschließliches Ziel Ihrer Kritik ist der Innenminister. Ich habe aber weder in Ihren Anfragebesprechungen noch in anderen kritischen Wortmeldungen von Ihnen gehört, daß Sie einmal danach fragen, was die Länder in dieser Angelegenheit tun. Die Länder sind nämlich nach dem Fremdengesetz dazu verpflichtet, eine geeignete Anzahl von Schubräumen zur Verfügung zu stellen. Sie tun das aber nicht! Ausgerechnet die zwei kleinsten Bundesländer Österreichs, nämlich Vorarlberg und das Burgenland, machen dabei mit, aber alle anderen Bundesländer sind säumig.

Die Länder wären dazu verpflichtet, zunächst einmal eine ausreichend große Zahl an Schubräumen zur Verfügung zu stellen, damit dieser Schubtourismus, den es in Österreich gibt (Abg. Mag. Kammerlander: Was ist ein "Schubtourismus"?) – und die Beamten haben es durchaus nicht sehr gerne, daß sie die Schubhäftlinge von einem Bundesland in ein anderes oder nach Schwechat verbringen müssen –, abgestellt werden kann, denn das ist nicht angenehm! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) – Herr Präsident, ich komme zum Schluß.

Daher wäre auch einmal Kritik an der Vorgangsweise der Länder angebracht, meine Damen und Herren (Abg. Dr. Petrovic: Sind dort nicht SPÖ und ÖVP an der Macht?), statt immer nur den Innenminister als Ziel der Kritik zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Günther Platter. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.03

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte diese Anfragebesprechung zum Anlaß nehmen, um auf die Schubtransporte zu sprechen zu kommen und klare Forderungen aufzustellen, um künftig praxisbezogene Abschiebungen zu ermöglichen.

In der Sondersitzung von vergangenem Montag habe ich jene Richtlinien kritisiert, die das Innenministerium für die Abschiebung auf dem Luftwege erstellt hat und die damals bereits in Form eines Erlasses vorgelegen sind. Die Kritik der ÖVP lautete damals, daß diese Richtlinien in der Praxis nicht umsetzbar sind, daß die Verwendung eines Helmes für einen Schubhäftling ein totaler Unsinn – ein "Helmflop" – ist und daß diese Richtlinien eigentlich nur eine politische Reinwaschung sind. Unsere Kritik ging vor allem auch in jene Richtung, daß mit diesen neuen Richtlinien in der Praxis beinahe überhaupt keine Abschiebungen mehr möglich sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das kann es mit Sicherheit nicht sein! Daher sagen wir ein klares Nein zu diesen Richtlinien, die aus einer erkennbaren Nervosität im Husch-Pfusch-Verfahren erarbeitet wurden. Die Kritik, die wir in der Sondersitzung geübt haben, wurde im Laufe dieser Woche bestätigt.

Was ist nun die Meinung der ÖVP dazu? – Sie ist ganz klar. Wir sagen ein klares Ja zu den Abschiebungen, weil es nicht vertretbar ist, daß sich in unserem Land Illegale aufhalten. (Beifall bei der ÖVP.) Wir sagen darüber hinaus ein klares Ja zur Exekutive, die, ohne jetzt auf den Anlaßfall zu sprechen zu kommen, diese äußerst schwierige Amtshandlung der Abschiebung durchführen muß. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Wir sagen darüber hinaus aber auch ein klares Ja zu Richtlinien, die Abschiebungen ermöglichen, Richtlinien, die den Exekutivbeamten praxisbezogene Möglichkeiten geben, Abschiebungen erfolgreich durchzuführen, ohne daß das Innenministerium dadurch seine Hände in Unschuld waschen kann und ohne daß man teilweise wegschauen kann und schlußendlich die amtshandelnden Beamten den Schwarzen Peter haben. Das kann es mit Sicherheit nicht sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Minister! Wir brauchen einen vernünftigen Erlaß, mit dem den Exekutivbeamten klare Regelungen gegeben werden, damit sie wissen, was zu tun ist, wenn dieser oder jener Fall eintritt. Wir brauchen klare Richtlinien, die selbstverständlich auch die Interessen der Schubhäftlinge berücksichtigen. Was wir hingegen nicht brauchen, sind Richtlinien, die Abschiebungen künftig nicht mehr möglich machen.

Herr Minister! Zum Schluß kommend möchte ich jene Forderungen wiederholen, die wir anläßlich der letzten Sondersitzung aufgestellt haben. Vergessen wir diesen Husch-Pfusch-Erlaß und arbeiten wir gemeinsam mit den Praktikern Richtlinien aus, die auch künftighin Abschiebungen ermöglichen! Es ist das sicherlich nicht nur im Interesse der Exekutive, im Interesse der ÖVP, sondern meiner Meinung nach auch im Interesse eines großen Teiles der Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP.)

16.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Gleiche Redezeit. – Bitte.

16.06

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Platter, ich gebe durchaus zu, daß das wirklich vernünftige Vorschläge sind, die Sie soeben gemacht haben. Ich hoffe nur, daß das Klima in der Koalition – das hat sich heute am Vormittag schon abgezeichnet – nicht schon so vergiftet ist, daß es auch in diesen Bereichen zwischen euch keine Zusammenarbeit mehr gibt. (Abg. Kiss: Nein! Nicht im Bereich der inneren Sicherheit!) Denn, Herr Innenminister, die Art und Weise, wie man diesen tragischen Todesfall in den letzten Tagen, seit der ganze Vorfall an die Öffentlichkeit gekommen ist, aufgearbeitet hat, scheint mir nicht dazu geeignet zu sein, als Bild eines geglückten Krisenmanagements oder eines Lernens aus diesem Fall für die Zukunft zu dienen.

Vor allem aber habe ich den Eindruck, Herr Bundesminister, daß Sie dem wachsenden Druck der linken Kräfte dieses Landes, die Sie massiv bedrängt haben, langsam aber doch nachzugeben beginnen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Schnell hat er nachgegeben, nicht langsam!) Denn wie anders ist es zu beurteilen, wenn Sie noch gestern einer Vorarlberger Zeitung gegenüber in einem Interview sagen, bei Gewalt sei es besser, die Abschiebung abzubrechen? – Das heißt also, daß Sie an Ihrem Erlaß, den Sie – durchaus verständlich – im Schock dieser Ereignisse herausgegeben haben, festhalten wollen.

Was bedeutet das aber, Herr Bundesminister? – Das ist doch nichts anderes als eine Aufforderung zum Widerstand (Beifall bei den Freiheitlichen), da jedem Schubhäftling klar ist, daß, sollte er sich gegen die Abschiebung zur Wehr setzen, diese abgebrochen wird. Er weiß auch ganz genau, daß er nach sechs Monaten Schubhaft freigelassen werden muß. Und außerdem weiß er ganz genau – und wir fürchten, daß Sie diesbezüglich den Vollzug der Gesetze jetzt eher locker handhaben werden; bedenken Sie etwa die Intention dieser Anfrage –, daß er selbstverständlich die Möglichkeit hat, sich durch Hungerstreik oder durch andere Aktionen aus der Schubhaft freizupressen, um danach wieder in die Illegalität abtauchen zu können. Und genau deshalb haben wir Sie schon in der Sondersitzung kritisiert.

Herr Bundesminister! Sie werden uns als wirklich strikte Gegner finden (Beifall bei den Freiheitlichen), sollten Sie die Gesetze, die Sie zu vollziehen haben, aufweichen wollen. Denn es muß weiterhin der Grundsatz gelten, daß jeder, der sich illegal in Österreich aufhält, und jeder Ausländer, der in Österreich straffällig wird, dieses Land zu verlassen hat. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.) Diesen Grundsatz haben Sie, Herr Innenminister, durchzusetzen!

Herr Bundesminister! Was wird denn der nächste Schritt sein, wenn die Herrschaften von Grün und Liberal den Druck noch weiter verstärken, wenn sie noch mehr in die öffentliche Diskussion gehen? Werden Sie dann auch die Zuzugsbeschränkungen aufheben? Wird man dann sagen: Gut, wir machen noch einmal ein Zugeständnis, wir erhöhen die Quoten oder machen in anderen Bereichen bei den Asylbestimmungen Zugeständnisse? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das macht er eh jetzt schon, der Herr Minister!)

Herr Bundesminister! Das würden wir uns von Ihnen nicht erwarten! Wir fordern von Ihnen ganz klar, daß Sie jene Gesetze einhalten, die das Parlament hier beschlossen hat. Davon dürfen Sie nicht abweichen, denn sonst – das sage ich Ihnen ganz offen – werden wir die nächsten sein, die Untersuchungsausschüsse verlangen, in denen der mangelnde Vollzug der Gesetze zu überprüfen sein wird. Denn es kann auch nicht so sein, daß Sie tatenlos zusehen, wie wir Berichte bekommen, nach denen etwa im vorigen Jahr 5 000 – 5 000! – Asylwerber während des laufenden Verfahrens plötzlich in der Illegalität verschwunden sind – und nichts dagegen getan wird!

Sie sollten diesen Erlaß aufheben, Sie sollten weiterhin die Gesetze konsequent vollziehen, Sie sollten selbstverständlich dafür sorgen, daß auch da mit möglichst humanen Maßnahmen vorgegangen wird. Sie sollten aber auch dafür sorgen, daß endlich ausreichend viele Schubhafträume geschaffen werden, durchaus auch mit Druck auf die Länder, sodaß es nicht der Fall ist, wie wir das jetzt immer zu verzeichnen haben, daß etwa in Tirol ein Drittel der illegalen Ausländer allein wegen Mangels an Schubhaftkapazitäten wieder freigelassen werden muß.

Herr Minister, Sie müssen aber auch für den Schutz der Beamten sorgen, die bei manchen Abschiebungen unter diesen Gewalttätigkeiten leiden; auch da verlangen wir Konzepte, haben aber bis jetzt nichts von Ihnen gehört. Sie haben gesagt, mit dem vorgeschlagenen Helm wird es bei einer Abschiebung doch nicht gehen. Welche Alternativen gibt es denn, die Beamten, die einen sehr schweren Dienst zu leisten haben, vor solchen Übergriffen zu schützen?

Auf diese Fragen sind Sie uns, Herr Minister, nach wie vor eine Antwort schuldig. Ich fordere Sie daher nochmals auf, ganz klare Antworten zu geben und im Sinne des Rechtsstaates jene Gesetze zu vollziehen, die Ihnen das Parlament vorgegeben hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Koppler: Wie jetzt? Einmal so, einmal so ...! – Abg. Dr. Gredler: So wie wir, Herr Koppler! – Abg. Ing. Langthaler – in Richtung des Abg. Koppler –: Ihr macht es so wie die FPÖ! Euch unterscheidet nur ein Buchstabe, sonst nichts!)

16.11

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zunächst die Feststellung: Die Anfragebeantwortung, die wir hier besprechen, zielt auf Fakten – und diese Fakten sind auch auf den Tisch gelegt worden. Und das ist das Gute an einer Anfrage, daß sie Fakten zutage fördert. Es sollte allerdings, so meine ich, in diesem Problemfeld das Anliegen aller sein, daß alle Fragestellungen und alle Fakten, die für eine Beurteilung dessen, ob das, was in dieser Sache geschieht, vor allem in seinen Abläufen geschieht, rechtens ist, ob es menschenrechtskonform ist, von Bedeutung ist, schonungslos auf den Tisch gelegt werden.

In diesem Sinne ist diese Anfragebeantwortung, die wir jetzt hier besprechen, sicherlich auch ein Baustein dazu, und die Interpretation der Zahlen ist manchmal entlarvend. Sicher ist es zutreffend, daß die Zahl der Schubhafträume ein Problem ist, sicher ist es auch zutreffend, daß es da wirklich massive Unzukömmlichkeiten gibt. Allerdings ist der Ausdruck "Schubhafttourismus" schon sehr euphemistisch, denn das Wort "Tourismus" ist in diesem Falle wirklich fehl am Platz.

Es handelt sich dabei um die Hilflosigkeit von Behörden, ein Problem zu bewältigen, das sie teilweise selbst geschaffen haben. Die Schubhaft wird doch viel zu restriktiv eingesetzt, wobei ich allerdings nicht verkenne, daß sie dann und wann und gelegentlich notwendig ist. Ich sage das sehr bewußt, damit uns Liberalen nicht wieder einmal, wie so oft, "blauäugige Naivität", um nicht zu sagen "Dummheit", unterstellt wird.

Nochmals: Wir wissen, daß auch dieses Instrument dann und wann und immer wieder zum Einsatz wird kommen müssen, aber die Frage ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel – das wird jedoch gar nicht diskutiert in diesem Hause – beziehungsweise die tatsächliche Notwendigkeit der Schubhaftbetreuung: nicht nur als Alibiaktion mit drei Minuten Zeit pro Woche und Schubhäftling. Es müssen sich Vertrauensverhältnisse entwickeln können, die im übrigen auch dann deeskalierend wirken, wenn abgeschoben werden muß. Wem glaubt man denn, wenn man erfolglos geblieben ist in einem Asylverfahren? – Demjenigen, der mir, nolens volens, als Scherge gegenübergestanden ist, oder demjenigen, der einen in dieser Phase betreut hat?

Ich meine, es ist heute mehr als sichtbar geworden, daß unsere Behörden und die Sicherheitssprecher der Regierungsparteien teilweise ein gestörtes Verhältnis zu jenen Menschen haben, die Schutzbefohlene betreuen. (Widerspruch des Abg. Kiss.) Sonst könnte doch Herr Kollege Leikam nicht unterstellen, daß Schubhaftbetreuer die Schubhäftlinge grundsätzlich zu illegalen Handlungen anregen würden. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé. – Abg. Kiss: Sie täten sich schön bedanken, wenn ich über Sie einen Kübel voller Schmutz ausschütten würde!)

Es ist mir wichtig, zu sagen: Schubhaftbetreuer leisten schwere Sozialarbeit. (Abg. Kiss: Bestimmt!) Sie sind so erfolgreich, wie sie eben sind, aber sie müssen die Möglichkeit haben, zeitlichen Einsatz leisten zu können.

Herr Kollege Kiss, es ist uns mehr als einmal von diesem Rednerpult aus – auch von Ihnen – unterstellt worden, wir wären "naiv", "blauäugig", um nicht überhaupt zu sagen "deppert". (Abg. Kiss: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe differenziert!) Und daher halten Sie bitte Kritik aus, wenn ich Sie im politischen Raum bewerte und nicht Ihre Persönlichkeit angreife! Halten Sie doch diese Kritik bitte aus! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Und das alles bitte vor dem Hintergrund, daß hier Kollege Leikam Schubhaftbetreuer der Komplizenschaft mit Kriminellen geziehen hat. Das halte ich für schlecht! Wir brauchen gute Schubhaftbetreuer, Schubhaftbetreuer, die auch in der Stunde der Not des Asylwerbers, der mit seinem Asylantrag gescheitert ist, an dessen Seite stehen, diesen beraten und unter Umständen sehr stark deeskalierend wirken. (Abg. Kiss: Ich habe den Eindruck, Sie wissen nicht, wovon Sie reden!) – Ich weiß, wovon ich rede! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Kiss.)

Wenn Sie allerdings diesen menschlichen Zugang nicht haben, dann haben Sie ein gestörtes Verhältnis zu den Menschenrechten – und dann "passiert" Ihnen etwas. In Ihrer Welt ist es ja nur "passiert", daß Marcus Omofuma gestorben ist. Das war Ihrer Ansicht nach offenbar ein "Mißgeschick" in sonst üblichen Abläufen.

Ich meine, um die Abläufe geht es dabei. Es geht um den Umgang, es geht um die Verhältnismäßigkeit der Mittel, und die angesprochenen Selbstbeschädigungen und Selbstmordversuche sind ein Spiegel der Unverhältnismäßigkeit der Mittel. Da haben wir einen Bundesminister für Inneres, der uns sagt – sozusagen unter Eid sagt, ja schwört! –, er habe von all diesen Praktiken nichts gewußt. Diese Aussage steht im Raum, und solange sie nicht widerlegt ist, muß sie geglaubt werden, auch wenn es einen dabei manchmal sehr stark zusammenkrampft, weil das unplausibel klingt! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Unplausibel ist es – das wird man wohl noch sagen dürfen –, daß ein Bundesminister so schlecht informiert ist. Die Frage ist: Wie lange kann Minister Schlögl dieses Spiel betreiben – bis vielleicht am Schluß herauskommt, daß er nicht fähig ist, das Ressort zu leiten, weil er nichts weiß? – Irgendwann wird die Grenze erreicht sein, und daher erwarte ich mir heute von ihm, daß er von der Regierungsbank aus zu diesem vorgelegten schriftlichen Gedächtnisprotokoll Stellung bezieht, in dem ein reputierter Mensch schriftlich niedergelegt hat, daß er Herrn Bundesminister Schlögl expressis verbis im Jahre 1997 darüber informiert hat, daß das Verkleben des Mundes von Schubhäftlingen Faktum ist.

Ich erwarte mir, daß sich der Herr Bundesminister dazu äußert – möglicherweise, indem er sagt, ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe, oder eben auch etwas anderes sagt. Ich will, daß der Herr Bundesminister diesem Haus gegenüber eine offizielle Erklärung abgibt, denn ich meine, er ist uns das schuldig, und ich meine auch, daß das nicht im Raum stehen bleiben kann. Dann wird eben Aussage gegen Aussage stehen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten!

Abgeordneter Dr. Volker Kier (fortsetzend): ... und wir werden die Beweiswürdigung selbst vornehmen müssen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

16.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kammerlander. – Bitte.

16.17

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Bei manchen Debatten frage ich mich schon: Was ist in der demokratischen Entwicklung in unserem Lande schiefgelaufen? Beim Debattenbeitrag des Kollegen Leikam habe ich mich das wirklich sehr gefragt, kann ich nur sagen. – Herr Kollege Leikam, darüber, daß Ihnen in Ihren Ausführungen oder bei Ihrer Tätigkeit als Abgeordneter überhaupt nie in den Sinn gekommen ist, einmal zu überlegen, ob die Schubhaft wirklich das beste, intelligenteste und humanste Mittel zur Betreuung von um Asyl ansuchenden Menschen ist, kann ich mich wirklich nur wundern.

Stattdessen aber halten Sie hier eine Rede, die mir völlig kraus vorkommt, um das einmal so zu formulieren und keinen Ordnungsruf für irgendwelche anderen harmlosen Worte zu bekommen. Völlig kraus war das, weil Sie nie folgende Überlegung angestellt haben: Wenn Menschen, die nach Österreich kommen, die Sicherheit wollen und hier einen Antrag auf Asyl stellen, von Anfang an betreut werden würden, so zum Beispiel in der Bundesbetreuung, wenn diese von Anfang an entsprechende Unterstützung hätten, nicht hinter Gitterstäben sitzen müßten, eingesperrt in Zellen – allein das löst Angst und Panik aus –, sondern wenn diese Menschen Betreuung fänden, die die Bezeichnung "menschenwürdig" verdient, dann hätten Sie – das garantiere ich Ihnen; das zeigen auch alle Erfahrungen dort, wo annähernd so etwas durchgeführt wird – zwangsweise Abschiebungen so gut wie nicht mehr nötig. Dort, wo das auch nur ansatzweise durchgeführt wird, zeigt sich das. Es gibt ja Einrichtungen, die das zu tun versuchen.

Aber all das, was hier erwähnt wird, was von uns auch lobend erwähnt wird, an entsprechenden Sozialdiensten, an entsprechenden Flüchtlingsberatungseinrichtungen, -diensten, an Unterstützungen und so weiter, ist doch bitte nichts anderes als ein kleines Pflaster auf einer viel zu großen Wunde. Das kann das nie schließen und nie abdecken, solange diese Menschen in Gefängnissen sitzen müssen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Es ist mir nach wie vor völlig unbegreiflich, wie man um Asyl ansuchende Menschen in ein Gefängnis stecken kann.

Ich sage Ihnen noch etwas: Meine Erfahrungen – ich habe in der Steiermark Gefängnisse besucht – sind, daß jene, die ganz klar kein Fall für Asylansuchen sind, aus Rumänien, aus der Slowakei, aus Polen, sehr einsichtig sind, wenn sie abgeschoben werden. Diese treten nicht in Hungerstreik, diese wehren sich nicht.

Sie können jetzt sagen: Na gut, die probieren es wieder, über irgendwelche grünen Grenzen nach Österreich zu kommen. Ja! Sie werden wieder gefaßt werden. Manche sind bereits drei-, viermal gefaßt worden. Die nehmen das eben auf sich, und zwar aus einer anderen Art von Verzweiflung, weil sie vielleicht keine Arbeit haben, oder auch aus anderen Gründen. Aber jene, die sich selbst beschädigen, die in Hungerstreik treten, die andere Verletzungen auf sich nehmen, das sind jene Menschen, die Todesängste haben. Und wissen Sie, was das System dahinter ist? – Das System dahinter ist, daß Asylansuchen in Österreich mangelhaft geprüft werden und daß auch mangelhaft geprüft wird, ob individuelle Verfolgung vorliegt. Von der Überprüfung der politischen Situation in den einzelnen Ländern will ich gar nicht sprechen. Das haben wir wiederholt in den vergangenen vier Jahren hier in Anfragen nachgewiesen und Ihnen auch wiederholt gesagt: Da gibt es eine Divergenz zwischen der Einschätzung im Außenamt und im Innenministerium, die himmelschreiend ist! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiss: Wieder eine Behauptung, die nicht stimmt! Was Sie sagen, stimmt nicht!)

Warum, frage ich Sie, werden Menschen aus Afghanistan heute noch eingesperrt, wenn sie nicht einmal abgeschoben werden können, weil dieses Land sie gar nicht annimmt und aufnimmt und wir alle wissen, daß sie dort zu Tode kommen? Warum? Sagen Sie mir die Erklärung! (Abg. Kiss: Das hat völlig andere Gründe als jene, die Sie ins Treffen führen, Frau Kollegin!)

Herr Minister! Insofern ist alles, was Sie heute hier sagen, alles, was Sie versuchen zu tun, vom Helm angefangen, eine Hilflosigkeit, eine Hilflosigkeit sondergleichen! Gehen Sie doch an das Problem heran und ändern Sie diese Praxis! Heben Sie die Schubhaft auf und führen Sie eine ordentliche Bundesbetreuung ein, die den Namen verdient, nämlich "Betreuung", und die im übrigen weitaus billiger ist als alle Schubhaftkosten! Das haben wir Ihnen in den letzten Jahren auch schon nachgewiesen. (Beifall bei den Grünen.)

Tun Sie das doch, anstatt irgendwelche hilflose Richtlinien zu erlassen und uns vorzutragen, die absurd, abstoßend und menschenunwürdig sind! Richten Sie doch eine Bundesbetreuung für jene, die nach Österreich kommen und hier wirklich Asyl beantragen, ein! Schauen Sie bitte – führen Sie das als erstes durch –, daß die Menschen nicht abgeschoben werden, wenn sie noch eine Instanz ausschöpfen können (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – ich bin bei meinem Schlußsatz – und noch einen Funken von Hoffnung haben! Das wäre meiner Meinung nach die richtige Politik. (Beifall bei den Grünen.)

16.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort hat sich der Bundesminister gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Minister.

16.23

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich habe seit meinem Amtsantritt versucht, in der Frage der Fremden-, Asyl- und Zuwanderungspolitik klare Grundsätze und klare Richtlinien zu vertreten. Das Entscheidende und Wichtigste in dieser Zuwanderungs-, Asyl- und Fremdenpolitik ist für mich die Integration der Menschen, die bereits in Österreich sind, vor einer Neuzuwanderung und größtmögliche Rechtsstaatlichkeit für alle, die Asylansuchen gestellt haben.

Diese Grundsätze sind aber auch davon getragen – und ich sage das hier sehr klar –, daß es für einen Staat möglich sein muß und daß es für einen Staat eine Verpflichtung ist, Menschen, die gegen gesetzliche Normen der Republik verstoßen haben, in Schubhaft zu nehmen und auch abzuschieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stehe dazu, daß die Schubhaft in Österreich notwendig ist. Es ist falsch zu behaupten, daß nur Asylwerber in Schubhaft sind. Es sind bestenfalls 50 Prozent aller Schubhäftlinge Asylwerber. Der Rest sind Illegale oder aus anderen Gründen Festgehaltene. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits. – Abg. Kiss: Sie haben es behauptet!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns in den letzten Monaten und Jahren wirklich bemüht, die Schubhaft zu vermenschlichen. Wir haben uns bemüht, das gelindere Mittel einzuführen. Wir haben heute beispielsweise mehr als 3 400 Menschen, die in Bundesbetreuung sind, Frau Abgeordnete Kammerlander. Das heißt, wenn gesagt wird, daß wir uns nicht bemühen, dann ist das einfach falsch. Sie müssen aber auch genauso sehen, daß es, wenn wir die Schubhaft nicht hätten, sehr viele Menschen gäbe, die illegal nach Österreich kommen, die wir nicht abschieben können, weil sie untertauchen. Das beste Beispiel dafür ist, daß im vergangenen Jahr bereits mehr als 4 000 Menschen, die um Asyl angesucht haben, untergetaucht sind, deren Asylverfahren wir nicht abschließen konnten, weil sie während oder vor der Bundesbetreuung einfach verschwunden sind. (Abg. Kiss: Das nehmen sie nicht zur Kenntnis! Grüne und Liberale wollen das nicht zur Kenntnis nehmen! Sie wollen die Realität nicht akzeptieren!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keine Alternative zur Schubhaft. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Es ist aber natürlich notwendig und wichtig, alles daranzusetzen, daß die Schubhaft möglichst menschlich, möglichst human gestaltet wird. Diesbezüglich habe ich mich seit meinem Amtsantritt mehr als jeder andere Minister bemüht. Und in meiner Zeit wurde die Schubhaftbetreuung durch nichtstaatliche Organisationen eingeführt.

Elf Vereinigungen, meine sehr geehrten Damen und Herren, führen in ganz Österreich nun dieses Projekt der Schubhaftbetreuung durch, ob das die Caritas ist, ob das "SOS-Mitmensch" ist, ob das die Evangelische Diakonie ist, die Volkshilfe oder viele andere Organisationen. Mehr als 5 Millionen Schilling gibt die Republik Österreich, das Innenministerium, nur für diese Schubhaftbetreuung aus. Und ich sage Ihnen, sie hat sich bewährt.

Diese Schubhaftbetreuung macht sich auch im besten Sinne des Wortes bezahlt. Sowohl die nichtstaatlichen Organisationen als auch die Polizeidirektionen, unsere Polizeibeamten sind der Auffassung, daß das Konflikt- und das Aggressionspotential in vielen Fällen infolge dieser Schubhaftbetreuung gesunken ist. Es konnten Selbstbeschädigungen, Selbstmordversuche und auch Hungerstreiks im Vergleich zu früher deutlich reduziert werden.

Ich habe aber nicht nur diesen Eckpfeiler der Schubhaftbetreuung durch nichtstaatliche Organisationen eingeführt, sondern auch ein zentrales Schubhaftmanagement eingerichtet, das sich sehr bewährt hat. Wir haben im Integrationspaket das gelindere Mittel eingeführt, meine sehr geehrten Damen und Herren, das dazu dient, daß viele Asylwerber nicht mehr in Schubhaft sind, sondern in Bundesbetreuung: 3 400 sind es allein zum jetzigen Zeitpunkt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich auch bemüht, nach den tragischen Ereignissen rund um den Tod von Herrn Marcus Omofuma so schnell wie möglich eine Vielzahl von Maßnahmen zu setzen. Ich will all diese Maßnahmen nicht aufzählen. Eine der Maßnahmen war, daß wir möglichst schnell Richtlinien, nach welchen Kriterien künftig solche Abschiebungen stattzufinden haben, erstellt und unseren Beamten zugesandt haben. (Abg. Kiss: Die waren nicht in Ordnung! Sind ohne uns geschehen, sind nicht in Ordnung, ohne die Praktiker zu Rate zu ziehen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bekenne mich zum Mut zum Unzulänglichen! Ich bin mir dessen bewußt, daß diese Richtlinien nicht der Weisheit letzter Schluß sind. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, habe ich mich auch in der Zwischenzeit mit Beamtinnen und Beamten zusammengesetzt, die in der Praxis tätig sind (Abg. Kiss: Genau um das geht es!), die solche Abschiebungen gemacht haben; da habe ich eine Reihe von wertvollen Informationen bekommen. Deshalb habe ich mit Herrn Abgeordneten Platter vereinbart, daß wir uns morgen zusammensetzen und die Vorschläge der ÖVP überprüfen. Und deshalb werden im Laufe der nächsten Woche ergänzende Richtlinien zu den bereits vorgelegten Richtlinien herauskommen, und es wird auch der vorläufige Abschiebungsstopp bei Abschiebungen, bei denen Widerstand zu erwarten ist, negiert und außer Kraft gesetzt werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Manche von Ihnen reden jetzt nur von dem, was schiefgelaufen ist. Es ist in der Vergangenheit auch sehr viel gut gelaufen. Sie können sich in einer Reihe von Polizeidirektionen erkundigen – ich habe das in der Zwischenzeit getan –, dann werden Sie erfahren, daß es in der Abschiebepraxis auch sehr viele bemerkenswerte und positive Initiativen gegeben hat und sehr viele Beamte in sehr engagierter Weise tätig gewesen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kier hat mich aufgefordert, zu dem Vorwurf des Herrn Schenk, eines ehemaligen Mitarbeiters von "SOS-Mitmensch", Stellung zu nehmen, der gegenüber der Zeitschrift "NEWS" gesagt hat, daß er mich bereits im Jahre 1997 über die Praxis von Knebelungen durch Klebebänder informiert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorweg möchte ich einmal sagen, daß es für mich – und ich nehme an, für jeden in diesem Haus – sehr schwierig ist, auf Anhieb zu sagen, mit wem man welches Gespräch mit welchem Inhalt vor mehr als zwei Jahren geführt hat. Ich habe aber trotzdem, als ich von diesen Vorwürfen gehört habe, versucht, aufgrund meines Terminkalenders die Dinge zu rekonstruieren. Vorweg einmal: Es hat, wie behauptet, ein Gespräch mit der Hilfsorganisation "SOS-Mitmensch" am 3. März stattgefunden. Und es gab ein Interview – ich glaube, am 21. September; auf jeden Fall im September 1997 – mit der Zeitung "Kirche intern". Diese beiden Behauptungen stimmen. Ich kann mich an die Gesprächsinhalte, um die es damals ging, nicht mehr erinnern. Ich darf Sie aber darauf hinweisen, und das mit allem Nachdruck, daß nach all meiner Erinnerung auszuschließen ist, daß mir Herr Schenk damals solche Informationen gegeben hat.

Zweitens möchte ich darauf hinweisen, daß es eine Mitschrift von dem ersten Gespräch gibt, die meine Mitarbeiterin, Frau Mag. Brenner, angefertigt hat. Meine Mitarbeiterin sitzt hier, sie hat diese Mitschrift mit. Sie steht jedem Abgeordneten, Sie steht Ihnen, Herr Abgeordneter Kier, zur Verfügung. Sie steht allen Journalisten zur Verfügung. Und aus dieser Mitschrift geht auch zweifelsfrei hervor, daß wir über viele Themen diskutiert haben: über die Familiennachzugsquote, über die Bosnien-Hilfe, über die Antirassismus-Hotline von "SOS-Mitmensch" und anderen (Abg. Wabl: Eingerichtet von Partik-Pablé!), aber nicht über dieses Thema. Ich bitte Sie, sich diese Mitschrift anzusehen.

Darüber hinaus möchte ich als weiteren Beweis anführen, daß ich bei diesem Gespräch, dem Interview mit "Kirche intern", eine Reihe von Aussagen zu verschiedenen Themen gemacht habe und auch eine Vielzahl von Fragen an mich gestellt worden ist. Zum Thema Abschiebungen und angebliche Knebelungen ist nicht eine Frage an mich gestellt worden. Ich glaube, das ist auch ein zusätzlicher Beweis. Deshalb möchte ich mit allem Nachdruck sagen, daß ich nach all den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen und auch aufgrund meiner Erinnerung ausschließen kann, daß Herr Schenk mir vor zwei Jahren diese Informationen gegeben hat. (Abg. Kiss: Herr Minister! Wie kommt der Schenk dazu, so etwas zu behaupten, und Kollege Kier dazu, das nachzubeten?) – Das müssen Sie ihn selbst fragen. Ich kann Ihnen nur die Beweise anbieten, die ich habe, und ich bitte Sie, diese Beweise auch tatsächlich zu überprüfen.

Darüber hinaus möchte ich auch persönlich eines sagen, was mir ebenfalls sehr wichtig zu sein scheint. Die meisten der Damen und Herren hier im Hause kennen mich, kennen mich mit meinen Stärken und mit meinen Schwächen. Sie wissen aber, daß es sicherlich eine meiner Stärken ist, daß ich auf alle Vorwürfe, die an mein Ressort gerichtet werden, unverzüglich eingehe und versuche, diese Vorwürfe zu verifizieren und entsprechende Maßnahmen zu treffen. Egal, ob es schwerwiegende Anschuldigungen sind oder ob es sich um scheinbar geringfügige Probleme handelt, versuche ich, auf alle Probleme einzugehen. Wenn mir dieses Problem der Knebelung mit Klebebändern bei Abschiebungen mitgeteilt worden wäre, hätte ich darauf reagiert, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Schlußendlich möchte ich noch eines sagen, was mir auch sehr wichtig ist: Solche Vorwürfe – möglicherweise kommen noch andere Vorwürfe; ich weiß ja bereits, daß im Internet dazu aufgerufen wird, daß sich Leute melden sollen, die mit Schlögl über dieses Thema gesprochen haben – bergen natürlich auch eine große Gefahr in sich, meine sehr geehrten Damen und Herren, nämlich daß jedes Regierungsmitglied, das jeden Tag unzählige Termine hat – aber auch jeder von Ihnen, sehr geehrte Abgeordnete –, künftig Gespräche nur mehr bei laufendem Tonband führen wird, weil es sonst nicht beweisen kann, was es vor einem Jahr, vor zwei oder drei Jahren mit jemandem gesprochen hat. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf nicht das Ziel unserer Politik werden. Deshalb sage ich sehr offen und klar und möchte das mit aller Deutlichkeit betonen: Aus meiner Erinnerung, aus meiner ehrlichen Erinnerung kann ich ausschließen, daß über dieses Thema mit mir je gesprochen worden ist – weder mit Herrn Schenk noch mit jemandem anderen. Zusätzlich biete ich auch die Mitschrift meiner Mitarbeiterin als Beweis dafür an, daß diese Behauptungen unwahr sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß die Abgeordneten Dr. Kier, Mag. Stoisits und Genossen nach § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuß zur Untersuchung folgender Gegenstände einzusetzen:

a) die politische Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die Vorfälle, die im Zuge einer versuchten Abschiebung zum Tod des Nigerianers Marcus Omofuma geführt haben

b) die politische Verantwortung des Bundesministers für Inneres für die von den Behörden ausgeübte Praxis bei Verhängung und Durchführung von Schubhaft

c) die Überprüfung der von den Behörden im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vorgesehenen Kriterien bei Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen durch den Bundesminister für Inneres

und fünf weiterer Untersuchungspunkte.

Es liegt in diesem Zusammenhang das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Nach § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung werden die Debatte und dann auch die Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung der heutigen Sitzung durchgeführt werden.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nunmehr kommen wir zur Durchführung einer weiteren kurzen Debatte. Diese betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kier, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 1027/A (E) der Abgeordneten Dr. Schmidt und Genossen betreffend Bericht des Bundeskanzlers an den Nationalrat über die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich (Menschenrechtsbericht) eine Frist bis zum 16. Juni 1999 zu setzen.

Nach Schluß der Debatte wird sogleich die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, daß der Erstredner 10 Minuten, alle weiteren Redner 5 Minuten zur Verfügung haben. Eine allfällige Stellungnahme von Mitgliedern der Bundesregierung soll 10 Minuten nicht überschreiten.

Das Wort erhält der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Kier. Redezeit: 10 Minuten.

16.36

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Die liberale Fraktion hat eine Fristsetzung für einen Entschließungsantrag beantragt, der schon längere Zeit im Hause liegt. Wir möchten ihn heute gerne fristgesetzt wissen, weil er durchaus einen hohen Aktualitätsgrad bekommen hat. Es geht letztlich auch um jene Ereignisse, die wir gerade diskutiert haben. Er zielt nämlich darauf ab, daß dem österreichischen Nationalrat vom Bundeskanzler alle zwei Jahre ein Bericht über die rechtliche und tatsächliche Situation hinsichtlich der Entwicklung, der Garantie und der Einhaltung der Menschenrechte in Österreich vorgelegt wird.

Wir meinen, ein Land, das von sich in Anspruch nimmt, solche Standards ernst zu nehmen, wäre sehr gut beraten, wenn es auch seinen eigenen, seinen inländischen Befund in einem Menschenrechtsbericht niederlegte und eben dem Parlament alle zwei Jahre vorlegte. Gäbe es so ein Instrument oder hätte es so ein Instrument schon gegeben und auch eine dafür geeignete Stelle, die so etwas zusammen mit unabhängigen Einrichtungen verfaßt, wären alle diese Dinge, die jetzt so unangenehm im Raum stehen, nämlich daß da irgendwann schon vor zwei Jahren, vor drei Jahren, vor eineinhalb Jahren oder wann auch immer schwere Menschenrechtsverletzungen behauptet worden sind – ich verweise noch einmal ganz bewußt auf den CPT-Bericht, in dem Österreich auch mit bestimmten Anschuldigungen konfrontiert wurde –, notwendigerweise in so einem österreichischen Menschenrechtsbericht abzuhandeln gewesen.

Wenn schon vor einem Dreivierteljahr zum Beispiel die hier vielzitierte Organisation "SOS-Mitmensch", in dem Fall aus Oberösterreich, die in der Schubhaftbetreuung wesentlich tätig ist, in einer Pressekonferenz vom 1. Oktober 1998 umfangreiche Dokumente über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen vorgelegt hat, und zwar insbesondere über die Knebelung eines Schubhäftlings mittels Klebestreifen, dann hätte, so meine ich, die Tatsache, daß ein regelmäßiger Menschenrechtsbericht zu erstatten ist, dazu geführt, daß so eine Behauptung dort hätte evaluiert werden können und sich als falsch oder richtig erweisen hätte können.

Ich meine, wir müssen bei Fragen, wie sie heute behandelt worden sind, eines vermeiden: Wir müssen vermeiden, daß wir in die Situation geraten, daß Behauptungen einander gegenüberstehen und jede der beiden Seiten, die Behauptungen aufgestellt hat, sich ohne objektive Evaluierung und ohne objektive Überprüfung darauf versteift, daß ihre und nur ihre Behauptung die einzig richtige sein kann. Wir würden, wenn wir in Menschenrechtsfragen so vorgingen, einen ganz schweren Fehler machen und insbesondere dort das notwendige Vertrauen in öffentliche Einrichtungen, das notwendige und für einen Rechtsstaat unverzichtbare Vertrauen in die Integrität der Sicherheitsexekutive zum Beispiel weiter beschädigen. Ein notwendiges Element des Rechtsstaates ist das Vertrauen in die Integrität der Sicherheitsexekutive.

Dieses Vertrauen wird weiter erodieren, wir werden es weiter beschädigen, wenn dann, wenn Vorfälle ans Tageslicht kommen, die einfach unerträglich sind, nicht stringent, klar, zügig und eindeutig untersucht wird. Auch hat es sich die größere Zahl der Menschen, die in diesem Bereich arbeitet – wahrscheinlich sogar die überwiegende Zahl der Menschen, die dort arbeitet –, nicht verdient, daß sie dadurch, daß Unaufgeklärtes im Raum stehenbleibt, in die Geiselhaft derer gerät, die die Menschenrechte auf die leichte Schulter nehmen, tatenlos zusahen beziehungsweise nicht bemerkt haben wollen, daß Sitz an Sitz neben ihnen ein Mensch einen qualvollen Erstickungstod gestorben ist.

Ein in regelmäßigen Abständen zu veröffentlichender Menschenrechtsbericht könnte zum Beispiel Aspekte des Vollzugs von Fremdengesetzen beleuchten, den Fragen einer stringenten Anwendung der Drittlandsklausel, der Abschiebepraxis, der Interpretation von Asylgründen, des Einsatzes und der Verhältnismäßigkeit von Haft und auch Schubhaft nachgehen und sich der Frage der Minderheiten, Aspekten der Wahrung der Menschenrechte im Zusammenhang mit den von Ihnen eingeführten neuen Fahndungsmethoden Lauschangriff und Rasterfahndung, den Reformerfordernissen im strafgerichtlichen Vorverfahren, bei dem es, wie wir alle wissen, großen Reformbedarf gibt, widmen. Ich spreche häufig mit Experten, die der Meinung sind, wir müßten endlich den Status des 19. Jahrhunderts überwinden, wir hätten jedoch nicht die entsprechenden Tools hiefür. Die Frage der Weisungsfreiheit oder -gebundenheit von Staatsanwälten – all dies hat Einfluß auf die Verwirklichung von Menschenrechten. Die tatsächlichen Zustände in den Gefangenenhäusern – seien es die Gefangenenhäuser im Bereich der Justiz oder seien es die Gefangenenhäuser im Bereich der Polizei, der Polizeigewahrsam –, all das wären Dinge, die in einem regelmäßig vorzulegenden Menschenrechtsbericht thematisiert werden müßten. Wir halten daher einen solchen für unverzichtbar.

Ich meine, daß die Debatten des heutigen Nachmittags gerade vor dem Hintergrund der wechselseitigen Beteuerungen, daß man sich um Objektivität bemühen werde, eine gute Gelegenheit böten, dem zuständigen Ausschuß eine Frist zu setzen. Es sollte noch vor der Sommerpause über Notwendigkeit oder Nichtnotwendigkeit eines alle zwei Jahre vorzulegenden Menschenrechtsberichtes abgestimmt werden. Es wäre für das Selbstverständnis dieses Hauses wirklich wichtig, ausdrücklich den politischen Anspruch zu formulieren, daß wir Abgeordneten der Republik Österreich Wert darauf legen, alle zwei Jahre vom Bundeskanzler durch Vorlage eines solchen umfassenden Menschenrechtsberichtes informiert zu werden.

Ich erinnere Sie daran, meine Kollegen Posch, Amon, Stoisits und Graf werden das wissen: Zu Beginn der Legislaturperiode führten wir Gespräche über die Einsetzung eines Menschenrechtsunterausschusses. Diese sind zunächst recht fruchtbar verlaufen, aber plötzlich sind sie versickert. Offenbar hat die Regierungsmehrheit die Freude daran verloren, aus welchen Gründen auch immer. Jetzt könnten Sie sich einen Ruck geben und diesem Fristsetzungsantrag zustimmen.

Es ist sicherlich weitaus unangenehmer, wenn Vorwürfe über Folterungen, über Mißhandlungen, über unerträgliche Verhältnisse in Schubgefängnissen im Raum stehen bleiben, die niemals evaluiert werden, außer von jenen, die selbst betroffen sind. Wir müssen die Betroffenen einerseits schützen und andererseits auf den rechten Weg zurückführen, und zwar dadurch, daß sie wissen, sie werden regelmäßig supervidiert. Niemand ist in der Lage, sich selbst zu kontrollieren. Bedenken wir, daß der alte Satz der Staatsrechtslehre "Wer bewacht die Wächter?" in einer komplexer werdenden Gesellschaft wichtiger ist denn je. Ein Menschenrechtsbericht, der dem Nationalrat vorgelegt wird und der uns auch in die Lage versetzen würde, wenn das nächste Mal – und das steht ja früher oder später bevor – wieder vom Europarat eine Visitation in Österreich gemacht wird, unsere eigenen Berichtsmaterialien darüber zur Verfügung zu stellen, wäre ein probates Mittel, politische Öffentlichkeit herzustellen, über Schwachstellen politisch zu diskutieren und gemeinsam politische Schlußfolgerungen daraus zu ziehen.

Wenn in der zuvor geführten Debatte zur Anfragebesprechung gesagt wurde, es gebe zu wenig Schubhaftkapazitäten – Herr Kollege Leikam war das, glaube ich –, dann sage ich: Das stimmt wohl, ja. Nur, es stellt sich zum Beispiel auch die Frage, in welchem Zustand sich die vorhandenen Kapazitäten befinden. Wird es weiterhin notwendig sein, daß das passiert, was lange Zeit in Wien der Fall war, daß nämlich die Belegung von Schubgefängnissen dadurch gesteuert wurde, daß die Verantwortlichen der Schubgefängnisse ärztliche Blanko-Atteste für die Feststellung von Haftunfähigkeit beziehungsweise Haftfähigkeit verwendeten, um damit offenbar die Belegung zu steuern?

Zum Schluß: Wissen Sie, wer für diese Blanko-Atteste verantwortlich war? – Es war der Polizeioffizier, der kurz darauf zum Polizeipräsidenten von Wien ernannt wurde! Sie dürfen sich nicht wundern, wenn das nicht unbedingt ermutigend auf jene Beamten in der Exekutive – und das ist die große Mehrzahl – wirkt, die die Gesetze streng einhalten, die ihre Vorschriften ernst nehmen und nicht mit einem Augenzwinkern über Menschenrechte hinwegsehen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

16.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeiten für die weiteren Ausführungen betragen 5 Minuten. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

16.46

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kier hat bereits auf den Menschenrechtsbericht hingewiesen. Wenn wir auch der Fristsetzung nicht zustimmen, wir auch nicht meinen, daß ein solcher Menschenrechtsbericht jetzt aus aktuellem Anlaß debattiert beziehungsweise beschlossen werden sollte, und wir auch nicht der Meinung sind, daß ein Einzelfall, der passiert ist, durch einen solchen Menschenrechtsbericht zu verhindern gewesen wäre, so teilen wir doch das grundsätzliche Anliegen, nämlich, daß Grund- und Menschenrechte wesentliche Bausteine einer liberalen und rechtsstaatlichen Gesellschaft sind. Man muß sich stets bemühen, die Weiterentwicklung des Grundrechtsschutzes voranzutreiben. Außerdem ist Österreich dazu verpflichtet, zu wichtigen Konventionen der Vereinten Nationen in periodischen Abständen Berichte vorzulegen, wie Sie es auch in Ihrem Antrag geschrieben haben. Insofern teilen wir Ihr Anliegen inhaltlich vollkommen.

Ich möchte hinzufügen, daß es besser wäre, nicht nur einen Menschenrechtsbericht zu legen, sondern mehrere Berichte zu speziellen Bereichen des Menschenrechtsschutzes zu diskutieren. Notwendig und begrüßenswert wäre es, einen Menschenrechtsausschuß einzurichten, obwohl es derzeit darüber noch keinen Konsens gibt. Ich hoffe, daß es in der nächsten Gesetzgebungsperiode darüber einen Konsens geben wird, einen solchen Menschenrechtsausschuß einzurichten, der die wichtigsten Menschenrechtsfragen behandeln sollte. Ich meine nämlich, daß sich Österreich grundsätzlich nicht zu verstecken braucht.

Es gäbe auch genügend Materien, die zu diskutieren wären; ich denke zum Beispiel an den Pakt über bürgerliche und politische Rechte oder über soziale, kulturelle und wirtschaftliche Rechte, an das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes, die Frauenkonvention, die Folterkonvention, die Genfer Flüchtlingskonvention, die Rahmenkonvention zum Schutz regionaler Minderheiten, die Österreich inzwischen schon ratifiziert hat, oder auch an die Charta zum Schutz regionaler Minderheitensprachen, die noch zur Ratifikation ansteht.

Es gäbe also genügend Materien. Es hat in den letzten Jahren auch auf internationaler Ebene eine Vielzahl von Verträgen und Dokumenten zum Schutze der Menschenrechte gegeben, an deren Erarbeitung sich Österreich aktiv beteiligt hat. Es hat auch die UNO-Weltkonferenz für Menschenrechte 1993 in Wien stattgefunden, auf der die Notwendigkeit eines umfassenden Menschenrechtsschutzes und -verständnisses begründet wurde. Das heißt, die Errichtung eines solchen Ausschusses für Menschenrechte, der Einfluß auf legislative Maßnahmen nimmt, der die Kontrollfunktion stärkt und vor allem eine konsistente und systematische Herangehensweise an diese Querschnittsmaterie leisten würde, wäre notwendig. Damit meinen wir sowohl die Mitwirkung an der Gesetzgebung bei Vorlagen mit menschenrechtlichem Bezug, Selbständige Anträge, Entschließungsanträge, aber auch die Beratung von Berichten der Bundesregierung, die Beratung menschenrechtlicher Themen, die Entsendung von Parlamentarierdelegationen sowie öffentliche Anhörungen und Enqueten.

Grundsätzlich halten wir alles für gut, was der Diskussion über die Durchsetzung von Menschenrechten dient, was dazu beiträgt, öffentliche Menschenrechtsverletzungen zu thematisieren – Menschenrechtsverletzungen, wie sie zweifelsohne auch bei uns, wenn auch in Einzelfällen, passieren – und das öffentliche Bewußtsein für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zu stärken. Insofern stimmen wir mit Ihnen inhaltlich völlig überein. Ich denke, daß sich Österreich einer solchen Diskussion durchaus stellen kann. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Mag. Peter.)

16.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Ofner. Er hat das Wort.

16.50

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeder vernünftige Mensch ist für die lückenlose Einhaltung der Menschenrechte; er ist auch dafür, daß die gesetzgebende Körperschaft von der Vollziehung entsprechende Berichte erhält. Auch wir Freiheitlichen sind dafür, daß der Bericht, um den es in der Debatte geht, erstattet wird. Wir mahnen ihn in gewissem Sinne mit ein, und wir sind auch für die Einrichtung eines Menschenrechtsausschusses. Wir sind dafür, daß man sich informiert und daß man auch einen gewissen präventiven Druck in Richtung Einhaltung der Menschenrechte ausübt.

Wenn man aber immer wieder liest, wie in Österreich von der Exekutive und von Angehörigen anderer Einrichtungen angeblich Menschenrechte am laufenden Band verletzt werden, und gleichzeitig beruflich mit diesen Feldern zu tun hat, dann erkennt man schon, daß der Hintergrund von den Autoren überhaupt nicht ausgeleuchtet wird und daß die Dinge sehr einseitig betrachtet werden. An die vielfach aufgestellten Behauptungen ist daher mit großer Vorsicht heranzugehen.

Die österreichische Exekutive ist nicht darauf aus – entgegen den Behauptungen der Autoren dieser Meldungen –, Menschenrechtsverletzungen am laufenden Band an unschuldigen Menschen zu begehen. Ich möchte bei den Ausführungen von Frau Kollegin Stoisits anknüpfen, die gesagt hat, ihr gehe es um die statistische Darstellung der Dinge; dies allerdings bei einem früheren Tagesordnungspunkt. Auch mir geht es darum.

Um wieder zur aktuellen Thematik zu kommen: Man muß sich vor Augen halten, daß es in Österreich 750 000 legal anwesende Ausländer gibt und dazu 250 000 – nicht nach meiner Schätzung, sondern nach Schätzung der Behörden – illegal anwesende Ausländer. Man muß sich vor Augen halten, daß es in den letzten fünf Jahren nicht weniger als 100 000 Abschiebungen gegeben hat! Wohin wären wir gekommen, wenn diese Abschiebungen, diese große Zahl von Abschiebungen nicht stattgefunden hätte, nicht stattfinden hätte können? Was würde das für die ohnehin aus allen Nähten berstenden Strukturen in Österreich bedeuten? Und was hätte das für eine Anziehungskraft auf diejenigen, die noch überlegen, wo sie sich allenfalls hinwenden könnten, wenn sie nach Europa kommen wollen, und auf die Schlepper, die das organisieren und die diese armen Teufel – häufig sind es ja solche – ins Land bringen?!

Wenn es um die Verhältnismäßigkeit geht, die beschworen wurde, dann darf ich einige Fakten erzählen, die nicht in den Berichten der diversen Organisationen zu finden waren und derer sich auch die Medien nicht so sehr annehmen. Da gibt es zunächst einmal problematische Vorfälle auf dem Flughafen Schwechat. Es kommen Kriminalbeamte zum Anwalt und fragen: Herr Doktor, was sollen wir machen? – Es kommt zum Beispiel jemand aus einem Land nach Österreich, von dem man weiß, daß man zur Einreise entsprechende Dokumente braucht, und der Betreffende weiß das auch. Er weiß von vornherein, er wird nicht einreisen dürfen, denn er besitzt diese Dokumente nicht. Er kommt also mit dem Flugzeug und befindet sich im Transitraum. Dort entledigt er sich sämtlicher Kleidungsstücke, bis er pudelnackt ist, schmeißt die Kleider in den Entlüftungsschacht und steht da, wie Gott ihn schuf. Keine Luftlinie der Welt ist mehr bereit, ihn so, wie er dasteht, wieder mitzunehmen.

Wird jemand aber von draußen auf den Flughafen gebracht, dann hat er vorher häufig – woher er es bekommt, ist eine andere Frage – Rizinusöl konsumiert, und wie er dann ausschaut, wenn er unten am Flugplatz ist, kann man sich vorstellen. Er wird von niemandem mehr mitgenommen und muß einfach wieder zurückgebracht werden. Das kann sich sieben- bis achtmal wiederholen, bis man die Dinge im Griff hat.

Also wenn er ankommt, zieht er sich nackt aus, schmeißt die Kleider so weg, daß sie nicht mehr gebraucht werden können, und damit ist er einmal da "angenagelt". Wenn er abtransportiert werden soll, konsumiert er rechtzeitig vorher Rizinusöl, und der Effekt ist ein ähnlicher. Dann kommen die Polizisten und fragen: Was soll ich machen? Jetzt machen wir die Kontrolle schon im Flugzeug. Die spucken mir ins Gesicht, sie kratzen mich von der Stirn bis zur Brust, sie beißen mich, wo immer sie mich erwischen können, sie reißen mir das Gewand herunter, die Revers des Anzugs et cetera. Wer bezahlt mir das? – Und ich muß wahrheitsgemäß sagen: Niemand, bitte, bezahlt Ihnen das. Sie könnten allenfalls den Betreffenden belangen. Aber das wird nichts nützen.

Mir ist auch ein besonders krasser Fall bekannt: Ein Afrikaner wurde, nachdem zwei Jahre lang vergeblich versucht worden war, ihn außer Landes zu bringen, abgeschoben. Er hat einem österreichischen Polizisten den Finger abgebissen – nicht ein Stückl hineingebissen, nicht ihn etwa nur gekratzt oder angeknabbert, sondern vollständig abgebissen! Alle Beteiligten – Kollege Graf ist Zeuge, denn er war einer der Anwälte, die dabei waren – haben den Finger gesucht, um zumindest zu ermöglichen, daß er wieder angenäht wird. Haben Sie irgend etwas darüber in den Zeitungen gelesen? – Überhaupt nichts! Auch keine Menschenrechtsorganisationen haben sich strapaziert. Das ist der Hintergrund vieler dieser Vorfälle, und auch ihn muß man erkennen, ausleuchten und berücksichtigen, wenn man die Dinge beurteilen möchte! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

16.56

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte diesen Antrag auf Fristsetzung mit Nachdruck unterstützen, und zwar deswegen, weil es auch in der Europäischen Union, im Europäischen Parlament einen "Jährlichen Bericht über die Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union" gibt, der immer sehr umstritten, aber auch sehr wertvoll ist. In der Entschließung zur Achtung der Menschenrechte in der Europäischen Union 1997, die in der Sitzung am 17. Dezember 1998 verabschiedet worden ist, findet sich eine sehr lehrreiche Passage. Sie behandelt die Themen der Kinderrechte, der Frauenrechte, insbesondere im Sozialbereich, der Gleichstellung der Frauen, des Schutzes der Familie, des Schutzes des Lebens und so weiter, geht dann über zur Situation der Häftlinge und zur Problematik der Rehabilitierung.

Es heißt dort unter Punkt 70:

" ... bedauert, daß sich in der Europäischen Union Fälle von Folter, Vergewaltigung und unmenschlicher, grausamer und erniedrigender Behandlung von Verhafteten oder Gefangenen, namentlich in Polizeigewahrsam, durch Angehörige der Ordnungskräfte oder des Gefängnispersonals ereignen können; betont, daß ein solches Vorgehen oft aus rassistischen Motiven erfolgt;" – Interessant, die haben Weitblick gehabt im Europäischen Parlament Ende letzten Jahres!

Weiter heißt es unter Punkt 72:

" ... stellt mit Empörung fest, daß die Angehörigen der Ordnungskräfte, die sich solcher Taten schuldig gemacht haben, selten strafrechtlich verfolgt werden oder nur geringfügige Strafen erhalten; fordert die Mitgliedstaaten auf, mehr Entschiedenheit an den Tag zu legen, damit keine dieser Taten ungestraft bleiben;" – Ich muß sagen: beachtlich!

Punkt 72 trifft den Nagel auf dem Kopf. Wenn man die Entwicklung der letzten Tage im Fall Marcus Omofuma verfolgt, dann kann es schon sein, daß man sich zu fragen beginnt, wer denn da eigentlich getötet worden ist. Wer ist denn da eigentlich gestorben? Wem ist da Unrecht geschehen? – Es darf doch nicht wahr sein, daß gesagt wird, die armen Beamten seien in einer Situation gewesen, in der sie sich gar nicht mehr anders wehren konnten beziehungsweise in der sie den ganz langsamen Tod des Abgeschobenen sozusagen in Kauf nehmen mußten, um sich selbst zu wehren.

Ich spreche von einem ganz langsamen Tod, denn Sie müssen sich vorstellen, Ihnen würde bis auf ein Nasenloch alles zugeklebt und Sie können kaum atmen. Sie würden nicht gleich sterben, sondern ganz langsam, und gerade das macht mich besonders betroffen. Es macht mich auch betroffen, daß der zuständige Bundesminister sagt, er habe alle Maßnahmen in die Wege geleitet, damit sich so ein Vorfall nicht wiederholt. – Das ist schön und gut. Aber er hat nicht gezeigt, daß er die politische Qualität hat, so ein Amt zu führen. Es gehörte nämlich politisches Rückgrat dazu, daß man als Bundesminister für Inneres angesichts solcher Vorkommnisse zurücktritt, so wie es in anderen Ländern eine Selbstverständlichkeit ist.

Erinnern Sie sich daran, daß in Los Angeles ein Schwarzer von Polizisten spitalsreif geprügelt worden ist? Der Polizeipräsident von Los Angeles ist selbstverständlich zurückgetreten! Da wurde nicht lang diskutiert, er hat innerhalb von zwei Tagen sein Amt zur Verfügung gestellt. Es ist in Belgien selbstverständlich gewesen, daß in einem ähnlichen Fall der Innenminister zurückgetreten ist. Ich frage mich: Warum braucht man in Österreich einen Mißtrauensantrag dazu? Warum kann man hier bei den Regierungsmitgliedern kein politisches Rückgrat voraussetzen? Es ist wirklich eine Absurdität: Man spricht über Menschenrechte, und diejenigen, die deren Einhaltung gewährleisten sollten, haben nicht einmal die Konsequenz zu ziehen, wenn es einmal schiefgegangen ist!

Ich halte das für eine unerträgliche Situation! Wer einen Menschen tötet, und wer das akzeptiert, ist auch bereit, ein zweites Menschenleben in Kauf zu nehmen. (Abg. Scheibner: Wer hat getötet?)

Ich möchte Punkt 77 dieser Entschließung noch weiter ausführen. (Abg. Scheibner: Frau Kollegin, wer hat getötet?) – Ich sage nichts in Richtung der freiheitlichen Fraktion, denn die Äußerungen der Frau Kollegin Partik-Pablé in der letzten Sitzung sind wirklich so problematisch gewesen (Abg. Scheibner: Lenken Sie nicht ab! Überlegen Sie sich, was Sie jetzt gesagt haben!), daß man feststellen muß, der Rassismus in Österreich sollte offensichtlich bekämpft werden. Ich verstehe nicht, warum sie diese Äußerungen nicht zurückgenommen hat und sich nicht dafür entschuldigt hat. (Abg. Scheibner: Lenken Sie nicht ab! Überlegen Sie, was Sie gesagt haben!) Auch ich mache manchmal Dinge, bei denen ich mich zurücknehmen und sagen muß, ich habe falsch gehandelt. Es wäre gut, wenn Frau Partik-Pablé das auch machen würde. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Wer ist ein Mörder? – Abg. Scheibner: Wem werfen Sie die Tötung von Menschen vor?)

Ich werfe ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (fortsetzend): ... vor, daß man mit menschlichen Schicksalen in Österreich nicht sorgsam genug umgeht! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

17.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

17.01

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine Damen und Herren! Was kann die Vorlage eines Menschenrechtsberichts im Parlament bringen? – Es kann in erster Linie das bewirken, was sich heute und in den letzten Tagen und aufgrund der öffentlichen Diskussion als der größte Mangel herausgestellt hat: Daß in Österreich Beamte das tun, was sie gelernt haben. Die drei Beamten, die Marcus Omofuma begleitet haben, waren von einem Auftrag und von einer Idee beseelt, nämlich von der Idee, die ihnen vermittelt wurde: Schwarze gehören weg aus Österreich – und das war ein Schwarzer –, Schwarze gehören weg, sie kommen hierher, weil sie sich hier ein besseres Leben erschwindeln wollen, weil sie hier sich unbotmäßig aufführen!

Meine Damen und Herren! Schwarze gehören weg. – Das ist es, was einem jeden Tag vermittelt wird. Das ist das, was Frau Dr. Partik-Pablé offen und einfach rassistisch hier vom Rednerpult verkündet (Abg. Scheibner: Das ist ja ungeheuerlich! Jetzt hören Sie auf mit den Unterstellungen!), und das ist das, was uns der Vorsitzende des Innenausschusses durch die Blume mitzuteilen versucht (Abg. Mag. Schweitzer: Terezija, nimm das zurück!): Daß die Schubhaftbetreuer die Komplizen derer sind, die sich hier etwas Besseres erwirken wollen. (Abg. Scheibner: Die eine wirft vor, daß die Leute umgebracht werden, und jetzt das! Heute seid ihr außer Rand und Band!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daß die Bundesregierung Menschenrechtsberichte legt, ist inzwischen ein unabdingbares Muß geworden. Denn internationale Berichte, die nach Österreich kommen und in denen Vorwürfe der Folter erhoben werden, werden negiert, werden ignoriert. Es werden keine Schlüsse daraus gezogen. Das Anti-Folter-Komitee des Europarates besucht Österreich, trifft Feststellungen und bringt diese Feststellungen oder Vorwürfe der Regierung zur Kenntnis. Die Regierung liest sie – und tut nichts. Sie tut nichts!

Meine Damen und Herren! Das ist es, was das Anliegen von Dr. Kier und Freunden so wesentlich macht. Es geht um den Rechtsstaat, es geht um die Rechtsstaatlichkeit, und es geht darum, daß das ins Zentrum zu stellen ist, daß es ein bißchen zuwenig ist, internationale Verträge zu unterzeichnen, wenn sie dann jahrelang nicht ratifiziert werden, daß es ein bißchen zuwenig ist, von Minderheiten- und Volksgruppenrechten zu sprechen, wenn man sie dann innerstaatlich nicht umsetzt. (Abg. Dr. Graf: Sagen Sie das alles dem Joschka Fischer!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Parlament kann das tun, was seine gesetzmäßige Aufgabe ist, nämlich kontrollieren, was in der Verwaltung passiert und was die Regierung macht. Aber was wollen Sie von einer Regierung erwarten, die vorhat, einen Beamten zu einem der höchsten der Republik zu machen, der noch vor einiger Zeit Aktenvermerke folgenden Inhalts verfaßt hat: Finalisieren und mit dem Knaben abfahren. – Ich weiß nicht, ob ein Schwarzer gemeint war oder ein nicht schwarzhäutiger Mensch. Finalisieren und mit dem Knaben abfahren, hieß es da. So sieht das Menschenrechtsverständnis des Betreffenden in Aktenvermerken aus, und so jemand wird dann hinaufgelobt zum höchsten Beamten der Republik!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viel fehlt nicht mehr, dann ziehen wir diesbezüglich mit der Türkei gleich, denn die Türkei ist jenes Land, das CPT-Berichte – vom Anti-Folter-Komitee des Europarates – bisher so behandelt hat, als würden sie nicht existieren. Sie wurden einfach ignoriert! Die Türkei wird vom Europarat jährlich beziehungsweise immer dann, wenn solche Berichte vorliegen, gerügt. (Abg. Jung: Da haben Sie aber die türkischen Behörden noch nie kennengelernt, Frau Kollegin! Da haben Sie keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren! Wollen Sie das? Wollen Sie, daß Österreich und die Türkei in diesen Fragen in denselben Topf geworfen werden? – Ich will es nicht! Darum möchte ich, daß sich der Nationalrat seiner Aufgabe besinnt: Kontrolle der Verwaltung, Kontrolle der Menschenrechtssituation, Kontrolle auch dessen, was es an Versäumnissen von seiten der Regierung gibt.

Deshalb unterstützen wir diesen Antrag des Dr. Kier und selbstverständlich auch die Fristsetzung. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

17.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kier, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 1027/A (E) betreffend Bericht des Bundeskanzlers an den Nationalrat über die Einhaltung der Menschenrechte in Österreich eine Frist bis zum 16. Juni 1999 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Abg. Mag. Schweitzer: Obwohl sich die Terezija nicht entschuldigt hat für diese Untergriffe!)

Damit haben wir die Debatte über den Fristsetzungsantrag beendet.

2. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1572 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Ungarn über den Eisenbahndurchgangsverkehr des österreichisch-ungarischen Industrieparks in der Umgebung der Stadt Szentgotthárd samt Beilage (1817 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1634 der Beilagen): Protokoll zum Abkommen über die Zusammenarbeit und eine Zollunion zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik San Marino infolge des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zur Europäischen Union samt Schlußakte und Gemeinsamer Erklärung und Anlage (1818 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1691 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande betreffend die Durchführung des Artikels 41 Absatz 2 des Übereinkommens auf Grund von Artikel K.3 des Vertrages über die Europäische Union über die Errichtung eines Europäischen Polizeiamtes (EUROPOL-Übereinkommen) samt Verbalnote (1819 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Bericht (III-35 der Beilagen) des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten betreffend Südtirol (1820 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kehren zur Tagesordnung der heutigen Sitzung zurück und beginnen mit den Verhandlungen zu den Punkten 2 bis 5 der Tagesordnung.

Die Beratungen zu diesen Punkten werden gemeinsam durchgeführt.

Der Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer. – Bitte.

17.08

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes zum sogenannten EUROPOL-Übereinkommen Stellung nehmen. Bei diesem EUROPOL-Übereinkommen handelt es sich ja bekanntermaßen darum, daß im Rahmen der EU eine Zentralstelle für den polizeilichen Informationsaustausch errichtet werden soll, und daß in diese Zentralstelle die einzelnen Mitgliedstaaten ihre nationalen Verbindungsbeamten entsenden.

Dagegen ist natürlich, gerade auch aus freiheitlicher Sicht, nichts einzuwenden – ganz im Gegenteil! –, wenn das funktioniert. Aber in diesem EUROPOL-Übereinkommen haben wir auch eine Bestimmung unterzeichnet, Frau Staatssekretärin, wonach die österreichischen Verbindungsbeamten – also die Polizisten oder Mitarbeiter, die wir da nach Amsterdam entsenden werden – dieselben Privilegien und Immunitäten wie die Mitglieder des diplomatischen Personals genießen sollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn Sie persönlich das nicht besonders interessiert, was ich nicht ändern kann: Die Österreicherinnen und Österreicher wird das sehr wohl interessieren, wenn wir ihnen – und das Flugblatt haben wir schon vorbereitet, darauf können Sie sich verlassen! – sagen: Liebe Landsleute! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Euch und anderen EU-Bürgern sperrt man – mit einer gewissen Berechtigung, sage ich als Holger Bauer dazu – die Duty-free-Läden zu, weil man zu Recht fragen kann: Was heißt da Duty-free?

Was heißt da Zollfreiheit, wenn ich mich innerhalb eines zollfreien Raumes bewege, innerhalb der EU? – Nur, ich sehe überhaupt nicht ein – und ich nehme an, die Österreicherinnen und Österreicher auch nicht, denen wir das mitteilen werden –, daß man auf der anderen Seite zu der ohnehin ja schon eigenen Beamtenkaste der EU jetzt auch noch eine eigene Beamtenkaste bei den Polizisten schafft! Der bewegt sich ja auch nur von Wien nach Amsterdam. Wieso braucht der dort alle Privilegien, grundsätzlich dieselben Privilegien und Immunitäten wie die Diplomaten, wie die Mitglieder des Diplomatischen Corps? Das frage ich mich und frage ich Sie (Beifall bei den Freiheitlichen) – und das werden wir die Österreicherinnen und Österreicher fragen.

Wir werden ihnen dann natürlich nicht das ganze Bundesgesetzblatt aufzählen, nicht alles, was da drinnensteht, aber die wichtigsten Dinge werden wir ihnen schon mitteilen. Wir werden sagen: Diese Bundesregierung unterschreibt folgende Regelungen: Der Diplomat – sprich: in dem Fall der Mitarbeiter in Amsterdam –, der da in der Polizei-, EUROPOL-Dienststelle Dienst tut, ist von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern und -abgaben befreit. – So weit, so schlecht.

Zweitens ist er natürlich befreit von allen Zöllen und sonstigen Steuern und Abgaben. Klammer auf: Österreicher: Duty-free nichts, aber der Mitarbeiter in Amsterdam hat grundsätzlich alles zoll- und steuerfrei.

Hohes Haus! Und besonders freuen wird es die Österreicherinnen und Österreicher auch noch, wenn wir in das Flugblatt hineinschreiben werden, daß auch die zum Haushalt dieses Beamten, dieses Polizisten oder was immer der dort sein wird, gehörenden Familienmitglieder die gleichen Privilegien – ich zitiere wörtlich: Privilegien und Immunitätsrechte – genießen wie der Polizist oder wie dieser Beamte selbst.

Meine Damen und Herren! Sie haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt, wenn Sie solche Abkommen unterschreiben! Sie haben nicht erkannt, daß die Leute es satt haben, daß es solche und solche gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und Sie werden verstehen, daß wir ihnen mit aller Deutlichkeit mitteilen werden, wer in diesem Land solche Abkommen unterzeichnet und wer in diesem Land wieder einmal zwei Bürgerklassen und zwei Kasten schafft: die einen, die nicht einmal mehr in den Duty-free-Shop gehen können, und die anderen, die grundsätzlich steuerbefreit sind, zollbefreit sind und sonstige Immunitätsprivilegien genießen – samt ihren Familienangehörigen bis ins fünfte Glied. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kiss. – Bitte.

17.13

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich befasse mich in aller gebotenen Kürze mit dem Abkommen zwischen Österreich und Ungarn, vor allem über die neu geschaffene Eisenbahnverbindung, die mit diesem Abkommen möglich wird.

Klubobmann Andreas Khol und ich sind heute vor genau vier Wochen im Bezirk Jennersdorf gewesen und haben uns sehr intensiv mit der Thematik um den Businesspark Heiligenkreuz auseinandergesetzt. (Abg. Mag. Schweitzer: Was gibt es denn dort alles? Was steht denn dort?) In diesem Businesspark Heiligenkreuz, Herr Kollege Schweitzer, sollen unter anderem 1 859 Arbeitsplätze geschaffen werden, mit Gesamtinvestitionen in der Höhe von 800 Millionen. (Abg. Mag. Schweitzer: 2,3 Milliarden Fehlinvestitionen!) – Sagen Sie das jenen, die dort ihren Arbeitsplatz bekommen, Herr Kollege Schweitzer! Reden Sie mit jenen, die dort als Pendler wieder ihre Heimat gefunden haben, und stellen Sie sich nicht so an, als wüßten Sie nicht, was in wirtschaftlicher Hinsicht an Impulsen von dieser Region ausgeht! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir konnten uns in der Praxis davon überzeugen – und ich bin ja sehr oft dort, da es sich um meinen Regionalwahlkreis handelt –, was an kluger Vorgangsweise in diesem Businesspark Heiligenkreuz auf österreichischer Seite und auf ungarischer Seite in Szentgotthárd getätigt wird.

Schon 1992 gab es die ersten Überlegungen dahin gehend: Es muß in diesem Bereich, der Arbeitsplätze braucht, ganz einfach einen regionalen Impuls geben, der Arbeitsplätze schafft, eine Gesamtinvestition, die Österreich und Ungarn, die Region Jennersdorf, die Region Heiligenkreuz und Szentgotthárd verbindet. Und diese regionale, grenzüberschreitende Kooperation trägt ihre ersten Früchte. Sie trägt deswegen ihre Früchte, weil mit der Anschlußbahn bis zur österreichischen Grenze – vom Lyocell-Werk in Heiligenkreuz (Abg. Mag. Schweitzer: Wie viele Arbeitsplätze sind dort?) bis zur österreichisch-ungarischen Grenze – zum ersten Mal die Güterbeförderung über ungarisches Staatsgebiet – unter anderem über die Raab-Ödenburger-Ebenfurther Eisenbahn bis wieder nach Österreich – über österreichische Bahnen möglich wird, weil Zehntausende Tonnen von Chemikalien, Zehntausende Tonnen von Fasern hin zum Lyocell-Werk und vom Lyocell-Werk weg befördert werden, weil dort genau jener Impuls gesetzt wird, den wir als Bundesregierung auch in verkehrspolitischer Hinsicht setzen wollen, nämlich ein Impuls in Richtung Schiene und weg von der Straße – das ist genau der richtige Ansatz. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Und was dieses Abkommen so wertvoll macht: Lyocell-Produkte werden an der ungarischen Grenze nicht kontrolliert, es gibt also keine Güterabfertigungskontrolle. Es gibt keine Zölle, keine Abgaben, keine Gebühren zu bezahlen, sie werden auf ungarischem Boden praktisch wie auf österreichischem Boden behandelt, wie österreichische Güter – und das ist jene Zusammenarbeit, das ist jene Kooperation, die Österreich und Ungarn, die die Region Jennersdorf und Szentgotthárd einander näherbringt. Das ist jener Weg, von dem ich sage: Wenn Wirtschaftspolitik, wenn Regionalpolitik, wenn beispielsweise INTERREG 2 und PHARE-Programme so ineinander verzahnt sind, dann dient das vor allem jenen Menschen, die wir ja selbstverständlich in die Heimat zurückholen wollen. – Auch wenn es andere immer besser wissen, vor allem Kollege Schweitzer, der sich in der Vergangenheit noch keinen Deut darum geschert hat, ob ein Südburgenländer aus Wien wieder heimkehrt, um im Südburgenland einen Arbeitsplatz zu haben, dem es völlig egal ist, ob dort eine Investition in die Zukunft dieser Region getätigt wird, der mit einem Wort das tut, was er am besten kann: Matschkern, im Fauteuil sitzen und darüber lächeln, daß andere arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

17.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Smolle. – Bitte.

17.17

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospa državna sekretarka! Visoki dom! Hohes Haus! Herr Prδsident! Frau Staatssekretδrin! Meine Damen und Herren! Ich möchte sehr kurz Stellung nehmen zum EUROPOL-Abkommen und möchte natürlich jene Bedenken wiederholen, die die Liberalen seinerzeit schon vorgebracht haben: Wir sehen nicht ein, daß EUROPOL-Beamte derart privilegiert sein sollen und derartige Immunitäten besitzen sollen. Wir sehen das einfach nicht ein, denn es steht in keinem Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit. Die gegenständliche Vorlage lehnen wir ab.

Nun kurz zum Südtirol-Bericht: Meine Damen und Herren! Ich möchte einmal feststellen, daß es eine einhellige Zustimmung gegeben hat. Auch das Liberale Forum begrüßt die Entwicklung in Südtirol. Das Autonomiestatut, die Autonomie insgesamt hat sich als sehr brauchbares und gutes Mittel erwiesen, auch ein Volksgruppenproblem zu entschärfen und zu lösen. Und heute ist die Autonomie etwas, wozu sowohl Ladiner als auch deutschsprachige und italienischsprachige Südtiroler ja sagen – ich glaube, das ist ein großer Fortschritt. Es könnte diese Autonomie auch vielleicht ein Modell sein für Lösungen zum Beispiel in Tibet, Lösungen in Kurdistan – auch dort könnte man das Südtiroler Modell heranziehen.

Es gibt noch einige Fragen zu klären, vor allem im Bereich der Polizeibehörden, wo das Deutsche noch nicht diese Rolle spielt und einfach mißachtet wird; wir haben Daten darüber: bis zu 90 Prozent. Ich glaube, es gibt auch noch einige Kompetenzen, auf die Bozen wartet – auch diese sollte man einmahnen –, vor allem im Bereich Energie und Großwasser.

Das Liberale Forum bekennt sich zu einer dynamischen Interpretation der Autonomie und überhaupt von Volksgruppenrechten, und mit großem Bedauern, Kollege Khol, muß ich feststellen, daß insbesondere durch deine Fraktion verhindert wird, die Beratung zu Artikel 19 Staatsgrundgesetz zu einem vernünftigen Abschluß zu bringen. Ich finde es unerhört, einerseits in Südtirol derart klar und einhellig aufzutreten, und andererseits für die Volksgruppen in Österreich nicht dieselbe Sprache zu finden, Kollege Khol. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Das möchte ich dir einmal ins Stammbuch schreiben: Ich bin tief enttäuscht von dir, ich bin tief enttäuscht von einem solchen Verhalten von einem Mann, der an sich die Probleme kennen müßte und wissen müßte, was er tut oder was er zu unterlassen hat.

Zusammenfassend kann man sagen: Eine positive Bilanz für Südtirol.

Ich bin aber der Auffassung, Frau Staatssekretärin, daß man bald eine EU-Verfassung angehen sollte. Erste Entwürfe dazu wären notwendig. Vor allem wünschen wir uns eine sehr, sehr klare auch EU-Richtlinie in Sachen Volksgruppenschutz – das wäre ein großer Fortschritt auch für Europa und in diesem Sinne auch für Österreich. Es wäre dann zwingendes Recht. Und somit könnte Herr Khol mit Genossen nicht gute, vernünftige Lösungen im eigenen Land verhindern. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

17.20

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich darf an die Ausführungen meines Vorredners Karl Smolle anschließen und mich ebenfalls mit dem Südtirol-Bericht und dem Ergebnis des Unterausschusses befassen, da dieser Bericht über ein hohes Maß an Aktualität verfügt, die weit über Südtirol hinausgeht.

Autonomie ist derzeit in vieler Munde. Autonomie für den Kosovo etwa war eine Forderung, die wir einige Jahre hindurch vernommen haben. Das hat auch sehr viel mit dem zu tun, was an Autonomie in Südtirol erreicht wurde. Wenn wir in die sechziger Jahre zurückblicken, dann sehen wir die Parallelen, sie sind nur heute, fast 40 Jahre später, aus dem Bewußtsein verdrängt – Gott sei Dank! Manches von damals in Südtirol erinnert an jene Berichte, die wir in den letzten zwei, drei Jahren über die Unterdrückung einer Volksgruppe aus dem Kosovo erhalten haben.

Die deutsche Volksgruppe war in den sechziger Jahren in Südtirol de facto wirklich unterdrückt. Es hat am Bozner Krankenhaus keinen deutsch sprechenden Arzt gegeben, und wenn ein nur deutsch sprechender Patient vom Land dorthin gekommen ist, hat er sich nicht einmal mit dem Arzt verständigen können. Keine Zweisprachigkeit bei Ämtern, bei Gerichten, bei Behörden, keine wirklich eigenständigen Bildungsmöglichkeiten für die deutschsprachige Bevölkerung. Das war die Situation zu Beginn der sechziger Jahre. Das Ergebnis waren Sprengstoffanschläge, Terroraktionen – man konnte sie damals wie heute als Terroraktionen bezeichnen –, ein Aufschrei der Bevölkerung. Die Reaktion darauf war damals eine erhöhte Militärpräsenz in Südtirol. Wenn man sich auf den Südtiroler Straßen bewegt hat, ist man zuhauf Militärfahrzeugen begegnet, man hat alles getan, um genau diese Autonomiebewegung zu unterdrücken. Dann aber haben wir im Zusammenhang mit Südtirol einen anderen Weg beschritten, und dieser kann, glaube ich, beispielhaft dafür sein, wie man mit solchen Problemen umgehen kann.

Bruno Kreisky war es damals, der dieses Problem vor die Vereinten Nationen gebracht hat – Sie wissen das. (Abg. Jung: Und Kontakte zum Befreiungsausschuß gehalten hat!) Bitte, das ist eine wirklich ernste Sache.

In zwei Resolutionen hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen Lösungen vorgezeichnet und Lösungen aufgetragen. Und da beginnt der Unterschied zum Kosovo: Beide Länder, sowohl Österreich als auch Italien, haben diesen Weg dann ernsthaft beschritten.

Es gibt ein paar Merkmale, die man, was Autonomiebewegungen anlangt, aus diesen 35, 40 Jahren lernen kann:

Die Basis waren Resolutionen der Vollversammlung der Vereinten Nationen – das erscheint mir als sehr wichtig. Es folgten Zähigkeit, Geduld und eine enge Zusammenarbeit zwischen Südtirol und Österreich, und es dauerte 40 Jahre, bis diese Resolution nahezu vollständig umgesetzt war.

Weiters war die Autonomie ein gemeinsames Anliegen aller drei Volksgruppen in Südtirol – auch das ist entscheidend. Es funktioniert nicht, wenn eine Volksgruppe über die andere herrschen möchte. Es war ein gemeinsames Anliegen. Die Deutschsprachigen, die Italienischsprachigen und die Ladiner haben versucht, das Beste für ihr Land daraus zu machen.

Es gab vor allem auch eine besonnene politische Führung, die, solange es Fortschritte gegeben hat, den Weg der Verhandlungen nie verlassen hat und auch der Versuchung widerstehen konnte, zu polarisieren. Diesbezügliche Versuche hat es ja genug gegeben.

Es war aber auch eine kluge Bevölkerung, die jenen Gruppierungen, die in diesem Bereich polarisieren wollten, immer eine Absage erteilt hat. Jene Parteien, die die Selbständigkeit gefordert haben, sind über 5 Prozent nie hinausgekommen.

Das Ergebnis kann man, glaube ich, an der heutigen Situation messen: Eine der damaligen Kasernen ist heute eine Fachhochschule für Gesundheitsberufe, die Staatsstraßen wurden von der Republik Italien an das Land übertragen. All die Dinge, die sich dort so positiv entwickelt haben, sind in diesem Bericht angeführt.

Ich denke, Österreich trägt aus dieser Erfahrung heraus auch Verantwortung für die Minderheitenpolitik in Europa. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.) Daher sollten wir auch das ernst nehmen, was uns unsere Südtiroler Freunde immer wieder in aller Freundschaft sagen, nämlich daß sie sich von uns mehr Unterstützung bei der europäischen Minderheitencharta erwarten würden. Das möchte ich wirklich auch von dieser Stelle aus sagen. Sie erwarten sich das. (Neuerlicher demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.)

Es wird unsere Aufgabe als österreichisches Parlament sein, Südtirol auf diesem positiven Weg weiter zu begleiten, sodaß man diese Autonomie als Muster nehmen und auch in anderen Teilen Europas umsetzen kann, überall dort, wo es um Minderheitenpolitik geht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Smolle: Aber auch im eigenen Land, Kollege!)

17.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. – Bitte.

17.25

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Frau Staatssekretärin! Herr Kollege Paul Kiss! Nur eine Anmerkung zu Heiligenkreuz und zu dem Abkommen mit Ungarn, dem wir zustimmen: Aus dieser Notwendigkeit heraus eine Philippika für das Lyocell-Werk zu reiten, das zeugt ein bißchen von wirtschaftspolitischem Unverständnis oder Ahnungslosigkeit, lieber Paul. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn dieses wirtschaftspolitisch weiche Ei Lyocell-Werk mit dem Totalflop, der sich herausgestellt hat, aus Managementgründen et cetera, zu verteidigen, ist Humbug par excellence. Damit kommst du in das Buch der Rekorde, lieber Paul Kiss. Und das ernste, staatstragende Gesicht bei deiner Rede hättest du dir sparen können, du hättest lachen sollen über deine Rede – aber das nur nebenbei. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Frau Staatssekretärin! Südtirol wurde auch von meinem Vorredner dankenswerterweise ausführlich diskutiert. Einige Anmerkungen dazu.

Die Südtirolpolitik war und ist grundsätzlich Konsenspolitik der wichtigen Parteien auch in diesem Haus. Daher betone ich noch einmal, wie ich dies auch im Ausschuß getan habe, daß als Folgerung immer wieder anzumerken ist, trotz mancher Fortschritte in der Südtirolpolitik, daß Österreich die immerwährende Schutzmachtfunktion für Südtirol hat – die immerwährende! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich stelle das einmal dezidiert fest, wiewohl Auguren hin und wieder meinen, daß Ihnen, Frau Staatssekretärin, Südtirol kein Herzensanliegen ist. Ich unterstelle das jetzt nicht, aber wenn Sie es begradigen könnten, dann wären wir Ihnen dafür dankbar.

Wenn wir für die Schutzmachtfunktion sind – und das ist Faktum –, dann gehört diese Funktion selbstverständlich mit Leben erfüllt, und zwar dergestalt, daß man keine Jubelmeldungen und Erledigungsmeldungen abgibt, sondern darauf hinweist, was noch zu erledigen ist, denn der Leidensweg der Südtiroler seit dem Ersten Weltkrieg ist ja noch nicht abgehakt, meine Damen und Herren!

Wenn heute etwa die notwendige Amnestie für Südtirol-Aktivisten noch immer auf die lange Bank geschoben wird, dann muß, nicht nur aus freiheitlicher Sicht, diplomatisch nachgeholfen werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist auch notwendig, daß man Anfragen seitens des zuständigen Bundesministers etwas ernsthafter beantwortet, nicht so, wie er am 25. Feber 1999 eine parlamentarische Anfrage beantwortet hat, indem er auf die Frage: "Sind Ihnen Fälle von Südtirolern bekannt, welche laut den Erkenntnissen bundesdeutscher Höchstgerichte und des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes von italienischen Gerichten entgegen der Europäischen Menschenrechtskonvention verurteilt wurden?", auf die Pfunderer-Prozesse verwiesen hat. Das hat damit überhaupt nichts zu tun, meine Damen und Herren! Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun!

Ich bin mit Kollegen Niederwieser einer Meinung, der bereits 1994 eine Anfrage gestellt hat, wie es denn nun sei mit der Amnestie für ehemalige Südtirol-Aktivisten. Diesbezüglich ist noch einiges zu tun, beziehungsweise ist hier, Kollege Niederwieser, auch etwas forscher aufzutreten, denn der immer wieder vorgebrachte Grund, daß in Italien gerade Wahlen stattfinden würden, zieht einfach nicht. Dann dürfte man dort ja überhaupt nichts tun, denn dort gibt es pausenlos Wahlen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein langer, langer Leidensweg, wie erwähnt, und ich darf vom Klimatischen her nur aus einem Aufsatz von Viktoria Stadlmayer zitieren – ich hoffe, daß Ihnen diese Grande Dame der Südtirolpolitik, die ja auch in italienischen Gefängnissen einsitzen mußte und dort nicht pfleglich behandelt wurde, bekannt ist –; sie meint: Ebensowenig verstanden und verstehen im tiefsten Grund ihres Herzens die Italiener, daß es Menschen gibt, die nicht glücklich sind, Italiener sein zu dürfen. – Unter diesem Titel muß man auch die offenen Fragen der ausstehenden Erledigung der Toponomastik-Frage sehen. Da gibt es einiges zu tun. Nur zu sagen: Na ja, das ist ein Problem zwischen Bozen und Rom!, ist uns Freiheitlichen mehr als zuwenig, meine Damen und Herren!

Daher meinen wir, daß auch Sie dahin gehend tätig werden sollten, was die Begnadigung der Südtirolaktivisten und was die Frage der Toponomastik anlangt. Es ist nicht so, daß man, wie es der Herr Bundesminister ist, mit der Südtirolpolitik sehr zufrieden sein kann. Es gibt viel zu tun. Es ist zwar manches im positiven Sinne geschehen, im friedlichen Aufeinanderzugehen der Südtiroler Bevölkerung, aber die wesentlichen Fragen wie zum Beispiel – noch einmal! – Amnestie und Toponomastik gehören aufgearbeitet.

Wir ersuchen Sie, im Sinne der Gemeinsamkeit der Südtirolpolitik da tätig zu werden und sich nicht jeweils hinter bevorstehenden Wahlen in Italien zu verschanzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort wird vom Berichterstatter nicht gewünscht.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehmen werde.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Beilage in 1572 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, daß dieser Antrag mit Stimmeneinhelligkeit angenommen wurde.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Schlußakte und Gemeinsame Erklärung und Anlage in 1634 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Auch hier darf ich bitten, im Falle der Zustimmung ein Zeichen zu geben. – Ich stelle fest, daß auch dieser Antrag einstimmig genehmigt und angenommen wurde.

Als nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG, wonach die gemäß Artikel 2 des Protokolls dem Protokoll beigefügte finnische und schwedische Sprachfassung des Abkommens sowie das Protokoll hinsichtlich seiner dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, daß sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit dieser Vorgangsweise einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dies ist einstimmig so beschlossen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Verbalnote in 1691 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, ebenfalls um ein Zeichen. – Dies ist mit Mehrheit beschlossen.

Zuletzt gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, den vorliegenden Bericht III-35 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme des Berichtes eintreten, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, daß dieser Bericht einstimmig zur Kenntnis genommen wurde.

Damit haben wir die Punkte 2 bis 5 der Tagesordnung erledigt.

6. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Entschließungsantrag 1017/A (E) der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen betreffend Maßnahmen zum Schutz der Wale (1821 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Entschließungsantrag 902/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Maßnahmen zum Schutz von Kindern in Kriegen und bewaffneten Konflikten (1822 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Entschließungsantrag 987/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Ratifizierung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes (1825 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 8 der Tagesordnung. Auch hier wird die Debatte unter einem durchgeführt.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tichy-Schreder. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.34

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln jetzt den dritten Block von Vorlagen des Außenpolitischen Ausschusses, und angesichts dessen habe ich mich gefragt, was denn diese drei Anträge, nämlich der Antrag betreffend Maßnahmen zum Schutz der Wale, der zweite Antrag betreffend Maßnahmen zum Schutz von Kindern in Kriegen und bewaffneten Konflikten sowie der dritte Antrag betreffend Ratifizierung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes, eigentlich gemeinsam haben, sodaß sie unter einem verhandelt werden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler.)

Frau Abgeordnete Dr. Gredler, Sie haben vollkommen recht, es sind Anträge der Opposition. Heute haben wir schon über die Gemeinsame Außenpolitik diskutiert. Gerade diese drei Anträge zeigen sehr deutlich, daß es diesbezüglich vom Parlament aus sehr wohl eine Gemeinsame Außenpolitik gibt. Aber ich glaube, es wäre noch das Geringste, daß man sagt, es sind Anträge der Opposition, die wir alle gemeinsam tragen, sondern ich meine vielmehr, es sind Anträge, die vielleicht nicht so in der Öffentlichkeit bekannt sind, jedoch sicherlich zum Schutze von bestimmten Gruppen dienen.

Sie dienen zum Schutze der Wale, von Tieren, auf deren bedauerliche Situation in einer heute erschienenen Tageszeitung wieder hingewiesen wurde. Ein Indianerstamm aus den Vereinigten Staaten bejubelt es nämlich, daß es nach Jahren wieder gelungen ist, einen Wal harpuniert zu haben. Dazu muß ich sagen, daß es gerade der kommerzielle Walfang war, der da große Schäden angerichtet hat. Wir sind dahin gehend einer Meinung, daß diesbezüglich Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit eben die Walpopulation in unseren Weltmeeren aufrechterhalten werden kann.

Daß in diesem Zusammenhang auch einiges Positives geschehen ist, hat die kanadische Regierung gezeigt, die Fischfangverbote eingeführt und dadurch dazu beigetragen hat, daß sich die Fischpopulation in den Meeren wieder halbwegs stabilisiert hat. Ich glaube, da kann man sehr wohl von Regierungsseite aus etwas tun, und ich glaube, wir sollten auch in Zukunft hinsichtlich der Walkommission gemeinsam weiter vorgehen. Ich weiß, daß sich gerade Vertreter Österreichs da besonders engagieren. Das ist durchaus zu begrüßen.

Der zweite Bericht behandelt, so glaube ich, auch ein Thema, das uns alle sehr bewegt, nämlich daß gerade verstärkt Kinder zu kriegerischen Auseinandersetzungen herangezogen werden. Da soll durch einen gemeinsamen Entschließungsantrag versucht werden, Maßnahmen auf internationaler Ebene zu ergreifen, damit das Alter von Kindern, die für bewaffnete Konflikte rekrutiert werden, hinaufgesetzt wird, denn dazu gibt es sehr tragische Fälle. Gerade in Ländern, in denen Kinder früher reif sind, werden sie auch früher zum Einsatz in kriegerischen Auseinandersetzungen herangezogen. Ich meine, das sollte man unter allen Umständen verhindern; da müßten wir international aktiv werden. Diesbezüglich ist ein gemeinsamer Entschließungsantrag vorgesehen, daß eben die Rekrutierung erst frühestens mit 17 Jahren beginnen darf, und nicht schon früher, und daß Kinder unter 18 Jahren gar nicht zum aktiven Dienst herangezogen werden sollen. Ich bin der Ansicht, wir sollten versuchen, diesen Antrag auch international durchzusetzen.

Der nächste Antrag betrifft die Ratifizierung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes. Es ist festgestellt worden, daß es eine breite internationale Übereinstimmung dazu gibt, diesen Internationalen Strafgerichtshof einzusetzen, der eben notwendig ist, damit Verbrechen auch international geahndet werden können. Dieser weist zwar auch Schwächen auf, doch es ist notwendig, daß wir weltweit gemeinsam Wege finden, wie wir in diesem Bereich gegen Verbrechen vorgehen, damit Kriegsverbrecher oder auch Diktatoren, die sich da besonders schwere Übergriffe leisten, vor diesen Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden können.

Leider Gottes liegen dazu von wichtigen Staaten wie China oder den Vereinigten Staaten noch keine Unterschriften vor. Ich bin der Meinung, wir sollten zwischenstaatlich alles daransetzen, daß das Statut dieses Internationalen Strafgerichtshofes auch bald verabschiedet werden kann, damit wir damit verbrecherischen Regimen wirklich ein Gegengewicht entgegensetzen können. Es soll die Drohung bestehen, daß Kriegsverbrecher vor den Internationalen Gerichtshof kommen und daß dieser tatsächlich ein wirksames Instrument gegenüber verbrecherischen Regimen ist. Vielleicht ist das ein Ansatzpunkt, um zu mehr Frieden in dieser Welt zu kommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Inge Jäger. – Bitte.

17.39

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich begrüße die vorliegenden Entschließungsanträge, möchte aber zu zweien Anmerkungen machen, und zwar zu jenem betreffend Maßnahmen zum Schutz von Kindern in Kriegen und bewaffneten Konflikten sowie zu jenem bezüglich Maßnahmen zum Schutz der Wale.

Sehr geehrte Damen und Herren! Rotes Kreuz und Roter Halbmond schlagen Alarm, weil bei bewaffneten Konflikten, sei es in regulären Heeren oder auch in Guerillabewegungen, immer mehr Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zum Einsatz kommen. Es ist nicht nur so, daß in afrikanischen Ländern Kinder zum Teil sogar im Alter von sieben Jahren in diesen Kriegen eingesetzt werden, sondern man findet auch in europäischen Ländern, in Industrieländern – das war für mich das eigentlich Neue, daß es auch in Industrieländern solche Heere gibt – Kinder, die bereits mit 16 Jahren zum Heeresdienst eingezogen werden, zum Beispiel in England, aber auch in den USA, wobei es dort nicht gängige Praxis ist.

Unerträglich ist allerdings die Situation in vielen Ländern der Dritten Welt, wo mehr als 300 000 Kinder als Soldaten im Einsatz sind. Kinder, die den besonderen Schutz der Gesellschaft bräuchten, sind dort großem Leid ausgesetzt. UNICEF gibt als Grund für die steigende Zahl von Kindersoldaten die massenhafte Verfügbarkeit leichter Waffen an, die auch von Jugendlichen leicht zu bedienen sind.

Es gibt sicher keine einfache Lösung für das Problem der Kindersoldaten, aber das, was sie brauchen, ist zuallererst einfach Aufklärung, eine Bewußtseinsschaffung in dieser Angelegenheit und die Ächtung der Heere, die Kinder in ihre Dienste stellen. Es gibt sechs führende internationale NGOs – darunter amnesty international, "Human Rights" und "Terre des Hommes" –, die gemeinsam eine Kampagne gestartet haben, um auch auf internationaler Ebene die Rechte der Kinder in den Gesetzen besser zu verankern.

Wesentlich ist, daß es zu einem Zusatzprotokoll zur "Konvention über die Rechte des Kindes" kommen wird, in dem bei feindseligen Konflikten die Einberufung und der Einsatz von Personen unter 18 Jahren verboten wird. Zweitens muß man sicherstellen, daß ehemalige Kindersoldaten abrüsten können, rehabilitiert und in die Gesellschaft eingegliedert werden.

Ich möchte hier auch ein positives Projekt ansprechen. In Österreich gibt es diesbezüglich eigentlich eine lange Tradition. Schon vor einigen Jahren hat der Film "Ist der Teufel wirklich ein Kind?" der österreichischen Journalistin Margit Niederhuber über die Kindersoldaten in Moçambique international Aufsehen erregt. Hinzu kam, daß in Moçambique mit diesen Kindern gearbeitet worden ist, und ich denke, das war wirklich eine sehr erfolgreiche und positive Arbeit.

Zum zweiten Thema: Schutz der Wale. Ich meine, es ist notwendig, daß wir bei der nächsten Jahrestagung der Internationalen Walfangkommission und bei der Konferenz über das Washingtoner Artenschutzabkommen im Jahre 2000 für einen möglichst umfassenden Schutz der Wale eintreten. Ich ersuche Sie, Frau Staatssekretärin, daß man besonders auch in Gespräche und Abkommen mit Japan – Japan ist am Handel mit Walfleisch und Walprodukten sehr interessiert –, aber auch mit Norwegen in bilaterale Verhandlungen eingeht, denn die Wale sind durch die weltweite Verschmutzung der Meere und durch die globale Klimaveränderung grundsätzlich in ihrem Bestand bedroht.

Ich möchte hier auch die Initiative von Greenpeace unterstützen, die für die Errichtung eines weltweiten Walschutzgebietes eintreten, denn nur dann, wenn die Weltmeere zum Weltwalschutzgebiet erklärt werden, können diese intelligenten Meeressäuger überleben.

Ich bin der Meinung, daß Österreich in beiden Bereichen wieder beweisen kann – und ich denke, Österreich hat das in der Vergangenheit sehr häufig bewiesen, wenn ich etwa nur an die Anti-Personen-Minen-Kampagne denke –, daß man auch als kleines Land eine sehr positive, kritische Stellung einnehmen und in diesen internationalen Verhandlungen tatsächlich auch sehr viel weiterbringen kann.

In diesem Sinne bedanke ich mich schon jetzt herzlich bei den Verantwortlichen, die sich in diesen Konferenzen mit diesen Themen beschäftigen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

17.45

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Wir werden dem Entschließungsantrag 902/A (E) aus grundsätzlichen Erwägungen zustimmen, obwohl er eine große Menge Fehler, Lücken und Schwächen aufweist. So dürfte die Antragstellerin unter anderem übersehen haben, daß es in Österreich keine 18jährigen Kinder gibt.

Was jedoch viel wichtiger ist: Er widerspricht den §§ 15, 16 und 17 des österreichischen Wehrgesetzes. Es wäre vernünftiger und klüger gewesen, wenn man solches vorhat, vorher das Wehrgesetz zu ändern, das eine frühere Dienstleistung ermöglicht. Als man es damals eingeführt hat, hat man sich etwas dabei gedacht: Um den Lehrlingen nach dem Abschluß ihrer Lehre nicht ein Verlustjahr zu bescheren, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, gleich im Anschluß daran den Wehrdienst zu leisten, hat man diese Altersgrenze in Österreich bewußt eingeführt. Aber man wollte wahrscheinlich nur schnell einer gut klingenden Resolution zustimmen und hat das zuwenig durchdacht.

Man wird weiters von seiten des Verteidigungsministeriums eine Änderung im Schul- und Studienplan des Militärrealgymnasiums durchführen müssen, weil die Schüler an dieser Anstalt in diesem Alter beginnen, ihren Wehrdienst abzuleisten. Das scheint man jedoch bei der ÖVP oder im Verteidigungsministerium übersehen zu haben. Aber es ist ja nicht das erste Mal, daß der Verteidigungsminister und sein Ministerium in der Eile etwas übersehen, was man nachher mühsam reparieren muß. Das ist nicht unsere Sache, sondern Sache des Verteidigungsministeriums.

Aus grundsätzlichen Erwägungen aber, weil wir die Intention, die dahintersteht, für richtig halten, werden wir diesem Antrag zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

17.47

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, daß es möglich war, im Außenpolitischen Ausschuß einen Konsens über Materien zu erzielen, die eigentlich sehr geduldig auf ihre Behandlung gewartet haben. Wenn ich die Ratifizierung des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofes hernehme, hätte ich mir natürlich gewünscht, daß diese nach den Gesprächen von Rom und nach dem Abkommen von Rom sofort dem Parlament zugewiesen worden wäre. Das war bis jetzt nicht möglich. Frau Staatssekretärin! Sie werden uns sicher dahin gehend unterstützen, daß wir nach Senegal und Sierra Leone – das sind die ersten beiden Staaten, die das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes ratifiziert haben – vielleicht als drittes Land dieses Dokument ratifizieren, sodaß man sichergehen kann, daß so schnell wie möglich die Installierung eines Internationalen Gerichtshofes für Fälle von menschenverachtendem Verhalten in kriegerischen Auseinandersetzungen innerhalb und außerhalb eines Territoriums erfolgt. Es soll die Möglichkeit der Anklage und den entsprechenden Schutz für die Bevölkerung geben, zumindest im nachhinein zu ihrem Recht zu kommen.

Ich freue mich, daß das nicht zum Zankapfel dieses Hauses gemacht wurde, sondern daß mein Antrag von den Regierungsparteien angenommen worden ist und wir uns dadurch einigen konnten.

Dasselbe gilt im großen und ganzen auch für den Schutz von Kindern in kriegerischen Auseinandersetzungen und bewaffneten Konflikten. In diesem Zusammenhang möchte ich mich sehr herzlich bei der Vertreterin von UNICEF bedanken, die sich vehement dafür eingesetzt hat, daß wir dieses Thema im österreichischen Parlament auf die Tagesordnung nehmen und diskutieren. (Das rote Licht auf dem Rednerpult beginnt zu blinken.) – Ich glaube nicht, daß ich eine Redezeitbeschränkung eingegeben habe, Herr Präsident, aber es ist egal, ich werde mich trotzdem bemühen, sehr schnell zu sein.

Wir vom Liberalen Forum haben dieses Thema zum Anlaß genommen, diesen Antrag einzubringen. Es geht nicht darum, daß wir österreichisches Gesetz "drehen" wollen. Es ist natürlich nicht sinnvoll, eine Ausbildung zu unterbrechen beziehungsweise den beruflichen Fortgang von jungen Leuten zu behindern. Das ist überhaupt nicht die Absicht des Antrages. Die Absicht dieses Antrages ist es, Kinder davor zu schützen, daß sie in kriegerischen Auseinandersetzungen eingesetzt werden und daß sie dazu mißbraucht werden, eine sogenannte Minenräumung durchzuführen.

Die Minenräumung läuft folgendermaßen ab: Man schickt die Kinder durch ein minenverseuchtes Feld; jene, die es geschafft haben, überleben, jene, die auf eine Mine getreten sind, sterben üblicherweise. Das ist die Art und Weise, wie Kinder mißbraucht werden. Und diese Kinder wollen wir schützen! Um deren Leben und deren körperliche Unversehrtheit geht es uns in diesem Antrag, den wir Liberalen eingebracht haben und der zum Glück auf vernünftige Zustimmung im Hohen Haus gestoßen ist. Es ist gut, daß wir gemeinsam diese Position gefunden haben.

Es ist, so glaube ich, bedauerlich, daß Sie sich auf Dinge berufen, Herr Kollege Jung, die in diesem Zusammenhang nicht so wichtig sind. Die österreichischen Gesetze können wir adaptieren, aber wir brauchen eine internationale Handhabe, mit der wir auch Mädchen verteidigen können; Mädchen, die in Armeen mißbraucht werden, die zwangsrekrutiert werden, und zwar nicht nur, um zu kochen, sondern auch, um andere Gelüste zu befriedigen. Daß das unterbunden wird, ist uns ein besonderes Anliegen, und wir versuchen auch über diesen Antrag, diese Mädchen zu schützen.

Ich glaube, daß es reicht, daß in den letzten zehn Jahren 2 Millionen Kinder Opfer von Kriegen geworden sind. Weitere 6 Millionen Kinder wurden aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen schwer verletzt, und es hat bereits 1 Million Kriegswaisen gegeben. Es ist hoch an der Zeit, daß die internationale Gemeinschaft mehr für die Kinder dieser Welt tut, deren Leben bedroht ist.

Wie geht es so einem Kind, das im Kosovo lebt? Wie geht es so einem Kind? Wie kann es seine Rechte durchsetzen, wenn es ganz alleine ist? Hat ein Kind die Möglichkeit, nach Österreich zu kommen, wenn es keine Verwandten hat, die es im Camp beschützen und sagen: "Sprich einmal mit den Beamten des österreichischen Innenministeriums, vielleicht hast du die Möglichkeit, mitzufliegen, vielleicht nimmt dich eine österreichische Familie auf!"? – Vielleicht sollten wir für diese Kinder mehr tun. Es gibt genug österreichische Familien, die bereit wären, solche Kinder aufzunehmen. Die Caritas sagt, daß die Unterbringungsmöglichkeiten, die private Personen zur Verfügung gestellt haben, nicht ausgenützt werden. Das heißt, wir haben Möglichkeiten in Österreich noch und nöcher, aber wir stellen sie den schuldlosesten Wesen dieser Erde nicht zur Verfügung. Wir sollten mehr tun! – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kammerlander. – Bitte.

17.52

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst dafür bedanken, daß unser Antrag zum Schutz der Wale wieder – das muß ich betonen – die einstimmige Unterstützung, das heißt die Einstimmigkeit bei der Abstimmung bekommen hat. Ich freue mich deswegen, weil sich Österreich aufgrund des kontinuierlichen gemeinsamen Zusammenwirkens aller Fraktionen in dieser Frage in den letzten Jahren im Rahmen der Internationalen Walfangkommission tatsächlich profilieren konnte, und zwar nicht nur mit genauen und sehr korrekten Meinungen und Haltungen, sondern auch durch seine kontinuierliche Arbeit in dieser Walkommission. Das zeigt, daß ein Teil der internationalen Arbeit vor allem dann gut funktionieren kann, wenn es einen starken Rückhalt in den entsprechenden nationalen Gremien und vor allem im Parlament gibt.

Noch einmal: In diesem Sinne sage ich ein Dankeschön für die Unterstützung dieses Antrages, und ich denke, daß die Zusammenarbeit weiterhin kontinuierlich stattfinden wird, was auch dem Ansehen Österreichs in dieser Walfangkommission einen gewissen Stellenwert einräumen wird.

Zu den anderen beiden Anträgen kann ich nur sagen, daß wir sie unterstützen und sehr froh sind, daß diese Anträge auch die Zustimmung bekommen haben und hier im Haus beschlossen werden können. Ich möchte dem, was meine Vorredner und Vorrednerinnen bereits gesagt haben, nicht mehr viel hinzufügen, insbesondere was die Maßnahmen zum Schutz von Kindern in Kriegen und bewaffneten Konflikten betrifft. Ich denke mir nur, daß einer der nächsten Schritte nach einem solchen Antrag wäre, eine stärkere, ich will nicht sagen Überwachung, aber doch Wachsamkeit zu zeigen und diese an den Tag zu legen, wenn es um weitere bewaffnete Konflikte geht. Daraus ergeben sich einige weitere Tätigkeiten auch für ein neutrales Land wie Österreich.

Zum dritten Bereich, dem Internationalen Strafgerichtshof, kann ich nur sagen, daß ich sehr froh bin, daß wir dieses Statut sehr rasch ratifiziert haben, nachdem sich vor allem auch Österreich im Rahmen der Vereinten Nationen sehr stark für die Errichtung des Strafgerichtshofes eingesetzt hat. Ich darf daran erinnern, daß es vor allem auf Österreich und auch auf die Arbeiten von Professor Hafner zurückzuführen ist, daß es überhaupt zu diesem Statut des Strafgerichtshofes gekommen ist. Einige Zeit lang schien es so zu sein, als würde es neuerlich verzögert werden, neuerlich auf die lange Bank geschoben werden. Ich begrüße es sehr, daß dies abgeschlossen werden konnte, daß das Statut nun zur Ratifizierung vorliegt, und hoffe, daß wir zu den erstunterzeichnenden Ländern gehören. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Er hat das Wort.

17.55

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich im wesentlichen auf den Entschließungsantrag betreffend den Mißbrauch von Kindern in Form von Kindersoldaten beschränken, der ein Fünf-Parteien-Antrag ist und daher die Zustimmung aller fünf Fraktionen findet.

Ich erinnere mich sehr gut an jene Debatte, bei der Kollegin Gredler ihren Antrag eingebracht hat. Ich habe damals in der Debatte schon gesagt, daß ich überzeugt davon bin, daß wir diesbezüglich zusammenkommen werden und es nur selbstverständlich sein kann, daß sich das Hohe Haus gegen derartige Maßnahmen ausspricht. Es freut mich daher, daß diese Übereinstimmung gefunden werden konnte.

Überrascht bin ich natürlich vom Kollegen Jung, der wieder einmal versucht hat, ein Haar in der Suppe zu finden. (Zwischenruf des Abg. Jung.) Kollegin Gredler hat schon richtig ausgeführt, daß es heute überhaupt nicht um das österreichische Wehrgesetz geht, daß es nicht darum geht, dieses heute zu diskutieren. Können Sie sich daran erinnern, daß jemals in der Geschichte der Zweiten Republik österreichische Kinder in einem Krieg eingesetzt worden wären? (Abg. Jung: Nein!) – Es ist völlig absurd, das in die Debatte einzubringen, nur um diesen Entschließungsantrag madig zu machen. Ich gratuliere aber der freiheitlichen Fraktion, dazu, daß sie sich trotz ihres neuen Wehrsprechers Jung dazu entschlossen hat und durchringen und überwinden konnte, diesen Entschließungsantrag zu unterstützen und ihm beizutreten.

Wenn man weiß, daß nach den Berichten, die die UNICEF veröffentlicht hat, in den letzten Jahren mehr als 2 Millionen Kinder durch Kriege getötet worden sind, daß zwischen 4 und 5 Millionen Kinder verkrüppelt wurden, daß mehr als 12 Millionen Kinder vertrieben worden sind, daß – geschätzt – 10 Millionen Kinder aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen traumatisiert wurden und darüber hinaus ungezählte Millionen von Kindern ihre Eltern verloren haben, dann kann man sagen, daß unbedingt Maßnahmen notwendig sind, um diesem Greuel international entgegentreten zu können.

Frau Staatssekretärin! Verstehen Sie bitte diesen Entschließungsantrag als Unterstützung der Politik des Außenministeriums, das damit zusätzlich motiviert werden soll, sich in allen internationalen Gremien, sei es im Rahmen der Europäischen Union oder auch bei den Vereinten Nationen, dafür einzusetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch ich möchte UNICEF Österreich ganz besonders für den Einsatz gerade in diesem Zusammenhang danken. UNICEF Österreich hat mit dem Kinderbotschafter Thomas Brezina eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen, um gegen den Mißbrauch von Kindern als Soldaten aufzutreten, die noch bis Ende Juni läuft, und es ist natürlich jeder herzlich eingeladen, diesen Aufforderungen beizutreten. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf abschließend sagen, daß ich sehr froh darüber bin, daß wir diesen Entschließungsantrag gemeinsam zustande gebracht haben, und daß der österreichische Nationalrat ein deutliches Signal gegen den Mißbrauch von Kindern, insbesondere als Kindersoldaten oder auch als Minenräumer oder was immer, setzt. Ich bin froh, daß es dieses gemeinsame Signal gibt. In diesem Sinne kann ich Sie, Frau Staatssekretärin, nur ersuchen, gemeinsam mit dem Herrn Außenminister diesbezüglich weiter aktiv tätig zu bleiben. Ich bin in Kenntnis Ihrer Personen auch überzeugt davon, daß Sie das tun werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.00

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Meine Vorredner haben schon sehr viel über diesen Antrag betreffend Kindersoldaten gesagt. Nach meinem Dafürhalten geht es nicht nur um die Kindersoldaten, sondern generell um die Rechte der Kinder, weil Kinder besonders von Kriegen und kriegerischen Auseinandersetzungen betroffen sind, weil Gefahr für Leib und Leben besteht, weil sie in Bürgerkriegen besonders leiden, aber auch deshalb, weil vor allem in Ländern der Dritten Welt Kinderarbeit, Prostitution, sexuelle Ausbeutung und so weiter vorherrschen. Es geht nach meinem Dafürhalten also primär nicht nur um Kindersoldaten, sondern generell um den Schutz der Kinder.

Bedauerlicherweise ist es nicht gelungen, im Zusatzprotokoll der Kinderrechtskonvention die Anhebung des Mindestalters für den Militärdienst von 15 Jahren auf 18 Jahre zu verankern, aber dafür ist zumindest die universelle Ratifikation gelungen. Laut § 8 des Internationalen Strafgerichtshofes ist die Zwangsrekrutierung von Kindern unter 15 Jahren verboten und wird als Kriegsverbrechen geahndet oder soll als Kriegsverbrechen geahndet werden, was ein bedeutender Fortschritt wäre, weshalb ich Sie bitte, auch dringend darauf zu drängen, dieses Statut zu ratifizieren.

Abgesehen von der unhaltbaren Situation in Kriegsgebieten brauchen Kinder daraus resultierend explizit Schutz und Hilfe. Das heißt, es müssen auch kindliche Fluchtgründe im Asylverfahren nach meinem Dafürhalten berücksichtigt werden, also nicht nur die Heranziehung von Kindern als Kindersoldaten, sondern auch Kinderarbeit, sexuelle Ausbeutung oder weibliche Genitalverstümmelung sind kindliche Fluchtgründe.

Das betrifft jetzt zwar nicht Sie, Frau Staatssekretärin, aber es gibt kein einheitliches Alter im Asylverfahren – derzeit 19 Jahre – und im Fremdengesetz – derzeit 16 Jahre – betreffend Kinderflüchtlinge. Ich glaube, diesbezüglich sollten wir auch von österreichischer Seite her einiges tun, damit über minderjährige Flüchtlinge keine Schubhaft verhängt werden kann, damit Clearing-Stellen eingerichtet werden, um kindliche Fluchtgründe zu prüfen, und um überhaupt generell anzuerkennen, daß es kindspezifische Fluchtgründe im Asylverfahren gibt.

Das zweite ist die Institutionalisierung des Internationalen Strafgerichtshofes. Es hat vom 15. Juni bis 18. Juli 1998 eine diplomatische Konferenz zur Schaffung eines solchen Strafgerichtshofes stattgefunden. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, mit dem die schwersten internationalen Verbrechen geahndet werden sollen, die da sind: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, systematische Angriffe gegen die Zivilbevölkerung, Mord, Versklavung, Folter, Deportation, Vergewaltigung, Apartheid, erzwungene Schwangerschaft sowie Kriegsverbrechen und Aggressionskrieg. Es haben damals 120 Staaten für diesen International Criminal Court gestimmt, unter anderem auch Österreich und alle EU-Länder, bedauerlicherweise sind sieben Staaten, aber sieben wichtige Staaten, unter anderem die Vereinigten Staaten von Amerika, dagegen.

Zur Ratifikation dieses Internationalen Strafgerichtshofes bräuchte es 66 Länder, wobei sichergestellt werden muß, daß die Unabhängigkeit des Gerichtes und auch des Anklägers gewahrt ist, und dafür wäre die Teilnahme der USA vor allem in der vorbereitenden Kommission unabdingbar und von großer Bedeutung, vor allem deshalb, weil 50 Jahre nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte erstmals die historische Chance bestünde, eine wirksame Institution zu deren Durchsetzung zu schaffen und damit eine strafrechtliche Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit durchzusetzen.

Es hat bereits erste derartige Tribunale gegeben: 1945 beim Nürnberger Prozeß, 1991 in Jugoslawien das Tribunal von Den Haag, und 1994 betreffend Ruanda das Tribunal in Arusha. Trotzdem wäre statt dieser Ad-hoc-Tribunale ein ständiges internationales Tribunal besser, vor dem sich die Staatenwelt fürchtet, vor dem sich vor allem die Täter fürchten, welches die Sicherheit der Opfer gewährleistet und das Ziel hat, unmenschliche Gewalt in kriegerischen Auseinandersetzungen zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ.)

18.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Die Berichterstatterinnen wünschen kein Schlußwort. Wir treten daher in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte Sie, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen und die Beratungen mit den Mitarbeitern vielleicht nach der Abstimmung fortzusetzen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1821 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Für den Fall der Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist stimmeneinhellig angenommen. (E 181.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 1822 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Sofern Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist gleichfalls einhellig erfolgt. Der Antrag ist somit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1822 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt gleichfalls einhellig. Der Antrag ist damit angenommen. (E 182.)

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 1825 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Sofern Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um entsprechendes Zeichen. – Das ist einhellig erfolgt. Der Antrag ist damit auch angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1825 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist gleichfalls einhellig erfolgt. Somit ist auch dieser Antrag angenommen. (E 183.)

9. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend die Prüfung "Förderungen der Organisation ‚World Vision‘ durch den Bund; insbesondere Klärung der Frage, wie es zu diesen Förderungen gekommen ist (Interventionen, personelle Verflechtungen, Parteien- bzw. Wahlkampffinanzierung), wie die Förderungen abgewickelt, evaluiert und abgerechnet wurden" (1823 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zu Punkt 9 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Apfelbeck vor. Keine Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.07

Abgeordnete Ute Apfelbeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Der Ständige Unterausschuß des Rechnungshofausschusses wurde vom Nationalrat zu dem Zwecke eingerichtet, Gebarungsprüfungen selbst durchzuführen. Der Ständige Unterausschuß tritt in Erfüllung dieser Aufgabe anstelle des sonst als Hilfsorgan des Nationalrates fungierenden Rechnungshofes – mit denselben Rechten und auch Pflichten. So ist der Rechnungshof befugt, unter anderem von den geprüften Stellen jederzeit schriftlich oder auf kurzem Wege alle ihm erforderlich erscheinenden Auskünfte zu verlangen. Ich bin daher der Meinung, daß auch dieser Ständige Unterausschuß des Rechnungshofes diese Rechte hat. Die durch diesen Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofes zu Prüfenden müßten daher die Anfragen ohne Verzug vollinhaltlich und unmittelbar beantworten und alle verlangten Auskünfte auch erteilen.

Eine erfolgreiche Erfüllung seiner Aufgaben wäre nicht denkbar, wenn die Akteneinsicht einer Beschränkung unterläge, meine Damen und Herren! Würde der Rechnungshof seiner Kontrollaufgabe aber so nachkommen wie dieser Unterausschuß, dann könnten wir ihn ersatzlos streichen und dem Steuerzahler damit viel Geld ersparen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17 Anträge der Opposition wurden mit der Mehrheit der Regierenden niedergeschmettert mit dem Bemerken, dies seien eben demokratische Entscheidungen. Erst in der dritten Ausschußsitzung durften erstmals ausgesuchte Auskunftspersonen befragt werden, davor begnügte man sich mit Debatten zur Geschäftsordnung und einem Beschluß, die Bundesministerien um einen Bericht zu ersuchen. (Abg. Dr. Lukesch: Das steht in der Geschäftsordnung, Frau Kollegin! Das ist geschäftsordnungskonform!)

Herr Kollege Lukesch! Sie zitieren hier die Geschäftsordnung. Sie verwechseln diesen Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofes mit einem "normalen" Unterausschuß des Rechnungshofes, den Sie jederzeit einsetzen könnten. (Abg. Dr. Lukesch: Sie verwechseln ihn mit einem Untersuchungsausschuß!) Dieser hat natürlich andere Rechte, nämlich genau die Rechte, die Sie jetzt meinen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Bereitschaft der Bundesministerien, an der Aufklärung mitzuwirken, hielt sich sehr in Grenzen. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Dr. Lukesch und Dkfm. Holger Bauer.) So zum Beispiel hat uns das Bundeskanzleramt gezeigt, welchen Stellenwert dieser Ständige Unterausschuß des Rechnungshofes hat. Anstelle des geforderten Erhebungsberichtes wurde uns lediglich die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Herrn Abgeordneten Öllinger übermittelt, aber das dafür mit Rückschein und streng vertraulich – eine Anfragebeantwortung, die jeder Abgeordnete hier im Haus ohnehin bekommen würde. Kein Abgeordneter von SPÖ oder ÖVP hat daran Anstoß genommen. Im Gegenteil: Diese Vorgangsweise wurde noch verteidigt.

Ich halte schon wie bei den vorangegangenen zwei Prüfungsaufträgen – 1997: Beschaffungsvorgänge des Bundesheeres, 1998: Überprüfung von rechtswidrigen Vorfällen bei der Planung und beim Bau der ennsnahen Trasse und zuletzt der Spendenskandal von "World Vision" – fest, daß dieser Ständige Unterausschuß des Rechnungshofes seinem Prüfungsauftrag nicht nachkommen konnte und nicht nachkommen durfte. Sie von SPÖ und ÖVP mit Ihrer "gelebten Demokratie" hier im Haus haben verhindert, daß restlos aufgeklärt wurde und restlos aufgeklärt werden durfte, wie diese Gelder von World Vision tatsächlich verwendet wurden. Mit Ihrer gelebten Demokratie – wer die Mehrheit hat, entscheidet, was, wer und wie geprüft und wer befragt werden darf – haben Sie eine echte Kontrolle verhindert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Die Frau Staatssekretärin hat uns glaubhaft versichert, alles sei in bester Ordnung. Ich sage Ihnen, Frau Staatssekretärin: Das stimmt nicht. – Allein eine dem Unterausschuß übermittelte Studie über ein Projekt in Kinshasa besagt erstens einmal, daß das Projekt seinen Verpflichtungen gegenüber den Bauern, für die es bestimmt war, nicht nachgekommen ist. Für SPÖ und ÖVP ist das aber in Ordnung. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Sicherlich, Sie haben diese Projektstudie in Ihrem Bericht gar nicht erwähnt. Sie schreiben im Bericht: Ein Schaden ist nicht entstanden.

Zweitens wurden den Bauern während der Saatzeit kein Saatgut, keine Düngemittel und keine Pestizide zur Verfügung gestellt. Ich frage Sie von SPÖ und ÖVP: Wann denn, wenn nicht zur Saatzeit, sollten die Bauern das Saatgut bekommen? – Und dann sagen Sie von SPÖ und ÖVP, es sei alles in Ordnung!

Drittens wurde aber auch festgestellt, daß keine Lagerbücher geführt wurden, und dabei sollten der Bevölkerung 1 830 Megatonnen Getreide, 210 Megatonnen Soja und 177 Megatonnen Langbohnen zur Verfügung gestellt werden. Aber Lagerbücher wurden keine geführt. Und da sagen Sie von SPÖ und ÖVP: Es ist alles in Ordnung.

Viertens: Diese Studie besagt aber auch, daß es unerlaubte Auszahlungen in der Höhe von 16 463 US-Dollar gegeben hat. Da sagen Sie von SPÖ und ÖVP: Alles ist in Ordnung. Es ist kein Schaden entstanden.

Fünftens: Die Studie besagt auch, daß das Projekt nicht gewinnorientiert geplant war. Das heißt, der Steuerzahler würde im Volksmund sagen, daß dieses Projekt voll in die Hose gegangen ist.

Wenn SPÖ und ÖVP in ihrem Bericht schreiben: Zusammenfassend ist festzuhalten, der Republik Österreich ist kein finanzieller Schaden entstanden!, dann halte ich fest: Die Republik Österreich ist sehr wohl geschädigt worden. Ich mache Ihnen den Vorwurf, daß Sie verhindert haben, daß noch mehr aufgeklärt werden durfte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In der derzeitigen Praxis ist der Ständige Unterausschuß des Rechnungshofes ein zahnloses Instrument, das in keinster Weise seinen Kontrollaufgaben nachkommt und nachkommen kann. Es wäre daher unbedingt erforderlich ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.) – Herr Kollege Lukesch! Gerade für Sie, damit Sie endlich kapieren, welche Rechte dieser Ständige Unterausschuß hat und auch haben sollte, sollte diese Geschäftsordnung geändert werden, damit auch Sie es endlich einmal verstehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Geschädigt wurden aber auch private Spender. Jetzt frage ich Sie: Wer sind denn diese privaten Spender? – Doch meistens Menschen, die selbst sehr wenig haben, die mit ihrer Spende ihr Gewissen beruhigen wollen, weil es Menschen gibt, denen es noch schlechter geht, und die mit ihrer Spende versuchen, das Schicksal für sie persönlich positiv zu stimmen. Diesen Menschen gegenüber, meine Damen und Herren, haben Sie als Politiker von SPÖ und ÖVP eine Verantwortung. Dieser Verantwortung sind Sie nicht nachgekommen! Hier haben Sie in gegenseitiger Koalitionstreue kläglich versagt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Apfelbeck, Mag. Schweitzer und Kollegen betreffend Kontrolle von Spendenorganisationen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, innerhalb von sechs Monaten den Entwurf gesetzlicher Regelungen vorzulegen, mit dem

die hohe Spendenbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher

und das Vertrauen in die widmungsgemäße und optimale Verwendung der Spenden und der öffentlichen Förderungen

dadurch sichergestellt wird, daß das Sammeln von Spenden an eine

zwingende Prüfung der Zuverlässigkeit der in diesem Bereich tätigen Organisationen und Personen und eine

zwingende Kontrolle der Gebarung und der Verwendung der Mittel durch diesen Rechnungshof

gebunden wird.

*****

Wenn Sie es ehrlich meinen, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, dann stimmen Sie diesem Antrag zu. Das sind Sie den Wählern schuldig! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Steindl. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.17

Abgeordneter Mag. Franz Steindl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Der vom Parlament eingesetzte Unterausschuß des Rechnungshofausschusses hat sich sehr wohl sehr intensiv mit den Förderfragen des Bundes bezüglich der Projekte von World Vision auseinandergesetzt. (Abg. Öllinger: Er hat nicht einmal die Berichte gelesen!) Es haben acht Sitzungen stattgefunden, es wurden 16 Auskunftspersonen geladen, darunter hochrangige Persönlichkeiten: der Rechnungshofpräsident (Abg. Böhacker: Der Rest war Schweigen und Mauern!), ranghohe Persönlichkeiten der zuständigen Ministerien, dazu auch Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner oder Herr Staatssekretär Wittmann.

Es gab Berichte, es gab Stellungnahmen des Verfassungsdienstes, 12 oder mehr schriftliche parlamentarische Anfragen und sogar eine Anfragebesprechung hier im Hohen Haus. Ich meine, daß wir ausführlich Gelegenheit gehabt haben, die Vorwürfe genau zu untersuchen. (Abg. Öllinger: Das glaubst du doch selbst nicht!)

Es gibt zwei Schlußfolgerungen. Schlußfolgerung Nummer eins: Es gibt keinen Hinweis, auch keinen einzigen kleinen Hinweis (Abg. Öllinger: Viele Hinweise!), daß öffentliche Gelder des Bundes veruntreut worden wären. Schlußfolgerung Nummer zwei: Es konnte daher kein finanzieller Schaden für den Bund entstehen. – Das sind die Schlußfolgerungen der Beratungen des Ständigen Unterausschusses. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur Aufgabe des Ständigen Unterausschusses betreffend Prüftätigkeit: Die Aufgabe war, die ordnungsgemäße Verwendung der öffentlichen Förderungsmittel des Bundes zu untersuchen. (Abg. Dr. Khol: Das ist der Punkt! Nicht, ob das Projekt sinnvoll oder nicht ist!) Es ist ganz klar, Frau Abgeordnete Apfelbeck, daß eine Unterscheidung getroffen werden muß. Es handelt sich nach der Geschäftsordnung um einen Ständigen Unterausschuß und nicht um einen Untersuchungsausschuß, wie Sie ihn gerne wollten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: So ist es!)

Punkt zwei: Dieser Ständige Unterausschuß ist für die Gebarungsprüfung von "World Vision" in bezug auf private Spenden nicht zuständig. Das heißt, dafür sind die Gerichte zuständig, und die Gerichte werden auch die Vorfälle, die in die Öffentlichkeit gelangt sind, untersuchen.

Dieser Ständige Unterausschuß ist auch nicht für die Prüfung der Einsätze von EU-Mitteln zuständig. Die österreichische Verfassung sieht kein Zusammenwirken dieses Ständigen Unterausschusses mit EU-Organen vor. Das möchte ich zur Klarstellung in aller Deutlichkeit sagen. Daher hat dieser Ständige Unterausschuß seine Aufgabe mehr als erfüllt. Die Vorwürfe, die Sie im Minderheitsbericht finden, sind daher schärfstens zurückzuweisen!

Zu den Projekten: Die Projekte sind keine Projekte des Bundeskanzleramtes oder des Außenministeriums, sondern das sind Projekte dieser vielen Vereine, dieser vielen Non-profit-Organisationen. Daher kann die Prüfung nur auf diese Projekte bezogen sein und nicht auf die Vereine und auf die Organisationen. Würde man nämlich alle Vereine, die ansuchen, genauestens unter die Lupe nehmen, würde kein einziges Projekt verwirklicht werden. Das muß uns klar sein. Daher war die Prüfung einzig und allein auf diese Projekte bezogen.

Zur Abwicklung dieser Förderungen: Es lagen und liegen ganz genaue Richtlinien vor. Wer zum Beispiel beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten bei der Projektabwicklung zum Zug kommt, entscheidet eine Kommission. Die Entscheidung der Kommission erfolgt anhand einer Checkliste, anhand von formalen Kriterien. Es gibt einen Fördervertrag. Es gibt eigene Bankkonten. Bis 23. November 1998 lagen keine Umstände vor, die gegen eine Förderung dieser konkreten Projekte gesprochen hätten. Der Opposition geht es anscheinend nicht um den Sachverhalt und um die Aufklärung, sondern darum, private Entwicklungsinitiativen in Ländern der Dritten Welt madig zu machen. Es stellt sich schon die Frage, wo die Vorwürfe aufhören, die der Aufklärung nützen, und wo sie der Sache der Entwicklungszusammenarbeit zu schaden beginnen. Ich unterstelle Ihnen, daß Sie eher schaden wollten.

Daher haben wir gemeinsam schon vor einigen Wochen im Parlament einen Entschließungsantrag betreffend Gütesiegel für Spendenorganisationen eingebracht. (Abg. Marizzi: Beantworte mir bitte eine Frage: Warum kandidiert Habsburg für eine andere Partei?) Ich meine, daß der Finanzminister und der Justizminister gefordert sind, entsprechende Vorschläge betreffend ein Gütesiegel zu machen.

Ich möchte daher noch einmal zusammenfassen: Erstens einmal ist der Ständige Unterausschuß seiner Verpflichtung nachgekommen. Es konnten all diese Vorgänge überprüft werden. Es muß die Feststellung im Minderheitsbericht, daß der Prüfungsauftrag nicht wahrgenommen wurde, daher schärfstens zurückgewiesen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.23

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Smolle. Keine Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.23

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Gospa državna sekretarka! (Abg. Dr. Khol: Visoki dom!) Visoki dom! Khol, du fällst in letzter Zeit so schlecht auf, ich würde an deiner Stelle schweigend in die letzte Reihe gehen, aber dort sitzt Amon, der mir sympathischer ist. (Heiterkeit.) Aber jetzt zum eigentlichen Thema.

Meine Damen und Herren! Es wird sich, wie ich vermute, Herr Kollege Brix zu einer tatsächlichen Berichtigung melden, nämlich zu einer Berichtigung seiner selbst. Brix hat seinerzeit erklärt, wir würden die Sache im Unterausschuß restlos aufklären. Brix war derjenige, der für die ÖVP brav Steigbügelhalter war und gesagt hat: Sicher haben auch wir bei der SPÖ noch irgendein Affärchen oder eine Affäre bis zu den Wahlen; dann steht es 1 : 1, also zwei Affären sind dann keine Affäre. – Das ist das Mittel der Regierungsparteien. Es ist das einzige Handwerk, das die Regierungsparteien tatsächlich perfekt verstehen, nämlich das Mauern und das Zudecken von aufklärungsbedürftigen Vorgängen.

Meine Damen und Herren! Es wird sich jetzt aber natürlich, wie ich sehe, beim Mauern eine dritte Partei hinzugesellen, denn in einer Zeitung kann man lesen: Einen Skandal Sichrovsky und Raschhofer gibt es nicht. Das sind Vorwürfe, die nicht stimmen. – Ich würde der FPÖ empfehlen, bald bei den Regierungsparteien in die Schule zu gehen, denn sie werden in den nächsten Wochen noch viel mauern müssen, vor allem bis zur EU-Wahl.

Meine Damen und Herren! Es geht um das, was in "News" steht. Wie Sie dann in der "Kronen Zeitung" dementieren, ist sehr mager. Die FPÖ erklärt: Raschhofer und Sichrovsky haben ihre Spezis und Lebenspartner nicht gesponsert. – So weit, so schlecht.

Meine Damen und Herren! Nun zum eigentlichen Thema: Wir verweisen auf den Minderheitsbericht, den wir Oppositionsparteien gemeinsam abgefaßt haben und hinter dem auch das Liberale Forum steht. Es ist bei den Beratungen auch ein bißchen etwas herausgekommen. Das heißt, wir konnten sozusagen in die dunklen Ecken hineinleuchten, aber das Licht war doch zu schwach, um den gesamten Mist, der sich darin verborgen hält, sehen und ans Tageslicht holen zu können, meine Damen und Herren!

Selbstverständlich bin ich der Auffassung, daß es, wenn die nächste Geschäftsordnungsreform kommt, dazu kommen muß, daß die Rechte der Opposition im Rahmen des Unterausschusses im Rechnungshof, aber auch des Untersuchungsausschusses gestärkt werden müssen. Die Kritik des Rechnungshofes in dieser Angelegenheit, schon 1993 vorgetragen, wurde von der Bundesregierung einfach ignoriert. Man hat diesbezüglich einfach weitergetan. Man hat die Kritik des Rechnungshofes den Leuten von "World Vision Österreich" nicht einmal zur Kenntnis gebracht.

Weiter gab es die mißbräuchliche Verwendung von öffentlichen Mitteln. Das hat auch die Untersuchung im Ausschuß zumindest am Rande – ganz durften wir es nicht aufklären – gezeigt. Die ausgezeichneten Kontakte einiger Damen und Herren zur Bundesregierung, vielleicht auch Gesinnungsgenossen in der Bundesregierung, konnten für das Anzapfen von österreichischen Geldern, von EU-Geldern mißbräuchlich eingesetzt werden. Natürlich: Das Problem ist, daß das Geld kein Mascherl hat. Man konnte quasi nicht ganz genau verfolgen, wohin der von der Bundesregierung bewilligte Schilling gegangen ist, denn das Ganze wurde hinter privaten Spenden kaschiert.

Es gab sehr viel Scheinaktivitäten. Es gab die zweckwidrige Verwendung und Unregelmäßigkeiten bei Abrechnungen, aber darauf werden uns die Gerichte noch eine klare Antwort geben. Die Verknüpfung von "Paneuropa" und "World Vision" ist eine sehr unglückliche Verquickung, weil ich meine, daß einige Damen und Herren von Paneuropa in einigen Bereichen gute Arbeit leisten. Es ist eine konservative Organisation; das ist eine andere Sache. Ich glaube, vor allem im Zusammenhang mit dem Europagedanken in einigen unserer Nachbarländer ist das eine recht aktive Organisation. Ich hatte die Gelegenheit, bei einigen Veranstaltungen als Zuhörer teilzunehmen.

Es ist natürlich auch klar, daß wir in Sachen Prüfinstitution für humanitäre Organisationen etwas unternehmen müssen. Es geht nicht an, daß Organisationen weiter als humanitäre Organisationen fungieren, die über kein entsprechendes Zertifikat verfügen und bei denen sozusagen Spendengelder einfach versickern. Der einzelne Spender hat gar nicht die Möglichkeit, seinen 100 S, 1 000 S oder 50 S nachzugehen, die aber das Kraut, wie wir wissen, fett machen und oft die Spendentöpfe füllen – vor allem von Personen, die nicht unbedingt höchste Einkommen haben.

Meine Damen und Herren! Es ist vor allem für die humanitären Organisationen in Österreich, aber auch darüber hinaus ein großer Schaden entstanden. Das ist ein Schaden, der einfach nicht gutzumachen ist. Was ich nicht verstehe, ist, daß bei den Beratungen in dieser Richtung nichts Programmatisches herausgeschaut hat, nämlich klare Überlegungen, daß wir etwas gutzumachen haben. Was können angesichts dieser "World-Vision-Österreich"-Misere eine Caritas, ein Rotes Kreuz, das Diakonie-Werk, das "Hilfswerk", die "Volkshilfe" dafür, daß es auch Organisationen gibt, die sich dieser Spendengelder derart bedienen?!

Ich habe eine Reihe von Projekten zum Beispiel des "Hilfswerks" in Kroatien, in Slowenien, in Bosnien mitverfolgt, war teilweise mit dabei. Ich habe zusammen mit der österreichischen "Volkshilfe" ein großes Projekt für bosnische Kinder umgesetzt, die nach ihrer etwas "unguten Geschichte" – ich will es einmal so ausdrücken – wiederum eine vernünftige Arbeit an den Tag gelegt hat. Es gilt vor allem auch einmal, den vielen freiwilligen Helfern in diesen Organisationen Dank zu sagen. Es gilt natürlich auch, den vielen Spendern Dank zu sagen. Wir bitten, daß diese Aktivitäten weiterhin so unterstützt werden. Aber wir sind als Parlament verpflichtet, die Kontrollmechanismen klarer festzulegen. Das hat auch diese Untersuchung gezeigt, wie mager immer das Ergebnis auch war.

Wir brauchen eine sehr klare und verschärfte Kontrolle, und man muß sich überlegen, wer für die vielen tausend Spender stellvertretend die Kontrolle übernehmen könnte. Dazu wird noch einige Gedankenarbeit notwendig sein. Natürlich ist – das ist ein zentraler Punkt – auch die Zertifizierung von Organisationen wichtig, meine Damen und Herren.

Das Ergebnis ist also nicht das, was wir erwartet haben. Einiges haben wir aber doch erfahren, allerdings eher in Nebensätzen, auf Nebenschauplätzen. Leider konnten wir die Arbeit nicht so abschließen, daß wir guten Gewissens sagen können, wir liefern einen guten Bericht ab. Aber ich verweise auf den Minderheitsbericht der Opposition. Er zeigt einige gravierende Dinge auf. Ich bin aber auch der Auffassung, meine Damen und Herren, daß wir in Zukunft, vor allem, was die Geschäftsordnung betrifft, einige neue Regelungen treffen müssen.

In diesem Sinne stelle ich fest: Es ist ein geringes Ergebnis. Ich bekenne mich zu den Unterausschüssen beziehungsweise zu ihrer Arbeit, aber ich erwarte mir in Zukunft von den Regierungsparteien, daß sie nicht sofort mauern und zumachen und damit umfassende und vollständige Ergebnisse verhindern. (Abg. Dr. Lukesch: Nirgends ist gemauert worden!) Vor allem erwarte ich mir auch mehr kooperative Zusammenarbeit seitens der Behörden. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

18.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brix. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.31

Abgeordneter Otmar Brix (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin dem Kollegen Smolle sehr dankbar, weil er nämlich festgestellt hat, daß ich gesagt habe, es sei alles in Ordnung. Ich betone: Was den Prüfungsauftrag betrifft, den der österreichische Nationalrat bekommen hat, ist sehr wohl alles in Ordnung. Denn in dem Prüfungsauftrag steht: Es ist der Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 der Geschäftsordnung betreffend Prüfung der Förderung der Organisation "World Vision" durch den Bund, insbesondere Klärung der Frage, wie es zu dieser Förderung gekommen ist.

Die Förderungen, die durch den Bund an "World Vision" übermittelt wurden, sei es vom Außenministerium, sei es vom Bundeskanzleramt, waren sehr wohl in Ordnung; das konnten wir in den Sitzungen feststellen. (Abg. Öllinger: Falsch!) Das ist eine Tatsache, und daher ist der Prüfungsauftrag in erster Linie erfolgt. (Abg. Öllinger: Price Waterhouse Coopers!)

Dieser Bericht ist gekommen, nachdem die letzte Sitzung stattgefunden hat, das war nach dem 12. Mai. Aber auch aus diesem Bericht geht nicht hervor, was du da hineininterpretierst, sondern darin gibt es andere Dinge, die man vielleicht anmerken könnte. Aber was den Prüfbericht betrifft, so hat es keinen Sinn, daß man etwas hineininterpretiert, was ganz einfach nicht drinnensteht. (Zwischenruf der Abg. Apfelbeck.)

Wenn Frau Kollegin Apfelbeck einen Untersuchungsausschuß haben will, dann soll sie hier herauskommen und es sagen. Hier handelt es sich um den Unterausschuß des Rechnungshofes und nicht um den Untersuchungsausschuß, den ihr von den Freiheitlichen haben wollt. Aber lassen Sie mich noch etwas anderes sagen. (Abg. Böhacker: Stimmen Sie einem Untersuchungsausschuß zu?) – Das war gar nicht die Frage.

Lassen Sie mich noch etwas sagen. Wir haben bei dieser Gelegenheit auch andere Zusammenhänge untersucht, vor allem Dinge, die in Verbindung mit dem Herrn Habsburg zustande gekommen sind. Und da sind – das stimmt schon – tatsächlich einige Dinge passiert, die einem – auf Wienerisch gesagt – die Grausbirnen aufsteigen lassen, weil das teilweise Dinge waren, die einfach nicht vorkommen dürfen, die aber geschehen sind.

Ich halte einmal fest, daß in der Zeit, in der Herr Habsburg, der von der ÖVP ins Europäische Parlament entsandt wurde und noch immer dort sitzt, Vorstandsmitglied von "World Vision" war – das ist er übrigens noch immer; er ist noch immer Vorstandsmitglied; entweder kennt er sich beim Vereinsrecht nicht aus oder er geht mit dem Vereinsrecht sehr schludrig um! –, zum Beispiel passiert ist – und das ist fürchterlich! –, daß das Vieraugenprinzip aufgehoben wurde. Durch einen Beschluß des Vorstandes war und ist die Geschäftsführerin, Frau Krones-Taurer, allein zeichnungsberechtigt. Und in dieser Zeit sind auch all die Malversationen mit den Spendengeldern der Österreicherinnen und Österreicher erfolgt.

Aber ich halte fest, so schlimm das auch ist: Es ist die Aufgabe eines ordentlichen österreichischen Gerichtes, das zu überprüfen. Und das Gericht wird, so nehme ich an, feststellen, was da alles geschehen ist. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Steindl und Dr. Lukesch.)

Zweitens halte ich fest, daß auf der einen Seite dieser Herr Habsburg und seine Freunde, die sich um ihn geschart haben, in Wahrheit versucht haben, die katholische Kirche als Aushängeschild zu benutzen, und sich auf die Lehre der katholischen Kirche gestützt haben, während sie auf der anderen Seite aber von der katholischen Kirche, von der Bischofskonferenz als Spen-denorganisation gar nicht angenommen wurden, weil man ihnen eben nachgesagt hat, daß sie mit dem Geld sehr schludrig umgehen. (Abg. Dr. Graf: Da waren die Kirchenvolksbegehrer auf ihrer Seite!)

Drittens: In dieser Zeit ist es auch geschehen, daß der Herr Habsburg – einfach, weil er für sich Werbung machen wollte – mit Spendengeldern, die für ein Projekt in den Entwicklungsländern bestimmt waren, Monarchie-Atlanten drucken hat lassen, in denen er seiner Vorstellung – etwa nach dem Motto: So war Österreich einmal, und so sollte ein Habsburg-Österreich wieder sein! –, der er wahrscheinlich noch immer nachhängt, Ausdruck verliehen hat. Damals hat er mit Spendengeldern Werbung betrieben, und das wurde verschickt. Das ist ein Skandal! Da gebe ich all jenen recht, die das mit unterschrieben haben, die zu dem stehen. Aber das eine hat mit dem anderen, mit dem Prüfungsbericht, nichts zu tun.

Ich fasse ich zusammen: Was den Prüfungsauftrag des Unterausschusses des Rechnungshofes betrifft, nämlich ordnungsgemäß die Mittel zu prüfen, war alles in Ordnung. Was das weitere Vorgehen mit Spendengeldern, vor allem im Zusammenhang mit dem ÖVP-Abgeordneten im Europaparlament, Karl Habsburg, betroffen hat, war ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Das war jetzt die kaisertreue SPÖ!)

18.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.37

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Brix! Das war ein trauriges Kapitel, das da soeben geliefert wurde: ein trauriges Kapitel der Entlastung für einen Unterausschuß, in dem die Mehrheitsparteien der Meinung waren, alles sei in Ordnung gewesen, obwohl Ihnen und uns gemeinsam zwar nicht sehr viele, aber doch ausreichend Dokumente zur Verfügung gestanden sind, die beweisen, daß nichts in Ordnung war.

Kollege Brix! Auch ich sage: Meine Ausgangshypothese, als ich im Ausschuß zu arbeiten angefangen habe, war die Vermutung, daß mit den öffentlichen Mitteln alles in Ordnung sein würde, weil ich vermutet habe, daß "World Vision" so operiert hat, daß es die öffentlichen Projekte dazu benutzt hat, um an neue Spenden- beziehungsweise Sponsorgelder im privaten Bereich heranzukommen, und so vorgegangen ist, daß man die Reputation öffentlicher Projekte sozusagen in die Auslage stellen kann.

Als sich aber dann – und zwar nicht bedingt durch die Arbeit des Unterausschusses, Kollege Steindl – bei mir die Hinweise darauf gemehrt haben, daß es beim Moçambique-Projekt problematische Punkte gibt, daß es beim Kongo-Projekt problematische Punkte gibt – ich werde sie Ihnen noch aufzählen –, da hat sich meine Ausgangshypothese nicht länger halten lassen.

Ich möchte zu Beginn darauf verweisen, und ich werde das auch dokumentieren, daß Sie verweigert haben, im Ausschuß die wichtigste Person zu befragen. Die wichtigste Person ist sicherlich neben der Frau Krones – die, so würde ich einmal sagen, uns durch das, was sie gesagt hat, einige Rätsel aufgegeben hat, weil es nicht in Übereinstimmung mit dem zu bringen ist, was durch Fakten belegt ist oder sie durch ihre eigenen Aussagen in der Öffentlichkeit beziehungsweise bei den Justizbehörden vertreten hat – der Herr Wolfgang Krones.

Er ist nach wie vor auch für die Ausschußarbeit die wichtigste Person: Herr Wolfgang Krones, der bei "World Vision" die Buchhaltung gemacht hat; Herr Wolfgang Krones, der bei der "Paneuropa-Bewegung" Generalsekretär ist; Herr Wolfgang Krones, der beim finanzierenden Verein der "Paneuropa-Bewegung" ebenfalls bei den Finanzen am Drücker gesessen ist, und zwar bei der Gesellschaft der Freunde des Vereinten Europa; Herr Wolfgang Krones, der im Wirtschaftsbund in Wien tätig war; Herr Wolfgang Krones, der bis 1998 auch bei der JES, einer Organisation, die Sie von der ÖVP sicherlich auch kennen, offensichtlich noch immer Kassier war. Überall war er bei den Finanzen tätig.

Und da sagen Sie von den Regierungsparteien: Der interessiert uns nicht! Den brauchen wir nicht! Wir wissen ja eh alles!? Sie haben sinngemäß gesagt: Die Frau Staatssekretärin und der Herr Staatssekretär haben uns doch alles erklärt, haben gesagt, daß alles in Ordnung ist, daher wissen wir alles, wir brauchen diese Personen nicht einzuvernehmen und zu befragen. Das ist nicht unser Job! (Abg. Dr. Lukesch: Sie wollen den Verein prüfen! Das ist gerichtsanhängig!)

Sie wollten nicht aufklären! Sie haben Obstruktionspolitik betrieben, Herr Kollege Lukesch, lange Zeit nur Obstruktionspolitik!

Als dann die Berichte der beiden Staatssekretariate gekommen sind, haben Sie genickt und gesagt: Gott sei Dank haben wir etwas, worüber wir reden können! Wir sind ja schon so zufrieden!

Ich sage Ihnen zu diesem Mehrheitsbericht: Als Nacherzählung dessen, was die beiden Staatssekretariate vorgelegt haben, ist er sehr gut. Dafür bekommen Sie ein "Sehr gut". Vielleicht hätte man den Inhalt dessen, was die Staatssekretariate vorgelegt haben, in der Nacherzählung noch etwas mehr komprimieren müssen, damit sie wirklich ein "Sehr gut" verdient. Aber als Beitrag zur Untersuchung ist das, was Sie im Mehrheitsbericht präsentiert haben, nur mit einem "Nicht genügend" zu beurteilen.

Man muß sich vorstellen, meine Damen und Herren – und das betrifft beide Regierungsparteien –: Da kommt zehn oder 14 Tage, bevor der abschließende Unterausschuß zusammentritt, der nur durch unsere Intervention eingetroffene Prüfbericht von Price Waterhouse Coopers. Diesen Bericht hätten wir normalerweise nicht bekommen. Es war nur in einer Stellungnahme der Frau Staatssekretärin vermerkt, daß es im März einen abschließenden Prüfbericht von Price Waterhouse Coopers zum Kongo-Projekt geben wird. Weil ich das durchgearbeitet habe, habe ich dann in einer Sitzung gesagt, diesen Bericht möchten wir haben. Und, Gott sei Dank, die Frau Ausschußvorsitzende hat diesen Bericht eingefordert.

Wir haben einen Antrag gestellt, und daraufhin hat es geheißen, wir brauchen gar keinen Antrag zu stellen, der Bericht ist ohnehin unterwegs. – Er war nicht unterwegs, sondern es hat 14 Tage gedauert, aber immerhin, dann ist er in englischer Sprache gekommen. Gut, ich kann auch akzeptieren, nicht jeder muß Englisch können. Vier Tage vor der abschließenden Unterausschußsitzung ist er dann in deutscher Sprache gekommen. Und was stellen wir fest? – Sie haben ihn nicht einmal zur Grundlage Ihres abschließenden Berichtes gemacht! Sie haben diesen Bericht völlig ignoriert, obwohl dieser Prüfbericht von Price Waterhouse Coopers eine vernichtende Kritik am Kongo-Projekt beinhaltet! (Abg. Dr. Lukesch: Sie haben ihn nicht einmal erwähnt im Unterausschuß, obwohl Sie ihn gehabt haben!)

Man muß sich vorstellen: Price Waterhouse Coopers stellt fest: Das Projekt ist seinen Verpflichtungen gegenüber den Bauern in Plateau de Bateke – das ist ein Teil des Projekts – im Zuge der Aufbereitung des Landes nicht, wie vertraglich festgehalten, nachgekommen. Den Bauern wurden während der Saatperiode weder Saatgut noch Düngemittel noch Insektizide zur Verfügung gestellt. – Und die Mehrheit hier im Hause sagt: Alles paßt.

Weitere Kritik – ich zitiere –: Das Projekt war personell unterbesetzt. Ein einzelner Manager war in alle Aspekte des Projektes miteinbezogen. – Sie sagen im Mehrheitsbericht: Alles paßt. Daß dieser Manager, der hier erwähnt wurde, von World Vision International auch noch entlassen wurde, weil er schwere Verfehlungen begangen hat, übergehen Sie ebenfalls. Es ist Ihnen nicht einmal in den Sinn gekommen, das zu erwähnen, obwohl es an anderer Stelle auch vermerkt wird.

Weiter heißt es hier in den Anmerkungen – und da wird es ja überhaupt kriminell, Herr Kollege Steindl! –, ich zitiere: Es wurden keine Lagerbücher geführt, wo der Verbrauch oder die Differenz von Saatgut, Düngemitteln oder Waren vermerkt wurden.

Was wollen Sie? Was wollen Sie bestätigen? Daß das Projekt gut geführt wurde, wenn es nicht einmal Aufzeichnungen gibt? Wollen Sie uns für dumm verkaufen?! Das kann doch nicht möglich sein, daß zwei Regierungsparteien sagen, es ist alles Ordnung, während ein Prüfbericht feststellt, daß nichts schriftlich dokumentiert ist! Und der Manager hat noch dazu in eine Kassa gegriffen. (Abgeordnete Mag. Steindl und Dr. Lukesch: Lesen Sie weiter!)

Soll ich Ihnen das auch noch vorlesen, Herr Kollege Lukesch? Wollen Sie die Stelle über den Manager hören? – Ich zitiere: "Unerlaubte Auszahlungen in der Höhe von 16 463 US-Dollar wurden einerseits durchgeführt", und so weiter, "um dem SAFAR-Projekt einen Computer zu Lasten des KIGEPRO-Projektes zur Verfügung zu stellen und andererseits um die persönlichen Ausgaben des ehemaligen lokalen Direktors abzudecken. Dieser Betrag wurde, wie in Anmerkung 7 dargelegt, bedeckt." (Abg. Dr. Lukesch: Bedeckt heißt "recovered"! Das heißt "zurückgezahlt"! – Abg. Mag. Steindl: Englisch lernen! – Abg. Dr. Khol: Er kann nur Russisch!) – Lesen Sie auch die Anmerkung 7, lesen Sie die einschlägigen Stellen.

Ich halte fest: Frau Staatssekretärin Ferrero-Waldner hat uns im Unterausschuß Richtlinien für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit vorgelegt, aus denen hervorgeht, daß dieses Projekt nur mit maximal 35 Prozent unterstützt werden dürfte; Richtlinien, aus denen hervorgeht, daß die Projektbetreiber erst einmal Eigenmittel einbringen müßten.

Ich halte fest: Nach den Unterlagen von Price Waterhouse Coopers ist das Projekt im Kongo, weil es eben nicht Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit ist, nicht, wie in den Richtlinien vereinbart, mit 35 Prozent Anteil gefördert worden – und auch nicht, wie Sie in Ihrem Mehrheitsbericht schreiben, weil Sie nicht einmal die Zahlen richtig festhalten können, mit 25 Prozent –, sondern es ist mit 65 Prozent öffentlicher Mittel gefördert worden. (Abg. Mag. Steindl: Dieses Projekt ist noch nicht abgeschlossen!)

Diese Fördermittel waren über einen Zeitraum von einem Jahr das einzige, was in das Projekt von österreichischer Seite eingebracht wurde. Es sind keine Mittel von "World Vision" eingebracht worden, sondern der Anteil des Außenministeriums ist auf das Konto von "World Vision" überwiesen worden und monatelang dort gelegen. Ich betone: monatelang!

Dann hat "World Vision" nicht einmal den vollen Anteil für den Kongo einbezahlt, sondern hat ein bisserl etwas zurückgehalten. Die Frau Krones hat das ja für andere Ausgaben gebraucht. – Aber Sie stellen fest: alles in Ordnung, alle Richtlinien eingehalten!

Das ist doch grotesk! Das ist absurd! Das hat mit der Realität, die wir da zu untersuchen gehabt hätten, überhaupt nichts zu tun. Sie haben die Förderrichtlinie in keinem Punkt eingehalten! (Abg. Mag. Steindl: Das ist ein laufendes Projekt!) Sie haben die Glaubwürdigkeit des Förderungswerbers nicht überprüft, obwohl Sie gemäß einer Anmerkung in den Förderrichtlinien prüfen hätten müssen, wer bei "World Vision" zeichnungsberechtigt ist. Es hätte sich dann nämlich möglicherweise herausgestellt, daß die Frau Krones allein für 17 Konten zeichnungsberechtigt war. Ich wiederhole: für 17 Konten! – Aber Sie sagen: Das interessiert uns nicht, das ist ein glaubwürdiger Verein.

Zweites Projekt. Das Moçambique-Projekt ist eigentlich – das hat auch die Frau Staatssekretärin zugegeben – kein österreichisches Projekt, das mit österreichischen Geldern subventioniert wurde, sondern ein US-Projekt. Es ist ein gemeinsames Projekt von "US-Aid" und "World Vision International". Der österreichische Anteil an diesem Projekt reduziert sich darauf, daß das Bundesministerium Gelder eingezahlt hat.

Wo kommen wir denn hin in der Entwicklungszusammenarbeit, wenn der österreichische Anteil an einem österreichischen Entwicklungshilfeprojekt der ist, daß wir Gelder in ein US-Projekt einzahlen?! Tun wir das, damit es so ist, wie die Frau Staatssekretärin gesagt hat: "Wir sind Shareholder am großen "US-Aid"-Engagement, wir sind am Puls des Geschehens, wir geben einen kleinen Beitrag!"?

Sie wissen genau, Frau Staatssekretärin, daß dieses Engagement nur deshalb zustande gekommen ist, weil Frau Krones als Repräsentantin von "World Vision" ja Verpflichtungen gegenüber "World Vision International" hatte: die Entrichtung der jährlichen Beträge, die an "World Vision International" abgegeben werden müssen. Das ist Bestandteil des Vertrages innerhalb dieser Organisation.

Frau Krones hatte kein Geld, weil sie es anderweitig verbraucht hat. Da hat sie sich gedacht: Dann machen wir eben ein gutes Projekt gemeinsam mit dem Außenministerium, die werden uns schon ein bißchen Geld geben, und das stellen wir dann als unseren Beitrag für "World Vision International" dar.

Ich darf auf folgendes verweisen: 75 Prozent der Kosten dieses Moçambique-Projektes sind von "US-Aid" bezahlt worden, 25 Prozent betrug der Anteil von "World Vision International". Und aufgrund einer Anfragebeantwortung des Außenministeriums wissen wir, daß der Anteil von "World Vision Österreich" am Anteil von "World Vision International" 15 Prozent betrug.

Das heißt exakt – Sie können es nachrechnen –, 4 Prozent der gesamten Projektsumme sind von Österreich aufgebracht worden. Und von diesen 4 Prozent hat das Außenministerium 2 Prozent, also die Hälfte, gutgläubig finanziert. (Abg. Dr. Lukesch: ... die Zusammenarbeit, die Sie immer verlangt haben!) Und von den gesamten österreichischen Projektmitteln ist ein Sechstel in Form eines Jeeps eingebracht worden! Der Jeep, den der Herr Krones in Wien gefahren hat, wurde nach Moçambique verschifft. Er wollte ihn nicht mehr benutzen, er hat ein neues Auto gehabt. Er wollte ihn in Österreich nicht mehr benutzen.

Geld hatte "World Vision Österreich" zu diesem Zeitpunkt keines mehr, denn das wurde ja anderweitig für die privaten Aufwendungen der Frau Krones benötigt. Also hat man einen Jeep als Eigenmittelanteil eingebracht. Allein die Verschiffungskosten waren horrend! Frau Staatssekretärin, Sie haben ja dann immerhin erreicht, daß der Zoll wieder nachgelassen wurde. Aber ich bin nicht stolz darauf, daß 300 000 S Zoll, die an und für sich für diesen Wahnsinnstrip zu bezahlen gewesen wären, der "Erfolg" des österreichischen Außenministeriums ist. Es hätte nämlich fast soviel an Zoll bezahlt werden müssen, wie das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt wert gewesen ist.

Der Wert des Jeeps betrug zu diesem Zeitpunkt 370 000 S. Das ist, wenn man die Überstellungskosten dazurechnet, ein Sechstel der Projektkosten. Und da sagen Sie von den Mehrheitsparteien: Wir haben ein gutes Projekt gemacht, wir haben einen Jeep von Österreich nach Moçambique bewegt, und den wird man bei einem Projekt wohl brauchen können?! – Ja kommen Sie sich nicht irgendwie lächerlich vor? Kommen Sie sich nicht irgendwie lächerlich vor, wenn Sie wirklich glauben, daß ein gebrauchter Jeep des Herrn Krones, der ihm etwas zu unelegant geworden ist, der nach Moçambique verschifft wird, der mit den Zollkosten 800 000 S Aufwand bedeutet hätte, eingebracht wird? (Abg. Mag. Steindl: Ist das anerkannt vom Ministerium? Ist das abgerechnet?) – Das fragen wir ja! Darüber haben wir noch immer keine Auskunft erhalten! (Abg. Dr. Khol: Öllingers Märchen sind das!)

Ich halte fest: So, wie die Kritik des Rechnungshofes an dem Osthilfeprojekt weder vom Bundeskanzleramt noch vom Außenministerium beachtet wurde – und damals war es auch schon so, daß die Projektwerber über die Kritik des Rechnungshofes offensichtlich nicht einmal informiert worden sind –, so wenig sind Sie jetzt bereit, die Kritik zu beachten und sich damit auseinanderzusetzen, daß zumindest das Kongo-Projekt von vorne bis hinten faul war. Das ist ein Mißbrauch von öffentlichen Geldern, mit denen dieses unterstützt wurde! Und Sie halten diesem Mißbrauch die Stange! Das ist der Vorwurf, den man Ihnen machen muß!

Sie wissen genausogut wie ich, daß die Projekte, die das Land Niederösterreich mit "World Vision" gemacht hat – Stichwort Dorferneuerung –, faule Eier beinhalten. (Abg. Dr. Lukesch: Woher wissen Sie das?) Sie wissen genausogut wie ich, daß die Mittel, die das Land Oberösterreich für das Ausbildungszentrum Bad Ischl aufgewendet hat, in ein Projekt investiert wurden, das faul ist.

Sie wissen genausogut wie ich, meine Damen und Herren, daß die Projekte, die "World Vision Österreich" mit der EU abgerechnet hat, nicht einmal in den Unterlagen aufscheinen, die uns im Ausschuß vorgelegt wurden! (Abg. Mag. Steindl: Das sind bitte Behauptungen! Woher wissen Sie das?) Sie hätten die Möglichkeit gehabt, das anhand der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, die uns von "World Vision" vorgelegt wurde, nachzuprüfen. Da steht überhaupt nichts drinnen von einem Eingang von Mitteln, weder aus dem Bundeskanzleramt noch aus dem Außenministerium, noch von den EU-Projekten, die zu diesem Zeitpunkt stattgefunden haben. – Ja, gehört das zu einer guten Buchhaltung? Können Sie einer Buchhaltung, in der nicht einmal dokumentiert ist, daß Geld eingenommen und Geld ausgegeben, an das Projekt weitergereicht wurde, zustimmen und sagen: Das ist alles in Ordnung, die Verwendung der öffentlichen Mittel ist gut dokumentiert!? – Sie können es nicht!

Ich kann Ihnen als Schlußkonsequenz nur eines sagen: Sie haben recht, der Unterausschuß war für mich eine Lehre. Da ging es nicht darum, daß etwas untersucht werden soll. Sie wollten nicht untersuchen! Vor jedem Dokument, vor jeder Unterlage, die irgendwie den Anschein gehabt hat, daß darin etwas stehen könnte, was kritisch sein könnte, haben Sie die Augen zugemacht und gesagt: Nein, bitte, das nicht anschauen, bitte, nicht jemanden befragen, der etwas sagen könnte, bitte, am besten gar nichts machen, wir glauben ja ohnehin alles! – Sie haben in einer Tour Glaubensbekenntnisse abgegeben.

In dieser Form – da haben Sie recht – ist der Unterausschuß sicher nicht seinem Auftrag nachgekommen, die Verwendung öffentlicher Gelder im Zusammenhang mit "World Vision" und auch die Verflechtung zwischen "World Vision" und "Paneuropa" zu untersuchen. Aber das ist Ihre Schuld und Ihre Verantwortung als Mehrheit, daß Sie ganz bewußt gemauert haben, weil Sie Herrn Habsburg – und das ist auch die Verantwortung der SPÖ – bis zum Schluß die Stange gehalten haben! (Abg. Dr. Lukesch: Da haben Sie aber nicht den Bericht gelesen! Sie haben offenbar den Mehrheitsbericht nie gelesen!) Die k. u. k. Koalition hat Herrn Habsburg die Stange gehalten, weil sie ihn natürlich nicht beschädigen wollte, weil sie ihn, auch wenn er Abschied nehmen wird, nicht unehrenhaft entlassen wollte, weil es ja auch ein etwas schlechtes Licht auf die eigene Reputation wirft, wenn man Herrn Habsburg auch noch ein paar Steindln nachwirft. Dann könnte er ja unter Umständen ein paar Steindln zurückwerfen, Herr Steindl! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lukesch: Das war nicht einmal witzig! – Abg. Mag. Schweitzer: Alle Ehre, Kollege Öllinger!)

18.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Stampler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.55

Abgeordneter Franz Stampler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Dieser Ständige Unterausschuß wurde seinerzeit als Instrument der Geschäftsordnung geschaffen, um wichtige Kontrollen durchführen zu können. Seine Schaffung bedeutet eine Stärkung und Mehrung der Rechte der parlamentarischen Opposition. Ich verstehe daher nicht, warum gerade Oppositionspolitiker dieses Instrument nunmehr als zahnlos und sinnlos bezeichnen. (Abg. Öllinger: Sie können ganz schön zynisch sein! Das ist ja eine Satire, die Sie da vortragen, oder?) Und wenn dieses Instrument zahnlos ist, dann verstehe ich noch weniger, warum man dann ständig Anträge stellt, denn dann hat es ja eigentlich keine Wirkung.

Aber eines gilt es festzuhalten: Ein Unterausschuß ist kein Untersuchungsausschuß. Dazu wollten ihn vielleicht manche umfunktionieren, indem sie die Geschäftsordnung zu beugen versuchten. Und das Einhalten der Geschäftsordnung wird dann im Minderheitsbericht als Versuch gewertet, die Arbeit zu behindern.

Aber, meine Damen und Herren, man muß auf dem Boden der Tatsachen bleiben: Die Befragung von Auskunftspersonen, die in diesen Unterausschuß geladen wurden, darf nicht so erfolgen, daß sie zu einem Verhör ausartet.

Den Vorwurf, daß die Regierungsparteien versuchten, die Arbeit des Unterausschusses zu behindern, weise ich zurück. Es gab immerhin acht Sitzungen, in die 16 Personen – darunter die Frau Staatssekretärin und der Herr Staatssekretär – zur Auskunft geladen waren, und es ging dabei natürlich immer wieder um die ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Gelder.

Für die Prüfung der Verwendung privater Spenden sind ordentliche Gerichte zuständig, so sagt es die Verfassung, und ich glaube, man soll sich auch daran halten, Legislative und Exekutive zu trennen.

Was die EU-Mittel anlangt, so sind auch in diesem Bereich die Kontrollorgane für diese Prüfung verantwortlich.

Bleiben wir bei den öffentlichen Mitteln. Als im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten die Vorwürfe gegen die Geschäftsführung von "World Vision Österreich" bekannt wurden, wurden seitens des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten die Mittel für die Projekte von "World Vision" sofort eingefroren. Das heißt, es gab keine weiteren Zahlungen, es gab eine Rückforderung der noch nicht abgerechneten Fördermittel, es gab weitere Abrechnungsvorgänge, die dann nicht mehr stattfanden, weil eben verschiedene Unterlagen der Wirtschaftspolizei übergeben wurden. Es wurden auch sofort Informationen über die Projekte, die gefördert worden sind, eingeholt.

Und da bin ich bei einem weiteren Argument: Es wird seitens der Oppositionsparteien immer so getan, als ob die Mittel des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten in irgendwelche Kassen von "World Vision" geflossen wären. – Das stimmt nicht! Es handelt sich ausschließlich um Projektförderungen für einzelne Projekte, nicht aber um Vereinsförderung.

Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten hat nicht gegen seine eigenen Förderrichtlinien verstoßen, sondern es hat der Förderung auch das Entwicklungsgesetz aus dem Jahre 1974 zugrunde gelegt. Daß das Ministerium zu keinem Zeitpunkt in der Lage war, das Projekt zu kontrollieren, ist daher nicht richtig.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal betonen: Wir von der ÖVP sind daran interessiert, daß die Verwendung der privaten Spenden durch die ordentlichen Gerichte lückenlos aufgeklärt wird – aber eben durch die Gerichte!

Abschließend sei festgestellt: Der Ständige Unterausschuß ist seinen Verpflichtungen nachgekommen, die Ministerien haben ihr Möglichstes getan. Die EU-Spenden fallen in die EU-Zuständigkeit, und die Verwendung der privaten Spenden wird seitens der Gerichte noch überprüft werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.59

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Stampler, vielleicht einmal zur endgültigen Klärung: Man kann zu jedem Ausschuß einen Unterausschuß installieren, der Ständige Unterausschuß des Rechnungshofes ist allerdings ein Ausschuß, in dem die gleichen Rechte Gültigkeit haben wie im Rechnungshofausschuß. Der Rechnungshofausschuß ist ein Ausschuß, in dem es durchaus angebracht ist, daß man sehr detailliert hinterfragt, was es an Vorgängen gegeben hat. Und wenn Sie dieses detaillierte Hinterfragen immer wieder mit einem Untersuchungsausschuß verwechseln (Abg. Mag. Steindl: Nicht wir, ihr habt es verwechselt!), dann kommt das vor allem daher, daß Sie wahrscheinlich das Gefühl gehabt haben, detaillierte Fragen könnten etwas in Sachen Habsburg, "Paneuropa" und "World Vision" zutage fördern, was der ÖVP unter Umständen unangenehm wäre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich komme dann darauf noch einmal zurück, ich habe ja genügend Gelegenheit, mich damit zu beschäftigen. Eines muß ich sagen: Hochachtung vor Kollegen Öllinger, der sich intensivst mit dieser Sache beschäftigt hat und eindeutig den Nachweis erbracht hat, daß öffentliche Mittel nicht ordnungsgemäß verwendet wurden, daß Abrechnungen, die notwendig gewesen wären, einfach nicht stattgefunden haben, daß es in dieser Frage bei vielen Projekten zu vielen Unzulänglichkeiten und dubiosen Vorgängen gekommen ist. Das hat er minutiös herausgearbeitet. Hochachtung!

Nun zu Ihnen, Herr Kollege Steindl, und dazu, wie Sie es mit dem Kollegen Brix – er war sich nicht immer sicher, ob er da mitspielen soll, ob er immer koalitionstreu agieren soll; Kollegin Tegischer ist meine Zeugin – in acht Ausschußsitzungen verhindert haben, daß tatsächlich ein Ergebnis erzielt werden konnte. Brix hat manchmal ein bißchen geschwankt, hat gesagt: Drücken wir einmal ein bißchen drauf, schauen wir einmal, wieviel die ÖVP aushält! Es war offensichtlich nicht viel. Er wurde dann – das war so offensichtlich – von einem Mitarbeiter des SPÖ-Klubs, sein Spitzname ist "Peppo", zurückgepfiffen. Dieser hat ihm mitgeteilt: Junge, jetzt bist du zu weit gegangen, jetzt ist aber Schluß, jetzt werden keine Anträge der Opposition mehr beschlossen. Kollegin Tegischer hat damals gesagt, sie sei ob dieser Vorgangsweise ziemlich deprimiert.

Das zeigt schon, daß diese Geschichten einigermaßen großkoalitionär abgehandelt wurden, nur um der Opposition nicht die Gelegenheit zu geben, da einiges Griffiges zutage zu fördern.

Kollege Steindl, Sie haben aufgezählt, was alles passiert ist. Ich kann Ihnen aufzählen – und wir haben das in unserem Bericht zum Unterausschuß auch getan –, was alles nicht passiert ist. Sie haben eine Unzahl von Anträgen, die der Wahrheitsfindung hätten dienen sollen, immer mit fadenscheinigen Gründen abgewiesen. Sie haben gesagt, das brauchen wir alles nicht für die Wahrheitsfindung. Allein die Zahl der Personen, die Sie nicht geladen haben, beträgt 14. Wir haben die Ladung von 14 Personen beantragt, die Sie abgelehnt haben!

Meine Damen und Herren von der ÖVP und der SPÖ! Warum habe Sie diese Ladungsanträge abgelehnt? Es wäre doch interessant gewesen zu hören, was uns die Leute zu sagen haben.

Sie haben auch Anträge auf Einholung anderer Auskunftsmittel abgelehnt, unter anderem einen Antrag an das Bundeskanzleramt, der über Entgelte für Leistungen von "World-Vision"-Projekten ein bißchen Aufschluß hätte geben sollen.

Oder: Sie haben am 8. April 1999 den Antrag, informierte Vertreter der österreichischen Bischofskonferenz einzuladen, abgelehnt. Es wäre hochinteressant gewesen, mit diesen Vertretern zu sprechen.

Oder: Sie haben in der Sitzung vom 12. Mai 1999 den Antrag abgelehnt, dem Angebot näherzutreten, das die EU-Kommissarin Emma Bonino gemacht hat. Sie hat nämlich gesagt, daß sie im Rahmen ihrer Verfahrensvorschriften für die Zusammenarbeit mit den nationalen Parlamenten gerne bereit wäre, den Unterausschuß des österreichischen Nationalrates bei seinen Ermittlungen zu unterstützen. Gerne hätte sie uns Unterlagen über die Projekte, die "World Vision Österreich" im Rahmen der ECHO-, PHARE-, TACIS- und SOKRATES-Programme gemacht hat, zur Verfügung gestellt. Ja, bitte, Herr Kollege Steindl, warum haben Sie denn mit Ihrem Partner SPÖ diesen Antrag abgelehnt? Warum haben Sie abgelehnt, daß die EU-Kommissarin Informationen zur Verfügung stellt? (Abg. Mag. Steindl: Wir haben gar keine Kompetenz als Unterausschuß!) Sie wollte bereitwillig auf Fragen Auskünfte erteilen. Warum haben Sie dieses Angebot abgelehnt? (Abg. Mag. Steindl: Wir haben gar keine Kompetenz als Unterausschuß!) Sie hätten dem nur zustimmen müssen, und wir hätten klare Auskünfte bekommen.

Aber immerhin ist es Ihnen mit dieser Taktik und einer völlig unzulänglichen Geschäftsordnung gelungen, daß nicht restlos aufgeklärt werden konnte. (Abg. Mag. Steindl hält ein bedrucktes Blatt Papier in die Höhe.)

Weil Sie mir gerade einen Zettel herhalten, möchte ich Ihnen folgendes sagen, Herr Kollege Steindl: Wir haben zumindest feststellen können, daß "World Vision" an die "Gesellschaft der Freunde eines Vereinten Europa" 220 000 S an dubioser Miete bezahlt hat. 220 000 S an dubioser Miete! (Abg. Mag. Mühlbachler: Das ist ein Skandal!)

Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Herr Kollege Steindl! Ich habe hier Unterlagen von der Firma Bauer Druck. (Abg. Mag. Steindl: Verwechseln Sie nicht Äpfel mit Birnen!) Die Firma Bauer Druck hat Drucksorten für "Paneuropa" und für die Wahlbewegung des Karl Habsburg hergestellt. Die Rechnungen wurden von "World Vision Österreich" bezahlt. Herr Kollege Steindl! Hier sind die Belege! (Der Redner hält Kopien von Zahlungsbelegen in die Höhe.) Die Rechnungen wurden von "World Vision Österreich" bezahlt, gezeichnet mit Krones-Taurer. Ja das interessiert Sie alles nicht! Klarerweise hat Sie das nicht interessiert, bevor die Geschichte mit Habsburg ausgestanden war! Aber uns hätte das alles interessiert! Ich sage: Ihnen ist es gut gelungen, vieles zu vertuschen, worauf die Öffentlichkeit ein Anrecht hätte, es zu erfahren. (Beifall bei den Freiheitlichen und den Grünen.)

19.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.05

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Mag. Schweitzer: Alfred, sag nichts!) Kollege Schweitzer! Es war deswegen nicht notwendig, weitere Auskunftspersonen einzuladen, weil im wesentlichen alles klar auf der Hand liegt und weil in Wirklichkeit nicht nur wir, sondern auch die Öffentlichkeit die Schlußfolgerungen aus diesem Fall ohnehin bereits gezogen hat. Den kriminellen Teil der Angelegenheit werden die Gerichte zu erledigen haben, und der Mißbrauch von Spendengeldern durch "World Vision" wird von allen als beispiellos und skandalös erkannt.

Es ist auch völlig evident, daß eine personelle Verquickung zwischen der "Paneuropa-Bewegung" und "World Vision" vorhanden ist und daß es klarerweise Querverbindungen einzelner der handelnden Akteure in die ÖVP hinein gibt, von einem Sektionschef im Wirtschaftsministerium bis ins Generalsekretariat der ÖVP, bis hin zum Europaabgeordneten Karl Habsburg. Diese Querverbindungen sind unleugbar, bedürfen keiner weiteren Untersuchung und sind jedem bewußt.

Der Kopf dieser ganzen Angelegenheit, dieses gesamten Skandals ist nachgewiesenermaßen das Ehepaar Krones, das sich des Herrn Karl Habsburg als Aushängeschild bedient hat, der aber gleichzeitig auch ein Nutznießer dieser gesamten Verquickung von "World Vision" und "Paneuropa" war. (Abg. Dr. Krüger: Sehr gut analysiert!)

Die Gutachten, die uns von der Frau Staatssekretärin zur Verfügung gestellt wurden, brauchen wir nicht lange zu kommentieren. Sie sind finanziell entlarvend, sie sind vom entwicklungspolitischen Standpunkt her desaströs. Zu sagen, diese Projekte entsprächen den allgemeinen Standards der österreichischen entwicklungspolitischen Projekte, käme einer Beleidigung der unzähligen, vielen guten Projekte der österreichischen Entwicklungspolitik gleich. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen und des Liberalen Forums.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist auch kein Wunder, daß es zu einem Anwachsen der Zahl der Projekte für "World Vision" aus Österreich und aus der Europäischen Union exakt zu dem Zeitpunkt gekommen ist, als Karl Habsburg für diese Organisation in Erscheinung getreten ist. Und daß er in erster Linie die Funktion eines "Türöffners" hatte, ist meiner Meinung nach auch von ihm bei meinen Befragungen nicht zweifelsfrei außer Streit gestellt worden. Ich fand die Befragungen teilweise degoutant, die Antworten spiegelten ein Sich-abputzen-Wollen wider und trugen nicht zur Klärung bei, und zwar in einem Ausmaß, daß eine Fortführung dieses Unterausschusses meiner Auffassung nach nicht viel gebracht hätte – außer eine Beleidigung der dort anwesenden Abgeordneten, die sich bemüht haben, Licht in diese ganze Angelegenheit zu bringen.

Es ist und bleibt eine skandalöse Angelegenheit. Es geht für uns darum, die guten Organisationen in diesem Land vom Schatten der Unseriosität zu befreien, der auf viele Spendenorganisationen durch das skandalöse Auftreten von "World Vision" gefallen ist. Daher wird es notwendig sein, auch Konsequenzen rechtlicher Natur zu ziehen. Das Parlament hat einen Entschließungsantrag beschlossen, in dem zum Ausdruck gebracht wird, daß es die Einführung eines Spendengütesiegels haben möchte. Diesem Spendengütesiegel und seinen Kriterien sollen sich die Organisationen unterwerfen; deren Einhaltung wird überprüft werden. Die Organisationen, die mit dem Spendengütesiegel ausgestattet sind, können dann mit gutem Gewissen von der Bevölkerung akzeptiert und zum Spenden wahrgenommen werden.

Die Ausarbeitung der entsprechenden Vorlagen steht vor dem Abschluß, sie werden dann zu diskutieren sein und dafür sorgen, daß die guten Organisationen außer Frage gestellt werden und nicht Schaden nehmen durch das skandalöse Verhalten, das einzelne Leute in der "Paneuropa-Bewegung" und bei "World Vision" an den Tag gelegt haben. Das war in der Tat degoutant und schädlich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Freiheitlichen, des Liberalen Forums und der Grünen.)

19.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Mag. Schweitzer: Was sagen Sie zum Alfred, Herr Kollege?)

19.10

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Kollege Gusenbauer, in einem Punkt stimme ich mit Ihnen überein, aber das ist auch schon alles, worin ich mit Ihnen übereinstimme. Sie vermittelten hier den Eindruck, als ob der Ständige Unterausschuß nicht alles in seiner Macht Stehende getan hätte, um die Verwendung öffentlicher Förderungsmittel tatsächlich zu kontrollieren und aufzudecken. Sie berücksichtigen nicht, was mit den privaten Spendengeldern, die an den privaten Verein "World Vision" gegangen sind, geschehen ist. (Abg. Öllinger: Aber hören Sie doch mit dem Märchen auf! – Abg. Edler: Das ist der Skandal!) Das liegt bei den Gerichten. (Abg. Edler: Was man so hört!) Das ist dort aufzuklären, und ich sage Ihnen: Die Österreichische Volkspartei hat ein dezidiertes Interesse an der Aufklärung, was mit öffentlichen Geldern bei "World Vision" geschehen ist, und zwar egal, ob das jetzt Gelder sind, die der Bund im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit über diese Organisation in Projekte fließen ließ, oder ob es um private Spendengelder geht. (Abg. Öllinger: Das stimmt doch nicht!) Die Österreichische Volkspartei ist an einer vollständigen Aufklärung interessiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist auch nicht so, wie hier vom Kollegen Schweitzer behauptet worden ist, nämlich daß man da zugedeckt hat, denn da gab es einen Karl Habsburg, der bei "World Vision" eine Rolle gespielt hat. (Abg. Öllinger: Wir haben das eigentlich bewiesen, Herr Kollege!) Karl Habsburg war meiner Erinnerung nach zweimal im Unterausschuß und ist befragt worden, und der Bericht der Mehrheitsfraktionen spricht ein deutliches Wort. (Abg. Öllinger: Er ist ohne Beleg schuldig geblieben!)

Wenn man mit der Sorgfalt eines ordentlichen Abgeordneten die Funktionen eines Vorstandes bei "World Vision" wahrgenommen hätte, dann wäre diese Affäre nicht in einem solchen Umfang passiert. Das steht in diesem Bericht! Dazu stehen wir auch! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Er kann sich ja nicht selbst aufdecken! – Abg. Öllinger: Sie putzen sich jetzt ab!)

Aber, Kollege Öllinger, Ihre Behauptungen sind, würde ich sagen, eine Mischung von Phantasie, Erfindungen und Halbwahrheiten. (Abg. Öllinger: Ich zitiere Prüfberichte!) Ich greife ein Projekt heraus, nämlich das Moçambique-Projekt. Das steht insofern unter einer laufenden Kontrolle, als wir dort ein Büro für Entwicklungszusammenarbeit haben (Abg. Öllinger: Das stimmt ja nicht!), dessen Leiter nach einem prüfenden Schreiben attestiert, daß dieses Projekt in seiner Gesamteinschätzung – ziel- und resultatsbezogene Arbeitsweise nachweisend – informativ, exakt und korrekt geführt wird. (Abg. Öllinger: Militärisch geführt wird!) Sie sagen also nur die halbe Wahrheit, und das ist typisch für die Rolle der Opposition, die sie eben in diesem Haus zu spielen hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Sie meinen das amerikanische Projekt! Das war ein US-Projekt!)

Ein Zweites ist auch typisch, nämlich einerseits die permanente Vermischung eines Auftrages eines Ständigen Rechnungshofunterausschusses mit dem Auftrag eines Untersuchungsausschusses und auf der anderen Seite die Vermischung der Verwendung öffentlicher Förderungsgelder mit jener privater Förderungsgelder. Nehmen Sie zur Kenntnis, Herr Kollege Öllinger – auch wenn Sie das, so wie es Herr Wabl in den früheren Unterausschüssen getan hat, nicht wahrhaben wollen –, daß wir eine Bundesverfassung haben, und diese trennt die Gewalten. Sie können nicht Ermittlungsbeamter, Untersuchungsrichter, entscheidendes Gericht, Gesetzgeber und Kontrollor in einer Person sein! Halten Sie sich an die österreichische Bundesverfassung! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol – in Richtung des Abg. Öllinger –: Auch wenn es Ihnen schwerfällt!)

Ihr Minderheitsbericht spricht von "Vorfeldorganisationen der ÖVP" und meint damit offenbar die "Paneuropa-Bewegung" und "World Vision". (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: So ist es!) Ich weise das auf das entschiedenste zurück. Beide Organisationen sind keine Vorfeldorganisationen unserer Partei! Bei "Paneuropa" kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen. Ist der Öffentlichkeit bekannt, daß der Obmann der Freiheitlichen Partei, Herr Landeshauptmann Dr. Jörg Haider, jahrelang im Vorstand der "Paneuropa-Bewegung" gesessen ist? (Abg. Dr. Khol: Überparteilich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wie kommen Sie eigentlich dazu, da von einer "Vorfeldorganisation der ÖVP" zu sprechen? Gleiches gilt selbstverständlich für "World Vision", das ist auch keine Vorfeldorganisation der ÖVP!

Ich fasse zusammen: Der Republik sind aus der Förderung dieser Projekte, die über "World Vision" abgewickelt wurden, keine finanziellen Schäden entstanden. Die entwicklungspolitische Zielsetzung und die Erreichung der Ziele werden gerade nachgeprüft. In dem Moment, in dem die Organisation "World Vision" in Verdacht geraten ist, hat das Außenministerium sofort reagiert und die Rückzahlung der noch nicht abgerechneten Gelder verlangt. Sie sind auf ein Treuhandkonto überwiesen worden.

Eine generelle Prüfung aller Vereine, die Entwicklungszusammenarbeit leisten möchten, ist unmöglich. (Abg. Öllinger: Die anderen werden genauestens überprüft!) Hunderte Organisationen stellen sich an, um in den Entwicklungsländern direkt mit der Bevölkerung Förderprojekte zu machen und dafür öffentliche Gelder zu bekommen. Wenn wir bei jedem Verein prüfen würden, ob er statutarisch auch richtig zusammengesetzt ist, dann wäre das eine Überforderung und würde letztlich das direkte Engagement von österreichischen Nichtregierungsorganisationen in der Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere mit der Bevölkerung, unmöglich machen, und dann würden wir wieder zu einer Förderung kommen: Regierung gegenüber Regierung, etwas, das nicht optimal ist – das wird Kollege Gusenbauer auch sagen – und das wir längst schon abgelehnt haben.

Wir fordern das Spendengütesiegel für jene Organisationen, die Hilfsgelder einsammeln, und es sind die zuständigen Minister, der Herr Justizminister und der Herr Finanzminister, aufgerufen, dem Entschließungsantrag – ich nehme an, daß er einmütig war, wie der Herr Präsident sagen würde – auch raschest Folge zu leisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und Bravoruf des Abg. Dr. Khol.)

19.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Abgeordnete Jäger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.17

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Falle "World Vision" gibt es nichts zu beschönigen und auch nichts zu entschuldigen. Es klärt die österreichische Justiz jene Bereiche, in denen die Vermutung krimineller Tatbestände vorliegt.

Besonders traurig finde ich in diesem Zusammenhang, daß das Ansehen aller österreichischen Entwicklungshilfeorganisationen, die hervorragende und ordentliche Arbeit leisten, durch diese Debatte geschädigt wurde und daß die Österreicherinnen und Österreicher, die bereitwilligst spenden, weil sie gegen das Elend, die hungernden Kinder vor Augen, etwas tun möchten, enttäuscht wurden. Da besteht Handlungsbedarf.

Ich muß mich auch der Kritik anschließen, daß auch von Amts wegen fahrlässig gehandelt wurde, denn seit diese Organisation in Österreich tätig ist, und zwar seit 1985, ist immer wieder in den Medien, zum Beispiel im "profil" oder in den "Entwicklungspolitischen Nachrichten", Kritik an dieser Organisation geübt worden. Da gab es Vorwürfe im Zusammenhang mit den Kinderpatenschaften, da gab es unseriöse Werbemethoden, da gab es einen exorbitant hohen Verwaltungsanteil bei der Projektabwicklung, und zwar einen solchen von 40 Prozent, während bei anderen Organisationen nur 15 Prozent in die Verwaltung gehen, da hat es keine transparente Finanzgebarung gegeben.

Die Organisation "World Vision" wollte zweimal in die AGEZ – dort sind alle österreichischen Entwicklungshilfeorganisationen zusammengeschlossen –, doch zweimal wurde deren Aufnahme abgelehnt. All das mußte dem Amt bekannt gewesen sein. (Ruf bei der ÖVP: Dem Bundeskanzleramt auch!)

Es wurde auch seitens kirchlicher Stellen, seitens der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz der Organisation "World Vision" ausdrücklich verboten, daß sie behauptet, daß sie ihre Abrechnungen nach den Kriterien der kirchlichen Organisationen durchführt.

Von der AGEZ wurde "World Vision" deswegen abgewiesen, weil der Jahresbericht und die Verrechnungsrichtlinien dieser Organisation nicht den Anforderungen der AGEZ entsprachen. An diese halten sich alle anderen Entwicklungshilfeorganisationen. "World Vision" hatte sich daran nicht gehalten.

Das heißt, daß "World Vision" in der entwicklungspolitischen Szene einen schlechten Ruf hatte. Aber trotzdem wurden dieser Organisation (Abg. Mag. Schweitzer: Darf ich Sie etwas fragen?) – nein, ich habe nur vier Minuten Redezeit (Abg. Mag. Schweitzer: Warum haben Sie einer Ladung eines Vertreters der Bischofskonferenz nicht zugestimmt?), ich hätte ja gerne zugestimmt (Abg. Mag. Schweitzer: Sie hätten! Aber Sie haben nicht!) – in nicht unbeträchtlichem Umfang finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, und zwar auch von seiten der EU. Es waren immerhin 130 Millionen Schilling.

Ohne Zweifel hat ein Zusammenhang mit dem EU-Abgeordneten Karl Habsburg und auch damit, daß etliche ÖVP-Funktionäre im Vorstand waren, bestanden. Ich muß sagen: Der Einblick in diesen Vorstand war für mich erschütternd. Ich habe noch nie einen Verein gesehen, der derart dubios arbeitet!

Ich meine, daß wir aus dieser Situation Lehren ziehen müssen. Es sind Kriterien für Kofinanzierungsprojekte zu erstellen, und zwar auch im Zusammenhang mit dem neuen Entwicklungshilfegesetz. Ich frage mich: Warum unterstützen wir die Entwicklungshilfeorganisation einer amerikanischen Kirche oder, wie man es in Österreich sagen würde, Sekte? Warum finanzieren wir Projekte von "World Vision International", obwohl wir genügend ordentliche, gute österreichische, aber auch gute internationale Organisationen haben, die es zu unterstützen gilt? (Abg. Dr. Lukesch: Das müssen Sie den Herrn Bundeskanzler fragen! Fragen Sie Ihren Parteivorsitzenden!)

Abschließend möchte ich sagen: Ich begrüße ebenfalls die Schaffung eines Spendengütesiegels. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.22

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tegischer. 4 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.22

Abgeordnete Brigitte Tegischer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Unser Respekt vor der Monarchie hält sich in Grenzen. Ich glaube, darin sind wir uns einig. Daher möchte ich die Rolle des Herrn Habsburg schon etwas näher beleuchten.

Eines ist klar: Durch seinen klingenden Namen, dadurch, daß er EU-Parlamentarier ist – noch immer ist –, wurde er von "World Vision Österreich" als Zugpferd eingesetzt, und er war eigentlich auch – oder hätte es sein sollen – der Garant für die seriöse Verwendung von öffentlichen Mitteln. (Abg. Schaffenrath: Er ist das Zugpferd der ÖVP!) Den Versuch von Karl Habsburg, sich im Ausschuß als Opfer der eigenen Unwissenheit und Unfähigkeit darzustellen, fand ich beschämend; er ist eines Volksvertreters einer sich als "christlich" bezeichnenden Volkspartei eigentlich unwürdig. Sein blindes Vertrauen hat meiner Meinung nach an Naivität gegrenzt, wenn er meint, daß er von "World Vision" schamlos ausgenutzt wurde, und als lapidare Meldung zum Schluß von sich gibt: Gut, ich habe aus diesen negativen Erfahrungen gelernt und werde es mir für die Zukunft merken!

Diese Verhaltensweise von Karl Habsburg als öffentlicher Person und Volksvertreter finde ich einfach unverantwortlich. Ich bin selbst in drei Ausschüssen und auch im Vorstand tätig und weiß Bescheid über die Finanzgebarung in den Vereinen, die mit Spendengeldern und öffentlichen Geldern agieren. Ich empfinde es einfach als meine Pflicht, daß ich mich – wenn ich schon nicht anwesend sein kann – informiere und mir die Protokolle zuschicken lasse.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch sagen, daß sich Karl Habsburg anscheinend nur an das Grundsatzprogramm gehalten und diesem vertraut hat, wonach – ich zitiere aus den Statuten – die christliche Grundhaltung und Verpflichtung gegenüber den Armen dafür Sorge tragen, daß mit den Mitteln der Paten, der Spender und mit öffentlichen Mitteln gewissenhaft umgegangen wird und die angestrebten Ziele mit Hilfe Gottes bestmöglich erreicht werden. – Das ist für den blaublütigen Habsburg eine sehr blauäugige Zugangsweise.

Ich möchte jetzt noch ganz kurz zu den Patenschaften, die angesprochen wurden, etwas sagen. Es ärgert mich wirklich: Es wird schon wieder im Internet mit diesen Patenschaften geworben, wo man auswählen kann, ob es ein Bub oder ein Mädchen sein soll, und wo den Spendern vorgegaukelt wird, daß sie sich persönlich um ein Kind kümmern. Es wird auch darauf hingewiesen, daß man sein Patenkind kennenlernen kann. Ich finde das unseriös und unverantwortlich. Ich möchte deshalb hier noch einmal darauf hinweisen, daß mit falschen Angaben Spender geködert werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Haidlmayr.)

Nun ein paar Bemerkungen zu den EU-Mitteln. Dazu möchte ich folgendes anmerken: Ich habe persönlich mit dem Abgeordneten Bösch gesprochen, und er hat mir versichert, daß die EU-Abgeordneten – zumindest die SPÖ-EU-Abgeordneten – dafür Sorge tragen werden, daß in dem Unabhängigen Amt zur Betrugsbekämpfung die Gebarungen überprüft werden.

Abschließend möchte ich sagen: Ich vertraue darauf beziehungsweise hoffe ich, daß diese Entschließung dazu beitragen wird, daß es in Zukunft nie wieder solch eine Affäre geben wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.25

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Edler. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.26

Abgeordneter Josef Edler (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Erkenntnis der heutigen Beratungen müßte folgendes sein: Es ist sicherlich nicht unbedingt angebracht, den Ständigen Rechnungshofunterausschuß zu beleben, wenn ein Gerichtsverfahren im Laufen ist. Wir mußten in den Beratungen immer wieder feststellen, daß es Probleme mit den Auskunftspersonen gibt, weil sie sich auf das laufende Gerichtsverfahren berufen haben.

Fest steht eines, meine Damen und Herren, und das zeigt auch die öffentliche Diskussion: daß es in diesem Fall um eine Spendenaffäre im Ausmaß von 15 Millionen Schilling geht. Ich kann von meiner Seite aus nur eines sagen: Die ÖVP kann sich da nicht lossprechen, weil da nicht nur mit dem EU-Abgeordneten Habsburg Verflechtungen gegeben sind, sondern auch mit anderen Personen, und zwar mit Personen, die im Generalsekretariat der Österreichischen Volkspartei beschäftigt sind. Es wäre die Frage an Frau Kollegin Rauch-Kallat zu richten, inwieweit sie von ihren Mitarbeitern informiert wurde, denn Herr Kollege Girardi wurde dorthin delegiert. Was hat die Frau Kollegin unternommen, um die Sache früher aufzuklären?

Meine Damen und Herren! Ich möchte aber folgendes hier in den Vordergrund stellen: Ich glaube, daß wir gemeinsam aufgefordert sind, diesen Fall aufzuarbeiten. Gerade in Anbetracht der großen Spendenfreudigkeit der Österreicherinnen und Österreicher ist es angebracht, daß wir wirklich auf sauberes Vereinsgeschehen schauen. Was das Gütesiegel betrifft, so glaube ich, daß dieses Vorhaben jedenfalls zu unterstützen ist, damit die Spenden wirklich nur jenen Menschen zugute kommen, die in Not sind und dieses Geld wirklich brauchen.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Ich glaube, daß die Gerichtsverfahren zeigen werden, daß viele Fragen nachher noch in politischer Hinsicht zu klären sein werden. (Abg. Öllinger: Wann denn? – Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer.) Es wird sich das Parlament dann nochmals damit beschäftigen müssen. Jetzt konnte nur über die öffentlichen Förderungen beraten werden, und wir kamen zu dem Ergebnis, daß die öffentlichen Förderungen grundsätzlich in Ordnung abgerechnet wurden. (Abg. Öllinger: Haben Sie über öffentliche Förderungen geraten oder beraten?) Aber bedauerlich ist, wie bereits gesagt, die Handlungsweise, was den privaten Spendenbereich betrifft. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.28

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Staatssekretärin Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte, Frau Staatssekretärin.

19.28

Staatssekretärin im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita-Maria Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Hohes Haus! Zuerst ein paar allgemeine Bemerkungen; danach möchte ich auf einige hier geäußerte Vorwürfe eingehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Entwicklungszusammenarbeit ist eine Aufgabe, die vom Staat, von privater Seite und gemeinsam durchgeführt werden muß. Gerade das private Engagement spielt in der Entwicklungszusammenarbeit eine ganz besonders wichtige Rolle – aber nicht nur, was den Umfang betrifft, sondern vor allem auch, was die Partnerschaften betrifft, auf denen schließlich eine langfristige Entwicklungszusammenarbeit aufbauen kann.

Gerade in Österreich ist dieser private Sektor sehr vielfältig. Denken Sie an Städtepartnerschaften, an Selbstbesteuerungsgruppen, an Pfarren, an einzelne Personen, an die vielen Vereine. Hunderte Millionen Schilling werden von privater Seite aufgebracht. Gerade aus diesem Grund habe ich gefunden, daß das Engagement von privater Seite Anerkennung verdient und gefördert werden muß. Daher sind wir überhaupt zu diesem Kofinanzierungskonzept gekommen, das hier auch zur Debatte steht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Projektgestaltung – und das ist etwas, was hier in der Debatte immer wieder vermischt worden ist – liegt aber bei den Initiativen. Wir geben nur die Kofinanzierung und haben für Vergabe und Abrechnung ein eigenes Reglement erstellt. – Das war meine erste Bemerkung.

Meine zweite Bemerkung: Ich möchte hier doch noch einmal klarstellen – das habe ich auch schon am 18. Februar im Unterausschuß gesagt –, daß nicht "World Vision Österreich" als Organisation gefördert wurde – das haben Sie ein paarmal so dargestellt oder unterstellt –, sondern eben zwei Entwicklungsprojekte, die ganz klar nach den entsprechenden Kriterien – es gibt einen Kriterienkatalog; auch das ist heute angesprochen worden – Zuschüsse bekommen haben.

In dem Augenblick – auch das ist im Unterausschuß klar herausgekommen –, in dem Unregelmäßigkeiten bekannt wurden, wurden die öffentlichen Gelder des Bundes – und nur darum geht es – sofort eingefroren und zurückverlangt und auf Treuhandkonten zurückgezahlt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte auf viele Details eingehen, ich werde dann aber nur auf einige Vorwürfe eingehen. Zuvor möchte ich aber doch das Wesentliche sagen – denn auch das ist hier von Herrn Abgeordneten Öllinger unterstellt worden –: Es ergaben sich nämlich, sehr geehrter Herr Abgeordneter, keine Anhaltspunkte dafür, daß diese Forderungen aufgrund von Interventionen irgendwelcher Personen bewilligt worden wären. Ich habe Ihnen im Unterausschuß ganz genau erklärt, wie unsere Kommission von Beamten arbeitet. Ich habe überhaupt nichts davon gewußt, aber ich würde dafür auch geradestehen, wenn ich es gewußt hätte, denn es ist absolut nach den Kriterien vorgegangen worden. (Beifall bei der ÖVP.)

Der nächste Punkt, den ich ansprechen werde, ist folgender: Die technische Durchführung und die Evaluierung von Entwicklungsprojekten kann selbstverständlich immer diskutiert werden, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber hier ging es ja auch nicht um bundeseigene Projekte, sondern es ging eben um die Förderung – ich habe ja versucht, das herauszustellen – von privaten Initiativen, die wir fördern wollen, um mehr Entwicklungszusammenarbeit und mehr Hilfe zu lukrieren.

Der Bericht von Price Waterhouse, der hier immer wieder als Alibi für Kritik angeführt wurde, ist ein reiner Buchprüfungsbericht (Abg. Böhacker: Na und?) – lassen Sie mich ausreden! –, der den finanziellen Status vor Ort festhält. Das ist kein inhaltlicher Bericht über die Qualität dieser Projekte. Wir haben jetzt, nachdem Price Waterhouse hier einige Unregelmäßigkeiten, vor allem bei dem Kongo-Projekt, aufzeigt, eine andere, echte Entwicklungsprojektevaluationsstelle, nämlich eine Schweizer Firma namens KEK, beauftragt, sich das noch einmal anzuschauen. Aber grundsätzlich können wir bei diesem speziellen Programm nicht jedes Projekt auf den Inhalt prüfen. Es handelt sich eben hier nur um ein spezifisches Programm.

Nun gestatten Sie mir, auf den Minderheitsbericht einzugehen, der hier so vorgestellt wurde, als ob im Mehrheitsbericht alles falsch wäre. Erstens heißt es darin, daß das Außenministerium zu keinem Zeitpunkt in der Lage war, das Projekt zu kontrollieren. – Das stimmt keineswegs, denn wir hatten ja dauernd Zwischenberichte. Nur aufgrund der Zwischenberichte werden ja weitere Raten ausgezahlt, und nur aufgrund dessen konnten die Gelder sofort einbehalten und dann auch zurückgefordert werden. – Also dieser erste Punkt ist nicht richtig.

Zweiter Punkt: Das Außenministerium habe gegen seine eigenen Förderrichtlinien verstoßen – wie Sie auch heute gesagt haben –, die nämlich besagen, daß unser Förderanteil 35 Prozent beträgt, die Höhe der Eigenmittel hingegen 65 Prozent. Sie haben gesagt, das war genau umgekehrt. Sie haben aber nicht gesehen, daß hier natürlich die Gesamtsumme, die Endsumme berücksichtigt werden muß und nicht die Raten, die wir bezahlt haben. Wir haben tatsächlich höhere Raten bezahlt, aber das ist ja überhaupt nicht in Frage gestellt, das ist überhaupt nicht negativ, sondern so ist das immer bei Projekten, das richtet sich nach dem Projektfortgang. – Also auch diesbezüglich ist Ihre Aussage eine Halbwahrheit. Das ist nicht korrekt.

Sie haben uns auch unterstellt, daß das Außenministerium durch seine – wie Sie sagen – großzügige Vorfinanzierung dem Verein "World Vision Österreich" und dessen Proponenten eine widmungsfremde Zwischenfinanzierung ermöglicht habe. – Sie haben sich nicht genau erkundigt. Auch das stimmt nicht. Denn wenn wir etwas länger vorfinanzieren und es dann erst später von "World Vision Österreich" oder anderen weitergezahlt wird, dann werden die Zinsen an das Außenministerium zurückgezahlt. – Also auch das ist falsch. (Oje-Rufe bei der ÖVP.)

Das "World-Vision"-Projekt, sagen Sie, habe wesentliche Projektziele verfehlt. Damit gehen Sie darauf ein, daß Saatgut angeblich nicht ausgegeben wurde. Darum, weil ich auch das überprüfen will, habe ich eben diese Firma KEK eingeschaltet. Price Waterhouse, das ja ein reiner Buchprüfungsbetrieb ist, der keine Ahnung von Entwicklungsevaluierung hat, hat nicht geschrieben, warum Saatgut nicht ausgegeben wurde. Sie wissen, daß im Kongo Bürgerkrieg ist. Es hätte auch sein können – ich weiß es noch nicht, aber es könnte sein, und Sie unterstellen uns hier bereits, daß das Projekt falsch war –, daß es vielleicht aufgrund dessen nicht möglich war, oder vielleicht konnte es gar nicht ausgegeben werden, weil gerade eine Trockenperiode ist. – Also auch in diesem Zusammenhang würde ich doch um etwas mehr Genauigkeit bitten. Sie erwarten das von mir, aber ich glaube, wir können das auch von einem Minderheitsbericht erwarten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Aumayr: Den Bauern kann man das Saatgut auch in einer Trockenperiode geben! – Zwischenruf des Abg. Smolle.)

Sie haben auch diesen Jeep angesprochen. Es ist bei derartigen Projekten – und es ging hier eben um ein Landwirtschaftsprojekt in Moçambique – durchaus manchmal auch ein Fahrzeug nötig. Das wurde klar von unserem Koordinationsbüro in Beira, Moçambique, festgestellt. Eine zweite Sache ist dann, daß der dortige Zoll, weil er nicht gut informiert war – wir haben uns inzwischen erkundigt –, eine Zollvorschreibung getätigt hat. Es ist bitte eine Selbstverständlichkeit – ich berühme mich dessen nicht –, daß wir natürlich von Moçambique verlangt haben, daß diese Zollvorschreibung zurückgenommen wird. Selbstverständlich ist das auch gemacht worden. – Also das ist hier überhaupt nicht anzusprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Letzter Punkt, den ich auch ansprechen möchte: Sie haben so stark angesprochen, daß es sich bei dem Moçambique-Projekt nur um einen kleinen österreichischen Anteil handelt. Ich habe es geprüft, wir sind auf 15 Prozent österreichischen Anteil gekommen. Aber bitte schön, stört Sie denn das? Geht es Ihnen, die Sie doch immer entwicklungspolitische Ziele haben, nicht auch darum, daß wir Entwicklungspolitik betreiben? Es ist doch nicht tragisch. Wir sollten doch nicht so chauvinistisch sein, daß wir sagen, es muß unbedingt ein österreichisches Projekt mit einer österreichischen Fahne oder einem österreichischen Mascherl sein. Wichtig ist doch, daß den Menschen geholfen wird! Im übrigen kann man das sehr wohl dokumentieren, und dort in der Gegend ist immer klar, wer zu den Förderern gehört. – Das wollte ich dazu anmerken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist jetzt noch Herr Abgeordneter Öllinger. Zweite Wortmeldung. Redezeitbeschränkung: 2 Minuten.

19.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Staatssekretärin! Eigentlich könnte das genausogut eine Entgegnung, eine Berichtigung sein, ich mache einen Redebeitrag daraus.

Sie haben gesagt: Freuen wir uns doch darüber, daß es private Projektträger gibt. – Das meine ich auch, da bin ich Ihrer Meinung. Aber wenn der private Projektträger, wie beim Beispiel des Moçambique-Projektes, nicht ein österreichischer Verein ist, sondern "US-Aid" gemeinsam mit "World Vision International", wenn es keinen dokumentierbaren österreichischen Anteil an diesem Projekt gibt (Abg. Dr. Moser-Starrach: Das stimmt ja nicht!) – und das wurde im Unterausschuß mehrmals behandelt –, dann hat das nichts mit der Sache zu tun, die Sie uns hier gemeinsam vorschlagen und der wir zustimmen würden. Es ist kein privates österreichisches Projekt gewesen, sondern der Name von "World Vision Österreich" wurde verwendet, um Projektmittel in ein internationales Projekt einzubringen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: der Jeep. Sie haben jetzt in Ihrer Stellungnahme gesagt, es liegt eine Stellungnahme des Koordinationsbüros Beira vor. Ich lese Ihnen aus der Anfragebeantwortung von Ihrem Ministerium – ich nehme an, Sie haben sie zu verantworten – vor, was sie betreffend das Einsatzfahrzeug enthält: "Eine Stellungnahme des EZA-Koordinationsbüros Beira zu dieser Frage liegt nicht vor."

Ja was stimmt jetzt, Frau Staatssekretärin: Das, was Sie hier sagen, oder das, was Sie uns vor zwei Tagen in der Anfragebeantwortung übermittelt haben?

Dritter Punkt: Beispiel Kongo-Projekt: Wenn Sie uns sagen, es gibt entwicklungspolitische Richtlinien, gleichzeitig aber Kollege Steindl sagt, die haben damals noch gar nicht gegolten – was gilt dann? Damals haben diese entwicklungspolitischen Richtlinien nicht gegolten. Sie haben uns im Unterausschuß erklärt, daß sie gelten.

Das Projekt wird auch von der Österreichischen Kommunalkredit überprüft. Ich habe mich erkundigt: Sie überprüft das Projekt nicht. Das Kongo-Projekt, hat mir die Österreichische Kommunalkredit erklärt, wurde von ihr nicht überprüft. Und Sie sagen, das wird überprüft. Sie nicken jetzt noch immer. Ja was wissen Sie von der Sache? Sie sagen selbst, ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... ich verlasse mich auf meine Beamten.

Frau Staatssekretärin! Wenn das so ist, wenn Sie wirklich von nichts etwas wissen, dann sind Sie für dieses Amt nicht qualifiziert. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Apfelbeck. – Empörte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

19.41

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Das Schlußwort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Stampler. – Bitte.

Berichterstatter Franz Stampler (Schlußwort): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Am Schluß dieser Debatte möchte ich darauf hinweisen, daß im Bericht des Rechnungshofausschusses 1823 der Beilagen auf Seite 4, fünfter Absatz, und auf Seite 5, sechster Absatz, irrtümlicherweise "25 Prozent" geschrieben steht. Richtigerweise soll es "35 Prozent" heißen.

Ich bitte, dies zur Kenntnis zu nehmen.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Berichterstatter.

Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz in 1823 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, seinen Bericht 1823 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Apfelbeck und Genossen betreffend Kontrolle der Spendenorganisationen.

So Sie diesem Antrag beitreten wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Minderheit, daher abgelehnt.

10. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1755 der Beilagen): Bundesgesetz über die Studien an Akademien und über die Schaffung von Hochschulen für pädagogische Berufe (Akademien-Studiengesetz 1999 – AStG) (1794 der Beilagen)

11. Punkt

Bericht und Antrag des Unterrichtsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird (1795 der Beilagen)

12. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1756 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (1796 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 10 bis 12 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir treten daher in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Mag. Schweitzer vor. 8 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

19.44

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Parnigoni, selbst bei Ausführungen deinerseits, der du wirklich nichts zu sagen hast, habe ich mir nie erlaubt, dich zeitlich zu beschränken. Also laß es auch bei mir so, wie es ist! Ich werde die 8 Minuten nach bestem Wissen nutzen. Ich hoffe, du wirst es auch immer tun. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Pädagogischen Akademien sollen mit heutigem Beschluß der Regierungsparteien sogenannte hochschulische Einrichtungen werden, und, wenn es wahr ist, in acht Jahren zu Hochschulen für pädagogische Berufe ausgebaut sein, wo dann die Absolventen mit akademischem Grad abschließen können.

Meine Damen und Herren! Damit wird der tertiäre Bereich weiter aufgesplittert. Wir haben dann neben den Universitäten und den Fachhochschulen vorerst auch diese hochschulische Einrichtung und nach acht Jahren dann die Hochschule für pädagogische Berufe.

Allein die Bezeichnung "hochschulische Einrichtung" zeigt, daß hier etwas beschlossen werden soll, wovon man nicht ganz genau weiß, was es tatsächlich werden soll. Die SPÖ und die ÖVP beschließen heute – so meine ich – eine völlig unausgereifte Vorlage mit völlig unklaren Strukturen, und jeder Laie, der sich damit ein wenig beschäftigt hat, kann den Kompromiß zwischen SPÖ und ÖVP erkennen, dessen Ergebnis – Frau Bundesminister, das hätte ich dann gerne von Ihnen in Ihrer Wortmeldung etwas erläutert – meiner Ansicht nach weder für die Ausbildung noch für den Unterricht eine entscheidende Verbesserung erkennen läßt. Ich würde mich daher sehr freuen, wenn Sie in der Lage wären, mich in Ihrer Wortmeldung zu widerlegen oder mir klarzumachen, wo hier die Verbesserungen in der Ausbildung und im Unterricht sind.

Die Kommentare der ÖVP-Abgeordneten im Ausschuß unterstreichen, daß hier etwas beschlossen wird, wovon selbst die ÖVP-Abgeordneten nicht genau wissen, wohin die Reise geht. Kollege Höchtl zum Beispiel hat im Ausschuß in etwa gesagt, er sieht einen Erfolg schon darin, daß mit diesem Beschluß, der heute schlußendlich zustande kommen soll, eine 25jährige Diskussion beendet wird. Wenn er die Beendigung einer 25jährigen Diskussion durch diesen Beschluß als Erfolg sieht, dann ist das ein sehr mageres Ergebnis, Kollegin Brinek. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie selbst werden mir auch noch den Ausspruch erläutern, den Sie getätigt haben und den ich sehr lustig und amüsant gefunden habe. Sie haben gesagt: Wir setzen mit diesem Beschluß einen Transformationsprozeß in Gang. Dieser Transformationsprozeß soll einmal über acht Jahre laufen, und das Ganze hat sozusagen ein open end. (Abg. Dr. Brinek: Nein!) Natürlich, ich zitiere. Erklären Sie mir, was Sie unter "open end" verstehen. Verstehen Sie darunter, daß Sie selbst nicht wissen, was herauskommen soll, was in acht Jahren das Ergebnis sein wird? Dann sagen Sie das auch! Für mich hat das eindeutig den Anschein, daß es tatsächlich so ist.

Vielsagend war auch die Aussage von Kollegen Antoni, der bestätigt hat, daß hier natürlich einige Adaptierungen notwendig sind, die erst im Laufe der Zeit vorgenommen werden können, zum Beispiel muß ein neues Dienstrecht kommen. Und es muß auch ein neues Besoldungsrecht kommen, Herr Kollege Antoni. Damit habe ich ja recht.

Jetzt behaupte ich und weiß, daß diese Behauptung richtig ist, daß das Bundesministerium für Unterricht derzeit schon nicht in der Lage ist, mit den budgetierten Mitteln auszukommen. Die budgetierten Mittel reichen einfach nicht mehr aus, um die Lehrergehälter zu zahlen, und es steht fest, daß das Budget um viele Milliarden Schilling überzogen wurde. Das wurde uns ja auch in einer Anfragebeantwortung bereits belegt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.)

Das ist Faktum, Kollege Niederwieser: Die Unterrichtsministerin kommt mit ihrem Budget nicht aus. Aber in Ihrer Vorlage steht – und die Frau Unterrichtsminister hat es im Ausschuß dann auch noch wiederholt –: Durch diese Beschlußfassung, durch das Inkrafttreten dieses Gesetzes wird es keine zusätzlichen Kosten geben.

Frau Bundesminister! Beim besten Willen – das kann ich Ihnen nicht glauben! Entstehen tatsächlich keine Kosten durch ein neues Dienstrecht, Frau Bundesminister? Wenn es tatsächlich so ist, dann sagen Sie mir, wie das möglich ist. Entstehen tatsächlich keine zusätzlichen Kosten für die begleitende Forschung, die so herausgestellt wurde? Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine begleitende Forschung keine Kosten verursacht.

Aber das sind ja noch die Kleinigkeiten. Auch die Kosten für die Evaluierung zähle ich noch zu den Kleinigkeiten an zusätzlichen Kosten. In Summe machen diese Kleinigkeiten wahrscheinlich auch schon einiges aus, Frau Bundesminister.

Aber nun, Frau Bundesminister, Kollege Niederwieser, kommen wir zur entscheidenden Frage: Wie werden die Absolventen, die diese hochschulische Einrichtung dann schlußendlich abgeschlossen und auch einen akademischen Grad erworben haben, in Hinkunft eingestuft? – Das ist doch eine entscheidende Frage.

Bis jetzt war es so, daß Hauptschullehrer in L 2 eingestuft wurden, während Gymnasiallehrer oder Lehrer an höheren Ausbildungsanstalten in L 1 eingestuft sind. Ich kann mir schwer vorstellen, daß es Ihnen gelingen wird, die Absolventen dieser hochschulischen Einrichtung – mir gefällt dieser Ausdruck! – davon zu überzeugen, daß sie weiterhin in L 2 eingestuft werden, obwohl sie einen akademischen Grad erworben haben. Das heißt also, es wird ein Upgrading – dieser Ausdruck, Frau Kollegin Brinek, stammt wieder von Ihnen – von Pflichtschullehrern geben, und dieses Upgrading wird natürlich mit erheblichen Kosten verbunden sein. Und ich hätte schon gerne eine genaue Auskunft darüber, wie hoch diese Mehrkosten tatsächlich sein werden. Diese sind unfinanzierbar, zumindest mit dem, was Ihnen bis jetzt an Budgetmitteln zur Verfügung gestellt wurde, Frau Bundesministerin! Absolut unfinanzierbar! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mit dieser Meinung stehe ich nicht allein da. Ich zitiere aus der Begutachtung des Rechnungshofes, und es würde mich sehr interessieren, was Sie, Frau Bundesminister, dazu sagen:

Weiters erscheint es dem Rechnungshof geboten, darauf hinzuweisen, daß das Akademien-Studiengesetz, wie Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer in ihrem Begleitschreiben ausführt, einen zentralen, unumgänglichen Schritt auf dem Weg zur Hochschule darstellt. Der offensichtlich intendierte Abschluß dieser Entwicklung hätte voraussichtlich wesentliche Auswirkungen auf die Lehrerbesoldung. – Zitatende.

Also, Frau Bundesministerin! Wie viele Milliarden kostet uns dieser Beschluß, den Sie heute mit den Regierungsparteien fassen wollen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.52

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Vor allem an Herrn Kollegen Schweitzer gerichtet ein paar Richtigstellungen. Warum fürchten Sie sich vor einer weiteren Differenzierung des tertiären Bereichs? (Abg. Mag. Schweitzer: Ich fürchte mich nicht davor, ich habe es festgestellt!) Sie haben das aber so dargestellt. (Abg. Mag. Schweitzer: Ich fürchte mich vor den Kosten!) Das ist eine Entwicklung, die noch zu beobachten ist. Damit, daß wir ein Universitäts-Studiengesetz beschlossen haben und die notwendigen dienstrechtlichen Konsequenzen erst nachjustieren, haben Sie doch auch kein Problem. Stellen Sie das also nicht als Sonderfall dar! (Demonstrativer Beifall des Abg. Amon.)

Zweiter Punkt: Transformationsprozeß. Das ist ebenfalls kein Problem, weil damit ein anderer Weg beschritten wird als bei den die Universitäten betreffenden Gesetzen, über die wir jahrelang diskutiert haben. Wir haben sie sehr genau ausgefeilt und danach als fertige, ausgereifte, durchstrukturierte Materie vorgelegt, es wurden aber lange Übergangszeiten darin verankert. In Summe ist die Ergebnisorientierung in jedem Fall gegeben, nur wurde eben ein anderer Weg beschritten.

Ich bin daher der Meinung, daß Sie da ein persönliches Problem hineininterpretieren. Der Erfolg wird an uns liegen, die wir dieses Gesetz begleiten, und an den Akademien selbst, die dafür sorgen sollen, daß es diese neuen Formen im Jahre 2007 geben wird.

Ich habe allen Grund dazu, mich heute und hier darüber zu freuen, daß es mit dem heutigen Beschluß Verbesserungen geben wird, nämlich eine Verbesserung der Ausbildung der Pflichtschullehrer, ausgeweitet um den Bereich der Erwachsenenbildung und allenfalls der Freizeitbildungsberufe. Ich bin weiters sehr froh darüber, daß damit die universitäre Lehrerausbildung, nämlich jene der Lehrer an höheren Schulen, unangetastet bleibt – diese ist im Universitäts-Studiengesetz eindeutig geregelt –, und ich bin ebenso sehr froh darüber, daß so wie die erste große Verbesserung der Pflichtschullehrerausbildung mit dem Schulgesetzwerk 1962 auch die heutige Verbesserung unter der Ministerschaft einer ÖVP-Politikerin erfolgt. Ich bin sehr froh darüber, daß wir in diesem Bereich etwas weiterbewegt haben.

Was haben wir bewegt? Was steht im neuen Akademien-Studiengesetz? – Einerseits wird, wie ich bereits gesagt habe, dadurch die Ausbildung der Pflichtschullehrer verbessert. Aufgrund welcher Tatsache? – Durch eine bessere wissenschaftliche Fundierung und eine Ausweitung der Autonomie in der Studienplangestaltung. Denn bisher waren doch die Akademien im wesentlichen verschulte oder schulisch organisierte Anstalten, die nun mehr und mehr die Möglichkeit zur freien Auswahl erhalten werden.

Des weiteren sichern wir damit die Etablierung und Intensivierung der Forschungsaktivitäten, die zu einer hochschulischen Einrichtung gehören – lieber Herr Kollege Schweitzer, wieder ein Stück dazugelernt (Abg. Mag. Schweitzer: Ja, das weiß ich auch!) – und motivieren und animieren die dort lehrenden Personen zu Habilitationen und Forschungsaktivitäten. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Graue Theorie!) Das geht eben nicht von heute auf morgen. Wer sich jemals mit Bildungsstrukturen und -institutionen beschäftigt hat, weiß, daß eine schulische Einrichtung nicht von heute auf morgen zu einer hochschulischen Institution werden kann.

Weiters ist uns in diesem Zusammenhang noch wichtig, daß eine beratende Kommission – und das ist vielleicht der neue Weg dabei – die kontinuierliche Entwicklung zur hochschulischen Einrichtung, die im Jahre 2007 abgeschlossen sein soll, sowohl organisationsrechtlich als auch studienrechtlich, als auch, Herr Kollege Schweitzer, dienstrechtlich begleitet. Ich bin zuversichtlich, daß wir auch diesbezüglich auf dem sozialpartnerschaftlichen Weg eine Lösung finden werden. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ja in Ordnung!)

Das Akademien-Studiengesetz ist auch deshalb wichtig, weil damit noch weitere Dinge erreicht werden: eine klarere Aussage zur Möglichkeit, die im Universitäts-Studiengesetz ausgesprochene Anerkennung von Studienteilen präziser zu bewerten, um da nicht einem subjektiven Urteil zu erliegen, und zweitens international beweglicher zu sein. Die Ziele sind im § 2 SchOG festgelegt, die Organisation orientiert sich am Universitäts-Studiengesetz.

Meine Damen und Herren! Die Pädagogischen Akademien werden zu Hochschulen für pädagogische Berufe, jedoch keine Fachhochschulen, eine Vermutung, die auch in der Diskussion wieder aufgetaucht ist. Der Staat entzieht sich nämlich nicht der Verpflichtung, für eine solide Lehrerausbildung zu sorgen, und er überläßt die Pädagogischen Akademien nicht dem temporären freien Berufsmarkt! (Abg. Mag. Schweitzer: Erklären Sie mir nur L 1/L 2!)

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Antoni und Kollegen zum Bericht des Unterrichtsausschusses (1794 der Beilagen) betreffend die Regierungsvorlage 1755 der Beilagen: Bundesgesetz über die Studien an Akademien und über die Schaffung von Hochschulen für pädagogische Berufe (Akademien-Studiengesetz 1999 – AStG)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. § 12 Abs. 2 hat zu lauten:

"(2) Die Inskription ist in der Studierendenevidenz (§ 11 Abs. 1) sowie im Studienbuch und im Studienausweis (§ 11 Abs. 2) zu vermerken."

2. Im § 25 Abs. 1 ist der Klammerausdruck "(§ 7 Abs. 5)" durch den Klammerausdruck "(§ 7 Abs. 6)" zu ersetzen.

*****

Meine Damen und Herren! Das Akademien-Studiengesetz ist ein Transformationsgesetz. Das ist vielleicht ein neuer Weg, weil er aus einer PÄDAK-Arbeitsgruppe heraus, also, wenn man so will, "von unten", entstanden ist. Wir haben jetzt einen entscheidenden Schritt gesetzt beziehungsweise werden ihn mit der Beschlußfassung setzen. Damit ist die Arbeit jedoch noch nicht abgeschlossen! (Abg. Mag. Schweitzer: Finanzierung!) Da wir die Arbeit nicht scheuen – zumindest wir von den Koalitionsparteien –, sehen wir einer guten Zukunft entgegen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Abänderungsantrag wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Die nächste Wortmeldung stammt von Frau Abgeordneter Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Mag. Schweitzer: Kollegin Brinek! L 1 oder L 2?)

19.58

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Kollege Schweitzer! Die Finanzierung ist offen, das werden wir im Jahre 2007 erfahren, und ich glaube, die Chancen stehen schlecht, daß wirklich eine Hochschule daraus wird, denn es sprechen viel zu viele Argumente dagegen. Und noch etwas, Kollege Schweitzer: Diese hochschulische Einrichtung – ich sage ja viel lieber: hochschulartige Einrichtung –, von der man nicht so genau weiß, was sie eigentlich sein soll, ist, das ist mir jedenfalls klar, ein klassisches Symptom für die typische Koalitionskrankheit, nämlich zunächst lange nicht entscheiden zu können und dann irgendeinen Kompromiß zu finden, der nicht Fisch und nicht Fleisch ist! Genau das ist dieses Ergebnis! (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Und das ist auch nicht verwunderlich, da es zwischen SPÖ und ÖVP große ideologische Spannungen im Bereich der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung gibt. Kombiniert mit einer Zweidrittelmehrheit bei der Bildungsgesetzgebung läßt das bei der Durchsetzungsfähigkeit der SPÖ in Bildungsfragen – sage ich jetzt einmal – einen anderen Kompromiß nicht zu.

Frau Kollegin Brinek! Du warst sehr ehrlich, wirklich ehrlich (Abg. Mag. Schweitzer: Ist sie immer!), weil du gesagt hast, du freust dich darüber, daß die LehrerInnenausbildung an der Uni nicht angetastet wurde und daß die Ausbildung der Pflichtschullehrer und -lehrerinnen in einem eigenen System verbleibt. Das hat die Frau Ministerin schon am 11. November des Vorjahres in der Zeitung "Die Presse" gesagt – ich zitiere –: Ich werde alles tun, um ja nicht in die Nähe der Einheitsschule zu kommen. – Zitatende. (Abg. Dr. Höchtl: Das ist ja ein völlig richtiger Standpunkt!) Und genau das ist selbstverständlich die Motivation dahinter. Ich kritisiere das auch gar nicht. Sie haben hier Ihre Position immer ganz klar dargelegt. Sie ist zwar – verständlicherweise – nicht die meine, aber ich sage: Das ist eine ehrliche Position. Das ist auch das, was mich auf dieser Seite des Hauses (die Rednerin weist auf die Bankreihen der SPÖ) so verwundert.

Aber einen Kritikpunkt muß ich dazu schon bringen: Wenn die Grundlage für eine Entscheidung ist, etwas jedenfalls verhindern zu wollen, und nicht, eine pädagogisch möglichst sinnvolle, moderne, EU-kompatible, auf höchste Effizienz ausgerichtete Lehrer- und Lehrerinnenausbildung zu haben, dann könnte man das fast schon als Verhinderungspolitik bezeichnen. Das stelle ich jetzt einfach einmal in den Raum.

Jetzt aber zu dieser Seite des Hohen Hauses. (Die Rednerin wendet sich den Abgeordneten der SPÖ zu.) – Herr Kollege Antoni! In einer heutigen APA-Aussendung erklären Sie, daß "das Gesetz für uns Sozialdemokraten eine der wichtigsten politischen Weichenstellungen der letzten Jahrzehnte darstellt". (Heiterkeit des Abg. Mag. Schweitzer.) Sie sagen darin weiters, Herr Kollege Antoni, daß dadurch "das Ausbildungsniveau" der Pflichtschullehrer und -lehrerinnen "auf internationalen Standard angehoben werden könne" und daß es jetzt auch möglich sei, "die Schüler durch bestausgebildete Lehrer" – und Lehrerinnen, wie Sie ja sicherlich gemeint haben – "auf die immer härter werdenden Anforderungen der Arbeitsmärkte" vorzubereiten. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Sie weiters sagen, das es "ein zukunftsorientiertes und richtungweisendes Gesetz" sei, dann weiß ich, daß sich die Sozialdemokratie endgültig von ihren bildungspolitischen Grundsätzen verabschiedet hat. Denn auch Sie haben gehört, welche Motivation diesem Gesetz von dieser Seite des Hauses (die Rednerin weist in Richtung ÖVP) zugrunde liegt. Es war die SPÖ, die vehement für eine gemeinsame Lehrer- und Lehrerinnenausbildung eingetreten ist. Im Zuge dessen, daß sich im Bereich der Akademien etwas entwickelt hat, kam dann die Idee der pädagogischen Hochschule. Aber das, was mit dieser Vorlage geboten wird, ist wirklich ein Armutszeugnis für die Sozialdemokratie in diesem Hause und kein Schritt – ein so "toller" Schritt, Herr Kollege Niederwieser –, den euch die Opposition neidig ist.

Diesen Schritt gönne ich euch, weil er ein Beleg dafür ist, wo ihr heute in der Bildungspolitik steht, und zwar nicht nur in der Frage der einheitlichen Lehrer- und Lehrerinnenausbildung. Ich erinnere etwa an andere Formen der Leistungsrückmeldung, an die Integrationsgesetze. Darauf werden wir bei einem anderen Tagesordnungspunkt noch zu sprechen kommen. Ich erinnere mich vor allem an die andere Form der Leistungsrückmeldung in der Grundstufe 1, flexibler Schuleingangsbereich. Ihr habt euch überall von euren grundlegendsten Positionen verabschiedet. Das enttäuscht mich in Wirklichkeit zutiefst!

Ich glaube nicht, daß mit diesem Gesetz trotz hochschulartiger Strukturen in irgendeiner Form eine Verbesserung in der Ausbildung erreicht werden wird. Ich habe viel eher das Gefühl, daß dieses Gesetz quasi zurechtgezimmert wurde, um auf EU-Ebene möglichst gute Chancen auf Anerkennung der österreichischen PflichtschullehrerInnenausbildung zu haben. Man hat sich bemüht, Begriffsveränderungen einzuführen, so heißt es jetzt etwa Diplomprüfung! Das klingt ja mehr nach Uni, nicht? (Abg. Dr. Brinek: Das heißt es an den HTLs auch!) Was genau darunter zu verstehen ist, steht noch in den Sternen. (Abg. Dr. Brinek: Es hat auch jetzt schon Hausarbeit geheißen, und das gibt es auch auf der Uni!) Na ja, es ist immer noch nicht klar, was unter dieser Diplomprüfung zu verstehen ist.

Frau Kollegin Brinek! Ich habe im Ausschuß schon darauf hingewiesen, daß dieses Akademien-Studiengesetz weiter im Schulorganisationsgesetz verankert ist. Aber nicht nur das! Das würde mich noch weniger stören, denn bei unserer komplizierten und zersplitterten Gesetzesmaterie könnte man noch sagen, daß das ein Versehen ist. Aber auch die klassischen Elemente der Verschulung sind nicht ausgeräumt! Wenn ein Student oder eine Studentin dieser hochschulartigen Einrichtung nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraumes eine Prüfung ablegt, ist das Studium beendet. Das ist nicht wirklich hochschulartig, sondern eher charakteristisch für die Schule, in der man nur eine fix beschränkte Zeit hat, um eine Prüfung ablegen zu können. Auch unter den Pflichten der Studierenden gibt es klassische Schülerpflichten, das könnte auch in anderen Gesetzen verankert sein.

Die handelnden Personen an dieser nun hochschulartigen Einrichtung bleiben die gleichen wie vorher. Es gibt auch keine Präzisierung darüber, was denn unter einem Akademielehrer, einer Akademielehrerin zu verstehen ist, welche Ausbildung, welche Lehrbefugnis sie haben! Die finanziellen Ressourcen bleiben die gleichen. Die Frau Ministerin hat auch gegenüber Kollegen Schweitzer klargemacht, daß das Ganze kostenneutral sein soll. Die finanziellen Ressourcen bleiben die gleichen, deshalb heißt es in all jenen Bereichen, in denen sich möglicherweise Freiräume eröffnen würden, jeweils in einem Nebensatz: nach Maßgabe der personellen und finanziellen Ressourcen. – Ich kann mir daher nicht vorstellen, wie diese Möglichkeiten überhaupt sinnvoll genützt werden können.

Es wird natürlich viel gepriesen, etwa daß es ja nun auch Forschung und Evaluierung gebe. Ich frage mich schon, wie eine qualitativ hochwertige, begleitende Forschung völlig kostenneutral umzusetzen ist. Zwar gebe ich zu, daß es darin auch ein paar positive kleinere Änderungen gibt – das gebe ich ja noch zu, ich habe es schon gesagt –, etwa Studienkommissionen, die Möglichkeit, ein Fernstudium zu absolvieren, oder eine durchaus positiv zu bewertende begleitende psychologische Beratung für die Studierenden, aber das kann für die Zustimmung von uns Liberalen sicher nicht ausreichen, denn es wird damit – von dieser Seite (auf die Abgeordneten der ÖVP weisend) nicht überraschend, aber von dieser (auf die Abgeordneten der SPÖ weisend) sehr wohl – die zweigleisige Lehrer- und Lehrerinnenausbildung einzementiert! Und dabei habe ich die bürokratischen Strukturen und Kosten noch gar nicht erwähnt!

Wir zementieren das also zumindest bis zum Jahre 2007 ein. Ich habe jedoch die Sorge, daß es auch dann keine Hochschule sein wird, die sozusagen für eine L 1-Einstufung reichen würde. Das gebe ich noch zu bedenken! Auf jeden Fall zementieren wir aber bis dahin die geringeren Einkommen der Pflichtschullehrer und Pflichtschullehrerinnen ein, und das trotz der deutlich schwierigeren pädagogischen Aufgabe. Das halten wir einmal fest; es sei dabei an die Integration von Problemkindern und anderes mehr erinnert. Wir zementieren die geringere Flexibilität für diese Lehrer und Lehrerinnen ein, weil sie zum Beispiel in anderen Schultypen nicht einsetzbar sind. Auch die internationale Anerkennung auf EU-Ebene ist für mich noch lange nicht gesichert, denn dem Ding nur einen anderen Namen zu geben und alibimäßig ein paar hochschulartige Strukturen einzurichten, wird nicht ausreichen.

Ich warte in diesem Hause immer noch auf eine Erklärung der ÖVP beziehungsweise der Frau Ministerin und neuerdings auch von euch Sozialdemokraten dafür, wieso zwei Lehrer oder Lehrerinnen, die bei einem wortgleichen Lehrplan den gleichen Gegenstand in der zweiten Klasse einer Hauptschule oder in der zweiten Klasse einer AHS unterrichten, unterschiedlich ausgebildet, unterschiedlich bezahlt werden und noch dazu unterschiedliche Lehrverpflichtungen haben. Solange Sie mir das nicht erklären können, wird mein Ruf nach einer deutlich verbesserten, aber einheitlichen Lehrer- und Lehrerinnenausbildung nicht verstummen.

Ich wiederhole: Ich weiß, daß das Herz der ÖVP an diesem System hängt. Das Herz der ÖVP hängt, obwohl es das in der Realität schon lange nicht mehr gibt, daran, 10jährige in AHS-Unterstufe und Hauptschule, also in Schubladen einzuordnen. Und das, obwohl das schon lange nicht mehr stimmt, denn nicht 80 Prozent aller Kinder in der Wiener Innenstadt sind AHS-reif, genauso sind einige von den 80 Prozent, die in ländlichen Regionen die Hauptschule besuchen, jedenfalls AHS-reif! (Zwischenruf des Abg. Amon.) Im ersten Wiener Gemeindebezirk sind es sogar an die 90 Prozent. Aber das macht ja nichts! Die Zahlen sprechen für sich. Die Abstimmung mit den Füßen hat doch längst schon stattgefunden, Herr Kollege Amon. Das weißt du auch! Bei Podiumsdiskussionen sprichst du auch deine eigene Meinung aus und nicht immer nur die Parteimeinung. (Abg. Amon: Ich spreche immer meine Meinung aus!) Da sind die Gespräche mit dir sicherlich eher progressiv, verglichen mit den Gesprächen in diesem Hohen Hause.

Für die ÖVP mag es sogar ein kleiner Schritt nach vorne sein, eine hochschulartige Einrichtung zu verwirklichen. Aber daß ihr Sozialdemokraten da mitzieht, halte ich einfach für einen riesigen Rückschritt der Sozialdemokratie in Bildungsfragen. Die Sozialdemokratie hat damit ihre ursprünglich von mir sehr geschätzten bildungspolitischen Zielsetzungen ganz klar aus den Augen verloren! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

20.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Antoni. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.10

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Nun hat sich dieses Rednerpult ein zweites Mal am heutigen Tag als Wahlkampfbühne dargeboten, diesmal für die Liberalen – soll sein. (Abg. Schaffenrath: Für die Grünen auch!) Ich habe nicht erwartet, daß hier ... (Abg. Öllinger: Jetzt kannst du!) Nein, ich werde Ihnen sagen, worum es uns wirklich gegangen ist. Ich habe nicht erwartet, daß hier seitens der Opposition Positives erkannt wird. (Zwischenruf des Abg. Gaugg.)

Aber ich erinnere mich noch sehr gut an die Diskussion, als wir die Integration eingeführt haben. Auch damals hat es geheißen: Unter diesen Rahmenbedingungen geht das alles sowieso daneben. Warten wir ein paar Jahre ab, dann werden wir schon sehen!, haben Sie gesagt. Heute können wir feststellen, daß 47 Prozent der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf integriert sind. Zwar sind noch immer mehr als 50 Prozent in den ASO-Klassen, aber damals haben wir auch gesagt, Frau Kollegin: Das ist ein Prozeß, und er wird sich entwickeln. Wir sind hier, glaube ich, sehr gut unterwegs. Ähnlich war es bei der Autonomie und bei anderen Dingen.

Ich stehe zu dem, was ich in der Presseaussendung formuliert habe: Dieser Schritt ist für die Sozialdemokratinnen und -demokraten ein ganz besonders wichtiger Schritt und eine der wichtigen Weichenstellungen der letzten Jahrzehnte. Es sind nicht erst 25 Jahre vergangen, seit wir in einem Parteiprogramm das erste Mal davon gesprochen haben, sondern das ist schon mehr als 70 Jahre her. Es war nämlich das Linzer Parteiprogramm von 1926, in dem die SPÖ gesagt hat: Wir fordern eine gemeinsame vollakademische Ausbildung für alle Lehrerinnen und Lehrer.

Ich gebe Ihnen recht, Frau Kollegin Schaffenrath: Dieses Gesetz bringt noch nicht die Hochschule für pädagogische Berufe. Es leitet aber einen Entwicklungsprozeß ein, den ihr nicht verstehen wollt. Dieser Entwicklungsprozeß stellt sicher, daß für die österreichischen Pflichtschullehrer in den nächsten acht Jahren eine vollakademische Ausbildung auf universitärem Niveau eingeführt wird. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Warum nicht gleich an der Universität?) Die Pädagogischen Akademien werden zu Hochschulen für pädagogische Berufe weiterentwickelt, und das Ausbildungsniveau wird auf internationalen Standard angehoben.

Ich würde mir gerne anschauen, was geschähe, wenn wir sagen würden: Ab Herbst 1999 sind alle Pädagogischen Akademien Hochschulen. Wißt ihr überhaupt, was es bedeuten würde, das von heute auf morgen einzuführen? Hunderte Lehrerinnen und Lehrer, die an den Pädagogischen Akademien arbeiten, sollen sich vielleicht über den Sommer habilitieren? (Zwischenruf der Abg. Mag. Kammerlander.Die Tausenden Studierenden, die in den Schulen sind, wären plötzlich in einer völlig anderen Studiensituation. Das wäre fahrlässig, Frau Kollegin! (Abg. Dr. Brinek: Darüber machen sie sich keine Gedanken!) – Überhaupt nicht, nein!

Einige kurze Bemerkungen zur Vorgeschichte und zur Entwicklung: Es ist bekannt, daß vor etwa einem Jahr ein Akademien-Studiengesetz vorgelegt wurde, das aus unserer Sicht nicht brauchbar war. Wir waren der Auffassung, daß der Entwurf nicht die erforderlichen bildungspolitischen Perspektiven enthielt, daß er die internationale Entwicklung nicht im erforderlichen Maße beachtete, und es war zu befürchten, daß der gegenwärtige Zustand einzementiert würde. Es war kaum Hoffnung für eine Weiterentwicklung gegeben.

Die SPÖ hat daraufhin unter Mitwirkung zahlreicher Experten einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt – er wurde zitiert –: "Die Hochschule für Bildungsberufe". Es kam in der Folge zu schwierigen Diskussionen und auch zu Auseinandersetzungen.

Heute kann gesagt werden, daß es erfreulicherweise gelungen ist, trotz der schwierigen Verhandlungen einen zukunftsorientierten und richtungweisenden Entwurf auf den Tisch zu bringen. Ich stehe nicht an, von dieser Stelle aus allen Kolleginnen und Kollegen aus dem Unterrichtsressort, aber auch aus dem Wissenschaftsressort für die Arbeit zu danken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Laßt mich schon zum Schluß kommen, aber doch noch einige der wesentlichsten Punkte ansprechen. Innerhalb von acht Jahren werden hochschulische Einrichtungen für die Ausbildung der Pflichtschullehrer und andere pädagogische Berufe geschaffen. Die organisations- und studienrechtlichen Regelungen müssen den Standards an den Hochschulen und Universitäten entsprechen. Die Studienabschlüsse werden daher akademische Grade beinhalten und international anerkannt werden. Das Zusammenwirken – und das haben Sie offenbar überhaupt nicht wahrgenommen – von Lehre und Forschung ist sicherzustellen, wodurch Kooperationsmöglichkeiten zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen gewährleistet sind. Dadurch wird auch sichergestellt, daß gleichwertige Anrechnungen von Studien an den Universitäten und an den Akademien möglich werden.

Die Vertretung der Studierenden ist aus dem Gesetz für die Pädagogischen Akademien überhaupt herausgenommen und ins ÖH-Gesetz übertragen worden. Auch das wird die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Institutionen erleichtern und verbessern.

Das wichtigste Instrument dieses Überleitungsgesetzes – es ist schon mehrfach angesprochen worden – ist die im § 2 genannte Planungs- und Evaluierungskommission, die innerhalb der vorgesehenen Frist die Weiterentwicklung konkret planen, koordinieren und auch evaluieren wird.

Jährlich wird dem Parlament von der Frau Unterrichtsministerin ein Fortschrittsbericht vorgelegt werden. Der Unterrichtsausschuß hat damit ebenfalls die Möglichkeit, die Weiterentwicklung der Pädagogischen Akademien zu begleiten, zu diskutieren und sicherzustellen, daß die erforderlichen Schritte eingehalten werden. Parallel dazu wird es Schul- und Studienversuche geben, die diesen Prozeß der Weiterentwicklung ebenfalls unterstützen sollen.

Ich bin mir ganz sicher, daß wir im Jahre 2007 Hochschulen für pädagogische Berufe haben werden.

Noch einmal: Wir haben für dieses umfassende und große Reformvorhaben acht Jahre Zeit. Das ist keine allzu lange Zeit für dieses Vorhaben. Denn – und jetzt darf ich auf Kollegen Schweitzer zurückkommen – wir haben es auch übernommen, im Zuge der Weiterentwicklung der Pädagogischen Akademien zu Hochschulen eine Strukturbereinigung im postsekundären Bereich anzugehen. Für Hunderte Lehrer und Tausende Studenten wird sich sehr viel ändern. Da müssen Sensibilität und Verantwortungsbewußtsein im Vordergrund stehen, damit alle mitgenommen werden. Jeder, der sich im universitären Bereich auskennt, weiß, daß sich die notwendigen Habilitationen, Weiter- und Höherqualifizierungen nicht in zwei oder drei Sommermonaten bewältigen lassen, sondern daß dies mehrere Jahre dauern wird.

Auch die Erarbeitung eines neuen Dienst- und Besoldungsrechts ist Bestandteil dieses Gesetzes. Das wird ebenfalls Zeit, sehr viel Zeit brauchen. Ich bin der Auffassung, daß die acht Jahre, die im Gesetz stehen, gut gewählte acht Jahre sind. Wir werden sie ganz dringend brauchen.

Meine Damen und Herren! Es geht nicht so sehr darum, daß die internationale Anerkennung und vollakademische Grade in den Vordergrund gespielt werden. Unser aller Anliegen muß es doch sein, die bestqualifizierten Lehrer für unsere Schüler in diesem Staat zu haben! – Daran gilt es zu arbeiten! (Beifall bei der SPÖ.)

20.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.19

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann immer wieder einiges dazulernen. So bin ich jetzt zum Beispiel um die Erfahrung reicher, daß es sich hier um ein Transformationsgesetz handelt. Im Ausschuß war das Gesetz noch ein Gesetz – und Herr Abgeordneter Antoni ist noch immer dieser Meinung –, das eine Evolution einleiten wird. Das hat die Frau Bundesministerin gesagt, und das hat ebenso Kollege Antoni mit einem anderen Wort, nämlich mit "Entwicklung", gesagt.

Zwischen Evolution und Transformation besteht ein Unterschied. Die Transformation beinhaltet nämlich immerhin noch die Vorstellung, daß auch vorher eine Entwicklung stattgefunden haben könnte. Das war Ihre Meinung. Jetzt aber beginnt die Evolution, das Gesetz wird eine Evolution einleiten – das trifft den Sachverhalt eigentlich besser. Denn das heißt nichts anderes – und das haben die Frau Bundesministerin und Herr Kollege Antoni betont –, als daß bis jetzt Stillstand war. Das stimmt auch eher, es war Stillstand!

Diese Bewegung, die jetzt eingeleitet wird, wobei wir noch nicht wissen, wohin sich das Ganze transformiert, in welche Richtung, mit welcher Perspektive ... (Abg. Dr. Brinek: O ja, wissen wir ganz genau! – Abg. Mag. Schweitzer: Das Ergebnis einer Transformation ist ja nicht vorauszusagen!) Frau Kollegin Brinek! Diese Entwicklung oder Transformation – wie auch immer Sie das nennen wollen (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Cyberspace!) – kommt nicht deshalb zustande, weil es so ist, wie Sie behauptet haben, nämlich daß das eine Reform "von unten" ist – so haben Sie es noch im Ausschuß darzustellen versucht –, sondern sie kommt deshalb zustande, weil die Diplomanerkennungsrichtlinie uns bestimmte Anforderungen aufträgt, damit die ausgebildeten Lehrer internationale Anerkennung erfahren könnten. Noch immer wissen wir nicht – und ich glaube, es ist nach wie vor nicht ganz "gegessen" –, ob diese Anerkennung tatsächlich in dem Ausmaß stattfinden wird, in dem wir sie den an den hochschulartigen Einrichtungen Ausgebildeten in Zukunft wünschen würden.

Denn eines ist klar, das gebe ich zu: Die Pädagogischen Akademien erbringen im pädagogischen Bereich sehr gute Leistungen. Damit bin ich bei der Erweiterung der Frage von Kollegin Schaffenrath. Sie hat gesagt, sie möchte wissen, warum ein Hauptschullehrer, der denselben Lehrplan wie an einem Gymnasium hat, anders ausgebildet und anders bezahlt wird. (Abg. Dr. Brinek: Da gibt es ein anderes Bildungsziel!) In der Unterstufe gibt es noch kein anderes Ziel. Er wird anders ausgebildet und anders bezahlt.

Ich möchte gerne wissen – und erweitere damit die Frage –, warum ein Lehrer oder eine Lehrerin an einer Pädagogischen Akademie oder hochschulartigen Einrichtung schwerpunktmäßig pädagogisch ausgebildet wird, wogegen ein Lehrer oder eine Lehrerin an einer Hochschule kaum pädagogisch ausgebildet wird. (Abg. Dr. Brinek: O ja! Lesen Sie im Universitäts-Studiengesetz!) "Kaum"! Ich habe nicht "nicht", sondern "kaum" gesagt; mit Schwerpunkt auf der wissenschaftlichen Ausbildung.

Ich möchte wissen, wie es nach diesen acht Jahren sein wird. Kollege Niederwieser hat meiner Ansicht nach völlig zu Recht auf einen Einwand hin, der auch von den Oppositionsparteien vorgebracht worden ist, im Ausschuß gesagt: Na gut, es kann sein, daß bestimmte Beharrungstendenzen wirksam werden, sodaß wir jetzt noch nicht sagen können, ob sich innerhalb dieser acht Jahre die Strukturen, die sich da irgendwie transformieren, wieder verfestigen oder ob die Reise doch woandershin geht.

Ich möchte wirklich wissen, wohin die Reise gehen soll, nicht nur für die Studierenden, sondern auch für die Lehrenden an diesen Akademien. (Abg. Mag. Schweitzer: Für die Beteiligten!) Welche Ausbildung haben denn sie? Welche Lehrbefähigung erhalten sie an den Pädagogischen Akademien, Frau Bundesministerin? Können sie sich an diesen Akademien oder hochschulartigen Einrichtungen auch habilitieren? Oder wo findet die Habilitierung dieser Lehrenden statt? (Abg. Dr. Brinek: An der Universität!) Offensichtlich nach wie vor an den Hochschulen!

Damit bin ich bei einem abschließenden Punkt. Was Sie hier festhalten, ist die dem sekundären Bildungsbereich nachgebildete äußere Differenzierung um den Preis wesentlich höherer Kosten. Daß nach wie vor die schwerpunktmäßige pädagogische Ausbildung von der schwerpunktmäßigen wissenschaftlichen Ausbildung getrennt bleibt, daß nach wie vor die Synergien, die dadurch möglich wären, daß eine gemeinsame Ausbildung an einer gemeinsamen Hochschule stattfindet, nicht genutzt werden und daß dadurch auch nicht Kosten gespart werden, steht fest! (Abg. Dr. Brinek: Das muß überhaupt nicht so sein!)

Meine Damen und Herren! Das reicht bis hin zu dem Punkt, daß für die Hochschüler an den Pädagogischen Akademien oder hochschulartigen Einrichtungen nach wie vor das Bundesministerium für Unterricht und Kunst zuständig ist, wogegen für die Studierenden an den Universitäten nach wie vor das Wissenschaftsministerium zuständig ist. Was Sie hier festschreiben, ist der Proporz auf der Ebene der Ausbildung von zukünftig Lehrenden. Das ist schade, und das ist leider keine Verbesserung, sondern eine Verfestigung dessen, was wir in Österreich über Jahrzehnte hinweg schon gekannt haben, nämlich des Proporzes im Bildungsbereich. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer.) Hier wird er noch dazu in eine Struktur gegossen, wobei auf der einen Seite die SPÖ sagt: Wir wollten das eigentlich gern, aber wir konnten uns nicht durchsetzen! und selbstverständlich auch die ÖVP etwas vorzeigen muß. Hier ist es in einer gemeinsamen, kaum – nur auf der Ebene der Studierenden – verzahnten Struktur auch noch festgeschrieben.

Ich halte fest: Diese Entwicklung ist bedauerlich! Sie ist leider kein Fortschritt in die Richtung, die wir uns vorgestellt hätten, die wir uns gewünscht hätten und die nicht nur die Entlohnung der Ausgebildeten, sondern auch die Ausbildungsinhalte selbst betrifft. Das ist eine wirklich versäumte Chance! Wenn Sie mit den Reformen in dem Tempo weitermachen, in dem Sie sie in den letzten 50 Jahren gemacht haben, dann sind wir auch noch in 50 Jahren nicht so weit, daß wir tatsächlich einen entscheidenden Schritt, der uns in diesem Bereich europareif macht, vorwärtskommen würden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Das geschieht hiermit!)

20.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Horngacher. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.26

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Das neue Akademien-Studiengesetz, welches heute zur Beschlußfassung vorliegt, ist ein erster Schritt in Richtung Hochschule für pädagogische Berufe und ist auch als solcher zu sehen. Vom Jahre 2007 an sollen Pflichtschullehrer an diesen Hochschulen ausgebildet werden. An diesen Hochschulen sollen auch Angebote für die Ausbildung zum Lehrer in der Erwachsenenbildung und in anderen pädagogischen Aufgabenbereichen eingerichtet werden. Damit soll gewährleistet sein, daß den Absolventen auch innerhalb der Europäischen Union eine Anstellung erleichtert wird, da die Diplome international anerkannt werden.

Frau Schaffenrath hat einerseits gesagt, daß sie nicht weiß, ob diese Diplome Anerkennung finden werden, andererseits hat sie gesagt, daß das Gesetz nur dazu gemacht wird, damit diese Diplome in der Europäischen Union Anerkennung finden. Das war ein Widerspruch in sich selbst.

Außerdem wird den Akademien mehr Autonomie übertragen. Dieser Ausbau der Eigenständigkeit ermöglicht den Akademien mehr Einfluß auf die Studiengestaltung, und das ist sicherlich sehr wichtig. Die Studienpläne sind von der Studienkommission an der jeweiligen Akademie zu beschließen, wobei die pädagogisch-inhaltliche Gestaltung grundsätzlich autonom erfolgen kann. Frau Bundesminister Gehrer ist damit eine Reform gelungen, die für viele andere Bereiche beispielgebend sein könnte. (Abg. Mag. Schweitzer: Für welche? Nennen Sie mir einen Bereich! Für welchen?) – Ich habe nur 4 Minuten Redezeit. (Abg. Mag. Schweitzer: Für welchen? Nennen Sie einen Bereich!)

Weiters erhalten die Akademien eigene Studentenvertreter, die an die Österreichische Hochschülerschaft angebunden werden. Auch das ist ein Fortschritt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Dipl.-Ing. Schöggl.)

An dieser Stelle möchte ich einen Appell an alle Studenten richten: Nehmen Sie an den ÖH-Wahlen teil! Machen Sie von Ihrem demokratischen Stimmrecht Gebrauch, und überlassen Sie nicht den Nichtwählern die Mehrheiten!

Die Studien an den Akademien dienen einerseits einer wissenschaftlicheren, andererseits einer praxisorientierten Berufsausbildung, die ich ebenfalls für sehr wichtig halte. Durch diese Regierungsvorlage ist weiters gewährleistet, daß die Forschungstätigkeit der Akademien verstärkt wird. Eine intensive Zusammenarbeit der Akademien soll diese Forschungsmöglichkeiten erleichtern. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer zahlt das?) Forschung, Praxis und die Nähe zur Praxis sind untrennbar miteinander verbunden. (Abg. Mag. Schweitzer: Was kostet das?) – Das werden Sie dann schon sehen.

Die Absolventinnen und Absolventen dieser Akademien übernehmen in der Gesellschaft eine bedeutende Aufgabe. (Abg. Mag. Schweitzer: Woher soll das Geld kommen?) Sie sollen in ihrem künftigen Beruf nicht nur Wissen vermitteln, sie liefern auch einen wichtigen Beitrag zu einer stärkeren Wertefindung von Schülern.

Herr Schweitzer! Lehrer haben neben dem Elternhaus eine große Vorbildwirkung auf junge Menschen. Junge Menschen lehnen heute Amtsautoritäten ab, aber sie erkennen Persönlichkeiten sehr wohl an, Persönlichkeiten, die sie schätzen. Daher ist der Lehrerausbildung ein ganz besonderer Stellenwert einzuräumen.

Hohes Haus! Dieses Reformpaket ist ein Fortschritt einer vernünftigen Bildungspolitik, für die die Österreichische Volkspartei und damit die Frau Minister verantwortlich zeichnet – sie entscheidet über die Chancen der Jugend auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft. Es geht uns um die Stärkung der Schulautonomie, um das nachhaltige Bekenntnis zum differenzierten Schulsystem und auch um das nachhaltige Bekenntnis zur Schwerpunktpolitik. Diesen Intentionen wird mit diesem Gesetz Rechnung getragen. Ich ersuche daher um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

20.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Gleichfalls 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.30

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Kollege Leikam hat schon recht: Es ist dies ein zukunftsorientiertes Gesetz, und zwar aus dem Grund, weil sowieso erst im Jahr 2007 etwas geschehen wird, und das ist nun einmal in fernerer Zukunft. Sonst, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es kein großer Wurf. Ganz im Gegenteil: Es ist meiner Meinung nach ein furchtbar schlechtes Gesetz, weil es mehr Fragen aufwirft und mehr Probleme schafft, als es zu lösen imstande ist. Von Husch-Pfusch kann man zwar nicht reden, weil sehr lange darüber diskutiert wurde, aber es ist bedauerlich wenig herausgekommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz ist bestenfalls der Entwurf für ein Programm, das Sie bis 2007 oder 2008 umsetzen wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie beschließen nämlich heute, daß Sie im Jahre 2007 ein echtes Gesetz beschließen werden. Und das ist aus freiheitlicher Sicht zuwenig. Die Begriffe sind unklar. Was ist zum Beispiel eine "hochschulische Einrichtung"? Ich komme noch einmal auf diesen Begriff zu sprechen. Es müßte wohl "hochschulähnlich" heißen. Erst vor kurzem haben wir – Sie alle werden sich noch erinnern – im Wissenschaftsbereich die Hochschulen, zuletzt die Hochschulen für Kunst, zu Universitäten gemacht. Das heißt, wir werden wahrscheinlich irgendwann einmal die "hochschulischen Einrichtungen" zu "pädagogischen Universitäten" machen. Diese Entwicklung leiten Sie damit ein.

Außerdem schreiben Sie über das Hochschulniveau in pädagogischen und sozialen Berufsfeldern. – Ist das eine Vorwegnahme der Sozialakademien beziehungsweise Sozialhochschulen, die Sie vielleicht später gründen werden? Und was ist mit den Lehrern an diesen hochschulischen Einrichtungen? Sind das dann Hochschullehrer? – Sind diese Akademielehrer dann Professoren an "hochschulischen Einrichtungen"? Da wird sich niemand so richtig auskennen! Über die A-Wertigkeit und die Besoldungsfragen wurde hier schon gesprochen.

Es gibt eine Fülle offener Fragen im Detail: Für wie viele Semester ist zum Beispiel die Befreiung von Studierenden möglich? Oder das Thema der Nostrifikation: Wir haben das letzte Mal beschlossen, daß die Nostrifikation im Hochschulbereich beziehungsweise im universitären Bereich das Ministerium vornimmt. In diesem Fall ist der Direktor einer hochschulischen Einrichtung dafür zuständig. Auch die Zusammensetzung der Studienkommission ist völlig offen.

Über die personellen und finanziellen Ressourcen, auf die Bedacht zu nehmen ist, wurde schon gesprochen. Mir kommt das irgendwie bekannt vor, und zwar aus dem Bereich der Landesverteidigung. Dort geht man auch so vor: Zuerst schaut man, was man hat, und dann paßt man das Bedrohungsbild und die Lage den verfügbaren Ressourcen an. Das ist uns nur allzu bekannt! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Definition der Pflichten der Studierenden hat Frau Schaffenrath schon besprochen.

Wir werden später noch über den Bericht des Fachhochschulrates sprechen. Der Präsident des Fachhochschulrates, Professor Schelling – kein typischer Freiheitlicher, sondern ein ÖVP-Mann –, fordert klare Strukturen im Bildungsbereich, er fordert ein durchgängiges Bildungssystem. Das erreichen wir so aber nicht, sondern wir entfernen uns davon.

Was soll wirklich erreicht werden? "Cui bono?" lautet die Frage. – Dieses Gesetz kann nur dazu dienen, daß ein Punkt in der Koalitionsvereinbarung abgehakt werden kann. Es dient möglicherweise auch dazu, eine zweifelhafte Erhöhung der Akademikerquote zu erreichen. Jedenfalls dient es aber dazu, die Kompetenzen zwischen Rot und Schwarz für die nächsten Legislaturperioden zu regeln: Fachhochschulen im roten Bereich, Akademien im schwarzen Bereich. – Irgendwann wird auch etwas in den blauen Bereich kommen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir fordern – und wir haben es auch im Ausschuß schon gefordert – die Einsetzung eines Unterausschusses, eine Enquete zur Klärung der offenen Fragen und die Diskussion auf breitester Basis darüber, wie die Lehrerausbildung der Zukunft ausschauen soll. Das sind wir nämlich den Kindern, den Lehrern, der Institution Schule und schließlich unserer Heimat schuldig, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Darauf, daß Sie auf Umwegen auch noch gleich – gleichsam in einem Aufwaschen – die Studentenvertretung regeln, wird unser Kollege Graf noch eingehen. Sie werden über die Köpfe der Studentenvertreter einer Zwangskammer – kann man fast sagen – zugeordnet, was die Studenten an den fachhochschulischen Einrichtungen – nämlich an den echten Fachhochschulen – überhaupt nicht wollen. – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fuchs. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

20.34

Abgeordnete Brunhilde Fuchs (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die bisher zweigleisige Lehrerausbildung – nämlich einerseits die Ausbildung der Pflichtschullehrer und -lehrerinnen an der PÄDAK, andererseits die Ausbildung der AHS-Lehrer und -Lehrerinnen an der Uni – entspricht nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Darüber war man sich heute – wie ich meine – einig. Daher ist eine gleichwertige Ausbildung aller Lehrerinnen und Lehrer auf Hochschulniveau eine Notwendigkeit.

Die Vorteile liegen deutlich auf der Hand: Erstens besteht dann die vollakademische Ausbildung aller Lehrer, zweitens haben sie Zugang zu einem Doktoratsstudium; diese Möglichkeit ist damit auch gegeben; und drittens und besonders wichtig ... (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Die A-Wertigkeit! – Abg. Mag. Schweitzer: Ist das dann A-wertig?) Natürlich! (Abg. Mag. Schweitzer: Auch von der Bezahlung her?) Das wird die Folge sein müssen, ganz sicher. (Abg. Mag. Schweitzer: Wer finanziert das?) Sie werden sich hoffentlich keine Sorgen darüber zu machen haben! Das wird nicht das größte Problem sein! Ich denke, das ist nicht die Frage! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn es um Ausbildung geht, kann die Frage der Finanzierungsmöglichkeit für uns Sozialdemokraten kein Argument sein! Für uns kann das kein Argument gegen eine bessere Ausbildung für unsere Schüler und Schülerinnen, für unsere Kinder, für die nächste Generation sein! Das möchte ich ganz deutlich sagen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Edlinger und sein "Esel, streck dich!" werden es schon zahlen!)

Wir müssen zugeben, daß Österreich im Hinblick auf eine Angleichung an europäische Verhältnisse noch einiges zulegen muß. Das ist ein Faktum, und daher ist es mehr als notwendig, daß wir in Zukunft in allen bildungspolitischen parlamentarischen Diskussionen auch über die eigenen Grenzen hinausschauen. Dort finden sich nämlich Entwicklungen, die auch in unsere Diskussionen beispielgebend mit einbezogen werden müssen; diese sind auch finanzierbar, und daher meine ich, daß das auch bei uns möglich sein wird.

Eines dieser Beispiele darf ich hier ansprechen, nämlich einen Hochschul-Studienlehrgang zur Ausbildung von KindergärtnerInnen und GrundschullehrerInnen an der Freien Universität Bozen in Südtirol. Mit diesem Beispiel wird uns vorgeführt, daß Ausbildungsbereiche, die bei uns außerhalb der Hochschule angesiedelt sind, auf Hochschulebene sehr wohl sinnvoll integrierbar sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Studiendauer beträgt dort vier Jahre, wobei im ersten Studienabschnitt allgemeine Inhalte der beiden Studienrichtungen vermittelt werden und im zweiten die Spezialisierung im jeweiligen Berufsbild erfolgt.

Meine Damen und Herren! Ich könnte noch einige Beispiele anführen. Ich möchte in Anbetracht meiner knappen Redezeit aber nur noch einmal ganz deutlich sagen, worum es uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten geht: Uns geht es um die Menschen in diesem Land, um ihre Chancen und die Entwicklung ihrer Potentiale. Daher ist die in den Zielbestimmungen verankerte Weiterentwicklungsauflage von großer Bedeutung. Nur mit der Etablierung einer Hochschule für pädagogische Berufe werden wir – hoffentlich bald – auch an die internationalen Standards herankommen, und wir werden ... (Abg. Mag. Schweitzer: Wo sind wir denn jetzt? Sind wir jetzt unter dem internationalen Niveau?) Ja, leider! Leider sind wir dort! Aber wir werden es schaffen, daß wir den zukünftigen Lehrerinnen und Lehrern und auch den Kleinkindpädagogen eine optimale Ausbildung anbieten können! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.38

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Der selbsternannte Bildungsexperte Dr. Niederwieser hat uns im Ausschuß erzählt, daß dieses Akademien-Studiengesetz ein großartiger Beweis dafür ist, wie funktionstüchtig die Koalition am Ende der Gesetzgebungsperiode ist. Er wollte die Skepsis unsererseits wegwischen, indem er gemeint hat, daß wir eigentlich nur neidisch sind, daß diese Arbeit jetzt noch abgeschlossen wurde.

Die Bezeichnung "selbsternannter Bildungsexperte" ist keine Respektlosigkeit meiner Person gegenüber dem durchaus kooperativen Kollegen. Vielmehr kann ich eine Presseaussendung von Professor Wingert, dem Vizepräsidenten des Landesschulrates für Oberösterreich, zitieren, der da schreibt: "Unverständnis, Unmut und Entrüstung über das Akademien-Studiengesetz der ÖVP. ... Frau Bundesminister Gehrer behauptet, daß der Gesetzentwurf von einer ‚Arbeitsgruppe von Experten der ÖVP und SP֑ erarbeitet wurde. Als Kenner der Materie darf ich festhalten, das können höchstens ‚selbsternannte‘ Experten der SPÖ gewesen sein, keinesfalls ‚beauftragte‘."(Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Niederwieser: Von wem ist das?) Ich zitiere Ihren Parteikollegen, Herrn Professor Wingert aus Oberösterreich. (Abg. Dr. Stippel: Wann war das, und auf welchen Entwurf bezog sich das?) Diese Presseaussendung stelle ich Ihnen selbstverständlich zur Verfügung, damit Sie deren Authentizität feststellen können!

Frau Bundesminister! Man kann Ihnen zugute halten, daß Sie die Hochschule für Bildungsberufe abgewehrt haben. Diese ist das erklärte Ziel der Sozialisten. Sie haben in Kauf genommen, daß die Alternative dafür, die hier heute vorliegt, eine Absichtserklärung auf die nächsten acht Jahre ist, in der durchaus Aspekte enthalten sind, die für die PÄDAKs eine Chance bieten, welchen Sie mit eigenen Worten im Ausschuß alle Reformfähigkeit abgesprochen haben. Im Ausschuß haben Sie sinngemäß etwa gemeint, daß die PÄDAKs mit ihrer Entwicklung am Ende sind. Ich könnte zur Entstehung der PÄDAKs im Jahr 1969 Herrn Abgeordneten Scrinzi von der FPÖ zitieren, der damals schon die Begrenztheit und Endlichkeit dieser PÄDAKs prognostiziert hat.

Frau Bundesminister! Das größte Problem sehe ich darin, daß die Lehrer heute und innerhalb der nächsten acht Jahre auch durch das Auslaufen der Pädagogischen Institute in ihrer Fort- und Weiterbildung behindert sind. Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Schweitzer, Mag. Dr. Grollitsch, Madl, Dr. Preisinger, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen betreffend Auflösung der Pädagogischen Institute

... Die bisher in der begleitenden Lehrerfort- und -weiterbildung tätigen Pädagogischen Institute kommen den ... Anforderungen nach Förderung von Lehrpersonen mit abgeschlossener Erstausbildung nur unzulässig nach. Die Lastigkeit im Weiterbildungsangebot zugunsten allgemeiner Informations- und Freizeitveranstaltungen kommt den ständig steigenden Anforderungen an die Lehrerschaft nicht entgegen und entspricht wohl nicht den im Schulorganisationsgesetz definierten Aufgaben der Pädagogischen Institute. ...

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Frau Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird ersucht, entsprechende Maßnahmen für eine Reform der begleitenden Lehrerfort- und -weiterbildung dahin gehend einzuleiten, daß vor dem Hintergrund einer Auflösung der Pädagogischen Institute

die begleitende Lehrerfort- und -weiterbildung durch die vorhandenen und künftig geplanten Ausbildungseinrichtungen für pädagogische Berufe übernommen wird,

private Anbieter im Zuge der im Rahmen der Schulautonomie zur Verfügung stehenden Budgetmittel in die begleitende Lehrerfort- und -weiterbildung mit einbezogen werden und

die Inhalte der Lehrerfort- und -weiterbildung auf die Schulentwicklung abgestimmt werden."

*****

Damit könnte man einen Beitrag zur Lehrerfort- und -weiterbildung leisten. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Super!)

20.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Abgeordneter Dr. Grollitsch soeben verlesen hat, ist ausreichend unterstützt; er wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich erteile nunmehr Herrn Abgeordneten Dr. Stippel mit einer gewünschten Redezeit von 3 Minuten das Wort. – Bitte.

20.43

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses! Zu diesem Entschließungsantrag, den ich vor zehn Sekunden in die Hand bekommen habe, mache ich nur eine Anmerkung: Es wäre Unfug, die Pädagogischen Institute aufzulösen. Die PIs haben sich natürlich auch weiterzuentwickeln, so wie wir das bei der Lehrerfortbildung vorsehen.

Zu der achtjährigen Entwicklungsphase haben fast alle Redner schon Stellung genommen. Ich möchte noch einmal klipp und klar festhalten: Es gibt zwei Möglichkeiten, zu einem Gesetz zu kommen. Man kann ein Gesetz nach kurzer oder langer Diskussion beschließen und dann beobachten, wie sich dieses Gesetz in der Realität bewährt. Diesfalls erleben wir es immer wieder, daß das betreffende Gesetz schon nach relativ kurzer Zeit novelliert werden muß. Oder man geht den Weg, den wir jetzt zu gehen versuchen: Wir legen uns eine zeitliche Latte – sprich: acht Jahre – und mit einer ganz konkreten Zielsetzung einer gemeinsamen Lehrerausbildung in künftigen Hochschulen für pädagogische Berufe. Ich halte diesen Weg für durchaus legitim. Ich halte diesen Weg auch deswegen für einen zumindest nicht schlechten Weg, weil dieses Haus (Zwischenruf des Abg. Öllinger), Herr Kollege Öllinger, der Nationalrat, in die Entwicklung mit eingebunden ist. Die Planungs- und Evaluierungskommission hat auch die Aufgabe, dem Hohen Hause jährlich einen Fortschrittsbericht zu legen, aufgrund dessen das Hohe Haus immer wieder korrigierend eingreifen kann.

Ich persönlich begrüße diese Vorgangsweise. Und wenn Kollegin Schaffenrath in ihrem Redebeitrag gemeint hat, daß die Sozialdemokratie sich von ihren bildungspolitischen Grundsätzen verabschiedet habe, dann sieht sie das von ihrer Warte aus. Kollege Antoni hat bereits auf die entsprechenden Passagen im Linzer Parteiprogramm von 1926 hingewiesen. Sie wissen selbst, wie diffizil die bildungspolitischen Fragen sind. Aufgrund der Notwendigkeit einer Zweidrittelmehrheit sind hier im Haus die Schritte mitunter eben nicht so rasch zu setzen, wie wir von der Sozialdemokratie uns das gerne gewünscht hätten. Ich sehe aber einen sehr schönen, deutlichen Schritt nach vorn in diesem heute zu beschließenden Gesetz.

Kollegen Schweitzer möchte ich noch sagen – Kollegin Fuchs hat das auch schon angedeutet –: Bildungspolitische Maßnahmen, die dem Fortschritt dienen, können keine Kostenfrage sein. Wenn im Jahre 2007 höhere Kosten anfallen werden, dann wird man diese Kosten eben zu tragen haben. Für die Zukunft unserer Kinder und unserer Gesellschaft muß das wohl drinnen sein! (Beifall bei der SPÖ.)

20.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Martin Graf mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 3 Minuten. – Bitte.

20.46

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Ich möchte mich mit der Behandlung der Vorlage zur Änderung des Hochschülerschaftsgesetzes beschäftigen und bringe diesbezüglich auch einen Rückverweisungsantrag ein:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Mag. Schweitzer, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen betreffend Rückverweisung gemäß § 71 GOG-NR

"Der Nationalrat wolle gemäß § 71 GOG-NR beschließen, den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Hochschülerschaftsgesetz 1998 geändert wird, in der Fassung des Ausschußberichtes (1795 der Beilagen) zur weiteren Behandlung an den Unterrichtsausschuß zurückzuverweisen."

*****

Die Geschichte dieses Antrages ist etwas seltsam. Es gab im November 1998 einen Entschließungsantrag der Freiheitlichen zu diesem Thema, daß eine Interessenvertretung an den Fachhochschulen gesetzlich verankert werden soll. Dieser Antrag wurde von den Regierungsparteien abgelehnt. Allerdings sah unser Vorschlag damals die Nichtintegrierung in die Österreichische Hochschülerschaft vor. Gleichsam im gleichen Atemzug haben die Abgeordneten Lukesch und Niederwieser kurz danach einen Entschließungsantrag im Rahmen der Beschlußfassung des Hochschul-Studiengesetzes eingebracht, daß der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ersucht wird, eine entsprechende Gesetzesvorlage zu erarbeiten, um eine Interessenvertretung an den Fachhochschulen zu installieren.

Nunmehr wurde, und zwar bewußt, über Initiative der Koalitionsparteien am 27. April ein §-27-Antrag hineingemogelt, ohne Befassung der Gremien, ohne Begutachtung der Gremien und ohne vorherige Ankündigung bei den Oppositionsparteien. Dieser Antrag wurde an den Unterrichtsausschuß verwiesen, und nunmehr wird die Interessenvertretung an den Fachhochschulen im Rahmen der Österreichischen Hochschülerschaft geregelt.

Dazu ist zu sagen, daß es bereits eine Interessenvertretung auf freiwilliger Basis an den Fachhochschulen mit weit über tausend Mitgliedern gibt, wobei diese Zahl stetig steigt. Diese Interessenvertretung hat sich mit Pressemitteilung vom 2. Mai dezidiert dagegen ausgesprochen, in die ÖH "degradiert" – ich glaube, das ist wirklich der richtige Ausdruck – zu werden. Ebenso hat der Fachhochschulrat in seiner Vollversammlung am 14. und 15. Mai beschlossen, daß nicht gegen den Willen der tatsächlichen Interessenvertretung in Form des Vereins der Fachhochschulstudenten vorgegangen werden soll, um ein kompetenzloses Übergehen der Interessenvertretung der Studenten im Rahmen der ÖH zu bewirken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es wäre notwendig und wichtig – und es ist auch noch Zeit dafür –, daß wir diese Gesetzesmaterie rückverweisen, daß wir uns darüber unterhalten, was die Studenten wirklich wollen, und zwar auch im Hinblick auf die derzeit stattfindenden ÖH-Wahlen, zu welchen selbst der derzeitige Vorsitzende bereits in einer APA-Presseaussendung vom heutigen Tage mitteilt, daß die Wahlbeteiligung desaströs ist und mit heutigem Tag an manchen Universitäten lediglich 2,8 Prozent beträgt. Ich glaube, es wäre notwendig, das Ganze noch einmal zu überdenken, es sei denn, man möchte keine funktionierende Interessenvertretung an den Fachhochschulen installieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Rückverweisungsantrag, den Abgeordneter Dr. Graf vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und steht mit zur Behandlung.

Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung von Abgeordneten Dr. Niederwieser vor. Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort. 4 Minuten Redezeitbeschränkung.

20.50

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es ist hier sehr viel über dieses Gesetz und die Entstehung dieses Gesetzes spekuliert worden, wer dabei umgefallen und wer sich durchgesetzt habe. – Die Dinge liegen relativ einfach, und die Fragen waren vermutlich vielfach nur rhetorisch gemeint.

Es hat einen Entwurf des Unterrichtsministeriums für eine Novelle zum Akademien-Studiengesetz gegeben. Kollege Grollitsch! Ich halte Ihnen zugute, daß man Ihnen vielleicht unvollständige Unterlagen mitgegeben hat. Denn die Kritik des Vizepräsidenten Wingert hat sich ausschließlich auf diesen Entwurf des Unterrichtsministeriums bezogen und nicht auf das, was hier vorliegt. Das können Sie schwarz auf weiß haben. Zitieren Sie daher bitte nicht eine alte Stellungnahme, die etwas ganz anderes betroffen hat! Bitte, schauen Sie sich das an! Ich bin sicher, Sie werden das korrigieren!

Die SPÖ hat demgegenüber ein Bundesgesetz für Hochschulen für Bildungsberufe entwickelt, und wir haben nunmehr in der Koalition die Aufgabe gehabt, zu versuchen, das zu vereinen. Wir haben uns zwar im Tempo zurückgenommen, Frau Kollegin Schaffenrath, nicht aber in der Zielsetzung, und das Erfreuliche ist, daß das eine gemeinsame Zielsetzung geworden ist. Mich wundert es nicht, daß die Freiheitlichen noch in alten Denkstrukturen verhaftet sind. Ein bißchen wundere ich mich allerdings, daß das Liberale Forum und die Grünen nicht imstande sind, das mit zu vollziehen.

Es wurden zwei Reformschritte gesetzt: Auf der einen Seite werden die Akademien mit völlig neuen Strukturen ausgestattet, und zwar so, daß sie einwandfrei auch die internationale Anerkennung für die Absolventinnen und Absolventen erlangen. Daran brauchen Sie überhaupt keine Zweifel zu haben! Es ist dies die Verbindung von Forschung und Lehre. Es gibt eigenständige Studienpläne, und selbstverständlich gehört auch die Einbeziehung in die Hochschülerschaft dazu. Es handelt sich um neue Kollegialorgane und eine ausgebaute Autonomie für die Akademien.

Ein zweiter Schritt hat die Umwandlung in Hochschulen für pädagogische Berufe mit einer begleitenden Expertenkommission zum Ziel. In diese Kommission werden die besten Frauen und Männer aus der Praxis und aus der Wissenschaft zu berufen sein. Wir bekommen regelmäßig Berichte, und es gibt darüber hinaus auch noch Studienversuche, in denen diese Schritte selbstverständlich vorweggenommen werden können. Und es gibt nicht nur die Bestimmungen im Gesetz, sondern es gibt auch schon ein sehr konkretes Interesse von Pädagogischen Akademien, diese Studienversuche durchzuführen.

Etwas gestehe ich Ihnen von den Oppositionsparteien gerne zu, wenn Sie sagen, daß das noch keine Hochschulen sind: Die Mühen der Ebene liegen zweifellos noch vor uns. Es wird Schwierigkeiten geben, all das tatsächlich so umzusetzen, wie wir uns das vorstellen. Aber es wird eine ganz reizvolle Aufgabe für uns alle sein, Ihnen zu beweisen, daß dies in ausgezeichneter Weise im Interesse unserer Kinder gelingen wird! (Beifall bei der SPÖ.)

20.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Frau Bundesministerin Gehrer zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.54

Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Lehrerbildung in Österreich ist eine gute Ausbildung. Ich möchte deshalb zu dieser Diskussion zum Akademien-Studiengesetz drei Klarstellungen treffen.

Erstens: Wir dürfen stolz sein auf unsere Pädagogischen Akademien, auf die Ausbildung der Pflichtschullehrer und Pflichtschullehrerinnen. Es ist eine sehr gute Ausbildung. Sie ist in Europa anerkannt, und es wurden in den letzten Jahren zahlreiche neue Akzente gesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweite Klarstellung: Dieses Akademien-Studiengesetz gibt den Pädagogischen Akademien in einer konsequenten Weiterverfolgung des eingeschlagenen Weges mehr Autonomie, mehr Selbständigkeit und mehr Möglichkeiten, schnell auf Herausforderungen zu reagieren. Ich möchte auch ganz klar dazu feststellen, daß diese erweiterte Autonomie im Akademien-Studiengesetz keine Kosten verursacht. Wir haben das genau besprochen und durchdiskutiert.

Nun noch eine dritte Klarstellung: Dieses Akademien-Studiengesetz ist ein Gesetz, das ein klares Ziel vorgibt, das in acht Jahren zu erreichen ist. Wir wollen nicht ein einziges Mal eine Enquete machen und lieb darüber reden, was wir vielleicht machen wollen, sondern wir stellen ganz klar und deutlich fest: Uns ist die Lehrerausbildung so wichtig, daß sich die Pädagogischen Akademien zu Hochschulen für pädagogische Berufe weiterentwickeln sollen, und das wollen wir gemeinsam mit einer fixen Kommission erreichen. Wir machen also Management mit Planung und nicht Management by Chaos. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Mit diesem Akademien-Studiengesetz wird der konsequente Weg im Bildungsbereich, den diese Regierung eingeschlagen hat, fortgesetzt, und zwar mehr Eigenständigkeit für unsere Bildungseinrichtungen und Weiterentwicklungen zu ermöglichen. Damit legen wir die Grundlage für eine zukunftsorientierte Ausbildung unserer Jugendlichen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor.

Ein Schlußwort seitens des Berichterstatters wird nicht gewünscht. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt erfolgt.

Wir stimmen zunächst über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1794 der Beilagen ab.

Dazu haben die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Antoni und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Beim Akademien-Studiengesetz handelt es sich im Sinne des Artikels 14 Abs. 10 Bundes-Verfassungsgesetz um eine Materie, für die ein qualifiziertes Quorum vorgeschrieben ist, und zwar mindestens die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder und eine Zweidrittelzustimmung.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Es liegt nur ein Abänderungsantrag vor, und ich lasse daher sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Antoni und Genossen betreffend § 12 Abs. 2 sowie § 25 Abs. 1 abstimmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ich stelle ausdrücklich das Vorliegen des verfassungsmäßig vorgeschriebenen Zweidrittelquorums fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist auch in dritter Lesung bei Vorliegen der verfassungsmäßig vorgeschriebenen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Zum Gesetzentwurf betreffend eine Änderung des Hochschülerschaftsgesetzes 1998 in 1795 der Beilagen hat Abgeordneter Dr. Graf einen Rückverweisungsantrag gestellt.

Wir stimmen daher zunächst über diesen Rückverweisungsantrag ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, daß der Gesetzentwurf in 1795 der Beilagen an den Unterrichtsausschuß rückverwiesen wird, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Rückverweisungsantrag ist abgelehnt.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1795 der Beilagen.

Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich um Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf wurde mehrheitlich in zweiter Lesung angenommen.

Ich bitte um das Votum der dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung für diesen Entwurf ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1796 der Beilagen.

Der Entwurf betrifft ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird. Er kann gleichfalls im Sinne des Artikels 14 Abs. 10 Bundes-Verfassungsgesetz nur bei Vorliegen des Quorums der Hälfte der Mitglieder des Nationalrates und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Ich stelle zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jetzt jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist bei Vorliegen des erforderlichen Zweidrittelquorums mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen, abermals bei Vorliegen der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Genossen betreffend Auflösung der Pädagogischen Institute.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.

13. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1058/A der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl, Dr. Dieter Antoni und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird (1797 der Beilagen)

14. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1752 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (1798 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1753 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige geändert wird (1799 der Beilagen)

16. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1754 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichtsgesetzes geändert wird (1800 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Petition (PET-41) betreffend "Zukunft der Waldorfschulen in Österreich", überreicht vom Abgeordneten Mag. Dr. Josef Höchtl (1801 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 689/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend die Integration von Schulversuchen in das Regelschulwesen (1802 der Beilagen)

19. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 438/A (E) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend die Einführung eines Ethikunterrichts als Wahlpflichtfach (1803 der Beilagen)

20. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 600/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend den sukzessiven Ersatz des Ziffernnotensystems durch pädagogisch sinnvolle Systeme der Leistungsrückmeldung (1804 der Beilagen)

21. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 620/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz (BGBl. Nr. 472/1986) in der geltenden Fassung geändert wird (1805 der Beilagen)

22. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 621/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 (BGBl. Nr. 76/1985) in der geltenden Fassung geändert wird (1806 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 622/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz (BGBl. Nr. 242/1962) in der geltenden Fassung geändert wird (1807 der Beilagen)

24. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 712/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulzeitgesetz 1985 geändert wird (1808 der Beilagen)

25. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 732/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulpflichtgesetz 1985 (BGBl. Nr. 76/1985) in der geltenden Fassung geändert wird (1809 der Beilagen)

26. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Entschließungsantrag 794/A (E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend die Abschaffung der Schulsprengel für öffentliche Pflichtschulen (1810 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen nun zu den Punkten 13 bis 26 der Tagesordnung. Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich erteile als erstem Debattenredner Herrn Abgeordnetem Dr. Grollitsch das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.04

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Verehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wenn man die Fülle der nunmehr verlesenen Tagesordnungspunkte im Unterrichtsbereich sieht, könnte man den Eindruck gewinnen, daß man hier am Abend fleißig geworden ist, daß eine Art Endspurt das Ressort beflügelt. Bei genauerem Hinsehen bleibt allerdings neben der Antragseuphorie der Frau Lehrerin Schaffenrath lediglich eine Schulunterrichtsgesetznovelle samt Begleitmaßnahmen, die die Durchführung von Reife-, Diplom- beziehungsweise Abschlußprüfungen neu regelt.

Frau Bundesminister! Die Ablegung von Projektarbeiten als Diplom- und Abschlußarbeiten stellt in der Tat einen begrüßenswerten Reformschritt dar. Doch wie so oft liegt auch hier der Teufel im Detail. Da wird etwa nicht durch eine ausreichende mündliche Überprüfung der Kenntnisse von Inhalten von Projektarbeiten die Möglichkeit geschaffen, daß Trittbrettfahrer im Falle einer Gruppenarbeit aufgedeckt werden. Oder: Da sieht der Entwurf vor, daß nach § 36a "Zulassung zur Prüfung" auch jener Prüfungskandidat zur Ablegung der Hauptprüfung berechtigt ist, der die letzte lehrplanmäßige Schulstufe nicht erfolgreich abgeschlossen hat und in dieser Schulstufe in einem Pflichtgegenstand gar nicht oder mit "Nicht genügend" beurteilt wurde. Auch die Einschränkungen zu dieser Passage lassen vermuten, daß zum Taktieren förmlich eingeladen wird.

Aus diesem und anderen Gründen können wir Freiheitlichen dieser Vorlage letztlich doch nicht zustimmen, auch wenn wir, wie gesagt, die Einführung von Projektarbeiten sehr begrüßen und dem Thema positiv gegenüberstehen.

Lassen Sie mich noch ein paar Bemerkungen zu den anderen Materien machen. Zur Vorlage 1754 betreffend die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten et cetera: Frau Bundesminister, wir – und nicht nur wir – sind skeptisch und bezweifeln, daß mit den präliminierten 2,1 Millionen Schilling an Mehrkosten das Auslangen gefunden werden kann.

Darüber hinaus stellt sich in diesem Zusammenhang überhaupt die Frage, wie sich die Personalkostenentwicklung in Ihrem Ressort in der nächsten Zeit, etwa in den nächsten beiden Jahren, gestalten wird. Kollege Schweitzer hat darauf ja schon Bezug genommen. Sie werden in einer morgigen Zeitung – ich gratuliere zum Geburtstag – als "Stier-Geborene" bezeichnet. Ich verbinde mit "stier" aber auch andere Assoziationen, denn Sie haben ja Ihre Ankündigungen in bezug auf Mehrkosten oder Nichtmehrkosten schon im vergangenen Jahr wesentlich überschritten. Das gleiche ist für heuer zu erwarten, und auch Ihre zukünftigen Vorhaben sind nicht gerade billig.

Noch kurz zum Tagesordnungspunkt 17. Wir schätzen die Bemühungen von Herrn Kollegen Dr. Höchtl bezüglich der Waldorfschulen sehr, glauben aber, daß eine Ungleichbehandlung mit anderen Privatschulen vermieden werden muß und deshalb eine Novelle zum Privatschulgesetz, wie im Ausschuß angekündigt, notwendig ist.

Was die Anträge der Liberalen, die Gegenstand der Tagesordnungspunkte 18 bis 25 sind, betrifft, so können wir aus unterschiedlichen Gründen nicht mitgehen. Daß es den AntragstellerInnen mit ihren Vorschlägen auch nicht besonders ernst war, möge daraus ersehen werden, daß ein Antrag auf Begabtenförderungen im Ausschuß deshalb zurückgezogen wurde, weil wir Freiheitlichen Zustimmung signalisierten. Mit einer so unsachlichen und tendenziösen Ausgrenzung werden Sie auch in der Bildungspolitik nicht reüssieren, meine "HerrschaftInnen" von den Liberalen! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Höchtl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.08

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von den 14 Tagesordnungspunkten, die wir in dieser gemeinsamen Unterrichtsdebatte zu behandeln haben, möchte ich mich nur auf drei konzentrieren, und zwar zunächst einmal auf den Wert dessen, was wir im Ausschuß unter dem Titel "Zukunft der Waldorfschulen" behandelt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vor rund einem Jahr nach einigen Gesprächen und Diskussionen mit Vertretern der Waldorfschulen hier im Nationalrat eine Petition eingebracht, die die Zukunft der Waldorfschulen in Österreich absichern soll. Die Waldorfschulen in Österreich sind in meinen Augen und in den Augen der Österreichischen Volkspartei ein fester Bestandteil des heimischen Bildungswesens, der rund 2 600 Schüler und rund 1 000 Kindergartenkinder umfaßt. Wir glauben, daß es wertvolle Arbeit ist, die dort geleistet wird, und deshalb haben wir uns von vornherein dafür ausgesprochen, daß wir alles unternehmen müssen, um die Zukunft dieser Schulen wirklich sicherzustellen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Niederwieser.)

Wir haben im Laufe der vergangenen Jahre gerade unter der Ägide von Frau Bundesministerin Gehrer auch versucht, zahlreiche materielle Akzente zu setzen. Ich habe mir die betreffenden Zahlen herausgesucht. Während wir im Jahre 1990 rund 1,45 Millionen Schilling an Förderungen hatten, waren es im Jahre 1995 bereits 8 Millionen Schilling. Dieser Betrag wurde aber unter der Ägide von Bundesministerin Gehrer noch systematisch aufgestockt, nämlich im Jahre 1996 auf 14,5 Millionen Schilling, im Jahre 1998 auf 18 Millionen Schilling und im heurigen Jahr auf 19 Millionen Schilling. Und wenn wir die verschiedenen Dienstposten, die auch noch bezahlt werden, dazurechnen, dann kommen wir auf rund 23 Millionen Schilling.

Ich denke, allein diese kurze Aufzählung von einigen wenigen Daten zeigt, daß in den vergangenen Jahren bewußt versucht worden ist, dem Wert und der Bedeutung der Waldorfschulen gerecht zu werden. Ich finde, es gebührt zweifellos auch der Frau Bundesministerin ein Dank dafür, daß dieses Bestreben auch in einem solchen Umfang in konkrete Zahlen, in bare Münze umgewandelt werden konnte. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Dr. Mertel und Dr. Niederwieser.)

Damit ist aber die Zukunft noch nicht gesichert. Man muß in diesem Zusammenhang auch erwähnen, daß die eigenen Leistungen der Eltern dieser Waldorfschüler enorm sind. Im Durchschnitt werden allein an Schulgeldern Beträge von über 2 500 S bezahlt. Es sind beachtliche Leistungen, die hier erbracht werden. Wir haben daher im Unterrichtsausschuß die Diskussion darüber geführt, ob die Zukunft dieser Schulen nicht längerfristig über einen Vertrag abgesichert werden kann. Ich weiß, daß die Frau Bundesministerin mit den Vertretern der Waldorfschulen sehr intensiv über eine konkrete Ausformulierung dieses Vertrages verhandelt.

Wir konnten im Unterrichtsausschuß das Ergebnis dieses Vertrages oder eine Ausschußfeststellung nicht allgemein beschließen, weil keine Zusicherung im finanziellen Bereich – aber nicht seitens der Bundesministerin, sondern seitens des Finanzministers – gegeben war. Wir möchten aber betonen, daß es für uns ein Anliegen ist, daß dieser Vertrag auch tatsächlich in absehbarer Zeit zustande kommt, denn die Zukunft der Waldorfschulen soll nicht der Unsicherheit preisgegeben, sondern gesichert werden! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Lassen Sie mich noch zwei Bemerkungen zu zwei anderen Punkten machen. Erstens: Kollegin Dr. Schmidt hat wiederum einen Antrag auf Abschaffung des Pflichtfaches Religion und auf Einführung des Freifaches Religion und – als Alternativgegenstand dazu – eines Ethikunterrichtes eingebracht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Antrag hat im Unterrichtsausschuß nicht die Mehrheit gefunden. Ich möchte betonen: Wir von der ÖVP bekennen uns eindeutig zum Wert des Pflichtfaches Religion! Es sind im Laufe der vergangenen Jahrzehnte Millionen von Schülern durch einen sinnvollen Religionsunterricht gegangen, und sie haben durch ihn eine wertvolle Werteorientierung erhalten. Solange wir die Möglichkeit haben, hier entscheidend Bildungspolitik zu machen, so lange wird das Pflichtfach Religion aufrechterhalten werden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger – sich an seinen nicht applaudierenden Kollegen wendend –: Niederwieser! Was ist? – Abg. Dr. Niederwieser: Er hat es ja nicht zu uns gesagt! – Abg. Dr. Khol: Aber du kannst das gleiche sagen! – Abg. Dr. Niederwieser: Ich habe in Religion maturiert!)

Damit komme ich zum dritten Thema, zum Ziffernnotensystem. Das ist auch etwas, was die Liberalen gerne abschaffen würden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch diesbezüglich hat das Liberale Forum wahrscheinlich wiederum irgendeine sehr kleine Gruppe von Personen im Auge. Ich kann nur sagen: Wir von der ÖVP halten es lieber mit der überwiegenden Mehrheit der Schüler, der Eltern und der Lehrer. Wir bekennen uns zum Ziffernnotensystem als dem sinnvollsten System in der Leistungsbeurteilung. Allein eine Umfrage, die kürzlich in Oberösterreich bei Schülern durchgeführt wurde, hat gezeigt, daß zwischen 80 und 90 Prozent der Schüler das Ziffernnotensystem beibehalten wollen. Diese Schüler haben eindeutig die Unterstützung der Österreichischen Volkspartei. Wir sagen also auch hier ein klares Nein zur Abschaffung des Ziffernnotensystems! (Beifall bei der ÖVP.)

21.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte. (Abg. Dr. Lukesch: Die weiß zu allem etwas!)

21.15

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Ach, Herr Kollege Lukesch, wie werde ich Sie vermissen! (Abg. Dr. Khol: Davon versteht sie schon etwas!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich wollte mich eigentlich aufgrund der Fülle der Tagesordnungspunkte auf andere Punkte konzentrieren, fühle mich jetzt aber doch einerseits von Herrn Kollegen Grollitsch und andererseits natürlich auch von Ihnen, Herr Kollege Höchtl, herausgefordert.

Herr Kollege Grollitsch, der glaubt, auf seiten der Liberalen gäbe es keine Bildungskompetenz, möge sich bitte die bisherigen Regelungen zur Reifeprüfung ansehen. Denn wenn er glaubt, daß es eine Neuerung wäre, mit einem "Nicht genügend" zu einer Reifeprüfung antreten zu dürfen, dann irrt er. Das war bisher schon der Fall, wenn dieser Gegenstand auch Maturagegenstand war oder in einer außerordentlichen Prüfung eine Beurteilung darüber im Rahmen der Reifeprüfung abgelegt werden konnte.

In einem Punkt gebe ich ihm allerdings recht, und da kann ich dann ... (Abg. Dr. Khol: Mein Sohn Julian tritt auf diese Weise ...!) – Nun ja, es stimmt: Das war nichts Neues. Daß aus diesem Grunde dieses Gesetz abgelehnt wird, findet meine Zustimmung nicht. Ich hätte andere Punkte zu kritisieren und werde noch darauf zurückkommen.

Recht gebe ich ihm allerdings in der Frage der Waldorfschulen. Ich bin eine Befürworterin der Waldorfschule als einer von mehreren pädagogischen Möglichkeiten. Es waren die Liberalen, die in diesem Hause immer wieder – zweimal seit ich hier bin – das Privatschulgesetz zur Diskussion gestellt haben, weil mir eine finanzielle Absicherung von Privatschulen, die eine Bereicherung des österreichischen Schulsystems bedeuten, ein Anliegen ist.

Da Privatschulen, wie wir wissen, nur nach Maßgabe der Mittel unterstützt werden können – außer es handelt sich um konfessionelle Schulen; so steht es im Privatschulgesetz –, habe nun auch ich die Sorge, daß diese regelmäßige und, wie ich meine, auch gerechtfertigte Zuweisung von Mitteln an die Waldorfschulen die Möglichkeiten für andere Privatschulen einschränkt. Diese Sorge habe ich, und ich würde das sehr gerne hier im Rahmen eines Antrages zum Privatschulgesetz diskutieren.

Herr Kollege Khol! Ich muß immer so lachen, wenn ich diese Zahlenreihe, die Steigerung der Förderungsbeträge, sehe. Alle hier im Hause wissen, daß die Waldorfschule ihre in Relation zu anderen Privatschulen doch eher bevorzugte Situation vielleicht nicht zuletzt auch Ihnen zu verdanken hat. Alle Ihre Kinder besuchen eine Waldorfschule. Sie selbst haben eine besucht und konnten sich persönlich davon überzeugen, daß auch private Schulen ein hochwertiges Bildungsangebot haben, und dieses hochwertige Bildungsangebot wird ja unter anderem auch durch Ihre Frau, wie ich weiß, mitgetragen oder jedenfalls unterstützt.

Nun noch eine Anmerkung in Richtung von Kollegen Grollitsch, der mir jetzt leider abhanden gekommen ist. (Widerspruch bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wo ist er denn? – Ach, dort oben! Herr Kollege Grollitsch! Wenn Sie in diesem Hause behaupten, wir Liberalen hätten den Antrag zur Förderung von Begabten, oder besser – wir haben präzisiert – von Begabungen, deshalb zurückgezogen, weil die Freiheitlichen zugestimmt hätten, dann sagen Sie, wie ich glaube, bewußt die Unwahrheit.

Die Frau Ministerin hat im Rahmen der Diskussion im Unterrichtsausschuß gesagt, daß ein großer Teil der Forderungen dieses Antrages bereits erfüllt ist. Sie hat mir zugesichert, mir diese Informationen zukommen zu lassen, und ich habe gesagt, sollten diese Informationen nicht ausreichend sein und meine Wünsche in diesem Zusammenhang nicht zufriedenstellen, dann werde ich den Antrag umgehend wieder einbringen.

Daß Sie so flapsig noch nebenher gesagt haben, die Liberalen hätten ausgerechnet im Bildungsbereich einen Antrag der Freiheitlichen abgekupfert, das stelle ich hier einfach der Allgemeinheit zur Diskussion. Jeder möge beurteilen, was davon zu halten ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Kollege Höchtl! Zum Thema Religion als Wahlpflichtgegenstand. Ich erinnere Sie: Es war doch auch Ihr Klubobmann, der sich hiezu schon sehr positiv geäußert hat! (Abg. Dr. Khol: Nein! Nein!) – Ich kann jetzt leider nicht in mein Büro hinauflaufen und die OTS-Aussendungen von Ihnen holen, Herr Klubobmann (Abg. Dr. Höchtl: Nicht als Wahlpflichtfach!), aber Sie wissen das natürlich ohnedies. (Abg. Dr. Khol: Aber nicht als Wahlpflichtfach!) – Als Alternative! Wo ist da der große Unterschied? (Abg. Dr. Khol: Als Pflichtfach! Das muß ich berichtigen! – Abg. Dr. Höchtl: Das ist ja etwas anderes!)

Die Frau Ministerin hat im Rahmen des Unterrichtsausschusses erfreut von 27 oder 26 Schulversuchen in diesem Bereich berichtet und hat gebeten, einfach noch die Evaluierung abzuwarten, bevor weitere Schritte eingeleitet werden. Ich nehme das zur Kenntnis. Darüber hinaus ist dieser Antrag, wie ich glaube, ja bereits seit zwei Jahren im Ausschuß gelegen, ohne daß er behandelt wurde. Wir haben hier bereits ausführlich eine Fristsetzung debattiert, die abgelehnt wurde. Aber ich gestehe ja gerne, Herr Klubobmann, daß wir uns in der Zwischenzeit bereits weiterentwickelt haben und uns nun tatsächlich einen verpflichtenden Ethikunterricht für alle Schülerinnen und Schüler wünschen.

Leider habe ich nicht so viel Zeit, um auf unseren neuen Antrag, der umgehend eingebracht werden wird, einzugehen. (Abg. Dr. Stummvoll: "Leider"? – Gott sei Dank! – Abg. Schwarzenberger: Nehmen Sie sich doch Zeit!)

Einen Punkt noch, Herr Kollege Höchtl: Umfragen, in denen 70 bis 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler – das war die Zahl, die Sie genannt haben – ... (Abg. Dr. Höchtl: 80 bis 90 – wenn Sie zugehört hätten!) Ich habe es mitgeschrieben, Herr Kollege Höchtl! Vielleicht haben Sie sich auch versprochen. (Abg. Dr. Höchtl: Nein! Aber das macht ja nichts! Das ist kein Problem!) – Es spielt keine Rolle.

Es war eine Umfrage in Oberösterreich, die Sie zitiert haben, wonach 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler – einigen wir uns auf das Mittelmaß – gemeint hätten, die Ziffernnoten wären ein sinnvolles System der Beurteilung. Wenn Sie diese Umfrage zitieren, dann bedenken Sie doch bitte, Herr Kollege Höchtl, daß dabei nur jene Schülerinnen und Schüler befragt wurden, die bereits gelernt haben, mit diesem absolut unobjektiven, leistungsfeindlichen System zu leben, und die nichts anderes kennen. (Abg. Dr. Höchtl: Die Drei- bis Fünfjährigen kann ich nicht fragen!) Die Drei- bis Fünfjährigen, Herr Kollege Höchtl, werden Sie ja nicht gefragt haben, nehme ich einmal an (Abg. Dr. Höchtl: Ich habe gesagt: Die kann ich nicht fragen!), sondern Sie haben natürlich nur diejenigen gefragt, die bereits dieses Ziffernnotensystem kennen.

Eines jedoch ist ganz klar – und darin ist sich die Wissenschaft in diesem Bereich einig –: Müßte die Ziffernnote jetzt eingeführt werden, dann hätte sie keine Chance (Abg. Dr. Höchtl: Das ist eine rein theoretische Möglichkeit, die überhaupt nicht besteht!), so negativ wird sie von allen Experten und Expertinnen beurteilt.

Auch Landesschulratspräsident Riedl erprobt erfolgreich alternative Formen der Leistungsrückmeldung wie etwa die direkte Leistungsvorlage. Auch Montessori- und Waldorfschulen – hoch geschätzt von Ihnen – haben keine Ziffernnote, sondern alternative Formen der Leistungsbeurteilung. (Abg. Dr. Höchtl: Wir reden ja vom Regelschulwesen!) Aber wenn das alles so schlecht ist, dann sollten wir uns die langfristige finanzielle Sicherstellung der Waldorfschule vielleicht noch einmal überlegen, Herr Kollege Höchtl (Abg. Dr. Höchtl: Wir reden vom Regelschulwesen!), denn die Waldorfschule kennt die Ziffernnote nicht. (Abg. Dr. Höchtl: Wir haben vom Regelschulwesen gesprochen!)

Wo ist denn da der große Unterschied? (Abg. Dr. Höchtl: Da ist ein großer Unterschied zwischen Regelschulwesen und Waldorfschule!) Bei der so bedeutenden – ja, unverzichtbaren – Waldorfschule funktioniert es anscheinend!

Zu den Regierungsvorlagen. Frau Ministerin! Wir stimmen Ihrer Vorlage zur Reform der Reifeprüfung zu. "Reform" ist vielleicht nicht gerade das richtige Wort, aber ich halte es für wichtig, daß Prüfungsverfahren vereinfacht werden, daß Kommissionen verkleinert werden und – selbstverständlich; das ist eine unbedingte Notwendigkeit! – daß Projektarbeiten im Rahmen dieser abschließenden Prüfungen, wie sie jetzt ja auch heißen, verankert werden.

Ein paar kleine Probleme habe ich allerdings schon, und zwar auch aufgrund Ihrer Beiträge, die Sie in diesem Zusammenhang im Unterrichtsausschuß gebracht haben. Wenn ich sehe, daß einerseits die Zeit zwischen schriftlicher und mündlicher Prüfung mindestens drei Wochen zu betragen hat und daß Sie gleichzeitig andererseits bei den Externistenprüfungen mindestens sechs Monate vorschreiben und dies dann damit begründen, daß wir auch Möglichkeiten bräuchten, um es diesen ExternistInnen nicht zu leicht zu machen, dann geht es mir dabei schlecht. Daß ausgerechnet in einer Zeit, in der wir immer wieder Fortbildung und lebensbegleitendes Lernen in den Mittelpunkt stellen, nach Möglichkeiten gesucht wird, um jenen, die etwas anderes als das öffentliche System beanspruchen, noch Steine in den Weg zu legen, dafür, Frau Ministerin, habe ich wirklich wenig Verständnis!

Noch ein Punkt: Ich hoffe, Sie finden einmal wieder zurück zu der Position, die Sie in bezug auf die Möglichkeit des Aufsteigens mit einem "Nicht genügend" ohne Klassenkonferenz hatten. Denn gerade im Rahmen dieser Regierungsvorlage ist so deutlich geworden, wie schwierig eigentlich die Argumentation des Sitzenbleibens ist. Sie sagen etwa, daß jemand, der ein "Nicht genügend" hat und die Klasse wiederholen muß, jene Gegenstände, die er beim erstmaligen Besuch der Klasse abschließend positiv beurteilt bekommen hat, nicht mehr zu besuchen braucht.

Wie sieht das etwa in der vierten Klasse Handelsakademie aus? Da gibt es auch Unterrichtsgegenstände, die abschließend beurteilt wurden. Müssen die betreffenden Schüler – ohne Miteinbeziehung des Aspekts der Reifeprüfung – den Unterricht dieser Gegenstände nicht mehr besuchen? Wie sinnvoll ist ein Wiederholen von Klassen wegen nur eines "Nicht genügend" schlechthin?

Nun geht es mir deshalb schlecht, weil mir meine Redezeit davonläuft. Einen Punkt, oder vielleicht auch zwei, möchte ich aber noch ansprechen.

Frau Ministerin! Zu der Frage der Prüfungsgebühren werden Sie unsere Zustimmung nicht bekommen, auch aus prinzipiellen Überlegungen. Solange es keine ganz klare Arbeitsplatzbeschreibung für Lehrer und Lehrerinnen gibt, stimmen wir Zulagen oder Gebühren irgendwelcher Art nicht zu. Wir wollen – so sage ich jetzt einmal – diesen Zulagendschungel einfach nicht mehr erweitern.

Mit der gleichen Begründung lehnen wir natürlich auch diesen Schnellschuß der Kollegen Höchtl und Antoni – ich glaube, ihr beide wart das –, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz ab. (Abg. Dr. Höchtl: Schnell geschossen haben wir nicht!)

Dieses Zulagenwesen, Abschlagsstundenwesen und Spesenersatzwesen würden als Grund für eine Ablehnung bereits ausreichen, aber hier hat sich eine zusätzliche Tücke eingeschlichen, die einmal mehr zu Lasten von behinderten Kindern, von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sowie deren Lehrer und Lehrerinnen geht. Kollege Öllinger wird dazu noch einen Antrag einbringen. Ich weiß nicht, ob es ein Versehen war – Absicht möchte ich niemandem unterstellen. Ich meine jedenfalls, wir sollten die Förderstunden jenen zukommen lassen, die tatsächlich damit konfrontiert sind – das sind einerseits die Lehrerinnen und Lehrer und andererseits die Kinder –, und sie nicht unbedingt auf die Direktorenebene verlagern.

Daß aber Integration nicht wirklich ein tiefes Anliegen dieser Koalition ist, haben Sie einmal mehr im Zusammenhang mit den Anträgen der Liberalen zur Verbesserung der Integrationsbedingungen bewiesen. Auf einen Antrag möchte ich noch einmal besonders eingehen.

Frau Ministerin! Wir wollten mit unserem Antrag zum Schulpflichtgesetz sicherstellen, daß all jene Kinder, die bisher als schulbesuchsunfähig bezeichnet wurden und daher von der allgemeinen Schulpflicht ausgeklammert waren, jedenfalls auch ein Recht auf Bildung haben.

Frau Ministerin! Auch wenn Sie gesagt haben, dies wären nur mehr 300 Kinder und diese wären doch in sozialen Einrichtungen aufgehoben, möchte ich Sie darauf hinweisen: Das ist wirklich eine Menschenrechtsfrage, und das Recht auf Bildung ist auch in der Menschenrechtskonvention und im Übereinkommen über die Rechte der Kinder fix verankert.

Alle Kinder, unabhängig von ihren individuellen Bedürfnissen, haben ein Recht auf Bildung. Wenn sie in den schulischen Bereich nicht integrierbar sind, wenn die Schule für sie kein Angebot ist, dann müssen wir eben außerschulische Fördermöglichkeiten für sie finden. Dies liegt in Ihrer Verantwortung, Frau Ministerin. Wir können die Verantwortung dafür nicht ausschließlich den Eltern überlassen. 300 Kinder sind zwar nicht viel, aber es sind eben genau um 300 Kinder zu viel.

Der letzte Punkt ist auch interessant. Er betrifft das Schulsprengelgesetz. Frau Ministerin! Über die diesbezügliche Diskussion im Ausschuß war ich mehr als verwundert, denn wenn wir Autonomie ernst nehmen, wenn wir den Schulen kleine Freiräume zugestehen – kleine, sage ich –, damit sie ein schulisches Profil entwickeln können, wenn wir glauben, daß dadurch auch Wettbewerb entsteht und Leistung gesteigert werden kann, dann können wir doch nicht alles so lassen, wie es derzeit ist: daß die Kinder möglichst gleichmäßig territorial auf die Schulen der jeweiligen Gemeinde verteilt werden; daß Kinder, unabhängig von ihren Bedürfnissen und Interessenlagen, einfach nach organisatorischen Überlegungen zugeordnet werden und daß diese ordnungsgemäße Zuweisung vor dem Recht auf freie Schulwahl geht!

Wenn darüber hinaus ein Kollege der ÖVP – ich weiß jetzt nicht mehr genau, wer das war – meint, dann könnte sich doch eine Schule einer Gemeinde auflösen, dann sage ich Ihnen: Würden alle Kinder eine andere Schule wählen – und das machen die Eltern und die Kinder nicht aus Jux und Tollerei –, dann ist es um diese Schule, die sich auflöst, wahrscheinlich auch gar nicht besonders schade.

Ich finde, man sollte Autonomie nicht nur propagieren und ein bißchen zulassen, sondern man darf sich einfach nicht davor fürchten, wenn es darum geht, einen Wettbewerb im Interesse der Kinder zuzulassen. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Öllinger.)

21.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter Dr. Khol hat eine tatsächliche Berichtigung verlangt. – Bitte beginnen Sie die Berichtigung mit der Darlegung des Sachverhaltes, dem Sie Ihre Version gegenüberstellen wollen.

21.30

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich berichtige meine Vorrednerin. Sie hat gemeint, ich wäre dem Vorschlag des Liberalen Forums beigetreten, wonach die Religion zum Wahlpflichtfach werden sollte. (Abg. Schaffenrath: Ein Wahlpflichtfach!)

Der richtige Sachverhalt ist, daß ich mich vehement für das Pflichtfach "Konfessioneller Religionsunterricht" einsetze und daß ich für Kinder ohne Bekenntnis sowie für diejenigen, die sich vom Pflichtfach "Konfessioneller Religionsunterricht" abmelden, als Ersatzunterricht einen Grundwerteunterricht befürworte. (Beifall bei der ÖVP.)

21.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Rada. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.30

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Leider Gottes habe ich zuwenig Redezeit, sonst würde ich sehr gerne in einen Diskurs mit Herrn Abgeordnetem Höchtl über den Wert der Ziffernnotenbeurteilung und zu den alternativen Formen der Ziffernnotenbeurteilung einsteigen. (Abg. Dr. Höchtl: Bitte! Sehr gern! Stehe zur Verfügung!) Zumindest in Niederösterreich haben wir nämlich genau umgekehrte Untersuchungswerte von jenen Schülern, die im Bereich der Schuleingangsphase und der Grundschule sind: Sie können in diesem Alter mit Ziffernnoten nichts anfangen, es sei denn, sie haben ältere Geschwister. (Abg. Tichy-Schreder: Unterschätzen Sie die Kinder nicht! Das ist ja erschreckend! – Abg. Dr. Höchtl: Besser als in jeder anderen Form!)

Aber es fehlt mir, wie gesagt, leider Gottes die Redezeit dazu. Das gilt auch für den Bereich des Ethikunterrichtes. Ich könnte mich aber sehr wohl damit anfreunden, daß für jene Schüler, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben, eine andere Form von Werteunterricht eingeführt werden könnte.

Ich möchte mich etwas intensiver mit der Novellierung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes befassen. Weil dies von Vorrednern etwas abqualifiziert worden ist, möchte ich demgegenüber sehr viele positive und gute Neuerungen feststellen.

Gut ist aus meiner Sicht zunächst einmal die flexible Leitervertretung, weg von der starren Altersstruktur, wonach automatisch der dienstälteste Lehrer der Schulleitervertreter ist. Das hat in der Praxis immer Probleme bereitet. Entweder war er nicht in der Lage, administrative Dinge zu erledigen, oder er wollte das nicht, oder das zwischenmenschliche Band zwischen Leiter und Stellvertreter hat nicht funktioniert. Es war bis jetzt ein sehr aufwendiges, bürokratisches Verfahren, den dienstältesten Lehrer von seiner Vertretungspflicht zu entbinden.

Ich finde es weiters gut, daß eine finanzielle Gleichstellung der Leiter für Schulveranstaltungen erreicht worden ist. Und ich finde es gut, daß die Deckelung der Absetzstundenhöchstzahl für Kustodiate gefallen ist. Allerdings erachte ich es als ein Problem, daß die Deckelung der Absetzstunden im Ausmaß von insgesamt vier Wochenstunden bestehen geblieben ist, und möchte das wie folgt begründen.

Wir haben – zumindest im Pflichtschulbereich – sehr wenige Physiklehrer, und es ist in der Praxis so, daß Physiklehrer sehr viele Klassen unterrichten, daneben meist auch Kustode für die Physiksammlung und vielleicht auch noch Klassenvorstand und Lehrer für Deutsch oder Mathematik sind. In diesem Fall arbeiten sie sehr viel, tun aber vieles um Gottes Lohn. Daher müßte auch diese Deckelung von insgesamt vier Abschlagstunden, vier Wochenabsetzstunden, der Schule flexibel überlassen werden.

Abschließend: Ich teile im Bereich der Integration nicht die Sorge von "Integration: Österreich", die befürchten, daß dort, wo Integration über den Bezirksschulrat und nicht über ein Sonderpädagogisches Zentrum gemanagt wird, die Lehrer plötzlich auf die Suche nach Kindern gehen und ihnen sozusagen ein Mascherl umbinden könnten, damit sie zu Integrationskindern werden, nur damit sie möglichst viele Kinder zur Betreuung bekommen. Das hieße nämlich, daß das derzeit auch so geschieht.

Wir dürfen den Lehrern doch nicht unterstellen, daß sie Kindern bloß aus Gier nach Absetzstunden sonderpädagischen Förderbedarf nachsagen! Außerdem ist zur Kontrolle auch noch die Schulaufsicht eingeschaltet. (Beifall bei der SPÖ.)

21.34

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.34

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich fange mit dem Punkt an, der mir am leichtesten fällt. Das ist sicherlich die Petition über die Waldorfschulen, nicht nur deshalb, weil ich es für richtig halte, die Waldorfschulen so wie andere Schulen, die ähnliche oder die gleichen Grundsätze vertreten, zu fördern – wir haben das auch schon mehrmals verlangt –, sondern auch deswegen, weil ich finde – das hat auch teilweise die Debatte im Ausschuß gezeigt –, daß man an diesem Punkt eigentlich weiterarbeiten müßte.

In den Grundsätzen der Waldorfschulen heißt es, daß sie ohne Unterschied der Geburt, der nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Sprache, des Religionsbekenntnisses, des Standes und des Vermögens der Eltern oder Erziehungsberechtigten zugänglich sein sollen.

Wenn man diesen Satz ernst nimmt, dann stellt sich selbstverständlich auch die Frage – diese Frage haben sich ja auch die Waldorfschulen gestellt –, ob in diesem Zusammenhang ein Schulgeld vertretbar ist, denn dieses stellt ja eine Zutrittsbarriere dar. Bei den Waldorfschulen hat man sich sehr darum bemüht, diese zusätzliche Leistung der Eltern sozial zu staffeln. Aber im Prinzip – und daher glaube ich, daß das Privatschulgesetz tatsächlich reformiert gehört, und zwar in diese Richtung – wäre es notwendig, Subventionen für Schulen wie die Waldorfschulen sowie andere Privatschulen nicht nur an diesen Kriterienkatalog zu binden, sondern auch an das zusätzliche Kriterium, daß kein Schulgeld verlangt werden darf.

Unter diesen Voraussetzungen – wir haben im Ausschuß darüber nur ganz kurz diskutiert – hielte ich es für sinnvoll, an die Reformierung des Privatschulgesetzes etwas mehr als nur einen Gedanken zu verschwenden, der irgendwo kurz aufleuchtet und sich dann in dieser Petition oder in der Unterstützung dieser Petition – in dieser eher weichen Unterstützung – niederschlägt.

Ich komme jetzt noch zu einem anderen Punkt, nämlich zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz. Dazu ist – auch uns ist das entgangen – in den letzten Tagen aufgrund der Aufmerksamkeit von "Integration: Österreich" noch ein Punkt in die Debatte eingebracht worden – Kollegin Schaffenrath hat ihn schon erwähnt –, von dem ich glaube, daß er es wert ist, hier durch einen entsprechenden Abänderungsantrag korrigiert zu werden. "Integration: Österreich" hat sehr detailliert und informiert ausgeführt, daß es sich bei den hier vorgeschlagenen Änderungen unter ganz bestimmten Voraussetzungen um Benachteiligungen von Schulen mit sonderpädagogischem Förderbedarf handelt, nämlich dann, wenn sie in Form von Integrationsklassen geführt werden.

Diese Argumentation hier zu entwickeln und auszuführen, würde etwas mehr Zeit erforderlich machen. Aber ich denke, Frau Bundesministerin, Sie kennen diesen Brief von "Integration: Österreich" ebenfalls. Es ist einsichtig, daß Integration quer durch Österreich stattfindet, daß es Einschränkungen und Behinderungen quer durch Österreich gibt und daß es wahrscheinlich auch einen durchschnittlichen Schlüssel gibt. Es ist daher nicht einzusehen, daß im besonderen Direktoren von diesen Zuschlägen profitieren sollen, während diejenigen, die den Unterricht ausführen, nicht davon erfaßt sind. Daß gleichzeitig durch diese von den Regierungsparteien vorgeschlagene Änderung noch innerhalb dieser Logik Volksschuldirektoren mit Integrationsklassen gegenüber jenen benachteiligt würden, die Sonderschulklassen führen, kommt noch dazu und macht die Sache nicht einfacher und nicht erquicklicher.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayer, Öllinger, Freundinnen und Freunde zum Antrag 1058/A in der Fassung des Berichtes des Unterrichtsausschusses (1797 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Z 7 des Antrages 1058/A in der Fassung des Ausschußberichtes (1797 der Beilagen) entfällt.

2. Z 10 des Antrages 1058/A in der Fassung des Ausschußberichtes (1797 der Beilagen) entfällt.

3. Die übrigen Ziffernbezeichnungen des Antrages 1058/A in der Fassung des Ausschußberichtes (1797 der Beilagen) werden entsprechend angepaßt.

*****

Eine abschließende Bemerkung zu Kollegen Höchtl – er ist jetzt nicht mehr da –: Mich hat mit Erstaunen erfüllt, daß die ÖVP und vor allem Kollege Höchtl, der sonst, wenn es um die Förderung von Jugendlichen und um die gleichen Rechte für Jugendliche geht, nicht gerade zu jenen gehört, die sich durch besondere Aufmerksamkeit und Förderung auszeichnen – etwa, wenn es um die Senkung des Wahlalters geht –, ausgerechnet zu dem Zweck, Schulnoten zu rechtfertigen, auf eine diesbezügliche Umfrage unter Jugendlichen in Oberösterreich hinweist, bei der sich Schüler zu 80 oder 90 Prozent für Schulnoten aussprechen.

Es erstaunt mich, daß Umfragen jetzt schon ein bildungspolitisches Argument für die ÖVP sind. Dies erstaunt mich aber insofern umso mehr, als die Schüler in diesen Schulen – mit Ausnahme der 10 oder vielleicht 15 Prozent, die auch in diesem Fall gegen die Schulnoten waren – nicht die Realität anderer Leistungsbeurteilungssysteme kennenlernen konnten. Um jedoch etwas beurteilen zu können – auch, wenn es über Umfragen abgefragt wird –, ist eine bestimmte Kenntnis von und Unterrichtung in alternativen Methoden Voraussetzung. Das sollte eigentlich auch Herr Kollege Höchtl wissen.

Das heißt, das war kein besonders gutes Argument. Aber gute Argumente bin ich in der Frage der Leistungsbeurteilung von Herrn Kollegen Höchtl auch nicht gewohnt. (Beifall bei den Grünen.)

21.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der von Herrn Abgeordnetem Öllinger vorgetragene Abänderungsantrag wurde geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht mit zur Verhandlung.

Frau Abgeordnete Horngacher gelangt als nächste zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

21.41

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Der Antrag der Frau Abgeordneten Schaffenrath, der die Abschaffung des Ziffernnotensystems zum Inhalt hat, ist sicherlich differenzierter zu sehen. Wenn es darum geht, die Ziffernnoten durch verbale Beurteilungen zu ersetzen, dann meine ich, daß sich dabei sehr bald einige Stehsätze einbürgern würden, die im Grunde das gleiche bedeuten. Es gibt ja entsprechende Versuche, aber es ist daraus kein besonderer Nutzen oder Fortschritt zu verzeichnen.

Gilt es aber, die Leistungsbeurteilung überhaupt zurückzudrängen, so glaube ich, daß das nicht der richtige Ansatz ist. Kinder freuen sich über eine gute Note und eine erbrachte Leistung, sie sind stolz darauf. Wenn aber Kinder übermäßige Angst vor schlechten Noten haben, so liegt das meiner Ansicht nach eher an einer falschen Einstellung der Eltern dazu. Wenn ein Kind sicher sein kann, daß es so, wie es ist, geliebt und geschätzt wird – mit oder ohne gute Noten –, dann ist das Problem kein so großes.

Aber der Grund dafür, daß ich diesem Antrag ganz bestimmt nicht zustimmen kann, ist ein anderer. Es ist der Satz in der Begründung, in dem gesagt wird, die Note als Waffe in der Hand des Lehrers, um seine Schüler in Schach zu halten, sei Österreichs tägliche Realität. – Ich finde, das ist eine enorme Beleidigung für die vielen Lehrer und Lehrerinnen, die sich täglich um unsere Kinder bemühen!

Zum Antrag auf Einführung des Ethikunterrichtes als alternatives Wahlpflichtfach möchte ich sagen, daß meiner Ansicht nach Religion ein Pflichtfach bleiben muß. Es hat sich als Wertevermittler über Generationen hinweg bewährt! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn aber Kinder konfessionslos sind oder sich vom Religionsunterricht abmelden, dann sollte ein Ethikunterricht in Zukunft verpflichtend sein. Es wird auch vieles davon abhängen, wie der Ethikunterricht gestaltet wird, wie die Ethiklehrer ausgebildet werden und welche Werte sie vermitteln. Religion hat zu allen Zeiten Gottesglauben und Gottesliebe sowie Lebensregeln zum Miteinanderleben der Menschen gelehrt, die in dem einfachen Satz "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" eigentlich alles aussagen.

Mir ist es lieber, daß den Kindern diese ganz klaren Vorgaben gelehrt werden, als wenn sie irgendwelche schwammigen Allerweltsphilosophien gelehrt bekommen. Kinder sind nämlich formbar, daher ist die Aufgabe der Wertevermittlung eine sehr verantwortungsvolle. Deshalb werde ich diesem Antrag nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dunst. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.44

Abgeordnete Verena Dunst (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kurz zu einigen Zielen des vorliegenden Antrages betreffend LDG-Änderungen.

Zunächst zum ersten Punkt: Ich sehe das wie Kollege Rada, der das Thema Vertretung bei Verhinderung der Schulleiter vorhin angesprochen hat. Ich bin davon überzeugt, daß die Länder häufig von dieser Maßnahme Gebrauch machen werden, denn oft genug hört man von Lehrern, die nach dem Dienstalterprinzip Vertretungen vorzunehmen hätten, dies aber eigentlich nicht wollen, daß es jeweils nur auf eine schriftliche Anfrage hin, unter Angabe des Grundes, überhaupt möglich war, daß sie von dieser für sie unangenehmen Aufgabe entbunden werden konnten.

Aufgrund der neuen Regelung können Kolleginnen und Kollegen, die diese Aufgabe wirklich übernehmen wollen und dieser auch zielführend nachkommen, künftig die Vertretung übernehmen. Vor allem geht es dabei – wie Kollege Rada das schon angesprochen hat – sicherlich auch um das Vertrauensverhältnis zwischen dem Direktor und dem Stellvertreter, der die Aufgabe für ihn übernimmt.

Zum zweiten Punkt, zur Gleichstellung bei der Abgeltung für Leiter von berufspraktischen Tagen, nur ganz kurz: Die Organisation von berufspraktischen Tagen beziehungsweise Wochen bedarf etlicher Bemühungen, angefangen von den Vorbereitungen der Schüler über die Suche nach Praxisplätzen für die Betreuung während dieser Tage oder Wochen bis hin zur Nachbereitung. Es ist daher aus meiner Sicht nur fair, daß es zu dieser Gleichstellung kommt.

Zum dritten: Auch auf die Aufhebung der Deckelung hinsichtlich der Kustodiate ist von den Vorrednern schon eingegangen worden. Dazu möchte ich nur kurz sagen, daß diese Deckelung richtig ist. Aber der nächste Schritt, Frau Minister, wäre, daß es auch bei den Gesamtabschlagstunden zum Wegfall der Deckelung kommt.

Nicht enthalten möchte ich mich einer Anmerkung zum Redebeitrag der Frau Abgeordneten Schaffenrath bezüglich der Einteilung der Schulsprengel. Frau Abgeordnete! Sie stellen das so hin, als gäbe es keine andere Möglichkeit. Sie wissen ebensogut wie ich, daß es diese Möglichkeit sehr wohl gibt und daß sich Eltern für eine andere, schulsprengelfremde Schule aussprechen können. Selbstverständlich ist dafür ein Antrag einzubringen, aber es ist grundsätzlich möglich. (Abg. Schaffenrath: Ja, das bedingt Wohlwollen!) Das wollte ich nur kurz dazu sagen.

Zusammenfassend: Alle Punkte des LDG sind im Sinne unserer Schüler und Schülerinnen zu begrüßen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Schuster. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

21.47

Abgeordneter Johann Schuster (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in meinem Debattenbeitrag schwerpunktmäßig mit dem Antrag der LIF-Abgeordneten Frau Schaffenrath betreffend Abschaffung der Schulsprengel für Pflichtschulen befassen.

Ich meine, daß dieser Antrag nicht realisiert werden sollte, weil dies größere Probleme für Familien und Gemeinden mit sich brächte. Zuallererst möchte ich eines klarstellen, Frau Kollegin: Die rechtliche Situation sieht vor, daß der Bund lediglich die Grundsatzgesetzgebung vorzunehmen hat, während die Gesetzes- und Vollzugskompetenz in diesem konkreten Fall bei den Ländern liegt. Im folgenden möchte ich Ihnen aber auch darlegen, Frau Kollegin, warum ich persönlich meine, daß die Einteilung in Schulsprengel trotz gewisser Unzulänglichkeiten immer noch die sinnvollste, weil auch ökonomischste Lösung ist.

Da erstens die Gemeinden die Schulerhalter sind, müssen die Verantwortungsträger in den Gemeinden Grundlagen haben, um kalkulieren zu können. Sie müssen sich von vornherein auf Fragen wie die folgenden einstellen können: Wie viele Kinder werden nächstes Jahr unsere Volksschule, unsere Hauptschule besuchen? Wie viele Klassen muß ich als Schulerhalter zur Verfügung stellen? Wie viele Räume müssen saniert werden? – Und so weiter.

Zweitens wäre die Schülerbeförderung im Falle der Abschaffung der Schulsprengel ein weiteres Problem. Frau Kollegin! Alle Kommunalpolitiker, die damit zu tun haben, wissen, wie schwierig es in der Anfangsphase, zu Schulbeginn ist, mit der Landesfinanzdirektion und mit den Gemeinden darüber zu verhandeln, daß alles wieder ökonomisch eingeleitet wird. Auf einmal kommen Eltern daher und meinen: Meine Kinder sollen in eine Schule, die 10 oder 15 Kilometer weiter entfernt ist, befördert werden. (Abg. Schaffenrath: Glauben Sie, daß die Eltern nicht auch sparen?) Ich meine daher, daß diese Angelegenheit nicht im Sinne der Gemeinden und nicht im Sinne der Eltern zu lösen ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schaffenrath: Sind die Schulen für die Kinder da oder die Kinder für die Schulen, nach Ihrer Interpretation?)

Ich meine dazu, daß erstens die Eltern für die Kinder da sind und daß zweitens die Schulen zur Unterstützung der Eltern da sind, damit aus den Kindern ordentliche Menschen werden. Das meine ich. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin! Der dritte Bereich, der Schulbesuch im eigenen Gemeindewohnort, ist ein wichtiger Faktor für die Integration der Jugend im Gemeindeleben. Es liegt absolut im Interesse der Gemeinden, daß die Jugend im Ort bleibt. Dies ist wichtig für den Zusammenhalt und für die Aufrechterhaltung der Gemeindestrukturen. Die Kinder sollen Freunde, Spielkameraden und Bezugspersonen nach Möglichkeit in der eigenen Gemeinde haben. (Abg. Schaffenrath: Glauben Sie, die Eltern werden das alles nicht bedenken?) Bereits im Jugendalter soll eine Entfremdung gegenüber ihrem Heimatort vermieden werden.

Der vierte und wichtigste Grund, warum ich gegen ein Auslaufen der Pflichtschulsprengel bin, ist, daß die Eltern einen Anspruch auf einen sicheren Schulplatz für ihre Kinder in der eigenen Gemeinde haben sollen. (Abg. Schaffenrath: Was brauchen wir dann Schulprofile, wenn ...?) Frau Kollegin! Sie wollen immer die Bedürfnisse der Eltern und die Bedürfnisse der Schüler in den Vordergrund stellen. Sie reden aber immer nur von jenen Fällen, in denen die Kinder in eine Schule außerhalb ihrer Gemeinde wollen – und das, Frau Kollegin, ist die Minderheit! (Beifall bei der ÖVP.)

Der nächste Bereich, Frau Kollegin. Zwei Sätze zum Abschaffen der Noten: Ich halte es in diesem Punkt mit der Unterrichtsministerin von Österreich und zitiere daher unsere Frau Bundesministerin Gehrer. Sie hat gemeint: Man müsse beachten, was für das Kind das Beste sei, und nicht, welche Schule sich die Eltern wünschen. Wozu gebe ich Noten? Für die Zukunft des Landes ist es nicht gut, der Jugend vorzuspiegeln, daß jeder den höchsten Abschluß erreichen kann, ohne die geforderte Leistung zu erbringen. – Zitatende. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.)

Frau Kollegin! Daher meine ich ... (Abg. Schaffenrath: Aber das hat nichts mit Schulsprengeln zu tun!) Ich habe zum zweiten Antrag gesprochen, zum Abschaffen der Noten. – Frau Kollegin! Wir werden Ihren beiden Anträgen aus den von mir erwähnten Gründen nicht die Zustimmung geben können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny.)

21.53

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

21.53

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In drei Minuten zu diesem Monsterpaket Stellung zu nehmen, ist schier unmöglich. Lassen Sie mich einige Bemerkungen zur SchUG-Novelle machen. Durch diese Novelle wird es in Zukunft möglich und rechtlich abgesichert sein, daß nach den jeweiligen Prüfungsverordnungen Projektarbeiten im Rahmen der Reife- und Diplomprüfungen beziehungsweise Abschlußprüfungen möglich sind.

Projektarbeiten sind – wie wir schon gehört haben – in den Schulen nichts Neues. Sie sind auch schon bisher laufend durchgeführt worden. Es hat sich dabei gezeigt, daß das selbständige, fächerübergreifende, praxisbezogene Erarbeiten von Themen und Inhalten den Schülerinnen und Schülern sehr viel gebracht hat. Die Arbeit im Projektteam fördert die Teamfähigkeit, von der heute landläufig immer mehr die Rede ist.

Diese gesetzlichen Regelungen sind auch zeitlich gesehen schon höchst notwendig, weil die abschließenden Prüfungen, die Diplomprüfungen und Abschlußarbeiten bereits begonnen haben, wie eine Arbeit bestätigt, die ich Ihnen hier mitgebracht habe. Es handelt sich dabei um eine Projektarbeit – man muß sich deren Umfang einmal ansehen! –, die einen äußerst interessanten Bereich zum Thema hat.

Es geht dabei – es ist eine Arbeit im Rahmen der Höheren Landwirtschaftlichen Bundeslehranstalt – um die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen auf die Landwirtschaft im Grundwassersanierungsgebiet. Das Thema ist in dieser Arbeit sachlich hervorragend aufbereitet, und es gibt eine ganze Reihe von Betroffenen, die an diesen Inhalten Interesse haben könnten, zum Beispiel die betroffenen Landwirte, die Gemeinden sowie auch Betriebe in solchen Zonen und Regionen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Daher meine ich, daß es neben dieser SchUG-Novelle auch notwendig sein wird, das schulische Umfeld auf diese neuen Möglichkeiten hinzuweisen. Mit schulischem Umfeld meine ich die Wirtschaft, die Betriebe, ich meine aber auch öffentliche Institutionen wie die Gemeinden und die Verbände, denen man meiner Ansicht nach sagen muß, daß künftig vermehrt Schülerinnen und Schüler mit diversen Projektanliegen auf sie zukommen werden. Aus meiner beruflichen Erfahrung weiß ich, daß man dort nicht immer mit offenen Armen aufgenommen wird. Man muß aber, wie ich meine, darauf hinweisen, daß gut erarbeitete Projekte auch für die Betroffenen oder für die Projektpartner sehr viel an Neuem und Wertvollem mit sich bringen.

Kurz noch eine Bemerkung zur Kostenauswirkung dieses Bundesgesetzes oder dieser Novelle: Es soll angeblich zu Mehrkosten im Ausmaß von 2,7 Millionen Schilling im Bereich des Unterrichtsministeriums und von 1 Million Schilling für die land- und forstwirtschaftlichen Schulen kommen. Ich hoffe nur, daß die zugrundeliegenden Daten in den Erläuterungen auch tatsächlich stimmen.

Zum Schluß möchte ich den Einwand der Bundesarbeitskammer in der Stellungnahme zum neuen SchUG nicht unerwähnt lassen und diesem Einwand auch nähertreten. Die Bundesarbeitskammer tritt dafür ein, daß Externistenprüfungen von der im Gesetz vorgesehenen Prüfungsgebühr befreit werden. Es handelt sich bei dieser Gruppe meist um Berufstätige, die Schulabschlüsse im zweiten Bildungsweg nachholen und sicherlich nicht zu den Großverdienern gezählt werden können. Meine Damen und Herren! Lebensbegleitendes Lernen sollte letztlich nicht an Ausbildungskosten oder gar an Prüfungsgebühren scheitern! (Beifall bei der SPÖ.)

21.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt noch Herr Mag. Schweitzer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.57

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde der Schulunterrichtsgesetz-Novelle, die die Regelung vorsieht, daß Vorprüfungen zur Reifeprüfung beziehungsweise Klausurprüfungen durch Projektarbeiten ersetzt werden können, zustimmen, weil ich der Ansicht bin, daß Projektarbeiten das kreative Potential junger Menschen erschließen und es dadurch zu einer Entwicklung der Kreativität kommt. Ich halte das allemal für sinnvoller als das Abprüfen von Wissen, das in der Prüfung reproduziert werden muß und dann, wenn die Prüfung erledigt ist, wieder vergessen werden kann.

Mir liegt durchaus daran, die dynamischen Fähigkeiten junger Leuten zu entdecken und zu entwickeln, weil sich Menschen, die diese Fähigkeiten entwickelt haben, im späteren Berufsleben wahrscheinlich besser durchschlagen können als solche, die lexikales Wissen angehäuft haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort seitens der Berichterstatter ist nicht verlangt worden.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die einzelnen Anträge getrennt durchgeführt wird.

Zunächst stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1797 der Beilagen.

Die Abgeordneten Haidlmayr und Genossen haben dazu einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher zunächst über die Teile, die den Abänderungsantrag betreffen, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr und Genossen bezieht sich auf die Streichung der Ziffern 7 und 10.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Abänderungsantrag ist abgelehnt.

Damit erübrigt sich eine Abstimmung über die beantragte Änderung in der Ziffernbezeichnung.

Wir stimmen sogleich über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Wer dem zustimmt, möge eine Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes ab.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dies ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Das geschieht gleichfalls mehrheitlich. Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1798 der Beilagen.

Der Entwurf, der vorliegt, betrifft ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, fällt daher unter Artikel 14 Abs. 10 Bundes-Verfassungsgesetz und kann nur mit qualifiziertem Quorum hinsichtlich Anwesenheit und Beschlußfassung beschlossen werden.

Ich stelle zunächst fest, daß das für die Abstimmung erforderliche Anwesenheitsquorum gegeben ist.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Entwurf ist mehrheitlich angenommen worden, wobei ausdrücklich das Vorliegen der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit festzustellen ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Der Entwurf ist in dritter Lesung mehrheitlich angenommen, gleichfalls bei Vorliegen des verfassungsmäßig vorgegebenen Quorums der Zweidrittelmehrheit.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1799 der Beilagen.

Auch dieser Entwurf, der ein Gesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige geändert wird, betrifft, ist im Sinne des Art. 14 Abs. 10 B-VG zu bewerten, das heißt nur in Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder.

Ich stelle zunächst das Präsenzquorum fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mehrheitlich bei Vorliegen der vorgeschriebenen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Wir stimmen sogleich in dritter Lesung ab.

Wer stimmt dem Entwurf in dritter Lesung zu? – Das ist die Mehrheit, gleichfalls bei Vorliegen des verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelquorums. Angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1800 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mehrheitlich angenommen worden.

Wer stimmt dem Entwurf in dritter Lesung zu? – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1801 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diese Kenntnisnahme ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Die Kenntnisnahme dieses Berichtes erfolgt mehrheitlich.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1802 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1803 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1804 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Der Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Die nächste Abstimmung betrifft den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1805 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für diesen Antrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1806 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1807 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1808 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1809 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen geben. – Diese Kenntnisnahme ist mehrheitlich erfolgt.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1810 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Mehrheit. Dieser Bericht ist mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

27. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Forschungsbericht (III-87 der Beilagen) 1997 der Bundesregierung (1779 der Beilagen)

28.Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 441/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Maßnahmen zu einer Reform der Forschungsförderung in Österreich (1780 der Beilagen)

29. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Forschungsbericht (III-132 der Beilagen) 1998 des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (1781 der Beilagen)

30. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 708/A (E) der Abgeordneten Dr. Martina Gredler und Genossen betreffend Erstellung eines Frauenförderungsplanes im Forschungsbereich (1782 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 27 bis 30 der Tagesordnung.

Die Debatte wird unter einem durchgeführt.

Bei allen Tagesordnungspunkten wurde auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Ich erteile als erstem Redner in der Debatte Herrn Abgeordnetem Dr. Martin Graf das Wort, mit einer gewünschten Redezeit von 3 Minuten. – Bitte.

22.06

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Entschuldigen Sie: Frau Ministerin Hostasch! Ich schließe aus der Tatsache, daß Sie da sind, daß Sie heute den Wissenschaftsminister vertreten. Ich darf Sie trotzdem in dieser Eigenschaft ansprechen, weil Sie ja die Vertretung des Ministers wahrnehmen. Ich wollte nämlich den Herrn Minister fragen, wie er sich angesichts der sich abzeichnenden desaströsen Wahlbeteiligung bei den Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft fühlt. Ich meine, diese Frage ist sehr aktuell, und ich bitte Sie, ihm das auszurichten, nachdem er von seiner eigenen Fraktion, aber auch von der ÖVP, dem Koalitionspartner, in der Frage des Hochschülerschaftsgesetzes an den Fachhochschulen, unterlaufen wurde. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich wollte ihm heute eigentlich mitteilen – und bitte Sie daher, es ihm auszurichten –, daß er sich die Vorlage eines Konzepts für eine effektive Interessenvertretung der Studierenden an Fachhochschulstudiengängen – das bereits Inhalt eines Entschließungsantrages der Abgeordneten Lukesch und Niederwieser gewesen ist, welcher auch von diesem Hohen Haus angenommen wurde – ersparen kann, weil wir dieses Thema mit der Unterrichtsausschußmaterie heute bereits erledigt haben. Das wird ihn wahrscheinlich nicht besonders freuen, aber vielleicht kann man dem Ministerium die Arbeit ersparen. Diese Materie wurde nämlich überraschenderweise am 4. Mai über einen Initiativantrag der Fraktionen im Ausschuß bereits erledigt, und zwar in einem falschen Ausschuß, wie ich meine. Ich habe dazu vorher schon Stellung genommen.

In der gebotenen Kürze möchte ich auch zum Forschungsbericht Stellung nehmen, über den wir heute hier verhandeln. Im Unterausschuß, aber auch im Ausschuß selbst hat sich gezeigt, daß es massive Defizite in unserer Forschungsförderung gibt, sowohl im universitären als auch im außeruniversitären Bereich, aber auch in der ministeriellen Auftragsforschung. Es handelt sich um Lippenbekenntnisse, die jeweils am Ende der Legislaturperiode hinsichtlich der Forschungsförderungsquote abgegeben werden.

Zum Entschließungsantrag, der im Ausschuß gefaßt wurde, möchte ich sagen: Die Botschaft hören wir wohl gerne – da wir tatsächlich eines der Schlußlichter in Europa sind, gemessen am Verhältnis zwischen BIP und Forschungsförderungsquote –, daß man bis zum Jahr 2005, wie es die Koalition vorgeschlagen hat und heute auch beschließen wird, die Forschungsförderungsquote auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes anheben möchte.

Diese Botschaft hören wir gerne, sie ist uns aber etwas zu wenig determiniert. Derartige Versprechen finden sich in nahezu jeder Regierungserklärung, wurden aber bis heute noch nicht umgesetzt. Nunmehr hat man am Ende der Gesetzgebungsperiode festgelegt, daß diese Forschungsförderungsquote bis zum Jahre 2005 angehoben werden soll, ohne jedoch zu sagen, was in den Jahren bis dorthin geschehen soll. Ich glaube, daß das Ganze zuwenig ist, und meine Fraktion glaubt das auch.

Man kann sich natürlich immer wünschen, daß in der übernächsten oder überübernächsten Legislaturperiode etwas geschieht. Man sollte sich aber selbst beim Wort nehmen.

Daher bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, MMag. Dr. Brauneder, Mag. Dr. Grollitsch, Dr. Krüger, Dipl.-Ing. Schöggl und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Erhöhung der F&E-Quote

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, raschest stufenweise Schritte zur Erhöhung der F&E-Quote im Sinne der Stärkung des Wissenschaftsstandortes Österreich sowie der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze einzuleiten, die die Umsetzung nachstehender Forderungen sicherstellen:

Jährliche Anhebung der F&E-Quote um mindestens 0,2 Prozent mit dem Ziel, bis zum Jahr 2005 eine Forschungsquote von 2,5 Prozent zu erreichen.

Mittel aus Privatisierungserlösen sowie Mittel aus den OeNB-Reserven sollen für eine Innovations-, Technologie- und (Weiter)bildungsoffensive zweckgebunden werden.

Die Finanzierung der Forschungs- und Förderungsfonds (FFF, FWF) ist im Sinne der Unabhängigkeit von den jährlichen Budgetverhandlungen durch mehrjährige, kontinuierlich valorisierte Budgetansätze zu gewährleisten."

*****

Wir glauben, daß dem Ziel, die Forschungsquote tatsächlich bis zum Jahr 2005 auf 2,5 Prozent anzuheben, nur dann entsprochen werden kann, wenn man auch in den Jahren bis dahin einiges tut. Die Verwirklichung dieses Zieles wird durch unseren Antrag überhaupt erst in die Wege geleitet. Und wer tatsächlich ernsthaft in der nächsten, aber auch noch in dieser Periode etwas bewirken will, muß jetzt handeln und darf nicht mit dem Entschließungsantrag der Koalition vorliebnehmen! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.11

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Graf, Brauneder, Grollitsch, Krüger, Schöggl und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Erhöhung der F&E-Quote wurde ordnungsgemäß eingebracht, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Stippel. – Bitte.

22.11

Abgeordneter Dr. Johann Stippel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! In der kurzen Redezeit, die mir zur Verfügung steht, möchte ich einige Anmerkungen zu den beiden Forschungsberichten 1997 und 1998 machen.

Wir müssen die Forschungsberichte vor dem Hintergrund einer zunehmenden Internationalisierung und unseres Beitrittes zur Europäischen Union sehen. Damit befaßt sich der Forschungsschwerpunktbericht des Jahres 1998 in erster Linie. Darüber hinaus werden die Lage und Bedürfnisse der Forschung dargestellt. Die Bedürfnisse gehen über das hinaus, was es derzeit gibt. Mein Vorredner ist bereits auf die Forschungsquote eingegangen. Die letzten Berechnungen des FFF haben ergeben, daß wir 1998 immerhin schon eine Quote von 1,7 erreicht haben, also durch zusätzliche Impulse etwas mehr, als im Forschungsbericht ursprünglich ausgewiesen wurde.

Wir haben erst kürzlich das Forschungsförderungsgesetz novelliert, und es stehen dadurch 2 Millionen mehr an Haftungsrahmen für den FFF zur Verfügung. (Abg. Dr. Lukesch: 2 Milliarden!) – 2 Milliarden, danke. Ich habe mich versprochen. – Weitere 500 Millionen werden aus dem Jubiläumsfonds der Nationalbank herangezogen. Es kommen also schon Impulse. Auch dem ITF stehen 80 Millionen mehr zur Verfügung.

Richtig ist jedoch, daß Österreich, was die Forschungsquote betrifft, noch immer Nachholbedarf hat. Was die F&E-Ausgaben insgesamt betrifft, so muß man wissen, daß die öffentliche Hand – ich habe das schon mehrmals von diesem Pult aus gesagt – bezüglich der Höhe der Beträge gar nicht so schlecht dasteht. Wünschenswert wäre ein höherer Anteil der Wirtschaft, aber man muß realistischerweise zugeben, daß die Wirtschaft Österreichs eher klein und mittelbetrieblich strukturiert ist. Uns fehlen die großen Unternehmen. Daher würde es mich auch sehr freuen, wenn wir eine große Forschungseinrichtung nach Österreich bekämen.

Wir sprechen seit Jahren beispielsweise über das Projekt "Austron", und ich urgiere hier von diesem Rednerpult aus und ersuche alle Verantwortlichen, dieses Projekt möglichst rasch nach Österreich zu bringen. Als Wiener Neustädter Abgeordneter habe ich für den Fall, daß dieses Projekt realisiert werden kann, immer wieder auch den Standort Wiener Neustadt angeboten. Wir hätten alle infrastrukturellen Voraussetzungen dafür.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es liegt dem Haus auch der nächste Forschungsschwerpunkt bereits vor, und ich hoffe daß wir bei der Diskussion dieses Forschungsschwerpunktes weitere Fortschritte in der österreichischen Forschungsförderung feststellen können! (Beifall bei der SPÖ.)

22.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

22.15

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin Hostasch, Sie müssen wirklich dauernd einspringen. Ich finde es sehr nett, daß Sie so bereitwillig hierher kommen. Sie haben auch Herrn Innenminister Schlögl bei der Sondersitzung die Hand gehalten. Ich meine aber, daß Sie das eine oder andere bei Gelegenheit auch weiterleiten sollten, denn ich bin sicher, daß etwa die Frauenförderung im Bereich der Forschung auch ein Anliegen Ihrer Regierung ist (Zwischenrufe bei der SPÖ) – auch wenn Kolleginnen von der SPÖ jetzt "Na geh!" rufen.

Ich glaube, daß es sehr wichtig ist, in einem Bereich nachzuziehen, in dem wir ein großes Defizit haben. So ist zwar zum Beispiel der Anteil der Erstinskribientinnen von 31,5 Prozent im Jahr 1970 auf 55 Prozent im Jahr 1997 gestiegen. Allerdings findet man in weiterer Folge, je höher man in die Hierarchie kommt, umso weniger Frauen, die sich durch diese harte Landschaft der Universität durchschlagen.

Ich muß "harte Landschaft" sagen, weil ich mit vielen Frauen in Verbindung bin, die mir sagen, daß es eine Art wissenschaftliches Mobbing gibt. Ich habe das auch nicht gewußt! Ich finde es allerdings sehr bemerkenswert, wenn die Vorstände der jeweiligen Institute Forschungen unterbinden und die Gelder sämtlicher Projekte nicht alloquieren, um zu verhindern, daß Frauen entsprechende Resultate erbringen, daß ihre Arbeiten international erscheinen, daß sie entsprechende Papers publizieren können, sodaß sie überhaupt keine Karriere machen können.

Wissenschaftsmobbing ist also eine interessante Sache, mit der man sich wirklich befassen sollte. Es wäre sicherlich interessant, dies im Rahmen einer Enquete im Parlament zu tun, wenn man über Qualitätssicherung auf der Hochschule spricht. Im Zusammenhang mit der Qualitätssicherung in der Lehre sollte man sich durchaus auch mit der Integration von Frauen in die österreichische und in die internationale Forschungslandschaft auseinandersetzen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Wir haben in diesem Zusammenhang sehr wichtige Dinge zu tun. So sollte es etwa eine Berichterstattung über die spezielle Situation der Frauen im Forschungssektor in Österreich geben. Man sollte auch einen Frauenförderplan insbesondere für die Topetage erstellen, in der durch die sogenannte gläserne Decke immer wieder Karrieren verhindert werden. Ich würde mir wünschen, daß es hie und da einmal Aktivitäten der Bundesregierung in diese Richtung gäbe.

Ich weiß, daß Herr Einem es ernst meint, wenn er dafür sorgen will, daß Frauen sich auf Institutsvorstandsebene durchsetzen. Aber ich weiß auch, wie oft ihm die Professorenschaft dabei in den Rücken fällt. (Abg. Dr. Lukesch: Auf Institutsebene wird gewählt!) Ich meine daher, daß wir auch von politischer Seite den Druck erhöhen sollten. Herr Professor Lukesch! Sie sitzen in diesen Gremien! Sagen Sie doch bitte Ihren männlichen Kollegen, daß Frauen nicht beißen, daß Frauen ein Hirn haben und daß dieses Hirn sich im Kopf befindet! (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Außerdem gibt es sogar ein diesbezügliches Gesetz, nämlich den Frauenförderplan im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr. In § 3 Abs. 2 findet sich eine entsprechende Anmerkung, daß, solange nicht 40 Prozent Frauenanteil an der Gesamtzahl erreicht sind, Frauenförderpläne zu erstellen sind.

Ich komme zum zweiten Bereich, den ich schon 1997 in die Diskussion einzubringen versucht habe. Dabei geht es um die Unterstützung der Forschungsleistung der KMUs, der kleinen und mittleren Unternehmen. Dieser Antrag hat mittlerweile ziemlich viel Staub gesammelt, weil die Bundesregierung einfach nicht will, daß wir besprechen, wie wir den Klein- und Mittelbetrieben in dieser Hinsicht helfen könnten. Ich finde, das ist schade! Wir haben zwei Jahre verstreichen lassen und haben ihnen zwei Jahre lang nicht geholfen. Erst seit 1999 gibt es Aktivitäten in diesem Bereich. Wir hätten das viel früher machen können, wenn Sie den Antrag der Opposition ernst genommen hätten!

Jetzt komme ich – leider nur in aller Kürze – zu den zwei großen Forschungsberichten, die wir eigentlich ausführlich zu diskutieren hätten. Ich möchte jetzt nur den Rat für Wissenschaft und Forschung zitieren, denn dieser ist der Unverfänglichere zwischen uns beiden, nicht wahr? (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Der Rat für Wissenschaft und Forschung wurde nicht von mir eingerichtet, sondern von jemandem anderen, den Sie besser kennen als ich, Herr Lukesch! Er spricht im Hinblick auf den Forschungsbericht 1997 von – ich zitiere – "dramatischen Einbrüchen im betreffenden Teil des Bundesbudgets" und sieht die "derzeitige Budgetpolitik als das Ergebnis einer fatalen Fehleinschätzung" an. – Nicht schwach, nicht wahr? Immerhin ist der Rat für Wissenschaft und Forschung ein beratendes Organ für die Bundesregierung. Ich finde das enorm!

Weiter sagt der Rat für Wissenschaft und Forschung, daß diese Art von Sparpolitik "einen auch nur halbwegs ordnungsgemäßen Wissenschaftsbetrieb so gut wie unmöglich macht". – Es wird Ihnen also das Attest gegeben, daß bei Ihrer Forschungspolitik auf längere Sicht ein schleichender "Verlust an internationaler Wirksamkeit österreichischer Forschung ... eingetreten ist".

Es wird Ihnen sozusagen das Attest gegeben, daß die Forschungspolitik, so wie sie von der Bundesregierung betrieben wird, in die Sackgasse führt, daß nicht nur die Forscherinnen und Forscher in andere Gebiete abwandern, weil sie dort bessere Möglichkeiten haben, sondern daß auch die Industrie abwandert, weil sei anderswo einfach größere Unterstützung findet – schauen Sie sich zum Beispiel Irland an! –, weil es anderswo leichter ist, Risikokapital zu finden als in Österreich, wo es zwar sehr wohl diverse Fonds gibt, bei denen solche Möglichkeiten jedoch nur sehr begrenzt zu finden sind.

Ich sage Ihnen: Für die Forschung, für das Gasgeben in diesem Bereich, ist es bereits fünf nach zwölf! Sie haben bis jetzt nichts anderes gemacht, als sich darüber zu unterhalten, wer die Kompetenzen bekommen soll: Herr Farnleitner oder Herr Einem? Auf diese Weise ist alles blockiert worden! Die sogenannten Forschungsmilliarden sind nicht einmal in toto für die Forschung ausgegeben worden. Sie machen einen Bereich kaputt, den wir brauchen, um Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen! Ich frage Sie: Warum machen Sie diesen Bereich eigentlich kaputt? – Wir brauchen diese Arbeitsplätze in Österreich, und ich finde das unverantwortlich von Ihnen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lukesch. – Bitte.

22.21

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich werde jetzt der Versuchung widerstehen, Frau Gredler eine direkte Antwort zu geben. Ich möchte etwas anderes sagen.

Zunächst möchte ich darauf aufmerksam machen, daß die Forschungsberichte des Jahres 1997 und 1998 nicht ohne Grund zwei Jahre lang in einem eigens dafür eingerichteten Unterausschuß des Wissenschaftsausschusses lagen und in diesen Unterausschußsitzungen zwar behandelt, aber nicht verabschiedet worden sind.

Es ist dies ein Zeichen der Sorge der Parlamentarier um die Forschungspolitik in unserem Land, um die Entwicklung des öffentlichen Interesses, wie es sich auch im Budget ausdrückt, und um die entsprechenden Zukunftsbereiche unserer Wirtschaft. (Zwischenruf des Abg. Wabl.) Deswegen – Herr Kollege Wabl, ob Sie es glauben oder nicht – hat es so lange gedauert, bis wir die Dinge tatsächlich beschlossen haben!

Aber man muß auch sagen: Die Bundesregierung hat sehr wohl gehandelt! Wir haben in unserem Entschließungsantrag eine ganze Reihe von Initiativen aufgezählt. Insbesondere stimmen uns die Beschlußfassungen von Bad Aussee über eine Steigerung der Forschungsquote auf 2,5 Prozent hoffnungsfroh, sodaß wir diese Forschungsberichte mit dem Entschließungsantrag, der dieses Vorhaben unterstützt, letztlich beschlossen haben.

Frau Gredler! Sie sollten auch sagen, daß zum Beispiel der FFF heuer so viele Mittel wie noch nie zuvor hat! Gleiches gilt für den FWF. Kollege Stippel hat auch den ITF erwähnt. Auch dort ist zumindest das Volumen gesichert worden, obwohl die internationalen Zinsen eine Mittelsenkung bewirkt haben. Außerdem sollten Sie vielleicht auch nicht unerwähnt lassen, daß auch die Vertreter anderer internationaler Forschungsfonds, zum Beispiel des Schweizer Nationalfonds oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft, in diesem Unterausschuß durchaus nicht nur vom Paradies in ihren Ländern berichtet haben.

Vielmehr hat etwa die Schweizer Vertreterin gesagt, daß die Mittel bis zum Jahre 2001 stagnieren. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler.) Und der Vertreter der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat nicht nur gesagt, daß er vor Forschungsfrauen und vor Frauenforschungsplänen warnt, weil das zur Ghettoisierung führe – aber das sei dahingestellt; geschenkt! –, sondern er hat auch gesagt und sich darüber beklagt, daß die Tätigkeit der Deutschen Forschungsgemeinschaft nicht planbar ist. All das bewegt sich aber zugegebenermaßen auf dem wesentlich höheren Niveau der Forschungsquote in der Schweiz und in Deutschland, an das wir entschlossen anschließen sollten.

Ich möchte heute aber die Gelegenheit wahrnehmen, um zu etwas anderem Stellung zu nehmen und meine restliche Redezeit dafür nutzen. Mir sind öffentlich zwölf Fragen zur österreichischen Forschungspolitik gestellt worden. Unter der Headline "Wo bleibt die Forschungspolitik?" haben der Präsident der Akademie der Wissenschaften, Professor Welzig, und der Präsident der Industriellenvereinigung, Präsident Mitterbauer, zwölf Fragen formuliert. – Ich versuche nun, einige Antworten aus der Sicht der Österreichischen Volkspartei zu geben.

Erste Frage: Wie sollten die 2,5 Prozent F&E-Quote verwirklicht werden? – Antwort: Erstens durch die steuerliche Forschungsförderung, wie sie jetzt in der Steuerreform beschlossen worden ist, zweitens durch einen Österreichfonds, der aus den nicht mehr notwendigen Nationalbankreserven zu speisen ist – dabei handelt es sich um einen Uraltplan, den ich als erster hier in diesem Haus eingemahnt habe –, drittens aber auch durch eine effizientere Verwendung der öffentlichen Mittel im Bereich der Universitäten, so wie im Bereich der wirtschaftsnahen Forschung.

Zweite Frage: Ist das Weißbuch zur Hochschulbildung ein brauchbarer Aktionsplan für die Zukunft? – Aus meiner Sicht lautet die Antwort: Nein. Das von Brüssel aus verkündete Weißbuch ist ohne Mitarbeit der Universitäten und der forschenden Wirtschaft erstellt worden. Es ist darin kein Aktionsplan, sondern es sind nur mehr oder weniger relevante Rahmenbedingungen für die Hochschulentwicklung insgesamt formuliert worden, wie sie Herr Minister Einem für wichtig hält. Heute kräht kein Hahn mehr nach diesem Weißbuch.

Weitere Frage: Wie soll das Verhältnis zwischen grundfinanzierter und leistungsbezogener Forschung sein? – Ich bin der Meinung, daß das Prinzip leistungsbezogener Forschung auf alle Fächer anzuwenden ist. Ein Teil wird mit der Vollrechtsfähigkeit beziehungsweise mit der Teilrechtsfähigkeit zurechtkommen, ein anderer Teil wird leistungsorientiert – im Wettbewerb um öffentlich finanzierte Forschungsaufträge – durchaus sein Auslangen finden können.

Meine Zeit reicht jetzt nicht aus, um auch noch die anderen Fragen zu beantworten. Die Eingangsfrage war: Wo bleibt die Politik? Damit haben Welzig und Mitterbauer ihre Fragen eingeleitet. – Die Abwesenheit von Herrn Bundesminister Einem bei der Behandlung der Forschungsberichte beantwortet diese Eingangsfrage. (Beifall bei der ÖVP.)

22.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

22.28

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn schon die Frau Sozialministerin als Mitglied der Bundesregierung die heutige Nationalratsdebatte mitverfolgt, dann möchte ich gleich mit der Betonung eines Anliegens beginnen, das ich immer wieder auch im Ausschuß vorgebracht habe, nämlich: Das Hohelied, das immer wieder angestimmt wird, daß die Forschung möglichst rasch und möglichst umsetzungsorientiert auf die Ziele der Industrie abgestellt werden soll, kann höchstens eine Facette von Forschung betreffen, nämlich die anwendungsorientierte Forschung. Es ist oder wäre aber insbesondere Aufgabe der öffentlichen Hand, kritisch zu beleuchten, wohin denn bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen gehen und wie sich neue Technologien, neue Verfahren, neue Methoden, neue Produkte auf die Gesellschaft in sozialer Hinsicht beziehungsweise in ökologischer Hinsicht auswirken werden.

Es gibt sehr potente Wirtschaftsbranchen, die ihr Geld in Risikotechnologien machen, und das ist selbstverständlich von den Freiheiten des Wirtschaftens und des Forschens grundsätzlich abgedeckt.

Aber es bedarf eines Gegengewichtes, wenn die Forschung sich nicht gegen die Gesellschaft richten, das heißt, sozial unverträgliche Auswirkungen hervorbringen oder ökologisch gefährlich sein soll. Was ich verlange, ist daher, daß besonderes Augenmerk auf die Risikoforschung, auf die soziale und ökologische Begleitforschung gelegt wird. Dieses explizite Ziel kommt meiner Ansicht nach bei sämtlichen Berichten aus dem Bereich der Bundesregierung zu kurz.

Herr Abgeordneter Lukesch! Sie haben hier den Entschließungsantrag Lukesch und Niederwieser so besonders betont. – Ich muß dazu sagen, daß gerade dieser Entschließungsantrag ein besonders trauriges Kapitel der Antragspolitik in diesem Hause darstellt. Ich habe selten einen – über viele Seiten hinweg – derart merkwürdigen Entschließungsantrag gelesen! Er klingt fast wie ein Nachruf auf die Politik der Bundesregierung, in dem entweder Dinge, die ganz vage formuliert sind, oder solche, die halbherzig umgesetzt wurden oder überhaupt ausständig sind, begrüßt, gelobt und gutgeheißen werden.

Wenn man es etwa als Ziel begrüßt, daß längerfristig die Gleichstellungsbemühungen und die Frauenförderung eine aliquote Repräsentanz sicherzustellen haben, dann muß ich den Herren von den Regierungsparteien sagen: Nein, das ist kein längerfristiges Ziel! Das ist ein gesetzliches Gebot des Gleichstellungsgesetzes, ein Gebot, das jetzt und hier und heute und jeden Tag umzusetzen ist, nach dem Motto: Lieber gleich berechtigt als später! – Das heißt, wenn Sie in einem Entschließungsantrag ein nicht gesetzeskonformes Ziel formulieren, nämlich die Frauengleichstellung am Sankt-Nimmerleins-Tag, dann ist das wohl die allermerkwürdigste Facette dieses Ihres Antrages! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir hatten ja auch im Ausschuß Gelegenheit, die besonderen Blüten der Frauenfeindlichkeit an den österreichischen Universitäten ein wenig unter die Lupe zu nehmen. Kollegin Gredler hat schon von den im Ausschuß thematisierten Fällen eines eklatanten Mobbings, dem niemand entgegengetreten ist, gesprochen.

Ich finde, man soll auch negative Beispiele durchaus erwähnen. Wenn ich etwa an die Medizinische Fakultät der Universität Innsbruck denke, dann habe ich den Eindruck, daß dort ein paar Jahrzehnte der Gleichstellungspolitik spurlos an den Herren Professoren vorbeigegangen sind. Sie haben dabei kongeniale Helfer in bestimmten konservativen Medien, die etwa schon in einen Bewerbungsprozeß so eingreifen, daß sie die Bewerberinnen – allesamt hochqualifizierte, habilitierte Frauen – ohne Titel darstellen oder ihnen einen Teil ihrer Titel einfach vorenthalten, sie nicht in die Zeitung schreiben, während natürlich die Männer mit der ganzen Liste ihrer erreichten Würden wiedergegeben werden. Auch so kann man Ungleichbehandlungen perpetuieren und aufrechterhalten.

Ich würde mir wirklich wünschen, daß sowohl die Spitzenrepräsentanten dieses Hauses, die Mitglieder der Präsidiale, des Präsidiums als auch sämtliche Mitglieder der Bundesregierung in jenen Fällen, in denen man in einem Bewerbungsverfahren Frauen eindeutig ungleich behandelt, ihnen von vornherein keine Chancen gibt oder in einem Bewerbungsverfahren Sätze wie "die eine ist zu jung, die andere ist zu alt" fallen – niemand würde das bei einem männlichen Bewerber sagen; da würde man sich nur über die Qualifikationen unterhalten! –, dagegen auftreten. Es ist hoch an der Zeit, daß die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit derartigen Diskriminierungen entschlossen entgegentritt!

Es geht also um zwei große Anliegen: Das erste ist ein Plädoyer für die Prüfung der Sozial- und Umweltverträglichkeit von Forschungsprojekten und für eine bewußte Anregung dieser sozial- und umweltrelevanten Forschung beziehungsweise für einen bewußten Anreiz dazu. Das zweite Ziel liegt darin, gerade an den Universitäten, die ja in einem gewissen Sinne die Baupläne der Gesellschaft von morgen mitentwerfen, so rasch und so zügig wie möglich die reale Gleichstellung von Frauen umzusetzen. Das wäre ganz besonders wichtig. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte.

22.35

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Lukesch, ich bedauere, daß Sie anscheinend nicht rechtzeitig darüber informiert wurden, daß Herr Minister Dr. Einem heute im Ausland und daher nicht in der Lage ist, an der Plenarsitzung teilzunehmen, weil in Brüssel eine Tagung des Wissenschaftsministerrats stattfindet, ein sehr wichtiges Ereignis, das genau jenen Themen gewidmet ist, die heute auch hier angesprochen wurden. (Abg. Dr. Lukesch: ... in Warschau!)

Heute ist er in Brüssel, Herr Abgeordneter. Ich bedauere, daß ich besser informiert bin als Sie. (Abg. Wabl: Sind wir doch froh, daß sie ein bißchen was weiß! – Abg. Dr. Lukesch: Ich ärgere mich über den Forschungsbericht ohne den Minister! Dann kann er nicht sagen, Forschung ist sein Schwerpunkt!)

Sie erwähnen Warschau, er ist jetzt aber schon in Brüssel und bereitet etwas sehr Wichtiges vor – eben das, was jetzt auch von Ihnen diskutiert wurde –: eine Fortführung der Frauenförderung im Wissenschaftsbereich und im Universitätsbereich, eine Fortführung jener Programme, die auf EU-Ebene vorbereitet und auch weitergeführt werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich denke, wer – wie insbesondere jene, die im Ausschuß tätig sind – weiß, daß Herr Minister Dr. Einem gerade dieses Thema auf der EU-Ebene zu einem gemeinsamen Anliegen entwickeln konnte, begrüßt es, daß er dort wichtige Initiativen auch fortsetzen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Erlauben Sie mir aber auch noch anzumerken, daß meiner Ansicht nach beide Forschungsberichte eine wichtige Grundlage auch für eine Grundsatzdebatte im Unterausschuß und im Ausschuß gewesen sind, aus der nicht zuletzt auch ihre jeweiligen Beschlüsse resultiert haben und als deren Ergebnis auch der Entschließungsantrag formuliert und beschlossen wurde.

Es wurde in der Debatte auch auf die angestrebte Forschungsquote verwiesen, und ich möchte unterstreichen, daß es nicht nur ein Anliegen von Herrn Bundesminister Dr. Einem ist, diese Forschungsquote innerhalb des angepeilten Zeithorizontes zu erreichen, sondern auch ein Wunsch und ein Ziel der gesamten Bundesregierung. Ich werde mir morgen erlauben, auch im Zusammenhang mit dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung darauf zu verweisen, daß es für uns alle ein wichtiges anzustrebendes Ziel ist, diese Quote zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Dr. Graf hat mich zu Beginn der Debatte gefragt, wie sich Herr Dr. Einem am Beginn der Hochschülerschaftswahlen fühlt. Ich kann Ihnen über seine Gefühle nichts vermitteln, aber ich hoffe, daß wir uns alle am Ende der Wahltage mit Befriedigung werden zurücklehnen dürfen und auf ein zufriedenstellendes Beteiligungsergebnis werden verweisen können. (Beifall bei der SPÖ.)

22.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Wurm. – Bitte.

22.38

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Landauf, landab wird beklagt, daß Österreich für Forschung und Entwicklung mit 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes viel zuwenig aufwendet und damit weit unter dem europäischen Schnitt liegt. Auch der Präsident des Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft meint im Vorwort des FFF-Berichtes 1997 – ich zitiere –:

"Der FFF begrüßt auch grundsätzlich das gestiegene Interesse der Bundesregierung an der Technologiepolitik und ist offen zu konstruktiver Mitarbeit bereit. Eines muß aber gesagt werden: Organisatorische Maßnahmen alleine können das Forschungsdefizit nicht beseitigen. Es müssen auch deutlich mehr finanzielle und personelle Ressourcen für die Forschung zur Verfügung gestellt werden."

Das meint also der Präsident des FFF, und auch ganz allgemein wird der Eindruck erweckt, daß der Staat viel zuwenig für die Forschung in Österreich aufwendet.

Hohes Haus! Dieser Eindruck ist falsch. Aus dem Forschungsbericht geht nämlich eindeutig hervor, daß die öffentliche Hand mit 0,76 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung sogar geringfügig mehr ausgibt als die EU-Staaten, die im Durchschnitt nur 0,74 Prozent des BIP aufwenden.

Der Grund, warum Österreich im internationalen Vergleich trotzdem so schlecht abschneidet, ist bei der Wirtschaft zu suchen. Während in der EU der Unternehmersektor im Schnitt 1 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung ausgibt, werden in Österreich von der Wirtschaft nur 0,72 Prozent des BIP – also um fast 30 Prozent weniger – ausgegeben. Genau da liegt das Problem, meine Damen und Herren!

Es wurde heute schon einmal das Beispiel der Schweiz erwähnt. Natürlich ist es nicht völlig vergleichbar, da in der Schweiz eine andere Betriebsstruktur herrscht. Wir haben viel mehr Klein- und Mittelbetriebe. Dennoch wendet die Schweiz, gemessen am Bruttonationalprodukt, 2,5mal mehr für die Forschung auf als die österreichische Wirtschaft.

Wenn wir uns jetzt weiter umsehen und auch andere Vergleiche anstellen, dann fällt auf, daß sich das gleiche Bild ergibt, ob es sich nun um Deutschland oder – wenn man weiter nördlich schaut – um Schweden, Finnland, Belgien oder Dänemark handelt: Überall gibt die Wirtschaft im Verhältnis mehr aus als die öffentliche Hand. Das ist schon etwas, was wir uns genau ansehen müssen. Daher sage ich auch zu den Vertretern der Wirtschaft hier in diesem Hause: Auch in diesem Bereich müßte gelten: "Weniger Staat, mehr privat!" (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir uns nämlich ansehen, wo der Staat mehr für die Forschung ausgibt als die Wirtschaft, dann stellen wir fest, daß dies nur in Ländern der Fall ist, mit denen wir uns wirtschaftlich nicht immer gerne vergleichen. In der EU sind das zum Beispiel Portugal, Griechenland und Spanien. – Das wollte ich einfach festhalten.

Nun möchte ich auch ein bißchen zu den Ursachen kommen, die, wir mir scheint, nicht unwesentlich sind. Das Umdenken beginnt nun einmal im Kopf. Aber ich habe das Gefühl, daß die Universitäten, die Forschungseinrichtungen oft noch als Fremdkörper betrachtet werden. Wenn ich mir etwa Innsbruck ansehe, dann fällt mir auf, daß zum Beispiel die Universitätsbibliothek von der Bevölkerung, von den Wirtschaftstreibenden nahezu nicht genutzt wird, daß es dort eine Art Skepsis dagegen gibt und daß dort fast noch Schwellen- oder Berührungsängste herrschen.

Vor kurzem haben wir – damit möchte ich noch kurz auf die Ausführungen von Herrn Kollegen Lukesch eingehen – in Innsbruck die SOWI, die neue Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät eröffnet, und das ist ein gelungener Bau. Minister Einem beziehungsweise die Bundesregierung hat nicht wenig Geld in diese wirklich schöne Stätte investiert, die von den Lehrenden, von den Studenten und auch von den Wirtschaftstreibenden angenommen wird, wie man sieht. Es werden dort bereits Bilanzpräsentationen durchgeführt.

Was mir besonders gefällt, ist, daß in diesem Komplex zum Beispiel auch das MCI einmal seinen Platz finden wird und daß dadurch eine Befruchtung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft stattfinden wird. Das ist der richtige Weg, und Bundesminister Einem tut sehr viel in dieser Richtung.

Nun komme ich zu den Kompetenzzentren. Das ist wirklich etwas, was engere Kooperation fördert und auch die Lust weckt, neue Wege zu beschreiten. Der Umstand, daß jetzt schon fünf solche Kompetenzzentren arbeiten und bereits 20 Anträge für neue Kompetenzzentren vorliegen, läßt erkennen, daß dadurch neue Impulse gesetzt werden. Ich bin davon überzeugt, daß dieser neue Weg etwas bringt und daß wir auf diese Weise auch die 2 oder 2,5 Prozent des BIP, die wir anstreben, erreichen werden.

Zum Schluß möchte ich noch einen Appell an die Entscheidungsträger des FFF richten: Nehmen Sie sich ein Beispiel an Minister Einem, der bei dem in seinem Bereich angesiedelten FWF zum Beispiel einen Fonds mit eigener Dotierung eingerichtet hat, aus dem besonders für Frauen – im Sinne von weiblichen Forscherinnen, nicht von Frauenforschung, obwohl auch diese wichtig ist – Anreizsysteme geboten werden! Mögen das doch auch die Herren vom FFF tun! Ich bin überzeugt, daß die Frauen innovativ, fleißig und kompetent sind, und ich würde mich auf die Evaluation freuen, denn das ist sicher ein Erfolgsrezept! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schöggl. – Bitte.

22.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister in Vertretung! Ich bedauere es auch außerordentlich, daß Herr Minister Einem nicht da ist, und zwar nicht nur deshalb, weil wir uns im Ausschuß immer blendend verstehen, sondern auch deswegen, weil es einige Fragen gibt, zu denen wir ihn persönlich ansprechen wollten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wissenschaftsdebatten finden immer relativ spät statt – so wie auch die Berichte oft sehr spät ins Haus kommen. Sie wissen, Berichte an das Plenum dienen der Kontrolle darüber, ob gesteckte Ziele erreicht werden. Es handelt sich dabei quasi um eine Art Geschichtsforschung. Selbstverständlich versucht die Regierung – auch meine Vorrednerin hat das getan –, ein sehr positives, weichgezeichnetes Bild zu erstellen. Trotzdem wird deutlich, daß im Bereich der Forschung weder die gesteckten Ziele erreicht wurden, noch ein wirklich konkretes Zukunftsprogramm vorliegt.

Kollegin Gredler hat bereits den Hilferuf der Autoren des Berichtes 1997 zitiert; das kann ich mir daher ersparen.

Es wird aber auch immer wieder auf Studien verwiesen, und es stimmt, daß für Studien sehr viel Geld ausgegeben wird (Abg. Dr. Graf: Zu viel!): 1997 waren es 2,3 Milliarden Schilling, die für Studien, allerdings auch für Seibersdorf und für Grundfinanzierungen ausgegeben wurden. In diesem Zusammenhang wäre ein Vorschlag zu machen: Man sollte vielleicht einmal eine Studie durchführen, in der festgestellt wird, was mit den Studien geschieht. (Heiterkeit des Abg. Fischl.) Ich habe nämlich den Eindruck, daß viele Studien nach ihrer Erstellung in großen Schubladen verschwinden. Da stellt sich schon die Frage: Wer ist verantwortlich dafür, daß die Ergebnisse von Studien auch einer Umsetzung zugeführt werden? Wer ist verantwortlich dafür, daß Doppelgleisigkeiten vermieden werden? Und wer ist verantwortlich dafür, daß es sich nicht um versteckte Subventionen für irgendwelche obskuren Vereine handelt?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer überprüft die Kosten beziehungsweise die Wirtschaftlichkeit von Studien? – Ich habe mir einige Beispiele sozusagen als Schmankerln mitgenommen. Ich habe hier zum Beispiel eine Studie mit dem Titel "Schweineklassifizierung – Zerlegeversuch". Diese Studie kostet 299 647 S, und als Ergebnis dieser Studie kommt heraus, daß es günstiger ist, die Speckschicht von Schweinen zwischen der dritten und der vierten Rippe zu messen und nicht zwischen der zweiten und der dritten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Graf: Fast 300 000 S! – Abg. Dr. Mertel: Was wird gemessen?) Die Speckschicht von Schweinehälften zwischen der dritten und der vierten Rippe und nicht zwischen der zweiten und der dritten Rippe. – Dafür geben wir 300 000 S aus! (Abg. Dr. Graf: Wie viele Seiten hat die Studie?) Wie viele Seiten hat sie? – 15 Seiten, ohne Bilder. (Abg. Dr. Graf: 15? Das ist ja unglaublich, so etwas!) 15 Seiten Studie für 300 000 S, das ist meiner Meinung nach Verschwendung von Steuergeldern, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein weiteres Beispiel ist eine Studie zum Thema "Soziale Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung". (Abg. Dr. Karlsson: Die Länge macht es nicht!) Preis: 840 000 S. (Abg. Dr. Karlsson: Eine Formel kann so kurz sein, und ...! Die Seiten machen es nicht!) Meine Damen und Herren, darin gibt es nette Geschichten. Dieses Buch empfehle ich allen zur Lektüre, da ist einiges drinnen. Wahrscheinlich hat sich bisher noch niemand darum gekümmert, denn sonst wäre man wahrscheinlich daraufgekommen, daß ein Verein für kulturelle Resteverwertung für eine Studie über die Freude am Anderssein viel Geld bekommt oder daß eine Studie über soziale Aspekte der Lebenssituation von Prostituierten um 600 000 S durchgeführt wurde und so weiter. (Abg. Dr. Graf: Wo bekommt man die Studien?) – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit wird wichtiges und viel Steuergeld einfach vernichtet! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich komme zum letzten Punkt des Berichtes, der der Beteiligung Österreichs am vierten Rahmenprogramm gewidmet ist. Da wird natürlich auch weichgezeichnet, schöngezeichnet. Wenn etwa die Anzahl der Projekte hervorgehoben wird und man sagt, daß 385 Unternehmen an der Einreichung von Projekten beteiligt waren, so muß man wissen, daß das nur 0,1 Prozent der österreichischen Unternehmen sind, die sich an EU-Projekten beteiligen. Es wird auch von einem Rückfluß von etwa 2,2 Milliarden Schilling gesprochen, wobei allerdings die Kosten für die Einreichungen – und wir wissen, daß die Einreichung eines solchen Projektes sehr viel Geld kostet – in keiner Weise berücksichtigt sind.

Das Bild, das wir in der letzten Zeit von der EU gewonnen haben, spiegelt sich auch in dem Bericht auf Seite 27 wieder, wo man wörtlich nachlesen kann: Die Berechnung beziehungsweise Abschätzung von Rückflußsummen unter Einbeziehung aller bekannten Größen ist zwar ein für einen Gesamtüberblick zulässiges Instrument, letztlich aber nur ein aufgrund fehlender einheitlicher Dokumentation seitens der Kommission notwendiger Behelf. Der Versuch, jährliche Geldflüsse nachzuvollziehen, ist auf Basis der derzeitigen Angaben nicht möglich. (Abg. Dr. Graf: Unglaublich!) – Das bestätigt genau jenes Bild, das wir aufgrund der letzten Skandale, die auch zum Rücktritt der Kommission geführt haben, von der EU gewonnen haben. (Abg. Dr. Graf: Unglaublich! – Abg. Dr. Fekter: Vetternwirtschaft! Raschhofer! – Abg. Dr. Graf: Fischler!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Berichte zeigen, daß die Forschungsaktivitäten gebündelt werden müssen, daß Projekte kritisch hinterfragt werden müssen. Dann wird es möglich sein, die Effizienz zu steigern. Der Minister hat noch sehr viel zu tun, Frau Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte.

22.50

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Angesichts der vorgerückten Zeit möchte ich mich auf einen einzigen Punkt, der mir aber wichtig erscheint, beschränken. Es geht wieder einmal um das Forschungszentrum Seibersdorf. Daher finde ich es sehr schade, daß der Herr Bundesminister heute nicht hier ist, denn er könnte uns, wie ich meine, Antworten auf wichtige Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, geben. (Abg. Dr. Krüger: Der ist im internen Kampf verschlungen! Der wird gerade das Außenministerium ...!)

Das Forschungszentrum Seibersdorf ist das Thema einer fast schon unendlichen Geschichte. Seibersdorf war einmal eine sehr renommierte Forschungsanstalt. Wir haben dort eine Reihe von hervorragend qualifizierten Mitarbeitern – zum Teil gehabt –, die für die österreichische Forschung Meilensteine gesetzt haben.

Was haben wir heute? – Wir haben noch immer eine unklare Eigentümerstruktur. Es wurde, zum Beispiel seitens des Landes Niederösterreich, angeboten, sich an diesem Forschungszentrum zu beteiligen. Bis heute erfolgte keine ausreichende Antwort des Wissenschaftsressorts. Bundesminister Einem erklärt immer, man könne keine Beteiligung im Sinne einer Mitsprache eines neuen Eigentümers befürworten, sondern nur eine Projektzusammenarbeit. – Es ist aber wohl klar, daß derjenige, der sich an einer Gesellschaft beteiligt, auch mitreden will.

Bis heute haben wir darauf keine Antwort. Ganz im Gegenteil: In der Eigentümerstruktur soll jetzt der Aufsichtsrat wesentlich verkleinert werden, und zwar von 17 Mitgliedern auf 8 Mitglieder. (Abg. Fischl: Vier Rote, vier Schwarze!) Es fallen die Vertreter der Wissenschaft heraus, ebenso wie auch potentielle Kunden des Forschungszentrums Seibersdorf, die dann keine Vertreter mehr im Aufsichtsrat haben werden. Ich frage mich, was der Sinn dessen sein soll (Abg. Dr. Graf: Es bleiben über: vier Rote, vier Schwarze!) und ob man glaubt, daß auf diese Art wirklich etwas übrigbleibt. (Abg. Fischl: Vier Rote, vier Schwarze!)

Meine Damen und Herren! Ich fürchte auch, daß der Standort Seibersdorf als solcher gefährdet ist. Immer wieder gibt es Gerüchte, daß Teile auf die Donauplatte verlagert werden sollen und daß es damit zu einer völligen Zersplitterung dieses einstmaligen Forschungszentrums mit internationaler Kompetenz und Größe käme. Wird das der Fall sein? – Bis heute gibt es darauf keine klare Antwort.

Was die Mitarbeiter anlangt, meine Damen und Herren, sieht es ebenfalls nach einer traurigen Geschichte aus: Ältere Mitarbeiter werden hinausgedrängt – ich persönlich kenne zwei Fälle, in denen Mobbing tatsächlich angewandt wurde –, und sehr gute Mitarbeiter sind schon gegangen. Was übrig bleibt, sind einige, die noch immer an dieses Forschungszentrum glauben, diesen Glauben allerdings, so denke ich, schon bald verlieren werden.

Was tut Minister Einem dazu? – Es gibt Inserate, wie zuletzt in der Tageszeitung "Die Presse" (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ein gutes Bild vom Herrn Bundesminister! – Abg. Fischl: Und aus!), in denen mit Minister Einem – mit dem Konterfei des Ministers wird ja schon längere Zeit geworben; wir haben darauf schon aufmerksam gemacht; auch Herr Bundeskanzler Klima war einige Zeit zu sehen – offenbar Mut zu Neuem gemacht werden soll. Ganz klein steht dabei irgendwo "Forschungszentrum Seibersdorf". (Abg. Fischl: Und aus!)

Der Herr Bundesminister sagt, er wolle neue Arbeitsplätze in der Forschung haben. Ich habe ihn schon einmal gefragt, wie viele Arbeitsplätze er erwarten kann, wenn er in der Zeitung um Mut zu Neuem wirbt. Was bringt das wirklich an Forschungsarbeitsplätzen in Österreich? – Bisher gibt es keine Antwort darauf. (Abg. Dr. Lukesch: Wer zahlt, ...! – Abg. Fischl: Keiner von der SPÖ verteidigt den Herrn Bundesminister durch prägnante Zwischenrufe! Keiner für Einem!)

Ich fürchte daher, daß dieses traurige Kapitel Seibersdorf nahe daran ist, zu einer Geschichte zu werden, die mit einer Zerfledderung einer einstmals großen Forschungsinstitution endet, und das ist sehr schade, meine Damen und Herren, denn das, was wir brauchen, ist tatsächlich Forschung mit Akzenten, die in die Zukunft weisen. (Abg. Parnigoni: Die Retourkutsche kommt, Herr Kollege Spindelegger! Sie können sich darauf verlassen!) Bisher ist man dazu, im Fall dieses konkreten Beispiels, alles schuldig geblieben. Darum tut es mir nach wie vor leid, daß Minister Einem heute nicht da ist. (Abg. Parnigoni: Sie werden sich darauf verlassen können! Das ist nett!)

Aber, Frau Bundesministerin, gerade, was die Arbeitsplätze anlangt, sind Sie ja sehr kompetent. Vielleicht können Sie mit Ihren Projekten für neue Forschungsarbeitsplätze in Seibersdorf sorgen. Uns würde das freuen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Ein Kollege von der SPÖ klatscht Beifall, aus reiner Routine!)

22.55

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sie haben in der Zwischenzeit ja schon einen ordentlichen Rucksack voll Kritik, die Sie Herrn Minister Einem mitnehmen und überbringen müssen. Es gibt von mir, in aller Kürze, ebenfalls einige Punkte dazu.

Frau Minister! Die Berichte 1998 und 1999 haben folgendes gemeinsam: Erstens sind sie gut aufgemacht und lesenswert, vor allem die vom FFF und FWF; zweitens zeigen sie klar und deutlich, daß gegenüber dem jeweiligen Vorjahr keine Fortschritte erzielt wurden; und drittens zeigt der Schwerpunktbericht 1998 Ziele und Perspektiven auf, die laut Bericht 1999 bis heute nicht umgesetzt sind und daher in dem großen Schrank der Ankündigungen abgelegt werden müssen, wie übrigens alle früheren Berichte auch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Allerdings hatten wir gehofft, daß in den zahlreichen Sitzungen zur Verwirklichung einer neuen Forschungspolitik nicht nur Visionen und Ziele formuliert, sondern die Strategien auch mit Zahlen und Budgets fixiert werden.

Frau Bundesminister! Bis heute ist nicht klar, wie hoch der österreichische Forschungsaufwand bei einer Forschungsquote von 2,5 Prozent sein muß und welche Gelder wann bis zur Erreichung dieser Zahl im Jahr 2005 aufgewendet werden müssen, wenn dieser Zeitplan, von dem Sie gesprochen haben, eingehalten werden soll.

Dr. Schmidt hat in seinen Unterlagen und im Ausschuß erklärt, es ginge dabei um 62 Milliarden Schilling. Diese Zahl wurde bis heute nie verifiziert. Der Herr Minister hat sich dazu nicht geäußert. Aber auch der Bericht selbst gibt keine Antwort. Er weist lediglich aus, daß eine 8,2prozentige Erhöhung von 1997 auf 1998 eine Steigerung des Bundesanteils um ganze – hören Sie zu! – 0,03 Prozent von 0,59 auf 0,62 Prozent gebracht hat. Da ist die Effizienz wahrscheinlich nicht hoch.

Ich komme noch einmal auf Ihre Worte zurück, Herr Abgeordneter Stippel, in denen Sie die Wirtschaft angesprochen haben, die hier auch mittun soll. Tatsache ist, daß der Anteil des Bundes etwa 37 Prozent beträgt. Das heißt also, daß die Wirtschaft an sich über 51 Prozent einbringt und daß eine 8,2prozentige Erhöhung, wie sie der Bericht ausweist, nicht fünf Jahre, sondern acht Jahre braucht, um diese 2,5 Prozent zu erreichen. Jedenfalls müssen Sie, um beim gleichen Bundesanteil wie jetzt die Bundesmittel um 37 Prozent – das ergibt die Hochrechnung – erhöhen, um auf diese Forschungsquote von 2,5 Prozent zu kommen.

Der FWF selbst ist in seiner Forderung nach 10 Prozent Erhöhung eigentlich eher bescheiden. Ich hatte beim Durchlesen dieses Berichtes ein wenig den Eindruck, daß man sich dort wenig Gedanken um die Finanzierungserfordernisse macht. Es wird sehr nachdrücklich dafür gedankt, daß es jetzt etwas mehr gibt, und man führt an – ohne aber Vorschläge zu machen, wie die Situation verbessert werden könnte –, daß in der BRD ein doppeltes und in der Schweiz ein vierfaches Budget für den FWF vorhanden ist.

Darüber hinaus fehlen in den Visionen, Zielen und Strategien auch Vorschläge, mit welchen Maßnahmen – und damit komme ich wieder auf Sie zurück, Herr Stippel – der Anteil der Wirtschaft an diese 2,5prozentige Forschungsquote herangeführt werden kann, denn die Steuerreform allein mit ihrer mickrigen Steuerentlastung für die Wirtschaft im Bereich der Forschung wird wohl nicht genügen. (Abg. Dr. Niederwieser: So "mickrig" ist das nicht!) Die Antwort auf diese Frage, Frau Minister, hat der Herr Bundesminister nicht im Ausschuß (Abg. Dr. Stippel: So "mickrig" ist das nicht!) und auch nicht bei der Diskussion am 21. April hier im Hohen Haus gegeben. Ich würde Sie wirklich sehr bitten, Frau Minister, hier zu erklären, wann und in welcher Form und in welcher Höhe die Mittel eingesetzt werden.

Zum Schluß vielleicht noch eine Bemerkung, weil ich noch eine Minute Redezeit bekommen habe:

Bundesminister Einem hat – ich weiß nicht, ob es richtig ist oder nicht – im Ausschuß erklärt, daß Forschungsinstitute in der Regel zu klein und als schrebergartenhaft zu bezeichnen sind. Tatsache sei, so sagte er weiters, daß die projektbezogene Forschungsarbeit, die letztendlich Arbeitsplätze schafft, unterentwickelt ist.

Die Auswirkung kennen wir: Die Exportquote beträgt 8,2 Prozent im High-Tech-Bereich gegenüber 17 Prozent im EU-Durchschnitt. Aber, Frau Bundesminister, diese Kritik von Bundesminister Einem, die an sich sehr hart ist und gegenüber der Wissenschaft sehr hart ausgesprochen worden ist, ist dort anscheinend nicht angekommen. Es gibt keine Reaktion, auch nicht im Bericht. Wahrscheinlich haben sie resigniert.

Zweites muß ich auch annehmen, wenn ich jetzt in der Zeitung lese, daß Welzig in der Festsitzung der Akademie der Wissenschaften festgestellt hat, daß man Widerstand gegen die Spielregeln des Staates üben soll. Die Universitäten sollen Partner des Staates sein und sich von diesem nicht unterkriegen lassen. Eine stärkere Aufforderung, die zum Ausdruck bringt, daß von der Politik her nichts geschehen ist, kann man meines Erachtens nicht mehr auf den Tisch legen. – Ich danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte.

23.01

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Dieser umfangreiche Forschungsbericht zeigt, wie breit Forschung betrieben wird. Es fällt bei Durchsicht kein Bereich auf, der unerforscht bleibt.

Im Bereich der Medizin – in anderen Bereichen wird es sich ähnlich verhalten – erachte ich es für äußerst problematisch, die Forschung zu einem sehr hohen Anteil von der Industrie finanzieren zu lassen. Wenn die Pharmaindustrie Kongresse, Fortbildungen, Studien und Forschungen finanziert, dann tut sie es kaum aus humanitären Gründen, sondern sie tut es, um Marketing zu betreiben.

Oft halten Produkte nicht, was erste Forschungsergebnisse versprechen. Wir wissen, wie unterschiedlich, ja widersprüchlich Forschungsergebnisse sein können, je nachdem, welches Resultat angestrebt wird. Wie oft wurde von Großbritannien BSE heruntergespielt – so wie jetzt von Amerika die Gefahren von Hormonfleisch! Der Einfluß von Hormonen auf hormonabhängige Tumoren ist gesichert. Wir sehen auch den realen Anstieg der Zahl von Patienten mit Brust- und Prostatakrebs.

Wie sehr bemüht sich die Tabakindustrie, die Folgen des Nikotingebrauchs zu verharmlosen! Obwohl Forschungsergebnisse auf die Gefahren hinweisen, leugneten in Diskussionen vor Beschlußfassung des Tabakgesetzes auch Wissenschafter manche nikotinbedingten Schäden. Solche Forschungsergebnisse erzielt man in vielen Bereichen. Man muß nur den Fragen und Versuchen die gewünschte Richtung geben.

Kurz zur Zeitgeschichte: Es gibt ein zeitgeschichtliches Großforschungsprojekt Österreich – Israel 1945 – 1995. Abgesehen davon, daß 1945 der Staat Israel noch nicht gegründet war: Hofft man, die Shoah, an der Österreich nicht unmaßgeblich beteiligt war, ausklammern zu können, wenn die Zeitrechnung der Beziehung erst 1945 beginnt? War für Theodor Herzl nur der Dreyfus-Prozeß ausschlaggebend für seinen "Judenstaat" oder vielleicht auch die Atmosphäre in Wien?

Die Absicht dieses Projektes ist eine sehr gute, nur ist es etwas wenig, die Beziehung erst ab 1945 aufzuzeigen. Vielleicht erkennen wir beim Erforschen unserer Geschichte manche Parallelen zur Gegenwart. Antisemitismus und Xenophobie haben ähnliche Wurzeln. Im Sinne der Humanität haben wir gegen beides anzukämpfen.

Besteht Angst vor der Courage, die Geschichte aufzuarbeiten, daß man gleichfalls die österreichisch-palästinensischen Beziehungen erforschen will? – Die Rechte der Palästinenser sind zu respektieren. Das Wahlergebnis vom 17. Mai 1999 wird dies hoffentlich ermöglichen. Nur: Es wurden nicht 65 000 österreichische Palästinenser vernichtet und nicht mehr als 100 000 bestohlen, vertrieben und ihrer Menschenrechte und Würde in Österreich beraubt! – Es wäre schön, wenn das Parlament über diese Forschungsergebnisse informiert würde.

Aus Zeitgründen möchte ich nur noch die Gesundheitsförderungsforschung, die Genderstudien und die verkehrsbezogene Umweltforschung hervorheben.

Diesem sehr umfangreichen Bericht erteilen wir gerne unsere Zustimmung, wobei ich für die Zukunft neben der Aufzählung der Vorhaben auch auf die Ergebnisse hoffe. (Beifall bei der SPÖ.)

23.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mentil. – Bitte.

23.04

Abgeordneter Hermann Mentil (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu diesem Tagesordnungspunkt ist ein interessanter, netter Beitrag in der "Presse" vom 12. Mai erschienen. Ich meine, es wird auf den Punkt gebracht, wenn dort steht – ich zitiere –:

"Fördertöpfe/Jedem Tierchen sein Pläsierchen.

Der Forschungsförderung mag es in Österreich vielleicht an Geld mangeln, an Institutionen, um die knappen Mittel zu verteilen, fehlt es hingegen nicht. Das ist einerseits bedingt durch die heimische Tradition der proporzmäßigen Verteilung von Kompetenzen. So haben Wissenschafts- und Wirtschaftsministerien jeweils eigene Einrichtungen, um vielversprechende Forschungsvorhaben zu fördern."

Man muß sich in Anbetracht der geringen Mittel wirklich fragen, ob es notwendig ist, so viele zuständige Stellen zu haben und somit auch einen entsprechenden Verwaltungsaufwand. Das bedeutet selbstverständlich, daß für die Forschung, für die Sache selbst wenig an Mitteln übrigbleibt. Warum müssen überhaupt zwei Ministerien dafür zuständig sein? (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Plus Ressortforschung!) Warum kann man sich nicht dazu aufraffen, eine Weiterentwicklung vorzunehmen und danach zu trachten, diese Angelegenheit in einem Ministerium zentral zu handhaben?

Rundum interessierte, engagierte Wirtschaftsstellen, die Forschung brauchen, melden sich nicht nur in den letzten Wochen, sondern ständig zu Wort und äußern ihre Wünsche nach kontinuierlicher Weiterentwicklung. Man versteht daher nicht – wir haben schon 1994 vom Inhaltlichen und vom Strukturellen her dasselbe wie heute diskutiert –, warum die Dinge nicht vorangetrieben und verändert werden.

Entlarvend sind da klarerweise etliche APA-Aussendungen oder Stellungnahmen des Herrn Ministers. Beispielsweise lese ich, daß anläßlich eines Symposiums folgendes gesagt wurde: Der erste Teil der Forschungsstrategie soll bereits Ende April in Form des jährlichen Forschungsberichtes dem Nationalrat übermittelt werden. Bis Ende Juni soll auf Basis des Entwurfs ein Grünbuch für Forschungspolitik vorliegen. Der endgültige Bericht soll aber erst nach den Nationalratswahlen im Herbst präsentiert werden. Dazu Minister Einem: Das ist ein Papier für die nächsten Jahre und nicht für einen Nationalratswahlkampf.

Meiner Überzeugung nach werden wir, wenn wir so an die Umstrukturierung herangehen, daß wir die Dinge von einem Wahltermin zum anderen verschleppen und immer aus dem Blickwinkel des Wahlkampfes betrachten, klarerweise in absehbarer Zeit weder zu einer Umstrukturierung noch zu einem entsprechenden Ergebnis kommen, insbesondere in Anbetracht der Zerfledderung in den einzelnen Ressorts und der Verteilung auf die einzelnen Forschungsstellen. (Beifall der Abgeordneten Dr. Grollitsch und Dr. Salzl.)

23.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

23.09

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz auf die Ausführungen von Kollegen Spindelegger eingehen, der sich große Sorgen um Seibersdorf macht. Ich kann ihm nur sagen, daß der Neustrukturierungsprozeß, in den Seibersdorf und das Arsenal eingebunden sind, ein sehr vielversprechender und erfolgreicher sein wird. Es ist übrigens nicht vorgesehen, daß Seibersdorf auf die Wiener Platte übersiedelt. Diese Information ist falsch.

Der wirtschaftliche Erfolg von Seibersdorf war 1998 bereits wieder gegeben. Es ist im letzten Jahr aufgrund der Maßnahmen, die das Bundesministerium und der Bundesminister eingeleitet haben, erstmals wieder zu einem Gewinn gekommen. Ich sehe den Prozeß, der in Seibersdorf vor sich geht, als eine sehr schwierige, aber zukunftsträchtige, sehr vernünftige und wirtschaftlich notwendige Aktivität an. Jeder, der irgendwo einmal an einem Sanierungsfall mitgewirkt und mitgearbeitet hat, weiß, daß das nicht ohne Schmerzen für Einzelpersonen und schmerzhafte Einzelmaßnahmen abgeht.

Ich glaube aber, Kollege Spindelegger hat sich deshalb so große Sorgen gemacht, weil Seibersdorf in Niederösterreich wirklich die einzige Oase ist, in welcher Forschung betrieben wird. Denn wenn man sich anschaut, wie die Betriebe, die in Brüssel um Forschungsgelder angesucht und diese auch genehmigt bekommen haben, strukturell auf Österreich verteilt sind – ein Kollege hat schon erwähnt, daß 385 Anträge von Unternehmungen positiv erledigt wurden –, dann sieht man, daß davon 162 aus Wien, 114 aus Oberösterreich und 102 aus der Steiermark kommen. Daran sieht man auch genau, in welchen Bundesländern überhaupt Forschungs- und Technologiepolitik betrieben wird, und daran erkennt man, daß es einige Bundesländer gibt, in denen sich Forschungs- und Technologiepolitik wirklich in einer Wüste befinden.

Meine Damen und Herren! Genau darin besteht das Problem. Die strukturellen Probleme, die die österreichische Wirtschaft hat – Kollege Nußbaumer hat es angesprochen: relativ wenig High-Tech und ein relativ großer Grundstoffbereich –, führen auch dazu, daß die Beteiligung österreichischer Unternehmungen bisher eine sehr bescheidene gewesen ist. Darin liegt derzeit der Schwachpunkt unserer Forschungspolitik. Im Unterschied zum industriellen Bereich – die guten Industriebetriebe forschen wirklich sehr intensiv, nutzen die Möglichkeiten und arbeiten aktiv an der Weiterentwicklung der Forschungsinfrastruktur mit – ist es um den gewerblichen Bereich sehr schlecht bestellt. Dort besteht ein Aufholbedarf.

Aber dieser Aufholprozeß muß in den Köpfen und Gehirnen der Menschen stattfinden. Daher ist es, bevor man diesen Prozeß erfolgreich auf die Schiene bringt, notwendig gewesen, infrastrukturelle Maßnahmen zu setzen, über Aktivitäten wie Fachhochschulen eine neue Art der Ausbildung in Österreich zu ermöglichen oder auch Kompetenzzentren, die mit den Klein- und Mittelbetrieben forschen sollen, als Kristallisationspunkte für diese Tätigkeiten zu initiieren.

Es ist daher richtig, daß diese Aktivitäten zeitlich vorgelagert worden sind, und es ist mit Sicherheit damit zu rechnen, daß die Maßnahmen und die zusätzlichen Mittelzuflüsse in den nächsten Jahren erfolgreich über die Bühne gehen werden. Ich bin davon überzeugt, daß es bei weitem nicht ausreichend wäre, wenn wir diese Quotenerhöhung in Österreich jetzt sofort durchführten. Die Betriebe würden die Gelder, die wir zur Verfügung stellen würden, nicht einmal abholen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.13

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die einzelnen Ausschußanträge getrennt vorgenommen wird.

Als erstes stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, den Bericht III-87 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, die Kenntnisnahme erfolgt mit Mehrheit.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1780 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier darf ich bitten, im Falle der Zustimmung ein Zeichen zu geben. – Die Kenntnisnahme erfolgt ebenfalls mit Mehrheit.

Als nächstes stimmen wir ab über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, den Bericht III-132 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch hier ersuche ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen. – Ich stelle fest, die Kenntnisnahme erfolgt mit Mehrheit.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschußbericht 1781 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte im Falle der Zustimmung zu dieser dem Ausschußbericht beigedruckten Entschließung um ein Zeichen. – Die Entschließung ist mit Stimmenmehrheit angenommen. (E 184.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf und Genossen betreffend Maßnahmen zur Erhöhung der F&E-Quote.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag des Abgeordneten Dr. Graf zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1782 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, ersuche ich um ein Zeichen. – Ich stelle fest, der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

31. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Bericht (III-191 der Beilagen) des Fachhochschulrates gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG über die Tätigkeit des Fachhochschulrates im Jahre 1997, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (1783 der Beilagen)

32. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 675/A (E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Errichtung von Fachhochschul-Studiengängen für Bildungsberufe, Sozialberufe und medizinische Berufe (1787 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zu den Punkten 31 und 32 der Tagesordnung, die unter einem debattiert werden.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. Er hat das Wort.

23.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Der Fachhochschulbericht zeigt ganz deutlich, daß bei der Weiterentwicklung des Fachhochschulwesens etwas Sand ins Getriebe gekommen ist. Die Verfahren zur Beurteilung, Genehmigung und Anerkennung der Förderungswürdigkeit laufen nicht zufriedenstellend. Wie zum Beispiel die Vorgänge um die Fachhochschullehrgänge in Rottenmann und Irdning in der Steiermark zeigen – darauf wird Kollege Grollitsch noch eingehen –, sind diese Vorgänge vor allem für die Betroffenen äußerst unbefriedigend.

Ich hätte an dieser Stelle gerne den Herrn Minister gefragt, wie es insbesondere mit jenen Fachhochschul-Studiengängen weitergehen soll, bei denen es aufgrund des Zeitdrucks so weit gekommen ist, daß dort jetzt die Rohbauten stehen und nicht genützt werden können, weil man nicht weiß, wie es weitergeht, und ob er darüber sehr enttäuscht ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Vom Fachhochschulrat wurde ein Kriterienkatalog vorgelegt. Wird er beschlossen werden? Wie wird es weitergehen?

Gerade die Aussagen des Fachhochschulrates zur Strukturbereinigung im postsekundären Bereich entsprechen völlig den freiheitlichen Forderungen. Aber Sie gehen mit Ihrem heutigen Beschluß in Richtung Akademien-Studiengesetz einen völlig anderen und in unseren Augen falschen Weg. Wir wollen nämlich jene Ausbildungswege, die den Kriterien des Fachhochschul-Studiengesetzes entsprechen, aufwerten und zu Fachhochschulen machen. Genau dies entspricht auch den Forderungen des Fachhochschulrates. Frau Minister! Damit sind auch jene Akademien gemeint, die im sozialen Bereich und im Gesundheitsbereich den Kriterien des Fachhochschul-Studiengesetzes entsprechen und die wir Freiheitlichen zu Fachhochschulen aufwerten wollen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es wäre auch gut und notwendig gewesen, den Präsidenten des Fachhochschulrates als Auskunftsperson in den Ausschuß zu laden. Er hätte die Zahlen im Entwicklungsplan und die Maßnahmen erläutern können.

Frau Minister! Wir hätten den Minister gerne auch gefragt, welche konkreten Schlüsse er aus dem vorliegenden Bericht ziehen und welche Maßnahmen er setzen wird.

Zum Abschluß ein weiterer wichtiger Punkt: Im Fachhochschulrat stehen wichtige Personalentscheidungen bevor. Am 30. September laufen die Funktionsperioden vieler Mitglieder aus. Trotz Wahlen – wie wir wissen, werden sich die Machtverhältnisse wesentlich verändern und andere Mehrheitsverhältnisse einstellen, meine sehr verehrten Damen und Herren – muß die Arbeit kontinuierlich weitergehen. Wir sagen heute schon: Proporzpolitik hat bei der Besetzung des Fachhochschulrates keinen Platz, denn der Fachhochschulrat hat ausschließlich der Ausbildung der Jugend zur Verfügung zu stehen. – Glück auf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

23.20

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Im Gegensatz zu meinem Vorredner möchte ich betonen, daß der Fachhochschulbericht beweist, daß für das Jahr 1997 5 700 Studierende vorhanden sind und der Bericht daher absolut im Soll liegt. 1998/1999 werden es 8 000 Studierende sein, auch das liegt genau im Plan. Darüber hinaus wurden 1997 rund 2 500 Studierende aufgenommen – bei 6 600 Bewerbungen –, wodurch bewiesen ist, daß es eine deutlich höhere Nachfrage gibt, als Plätze vorhanden sind.

Interessant finde ich es allerdings, daß im Jahr 1994 25 Prozent der Studierenden AHS-Absolventen waren. Dieser Anteil ist bis 1997 auf 37 Prozent angestiegen, wogegen die Anzahl der BHS-Absolventen von 41 auf 31 Prozent abgenommen hat. Das finde ich insofern bemerkenswert, als die Fachhochschulen eher praxis- beziehungsweise berufsorientiert sind und diese Orientierung eigentlich im Widerspruch zu den Absolventen steht.

Der Entwicklungsplan I sieht bis zum Jahr 2000 10 000 Fachhochschulstudierende vor, und dieses Ziel wird erreicht werden. Im Studienjahr 2004/2005 soll ein Drittel aller Studienanfänger und -anfängerinnen eine Fachhochschule besuchen. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt die Quote 40 Prozent, in den Niederlanden 60 Prozent. Aber das österreichische Fachhochschulsystem ist eben noch sehr jung, und es wurde rasch ausgebaut.

Die Konkurrenz zu den Universitäten hat sich bewährt, nicht zuletzt dank des Angebotes. Die Absolventen werden vom Arbeitsmarkt gut nachgefragt; es gibt ein niedriges Eintrittsalter, und sie verweisen auf berufspraktische Erfahrungen. In derzeit insgesamt 14 Fachhochschul-Studiengängen für Berufstätige besteht eine hohe Durchlässigkeit, sodaß man durchaus sagen kann, daß der Aufbau des Fachhochschulsektors äußerst gelungen ist. Derzeit sind 52 Lehrgänge mit – wie gesagt – 8 000 Studierenden etabliert. Das System ist also durchlässig und offen.

Für das Studienjahr 1999/2000 ist Plan II in Vorbereitung. Wenn es jetzt einige kritische Stimmen gibt, die sagen, daß keine Strukturbereinigung des Postsekundarbereichs stattfinde oder eine hochschulpolitische Leitlinie für den Fachhochschulsektor fehle, so mag das zutreffen. Es mag vielleicht auch eine bessere regionale Abstimmung der Studiengänge geben. Aber insgesamt kann man derzeit sicherlich eine positive Bilanz für den Fachhochschulsektor ziehen.

Das ist eine äußerst erfreuliche Entwicklung. Die Erwartungen haben sich erfüllt. Die Fachhochschulen sind eine gute Ergänzung zu den Universitäten, wofür dem Herrn Minister – in Abwesenheit – und seinen Amtsvorgängern zu danken ist, insbesondere auch den Beamten des Ministeriums, Herrn Sektionschef Höllinger und den übrigen Beamten.

Wenn die Fachhochschulen Rottenmann und Irdning in der Steiermark nicht funktionieren, dann mag das an den privaten Trägern dort liegen. In Kärnten funktioniert es, und in anderen Bundesländern funktioniert es ebenfalls tadellos. (Beifall bei der SPÖ.)

23.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

23.23

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz auf einen Umstand hinweisen, den ich als sehr bedrückend empfinde. Es haben mich auf Fachhochschulen Studentinnen und Studenten angesprochen, die sehr bestürzt sind über die Vorgangsweise, die sie verpflichtet, sich jetzt in die ÖH aufnehmen zu lassen.

Darüber hat es ein Symposium mit Herrn Bundesminister Einem gegeben. Alle waren sich darüber einig, daß sie das nicht wünschen. Es wurde ihnen eine Urabstimmung in Aussicht gestellt, die aber so mißverständlich formuliert ist, daß man nicht weiß, ob sie diese Urabstimmung jetzt im gewünschten Ausmaß durchführen können. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ich hoffe, Sie haben unserem Rückverweisungsantrag zugestimmt!)

Sie können nicht an denselben Strukturen wie die Mitglieder an den Universitäten teilnehmen, und zwar aus dem einfachen Grund, weil ihr Lehrplan das nicht ermöglicht. Sie haben einen so straff geführten Lehrplan und eine so kurze Verweildauer an den Fachhochschulen, daß sie nicht in der Lage sind, dieselbe Zeit wie Studentinnen und Studenten an der Universität aufzuwenden. (Abg. Dr. Graf: Haben Sie unserem Rückverweisungsantrag zugestimmt? – Den haben Sie abgelehnt!)

Deswegen müßte man den Betroffenen meiner Ansicht nach Gehör schenken und ihnen die Möglichkeit geben, sich anders zu strukturieren. Bis jetzt haben sie Methoden gefunden, um ihre Repräsentanz anders zu strukturieren. Sie sind unabhängig, auch finanziell, und sie wollen das auch weiterhin so halten.

Die Mitgliedschaft in ihrer Vertretung ist freiwillig. Das ist ein beachtenswerter Vorgang, muß ich sagen, und das ist etwas, was die liberalen Studentinnen und Studenten im Wahlkampf gefordert haben, nämlich daß die ÖH nur aufgrund von freiwilligen Mitgliedschaften ihre Beiträge einheben kann, sodaß dies die ÖH zwingt, sich stärker an den Bedürfnissen der Studentinnen und Studenten zu orientieren.

Denn was jetzt aufgrund der Zwangsmitgliedschaft geschieht, ist, daß sich weniger Studenten dafür interessieren. Ich nehme mit einem gewissen Ausdruck des Erschreckens wahr, daß bei der letzten ÖH-Wahl nur noch 27 Prozent der Studentinnen und Studenten wählen gingen und daß heuer – morgen abend werden wir es genau wissen – sogar noch weniger Personen an dieser Wahl teilnehmen werden. Das ist, grob geschätzt, ein Viertel der Wahlberechtigten, und ich halte das für ein großes Alarmzeichen.

Ich würde mir auf der anderen Seite für die Studentinnen und Studenten der Fachhochschulen wünschen, daß wir den Weg, den sie eingeschlagen haben, unterstützen. Deswegen möchte ich die Regierungsparteien bitten, nach den Gesprächen, die mit diesen Vertretern geführt worden sind, die Versprechen, die ihnen gegeben worden sind, einzuhalten und sie nicht dauernd zu "rollen". (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

23.26

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Abgeordnete Gredler! Ich habe erst vorhin mit Horst Bachler, dem Generalsekretär der Studierenden an den Fachhochschulen, telefoniert. Er ist mit der Regelung, wie sie getroffen wurde, durchaus einverstanden, daß nämlich eine ... (Ruf bei den Freiheitlichen: Ist das ein ÖVPler? – Abg. Dr. Gredler: ... aber nicht!) Na ja, aber sein Generalsekretär, nicht? Ich nehme nicht an, daß sich die beiden uneinig sind.

Jedenfalls sind sie durchaus einverstanden, weil ja das Versprechen – wie Sie es genannt haben – durchaus Sinn macht, daß man sagt: Eine Veränderung und eine unmittelbare Einbindung in die ÖH-Wahlen sind nur im Einvernehmen denkbar, und das darüber hinaus erst dann, wenn es ein neues Gesetz gibt. – Ein Grund zur Panik besteht also in dem Bereich nicht wirklich. (Abg. Dr. Graf: Warum habt ihr es dann beschlossen?)

Zum Bericht selbst: Ich glaube, er zeigt sehr deutlich, daß die Fachhochschulen durchaus ein großer Erfolg sind und daß das Fachhochschulgesetz, das unter Wissenschaftsminister Busek beschlossen wurde, auch ein Gesetz ist, das im Bereich der Vollziehung durchaus gut ist.

Zu den Inhalten: Wenn man nach dem Bericht geht, worin ausgewiesen ist, daß im Jahr 1997 in 40 Fachhochschulen bereits 5 800 Studierende tätig waren und daß wir mittlerweile in 46 Studiengängen 8 600 Studierende haben – Kollege Posch hat ja darauf hingewiesen, daß die Nachfrage mittlerweile ungleich größer als das Angebot ist –, dann, muß ich sagen, gibt es dort sicherlich noch einen Bedarf, der Nachfrage entsprechend nachzukommen.

Das Ziel, das sich die Fachhochschulen oder vielmehr der Fachhochschulrat gesteckt haben, nämlich den Abbau regionaler Disparitäten zu erreichen, ist ausdrücklich zu unterstützen. Deshalb ist es auch sinnvoll, daß man Projekte und Überlegungen wie jene in Rottenmann oder in Irdning/Raumberg weiter vorantreibt. Denn selbstverständlich macht es Sinn, in jenen Bereichen, die zu Universitätsstädten größere Distanzen aufweisen, etwa durch die Forcierung von Fachhochschulen ein entsprechendes Hochschulangebot sicherzustellen. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Dort steht schon der Rohbau!)

Ich denke, daß im Bereich der Erhöhung der Durchlässigkeit und des Zugangs von unterschiedlichen Ausbildungen in die Fachhochschulen noch einiges zu tun ist, insbesondere im Hinblick darauf, daß im Bericht festgestellt wird, daß die Anzahl der Studierenden aus dem Bereich des dualen Ausbildungssystems von 10 auf 7 Prozent zurückgegangen ist, und das trotz der Einführung der Berufsreifeprüfung. Meiner Ansicht nach wird dort zum Teil eine Auslese getroffen, die nicht wünschenswert ist, weil wir ja die Fachhochschulen auch etabliert haben, um Leuten, die aus dem berufsbildenden Bereich und aus dem dualen System kommen, die Durchlässigkeit hin zu einer Hochschulausbildung zu ermöglichen.

In der Strukturbereinigung im postsekundären Bereich ist sicherlich auch noch einiges zu tun.

Einen Wunsch hätte ich noch, und ich ersuche Sie, Frau Bundesministerin Hostasch, diesen an den Herrn Bundesminister Einem weiterzuleiten: Es ist dies der Wunsch, daß dies geklärt wird, ehe man sozusagen Fachhochschulabsolventen in den Bereich des öffentlichen Dienstes eingliedert, daß dies geklärt ist, noch ehe das Baccalaureat etwa an den Universitäten in Form der Dreigliederung eingeführt wird. Denn diese Frage wurde noch nicht einmal für den bereits im Universitätsstudiengesetz 1997 eingeführten Grad des "Master of Business Administration" und den Grad des "Master of Advanced Studies" geklärt. Ich halte es für sinnvoll, daß es da Linien gibt, die auch nachvollziehbar sind! (Beifall bei der ÖVP.)

23.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grollitsch. – Bitte.

23.31

Abgeordneter Mag. Dr. Udo Grollitsch (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sie haben vorher genickt, als Kollege Schöggl beim Thema medizinische und soziale Einrichtungen Fachhochschullehrgänge gefordert hat. – Ich erzähle Ihnen jetzt von einer sehr aktuellen Anfragebeantwortung von Bundesminister Einem:

"Da der Fachhochschulsektor insgesamt so konzipiert ist, daß er primär für eine Tätigkeit in der Privatwirtschaft ausbildet, ... ist die Nachfrage für Beschäftigung im öffentlichen Dienst äußerst gering."

Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge ist das einzusehen, aber die Entwicklung, daß auch dieser Bereich über Fachhochschulen erschlossen wird, wird sich nicht lange aufhalten lassen, und wir unterstützen das sehr.

Diese Anfragebeantwortung bietet mir die Gelegenheit, die Glaubwürdigkeit des selbsternannten Bildungsexperten Niederwieser anhand von Aussagen seines Parteikollegen – und nicht nach meinen! – zu messen und in diesem Zusammenhang zwischen der Realität und dem, was nach außen transportiert wird, Vergleiche zu ziehen. Abgeordneter Niederwieser fragt seinen Bundesminister Einem, ob die Absolventen und Absolventinnen der Fachhochschulen A-Wertigkeit haben, was für diese natürlich im Hinblick auf die Verdienstmöglichkeit von ausschlaggebender Bedeutung sein kann.

Der Herr Bundesminister zitiert zunächst den Herrn Finanzminister. – Mir hat er auf eine Anfrage geantwortet: Das ist nicht mein Ressort, fragen Sie anderswo nach! Seinem Parteikollegen antwortet er jedoch, daß eine generelle Anerkennung der A-Wertigkeit nach Auffassung des Bundesministeriums für Finanzen nicht zulässig sei. Was aber macht Kollege Niederwieser? – Eine Woche später ist in der Presse zu lesen: "Absolventen von Fachhochschulen, die als Vertragsbedienstete in den Bundesdienst eintreten, werden in Zukunft wie Akademiker entlohnt. Diesen Schluß zieht SP-Wissenschaftssprecher Erwin Niederwieser aus den Antworten auf eine Reihe von Anfragen an die Ministerien." Das sagt er wider besseres Wissen! (Abg. Dr. Graf: Das ist ungeheuerlich!)

Herr Niederwieser! Verunsichern Sie nicht die Absolventen der Fachhochschulen! Das haben sie sich nicht verdient! Wenn Sie das nicht wollen, dann stellen Sie keine Anfragen, sondern legen Sie brauchbare Anträge vor, die man auch verwerten kann! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn schon angekündigt wurde, daß ich mich für Raumberg und für Rottenmann stark mache, möchte ich sagen: Kollege Posch könnte vielleicht von seinem Parteikollegen Schachner-Blazizek aus der Steiermark überzeugt werden. Es gibt einen einhelligen, wohl begründeten zwei Wochen alten Beschluß des Steiermärkischen Landtages, in dem die Ablehnung der Beantragung dieser beiden Fachhochschulen durch den Herrn Bundesminister im Jänner dieses Jahres – er bezeichnete sie als nicht förderungswürdig – nicht akzeptiert und gefordert wurde, daß auch im Hinblick auf die Erweiterung des neuen Programms II diese beiden Fachhochschulen, die dort sehr wohl passen und zu positionieren sind, realisiert werden. Ich glaube, auch Herr Kollege Amon hat in diesem Sinne gesprochen, und auch Kollege Kröll nickt. Diese Projekte müssen weiterbetrieben werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Bundesminister! Ich bitte Sie: Richten Sie diesen steirischen Wunsch, welcher auch der Wunsch Ihres Parteikollegen Schachner ist, Herrn Einem – so Sie mir jetzt Ihr geneigtes Ohr leihen wollen und ihn treffen – aus! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Niederwieser gemeldet. Ich bitte, den zu berichtigenden und den tatsächlichen Sachverhalt darzustellen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

23.34

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Mein Vorredner Grollitsch hat behauptet, ich würde die FH-Absolventen verunsichern, indem ich behaupte, sie seien A-wertig.

Tatsache ist, daß ich in der zitierten Aussendung ausdrücklich festgestellt habe, daß es möglich ist, gemäß Vertragsbedienstetengesetz – so wie Sie das auch zitiert haben – als Akademiker eingestuft zu werden, daß das aber für die Beamten noch offen ist.

Das war die vollständige Aussendung, und ich bitte Sie, in Zukunft vollständig zu zitieren und nicht unvollständig und falsch! (Beifall bei der SPÖ.)

23.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun die Frau Bundesministerin. – Bitte.

23.35

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte nur eine kurze Bemerkung machen und eine Information im Zusammenhang mit den nicht ärztlichen medizinischen Berufen, die in der Debatte angeführt wurden, an Sie geben.

Es ist richtig, was Sie gesagt haben, nämlich daß derzeit noch rechtliche Gründe der Einrichtung einer entsprechenden Fachrichtung entgegenstehen. Ich habe aber bereits über den Ministerrat eine Regierungsvorlage zur Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes eingebracht, welche dem Haus bereits vorliegt. Ich nehme an und hoffe, daß sich der Gesundheitsausschuß am 10. Juni mit dieser Novelle wird befassen können und dementsprechend auch neue Chancen gegeben sein werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen mir nicht vor.

Da auch kein Schlußwort der Berichterstattung verlangt wird, kommen wir zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, den vorliegenden Bericht III-191 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte, daß jene Damen und Herren, die für die Kenntnisnahme eintreten, ein Zeichen der Zustimmung geben. – Der Antrag auf Kenntnisnahme ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1787 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte im Falle der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Die Kenntnisnahme erfolgt mit Mehrheit.

33. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über das Stenographische Protokoll (III-181 der Beilagen) der Parlamentarischen Enquete zum Thema "Qualitätssicherung für Lehre und Forschung an den heimischen Universitäten" (1784 der Beilagen)

34. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 785/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend Effizienzsteigerung der Donau-Universität Krems (1788 der Beilagen)

35. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Entschließungsantrag 786/A (E) der Abgeordneten Dipl-Ing. Leopold Schöggl und Genossen betreffend Neuregelung der Zulassungsbestimmungen zum Studium von Auslandsösterreichern an österreichischen Universitäten (1789 der Beilagen)

36. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1624 der Beilagen): Übereinkommen zwischen der Republik Österreich, der Republik Bulgarien, der Republik Kroatien, der Tschechischen Republik, der Republik Ungarn, der Republik Polen, der Republik Rumänien, der Slowakischen Republik und der Republik Slowenien vom 7. Februar 1998 zur Verlängerung des CEEPUS-Programms (1785 der Beilagen)

37. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (1642 der Beilagen): Notenwechsel zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Italienischen Republik über die gegenseitige Anerkennung akademischer Grade und Titel samt Anlage (1786 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zu den Punkten 33 bis 37 der Tagesordnung. Die Debatte wird gemeinsam durchgeführt.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt mir nicht vor.

Wir gehen daher gleich in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. – Bitte.

23.39

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich beziehe mich auf die Enquete zur Qualitätssicherung für Forschung und Lehre.

Ich habe folgendes Beispiel hier schon einmal angeführt: Vor rund 100 Jahren finden sich in vielen amerikanischen Zeitungen Annoncen, in welchen Doktoren der Medizin für ihre Praxis mit dem Hinweis werben, daß sie an einem bestimmten Tag in Wien promoviert worden seien. Ich wiederhole: Das war vor 100 Jahren. Manche dieser Ärzte haben sich sogar zu einer Lüge verstiegen. Denn wenn man bei uns in den Archiven nachsieht, kann man feststellen, daß sie hier niemals promoviert wurden. Offenbar galt aber der Hinweis auf Wien als ein Qualitätsmerkmal. – Ich möchte nicht wissen, wie die Praxis eines amerikanischen Arztes heute, da wir in der Liste der medizinischen Fakultäten irgendwo bei Thailand relativ weit unten angesiedelt sind, aussehen würde, wenn er in einer Zeitung jetzt damit würbe, daß er in Wien promoviert worden sei!

Ich möchte aber festhalten – entgegen vielen Unkenrufen, vor allem in gewissen Medien, möglicherweise hie und da in Kreisen der Politiker –, daß ich der Meinung bin und die Erfahrung gemacht habe, daß unsere Universitäten im Ausland durchaus anerkannt sind: Ich könnte mir die Tatsache, daß etwa an manchen Fakultäten, die ich kenne, der Zuzug an Gastprofessoren größer ist denn je, nicht anders erklären.

Dennoch ist festzuhalten, daß zwar auf der einen Seite diese Enquete zum Thema "Qualitätssicherung für Forschung und Lehre" abgehalten wird, auf der anderen Seite die Gesetzeslage jedoch mit folgenden Fragen zu charakterisieren ist: Halten Sie es im Sinne einer Steigerung der Qualität wirklich für sinnvoll, daß Assistenten ab dem dritten Semester, also nach einem Jahr Assistentenzeit, als Hochschullehrer zur selbständigen Lehre herangezogen werden können, oft im Hörsaal stehen und Fotokopien vorlesen? Halten Sie es wirklich für eine Steigerung der Qualität von Forschung und Lehre, daß man sozusagen ohne Meisterprüfung, nämlich ohne Habilitation, in ein pragmatisiertes Dienstverhältnis kommen kann? Dazu kommt oft noch die Ironie, daß jemand, dessen Schrift als Habilitation abgelehnt wurde, aufgrund derselben Schrift auf einer sozusagen etwas niedrigeren Stufe pragmatisiert wird, mit demselben Effekt, daß er dann eben mit selbständiger Lehre beauftragt ist.

Was die Lehre betrifft: Halten Sie es wirklich für ein Qualitätsmerkmal, daß man bei uns zu einer Diplomteilprüfung insgesamt viermal antreten kann? Multiplizieren Sie dies mit der Anzahl von etwa 18 bis 20 Diplomteilprüfungen in Studien wie dem Studium der Rechtswissenschaft! Das ist ein europäisches Unikat, das muß ich hinzufügen! Halten Sie es wirklich für eine Qualitätssteigerung, daß durch den jetzt zwingenden dritten Prüfungstermin mitten im Semester, was bis vor dem Jahrhundertgesetz, wie Herr Lukesch das neue UniStG ... (Abg. Dr. Lukesch: So haben wir das immer schon gemacht!) Herr Lukesch! An einer kleinen Fakultät mag das gehen, aber an einer großen Fakultät ist es so, daß eine Fülle von Lehrveranstaltungen abgesagt werden muß! (Abg. Dr. Lukesch: Ich stehe für die Studenten!) Ich auch! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich will Studierende, die im Hörsaal ausgebildet werden, aber nicht Studierende, die irgendwo studieren und an die Uni nur kommen, um Prüfungen zu machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie haben Ihre Meinung, und ich habe meine Meinung. Ihre Fakultät, Herr Kollege Lukesch, ist in amerikanischen Zeitungen vor 100 Jahren noch nicht angepriesen worden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Halten Sie es wirklich für eine Qualitätssteigerung in der Lehre, daß wir für jede Fakultät in Österreich fünf verschiedene absolut inkompatible Studienpläne haben, was es den Studenten nahezu unmöglich macht, den Studienort zu wechseln? – Vielleicht sind Sie anderer Meinung! Schweizer Kollegen haben uns österreichische Juristen immer beneidet, daß wir an allen Fakultäten nahezu gleich unterrichten, denn wenn sie eine Bahnstunde von Bern in irgendeine Richtung fahren, nach Lausanne, nach Fribourg oder nach Zürich, dann können sie mit ihrem Jusstudium nichts anfangen. Und diese Situation haben Sie in Österreich jetzt auch geschaffen!

Ursprünglich, vor vielen Jahren, sah der Grundriß der Universität bei den Juristen – ich nenne das mir naheliegende Beispiel – wie folgt aus: Hörsaal, Hörsaal, Hörsaal, Hörsaal, ein Raum für das Dekanat, ein Professorenzimmer. Außer den beiden letzteren waren alle Räume Hörsäle. Wenn Sie jetzt dort durchgehen, können Sie feststellen, daß nahezu alle Hörsäle Büroräume geworden sind. Aber nicht nur das! Außerdem hat man auch noch eine Zwischendecke eingezogen, um die Zahl der Büroräume zu verdoppeln! Halten Sie es für eine Qualitätssteigerung von Forschung und Lehre, daß die Bürokratie so immens angestiegen ist? – Ich muß Ihnen sagen: Ich halte das für keine Steigerung der Qualität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Halten Sie es für eine Qualitätssteigerung in Forschung und Lehre, daß im Augenblick – sozusagen zur Stunde – nur 19 Prozent der Wahlberechtigten unter den Studentinnen und Studenten ihre Vertreter wählen? Wenn dies so weitergeht, dann sind die Studierenden nur durch 19 Prozent vertreten, und diese bestimmen mit, was Qualität an der Universität ist! Geben Sie sich selbst die Antwort! Ich glaube, diese Enquete wäre dann überflüssig gewesen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. Ich erteile ihm das Wort.

23.45

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit und in Anbetracht der Hektik, die sich in der Wissenschaftsdiskussion entwickelt, möchte ich nur zu zwei Punkten in aller gebotenen Kürze Stellung nehmen.

Es mag nicht verwundern, daß ich mich als niederösterreichischer Abgeordneter doch etwas mit dem Antrag des Abgeordneten Dr. Brauneder betreffend die Donau-Universität Krems befasse. Es mag zwar zutreffen, daß vielleicht in der Gründungsgeschichte die Effizienz zwischen In- und Output nicht so gegeben war, wie man sich das von einer universitären Einrichtung zu Beginn oder überhaupt bei der Gründung erwarten würde. Mittlerweile sind aber doch sehr entscheidende Reformen vorgenommen worden. Es ist gelungen, in sogenannte wissenschaftliche Nischendisziplinen Eingang zu finden. Außerdem wird sicherlich zu prüfen sein – und diese Prüfung wird im heurigen Herbst abgeschlossen sein –, wie weit unter Finanzbeteiligung auch des Bundeslandes Niederösterreich eine Gesamtneukonzeption dieser Donau-Universität Krems erfolgen könnte, auch mit einer entsprechenden Verlagerungsidee von anderen ordentlichen Universitätslehrgängen.

Ein Letztes: Die Fraktion der Sozialdemokraten begrüßt unbedingt die Verlängerung des CEEPUS-Programms auf weitere fünf Jahre, weil sich dieses außerordentlich bewährt hat und österreichischen Studenten nicht bloß zwischenmenschliche Beziehungen ermöglicht, sondern auch hervorragende wissenschaftliche Ergebnisse, wovon letztendlich unsere Wirtschaft profitieren wird. (Beifall bei der SPÖ.)

23.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. – Bitte.

23.47

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu dem wichtigen Punkt betreffend die Parlamentarischen Enquete zur Qualitätssicherung Herrn Universitätsprofessor Dr. Hans Niedermüller von der Veterinärmedizinischen Universität Wien, Institut für Physiologie, zitieren. Er ist nicht verdächtig, ein Liberaler zu sein. Dieser unverdächtige Universitätsprofessor – Sie werden ihn besser kennen als ich, Herr Lukesch! – sagte:

"Was mir und was allgemein zu fehlen scheint, sind zukunftsweisende und bahnbrechende neue Konzepte und Überlegungen in dieser Richtung, die eigentlich aus Anlaß dieser Enquete für die Zukunft gemacht werden sollten."

Wenn man jetzt nicht sieht, worum es eigentlich gegangen ist, daß nämlich in Österreich nicht alles so wunderbar funktioniert, wenn man meint, daß die Qualität auf unseren Hochschulen überhaupt kein Problem darstellt und insbesondere das Dienstrecht ein hervorragendes ist und so bleiben muß, dann haben wir, wie ich meine, bei dieser Enquete unser Ziel verfehlt. Wir hätten nämlich weniger eine Nabelschau betreiben sollen! Herr Lukesch! Ich sage Ihnen das deswegen, weil die Oppositionsparteien keine Möglichkeiten gehabt haben, zu einem Zeitpunkt Experten zu nominieren, zu dem wir noch Einfluß auf die ganze Liste gehabt hätten. Und das war der Grund, warum es zu einer Nabelschau gekommen ist: Es sind eine Reihe von Professoren angetreten, die uns erklärt haben, wie wunderbar alles ist und daß wir selbstverständlich eigentlich überhaupt nichts zu verändern haben.

Das ist ein bedauerlicher Vorgang! Vielleicht könnten wir eine Enquete machen, die für alle Beteiligten neue Ergebnisse und Erkenntnisse bringt, nämlich erstens für die Studierenden, die dabei anwesend sind und wollen, daß sie als Partner an der Hochschule ernster genommen werden, zweitens für die Mitglieder des Mittelbaus, damit sie wissen, daß sie in Zukunft eine Bezahlung aufgrund ihrer Leistungen und nicht sozusagen aufgrund ihres Beharrungsvermögens bekommen werden, und drittens für die österreichischen Universitätsprofessoren, die aufgrund ihrer Leistung entsprechend honoriert und geschätzt werden sollten und nicht aufgrund irgendwelcher Pragmatisierungen, die zu einem Zeitpunkt ausgesprochen wurden, zu dem man noch nicht beurteilen konnte, wie diese Herrschaften sich entwickeln werden. – Ich sage "Herrschaften", weil Sie genau wissen, daß Frauen auf diesem Niveau kaum vertreten sind.

Ich möchte noch zu den anderen Punkten Stellung nehmen, die besprochen werden sollten, etwa zum Antrag der Freiheitlichen bezüglich Matura von Österreichern an ausländischen Schulen. Die Absolvierung der Matura an einer ausländischen Schule hat zur Folge, daß es Anrechnungsschwierigkeiten gibt. Im Fall von Ländern, in denen es einen Numerus clausus gibt, ist meine Fraktion in einer gespaltenen Situation, was während der Abstimmung auch zum Ausdruck gebracht werden wird.

Ich habe großes Verständnis für die Schwierigkeiten, die österreichische Kinder in einem solchen Fall haben. Ich glaube, daß man sie nicht etwas ausbaden lassen sollte, wofür sie überhaupt nichts können! Denn mit 17 können sie nicht einfach beschließen, die Eltern zu verlassen, um in Österreich ihre Matura zu machen! Und genau diese Kinder werden dann unter Umständen sozusagen bestraft. Das halte ich für sehr bedauerlich.

Herr Professor Brauneder, ich möchte auf Ihre Ausführungen replizieren. An der medizinischen Fakultät – die Sie natürlich nicht loben konnten, weil das Ergebnis wirklich verheerend ist – hat man wöchentlich die Möglichkeit, Prüfungen zu absolvieren! (Abg. Dr. Brauneder: Schriftliche Prüfungen?) Nein, mündliche Prüfungen, was den Professor noch viel mehr Zeit kostet als schriftliche Prüfungen! Und ich muß Ihnen sagen: Die Anzahl der Studierenden an der medizinischen Fakultät ist durchaus vergleichbar mit jener an der juridischen Fakultät! Es ist dies eine Organisationssache!

Ich halte es für sehr gemein, wenn Professoren an österreichischen Hochschulen nicht die Gesetze einhalten, die hier im Hohen Haus beschlossen worden sind. Ich habe vor kurzem an der Hochschule an einer Podiumsdiskussion teilgenommen. Sie wissen genau, wovon wir reden! Es waren alle Fraktionen dort vertreten, und es wurde uns klipp und klar gesagt, daß es nicht nur an der juridischen Fakultät, sondern auch an anderen Fakultäten Professoren gibt, die diesen dritten Prüfungstermin, der vom Gesetz vorgesehen ist, nicht einhalten. Das halte ich für eine Vorgangsweise, die sicherlich nicht zu begrüßen ist, und ich würde mir wünschen, daß das Ministerium diesbezüglich disziplinarrechtlich vorgeht, denn auf diese Weise wird den Studenten ein Recht verwehrt. Ich meine, auch deswegen sollten wir etwas Aktivität zeigen. Herr Bundesminister Einem wird das sicherlich von Ihnen erfahren, Frau Kollegin Hostasch, und es wäre gut, wenn er die betroffenen Studentinnen und Studenten doch unterstützte! (Beifall beim Liberalen Forum.)

23.52

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

23.52

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn man der Enquete zum Thema Qualitätssicherung beigewohnt und versucht hat, einen Schluß daraus zu ziehen, dann kommt man zu folgendem Schluß: Es gibt nicht viele Berufsgruppen, an welche die Gesellschaft so widersprüchliche Anforderungen stellt, wie sie das gegenüber dem modernen Hochschullehrer und der Hochschullehrerin tut.

Die Universitätslehrerin soll an einer Massenuniversität auf möglichst jede einzelne Studentin hochschuldidaktisch differenziert eingehen, dabei effizient, kostensparend, steuerschonend, aber unter Einsatz aller modernen, gratis angeschafften Hilfsmittel agieren. Sie soll zum selbständigen Lernen und Forschen motivieren, dabei darauf Rücksicht nehmen, daß Anwesenheit und persönliche Teilnahme nicht verlangt werden können. Sie soll auf die persönlichen und privaten Verhältnisse Rücksicht nehmen, etwa auf Teilberufstätigkeit, Familienleben oder ähnliches. Spezifische Neigungen bei den Studierenden hat diese Hochschullehrerin natürlich zu fördern, sie hat raffinierte und studentengerechte Seminar- und Diplomarbeitsthemen zu erfinden und natürlich in Tag- und Nachtbetreuung zu vergeben. Sie muß Hochbegabungen identifizieren, ohne dabei zu gängeln, sie muß Tag und Nacht Literaturtips geben, sie muß eine private Leihbibliothek anschaffen und sie gratis zur Verfügung stellen.

Weiters muß sie ständig selbständig forschen, um sich auf dem letzten Stand der Wissenschaften zu halten. Sie muß auch dafür Sorge tragen, laufend Drittmittel für das Institut aufzutreiben, sie darf notwendige Medien- und PR-Arbeit nicht vernachlässigen, weil es sonst keine Drittmittel gibt. Sie muß sich auch damit anfreunden, daß sie zu einer permanenten Legitimation ihres Tuns aufgefordert ist, sprich Evaluierung der Lehrleistungen durch Studentinnen, Studenten, Vorgesetzte, Öffentlichkeit et cetera, also damit, daß ständiger Publikationszwang sozusagen als Herausforderung auf sie einwirkt. Sie läßt dabei gerne zu, daß sie sich längst von eigenen Privatlebensansprüchen und Familienabsichten verabschiedet hat. Ihre ständige Mobilitätsbereitschaft hält sie immer in Bewegung, sie stellt sich jedem nationalen und internationalen Ranking, ebenso wie sie eine Schönheitskonkurrenz als Herausforderung besteht und sich vor allfälligen sexuellen Diskriminierungen in acht nimmt beziehungsweise diese ebenfalls erfolgreich abwehrt.

Diese Liste läßt sich beliebig fortsetzen. Personenbezeichnungen gelten, auch wenn von mir die weiblichen genannt wurden, immer für beide Geschlechter.

Die kürzlich vorgelegte ÖH-Studie zur Lage der Universitäten und ihrer Qualitäten zeigt, daß es unzulässig ist, von der Lage der Universität oder von der schlechten Qualität zu sprechen. – Diese Studie halte ich für sehr aufschlußreich. Ich empfehle sie quasi als Nachhang zur Enquete zum Thema Qualitätssicherung und würde sie auch gerne dem Protokoll nachempfehlen, weil sie zeigt, daß die Probleme vor Ort gelöst werden müssen, daß sie bei Veterinärmedizinern und Juristen anders aussehen als bei Wirtschaftsuniversitäten und daß die Geisteswissenschaften gar nicht so schlecht dastehen, wie man im allgemeinen meint.

Das heißt, es ist für die Universitäten ratsam, differenzierte Problemlösungswege zu beschreiten, ebenso auch für das Ministerium, um den Eindruck, der an den Universitäten herrscht, ein wenig abzuschwächen: Der Herr Minister beschert uns eine ständige Großbaustelle, und wir sind damit beschäftigt, Schilder aufzustellen, für Absperrungen zu sorgen, die Künetten zu sichern, also zu versorgen, zu betreuen, abzusperren, abzusichern, und kommen nicht zum Eigentlichen. Das habe ich auch als Succus aus der Qualitätssicherungsenquete mitgenommen, und ich hoffe, wir werden noch der Auswertungsmöglichkeiten viele haben. Arbeit liegt genug vor uns! (Beifall bei der ÖVP.)

23.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Schöggl. – Bitte.

23.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich möchte zuerst ganz kurz ein paar Worte zu dieser Enquete sagen. Der Titel der Enquete "Qualitätssicherung für Lehre und Forschung an den heimischen Universitäten" war mißverständlich. Die einzelnen Referenten haben das auch ganz deutlich in ihren Äußerungen gezeigt: Viele haben den Titel so verstanden, als ob es sich um Maßnahmen im Sinne eines quality management und im Sinne der entsprechenden Normen handeln würde. Es war eigentlich eine Veranstaltung zum Dampf- und zum Frustablassen. Es war mehr oder weniger eine Alibiveranstaltung, und es wird sich zeigen, wie weit die dort im Grunde genommen erst andiskutierten Probleme einer weiteren Behandlung zugeführt und ob sie zu konkreten Maßnahmen führen werden. Die Erkenntnis, die Frau Kollegin Brinek angesprochen hat, daß die Probleme überall anders gelagert sind, ist zwar wesentlich, aber dafür braucht man eigentlich keine Studie, weil es in der Sache an sich liegt, daß die Probleme von Technikern und Juristen an den Universitäten eben verschieden sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Noch ganz kurz zu meinem Antrag betreffend Beseitigung der Diskriminierung von Inländern im Zuge der Zulassung zu österreichischen Universitäten: Es besteht der dringende Bedarf nach Behebung dieses Mißstands, und zwar insofern, als Auslandsösterreicher, die an deutschsprachigen oder österreichischen Schulen im Ausland die Matura abgelegt haben, nicht an österreichischen Universitäten studieren können, wenn sie nicht die Studienerfordernisse für die Zulassungen im jeweiligen Land erreichen. Das heißt: Ein Österreicher, der in Deutschland maturiert, kann in Österreich nicht Medizin studieren, wenn er nicht die Bedingungen für den Numerus clausus erfüllt. – Dieser Mißstand ist abzustellen. Daher ersuche ich um Ablehnung des Ausschußberichtes und um Zustimmung zu unserem Antrag! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte.

23.59

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Gredler, ich glaube nicht, daß es nur eine Organisationsfrage ist, sondern diese Problematik ist systemimmanent. (Abg. Dr. Gredler: ... an der medizinischen Fakultät!)

Gerade an der medizinischen Fakultät! Kennen Sie nicht die Studie dieser niederländischen Gruppe, die ja besagt hat, daß es um unsere medizinischen Studien eigentlich sehr traurig aussieht? Herr Professor (Abg. Dr. Gredler: Es geht um die Prüfungstermine!) – um die Termine geht es nicht, es geht um das Studium an sich; natürlich, die Termine kann man dann mit einbauen –, Sie haben darauf hingewiesen, daß das Medizinstudium ein Superstudium war beziehungsweise die Medizin als solche höchste Anerkennung genoß, aber das war vor 70 Jahren! Die Wiener Schule war ja die berühmteste, es fanden sich unter ihren Vertretern auch Nobelpreisträger. Ich denke etwa an Landsteiner, der die Blutgruppen eigentlich in Österreich entdeckt, aber diese Forschungen erst in Amerika veröffentlicht hat, weil er ja vertrieben worden ist – wir wissen ja um diese Problematik. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Gerade das Medizinstudium hat eigentlich insbesondere durch diese Gruppierung in den Niederlanden bei uns keinen besonders guten Ruf mehr bekommen.

Dieser Bericht befaßt sich in erster Linie mit den Medizinstudien und den universitären medizinischen Forschungen in Österreich. Die Schlußfolgerungen sind aber keineswegs nur spezifisch für das Medizinstudium, sondern sie zeigen, wie ich zuerst schon gesagt habe, systemimmanente Schwächen an unseren Universitäten auf. Auf diese Mängel und Schwächen haben die medizinischen Fakultäten bereits in der letzten Zeit hingewiesen. Das müßte eigentlich die Evaluierungskommission der Rektorenkonferenz bereits wissen. Warum da – auch von seiten des Ministeriums – nichts unternommen wurde, das frage ich mich schon.

Worin liegen diese Mängel in Wirklichkeit? – Das Studiengesetz der Medizin ist veraltet! Diese Strukturen wurden im Jahr 1902 geschaffen. Eine Reform kam im Jahr 1979, und die war nur marginal. Man hat die Zahl der Rigorosen von 16 auf 23 erhöht, aber das ist natürlich keine Lösung. Es gibt kein vernetztes Lernen bei einzelnen Fächern innerhalb der drei Studienabschnitte. Zum ersten Patientenkontakt kommt es im dritten Studienabschnitt. Das ist viel zu spät! Die Studienverzögerungen traten und treten während des ersten Studienabschnittes – das ist der theoretische Teil – ein. Da verzweifeln viele Medizinstudenten, die ja etwas Praktisches tun wollen.

Herr Minister – leider ist er ja nicht da –, Ihr Ministerium hat sich jahrzehntelang nie zu einer grundlegenden Reform des Medizinstudiums durchringen können! Jetzt gibt es ein Curriculum der Universität Wien und auch der Universität Graz, das ein wesentlich praktischeres Studium vorstellt. Herr Minister – ich sage es ihm jetzt in Abwesenheit –, sorgen Sie dafür, daß dieses Studium auch durchgeführt wird und daß die entsprechenden Kontrollen gegeben sind! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

00.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir haben kein Schlußwort des Berichterstatters und treten daher in die Abstimmung ein. Ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehmen möchte.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, das vorliegende Protokoll III-181 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dieses zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Das Protokoll ist damit zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1788 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt durch die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 1789 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es erfolgt durch die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 1624 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist stimmeneinhellig der Fall. Angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Anlage in 1642 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie dies tun wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt einhellig. Die Genehmigung ist damit erteilt.

38. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Bericht (III-190 der Beilagen) des Bundesministers für Inneres über den Zivildienst und die mit ihm zusammenhängende finanzielle Gebarung für die Jahre 1997 und 1998 (1829 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun Punkt 38 der Tagesordnung auf.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir kommen daher sogleich zur Debatte.

Erster Redner ist Herr Klubobmann Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

00.05

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt schon zum x-ten Mal den Zivildienstbericht, und jedesmal verweisen wir auf unbefriedigende Situationen bei diesem Wehrersatzdienst. Meistens haben wir von diesem Rednerpult aus kritisiert – und auch heute müssen wir das wieder tun –, daß die Zahl der Zivildienstanträge nach wie vor im Steigen begriffen ist. Es sind über 9 000 Zivildienstanträge im Jahr zu verzeichnen. Sie wissen ganz genau, daß das österreichische Bundesheer von einer Zivildienerzahl von etwa 6 000 im Jahr ausgegangen ist. Diese 3 000 fehlen dem Heer bei der Erfüllung der wichtigen und notwendigen Verpflichtungen, die ihm laut Verfassung zugeordnet sind.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, haben wir auch immer wieder kritisiert, daß dieser Zivildienst in der Verfassung als Wehrersatzdienst in Ausnahmefällen tituliert ist. Das heißt, jemand, der aus Gewissensgründen nicht in der Lage ist, den Dienst mit der Waffe zu leisten, kann den Wehrersatzdienst leisten. Nach Abschaffung der Zivildienstkommission, zu der wir uns auch bekannt haben, ist aber diese in der Verfassung normierte Bestimmung in Wahrheit totes Recht geworden. Denn heute hat jeder taugliche junge Mann die freie Wahl, entweder Dienst mit der Waffe beim österreichischen Bundesheer oder aber diesen Wehrersatzdienst zu machen.

Da es überhaupt kein Regulativ mehr gibt und auch die längere Dauer anscheinend nicht ausreicht, um die Vorteile – so dürfte es ja sein – des Zivildienstes gegenüber dem Wehrdienst auszugleichen, gibt es eben diesen Zustrom.

Herr Bundesminister! Warum das so problematisch ist, merkt man letztlich bei den Einsätzen des Bundesheeres, die dann nicht mehr oder nur mehr unzureichend durchzuführen sind, wie etwa im Katastrophenschutz. Wir haben es gesehen im Fall von Galtür – ich war vor einigen Tagen selbst dort –, wo man noch immer dabei ist, die Folgen der Umweltkatastrophe des vorigen Winters zu beseitigen. Dort bräuchte man dringend Soldaten, um diese Umweltschäden zu beseitigen. Man hat aber keine zur Verfügung, weil gerade jetzt, in dieser witterungsbedingt kurzen Zeit, in der es möglich ist, vor allem die Geröllmassen bestmöglich zu entsorgen, fast alle Tiroler Grundwehrdiener Assistenzeinsatz an der burgenländischen Grenze leisten müssen.

Herr Innenminister! Da frage ich mich schon: Warum ist es nicht möglich, Zivildiener, die sich ja dazu bereit erklären, für die Gesellschaft, auch für den Zivilschutz, einen Dienst zu leisten, für diese wichtige Einsatzmöglichkeit heranzuziehen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gerade dort, wo man zuwenig Grundwehrdiener für diese Aufgaben hat, müßte dies doch möglich sein. Wir sollten daher auch nicht den Auslandszivildienst propagieren. Der Wehrersatzdienst hat als Dienst an der österreichischen Gesellschaft und deshalb auch ausschließlich im Inland abgeleistet zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das wäre wichtig, Herr Innenminister. Wir haben ein absolutes Manko im Zivil- und Katastrophenschutz. Es wäre daher eine wichtige Aufgabe auch für Ihr Ressort, den Zivildienst in eine derartige Zivil- und Katastrophenschutzeinrichtung umzuwandeln. Anstatt krampfhaft zu versuchen, bei irgendwelchen Organisationen Zivildienstplätze zu suchen – die man dann natürlich auch findet, denn diese billigen Arbeitskräfte sind ja gern gesehen –, sollte man dafür sorgen, daß der Zivildienst, wenn man schon diese Zwangsverpflichtung hat – und Sie wissen ganz genau, daß wir der Meinung sind, daß mittelfristig die allgemeine Wehrpflicht und damit auch die Zivildienstpflicht zu hinterfragen sind –, auch eine sinnvolle Tätigkeit ist. Gerade im Bereich des Zivil- und Katastrophenschutzes wäre es notwendig – Kollege Gaál weiß, wovon ich spreche –, die Zivildiener verstärkt einzusetzen, denn das wäre auch eine ganz wichtige Aufgabe für die österreichische Gesellschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Schwemlein zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. Gesamtredezeit Ihres Klubs: 17 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.10

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich werde mich sehr kurz fassen, möchte aber dennoch einen Dank voranstellen.

Zum einen ist der vorliegende Zivildienstbericht ein äußerst umfangreicher, sehr gut gestalteter und informativer. (Abg. Hans Helmut Moser: Bist du sozusagen zufrieden?) Deshalb darf ich Ihnen, Herr Minister, und vor allem auch Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diesen Bericht danken. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum zweiten, meine Damen und Herren, möchte ich den Dank auch an all jene aussprechen, die Zivildienst leisten, denn es ist eine Tatsache, daß der Zivildienst in Österreich eine äußerst hohe Akzeptanz genießt und eigentlich nicht mehr wegzudenken ist, wenn wir die Fülle an sozialen Einrichtungen betrachten, die Zivildiener sehr gerne aufnehmen.

Im dritten wesentlichen Punkt, meine Damen und Herren, muß ich ganz kurz auf eine Pressemeldung eingehen, die den Titel "Neue Sorge um Anstieg der Zivildiener" getragen hat. Darin hat Kollege Kiss dramatisch aufgezeigt, daß es anscheinend über 103 000 Männer gibt, die auf die Zuteilung einer Zivildienststelle warten. Wir haben im Ausschuß schon darüber gesprochen, aber ich möchte klarerweise auch das Plenum des Hohen Hauses kurz damit befassen.

Kollege Kiss ist da natürlich völlig falschen Zahlen mehr oder weniger auf den Leim gegangen. Wir konnten ihn in der Zwischenzeit sehr leicht darüber aufklären, daß er die Zahlen falsch interpretiert hat. Faktum ist, daß er zu jenen, die warten, fast 80 000 hinzugezählt hat, die bereits den Zivildienst abgeleistet haben.

Im Prinzip schaffen wir es sehr gut, die Anträge der Zivildiener positiv zu erledigen und den Terminwünschen zu entsprechen. Ich glaube aber, daß wir alle, meine Damen und Herren, gefordert sind, uns dafür einzusetzen, daß der Herr Innenminister aus dem Budget mehr Geld zur Verfügung gestellt bekommt, damit mehr junge Männer, die daran interessiert sind, den Zivildienst abzuleisten, auch entsprechende Stellen bekommen können. (Beifall bei der SPÖ.)

0.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. Restredezeit Ihres Klubs: 9 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.13

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zunächst einmal darauf hinweisen, daß der Zivildienstbericht prompt und aussagekräftig ist. Ich halte das für wichtig. Er entspricht mit seinem Zahlenwerk dem, was man sich unter einem solchen Bericht vorstellt, und er wurde auch zeitnah erstattet, denn wir haben jetzt Mai 1999 und besprechen den Bericht 1998. Das, so glaube ich, ist als positiv hervorzuheben.

Was uns aber weiterhin Kummer bereitet, ist der Umstand, daß es tatsächlich einen gewissen Rückstau gibt, daß also immer noch eine nennenswerte Anzahl von Zivildienern ihren Zivildienst nicht ganz periodengerecht ableisten kann. Wir sind aber der guten Hoffnung, daß sich das bessern wird. Wir haben im Ausschuß darüber gesprochen, und wir haben im Ausschuß auch zur Kenntnis genommen, daß die Zivildienstzahlen keinen nennenswerten Einfluß oder eigentlich keinen Einfluß auf die Möglichkeiten der Landesverteidigung haben, da genügend Grundwehrdiener zur Verfügung stehen.

Das sollte zu einem Nachdenken über die Frage, ob die zwölf Monate weiterhin notwendig sind, Anlaß geben, aber das ist vielleicht einmal in einer anderen Debatte besser unterzubringen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

0.14

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die nächste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Freund vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: gleichfalls 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.14

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Einleitend möchte ich zum heute vorliegenden Zivildienstbericht klar und deutlich festhalten, daß aus Sicht der ÖVP die Zivildiener sehr wichtig sind und daß sich die ÖVP klar und deutlich zum Zivildienst bekennt.

Ohne die Bedeutung unseres Bundesheeres oder die Wehrpflicht in Frage zu stellen, muß festgehalten werden, daß die Zivildiener einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Gesellschaft, vor allem im Sozialbereich, leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Tagtäglich stellen sie ihre Dienste, und das heißt in erster Linie ihre Arbeitskraft, der Allgemeinheit zur Verfügung. Pro Jahr verzeichnen wir bei der Zahl der Zivildienstleistenden im Durchschnitt einen Zuwachs von zirka 2 bis 3 Prozent. 1996 waren es 6 330 Zivildiener, und im Jahr 1998 stieg die Zahl der Zivildienstpflichtigen auf 8 900.

Einen Aufwärtstrend gibt es auch bei den anerkannten Zivildiensteinrichtungen. Anfang 1997 betrug die Zahl der anerkannten Zivildiensteinrichtungen 717, und mit Ende 1998 ergab sich bereits ein Gesamtbestand von 775 anerkannten Zivildiensteinrichtungen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Auf ein großes Problem will ich in diesem Zusammenhang aufmerksam machen: Derzeit warten rund 4 700 Zivildiener auf einen Zivildienstplatz. Das Innenministerium hat bereits angekündigt, es werde auch heuer wieder zirka 7 200 Personen bei Rettungsdiensten und anderen Hilfsorganisationen unterbringen. Tatsache ist, daß die Wartezeit eines Zivildieners auf einen Zivildienstplatz nicht, wie von Ihnen, geschätzter Herr Bundesminister, behauptet, maximal ein Jahr beträgt, sondern daß in der Realität mindestens ein Jahr, wenn nicht bis zu zwei Jahren gewartet werden muß.

Herr Bundesminister! Es muß schneller zugewiesen werden. Auch die Zahlen in Oberösterreich belegen das. Oberösterreich hat mit Stand 1. Jänner 1999 1 753 anerkannte Zivildienstplätze. Das Innenministerium hat jedoch im Vorjahr nur 1 361 Zivildiener zugewiesen. Für heuer wurde in etwa diese Zahl angekündigt. Ich ersuche Sie daher, speziell in diesem Fall rascher zuzuweisen.

Ganz deutlich sieht man die Notwendigkeit der Zivildiener bei den Blaulichtorganisationen wie etwa beim Roten Kreuz. 35 Prozent aller Zivildiener wurden 1997 und 1998 diesen Organisationen zugewiesen, 15 Prozent an Krankenanstalten, und zirka 18 Prozent wurden der Behindertenhilfe und der Altenbetreuung zugewiesen.

Auch auf den Bauernhöfen, wo es leider immer wieder Unglücksfälle gibt, sind Zivildiener unverzichtbar. Diese freiwilligen Hilfsdienste sollten auf keinen Fall gefährdet werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

0.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lafer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.17

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte nochmals auf die Debatte, die bereits mein Klubobmann Herbert Scheibner eröffnet hat, eingehen und richtigstellen, daß es bei den Zivildienstpflichtigen wirklich kein Regulativ mehr gibt, und zwar insofern, als – siehe die Gegenüberstellung im Zivildienstbericht – die im Jahr 1993 erreichte Zuwachsrate von 38,10 Prozent zwar mittlerweile abgenommen hat, wir im Jahr 1998 aber bereits wieder von einer Zuwachsrate von 22,86 Prozent ausgehen.

Herr Bundesminister! Sie selbst haben im Innenausschuß gesagt, daß es mehr Bereitschaft gibt, in den Zivildienst zu gehen. Es gibt dazu auch die entsprechenden Pressemeldungen. Ich möchte sie nicht zitieren, denn Sie wissen ja genau, was in diesen enthalten ist.

Eine Frage, die hier zu klären ist, ist aber eine ganz andere: Was ist eigentlich dieser Zivildienst? – Zivildienst ist Wehrdienstersatz oder Wehrersatzdienst – wie auch immer er bezeichnet wird –, und es stellt sich die Frage: Wo bleibt da der Gleichheitsgrundsatz?

Ein Zivildiener hat heute die Möglichkeit, sich seinen Zivildienstplatz selbst auszusuchen. Wenn er nicht frei ist, kommt er auf eine Warteliste. Zivildienstplätze, die in anderen Bereichen frei sind, werden nicht nachbesetzt und können auch nicht durch andere Zivildiener besetzt werden. Das heißt, da kommt es zu einer Ungleichgewichtung: teilweise zu einer Überbelastung, teilweise zu einer Unterbelastung.

Es muß der Grundsatz gelten: Zivildienst kann nur ein Wehrdienstersatz sein und hat von all jenen, die dazu verpflichtet sind, auch tatsächlich wahrgenommen zu werden, und dies vor allem, meine sehr geehrten Damen und Herren, in Österreich.

Wenn ich diesen Zivildienstbericht ansehe – Herr Bundesminister, ich habe Sie diesbezüglich bei der letzten Ausschußsitzung schon gefragt –, allein diese Tabelle, die aufzeigt, wo zum Beispiel in Deutschland Zivildiener eingesetzt sind, dann muß ich mich schon fragen, ob wir in Österreich Zivildiener nicht vernünftiger einsetzen können, ob sie nicht vernünftiger für unsere Republik arbeiten können, als etwa in Deutschland oder in anderen Ländern. Im Gegensatz dazu hat der österreichische Grundwehrdiener beim Militär nicht die Möglichkeit, sich auszusuchen, wo er Dienst macht, sondern er wird eingeteilt. Der Zivildiener kann sich das selbst einteilen.

Deshalb muß wieder auf diesen Gleichheitsgrundsatz verwiesen werden: Wenn schon ein Zivildienst zu leisten ist, dann kann er nur ein Wehrdienstersatz sein. Dann aber muß Gleichheit für alle gelten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.20

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist Frau Abgeordnete Haidlmayr gemeldet. – Frau Abgeordnete Haidlmayr, die Restredezeit Ihres Klubs beträgt 7 Minuten. (Abg. Haidlmayr: Nein, 12 Minuten! Ich habe 7 Minuten!) Ich habe mich geirrt. Bitte um Entschuldigung! Freiwillige Redezeit: 7 Minuten.

0.21

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zuerst auf einige Bemerkungen von Vorrednern eingehen, und zwar zunächst auf die Ausführungen von Herrn Scheibner, der behauptet hat, daß Zivildiener Vorteile gegenüber Grundwehrdienern hätten.

Herr Scheibner, ich weiß nicht, wie intensiv Sie sich schon einmal mit Menschen, die Zivildienst machen, auseinandergesetzt haben. (Abg. Scheibner: Sehr!) Wenn Sie glauben, daß Menschen, deren Aufgabe in der Betreuung von schwerstbehinderten, von alten und kranken Menschen, von Menschen, die bei Unfällen abgeholt und ins Krankenhaus gebracht werden müssen, et cetera besteht, einen Vorteil haben gegenüber jenen, die in der Kaserne sind (Abg. Scheibner: Aber das dürfen die doch alle nicht machen, Frau Kollegin! Das wissen Sie doch! Die werden doch nur für Hilfstätigkeiten herangezogen!), dann, muß ich sagen, haben Sie sich mit dem Zivildienst leider noch viel zuwenig auseinandergesetzt. (Abg. Scheibner: Das sind doch alles falsche Geschichten!) Ich lade Sie ein, mit mir einmal in ein Altenheim, in ein Schwerstbehindertenheim oder in ein Krankenhaus zu gehen, denn dann würden Sie Ihre Flausen, zu meinen, daß Zivildiener bevorteilt sind (Abg. Scheibner: Was heißt "Flausen"?), sehr schnell abbauen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: "Flausen"?)

Noch etwas, Herr Scheibner: Sie haben auch gesagt, daß man jetzt in Galtür Zivildiener brauchen würde, weil die Tiroler momentan ihre Grundwehrdiener auf Assistenzeinsatz im Burgenland haben. Ich glaube, Herr Fasslabend müßte doch in der Lage sein – die Katastrophe in Galtür hat ja nicht erst gestern stattgefunden, sondern bereits vor Monaten –, das Ganze so zu koordinieren (Abg. Scheibner: Wenn er keine Leute hat, weil alle zum Zivildienst gehen, dann kann er nichts mehr koordinieren!), daß in dieser Zeit die Tiroler Grundwehrdiener in Tirol bleiben könnten, inzwischen vielleicht von Grundwehrdienern aus einem anderen Bundesland Assistenzeinsatz gemacht wird (Abg. Scheibner: Die machen das ohnehin dauernd!) und die Tiroler unter Umständen erst später drankommen.

Die Folgen daraus, daß Herr Fasslabend nicht in der Lage ist, eine ordentliche Koordination durchzuführen, können nicht auf dem Rücken der Zivildiener ausgetragen werden. (Abg. Scheibner: Ist das etwas Schlechtes, daß man dort bei dieser Katastrophe hilft? Ist das etwas Schlechtes, daß ein Zivildiener das macht?)

Ein Zivildiener kann nicht vom Krankenhaus abgezogen werden, er kann nicht vom Altenheim und auch nicht vom Rettungswesen abgezogen werden. Denn ich frage mich: Wer macht dann die Arbeit des Zivildieners in diesen Einrichtungen?

Auch die Vorstellung, daß sich alle Zivildiener ihre Zivildienstplätze selbst aussuchen können, basiert eher auf einer Illusion. Auch das stimmt nicht ganz, Herr Scheibner, sondern Zivildiener haben die Möglichkeit, drei Zivildienststellen, denen sie Priorität geben würden, anzugeben, in der Hoffnung, daß sie dann eine von diesen drei Stellen bekommen. Anspruch darauf haben sie nicht. (Abg. Scheibner: Ich habe das überhaupt nicht gesagt, Frau Kollegin! Aber nach Tirol wird er als Wiener nicht versetzt!)

Noch ein Punkt, Herr Scheibner: Sie haben gesagt, die Zivildiener sollten auch eine sinnvolle Tätigkeit machen. Ich frage Sie daher, ob Arbeiten im Rettungswesen, im Behindertenwesen, im Krankenwesen et cetera für Sie keine sinnvolle Tätigkeiten sind! (Abg. Scheibner: Ich weiß nicht, wem Sie da zugehört haben! Ich habe das alles nicht gesagt! – Abg. Schwemlein: So lange hat er gar nicht geredet!) Falls nein, kann ich Ihnen dazu nur sagen: Sie würden schön schauen, wenn Sie heute bei einem Verkehrsunfall plötzlich niemanden mehr hätten, der Sie ins Krankenhaus bringen würde – also eine sinnvolle Tätigkeit. (Abg. Scheibner: Das habe ich alles nicht gesagt! – Abg. Schwemlein: Aber hättest du so lange geredet, dann hättest du es gesagt!)

Ich würde Ihnen vorschlagen, ein bißchen vorsichtiger zu sein, denn Sie wissen, daß gerade die Länder sehr froh darüber sind, genügend Zivildiener zu haben. (Abg. Scheibner: Aber Sie bringen mich auf gute Ideen!) Auch Ihr Landeshauptmann in Kärnten wird sehr froh sein, daß er genügend Zivildiener in seinem Bundesland hat, denn hätte er diese Zivildiener nicht, müßte das Land einige Millionen Schilling zusätzlich aufbringen, um die Leistungen der Zivildiener durch andere Arbeitskräfte erbringen zu lassen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kiss! Daß Sie den Zivildienstbericht falsch gelesen haben, das glaube ich nicht. Ich glaube, Sie haben ihn schon richtig gelesen und Sie haben bewußt in die Medien gebracht, daß 103 000 Zivildiener auf einen Zuweisungsplatz warten. Wenn das stimmen würde, Herr Kiss, dann wäre das ein Rückstau von 15 Jahren! Daß das nicht ernst sein kann, das müßten Sie wissen. Ich glaube, Sie wollten damit nur wieder einmal zeigen, daß Sie die Zivildiener eigentlich nicht so gern mögen, auch wenn Sie in letzter Zeit vielleicht manchmal den Eindruck erwecken wollten, daß sie Ihnen doch angenehm sind.

Jetzt zum Zivildienstbericht. Herr Minister, der Zivildienstbericht ist – das ist unbestritten – sehr ausführlich und sehr umfangreich. Er zeigt erfreulicherweise auch, daß der Zugang zum Zivildienst steigt. Wir sind sehr froh darüber, weil gerade Behinderteneinrichtungen auf Zivildiener angewiesen sind und diese ihre Arbeit wirklich ordentlich machen können.

Ein Bereich, der noch geändert werden muß, ist die Ungleichstellung beim Zivildienst, aber nicht in der Richtung, die von Herrn Lafer angesprochen wurde, sondern es muß wieder die zeitliche Gleichstellung von Zivildienst und Grundwehrdienst angestrebt werden. Es kann nicht so sein, daß der Grundwehrdienst acht Monate und der Zivildienst zwölf Monate dauert.

Auch die Entschädigung für Zivildiener und Grundwehrdiener muß gleich sein, denn bei den Pauschalvergütungen, die Zivildiener und Grundwehrdiener erhalten, ist es derzeit so, daß Zivildiener um 1 000 S weniger bekommen.

Auch die Frage der Wohnkostenbeihilfen muß endlich geregelt werden, denn es kann nicht so sein, daß ein Zivildiener, der in einer Wohngemeinschaft lebt, keine Wohnkostenbeihilfe mehr bekommt (Abg. Scheibner: Das geht dem Grundwehrdiener genauso!), nur weil er in seiner Wohngemeinschaft über kein eigenes WC und über keine eigene Küche verfügt. (Abg. Scheibner: Das ist beim Grundwehrdiener genauso!) Ist ein Grundwehrdiener oder Zivildiener verheiratet, dann hat er normalerweise auch keine eigene Küche und kein eigenes WC im Familienverband, aber dann bekommt er seine Wohnkostenbeihilfe. Die derzeitige Regelung kann also nicht Sinn der Sache sein.

Einen Bereich, Herr Minister, den ich auch schon öfters angesprochen habe, stellen die Zuweisungstermine dar. Ich würde vorschlagen, weil es allen etwas bringen würde, statt drei Terminen vier Zuweisungstermine im Jahr vorzusehen, nämlich im Jänner, im April, im Juli und im Oktober. Mit vier Zuweisungsterminen wäre es für die Einrichtungen besser, weil die Überschneidungen kürzer wären, und das kann ja nur im Interesse aller sein.

Ich wünsche mir – nicht nur für mich als Person, sondern auch für alle Einrichtungen, die auf Zivildiener angewiesen sind –, daß es weiterhin möglich ist, daß genug Zivildiener in diese Einrichtungen kommen. Sie werden dort gebraucht, sie werden dringend gebraucht. Wenn wir sie nicht hätten, würde das soziale Netz zusammenfallen. Das muß uns allen bewußt sein.

Herr Minister! Ich würde Sie auch bitten, die Ungleichstellung der einzelnen Einrichtungen bei den Kosten, die sie für Zivildienstleistende bezahlen müssen, zu beseitigen. Es kann nicht so sein, daß die Blaulichtorganisationen – und das erst seit heuer – zirka 1 300 S pro Monat und Zivildiener zu bezahlen haben, während auf der anderen Seite Behinderteneinrichtungen und andere Einrichtungen 4 500 S oder 5 000 S für den Zivildiener bezahlen. Ich glaube, es sollte in diesem Fall zu einer Angleichung kommen: Jede Einrichtung sollte pro Zivildiener einen Fixbetrag bezahlen, und der muß österreichweit gleich sein.

Das sind meine Forderungen. Die entsprechenden Anträge habe ich heute eingebracht, beziehungsweise sie liegen bereits auf. Ich wünsche mir, daß diese wesentlichen Punkte in den nächsten Verhandlungen besprochen werden und daß vielleicht noch ein Teil vor dem Sommer hier in diesem Parlament beschlossen werden kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum.)

0.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Gaál. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.30

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Zivildienstbericht für die Jahre 1997 und 1998 bestätigt wieder einmal, daß es möglich ist, die Anliegen jener jungen Menschen, die bei Leistung des Wehrdienstes in große Gewissensnot geraten und ihn ablehnen, zu berücksichtigen. Er zeigt aber auch, daß dabei den Erfordernissen der militärischen Landesverteidigung Rechnung getragen wird und der militärische Dienst an sich nicht zu kurz kommt. Bundesminister Fasslabend bestätigt uns ja immer wieder – und zwar glaubhaft, wie wir meinen –, daß die jährlich erforderliche Anzahl an Grundwehrdienern sichergestellt ist. Ich sehe daher keine Gefährdung der militärischen Landesverteidigung durch die Institution Zivildienst.

Wir bekennen uns zu der Einrichtung Zivildienst genauso wie zum österreichischen Bundesheer. Mit dem Jahr 1997 ist ja – das ist heute schon gesagt worden – die Gewissensprüfung weggefallen. Das ist eine Regelung, die einer modernen, aufgeschlossenen und liberalen Gesellschaft entspricht und die sich trotz vieler negativer Prognosen in der Praxis bewährt hat. Uns ging es 1997 um eine zeitgemäße, gesellschaftspolitisch sinnvolle und vor allem dauerhafte Reform des Zivildienstes, meine Damen und Herren, und mit diesem Gesetz wurde im großen und ganzen eine gleichwertige Behandlung von Zivil- und Präsenzdienst erreicht.

Allem voran steht natürlich das grundsätzliche Bekenntnis zur militärischen Landesverteidigung. Ich bin mit all jenen einer Meinung, die da sagen, daß der Zivildienst die Ausnahme von der Regel Wehrdienst sein muß. Daher ist der Zivildienst kein Alternativdienst, sondern ein Ersatzdienst. (Abg. Scheibner: Sollte kein Alternativdienst sein!) Für ein glaubwürdiges und vernünftiges Maß an Verteidigungsfähigkeit ist nun einmal ein entsprechendes militärisches Kräftepotential erforderlich. Das alles ist nur im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht und in dem jetzt gefundenen ausgewogenen Verhältnis zwischen Präsenz- und Zivildienern sichergestellt.

Die Dienstleistungsgebiete des Zivildienstes wurden ausgeweitet. Es gibt mehr anerkannte Einrichtungen, und das bedeutet auch weitere, zusätzliche Zivildienstplätze. Damit wird es möglich sein, daß jeder, der sich zum Zivildienst meldet und anerkannt wird, innerhalb einer angemessenen Frist zur Leistung des Zivildienstes herangezogen werden kann.

Es wurde für die Erstellung dieses umfangreichen und aussagekräftigen Berichtes bereits gedankt.

Herr Bundesminister! Ich möchte zum Schluß erwähnen, daß im Rahmen des Katastropheneinsatzes des österreichischen Bundesheeres in Galtür auch 32 Zivildiener beim Roten Kreuz, beim Landesfeuerwehrverband und in der Landeswarnzentrale eingesetzt waren. Dafür muß man diesen engagierten Zivildienern genauso wie den eingesetzten Soldaten Dank sagen.

Der vorgelegte Bericht findet unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

0.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Großruck. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.33

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Kollegin Haidlmayr! Daß die Grünen mit dem Militär nicht viel am Hut haben, das beweisen Sie, das dokumentieren Sie, und das ist Ihr gutes Recht. Aber wenn Sie hier ableiten und dem Verteidigungsminister aufgrund des Vorschlages von Herrn Kollegen Scheibner, daß auch Zivildiener im Katastropheneinsatz verwendet werden sollten, jetzt am Beispiel Galtür vorwerfen, er sei nicht kooperationsbereit, er hätte ein Chaos zu verantworten und er könnte nicht entsprechend disponieren, dann ist dieser Vorwurf sehr an den Haaren herbeigezogen, Frau Kollegin Haidlmayr, und unterstreicht nur Ihre grundsätzliche Haltung gegen das Bundesheer und alles, was mit Militär zu tun hat. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Ich meine, jeder hat gesehen, wie vorbildlich das Bundesheer in Galtür eingesetzt war. Unter der Obhut und dem Oberbefehl des Bundesheeres waren sämtliche Einsätze koordiniert. Dort hat also alles geklappt, und in diesem Fall kann man nicht von einer Fehleinschätzung oder einem falschen Einsatz reden. – Das nur kurz zu Ihren Ausführungen.

Herr Bundesminister! Uns liegt ein umfangreicher Zivildienstbericht über die Jahre 1997 und 1998 vor. Ich möchte eines ebenfalls klarstellen oder betonen: Es ist auch im Ausschuß leise Kritik daran vorgebracht worden, daß das Bundesheer seitens des Verteidigungsministeriums jene Wehrpflichtigen, die ihre Stellung absolviert haben, nicht genügend informiere. Ich darf dazu mitteilen, daß fast zwei Drittel des Inhalts dieses Merkblattes auf Zivildienstinformationen entfallen und der Bundesminister in einer Weisung genau mitgeteilt hat, wie zu informieren ist. Nachdem ein Fall vorgekommen ist, daß ein Wehrpflichtiger gesagt hat, er sei nicht richtig informiert worden, hat Bundesminister Fasslabend veranlaßt, daß alle Wehrpflichtigen mit RSb-Briefen – also nachweislich zugestellten Briefen – die nötigen Informationen über die Zivildienstgesetz-Novelle bekommen. Das ist also sichergestellt, und ich glaube, daß hier gewisse Vorwürfe falsch wären.

Ich darf hinzufügen, daß der Zivildienstbericht einen umfangreichen Überblick über den Zivildienst gibt und daß wir ihm selbstverständlich zustimmen werden.

Herr Bundesminister! Zwei Dinge darf ich noch anführen. Ich habe mit Vertretern des Roten Kreuzes gesprochen; von seiten des Roten Kreuzes wird moniert, daß meist zuwenig Zivildiener zugeteilt werden. Diese Problematik ist uns klar. (Beifall des Abg. Dr. Khol.) Weiters ist es ein Problem, Herr Bundesminister, daß die Zurückweisung von ungeeigneten Zivildienern – das mag auch vorkommen, daß manche einfach nicht geeignet sind – fast nicht möglich ist, da kein Ersatz vom gleichen Turnus vorhanden ist. Wenn wir den Zivildienstbericht diskutieren, wie er auf dem Papier geschrieben steht, dann sollten wir auch über Verbesserungsmöglichkeiten nachdenken. Ich bitte und ersuche Sie, auch diesen Vorschlägen, nämlich daß mehr Flexibilität beim Einsatz besteht und daß den Intentionen des Roten Kreuzes besser entsprochen wird, nachzukommen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

0.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Mag. Schlögl. – Bitte, Herr Bundesminister.

0.37

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß dieser Zivildienstbericht – wie er jedes zweite Jahr von meinem Ministerium vorgelegt wird – sehr wichtig und sehr gut ist. Ich möchte mich, weil es niemand von den Rednerinnen und Rednern getan hat, bei den Beamten des Innenministeriums sehr herzlich für den ... (Widerspruch des Abg. Schwemlein.) Entschuldigung, Kollege Schwemlein, ja! Ich möchte mich also gemeinsam mit den Abgeordneten, die das bereits getan haben, herzlichst dafür bedanken, daß die Beamten innerhalb kürzester Zeit den Zivildienstbericht der Jahre 1997 und 1998 vorgelegt haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Klubobmann Scheibner hat davor gewarnt, daß die Zahl der Zivildienstleistenden im Steigen begriffen ist. Für mich als Innenminister ist das eigentlich ein positives Zeichen, weil ich dafür verantwortlich bin, daß 775 Trägervereine und -institutionen in Österreich die Möglichkeit haben, möglichst viele Zivildiener zugewiesen zu bekommen. Deshalb habe ich damit kein großes Problem. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist aber nicht der Auftrag!)

Ich bin mir selbstverständlich dessen bewußt, daß der Verteidigungsminister wachsam sein muß, damit er ... (Abg. Scheibner: Wir haben eine Wehrpflicht und nicht eine Zivildienstpflicht!) Ich bin mir dessen bewußt, daß der Verteidigungsminister wachsam sein muß, aber es muß natürlich auch Gründe haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn jemand sehr bewußt einen zwölfmonatigen Dienst absolviert und einen achtmonatigen Dienst beim Bundesheer ausschlägt.

Trotzdem glaube ich, daß man sich bei all den begründeten Tatsachen auch dessen bewußt sein muß, daß die dramatische Steigerung der Zahl der Zivildienstanträge nicht in diesem Ausmaß gegeben ist, Herr Klubobmann Scheibner. Denn wir hatten im Jahre 1995 35 870 taugliche Wehrpflichtige. Von ihnen haben 5 986 einen Zivildienstantrag gestellt, das sind ... (Abg. Scheibner: 30 000 Grundwehrdiener sollten wir haben!) Das sind 21 Prozent. 1998 waren es 38 951, und von ihnen haben 9 185 einen Antrag gestellt. Das sind 22,8 Prozent, die Steigerung beträgt also etwas mehr als ein Prozent, und die von Ihnen geforderten 30 000 sind nahezu erreicht.

Das heißt, wir sollten meiner Ansicht nach diese Zahlen nicht allzu dramatisch sehen. (Abg. Scheibner: 25 000 sind aber nicht 30 000!) Bitte? (Abg. Scheibner: Wie viele, haben Sie gesagt, sind wehrpflichtig?) 38 951, und es sind 9 185 Anträge auf Zivildienst gestellt worden. Anerkannt wurden 8 904 Anträge, sodaß dem Bundesheer meiner Meinung nach 30 047 Personen bleiben. Das heißt, daß der Bedarf einigermaßen abgedeckt ist. (Abg. Scheibner: Dann müssen Sie noch 10 Prozent abziehen, die vorzeitig weggehen!) Aber ich bin mir dessen bewußt, daß die Zahl der Zivildiener nach dem Knick der Jahre 1993 bis 1995 wieder deutlich steigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zweitens möchte ich sagen, daß der Vorwurf der langen Wartezeit nicht mehr in dem Ausmaß stimmt, wie er von Kollegen Freund behauptet worden ist. Im wesentlichen ist es so, daß die Wartezeit derzeit nicht länger als maximal ein Jahr ist. Ich kann Ihnen das anhand konkreter Zahlen beweisen. Seit es den Zivildienst gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben insgesamt 103 665 Personen Anträge auf Zivildienst gestellt. Von ihnen hatten 79 550 mit Ende 1998 ihren Zivildienst bereits abgeleistet.

Es verbleibt ein Rest von 24 000 Personen. Von ihnen haben 9 300 einen langfristigen Aufschub, 11 900 werden im heurigen oder im nächsten Jahr zugewiesen, und lediglich 2 787 können derzeit nicht zugewiesen werden (Abg. Scheibner: Wieso haben die alle einen Aufschub?), vor allem auch deswegen, weil eine entsprechende Anzahl von Unterlagen noch fehlt, beispielsweise Stellungsunterlagen oder Bestätigungen, daß sie auf Auslandsaufenthalt oder vorläufig untauglich sind. Das heißt, wir haben im wesentlichen kein Problem mit der Zuweisung. Da wir für nächstes Jahr vorgesehen haben, die Zahl der Zuweisungen von derzeit 7 300 auf zumindest an die 8 000 bis 8 500 zu erhöhen, gehe ich davon aus, daß die Zahl der Wartenden noch geringer wird und daß die Dauer der Wartezeit noch kürzer als ein Jahr wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mir weiters wichtig zu sagen, daß bei Katastropheneinsätzen selbstverständlich auch Zivildiener im Einsatz sind. Es war beispielsweise in Galtür so, daß 32 Zivildiener ihren Dienst geleistet haben, und zwar im Rahmen der Landeswarnzentrale des Landes Tirol, im Rahmen des Landesfeuerwehrverbandes und im Rahmen des Roten Kreuzes.

Aber Sie müssen sich dessen bewußt sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß ein Zivildiener nur über einen bestimmten Verein oder eine bestimmte Institution im Katastrophendienst tätig sein kann. Deshalb kann das nur über die Feuerwehr, über das Rote Kreuz oder eine ähnliche Organisation geschehen. Ich kann nicht eine eigene Firma beauftragen, die Zivildiener bei allfälligen Reparaturarbeiten oder anderen Aufräumungsarbeiten einsetzt. Das erschiene mir auch nicht sinnvoll. Zum Glück gibt es sehr wenige Katastrophen in Österreich in dem Ausmaß, wie es beispielsweise in Galtür der Fall gewesen ist. Das heißt, ein Zivildiener kann im Katastrophenfall nur dann eingesetzt werden, wenn er bei einer entsprechenden Organisation tätig ist. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Wir sind auch froh darüber! – Weitere Zwischenrufe.) Ich bin gerne im Parlament und will es den Abgeordneten auch zeigen, Herr Abgeordneter Nürnberger!

Frau Abgeordnete Haidlmayr! Schließlich möchte ich auch darauf hinweisen, daß ich mich bemühen werde, im Jahre 2000 oder spätestens 2001 einen vierten Zuweisungstermin für Zivildiener festzulegen. Ich glaube, das ist allein schon deswegen wichtig, weil wir derzeit im Bereich des Monats Oktober große Probleme haben.

Weiters werde ich mich in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich nicht auf die Debatte einlassen, daß wir die Beiträge angleichen, die die verschiedenen Trägervereine zu zahlen haben. Mir genügt schon die Debatte, die ich nach wie vor mit den Blaulichtorganisationen zu führen habe, die seit kurzem, nämlich seit 1. Jänner 1999, knapp 1 300 S zu zahlen haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die zahlen ja viel zuviel, die karitativen Vereine!) Das hat heftige Empörung und Unmut bei vielen Blaulichtorganisationen herbeigeführt und selbstverständlich auch das Budget dieser Organisationen, die im wesentlichen karitativ tätig sind, massiv beeinträchtigt. Ich denke, daß es jetzt nicht sinnvoll wäre, eine neuerliche und zusätzliche Belastung zu schaffen. Aber ich gebe Ihnen im Prinzip recht. Selbstverständlich sollte es so sein, daß alle Trägerorganisationen gleich behandelt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren und lieber Herr Abgeordneter Nürnberger! In diesem Sinne bedanke ich mich für die große Zustimmung, die Sie dem vorgelegten Zivildienstbericht geben werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister, für Ihre Ausführungen.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Schlußwort seitens des Berichterstatters wird keines gewünscht.

Wir kommen daher zur Abstimmung, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, den vorliegenden Bericht III-190 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

39. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (1573 der Beilagen): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (1827 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zum 39. Punkt der Tagesordnung.

Ich möchte darauf hinweisen, daß wir eine kurze Rednerliste haben und in Kürze unter anderem über eine Verfassungsbestimmung abstimmen werden.

Auf mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordneten Kiermaier vor. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.47

Abgeordneter Günter Kiermaier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mich kurz fassen.

Nachbarschaftshilfe ist eine Tugend, die so alt ist wie die Menschheit selbst. Es ist daher unter Staaten mit einer gemeinsamen Grenze eine gute Sache, sich dieser Tradition zu befleißigen. Da es sich bei solchen Einsätzen grundsätzlich um Freiwilligenorganisationen wie Feuerwehr, Rotes Kreuz, Samariterbund und ähnliches handelt, ist auch anzunehmen, daß dem in Bedrängnis geratenen Land für diese Einsätze und Hilfeleistungen keine Rechnungen gelegt werden. Allerdings ist davon auszugehen, daß dies auch im umgekehrten Fall nicht geschieht. Darauf würden wir großen Wert legen, falls es einmal zu einer solchen Situation käme.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Nachbarschaftshilfe gewinnt auch immer mehr an Bedeutung, je mehr die europäische Integration zunimmt. In einem Europa der Regionen darf zum Beispiel ein Fluß, der die Grenze zwischen zwei Staaten bildet, kein Hindernis dafür sein, daß man einander zu Hilfe kommt und daß man einander hilft. Spätestens seit dem Fall des Eisernen Vorhangs muß diese Geisteshaltung eine Selbstverständlichkeit sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider – das trübt ein wenig diese Philosophie der guten Nachbarschaft – haben wir heute über Temelin diskutieren müssen. Das ist leider Gottes ein Schatten, der auf diese Nachbarschaftsbeziehung gefallen ist. Es sei mir am Schluß meiner kurzen Ausführungen gestattet, eines anzumerken: Es kann nicht sein, daß unser Nachbar meint, das sei seine innere Angelegenheit, denn wir tragen das Risiko mindestens genauso wie er mit. Wir haben daher sehr wohl mitzubestimmen, wenn direkt vor unserer Haustür solche Risken eingegangen werden.

In diesem Sinne appellieren wir an unseren Nachbarn, auch das zu bedenken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

0.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Auer zu Wort gemeldet. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.49

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im wesentlichen hat der Vorredner gesagt, was zu sagen ist. Ich möchte hinzufügen, daß mit der heutigen Beschlußfassung über die Regierungsvorlage 1573 der Beilagen nur die Praxis, also das, was bereits bisher durchgeführt wird, de facto gesetzlich verankert wird. Österreich hat ja mit allen Nachbarstaaten Katastrophenschutzhilfeabkommen abgeschlossen und damit gute Erfahrungen machen können.

Wenn nun Tschechien an der Reihe ist, so ist es wichtig, daß insbesondere diesem Land gesagt wird, daß es hoffentlich nicht so sein kann, daß dieses Katastrophenschutzübereinkommen gerade dann am wichtigsten wäre, wenn uns jenes Kraftwerk, über das wir heute diskutiert haben, Probleme bereiten würde. Denn das wäre nicht im Sinne dieses Abkommens. Darauf ist dringend hinzuweisen.

Herr Bundesminister! In diesem Beschluß wäre aus oberösterreichischer Sicht auch die Frage zu klären – und Sie haben diese Zusage im Ausschuß gemacht –, was mit den Grenzübergängen Schöneben, Aigen, Diendorf und Guglwald geschehen wird. Ich bitte Sie, Herr Bundesminister, uns die zugesagte schriftliche Information, wie sie im Ausschuß versprochen wurde, auch tatsächlich zukommen zu lassen.

Insgesamt stimmen wir diesem Abkommen zu. (Beifall bei der ÖVP.)

0.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Frau Abgeordnete Dr. Höbinger-Lehrer zu Wort gemeldet. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

0.51

Abgeordnete Dr. Liane Höbinger-Lehrer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie auch nicht lange aufhalten und nicht länger reden als die mir zugestandenen 2 Minuten, möchte aber doch kurz etwas dazu sagen.

Wir haben im Ausschuß diesem Vertrag zugestimmt, aber mit einem gewissen Bauchweh, weil ja Temelin im Raum stand. Es hat sich nicht als falsch erwiesen, daß wir ein unangenehmes Gefühl hatten. Denn vorige Woche ist es – wie wir heute schon ausführlich diskutiert haben – traurige Gewißheit geworden: Temelin wird gebaut. Aber darüber brauche ich jetzt auch nichts mehr zu sagen.

Ein Wort jedoch zum Herrn Bundesminister. (Bundesminister Mag. Schlögl spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Parnigoni.) Verzeihen Sie, daß ich Sie störe. (Abg. Parnigoni: Entschuldigung!) Macht gar nichts, er hört mir schon zu.

Sie wissen, ich bin eigentlich immer auf Ihrer Seite. Aber ich habe mir – weil mir ja drei Jahre in diesem Hohen Haus fehlen – selbstverständlich ein bißchen angesehen, was zu den Verträgen mit der Slowakischen Republik und mit Slowenien gesprochen worden ist. Da habe ich ein Wort von Ihnen gelesen, das mir eigentlich nicht gefallen hat, und zwar, daß es sich hiebei um einen Routinevertrag handelt.

Ich finde Routine schön, wenn es sich um den Vertragsmantel handelt. Der Inhalt dieser Verträge kann wohl Routine mit Ländern wie Deutschland sein, die zwar die Atomkraft nutzen, dies aber mit anders ausgestatteten Atomkraftwerken. Es kann so mit der Schweiz sein, es ist sicherlich mit Liechtenstein so, und es wird auch mit Italien so sein. (Abg. Schieder: Die haben nicht so viele!) Aber mit den Ländern, die ebenfalls die Atomkraft nutzen, und zwar in dieser schlechten Ausfertigung, die sich auch nicht durch eine Firma Westinghouse verbessern lassen wird – denn das ist, wie ich in der Presse gelesen habe, so, wie wenn Mercedes auf einem Trabant einen Aufputz macht, da wird auch nichts Rechtes daraus –, sollte man meiner Ansicht nach wirklich vorsichtiger sein.

Man wird, da es ein Routinevertrag ist – ich hoffe, das wird nie zum Tragen kommen –, diesem Vertrag auch von unserer Seite zustimmen. Es wäre ohnedies gleichgültig gewesen, weil wir sowieso in der Minderheit wären, wenn wir nicht zugestimmt hätten – wie das eben in der Demokratie so ist! Aber ... (Abg. Parnigoni: Das ist eine interessante politische Position!) Na ja, es ist aber so, Herr Abgeordneter – ich weiß jetzt Ihren Namen nicht; alle habe ich mir nicht gemerkt, aber genug.

Aber jedenfalls möchte ich trotzdem darum bitten, daß die Bundesregierung in Hinkunft noch mehr tut, um diese Länder zur Räson zu bringen. Wir alle wollen keinen GAU erleben, und wir wollen auch nicht, daß es in diesen Ländern zu einem GAU kommt. Wir wollen nicht, daß solche Verträge zum Tragen kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, das ist ein berechtigtes Anliegen, und ich bitte Sie, sich dafür zu verwenden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

0.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Achs. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.54

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Für ein kleines Land wie Österreich ist es erforderlich, mit seinen Nachbarstaaten im Bereich der Katastrophenhilfe zusammenzuarbeiten. Bis jetzt ist die Zusammenarbeit zwischen Österreich und der Tschechischen Republik ohne Regelung erfolgt. Durch den Vertrag wird nun ein gesetzlicher Rahmen geschaffen, um einander möglichst rasch und unbürokratisch Hilfe leisten zu können.

Bei den Vertragsländern Österreich und der Tschechischen Republik gewinnt Katastrophenhilfe durch die Entscheidung Prags, das Atomkraftwerk Temelin fertig auszubauen, einen besonderen Stellenwert. Trotzdem und gerade deshalb ist es wichtig, die Zusammenarbeit zu intensivieren. Denn durch diesen Vertrag kommt es auch zu einer Regelung der ständigen und engen Zusammenarbeit, um möglichen Katastrophen vorzubeugen.

Meine Damen und Herren! Es muß von österreichischer Seite, aber auch von seiten der Europäischen Union alles getan werden, damit Katastrophen künftig verhindert werden können. Es darf daher das Atomkraftwerk Temelin nicht in Betrieb gehen. Meine Damen und Herren! Wenn uns das gelingt, so haben wir einen großen Beitrag zu einem sicheren Europa geleistet. (Beifall bei der SPÖ.)

0.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puttinger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

0.56

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Vertrag, mit diesem völkerrechtlichen Rahmen ist meiner Ansicht nach ein wichtiger Schritt gesetzt worden, um die zum Teil schon erwähnten Regelungen in die richtigen Bahnen zu bringen. Ich denke hier an die Festlegung der Behörden, an den Einsatz der Luftfahrzeuge, an die Reisedokumente oder an viele andere Dinge, die damit, glaube ich, eindeutig geregelt sind. Das Wichtigste für mich ist aber, daß die Freiwilligkeit für die jeweilige Organisation gegeben ist, bei einer derartigen Sache mitzumachen oder nicht mitzumachen. Das ist deren Entscheidung, das liegt jeweils beim einzelnen Verein, sei es das Rote Kreuz, die Feuerwehr oder sonst irgend etwas. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! So froh ich über dieses Abkommen bin, sehe ich in diesem Vertrag aber doch nur eine gewisse Vorleistung in den österreichisch-tschechischen Beziehungen. Leider gibt es nämlich einen Punkt – er wurde heute in der außenpolitischen Debatte ebenfalls schon erwähnt –, der ausgesprochen problematisch ist: Die Beneš-Dekrete, die 1945 und 1946 beschlossen worden sind, sind ein Punkt, den wir auch in Zukunft zu behandeln haben. Wenn die Tschechische Republik versucht, in die Europäische Union einzutreten, dann haben wir darauf Rücksicht zu nehmen. Dieser Vertrag kann nur eine Vorleistung darauf sein, daß sich auch die Tschechen auf all diese Sachen einzulassen haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die Tschechische Republik heute nicht soweit und nicht bereit ist, das zurückzuziehen, was sie 1945 und 1946 abgeschlossen hat und was von allen Juristen – seien es Deutsche, Österreicher oder Ungarn – als undemokratisch und völkerrechtswidrig empfunden wird, dann müssen wir meiner Ansicht nach darauf bestehen, in weiteren Verhandlungen darauf einzugehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das darf nicht so bleiben! (Beifall bei der ÖVP.)

Einen kleinen Punkt noch: Wie in den letzten Monaten ersichtlich geworden ist, hat in der Tschechischen Republik anscheinend ein gewisses Umdenken stattgefunden. Die Aufhebung dieser Unrechtsdekrete sollte auf jeden Fall miteinbezogen werden. Wenn die Tschechische Republik an einem vereinten Europa mitarbeiten will, so wird sie sich an die europäische Rechtsordnung zu halten haben und damit auch die europäische Menschenrechtsordnung akzeptieren müssen. Auch das sollte hier klar und deutlich gesagt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich werden wir dieser Kooperation zwischen den Tschechen und Österreich – diesem ersten Baustein, der hier gebildet worden ist – hundertprozentig zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

0.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlußwort seitens des Berichterstatters wird keines gewünscht.

Damit kommen wir zur Abstimmung, und ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Antrag des Ausschusses für innere Angelegenheiten, dem Abschluß des vorliegenden Staatsvertrages in 1573 der Beilagen, dessen Artikel 3 Abs. 1 und Artikel 8 Abs. 1 und 2 verfassungsändernd sind, die Genehmigung zu erteilen.

Im Hinblick auf die eben erwähnten verfassungsändernden Bestimmungen stelle ich das Vorliegen des von der Verfassung geforderten Präsenzquorums fest.

In dem Falle, daß Sie die Genehmigung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieses Zeichen erfolgt einhellig. Die Genehmigung ist somit erteilt.

Es erübrigt sich eigentlich, festzustellen, daß die Zweidrittelmehrheit ebenfalls vorliegt.

40. Punkt

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 1014/A der Abgeordneten Anton Leikam, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenstandsgesetz (PStG) geändert wird,

über den Antrag 861/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend eine Novellierung des Personenstandsgesetzes und

über die Petition (PET-54) betreffend "Das Recht von totgeborenen Kindern auf einen eigenen Namen", überreicht von den Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Mag. Dr. Heide Schmidt (1828 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zum 40. Punkt der Tagesordnung.

Es erfolgt keine Berichterstattung.

Wir treten in die Debatte ein.

Ich sehe noch nicht, wer sich zu Wort gemeldet hat, entnehme aber der schriftlichen Vorlage, daß dies Herr Abgeordneter Leikam ist. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.00

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus Respekt vor den Gefühlen betroffener Eltern wird der Nationalrat heute eine Novelle zum Personenstandsgesetz beschließen, eine Novelle, für die im Ausschuß von allen im Nationalrat vertretenen Parteien ein Abänderungsantrag mit unterzeichnet wurde und die vom Inhalt her nur für äußerst wenige Menschen von Bedeutung sein wird.

Wir wollen mit dieser Novelle jenen betroffenen Eltern helfen, die sich auf die Geburt eines Kindes gefreut haben und dann wegen einer Totgeburt einer schweren psychischen Belastung ausgesetzt worden sind. Geburts- und Totenschein sind oft das einzige, was diesen Eltern von ihrem Kind bleibt. Bisher war es so, daß für totgeborene Kinder lediglich ein Auszug aus dem Sterbebuch vorlag. Vorname, Familienname und Religionszugehörigkeit wurden auf diesem Auszug mit einem kleinen X eingetragen. Aufgrund dieser Novelle sollen künftighin totgeborene Kinder auf Wunsch der Eltern – ich betone ausdrücklich: nur auf Wunsch der Eltern – einen Namen bekommen, und es soll eine weitgehende beurkundungsrechtliche Gleichbehandlung mit lebend geborenen Kindern erreicht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Im Ausschuß waren wir uns alle einig darüber, daß wir mit dieser Novelle für die Trauerarbeit der Eltern einen bedeutungsvollen Schritt setzen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

1.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Platter. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.02

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme der vorliegenden Änderung des Personenstandsgesetzes selbstverständlich sehr gerne zu, weil ich es verstehe und weil es nachvollziehbar ist, daß künftig bei einer Totgeburt auf Wunsch der Eltern eine Namensgebung möglich sein soll.

Aus persönlicher Erfahrung und Betroffenheit weiß ich, wie sehr es schmerzt, wenn man ein Kind verliert. So verhält es sich zweifellos auch bei Totgeburten. Wenn es zu einer Totgeburt gekommen ist, dann führt der Weg zum Standesamt, und der Standesbeamte hat nur die Möglichkeit, einen Auszug aus dem Sterbebuch zu machen. Darin steht in den Rubriken "Vorname" und "Familienname", aber auch "Religionszugehörigkeit" jeweils ein X. Dafür haben die Eltern teilweise überhaupt kein Verständnis.

Ich habe mit meinem Standesbeamten über diese Angelegenheit gesprochen. Er sagte mir, daß er sehr froh über die Intention des Gesetzgebers ist, eine Änderung zuzulassen, wenn ein entsprechender Wunsch der Eltern vorhanden ist. Auf meine Frage, in welchem Ausmaß dafür der Verwaltungsaufwand steigen wird, sagte er zu mir, daß das zu vernachlässigen sei.

Daher ein Ja zu dieser Gesetzesänderung und einen Dank an jene Abgeordneten, die diese Gesetzesinitiative ergriffen haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

1.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Die Restredezeit des Klubs beträgt 9 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.04

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Angesichts der vorgeschrittenen Zeit werde ich von meiner Restredezeit, die ich der Wortmeldung des Herrn Ministers zu verdanken habe, nicht Gebrauch machen. Meine Wortmeldung soll nur unser Votum verstärken.

Ich möchte feststellen, daß wir diesem Antrag zustimmen werden, und zwar deshalb, weil wir größtes Verständnis dafür haben, daß Eltern, die das furchtbare Schicksal erleiden, daß ein Kind tot zur Welt gebracht wird, die Bekräftigung haben wollen, daß dieses Kind einen Namen hat und dadurch die Beziehung verfestigt wird.

Wie gesagt, stimmen wir zu, und wir freuen uns, daß wir diesem Personenkreis damit helfen können, sein Leid besser zu bewältigen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Leikam.)

1.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächste Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.05

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen jener Eltern – es waren Mütter und Väter –, die uns durch eine Petition an den Nationalrat auf dieses Problem aufmerksam gemacht haben, möchte ich mich bei denjenigen bedanken, die diese Initiative aufgegriffen haben.

Es ist ungefähr ein Jahr her, daß wir noch enttäuscht wurden durch die Anfragebeantwortungen, die von seiten des Bundesministers für Inneres, der für diese Gesetzesmaterie zuständig ist, gegeben wurden, aber auch durch jene, die von seiten des Justizministers kamen. Damals hatte man noch kein Verständnis für eine solche Gesetzesänderung. Vorangetrieben hat den Bewußtseinswandel die Änderung der gesetzlichen Lage dieser Materie in Deutschland – etwas, was einer österreichischen Änderung im Wege stand, solange es dort nicht so war.

Kollege Platter und auch der Herr Vorsitzende des Innenausschusses haben schon gesagt, daß das ein Problemfeld ist, das Gott sei Dank nicht allzu viele Menschen betrifft. Es gibt insgesamt nur zwischen 350 und 400 Totgeburten in Österreich. (Ruf bei der ÖVP: Was heißt "nur"!) Was eine Totgeburt ist, ist durch das Hebammengesetz genau geregelt.

Von den Eltern dieser 400 Totgeburten werden meiner Schätzung nach – ich habe sehr viel mit Selbsthilfegruppen zu tun gehabt – vielleicht 10 Prozent diese gesetzliche Möglichkeit in Anspruch nehmen. Diese Gesetzesänderung hat vor allem für die Trauerarbeit der betroffenen Eltern eine wesentliche Bedeutung und es soll ihnen ermöglichen, das Schicksal zu verarbeiten, das ihnen widerfahren ist, und einen ihrer Überzeugung nach würdigen Abschied von ihrem Kind – das ihr Kind ist, das einen Namen hat und das in der Regel den Namen schon hatte, lange bevor es geboren wurde – zu finden.

Ich möchte mich auch bei der Frau Ministerialrätin bedanken, die eine zusätzliche Idee umgesetzt hat, welche für Nichtlegisten gar nicht vorstellbar war, nämlich die Idee, eine neutrale Urkunde auszustellen. Demzufolge können diese Änderungen noch perfekter vor sich gehen, als es sich die InitiatorInnen der Petition vorgestellt haben, und es ist vor allem möglich, daß diese Regelung schon ab 1. September gelten wird. Danke vielmals! Man sieht, wenn sich Bürgerinnen und Bürger für ein Anliegen engagieren, ist der Nationalrat durchaus offen dafür, dem nachzukommen. Ich war direkt verwundert. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

1.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Parfuss. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.07

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte noch ein paar zusätzliche Informationen geben: Es gibt Schätzungen, denen zufolge bei jeder vierten Schwangerschaft das Kind während der Schwangerschaft stirbt. Das heißt, daß jede schwangere Frau in ihrem Leben damit konfrontiert ist, und es kann daher nicht von einer kleinen Gruppe von Betroffenen oder von einem Randthema gesprochen werden, es wird nur nicht darüber geredet.

Viele Frauen und Männer sind enttäuscht über die mangelnde Anerkennung der Bedeutung des Verlustes und ihrer Traurigkeit durch den Arzt und das soziale Umfeld. Die eigenen Gefühle und die Trauer erscheinen ihnen daher fragwürdig. Aber Trauer ist einfach eine schmerzliche, jedoch notwendige Auseinandersetzung, um mit dem Verlust fertigzuwerden.

Wird diese Trauerarbeit aber nicht geleistet oder wird sie unterdrückt – unter anderem auch durch Aussagen von Außenstehenden, die Betroffenen sollen es nicht so schwer nehmen, die Frau werde ohnehin wieder schwanger und so weiter –, so entsteht für die Betroffenen eine ungeheure Belastung, und zwar auch für nachfolgende Schwangerschaften. Diese sind dann von Unsicherheit und Angst geprägt.

Daher freue ich mich doppelt über die breite Zustimmung zu dieser Gesetzesänderung als ersten Schritt zur Enttabuisierung dieses Themas. Den trauernden Eltern wird durch die urkundliche Namensgebung des toten Kindes signalisiert, daß die Gesellschaft ihre Trauer als tiefe und notwendige Arbeit zur Bewältigung der Totgeburt anerkennt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

1.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Bundesminister Mag. Schlögl. – Bitte, Herr Bundesminister.

1.09

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich unterstütze all diese Initiativen, und ich glaube, daß sie sehr wichtig sind.

Ich möchte hier, zumindest für das Protokoll – wenn nicht zu Ihnen, Frau Abgeordnete
Stoisits –, sagen, daß das Innenministerium keine negative Beantwortung der diesbezüglichen parlamentarischen Anfrage gegeben, sondern sehr wohl eine Prüfung dieser Gesetzesmaterie zugesagt hat. Die heutige gemeinsame Willensbildung im Parlament ist unter anderem aufgrund dieser parlamentarischen Anfrage und der vorangegangenen Willensbildung hier im Hohen Haus, aber auch aufgrund der entsprechenden Arbeiten im Innenministerium zustande gekommen.

Das heißt, daß auch das Innenministerium seinen Teil dazu beigetragen hat, daß es heute zu dieser in Übereinstimmung getroffenen wichtigen Entscheidung kommt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

1.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Murauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.10

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz ist kein spektakuläres Gesetz, es dient aber jenen Müttern beziehungsweise Eltern, die sich monatelang auf ein Kind vorbereitet und dem Kind einen Namen gegeben haben.

Bei einer Totgeburt war es bis jetzt so, daß dieses Kind nur in das Sterbebuch eingetragen werden konnte. Jetzt kann diesem Kind ein Name gegeben werden. Es soll den Eltern damit einfach geholfen werden, diesen schweren Schicksalsschlag besser aufarbeiten zu können.

Mir geht es im besonderen darum, daß die Freiwilligkeit und nicht die Verpflichtung begründet wird und daß den Bedenken des Justizministeriums, daß daraus Erbschaftsrechte abgeleitet werden könnten, entsprechend Rechnung getragen wurde. Das ist nicht der Fall.

Der Volkspartei ist es selbstverständlich ein Anliegen, diesem Gesetz zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

1.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Schließlich ist noch Herr Abgeordneter Dr. Kier zu Wort gemeldet. Restredezeit Ihres Klubs: 9 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.12

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Nachdem meine Klubvorsitzende die einschlägige Petition eingebracht und gemeinsam mit Kollegin Stoisits den ursprünglichen Antrag, der dann Gott sei Dank zu einem Fünfparteienantrag entwickelt werden konnte, vorgelegt hat, ist es mir ein Bedürfnis, von diesem Pult aus auch ausdrücklich zu sagen, daß wir nicht anstehen, das, was im Ausschuß noch erarbeitet wurde, als eine Verbesserung zu werten, und daß wir uns darüber freuen, das Gott sei Dank einstimmig beschließen zu können.

Es ist, wie mein Vorredner gemeint hat, vielleicht kein spektakuläres Gesetz, aber es ist ein für die Menschen sehr wichtiges Gesetz, das außerdem ausnahmsweise einmal tatsächlich keinerlei ernsthafte Kosten nach sich ziehen wird. Wir haben damit vielen Menschen einen Herzenswunsch erfüllt, und das alleine ist schon schön. (Beifall beim Liberalen Forum, bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Khol.)

1.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Somit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort des Berichterstatters.

Wir kommen nun zur Abstimmung, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1828 der Beilagen.

Im Falle Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig der Fall. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Entwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich Sie gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt einhellig. Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Die Tagesordnung ist damit erschöpft.

Abstimmung über Fristsetzungsantrag

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 1047/A (E) der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen betreffend empirische Studie über die soziale Lage und die Arbeitsbedingungen innerhalb der österreichischen Exekutive eine Frist bis 16. Juni 1999 zu setzen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters gelangen wir zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kier, Mag. Stoisits und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Volker Kier, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs 1 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

a) Die politische Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die Vorfälle, die im Zuge einer versuchten Abschiebung zum Tod des Nigerianers Marcus Omofuma geführt haben

b) Die politische Verantwortung des Bundesministers für Inneres für die von den Behörden ausgeübte Praxis bei Verhängung und Durchführung von Schubhaft

c) Die Überprüfung der von den Behörden im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vorgesehenen Kriterien bei Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen durch den Bundesminister für Inneres

d) Die politische Verantwortung des Bundesministers für Inneres für die von den Behörden ausgeübte Praxis bei der Durchführung von Abschiebungen, insbesondere die rechtswidrige Anwendung von Zwangsmaßnahmen wie Knebelung, Verwendung von Klebebändern und gewaltsame Verabreichung von Beruhigungsmitteln oder anderen schweren Psychopharmaka gegenüber Abzuschiebenden

e) Die politische Verantwortung der betroffenen Bundesminister für Inneres für die seit der Veröffentlichung des Österreich betreffenden Berichtes des ,Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung‘ (CPT) 1995 unterlassenen Maßnahmen zur Behebung der darin aufgezeigten Mißstände

f) Die politische Verantwortung des Bundesministers für Inneres für die widerrechtliche Anwendung des Disziplinarrechtes für Bundesbedienstete im Bereich der Exekutive, wenn Dienstpflichtverletzungen vorliegen

g) Die Vereinbarkeit der Vollziehung der einschlägigen Bundesgesetze mit europäischen und internationalen Menschenrechtsstandards."

Der Untersuchungsausschuß besteht aus 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ, 5 ÖVP, 4 FPÖ, 1 Liberales Forum, 1 Grüne.

Gemäß § 33 Abs. 2 GOG wird die Durchführung einer Debatte verlangt.

*****

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Es wurde beantragt, eine Kurzdebatte durchzuführen.

Wir gehen nun in diese Debatte ein.

Ich mache auf die entsprechenden Redezeitbeschränkungen aufmerksam: 10 Minuten für den Begründer, sonst 5 Minuten. Mitglieder der Bundesregierung und zu Wort gemeldete Staatssekretäre sollen nicht länger als 10 Minuten sprechen.

Das Wort erteile ich als erstem Redner Herrn Abgeordnetem Dr. Volker Kier. Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Mit dieser Rede hat er wieder den Platz 1 in der Redestatistik zurückgeholt!)

1.16

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Nürnberger! Vielleicht kann ich Sie doch dadurch überzeugen, daß ich diese Begründung ganz kurz machen werde. Wir hatten heute ja im Laufe des Tages schon Gelegenheit, die Hintergründe auch dieses Untersuchungsantrages zu diskutieren. (Abg. Dr. Graf: Das wollen wir schon genau fundiert wissen!) Ich möchte das daher nicht in redundanter Weise nochmals erläutern. Es gibt sicher niemanden in diesem Hohen Hause, der nicht weiß, worum es dabei geht. (Abg. Dr. Graf: Ihr müßt erklären, worum es euch geht!) Es ist jedem klar – so hoffe ich –, daß es eigentlich eine Untersuchung geben müßte, was die politischen Verantwortlichkeiten, die Verhältnismäßigkeit der Mittel, die rechtsstaatskonformen Vorgangsweisen und so weiter anbelangt. Ich will das jetzt wirklich nicht wiederholen. Wer das noch nicht weiß, der würde nicht mein Verständnis finden. (Abg. Dr. Graf: Worum geht es euch?)

Ich gehe davon aus, daß Sie Ihr Abstimmungsverhalten nicht nach der Sache, sondern nach der Koalitionsdisziplin ausrichten werden. Ich finde das schade. (Abg. Dr. Krüger: Wir haben keine Koalition!) Ich meine: Wenn sich eine Verwaltung, eine Bundesregierung mit Mitteln ihrer Mehrheiten im Parlament dagegen wehrt, daß etwas objektiv untersucht wird, dann ist das schade, denn wenn nichts Negatives zum Vorschein kommen kann, braucht man eine solche Untersuchung nicht zu fürchten. Wenn man sie jedoch fürchtet, dann muß man sie mit der Mehrheit verhindern.

Sie werden heute wieder demonstrieren, daß Sie kein Verständnis für die Notwendigkeit echter parlamentarischer oppositioneller Kontrolle haben. Alles andere ist heute schon mehrmals gesagt worden. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

1.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Parfuss. Von jetzt an beträgt die Redezeitbeschränkung 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.18

Abgeordnete Ludmilla Parfuss (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kier! Der bedauernswerte Fall Omofuma ist ein Fall für den Staatsanwalt beziehungsweise für die Justiz! Die Untersuchungsrichterin aus Korneuburg ist eine kompetente, gewissenhafte Person, und ich habe vollstes Vertrauen, daß diese Angelegenheit genauestens überprüft und auch das vermutete schuldhafte Handeln der Beamten untersucht und festgestellt wird und natürlich auch die daraus resultierenden Konsequenzen gezogen werden. (Abg. Smolle: Die Untersuchungsrichterin in Korneuburg ist für die Politik nicht zuständig, Frau Kollegin!)

Was die Rolle von Bundesminister Schlögl betrifft: Der Herr Bundesminister hat äußerste Transparenz und auch politischen Spürsinn bewiesen, indem er die beschuldigten Beamten von ihrem Arbeitsbereich abgezogen hat, obwohl die Kommission anders entschieden hat. Damit hat er Handlungskompetenz gezeigt, und keiner ist in höherem Maße an der Aufklärung interessiert als der Herr Bundesminister.

Was die Anschuldigung von Herrn Schenk betrifft, so hat der Herr Bundesminister heute ganz klar dazu Stellung bezogen. Seine Mitarbeiterin, Frau Brenner, hat seinerzeit ein Protokoll erstellt, in dem sich kein Vermerk über einen Gebrauch von Mundklebebändern findet, und sie bezeugt dies auch.

Meine Damen und Herren! Wenige Monate vor der Nationalratswahl würde dieser traurige Vorfall zum Wahlkampfinstrument umfunktioniert werden. Der Fall ist einfach zu ernst und zu tragisch, um ihn politisch zu benützen. Wir lehnen deshalb den Antrag auf Einsetzung eines diesbezüglichen Untersuchungsausschusses selbstverständlich ab. (Beifall bei der SPÖ.)

1.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist als nächster Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

1.19

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Auch wir von den Freiheitlichen lehnen den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ab (Abg. Dr. Kier: No na!), und zwar deshalb, weil dieser Untersuchungsausschuß von Ihnen ausschließlich parteipolitisch motiviert ist, weil Sie das tragische Schicksal des Herrn Omofuma dazu mißbrauchen wollen, daraus politisches Kapital zu schlagen (Beifall bei den Freiheitlichen), und letztlich deshalb, weil es Ihnen überhaupt nicht darum geht, eine politische Verantwortung festzumachen, sondern darum, einen Ihnen unliebsamen Minister politisch abzuschießen, Herr Kollege Kier! (Abg. Smolle: Sie wollen einen unliebsamen Politiker erhalten!) Sie wollen schließlich erreichen, daß sich die Abschiebepraxis ändert. Sie wollen, daß Österreich ein Einwanderungsland bleibt, und Sie wollen, daß dann, wenn sich jemand gegen eine Abschiebung zur Wehr setzt, dieses faktische Verhalten dazu führt, daß die Abschiebung gestoppt wird. (Abg. Dr. Kier: Lesen Sie doch den Antrag! Lesen!) Der Rechtsstaat darf aber davor nicht kapitulieren. Das ist überhaupt keine Frage.

Meine Damen und Herren! Ganz kurz auch noch ein weiterer Gedanke, der aufzeigen soll, warum wir gegen die Einsetzung des Untersuchungsausschusses sind: Die politische Verantwortung wurde von Herrn Bundesminister Schlögl wahrgenommen. Er hat einen Maßnahmenkatalog erlassen, er hat einen Menschenrechtsbeirat eingesetzt, und er hat für mich – und ich glaube, für alle hier – glaubhaft dargelegt, daß er von dieser Art des Verklebens des Mundes bei der Abschiebung nichts gewußt hat. Ebenso glaubhaft – Herr Kollege Kier, passen Sie vielleicht jetzt gut auf! (Abg. Dr. Kier – den Antrag in die Höhe haltend –: Lesen! Das steht ja da drinnen!) – hat der frühere Minister Einem dargelegt (Abg. Smolle: Lies den Antrag!), davon gewußt zu haben und nichts gemacht zu haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn es Ihnen um diese Angelegenheit wirklich ernst ist, dann nehmen Sie doch den früheren Bundesminister Einem ins Visier und lassen Sie Minister Schlögl, der glaubwürdig dargelegt hat, davon nichts gewußt zu haben, außer Obligo. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Smolle: Der spricht über einen Antrag, den er nicht gelesen hat!)

1.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.

1.21

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! In aller gebotenen Kürze zu den Freiheitlichen und ihrem Argument, warum sie diesen Untersuchungsausschuß ablehnen. (Abg. Mag. Barmüller: Das ist doch kein Argument!)

Nach dem wirklich tragischen Selbstmord von Gerhard Praschak, einem österreichischen Banker, waren die Freiheitlichen im Nationalrat vehement der Auffassung, daß das Gegenstand eines Untersuchungsausschusses sein sollte. (Abg. Scheibner: Das war die Spitze eines Eisberges!)

Der Tod eines nigerianischen Staatsangehörigen im Gewahrsam österreichischer Polizeibeamter scheint es ihnen nicht wert zu sein, dieses Kontrollinstrumentarium zu verlangen. Wir sind ja noch nicht dabei, festzustellen, ob sich eine Mehrheit dafür findet. (Abg. Dr. Graf: Diese Vergleiche sind ein Wahnsinn! – Abg. Scheibner: Das sind alles "nette" Vergleiche, die Sie da bringen! Sehr "geschmackvoll"!)

Was ich sehr interessant finde, ist das Vertrauen von Frau Kollegin Parfuss in die österreichische Justiz. (Abg. Dr. Graf: Aufrechnen ist das, was Sie da machen!) Es ehrt sie, daß sie dieses Vertrauen hat, nur verwechselt sie da Äpfel mit Birnen. Die strafrechtliche Verantwortung ist etwas, was in den Händen der Justiz liegt, und die strafrechtliche Verfolgung ist auch etwas, was ich – auch immer noch einen Glauben an den österreichischen Rechtsstaat habend – durchaus auch dort gut aufgehoben sehe. Etwas ganz anderes aber ist die politische Verantwortung, und die politische Verantwortung ist es, die ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß zu klären hätte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ob Sie nun Gedächtnisprotokollen von Menschenrechtsaktivisten oder aber ebensolchen Gedächtnisprotokollen von MitarbeiterInnen von Ministern mehr Glauben schenken und wie Sie solche Dokumente werten, das bleibt Ihnen überlassen. Es gibt aber Dokumente, die der österreichischen Bundesregierung und auch dem Nationalrat zugeleitet wurden, bei denen es nicht darum geht, wer wem mehr glaubt, und bei denen auch nie in Frage gestellt wurde, ob das, was drinsteht, richtig oder unrichtig ist: Das ist der Bericht des Antifolterkomitees des Europarates. Lassen Sie mich nur drei Zitate bringen, damit Sie nicht etwa glauben, daß es eine Glaubensfrage ist. Es ist eine Frage von Fakten, die aufgezeigt wurden! Es ist deshalb genauso ein Faktum, daß es eine Mißachtung der Empfehlungen gegeben hat und daß es genauso offenkundig Mißverhalten beziehungsweise nicht richtiges Verhalten von österreichischen Beamten gegeben hat, und es ist genauso ein Faktum, daß es so etwas wie einen Behördenleiter und einen obersten Chef gibt, und das ist, wenn es sich um das Innenressort handelt, der Innenminister.

Der Umstand, daß das CPT Ihnen, uns und dem Minister mitteilt, daß es zahlreiche Beschwerden über Mißhandlungen durch die Polizei festgestellt hat – gleichzeitig wird auch festgestellt, daß es praktisch keine Beschwerden über die Gendarmerie gegeben hat, womit ich Ihnen nur verdeutlichen möchte, daß das nicht ein Komitee ist, das seinen Bericht aus Gehässigkeit oder aus sonstigen Motiven Österreich gegenüber, sondern auf der Grundlage von objektiven Wahrnehmungen verfaßt –, und bereits im Jahre 1995, also vor vier Jahren, den österreichischen Behörden empfohlen hat – und das konnte jeder lesen, und die Beamten des österreichischen Innenministeriums sind des Lesens kundig –, ein aus unabhängigen Personen bestehendes Gremium einzusetzen, das befugt ist, allgemeine eingehende Untersuchungen über die von Polizeibeamten des Wiener Sicherheitsbüros bei der Festnahme und Einvernahme von Verdächtigen angewandten Methoden durchzuführen, spricht eine ganz eindeutige Sprache. Der Umstand, daß in diesem Bericht festgehalten wird, daß das CPT die österreichischen Behörden um eine Stellungnahme zu den obenstehenden Angaben – gemeint sind hier Klebebänder im Gesicht und auf Armen, Schläge bei der Abschiebung ausländischer Staatsangehöriger, die dem Komitee zur Kenntnis gebracht wurden – und um Übermittlung einer Kopie jeglicher Weisung und Richtlinien, die über die erlaubten Mittel der Gewaltanwendung bei Ausweisungs- beziehungsweise Abschiebungsverfahren verabschiedet wurden, ersucht, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist keine Glaubensfrage. Das hat nichts mit dem lieben Gott zu tun. Das hat mit Fehlverhalten österreichischer Politiker und mit Fehlverhalten österreichischer Beamter zu tun. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Salzl und Dr. Ofner.)

Wir sind in den Nationalrat gewählt, um dem, worin ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Frau Abgeordnete, den Schlußsatz, bitte!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): ... der verfassungsmäßige Auftrag besteht, nämlich die Verwaltung zu kontrollieren, auch nachzukommen. Ein Untersuchungsausschuß ist hiezu das einzig taugliche Mittel. (Beifall bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum.)

1.27

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kier, Mag. Stoisits und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Ständiger Unterausschuß des Rechnungshofausschusses:
Verlangen gemäß § 32e Abs. 2 GOG

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich gebe nun bekannt, daß mir ein Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Nationalrates vorliegt, dem Unterausschuß des Rechnungshofausschusses einen Prüfungsauftrag zu erteilen, und zwar betreffend Überprüfung arbeitsmarktrelevanter Angelegenheiten im Rahmen der Bundesgebarung, zum Beispiel Gebarung des AMS, Abwicklung der Lehrlingsoffensive, Verwaltung arbeitsmarktrelevanter EU-Förderungen.

Da die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, ist dieses Prüfungsverfahren auch ohne Beschluß des Nationalrates durchzuführen.

Einlauf

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters gebe ich noch bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1083/A (E) bis 1097/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 6268/J bis 6303/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 1.29 Uhr – das ist gleich im Anschluß an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 1.28 Uhr